Pädagogik Abitur 2020 - LK Zusammenfassung [PDF]

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Zitiervorschau

PÄDAGOGIK ABITUR 2020 Themen 1 Entwicklung, Sozialisation & Erziehung ........................................................................................................................... 2 1.1 Interdependenz von Entwicklung, Sozialisation & Erziehung ......................................................................................... 2 1.2 Lawrence Kohlberg: Moralische Entwicklung ................................................................................................................. 2 1.3 George Herbert Mead: Sozialisation als Rollenlernen im Modell des symbolischen Interaktionismus.......................... 6 1.4 Lothar Krappmann: Soziologischer Interaktionismus ..................................................................................................... 7 1.5 Erziehung in der Familie .................................................................................................................................................. 9 1.6 Sigmund Freud: Psychosexuelle Entwicklung................................................................................................................ 10 1.7 Erik Homburger Erikson: Psychosoziale Entwicklung .................................................................................................... 14 1.8 Jean Piaget: Kognitive Entwicklung ............................................................................................................................... 17 1.9 Entwicklungspädagogik ................................................................................................................................................. 19 1.10 Gerd E. Schäfer: Frühkindliche Bildung & die Bedeutung des Spiels .......................................................................... 20 1.11 Sprachentwicklung ...................................................................................................................................................... 22 2 Identität .......................................................................................................................................................... 23 2.1 Klaus Hurrelmann: Modell der produktiven Realitätsverarbeitung .............................................................................. 23 2.2 Deviantes Verhalten & Gewalt ...................................................................................................................................... 25 2.2.1 Udo Rauchfleisch: Psychoanalytischer Erklärungsansatz von Gewalt ................................................................... 27 2.2.2 Wilhelm Heitmeyer: Unzureichende Identitätsentwicklung am Beispiel von aggressivem Verhalten .................. 28 2.3 Chancen& Risiken der Nutzung sozialer Netzwerke für die Identitätsentwicklung Jugendlicher................................. 30 2.5 Wolfgang Klafki: Bildung als kategoriale Bildung & Ausbildung von Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs-& Solidaritätsfähigkeit............................................................................................................................................................. 31 3 Werte, Normen & Ziele in Erziehung & Bildung............................................................................................................. 36 3.1 Erziehung in verschiedenen historischen Kontexten .................................................................................................... 36 3.1.1 Erziehung im Nationalsozialismus .......................................................................................................................... 36 3.1.2 Erziehung in der BRD 1949-1989............................................................................................................................ 40 3.1.3 Erziehung in der DDR 1949-1989.................................................................................................................... 41 3.2 Reformpädagogik .......................................................................................................................................................... 42 3.2.1 Maria Montessori: Montessoripädagogik .............................................................................................................. 42 3.2.2 Rudolf Steiner: Waldorf-Pädagogik ........................................................................................................................ 45 3.2.3 Reggio-Pädagogik ................................................................................................................................................... 47 3.2.4 Erlebnispädagogik .................................................................................................................................................. 49 3.3 Interkulturelle Bildung................................................................................................................................................... 49 3.3.1 Wolfgang Nieke: Interkulturelle Erziehung & Bildung ........................................................................................... 51 4 Pädagogische Professionalisierung in verschiedenen Institutionen .............................................................................. 54 4.1 Institutionalisierung von Erziehung ............................................................................................................................... 54 4.2 PISA-Studie .................................................................................................................................................................... 54 4.3 Helmut Fend: Funktionen von Schule ........................................................................................................................... 56 4.4 Vorschuleinrichtungen: Chancen & Grenzen pädagogischer Einwirkungen ................................................................. 59 4.5 Schulen als Orte des Demokratielernens ...................................................................................................................... 61 4.6 Professionalisierung pädagogischer Berufe .................................................................................................................. 62 4.7 Vielfalt & Wandelbarkeit pädagogischer Berufsfelder .................................................................................................. 62 5 Methoden & Kompetenzen ........................................................................................................................................... 66

1

1 Entwicklung, Sozialisation & Erziehung 1.1 Interdependenz von Entwicklung, Sozialisation & Erziehung Entwicklung: •



dynamischer Prozess der Entstehung, der Veränderung bzw. des Vergehens, wobei drei Prinzipien zu Grunde liegen: 1. Wachstum & Veränderung: bezieht sich vor allem auf die Körperstruktur 2. Reifung: bezeichnet die Entwicklung von Reflexen, Instinkten oder anderen unerlernten Verhaltensweisen 3. Lernen: bezieht sich außer auf den Bereich des Konditionierens & der Extinktion auch auf den Bereich des schulischen Lernens & anderer Umwelteinflüsse Wechselwirkung zwischen dem sich entwickelnden Kind, seinen Bezugspersonen & deren Lebenszusammenhang

Sozialisation: •



komplexer Prozess, in dem sich das Kleinkind als noch asoziales, unangepasstes, egozentrisches Wesen zum reifen Erwachsenen entwickelt, der  einen angepassten gesellschaftlichen Umgang hat  die Normen & Regeln der Gesellschaft vertritt & Verantwortung & Gestaltungsbereitschaft für diese Gesellschaft zeigt Ausformung kulturabhängig

Erziehung: • • • • • •

jemandes Geist & Charakter zu bilden & seine Entwicklung zu fördern soziales Handeln, welches bestimmte Lernprozesse bewusst & absichtlich herbeiführen & unterstützen will zielt auf relativ dauerhafte Veränderungen des Verhaltens, die bestimmten Erziehungszielen, erwünschten Kompetenzen, Verhaltensweisen & Wertorientierungen entsprechen, ab erweiterbar um die selbstorganisierten Lernprozesse  spezifische Lernprozesse Sozialisationshilfe, Enkulturationshilfe & dient dem Aufbau der Persönlichkeit & der Ausbildung eines Individuums asymmetrisches Verhältnis zwischen Erzieher & Edukanten durch unterschiedlichen Reifegrad

Bildung: • • • •

Prozess, bei dem der Mensch seine Potenziale entwickelt ganzheitlicher Prozess mit allseitiger Entwicklung geschieht aktiv, durch die Interaktion mit seiner sozialen und dinglichen Umwelt → Bildung ist Selbstbildung Mensch bedarf anderer Menschen & einer Umgebung, die reichhaltige Bildungsimpulse bietet

→ Interdependenz: • •

komplexe Dynamik zwischen den Prozessen: jeweils nicht isolierbar voneinander immer abhängig von Erziehungspersonen, Umwelteinflüssen, inneren Bedürfnissen

1.2 Lawrence Kohlberg: Moralische Entwicklung Zur Person: • •

1927-1987 Psychologe, Professor für Erziehungswissenschaft & Sozialpsychologie

Typen von Theorien des Moralerwerbs: Kognitiv-entwicklungsorientierter Ansatz der Moralentwicklung: Sozialisationsorientierter Ansatz: • Grundlegende kognitivstrukturelle oder moralische • Urteilsfähigkeit erst durch Sozialisation Urteilskomponente (jeder Mensch) • Motive: biologische Bedürfnisse, Streben • Motive: Anerkennung, Kompetenz, Selbstwertgefühl, nach sozialen Belohnungen Selbstverwirklichung • kulturabhängig • kulturübergreifend • fundamentale moralische Normen werden • fundamentale moralische Normen sind Strukturen, die aus durch Internalisierung von äußerlich Erfahrungen in sozialer Interaktion aufgebaut werden vorgegebenen, kulturellen Regeln erworben • es gibt verschiedene Ansätze → Ausgangspunkt für Kritik an Kohlberg (z.B. warum gab es NS-Ideologie / warum ist es in anderen Ländern erlaubt jemanden wegen seiner Religion u.Ä. zu steinigen?)

2

Anthropologische Implikationen Kohlbergs: • • •

kognitive Strukturen (Lernfähigkeit), Entwicklung (nicht nur Anpassung) kognitive Entwicklung an moralische Entwicklung geknüpft kognitive Entwicklung mit sozialen Kontakten verknüpft (Interaktion), bezogen auf Kompetenz, Selbstwertgefühl, Selbstverwirklichung;  zugrunde liegendes positives Menschenbild (lern- & reflexionsfähig)

Moralverständnis - Grundlagen: o o o

Moral: Wertesystem für Handlungen nach gut & schlecht/ Handeln, das sowohl das eigene als auch Bedürfnisse anderer abwägend berücksichtigt ohne Konsequenzen = kein Moralbewusstsein → Moralerziehung muss hohen Stellenwert im Elternhaus haben → ermöglicht Zusammenleben in Gesellschaft Kohlbergs Moralverständnis: • allgemeine Prinzipien, die Moral ausmachen (weder relativ noch individuell noch kulturelle Konventionen) • beruft sich auf Kants liberale & rationale Moralphilosophie • Moralverständnis appelliert an Einsicht • Urteil (die kognitive Begründung) macht Gedanken / Gefühl moralisch • Mittelpunkt: Prinzip der Gerechtigkeit (Balance zwischen Ansprüchen & Bedürfnissen) • ideale Rollenübernahme (in höchster Stufe): Person kann in höchstem Maße alle Perspektiven die vom Konflikt betroffen sind einnehmen & auf Grundlage einer Abwägung von Interessen, Pflichten & Rechten zu einer Lösung kommen • Erweiterung der Gerechtigkeitsorientierung durch Prinzip der Fürsorge/ Solidarität

Kritische Würdigung: PRO ☺ bedeutsames Theoriekonzept, das viele wichtige pädagogische Impulse liefert

CON  kognitive Entwicklungstheorie: Vorwurf, er blende Gefühle aus  moralisches Urteilsvermögen heißt nicht immer Bereitschaft moralisch zu handeln  Schüler nehmen häufig bestimmte Fragestellungen nicht als moralischen Konflikt wahr → entscheiden nicht aus einer moralischen Perspektive heraus, sondern lassen sich von Peergroups überzeugen  Rainer Döbert: Kohlberg habe moralische Kompetenzen massiv unterschätzt → man dürfe sechsjährige Kinder nicht als vor-moralisch betrachten, Kinder handeln nicht immer aus Angst vor Strafe oder Streben nach Anerkennung, sondern auch aus Vertrauen, dass Bezugspersonen das Richtige tun würden  Menschen, die in hohem Maße zu moralischen Einsichten fähig sind, handeln nicht unbedingt so: moralische Segmentierung/ kontext-spezifische Moral  Carol Gilligan: Kohlbergs Modell sei von männlicher Moral geprägt (Männer handeln eher aus Vernunft, Frauen öfter aus Sorge): Müssen männliche & weibliche Moral unterschieden werden?  Einflüsse auf & Komplexität der Moralentwicklung, weisen darauf hin, dass es keine „konsistente Entwicklungstheorie moralischen Urteilens & Handelns“ geben kann

3

Stufenmodell nach Kohlberg: Ebene: Soziale Perspektive: (wird fortlaufend erweitert)

Alter: (Richtwerte nach Fowler) Orientierung:

Art der Moral Was gilt als richtig?

Begründung/ moralisches Niveau Merkmale

Typische Argumentationsmuster:

Stufe 1 Stufe 2 Prä-konventionelle Ebene (prä-moralisch) Konkret-individuelle Perspektive (Nachdenken über eigene Interessen & anderer, wenn deren Wohl persönlich relevant scheint)

Ich

Ich & der Andere

Ab 2

Ab 6

Strafe & Gehorsam

Stufe 3

Stufe 4 Konventionelle Ebene Perspektive eines Mitglieds der Gesellschaft (gemeinsame Sichtweisen der Partner einer Beziehung/ Mitglieder einer Gruppe... →Unterordnung der Interessen des Einzelnen unter die der Gruppe → Allgemeinwohl (z.B. BesorgtSein, Loyalität, Wohlergehen der Gesellschaft) Ich, Du, unsere Gruppe Ich, Du, unsere Gruppe im sozialen Verband Ab 10 Ab 12

Stufe 5

Stufe 6 Post-konventionelle Ebene Der Gesellschaft vorgeordnete Perspektive (Nachdenken über sozialverträgliche Ordnung & universell-ethische Prinzipien

Wir alle, auch ich

Wir alle bedeutender als ich & wir

Ab 21

Ab 35

Legalistische oder sozialverträgliche Ordnung

Orientierung an allgemein gültigen ethischen Prinzipien

Naiv-instrumentellegoistisch/ instrumentellrelativistisch Autoritätsmoral (von außen bestimmt) Eigene Interessen Eigene & auch andere vs. gesetzte Interessen im Ausgleich Ordnung (Angst vor Sanktionen) Ableitung aus Versteht Regeln eigentlich unmittelbaren noch nicht subjektiven Interessen Intuitives Denken Personen als Instrument Heterogene Richtige Handlung: Moralität Bedürfnisbefriedigung Schwarz-Weiß(meiner/ anderer) Denken Zwischenmenschliche Handlungen gut/ Beziehung: Markt-Beziehung böse Grundzüge von Fairness/  abhängig von Gegenseitigkeit da, aber: physischen Folgen Gegenseitigkeit Vermeidung von strafe & Unterordnung unter Macht

Personengebundene Zustimmung/ „guter Junge/ liebes Mädchen Gruppenmoral (z.B. Staat) Eine gültige Konvention mit ihren Regeln im Blick auf Beziehungen

Gesetz/ Recht & Ordnung

Weil sie gesellschaftlich verankert oder von Autorität geboten sind

Billigt Regeln

Helfen, um Bestätigung zu erfahren, gegenseitige zwischenmenschl. Beziehungen Hohe Anpassung an allgemeine Vorstellungen: richtig ist, was die Mehrheit richtig findet Beurteilung von Verhalten nach Absicht Richtiges Verhalten: Gefallen/Zustimmung der Anderen Identifiziert sich mit Regeln anderer (bes. Autoritäten)

Grundsatz nicht änderbar, soziales System +Gewissen Recht als Basis Orientierungs-annahmen: Autorität, Regeln, Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung Richtiges Verhalten: Gefallen oder Zustimmung der Anderen

Als Konventionen, bezieht sich in den Konflikten aber auf selbst gewählte & vernünftig begründete Prinzipien Individuelle Rechte, sozialer Vertrag als Bezugspunkt (darf aber geändert werden) Bewusstsein für die Relativität der eigenen Meinung/ Werthaltung: Recht = Frage von persönlicher Wertsetzung → Betonung des legalistischen Standpunkts macht sich von Regeln & Erwartungen anderer unabhängig & definiert seine Werte im Rahmen selbstgewählter Prinzipien

• Ich habe Lust, das zu tun, also darf ich es auch machen. • Wenn man nicht erwischt wird, darf man es auch tun.

• Was denken die anderen darüber? • Wenn ich das mache, dient es meiner Clique. • Man muss auch sehen, aus welchen Motiven jemand gehandelt hat. Wenn er es gut gemeint hat, darf man ihn nicht tadeln. • Man tut das nicht!

• Wenn, das alle täten, würde unser Gemeinwesen nicht mehr funktionieren. • Das ist illegal, dann darf man es auch nicht machen. • Man hat schließlich eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft.

• Schützt diese Regelung auch die Rechte dieses einzelnen? • Dieses legale Verfahren missachtet in diesem Fall ein Menschenrecht; Rechtsbruch ist hier legitim & geboten. • Was "normal" ist, ist damit noch lange nicht richtig. • Der Zweck heiligt nicht die Mittel; individuelle Ansprüche & Interessen müssen mit dem Interesse aller (dem größten Wohl aller) vereinbart werden & umgekehrt. • Könnte mein Handeln verallgemeinert werden? Wäre es vertretbar, wenn in diesem Fall alle so handeln würden?

• Jeder sollte sich um die eigenen Angelegenheiten kümmern. • Wenn ich was davon habe, kann ich es auch tun. • Würde sie das auch für mich tun? • Lügen hat sich hier gelohnt, denn ich habe doch machen können, wozu ich Lust hatte.

Das soziale System & das Wohl aller in diesem System

Grundsatzmoral (innere Haltung) Ein begründeter moralischer Standpunkt

Selbstgewählte ethische Prinzipien, die möglichst universal für Gerechtigkeit gelten sollen Versteht & akzeptiert Regeln

Alles was du tust, ist dann gut, wenn es ein allgemeingültiges Gesetz werden könnte, Kant Recht = Übereinstimmung mit den eigenen ethischen Prinzipien →abstrakter & ethischer Natur →universelles Prinzip der Gerechtigkeit, Gegenseitigkeit, Gleichheit der Menschenrechte & des Respekts vor der Würde des Menschen

4

Just Community Konzept: • • •

Schulen als gerechte & fürsorgliche Gemeinschaften Kernpunkt: soziomoralische & politische Bildung durch demokratische Mitgestaltung es wird vorausgesetzt, o dass gerechte Regeln & Problemlösungen manchmal schwer zu finden sind o dass junge Kinder noch nicht den sozialen Horizont & das kognitive Differenzierungsvermögen besitzen, Gerechtigkeitsprinzipien umfassend zu verstehen & unparteiisch anzuwenden  trotzdem sollen Kinder mit solchen Fragen konfrontiert werden („Übung macht den Meister“) • Kinder sind aufgefordert, sich & andere zu fragen, ob Regeln gerecht & fair sind = eigene Urteilsfähigkeit schulen • durch Pro-Kontra-Diskussionen entsteht eine Urteilsfähigkeit & so entwickelt sich das Individuum weiter • wenn man merkt, dass man etwas nicht verstanden hat (öfter) bemüht man sich um ein besseres Verständnis (Desäquilibrierung als wichtigster Motor der Entwicklung, nach Piaget) • „Bücherwissen“ + individuelle Lernchancen, in denen das Gelernte als relevant erfahren wird/ in denen man Erfahrungen (auch Fehler) macht (durch Interaktion) • Soziales Verstehen: wie andere über etwas denken, wie eine Gruppe funktioniert • Verantwortungsfähigkeit: durch Gelegenheiten, Verantwortung auch wirklich zu übernehmen, auch wenn man evtl. den Erwartungen nicht gerecht wird • Fürsorglichkeit & Hilfsbereitschaft: erleben, wie sich andere um einen kümmern/ helfen • Mündigkeit: durch Mitgestaltung kleinerer sozialer Einheiten = demokratische Foren (müssen abwechslungsreich sein) → essenziell für Demokratiefähigkeit • Demokratiefähigkeit: verlangt Kooperation (auch wenn man andere nicht mag), Auseinandersetzung mit Kritik/ Niederlagen, Fähigkeit Dissens zu ertragen/ akzeptieren, Kompromisse zu schließen • Selbstorganisation: Rollenübernahme, Anliegen vorbereiten, Meinung vertreten • Partizipationsangebote im realen Leben oft freiwillig vs. demokratische Mitgestaltung in Just-Community-Schulen obligatorisch • kollektives Vorbereiten & Organisieren von Projekten, Ausflügen, Festen etc. (Schulvollversammlungen, Klassenrat…) • Klassenrat trainiert: Argumentieren/ Zuhören/ Organisieren/ Moderieren + Vor-& Nachbereitung der Vollversammlungen • Ziele von demokratischer Foren: Anregung nach fairen Wegen zu suchen, Gelegenheit das soziale Verstehen + tatsächliches Handlungsrepertoire zu erweitern, Erfahrung des Wertes der Gemeinschaft/ gegenseitiger Unterstützung/ Fürsorglichkeit/ Hilfsbereitschaft/ wechselseitiger Unterstützung, Rücksichtnahme, Verbindlichkeit von getroffenen Absprachen, gemeinsame Reflexion, Ethnisierung • Dilemma-Diskussionen (Bezug zur Lebenswelt): Sensibilisierung für Fairnessfragen, Schulung moralischer Argumentationsfähigkeiten Fachunterricht: muss Unterrichtsthematik mit moralischen Wertkonflikten verknüpfen → jedes Element auch einzeln wertvoll, doch je mehr desto besserer Transfer von Lernerfahrungen Kritische Würdigung: PRO ☺ Existenz vieler solcher Schulen beweist wie dies funktionieren kann ☺ auch introvertierte Menschen partizipieren (Obligatorik) & erfahren sich als Mitglied der Schulgemeinschaft → essenziell für Moralentwicklung ☺ Förderung von moralischem Denken bedeutet nicht gleich moralisches Handeln → wird intensiver an JC geübt ☺ Vorbereitung auf gesellschaftliches Leben: Dissens akzeptieren, Selbstorganisation, Demokratisierung, Ethnisierung, Kooperation, Fürsorge, Hilfsbereitschaft, Argumentationsfähigkeit, Reflexionsfähigkeit, Mündigkeit, Soziales Verstehen

CONTRA  Modell stößt bei größeren Schulen an seine Grenzen (Vollversammlung)  Fachpersonal benötigt: diagnostische Fähigkeiten gefordert  Zeit + Räume für Versammlung benötigt  nur weil Teilnahme obligatorisch ist, garantiert das keine Ausbildung eines Moralverständnisses  Vorschläge müssen verantwortbar, tragbar sein  Minderheiten werden evtl. vernachlässigt & fühlen sich missverstanden → erfahren keine Zustimmung, Fürsorge, Gegenseitigkeit = behindert wichtige Komponente der Moralausbildung  jüngere Kinder nicht uneingeschränkt demokratiefähig (vgl. Stufe 1+2) = brauchen externe Steuerelemente  andere Ziele evtl. vernachlässigt = weniger Zeit für Unterrichtsinhalt

5

1.3 George Herbert Mead: Sozialisation als Rollenlernen im Modell des symbolischen Interaktionismus Zur Person: • •

1863-1931 US- amerikanischer Philosoph, Soziologe & Psychologe

Zum Modell: • •

interaktionistische Rollentheorie d.h. Ausbildung eines Verständnisses für Rollenerwartungen & -festlegungen & welche Spiel- & Handlungsfreiräume dem Individuum & sozialen Gruppen in einer Rolle offenstehen erforscht Fundamente der menschlichen Kommunikation & Prozess der Identitätsbildung im Zusammenhang mit Sozialisation

Fundamentale Annahmen zur Kommunikation: •

• • • • •

fragte nach den Fundamenten der menschlichen Kommunikation: → Menschen handeln bewusst/ reflektiert d.h. sie können daher Gesten als signifikante Symbole (= Gesten, die in der menschlichen Interaktion bedeutend werden) auffassen & in diesem Sinne denken Denken als Resultat von Interaktion: → Gesten von Mitmenschen begreifen, deuten & sogar gedanklich vorwegnehmen Bedeutungsvielfalt von Gesten durch Sprache erhöht Leitgedanke: Mensch erschließt sich seine Einstellung zur Welt über Gesten, Symbole & v.a. über das Symbolsystem der Sprache Mensch kann bereits vor Handeln, Erwartungen der Mitmenschen berücksichtigen (einfache Gesten → Denk- & Verhaltensweisen) Persönlichkeit & soziales Handeln sind durch Symbole geprägt, die im Prozess der Sozialisation erworben werden & im Prozess der Interaktion von Handelnden wechselseitig bestätigt oder verändert werden

Identität: • • •

Identität wird erst in Interaktion mit Mitmenschen ausgebildet durch die Übernahme diverser Rollen im Rollenspiel bildet sich schrittweise seine eigene Identität Bewusstsein von Identität setzt Berücksichtigung der Sichtweise Anderer auf das Individuum voraus

Rollen: • • •

nicht statisch und determinieren das Verhalten, sondern lassen Platz für Interpretation und ermöglichen verschiedene Formen der Umsetzung role-taking: Rollenübernahme role-making: individuelle Gestaltung der Rolle

Stadien der kindlichen Identitätsentwicklung: PLAY Kind lernt Rollen im freien Rollenspiel • Nachahmung wichtiger Personen im Phantasiespiel → Kind handelt von deren Standpunkt aus → Dialoge, nachvollziehen der Rollen = Gefühl für Andere & sich selbst • signifikante Andere: bieten Orientation (bspw. Mutter, Vater, Geschwister...) • jederzeit abbrechbar

GAME Spiele nach vorgegebenen Regeln • Einnahme einer Rolle im geregelten Gruppenspiel → Kind lernt organisierte Rollen & deren Bedeutung kennen → muss sich mit Gruppenziel identifizieren = Gründe & Konsequenzen des Handelns Anderer • generalisierte Andere: bieten Struktur, Rahmen, Prinzip •

nicht jederzeit abbrechbar; organisierte Struktur, Rücksicht auf Andere

6

Prozess & Instanzen der Identitätsbildung: impulsives Ich = I

reflektiertes Ich = ME

reagiert spontan auf Zumutungen

eigene Überlegung, wie andere mich sehen oder was andere von mir erwarten







spontan, kreativ, nicht normiert Anregeungen zum Denken & Handeln → nicht einfach Erwartungen angepasst



Fähigkeit, in seinem Denken & Verhalten, das Denken, Fühlen oder handeln der Mitmenschen zu berücksichtigen Basis für eine menschliche Orientierung

Geist des Menschen = MIND hilft dem Menschen schrittweise zw. den Impulsen des I & des ME zu vermitteln → Aufbau des SELF • durch Intelligenz • wenn Prozess der Vermittlung bewusst ist

eigene Identität = SELF durch kontinuierlichen Prozess aufgebaut (= durch Differenzierungen, Erweiterungen, Korrekturen der Identität) • Identität bildet sich im Ausbalancieren von ME & I

personal identity: social identity: unverwechselbares Ich „normal“ sein, nicht aufallen →So sein wie keiner →So sein wie alle Dilemma: Individuum muss auf Repräsentation der Erwartungen des Anderen in sich selbst (ME) eingehen & gleichzeitig seine Besonderheiten, seine Persönlichkeit (I) darstellen BALANCE= Bildung der ICH-IDENTITÄT

1.4 Lothar Krappmann: Soziologischer Interaktionismus Zur Person: • •

1936-heute deutscher Soziologe

Zum Modell: •

erweitert Meads Rollentheorie des symbolischen Interaktionismus • • • •

Krappmann sieht soziale Beziehungen auch als prekär an soziales Handeln stets intentional nicht nur stimulus – response Verhalten „balancierte Identität“ → von Diskrepanzen in Interaktionen lernen Menschen widersprechende Erfahrungen zu balancieren

• • • •

Mead verwendet den Begriff der Identität nicht Entwicklungsprozess auf soziale Beziehungen angewiesen (ausschließlich positive Einwirkungen) Verhalten im Schema stimulus – response Bedeutung des I in der Beteiligung des Individuums am sozialen Prozess nicht eindeutig geklärt

Bildung der Identität: • • • • • •

bildet sich im Rahmen von Interaktionsprozessen um erfolgreich mit anderen Menschen interagieren zu können, muss man: sich selbst darstellen, sein Gegenüber interpretieren & mit ihm verhandeln können Individuum muss Balance halten zwischen Rollenerwartungen & seinen eigenen Wünschen/ Interessen Identität entwickelt sich in einem lebenslang dauernden Prozess Balance zwischen personaler Identität (phantom-uniqueness) & sozialer Identität (phantom-normalcy) Ziel der Sozialisation ist der autonome Mensch → Mündigkeit, Selbstbestimmtheit

7

Identitätsfördernde Fähigkeiten: Fähigkeit

Merkmale

Bedeutung für gelingende Identitätsentwicklung

Möglichkeiten der pädagogischen Unterstützung

Ambiguitätstoleranz

• • •



Rollendistanz & Empathie = Fähigkeiten, die dem Individuum helfen, neue & zur aktuellen Situation in Widerspruch stehende Daten & Mitteilungen wahrzunehmen & selbst zum Ausdruck zu bringen → Belastung, da Individuum mit Erwartungen konfrontiert wird, die den seinen widersprechen in Interaktionen versuchen Identität aufrecht zu erhalten/ zu präsentieren ohne Interaktionen kann es keine Bedürfnisbefriedigung geben mit Divergenzen & Inkompatibilitäten abfinden „presentation of self“ ist Voraussetzung & Folge zugleich das Selbst ist „kein Eigentum“ sondern Produkt gegenseitiger Interaktionskontrollen & Anstrengungen, um Zerstörung durch Andere, institutionelle Zugriffe & Schicksalsschläge zu verteidigen wichtig für Identitätsbehauptung Selbst stimmt sein Handeln in jedem Augenblick auf verschiedene Gruppen von Mitspielern und Zuschauern ab → gut geplante Komposition



Voraussetzung & Ergänzung von Ich-Identität → richtiger Umgang mit Erwartungen anderer Ich-Identität bestimmt Grenzen für role-taking Erwartungen anderer identifizieren & eigene Rolle finden/ darauf anpassen



• •

Identitätsdarstellung

• • •

Empathie

Rollendistanz

• • • •

• •



Gegenseitigkeit, Andersheit aushalten ab Interaktion zw. 2 Partnern Interaktion entspricht unter ausgehandelten Bedingungen nicht mehr ganz den Bedürfnissen des Partners → teilweise unbefriedigt Unbefriedigtheit muss ausgehalten werden Interaktionspartner müssen versuchen, in Situation Identität aufrecht zu erhalten/ zu präsentieren

jedes Individuum in anderem Maße in der Lage, IchIdentität darzustellen endlose Möglichkeiten des Individuums sich selbst in seiner Identität in Interaktionssituationen darzustellen Fähigkeit, Identität in Interaktionen einzubringen entspricht jener Phase, der Identitätsbehauptung, in der das Individuum auf der Basis von übernommenen Erwartungen versuchen muss, seine Ich-Identität vorzubringen

• • • • •

• •

Einfühlungsvermögen Übernahme der Erwartungen von Interaktionspartnern hilft bei der Kontrolle von Interaktionen role-taking: Versetzung in die Rolle eines Anderen → eigene Rolle im Interaktionsprozess



Individuum ist in der Lage, sich Normen gegenüber reflektierend & interpretierend zu verhalten soll sich über die Anforderungen von Rollen erheben, um auswählen, negieren, modifizieren & interpretieren zu können Rollendistanz tritt nur dann auf, wenn das Individuum schon in einem gewissen Maße Ich-Identität erreicht hat



• •



Identitätsbildung kann nicht gelingen, wenn man sich ausschließlich der Rollenerwartungen anderer anpasst → Rollendistanz als Voraussetzung für Identitätsgewinnung Rollendistanz als Vorrausetzung für das role-taking









