Netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung : eine Fallstudie am Beispiel der Telekom 9783834999283, 3834999288 [PDF]


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Netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung : eine Fallstudie am Beispiel der Telekom
 9783834999283, 3834999288 [PDF]

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Zitiervorschau

Katrin Keller Netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Katrin Keller

Netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung Eine Fallstudie am Beispiel der Telekom

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Rudi Krawitz

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Dissertation Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz, 2008

1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Viktoria Steiner Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0997-8

Meinen Eltern Daniel Maria

Geleitwort Die Bedeutung der betrieblichen Weiterbildung ist heute völlig unstrittig und die dazu besonders geeigneten Möglichkeiten des E-Learning werden gegenwärtig immer wieder postuliert, doch gibt es dazu bislang nur wenige „ehrliche“ Evaluationsergebnisse. Katrin Keller hat es sich zur Aufgabe gemacht, die gegenwärtige Situation der netzbasierten Weiterbildungsmaßnahmen eines großen Konzerns realistisch zu erfassen und daraus Konsequenzen für eine tragfähige zukunftsfähige „Bildungsarchitektur“ innerhalb der betrieblichen Weiterbildungsaufgaben aufzuzeigen. So liefert die vorliegende Arbeit einen für den Bereich der Erwachsenenbildung innerhalb der Erziehungswissenschaft bedeutsamen wissenschaftlichen Beitrag, der nicht nur für die Weiterbildungspraxis des untersuchten Konzerns relevant sein dürfte, sondern darüber hinaus Anregungen gibt für die Durchführung oder Veränderung von Weiterbildungsmaßnahmen in anderen betrieblichen Kontexten sowie deren Evaluation. Prof. Dr. Rudi Krawitz

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2008 an der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz als Dissertationsschrift angenommen. Sie ist das Ergebnis aus empirischen Studien die zu netzbasiertem Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung bei der Deutschen Telekom AG unternommen wurden. Dabei war die Zusammenarbeit von Universität und Unternehmen ein wesentlicher Bestandteil auf dem Weg der Dissertation. Mein Dank gilt allen, die auf unterschiedliche Weisen zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Hier danke ich insbesondere meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Rudi Krawitz, der mein Forschungsprojekt von Anfang an positiv und offen begleitet hat. Seiner durchgängig wohlwollenden Unterstützung verdanke ich sowohl zahlreiche konstruktiv-kritische Hinweise als auch ein Gespür für die virtuellen Wege einer Bildungsarchitektur – sei es das Gebilde der Universität oder des Unternehmens Deutsche Telekom AG. Danken möchte ich Herrn Prof. Dr. Peter Rödler für die Übernahme und Mühen des Korreferats. Darüber hinaus gilt mein besonderer Dank Frau Dr. Nicole Hoffmann, die das gesamte Entstehen dieser Arbeit kritisch wissenschaftlich und motivierend begleitet hat. Im Weiteren möchte ich für ihren inhaltlich-kritischen Austausch sowie das Korrekturlesen herzlich meinem Bruder Dr. Daniel Keller, Frau Maria Redecker, Herrn Jürgen Starke, Frau Mechthild Werner, Frau Judith Sopp, Frau Simone Hekmat-Fard sowie Herrn Philipp Ulmer danken. Meinen Eltern Elisabeth und Hans-Wilhelm Keller danke ich für ihre mitfühlende und fördernde Unterstützung innerhalb der Promotionsphase. Der Deutschen Telekom AG danke ich für die finanzielle Unterstützung, die ich im Rahmen der Promotionsförderung erhalten habe. Dem Verein für Pädagogische Perspektiven danke ich für einen großzügigen Druckkostenzuschuss. Katrin Keller

Inhaltsüberblick Geleitwort ..........................................................................................................VII Vorwort............................................................................................................... IX Inhaltsüberblick .................................................................................................. XI Inhaltsverzeichnis ............................................................................................ XIII Abkürzungsverzeichnis.................................................................................... XXI Abbildungsverzeichnis ..................................................................................XXIII Tabellenverzeichnis ..................................................................................... XXVII

A

Netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung – Hinführung zum Thema .......................................... 1

B

Wirkungen des Wandels in der betrieblichen Weiterbildung durch den Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen – Forschungskontext ........................................................................... 17

C

Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen im Zuge des Einsatzes netzbasierten Lehrens und Lernens – Forschungsgegenstand ................................................................... 127

D

Methodisches Design im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom – Die Fallstudie ‚Telekom Training‘................................................. 159

E

Veränderungstendenzen in der betrieblichen Weiterbildung – Ergebnisdarstellung........................................................................ 223

F

Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur – Ergebnisinterpretation .............. 311

G

Praktische Implikationen und Empfehlungen ................................ 341

H

Zusammenfassung.......................................................................... 353

Literatur ............................................................................................................ 359

Inhaltsverzeichnis Geleitwort ..........................................................................................................VII Vorwort............................................................................................................... IX Inhaltsüberblick .................................................................................................. XI Inhaltsverzeichnis ............................................................................................ XIII Abkürzungsverzeichnis.................................................................................... XXI Abbildungsverzeichnis ..................................................................................XXIII Tabellenverzeichnis ..................................................................................... XXVII

A Netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung – Hinführung zum Thema ............................ 1 1

Ausgangslage ............................................................................................... 3

2

Ziele der Arbeit ........................................................................................... 7

3

Thematische Eingrenzung der Arbeit ....................................................... 9

4

Inhaltlicher Aufbau der Arbeit................................................................ 15

B Wirkungen des Wandels in der betrieblichen Weiterbildung durch den Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen – Forschungskontext ..................... 17 1

Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehrund Lernkultur ......................................................................................... 19 1.1 Gesamtgesellschaftliche Trends ...................................................... 20 1.1.1 Demografischer und struktureller Wandel der Wirtschaft.... 21 1.1.2 Technologische Veränderungen: Globale Vernetzung und E-Business in Unternehmen .......................................... 22

XIV

Inhaltsverzeichnis

1.2 1.3

Implikationen aus ökonomischer und bildungspolitischer Sicht: Das Lebenslange Lernen.................................................................. 26 Zum Lehr- und Lernkulturwandel ................................................... 30 1.3.1 Aspekte der Veränderung der Lehr- und Lernkultur ............ 31 1.3.2 Umrisse einer neuen Lehr- und Lernkultur in Unternehmen ........................................................................ 37

2

Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen......................................................................................... 45 2.1 Ausgestaltungen von Lernarrangements – Inhaltliche und formale Aspekte............................................................................... 50 2.1.1 Kategorisierung der Lernformen .......................................... 55 2.1.2 Lernen im Arbeitskontext..................................................... 61 2.1.3 Selbststeuerung von Lernprozessen...................................... 64 2.1.4 Spezifische Lernprozesse von Gruppen ............................... 68 2.2 Teilnahme an der betrieblichen Weiterbildung – Partizipative Aspekte ....................................................................... 72 2.3 Institutionelle Aspekte der betrieblichen Weiterbildung – Organisatorische Aspekte ................................................................ 73

3

Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen – E-Learning und seine Formen ................................................................. 75 3.1 Adressaten netzbasierten Lernens.................................................... 84 3.2 Inhalte netzbasierten Lernens .......................................................... 86 3.3 Ausgewählte E-Learning-Formen in Unternehmen......................... 92 3.3.1 Inhaltsorientierte E-Learning-Formen.................................. 93 3.3.2 Prozessorientierte E-Learning-Formen................................. 95 3.4 Vorteils- und Nachteilsargumente: Ziele, Nutzen und Gewinne netzbasierten Lehrens und Lernens .................................. 98 3.5 Anforderungen an die Lehrenden .................................................. 104 3.5.1 Kompetenz in Abgrenzung zur Qualifikation..................... 108 3.5.2 Kompetenz als aufgabenorientierte Fähigkeit eines Lehrenden.................................................................. 112 3.5.3 Handlungsanweisungen für die Lehrenden ........................ 120 3.6 Anforderungen an die Lernenden .................................................. 123

Inhaltsverzeichnis

XV

C Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen im Zuge des Einsatzes netzbasierten Lehrens und Lernens – Forschungsgegenstand ........................................................ 127 1

Bildungsarchitektur in Unternehmen und der Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen .................................................... 129 1.1 Zur Konzeption einer Bildungsarchitektur .................................... 130 1.2 Einfluss der Unternehmensstrategie auf eine Bildungsarchitektur ....................................................................... 132 1.3 Netzbasierte Lehr- und Lernstrategien entwickeln ........................ 136

2

Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen in einer zukünftigen Bildungsarchitektur in Unternehmen.............................. 145 2.1 Strategiebezogene Konsequenzen von netzbasiertem Lehren und Lernen......................................................................... 148 2.2 Qualitätsbezogene Konsequenzen von netzbasiertem Lehren und Lernen......................................................................... 153

D Methodisches Design im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom – Die Fallstudie ‚Telekom Training‘.................. 159 1

Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom ................................................................................................... 161 1.1 Die Projektdimensionen der Fallstudie im Untersuchungsfeld...... 163 1.2 Das Unternehmen Deutsche Telekom als Untersuchungsfeld ....... 165 1.2.1 Die Organisationsstruktur der Deutschen Telekom............ 165 1.2.2 Shared Services innerhalb der Deutschen Telekom AG – ‚Telekom Training‘ ............................................................ 169 1.2.2.1 Die Organisationsstruktur ..................................... 169 1.2.2.2 Die strategischen Ausrichtungen .......................... 171 1.2.2.3 Die tragenden Geschäftsfelder .............................. 172

XVI

Inhaltsverzeichnis

1.3

2

1.2.3 Die im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom relevanten Grundlagen und Vereinbarungen ...................... 174 1.2.3.1 Der Tarifvertrag über die betriebliche Weiterbildung ....................................................... 174 1.2.3.2 Die betrieblichen Weiterbildungsarten ................. 176 1.2.3.3 Die Konzernbetriebsvereinbarung zu E-Learning ............................................................ 180 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Kontext des E-Learning-Einsatzes..................................................................... 182 1.3.1 Die Betriebsvereinbarung zu E-Learning ........................... 182 1.3.2 Die netzbasierten Lehr- und Lernformen im Weiterbildungsbereich........................................................ 184 1.3.3 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ Weiterbildung – Vom Allgemeinen zum Besonderen? ................................. 185

Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden in der Fallstudie ‚Telekom Training‘ ............................................................... 187 2.1 Zur eingesetzten quantitativen Untersuchungsmethode ................ 187 2.1.1 Der Fragebogen als Online-Befragung............................... 189 2.1.2 Die Totalerhebung in der Fallstudie ................................... 193 2.1.3 Das Messmodell mit Hypothesen....................................... 193 2.1.4 Die Operationalisierung ..................................................... 195 2.1.5 Die Fragebogenentwicklung............................................... 195 2.1.6 Der Pretest .......................................................................... 198 2.1.7 Die Datenerhebung............................................................. 199 2.1.8 Die Datenanalyse................................................................ 201 2.2 Zur eingesetzten qualitativen Untersuchungsmethode .................. 203 2.2.1 Die programmatischen Kriterien qualitativer Interviewverfahren ............................................................. 203 2.2.1.1 Die Offenheit ........................................................ 203 2.2.1.2 Die Kommunikation ............................................. 204 2.2.1.3 Der Prozesscharakter von Gegenstand und Analyse ................................................................. 205 2.2.1.4 Die Reflexivität von Gegenstand und Auswertung........................................................... 205 2.2.1.5 Die Explikation ..................................................... 206 2.2.1.6 Die Flexibilität ...................................................... 207

Inhaltsverzeichnis

XVII

2.2.2 Das Leitfadeninterview als Experteninterview in Bezug auf ‚Telekom Training‘ ....................................... 207 2.2.2.1 Das Leitfadeninterview als Experteninterview ..... 208 2.2.2.2 Die Stichprobe ...................................................... 208 2.2.2.3 Die Leitfadenerstellung......................................... 211 2.2.2.4 Die Datenerhebung ............................................... 212 2.2.2.5 Die Datenauswertung............................................ 214 3

Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Kontext der eingesetzten empirischen Erhebungen........................................................................ 217 3.1 Die Anwendung der methodologischen Triangulation in der Fallstudie ............................................................................. 217 3.2 Die Gütekriterien in der Fallstudie ................................................ 219

E Veränderungstendenzen in der betrieblichen Weiterbildung – Ergebnisdarstellung ............................... 223 1

Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehrund Lernkultur bei ‚Telekom Training‘ ............................................... 227 1.1 Einflüsse gesamtgesellschaftlicher Trends auf ‚Telekom Training‘........................................................................ 227 1.2 Implikationen aus ökonomischer und bildungspolitischer Sicht: Das Lebenslange Lernen bei ‚Telekom Training‘ ......................... 233 1.3 Zum Lehr- und Lernkulturwandel innerhalb ‚Telekom Training‘........................................................................ 235

2

Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung im Unternehmen ‚Telekom Training‘ ........................................................ 245 2.1 Ausgestaltung der Lernarrangements – Inhaltliche und formale Aspekte.................................................... 249 2.1.1 Praktizierte Lernformen in der Weiterbildung ................... 250 2.1.2 Lernen im Arbeitsumfeld ................................................... 255 2.1.3 Selbststeuerung von Lernprozessen.................................... 257 2.1.4 Spezifische Lernprozesse von Gruppen ............................. 258

XVIII

2.2 2.3

Inhaltsverzeichnis

Teilnahme an der betrieblichen Weiterbildung – Partizipative Aspekte ..................................................................... 261 Zur institutionellen Verankerung der betrieblichen Weiterbildung – Organisatorische Aspekte ................................... 264

3

Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen ‚Telekom Training‘: E-Learning und seine Formen ........................... 267 3.1 Adressaten netzbasierten Lernens.................................................. 269 3.2 Inhalte netzbasierten Lernens ........................................................ 273 3.3 Ausgewählte Formen des E-Learning im Unternehmen ‚Telekom Training‘........................................................................ 276 3.4 Vorteils- und Nachteilsargumente: Ziele, Nutzen und Gewinne netzbasierten Lehrens und Lernens................................................ 283 3.5 Anforderungen an die Lehrenden .................................................. 291 3.5.1 Kompetenz als aufgabenorientierte Fähigkeit eines Lehrenden........................................................................... 297 3.5.2 Handlungsanweisungen für die Lehrenden ........................ 301 3.6 Anforderungen an die Lernenden .................................................. 304

F

Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur – Ergebnisinterpretation........................................................ 311

1

Die forschungsbezogene Perspektive..................................................... 313 1.1 Zur Konzeption einer Bildungsarchitektur .................................... 313 1.2 Strategiebezogene Konsequenzen netzbasierten Lehrens und Lernens ................................................................................... 316 1.3 Qualitätsbezogene Konsequenzen netzbasierten Lehrens und Lernens ................................................................................... 320

2

Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘.......... 321 2.1 Zur Konzeption einer Bildungsarchitektur bei ‚Telekom Training‘........................................................................ 321 2.2 Strategiebezogene Konsequenzen netzbasierten Lehrens und Lernens ................................................................................... 323

Inhaltsverzeichnis

2.3

XIX

Qualitätsbezogene Konsequenzen netzbasierten Lehrens und Lernens ................................................................................... 337

G Praktische Implikationen und Empfehlungen.................. 341 1

Vorgehensmodell zur Verbesserung eines ergänzenden E-Learning-Einsatzes ............................................................................. 343

2

Empfehlungen für ‚Telekom Training‘................................................. 349

H Zusammenfassung ............................................................... 353

Literatur .......................................................................................................... 359

Abkürzungsverzeichnis AG BIBB BL BMBF BR BR GmbH BV BV TT E-Learning CBT CUU DGFP DGQ DIE DIN DIPF DT DTAG EB EB IT/TK EB MD/PS EFQM EL EW GL GO TT HTML ICT IKT

Aktiengesellschaft Bundesinstitut für Berufsbildung Blended Learning Bundesministerium für Bildung und Forschung Betriebsrat Betriebsrat der Gesellschaft mit beschränkter Haftung Betriebsvereinbarung Betriebsvereinbarung zum Einsatz von E-Learning im Rahmen der Personalentwicklung bei ‚Telekom Training‘ Computer-Based-Training Computerunterstützter Unterricht Deutsche Gesellschaft für Personalführung e. V. Deutsche Gesellschaft für Qualität e. V. Deutsches Institut für Erwachsenenbildung Deutsches Institut für Normung Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung Deutsche Telekom Deutsche Telekom Aktiengesellschaft Erwachsenenbildung Entwicklung und Beratung Informationstechnologie/ Telekommunikation Entwicklung und Beratung Management Development/Personal Skills European Foundation for Quality Management E-Learning Erziehungswissenschaft Geschäftsleitung Geschäftsordnung Telekom Training Hypertext Markup Language Information und Communication Technology Informations- und Kommunikationstechnologie

XXII

ISO IT KAV KBV KIBB KM KMU LBL Linux LLL MAC NPO ODL OrgE PC PM PV QPS QS SchwbV SEQUA SM TAN T-Dex T-LIS TQM TR IT/TK TR MD/PS TT TV WB WBK WBT WWW ZDF

Abkürzungsverzeichnis

International Organization for Standardization Informationstechnik Konzernauszubildendenvertretung Konzernbetriebsvereinbarung Kommunikations- und Informationssystem Berufliche Bildung Kundenmanagement Klein- und mittelständiges Unternehmen Lebensbegleitendes Lernen Linus Torvalds UNIX Lebenslanges Lernen Macintosh Nationale Partnerorganisationen Open Distance Learning Organisationseinheit Personal Computer Personalmanagement Präsenzveranstaltung(en) Qualität, Personal, Strategie Qualität und Strategie Schwerbehindertenvertretung Stiftung für wirtschaftliche Entwicklung und berufliche Qualifizierung Seminarmanagement Transaktionsnummer Customer Care Tracking Index Telekom Learning Infrastructure Services Total Quality Management Training Informationstechnologie/Tele-kommunikation Training Management Development/Personal Skill Telekom Training Tarifvertrag Weiterbildung Weiterbildung Konzern Web-Based-Training World Wide Web Zahlen, Daten, Fakten

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29:

Herangehensweise an die Beantwortung der Forschungsfrage........................................................................ 16 Merkmalsdimensionen der Lehr- und Lernkultur ..................... 41 Einflussfaktoren auf die Lernkultur .......................................... 42 Aspekte der betrieblichen Weiterbildung in Unternehmen ....... 49 Lernformen als Ergänzungsverhältnis....................................... 56 Anteil formellen Lernens in den unterschiedlichen Lernorten.. 57 Anteil formellen und non-formellen Lernens in den unterschiedlichen Lernorten...................................................... 58 Anteil formellen, non-formellen und informellen Lernens in den unterschiedlichen Lernorten........................................... 60 Formen der Weiterbildung ........................................................ 71 Zentrale Ziele des netzbasierten Lehrens und Lernens ............. 77 Konzeptionell-didaktisches Gesamtkonzept ............................. 78 Multimedia und Telemedia ....................................................... 94 Ausgewählte E-Learning-Formen............................................. 98 Aspekte aus den Diskussionsrunden ....................................... 107 Übersicht über die Komponenten eines Strategieplans........... 142 Kostenfaktoren........................................................................ 143 Elemente einer ‚eLearning Strategy Map‘ .............................. 149 Determinanten von Effektivität und Effizienz ........................ 152 Qualitätsprofile ....................................................................... 155 Darstellung der zu ‚betrachtenden Untersuchungsebenen‘ ..... 162 Projektdimensionen................................................................. 163 Konzernstruktur ...................................................................... 166 Organigramm ‚Telekom Training‘.......................................... 170 Betriebliche Weiterbildungsarten............................................ 179 Vor- und Nachteile einer Online-Befragung........................... 189 Von der Totalerhebung zum Bericht....................................... 192 Regeln zur Fragebogenentwicklung und Fragebildung........... 197 ‚Anschreiben zur Online-Befragung‘...................................... 198 ‚Verlaufskurve der Online-Befragung‘ ................................... 200

XXIV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 30: Phasen der Datenanalyse......................................................... 202 Abbildung 31: Von der Stichprobe zum Bericht............................................. 209 Abbildung 32: Prozesskette des netzbasierten Lehrens und Lernens in der betrieblichen Weiterbildung bei ‚Telekom Training‘ ............. 210 Abbildung 33: Themenkomplexe des leitfadengestützten Experteninterviews ................................................................. 212 Abbildung 34: Der Leitfaden .......................................................................... 213 Abbildung 35: Durchschnittsalter Mitarbeiter Konzern Deutsche Telekom... 228 Abbildung 36: Alter der befragten Teilnehmer und Teilnehmerinnen............ 231 Abbildung 37: Verhältnis zwischen Gesellschaft, bildungspolitischen Debatten und Lernkulturwandel.............................................. 232 Abbildung 38: Konzernleitbild ‚T-Spirit‘ ....................................................... 237 Abbildung 39: Merkmale von Servicequalität ................................................ 241 Abbildung 40: Trends der Weiterbildung ....................................................... 245 Abbildung 41: Betriebliche Weiterbildung aus Sicht der Beschäftigten......... 246 Abbildung 42: Betriebliche Weiterbildung aus unternehmerischer Sicht ....... 246 Abbildung 43: ‚Lieblings-Weiterbildungsform‘ ............................................. 252 Abbildung 44: Informelles Lernen.................................................................. 253 Abbildung 45: Erfolgsversprechendes Lernen ................................................ 254 Abbildung 46: Zeitpunkt für Weiterbildungsmaßnahmen .............................. 255 Abbildung 47: Praktizierte Organisationsform des Lernens ........................... 260 Abbildung 48: Wichtigkeit vereinzelter Aspekte in Bezug auf die betriebliche Weiterbildung...................................................... 263 Abbildung 49: Gedanken zu E-Learning ........................................................ 269 Abbildung 50: Mögliche Ursachen für die geringe E-Learning-Nutzung in der betrieblichen Weiterbildung.......................................... 270 Abbildung 51: Gewichtung des E-Learning-Einsatzes innerhalb der betrieblichen Weiterbildung.................................................... 271 Abbildung 52: Eignung der verschiedenartigen E-Learning-Formen ............. 272 Abbildung 53: Einsatz verschiedenartiger E-Learning-Formen...................... 275 Abbildung 54: Nutzung von netzbasierten Lernformen.................................. 277 Abbildung 55: Verfolgung der Lernziele mit E-Learning-Einsatz.................. 278 Abbildung 56: Freizeitanteil für betriebliche Weiterbildung ......................... 279 Abbildung 57: Zukünftiger E-Learning-Einsatz in den Themenbereichen ..... 282 Abbildung 58: Fragen zu Vor- und Nachteilen des netzbasierten Lernens ..... 285 Abbildung 59: Rolle des Lehrenden ............................................................... 293 Abbildung 60: Aufgaben des Lehrenden ........................................................ 295

Abbildungsverzeichnis

XXV

Abbildung 61: Zeitlicher Aufwand und ausreichende Informationen............. 296 Abbildung 62: Eignung des E-Learning-Einsatzes für zertifizierte Weiterbildung und Weiterentwicklung der Potenziale ........... 298 Abbildung 63: Kompetenzfelder eines Lehrenden im E-Learning-Sektor...... 299 Abbildung 64: Stellenwert der Kompetenzen eines E-Lehrenden ‚Heute und Morgen‘................................................................ 301 Abbildung 65: Gestaltung und Einführung von E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung.................................................... 305 Abbildung 66: Verzicht auf einen Lehrenden bei E-Learning-Maßnahmen ... 308 Abbildung 67: Spannungsfelder der Interessen in Qualifizierungsprozessen ........................................................ 317 Abbildung 68: Verbindung der Strategien ...................................................... 326 Abbildung 69: Grobstruktur des E-Learning-Entwicklungsprozesses ............ 328 Abbildung 70: Übersicht über die Komponenten eines Strategieplans des Weiterbildungsbereiches bei ‚Telekom Training‘................... 330 Abbildung 71: „Vorgehen bei der Erstellung der E-Learning-Scorecard“...... 334 Abbildung 72: Leitfragen zur Erweiterung und Zweck einer E-Learning-Scorecard ............................................................. 335 Abbildung 73: Prozess im Bereich Weiterbildung Konzern bei ‚Telekom Training‘................................................................. 346 Abbildung 74: Statischer Weiterbildungsprozess mit dynamischen Segmenten............................................................................... 347 Abbildung 75: ‚E-Learning-Integration in die Phasen des Weiterbildungsprozesses und deren Qualitätsüberprüfung‘.... 351

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9:

Lehr- und Lernprozesse früher und heute ....................................... 35 Spannungsfeld von Lernen und Arbeiten........................................ 64 Skizzierte Eigenschaften der Informationskomponenten................ 80 Traditionelles Lernen versus netzbasiertes Lernen ....................... 100 Weiterbildung durch ‚Telekom Training‘..................................... 262 Vorteile von E-Learning-Einsätzen .............................................. 286 Nachteile von E-Learning-Einsätzen ............................................ 288 ‚Handlungsanweisungen für einen E-Lehrenden‘......................... 302 Vorgehensmodell für einen verbesserten E-Learning-Einsatz im Weiterbildungsbereich ‚Telekom Training‘............................. 344

A Netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung – Hinführung zum Thema

1 Ausgangslage ‚Lebenslanges Lernen‘, ‚Qualifizierung‘, ‚Kompetenzentwicklung‘, ‚E-Learning‘ und eine Fülle weiterer, viel diskutierter Begriffe hinterlassen in einem sich verschärfenden, globalen und schnelllebigen Wettbewerb ihre Spuren. Für Unternehmen, von denen ein verstärktes Maß an Flexibilität, permanenter Innovation und Motivierung zum Lernen gefordert wird, stellt ein effizientes, ökonomisches und qualitätsbewusstes Lernen des Mitarbeiters und der Mitarbeiterin1 eine Überlebensfrage dar. Betriebliche Weiterbildung erhält somit eine Schlüsselrolle, um die beruflich relevanten und geforderten Kompetenzen der Beschäftigten eines Unternehmens zu erhalten, anzupassen, zu erweitern und zu verbessern. Netzbasiertes Lehren und Lernen ist eine ergänzende Möglichkeit zu bereits bekannten Lernmöglichkeiten, um Herausforderungen zu begegnen. Dabei dient der Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen nicht ausschließlich, wie lange angenommen, der Einsparung von Präsenzseminaren und damit der Reise- und Zeitkosten, sondern auch einer individuellen, zeit- und ortsunabhängigen Weiterbildung. Lernen mit Kommunikations- und Informationstechnologien erlaubt ein (E-) Wissensmanagement2 im Unternehmen, das auf diese Weise die Ressourcen verschiedenster Standorte im Zeitalter des globalen Wettbewerbs optimal ausschöpfen kann. Das Erreichen strategischer Unternehmensziele ist letztlich auch immer abhängig vom Wissen, das die Beschäftigten selbstorganisiert so einsetzen, dass Probleme des Kunden gelöst werden können. Der Kunde macht die Erfahrung, dass der Mitarbeiter bzw. das mit ihm verzahnte Unternehmen kompetent sind. Die zukünftige Bildungsarchitektur eines Unternehmens sollte diesen Anspruch 1

2

Der einfacheren Lesart wegen werden in dieser Arbeit vorwiegend die männlichen Bezeichnungen verwendet. Selbstverständlich sind damit immer beide Geschlechter gemeint. E-Wissensmanagement steht für elektronisches Wissensmanagement. Verbunden wird dabei kontextuell, dass Wissensmanagement als „Erfassung, Systematisierung und Verknüpfung des in einem Unternehmen vorhandenen Wissens“ auf zeit- und ortsunabhängigen elektronischen Wegen. GABLER: Wirtschaft, 2006, 376. Wissensmanagement ist dabei der Ansatz, Wissen innerhalb einer organisatorischen Einheit zu gestalten, zu lenken, zu organisieren und zu neuen Produkten und Dienstleistungen zu überführen, um einen langfristigen Wettbewerbsvorteil erzielen zu können. Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 130.

4

A Hinführung zum Thema

auf inhaltlicher, partizipativer und organisatorischer Ebene widerspiegeln. Der aktuelle Wissensstand der Beschäftigten eines Unternehmens als strategische und qualitätsbezogene Aufgabe zukünftiger Bildungsarchitekturen ist zu sichern und auszubauen. Netzbasiertes Lehren und Lernen kann dieses Wissen ständig in angemessener Form für die Beschäftigten aktualisieren und den Arbeitsablauf der Generierung in Gang halten. Die vielfältigen Formen netzbasierten Lehrens und Lernens greifen in Unternehmensprozesse ein, weichen bestehende Hierarchien auf, ändern und ergänzen Abläufe. Insofern bedeuten die weitere Instandhaltung, Entwicklung und kontinuierliche Verbesserungen des netzbasierten Lehrens und Lernens eine Herausforderung an interne Reformprozesse. Das lebenslange Lernen verlangt nach eigenverantwortlichen Mitarbeitern, nach dem ‚Unternehmer im Unternehmen‘, der selbst entscheidet, wann er sich zu einem Thema weiterbilden muss. Netzbasiertes Lehren und Lernen ist demnach verbunden mit einer Änderung der Lernkultur im Unternehmen, d. h. mit Veränderungen in Bereichen der betrieblichen Weiterbildung. „E-Learning wird zu einem unverzichtbaren Instrument einer modernen Unternehmensstrategie sowohl bei der Erschließung neuer Märkte als auch in Phasen der Konsolidierung.“3

Bei einer verstärkten Instandhaltung, Entwicklung und kontinuierlichen Verbesserung von E-Learning-Formen geht es also um das grundlegende Instrumentarium effizienten Wissensmanagements, das für die moderne Wissens- und Informationsgesellschaft unverzichtbar ist. Spezifisches Wissen in Form von didaktisch aufbereiteten Lernmodulen4 oder auch unbearbeiteten Wissensbausteinen sowie persönliche Erfahrungen von Mitarbeitern unter Berücksichtigung des jeweiligen Lernstils müssen gezielt und problembezogen über Wissens- und Lernplattformen erreichbar sein. In dieser Verknüpfung von Weiterbildung und Wissensmanagement ist ein entscheidender strategie- und qualitätsbezogener

3 4

FLUM, T.: Unternehmensstrategie. In: Personal, Heft 03/2002, 28. Als Module werden austauschbare Elemente eines Systems verstanden. Ein Modul ist ein Lernobjekt, aber nicht jedes Lernobjekt ist ein Modul. Der Begriff Modul wird nur dann für Lernobjekte verwendet, wenn es konsistent, eigenständig, austauschbar, aggregierbar und portabel ist. Vgl. HAMBACH, S.: Bildungsangebote. In: DIN (Hg.): Innovation, 2006, 176.

1 Ausgangslage

5

Mehrwert zu sehen: Denn eine Verzahnung von netzbasiertem Lehren und Lernen mit Wissensmanagement bietet eine Chance, die Ressourcen verschiedenster Standorte im Zeitalter des globalen Wettbewerbs und der zunehmenden Schnelllebigkeit effizient und effektiv ausschöpfen zu können. „Wer im Wechselspiel der schnellen Märkte bestehen will, braucht deswegen effiziente Kommunikationswege und Zugriff auf aktuelle Informationen zum Markt und zum Stand der Dinge im eigenen Bereich.“5

In dieser Arbeit wird der generelle Einsatz netzbasierten Lehrens und Lernens in der betrieblichen Weiterbildung und den sich daraus ergebenden strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur analysiert.6 Im Speziellen werden dazu ausgewählte Verfahren der empirischen Sozialforschung in der Fallstudie Telekom eingesetzt. Die Zielsetzung besteht darin, die Einschätzungen der Lehrenden und Lernenden zu erforschen, die sich aus den Wirkungen des Wandels durch den ergänzenden Einsatz netzbasierten Lehrens und Lernens in der betrieblichen Weiterbildung ergeben. Abschließend können dann aus forschungsbezogener und anwendungsbezogener Perspektive strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen skizziert werden. Auf die Schnelllebigkeit in diesem Forschungsgebiet, verursacht durch die Dynamik des Wettbewerbs und der hohen Innovationsrate in der Informations- und Kommunikationstechnik, wird aus drei Gründen hingewiesen:



Die Darstellung des Forschungskontextes, des Forschungsgegenstandes und die Organisationsaufstellung der Fallstudie bilden den Status Quo der Jahre 2006 und 2007 ab.



Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien haben unser Leben verändert und werden es zweifellos weiterhin tun. Dies gilt auch für die Innovationen in der betrieblichen Weiterbildung, deren Dynamik und Entwicklung in einem rasanten Tempo fortschreiten.

5 6

KUHLEN, F.: E-World, 2005, 4. Der Bereich der Ausbildung wird bewusst ausgelassen. Dort ist die neue Bildungsform Standard. Die Probleme bestehen in der Weiterbildung, da hier Mitarbeiter mit sehr differenzierten Lernkulturen anzutreffen sind.

6

A Hinführung zum Thema



Die nachrückenden Nachwuchskräfte bringen eine andere Lernkultur mit; diese muss erhalten werden und auf vorhandene Mitarbeiter ausgeweitet werden. Keinesfalls darf es zu einem Rückschritt auf ausschließlich traditionelle Lehr- und Lernformen kommen.

2 Ziele der Arbeit E-Learning ist als eine noch relativ junge Form des Lehrens und Lernens in den letzten Jahren im Weiterbildungsbereich bei ‚Telekom Training‘ viel diskutiert worden. Es ist bislang aber nicht bekannt, inwieweit E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung tatsächlich von Lehrenden und Lernenden genutzt und akzeptiert wird. Diese Lücke versuchen die empirischen Studien ein Stück weit zu schließen. Daher ist das Ziel der vorliegenden Arbeit eine Skizzierung möglicher Antworten der Lehrenden und Lernenden auf die Grundfrage: ‚Welche strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen ergeben sich für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen – wie die Deutsche Telekom – aus der Einschätzung der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen – dargestellt an der Fallstudie des Weiterbildungsbereichs ‚Telekom Training‘?‘ Zunächst stehen die Einschätzungen der Beschäftigten, konkret die Wahrnehmung und Bewertung, zu den sich ergebenden Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Mittelpunkt. Neben bereits bekannten empirischen Befunden und theoretischen Überlegungen zum E-Learning-Einsatz in der betrieblichen Weiterbildung wird anhand einer Online-Befragung und leitfadengestützter Experteninterviews eine Bestandsaufnahme der momentanen betrieblichen Weiterbildung im Allgemeinen und der netzbasierten betrieblichen Weiterbildung im Besonderen vorgestellt. Die Beschreibung des Ist-Zustandes bei ‚Telekom Training‘ beinhaltet folgende Aspekte:



Welches Verständnis bringen Lehrende und Lernende dem netzbasierten Lehren und Lernen entgegen?



Welche Nutzungsgewohnheiten sind erkennbar?



Welcher Lerntyp tritt verstärkt auf?



Wie beurteilen speziell Lehrende E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung?

8

A Hinführung zum Thema

Aus dem Gesamtergebnis werden dann die Chancen und Risiken netzbasierter betrieblicher Weiterbildung herausgefiltert. Mit den vorhandenen Möglichkeiten für E-Learning ab den 80er Jahren, standen hauptsächlich wirtschaftliche Aspekte im Fokus. Die dem E-Learning ‚angedichteten‘ Einsparungspotenziale sind in der diskutierten Größenordnung allerdings nicht real. Die technischen Grenzen werden Zug um Zug behoben. Dagegen wurde bislang der Thematik aus methodisch-didaktischer Sicht zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Inzwischen sind bereits ‚Mengen‘ da, die für die Verbindung von pädagogischer Theorie und betrieblicher Praxis eine gute Basis bieten. Ziel dieser Arbeit ist es außerdem aufzuzeigen, welchen Einfluss Strategien in einem Unternehmen auf die Lernbereitschaft der Mitarbeiter und die Akzeptanz einer neuen Lernform nehmen können und wie bedeutungsvoll dabei Qualitätsprodukte7 sind. Dabei wird es hier als besonders wichtig erachtet, wissenschaftliche Theorie bzw. Forschung und Praxis nicht als getrennt zu betrachten, sondern eine Verbindung zwischen ihnen aufzuzeigen.

7

Unter Qualitätsprodukte sind die Produkte zu verstehen deren Leistungen mit den Ansprüchen übereinstimmen. Ansprüche stellen dabei Verwender, Händler und Hersteller auf. Entscheidend ist, was diese wahrnehmen und für wichtig erachten. Die objektive Qualität, sprich der Gebrauchswert ist mit naturwissenschaftlich-technischen Methoden messbar und die subjektive Qualität ist die vom Nutzer nach seinen subjektiven Eindrücken und Vorstellungen bewertete Qualität, beispielsweise Image. Vgl. GABLER: Wirtschaft, 2006, 283.

3 Thematische Eingrenzung der Arbeit Die Arbeit ‚Netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung‘ und die damit verbundene Forschungsfrage ist an ein spezielles Unternehmen geknüpft. Eine pädagogische Erforschung netzbasierter Lehr- und Lernformen, die den Bedingungen und Möglichkeiten einer reflexiven Weiterbildung genauer nachspürt, erzeugt hierzu praxis-unterstützende Erkenntnisse, indem sie den Formen sowie Vor- und Nachteilen innerhalb des Weiterbildungsbereiches einer Organisation wie ‚Telekom Training‘ nachgeht. Explizit zu erwähnen ist, dass E-Learning und Präsenzlernen in einem sich ergänzenden und zugleich vervollständigenden Verhältnis stehen. Vor einer Thematisierung relevanter Aspekte der Forschungsfrage ist zunächst eine Verständigung über die übergeordneten Wissenschaftsgebiete des ‚netzbasierten Lehrens und Lernens‘ und der ‚betrieblichen Weiterbildung‘ sinnvoll. Dabei sind, ähnlich wie beim Bildungsbegriff, Sinn und Zweck oft umstritten. Was Bildung genau ist und was genau gelernt werden soll, ist fraglich. Bildungs- und Weiterbildungsbegriffe sind immer vor dem Hintergrund gesamtgesellschaftlicher Prozesse zu sehen. Jede Gesellschaft definiert spezifische Bildungs- und Weiterbildungsanforderungen und knüpft dabei meist an ältere Konzeptionen an. Bildungs- und Weiterbildungsinhalte werden entsprechend bestimmter gesellschaftlicher Anforderungen modifiziert. Zurzeit gerät der Bildungs- und Weiterbildungsbegriff zunehmend selbst in Misskredit. Kritiker behaupten, dass Bildung sich einer dynamischen und schnelllebigen wirtschaftlichen Entwicklung entgegenstellt, da sie das Alte hochschätze und nicht innovativ sei. Dabei wird vielfach nicht wahrgenommen, dass Bildungs- und Weiterbildungsziele in jeder Bildungs- und Weiterbildungsdiskussion explizit oder implizit von Bedeutung sind. Selbst die kritisierende Arbeitswelt formuliert Bildungs- und Weiterbildungsziele, und die Diskussion über die Ziele ist Teil der gesamtgesellschaftlichen Veränderungsprozesse.8 Wenn sich nun aber die Gesellschaft schon über die grundlegende Bedeutung des Begriffs Bildung, ebenso der Weiterbildung im Speziellen, in einem ständigen Prozess neu zu verständigen sucht, ist es Aufgabe der vorliegenden Arbeit, 8

Zu diskutieren wäre an dieser Stelle die These, dass zunehmend statt dem Bildungsziel das Ziel des Kompetenzerwerbs im Fokus steht.

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A Hinführung zum Thema

die Einschätzungen der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung, die sich durch den ergänzenden Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen ergeben und die daraus resultierenden strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen zu erforschen. Bei der Erforschung dieser Einschätzungen soll betriebliche Weiterbildung nicht ausschließlich als Wettbewerbsfaktor betrachtet werden, sondern zunehmend auch als ‚Bildungs- und Weiterbildungsgeschehen‘, das die strukturell notwendig gewordene Entwicklung der ‚eigenen Kraft‘ und der Persönlichkeit der Beschäftigten gewährleistet.9 Unter Weiterbildung wird gemäß der Definition des deutschen Bildungsrates aus dem Jahr 1970 die „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase“10 und nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder nach einer Familienphase verstanden. Weiterbildung setzt eine berufliche Erstausbildung voraus und kann in allgemeine, berufliche und betriebliche Weiterbildung differenziert werden. Unter betrieblicher Weiterbildung sollen im Rahmen dieser Arbeit alle betrieblich veranlassten oder finanzierten Maßnahmen verstanden werden, die dazu dienen, beruflich relevante Kompetenzen der Mitarbeiter oder des Unternehmens zu erhalten, anzupassen, zu erweitern oder zu verbessern. ARNOLD definiert betriebliche Weiterbildung wie folgt: „Betriebliche Weiterbildung ist […] ein konstruktives Element, eine Voraussetzung für die selbstorganisierte Entwicklung des Betriebes, während sie selbst ihre ‚neue‘, auf die Förderung der Selbstorganisationsfähigkeiten des Individuums und der Organisation gleichermaßen gerichtete […] Funktion dem gestiegenen Selbstorganisations- und Flexibilitätsbedarf der Betriebe verdankt. In dieser wechselseitigen Abhängigkeit von betrieblicher Selbstorganisation und betrieblicher Weiterbildung liegt auch die Möglichkeit einer relativen Autonomie des betrieblichen Lernens begründet.“11

Zusammenfassend ist Weiterbildung damit im engeren Sinne die Summe aller Maßnahmen zur Personalentwicklung12. In einem ganzheitlichen Unternehmens9 10 11 12

Vgl. ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 24. TIPPELT, R.: Erwachsenenbildung, 1999, 12. ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 49. Personalentwicklung untersteht dem Personalmanagement. Der Vollständigkeit halber werden beide Begriffe kurz erläutert. Personalmanagement stellt die Gesamtheit aller Ziele, Strategien, Instrumente und Aktivitäten dar, die sich auf das Personal des Unternehmens beziehen.