• •

• • • • • • •

Wert darauflegen, dass Individuen ihre Ich-Identität entfalten wenn Probleme überfordern, damit helfen → aber nicht einfach alle Probleme für das Individuum lösen nicht immer alle Bedürfnisse erfüllen

mit Ich-Identität des Individuums auseinandersetzen & spezielle Forderungen stellen in denen Talente zum Vorschein kommen über die eigene Identität sprechen & gemeinsam Identität + Talente… bewusstmachen Freiräume (Moratorien) zum Ausprobieren lassen Kontakt zu Gleichaltrigen Spiele mit nur einem möglichen Gewinner Diskussionen gesellschaftliche Werte & Erwartungen aneignen Vertrauens- & Kommunikationsspiele emotionale Beziehung wichtig aufzeigen, dass Normen hinterfragt werden sollten über Kritik an bestimmten Rollen reden zur ideologiekritischen Perspektive erziehen

8

Pädagogische Konsequenzen: • • •



Fähigkeiten bilden sich in langen Entwicklungsprozessen, nicht durch gezieltes Training Empathie: Liebe, Zuwendung, Hinweise Mitmenschen & deren Gefühle zu achten Rollendistanz & Ambiguitätstoleranz: erst in späteren Entwicklungsstufen erlernbar, da Fähigkeit, Erfahrungen differenziert zu betrachten Vorrausetzung ist → wichtig, kognitive Entwicklung mit Betrachtung mehrerer Perspektiven zu fördern & Frustrationen erfahren (Erwachsene sollen Beistand leisten, aber nicht verhindern) Rollendistanz: Jugendlichen fällt Rollendistanz meist schwer, da sie auf der Suche nach Rollen sind → damit sie nicht nur Rollen spielen, sondern auch eine eigene Persönlichkeit ausbilden, sollte das Thema „Persönlichkeit“ sowohl in der Schule als auch in der Familie thematisiert werden → Eltern dürfen auch nicht jedes Verhalten hinnehmen, sondern sollen sachlich begründete Kritik üben

Handlungskonsequenzen: • • • •

emotionale Bindungen in der Familie → ermöglicht Empathie Erfahrungen der Selbstwirksamkeit → Selbstsicherheit in Dialog mit Kind treten → kommunikative Fähigkeiten in der Schule: o Erstellung & Präsentation von Referaten o Beteiligung an Schulgremien o kooperative Arbeitsformen wie Partner- & Gruppenarbeit o Klassenfahrten & Exkursionen o Entscheidungsprozesse über Klassenangelegenheiten → Selbstsicherheit, kommunikative & soziale Kompetenz

1.5 Erziehung in der Familie Soziologische Aspekte: • Struktur: o Familie ist eine soziale Institution o beruht auf Filiationsprinzip: Blutsverwandtschaft über verschiedene Generationen o bildet einen privaten Lebensbereich mit emotionaler Bindung o Beziehung zwischen Eltern und Kind besonders, da sie auf einer natürlichen Verbindung beruhen o Pluralisierung der Familienformen: Alleinerziehende, Patchwork etc. o Wertewandel: Ehe hat an Bedeutung verloren, mehr Scheidungen, Frauenrolle verändert, Mann & Frau haben eigenen Berufsbiografien, mehr Einzelkinder o Zunahme institutionalisierter Erziehung → Stellenwert der Früherziehung (kompensatorische Aufgeben) • Funktionen: o Familie ist eine wichtige Sozialisationsinstanz o primäre Sozialisationsinstanz (sekundäre: Schule, Kindergarten) o Eltern als Rollenmodelle o Normen- & Wertevermittlung → Familie auch von gesellschaftlicher Bedeutung o Erfüllen emotionale Bedürfnisse → Stabilität, wichtigster Schutzfaktor • familiäre Transmission: o familiäre Sozialisation: Weichen für späteren Lebensweg o Bildungschancen hängen stark vom Elternhaus ab o Interaktions- & Kommunikationsfähigkeiten werden in familiärer Sozialisation gelernt: u.a. Grundlagen für entwicklungsfördernde Fähigkeiten (Krappmann: Ambiguitätstoleranz) Systemische Sicht auf die Familie: ▪ ▪ ▪ ▪

Systeme mit wechselseitiger Beeinflussung aller Mitglieder „bezogene Individuation“ wichtig → Mitglieder müssen sich gleichzeitig verbunden & frei fühlen ständiger Wandlungsprozess → Gleichgewichtszustände (Homöostasen) müssen immer wieder hergestellt werden familiäre Triade besteht aus dyadischer Paarbeziehung & jeweiliger dyadischer Eltern-Kind-Beziehung

9

Pädagogische Aspekte: • • •



elterliche Bindung verantwortlich für späteres Erziehungsmuster Ziele von Erziehung: Gefühl von Selbstwirksamkeit, Orientierung & Halt bieten, individuelle Selbstentfaltung & soziale Einbindung, Mündigkeit Bindung der frühen Kindheit: o vier verschiedene Bindungsstile von John Bowlby & Mary Ainsworth: 1. sichere Bindung: zuverlässige, feinfühlige Erfüllung der physischen & emotionalen Bedürfnisse der Eltern 2. unsicher-vermeidende Bindung: nicht die erforderliche Unterstützung erhalten 3. unsicher-ambivalente Bindung: launische Bezugsperson 4. unsicher-desorganisierte Bindung: risikoreiche Familienverhältnisse Erziehungsstile:  autoritärer Erziehungsstil: hohes Maß an Kontrolle, wenig Berücksichtigung der Bedürfnisse  autoritativer/demokratischer/ sozial-integrativer Erziehungsstil: klare Regeln, aber auch Freiräume, viel Wärme in der Beziehung → optimaler Erziehungsstil  permissiver Erziehungsstil: wenig Kontrolle, viel Rücksicht auf Bedürfnisse  vernachlässigender Erziehungsstil

Familiäre Probleme: • • • • • •

Störung des Familiensystems bei psychischen, psychosomatischen oder psychosozialen Problemen eines Mitgliedes Störungen zwischen den Eltern oder keine Bedürfnisbefriedigung der Kinder nach emotionaler Stabilität, Anerkennung, Zuwendung & Wertschätzung führen zu psychischen Leiden dysfunktionale Familien führen zu traumatischen Erlebnissen der Kinder Parentifizierung: Kinder müssen Aufgaben der Eltern übernehmen → Verlust der Kindheit, Überforderung Rauchfleisch: Traumatisierungen in der Kindheit führen zu einer gestörten ICH-Struktur & einem aggressiv besetztem Selbstbild schädliche Bindungsformen aus systemischer Sicht:  verstrickende Bindung: zu enge Verhältnisse → psychosomatisches Leiden (z.B. Essstörung)  Ausstoßung: zu wenig Halt & Unterstützung des Kindes → Verhaltensauffälligkeiten  Delegation: elterliche Wünsche & Forderungen werden auf das Kind übertragen

Professionelle Unterstützungsangebote für Familien: • • • • • •

Paare mit Beziehungsproblemen → therapeutische Angebote schwerwiegende Familienproblem → Familientherapie Probleme im Kindergarten oder Kita → Kontaktperson: Erzieher Sozialarbeiter in Schulen Familienbildungsstätten mit Beratungsprogrammen Vereinbarkeit von Beruf & Familie: Ausbau von Kita-Angeboten

1.6 Sigmund Freud: Psychosexuelle Entwicklung Zur Person: • •

1856-1939 Neurologe → entwickelte Psychoanalyse als Therapieform

Annahmen der Theorie: • • • •

nichts geschieht ohne Grund (Prinzip der psychischen Determiniertheit) Grund ist uns nicht immer bewusst (Bewusstsein ist eher außergewöhnliches als regelmäßiges Attribut psychischer Prozesse) jegliches Handeln des Erziehers hat Auswirkungen auf den Edukanten keine Diskontinuitäten

10

Bewusst, unbewusst, vorbewusst: • • •

unbewusst: psychosexuelle Entwicklung, traumatische Erlebnisse, Erbanlagen/Instinkte bewusst: Gedanken, Gefühle, Wünsche vorbewusst: Angst, verdrängte Konflikte, Persönlichkeitsmerkmale

Angst & Abwehr: •

Ängste treten auf, wenn die einzelnen Persönlichkeitsinstanzen in einem Ungleichgewicht zueinanderstehen → ICH findet keinen Kompromiss, Triebe widersprechen Anforderungen der Gesellschaft

Ängste vor: o der Realität: Konsequenzen, die auf die Befriedigungen der Triebwünsche folgen o den Anforderungen des Über-Ichs: z.B. Schuldgefühle o den Ansprüchen des ES: überwältigt von den eigenen Trieben • Aufgabe des ICH → mit Bedrohung umgehen & sie abbauen → es kommt zum unbewussten Einsatz von psychischen Schutzmechanismen (=Abwehrmechanismen) Instanzen der Persönlichkeit → „psychischer Apparat“: •

entwickeln sich nacheinander in der frühen Kindheit ES: o o o o o ICH: o o

elementarste Schicht → angeboren Triebe, Wünsche Bedürfnisse keine Gesetze des logischen Denkens, keine Wertungen, keine Unterscheidung in Gut & Böse, keine Moral Ziel: blindes Streben nach Befriedigung Lustprinzip

ÜBER-ICH

ICH

zweite Instanz entwickelt sich aus ES heraus ES durch Konfrontation mit der Realität wird dem Individuum bewusst, dass es auch auf Lustbefriedigung verzichten muss o Instanz, der bewussten Auseinandersetzung mit der Realität o bewusstes Leben & Wahrnehmen, Denken & Handeln, Planen, Wählen, Wollen, Urteilen & Werten o enthält alle zur Anpassung an die Umwelt nötigen kognitiven Fähigkeiten & Funktionen →Aufnahme/ Speicherung von Informationen, Intelligenz, Kreativität, Gedächtnis, Sprach- & Lernfähigkeit o ICH versucht einen Kompromiss zwischen ES & Außenwelt zu finden o Realitätsprinzip ÜBER-ICH: o dritte Instanz, die sich bildet durch die Gebote, Verbote, Mahnungen, Belehrungen o umfasst Wert- & Normvorstellungen & das Verhalten & Handeln des ICH im Sinne der geltenden Moralvorstellung der Gesellschaft o bewertet ob Triebwünsche zugelassen werden dürfen o Moralitätsprinzip • • •



ES & ÜBER-ICH haben keine direkte Verbindung zur Außenwelt → müssen alle Forderungen an das ICH stellen harmonisches Zusammenspielen der Instanzen → psychische Gesundheit ICH-Stärke o ICH kann Balance zwischen ES & ÜBER-ICH herstellen → Triebe werden im gesellschaftlichen Handlungsrahmen erfüllt ICH-Schwäche o Ungleichgeweicht zwischen ES & ÜBER-ICH → Triebe entscheiden über Handlungen: rücksichtsloses Verhalten oder → Moralvorstellung der Gesellschaft entscheiden über Handlungen: gesellschaftliche Vorstellungen unterdrücken Triebe & deren Befriedigung zurück

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Möglichkeiten des erzieherischen Einflusses: • • • • • •

Einfluss der Eltern auf Ausprägung der Instanzen Grenzen setzen Kind Kontakt zur Außenwelt ermöglichen autoritativ-partizipativer Erziehungsstil zur optimalen Förderung einer ICH-Stärke Balance der Instanzen herstellen durch Gleichberechtigung Autonomie

Abwehrmechanismen der Psychoanalyse: • • • • • • •

Verdrängung: „Unbewusstmachen“ angstauslösender Inhalte, bleiben aber im Unterbewusstsein & beeinflussen Erleben & Verhalten Projektion: Eigenschaften, die die eigene Person betreffen anderen Personengruppe zuschreiben /dafür verantwortlich machen Reaktionsbildung: um Verdrängungen zu sichern, wird im Bewusstsein das Gegenteil des zu Verdrängenden fixiert (Bsp. Liebe → Hass) Rationalisierung: für Wünsche & Triebe werden „vernünftige“ Gründe gefunden, um wahre Gründe zu verstecken Kompensierung: Wünsche & Triebe, die am Original nicht realisiert werden können, werden an einem Ersatzobjekt realisiert Regression: Zurückfallen auf eine frühere Entwicklungsstufe, in der bestimmte Wünsche nicht erfüllt wurden → werden nun befriedigt Sublimierung: nicht zugelassene Wünsche werden umgesetzt in Leistungen, die sozial erwünscht sind

Handlungskonsequenzen: Ziel sollte ICH-Stärke sein → dazu sollten Eltern und Erzieher o mit Nahrung, Wärme, etc. versorgen (was es nicht selbst kann) o Möglichkeiten schaffen, die Wahrnehmungsfähigkeit zu schulen o Natur der Triebe kennen, akzeptieren & erlauben o psychosexuelle Entwicklungsstadien erkennen o genügend Möglichkeiten schaffen, Triebe zu befriedigen (aber keine übermäßige Befriedigung!) o damit das schwache Ich nicht von der Umwelt überwältigt wird, dem Säugling genügend Pflege & Schutz bieten o zunehmend Anleitungen zum Problemlösen geben Kritische Würdigung: ☺ ☺



☺ ☺

PRO Klarheit der Darstellungen Erklärungen für früheres & Prognosen über künftiges Verhalten → Differenziertheit relativ hohe Benotung Handreichungen für praktische Kindererziehung → Vorschläge konzentrieren sich auf emotionale Bedürfnisse von Kindern, hauptsächlich im Bereich der Sexualität & Aggression z.B. Kleinkinder brauchen genug Gelegenheit, Nuckel- & Saugbedürfnisse zu befriedigen (orales Stadium) oder Toilettentraining sollte nicht zu früh beginnen → Psychoanalyse gibt Anleitungen für Umgang mit Kindern im emotionalen Wachstum, jedoch wenig Hilfe für kognitive Entwicklung/Körperwachstum Auslöser für neue Entdeckungen → Erikson ... Gesamteindruck → abhängig von persönlicher Zustimmung → erscheint den Autoren grundsätzlich sinnvoll, allerdings bleibt Skepsis

CON  realistische Einschätzung der Welt des Kindes → Freud berücksichtigt zwar Wichtigkeit & Natürlichkeit sexueller Interessen in der Kindheit & im Jugendalter, sowie Abwehrmechanismen & ambivalente Gefühle des Kindes gegenüber seinen Eltern, jedoch bleibt ein Großteil seiner Theorie unbestätigt, da viele Schlüsselelemente (Unbewusste/ Verdrängung/ Reaktionsbildung) unüberprüfbar sind  wissenschaftliche Überprüfbarkeit → schwierig, wissenschaftlich zu überprüfen  Kastrationsängste, Penisneid & Ödipuskomplex sind keine universalen Phänomene

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Entwicklungsstufen: Periode / Alter/ erogene Zone Orale Phase 1. Lebensjahr Mund

Merkmale • • • • •

Anale Phase 2./3. Lebensjahr Afterzone

Phallische Phase 4./5. Lebensjahr Genitalien

• • • • • • • • •

Genitale Phase/ Adoleszenzphase ab 11. Lebensjahr Genitalien







• • • • • • • •

Sexualität erwacht Fortpflanzungstrieb entsteht (nicht nur Lustbefriedigung) Sexpartner außerhalb der Familie wird gesucht hormonelle & körperliche Veränderungen Sexualität wird von egozentrischer Orientierung gelöst



• • •

Entwicklungshemmende Maßnahmen • •

• •

Betätigung/Herzeigen der Genitalien Betrachten anderer Genitalien → Vergleichen → „Penisneid“ Ödipus-Komplex: verstärkte Beziehung Sohn-Mutter Elektra-Komplex: verstärkte Beziehung Tochter-Vater → löst sich wieder auf → Abwendung = Verdrängung → anderes Elternteil als Konkurrenz nach Identifikation mit Eltern entsteht moralische Eigenregulierung (ICHIdeal) Kastrationskomplex/ -drohung erste (hetero-)sexuelle Wünsche Befriedigung durch Erlangen von Fähigkeiten & Erkundung der Umwelt = kulturelles Lernen kulturelle Werte werden von Vorbildern übernommen Sexualität wird verdrängt/ sublimiert Schule & Spielen nehmen an Bedeutung zu (→Peers)



Latenzperiode 6.-11. Lebensjahr -------------

nimmt erstmals äußere Objekte wahr (in Abgrenzung zu sich selbst) ICH-Entwicklung & Realitätssinn wird entwickelt durch Frustration Störungen durch Verwöhnung & Versagen → depressive Neurose, Suchtneigung, Größenwahn Kind nimmt alles in den Mund 3 psychische Etappen  Unterscheidung zw. den äußeren Objekten & dem Selbst  erste Erinnerungsspuren → rudimentäres ICH  Urvertrauen bildet sich aus Kind beginnt zu laufen, zu sprechen & wird selbstständiger eigener Wille spielt mit Ausscheidungsorganen & -produkten Auseinandersetzung mit dem ICH & der Realität Gefahr: Regression, Scheinfortschritt lernt Bedürfnisse aufzuschieben

Entwicklungsfördernde Maßnahmen • Zuneigung & Liebe • Erfolge & Enttäuschungen& Versagen → Realitätssinn!









wenig Emotionen dem Kind gegenüber → Ausbildung von Urvertrauen wird verhindert plötzlicher/völliger Entzug der Bezugspersonen → Verkümmerung der Intelligenz → zurückgebliebene motorische Fähigkeiten (→ Hospitalismus) Überbehütung/ Überangebot Hungernlassen & Unbeteiligtsein

Freiheiten lassen aber auch Grenzen setzen → Selbstständigkeit → Eigenwillen → Durchsetzungsvermögen Realität näher bringen durch Sozialisationsbedingungen → ICH wird entwickelt Moralvorstellungen vorleben → Entwicklung eig. Moralvorstellungen Vorleben von idealen Verboten & Geboten → Über-Ich bildet sich aus Gefühle zulassen & Realitätsbezug aufweisen



• •

Verbot die Phase auszuleben → Probleme mit dem eigenen Körper → lange Bindung an die Eltern vollständige, unverzügliche Ermöglichung der Triebbefriedigung → keine Moralvorstellungen → Verkümmerung Kastrationsdrohung Sexualität als Tabu-Thema

Beschäftigung & Unterstützung mit dem Edukanden gute Vorbildfunktion des Erziehers → Lustaufschiebung Möglichkeiten gewähren, eigene Entscheidungen zu treffen

• • •

Kind ignorieren schlechtes Vorbild für das Kind sein nicht kümmern/ laissez-faire

• • •

Verbieten von Freund(in)/Beziehung traumatische Erlebnisse: Fixierung/ Regression Stehenbleiben auf Entwicklungsstufe







übertriebene Hygiene → keine Selbstständigkeit → Gefügigkeitshaltung → Konformismus (Übereinstimmung der Person mit gesellschaftlichen Normen) Einengung des motorischen Expansionsdrangs (körperliche Bestrafung/ Schuldzuweisung)

→ Nichtbefriedigung der Phasen ist traumatisches Erlebnis → führt zu Fixierung oder Regression

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1.7 Erik Homburger Erikson: Psychosoziale Entwicklung Zur Person: • •

1902-1994 Ausbildung zum Psychoanalytiker, Professor für Entwicklungspsychologie

Zur Theorie: • • •

Erweiterung & Modifikation der Freud’schen Theorie Akzentsetzung der Entwicklungsdynamik auf die soziale Einbindung innerpsychischer Kräfte Betrachtung der Entwicklung unter der Perspektive der Bewältigung psychosozialer Herausforderungen

Grundthesen der Theorie: • • • • • • • • • •

Leben ist in acht aufeinander folgende Krisen unterteilt → folgt dem Prinzip der Epigenese Reihenfolge der Entwicklungsstufen ist unumkehrbar & universal bewältigte Krisen bilden das Fundament für die folgenden Krisen (Erfahrungen aus den vorangegangenen Phasen werden verwendet, um neue Identitätskrisen zu verarbeiten) Anforderungen/Krisen resultieren aus gegensätzlichen Anforderungen & Bedürfnissen Bewältigung der Krisen führt zum Aufbau einer Ich-Identität & kennzeichnet die wachsende Persönlichkeit → Ich-Identität als wichtigstes Ziel zentrale Komponenten sind die innere Einheit & die Krise Mensch gehorcht inneren Entwicklungsgesetzen Entwicklung stellt einen Prozess von Neubildungen dar → auf Basis der vorangegangenen Krisen Entwicklung von Persönlichkeit, durch sich selbst & innerhalb von Beziehungen Ich-Entwicklung & Identitätsentwicklung sind eng miteinander verbunden: o Ich = organisiertes System von Einstellungen, Motiven & Bewältigungsleistungen; Kernbereich der Persönlichkeit (innere Einheit) o Ich-Identität = Selbstkonsistenz: "man weiß, wer man ist" & kennt die eigene Individualität, die über Zeit, Situationen & soziale Kontexte hinweg bestehen bleibt

Vielschichtigkeit des Identitätsbegriffs bei Erikson: •



• •

Identität: o Gefühl, man selbst zu sein o Bild eines einheitlichen Menschen, der „er selbst ist“ & in die Gesellschaft integriert ist o Einheitlichkeit von Erscheinung & Wesen ICH-Identität: o subjektives Empfinden o Gefühl eine zusammenhängende Persönlichkeit zu sein, die im Besitz seiner Kräfte, Aktivität & Entscheidungsfähigkeit ist o Bildung aus den Eigenschaften, die das Individuum sich selbst zuschreibt, um sich von anderen abzugrenzen o Selbstbild als reflexiver Aspekt o Wissen, um eigene Unverwechselbarkeit & dessen Bejahung Identität bleibt meist unbewusst o meist nur emotionale Befindlichkeit o wird in kritischen Lebensphasen besonders deutlich man bleibt einheitlicher, gleichbleibender Erlebnisträger, auch wenn man Eigenschaften dazugewinnt/ verändert

Krise: • • • • • • •

angelegt zwischen zwei Polen (z.B. Urvertrauen vs. Urmisstrauen) kennzeichnet einen Wendepunkt im Sinne einer entscheidenden Periode birgt eine erhöhte Verletzlichkeit & ein erhöhtes Potenzial in sich Entwicklungskrisen sind nicht negativ oder problematisch, sondern entwicklungsfördernd Durchlaufen der Krisen hat das Ziel, die Ich-Identität aufzubauen Bewältigung der Krise ist die zentrale Entwicklungsaufgabe Krisen werden nie vollständig gelöst, sondern bleiben ein Leben lang aktuell → Krisen müssen auf einer bestimmten Stufe ausreichend bearbeitet werden, um die nächste Stufe erfolgreich bewältigen zu können  Krise ist nicht identisch mit einer Störung, sondern kennzeichnet normalen Entwicklungsvorgang

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Prinzip der Epigenese: • •

Ausgangspunkt der Entwicklungsvorstellung Krisen Epigenese (gr. / lat.) → Entwicklung eines jeden Organismus durch funktionierendes aufeinanderfolgende Neubildungen Ganzes • Ablauf der Entwicklung in acht Krisen nach einem festgelegten Grundplan Beziehungen Anlagen → Mensch unterliegt inneren Entwicklungsgesetzen • jeder Teil hat zu einer bestimmten Zeit eine Verhalten der Grundbauplan Aszendenzen gesteigerte Bedeutung (spezielle Aszendenz) Bezugspersonen • bewältigte Krisen bilden das Fundament für die folgenden Krisen • verläuft über die ganze Lebensspanne • nach der Bewältigung noch vorhanden • alle Teile bilden zusammen ein funktionierendes Ganzes • Prozess von Neubildungen, die auf der Basis vorangegangener Entwicklungen entstehen → keineswegs nur Entfaltung von vorbestimmten/ angeborenen Keim • menschliche Entwicklung dabei nie gradlinig & ohne Konflikt → Mensch entwickelt seine Persönlichkeit auf der Basis seiner Anlagen innerhalb von sozialen Beziehungen in Krisen & Konflikten Innere Einheit: • • •

zentrales Merkmal der Ich-Identität ein Gefühl, das sich jedes Mal neu nach der erfolgreichen Bewältigung der jeweiligen psychosozialen Krise in einer Phase einstellt Einheit zwischen den Anforderungen der sozialen Umwelt & der (wachsenden) Persönlichkeit

Kritische Würdigung: PRO CON ☺ Offenlegung der Folgen bestimmter erzieherischer  nicht frei von bestimmten kulturellen Einstellungen & Verhaltensweisen/ welche psychischen Einstellungen Strukturen Menschen ausbilden  bietet Orientierung, aber keine pädagogischen ☺ unterstreicht die Bedeutung erzieherischer Handlungspläne = Deutung erforderlich = falsch Verantwortung interpretierbar ☺ zeigt Gefahren extrem einseitiger Orientierungen  nicht wenige Kinder wachsen heute ohne Vater ☺ zeigt Bedeutung der Balance des erzieherischen auf oder erleben in Patchwork-Familien Verhaltens zwischen extremen Polen wechselnde Bezugspersonen → nicht thematisiert ☺ bietet Orientierungen, aber keine pädagogischen  zunehmende Institutionalisierung von Erziehung Handlungspläne = besonderer pädagogischer Wert nicht thematisiert ☺ Andeutung welche erzieherischen Verhaltensweisen  Fragen: welchen Einfluss hat multimedialer welche Auswirkungen haben könnten Einfluss? inwieweit wird dadurch die ☺ nicht einfach ein pädagogisch „richtiges“ oder „falsches“ Einflussnahme der Eltern geschwächt? Verhalten  war Psychologe, nicht Pädagoge ☺ kann dazu beitragen, bedeutende pädagogische  Frage: soll man die Persönlichkeit von Kindern aus Annahmen differenziert zu beurteilen nicht traditionellen Familienverhältnissen als ☺ thematisiert die Bedeutung von Krisen & weniger frei entfaltbar ansehen? Unstimmigkeiten bzw. Konflikten für die Entwicklung → unter Berücksichtigung, dass Erikson Psychologe also nicht Pädagoge war resultiert, dass seine Erkenntnisse zwar grundlegende Erkenntnisse über die psychische Entwicklung bieten, allerdings in jedem Handlungskontext neu angewendet & gedeutet werden müssen

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Stufen der psychosozialen Entwicklung: Krise/ Alter/ Bezugspersonen 1) Urvertrauen vs. Urmisstrauen 0 – 1,5 (Säuglingsalter) Mutter

Konstruktive Lösung

Problematische Lösung innere Unruhe (in Maßen entwicklungsfördernd → fordert Eigenaktivität), Unausgeglichenheit, Ablehnung der Bezugspersonen

Positives Erzieher-verhalten

2) Autonomie vs. Scham/ Zweifel 1,5 – 3 (Kleinkindalter) Eltern 3) Initiative vs. Schuldgefühle 3–6 (Spielalter) Familie 4) Werkssinn vs. Minderwertigkeits-gefühl 6 – 12 (Schulalter) Nachbarschaft, Schule, Peers, Lehrer

Balance, Trieb- & Bedürfniskontrolle, eigener Wille, Anpassung an erste soziale Regeln → wichtiger Schritt für Persönlichkeitsentwicklung Verantwortung übernehmen, Gewissensbildung, Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen, Initiative (=positive Reaktion auf Herausforderungen) Balance von Eifer & Unterlegenheit, hohes Maß Werkssinn (Bestreben, in einem größeren Umfeld Nützliches zu leisten), Vernunft & Bescheidenheit, realistische Einschätzung

Selbstzweifel, Minderwertigkeitsgefühle, Unsicherheit, fehlende Selbstständigkeit, Überschätzung → willkürliches Handeln, ohne auf andere Menschen zu achten übertriebene Schuldgefühle, Verständnislosigkeit, Beziehungsprobleme, hektische Übernahme von Initiative, Unfähigkeit dauerhafte Beziehungen einzugehen zu viel Eifer, Unterlegenheitsgefühle, Minderwertigkeitsgefühle (in Maßen entwicklungsfördernd → fordert Anstrengung), Selbstüberschätzung

Kombination: Konsequenz/Verbote & Freiheiten lassen → Bedürfnisse im gesellschaftlichen Rahmen befriedigen Initiative fördern, Grenzen aufweisen, aber nicht abweisen, gleichgeschlechtliches Elternteil sollte aktiv auftreten & als Vorbild fungieren auch mal verlieren lassen, Platz in der Gesellschaft zeigen, Möglichkeiten bieten Leistungen zu erbringen, Regelverständnis fördern

extrem einseitige Erziehung, rigide bestrafen/ kritisieren, zu nachgiebig sein

5) Identität vs. Identitätsdiffusion 13 – 16 (Adoleszenz) Peers, Idole

Bildung eigener Identität, Ablösung von Eltern, Selbstfindung, löst sich zunehmend von Familie → z.B. Musik-, Sportvereine, Tiere (Pflege = Lebenssinn), Hinterfragen von Ideologien

radikale Ablehnung von Autoritäten, kritiklose Unterwerfung, Identitätsdiffusion = Misslingen des Auswählens aus Identitätsangeboten

Beratung, Kritik, Grenzen aufweisen, Selbstständigkeit fördern, Anforderungen stellen, Idole & Leitbilder = Kritik & Orientierung, Bedarf eines Moratoriums: temporär aus Handlungsräumen ausbrechen

egoistisch, strikte Vorgaben/Verbote, keine Hilfe bei Orientierungssuche, Entmündigung, zu viele Freiräume

6) Intimität & Solidarität vs. Isolation junges Erwachsenenalter Intimpartner, Freunde

Partnerschaften führen, in denen besondere Verantwortung für anderen übernommen wird, Zuwendung erfahren

Nichtgelingen des Aufbaus intimer Beziehungen = Zustand der Isolierung

________

________

7) Generativität vs. Stagnation Erwachsenenalter Familie, nächste Generation 8) Integrität vs. Verzweiflung Seniorenalter Lebenspartner, Familie

Fortpflanzung, Übernahme von Verantwortung für nachwachsende Generation

keine Bereitschaft zur Verantwortung / produktives Gesellschaftsmitglied zu sein

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mit dem eigenen Leben ins Reine kommen, Lebensende akzeptieren

getroffene Entscheidungen nicht akzeptieren können, Unzufriedenheit mit der eigenen Lebensführung

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Balance, innere Ruhe & Ausgeglichenheit, Gefühl der tiefen inneren Geborgenheit, Erfahrung von Urmisstrauen als Grundlage Niederlagen hinzunehmen

liebende Fürsorge, nicht immer sofort reagieren, Zurückweisungen & Niederlagen hinnehmen lernen, Stabilität, Verlässlichkeit

Negatives Erzieherverhalten Vernachlässigung o. übertriebene Zuneigung → Hyperaktivität, Unfähigkeit, Frustrationen auszuhalten

Abweisung, rigide Machtdemonstration

in bestimmten Kompetenzbereich drängen, Ablehnung

Ziele: Ich-Erkenntnis Balance zw. Urmiss-/ Urvertrauen, um Frustrationen bewältigen zu können → Ich bin, was man mir gibt. innere Instanz bilden, die sie daran hindert, soziale Normen zu missachten → Ich bin, was ich will. Initiative ergreifen können & Gewissensbildung → Ich bin, was ich mir vorstellen kann zu werden. hohes Maß an Werksinn mit ein wenig Minderwertigkeit = Vernunft & Bescheidenheit → Ich bin, was ich lerne. Erarbeiten der eigenen Identität, Öffnung zur Außenwelt, Fähigkeit gesellschaftliche Anforderungen zu bewältigen → Ich bin, was ich bin. Partnerschaften aufbauen, Verantwortung für andere übernehmen → Ich bin, was ich für andere Menschen bin. Einsatz für Fortbestand der eigenen Gemeinschaft → Ich bin, was ich zu leisten vermag. Zufriedenheit mit eigenem Leben, keine Furcht vor Tod → Ich bin, was ich als sinnhaft empfinde.

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1.8 Jean Piaget: Kognitive Entwicklung Zur Person: • •

1896-1980 Entwicklungspsychologe

Thesen zum Menschenbild: • entwickelt sich selbstständig • lernt (z.B. durch Erfahrungen) & ist ehrgeizig & neugierig • entwickelt sich in Stufen (kognitiv) → lern/- & entwicklungswillig • 2 fundamentale Tendenzen:  Tendenz zur Organisation, zur Integration der eigenen Prozesse in kohärente Systeme  Tendenz zur Adaption, d.h. zur Anpassung an die Umwelt durch komplementäre Prozesse der Assimilation & Akkommodation • konstruktivistischer Ansatz: Kind konstruiert Wissen aktiv • epigenetisches Prinzip: aus dem Kind heraus stattfindender Prozess • epistemisches Subjekt: erkenntnissuchend & erkennend Grundverständnis:

Assimilation: Integration in Vorhandenes

Akkommodation: Veränderung individueller Strukturen Äquilibration: Tendenz zum Streben eines höheren Anpassungsgrades

Adaptation: Anpassung Kognitive Schemata: mentale Systeme, Konzepte

• Versuch Verbindungen zwischen vorhandenen Schemata & neuen Objekten herzustellen → Eingliederung eines neuen Sachverhaltes in ein eigenes Schema  nur jene Reize die je nach Entwicklungsniveau verarbeitbar sind (Selektion)  konservatives Konzept/ „Schubladendenken“/ Status quo beibehalten/ vertraute Situationen • durch gescheiterten Versuch → Erweiterung, Veränderung, Modifikation & Differenzierung eigener Schemata, zur besseren Einordnung neuer Sachverhalte • komplementär zur Assimilation/ ergänzend • wenn neue Reize zu hartnäckig, um zu ignorieren • Streben nach Gleichgewicht (Äquilibrium) zwischen Assimilation & Akkommodation/ zw. Mensch Umwelt • Ungleichgewicht (durch mangelndes Verständnis für neuen Sachverhalt) wird aufgelöst • Neugier/ Bedürfnis Umwelt zu erforschen/ zu kennen • Antriebskraft zum Aufbau neuer Schemata → das Individuum sucht so lange nach einer passenden Lösung (bei der Verbindung der Prozesse,) bis es zufrieden ist  Komplexität des Verhaltens/ der mentalen Strukturen nimmt zu • Austausch zwischen Organismus & Umwelt ständig wachsende Komplexität = Anforderungen der Umwelt effizienter bewältigen • Struktur zur Identifikation eines Objekts • Organisation in größeren Systemen Verknüpfung kleinerer, neuerer, komplexerer Systeme

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Phasen der kognitiven Entwicklung: menschliches Denken als „Operation“ → geistiges Handeln im Kopf Stufen Merkmale Stufe 1: • Sinneserfahrungen & Motorik prägen Denken Senso• sensomotorische Schemata festigen sich motorische • nicht sehen/ fühlen = nicht existent (kein Konzept des permanenten Objekts) Stufe • physikalischer Egozentrismus: keine bewusste Unterscheidung zw. sich & Umwelt Bis • Bildung von Zweck-Mittel-Verhalten (Schreien nach Mama) 2.Lebensjahr • reflexartige werden zu absichtsvollen Handlungen • Auswirkungen des Handelns= Interesse/ Freude • aktive Wiederholungen = Experimentierphase (später auch zweckorientiert: Alternativen) • mit Augen suchen • Imitation von Verhaltensweisen • gezieltes Verhalten → schreit absichtlich • kann Abwesenheit aushalten • experimentiert zweckorientiert • ansatzweise Denken vor Handeln Stufe 2: = vorbegriffliches Denken, immer an konkrete Anschauung gebunden Prä• bildet Fähigkeiten zu logisch gedanklichen Prozessen weiter aus operationale • Gebrauch von Sprache Phase • erste Zahlenbegriffe 2.-5. • Trennungsprozess/ Überwindung des physikalischen Egozentrismus Lebensjahr • geistiger Egozentrismus („alles hängt von mir ab“) → eigener Blickwinkel ist der einzig mögliche, Perspektiven-wechsel/Empathie nicht möglich • magisches Denken: kein Unterschied zw. Realität& Fantasie (Osterhase...) • Animismus: Verlebendigung der eigenen Welt • Finalismus: zielgerichtetes Geschehen (Sonne damit es hell ist) • zentriertes Denken: Klassifizierung von Objekten anhand eins deutlichen sichtbaren Merkmals • Klassifikationsproblem: nicht imstande, festzustellen, dass sich Objekte in einer Hinsicht ähneln & in einer anderen unterscheiden • Fähigkeit zur Zuordnung von Dingen zu einem Kriterium • Zentrierung (= nur Beachtung einzelner Zustände möglich, kein gleichzeitiges Beachten & Aufeinanderbeziehen mehrerer variierender Merkmale möglich) • kein Verständnis für Invarianz der Menge • Funktionsspiele Anschauliches • Schlussfolgerungen aufgrund von vagen Eindrücken, die eng an Wahrnehmungen angelehnt sind (→ Entwicklung eines logischen, Denken/ rationalen Verständnisses) Intuitive • Fähigkeit zur Bildung von Klassen & Kategorien von Objekten, jedoch kein Bewusstsein darüber Phase • Fähigkeit zum Verständnis von logischen Beziehungen mit zunehmender Komplexität 4.-7. • Zahlenbegriff Lebensjahr • Prinzip der Erhaltung (Mengeninvarianz) Stufe 3: = Fähigkeit zu Operationen auf geistiger Ebene mit Bezug zur konkreten Gegenstandswelt, Operationen bedürfen einer KonkretAnschauungsgrundlage operationale • reversibles Denken, Austauschbarkeit Stufe • Invarianz der Menge - Prinzip der Erhaltung 7-12 • Überwindung des gedanklichen Egozentrismus (eigene Wahrnehmung/ Perspektive loslassen) → Perspektive anderer Lebensjahr nachvollziehen = Selbstreflektion, Hinterfragen von Absichten • Bewältigung einfacher Klassifikationsprobleme durch Dezentrierung (= gleichzeitige Berücksichtigung mehrerer Merkmale, Vergleich von Gesamt- & Teilmengen möglich) • vorab denken was für Folgen Handeln auf Mitmenschen hat • Regelspiel, Konstruktionsspiel Stufe 5: = Fähigkeit, logisches Denken mit Abstraktionen durchzuführen Formal• Metadenken → Fähigkeit, alle logischen Möglichkeiten zu erarbeiten, verschiedene Denkalternativen durchzuspielen, also über operationale/ das Denken nachzudenken, eine Kombinationsanalyse von Möglichkeiten durchzuführen formal• Erfahrungen (induktives Denken), Theorien (hypothetisch-deduktives Denken) logische Stufe • aus Erfahrungen Schlüsse ziehen bzw. generalisierte Aussagen an Erfahrungen überprüfen Ab 12. • Fähigkeit zur Generalisation Lebensjahr • Denken in logischen Sätzen • Fähigkeit zur systematischen Analyse: Hypothesenbildung & -überprüfung, Erschließen von Merkmalen, die sich der unmittelbaren Beobachtung entziehen • abstraktes Denken → Übertragung → Komplexes wird einfacher • Strategiespiele → fließende Übergänge zwischen den Stufen Universalität → sind in allen Kulturen nachweisbar Hierarchische Struktur → Stadien bauen aufeinander auf, wobei jedes Stadium durchlaufen werden muss, bevor das nächste folgt Qualitative (nicht nur quantitative) Unterschiede → zwischen den Stadien Äquilibration → auf jeder Entwicklungsstufe

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Ziele: • Kritik gegenüber vorgefertigten/ kollektiven Meinungen bilden können • Unterschied zw. Bewiesenem/ Unbewiesenem kennen • Kind als konstruktives (aktives) Wesen → Selbstfindung, Aktivität, Kritik, Eigenständigkeit, Reflexionsfähigkeit Handlungskonsequenzen: • • • • • • • • • •

keine Meinung vorgeben = Kind als aktives Wesen Vorwissen mobilisieren, Kontext bewusst reaktivieren → neue Infos werden an Netzwerk angeschlossen (Assimilation) Wiederholung in neuen Kontexten → Verallgemeinerung von Schemata neue, diverse Reize/ Situationen arrangieren → kognitiver Konflikt → Äquilibration → neue Schemata Frühförderung → grundlegende Schemata, an die das ganze Leben angeschlossen werden kann Interaktion, Aktivität fördern (bspw. Spiele) → Versuch & Irrtum Diversität der Reize → sensorische, begriffliche & operatorische Schemata Unterschiede herausstellen → Akkommodation statt fehlplatzierter Assimilation Aufforderung zur Eigenaktivität → kognitive Konflikte begünstigen keine Reizüberflutung/ Überforderung → Diskrepanz zwischen vorhandenen kognitiven Strukturen & neuen erforderlichen Strukturen darf nicht zu groß sein

Kritische Würdigung: PRO ☺ Grundverständnis der kognitiven Entwicklung ☺ zeigt, dass man Kinder nicht zu bestimmten Entwicklungen drängen sollte ☺ aktives Lernen vor passivem, rezeptivem Lernen ☺ Akkommodation & Assimilation sind neurobiologisch belegbar ☺ ermutigt Pädagogen auf eigenes Lernen zu vertrauen

CON  berücksichtigt kaum die individuelle Entwicklung des Kindes, sehr rational/ klassifizierend, kann zur Über-/ Unterforderung führen  überprüft nicht die kognitiven Kompetenzen isoliert, sondern auch Mitteilungs- /Ausdrucksfähigkeit  teilweise Unterschätzung der Kinder, hängt oft mit Zusammenhang der Aufgaben zum Alltag... ab  halbstrukturierte Interviews als Methode

1.9 Entwicklungspädagogik Entwicklungsmodelle: „Gärtner-Modell“ = GENE

Interaktion von Anlage & Umwelt

„tabula rasa“ = MILIEU



• Anlagen + Umwelt • diverse Filter= Relevanz der Umwelt Bedingungen • Gene= Werkseinstellung → daraus bildet sich Netz • individuelle Umwelt • je nach Anlage versch. Reaktionen auf Erziehung  interaktionistische Theorie

• • •

Anlagen determinieren alle Möglichkeiten • alles angeboren (Gene) • wichtig: Förderung der Anlagen  endogenistische Theorie

kaum durch Anlagen (Minimum) Umgebung/ Erziehung „unbeschriebenes Blatt“ → Behaviourismus • Bildsamkeit des Menschen  exogenistische Theorie

Typologie von Entwicklungstheorien: Umwelt

aktiv

passiv

Subjekt aktiv passiv

Interaktionistische Theorien Exogenistische Theorien

Selbstgestaltungs-Theorien Endogenistische Theorien

Heinrich Roth: Ziele von Erziehung: • •

Ziel: MÜNDIGKEIT Selbstkompetenz:  Fähigkeit, für sich selbst verantwortlich zu handeln • Sachkompetenz:  Fähigkeit, für Sachbereiche urteils- & handlungsfähig zu sein • Sozialkompetenz:  Fähigkeit, für sozial, gesellschaftlich & politisch relevante Sach- oder Sozialbereiche urteils- & handlungsfähig zu sein  Förderung zur Selbstbestimmung → Ablösung von Fremdbestimmung  Erlangen von Kritikfähigkeit & Produktivität des Edukanten wichtig

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1.10 Gerd E. Schäfer: Frühkindliche Bildung & die Bedeutung des Spiels Zur Person: • •

1942-heute Pädagoge

Entstehung der Wirklichkeit im Spiel: • • •

• • •

innere Wirklichkeit ist eine Konstruktion entlang von Mustern die sinnlich wahrgenommen werden Individuen benötigen eine zweite Wirklichkeit zum Denken, Handeln… in sich selbst Lernprozesse (des Gehirns)  evolutionär → seit ca. 100 000 abgeschlossen  nachgeburtlich, epigenetisch → Feineinstellung des Gehirns  Lernen in Alltagssituationen  bewusstes Lernen Doppelstruktur: indem man etwas lernt, lernt man auch wie man es lernt  Sachverhalte: bestimmte Themen, Begrifflichkeiten, Konzepte  Wege & Methoden: Programme, mit denen wir „denken“ → wie lerne ich effektiv & nachhaltig? Erfahrungs-, Lern- & Denkwege  ermöglichen das Handeln, Denken…  Ausbildung beginnt bereits im kindlichen Spiel & dessen Vorläufern Wahrnehmung der Umwelt über das ZNS → Verarbeitung der Informationen im Gehirn (Wirklichkeit) → Abgleichen mit bereits Bekanntem & daran orientiertem Handeln

Bildungsprozesse: • • • • • •

bezogen auf Piagets Verständnis → Assimilation, Akkommodation, Äquilibration… Bildung als Selbstbildung d.h. man bildet sich durch subjektive Verarbeitung von Reizen selbst & wird nicht von anderen gebildet Subjekt ordnet seine Erfahrungen in Beziehung zur sachlichen, sozialen & situativen Struktur des Gegenstandes in einen situativen Entwurf ein & konkretisiert diesen schließlich in Selbst-, Handlungs- & Wirklichkeitsentwürfe geht wie Piaget davon aus, das Subjekt lerne erst mit der Zeit, sich von der Umwelt zu unterscheiden → Trennungsprozess Sprache hilft bei Strukturierung der Erfahrungen Erweiterung zu Piaget: o Entwicklung als individueller Prozess & durch Selbsttätigkeit bestimmt o sinnlich- emotionale Erfahrungen im Vordergrund o Verhältnis zur eigenen Geschichte o Bildung durch Ausprobieren/ eigene Erfahrung o Erzieher bieten Möglichkeiten o warnt vor zu stark rationaler Orientierung

Das Spiel & die Konstruktion der Wirklichkeit: • • • • •





• •

Spiel ist intrinsisch motiviert → es bezieht Spannung & Motivation aus sich selbst eigenständiger Verhaltensbereich → eigene Regeln & Gesetze zeitliche Struktur → es gibt einen Anfang & ein Ende beruht auf Eigentätigkeit des Kindes & ist für Kinder mit einem Sinn verbunden Spiel sichert das, was das Kind kann o unterstützt die Lust am Können o Imitation & Wiederholung von Gesten & Szenen Kind kann Können bis an eigene Grenzen erweitern & fühlt sich dabei sicher o Simulation, in der Erfahrungen & Bilder von seiner Welt neu zusammengesetzt & neue Wirklichkeitsmöglichkeiten entworfen werden → nicht identisch mit Umwelt o sachliche & subjektive Erfahrungsdimensionen sind nicht voneinander getrennt → verträgliches Verhältnis Spiel ist jenes Element des kindlichen Bildungsprozess, das dafür sorgt, dass innere Wirklichkeitskonstruktionen nicht bloß Abklatsch der Wirklichkeit sind & dass Welt subjektiv bedeutsam bleibt → Grundlage für eine Vielfalt von Weltkonstruktionen in den Köpfen der Menschen auch bei Einschränkungen der äußeren Spielräume ist individuelle Wirklichkeitskonstruktion nicht vermeidbar vielfältige Spielräume begünstigen eine Wirklichkeitskonstruktion

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Kennzeichen eines postmodernen Kindes: • • • • • • •

Kindheit als biologische Realität & als gesellschaftliche Konstruktion es gibt keine „Natur“ des Kindes, die seine Bedürfnisse widerspiegelt → „Natur“ des Kindes ist, was Gesellschaft für wichtig hält jedes Kind orientiert sich auf seine Weise an diesen gesellschaftlichen Vorgaben Ausgangspunkt & Zentrum kindlichen Lernens sind Beziehungen zwischen Kindern, Erwachsenen & Gesellschaft sowie das Eingebundensein in Zusammenhänge der Natur & Kultur postmodernes Kind ist kein wissenschaftliches Durchschnittskind, sondern es besteht in vielen individuellen, geschlechtlichen, sozialen & kulturellen Variationen somit gibt es keine einheitlichen Lernwege, sondern individuell vom Kind abhängige Ausgangspunkt für Bildungsprozesse sind keine gesellschaftlichen Ziele, sondern individuelle Ressourcen des Kindes

Spielmomente in den ersten Lebensjahren: Phase Kindliche Erfahrungswelt in den ersten 4 Wochen

Integration von Wahrnehmungseinheiten im 3. bis 6. Monat

Sozialer Austausch & soziale Synchronisation ab 6. bis etwa 12. Monate

Wahrnehmen & Erkennen • Sinne weitgehend funktionierend → Kind kann diese noch nicht zu Objekten sortieren • Wahrnehmungsmechanismen ermöglichen Konturierung von Objekten • Wahrnehmungsarchitektur im ZNS erhält irreversible Feineinstellung, die mit Lebensumwelt korrespondiert → Kind lernt Objekte zu entdecken, sich selbst als Subjekt wahrzunehmen • Anderes/ Fremdes wird erkannt & ansatzweise anerkannt • Gerichtetheit des Säuglings → wird durch Bezogenheit der Mutter beantwortet • im Wechselspiel werden Handlungen reguliert (ohne Verletzung des Kompetenzrahmens) → Fähigkeit, zusammenhängende Erlebnis-/ Erfahrungseinheiten zu entwickeln • integrierte Gesamtmuster entstehen: aus verschiedenen Weisen der Wahrnehmung • szenische Zusammenhängen werden nur erkannt, wenn keine Brüche in Wahrnehmung sind • • • • • •

Frühe Muster der Welt- & Selbsterfahrung zwischen 12. & 18. Monat Mögliches Fazit

• •

• • • •

Spiel • Vorläufer des Spiels • Nachahmung, 3 mimische Gebärden des Gesichts • Amodalität wichtig (d.h. Akzeptanz der Multimodalität → es werden mehrere Arten von Sinnen angesprochen)



zeitlich-dynamisch-emotionaler Handlungszusammenhang als Grundlage des Spiels → einfache Formen der unmittelbaren Nachahmung = Kommunikation → Erfahrung szenisch handelnder Strukturierung = Organisation & Gestaltung • Eltern-Kind-Dialog mit Elementen des Spiels = Funktionslust, Wiederholung, Variationen → daraus entstehen „Mitziehspiele“ (wiederkehrende Symbole = Erwartung der Wiederholung) • Variation der Interaktion mit Mutter = Abgrenzung von Anderen • Austesten eigener Grenzen, Suchen nach Grenzen zwischen Selbst & Anderen = Momente die als Spiel gelten können • Erweiterung des kindlichen Ichs durch unmittelbare Imitation des sozialen Umfelds (→ Ausbau von Empathie) • lernt, sich in andere hineinzuversetzen • entfaltet stärkere Initiative bei Mitziehspielen • unterscheidet zwischen Ausdruck, Darstellung, Realität & Repräsentation (Spielmoment: so-tun-als-ob) → Fantasie als zentrales Element des symbolischen Spiels tritt hinzu

Entfaltung des gestischen Repertoires Entfaltung von gleichen & unterschiedlichen Verhaltensmustern Verstärkung & Erweiterung des interaktiven Austausches Wahrnehmung von interpersonaler Gemeinsamkeit geteilte Aufmerksamkeit kindliche Selbst: durch Beobachtung der sozialen Umwelt wird erweitert erkennt Muster der Umwelt & kann sich • Spiel nach Meads „play“ → repräsentieren sich selbst darauf einstellen durch die Rollen eines signifikanten Anderen fremde Handlungsmuster werden • Imitation & Imagination → Zwischenbereich von realem übernommen, um sich der Kultur anzupassen Handeln & Denken (Sozialisation) • innere & äußere Realität werden verarbeitet Interaktion zwischen Baby & Eltern ist bedeutsam für die kindliche Entwicklung Spiel als ein zentrales Element, um die Wirklichkeit zu erfahren Spielen verhilft schließlich dazu als ein „intermediärer Bereich“ zwischen subjektiver & objektiver Bedeutungsebene zu vermitteln Erwachsene müssen Gelegenheiten für spielerisches Tun bieten

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Kritische Würdigung: PRO ☺ mehr als nur Theorie → explizit pädagogisch ☺ zielt auf Mündigkeit ab, bejaht konstruktives, aktives Wesen des Kindes ☺ Erwachsenen wird nicht Recht genommen, in Familien bestimmte Regeln aufzustellen

CON  Angebote bleiben unspezifisch  Aufforderungen für konkrete Lernaufgaben müssen laut Schäfer noch nicht stattfinden → Sollen Kinder nur tun/ lernen müssen, wozu sie auch motiviert sind? Müssen Kinder nicht diszipliniert werden?  Stufen der Kultivierung/ Sozialisation müssen erreicht werden → erfordert Disziplinierung

1.11 Sprachentwicklung Sprachentwicklung in der frühen Kindheit: • • • • • •

Spracherwerb beginnt lange, bevor das Kind das erste Wort spricht um sprechen zu lernen, müssen Kinder die Laute ihrer Umgebung wahrnehmen und erkennen erstes Lebensjahr: stellen sich allmählich auf die Laute ihrer Muttersprache ein und identifizieren deren Betonungsmuster bevor selbst sprechen können, können Kleinkinder bereits im zweiten Lebensjahr bestimmte Satzmelodien & Satzeinheiten voneinander unterscheiden alle Säuglinge auf der Welt brabbeln erst auf die gleiche Art 1.-2. Jahren o geben Kinder schließlich nur noch die Laute von sich, die für ihr Sprachumfeld typisch sind → universale Phase der Sprachproduktion geht damit zu Ende o erste sinnbezogenen Worte

Verständnis für sprachliche Bedeutung und Sinnzusammenhänge: • • • •



soziale Beziehungen des Kindes zu seinen nahen Bezugspersonen bestimmen den Spracherwerb des Kindes über ihre Gefühle erfassen Kinder die Bedeutsamkeit von Sprechakten Spracherwerb des Kindes basiert auf Erfahrungen: Sprachverständnis und Sprechen entwickeln sich in einem Handlungszusammenhang, durch Ereignisse, die einen Alltagsbezug haben und in einem Sinnzusammenhang stehen in der Interaktion mit dem Kind lenkt die jeweilige Bezugsperson die Aufmerksamkeit des Kindes auf bestimmte Dinge oder Situationen, die sie mit Worten bezeichnet → geschieht in bestimmten szenischen Zusammenhangen → ermöglichen, die Bedeutung von Wörtern und Sätzen zu verstehen mit dem Spracherwerb eröffnet sich der Zugang zum symbolischen Denken

Pädagogische Perspektive: • •



nicht durch gesonderte Förderprogramme, sondern in der alltäglichen Kommunikation mit Kindern ermöglichen, über Erlebnisse & Erfahrungen, Gefühle und Empfindungen zu sprechen → Kinder müssen Erfahrungen machen, die bedeutsame Sprechanlässe liefern → Erwachsene müssen den Kindern Wörter/ Sätze anbieten damit diese sich sprachlich ausdrücken können Erwachsene sollen in Handlungskontexten mit Kindern sprechen & das kindliche Handeln sprachlich begleiten

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2 Identität 2.1 Klaus Hurrelmann: Modell der produktiven Realitätsverarbeitung Zur Person: • •

1944-heute einer der bekanntesten Erziehungs- & Sozialwissenschaftler in Deutschland

Zum Modell: • • • • • • • •

Verarbeitung als "produktiv", weil Persönlichkeit dadurch erarbeitet wird, dass der Jugendliche die äußere & die innere Realität auf eine jeweils eigene Weise individuell kreativ konzipiert & so seine Identität ausbildet nicht alle Annahmen empirisch beweisbar, sondern Hurrelmann fordert zur Auseinandersetzung mit seinen Thesen auf Jugendlicher ist schöpferischer Konstrukteur Jugendlicher verfügt über personale und soziale Ressourcen, die von der sozialen Herkunft und dem Geschlecht beeinflusst werden Identitätsentwicklung als Synthese von persönlicher Individuation und sozialer Integration problematische Identitätsentwicklung → externalisierende, internalisierende, evadierende Problemverarbeitung Maximen als Teil eines handlungstheoretisch ausgerichteten Sozialisationsmodells oder auch Salutogenesemodells (Modell zur Gesundheitsentwicklung) Aufforderung den Prozess der Realitätsverarbeitung selbst aktiv (mit-)zu gestalten

4 Entwicklungsaufgaben: 1. Qualifizieren Entwicklung einer intellektuellen & sozialen Kompetenz

2. Binden Entwicklung der eigenen Geschlechtsrolle & des sozialen Bindungsverhaltens

um selbstverantwortlich schulischen & beruflichen Anforderungen nachkommen & so die Voraussetzungen für eine selbstständige Existenz als Erwachsener sichern zu können

zu Gleichaltrigen des anderen sowie des eigenen Geschlechts, Aufbau einer Partnerbeziehung als langfristige Voraussetzung für die Erziehung eigener Kinder

3. Partizipieren Entwicklung eines eigenen Werte- & Normensystems sowie eines ethischen & politischen Bewusstseins mit dem, für das eigene Verhalten & Handeln Verantwortung übernommen wird

4. Konsumieren Entwicklung eigener Handlungsmuster für die Nutzung des Konsumwaren- & kulturellen Freizeitmarktes

(einschließlich Medien & Genussmittel), um einen eigenen Lebensstil zu entwickeln & autonom sowie bedürfnisorientiert mit entsprechenden Angeboten umgehen zu können

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10 Maximen: 1. Maxime

2. Maxime

3. Maxime

4. Maxime

5. Maxime

These: Gestaltung der Persönlichkeitsentwicklung & damit auch die geschlechtsspezifische Entwicklung vollzieht sich in einem Wechselspiel von Anlage & Umwelt Jugendalter als besonders intensive & prägende Phase der Sozialisation, produktive Realitätsverarbeitung setzt Bewältigung der Entwicklungsaufgaben voraus Jugendliche als schöpferische Konstrukteure ihrer Persönlichkeit mit der Kompetenz zur eigengesteuerten Lebensführung Jugendalter als Chance eine Ich-Identität aus der Synthese von Individuation & Integration auszubilden, die in einem spannungsreichen Prozess immer wieder neu hergestellt werden muss Sozialisationsprozess wird krisenhaft, wenn es dem Individuum nicht gelingt, die Anforderungen des Spannungsverhältnisses zu überwinden, somit entsteht Entwicklungsdruck d.h. Entwicklungsaufgaben nicht gelöst

Ausführung: • insbesondere bei der Ausprägung männlicher & weiblicher Persönlichkeitsmerkmale gewinnt das Wechselspiel an Bedeutung → viele Persönlichkeitsmerkmale & Verhaltensweisen sind sozial erlernt & somit veränderbar •

Entwicklungsaufgaben in der Jugend besonders anspruchsvoll = notwendig ist ständige „Arbeit an der eigenen Person“, ein Bemühen um Strukturierung & Gestaltung der Persönlichkeit



Suchen, Tasten, Ausprobieren sind Ausdruck eines eigenen ersten Handelns, des noch unfertigen, offenen Charakters Jugendliche reagieren meist schneller auf kulturelle, soziale oder ökonomische Neuerungen aktiv an der Auseinandersetzung über Werte & Normen teilnehmen indem sie eigene Interessen, Neigungen & Handlungsmöglichkeiten realisieren & an sozialen Prozessen als Akteure wie Objekte teilhaben Spannungsverhältnis besonders intensiv