3 Thematische Eingrenzung der Arbeit

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konzept wird die Weiterbildung der Mitarbeiter strategisch in eine langfristige Unternehmensentwicklung eingeplant. Die Ziele der betrieblichen Weiterbildung wandeln sich allerdings ebenso durch die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse. „Ihr Ziel ist nicht mehr nur die Vermittlung von fachlichen und sozialen Qualifikationen, sondern zunehmend auch die Förderung der individuellen Besonderheiten und Stärken – also der Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“13

Aus Sicht der Politik, der Unternehmen und der Gewerkschaften ist die Verfolgung dieses Ziels aus Wettbewerbsgründen unerlässlich. Aus Mitarbeitersicht ergibt sich dieses Ziel aus Gründen der Beschäftigungsfähigkeit.14 „Die Notwendigkeit fortlaufender arbeitsplatznaher Weiterbildung in vielen Berufszweigen ist heute unbestritten. Dieser erhöhte Bildungsbedarf bringt jedoch zum einen erhöhte Kosten für betriebliche Weiterbildung als auch den Ruf nach zeitnahem und arbeitsplatzbezogenem Lernen mit sich.“15

Vor diesem Hintergrund gewinnt der Einsatz netzbasierten Lehrens und Lernens in der betrieblichen Weiterbildung an Bedeutung. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass in vielen Unternehmen, nach einer ersten Euphorie für das Thema, eine Art Ernüchterung folgte. Was konkret unter netzbasiertem Lehren und Lernen im Rahmen dieser Arbeit zu verstehen ist, wird in den nachfolgenden Kapiteln erläutert. Es wird netzbasiertes Lehren und Lernen synonym zu E-Learning verwendet. ‚E‘ steht dabei, als erster Bestandteil des Kompositums, für electronic, was den begrifflichen Zusammenhang von elektronischer Informationsverarbeitung und elektronisch unterstützter Kommunikation verdeut-

13 14

15

Die sich daraus bildenden umfassenden Managementaufgaben in einem Unternehmen werden rollenteilig von verschiedenen Akteuren wahrgenommen, insbesondere von der Unternehmensführung und den Personalmanagern aus dem Personalressort. Für die Verwirklichung strategischer Unternehmensziele sind Maßnahmen erforderlich, die auf die Entwicklung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Personals abzielen. Diese Aufgabe kommt der Personalentwicklung zu. Vgl. GABLER: Wirtschaftslexikon, 1993, 2564. WITTWER, W.: Kompetenzentwicklung, 2001, 120. Vgl. WITTWER, W.: Kompetenzentwicklung, 2001, 120.; Ergänzend dazu eine exemplarische Definition von GABLER zu Unternehmen. GABLER definiert Unternehmen als „rechtliche und organisatorische Wirtschaftseinheit, die Güter herstellen oder Dienstleistungen erbringen.“ GABLER: Wirtschaft, 2006, 343. MANDL, H./WINKLER, K.: Weiterbildungskultur. In: DOWLING, M./EBERSPÄCHER, J./ PICOT, A.: eLearning, 2003, 3.

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A Hinführung zum Thema

lichen soll, unter dem vielfältige Formen und Ansätze des Lernens mit digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien verbunden sind,16 die ausdifferenziert und in mehrperspektivischer, situations- und prozessadäquater Weise entfaltet werden. E-Learning umfasst neben den inhaltlichen, formalen, partizipativen und organisatorischen auch technisch-technologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte. Die Gewichtung kann je nach Lernziel unterschiedlich sein. Dabei können die Inhalte und Funktionen des netzbasierten Lehrens und Lernens in sich abgeschlossen sein oder gemeinsam mit Präsenz-Veranstaltungen eingesetzt werden. Diese Verschränkung von Präsenzlehre und E-Learning wird auch Blended Learning genannt, wobei idealerweise aus beiden Bereichen die Vorteile verknüpft werden. Außerdem kann elektronisches Lernen individuell, kooperativ, kollaborativ, synchron oder asynchron erfolgen. Abhängig von der jeweiligen E-Learning-Form ändern sich die Rollen, Aktivitäten und Zuständigkeiten der Lehrenden und Lernenden, aber ebenso die der technischen Anforderungen. Der Fokus liegt auf dem Lernen und nicht auf dem Lehren, denn Lernen kann nicht gelingen, wenn der Lernende es selbst nicht will.17 Dennoch ist die Rolle des Lehrenden nicht überflüssig. Nach wie vor wird qualifiziertes Bildungspersonal benötigt, das den Lernstoff aufbereitet und den Lernenden bei seiner Arbeit unterstützt.18 Mit der Flexibilität können die Vorteile des E-Learning, wie zeitliche und örtliche Unabhängigkeit, inhaltliche und methodische Aktualität, wirtschaftlicher und schneller Einsatz für unterschiedliche Zielgruppen, Vernetzung von Personen und Organisationen, unproblematische Kommunikation, zielorientiert anvisiert werden. Netzbasiertes Lehren und Lernen ist also keineswegs ausschließlich als eine Technologie zu begreifen. Vielmehr sind die angewandten pädagogischen Prinzipien und didaktischen Strategien für den Lernerfolg genauso bedeutungsvoll. Diese sind zunächst festzulegen, so dass die Technik angepasst werden kann. Bei anderer Prioritätenverteilung wird netzbasiertes Lehren und 16 17

18

Vgl. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 29. Zu diskutieren wäre hier, ob eine generelle Verwendung des ‚e-Learning’ anstelle des ‚E-Learning’ nicht sinnvoller wäre, um bereits durch die Schreibweise des ‚E/e’ den Fokus auf das Lernen und nicht zu konzentriert auf den elektronischen Anteil daran zu richten. Da sich aber bereits die Schreibweise E-Learning im Untersuchungsbereich eingebürgert hatte, wurde diese im Rahmen dieser Arbeit übernommen. Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 45f.

3 Thematische Eingrenzung der Arbeit

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Lernen vielfach auf das Manipulieren und das Übermitteln von Informationen beschränkt, ohne dass grundsätzlich die Rede von einem zielorientierten Lernprozess sein kann. Der Fokus bei einer E-Learning-Anwendung liegt also auf dem Lernprozess, der in Szenarien abläuft, in die gezielt multimediale und (tele-) kommunikative Technologien integriert werden. Generell gilt in dieser Arbeit demzufolge: Netzbasiertes Lehren und Lernen ist in der betrieblichen Weiterbildung nicht an sich und um jeden Preis einzusetzen, sondern immer eingebunden als eine Möglichkeit im Gesamtpaket ‚betriebliche Weiterbildung‘.

4 Inhaltlicher Aufbau der Arbeit An die vorgestellte Forschungsfrage wird mit empirisch sozialwissenschaftlichen Methoden herangegangen. Diese ließen sich auf beobachtbare Sachverhalte im Untersuchungsbereich anwenden, und zwar mit der quantitativen Methode des Fragebogens und der qualitativen Methode des leitfadengestützten Experteninterviews, die verlässliche Daten liefern sollen. Für die Analyse, Planung, Durchführung und Nachbereitung wurde im Vorfeld mit dem ‚heuristischen V‘ nach GOWIN und NOVAK eine Struktur festgelegt, die sich im inhaltlichen Aufbau der Arbeit wieder findet (s. Abb. 1). Im Fokus des ‚V‘ steht die Forschungsfrage, die zugleich Handlungsanleitung für das weitere Vorgehen ist. Auf der einen Seite repräsentiert der Forschungsbereich die theoretisch-konzeptionelle Seite des Wissens und auf der anderen Seite stellt der Praxisbereich die Aktivität des Handelns, das methodische Wissen dar. Beide Seiten werden durch das Ziel verbunden, praktische Implikationen zu skizzieren. Das einleitende Kapitel ‚A‘ erfüllt drei Aufgaben: Erstens sollen die Forschungsfrage und das Interesse an der Thematik in jüngster Zeit vorgestellt werden. Zweitens wird auf netzbasiertes Lehren und Lernen und die betriebliche Weiterbildung auf definitorischer Ebene eingegangen. Drittens sollen die angewandten Methoden skizziert werden. Kapitel ‚B‘ erörtert den Forschungskontext zu den Wandlungstendenzen in der betrieblichen Weiterbildung. Dieses Kapitel wird den nachfolgenden Kapiteln vorangestellt, da ein Überblick über den aktuell viel diskutierten E-Learning-Einsatz in der betrieblichen Weiterbildung in Unternehmen die Basis für die weiteren Überlegungen bildet. Das sich anschließende Kapitel ‚C‘ thematisiert den Forschungsgegenstand im Hinblick auf die strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen. Kapitel ‚D‘ wendet sich dem methodischen Design der Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld der Deutschen Telekom zu, wobei die eingesetzte quantitative und qualitative empirische Methode in den Blick genommen wird. In diesem Kapitel erfolgt die Integration der Fallstudie und der empirischen Forschungsmethode in ein Kapitel aufgrund des sachlichen Zusammenhangs

16

A Hinführung zum Thema

‚Forschungsbereich’

‚Praxisbereich’ Forschungsfrage

Themenhinführung (Kapitel A)

Methodisches Design (Kapitel D)

Forschungskontext (Kapitel B)

Ergebnisdarstellung (Kapitel E)

Forschungsgegenstand (Kapitel C)

Ergebnisinterpretation (Kapitel F)

Praktische Implikationen (Kapitel G)

Abbildung 1:

Herangehensweise an die Beantwortung der Forschungsfrage

zwischen den analytisch-literarischen Kapiteln und den ergebnisorientierten Kapiteln. Es dient mit den notwendigen methodisch-fallspezifischen Informationen für die nachfolgenden Kapitel als eine Art Überleitung. In Kapitel ‚E‘ werden die erzielten quantitativen und qualitativen Ergebnisse dargestellt, wobei die Analyse des Einzelfalls ‚Telekom Training‘ vor dem Hintergrund der in Kapitel B und C auf allgemeiner Ebene herausgearbeiteten Erkenntnisse steht. Der Aufbau der einzelnen Unterkapitel erfolgt nach ähnlichem Schema wie in Kapitel B, wobei einzelne Aspekte in Bezug auf die Fallstudie nicht getrennt betrachtet werden können, da die Ergebnisse erst durch die Verknüpfung mehrerer Themenkomplexe deutlich werden. Das sich anschließende Kapitel ‚F‘ widmet sich ‚forschungs- und anwendungsbezogenen Perspektiven der Interpretation‘. Es sollen hierbei die Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung der Arbeit herausgestellt werden. Kapitel ‚G‘ entwirft praktische Implikationen in Form eines ‚Vorgehensmodells zur Verbesserung eines ergänzenden E-Learning-Einsatzes‘ und Handlungsempfehlungen für ‚Telekom Training‘. Das abschließende Kapitel ‚H‘ fasst die analysierten Thesen dieser Arbeit systematisch zusammen.

B Wirkungen des Wandels in der betrieblichen Weiterbildung durch den Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen – Forschungskontext

1 Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur Der Wandel der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die technologische Entwicklung haben so rasant zugenommen, dass darin nur noch ein dynamisches und kein statisches Gleichgewicht mehr denkbar ist. Nach FREI ist die dauernde Bewegung die Lösung.19 Weiterbildung erhält daher für Unternehmen und deren Beschäftigte eine strategische Aufgabe. Um dies zu begründen und zu erhärten, werden im folgenden Kapitel zunächst ausgewählte Aspekte verschiedener gesamtgesellschaftlicher Wandlungsprozesse thematisiert, die einen Einfluss auf die betriebliche Weiterbildung haben. Es ist ein Versuch, unterschiedliche Prozesse, wie die ökonomischen und bildungspolitischen Veränderungen, den Lehr- und Lernkulturwandel und die technologischen Veränderungen zu charakterisieren. Im Forschungskontext geht es dabei um die Auswirkungen, die sich aus diesem gesamtgesellschaftlichen Wandel für die betriebliche Weiterbildung ergeben. Betriebliche Weiterbildung ist in einer Zeit des gesellschaftlichen Strukturwandels zu einer lebensbegleitenden Lernunterstützung zu entwickeln. Die Herausforderung liegt hierbei in der Entwicklungsoffenheit gegenwärtiger Veränderungen: Sie stellt Weiterbildung vor die Aufgabe, sich in Wandlungsprozesse auf ökonomischer und bildungspolitischer Ebene hineinzubegeben, Lernbedarfe prozessnah zu erkennen, zu unterstützen und diese Lernbegleitung in geeigneten institutionalisierten Formen abzusichern. Dabei ist der Einsatz innovativer Technologien zwar bislang kein zentraler, aber ein kontinuierlicher Gegenstand erwachsenenpädagogischen Interesses. Gefordert ist daneben besondere Sensibilität gegenüber dem technologischen Wandel im Bereich des netzbasierten Lehrens und Lernens, vor allem in der betrieblichen Weiterbildung. Des Weiteren werden der demografische und strukturelle Wandel sowie die technologischen Veränderungen angesprochen. Damit wird der Blick geöffnet auf eine enorme Vielfalt von Aspekten, die vertiefend behandelt werden. In den nachfolgenden Kapiteln soll der Fokus nicht auf einen spezifischen Teilbereich, sondern auf vielfältige Aspekte der Wirkungen des Wandels in der betrieblichen 19

Vgl. FREI, F.: Voodoo-Management, 2006, 88.

20

B Forschungskontext

Weiterbildung, bedingt durch gesamtgesellschaftliche Veränderungen, gelegt werden.

1.1 Gesamtgesellschaftliche Trends Veränderungen in den unterschiedlichsten Bereichen sind omnipräsent geworden. Jene, die noch vor einigen Jahren nicht denkbar waren, deren Wirklichkeit Vorstellungen übertroffen hat, sind zu ‚Alltagsthemen‘ geworden. Eine zunehmende Veränderungsdynamik ist zur Begleiterscheinung dieses Wandels, der sich mit dem Begriff Change charakterisieren lässt, geworden. Heute ist der Anfang der Informationsgesellschaft längst überschritten. Es werden neue gesellschaftliche Strukturen und Kompetenzprofile entwickelt, die die Bevölkerung stärker betreffen werden, als ihr zurzeit bewusst ist. Basis für eine erfolgreiche Informations-Ökonomie bleibt aber weiterhin eine funktionierende Industrie, die im Interesse einer steten Produktivitätssteigerung die klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Rohstoffe und Kapital im Rahmen des Möglichen verstärkt und mit ständig zunehmender Tendenz einsetzt. Für die neuen Informationsprodukte gelten neue ökonomische Regeln. Information ist eine Ressource, die sich nicht erschöpft, sondern die sich durch ihren Gebrauch sogar noch vermehrt. Der Marktpreis eines Informationsproduktes wird zunehmend über die Exklusivität bestimmt und weniger von der aufgewandten Arbeitszeit. Während die klassischen Wettbewerbsfaktoren an Bedeutung verlieren, werden die Faktoren Zeit und Aufmerksamkeit zunehmend zu dominierenden Wettbewerbsfaktoren. Gerade dann, wenn eine Überflutung von Informationsprodukten entsteht, wird ihr Wert über Exklusivität und Aufmerksamkeit ihrer Kunden bestimmt. Aufmerksamkeit wird zum kritischsten aller Erfolgsfaktoren in der Informationsgesellschaft.20 Er tritt ebenfalls im demografischen und strukturellen Wandel der Wirtschaft auf vielfältige Weise hervor, welcher den nachfolgenden thematischen Schwerpunkt darstellt.

20

Vgl. LANDMESSER, M.: Wandel, 2000, 4.

1 Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur

21

1.1.1 Demografischer und struktureller Wandel der Wirtschaft Der demografische Wandel zeigt sich mit aller Gewalt in einer älter werdenden Gesellschaft21 und in einem kontinuierlichen Geburtenrückgang. Belegt wird das durch die Bevölkerungsentwicklung der Vergangenheit und deren Fortschreibung in der Zukunft. Die öffentliche Debatte darüber ist durch eine beständige niedrige Fertilitätsrate22 und eine Lebenserwartung, die, dem Trend der letzten Jahre folgend, weiter ansteigt, immer noch von Alarmismus und Panikmachen geprägt. Diese ausgewählten Aspekte ließen sich ohne weiteres durch eine Vielzahl weiterer negativ konnotierter Aspekte ergänzen, doch das ist nicht Ziel dieser Arbeit. Es soll lediglich ein Einblick geboten werden, um die weiteren forschungsrelevanten Überlegungen in den Wandlungsprozess der betrieblichen Weiterbildung einbetten zu können. Wie jede Veränderung birgt auch die demografische Entwicklung Risiken und Chancen, gerade was die Entwicklung der Wissensgesellschaft und den Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in der betrieblichen Weiterbildung betrifft. Die Entwicklung hin zur Wissensgesellschaft stellt generell für die Weiterbildung eine Herausforderung dar. Gerade in Bereichen der Weiterbildung findet Bildung nicht nur informell außerhalb von organisierten Kontexten, sondern insbesondere im Rahmen eines berufsorientierten, lebenslangen Lernens immer häufiger auch in Unternehmen statt. Dabei handelt es sich zum einen um Unternehmen, deren primäres Ziel Weiterbildung ist, und zum anderen um Unterneh-

21

22

Da der Begriff Gesellschaft in der Alltags- und Wissenschaftssprache vielfach verwendet wird, soll seine hier verwendete Bedeutung kurz herausgestellt werden. Angelehnt an REINHOLD, G./LAMNEK, S./RECKER, H. wird Gesellschaft bezeichnet als die „umfassende Ganzheit eines dauerhaft geordneten, strukturierten Zusammenlebens von Menschen innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs“. REINHOLD, G./LAMNEK, S./RECKER, H.: Soziologielexikon, 1997. Im biologischen Sinn wird bereits die potenzielle Fähigkeit, sich fortzupflanzen, als Fertilität aufgefasst. Demgegenüber bezeichnet der Begriff Fertilität in der Demografie nur die tatsächlich realisierten Geburten einer Einzelperson, eines Paares, einer Gruppe oder einer gesamten Bevölkerung. Unter Fertilitätsrate wird hier demnach die Anzahl der Kinder bezeichnet, die eine Frau während ihres Lebens zur Welt bringt. In Deutschland beträgt die Fertilitätsrate 1,3. Eine Gesellschaft mit einer ‚stabilen‘ Bevölkerung weist eine Rate von 2,1 auf. Für die nächsten Jahre wird sich laut EU die Fertilitätsrate in Deutschland nicht wesentlich ändern. Vgl. http://www.zukunftsradar2030.de/images/pdf/Glossar.pdf, gefunden am 07.11.2006.

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B Forschungskontext

men, in denen Menschen Produkte oder Dienstleistungen erstellen.23 Als weitere Form gibt es Unternehmen, die beides verkörpern. Um dies in einer veränderungsbewussten Gesellschaft leisten zu können, ist es notwendig, dass sich Unternehmen durch ein hohes Potenzial an Lernfähigkeit und Veränderungsbereitschaft auszeichnen. Es ist nicht nur ihre Aufgabe, sich ständig auf die Prämissen wie Schnelllebigkeit, Kundenorientierung oder Marktfähigkeit einzustellen, sondern auch neues Wissen zu produzieren. Vielfach besteht die Wettbewerbsfähigkeit einiger Produkte und Dienstleistungen gerade in ihrem inkorporierten Wissen. Dies wird vielfach in den Management-Ansätzen des organisatorischen Lernens und des Wissensmanagements reflektiert. Klassische Weiterbildungsformen stoßen an ihre Grenzen, wenn es darum geht, neues Wissen zu generieren und nicht nur vorhandenes Wissen weiterzugeben. Bedingt durch den gesamtgesellschaftlichen Wandel wird sowohl die Entwicklung von Kompetenzen als auch das Lebenslange Lernen des Individuums mit dem Ziel Kompetenzerhalt und -aufbau bedeutsamer. 1.1.2 Technologische Veränderungen: Globale Vernetzung und E-Business in Unternehmen Die demografischen, strukturellen und technologischen Veränderungen werden begleitet durch eine zunehmende Dominanz und den Einsatz von Informationsund Kommunikationstechniken in der betrieblichen Weiterbildung, deren energische, aber flüsternde Revolution hier skizziert wird. Dabei stütze ich mich exemplarisch auf LANDMESSER.



Fast jedes Mittelklasseauto hat bereits mehr Computerleistung unter der Karosserie als die Mondfähre, die die ersten Menschen auf den Mond brachte.



Jedes Nintendo-Spielgerät der Schulkinder hat mehr versteckte Computerleistung als der Großcomputer, den die amerikanischen Generäle vor 25 Jahren zur gesamten Steuerung der strategischen Raketen zur Verfügung hatten.



Ein fingernagelgroßer Halbleiterchip kann heute den gesamten Text des 24bändigen Brockhaus speichern. Vor 18 Jahren reichte diese Speicherkapazität gerade mal für 4 Seiten.

23

Vgl. BÖNNIGHAUSEN, M./WILKESMANN, U.: Wissensmanagement, 1. gefunden unter http://www.die zeitschrift.de/22005/boennighausen05_01.htm am 09.11.2006.

1 Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur



23

Technische Insider können über unsere so genannte Datenautobahn nur müde lächeln. In ihren Entwicklungslabors werden ultraschnelle Datenübertragungsraten erreicht. Der Text aller Ausgaben einer Tageszeitung über 300 Jahre hinweg kann in einer einzigen Sekunde über ein Glasfaserkabel übertragen werden.24

Im Vergleich zu anderen Bereichen bewegt sich die Informations- und Kommunikationstechnik nicht im typisch mikroinkrementellen, sondern eher im makroinkrementellen Verbesserungsbereich. Die Datenvolumen haben sich und werden sich um Zehnerpotenzen steigern und damit das Preis-Leistungsverhältnis verbessern. Es gibt kaum eine andere Branche, die sich derart spannend um die Faktoren zehn bis tausend verändert und in den nächsten zehn Jahren weiter verändern wird. Bisher sollte sich der Mensch an die Maschine anpassen. In Zukunft wird genügend Computerleistung zur Verfügung stehen, um die Computer an das menschliche idealtypische Verhalten anzupassen. Sicher, Veränderungen gab es schon immer, wie beispielsweise der Buchdruck, und sie wurden auch vor der digitalen Revolution mit geteilter Zustimmung aufgenommen. Jedoch sind das Tempo und die Unentziehbarkeit bislang einzigartig. Einige technische Innovationen machen dies deutlich: Zirka vierzig Jahre wurden für zehn Millionen Telefonanschlüsse benötigt, fünfundzwanzig Jahre für zehn Millionen Kabelfernsehanschlüsse, insgesamt neun Jahre für Videorecorder, zirka acht Jahre für Computer und nur knapp zwei Jahre für das World Wide Web. Immer dominierender und rascher hält der technische Wandel Einzug in den privaten und beruflichen Alltag des Menschen. Dieser Eingriff birgt nicht nur Chancen, sondern auch Risiken.25 Aufgrund des raschen technisch-technologischen Wandels sind die Potenziale der einen Erneuerung noch gar nicht exakt ausgelotet, während etwas Neues bereits die volle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Insofern ist eine erste und weit verbreitete Skepsis gegenüber Technologien erst einmal verständlich. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn die hervorgehobenen Aspekte des Diskurses, also die mehr oder weniger explizite Unterscheidung von positiven und negativen Innovationen, die Atemlosigkeit angesichts der Schnelllebigkeit und die Überflutung durch technisch-technologische Neuerungen können den Blick verengen. Veränderungen sind aber nur in den Griff zu bekommen, wenn eine sachliche Ausein24 25

Vgl. LANDMESSER, M.: Wandel, 2000, 2. Vgl. LANDMESSER, M.: Wandel, 2000, 2f.