• • • • •

hohes Belastungspotenzial notwendig für verschiedene (schnelle) Veränderungen der eigenen Dispositionen o bio-psychische Gestaltveränderungen o sowie soziale Integrationsleistungen • Entfaltung von Leistungsfähigkeit in Schule & Berufsvorbereitung sowie Interaktionskompetenzen in Partnerschaft, Konsum & Politik üben • Mangel an Ressourcen = soziale & gesundheitliche Entwicklungsstörungen 6. Bewältigung erfordert individuelle • Ressourcen: Maxime Bewältigungs-fähigkeiten (personale o materielle Unterstützung Ressourcen) sowie soziale o Einräumen von Handlungsspielräumen Unterstützungen durch die wichtigsten o Angebot von flexiblen Mindeststandards festlegenden Bezugspersonen (soziale Ressourcen) o in den Kernstrukturen eindeutige „Haltepunkte“ • wichtig: ausgewogene Mischung zwischen der Anregung zur Selbstständigkeit auf & der Übernahme von Verantwortung sowie der Einhaltung gesellschaftlicher Regeln • Verbindungen zum „Unterstützungswerk“ besonders hilfreich 7. Sozialisationsinstanzen sind die • Orientierungs- & Verhaltenssicherheit sowie zugleich Freiheit & Maxime wichtigsten Vermittler & Unterstützer im Selbstständigkeit ermöglichen Entwicklungsprozess & sollten sich daher • Handlungsspielräume für Jugendliche zu weit gesteckt oder in sich ergänzen & gegenseitig anregen widersprüchlich = Jugendliche können nur schwer Orientierung & größere (Herkunftsfamilie, Schule (etc.), Bedeutung Verhaltenssicherheit finden Gleichaltrige sowie Medien) • Handlungsspielräume zu eng gesteckt = Jugendliche können sich nicht als Individuen entwickeln & verweigern möglicherweise eine Anpassung • Pädagogen unterstützen den jugendlichen Sozialisationsprozess • sekundäre oder auch heimliche Sozialisationsinstanzen zunehmend einflussreicher (bspw. Medien) • Einfluss individuell sehr verschieden 8. Jugendphase ist unter heutigen • heute viele junge Menschen nicht sofort nach der Ausbildung ins Maxime historischen, sozialen & ökonomischen Berufsleben Bedingungen, eine eigenständige Phase • über einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren gewinnt dieses Alter als Phase im Lebenslauf, die ihren früheren der Transition wie des Moratoriums (der Verzögerung) Relevanz & somit Übergangs-charakter verloren hat im Vergleich zu früher den Übergangscharakter →9./10. Maximen erst 2012 („Lebensphase Jugend“) im neusten Modell ergänzt = Modell ist nicht zeitlos & erfordert Modifikationen 9. Schneller sozialer Wandel, soziale ethnische Vielfalt & progressive ökonomische Ungleichheit in hoch entwickelten Maxime: Gesellschaften prägen die Jugendphase & führen zur Spaltung jugendlicher Lebenswelten 10. Geschlechtszugehörigkeit prägt Bewältigungs-muster der Entwicklungsaufgaben, In den letzten 30-40 Jahren haben sich Maxime: Frauen in vielen Bereichen der Lebensführung bessere Ausgangschancen erschlossen = Feminisierung

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2.2 Deviantes Verhalten & Gewalt Deviantes Verhalten: • • •

wechselseitige Beziehung zwischen normalem/ normierten Verhalten & deviantem Verhalten kontinuierlicher Wandel von Verhaltensnormen = Veränderungen in allen Ebenen Verhaltensnormen abhängig von o Raum& Zeit (historisch & geographisch) o konkreten sozialen Gruppierungen & kulturellen Zusammenhängen • da alle Menschen sich in diversen Formen deviant verhalten, graduell toleriert = Grundlage für sozialen Wandel • dennoch: Kernbestand innerhalb der Gesellschaft (Missachtung = Konsequenzen) • wissenschaftliche Studien bedienen sich versch. Bezugsnormen: o psychische, physische, soziale Merkmale o Ressourcenknappheit (Diskrepanz: Unvereinbarkeit gesell. Anforderungen & verfügbare Mittel) o gesell. Reaktion (Stigmatisierung) • individuelles Verhalten unterliegt subjektiver Reflexion durch ein Gegenüber • Gewalt ist eine Form devianten Verhaltens • alle Gewalttheorien sind immer perspektivisch beschränkt Ursachen: → instabile Familienverhältnisse, fehlende Unterstützung, mangelnde soziale Kontakte, Anpassung nicht möglich durch Vermeidungshaltung → nicht gelernt, innere & äußere Erwartungen auszubalancieren (mangelnde Erfahrung) → mangelnde Resilienz: emotionale Widerstandsfähigkeit gegenüber(extremen) Situationen → Gewalt ist multifaktoriell → Denk- / Verhaltensweisen können niemals monokausal erklärt werden Folgen unzureichender Bewältigung der Entwicklungsaufgaben: K. Hurrelmann: •

gestörte Persönlichkeitsentwicklung durch Problemverhalten in Form von: o externalisierend: nach außen gerichtet (z.B. Gewalt) o evadierend: ausweichend (z.B. Konsum psychoaktiver Substanzen, Suizid) o internalisierend: nach innen gerichtet (z.B. psychosomatische Störungen)

Gefühl der Kohärenz: A. Antonovsky • • •





soziologischer Ansatz, salutogenetisches Modell Erfahrungen des Individuums als aktiver Gestalter = wichtige Bedingungen für die Gesunderhaltung Widerstandsquellen zur Bewältigung von Stressoren: →organismisch-konstitutionelle: das körpereigene Immunsystem →materielle: Verfügbarkeit über Geld, Arbeit, Wohnung, etc. →kognitive: Intelligenz, Wissen & Bildung →Ich-Identität: emotionale Sicherheit in Bezug auf die eigene Person sowie das Wissen um die Möglichkeit, sich von anderen Menschen soziale Unterstützung zu holen, sich sozial zugehörig & verortet zu fühlen Wirksamkeit dieser Widerstandquellen hängt vom Gefühl der Kohärenz ab: Kohärenzsinn = o = positives Bild der eigenen Handlungsfähigkeit (Gefühl der Bewältigung von externen & internen Lebensbedingungen, der Gewissheit der Selbststeuerungsfähigkeit & der Gestaltbarkeit der Lebensbedingungen) o = durch das Bestreben ausgezeichnet, verschiedenen Lebensbedingungen einen Sinn zu geben & sie mit subjektiven Wünschen und Bedürfnissen in Einklang zu bringen o = daher zentrale Voraussetzung für eine gelungene Identitätsentwicklung = fehlt dieses Gefühl, können alle Widerstandsquellen nicht adäquat zur Gesunderhaltung eines Individuums beitragen Dimensionen: Vertrauen, dass → Verstehensdimension = Umweltreize strukturiert, vorhersehbar, erklärbar sind → Bewältigungsdimension = es Mittel& Wege zur Aufgabenlösung gibt → Sinndimension = sich Anstrengungen lohnen

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Ursachen unzureichender Identitätsbildung nach der Bindungstheorie: G. Hüther • • • • •

neurobiologischer Ansatz zur Bedeutung emotionaler Sicherheit für die Entwicklung des kindlichen Gehirns emotionale Sicherheit & Bezugspersonen geben Möglichkeit der Bewältigung von Herausforderungen positive Erfahrungen im emotionalen Bereich begünstigen positiven Umgang mit Konflikt-& Entscheidungssituationen breites Spektrum an Erfahrungen = breites Spektrum an Handlungsmöglichkeiten sichere Basis für späteres Handeln →aktives Auseinandersetzen mit neuen Situationen = Mut, Sicherheit, Weltoffenheit • mit der Kompetenz zur Problemlösung steigt Chance auf kritischen Umgang mit versch. Situationen& individuelle Entscheidungsmöglichkeiten • mehrere Bezugspersonen begünstigen vielfältige Erfahrungen & damit auch Übernahmemöglichkeiten von Verhaltensweisen → früher Kitabesuch als mächtige Stellung, Einflussnahme der Eltern → Ohne eine sichere emotionale Bindung& eine damit verbundene Ausbildung verschiedener Kompetenz z.B. selbstständiges Entscheiden& kritisches Hinterfragen, bleibt das Kind auch später (als Erwachsener) fremdbestimmt & leicht manipulierbar. Klassifizierung von Gewalt: • • • • •

physisch: zielgerichtete direkte körperliche Schädigung von Menschen, Widerstand überwinden durch körperliche Gewalt psychisch: Beleidigungen, verbale Gewalt die psychische Schädigung hervorruft Unterlassung: Unterlassung von Hilfestellung, Vernachlässigung kulturell: Ausschluss bestimmter Gruppen auf der Basis von Obsessionen mit Klassifikationen strukturell: Gewalt durch ein System durch ungleiches Machtverhältnis (Potenzielles > Aktuelles, Aktuelles vermeidbar)

Gewalt Typologie: World Health Organization • • •

gegen die eigene Person: Autoaggression, suizidales Verhalten (Planung, Suche nach Mitteln, Ausführung) zwischenmenschliche: Gewalt unter Intimpartnern/ Familie oder von Mitgliedern der Gemeinschaft ausgehend: Misshandlungen, sexuelle Übergriffe kollektive: gegen eine Gruppe oder mehrere Einzelpersonen gerichtete instrumentalisierte Gewaltanwendung durch Menschen, die sich als Mitglieder einer anderen Gruppe begreifen → systematische Missachtung von Menschenrechten = Durchsetzung von politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Zielen: Milizen, Terrorismus, Völkermord

Aggression & Gewalt: • • • • • • •

Unterscheidung von Verhalten nach: legitim/ illegitim, destruktiv/ konstruktiv, unangemessen/ angemessen nicht jedes aggressive Gefühl äußert sich in aggressivem Verhalten, nicht jedem aggressivem Verhalten geht ein aggressives Gefühl voraus (Bsp.: aus Gehorsam, zwecks Bereicherung) = keine feste Verbindung der Ebenen Aggressionsbegriff sollte sich daher nur auf Verhaltensebene beziehen einige Autoren verwenden Begriffe synonym gewaltsame Aggression: schwere, insbesondere körperliche Gewalt nicht aggressive Gewalt: indirekte, strukturelle Gewalt viele Triebtheoretiker: jede gerichtete, offensive Aktivität Gewalt Aggression nicht aggressive Gewalt

nicht gewaltsame Aggression

gewaltsame Aggression

Robert K. Merton (Soziologe): Aggression ist Folge gesellschaftlicher Anomie; es werden kulturell Ziele propagiert, die viele Menschen auf legitimen Wegen nicht erreichen können. Gewalt ist ein Weg, diese Ziele doch noch zu folgen oder die Nicht-Erreichbarkeit dieser Ziele zu kompensieren.

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2.2.1 Udo Rauchfleisch: Psychoanalytischer Erklärungsansatz von Gewalt Zur Person: • •

1942-heute Psychologe & Psychotherapeut

Zum Modell: • •

Rauchfleisch begründet die Entstehung von Gewalt psychoanalytisch, d. h. aus der Persönlichkeitsentwicklung in der frühen Kindheit heraus weist aber auch darauf hin, dass o die Gewissensbildung ein lebenslanger Entwicklungsprozess ist o gesellschaftlichen Normen und Werte im Allgemeinen sowie im Besonderen die politischen, weltanschaulichen und religiösen Haltungen und Werte der Bezugsgruppen, in denen Menschen sich bewegen, dazu beitragen, ob Menschen gewalttätig handeln

Erklärung von Gewalt: • •

bedeutsamen Stellenwert haben psychoanalytische Erklärungsansätze → viele Biografien von Gewalttätern enthalten Hinweise auf problematische Familienverhältnisse & gravierende psychische Belastungen in Kindheit/ Jugend zurückzuführen auf Beziehungsstörungen und traumatische Erfahrungen in der frühen Kindheit → komplizierte Persönlichkeitsstörungen → entwickeln ein aggressiv besetztes Selbstbild & ihre Beziehungen enthalten in starkem Maße aggressive Komponenten

Ursachen von frühkindlichen Traumatisierungen: • • • • • • •

soziale Instabilität der Familie: Spannungen in der Familie, gravierende ökonomische Probleme vielfältige Beziehungsabbrüche, die als existenzbedrohlich erlebt wurden gewalttätige Menschen weisen Störungen der ICH-Struktur auf ÜBER-ICH ist zwar vorhanden, aber es ist kein kritisches, selbstreflexives Gewissen → keine Einfühlung in die Leiden der Opfer ICH funktioniert nicht angemessen → ICH-Schwäche → Auseinandersetzung mit den psychischen Problemen findet nicht statt aus Angst vor Überflutung von den vorhandenen Ängsten und Aggressionen zur Stützung des schwachen ICH werden Abwehrmechanismen wie Leugnung und Projektion eingesetzt weisen narzisstische Persönlichkeitsstörungen auf: o benutzen Partner zur Aufwertung der eigenen Person o manipulieren andere Menschen, um sich mächtig zu fühlen o sind schnell gekränkt und haben eine geringe Frustrationstoleranz

Pädagogische Perspektive: • •

• • •



gelungenen Eltern-Kind-Beziehungen, die es einem Kind ermöglichen, sich psychisch gesund zu entwickeln, ICH-Stärke aufzubauen und ein selbstreflexives Gewissen auszubilden Eltern müssen an der Gewissensbildung ihres Kindes arbeiten & beim Kind Hemmungen gegenüber Gewalt aufbauen → bedeutet nicht, dass sie bei jedem Konflikt von Kindern intervenieren sollten, denn sie müssen auch lernen, ihre Konflikte selbst zu lösen Kinder und Jugendliche müssen einen konstruktiven Umgang mit aggressiven Impulsen erlernen → helfen können z. B. sportliche Aktivitäten, weil sie spannungsmildernd wirken frustrationsarme Umgebung ist für Kinder hilfreich Fähigkeit von Kindern, mit Frustrationen umzugehen, ist altersabhängig → Eltern sollten darauf achten, dass ihre Kinder ihrem jeweiligen Alter entsprechend Geduld und Bedürfnisaufschub lernen → Impulse kontrollieren & Frustrationstoleranz entwickeln → Selbstwirksamkeit stärken & Selbstentfaltung ermöglichen wichtig für einen konstruktiven Umgang mit Frustrationen ist auch Erwerb von Empathie

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2.2.2 Wilhelm Heitmeyer: Unzureichende Identitätsentwicklung am Beispiel von aggressivem Verhalten Zur Person: • •

1945-heute Professor für Erziehungswissenschaft spezialisiert auf Forschungen zu Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit mit Hinblick auf Sozialisation

Individualisierungsprozess: • •

• • • • • • •

Ziele: Platzierung & Präsentation zwecks Aufstieges, Sicherung & Erwerb von Statuspositionen = Kampf um Anerkennung & Akzeptanz kapitalistische Marktgesellschaft = Individualisierungsprozess als Konkurrenzkampf → erfordert eigenständige Lebensplanungskonzepte (aus biografischen, aktuellen, zukünftigen Erfahrungen, Entstehung& Chancen ihrer Realisierung stark an die jeweiligen Milieus gebunden) Vorgehensweisen bei der Realisierung: aktive Problemlösungsversuche, apathisches/ fatalistisches Geschehenlassen, gewaltförmige Handlungsweisen (Durchsetzung, aber Schädigungen) Entstehung von Gewaltpotenzialen durch Ambivalenzerfahrungen, asynchroner Kultur-/ Strukturwandel = Desintegrations- & Verunsicherungspotenziale Wachsen von sozialen Ungleichheitsstrukturen wird als Auflösung des Sozialen erfahren (Gleichgültigkeit & Rücksichtslosigkeit als gesellschaftliche Realität fördert Gewalt-Optionen) Gewalt als Ausdruck sozialer Prozesse, in denen strukturelle Bedingungen& individuelles Handeln zusammenwirken Gewalt kann nicht als Eigenschaft von Personen verstanden werden Aggression ist ein Versuch der Kompensation sozialer Desintegration & persönlicher Perspektivlosigkeit in einer ,,Marktgesellschaft", in dem Menschen sich nicht nur als ungleich, sondern auch als ungleichwertig ansehen müssen wichtige Aspekte: o Gewaltbilligung& Gewaltbereitschaft werden in der individuellen Sozialisation erlernt o in bestimmten Interaktionskontexten schlagen diese in Gewalttätigkeit um o für den Gewalttäter hat sein Handeln einen subjektiven Sinn (konstruiert sich eine Legitimation für sein Handeln)

Sozialer Desintegrationsansatz: • • •



• • • • • •

Auftreten von Gewalt hangt zusammen mit fehlgeschlagenen gesellschaftlichen Integrationen + vermittelnde Faktoren z. B. die Wohnumgebung Gewaltbilligung & Gewalttätigkeit hängen in einem starken Maß von Desintegrationserfahrungen ab Erfahrungsebenen/ Dimensionen: o sozialstrukturelle Ebene (Arbeit, Wohnung, Konsum) → individuell-funktionale Systemintegration o institutionelle Ebene (Sicherstellung gleichwertiger Behandlung, etwa in der Schule) → kommunikativinteraktive Sozialintegration o personale Ebene (emotionale, soziale Beziehungen) → kulturell-expressive Sozialintegration o gesellschaftliche Ebene → Wertepluralismus hohes Maß von Integration auf einer Ebene kann Desintegrationserfahrungen auf anderen Ebenen kompensieren, eine Kopplung von Desintegrationserfahrungen auf mehreren Ebenen verstärkt Wahrscheinlichkeit dysfunktionaler Problemverarbeitung Gewalt entsteht dann, wenn Desintegrationserfahrungen mit anderen Faktoren vermittelt werden, z. B. das Gefühl der Nicht-Anerkennung, der Orientierungslosigkeit, der Machtlosigkeit, der Benachteiligung etc. Unterscheidung von objektiven/ subjektiven Formen der Integration, von faktischer/ subjektiv wahrgenommer Einbindung (Gefühl& Bedürfnis nach Anerkennung) Verhaltensweisen: Rückzug (passiv), Gewalttätigkeit (aktiv), Abwertung (rassistisch oder von Minderheiten) Abwertung anderer = Kompensierung wahrgenommener Vorenthaltung eigener Integration + Stärkung des eigenen Selbstwertgefühls Annahme: Spezifika des sozialräumlichen Kontextes haben Einfluss auf die individuellen Einstellungen & Verhaltensweisen (z.B. Gewaltbereitschaft im Wohnumfeld & Abwertung gesellschaftlicher Gruppen) Gefühl von Machtlosigkeit & Orientierungslosigkeit + Desintegration in einer Ebene = Anerkennungsdefizite → Abwertung anderer Gruppen & Gewalt möglich

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Varianten von Gewalt (bei einer negativen Individualisierung) ①expressive: Aufmerksamkeit, Einzigartigkeit unterstreichen, Langeweile → zielt auf die Person (unkalkulierbar) ②instrumentelle: als Mittel für Problemlösungen, z.B. Sicherung von Positionen, wenn Durchsetzungschancen sinken → zielt auf Vorteile Einzelner (kalkulierbar) ③regressive: fällt hinter demokratische Standards zurück (kollektive Variante der instrumentellen Gewalt) → zielt auf Abgrenzung, Ausgrenzung von Gruppen ④autoaggressive: wenn kein Ausweg mehr aus einer prekären Lage mehr gesehen wird → zielt auf Zerstörung der eigenen Unversehrtheit Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF): • • • • • • • • • •

Syndrom, das aus misslungener Integration entsteht Konglomerat aus abwertenden Einstellungen gegenüber Individuen aufgrund ihrer Gruppenmitgliedschaft = Feindseligkeit → Gewaltpotenzial verschiedene Facetten eines generellen Phänomens Einstellungen bestehen nicht isoliert voneinander, sondern bilden gemeinsam ein Vorurteilssyndrom Kern: Ideologie der Ungleichwertigkeit = will die Abwertung rechtfertigen Abwertung ihrerseits kann wiederum als Legitimation für diskriminierendes & gewalttätiges Verhalten gegenüber den als anders deklarierten Gruppen fungieren Bewertungskriterien für Gruppen verknüpft mit spezifischen sozio-historischen Faktoren& damit zusammenhängenden Überzeugungssystemen& Mythen GMF als Akt psychischer Gewalt, weil er Individuen abwertet aufgrund ihrer Mitgliedschaft zu einer Gruppe GMF basiert auf Desintegrationserfahrungen, die als Gewalt erfahren werden& die durch Weitergabe der Gewalt an schwächere Gruppen weitergegeben werden, um sich selbst über diese Gewaltanwendung aufzuwerten deutsche Syndrom GMF besteht aus zehn Elementen o Xenophobie, Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie, Etabliertenvorrechte, Islamophobie, Abwertung von obdachlosen Individuen, …von Personen mit Behinderung, …von Langzeitarbeitslosen Personen

Handlungskonsequenzen: • •



Desintegrationserfahrungen ersparen & zu Anerkennung verhelfen Verbesserung der Bildungschancen für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern → weniger schulische Misserfolge → höheres Selbstwertgefühl → verbesserte Chancen auf ökonomische und soziale Teilhabe durch bessere Berufsaussichten vielseitige Bildung & außerschulische Vereine → schulische Defizite & damit verbundenes Anerkennungsdefizit können durch außerschulische Anerkennung kompensiert werden

Kritische Würdigung: PRO ☺ zeigt, dass pädagogisches Handeln gesellschaftlichen Paradoxien nicht ausweichen kann ☺ zeigt, dass alle Kinder bedingungslos als gleichwertig angesehen werden müssen ☺ zeigt, dass gesellschaftliche Ungleichheit immer wieder neu problematisiert werden muss

CON  Unsicherheitsfaktoren sind in wesentlichen Umbruchsphasen des Lebens (z.B. dem Eintritt in das Schulalter, den Übergang ins Berufsleben, Heirat, Kinder) auszumachen → Mensch lernt im Laufe seines Lebens diese Desintegrationserfahrungen zu kompensieren  Menschen verfügen über eine unterschiedliche Vulnerabilität, mit Krisen fertig zu werden → individuellen Verarbeitungsmuster bleiben bei Heitmeyer unberücksichtigt  beschäftigt sich in seiner Analyse nicht mit der Gruppe der sozial gut eingebundenen, gesellschaftlich abgesicherten Jugendlichen → Blickwinkel richtet sich bei ihm allein auf marginalisierte Jugendliche, die von Deprivationserfahrungen besonders betroffen sind

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2.3 Chancen& Risiken der Nutzung sozialer Netzwerke für die Identitätsentwicklung Jugendlicher Allgemeines: • • • • •

digitale Medien spielen im Alltag der meisten Jugendlichen eine große Rolle → wichtige Sozialisationsinstanz Computerspielen und sozialen Netzwerken = interaktive Medien mediale Inhalte haben einen großen Einfluss auf das Bild, das sich Jugendliche von der gesellschaftlichen Realität machen Erfahrungen, in sozialen Netzwerken etc. → wichtige persönliche Lebenserfahrungen, die kognitive und soziale Entwicklung, Motivation, Empfinden & Verhalten beeinflussen Möglichkeiten: o Austausch mit - auch weit entfernt lebenden - Freunden und Verwandten ohne Kontrolle von Erwachsenen o mit Gleichaltrigen zu kommunizieren und interagieren o sich sozial und kulturell zu verorten und zugehörig zu fühlen o sich als kompetent zu erleben und soziale Anerkennung zu erfahren, indem z.B. für YouTube kleine Filme gestaltet werden o im Austausch mit anderen Interessen zu entwickeln → es kommt auf die Art an wie Jugendliche Medien nutzen

Chancen für die Identitätsentwicklung: • • • • •

parasoziale Begleiter für Lebensalltag finden → Stars, virtuelle Personen oder Figuren aus Spielen oder aus Serien, mit denen sich Jugendliche persönlich verbunden fühlen und sich identifizieren Rollenmodelle, Lebensentwürfe und Wertemuster, an denen sie ihr Verhalten orientieren können und die sie als Bausteine für die Konstruktion ihrer Identität nutzen können Identitätsmanagement: Darstellung der eigenen Identität und Experimentieren mit Identitätsentwürfen, z.B. indem Jugendliche ein eigenes Profil anlegen oder auf Bilder hochladen Beziehungsmanagement: Gestaltung ihrer sozialen Beziehungen, z.B. in Chats oder Communitys Räume der Vergemeinschaftung als auch der persönlichen Identitätsdarstellung → Integration als auch Individuation

Risiken für die Identitätsentwicklung: • • •



Suchtpotenzial, durch schnelle Erfolge z.B. in Form von Likes algorithmengestützte, persönlich maßgeschneiderte Aufbereitung von Inhalten im Internet erhöht Attraktivität des Mediums → durch personalisierte Werbung verstärkt Konsum angeregt problematisch wird Nutzung sozialer Netzwerke, wenn Jugendliche erhebliche Probleme haben, die an sie gestellten Entwicklungsaufgaben einigermaßen zufriedenstellend zu bewältigen → z.B., wenn die schulischen Leistungen aufgrund exzessiven Medienkonsums nachlassen weitere Risiken: o Cybermobbing o gefährliche Kontakte im Internet o Preisgabe zu vieler privater Informationen o Ersetzen realer sozialer Kontakte durch virtuelle o unverbindliches Sozialverhalten o sozialer Druck zu permanenter Selbstinszenierung, um sich von anderen abzuheben und Aufmerksamkeit zu erlangen → Förderung von Narzissmus o Anpassung an die Normen und Werte der medialen Bezugsgruppen, um soziale Anerkennung in Form möglichst vieler Likes zu bekommen → Förderung von Konformismus o Gefühle des Ungenügens aufgrund ständiger Konfrontation mit geschönten Selbstdarstellungen der Angehörigen von Referenzgruppen o weltanschauliche und ideologische Einengung & Radikalisierung durch das Internet

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Ziel der Medienpädagogik: Anlehnung an Dieter Baacke (Erziehungswissenschaftler, 1934-1999) → vier verschiedene Bereiche von Medienkompetenz: • Medienkritik: gesellschaftspolitisch problemorientiertes Hintergrundwissen, z.B. im Hinblick auf Fake News, Big Data, gläsernen Menschen und die Interessen der Internetkonzerne → Reflexion des eigenen Medienkonsums und ethischer Aspekte im Zusammenhang mit Medien • Medienkunde: allgemeine Kenntnisse über Medien z.B. Sicherheitseinstellungen vornehmen, „das Netz vergisst nie“ usw. • Mediennutzung: Fähigkeit, die Medien für eigene Zwecke sinnvoll zu nutzen & Selbstregulation d.h. Beherrschung der Medien, statt beherrscht zu werden • Mediengestaltung: Weiterentwicklung des Mediensystems wie z. B. das Programmieren kleiner Apps/ Gestalten einer Website Pädagogische Perspektive: •

• • • • • • • •

Ziele: o o

mündiger Umgang mit digitalen Medien eigene Urteilsbildung auf der Basis einer reflektierten Auseinandersetzung mit Chancen und Risiken digitaler Medien o reflektierte Entscheidungen & letztendlich eigenverantwortliches Handeln o Selbstkompetenz → selbst Methoden für einen sinnvollen Umgang mit digitalen Medien entwickeln Zusammenstellen von Indikatoren für Suchtverhalten und Überprüfung der eigenen Mediennutzung in Hinblick auf diese Indikatoren Erarbeitung von Regeln über Art und Umfang der Mediennutzung Durchführung von Aktionen, bei denen ältere Schüler als „digitale Scouts“ jüngere Schüler über Chancen und Risiken digitaler Medien aufklären Erstellung eines Elternleitfadens für die Mediennutzung zu verschiedenen Altersphasen Anbieten von Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung in der realen Welt Durchführung von Schulprojekten zu den Themen Datenschutz, Cybermobbing etc. Durchführung von Schul-Workshops zur Mediengestaltung kompetenter Umgang mit Sicherheitseinstellungen

2.5 Wolfgang Klafki: Bildung als kategoriale Bildung & Ausbildung von Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs-& Solidaritätsfähigkeit Zur Person: • •

1927-2016 Erziehungswissenschaftler, Professor für Pädagogik

Definition: „pädagogische Entscheidungen“: • •



Entschlüsse des Erziehenden & auch der Subjekte von pädagogischen Bemühungen (in wachsendem Maße mitwirkend) → Handlungsoptionen p.E. orientieren sich am Bildungsbegriff o Bildungsbegriff als normative Grundkategorie o Bildungsbegriff als zentrierte, übergeordnete Orientierungs- & Beurteilungskriterien Bildungsbegriff macht p.E. verantwortbar & begründbar

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Bildungstheorien & Klafkis Positions zu diesen: •

Klafkis Ziel: den allgemeinen Bildungsbegriff definieren Materiale Bildungstheorien Formale Bildungstheorien Bildungstheoretischer ...des Klassischen ...der funktionalen Bildung ...der methodischen Bildung Objektivismus → viel Wissen → wichtiges Wissen →geistige, seelische& → Methodenkompetenz körperliche Fähigkeiten • Lehrer = Aneignung von • nur das Klassische • keine Aufnahme/ • Bildung: Gewinnung & Kulturgütern vermitteln bildet Aneignung von Inhalten, Berherrschung der • tragende Kräfte der Kultur → klassich: alles mit sondern vielmehr Denkweisen, geben Kreis & Struktur d. menschlicher Formung, Entwicklung; Gefühlskategorien, Bildungsinhalte vor Qualität (Geistiges Reifung von körperlichen, Wertmaßstäbe, kurz: der • Wissenschaft = hoher etc.) seelischen, gesitigen Methoden Stellenwert → • Mensch kommt Kräften → diese „Kräfte“ • Anwendungsfeld in Scientismus damit in Kontakt; lassen sich im Arbeitserziehung & (Verwissenschaftlichung) macht es zu seinem Erwachsenenalter Erkenntnisbildung • Wert der Bildungsinhalte Eigenen & bildet anwenden • ermöglicht die = wissenschaftliche daraus seine Existenz • diese Kraft wird vom zu nachdrücklichste Struktur der Inhalte  Bildung ist die Bildenden in anderen Verwirklichung des  Bildung ist der Prozess in Aneignung der Situationen übertragen Prinzips der dem Kulturgüter in ihrem allgemeinen klassischen  Bildung ist die Ausformung Selbstständigkeit des objektiven So-Sein in die Inhalte eines Bereiches & Reifung körperlicher & Zöglings menschliche Seele Eingang geistiger Kräfte  Bildung ist finden , ohne Modifikationen Methodenkompetenz & deren Anwendung • gebildet ist, wer möglichst • gebildet ist, wer • gebildet ist, wer die in • gebildet ist, wer das Goethe& Schiller Lernen gelernt hat, viel Wissen sich schlummernden gelesen hat& an Methoden beherrscht& enzyklopädisch angehäuft körperlichen, geistigen& ihnen sittlich gereift instrumentelle hat seelischen Kräfte ist Fähigkeiten aufgebaut hat tatsächlich entfaltet Klafkis Position 1.keine pädagogischen 1.Bildung wird als Ausbildung 1. Bildung wird auf die Auswahlkriterien was eines vorgegebenen Beherschung inhaltsloser „das Klassische“ ist→ „Vermögens“ verstanden → Methoden reduziert Frage nach verneint die Lernfähigkeit → man kann Methoden nur in Verantwortlichkeit →Bildung wird auf Begegnung mit Inhalten 2.das Klassische ist in der Anpassungsleitung reduziert erarbeiten, prüfen & Bildungsarbeit in 2 (Entwicklung von Kräften...) ausarbeiten →nicht isolierbar Zusammenhängen 2. viele „Kräfte“ müssten →sie müssten dogmatisch legitim: unendlich weiter differenziert vermittelt werden, welches a) anschauliche werden, da diese sonst viel zu dem Wesen der Theorie Vergegenwärtigung der generalisierend wären widerspricht, man verfährt großen geistigen also angesichts der Methoden Grundrichtungen (in so, wie man es bei den ihren „klassischen Inhalten vermeiden wollte Vertretern“ 2.diese Fähigkeiten sind erst b) geschichtliche in Korrelation zu den Inhalten, Parallele zu einem auf die sie zielen verständlich gegenwärtigen Problem, die erfolgreich war →dort endet pädagogische Bedeutung, denn viele Aufgaben sind neu →objektbezogen →subjektbezogen Fazit: zu einseitig auf Wissen fixiert Fazit: zu einseitig auf Können fixiert 1. Bildung wird darauf reduziert, vorgegebene Inhalte (Kulturgüter) als fragloses Wissen zu übernehmen, Kulturgüter werden aus dem geschichtlichen Kontext genommen & zu übergeschichtlichen, scheinbar objektiven& nicht befragbaren Bildungsinhalten stilisiert 2. Scientismus= Fehler im Charakter als ständig fortschreitender Forschungszusammenhang 3.besitzt keine pädagogischen Auswahlkriterien & ist somit der Fülle der Kulturgüter ausgeliefert

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Kategoriale Bildung

materiale & formale Bildungstheorie

Bildung: Wirklichkeit wird kategorial erschlossen (Wissen) und...