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B Forschungskontext

andersetzung erfolgt. Im Rahmen dieser Arbeit stehen die globale Vernetzung, das Internet und das E-Business26 im Vordergrund. Es ist nahe liegend, dass die technologischen Fortschritte ihre Wirkungen auch in der Wirtschaft und somit auch in Bereichen der betrieblichen Weiterbildung haben und weiter haben werden. Das Internet als deutlichster Ausdruck dieses Wandels ist von vornherein ein globales Ereignis. Die Geschwindigkeit, mit der sich die neue Kommunikations- und Informationstechnik durchsetzt, scheint alles Vorhergehende in den Schatten zu stellen. Mittlerweile liegt die Zahl der Internet-Nutzer bereits weltweit im dreistelligen Millionenbereich. Dadurch werden Informationen zum vierten großen Wirtschaftsfaktor, sie sind so wichtig wie Rohstoffe, Arbeit und Kapital. Arbeit wird vermehrt von programmierten Maschinen geleistet und das Kapital fließt dorthin, wo erfolgreiche Ideen generiert werden. Gleichzeitig wird sich die Wettbewerbsposition derjenigen Anwender stärken, die diese Information aktiv nutzen. In der Vergangenheit waren Informationen überwiegend ein Kontrollinstrument, in jüngerer Zeit ein Rationalisierungsinstrument. Zukünftig wird der effiziente und effektive Umgang mit ihnen über Erfolg sowie Bestehen im globalen Wettbewerb mitentscheiden. Bei der Erforschung der im Zuge des Lehr- und Lernkulturwandels in der Weiterbildung veränderten Methoden, speziell der Auswirkungen elektronischer Medien auf die Dienstleistungen, Prozesse und Mitarbeiterstrukturen, wird sowohl das Selbstlernen als auch das methodisch-didaktische Visualisieren von Lernmodulen im Arbeitsprozess mit Unterstützung des Intranet, Internet und anderer Formen von E-Learning im Mittelpunkt stehen. In den ökonomischen Ordnungen des Wirtschaftssystems vollzieht sich gegenwärtig eine Revolution. Dabei ist das Thema E-Business, und es ist weit mehr als das, was wir heute schon unter dem Begriff E-Commerce27 kennen.28 Das ‚E‘ vor Business steht für elektronisch und bedeutet, dass sich auch Geschäftsabläufe in den Unternehmen verändern. 26 27

28

E-Business wird im Nachfolgenden näher erläutert. „Unter E(lectronic)-Commerce kann man die Verwendung von elektronischen Medien bei Transaktionen von Gütern, Informationen oder Dienstleistungen zwischen Geschäftspartnern und Kunden verstehen. E(lectronic)-Business schließt E-Commerce mit ein und integriert mittels neuer Medien sowohl die Austauschverhältnisse zwischen Unternehmen und Kunden bzw. Unternehmen und Geschäftspartnern als auch die internen Koordinationsmechanismen.“ SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 52. Vgl. LANDMESSER, M.: Wandel, 2000, 3.

1 Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur

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„E-Business bedeutet für ein Unternehmen letztendlich alle Geschäftsprozesse über das Internet/Intranet abzuwickeln, damit sind auch alle Funktionsbereiche wie Marketing, Vertrieb/Service, Beschaffung, Produktion und Logistik etc. betroffen. Dagegen bedeutet E-Commerce, Waren und/oder Dienstleistungen elektronisch zu präsentieren, zu verkaufen sowie Online die Transaktion und Zahlungen abzuwickeln, weitergehende Informationen über das Internet auszutauschen und dem Kunden über das Internet einen umfassenden Nutzen und Service zu bieten. E-Commerce ist da29 mit eine Untermenge von E-Business.“

Die bereits angesprochene Revolution vollzieht sich nicht im elektronischen Handel mit Verbrauchsgütern. Revolutionär ist vielmehr die entscheidende Veränderung bislang bestehender Strukturen und Abläufe in den Profit-Organisationen, die durch das ‚E‘ hervorgerufen wird. Zusammengefasst ist darunter die „Nutzung innovativer, vernetzter Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung und Optimierung inner- und zwischenbetrieblicher sowie kundenbezogener Geschäftsprozesse“30 zu verstehen. Die Unterstützung der Geschäftsprozesse durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien setzt allerdings voraus, dass geschäftsrelevante Botschaften und Transaktionen so in elektronischer Form dargestellt werden, dass sie über Bereichsund Unternehmensgrenzen hinweg austauschbar sind.31 E-Business schließt dabei generell elektronische Wechselbeziehungen zwischen den Beschäftigten und den Kunden eines Unternehmens ein. Grundlegend für den Erfolg von E-Business ist daher die Festlegung auf Standards. Durch die Verwendung von Standards lassen sich geschäftsrelevante Prozesse schneller, automatisierter und effizienter durchführen, auch in Bereichen der Weiterbildung. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien verändert nicht nur die ProfitBereiche, sondern auch die Non-Profit-Bereiche der Wirtschaft. Kaum eine Branche kann sich dem Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnologien entziehen, auch nicht der Bereich der betrieblichen Weiterbildung. Der verstärkte Einsatz von Technologien und die dadurch ermöglichte Vernetzung haben Auswirkungen, die die Weiterbildung tiefgreifend mit verändern. Dabei haben Studien gezeigt, dass es nicht ausreicht, den Mitarbeitern lediglich die Technik und verschiedene Lernprogramme zur Verfügung zu stellen, sondern dass nach wie vor das Bildungspersonal seine Berechtigung hat. 29

30 31

http://www.webagency.de/infopool/mittelstand/geschaeftschancen.htm, gefunden am 09.11.2006. Studie eBusiness-Barometer 2006/2007, 9. Vgl. Studie eBusiness-Barometer 2006/2007, 28.

26

B Forschungskontext

1.2 Implikationen aus ökonomischer und bildungspolitischer Sicht: Das Lebenslange Lernen „Lifelong Learning is…. the development of human potential through a continuously supportive process which stimulates and empowers individuals to acquire all the knowledge, values, skills and understanding they will require throughout their lifetimes and to apply them with confidence, creativity and enjoyment in all roles, circumstances, and environments.”32

Vor dem Hintergrund einer allgemeinen Infragestellung der Bildungssysteme und im Kontext der Ereignisse in den 68er Jahren wurde durch eine Reihe von Berichten und Veröffentlichungen der Begriff des ‚Lebenslangen Lernens‘ eingeführt. Mit Beginn des Jahres 1996, dem Jahr, in dem der Begriff des Lebenslangen Lernens verbreitet wurde, gab es in Deutschland vermehrt Diskussionen über das Lebenslange Lernen33. Dahinter standen insbesondere die beiden Paradigmen, dass das Lernen nicht stufenweise in Lebensphasen (Kind, Jugend, Erwachsensein und Alter) und in dazu passenden Institutionen (Schule, Berufsausbildung, Weiterbildung) abläuft und zweitens, dass es nicht auf das Lehren, sondern verstärkt auf das Lernen der Menschen in ihrem Lebenslauf ankommt.34 LLL wurde daher im Wesentlichen durch das Konglomerat aus individuellem, gesellschaftlichem und beruflichem Bereich zu einem entscheidenden Faktor für eine nachhaltige Entwicklung. Diese Entwicklung stellt aufgrund der rasanten Veränderungen der Qualifikationsanforderungen und des demografischen Wandels eine Herausforderung dar,35 die durch stete Weiterbildung und Kompetenzentwicklung motivieren soll, immer wieder neue Brücken zwischen Indivi32 33

34 35

LONGWORTH, N.: Lifelong Learning, 1996, 22. Im Weiteren wird für Lebenslanges Lernen die Abkürzung LLL verwendet. Synonym wird auch Lebensbegleitendes Lernen (LBL) verwendet. Vgl. NUISSL, E.: Einführung, 2000, 132. Gemäß den Erkenntnissen bevölkerungsstatistischer Studien wird erwartet, dass sich bis 2050 der Anteil der unter 20jährigen von derzeit 21 Prozent auf 16 Prozent verringern, der Anteil der 60jährigen und älteren Menschen sich dagegen von 22 Prozent auf 37 Prozent spürbar erhöhen wird. Vgl. http://www.bmfs fj.de/Politikbe reiche/Aeltere-Menschen/demographischer-wandel.html, gefunden am 22.09.2004.

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duum und Arbeitswelt zu schlagen, die einen aktuellen Kenntnisstand ermöglichen. Demnach hört Lernen nach Schule, Ausbildung oder Studium nicht auf, da es ein wesentliches ‚Werkzeug‘ zum Erlangen von Bildung36 und somit für die Gestaltung individueller Lebens- und Arbeitschancen ist. LLL durchbricht die herkömmlichen Strukturen, d. h. die aufeinander folgenden Abschnitte eines Bildungsweges. Oft bedeutet LLL allerdings mehr als einen Anpassungsprozess von Qualifikationen37 an neue Erfordernisse, die aus dem technischen Fortschritt gewachsen sind, denn dieser Fortschritt verlangt ein permanentes, flexibles ‚updating‘ von Kompetenzen38, die soweit wie möglich in den Arbeitsprozess integriert werden. LLL bedeutet also mehr, als sich geforderte Qualifikationen anzueignen oder diese zu erweitern. Es umfasst eine Gesamtheit von formellen, non-formellen und informellen Lernformen, die sich über die gesamte Lebensspanne hinweg ergänzen.39 Es bildet ein Netzwerk, eine Verzahnung von bislang segmentierten Bildungsbereichen und integriert Vorschulbildung, schulische Bildung, Berufsbildung, Hochschulbildung sowie allgemeine und berufliche Weiterbildung zu einem aufeinander aufbauenden transparenten Gesamtsystem.40 Nach dem Konzept des LLL wird das gesamte Bildungssystem zunehmend nicht mehr von

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37

38

39 40

Landmesser vertritt allerdings die Meinung, dass das, was genau unter Bildung zu verstehen ist, wie sie zustande kommt und woran sie letztlich festzumachen ist, ungeklärt und kaum endgültig zu klären ist. Vgl. dazu LANGEWAND, A.: Bildung, 2000, 69-98. „In Deutschland wird Qualifikation als zertifizierte (geprüfte) Qualifikation verstanden und in Bildungsabschlüssen bzw. den ihnen zugeordneten Schul- und Ausbildungsjahren gemessen.“ VOLKHOLZ, V.: Lernen und Arbeiten, 2001, 380. In Kapitel B 3.4.1 werden die Begriffe Qualifikation und Kompetenz näher erläutert, da sie in jenem Kontext von größerer Bedeutung sind. Daher soll an dieser Stelle die Feststellung genügen, dass Kompetenz häufig im Sinne von Qualifikation verwendet wird. Die unverwechselbaren individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften lassen sich allerdings nicht mit dem Begriff der Qualifikation erfassen. Kompetenzen erhalten aufgrund ihrer individuell-subjektiven Dimension ihre Bestimmung. Qualifikationen sind dagegen subjektunabhängig. Vgl. PAWLIK, A./MÜNCHHAUSEN, G./WITTWER, W.: Kompetenzentwicklung, 2003, 14f. Vgl. TIPPELT, R.: Lernen für Pädagogen, 2004, 108. Vgl. SCHLUSSBERICHT DER UNABHÄNGIGEN EXPERTENKOMMISSION – Finanzierung Lebenslangen Lernens: Zukunft, 2004, 6.

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Institutionen und von der Lehre definiert, sondern von den Personen, die lernen.41 Dadurch ermöglicht und erfordert das Konzept des LLL Eigenverantwortung des lernenden Individuums auf seinem Bildungsweg.42 Lernen ist untrennbar mit Verantwortung des Einzelnen für seine Entwicklung und für die Gestaltung der eigenen Berufslaufbahn verbunden. Durch die Übernahme dieser Verantwortung bleibt er beschäftigungsfähig43: „For the individual, learning is employability and employability is learning. For the organization, learning is survival and survival is learning. For both, lifelong learning is lifelong earning.”44

Lernen und Beschäftigungsfähigkeit korrelieren zunehmend: Nur, wenn das Individuum lernbereit ist, hat es die Chance beschäftigungsfähig zu werden. Nur, wenn das Individuum bereit ist, lebenslang weiter zu lernen, dann bleibt es auch beschäftigungsfähig. Im Rahmen einer Gesamtstrategie des LLL werden insbesondere bildungspolitische45 Zielsetzungen verfolgt: Erhöhung der Transparenz, Verbesserung der Beratung, Sicherung der Qualität aller Bildungsbereiche, Förderung neuer Lehrund Lernkulturen, Zertifizierung von Weiterbildungsleistungen und Schaffung eines lernförderlichen Umfeldes für Menschen in speziellen Lebenslagen.46 In erster Linie soll durch das Prinzip LLL eine Grundlage für mehr Beschäftigungsfähigkeit gelegt werden. Sowohl für Führungskräfte als auch für Mitarbei41 42

43 44 45

46

Vgl. NUISSL, E.: Einführung, 2000, 133. Vgl. SCHLUSSBERICHT DER UNABHÄNGIGEN EXPERTENKOMMISSION – Finanzierung Lebenslangen Lernens: Zukunft, 2004, 6. Für ‚Berufsfähigkeit‘ wird vielfach der Begriff ‚employability‘ verwendet. LONGWORTH, N.: Lifelong Learning, 1996, 64. In Deutschland wurden erste Konzepte in den 1990er Jahren wirksam, wie die Veröffentlichung der europäischen Kommission zur Vorbereitung des Europäischen Jahres des LLL 1996 oder der Bericht der UNESCO unter Leitung von J. Delors. Die Bundesregierung hat diese Anregungen aufgenommen, beispielsweise im Modellversuchsprogramm LLL der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung. Aus diesen Veröffentlichungen wird explizit der Aspekt des LLL als einer bildungspolitischen Strategie berücksichtigt; denn die damit verbundenen gesellschaftlichen Umbruchs- und Herausforderungssituationen, die durch Stichworte wie demografischer Wandel, Effizienzwettbewerb etc. gekennzeichnet sind, stellen einen wichtigen Komplex dieser Arbeit dar. Vgl. SCHLUSSBERICHT DER UNABHÄNGIGEN EXPERTENKOMMISSION – Finanzierung Lebenslangen Lernens: Zukunft, 2004, 6f.

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ter wird LLL, d. h. die kontinuierliche Entwicklung ihrer beruflichen Qualifikationen und Kompetenzen, zu einer Frage des Bestehens. Denn angesichts der Schnelllebigkeit im Arbeitsalltag veraltet einst erworbenes berufliches Knowhow47 in immer kürzeren Abständen. Somit gilt das Prinzip des LLL als bedeutender Innovations-48 und Wettbewerbsfaktor. Auch wenn aufgrund des schleppenden Fortschrittes des E-Learning die Anzahl der Skeptiker nach einer ersten Euphorie der 90er-Jahre wieder zunimmt, ist LLL hier ohne eine Verbindung zu Informations- und Kommunikationstechnologien nicht realisierbar.49 „Ohne E-Learning kann die notwendige individuelle Kompetenzentwicklung mit den Veränderungen von Arbeitswelt und Alltag nicht Schritt halten.“50

Für die Wettbewerbsposition eines Unternehmens sind Innovationen und Qualifizierungen des Personals langfristig von großer Bedeutung, zumal beide miteinander verknüpft sind. Innovationen, insbesondere im Informations- und Kommunikationssektor, erzeugen neue oder veränderte Qualifikations- und Kompetenzanforderungen, auf die mit Qualifizierung und individueller Kompetenzentwicklung im Rahmen der betrieblichen Weiterbildung reagiert werden sollte, um sie wirksam werden zu lassen. Denn je rascher sich ein Unternehmen zu einer lernenden Organisation51 entwickelt, umso besser wird es für den sich 47

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49

50

51

„Inbegriff von Kenntnissen und Erfahrungen technischer, administrativer oder finanzieller Natur, die im Betrieb eines Unternehmens oder in der Ausübung eines Berufs anwendbar sind.“ http://www.wissen.de/xt/default.do?MENUNAME=Suche&SEAR CHTYPE=topic&query=know-how, gefunden am 22.09.2004. „Der Begriff Innovation bedeutet so viel wie ‚Einführung einer Neuerung‘ und geht auf das lateinische Wort ‚innovatio‘ zurück. Meist wird es auf technische Neuerungen bezogen, es kann aber auch soziale, organisatorische oder sonstige Neuerungen meinen. Innovationen, das heißt nicht nur, neue Technologien einzusetzen, es heißt auch, bessere Arbeitsbedingungen zu entwickeln, für eine intaktere Umwelt zu sorgen und effizientere Abläufe einzuführen.“ http://www.bmbf.de/de/1316.php, gefunden am 05.10.2004. Vgl. LAUR-ERNST, U.: Bedingung für LLL, 2004. In: ZINKE, G./HÄRTEL, M.: EL, 2004, 11. LAUR-ERNST, U.: Bedingung für LLL, 2004. In: ZINKE, G./HÄRTEL, M.: EL, 2004, 11. „Die Lernende Organisation ist eine organisatorische Gestaltungsphilosophie, deren Kernelemente im theoretischen Feld verhaltenswissenschaftlicher Aspekte angesiedelt sind. Für ihren herausragendsten Vertreter, P. M. Senge, ist das Lernen eine qualitative Steigerung des Wissensstands, die eine Verbesserung der Fähigkeit, effektiv zu handeln, mit sich bringt.“ FÜSER, K.: Management, 1997, 167.

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verschärfenden Wettbewerb am Markt52 gewappnet sein. Der Mensch mit seinen Kompetenzen ist demnach als ‚Wettbewerbsfaktor‘ in den Mittelpunkt gerückt und für die Bewältigung beruflicher und sozialer Anforderungen im Arbeitsleben wird durch LLL als ein Schlüsselelement eine wesentliche Grundlage geschaffen. Lernen als lebenslanger Prozess ist nun nicht mehr nur ein momentanes Sich-Einlassen auf situative Problemlagen, sondern wird zunehmend zu einem die Berufsbiografie beeinflussenden Prinzip erhoben. Für die Beschäftigten ergibt sich daraus, dass nicht mehr nur fachliches Wissen von höchster Priorität ist. Mehr und mehr sind Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen sowie Medienkompetenz, breit gefächertes Wissen, die Fähigkeit lebenslang zu lernen und die Erkenntnis, wann was zu lernen ist und wo es vorzufinden ist, erforderlich. Kompetenz im Sinne von Handlungsfähigkeit bedeutet deshalb heute, über die für die jeweilige Position erforderliche Bandbreite an Fähigkeiten zu verfügen. Sie beinhaltet das individuelle Vermögen, sich in immer neuen Situationen und unter stets neuen Anforderungen zu bewähren. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Forderung des LLL, sondern dies stellt zugleich eine Voraussetzung für das Bestehen in einer Zeit des Wandels dar – Wandel nicht nur in ökonomischen und bildungspolitischen Bereichen, sondern auch in denen des Lehrens und Lernens.

1.3 Zum Lehr- und Lernkulturwandel Es herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass mit dem Lehr- und Lernkulturwandel das Motto vom LLL und die damit verbundene besondere Bedeutung der multimedialen Lehr-Lern-Arrangements omnipräsent geworden sind. Lehr- und Lernkultur wird als eine in permanenter Entwicklung befindliche, abhängige Variable bezeichnet, die sich aus einer Summe unabhängiger Variablen zusammensetzt. Diese verhalten sich komplementär zueinander und unterliegen nur streckenweise einem direkten Einfluss. Lehr- und Lernkultur ist somit das Ergebnis von Bedingungs- und Entscheidungsfeldern eines ständigen Entwicklungsprozesses.53 Eckpunkte des aktuellen Wandels der Lehr- und Lernkultur sowie

52

53

„Markt ist der Ort, an dem Angebot und Nachfrage nach Gütern und Leistungen aufeinander treffen. Im Wirtschaftsleben gibt es eine unübersehbare Vielzahl von Märkten.“ MÜHLBRADT, F. W.: Wirtschaftslexikon, 1999, 228ff. Vgl. HILLIGER, B./JÄGER, A./UHLMANN, M.: Lernkultur, 2005, 173.

1 Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur

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die Umrisse einer neuen Lehr- und Lernkultur in Unternehmen sollen den Begriff stärker konturieren. 1.3.1 Aspekte der Veränderung der Lehr- und Lernkultur Im Zentrum der hier vertretenen Position von Lern-Kultur steht die Auffassung, dass es sich dabei um geistige Tätigkeiten handelt. Von Tätigkeiten zu sprechen, wenn es um Lernen geht, ist in der Literatur zum Lehren und Lernen in der institutionalisierten Weiterbildung inzwischen üblich geworden. Darauf bezieht sich ebenfalls der Begriff des didaktischen54 Handelns. Er lässt sich aber ebenso auf die Beschreibung des Lernens und der Lernkultur hin ausweiten, wenn diese außerhalb des institutionalisierten Lehrens und Lernens angesiedelt sind. Dabei handelt es sich bei Lern- und Lehr-Kulturen um ‚keine pädagogischen Kategorien‘; es ist den Beteiligten zumeist nicht bewusst, dass sie zu einem großen Teil die bestehende Lern-Kultur selbst erzeugen. Lern- und Lehr-Kultur sind im Übrigen Begriffe, deren Inhalt nicht einheitlich zu definieren ist. Kultur wird allgemein verstanden als Kulturgut55 und ist etwas Lebendiges, organisch Gewachsenes, das der Pflege bedarf und gestaltet, nicht aber technisch erzeugt werden kann. Zudem sind unter Kultur der menschliche Umgang und die 54

55

„Das Wort Didaktik ist abgeleitet vom griechischen Verb DIDASKEIN, was soviel wie lehren, aber auch belehrt werden oder sich aneignen bedeutet. Das griechische Substantiv DIDAXIS bedeutet soviel wie Lehre, Unterricht oder Unterweisung. Die DIDAKTIKE TECHNE war für die Griechen die Lehrkunst. Die Didaktik beschäftigt sich heute im weitesten Sinne mit der Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens; mit dem Lernen in allen Formen und dem Lehren in allen Möglichkeiten unter Berücksichtigung kultureller, individueller und sozialer Bedingungen; sie ist Bildungslehre.“ KRAWITZ, R.: Didaktik. http://didaktik-krawitz. de/, gefunden am 19.12.2006. Als Kulturgut werden materielle und immaterielle Erscheinungs- und Ausdrucksformen von Kultur genannt. Der Begriff ist ebenfalls wie der Kulturbegriff selbst unscharf und dient sowohl zur Nennung einzelner Objekte oder Inhalte (‚Kulturgüter‘), als auch zur Nennung einer Gesamtheit kulturell relevanter Gegen-stände, das ‚Kulturgut‘ schlechthin. ‚Kulturgüter‘ oder ‚Kulturgut‘ können sowohl Gebäude und Gegenstände von kultureller Bedeutung sein (beispielsweise Baudenkmäler wie Kirchen, Klöster, Schlösser), als auch die Bestände von Bibliotheken, Archiven und Museen. Meist wird der Begriff benutzt, wenn es um den erfolgten oder drohenden ‚Verlust‘ oder umgekehrt um den ‚Erhalt‘ von bewahrens- oder schützenswerten Kulturgütern geht. Vgl. http://kulturgut.know-library.net/, gefunden am 17.12.2006.

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allgemeinen kulturellen Betätigungen zu fassen. Dem Kulturbegriff kommt in der Kulturanthropologie ein gesonderter Stellenwert zu. Vor allem folgende Sachverhalte können als bestimmend für das kulturanthropologisch orientierte Kulturverständnis gelten: „Kultur als Manifestation menschlicher Kulturfähigkeit und Kulturabhängigkeit, Kultur als Handeln und Denken in Auseinandersetzung mit ‚den differenzierten natürlichen als auch den differenzierten und sich wandelnden historisch-gesellschaftlichen Umwelten‘, Kultur als ‚Gesamtkultur‘, an der in Abhängigkeit ‚von dem eingenommenen und zugebilligten Status innerhalb der gesellschaftlichen Machtverhältnisse‘ die ‚einzelnen menschlichen Gruppen‘ unterschiedlich teilhaben; Kultur als ‚praktizierte Kultur‘, d. h. die einer menschlichen Gruppe als die ‚gemeinsamen Formen und Prozesse des Lebensvollzugs‘; Kultur als ‚Verhaltens- und Gestaltungsbereiche‘, die differentiell als ‚Bereiche der materiellen Lebenssicherung, der sozialen Lebensordnung und Interaktionen und der ästhetischen und wertorientierten Umweltauseinandersetzung (Weltsicht, Weltanschauung, Wertwelt)‘ beschrieben werden können; Kultur als ‚Kultur und Lebensweise einer bestimmten Gruppe‘, die jedoch ‚nur unter Beachtung der Gesamtheit und Verflochtenheit aller Bereiche ihres Lebensvollzugs adäquat analysiert werden‘ kann“.56

Kultur entsteht durch die Herausbildung von Gewohnheiten, Mustern, Ritualen, Mythen, die sich im Denken, Fühlen und Handeln, in Werthaltungen, Erwartungen und kennzeichnendem Rollenverhalten widerspiegeln.57 Daraus ergibt sich eine Verknüpfung von Kultur und Lebensweise zu einer erkenntnisleitenden Funktion. Der sich dabei herauskristallisierende Kulturbegriff bemüht sich um die Charakterisierung von kulturellen Tätigkeiten und Gewohnheiten im Spannungsfeld von gruppenspezifischer Eigenheit und gesellschaftlichem Eingebundensein. Lernen betont in diesem Spannungsfeld den Aspekt der Personal- und Organisationsentwicklung. Es handelt sich dabei „um eine im Subjekt stattfindende aktive Tätigkeit. Sie wird von den gleichsam spezifischen vorhandenen Wahrnehmungsmustern in hohem Maß gesteuert, lässt sich durch kontextuelle Gegebenheiten herausfordern und kann durch kognitive Selbststeuerung beeinflusst werden“58. Lernen ist hier in Verbindung von subjektiven und systembezogenen

56 57

58

WEINBERG, J.: Begriff, 1999, 83f. Vgl. HILLIGER, B./JÄGER, A./UHLMANN, M.: Lernkultur, 2005, 173.; Vgl. REINMANN, G.: Pädagogische Innovation, 2006, 35. WEINBERG, J.: Begriff, 1999, 87.

1 Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur

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Problemlösungspotenzialen, die durch Systemreflexion und reflexive Selbstaufklärung anzuregen sind, zu verstehen.59 Lehren als Oberbegriff enthält alle Arten didaktischen Handelns, im engeren Sinne aber nur die Lehre in sozial organisatorischen Umgebungen.60 Daher wird Lehren als eine Tätigkeit verstanden, jemand anderen anzuleiten, eine Tätigkeit auszuführen oder ihm Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Vom Lernenden kann sie im volkswirtschaftlichen Sinne als Kapitalbildung angesehen werden. Im Kontext des Lehr- und Lernkulturwandels wird in enger Verbindung zum LLL ohnehin meist verkürzend von Lernkulturwandel gesprochen. Dennoch ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass trotz der Verkürzung auf den Begriff Lernkultur immer beides, sowohl das Lehren als auch das Lernen, gemeint ist. Beide Aspekte haben ihre Relevanz und Brisanz innerhalb der betrieblichen Weiterbildung. Eine veränderte Lernkultur braucht eine entsprechend gewandelte Lehrkultur seitens der Professionellen. Darunter ist das Bildungspersonal, auch im Zusammenhang mit allen zum Bildungsprozess gehörenden Elementen über die Person des Lehrenden im engeren Sinne hinaus, insgesamt zu verstehen. In der Weiterbildung geht es dabei viel weniger um eine ungeteilte Steuerung der Lehrenden, als um neuartige Steuerungsformen und eine neuartige Konzipierung von Lernprozessen.61 Viele Lehrende klagen zwar über die rigiden Lernstrukturen, folgen aber weiterhin einer traditionellen Lernlogik und perpetuieren sie damit aufs Neue, z. B., wenn sie nicht mit anderen Lehrenden zusammen realisierbare Lösungen für Projektideen entwickeln, oder nur von ‚lebendigen Lernformen‘ dozieren, anstatt sie mit den Lernenden zu erarbeiten. Lernkulturen bieten den in ihnen Handelnden eine gewisse Orientierung für ihr Lehr-Lern-Handeln und konstruieren damit gleichzeitig eine soziale Realität. Diese bleibt aber nur aufrecht erhalten, solange die der überlieferten Lernkultur zugrunde liegenden Normen, Werte und Deutungsmuster von den Lehrenden und Lernenden geteilt werden. Aufgrund des Einflusses der aufgezeigten gesellschaftlichen Veränderungen in der betrieblichen Weiterbildung zeigt sich jedoch, dass dies immer weniger der Fall ist. Durch die permanenten Umgestaltungen können die vertrauten, in der traditionellen Lernkultur erworbenen Orientierungsschablonen nicht mehr angewandt werden, so dass sich Subkulturen bzw. alternative Kulturen herausbilden. 59 60 61

Vgl. HILLIGER, B./JÄGER, A./UHLMANN, M.: Lernkultur, 2005, 173. Vgl. NUISSL, E.: Einführung, 2000, 62. Vgl. DIETRICH, S./HERR, M.: SELBER, 2003, 2.

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Der Begriff des Lern- und Lehrkultur-Wandels weist folglich auf notwendige Veränderungen im institutionellen Lehren und Lernen hin. Es rückt nicht mehr nur das Was, also der Inhalt, sondern vielmehr das Wie des Lernens, das die Lernresultate Beeinflussende, in den Mittelpunkt. Neben der Inhaltsfrage gewinnen die Gestaltung der Lernumgebung sowie die lernförderliche Inszenierung des methodischen Settings an Relevanz. Als weiterer Aspekt ist das implizite Lernen zu erwähnen, welches das Lehr-Lern-Geschehen enorm beeinflusst. Der Wandel in der betrieblichen Weiterbildung und die sich daraus ergebenden Auswirkungen für Unternehmen beeinflussen auch den Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen. Ebenso hat E-Learning Einfluss auf die Lernkultur in Unternehmen, die sowohl in eine positive und eine negative Richtung gehen kann. „Unerwünschte Nebenwirkungen des E-Learning müssen von daher thematisiert und der pädagogische Mehrwert aktiv gestaltet werden. Nur dann kann E-Learning zu einem Lernkulturwandel beitragen, der die sozial-organisationale Bedingung von Bildung prägt.“62

Die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen soll bei traditionellen Lernformen ebenso wie bei Formen des E-Learning ökonomisiert, methodisiert und systematisiert werden. Lernprozesse ökonomisch zu gestalten bedeutet, sie so differenziert nach Ziel und Zielgruppe anzubieten und durchzuführen, dass mit möglichst geringem Aufwand ein möglichst hoher Erfolg erzielt wird. Sie zugleich methodisch sinnvoll anzubieten beinhaltet, sie zielstrebig und planmäßig vermittelnd und je nach Schwierigkeitsstufen gestaffelt zu gestalten. Als letzten Aspekt sollten Lernprozesse stets systematisch arrangiert werden, d. h. strukturiert und organisiert, dass alle Fakten logisch aufeinander aufbauend vermittelt werden.63 Die früheren Lernprozesse in Präsenzbereichen unterscheiden sich in heutigen Lernprozessen des vielfältigen E-Learning-Einsatzes durch einige ausgewählte Charakteristika, wie die Zusammenfassung in Tabelle 1 zeigt. Der Wandel der Lehr- und Lernkultur verlangt neben der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Bildungsbemühens eine Umgestaltung der Lehr- und Lernprozesse, was die Verschiebung der klassischen Rollenstruktur beinhaltet: Den

62 63

REINMANN, G.: Pädagogische Innovation, 2006, 44. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 24.

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Tabelle 1: Lehr- und Lernprozesse früher und heute64 Lernprozesse früher

Lernprozesse heute

Angebotsorientiert Das Angebot und der daran geknüpfte Lernstoff stehen im Zentrum des Lernprozesses. Vom Lernenden wird gefordert, dass er sich mit den Lerninhalten im gesamten dargebotenen Umfang auseinander setzt.

Nachfrageorientiert Bereits erworbenes Wissen, Erfahrungen und Praxisbezug werden zunehmend bedeutender beim Lernen. Die Anforderungen an den einzelnen Teilnehmer werden an den Fertigkeiten und Fähigkeiten der Lernenden ausgerichtet, ohne dabei die vom Ziel für alle abgeleiteten Vorgaben zu negieren.

Individuelles und konkurrenzbehaftetes Lernen Jeder Lernende versucht, sich die Stoffinhalte selbst zu erschließen. Die anderen Lernenden werden als Konkurrenz bei der zukünftigen Umsetzung des erworbenen Wissens gesehen.

Soziales und kooperatives Lernen Die Lernenden lernen mit einem Lernpartner oder in Gruppen. Die stoffbezogenen Aufgaben werden gemeinsam gelöst, dadurch werden auch Erfahrungen anderer Teil des Lernprozesses. Beides ermöglicht eine intensive Auseinandersetzung mit dem bereits vorhandenen und dem neu erworbenen Wissen.

Fremdgesteuertes Lernen Das Seminar erfolgt lehrerzentriert, er strukturiert und plant den Lernstoff nach den zeitlichen Vorgaben des Auftraggebers.

Selbstgesteuertes Lernen Nach individuell-persönlichem Bedarf bestimmt der Lernende, wann er was und wie lernen will.

Analytisches Lernen Das zu erwerbende Wissen wird in Lerneinheiten gegliedert und der Lernsequenz liegt eine konkrete Problemstellung zugrunde.

Ganzheitliches Lernen Lernen findet fächer- und themenbezogen statt. Die Problemstellung wird nicht zergliedert, sondern aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Die einzelnen Aspekte werden als Gesamtkonzept betrachtet.

Organisiertes Lernen Durch den engen Lernstoff- und Zeitplan bleibt den Lernenden keine Zeit, eigene Entdeckungen zu machen. Daher werden Beobachtungen von Lehrenden vorgegeben.

Natürliches Lernen Dem Lernenden bleibt Raum für individuellreflektierte Beobachtungen. Er eignet sich Kenntnisse durch Ausprobieren und eigene Kreativität an.

64

Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 24f.; Vgl. ARR./SCHÜßLER, I.: Wandel, 1998, 72f.

NOLD,

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Lernenden soll zunehmend mehr Kompetenz und Verantwortung für ihr Lernen übertragen werden. Zukünftig soll eine hohe Effizienz erlangt werden, indem nicht mehr gegen, sondern mit den Handlungskapazitäten der Beschäftigten gehandelt wird.65 Ebenfalls sind Lehrende nicht mehr nur Vermittler von Kenntnissen und Fähigkeiten, sondern unterstützen als Berater, Gestalter, Begleiter, Moderator oder Lernprozessbegleiter das selbstgesteuerte, individuelle und bedürfnisorientierte Lernen. Gerade wenn dies kooperativ organisiert ist, wenn also Mitglieder einer Gruppe miteinander kommunizieren sowie gemeinsam Wissen und Fertigkeiten aufbauen und verfestigen, ist die Rolle des Moderators von höchster Bedeutung. Eine Bedingung dieser sich verändernden Formen des Lehrens und Lernens ist der Einsatz geeigneter technologischer Lösungen, die eine Umsetzung in die Praxis, also somit integriert in den Arbeitsprozess, besser und wirtschaftlicher ermöglichen. Insbesondere die Internet- bzw. Intranet-Technologien eröffnen an dieser Stelle zeitnahe und vielfältige Möglichkeiten: Jeder ist nahezu mit jedem vernetzt, die wachsenden Bandbreiten erlauben schnelleren Austausch selbst von komplexen Lerninhalten. Zudem wächst die Gruppe derer, die mittlerweile an den Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien gewöhnt ist. Den Lehrenden – in der betrieblichen Weiterbildung meist Trainer – kommt dabei eine bedeutende Rolle zu, denn Lernen im Netz erfordert personale Unterstützung, wenn es nachhaltig und effektiv verlaufen soll. Allerdings wird dabei eine grundsätzliche Veränderungsbereitschaft sowie „Offenheit gegenüber neuen Ansichten und den Mut, Verunsicherungen auszuhalten“66 von den Lehrenden gefordert. Über die Notwendigkeit einer personalen Unterstützung bei netzbasiertem Lernen herrscht sowohl in Forschung als auch in der Praxis weitgehend Konsens. Die Frage jedoch, welche unterschiedlichen Rollen und Funktionen das Bildungspersonal beim Online-Lernen in einem Unternehmen einnehmen soll, erfordert noch weitere Klärungen. Dies alles bedingt einen Abschied von der Illusion der ‚Machbarkeit des Lernens‘ und eine Hinwendung zu neuen Formen und Inhalten. Die früher vorherrschende und praktizierte These von der Machbarkeit des Lernens behindert die Aneignungsaktivitäten der Lernenden eher als sie zu fördern. Daher ist ein Wandel von einer objektiven Instruktionstheorie hin zu einer subjektiven An65 66

Vgl. ARNOLD, R./SCHÜßLER, I.: Wandel, 1998, 75. Vgl. ARNOLD, R./SCHÜßLER, I.: Wandel, 1998, 118f.

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eignungstheorie des Lernens unerlässlich.67 Professionelles Lehren darf dabei nicht mehr mit erdrückender Detailkenntnis gleichgesetzt werden. Vielmehr sollten die Lehrenden in der Lage sein, die Eigentätigkeit der Lernenden zu stimulieren, ihnen Vertrauen in ihre eigenen Potenziale zu geben sowie auf selbst realisierte Resultate durch Kooperation mit anderen Lernenden setzen. Unterstützend für die Moderation der Mitarbeiter-Selbstorganisation können Führungskräfte und Lehrende die Voraussetzungen dafür schaffen, dass nicht mehr nur einzelne Individuen, sondern dass sich die gesamte betriebliche Struktur lernend entwickeln kann. Dadurch würde das bislang vorherrschende, eher mechanistische Bild vom Lernen nicht nur durch didaktische, sondern auch durch das bildungspolitische Handeln verändert werden. Die Möglichkeiten, implizit die Verhaltensweisen und Einstellungen zu erwerben, die für die Kooperation in einer sich ständig im Wandel befindenden Gesellschaft erforderlich sind, sollten bereitgestellt werden. Gleichzeitig sollte gewährleistet werden, dass in den Bildungsräumen und in der Gesellschaft von den Lernenden genau die Erfahrungen gesammelt werden können, die eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung von umfassenden Fähigkeiten bilden. Dies bedeutet, dass eine ‚absichtsvolle und professionelle Gestaltung von Lernkulturen‘68 mehr und mehr in den Mittelpunkt der Debatten rückt.69 Dabei erlangt der Lernende verstärkt eine zentrierte Position in allen Konzeptionen, wobei dies gleichermaßen auf den technischen, den inhaltlichen und den didaktischen Bereich zutrifft.70 1.3.2 Umrisse einer neuen Lehr- und Lernkultur in Unternehmen Es stellt sich zunächst die Frage: Warum wird von einer ‚neuen‘ Lernkultur in Unternehmen gesprochen und warum scheint diese erforderlich zu sein? Wie die Darstellung der Weiterbildung in gesellschaftlichen Wandelprozessen bereits verdeutlichte, befindet sich die Menschheit in einer tief greifenden Umbruchssituation. Gravierende Veränderungen im ökonomischen und bildungspolitischen Bereich, die Einführung immer neuer Technologien, die kürzere Halbwertzeit des Wissens und zugleich die schnelle Vermehrung von Wissen stellen Profit67 68

69 70

Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 24. Kritisch zu hinterfragen wäre, ob eine Lernkultur absichtsvoll und professionell gestaltet werden kann. Allerdings soll dieser Gedanke nicht weiter entfaltet werden. Vgl. ARNOLD, R./SCHÜßLER, I.: Wandel, 1998, 12-14. Vgl. EHLERS, U.: Konjunktur E-Lernenden, 2004. In: ZINKE, G./HÄRTEL, M.: EL, 2004, 33.

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und Nonprofit-Organisationen71 vor große Herausforderungen. Zur Bewältigung dieser Anforderungen und permanenten Veränderungen ist LLL sowie eine grundlegende Neuorientierung in den Unternehmen unabdingbar. Die traditionellen, institutionalisierten Lernformen, die bisher praktizierten Konzepte und Methoden greifen angesichts der veränderten Lage zu kurz. Daher sind innovative und kreative Lernformen gefordert. Insbesondere sollte die Vielfalt der Anforderungen mit einer vergleichbaren Vielfalt der Lernwege, denen die Lernenden individuell folgen können, beantwortet werden, denn nicht für jedes Problem greift die gleiche Lernmethode. Es gilt, möglichst das ganze Lernpotenzial zu wecken und zu pflegen, so dass eine neue Lernkultur entstehen kann. Viele Unternehmen versuchen den durch Globalisierung und Schnelllebigkeit verschärften Wettbewerb durch verstärkte Kundenorientierung, innovative Produkte, zuverlässigere Qualität und kurzfristige Lieferfähigkeit, also durch eine generelle Verbesserung in den Geschäftsprozessen zu begegnen.72 In diesem Zusammenhang taucht in der Literatur vielfach der Begriff der Unternehmenskultur, angelehnt an den der Lehr- und Lernkultur, auf. Unternehmenskultur kann als Resultat eines historischen Sozialisationsprozesses verstanden werden und stellt sich als ein unternehmensindividuelles, dynamisches Konstrukt dar. Das zum einen aus einer Vielzahl von komplementären Faktoren besteht, sich zum anderen aber auch durch seine Corporate Identity73 auszeichnet. 74 Doch wie lässt sich der weiche und vielschichtige Begriff fassen? Eine erste Annäherung soll nicht über eine exemplarische Definition erfolgen. Es werden anhand von Überlegungen, wie sich Unternehmenskultur eigentlich in der Praxis bemerkbar macht, aufgeführt. 71

72

73

74

„Nonprofit-Organisation (NPO), nicht erwerbswirtschaftliche Organisation. Organisation oder Einrichtung, die nicht individuell nutzbare Güter oder Dienstleistungen verkauft. I.d.R. erwirtschaften diese Organisationen keinen Gewinn. Zu den NPO gehören öffentliche Verwaltungen sowie private Organisationen wie z. B. Vereine, Verbände, Stiftungen, Wohlfahrtverbände, Kirchen und Parteien. Grenz- und Übergangsformen sind Genossenschaften, Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern (IHK).“ GABLER: Wirtschaft, 2006, 251. Vgl. MÜLLER, U.: Werkstatt; http://www.neue-lernkultur.de/neuelernkultur.php, gefunden am 17.11.2006. Corporate Identity ist zusammenfassend zu beschreiben als die Selbstdarstellung und die Verhaltensweise eines Unternehmens nach innen und auch nach außen. Ziel ist ein unverwechselbares Profil, das die Einzigartigkeit der Organisation begründet. Vgl. GABLER: Wirtschaft, 2006, 70. Vgl. HILLIGER, B./JÄGER, A./UHLMANN, M.: Lernkultur, 2005, 173.