…zugleich dadrurch & darin erschließt sich der Mensch kategorial in seinen Fähigkeiten (Können) für diese Wirklichkeit.

Wissen sich die Welt erschließen

Können für die Welt erschlossen warden

nichtadditive Synthese

• • • • • •

Wissen anwenden können Kombination von Wissen & Fähigkeiten man muss zuerst bestimmte Kategorien erlernen, um sich die Welt erschließen zu können Ziel: „gebildete Laien“ Lerninhalte von Bedeutung für Gegenwart & Zukunft Doppelseitige Erschließung von Mensch & Umwelt Konfrontation=

kategoriale Bildung: im Erschließen der Wirklichkeit sich selbst erschließen (dialektischer Prozess)

Kategorien

Verstehen, korrigieren, erweitern, erfassen

bildet/ verfügt über

Wirklichkeit muss sich auseinandersetzen mit

SUBJEKT 5 Grundfragen der didaktischen Analyse als Reflexions- und Problematisierungshilfe: • Lehrer muss sich mit der Frage beschäftigen, ob sich das Unterrichtsthema lohnt • Frage zur Legitimation beruht auf den 5 Grundfragen: 1. Gegenwartsbedeutung  Interesse/Bedürfnisse der Schüler?  Thema bereits bekannt?  Zu welchen Aspekten Zugang? Welche noch fremd? 2. Zukunftsbedeutung  Thema lebendige Stellung im Leben der Schüler?  In Zukunft noch eine Bedeutung?  Zukunftsbezug den Schülern bereits bewusst?  Erreichen genereller ethischer Ziele? 3. exemplarische  Welche allgemeinen zusammenhängenden Beziehungen, Gesetzmäßigkeiten, Bedeutung Strukturen Widersprüche und Handlungsmöglichkeiten exemplarisch dargestellt?  Grundsätzliche essenzielle Dinge an dem Lerngegenstand? 4. thematische  Was vorausgegangen? Was folgt noch? Strukturierung  Strukturierung der Unterrichtseinheit? 5. Zugänglichkeit  Wie weckt man Fragestellung zu diesem Thema bei Schülern?  Wie Schüler erreichen? Kritisch-konstruktive Didaktik: • • • •

Neufassung seiner bildungstheoretischen Didaktik ↑ kritisch: Befähigung der SchülerInnen zu wachsender Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit (einschließlich Abbau hindernder Bedingungen) konstruktiv: Praxisbezug; Handlungs-, Gestaltungs-, Veränderungsinteresse „konstruktiv“, weil sie nicht mehr nur im Rahmen vorgegebener institutioneller und curricularer Bedingungen Vorschläge macht, sondern darüberhinausgehende Möglichkeiten zur Verbesserung von Lehr- und Lernprozessen ermitteln, entwerfen und erproben soll → aber keine konstruktivistische Didaktik

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Erweiterung der Grundfragen der didaktischen Analyse (nun mit sieben Fragen): 6. Zugänglichkeit und Darstellbarkeit

7. methodische Strukturierung / Strukturierung des Lehr-LernProzesses

 Sind die Darstellungsmöglichkeiten der Lehrinhalte der Lehrgruppe didaktisch angepasst, um die bestmöglichen Lernerfolge erzielen zu können?  Was sind die Interessen der Lernenden? → eventuelle Veränderung zum Zwecke der Durchführung eines geplanten Unterrichts?  Ist die Abfolge eines Lehr-Lern-Prozesses sukzessiv gestaltet? → fächerübergreifend zu verstehen: Durchdenken der Methoden des Lehrens und Lernens als Anreger und Vermittler sozialer Lernprozesse

Konzept der Konzentration auf epochale Schlüsselprobleme: •

Kernelemente müssen genügen d.h. einige Zentralprobleme → Konzentration auf epochale Schlüsselprobleme → somit soll exemplarisches, verstehendes Lernen zu Problembewusstsein, Selbst- & Mitbestimmungsfähigkeit führen Ziel: Fähigkeit, auch zukünftige, spezifische Probleme zu diskutieren, verstehen, lösen → Kontroversen sollen rational ausgetragen werden → begründete & kritisch geprüfte Konsense erreichen das erfordert Schlüsselqualifikationen: Kritikbereitschaft, Argumentationsbereitschaft, Empathie, vernetztes Denken, Selbstvertrauen, Frustrationstoleranz, Verantwortungsfähigkeit Bildung bedeutet demnach, ein geschichtlich vermitteltes Bewusstsein von Problemen der gemeinsamen Gegenwart und/oder der voraussehbaren Zukunft Schlüsselprobleme sind nicht fest verbunden, Probleme können sich verändern man möchte Kompetenzen der Lernenden in ethischer, sozialer, emotionaler und kognitiver Hinsicht entfalten o nicht gefordert Probleme zu lösen, sondern sollen in der Lage sein über Lösungsmöglichkeiten engagiert und motiviert zu diskutieren → gemeinsam an Lösungsvorschlägen arbeiten

• • • • •

Konkretisierung der epochalen Schüsselprobleme: •

Strukturprobleme von gesamtgesellschaftlicher, meist sogar übernationaler Bedeutung, die gleichwohl jeden Einzelnen zentral betreffen in die Zukunft hinein wandelbarer Problemkanon mit inhaltsbezogenen & kommunikationsbezogenen Komponenten Bsp.: o Umweltfrage o Friedensfrage o Globalisierung o demographischer Wandel o gesellschaftlich produzierte Ungleichheit o Gefahren & Möglichkeiten der neuen technischen Medien o multikulturelles Zusammenleben

• •

Fähigkeiten zur Problemlösung: Kritikbereitschaft

Argumentationsbereitschaft

Empathie

Vernetztes Denken

• •





• •



Selbstkritik den eigenen Standpunkt offenhalten Überzeugungskraft und Grenzen eigener Argumente kennen

• •

man bemüht sich, die eigene Position und Kritik in Zusammenhang des Gesprächs einzubringen Gesprächspartner verstehen, gemeinsame Kritik Chance zum Erkenntnisfortschrift, muss begründet sein!



Fähigkeit, sich in andere Sichtweisen/Positionen hineinversetzen zu können Prüfung verschiedener Standpunkte

logisches Denken Verknüpfen von Gedankengängen

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Drei Grundfähigkeiten → Ziel von Bildung: Selbstbestimmungsfähigkeit Fähigkeit, selbst zu entscheiden in Bezug auf • Religion→ (keine) Mitgliedschaft in Religion • Beruf→ freie Berufswahl, Kurswahl in der Schule • Ethik • zwischenmenschliche Beziehung → Gründung einer Familie • individuelle Ziele und Werte Wie könne diese Fähigkeiten vom Erzieher vermittelt werden?

Mitbestimmungsfähigkeit Solidaritätsfähigkeit Fähigkeit, sich politisch, • Einsetzen für Menschen, denen das gesellschaftlich und kulturell zu Mitbestimmungsrecht untersagt ist, die engagieren unterdrückt werden • Kompetenz notwendiges Wissen • Selbstbestimmungs- und anzueignen (z.B. Mitglied in einer Mitbestimmungsrecht müssen auch für Partei; Wählen gehen; andere gewollt werden, es muss sich Zivilcourage; Engagement in dafür eingesetzt werden, dass andere es Vereinen; ehrenamtliche auch haben Tätigkeiten) • auch unter der Voraussetzung, dass man • Berücksichtigung der politischen eigene Interessen zurückstellt (z.B. Meinung Spenden für gemeinnützige Zwecke, Demonstrationen, ehrenamtliche • Bedürfnis nach Mitbestimmung Tätigkeiten) • Verantwortung • Vorleben • Lob für Solidaritätsfähigkeit • dem Kind Wahlmöglichkeiten bieten • Unterstützungsangebote (z.B. Berufsorientierung) • Klassensprecherwahl • Planspiel Europawahl • Grundwissen (zur Religion etc.) vermitteln

Bildung als Allgemeinbildung im 3-fachen Sinn: Bildung für alle •





Bildung als demokratisches Bürgerrecht Grundvoraussetzung für Selbstbestimmung gegen die Ungleichheit, für die Bildungschance

Bildung im Medium des Allgemeinen • Fokus auf Frage- und Problemstellungen in Bezug auf Gegenwart und Zukunft unter Berücksichtigung der Vergangenheit • Gegenwart und Zukunft gestalten (Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität)

Bildung in allen Grunddimensionen Freie Persönlichkeitsentwicklung & Berücksichtigung aller Interessen: • Verantwortung für den eigenen Körper (Pflege des eigenen Körpers, gesunde Ernährung, Sport, Selbstakzeptanz) • Lernmöglichkeiten (analytische Fähigkeiten, Leseverstehen, rechnen, schreiben) • Produktivität, handwerklich-technische Fähigkeiten (Grundfähigkeiten im Werken, Kunstunterricht) • soziale Kompetenz (Schulbesuch: Kontaktmöglichkeit, Freundschaften, respektvoller Umgang miteinander, Teamarbeit, Diskussionen, Meinungsäußerung, Kritikfähigkeit) • ästhetische Fähigkeiten (Wahrnehmung, Erkennen von Kunst, Perspektivwechsel, Gestaltung: Kreativität ausleben, Urteilsfähigkeit: eigene Meinung zur Ästhetik eines Kunstwerks

35

3 Werte, Normen & Ziele in Erziehung & Bildung 3.1 Erziehung in verschiedenen historischen Kontexten 3.1.1 Erziehung im Nationalsozialismus Aspekt Vererbung & Anlage

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Rasse

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Typus

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Totalitarismus

Indoktrination

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Majoritätsdruck z.B. durch “Volksgemeinschaft” Arier: beste, stärkste Rasse Vermeidung von Blutvermischung



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Parteiprogramm der NSDAP Beschreibt Ziele der NSDAP Anstreben eines Großdeutschen Reiches Anpassung aller Lehrpläne/ Ausbau des gesamten Volksbildungswesen zur strukturierten Vorbereitung der NS-Ideologie

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1935: Blutschutzgesetz & Reichsbürgergesetz



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Volksgemeinschaft

totaler Erziehungsanspruch Gruppendruck Rassenhygiene /-gedanke 25-Punkte Plan

Nürnberger Gesetze







Führerkult

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festgelegt mit Geburt bestimmte Rassen sind kognitiv limitiert deutsche/arische Rasse ist die „gute“ & nur sie kann Anforderungen des Führers gerecht werden keine Individuen Mensch hat nur Bedeutung in der Gemeinschschaft, in der Vereinzelung bedeutet er nichts Formidee eines Menschen diktatorische Form von Herrschaft, die in alle sozialen Verhältnisse hineinzuwirken strebt verbunden mit dem Anspruch, einen „neuen Menschen“ gemäß einer Ideologie zu formen Menschen sind dem System vollständig unterworfen Grundsatz der unbedingten Führerautorität Politisches Konzept & Propagandaformel Pyramidenprinzip Gehorsamkeitsgrundsatz übermäßige Verehrung & Glorifizierung Hitlers er tritt in allen gesellschaftlichen Bereichen auf besonders vehemente, keinen Widerspruch & keine Diskussion zulassende Belehrung durch Manipulation, gesteuerte Auswahl von Informationen völkisches Ideal einer weitgehend konfliktfreien, harmonischen Gesellschaft, die scheinbar Klassenschranken & Klassenkampf hinter sich gelassen hatte Propagandawerkzeug totaler Kontrollanspruch



Führerprinzip

Definition Mensch ist mit Geburt/ Anlage festgelegt bestimmte positive Eigenschaften werden innerhalb einer Rasse vererbt „So musst du sein, du kannst dir nicht entfliehen“





Bedeutung für Erziehung erzieherisches Einwirken hat kaum Wirkung Positive Eigenschaften sind vorhanden & müssen nur gefördert werden Gute Kinder werden im Wohlstand groß, schlechte in Armut→ Prinzip der „Aufsortung“ durch Auslese/ Ausmerzung der Kranken schwachen (Sozialdarwinismus) nur arische / „gute“ Rassen müssen gefördert werden, denn Rest ist eh kognitiv nicht zu höherem in der Lage

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Erziehungssystem: es darf keine Individuen mehr geben Uniformität ist das Ziel

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völliger Widerspruch zu jeglichen Freiheiten Erziehung wird vom Führer bestimmt Staat bestimmt ganzes Leben HJ & BDM als einzig legale Erziehungseinrichtung seit 1936: vollkommene Kontrolle durch NS-Regime HJ verpflichtet bis 18. Lebensjahr, danach Wehrdienst Führer als höchste Autorität, auch über Elternhaus Unter der scheinbaren Fürsorge des Führers für sein Volk soll er vollkommene Unterworfenheit genießen → keine Selbstbehauptung, keine Kritik Vorbildfunktion Frühe Indoktrination: „Du musst den Führer stolz machen!“ Abschaltung von Kritik, Widerspruch, Diskussionen kein Hinterfragen manipulierte Individuen Verzehrte Realität Unterwürfigkeit Zurückstellen eigener Bedürfnisse hinter die der Gesellschaft Unterstützt Führerkult/ -prinzip Heranzüchten von tapferen, aufopfernden Soldaten & Hausfrauen /Mütter Staat beansprucht jegliche Erziehung außerhalb des Elternhauses, der Schule (teilweise sogar darüber hinaus)

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Keine Balance zwischen sozialer & personaler Identität → keine Mündigkeit, Identität Verhinderung interkultureller Erziehung keine Kultursensitivität Indoktrination des Staatsgedanken (keine individuelle Bildung) Erziehungsarbeit nicht nur in Schule, sondern auch in Jugendorganisationen, positives Christentum & gleichzeitige Negierung des Judentums Druckausübung durch Androhung von Verfolgung, Enteignung, Todesstrafe als Erziehungsmaßnahmen bei nicht konformen Verhalten Festsetzung der Rassenhygiene & Reichsbürgervorraussetzungen

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Erziehung im NS: Erziehungsmittel/-ziele etc.: Aspekt Menschenbild

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Erziehungsideal

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Erziehungsziele

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Erziehungsmittel

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Inhalt Kinder mit guten Anlagen besitzen schon gute Eigenschaften, die nur gefördert werden müssen/ andere haben nie die Chance dies zu erreichen → kaum erziehbar, kaum lern- oder entwicklungsfähig Kinder werden in gut/ schlecht kategorisiert → von Gesellschaft vertretenes Bild Erziehung widerspricht Individualität: → Gleichartigkeit (keine Ich-Identität) → Gleichförmigkeit (hinsichtlich Denkens/ Handelns im Sinne der NS-Ideologie) Erziehung zum Volksgenossen → Anforderungen des Führers Mentalität: siegend oder sterbend Treu, gehorsam, friedliebend & kameradschaftlich gegenüber eigener Rasse, hart, mutig, ehrliebend, ehrhaft, stolz, (im Krieg: gewalttätig, herrisch unerschrocken, grausam, beherrscht) Heroismus des Dienstes Aktivierung der Gemeinschaftsvision Idee der Deutschheit Ausbildung der kognitiven Fähigkeiten zweitrangig→ “mit Wissen verdirbt man Jugend“ (Baldur von Schirach) Kerngesund, körperlich ertüchtigt, gestählte Körper → dient Selbsterhaltung des Volkstums, daher der Gemeinschaftsaufgabe Vertrauen in die eigene Rasse / auf die Überlegenheit Wille zur Einordnung statt Selbstständigkeit Wille, DE zu dienen Kritiklosigkeit Strukturbefolgung: Befehl-Gehorsam Tapfere Frauen als Kameradinnen für ihre Männer Weiterreichung der Ideologie an Nachwuchs Deutsch denkend & handelnd, national/ völkisch Hausfrauen-/ Mutterrolle, Soldatenrolle Opferwilligkeit Lernen früh Menschen nach Anlage wertzuschätzen/ abzuwerten Staat kann & muss in Selbstbestimmungsrecht eingreifen, um das Volkstum zu erhalten Körperliche Ertüchtigung Ideologische Schulung: Rassenkunde, Heimabende (für Rassenideologie, Führerglaube, Kriegspropaganda) Aktive Freizeitangebote, Lager: grundsätzliche Sympathie für Hitler & Entwicklung von Gemeinschaftsgefühl Fahnenappelle: Vermittlung von Ehrgefühl; Treue zur Fahne Lieder: emotionale Indoktrination Militärische Rituale Werkarbeit/ Nadelarbeit „Stunde der jungen Nation“ → Indortrination Uniform: Gemeinschaftsgefühl, Stolz Hitlers demonstrativ dargestellte Zuneigung zur Jugend: Selbstwertgefühl, Glorifizierung, Streben Hitler stolz machen zu wollen Aufräumaktionen, Winterhilfswerk, Luftschutzdienst: Zweck d. Volksgemeinschaft

Struktur der HJ & BDM: Aufbau

Selbstbild

Mittel, um Jugendliche zu begeistern

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Hitlerjugend Bund deutscher Mädel Streng hierarchische & undemokratische Struktur Gegliedert/ getrennt (regional, nach Geschlecht, nach Alter) Unterschiedlich große Einheiten (Kameradschaft, Schar, Stamm...) → hier möglich Führer zu werden, aber nur wer angeborene „Führereigenschaft“ hat (von Schirach) Sonderverbände (Flieger-, Reiter-HJ usw.) Heranzüchtung tapferer,  Heranzüchtung starker Frauen als deutscher, nationalsozialistischer Kameradinnen für ihre Männer& Soldaten Mütter für den deutschen Nachwuchs Heimabende, Lager, Lagerfeuer, gemeinsame Lieder, Fahnenappelle, Sport, Hilfsorganisationen, Hitlers demonstrativ dargestellte Zuneigung, Führerkult

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Historischer Verlauf der HJ & BDM: Zeit Vor 1933

Stadien /Phasen Kampfzeit

Kennzeichnende Merkmale  Nationalsozialistische Ausrichtung  ideologisch auf Hitler eingeschworen  Trennung nach Geschlechtern 1933- Durchsetzungsphase  militärischer Drill 1936  zentralistisch organisierte Jugendarbeit  ausgeprägter Totalitätsanspruch 1936- Konsolidierungsphase  Jugenddienstpflicht (14.-18.-Jährige) 1939  Zwangsmitgliedschaft  ausgeprägte militärische Vorausbildung 1939- Radikalisierung  verstärkt Einsatz für den Kriegsdienst (Post, Bahn, Feuerwehr) 1945  viele HJ-Führer wurden eingezogen oder meldeten sich freiwillig Hitlers Ideen zur Ausbildung junger Menschen: RASSISMUS: nationalsozialistische Ideologie, FASCHISMUS: völkische Indoktrination/ militärische Ausbildung, TOTALITARISMUS: Erziehung zum absoluten Gehorsam/ Führerkult Jugendoppositionen: Gruppe Ziele/ Anliegen

Edelweißpiraten  Wollten Zwangscharakter, Drill, Disziplin entfliehen

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Mittel

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 Fazit

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Weiße Rose Politisches Interesse Bekenntnis zur Humanität Über Sinnlosigkeitr & Grausamkeit des Krieges aufklären Flugblätter gerichtet an gebildetes Bürgertum Aufruf zum aktiven Kampf gegen NS-Staat

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Swing Kids Musikinteresse Entzug der Bevormundung & Indoktrination Wollten freieres Leben & eigene Kultur

Prügeleien mit HJ  Betont lässiges Auftreten, Streifen unmilitärische Kleidung, Strafrechtliche Delikte,  langes Haar Schwarzhandel &  Angelsächsisches Einbruch, Schießereien Verhalten, Bevorzugung Versuch ausländischer Musikstile Gestapogebäude zu (Jazz, Swing) sprengen Demonstrationen → radikal → politisch → kulturell Vielfältige Beweggründe, z.B politisch, unpolitisch usw. Kritik an NS-Ideologie-Konzepten Kritik an Erwachsenenwelt, Tradition zur Opposition, Selbstbehauptung, Unabhängigkeitskampf, Idealismus

Gesellschaftliche Struktur und dessen Ziele: Ideologie/ Merkmale der NSGesellschaft Diktatur/ Führerprinzip Militarismus (Vorbereitung auf den Krieg) Ideologie der „Volksgemeinschaft“ Rassenideologie/ Antisemitismus

Erziehungsziele

vermittelt z.B. in den Fächern

angewandte Methoden

Unterordnung/ Folgsamkeit Körperliche Abhärtung, Erziehung zum Gehorsam Nationalstolz/ Zusammenhalt Abwertung/ Ausgrenzung



Sozialdarwinistische Ideologie

Verachtung von Schwachen

Geschichte: negative Darstellung der Demokratie in der Weimarer Republik Sport Geschichte: Begründung der Kriegsmotivation z.B. über die „Ungerechtigkeiten des Versailler Vertrags“ Deutsch/ Geschichte: Heldensagen über die Germanen Erdkunde: z.B. Legende vom „Volk ohne Raum“ Biologie: „Rassenkunde“ Deutsch: in Schulbüchern enthaltene Falschbehauptungen sowie Bilder, die Juden negativ & stereotyp darstellen Biologie: wissenschaftlich falsche Übertragung des Evolutionsprinzip auf menschliche Gemeinschaften Mathe: Rechenaufgaben dazu, wie viel Steuergeld für Behinderte ausgegeben wird

• • •



Verwendung des Hitlergrußes harte Bestrafung bei Ungehorsam körperlicher Drill Ausschluss von Juden & anderen politisch unerwünschten Gruppen aus der Schule politische Indoktrination der Lehrerschaft

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Klafkis Thesen zur Erziehung im NS: Grungedanken: • diktatorische, totalitäre politische Systeme sind - trotz inhaltlichen Unterschieden - in Erziehungspraktiken, -mittel & deren angestrebten Wirkungen ähnlich • nationalsozialistisches Denken & Praxis des Regimes lässt sich herausarbeiten & auf andere totalitäre Systeme übertragen • wenn Praktiken ähnlich sind, lässt sich auch vermuten, dass erzielte Wirkungen ähnlich sind 1

2

Klafkis Thesen Radikale Frontwechsel sind in totalitären Systemen ungewöhnlich, stattdessen gibt es Prozesse der Erosion, der Zersetzung ursprünglicher Begeisterung

Erklärung Ursprüngliche Begeisterung wurde ausschließlich durch emotional-ausgerichtete Mittel (Bsp. Lager) geweckt→ diese irrational begründete Sympathie sind durch Realität (z.B. Krieg) & Rationalität (vernünftige Einwände gegen Praktiken) erschütterbar

Kritik

Familie ist wichtiger Faktor → pronationalistische Familie unterstützt Indoktrination Pubertät führt zum Willen sich von der Familie zu lösen & selbstverantwortlich zu werden → dies wurde bewusst in HJ aufgegriffen

Hauptsächlich bis zur Pubertät

4

Jugendliche nahmen Schule nicht als wesentlichen Faktor für IdeologieÜberzeugung wahr

5

HJ hat geringere Bedeutung für politische Sozialisation im Sinne des NS als oft in Fachliteratur angenommen

pronationalistische Familienmitglieder unterstützen Vereinnahmung durch Vorbildfunktion, Erziehung, Rollenaufteilung usw. Versprechungen von Freiheit, Führerrollen & Verantwortung sprechen bei jungen Menschen Geltungsbedürfnis an: Propaganda wie „Jugend führt Jugend“, „Du wirst für eine besondere Aufgabe gebraucht“ Trotz Rassenkunde wurden in Schule relativ wenig Gefühle & Begeisterung für NS angesprochen, evtl. da dort noch intellektuelle Fähigkeiten im Vordergrund standen Strategien & Mittel der HJ vereinnahmten Gefühle & Einstellungen der Jugendlichen zwar stark, wurden aber oft durch „grauen Alltag“, Drill, Märsche, Einordnung, Kriegsdienst abgeschwächt

6

In NS-Beeinflussung scheint es wenig „signifikante Personen“ gegeben zu haben Emotionale Faszination nicht anhaltend durch Realitätskonfontation Erosionsprozesse & Ernüchterung führen trotzdem meist nicht zur umfassenden Systemkritik & Systemgegnerschaft, vor allem durch Führerkult

Denn NS-Ideologie hat aufgrund Rassismus immer auch menschenverachtende Bestandtteile, die auf Jugendliche unattraktiv sind Anfängliche Begeisterung konnte durch Krieg & lebensbedrohliche Situationen zu Ernüchterung werden Der durch HJ-Erziehung entstandene Führerkult wirkte häufig einer umfassenden Systemkritik entgegen, denn Jugendliche waren von Zuneigung Hitlers überzeugt & suchten Fehler deshalb woanders („Wenn das der Führer wüsste, was wir hier tun müssen, würde er uns helfen“)

3

7 8

Rassenkunde auch wenn geringer, trotzdem bedeutsam HJ auch politisch sozialisierend z.B. durch Vermittlung von Rollenbildern etc

Fazit: Klafki stellt fest, die totale Formierung sei nicht gelungen, trotzdem ist der Versuch folgenreich & trotz Realitätskonfrontation die Begeisterung abflachte, führte dies während des Naziregimes oft nicht zum Widerstand → Einsatz emotionalisierender Erziehungsmittel kann kurz-/mittelfristig durchaus fanatische Begeisterung freisetzen & temporär vereinnahmen → durch Konfrontation mit Alltag/ Realität flacht diese schnell ab → wenn Einstelllungen im Sinne der Demokratieerziehung langfristig erworben werden sollen, dann geht es weniger um emotionalisierende Erziehungsmittel, sondern vorrangig um rationale Erziehungsstrategien die auf vernünftige Einsichten & reflektierte Entscheidungen abzielen → wenn Mündigkeit das Ziel sein soll dann dürfen eingesetzte Mittel nicht die Mündigkeit missachten

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3.1.2 Erziehung in der BRD 1949-1989 • • • • •

Bundesrepublik Deutschland (gegründet Mai 1949) → Westmächte Demokratie mit marktwirtschaftlichem System Staat hört auf zu existieren → Millionen Menschen auf der Flucht Nürnberger Prozesse führen NS-Verbrechen vor Augen Ziele: Entnazifizierungspolitik, Umerziehung zur Demokratie, Reform des Bildungswesens

Gesellschaftliche Einstellung vieler Deutscher: • • • • • •

Sehnsucht nach kleinem Glück Lebensfreude: „Es war wieder alles wie in alten Zeiten“ Verdrängung der NS-Zeit, Ablenkung wenig Politikinteresse die Welt steht „offen“ für die Jugend → „innere Entspannung“ Gründung BRD & DDR → Abgrenzung & politische Spannung

Bildungssystem der BRD: • • •

• • • •

geprägt von Restauration (`45-`65) dreigliedriges System wie in Weimarer Republik wird wieder institutionalisiert dieses System vertritt einen pädagogischen Traditionalismus und Erziehungsziele, die nicht auf gesellschaftliche Realität bezogen sind, sondern aus einem historisch geprägten Wertekanon abgeleitet sind → diese Erziehungsziele (Ordnung, Fleiß, Pünktlichkeit…) prägen die 50er Jahre & die Erziehung in der Familie technische Entwicklungen dieser Zeit spiegeln sich in den Erziehungszielen nicht wider die Erziehungsziele sind im Sinne Klafkis „traditionalistisch“ oder im Sinne Tenorths und auch Fends „restaurativ“ Beziehung zwischen Erzieher und Edukant sind sehr streng & hierarchisch je nach Schulform & Tradition der preußischen Ständegesellschaft werden verschiedene Erziehungsziele propagiert: o Hauptschule: Gehorsam, Fleiß, Anstand o Gymnasium: intellektuelle & kulturelle Entfaltung

Erziehungsziele bis ungefähr 65: Restauration statt Neuanfang

Re-education

• • • • • • •

Restauration des deutschen Bildungssystems Widerstände gegen die alliierte Bildungspolitik Fehlende Auseinandersetzung mit Vergangenheit

• • • • • • • • •

Ziele & Werte → Freude am Lernen & gegen Gewalt gegen Verführung durch rechtsextremes Gedankengut Chance auf Erfahrung der eigenen Kompetenz o Vertrauen auf eigene Fähigkeiten o Schulung von kritischem Hinterfragen Demokratieverhalten (Meinungen aushalten, Diversität tolerieren) Umerziehung zur Demokratie bezogen auf Bildung, Reform des Bildungswesens + Demokratisierung Gesamtschulen, weniger dominante Erziehung (egalitär) ohne Unterwerfung & Chancengleichheit in Bezug auf „Rasse“ und Bildung Kooperation zwischen Lehrer und Schülern, Selbstständigkeit, Vermittlung demokratischer Grundwerte politische Bildung in ihrer Vielfalt da zuerst wirtschaftliche Interessen im Vordergrund standen, wurde Bildungspolitik wieder zur deutschen Angelegenheit Bayern lehnte es ab, die Ideen der Amerikaner in ihr Bildungswesen aufzunehmen sie wehrten sich erfolgreich Briten & Franzosen ebenfalls erfolglos in Bildungsangelegenheiten Bildung als letzte Möglichkeit der Selbstbestimmung Einsicht der Schuldfrage blieb lange Zeit offen → keine Einsicht von deutscher Seite Negierung von Kriegsverbrechen (insbesondere Deportation von Juden) lange Zeit Glorifizierung der NS-Zeit

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Wandel der Erziehungsziele: Pädagogische Restauration (1949 - 1965) • Alliierte versuchen den Deutschen moralische und politische Niederlage klar zu machen • Deutsche versuchen Kriegserlebnisse zu verdrängen, Verbrechen waren ein Tabu-Thema • Bildungsreform war nicht gewünscht, da an traditionellen Werten festgehalten werden wollte • Befehlshaushalt, autoritäre Erziehung

Bildungsexpansion (1965 - 1980) • • • • • • • •

Gastarbeiter wurden Mitbürger → ethnische und kulturelle gesellschaftliche Zusammensetzung änderte sich Sputnik-Schock: Amerikas Überlegenheit in der Wissenschaft wollten die Deutschen einholen höherwertige Schulabschlüsse für qualifizierte Arbeitskräfte mehr Bürger für die Bildungsreform, dennoch nur Stück-für-Stück vorankommen von Pflicht- und Akzeptanzwerten zur Selbstentfaltung bewusstes Erziehen zum Ungehorsam mit Ziel von unabhängigen Denkern Rolle des Mannes und der Frau verschwimmen persönliche Entwicklung und Selbstverwirklichung stehen im Vordergrund der liberaleren Erziehung

Konsolidierung & Neuordnung der Erziehungsziele (1980 - 1989) • neue Arten des Zusammenlebens wurden gesellschaftlich akzeptiert → Singles, Wohngemeinschaften, Partnerschaften ohne Ehe etc. • Kampf für Gleichberechtigung der Geschlechter • Friedens- & Ökologie Bewegungen • Musik als Identitätsgewinnung Jugendlicher • Recht auf Bildung für alle • demokratische Schule: Probleme, Aufgaben und Gefahren gemeinsam bewältigen, Mitbestimmungsfähigkeit, Bildung in allen Dimensionen, Solidaritätsfähigkeit, Selbstbestimmung (→Klafki) • Verhandlungshaushalt

3.1.3 Erziehung in der DDR 1949-1989 Deutsche Demokratische Republik (gegründet Okt. 1949) → Sowjetunion → politische Diktatur mit sozialistischer Planwirtschaft DDR BRD Erziehungs• sozialistische Persönlichkeit • Achtung, Respekt, Toleranz ziele • geistig, moralische, körperliche Entwicklung • Bereitschaft zum sozialen Handeln • sozialistische Arbeitsstellung • Erziehung im Geiste der Menschlichkeit, Demokratie, • Partizipation Freiheit, Duldsamkeit • Verantwortungsgefühl gegenüber der Gesellschaft • Achtung / Ehrfurcht vor Gott • Einfügen in die Gemeinschaft, Disziplin, • Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen Angepasstheit, Solidarität, Sowjetbezogenheit, • Liebe zu Volk und Heimat Bescheidenheit, Bodenständigkeit, Gleichstellung, • Individualisierung Zufriedenheit, Vermittlung kommunistischer Werte • Formen der mündigen Staatsbürger • Kollektivität im Fokus • Respekt vor Interessen und Perspektiven anderer • Akzeptanz des Mehrheitsprinzips als politisches Entscheidungsprinzip • selbstständiges Urteilsvermögen Beteiligte • Staat, Jugend, Gesellschaft, FDJ (Freie Deutsche • Staat und Gemeinschaft bietet den Kindern Schutz → Recht Instanzen Jugend), Eltern, Lehrer, Verbündete, Arbeiterklasse, auf Entwicklung / Entfaltung Freunde, Mitschüler, (Sowjetunion) • Eltern / Familie • Lehrer (Berufsausbildung) • Kirche (Religionsgemeinschaft) • Parlamentarischer Rat / Präsident Entsprech• Gemeinschaft steht im Vordergrund • Vielfalt der Interessen (freie Entwicklung u. Entfaltung) ungen zum • politische Macht der Arbeiterklasse • Gleichheit von Mann u. Frau vor dem Gesetz jeweiligen • gemeinsame Interessen von Bedeutung → Nutzen für • soziales Handeln Menschenbild alle • Urteils- und Handlungskompetenz • Aneignung des Marxismus • Perspektivenübernahme • Gesellschaft ohne Klassen • aktive und aufgeklärte Bürger • Zusammenhalt / Aufrichtigkeit • Meinungsfreiheit • sozialwissenschaftliches Wissen • Recht auf Bildung / Schutz vom Staat Jugend• FDJ (Freie Deutsche Jugend als einheitliche • Pfadfinder, CVJM (Christliche Verein Junger Menschen), organisationen sozialistische Jugendorganisation → hohe Leistungen Junge Union, Falken für den Sozialismus), Jungpioniere, Jugendweihe Unterschiede • polytechnische Oberschule (für die Allgemeinheit): 1• mehr Möglichkeiten auf dem schulischen Weg (Auf- und der 10. Klasse Abstiegschancen / Durchlässigkeit) schulischen • Schulsystem bestehend aus gemeinsamem Unterricht • aufgeteilt in Grundschule und weiterführender Schule Bildung für alle • Schulsystem beruht auf Auslese • Fördern der Gemeinschaft • Individuen werden gefördert • Kinderkrippe / Kindergarten • Kinderkrippe und Kindergarten • Erweiterte Oberschule führt zum Abitur • Gymnasium führt zum Abitur

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3.2 Reformpädagogik 3.2.1 Maria Montessori: Montessoripädagogik Zur Person: • • • •

1870 - 1952 aus Italien Ärztin 1 Sohn: Mario, den sie abgeben musste auf Grund ihrer Karriere (mit Giuseppe Montessano, unehelich) Casa dei Bambini, Il methodo (Hauptwerk)

Zum Modell: • • • •

christliches Weltbild naturwissenschaftlich orientiert humanistisches Menschenbild Reformpädagogik  geht von der Psychologie des Kindes aus  unter Anerkennung staatliche Richtlinien & Lehrpläne  Erwachsene als Angeklagte & gegen die Lernschule

"Hilf mir, es selbst zu tun!": • • • • •

Eigenständigkeit & Selbsttätigkeit fordert Geduld & Demut kein passives & rezeptives Wesen Persönlichkeit im Vordergrund Konzentrationsfähigkeit

Absorbierender Geist: • • • •

geistige Kraft Umwelteindrücke schnell & mühelos zu speichern nicht bewusst durch vielfältige, interessante Reize ermöglicht Erwerb einfachster Verhaltensweisen, Spracherwerb, Kulturverständnis schon in den ersten Jahren

Altersgemischte Jahrgänge: • • •

Helfen & Hilfe annehmen Orientierung & Vorbilder heterogene Gruppen

Polarisation der Aufmerksamkeit: •

ausdauernde, wiederholende Beschäftigung ohne Ablenkung von Geräuschen oder anderen Aktivitäten in seiner Umgebung • bis zur Zufriedenheit mit dem Fortschritt der inneren Bildung 1) in einer sensiblen Phase 2) Umgebung: interessant (großes Angebot von Materialien, interessant, phasengerecht) 3) Pädagogin im Hintergrund, unterstützt Kind, jedoch nicht stören oder ablenken →vier Phasen einteilbar: • Vorbereitung • Große Arbeit • Vertiefung & Erweiterung • Abschluss Baumeister seiner selbst: • • •

Persönlichkeitsaufbau auf selbstständige Weise Entfaltung geschieht durch individuellen Plan & das Tempo wird allein vom Kind vorgegeben durch Absorption der Umwelt: sowohl günstige als auch ungünstige Entwicklungsbedingungen → Identitätsfindung & autogene Entwicklung

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Entwicklungsmaterial: • • • •

• •



vier Kategorien: Sinnesmaterial; Mathematikmaterial; Sprachmaterial; Material für Übungen des praktischen Lebens Entwicklung von intellektuellen, psychischen & motorischen Fähigkeiten Isolierung der einzigen Eigenschaft im Material → weitestgehende Isolierung eines angesprochenen Sinnes Merkmal der Begrenzung → mengenmäßig begrenzt, da die ungeordnete Vielzahl von Dingen in der Umgebung kindlichen Geist mit neuem Chaos beschwert & entmutigt Merkmal der Ästhetik → Attraktivität = Anziehungskraft → fordern Kind auf, sich aktiv handelnd damit zu beschäftigen Merkmal der Aktivität → Aktivität muss den Charakter einer „unerschöpflichen Anziehungskraft“ haben → muss Aufmerksamkeit & Interesse des Kindes wecken/halten Merkmal der Fehlerkontrolle → sachlichen Fehlerkontrolle =Kind kann seine Fehler selbst entdecken & korrigieren lernen, Korrektur des Erziehers wird stark relativiert → Erwerb kindlicher Unabhängigkeit & Selbständigkeit

Freiarbeit: • • • • • •

Inhalte, Sozialform frei wählbar Stille-/ Freiarbeitszeiten eigenes Tempo, Konzentration, Motivation Kontakt mit Mitschülern: Fehlerkontrolle, Hilfestellung frei im Raum bewegen Vorbereitung, Ausstattung = Voraussetzung

Kosmische Erziehung: • • • •

Zusammenhänge im ganzen Kosmos darstellen Wechselbeziehung Mensch & Natur Platz im „Großen Ganzen“ finden, verantwortungsbewusst handeln Ziel: Weltfrieden, natürliches Gleichgewicht, Weiterentwicklung

Vorbereitete Umgebung: 1) 2) 3) • • • • •

zeitlich: klare Strukturierung des ganzen Tages, genug Zeit für Freiarbeit räumlich: Bewegungsfreiheiten, übersichtlich & strukturiert, freundlich & kindgerecht, themenstrukturiert sachlich: vielseitige, ästhetische, geordnete, gepflegte Materialien, alle Bereiche der Wirklichkeit, phasengerecht Lern- & Lebenswelt so vorbereiten, dass das Kind sich wohlfühlt & Möglichkeit hat, eigene Wahl zu treffen Einrichtung des Klassenraums: entspannte Umgebung vielfältige intellektuelle, soziale & emotionale Kontakte Möglichkeit von offenen Türen für eine Freiheit des Verkehrs unter den Gruppen übt keinen Druck aus, gibt äußere Struktur

Übungen der Stille: • • •

Bedürfnis nach Stille & Konzentration Voraussetzung: gewisse innere Ordnung gehen auf der Linie mit spielerischen Elementen

Spiel & Arbeit: • • • •

aktive Arbeit indem es sich entwickelt & Umwelt für sich nutzbar macht Abbrechen als Individualreaktion wünscht keine Erlösung von der Mühe kein Arbeitsertrag erwartet

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Rolle der Lehrperson: • • • • • • • •

wichtige Eigenschaften: Geduld, Ruhe, Demut, Barmherzigkeit beobachten, eigene Impulse zurückhalten keine Gegenstände anbieten, die die Kinder nicht verstehen äußerliche disziplinare Ordnung beibringen individuelle Fähigkeiten der Kinder kennen → kindliche Begeisterung anregen spontane Impulse der Kinder berücksichtigen Hauptaufgabe: Gebrauch des Materials erklären, Mittler zwischen Material & Kind „Schutzengel“ → wacht darüber, dass das Kind nicht (von anderen Kindern) gestört wird

Bild vom Kind: • • • • • • • • •

aktiv, konstruktiv mit Umwelt interagieren braucht Anregungen zur Entfaltung, Liebe & Beachtung bringt Hoffnung durch neue Impulse: ewiger Messias Kinder sind Geschöpfe Gottes → Hochachtung handelt aus inneren Bedürfnissen heraus hat ein eignes Tempo eigene Begabungen & Persönlichkeitsmerkmale epistemisches Subjekt, epigenetischer Prozess, konstruktivistisch

Ziele: • •



im Gegensatz zu staatlichen Schulen nicht die natürliche positive Entwicklung behindern stattdessen positive Entwicklung ermöglichen o dem kindlichen Geist Ordnung geben o Unabhängigkeit des Kindes vom Erwachsenen o Mündigkeit o Normalisierung des Kindes: erfolgreiche Umstellung auf die Montessori-Pädagogik, haben sich an eine freie Entfaltung ihres Potentials gewöhnt & können dementsprechend handeln o Rücksicht, Achtung vor Natur & Mensch o Übernahme eigener Verantwortung für die Erhaltung des Kosmos & für Weiterentwicklung der menschlichen Kultur o Interesse, Ausdauer bei Arbeit → verbunden mit Selbstdisziplin höchstes Ziel: o Kinder & Jugendliche heranwachsen zu sehen, die über alle ethnischen, nationalen & sozialen Grenzen hinweg Frieden in der Welt schaffen

Sensible Phasen: • • • •

temporäre Phasen in denen das Kind besonders empfänglich für best. Reize ist Möglichkeit: Erlernen bestimmter Fähigkeiten unbeeinflussbar durch Erwachsene& Schutzengelfunktion neurologisch untermauert

Alter

Sensivitäten

Merkmale

Hilfen

0-6 Psychischer & sozialer Embryo

• • • • • •

Ordnung Bewegung Sprache Sozialverhalten Moral & Gerechtigkeit Sachlichkeit

• • •

Ordnungsbedürfnis Gemeinschaftsgefühl Herausbildung der Persönlichkeit

• • •

stabile Familienverhältnisse klare Lebensregeln äußere Ordnung

• •

sozialmoralische Fähigkeiten "Untersuchung des Details das Studium des Ganzen im Gang"

• •

soziale Prinzipien & Gesetze "Keim der Wissenschaft" legen

• • •

persönliche Würde soziale Verantwortung Selbstvertrauen

• •

Ablösung von Eltern Suche nach Wert-/ Normensystemen Selbsterprobung

• •

eigenständig verfügbare Freiräume pädagogisch gestützte Gelegenheiten zum selbstverantwortlichen Handeln& zur Selbsterprobung

7-12 Sozialer Neugeborener 13-18 Sozialer Mensch



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Kritische Würdigung: ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺ ☺

PRO keine starre Unterrichtsstruktur Zeit & Raum für individuelle Entwicklung starke Eigeninitiative & Förderung der Selbstständigkeit Materialien beruhen auf eigenständigem Begreifen = handfester Sinn eigenes Lerntempo schnelle Gewöhnung an veränderte Lernbedingungen kein Leistungsdruck individuelles Zeugnis Struktur = verschiedene Arbeitsphasen jahrgangsübergreifend = Helfen & Hilfe annehmen Lehrer als passive Beobachter = besserer Lerneffekt integrative, inklusive Klassen gezielte Stärken-/ Schwächenerkennung gezielte Forder-/ Förderaufgaben kein Leistungs-/ Wettbewerbsdruck Kind lernt Selbstdisziplin/ sich selbst zu motivieren Kind wählt Arbeit selbst aus Lehrerteams = bessere Hilfestellung Gesamtschule = auch leistungsschwächere Schüler enge Kooperation mit Eltern die meisten modernen Montessori-Kindergärten halten sich nicht dogmatisch an Montessoris Konzept, sondern greifen Kritik und wissenschaftliche Erkenntnisse auf

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CONTRA einseitig naturwissenschaftlich Ausfall einer Didaktik subtiler Sinnesvermittlung es fehle eine schulische Tradition des Erzählens Förderung von Fantasie & Kreativität fehlt Materialien nach zu strengen Ordnungsprinzipien = kein Platz für unterschiedliche/ mehrschichtige Lösungen auf subjektiven epochalen Kenntnissen aufgebaut es fehlen handwerklich-musische Aktivitäten/ kurze Lehrvorträge religiöse Heilserwartungen, Idealisierung des Kindes, Überschätzung der Bedeutung der Pädagogik individuelle Erarbeitung nicht immer sinnvoll schlichtes Weltbild: böse Erwachsenen – gute Kinder Kinder lernen nicht unter Druck zu arbeiten keine klare Rückmeldung / Regeln/ Strukturen keine HA = Kinder setzen sich nur in der Schule mit Lerninhalten auseinander Nachmittagsunterricht = weniger Freizeit Freiarbeit für einige nicht angemessen = ineffektiv einige Themen zu komplex für Freiarbeit Freiarbeit sehr zeitintensiv Gefahr der Demotivation Materialien nicht passend für alle Themen bzw. erfüllt nicht Montessoris Ansprüche

3.2.2 Rudolf Steiner: Waldorf-Pädagogik Zur Person: • •

1861-1925 Philosoph, Naturwissenschaftler & Goethe-Forscher

Zum Modell: •

• •

1919 erste Schule: Gründung mit Emil Molt (Besitzer der Waldorf Astoria Zigarettenfabrik) für Arbeiterkinder aus Stuttgart o erste Gesamtschule (alle Abschlüsse möglich) erstmalige Verwirklichung des Prinzips der sozialen Gerechtigkeit im Bildungswesen im Nationalsozialismus alle deutschen Schulen aufgelöst o erst nach Krieg Neubeginn möglich

Grundlagen: •





Anthroposophie (von Rudolf Steiner entwickelt) o erweitert den Begriff “Anthropologie” zu Anthroposophie o will den ganzen Menschen erkennen o Mensch ist hauptsächlich geistiges, nicht materielles Wesen Dreigliederung des Menschen o Seele, Leib & Geist o Menschen müssen in Denken, Fühlen & Wollen gleichberechtigt geschult werden Viergliederung des Menschen o neben physischem Körper noch 3 übersinnliche Wesensglieder: o Ätherleib trägt Wachstumskräfte o Astralleib trägt Seelenleben o “Ich” trägt unsterblichen geistigen Kern o diese Glieder verlassen im Abstand von 7 Jahren übersinnliche Hülle

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Entwicklung des Kindes in Jahrsiebten o 1. Jahrsiebt:  nachahmendes Wesen o 2. Jahrsiebt:  benötigt Autorität des Erziehers  Mensch, zu dem er aufschauen kann o 3. Jahrsiebt:  eigenes persönliches Innenleben  möchte Sinn & Zweck der Dinge & eigenen Lebens erfahren o 4. Jahrsiebt:  Persönlichkeitsreife  Mündigkeit

Ziele & Methoden: • • • •

entwicklungsorientierter Lehrplan Unterrichtsinhalte/ -methoden auf Prozesse kindlichen Denkens u. Stufen menschlicher Entfaltung in der Kindheit abgestimmt gesellschaftlichen Leistungsdruck vermindern Ziele: o innere menschliche Freiheit o Heranreifen zu eigenverantwortlicher Persönlichkeit o Entwicklung von sozialer Kompetenz o Entfaltung der Kreativität o Lernen im gegenseitigen Miteinander  Leistungsstarke helfen Leistungsschwachen etc.

Umsetzung in der Schule: •







• • • • • • • • •

Epochenunterricht: o in Fächern mit geschlossenen Sachthemen (Mathematik, Geschichte, Naturwissenschaften etc.) o Fächer, die permanente Übung benötigen (Fremdsprachen etc.) werden in Fachstunden unterrichtet bildhafter Unterricht: o besonders in den ersten Klassenstufen o Unterrichtsinhalte veranschaulichen o Möglichkeit, Charakter u. Gesetzmäßigkeiten der Dinge im Sinne echter Bilder zu verstehen & erleben künstlerisch-harmonischer Unterricht: o besonders in der Mittelstufe o lebenspraktische Orientierung o differenzierte Ausbildung des eigenen Willens o Bsp.: Schnitzen, Gartenbau, … wissenschaftlicher Unterricht: o besonders 8.-12. Schuljahr o Jugendliche streben nach eigener Urteilsbildung o Unterricht soll so vertieft werden, dass er sich mit Lebensfragen der Jugendlichen verbinden lässt keine strengen Verhaltensvorgaben o weniger sitzen, mehr Bewegungsfreiheit Bewegung & Sinnesschulungen in Unterricht integriert o Lernen des Schreibens u. Rechnens mit rhythmischen Bewegungen verbunden (Eurythmie) breitere Auswahl an Unterrichtsfächern o Handarbeit, Stenografie, Singen, Handwerk, Feldmessen, Spinnen, etc. Schulgeld je nach Einkommen gestaffelt Persönliche Leistungsberichte anstatt Notenzeugnisse Einteilung in Temperamente für individuelle Förderung: Melancholiker, Choleriker, Sanguiniker, Phlegmatiker Einteilung der Klassen unter Berücksichtigung von: Herkunft, Charakter, Reifegrad striktes Medienkonzept: elektronische Medien werden nur in Ausnahmefällen verwendet enge Zusammenarbeit mit den Eltern: werden dazu angehalten, Prinzipien auch zu Hause zu achten

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Kritische Würdigung: PRO CON ☺ Anthroposophie = Bestreben sich an der tatsächlichen Entwicklung von  Jahrsiebte ≠ individuelle Entwicklung Kindern und Jugendlichen auszurichten  laut Steiner erst im Jugendalter eigene ☺ berücksichtigt graduelle Entwicklung des Menschen Urteilsbildung zugestehen ☺ Sollen friedliches, gemeinsames Lernen verschiedener sozialer Schichten  nur wenige Kinder der unteren sozialen ermöglichen= Toleranz/ Achtung/ Respekt Schichten/ Zusammensetzung der ☺ 8 Jahre Unterricht im Klassenverband = stabiles Umfeld, Sicherheit Klassen erfolgt nicht willkürlich = ☺ Lehrer sollen jeweilige angeborene “Temperamente” eines Kindes Zweifel, dass soziale Ungleichheiten und berücksichtigen= beschäftigt sich mit der Persönlichkeit jedes einzelnen deren Folgen für das gesellschaftliche Kindes Leben vermieden werden ☺ Bewegung, Sinnesschulung, Eurythmie täglich = allseitige Förderung/  Eurythmie schreibt Bewegungen vor = Motivation/ Konzentration ≠ Monotonie Kreativität nur innerhalb eines engen ☺ Kreativität und Teamfähigkeit besonders wichtig = soziale und vorgegebenen Rahmens kreative Entwicklung/ Entfaltung  Selbstfindung/ Charakterbildung ☺ viele Unterrichtsfächer = vielseitigere Bildung/ Vorbereitung auf alltägliche begrenzt Aufgaben  Umgang mit elektronischen Medien ☺ eigener Lehrplan & keine Notenzeugnisse stattdessen Leistungsberichte = strikt beschränkt = Abkoppelung von persönlich, ermutigend, weniger erdrückende Zwänge und fragwürdige der realen gesellschaftlichen Welt Leistungskonkurrenz  Legitimierung gegenüber staatlichen ☺ elektronische Medien nur in Ausnahmefällen= Schutz vor frühen und Institutionen nur begrenzt = z. B. einseitigen gesellschaftlichen Leistungsanforderungen sowie frühzeitigen einseitigen Manipulation multimedialen Einflüssen  fachliche Ausbildung geringer ☺ enge Kooperation mit Eltern= Transparenz/ Schule als integrierter Raum in  naturwissenschaftliche Ausbildung im das Leben der Kinder = zu starke Grenze soll vermieden werden Hintergrund, dafür ☺ Gesamtschule= freie Wahl des Abschlusswunsches = auch Betonung künstlerisch-literarischer leistungsschwächere Schüler in der Klassengemeinschaft Fächer = einseitige Ausbildung ☺ Sprachfähigkeiten besonders gefördert Fazit: ➢ Mensch im Mittelpunkt= in vielen Bereichen inviduellere, vielseitigere Ausbildung ➢ als Schonraum = stabiles, geordnetes, geschütztes Umfeld als Lernumgebung ➢ Defizite im Sinne der Abgrenzung von gesellschaftlichen Problemen (bspw. soziale Ungleichheit etc.) & kritischer Reflexion des eigenen Charakters/ eigener Werte

3.2.3 Reggio-Pädagogik  Konzept wurde in den 1970er Jahren unter Federführung des Lehrers Loris Malaguzzi in der Stadt Reggio Emilia entwickelt Bild vom Kind:

o

Präskriptive (vorschreibende) Elemente • Kinder sind Erwachsenen gleichwertig • haben eigene Kultur & Wege zu lernen • Erbringen eigene Leistungen • von Geburt an Menschen • unbedingte Wertschätzung! Deskriptive (beschreibende) Elemente • individuell, neugierig • mit eigener Identität • besitzen Ressourcen • gestaltet Entwicklung selbst • bringen Fähigkeiten von Geburt an mit, die sie ständig weiterentwickeln → möchten Potenziale ausbauen • Forscher und konstruieren eigenständig ihr Wesen • verfügen über „100 Sprachen“ → “99 werden ihm geraubt“ (= Reformpädagogik) • eigene Zeitstruktur • soziale Wesen • aktive Konstrukteure ihres Wissen

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Rolle der Erzieher:

Spezifische Orte:

Der Raum als 3. Erzieher



kontinuierliche Überprüfung des Bildes durch: o Dialoge, Dokumentation des Lernprozesses, Herausforderungen + Ausdrucksmöglichkeiten • erkennen als eigenständiges Individuum + Protagonist seines eigenen Lebens • partnerschaftliche Begleiter • stellen Kind vor Herausforderungen durch: o Möglichkeiten zur Selbstentfaltung o Raum für Erfahrung + Wahrnehmungen schaffen o offene, anregende Fragen & Impulse setzen o nehmen Antworten/Ansetze von Kind ernst o bieten innere Verarbeitungsmöglichkeiten an • gewähren ausreichende Zeit für eigene Lösungswege der Kinder Reggianischer Kindergarten = Werkstatt, schillerndes Aquarium Zentrum: Piazza o Offenheit, Transparenz o zentraler Begegnungs- und Aktionsbereich o Einblick in alle Räume Innenhof o grüne Inseln (Pflanzen, Kleintiere) Gruppenräume o haben Nebenraum (Miniatelier)  Austellung/Sammlung  Arbeiten an laufenden Projekten Küche o “Kinderrestaurant”  Wertschätzung → Porzellan, weiße Tischdecken, etc.  Partizipation → Kinder kreieren Mahlzeiten mit (tägl. frisch) Atelier o Arbeitsplatz von Aterlierista/Künstlerin o Projekte o Raum zum Entdecken o vielfältige Materialien o Ort der “Konstruktiven Unruhe” • • • •

Materialien:



• • • • • • •

unterstützt Kinder + Erzieher viele kleine funktionale Bereiche, die mit sinnvollen + ständig wechselnden, zum Thema passenden Materialien ausgestattet ist jeder Raum = individuelle Auswirkung auf Kinder → hell + offen = lebendig Räume sollen  Atmosphäre des Wohlbefindens schaffen (Geborgenheit und aktivierend)  Kommunikation stimulieren  gegenständliche Ressourcen für Spiel und Projektaktivitäten bereitstellen  Impulse für Wahl von Kinderaktivitäten geben 3 Prinzipien o Ordnung → äußere + innere o Klarheit → über Funktion des Raumes/Materials o Schönheit → Aufwertung des Materials durch ansprechende Präsentation Möbel aus unterschiedlichen Epochen → vermittelt historische Gewordenheit + Veränderbarkeit Spiegel (rund, eckig, verzerrt, geteilt) → Wahrnehmung fördern + Identitätsfindung unterstützen (unterschiedl. Perspektiven, Sich selbst + andere sehen) Podeste → Blick auf verschiedene Perspektiven (Augenhöhe) Schlauchtelefone, Briefkästen → Kommunikation innerhalb + außerhalb keine Türen, verglaste Wände, Gucklöcher, transparente Stoffbahnen → visuelle Kommunikation moderne Medien, Lichtquellen (Tageslichtprojektor, Beamer, PC, etc.) →Spiel mit Schatten + Licht & spielerischer Umgang mit Medien/ Schrift Alltags- und Naturmaterialien

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Doppeldeutung “Bildung”:

Bildung als Ziel • Entwicklung individueller Potenziale (Identitätsentwicklung), Entwicklung sozialer Verantwortung (Wer bin ich? Wer kann ich werden?)