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Wenn Unternehmenskultur tatsächlich geschäftsrelevant ist, dann kann sie nicht ausschließlich aus Atmosphäre, Values and Beliefs oder den im Unternehmen erzählten Anekdoten bestehen, sondern muss sich in den Geschäftsprozessen konkret bemerkbar machen. Kultur ist in diesem Zusammenhang der Lebensund Lernstil eines sozialen Systems, nämlich eines Unternehmens. Es ist die Art und Weise, wie das Unternehmen auf die großen und kleinen Fragen des Unternehmens-Daseins antwortet, und das Produkt der Entscheidungen, die es im Laufe seiner Entwicklung in Reaktionen auf permanente Veränderungen und kritische Erfahrungen getroffen hat. HILLIGER, JÄGER und UHLMANN begreifen Unternehmenskultur als ein spezifisches Werte- und Einstellungsgefüge, das sich im Laufe der Zeit von Bestehen der Organisation an herausgebildet hat.75 Unternehmenskultur hat demnach immer auch etwas mit einer gewandelten Lehr- und Lernsituation sowie der Bedeutung von Lehren und Lernen zu tun. Im Zuge dessen wird bei allen Diskussionen deutlich, dass dem Lernen, als einer aktiven, motivierten und interessierten Beteiligung des Lernenden, immer mehr Beachtung zukommt. Kein Lernen ist mehr ohne selbstgesteuerten Anteil denkbar, wenn es über kontinuierlich ablaufende individuelle Wahrnehmungs-, Erfahrungs- und Interpretationsprozesse konstruktiv sein soll. Eingebettet in jeweils spezifische Kontexte verläuft es stets situativ und ist schließlich immer auch sozial in dem Sinne, dass es zum einen ein interaktives Geschehen darstellt und zum anderen soziokulturellen Einflüssen ausgesetzt ist. Diese Prozessmerkmale des Lernens sind generell von Bedeutung, erlangen aber im Erwachsenenalter, speziell in den verschiedenen formellen und informellen Arbeits- und Geschäftsprozessen eines Unternehmens, noch mehr Gewicht. Gerade für Erwachsene sind Eigenaktivität, Interessenbezug, Eigenverantwortlichkeit, Integration gemachter Erfahrungen und bestehender Überzeugungen sowie ein Bezug zu konkreten Situationen besonders wichtig. Diese Neuorientierung lässt sich für den Weiterbildungsbereich folgendermaßen konkretisieren: Veränderungen führen weg von einer Belehrungspädagogik hin zu einer Befähigungspädagogik – von behavioristisch geprägten didaktischen Ansätzen hin zu kognitivistischen und von instruktionalistischen zu konstruktivistischen Ansätzen. Die Entwicklung zum LLL führt zu einer Entstandardisierung von Berufs- und Bildungsbiografie.76 Hier greift die individuell-persönliche Kompetenzkonstruktion des Einzelnen für seine Berufsbiografie.

75 76

Vgl. HILLIGER, B./JÄGER, A./UHLMANN, M.: Lernkultur, 2005, 173. Vgl. EHLERS, U.: Konjunktur E-Lernenden, 2004. In: ZINKE, G./HÄRTEL, M.: EL, 2004, 35f.

40

B Forschungskontext

Wie aber kann problemgebundenes, individuelles und bedürfnisorientiertes Lernen in einer Zeit, in der in Unternehmen Schnelllebigkeit und Wettbewerbsfähigkeit groß geschrieben werden, realisiert werden? Begleitet werden diese Prämissen eines jeden marktorientierten Unternehmens im Zuge der so genannten ‚Mikroelektronischen Revolution‘77 von Computerisierung, Telekommunikation und Automatisierung, um nur die wichtigsten Entwicklungsstränge zu nennen. Diese Erscheinungen unseres Jahrhunderts führen zu einer sich immer weiter beschleunigenden ‚Fortschrittsspirale‘, die sich expansiv auch auf dem Gebiet der Weiterbildung in Unternehmen auswirkt. Ohne dass die klassischen Weiterbildungsformen generell in Frage gestellt werden können, setzen sich doch mehr und mehr neue Methoden und didaktische Ansätze in der Praxis durch. Zu diesen neuen Methoden nehmen allerdings Führungskräfte, Beschäftigte, Tarif- und Sozialpartner, vielfach auf Grund ihrer unterschiedlichen Interessenlagen, häufig gegenläufige Positionen ein. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf die vielfältigen Formen des E-Learning, die durch den Einsatz neuer elektronischer Lehr- und Lernformen eine größere Flexibilität bezüglich Lernzeitpunkt, Lernort und Lerngeschwindigkeit in und außerhalb des Arbeitsprozesses ermöglichen. Bei dieser individuellen und organisierten Lernkultur werden fünf fundamentale Merkmalsdimensionen unterschieden:

– –

Der Lernanlass, also „Warum soll überhaupt gelernt werden?“;

– – –

die Lernumgebung, „Wo wird gelernt?“,

der Lernprozess, worunter die Methodenfrage gefasst ist „Wie wird gelernt?“;

die Lernzeit, „Wann wird gelernt?“ und das Lernprodukt, „Was wird gelernt?“.78

Ein Mind Map in Abb. 2 zeigt die Merkmalsdimensionen mit ihren Aspekten auf. 77

78

Die ‚Mikroelektronische Revolution‘ der 1980er Jahre leitete eine neue Entwicklungsphase der Gesellschaftsformation ein. Information in ihrer systematisierten, organisierten und integrierten Form des Wissens wird heute zu einer immer wichtigeren Produktivkraft. Mit der Verwissenschaftlichung der Produktion und der immer stärkeren Zunahme der Bedeutung der Produktivkraft Wissen werden wissenschaftliche Vorleistungen der Produktion, die Schaffung von Know-how durch Forschung, Ausbildung und Weiterbildung qualifizierten Personals immer essenzieller. Vgl. HILLIGER, B./JÄGER, A./UHLMANN, M.: Lernkultur, 2005, 174f.

Abbildung 2:

Merkmalsdimensionen der Lehr- und Lernkultur

Auf Vorrat Just-in-time Permanent Lebenslang Alternierend Zeithorizont

Lebensphase

Organisation

Wann wird gelernt? Lernzeit

Was wird gelernt? Lernprodukt

Wo wird gelernt? Lernort

Lehr- und Lernkultur

Wie wird gelernt? Lernprozess

Warum soll gelernt werden? Lernanlass

Lernmodus

Instrumente

Individuum

Ausbildung Berufsfähigkeit Arbeitslosigkeit Ruhestand Freizeit

Aufgabeneffizienz Wettbewerbsfähigkeit Personalentwicklung

Intrinsische Motivation Beschäftigungschancen Anweisung

Selbstorganisiert Fremdgesteuert Teamorientiert Arbeitsprozessintegriert Problemorientiert

Lernarrangement E-Learning Präsenzseminar Situated Cognition Multimedia

Sonstige Kontexte informell

Bildungsinstitution - formell

Kompetenz

Personale Eigenschaften

Arbeitsplatz Tagungen Internet Zu Hause Soziale Einrichtungen

Berufsschule Hochschulen Weiterbildungseinrichtungen Ausbildungsbetrieb

Sozialkompetenz Methodenkompetenz Fachkompetenz Sachkompetenz Individualkompetenz Lernkompetenz Medienkompetenz

Selbstvertrauen Kreativität Teamfähigkeit Eigeninitiative Verantwortungsbewusstsein Kritikfähigkeit

1 Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur 41

B Forschungskontext

Technologien Bildungsinstitution Leistungsprinzip politische Rahmenbedingungen

gesellschaftlicher Kontext

– Erfahrungen – Bildungsstand – Einstellungen – Lernbereitschaft – Sozialisation – Eigenverantwortung – Ziele – Lerntyp/-stil

Abbildung 3:

Lern-/ Unternehmenskultur

Individuum

– – – –

Unternehmen

42

– Marktposition – Personalentwicklung – Corporate Identity – Produktionsprogramm – Entscheidungsautonomie – Organisationsstruktur

wirtschaftlicher Kontext

– Wettbewerbssituation – Globalisierung – Innovationszyklen – Arbeitsplatzsicherheit – Marktwachstum

Einflussfaktoren auf die Lernkultur

Die Wesensart organisierter Unternehmens- und Lernkulturen sind auch das Ergebnis des Umfeldes, in dem sie sich bewegen. Besonders zu beachten sind dabei Einflussfaktoren sowohl aus dem gesellschaftlichen, aus dem wirtschaftlichen, als auch aus dem organisatorischen und personellen Kontext, die stichpunktartig in der Grafik in Abbildung 3 aufgezeigt werden. Die in der Grafik aufgezeigten Einflussfaktoren auf die Lern- und Unternehmenskultur veranschaulichen den Zusammenhang der bislang aufgezeigten Faktoren einer sich wandelnden Gesellschaft: Sie verdeutlichen die Vielschichtigkeit und die Brisanz des Themas. Zusammenfassend sind als bedeutende Aspekte einer neuen Lernkultur zu nennen: ein verändertes Verständnis des Lernens als einen notwendigen, eigen-

1 Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur

43

aktiven, konstruktiven und lebenslangen Prozess. Damit gehen sich verändernde Rollen, eine gesteigerte Eigenverantwortung für das eigene Lernen, die Berücksichtigung des informellen Lernens im Alltag der Lernenden und eine ebenso gewandelte Rolle der Lehrenden, die zu Moderatoren und Lernbegleitern werden, einher. Erwähnenswert sind außerdem der Einsatz vielfältiger Methoden, die den Lernenden eigenaktives und selbstverantwortliches Lernen ermöglichen, der Einsatz netzbasierter Lernformen sowie die Nutzung vielfältiger Lernorte79. „Lern…“ akzentuiert dabei eher die Perspektive der Lernenden, die zukünftig im Mittelpunkt des Geschehens stehen. „…Kultur“ beinhaltet etwas Lebendiges, organisch Gewachsenes, das der ständigen Pflege bedarf und gestaltet werden will, nicht aber technisch hergestellt werden kann.80 Ein erstes Fazit zur deskriptiven Komponente von Unternehmenskulturen, die ebenso Lernkulturen sind, lässt sich nach ARNOLD ziehen: „Unternehmenskulturen als die ‚gelebten‘ betrieblichen Alltagskulturen lassen sich nicht ‚konstruieren‘, sie können nur ‚rekonstruiert‘, d. h. verstanden werden. Unternehmenskulturen entwickeln sich durch Selbstorganisation, d. h. im Rahmen der Prozesse subjektiver Sinnsuche und Identitätsentwicklung der Mitarbeiter im Betrieb bzw. im Rahmen ihrer betrieblichen Lebenswelt.“81

Erfolgreicher Umgang mit der Technik und effizientes netzbasiertes Lernen in einer sich verändernden Unternehmenskultur hängen von mehreren Voraussetzungen ab: Neben der Qualität der Technik, insbesondere der Lernprogramme, den organisatorischen Rahmenbedingungen und den Lernvoraussetzungen des 79

80

81

Neben dem klassischen Lernen in Seminar- oder Unterrichtsräumen werden der Arbeitsplatz, Museen, Bibliotheken oder virtuelle Lernräume genutzt, wobei der ‚Lernort Mensch‘ im Fokus der Betrachtungen steht, denn „nur im Menschen findet Lernen statt“. „Lernen findet im Lernenden statt.“ NEIDHARDT, H.: Mensch. In: NUISSL, E.: Lernorte, DIE, IV/2006, 39. Der Begriff ‚Lernort‘ wurde vom Deutschen Bildungsrat 1974 in die pädagogische Fachsprache und den bildungspolitischen Sprachgebrauch eingeführt und ist heute omnipräsent. „Dieser Begriff ist wie ein Omnibus: Alles ist irgendwie ein ‚Lernort‘ – im lebenslangen Lernen wird immer und überall gelernt. Der Omnibus ‚Lernort‘ ist symptomatisch für die Ausdehnung der pädagogischen Diskussion auf das informelle, selbstgesteuerte Lernen, das Lernen am Arbeitsplatz und im sozialen Umfeld. Der Begriff Lernort ist nicht sehr klar, aber er ist wichtig als Perspektive und als heuristischer Schlüssel für Prozesse.“ NUISSL, E.: Omnibus. In: NUISSL, E.: Lernorte, DIE, IV/2006, 29. Vgl. MÜLLER, U.: Werkstatt; http://www.neue-lernkultur.de/neuelernkultur.php, gefunden am 17.11.2006. ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 40.

44

B Forschungskontext

Einzelnen ist oft eine personale Unterstützung erforderlich, um die Lernwirksamkeit zu erhöhen. Mit diesen und weiteren Aspekten befassen sich die nachfolgenden Kapitel. Themen wie die Ausgestaltung der Lernarrangements, institutionelle Aspekte der betrieblichen Weiterbildung, die Teilnahme in der betrieblichen Weiterbildung, die ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen, betriebliche Weiterbildung und Bildungskurs als Stakeholder-Prozess sowie neue Anforderungen an Weiterbildungskonzepte finden u. a. unter der Überschrift betriebliche Weiterbildung in Unternehmen ihren Platz.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen Angesichts des gesamtgesellschaftlichen Wandlungsprozesse, des dadurch verschärften Wettbewerbs und der gewachsenen Anforderungen an die Beschäftigten kommt der betrieblichen Weiterbildung in Unternehmen ein besonderer Stellenwert zu. Betriebliche Weiterbildung ist daher „nicht alleine als dyadisches Lehr-Lern-Verhältnis, sondern vielmehr als Teil eines organisatorischen Wandlungsprozesses“82 zu begreifen. Sie ist ein wichtiges Mittel zur Sicherung der Unternehmensproduktivität und hat sich zugleich an den Entwicklungsmöglichkeiten der Mitarbeiter zu orientieren. Forderungen, die darauf abzielen, einen exakten reglementierten gesetzlichen Anspruch auf Weiterbildung zu begründen, schränken die Flexibilität der Unternehmen ein. Letztlich gefährden sie die Chance einer innovativen Weiterbildung. In Zeiten des Change Managements83 nehmen Unternehmen Abschied von alten Hierarchien. Stattdessen wird eine neue Kultur der Eigenverantwortung gefordert. „Die Abflachung der Hierarchien und das Ausdünnen der Stäbe und Verwaltungen, die Dezentralisierung und die Verantwortungsverlagerung auf ganzheitlich arbeitende kleine Einheiten verlangen eine Mitarbeiterqualität, die durch Gestaltungskraft, Initiative und Handlungswillen gekennzeichnet ist.“84

Der Mitarbeiter wird im Zuge des Wandels der Unternehmenskultur und dem damit verbundenen Konzept des LLL zum Mitunternehmer und Mitverantworter 82 83

84

ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 25. Change Management ist das Management des geplanten organisatorischen Wandels, die nachhaltige Veränderung der Unternehmenskultur unter Berücksichtigung der immer vorhandenen Zielpluralität, und der besonderen Gestaltungsschwierigkeiten hoch komplexer und vernetzter sozialer Systeme. Change Management erfordert deshalb besondere Instrumente, u. U. auch eine Meta-Steuerung (indirekte, erst längerfristig wirkende Steuerung höherer Ebene). „Bombenwurf- oder Konkursstrategien“ oder „Änderung durch Anordnung“ sind in der Praxis durchaus verbreitete, aber im Zweifel nicht empfehlenswerte Strategien, weil unwirksam oder nicht nachhaltig oder mit unvertretbaren sozialen Kosten verbunden. Vgl. http://www.olev.de/ c/cm-kgst.htm, gefunden 28.11.2006. SCHLAFFKE, W.: Wettbewerb, 1999, 478.

46

B Forschungskontext

eines Unternehmens. Dadurch wird er zum Manager seiner Arbeitskraft und seines Leistungspotenzials, worunter der Wille und die Fähigkeit zu fassen sind, sich permanent weiterzubilden.85 DECKER spricht von einer Zeit des Handelns, begründet durch die Tatsache, dass Wissen, geistige und soziale Potenziale zu entscheidenden Ressourcen geworden sind, die die gesamtgesellschaftlichen Umbrüche mitbestimmen.86 Die Zeiten des Umbruchs könnten ebenso als Jahre der Weiterbildungsgesellschaft bezeichnet werden, denn ohne LLL gibt es keine Stimulierung und Einstellung auf die großen Veränderungsprozesse.87 Weiterbildung wird daher zum wichtigen Bestandteil moderner Arbeitsplätze, permanentes Lernen zu einem fundamentalen Element des Daseins. Zu Recht wird betriebliche Weiterbildung zu einem Bestandteil moderner wettbewerbsfähiger Unternehmensstrategie und Zukunftsvorsorge. Dabei gilt es, die Lern- und Entwicklungsprozesse planvoll zu gestalten und zu organisieren. Es ist gleichzeitig Aufgabe betrieblicher Weiterbildung, sich immer mehr in die Lage zu versetzen, auf kurzfristig auftretende Probleme und Forderungen zu reagieren, ohne dadurch abgehackt und zufällig zu werden.88 Betriebliche Weiterbildung ist ständigem Wandel unterworfen und unterliegt einem wachsenden transdisziplinären Bedeutungszuwachs unter wechselnden Schwerpunkten. Thematisiert werden hierbei Anliegen von Gruppen und innovativen Organisationsleistungen. Dementsprechend sind flexibilisierte Formen und Anreizsysteme in interpretativen Personal- und Organisationsentwicklungskonzepten für die Linienprozesse von internen Abläufen und für die Akteurinteressen zu entwickeln. Der Stakeholderansatz entwickelt transferierbare ökonomische Kriterien für die betriebliche Weiterbildung, die Rahmen und Leistungen in Zusammenhängen transparent gestalten.89 Stakeholder ist eine anglo-amerikanische Bezeichnung für eine Personengruppe, ohne deren Unterstützung das Unternehmen nicht überlebensfähig wäre. Sie umfasst die Anteilseigner, aber beispielsweise auch Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten, Staat und Öffentlichkeit. Nach dem Stake-

85 86 87 88 89

Vgl. SCHLAFFKE, W.: Wettbewerb, 1999, 478. Vgl. DECKER, F.: Management, 2000, 11. Vgl. DECKER, F.: Management, 2000, 13. Vgl. SCHLAFFKE, W.: Wettbewerb, 1999, 479. Vgl. PETERS, S.: Stakeholder, 1999, 9. gefunden unter http://www.die-frankfurt.de/ esprid/dokumente/ doc-2000/peters00_01.doc am 12.12.2006.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

47

holderansatz muss die Unternehmensführung bei ihren Entscheidungen nicht nur die Interessen der Anteilseigner, sondern die aller Stakeholder berücksichtigen.90 Demzufolge ist ein Stakeholder eine Person, eine Personengruppe oder eine Organisation, die aktiv am Projekt beteiligt ist, durch den Projektverlauf oder das Projektergebnis beeinflusst wird und die gegebenenfalls den Projektverlauf oder das Projektergebnis beeinflussen kann.91 Die Dispute über Markt- oder Staatseinfluss in der betrieblichen Weiterbildung sind hinsichtlich der Deinstitutionalisierungsprozesse von Bildungsinstitutionen, des Wettbewerbs von Bildungsmärkten und bezüglich des Bedeutungszuwachses von Formen arbeitsintegrierten Lernens in der betrieblichen Weiterbildung überholt. Psychologische Prozesse der Identitätsbildung und Persönlichkeitsentwicklung innerhalb ressourcenorientierter Veränderungsprozesse verlangen besondere Aufmerksamkeit im Hinblick auf interpretative Personalund Organisationsentwicklung, denn diesen Prozessen sind von Seiten der betrieblichen Weiterbildung individuell gestaltete Lösungen hinzuzufügen, deren Relevanz als individuelle Qualifizierungsphasen und Kompetenzentwicklung ausschließlich über komplementäre Beziehungen zu anderen Individuen, Gruppen und Organisationsstrukturen entwickelt werden können. Auf der Suche nach Deutungen von Strukturen und Handlungen der Akteure erscheint der Stakeholderansatz geeignet, die ökonomische Dimension der Weiterbildungsprozesse zu entschlüsseln.92 Ausgehend von dem Stakeholdergedanken der Betriebswirtschaftslehre wird in der betrieblichen Weiterbildung eine Interessengemeinschaft angestrebt. Trotz fehlender Institutionen- und Organisationstheorie der Weiterbildung, es gibt allenfalls Organisationsentwürfe im Sinne von menschlichen Netzwerken für die Erwachsenenbildung, erscheint die Rückbeziehung auf den Stakeholderansatz als plausibel, um Weiterbildungsprozesse besser gestalten zu können. Dabei werden Merkmale berücksichtigt, die Einflüsse auf Weiterbildungs-Prozesse als von Unternehmen akzeptierte Bedürfnisse berücksichtigen. Für ressourcenorientierte Veränderungsprozesse wird als Erklärungsansatz auf Personal- und Organisa-

90 91

92

Vgl. GABLER: Wirtschaft, 2006, 317. Vgl. http://www.projektmagazin.de/glossar/gl-0114.html?pmSession=, gefunden am 10.12.2006. Vgl. PETERS, S.: Stakeholder, 1999, 9. gefunden unter http://www.die-frankfurt.de/ esprid/dokumente/ doc-2000/peters00_01.doc am 12.12.2006.