Bilden ist mehr als Lernen:

• Bild des kompetenten, neugierigen, sich selbst bildenden Kindes → intrinsische Lernmotivation (Wunsch, eigene Fähigkeit weiterzuentwickeln) • Bildungsprozess als offener, selbst steuerbarer, individueller Prozess • Selbstbildungsprozess unterstützen • kein Erwerb fertigen Wissens • Kind soll lernen, wie Wissen entsteht • Lernen zu lernen • Wissen mit eigenen Überlegungen erwerben

Ziele:

Bildung als Prozess • Bildung = Selbstbildung, aktiver/selbstgesteuerter/ergebnisoffener Prozess (durch Auseinandersetzung mit Welt) • Erzieher: Bild vom kompetenten Kind! • klassischer Erziehungsbegriff: defizitorientierter Blick! (geplante Lerngelegenheiten, didaktisch aufbereitet, vorher festgelegte Ziele)

3.2.4 Erlebnispädagogik Zentrale Aspekte der Erlebnispädagogik: • •

verschiedene Konzepte von Erlebnispädagogik → haben gemeinsam, dass sie auf die Reformpädagogik (ca. 1890 bis 1930) zurückgehen und handlungsorientiert sind bekannter Vertreter ist Kurt Hahn (1886-1974) gründete 1920 das Landschulheim „Schloss Salem“ und später mehrere bekannte Bildungseinrichtungen in Großbritannien, wohin er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigriert war

Hauptziele: • • •

nachhaltige Förderung der Persönlichkeitsentwicklung durch intensive physische, psychische und soziale Herausforderungen Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen Sozialkompetenz stärken und die körperliche Fitness erhöhen

Methode: • •



Elemente Natur, Erlebnis und Gemeinschaft werden miteinander verbunden Teilnehmer einer Gruppe werden vor außergewöhnliche Herausforderungen gestellt, die sie bewältigen müssen → meistens im Rahmen von Kletter- und Trekkingtouren, mehrwöchigen Segeltörns etc., die riskante Aktionen und abenteuerliche Erlebnisse bieten Teilnehmer machen dabei intensive Erfahrungen mit sich selbst und mit der Gemeinschaft → werden anschließend reflektiert und aufgearbeitet

Einsatzmöglichkeiten: •

z. B. Jugendarbeit, Suchtprävention, sozial-pädagogische Maßnahmen, soziale Trainingskurse, Therapien

3.3 Interkulturelle Bildung Begrifflichkeiten: Ausländer Aussiedler Asylbewerber Asylberechtigte Asylant Migrant Gastarbeiter

keine inländische Staatsangehörigkeit, EU-Inländer & Staatsangehörige gleichgestellt deutscher Staats-& Volksangehöriger, der vor Ende jenseits der Ostgrenzen DEs wohnten & diese aufgrund des Krieges verlassen mussten, Recht auf Rückkehr nach DE laufendes Asylanerkennungsverfahren annerkannte Flüchtinge vor allem von rechten Organisationen verwendt meiste europ. Länder: keine inländische Staatsangehörigkeit Arbeitsmigranten zwischen 1955-1973 (Integration wurde als unnötig empfunden)

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Wesentliche Daten der Zuwanderung DEs: 1950er • Wirtschaftswachstum in DE führt zu Arbeitskräftemangel im Bereich gering qualifizierter Berufe • eine dauerhafte Niederlassung ist nicht geplant (Begriff: Gastarbeiter) 1955• Anwerbeverträge mit Italien, Spanien, Griechenland, Türkei, Marokko, Portugal, Tunesien, 1967 Jugoslawien 1964 • 1 mio. Gastarbeiter 1973 • 4 mio. Gastarbeiter • Anwerbestopp aufgrund der Öl- & damit verbundene Wirtschaftskrise • einige Gastarbeiter kehren zurück, andere holen Familie nach bis 1985 • Erwerbstätigkeitsquote bei der ausländischen Bevölkerung sinkt Beginn • Anstieg der Zuwanderung → Höhepunkt durch „ethnische Säuberungen“ & Zuspitzung im kurdischen 1990er Teil der Türkei • Ausschreitungen gegen Asylbewerber Mitte • Rücklauf der Zuwanderungszahlen 1990er • →Gewalt gegen ausländische Bevölkerung geht zurück Beginn • Einbürgerungen & geändertes Staatsangehörigkeitsrecht 2000er • →weniger „Ausländer“ 2005 • Definition „Migrationshintergrund“: alle zugewanderten Personen, Personen mit mindestens einem zugewanderten oder eingebürgerten Elternteil 2008 • 19% der Menschen in DE haben Migrationshintergrund ab 2015 • Beginn der Flüchtlingskrise → Zunahme ausländerfeindlicher Gewalt 2019 • 13% ausländische Bevölkerung • 25% mit Migrationshintergrund Begrifflichkeiten zur Integration: Integration

• • • •

Assimilation

• • • • • •

Akkulturation

• • •

Enkulturation

• • • • •

langfristiger Prozess Einbezug aller Menschen mit dauerhaftem & rechtmäßigem Aufenthalt in DE in die Gesellschaft Ermöglichung eines umfassenden, gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabes → selbst zu erbringende Pflicht: Sprache lernen, Verfassung respektieren... wirtschaftliche & soziale Konvergenz zw. Zugewanderten & Deutsche→ Kultur & Religion könne in Einklang gebracht werden & sind nicht zwingend Grund für Divergenz Erwerb der Sprache als Pflicht Verfassung & Gesetze kennen, respektieren & befolgen vom lat. assimilare → „ähnlich machen“ allmähliches Einleben, Eingewöhnen in neue Gesellschaft Übernahme neuer Traditionen & Sprache führt zum Verlust von Eigenschaften, Zugehörigkeitsgefühl der ursprünglichen Kultur → junge Menschen fühlen sich Ursprungsland der Eltern nicht zugehörig langsamer Prozess, der sich über Generationen hinziehen kann einseitige Anpassung oder wechselseitige Beeinflussung verschiedener Kulturen Wandel ursprünglicher kultureller Entwicklungsmuster (die durch Enkulturation erlernt wurden) → durch dauerhaften Kontakt mit neuen kulturellen Gruppen Akkulturation als sekundäre Enkulturation Prozess des Hinwachsens in die Kultur Erlernen der Teilnahme an Sprache, Ausdrucksformen, Rollen, Spielregeln, Arbeits- & Wirtschaftsformen, Künsten, Religion, Recht, Politik... ist der Sozialisation übergeordnet Fend: „Lernen einer besonderen Klasse kultureller Inhalte (bzw.) moralischen Ordnung einer Gesellschaft“

Enkulturation (erste Kultur)

Akkulturation (neue Kultur) Assimilation

Integration

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Sozialisationsvorstellungen: strukturfunktional/ integrativ

• • • •

handlungstheoretisch

• •

identitätstheoretisch

• • •

funktionaler Aspekt der Integration in die gesellschaftliche Arbeitsteilung durch Rollenübernahme Internalisierung gesellschaftlicher Normen als Voraussetzung für soziale Organisation einer arbeitsteiligen Gesellschaft Persönlichkeit wird durch soziologische Segmente der Rollen als Sets von sozialen Verhaltenserwartungen verstanden zentrale Sozialisationsinstanzen: Familie, Schule, Beruf handelnde Subjekte & ihre Bewältigungsleistungen → Streben nach Handlungsfähigkeit in alltäglichen & fortschreitend biografischen Konstellationen konstruktivistische Perspektive: sucht konzeptionelle Balance zwischen dem historischen Geworden-Sein des sozialen Umwelteinflusses & dem eigensinnigen Handeln der Individuen als Produzenten ihrer eigenen Biografie



Meads Modell der Sozialisation als Rollenlernen



nicht nur produktive Verarbeitung der äußeren, sondern auch der inneren Realität innere Entwicklungsgesetzlichkeiten bei Kindern & Jugendlichen Ablösung von Herkunftsfamilie→ Entwicklung des moralischen Bewusstseins→ Eintritt in Arbeitswelt



Hurrelmanns Modell der produktiven Realitätsverarbeitung Piagets Assimilation & Akkomodation durch Äquilibration Rauchfleischs Erklärung von Gewalt (Kohlbergs Stufenmodell der Moralentwicklung?) Freuds psychoanalytisches Entwicklungsmodell Eriksons psychosoziales Entwicklungsmodell



 



3.3.1 Wolfgang Nieke: Interkulturelle Erziehung & Bildung Zur Person: • •

1948-heute Soziologe, Erziehungswissenschaftler, Philosoph, Psychologe

Zum Modell: • • • •

betrifft alle → jedes Alter, jede Herkunft, jede Schulform humanistisches Menschenbild Ziel: interkulturelle Handlungskompetenz Menschenrechte sind universell gültig

3 Hauptthesen zu Diskursen zum vernünftigen Umgang mit kulturbedingten Konflikten: 

 

Verfahren der Konfliktanalyse & -thematisierung bei kulturellen Wertdifferenzen muss diskursiv gestaltet sein o alle Beteiligten müssen gleichberechtigt zu Wort kommen & ihre Argumente ernstgenommen werden o Unterschied zu Diskussionen& Debatten...: Beachtung einiger außeralltäglicher Regeln =keine Dominanzstrategien o alle Argumente, die begründet werden, werden zugelassen o in Nordwesteuropa: Begründungen sollen rational & intersubjektiv nachvollziehbar sein in interkulturellen Diskursen sind auch Stützungen aus anderen als der dominanten Kultur zuzulassen in virtuellen Diskursen können widerstreitende Positionen anwaltschaftlich vertreten werden, wenn Diskurse über die Hintergründe der Personen geführt werden müssen, ohne dass authentische Vertreter dieser Positionen verfügbar sind

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10 Ziele interkultureller Erziehung Konzept verbindet: o konfliktorientierten Ansatz: Grundsatz, dass Konflikte im Diskurs der verschiedenen Interessen Gruppen bearbeitet werden sollen o begegnungsorientierten Ansatz: Grundsatz, dass es zwischen der Kultur der Mehrheitsgesellschaft & den Kulturen der Minderheiten Möglichkeiten gegenseitiger kultureller Bereicherung gibt grundsätzliches Vorgehen: o Konflikt von allen Seiten beschreiben (keine Wertungen) o Suchen nach Lösung des Konflikts (persönliche Werte deutlich machen) o bei sich widersprechenden Grundüberzeugungen Kompromiss finden (→ hat keine allgemeine Gültigkeit: „Prinzip der situativen Geltung von Normen“) 1 Erkennen des eigenen, • jeder ist in seiner Kultur tief verwurzelt, da Lebenswelt von Kultur durchdrungen ist unvermeidlichen • denken & fühlen = sehr ethnozentrisch Ethnozentrismus • Ziel der interkulturellen Erziehung & Bildung ist „aufgeklärter Ethnozentrismus“: Einsicht des eigenen Denkens sowie, dass Andere durch den Kulturkreis geprägt sind → Grundlage interkultureller Kompetenz: Fähigkeit, in der Kommunikation mit Menschen aus anderen Kulturkreisen, um die gegenseitige Verhaftung in der jeweiligen Kultur zu wissen • Fähigkeit zum Perspektivwechsel: Anderem nicht das Gefühl geben er sei rückständig oder denke falsch 2 Umgehen mit Befremdung • offenes Thematisieren emotionaler Aspekte • ambivalente Gefühle nicht unterdrücken, sondern den Umgang mit ihnen erlernen • positive Erfahrungen mit fremden Kulturen (z.B. Feste & Feierlichkeiten) → Angst vor dem Fremden zu überwinden, Neugier 3 Grundlegen von Toleranz • Lebensformen anderer tolerieren, selbst wenn das Verhalten stark irritiert • Toleranz findet Grenzen, wenn Basisbedingung des Zusammenlebens missachtet werden 4 Akzeptieren von • Mehrheitsgesellschaft darf nicht verlangen, dass sich Minderheiten an ihre Kultur Ethnizität/Rücksicht nehmen assimilieren auf die Sprache von • in Kindergärten Schulen etc. sollte Herkunftssprache der Personen geachtet werden Minoritäten • Schulen: Möglichkeit für alle ihre Religionen kennenzulernen • kulturelle Unterschiede nicht zu stark betont, aber auch nicht verschwiegen werden 5 Thematisierung von • Bewusstsein für (auch subtile) Abwertung von Menschen mit anderer Hautfarbe oder Rassismus Kultur → keine Akzeptanz für Rassismus 6 Das Gemeinsame erkennen, • Ethnizismus: Zuordnung zu einem bestimmten Kulturkreis, da sie so wahrgenommen gegen die Gefahr des werden → als andersartig wahrnehmen Ethnozismus • Gefahr: Menschen werden auf kulturelle Identität festgelegt, die sie gar nicht besitzen & können zugehörigen Zuschreibungen nicht entkommen • daher weniger Unterschiede thematisieren & mehr Gemeinsamkeiten 7 Ermunterung zur Solidarität: • Mehrheitsgesellschaft sollte sich für Belange von Minderheiten zum Beispiel Berücksichtigung der rechtlichen & politischen Schutz einsetzen asymmetrischen Situation zwischen Mehrheit & Minderheit 8 Einüben in Formen • alle Konfliktbeteiligten müssen mit ihren jeweils unterschiedlichen Sichtweisen & vernünftiger Wertungen gleichermaßen nach einer Lösung des Konflikts suchen & einbezogen Konfliktbewältigung: werden Umgehen mit Kulturkonflikt • Dominanz der modernen Weltsicht soll hinterfragt werden & Kulturrelativismus • kein Kulturrelativismus: keine Zugeständnisse, die sich gegen grundlegende Werte der demokratischen Gesellschaft DEs, der Einhaltung des Grundgesetzes oder Wahrung der Menschenrechte richten 9 Aufmerksam werden auf • Elemente fremder Kulturen können als Bereicherung empfunden werden (Empirie Möglichkeiten gegenseitiger zeigt, dass dies selten geschieht) kultureller Bereicherung 10 Thematisieren der Wir• interkulturelle Bildung sollte sich nicht auf ein vernünftiges Zusammenleben Identität beschränken → sondern Vermittlung von „Ethik der globalen Verantwortlichkeit“ für das soziale Zusammenleben der Völker → Ziele bauen aufeinander auf (erst Stufenmodell, dann Spezifizierungen)

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7 Schritte zur Konfliktlösung: 1. Konflikt von allen Seiten her beschreiben → damit alle zu Wort kommen 2. Deutungen aller Beteiligten ermitteln & nach allen erforderlichen Stützungen fragen → damit alle Sichtweisen geäußert werden 3. Betroffene zu Wort kommen lassen (wenn dies nicht möglich ist → virtuelle Diskurse) → damit die verschiedenen Interessen, aber auch normativen Einstellungen vor- & dargestellt werden 4. Konträre Positionen aus Hintergrund der Deutungen begründen: wesensabhängig, zuerst noch ohne eigene Wertung → damit verständlich (nachvollziehbar) wird, warum den Betroffenen die Angelegenheit einen Konflikt wert ist 5. Lösung des Konflikts suchen & begründen → muss von den Betroffenen ausgehandelt werden (≠vorgeben) 6. Wertentscheidungen der Beteiligten deutlich werden lassen → Klarheit darüber, was kulturell bedingte Wertentscheidungen sind bzw. was nicht = zeigt Richtung für Lösungen auf 7. Lösungsweg: Prinzip der situativen Geltung (= Aufhebung des Universalitätsanspruches) → bei kulturbedingte Wert-/ Normkonflikte ist nicht immer eine kulturübergreifende Lösung möglich → wenn also Forderungen als fundamental gelten, wird dessen Geltung nicht prinzipiell verneint, sondern „nur“ in bestimmten Kontexten eingeschränkt → Prinzip der Verständigung: es geht nicht um Macht & Überredung, sondern darum andere zu verstehen (≠zu akzeptieren), um eine möglichst einvernehmliche Konfliktlösung zu erarbeiten Entstehung von Konzepten interkultureller Bildung in DE: 1973

Anwerbestopp: Familien werden nachgeholt

1985

Erwerbstätigkeit bei ausländischer Bevölkerung wächst

Beginn 1990

Ausschreitungen gegenüber ausländischer Bevölkerung nehmen zu

Beginn 2000

Einbürgerungen & geändertes Staatsangehörigkeitsrecht Terroranschlag in NY → 9/11

2001

2015

Flüchtlingskrise & anhaltende Terrorgefahr

Nothilfe: Entstehung der Ausländerpädagogik: o Kinder kaum Deutschkenntnisse = Schulpflicht o Didaktik DAF/ DAZ o Vorbereitungsklassen: Exklusion ausl. Kinder Kritik an Ausländerpädagogik: o Probleme, die durch Politik entstanden sind, sollen gelindert werden o Stigmatisierung wird kritisiert → Bemühung um Chancengleichheit & Vermeidung einer Germanisierung Interkulturelle Erziehung: o Fokussierung auf Vorbereitung des Lebens in einer multikulturellen Gesellschaft o Kritik: Gefahr der Übernahme zu vieler ausl. Traditionen etc. → Verstärkung der Betonung von Unterschieden & Diskriminierung o Chancengleichheit wird für alle Strukturellbenachteiligten angestrebt Interkulturelle Erziehung & Bildung: o gehört zur Allgemeinbildung o Vorbereitung auf Leben in multikultureller Gesellschaft als Selbstverständlichkeit Neo-Assimilismus: o alle Muslime unter Generalverdacht → durch Gesellschaft getragen o Rückgang der Toleranz gegenüber Muslimen = Anpassung, die über funktionale Kompetenz & Loyalität zum Staat hinausgeht → Zwangsakkulturation o Integrationsförderung mit Akkulturationsunterstützung Ist Neo-Assimilismus eine vorübergehende Erscheinung oder das Ende der interkulturellen Erziehung & Bildung?

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4 Pädagogische Professionalisierung in verschiedenen Institutionen 4.1 Institutionalisierung von Erziehung Allgemeines zur historischen Entwicklung: vor der Industrialisierung: • •

Leben in großen Haushaltsgemeinschaften mit Familie & Arbeitern überwiegende Teil der Bevölkerung lebte von der Landwirtschaft und produzierte fast alles für den Eigenbedarf Lebensnotwendige selbst → Kinder wurden in die alltäglichen Arbeiten einbezogen und lernten von den Erwachsenen auf informelle Weise alles, was für diese vorindustrielle Lebens- und Produktionsform relevant war Industrialisierung im 19. Jahrhundert: • • •

Veränderung des gesamten ökonomischen und sozialen Systems Prozess der Verstädterung → Prozess mit einer Verelendung breiter Bevölkerungsmassen → Gründung von Wohlfahrtsorganisationen Anfang des 20. Jhd. für Betreuung von Kindern und Jugendlichen wurden staatliche Gesetze erlassen, die 1924 im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz zu einem ersten Abschluss kamen → Beruf des Sozialpädagogen geht aus dieser frühen Form der Jugendhilfe hervor

Entwicklung von der traditionellen Agrar- zu einer Industriegesellschaft im 19 Jhd. • •

Trennung von familialer Lebens- und Arbeitswelt meisten Aufgaben, die in der vorindustriellen Zeit vom Familienverbund erfüllt worden waren, wurden zu einem mehr oder minder großen Teil von Betrieben, gesellschaftlichen Organisationen und staatlichen Institutionen übernommen • aus dem Familiensystem ausgelagerten pflegerischen und pädagogischen Tätigkeiten entwickelten sich zu „klassischen Frauenberufen“, die auch heute noch überwiegend von Frauen ausgeübt werden • meisten Kinder gingen nur ein paar Jahre zur Schule & unregelmäßig Beginn des 20. Jahrhunderts • •

allgemeine Schulpflicht wurde in ganz Deutschland durchgesetzt lange erhielt die Masse aller Schülerinnen und Schüler lediglich eine elementare Schulbildung an einer Volksschule → wenigen Gymnasien besuchten vorwiegend Kinder aus dem gehobenen Bürgertum Expansion des Bildungssystems seit den 60ern •

Situation änderte sich fundamental

Heutzutage • •

40 Prozent aller Schüler nach der Grundschule auf ein Gymnasium Gymnasium nicht mehr der einzige Weg ist, um zum Abitur zu gelangen → noch höherer Anteil der Schulabgänger, die über eine Fachhochschul- und Hochschulreife verfügen

4.2 PISA-Studie Was ist und was misst die Pisa-Studie? • • • • • • • • •

Programme for International Student Assessment regelmäßige (alle 3 Jahre) Erfassung grundlegender Kompetenzen der heranwachsenden Generation von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt soll regelmäßige Vergleichsdaten zur Ressourcenausstattung, individuellen Nutzung, sowie Funktions- und Leistungsfähigkeit der jeweiligen Bildungssysteme Folgen: politisch-administrative Entscheidungen zur Verbesserung der nationalen Bildungssysteme untersucht: Lesekompetenz, mathematische Grundbildung, naturwissenschaftliche Grundbildung und fachübergreifende Kompetenzen vornehmlich an ökonomischen Gesichtspunkten orientiert (Fähigkeiten als grundlegende Vorraussetzung dafür, dass sich Länder ökonomisch weiterentwickeln können) 15-jährige SchülerInnen → im internationalen Vergleich alle noch Vollzeitschüler zugrunde liegt das Literacy-Konzept: Basiskompetenzen (Reading Literacy, Mathematical Literacy, Scientific Literacy)

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Ergebnisse 2001: im internationalen Vergleich

Bundesländer im Vergleich geschlechterspezifisch

sozialer Hintergrund

Einfluss Migrationshintergrund

• 2001 veröffentlicht: ernüchternd • größter Leistungsabstand • ungewöhnlich hohe Risikogruppe • weder besondere Eliten-Förderung noch Benachteiligten-Förderung • verfestigt soziale Ungleichheit • 2000 unter Durchschnitt • Top 3: Bayern, BaWü, Sachsen • ganz hinten: Berlin/Brandenburg, Sachsen-Anhalt • Mathe: Jungen besser • Deutsch: Mädchen viel besser • NW: etwa gleich • starker Einfluss • alleinerziehend (weniger Beschäftigung): schlechtere Leistung • Schule gleicht soziale Unterschiede nicht aus • ohne MH: bessere Ergebnisse • generationsweise Verbesserung • geringe Chance auf höheren Bildungsabschluss • in Grundschule noch keine großen Unterschiede • DE reagiert kaum, versagt bei der Förderung

Konsequenzen des PISA-Schocks: • • • • •

Stellwert der frühkindlichen Bildung gestiegen, Kindergarten als wichtige Bildungsinstitution Ausbau von Ganztagsschulen Streben nach anderem Schulsystem Paradigmenwechsel von Input-Orientierung zu Output-Orientierung Wert auf Individualisierung des Unterrichts und auf individuelle Förderung des einzelnen Schülers gelegt (kooperative Lernformen etc.) bessere Lehrerausbildung Differenzierung der Aufgaben

• •

Ergebnisse 2009: • •

Lesen verbessert, liegen aber weiterhin international noch immer nur im OECD-Durchschnitt Mathematik und Naturwissenschaften liegen die Ergebnisse weiterhin über dem OECD-Durchschnitt → signifikante Verbesserungen besonders in Mathe Schüler mit Migrationshintergrund schneiden um 56 PISA-Punkte schlechter ab als gleichaltrige Einheimische. 2000 betrug der Abstand allerdings noch 84 PISA-Punkte zwischen Mädchen und Jungen sind die Unterschiede in der Lesefähigkeit groß → Abstand entspricht hier in Deutschland mit 40 PISA-Punkten ziemlich genau dem OECD-Durchschnitt Rückgangs der Schüler mit schwachen Lesefähigkeiten → von 2000 bis 2009 von 22,6 auf 18,5 Prozent gesunken

• • •

Vor- & Nachteile: PRO • •

regt zu Reformen im Schulsystem an stellt Schulsystem in Vergleich mit anderen Systemen negative Punkte wurden offengelegt, es konnte Reform des Bildungssystem stattfinden → das schulische Leistungsniveau hat sich deutlich verbessert

CON • •

• • • • • • •

Interesse der OECD-Länder an vergleichenden Bildungsstudien ist vorrangig ökonomisch begründet und daher einseitig PISA-Tests prüfen nur Kompetenzen in Mathematik, Textverständnis und Naturwissenschaften, andere wichtige Kompetenzen bleiben unberücksichtigt → Fächer wie Kunst, Musik etc. werden als zweitrangig betrachtet → einseitig zu viel wert auf ausschließliche Prüfungsvorbereitung Effizienzgedanke steht im Vordergrund → darf nicht das Einzige sein, Bildung ist nicht gradlinig, sondern muss auch mal Umwege nehmen Bildung hat auch etwas mit Selbstbildung zu tun, lässt sich nicht von außerhalb steuern und in Form von Kompetenzen direkt abbilden Übersetzungsprobleme soziale Bedingungen werden nicht berücksichtigt soziale Kompetenz der Schüler wird außenvorgelassen nach dem Alter getestet und nicht nach den Jahrgangsstufen, die bereits erreicht wurden

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4.3 Helmut Fend: Funktionen von Schule Zur Person: • •

1940-heute Pädagogikprofessor

Definition von Schule: • • • • • • •

Schule ist für moderne Gesellschaften ein unverzichtbarer Teil des Bildungssystems → obligatorisch Schule = Institution, die allgemein oder auch fachspezifisch bildend ist bedeutende Unterschiede zwischen den Schulsystemen der verschiedenen Nationen Schule dient der gesellschaftlichen Reproduktion durch erfolgrreiches Durchlaufen der Schule qualifiziert sich das Individuum für die Einnahme von gesellschaftlichen & beruflichen Positionen Wiederherstellung & Aufrechterhaltung des gewünschten gesellschaftlichen (Entwicklungs)zustandes durch Weitergabe von Wissen & Fertigkeiten (Verhinderung einer Rückentwicklung der Gesellschaft) Doppelfunktion: 1. Reproduktion der Gesellschaft 2. Ausbildung der Persönlichkeit bzw. Individualität

Aufgaben von Lehrkräften: •

unterrichten, fördern, betreuen, beraten, integrieren, interkulturelles Lernen ermöglichen, personalisieren

Gesellschaftliche Funktionen von Schule: Qualifikation Erlangen von Fähigkeiten, Kenntnissen, Fertigkeiten & Einstellungen, die 1. für beruflichen Werdegang 2. für ihre Lebensbewältigung relevant sind

Enkulturation, Sozialisation Vermittlung von soziokulturellen Werten & Normen als Maßstab für das Denken & Handeln, im Sinne der Gesellschaft & für dessen Erhaltung & Weiterentwicklung relevant sind = Bedeutung von Verknüpfung mit ideologiekritischer Perspektive

Wirtschaft Kultur in der Praxis: komplexer Zusammenhang

Integration Anstreben der gesellschaftlichen Integration, Förderung des inneren Zusammenhalts der Gesellschaft  Legitimationsfunktion: Schüler stimmen dem gesellschaftliche Regelsystem zu (in einer Demokratie ist dies nur durch ideologiekritische Perspektive möglich) Politische Systeme

Allokation, Selektion Einschätzung & Benotung der erworbenen Kompetenzen → selektiver Effekt durch leitungsorientierte Gesellschaft (Allokation: Verteilung beschränkter Ressourcen)

Sozialstruktur

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Individuelle Funktionen von Schule: • • • • • • • • • • •

kulturelle Teilhabe & Identität, Berufsfähigkeit, Lebensplanung, soziale Identität & politische Teilhabe Bildungswesen: zentrales Instrument der Lebensplanung Enkulturationsfunktion: Chance, die Autonomie der Person im Denken & Handeln zu stärken Qualifikationsfunktion: Chance, Wissen & Fähigkeiten zu erwerben, die eine selbstständige berufliche Lebensführung ermöglichen Allokationsfunktion: beruflichen Aufstieg, berufliche Stellung durch eigene Lernen Anstrengungen & schulische Leistungen zu bestimmen Integrationsfunktion: Chance der Begegnung mit den kulturellen Traditionen eines Gemeinwesens = soziale Identitätsbildung, Identifikation/ soziale Bindung als Grundlage für soziale Verantwortung Potential des Bildungswesens: Stärkung der Heranwachsenden Person, das aber nicht allen in gleicher Weise zugänglich ist = Verhältnis von Chanceneröffnung & Chancenverschließung Personalisierungsfunktion: gesellschaftliche Reproduktion & Personwerdung = Entfaltung des Subjekts im bestmöglichen Sinne seiner persönlichen Anlagen Möglichkeiten & Befähigungen Gestaltung von Personalisierung & Selektion entscheidend für Chancengerechtigkeit in der Gesellschaft gesellschaftliche Funktionen sind individuellen übergeordnet, welche letztendlich in den gesellschaftlichen aufgehen sollen Personalisierungsfunktion geht nicht in der Enkulturationsfunktion auf, sondern hat Autonomie der Person als Ausgang & Ziel aller pädagogischen Prozesse d.h. in der Integration muss zugleich auch eine Emanzipation angestrebt werden

Bildungswesen als institutioneller Akteur der Menschenbildung: • • • • • • •

institutionelle Akteure im Bildungswesen ordnen das Zusammenhandeln von Personen & sozialen Verbänden durch Vergesellschaftung & Regelung - normativ geleitetes Zusammenhandeln Kernaufgabe: Vermittlung von Kulturen Bildungssysteme sind von Akteuren geschaffen worden Handeln ist zielorientiertes & Ressourcen abhängiges Handeln im jeweiligen gesellschaftlich-historischen Kontext & Handeln ist immer auch individuell Lehrkräfte handeln nach Regeln: jede Stunde, alle Inhalte sind Teil des Ganzen & unabdingbar- mehr als die Summe der Einzelhandlung - Vernetzung von Wissen & Zusammenarbeit der Lehrkräfte Schule befähigt den Menschen in der Lage zu sein an der Gesellschaft teilzuhaben er soll sowohl kognitiv als auch sozial teilnehmen können ➔ Schule bereitet also vor dem Hintergr& gesellschaftlicher, historischer, politischer & moralischer Werte auf das Leben vor ➔ das Individuum soll zum selbstständig denkenden & handelnden Akteur werden

Was muss/ soll/ darf Schule? • •

• • • •

Schule soll zur Legitimation & Integration einer Gesellschaft beitragen (insbesondere des politischen Herrschaftssystem Demokratie) Schule legitimiert durch ihre eigene Leistungsstruktur die gesellschaftlichen Verteilungsprozesse einer leistungsorientierten Gesellschaft & führt Schüler an diese heran = Schüler erlernt, dass er selbst verantwortlich ist für seine Zukunft schulische Leistungsstruktur sollte dabei durch Leistungsgerechtigkeit ausgezeichnet sein Schule lässt Schüler die Unvermeidbarkeit von Autorität & Verteilungsregeln erfahren Schule soll ein inneres Gefühl von Zusammengehörigkeit entwickeln Schule ist Teil einer Demokratisierung, fördert reflektierte Teilnahme & Berücksichtigung einer internationalen Perspektive Resubjektivierung von Kultur: o Einführung der Kultur der Gesellschaft über den Unterricht so dass sich Schüler in dieser Kultur zu Hause fühlen o dazu müssen die kulturellen Besitzstände & Werte für die Schüler entschlüsselt werden, damit diese sie übernehmen & lebend erhalten o über Schule soll ein Zusammenspiel von Objektivierung (Prozess, in dem Kultur geschaffen wird) & Resubjektivierung (Prozess, in dem Kultur tradiert wird) ermöglicht werden o Wissenschaftssystem als wichtigstes Kultursystem, auf dass ich Schule beziehen muss

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Sozialisationsmillieus in der BRD 1949-1989 nach Fend: Schulische Sozialisationsmillieus • institutioneller Rahmen • unterschiedliche Wertcommitments in verschiedenen Schulformen = Leistungsentwicklung unterschiedlich • Sozialisationsmilieus "ungerecht", denn Schulen unterscheiden sich in Förderschwepunkten, Bildungskonzept & Bedeutung von Familie, Schule, Altersgruppe  Gymnasium: ästhetisch-literarisch geprägtes Bildungsmilieu, soll zur Entfaltung intellektueller Fähigkeiten führen  Hauptschule: Anstand, Fleiß, Gehorsam = soll Akzeptanz für sie umgebende Lebenswelt schaffen & praktische Lebensbewältigung ermöglichen Klassisch-liberal-ästhetisch & kulturintensiv: Technisch-lebenspraktische Kulturen: • Lehrkraft als Kulturvermittler • Kultivierung technischer Kompetenzen vor naturwissenschaftlichen Erkenntnissen • zu höherem geistigen Leben erwecken • Lehrkraft als pragmatischer Lernhelfer (teils • Betonung der inneren Kultivierung des Menschen Beamter, teils „social engineer“) • Schwerpunktfächer: Musik, Literatur, Kunst, • Schwerpunktfächer: Mathe, Naturwissenschaften, Sprachen moderne Fremdsprachen • richtet sich nach überprüfbaren Lernergebnissen Bewertung Fends: Technologisch