48

B Forschungskontext

tionsentwicklungskonzepte rekurriert, die nach internen Regeln der Organisation und Personalwirtschaft durchgeführt werden. Der Stakeholderansatz könnte ein Modell gegenüber der dominierenden Anpassungsweiterbildung sein, indem eine Strukturierung der Akteurbeziehungen in Kooperationsformen von Weiterbildung sowohl zwischen den individuellen als auch den organisatorischen Akteuren möglich werden könnte. Dabei geht es um eine umfangreiche Bewertung und komplementäre Nutzung von Interessen und berechtigten Einflüssen, die nur über Kooperationen einzurichten sind. Diese Überlegungen stehen im Zusammenhang mit Anreiz-Beitragssystemen, die Entscheidungsprozesse für Handlungsoptionen von Lernenden begünstigen. Das betrifft die Interessen einzelner Lernender und Lerngruppen, indem Lebensereignisse wie Entscheidungen über die Teilnahme oder Nichtteilnahme an Weiterbildung zu Schnittpunkten der Lebenslaufplanung in Eigenverantwortung werden. Dagegen wird innerhalb der erziehungswissenschaftlichen Diskussion das methodisch-didaktische Moment einer didaktischen Erzeugung einer Lern- und Leistungsmotivation als Ausgangspunkt der Teilnahme oder Nichtteilnahme an betrieblicher Weiterbildung ins Blickfeld gerückt. Der individuelle Lebenslauf93 als Konstrukt ist in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion nicht frei von dem Gedanken, Erziehung habe auf die Formung des Lebenslaufs und über die Lebensphasen des Erwachsenenseins Einfluss und gestalte die Institutionalisierung des Lebenslaufs auch noch im Erwachsenenalter.94 Ziel der nachfolgenden Unterkapitel ist die Darstellung der betrieblichen Weiterbildung in Unternehmen im Sinne des Stakeholderansatzes, ausgerichtet an inhaltlichen, partizipativen und organisatorischen Aspekten. Es soll u. a. deutlich werden, dass betriebliche Weiterbildung eine Schlüsselrolle für die Berufsbiografie der Beschäftigten, für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für die soziale Kommunikation, das Klima sowie die Beziehungsqualität zwischen Mitarbeitern in Unternehmen hat. Die in Abbildung 4 dargestellten, aus

93

94

„Ein Lebenslauf ist, um einen hochabstrakten Einstiegsbegriff zu wählen, eine Beschreibung, die während des Lebens angefertigt und bei Bedarf revidiert wird. Der Lebenslauf schließt die vergangenheitsabhängige, aber noch unbestimmte Zukunft ein; er ist insofern eine Konjektural-Biographie. Die Einheit des Lebenslaufs muß also Vergangenheit und Zukunft umgreifen, ohne doch eine teleologische Struktur aufzuweisen.“ LUHMANN, N.: Lebenslauf. In: LENZEN, D.: Bildung und Weiterbildung, 1997, 18. LUHMANN, N.: Lebenslauf. In: LENZEN, D.: Bildung und Weiterbildung, 1997, 12f.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

49

2.1 Ausgestaltungen der Lernarrangements – Inhaltliche und formale Aspekte

2.2 Teilnahme an der betrieblichen Weiterbildung – Partizipative Aspekte

Abbildung 4:

2.3 Institutionelle Aspekte der betrieblichen Weiterbildung – Organisatorische Aspekte

Aspekte der betrieblichen Weiterbildung in Unternehmen

einem umfangreichen Konglomerat ausgewählten und im Rahmen des Forschungsanliegens relevanten Aspekte95 werden daher näher betrachtet. Darauf aufbauend wird aus der großen Themenvielfalt, die die betriebliche Weiterbildung auszeichnet, ein thematischer Schwerpunkt der netzbasierten Lehr- und Lernformen in Unternehmen differenziert beleuchtet.

95

Daher wird nicht der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.

50

B Forschungskontext

2.1 Ausgestaltungen von Lernarrangements – Inhaltliche und formale Aspekte Im Rahmen der beschriebenen permanenten Veränderungen im individuellen und gesellschaftlichen Bereich kommt dem Menschen eine enorme Bedeutung als ‚Wettbewerbsressource‘ zu, so dass auch das Personalmanagement entsprechend der Veränderungen eine Neuausrichtung erlebt. Aufgrund der strategischen Ausrichtungen eines Unternehmens und den Veränderungen am Markt werden neue Qualifikationen und Kompetenzen vom Management und von den Mitarbeitern gefordert. Durch Weiterbildungsmaßnahmen soll der durch die Umgestaltungen entstandene Qualifikationsbedarf aufgegriffen und bewältigt werden. Eine weitere Aufgabe der Personalentwicklung ist die Führungskräfteentwicklung. Dieser Aufgabe kommt ein hoher Stellenwert zu. Grund dafür ist, dass gerade die Entwicklung eines unternehmensspezifischen Know-hows Wettbewerbsvorteile ermöglichen könnte und diese Aufgabe obliegt in erster Linie den Führungskräften, insbesondere im Hinblick auf das Personalmanagement. Der Auftrag an die Führungskräfte besteht demnach darin, Personalentwicklungsmaßnahmen für den eigenen Bereich passgenau zu planen, systematisch einzusetzen und unter Kosten-Nutzen-Aspekten zu überprüfen. Veränderte Anforderungen an die Mitarbeiter müssen dabei aufgenommen und in systematische und rechtzeitige Personalentwicklungsmaßnahmen umgesetzt werden. 96 Hierbei ist es ratsam, Führungskräfte aller Hierarchieebenen in Personalentwicklungsaufgaben mit einzubeziehen, um die Umsetzung der Unternehmensstrategie durch geeignete Personalentwicklungsmaßnahmen zu unterstützen.97 Die Herausforderung der Personalentwicklung besteht letztlich darin, Menschen durch permanentes Lernen zu befähigen, sich in der zunehmend undeterminierten Welt der Arbeit zurechtzufinden.98 Zugleich ist unter Personalentwicklung die Erneuerung der Wissensbasis eines Unternehmens zu verstehen und die permanente Konfrontation ernst zu nehmen, sich mit neuen Themenbereichen auseinanderzusetzen. Der Personal- und Organisationsentwicklungsbereich in Unternehmen hat die zentrale Aufgabe, den Wissensstand ihrer Beschäftigten ständig zu pflegen. Da96 97 98

Vgl. BECKER, M.: PE, 1999, 1. Vgl. KOURIMSKY, P.: PE als Basis für Marktfähigkeit, 2002, 8. Vgl. BECKER, M.: PE, 1999, 1.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

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bei werden Verantwortliche mit zwei Entwicklungsrichtungen konfrontiert: Zum einen hat Fachwissen eine immer kürzere Halbwertszeit, und zum zweiten nimmt das technisch-wissenschaftliche Know-how ständig und in rasender Geschwindigkeit zu. „Um Wettbewerbsvorteile in einer globalisierten Welt und Wirtschaft auf- und auszubauen, muss Wissen immer schneller und in immer größeren Mengen produziert und verbreitet werden.“99

Vor diesem Hintergrund wird die betriebliche Weiterbildung zum integralen Bestandteil im Arbeitsprozess. Gleichzeitig bedeutet es für die betriebliche Weiterbildung Konzepte zu entwickeln, in denen sich diese neuen Entwicklungen widerspiegeln. Dabei wird E-Learning zu einem immer wichtiger werdenden Bestandteil betrieblicher Weiterbildung, was durch die Erläuterung folgender Aspekte belegt wird:



zunehmende Globalisierung und Mobilität,



zunehmende Individualisierung und Flexibilität,



Reduktion der Kosten,



die Verbesserung von Lehr- und Lernqualität,



engere Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden,



veränderte Qualität der Mitarbeiterqualifikation.

Zunehmende Globalisierung und Mobilität Die verstärkt zu betrachtende internationale Ausrichtung von Unternehmen bedingt vermehrt, dass Mitarbeiter räumlich verteilt, häufig sogar im internationalen Umfeld, agieren. Diese Entwicklungen bedeuten für die betriebliche Weiterbildung, dass sie den globalen Markt, je nach Größe des Unternehmens, bedienen sollte. Unterstützt werden diese Entwicklungen durch den Aufbau firmeneigener Intranets und integrierten Lern- und Wissensmanagement-Konzepten.100

99 100

GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 18. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 18.

52

B Forschungskontext

Zunehmende Individualisierung und Flexibilität Mehr und mehr fordern Unternehmen von ihren Beschäftigten räumlich und zeitlich unabhängig zu arbeiten, was durch die steigende Zahl der Tele-Arbeitsplätze bestätigt wird. Aber auch in längeren Phasen der Abwesenheit, sei es durch Krankheit oder durch Erziehungsurlaub, wird eine kontinuierliche und bedarfsorientierte Weiterbildung verlangt. Hier setzen Weiterbildungskonzepte basierend auf innovativen Technologien an, so dass Arbeiten und Weiterbilden zeit- und ortsunabhängig sowie individuell gestaltbar möglich wird.101 Verstärkt wird dieser Anspruch durch die verkürzte Halbwertzeit des Wissens, so dass es notwendig ist, in immer größerer Geschwindigkeit neue Wissensinhalte zu erwerben. Dabei werden tradierte Seminarkonzepte unterstützt durch intra- und internetgestützte Weiterbildungskonzepte, da durch sie in kurzer Zeit alle Beschäftigten den angestrebten Kenntnisstand erreichen können.102 Reduktion der Kosten Ein nicht ganz unerheblicher Aspekt, sei es in Profit- als auch Non-Profit-Organisationen, sind die Kosten der betrieblichen Weiterbildung. „Nicht die Notwendigkeit von Bildungsmaßnahmen wird bezweifelt, viel öfter stehen die Kosten der Maßnahmen zur Diskussion, sodass bei zunehmendem Kostendruck auf die Unternehmen die Kosten-Nutzen-Relation immer stärker hinterfragt wird.“103

Bei dem Einsatz von E-Learning-Formen stehen die relativ hohen Anfangsfinanzierungen den geringen Kosten gegenüber, die aufkommen, wenn weitere Lernende in den Lernprozess integriert werden oder das Lernangebot durch Module ergänzt wird.104 Dabei wird der Kostenaufwand für das betreuende Personal abhängig von der Anzahl der Lernenden sein. Abzuwägen sind die Effizienz und Effektivität einer betrieblichen Weiterbildung durch die Ergänzung von netzbasierten Lehr- und Lernformen.

101 102 103 104

Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 18. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 19. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 19. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 19.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

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Verbesserung von Lehr- und Lernqualität Ein intensiver Wissenstransfer im Arbeitsprozess wird durch die Nutzung elektronischer Lernmedien ermöglicht, der durch eine Vielfalt der Lernstoffdarbietung dem individuellen Lerntyp105 eher gerecht zu werden scheint. Beispielsweise kann so jeder Lernende sein persönliches Lerntempo beibehalten, ohne der Forderung nachkommen zu müssen, sich dem Lerntempo einer Gruppe anzupassen. Durch diesen Umstand könnte ein effektiver Wissenszuwachs erhöht werden.106

105

106

Der Terminus Lerntyp wird vielfach in zwei Konzepte aus dem Bereich Didaktik und Lernpsychologie unterschieden: Während Frederic VESTER (1925-2003) unter Lerntypen Typen von Lernern versteht, die nach ihrer Präferenz für bestimmte Lernkanäle unterschieden werden: optisch/visueller, auditiver, haptischer und kognitiver Lerntyp, versteht die Didaktik Lerntypen als etwas unbeholfene Übersetzung für die namentlich von Robert GAGNÉ (1916-2002) klassifizierten ‚types of learning‘, als den Arten des Lernens: assoziatives Lernen, Diskriminationslernen, Begriffslernen, Regellernen und Problemlösen. VESTER schreibt in seinem Buch ‚Denken, Lernen, Vergessen‘, dass jeder anders als der andere lernt und dass der Lerntyp sowohl abhängig vom Inhalt als auch von dem Intelligenzgrad, d. h., von der Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erkennen, Analogieschlüsse zu ziehen, Gelerntes zu verbinden und sinnvoll zu verarbeiten, ist. (Vgl. VESTER, F.: Denken, Lernen, Vergessen, 2002, 131.) Zudem kann nach VESTER die Lerneffektivität gesteigert werden, wenn der richtige Wahrnehmungskanal angesprochen wird. In der Pädagogik kommt dieser Ansatz dem ‚ganzheitlichen Lernen‘ und dem ‚handlungsorientierten Lernen‘ nah. Der Begriff Lerntyp steht vielfach für vier Aspekte die im pädagogischen Diskurs vorhanden sind: Der Wahrnehmungsstil, der Denkstil, der Lernstil und der Theorie der dualen Codierung. Dabei werden der Wahrnehmungs- und Denkstil eher als feste Merkmale einer Persönlichkeit gefasst, der Lernstil hingegen als die Summe jener Präferenz, die von den Lernenden in kontextueller Abhängigkeit selbst gesetzt werden. Daher beschreibt der Terminus des Lernstils im engeren Sinne die Präferenz der Lernenden für unterschiedliche Lern- und Lehrarten. Vgl. http://www.stangl-taller.at/, gefunden am 19.12.2006. Weitere Ausführungen zu den Lerntypen erfolgen im Kapitel B 3.5 ‚Anforderungen an die Lernenden‘. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 19.

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B Forschungskontext

Engere Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden Eine engere Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden könnte durch die Implementierung von Learningmanagement-Systemen107 auf der Basis neuer Lerntechnologien ermöglicht werden. Durch die Verzahnung von internen und externen Experten in einem Wissensbereich entsteht ein fortwährender aufgabenbezogener und arbeitsprozessintegrierter Informationsfluss untereinander. Die künstliche Trennung zwischen Lernen und Arbeiten, wie sie in tradierten Seminaren vorzufinden ist, bricht dadurch stärker auf.108 Veränderte Qualität der Mitarbeiterqualifikation Die veränderte Qualität der Mitarbeiterqualifikation wird durch die Forderung zu lebenslangem Lernen, der gesteigerten Eigenverantwortlichkeit sowie eines selbstgesteuerten Lernens hervorgerufen. Zunehmend spielen Zusatzqualifikationen wie beispielsweise Medienkompetenz und die Kompetenz, neue Arbeitstechniken in der vernetzten Arbeitsumgebung einsetzen zu können, eine entscheidende Rolle. Die Beschäftigten erwerben so durch informelles Lernen die Fähigkeit zu effektiver Nutzung der neuen Medien, um Informationen zu suchen, zu organisieren, zu analysieren und anzuwenden.109 Die Veränderungen der Lernarrangements110, die in Unternehmen aus den einleitend skizzierten Veränderungsprozessen und durch den Einsatz neuer Lehr-

107

108 109 110

„Unter einem Lernmanagement-System versteht man eine Lernplattform. Es handelt sich um ein Softwareprogramm für computerbasiertes oder webbasiertes Lernen, computerunterstützes Training (CBT) und Web Based Training (WBT). Die Lernplattform ist eine grafische Benutzeroberfläche, die bestimmte Funktionalitäten wie die Verwaltung und Administration des Lerninhaltes unterstützt. Dazu gehören die Gliederung und die Tests des Lerninhaltes, sowie die Kommunikationssteuerung zwischen dem Computer mit dem Lernprogramm und dem Lernenden.” http://www.itwissen.info/definition/lexikon//_lmslms_lmslearning%20management %20systemlms_lmslernmanagement-system.html, gefunden am 19.12.2006. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 19f. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 20. Die Veränderung von Lernarrangements geht dahin, dass zunehmend Arbeits- und Lernprozesse verknüpft werden. Zu diesem Zweck müssen zwei Infrastrukturen aufeinander bezogen werden: die Arbeitsstrukturen und die Lerninfrastruktur. Hierbei wird es verstärkt die Aufgabe der Lehrenden sein, an der Verknüpfung beider mitzuwirken, um selbstgesteuertes Lernen in offenen Lernarrangements zu ermöglichen. Dadurch ist das sich verändernde ‚Funktionsbild‘ des Lehrenden in Lern-

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

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und Lernformen resultieren, werden anhand von verschiedenen Begrifflichkeiten diskutiert. Dabei werden insbesondere formelles, non-formelles und informelles Lernen, Lernen im Arbeitskontext, Selbststeuerung von Lernprozessen und spezifische Lernprozesse von Gruppen betont. Nachstehend wird der Genese sowie der Tragfähigkeit dieser Begrifflichkeiten für die Beschreibung von Lernarrangements nachgegangen. Dabei wird ein heuristischer Ansatz gewählt, da keine konsistente Theorie zur Thematik vorliegt, die als geeignetes Fundament für die darauf folgenden Kapitel dienen könnte. Ziel ist es, eine Systematisierung und Abgrenzung dieser Begriffe unter Bezug auf die aktuelle bildungspolitische und wissenschaftliche Fachliteratur zu leisten. Für die Darstellung des bildungspolitischen Umfeldes wird zunächst der geschichtliche Hintergrund der Begriffstrias formelles, non-formelles und informelles Lernen als klassisches Unterscheidungsmodell betrachtet sowie deren Tragfähigkeit für betriebliches Lernen untersucht. 2.1.1 Kategorisierung der Lernformen Im betrieblichen Bereich sind es verstärkt informelle Lernarrangements, die unter der Perspektive der Entgrenzung Aufmerksamkeit finden. Angesichts der permanenten Veränderungen rücken insbesondere Prozesse der Kommunikation und der reflektierenden Selbstbeobachtung in den Mittelpunkt des Interesses.111 Vor diesem Hintergrund gilt es, die einmal erworbenen beruflichen Erfahrungen, Wissensbestände, Qualifikationen und Kompetenzen nicht veraltern zu lassen. Lernen wird damit zu einer Lebenshaltung, die die Handlungsvoraussetzungen im Umgang mit Modernisierungsfolgen so optimal wie möglich ständig auf dem Laufenden hält. Hierin sollte auch der Schwerpunkt zukunftsorientierter betrieblicher Weiterbildung liegen. Lernen wird zunehmend zu einem Prozess „permanenter Selbstvergewisserung bzw. institutionalisierter Dauerreflexion“112. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Lernen subjektiv und ein nicht vollkommen berechenbares Unterfangen zwischen Wissensaneignung und Erkenntnis ist, das assoziativ funktioniert, chaotischen Prozessen unterworfen ist und nur begrenzt gelenkt werden kann.113

111 112 113

arrangements eng verknüpft mit einem situativen, subjektbezogenen Lernkonzeptverständnis. Vgl. HENSGE, K.: Rahmenbedingungen, 2005, 7. Vgl. EGLOFF, B.: Reflexionskultur, 2005, 42. EGLOFF, B.: Reflexionskultur, 2005, 44. Vgl. WEBER, S.: Subjekt, 1998, 176.

56

B Forschungskontext

Informelles Lernen

Non-formelles Lernen

Abbildung 5:

Formelles Lernen

Lernformen als Ergänzungsverhältnis

Lernen bedingt notwendig Veränderungen. Diese Veränderungen erschließen sich in der Beobachtung der Reaktionen des Lernenden auf verschiedene Umgebungsvariablen. Benjamin Britten114 veranschaulicht die Notwendigkeit des Lernens mit dem Vergleich, ‚dass Lernen wie Rudern gegen den Strom ist und dass man zurücktreibt, sobald man aufhört‘. „Lernen ist insofern auf die Verbesserung der Handlungsvoraussetzungen im Umgang mit den Modernisierungsfolgen bzw. auf die Überwindung von Handlungsbehinderungen gerichtet und versucht, irritierende Situationen neu zu verstehen.“115

Zur annähernden Verwirklichung des Prinzips LLL leisten drei ‚unterschiedliche‘ Lernformen einen Beitrag: Formelles, non-formelles und informelles Lernen116. Sie schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern stehen in einem komplementären Ergänzungsverhältnis zueinander (s. Abb. 5). 114 115 116

BRITTEN, Benjamin (1913 - 1976), englischer Komponist. LUDWIG, J.: Betriebliche Modernisierung, 2004, 292. Geprägt wurde die Dreiteilung des Lernens durch internationale Organisationen vor allem mit Bezug auf die Bildungsprobleme von Entwicklungsländern in den 60er und 70er Jahren, nachdem zunächst nur grob zwischen school education und out-ofschool-education unterschieden wurde. Das ist nicht verwunderlich, da aufgrund einer geringen Ausprägung formaler Bildungssysteme und hoher Kosten bei der Installierung komplexer formaler Aus- und Weiterbildungsformen in einigen Entwicklungslängern traditionell nicht-formalisierte und informelle Lernprozesse von enormer Bedeutung waren bzw. immer noch sind. Eine definitorische Unterschei-

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

57

Formelles Lernen Formelles Lernen findet in organisierten Strukturen mit planmäßigen Zielen, Aufgaben und Inhalten, in von der übrigen Umwelt abgegrenzten Bildungssystemen (Schule, Universität, Volkshochschule, etc.) statt. Formelles Lernen gilt als eine fremdorganisierte, strukturierte, bewusste und mit einem Zertifikat abschließende Lernform, die meist als Grundlage zum Qualifikationserwerb betrachtet wird.117 In Abbildung 6 wird das Verhältnis zwischen formeller Lernform und Lernort verdeutlicht, wobei die gestrichelte Linie deutlich macht, dass die Übergänge zu den folgenden Lernformen fließend sind. Während das formelle Lernen in den Lernorten des sozialen Umfeldes einen geringfügigen, im Arbeitsprozess wenig Anteil hat, hat es in Bildungseinrichtungen den größten Anteil.

Soziales Umfeld

Bildungseinrichtung

Arbeitsprozess

Formelles Lernen

Abbildung 6:

117

Anteil formellen Lernens in den unterschiedlichen Lernorten

dung wurde als erstes von COOMBS/AHMED im Rahmen einer Untersuchung von Bildungsprozessen in ländlichen Gegenden des International Council für Educational Development in Zusammenarbeit mit der UNESCO 1974 gemacht. Vgl. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 14. Vgl. TIPPELT, R.: Lernen für Pädagogen, 2004, 108.; Vgl. auch OVERWIEN, B.: Informelles Lernen. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 3/2005, 346.