Axiologisch

Fazit aus pädagogischer Sicht:



angestrebte Bildungsziele sind erreichbar, auch sind sie durch Unterricht & schulische Organisationen machbar  Probleme bei sozialer Selektion beim Schulzugang, durch zu wenig individuelle Förderung im Unterricht oder fehlende Unterstützung im Elternhaus, durch Selektion im dreigliedrigen Schulsystem usw.  Gefahr von Nebenwirkungen z.B. eine stärkere Selektion, Versagensängste, individuelle Störungen... • aufgestellte Bildungsziele, die in der gesellschaftlichen Funktion von Schule angestrebt werden, sind in erster Linie mit Blick auf Reproduktion der Gesellschaft aufgestellt & nicht mit Blick auf das Interesse der Schüler  doch Hinweis von Fend: über individuelle Funktionen der Schule soll Handlungsfähigkeit der Schüler in verschiedenen Bereichen gefördert & realisiert werden • Funktionen von Schule sind auch im Interesse der Schüler  problematisch: Ziele primär auf die Erhaltung des Systems & nur sekundär auf die Persönlichkeitsentwicklung ausgerichtet  daher werden in der Schule häufig Mittel eingesetzt, die hat das System ausgerichtet sind • Bildungsziele werden einseitig angestrebt  in der Wirkungsdimensionen lässt Schule nicht wünschenswerte Nebenwirkungen zu ➢ Allokationsfunktion:  zielt auf Auslese von Schülern unter der Perspektive von Leistung ab, ist daher als der Sektion zu verstehen zu bestimmten Berufsfeldern sowie beruflichen, gesellschaftlichen Positionen  Schule als Institution die zentral & fundamental Sozialchancen verteilt  lässt sich Funktion mit demokratischer Leistungsgesellschaft & dem politischen Anspruch auf Chancengleichheit vereinbaren?  dreigliedriges Schulsystem als bildungspolitisches Instrument eine dreigliedrige Gesellschaftsformation zu erhalten? ➢ Integrationsfunktion:  Übt schule soziale Kontrolle (da im Regelfall jene Wertorientierungen im Schulsystem gelernt werden, die auch im herrschenden politischen & wirtschaftlichen System geschätzt werden) aus & bewirkt so eine nicht hinterfragte & nicht hinterfragbare Integration? • Schule darf nicht nur eine gesellschaftliche Reproduktionsfunktion einnehmen, sondern es muss ihr ermöglicht werden, eine neue innere Dynamik zu entfalten, in der neben den Ansprüchen der Gesellschaft auch den Ansprüchen der Akteure beachtet werden • Gesellschaft soll auch Wert auf Vermittlerfunktion der Schule zwischen den Ansprüchen der Gesellschaft & dem Eigenrecht der heranwachsenden Generation legen

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4.4 Vorschuleinrichtungen: Chancen & Grenzen pädagogischer Einwirkungen Rechtssituation: • •

Recht auf Erziehung ist im Grundgesetz festgeschrieben Rechtsanspruch auf Betreuung ab 1 Jahre

Aktuelle Situation: • • • •



Nutzung von Bildungsangeboten steigt: in Westdeutschland höhere Nutzung als in Ostdeutschland 95 % der Kinder nutzen ab dem 3. Geburtstag frühkindliche Bildungsangebote, sodass Besuch einer KiTa zu einem festen Bestandteil der frühkindlichen Biografie geworden ist stetig wachsende Bedeutung = mehr Fokus auf Leistungsfähigkeit, Qualität und Professionalisierung (stärkere Akzentuierung des Bildungsauftrags) Debatte um frühkindliche Bildungspotenziale tragen zum Vertrauen der Eltern in Bildungsangebote bei = zunehmende Institutionalisierung der frühen Kindheit  stellt Aufgabe, einer funktionierenden Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern & Fachkräften  neben der familialen, auch eine institutionell geprägte, pädagogisch gestaltete & konnte konzeptionell vorstrukturierte Kindheit Eltern verbringen im Schnitt mehr Zeit aktiv mit ihren Kindern  Frage nach pädagogisch sinnvoller Einbindung & Chancen & Grenzen pädagogischer Einrichtungen  Kinder sollen früher & gezielter gefördert werden

Hat der Kindergarten einen eigenständigen Bildungsauftrag? •



Ja, mit Blick auf die Familie:  Sozialverhalten: unabhängig von Sozialstatus der Familie werden kognitive soziale & emotionale Anregungen & Möglichkeiten des Lernens geboten (Nachteilsausgleich)  Bildungsauftrag aufgr& der steigenden Zahlen von Kindern, die ganztägig betreut werden als Ergänzung zur Familienerziehung, aber auch ein eigenständiger Bildungsauftrag, da er viele Aufgaben von Eltern übernommen hat Ja, mit Blick auf die Schule:  Sozialverhalten: Kinder lernen in Gruppen zu agieren  Eigenständigkeit, da hier keine Verschulung stattfinden soll, aber mit Blick auf Grundschule: "Anschlussfähigkeit" d.h. Erleichterung des Übergangs  kompensatorischer Bildungsauftrag für Benachteiligte

Idee des Kindergartens in der Geschichte: Unterste Stufe eines allgemeinen Bildungssystems: DDR:  allgemeine sozialistische Grundbildung vermitteln  zur Schulreife führen  Müttern Beteiligung am Erwerbsleben & kulturellen sowie politischen Leben ermöglichen (nicht aus emanzipatorischen Gründen, sondern wegen Arbeitsleistung & um Kinder zu indoktrinieren)  Kritik: nur zwecks Indoktrination/ Arbeitsleistung, keine konzeptionelle Vielfalt

Familienergänzend: BRD:  nicht vorschulisch  Zuordnung zur Jugend- & Familienhilfe  Konzeptionelle Vielfalt (Regelschule, Waldorf, Montessori...)  Kritik: ungleiche Erziehungsbedingungen seien Grundlagen für Chancenungerechtigkeit im Bildungsverlauf = Forderung nach kompensatorische Erziehung

Welcher Erziehungsaufgaben hat der Kindergarten, welche die Familie? • • •

grundsätzlich lassen sich Kernaufgaben auf Seiten der Familie bzw Schule/Kita verorten grundlegend erlernten Fähigkeiten müssen erweitert/verfeinert werden & oft sowohl die Schule/wie auch Familie betreffen keine eindeutige Zuordnung & alleinige Verantwortung einer Seite: Notwendigkeit der Kooperation beide Seiten miteinander

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Bildung in der Familie: Bildungspolitisch • Vereinbarkeit von Familie & Beruf (Betreuung unter drei Jahren, Ganztagsangebote in Schule & Kita) • Ergänzende bzw unterstützende Aufgaben (grundsätzliche Verlagerung von Erziehungsaufgaben auf die Vorschuleinrichtung) • kompensatorische Aufgaben (bildungsbenachteiligte, bildungsferne Familien/ Migrationskinder)

Pädagogisch • Bindungsfragen im Kleinkinderhaus in der Kinderkrippe = U3 = Kita • Erziehungsaufgaben in der Familie? (bestenfalls sind Schule/ Familie zielkonvergent)

Bildungsmehrwert des Kindergartens: Bildungskomponenten • mehr als bloß sozialintegrative Einübung in eine weltanschauliche Richtung, sondern förderlicher Lebens- & Anregungsraum für das Wohlbefinden & die Entwicklung von Kindern  pädagogische Qualität • mehr als in einer normalen Familie, sondern gerade kompensatorisch im Blick auf familiäre Benachteiligungen oder Defizite  Abbau der Chancengleichheit • bezogen auf eine erfolgreiche Partizipation an den Bildungsangeboten des nachfolgenden Pflichtbildungsbereichs  Vorbereitung auf die Grundschule

Mögliche Beispiele • kindgerechte Ausgestaltung der Räume; kognitiv & emotional ansprechendes & anregendes Spielmaterial, Tagesgestaltung; fachlich ausgebildetes Personal • Förderung der kognitiven, emotialen & sozialen Fähigkeiten durch entsprechendes Spielangebot oder zusätzliche Förderprogramme (z.B. Sprachförderung) • Vorbereitung auf die Anforderungen der Grundschule durch lernmotivierende Übungen, durch Sprachförderung, durch Einübung sozialer Regeln etc.

Probleme des heutigen Familienlebens (Hurrelmann): • •

• •

DEs Politik zu finanzielle Nachteile durch Steuervorteile & Kindergelder zu kompensieren nur mäßig erfolgreich Bildungsbenachteiligung durch Armut: o Armut hat Auswirkungen auf Erziehungs- & Beziehungsqualität in den Familien o Lebensstandard sinkt = Verunsicherung = soziale Isolation o Eltern sind überfordert oder verunsichert & können/wollen Kindern nicht in der Schule helfen  bräuchten nachhaltige Unterstützung durch öffentliche Erziehungseinrichtungen, aber geringes Angebot Zuwanderungshintergrund: aus strukturellen Gründen oft schlechtere Arbeit, können Kindern aufgrud mangelnder Kenntnisse nur beschränkt in Schule helfen Ein-Eltern-Familien: Vereinbarkeit von Familie & Beruf besonders schwer

Problematik: • •

Frauen & Männern sollte es gleichermaßen ermöglicht werden berufstätig zu sein aus entwicklungspsychologischer Perspektive fraglich, ob Kinder unter 2 Jahren schon institutionell betreut werden sollten

Bindung der frühen Kindheit: • •

• •

angeborene Neigung o wird besonders in ängstlichen/traurigen Situationen aktiviert (dort Bedarf das Kind Schutz & Fürsorge) John Bowlby postuliert die Unabhängigkeit des Bildungssystems von sexuellen & aggressiven Triebbedürfnissen (Bindung & Triebe interagieren, leiten sich aber nicht voneinander ab) o Belege aus Verhaltensbiologie aus verschiedenen Interaktionserfahrungen entstehen unterschiedliche Gefühle der Verbundenheit vier verschiedene Bindungsstile von John Bowlby & Mary Ainsworth: 1. sichere Bindung:  zuverlässige, feinfühlige Erfüllung der physischen & emotionalen Bedürfnisse der Eltern  heftige Trennungsreaktionen (lassen sich durch Fremde beruhigen) ➢ nach Rückkehr direkt Kontakt  am ehesten psychisch gesunde Entwicklung  Mutter sehr feinfühlig

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2. unsicher-vermeidende Bindung:  nicht die erforderliche Unterstützung erhalten  räumlich & emotional distanziert ➢ unbeeindruckt von Trennung & Rückkehr  hoher Stresspegel  haben gelernt Bedürfnisse nach Trost & Zuneigung zu unterdrücken  Mutter wenig feinfühlig, eher resonant 3. unsicher-ambivalente Bindung:  launische Bezugsperson  dramatisches zwiespältiges Verhalten  starker Trennungsschmerz ➢ hin & hergerissen bei Rückkehr  Zwiespalt: Nähe & aggressive Ablehnung 4. unsicher-desorganisierte Bindung:  risikoreiche Familienverhältnisse  aus inkonsistentem mütterlichem Verhalten  nicht zuzuordnen zu einer der vorherigen Gruppe  stark irritiert/auffälliges Verhalten  hochunsicher  aus Multiproblemfamilien  haben oft Misshandlung & Vernachlässigung erfahren  Hauptdeterminante: Grad der mütterlichen Feinfühligkeit → Qualität der Interaktion zwischen Mutter & Kind  Art & Weise, wie sich solche Bindungen entwickeln, bestimmen im Wesentlichen, ob eine Person psychisch gesund aufwächst oder nicht  zum Bindungssystem gehört komplementär das Neugier- & Explorationsverhalten  sichere Bindung: bewegt sich erkundend von Bindungsfigur weg = "Erkundung von einer sicheren Basis aus" Frage: Wird sichere Bindung von Kindern zu Eltern auch zur Bezugserzieherin aufgebaut? o Konkordanz-These: gelingt eher, weil ihr internes Arbeitsmodell (IAM) bereits sichere Bindung als Modell repräsentiert = Kontinuitätsannahme o Diskonkordanz-Hypothese: gerade unsicher gebundene Kinder suchen aktiv in Kita die Chance zu neuen Bindungen, da sie noch nicht fixiert sind Befunde: o 1. Sichere Bindung zur Erzieherin nicht notwendige Voraussetzung für den gelingenden Besuch der Kita o 2. Exklusive Zweierbeziehung zwischen Erwachsenen & Kind wird offenbar überschätzt

4.5 Schulen als Orte des Demokratielernens Notwendigkeit des Demokratielernens: • • • • •

Gesellschaft ist unübersichtlich, verändert sich schnell, komplex oft empfinden Jugendliche das Gesellschaftssystem als ungerecht & die Politik als abgehoben → verunsichert, macht Angst, erzeugt Wut und weckt Zweifel am politischen System → kann zu antidemokratischem Gedankengut führen haben keine persönlichen Erinnerungen an die totalitären Systeme des Nationalsozialismus & der DDR hat → Demokratie wird daher nicht mehr von allen Jugendlichen als grundsätzlich schützenswertes Gut empfunden Schulen haben den gesellschaftlichen Auftrag: o dazu beizutragen, dass Schüler sich zu mündigen, verantwortungsvoll denkenden und handelnden Menschen entwickeln & sollen demokratische Einstellungen zu fördern o sollen über das Wesen der Demokratie aufklären und grundsätzliche Einsichten vermitteln, wie z. B., dass ▪ es keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme gibt ▪ es eine Illusion ist, zu glauben, es könne eine Gesellschaft geben, in der alle an einem Strang ziehen und ein guter „Anführer“ oder eine autoritäre Regierung, die den Willen „des Volkes“ umsetzt ▪ zum Wesen einer Demokratie in einer pluralistischen Gesellschaft politische Konflikte gehören sowie langwierige parlamentarische Verfahren, in denen politische Kompromisse ausgehandelt werden

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Demokratielernen in Schulen: •

Aufklärung über das Wesen der Demokratie geschieht in der Schule v. a. in den Fächern wie Geschichte und Sozialwissenschaften → Aufklärung, was es bedeutet, in totalitären Systemen aufzuwachsen • damit demokratisches System gut funktionieren kann, ist es auf bestimmte Denkweisen, Einstellungen und Haltungen in der Bevölkerung angewiesen • kritisches Bewusstsein hierfür entwickeln und erkennen, wie wichtig die Fähigkeiten zu vernetztem Denken, zu Perspektivwechsel, zu Kritik und Selbstkritik sowie zur Ambiguitätstoleranz für eine lebendige Demokratie sind • Schulen sollen nicht nur über den Wert der Demokratie theoretisch aufklären, sondern sie auch praktizieren → Möglichkeiten zur Partizipation o in Form von schulischen Mitbestimmungsmöglichkeiten durch Klassensprecher, Schülervertretungen, Schülerparlament etc. o in der methodischen Gestaltung des Unterrichts, z. B. in Form von Teamarbeit, Projektarbeit oder Auswahl der Lektüren o in der Art des Umgangs des Lehrpersonals mit den Schülern → Beispiel für die praktische Umsetzung des Demokratielernens sind die von Kohlberg initiierten „Just-Community“Schulen

4.6 Professionalisierung pädagogischer Berufe = Prozess der Verberuflichung und Verwissenschaftlichung gesellschaftlich relevanter Tätigkeiten Kennzeichen von Professionen sind: • • • • •

lange, spezielle Ausbildung, die auf wissenschaftlichen Grundlagen beruht Kontrolle der Ausbildung durch (staatliche) Kommissionen Zertifizierung der erworbenen Qualifikationen adressatenbezogene Berufsausübung, bei der die Beziehungsebene freundlich-neutral sein und keine persönlichen Vorlieben oder Abneigungen spiegeln soll die Existenz von Berufsverbänden

Professionellen Kompetenz in pädagogischen Berufen: • • • • • •

fundierte Fachkenntnisse kommunikative und soziale Kompetenzen Teamfähigkeit Reflexionsvermögen Konfliktfähigkeit Flexibilität

Gründe für den Anstieg der Anforderungen an die professionelle Kompetenz: •

größere Heterogenität der Adressaten (Ausdifferenzierung von Lebensstilen und sozialen Milieus, wachsender Anteil an Migranten, Inklusion) • höhere Komplexität und gestiegener Umfang der Aufgaben • Abnahme allgemein verbindlicher sozialer Normen und Werte • Zunahme sozialer Problemlagen in vielen Familien → Erwerb von Professionalität nicht mit der Beendigung der Ausbildung oder des Studiums abgeschlossen → während des ganzen Berufslebens ist es notwendig, sich weiter zu qualifizieren und sich in der Interaktion mit den Adressaten persönlich weiterzuentwickeln

4.7 Vielfalt & Wandelbarkeit pädagogischer Berufsfelder Grundformen pädagogischen Handelns: •

Erziehen, Unterrichten und Beraten → lassen sich den Berufen Erzieher, Lehrer und Sozialpädagoge zuordnen

Adressaten pädagogischer Berufe: •

nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern Menschen aller Altersgruppen

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Vorrangiges Ziel professionellen pädagogischen Handelns: • •

Initiierung und Begleitung von menschlichen Lern- und Entwicklungsprozessen in einer erweiterten pädagogischen Perspektive ist das allgemeine Ziel pädagogischen Handelns die Unterstützung von Menschen auf dem Weg zur Mündigkeit

Arbeitsplätze: • •

Mehrzahl der Arbeitskräfte in pädagogischen Berufen arbeitet in Institutionen wie Kitas, Schulen, Heimen, Jugendämtern oder Volkshochschulen und anderen Bildungsstätten auch Unternehmen bieten Arbeitsmöglichkeiten im Bereich der Weiterbildung → Arbeitgeber sind meistens der Staat, die Kirchen und die großen Wohlfahrtsverbände

Gründe für Expansion des pädagogischen Sektors: • • • • •

Ausbau des Sekundarschulwesens („Bildungsexpansion“) & des Angebots an Vorschuleinrichtungen Ausweitung von Ganztagsangeboten für Kinder und Jugendliche Notwendigkeit lebenslangen Lernens gestiegener Bedarf an sozialpädagogischer Betreuung familiäre Erziehungs- und Bildungsaufgaben werden zunehmend an professionell geschultes Personal in pädagogischen Institutionen delegiert → Institutionalisierung

Problematik dieser Entwicklung: → einerseits positiv zu bewerten, weil pädagogische Institutionen wichtige gesellschaftliche Funktionen erfüllen und einen bedeutsamen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen leisten → andererseits sind aber auch problematische Aspekte damit verbunden: • pädagogische Institutionen nehmen einen immer größeren Raum im Leben von Kindern und Jugendlichen ein → Freiräume gehen verloren, die für die Selbstentfaltung von Kindern wichtig sind • Gefahr, dass pädagogische Experten die erzieherische Kompetenz von Eltern infrage stellen, da diese Menschen nicht im professionellen Sinn pädagogisch qualifiziert sind • möglicherweise bei manchen pädagogischen Angeboten nicht das Wohl und die Interessen von Kindern und Jugendlichen im Vordergrund, sondern das Ziel der Sicherung von Arbeitsplätzen und/oder kommerzielle Interessen der Anbieter

Professionelles Handeln im Lehrerberuf Kernaufgaben: •

Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren (Weiterbildung der Lehrkräfte/Weiterentwicklung der Schule)

Professionellen Anforderungen: • • • •

komplex & anspruchsvoll Abschlussprüfungen wie das Zentralabitur → Druck massiv gestiegen, mit dem Stoff inhaltlich „durchzukommen“ Zusammensetzung der Schülerschaft heterogener → mehr Aufwand durch individuelle Betreuung viele Schüler mit sozialen & emotionalen Problemen belastet → Sozialkompetenz und Kompetenz, sozialpädagogisch intervenieren zu können, wenn dies eine Situation erfordert

Berufsbedingte Spannungen (Antinomien): •





Anforderungen o des staatlichen Dienstherrn, der dafür Sorge trägt, dass die Schulen gesellschaftlich relevante Leistungen erbringen und die Schüler beispielsweise bestimmten Leistungsstandards genügen o der Schüler gerecht werden, die nach persönlichem Nutzen und individueller Selbstentfaltung streben, auch sollen sie den Bildungsprozess der Schüler unterstützen Rollenkonflikte zwischen der Rolle des o Pädagogen, der ein individuelles Vertrauensverhältnis zu seinen Schülern hat und verständnisvoll auf ihre Probleme eingeht o Beurteilers, der nach objektiven Kriterien die Leistungen seiner Schüler bewerten soll weil Lehrer Noten vergeben, welche die Lebenschancen mitbestimmen, stehen sie - auch wenn sie das gar nicht wünschen in einem Machtverhältnis zu ihren Schülern

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Professionelles Handeln im Erzieherberuf Kernaufgaben: • •

Bilden, Erziehen und Betreuen von Kindern und Jugendlichen weitere Aufgabenfelder sind Elternarbeit & Kooperation mit Schulen

Arbeitsplätze: • •

großer Teil der im Erzieherberuf Tätigen arbeitet in Vorschuleinrichtungen weitere Beschäftigtenfelder sind: Kinderhorte, Jugendheime oder die Arbeit mit Behinderten

Professionelle Herausforderungen: • •

Wandel der Kindergärten von Betreuungseinrichtungen zu Bildungsinstitutionen → Anstieg der Anforderungen an die fachlichen Qualifikationen des pädagogischen Personals Aufnahme von Kindern unter drei Jahren in vielen Einrichtungen

Probleme: • •

anspruchsvolle pädagogischen Arbeit von Erziehern stellt die Frage, ob die bisherige Ausbildung an Fachschulen diesen Anforderungen genügt Erzieherberuf nicht adäquat bezahlt

Professionelles Handeln in sozialpädagogischen Berufen Sozialpädagoge vs. Sozialarbeiter: • • • •

Vielzahl von Tätigkeitsfeldern, die sich häufig mit denen von Sozialarbeitern überschneien historisch gesehen ist die Sozialpädagogik aus der Kinder- und Jugendhilfe hervorgegangen, während die soziale Arbeit aus der Fürsorge entstanden ist Ähnlichkeiten der beiden Berufsfelder → heutzutage sind die Ausbildungen an Fachhochschulen und Hochschulen oft in einem Studiengang zusammengefasst → Wahl eines Schwerpunktes Gemeinsamkeit: kümmern um Menschen, die sich in problembelasteten Lebenslagen befinden & deshalb Hilfe und Unterstützung benötigen → häufig sozial benachteiligte Menschen

Ziel: •

die Ressourcen der betroffenen Personen zu stärken, damit sie ein möglichst eigenverantwortliches Leben führen können und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigt sind

Tätigkeitsfelder: • •

Sozialpädagogen planen und organisieren Unterstützungsmaßnahmen, begleiten ihre Adressaten im Alltag, beraten sie und helfen ihnen Verwaltungsaufgaben & die Zusammenarbeit mit Institutionen und Behörden → fundierte Rechtskenntnisse & Kenntnisse über die Verwaltungsvorgänge in Behörden

Einsatzgebiete: • • • • •

Menschen mit Behinderungen oder psychischen Störungen, Alkohol- und Drogenproblemen Familien, die pädagogische und anderweitige Unterstützung benötigen in Kitas und in Schulen → kümmern sie sich um, Problemschüler und betreiben schulische Sozialarbeit in Ganztagsschulen → Gestaltung und Durchführung des außerunterrichtlichen Programms in Heimen oder Jugendfreizeitstätten

Berufsbedingte Spannungen (Antinomien): • • •

persönliches Verhältnis zu seinem Klienten haben, eine vertrauensvolle Beziehung zu ihm aufbauen, aber auch eine professionelle Distanz bewahren auf Augenhöhe mit seinem Klienten kommunizieren; gleichzeitig besteht zwischen ihm und seinem Klienten eine asymmetrische Beziehung, in der ein Machtgefälle herrscht soll Mitgefühl, aber kein Mitleid haben

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Wissen & Können einer pädagogischen Profession:  Bereichs- & themenbezogenes Fachwissen • alle Wissensbestände, die sich auf einen bestimmten Bildungsbereich oder Bildungsgegenstand beziehen (z.B. Sprache, Mathe, Naturwissenschaften) • Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit: Ermöglichung themenbezogener grundlegender sozialer & kognitiver Erfahrungen, die für den Aufbau individueller kindlicher Kompetenzen bedeutsam sind • vertieftes, gegenstandsbezogenes Hintergrundwissen ist erforderlich, um kindliche Lern- & Aneignungsprozesse auf einem hohen Niveau begleiten zu können • Kita: Wissen über den zu bearbeiten Inhalt als Grundlage für das Formulieren anregender Fragen, sinnvolle Setzen von Impulsen, adäquate Nachvollziehen, Aufgreifen & Weiterführen der Gedankengänge der Kinder  Grundlagenwissen • kindheits- bzw pädagogisches Grundlagenwissen • Wissensbasis, die beim pädagogischen Handeln zum Tragen kommt (im Kontext der Reflektion & Begründung des Handelns) • dazu zählen: historische, rechtliche, bildungspolitische Aspekte sowie entwicklungs-, lern-, motivationspsychologische Kenntnisse  Subjektbezogenes Interaktionswissen • detaillierte Kenntnisse in Bezug auf die zu betreuenden Kinder, ihre Bedürfnisse, Interessen, Vorlieben & Lebenssituationen • Verfügen über spezifische erfahrungsbasierte Erwartungen mit Blick auf das Verhalten der zu betreuenden Kinder & den Verlauf bestimmter Situationen • Möglichkeit in diesem Zusammenhang ein entsprechend breites Interaktionsrepertoire situationsangemessen aktualisieren zu können

 Beratungswissen • Wissen über Zusammenarbeit & Kommunikation mit Erziehungsberechtigten bei Problemen & regelmäßigem Austausch über Entwicklung des Kindes • ausbalancieren der "Differenz der Perspektiven" (Fachkräfte verfügen über andere Wissensgrundlage) • Antizipationsfähigkeit: Kenntnisse über Gesprächspartner, deren Wahrnehmung & Einschätzung zu spezifischen Themen • Adaptionsfähigkeit: Fähigkeit eigenes Verhalten der jeweiligen Gesprächssituation anzupassen

 Didaktisches Planungs- & Handlungswissen • pädagogische & didaktische Ansätze, allgemeine didaktische Prinzipien, Kenntnisse bezüglich der Strukturierungselemente von Praxis sowie Planungskonzepte in direktem Bezug zur Interaktion mit Kindern • Verfügen über Strategien von Erziehung & Bildung in der Kita (Methoden im engeren Sinne)  Organisationswissen • in der Einrichtung gegebene Arbeitsbedingung & Erwartungen kennen • Wissen über vorfindbare räumliche, materielle & personelle Ressourcen & Möglichkeiten gemeinwesensbezogenen Handelns im näheren Umfeld der Einrichtung • geltende pädagogische Orientierungen & Absprachen (Leitbild, Leitlinien, spezifische Abläufe, spezifische Regeln)

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5 Methoden & Kompetenzen AFB 1: Zusammenfassung

1. Einleitungssatz:  TATTE: Titel, Autor, Textart, Thema, Erscheinungsjahr & -ort 2. Hauptgedanke:  Der Hauptgedanke des Textes ist, dass… 3. Strukturierte Wiedergabe des Textes:  Einleitend beginnt der Autor damit, dass…  Im ersten Abschnitt (Z.X-Y) geht es um…  Abschließend/ Zum Schluss/ Schließlich… Allgemein:  Präsens & Konjunktiv  in eigenen Worten & sachlich  keine Zitate/ Verweise, Ich-Form, Abkürzungen  Absätze setzen AFB 2: 1. Thematische Einleitung: Vergleich  ≠Einleitung von Nr.1  Als Pädagoge geht Schäfer in seinem Artikel über die entwicklungs- und kognitionspsycholgischen Erkenntnisse Piagets in gewisser Weise hinaus. 2. Aufstellung von Vergleichskriterien:  Bild des Kindes, Rolle der Lehrperson, Bedeutung der Umwelt usw.  Dies lässt sich anhand folgender Kriterien herausarbeiten… 3. Darstellung der theoretischen Annahmen des vorliegenden Textes:  keine wiederholte Textwiedergabe  Kernaspekte der Theorie anführen → strukturiert zusammengefasst 4. Darstellung der theoretischen Annahmen der bekannten Theorie:  Kernaspekte der Theorie anführen → nicht zu ausführlich 5. Verknüpfung von 2.-4.:  Vergleich nach Kriterien mit Zeilenangaben, Zitaten, Beispielen 6. Fazit Allgemein:  Präsens & Konjunktiv  Textverweise bei Punkt 3. und 5. !! AFB 3: 1. Problemorientierte Einleitung: Beurteilung/  Worum geht es? Stellungnahme  pädagogische Relevanz des Problems 2. Entwicklung von Kriterien zur Beurteilung:  Bsp. Ziele, Mittel usw.  technologische und axiologische Kriterien miteinbeziehen 3. Darstellung der Theorie, falls diese noch nicht dargestellt wurde 4. Erörterung → Pro/ Kontra-Argumentation:  unter Berücksichtigung der Kriterien  Fachsprache nutzen  Beispiele 5. Darstellung einer begründeten Bewertung:  pädagogisches Urteil bilden  sowohl technologisch als auch axiologisch bewerten Dimension Handlung Bedingung Wirkung Ziel (Erziehungsziele) technologisch (Sachebene) axiologisch (Wertebene)

Erreichbar? Wichtig für Persönlichkeit? Interesse des Kindes?

Mittel (erzieherische Handlungsmöglichkeiten) Geeignet, um Ziel zu erreichen? ←"

Bedingungsfeld Erkennbare (interne/ externe Bedingungen) Im Sinne des Ziels förderlich? Wünschenswert?

Eingetretene Wirkung Erkennbare (Neben-) Wirkungen Gewollte & ungewollte Nebenbedingungen? (Neben-) Wirkungen im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung?

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