58

B Forschungskontext

Non-formelles Lernen Unter non-formellem Lernen wird beiläufiges, zufälliges und unorganisiertes Lernen im Alltag (Beruf, Freizeit, Familie, etc.) verstanden. Es zielt nicht primär auf formale Abschlüsse und Berechtigungen ab.118 Demnach sind unter nonformellem Lernen alle Formen des Lernens, die in der gesamten Umwelt außerhalb des fremdorganisierten, formalisierten Bildungswesens stattfinden, zu verstehen. Non-formelles Lernen geschieht im Wesentlichen in der Übergangszone zwischen formellem und informellem Lernen. Es kann am Arbeitsplatz und im Rahmen von Aktivitäten der Organisation und Gruppierung der Zivilgesellschaft (Vereinen, Gewerkschaften, etc.) stattfinden.

Soziales Umfeld

Bildungseinrichtung

Arbeitsprozess

Formelles Lernen

Abbildung 7:

118

Non-formelles Lernen

Anteil formellen und non-formellen Lernens in den unterschiedlichen Lernorten

Vgl. DOHMEN, G.: LLL, 1997, 19.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

59

Informelles Lernen Durch die eingangs beschriebenen permanenten Veränderungsprozesse in Weiterbildungsbereichen ist eine Tendenz von der Fremd- hin zur Selbstorganisation des Lernens feststellbar. Dadurch kommt dem informellen Lernen immer mehr Bedeutung zu: Vom schulisch stark inspirierten ‚Vorratslernen‘ (formellem Lernen) führt der Weg insbesondere in der betrieblichen Weiterbildung immer mehr zu projekt- und arbeitsintegrierten Lernformen, die als informelles Lernen bezeichnet werden. Informelles Lernen bedarf im Unterschied zum formellen Lernen keiner gesonderten Bildungseinrichtung, die Lernsituation wird nicht ‚künstlich‘ organisiert, sondern entsteht aus realistischen Problemsituationen selbst.119 Es wird aus der Situation heraus durch die selbstständige Aneignung neuer signifikanter Erkenntnisse oder Fähigkeiten gelernt. Informelles Lernen könnte als instrumentelles Lernen, als Mittel zum Zweck beschrieben werden, da der Zweck – im Gegensatz zur äußeren Zweckvorgabe beim formellen Lernen – nicht das Lernen selbst ist, sondern vielmehr die bessere Lösung einer außerschulischen Aufgabe, einer Situationsanforderung, eines Lebensproblems. Demnach sind informelle Lernprozesse zwar häufig nicht intendiert, aber im alltäglichen Leben dennoch von großer Bedeutung, weil sie ‚en passant‘ die alltäglichen Handlungen begleiten.120 Zwischen den einzelnen Lernformen bestehen Verbindungen, sie bedingen einander und stehen zum Teil nebeneinander, aber alle drei sind als Perspektiven einer ‚Totalität Lernen‘ zu begreifen. In Abbildung 8 wird deutlich, in welchen Bereichen informelles Lernen stattfindet: im Wesentlichen im sozialen Umfeld und im Arbeitsprozess. Es ist demnach eine natürliche Begleiterscheinung des täglichen Lebens. Da das informelle Lernen meist selbstorganisiert ist, findet es selten in dafür ausgewiesenen Weiterbildungseinrichtungen statt.

119 120

Vgl. KIRCHHÖFER, D.: Perspektiven des Lernens, 2001, 112f. Vgl. TIPPELT, R.: Lernen für Pädagogen, 2004, 108.; Vgl. OVERWIEN, B.: Informelles Lernen. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 3/2005, 346.

60

B Forschungskontext

Soziales Umfeld

Bildungseinrichtung

Arbeitsprozess

Formelles Lernen

Abbildung 8:

Non-formelles Lernen

Informelles Lernen

Anteil formellen, non-formellen und informellen Lernens in den unterschiedlichen Lernorten

Zurzeit werden in Bezug auf die dargestellten Lernformen zwei Trends beobachtet: Zunächst ist eine ‚Entformalisierung‘ formeller Weiterbildungsformen in der betrieblichen Weiterbildung zu beobachten121 und zum zweiten eine ‚Formalisierung‘ sich bislang eher informell und nebenbei vollziehenden Lernens. Was allerdings die vielfach diskutierte Ablösung traditioneller betrieblicher Weiterbildungsveranstaltungen durch informelle Lernformen angeht, so wird davon ausgegangen, dass in Zukunft viel eher von einer Verschränkung oder Ergänzung der dargestellten unterschiedlichen Lernformen in der betrieblichen Weiterbildung auszugehen ist als von einer Ablösung oder Verdrängung der formellen Formen.122

121

122

Hier sind z. B. die zunehmende Selbstorganisation und Individualisierung des Lernenden, auch modulartige Weiterbildung oder das Näherrücken der Lernformen an den Arbeitsprozess zu erwähnen. Vgl. SCHIERSMANN, C./ILLER, C./REMMELE, H.: Ergebnisse, 2001, 9f. Zudem werden die dargestellten Trends bestätigt durch eine BIBB-Forschung aus dem Jahr 1998/1999.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

61

2.1.2 Lernen im Arbeitskontext Lernen im Arbeitskontext hat schon immer stattgefunden und ist nach LANGE „[…] eigentlich die älteste Form der Weiterbildung, nur ist man sich lange Zeit gar nicht der Tatsache bewusst gewesen, dass am Arbeitsplatz ein Lernvorgang abläuft“123. Vor nicht allzu langer Zeit hat diese Form eine Bedeutung im Rahmen der gesamten Weiterbildungsmaßnahmen erhalten. Sie wird heute konsequent genutzt und eingesetzt. Immer wieder gibt es in der betrieblichen Weiterbildung Herausforderungen, die regelrecht dazu zwingen, zu lernen. Viele Unternehmen betrachten daher arbeitsplatznahes Lernen seit einigen Jahren als Alternative zu seminaristischen Maßnahmen. Das tradierte Lernen in Seminaren (learning-of-the-job) wird in der betrieblichen Weiterbildung verstärkt ergänzt durch Lernen am Arbeitsplatz (learning-on-the-job) und arbeitsplatznahes Lernen (learning-near-the-job).124 Bei dieser Kategorisierung werden gezielt verschiedene Lernorte miteinander kombiniert, so dass beispielsweise das Lernen von spezifischem Wissen im Seminar durch transferorientierte Maßnahmen am Arbeitsplatz ergänzt wird. Eine weitere Differenzierung des dezentralen Lernens soll die Nähe der Lernprozesse zum Arbeitplatz kategorial nach DEHNBOSTEL aufzeigen. Er gliedert in drei Formen:



„arbeitsgebundenes Lernen (Lernort und Arbeitsplatz sind identisch, z. B. Lerninseln und betriebliche Lernstationen),



arbeitsverbundenes Lernen (räumliche und arbeitsorganisatorische Verbindung zwischen Lernort und Arbeitsplatz, z. B. Technikzentren und Musterausbildungsplätze),



arbeitsorientiertes Lernen (Lernort und Arbeitsplatz sind räumlich und arbeitsorganisatorisch getrennt, z. B. Lernfabriken und Produktionswerkstätten in Bildungseinrichtungen)“125.

Die Umsetzung dieser Möglichkeit bedarf der qualifikationsförderlichen Arbeitsgestaltung: Das Lernen am Arbeitsplatz wird realistischer, wenn der Arbeitsplatz lernförderlich gestaltet ist. Dabei genügt nicht mehr alleine eine Qualifizierung 123 124

125

LANGE, A. zitiert in ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 116. Vgl. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 32.; Vgl. KALTENBAEK, J.: Betriebliche Weiterbildung, 2003, 39. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 31.

62

B Forschungskontext

für die Arbeit, benötigt wird parallel eine Qualifizierung durch die Arbeit und eine Qualifizierung durch Beteiligung an der Arbeitsplatzgestaltung. In Unternehmen126 gehören deshalb Lerninseln, Werkstattzirkel, Lernfabriken sowie alternative Konzepte zum Arbeitsalltag:127 „Beim Lernen im Kontext von Arbeit lassen sich aus unserer Sicht zwei Formen analytisch unterscheiden: arbeitsbegleitendes Lernen und lernförderliche Arbeitsformen, wobei eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Lernen und Arbeiten nicht möglich ist. Bei näherer Augenscheinnahme einzelner Formen scheint der ihnen anhaftende Glanz von Innovation und Neuartigkeit doch etwas matter zu werden: Beispielsweise sind bei vielen Formen der Gruppenarbeit althergebrachte Einarbeitungs- und Unterweisungsmaßnahmen gang und gäbe, und die Möglichkeit zu Selbstorganisation und Partizipation, die als Zielperspektiven propagiert werden, wird oftmals auf einen engen Rahmen eingegrenzt. Auch die zahlenmäßige Verbreitung von als ‚neu‘ etikettierten Formen, wie etwa Lerninseln und Lernstätten, korreliert (noch?) nicht mit der Bedeutung, die ihnen in der berufspädagogischen Debatte zugewiesen wird. Dies leitet hin zur Frage, ob man den Wert solcher Formen in der Praxis schlichtweg noch nicht erkannt hat oder ob die Diskussion stellenweise an der betrieblichen Realität vorbei läuft.“128

Nach Arnold lassen sich folgende Funktionsbereiche auflisten, in denen das Lernen im Arbeitskontext sich als besonders geeignete Weiterbildungsform erweist:

– – – – – – – – 126

127 128 129

„Lernen beruflicher Fertigkeiten, Orientierung über den Arbeitsplatz, Motivation für arbeitsplatzexternes Lernen, Funktionale und applikative Integration arbeitsplatzbezogener Lerninhalte, Verantwortungsentwicklung, Geläufigkeitstraining, Physiologische Gewöhnung, Regeneration des Kenntnis- und Erfahrungsstandes.“129 Allerdings sind dies meist Großunternehmen, da die Konzepte für KMUs (klein und mittelständige Unternehmen) kaum geeignet sind. Ebenso ist ein simpler Transfer von dem einen in das andere Unternehmen kaum möglich, weil jedes Unternehmen eine eigene Unternehmenskultur besitzt. Vgl. http://www.lernen-am-arbeitsplatz.de/, gefunden am 07.12.2006. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 85. ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 117.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

63

Diese didaktischen Funktionsaspekte der betrieblichen Weiterbildung zeigen, dass die Relevanz dieser Weiterbildungsform im Bereich der ‚weichen Faktoren‘, womit die Verhaltens- und Kompetenzbereiche gemeint sind, anzusiedeln ist und dort, wo eine komplexe Habitualisierung professionellen Handelns im Vordergrund steht. Denn nicht nur eine kognitive, distanzierte Durchdringung von Lerninhalten, sondern ihre Integration in Handlungsvollzüge ist das Ziel, weshalb sich die Form des arbeitsplatznahen Lernens auch in Unternehmen als unzureichend erweisen dürfte. Daher wäre es sinnvoll, genau zu prüfen, ob Möglichkeiten eines Lernens im Arbeitskontext nicht durch die gegenläufige Bewegung einer wachsenden Unanschaulichkeit arbeitsbezogener Lerninhalte im Bereich der neuen Technologien konterkariert werden. Es ist ratsam zu erforschen, ob die erforderlichen Hard- sowie Software-Kompetenzen in einzelnen Arbeitsgebieten wirklich am funktionalsten aus der Anwendersituation erwachsen sollen oder ob die gegenwärtige Anforderungsentwicklung nicht auch in dem Bereich der betrieblichen Weiterbildung auf die Profitierung einer „dualen Lernortstruktur“130 hinausläuft: „Aneignung von ‚notwendigem Hintergrundwissen‘ und ‚veraltetem‘, doch gleichwohl notwendigem ‚Erfahrungswissen‘ in off-the-job-Seminaren einerseits und Habitualisierung ganzheitlicher Anwendungskompetenzen in ‚on-the-job-Situationen‘.“131

An allen Lernorten sollte also die Weiterbildungsarbeit möglichst nahe an realen Problemsituationen und Entscheidungsprozessen am Arbeitsplatz orientiert sein. Aus den konkreten Arbeitsaufgaben zu lernen macht es jedoch ebenso erforderlich, Lernen so zu gestalten, dass ‚natürliche‘ Module, die Teams, wie sie vor Ort zusammenarbeiten, auch zusammen lernen. Weiterbildung und Organisationsentwicklung gilt es zukünftig verstärkt nach dem Prinzip des LLL miteinander zu verbinden. Lernen sollte als kontinuierlicher Prozess angelegt sein und die Arbeit kontinuierlich begleiten.132 Letztlich geht es um die lernförderliche Gestaltung der Arbeit selbst oder anders formuliert, um die intentionale Ausformung von Lernprozessen im Arbeitskontext. Selbst wenn die dargestellte Kategorisierung der betrieblichen Weiterbildungs-

130 131 132

ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 118. ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 118. Vgl. http://www.neue-lernkultur.de/neuelernkultur.php?aspekt=lernorte, gefunden am 07.12.2006.

64

B Forschungskontext

Tabelle 2: Spannungsfeld von Lernen und Arbeiten ‚Lernen außerhalb der Arbeit‘ (Off the Job)

‚Lernen innerhalb der Arbeit‘ (On the Job)

Trennung von Lernen und Arbeiten

Verschmelzung von Lernen und Arbeiten mit Schwerpunkt auf dem Lernen

Verschmelzung von Lernen und Arbeiten mit Schwerpunkt auf dem Arbeiten

– Die Lernorganisation tritt

– In der Arbeit wer-

– Die Arbeit bietet

neben die Arbeitsorganisation – Schutzraum des Lernens – Transferproblematik – Zusätzliche Kosten

den personelle, organisatorische und sachliche Voraussetzungen für Lernen geschaffen. – Gelernt wird bezogen auf, aber nicht in Echtprozessen.

Lerngelegenheiten:

– Welche das sind und wie gut sie für Lernprozesse genutzt werden können, unterliegt nur sehr bedingt berufspädagogischem Einfluss.

maßnahmen bei den Beschäftigten im Arbeitsprozess kaum von Interesse ist, so hat sie jedoch Einfluss auf die zeitlichen oder personellen Ressourcen. Ziel ist es letztlich, nicht erst zu lernen und dann zu arbeiten, sondern Lernen und Arbeiten noch stärker zusammen zu führen, so dass eine effizientere und zukunftsweisende betriebliche Weiterbildung möglich ist. 2.1.3 Selbststeuerung von Lernprozessen Der Begriff des selbstgesteuerten Lernens wurde durch eine amerikanische Diskussion zum ‚Self-directed learning‘ ins Leben gerufen. Verbindungen bestehen zu dem entsprechenden Begriff in Deutschland. Dort beinhalten die Diskussionen Aspekte wie: Lernen lernen, einzeln oder in der Gruppe lernen, mit Medien lernen, Medien als ‚virtuelle Lehrende‘, veränderte Rolle der Institutionen und Kategorien nicht intendierten Lernens.133 Unter Selbststeuerung von Lernprozessen wird oftmals eine enge Verbindung mit informellem Lernen verstanden, die im Zuge des Prinzips LLL und der betrieblichen Weiterbildung von Bedeutung ist. Der Begriff Selbststeuerung von

133

Vgl. NUISSL, E.: Einführung, 2000, 134.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

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Lernprozessen markiert die Abkehr von der Lehrerzentrierung und führt zur Fokussierung auf den Lernenden als gestaltendem Subjekt der Lernprozesse.134 „Durch den Kontext der Eigenverantwortlichkeit erscheint selbstorganisiertes Lernen als dynamische Kategorie, als durch eigenes Wünschen und Wollen beeinflußbar, und – aufgrund weitreichender Mitbestimmungsmöglichkeiten – als ein Garant für Entwicklung im positiven Sinne.“135

Lerntheoretisch wird das Konzept der Selbststeuerung vielfach in systemischen und konstruktivistischen Ansätzen verortet, was bedeutet, dass selbstreferentielle Prozesse sozialer Systeme als Lernprozesse erfasst werden. Die dabei betonte Aktivität des Lernenden im Sinne des Konstruktivismus bezeichnet mentale und kognitive Eigenaktivität im Umfeld eines psychologischen und erkenntnistheoretischen Zugriffs. Diese Beziehung knüpft sich an Handlungen eines selbstgesteuert Lernenden und die darin enthaltenen Entscheidungs- und Handlungsspielräume. Ein weiterer Aspekt im Zusammenhang der Selbststeuerung von Lernprozessen fokussiert das Selbst-Management des Lernens. Hierbei kann das Reagieren auf Lernangebote nicht mehr ausreichend sein, um dem Prinzip des LLL gerecht zu werden, sondern es ist vielmehr die Internalisierung der Eigeninitiative zum Lernen und der Eigenverantwortlichkeit für Lernprozesse notwendig. Unter bildungspolitischer Betrachtung kann die Selbstorganisation und Selbstverantwortung eines mündigen Bürgers auch dazu führen, haushaltspolitische Einsparungsambitionen und eine ordnungspolitische Deregulierung zu legitimieren. Zudem kann dadurch eine Neuordnung der Verantwortlichkeit für Weiterbildung zwischen Individuen, Wirtschaft, Gesellschaft sowie öffentlichen Bereichen veranlasst werden.136 „Im Kontext europäischer subsidiärer Förderpolitik und der Frage der Entwicklung der „human resources“ als Humankapital bietet selbstorganisiertes Lernen die konzeptionelle Klammer zwischen wirtschafts- und bildungspolitischer Zielsetzung. Über das organisierte Lernen in Bildungsinstitutionen hinaus wird insbesondere das informelle Erfahrungslernen im Lebens- und Arbeitszusammenhang des einzelnen zum Schlüssel denkbarer Entwicklungen in einer Wissens- oder Informationsgesellschaft, die selbstorganisiertes Lernen mit Hilfe von Technologien voraussetzt.“137 134

135 136 137

Vgl. SCHIERSMANN, C./ILLER, C./REMMELE, H.: Ergebnisse. IN: NUISSL, E./ SCHIERSMANN, C./SIEBERT, H.: Report Nr. 48, 2001, 11f.; Vgl. NUISSL, E.: Einführung, 2000, 134. REIN, A. v.: Selbstreflexion, 1998, 14. Vgl. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 58. REIN, A. v.: Selbstreflexion, 1998, 13.

66

B Forschungskontext

Die Zielperspektive der Selbststeuerung von Lernprozessen verstärkt die zunehmende Individualisierung138 von Lernprozessen, da das lernende Individuum 138

Nach BECK ist Individualisierung keine neuartige Erscheinung des 20. Jahrhunderts. Individualisierung gab es in den verschiedensten Epochen und in den unterschiedlichsten Schichten unseres Kulturraumes. Wenn in der heutigen Diskussion von Individualisierung die Rede ist, umfasst dieser Begriff auf Seiten der Vertreter dieser Theorie vor allem drei, durch die fortschreitende Modernisierung unserer Industriegesellschaft ausgelöste, Aspekte: a) Die Menschen werden aus historisch vorgegebenen Sozialformen und Sozialbindungen herausgelöst. Dies ist die Freisetzungsdimension der Individualisierung. b) Gleichzeitig geht damit ein Verlust an traditionalen Sicherheiten und Gewissheiten einher, bezeichnet mit dem Begriff Entzauberungsdimension. c) Schließlich erfolgt eine neue soziale Einbindung der zuvor freigesetzten Individuen, Kontroll- bzw. Reintegrationsdimension genannt. Dieses durch drei Aspekte gekennzeichnete Modell von Individualisierung stellt für Beck nicht nur den Typus der modernen Individualisierung dar, sondern verkörpert darüber hinaus ein „ahistorisches Modell der Individualisierung“, bei welchem nochmals zu unterscheiden ist zwischen „(objektiver) Lebenslage und (subjektivem) Bewusstsein“. In der Synopse dieser drei Aspekte wird klar, was Individualisierung nicht meint: Atomisierung, Vereinzelung, Vereinsamung, Beziehungslosigkeit, völlige Autonomie. Denn es erfolgt nicht nur eine Freisetzung der Individuen, eine Auflösung der alten gesellschaftlichen Formen, sondern parallel dazu eine Etablierung neuer sozialer Formen und Verbindlichkeiten und die Einbindung der Menschen in diese. Beck stellt die These auf, dass „die handlungsleitenden „Meso-Sicherheiten“ sozialer Milieus [weg]schmelzen und die Individuen [...] ihre Biographie durch aufbrechende Entscheidungszwänge und Entscheidungsrisiken hindurch selbst planen [...] [müssen]“. Hier wird ein weiterer zentraler Punkt der Individualisierungstheorie deutlich: Individualisierung heißt nicht freie Entscheidung, bedeutet nicht absolute Unabhängigkeit von Bindungen oder Verpflichtungen, sondern beinhaltet einen Zwang zur Selbstgestaltung im Rahmen aktueller gesellschaftlicher Bedingungen. Zusammenfassend meint Individualisierung, dass die Biographie der Menschen aus traditionalen Vorgaben und Sicherheiten, aus fremden Kontrollen und überregionalen Sittengesetzen herausgelöst, offen, entscheidungsunabhängig und als Aufgabe in das Handeln jedes einzelnen gelegt wird. Die Normalbiographie verwandelt sich dabei in eine Wahlbiographie – mit allen Zwängen und „Frösten der Freiheit“. Individualisierung bezeichnet also ein zwiespältiges, mehrgesichtiges, schillerndes Phänomen, genauer: einen Gesellschaftswandel, dessen Bedeutungsvielfalt real und durch allerdings notwendige Begriffserklärungen allein nicht aus der Welt zu schaffen ist. Es meint den Selbstzwang zur Standardisierung der eigenen Existenz. Vgl. BECK, U.: Risikogesellschaft, 1986, 206ff.; BECK, U./BECK-GERNSHEIM, E.: Chaos, 1990, 12f.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

67

immer mehr Verantwortung für das eigene erfolgreiche Lernen übertragen bekommt. Dies wird insbesondere durch den Begriff ‚employability‘ ausgedrückt und bedeutet eine permanente Anpassung seiner Qualifikationen und Kompetenzen an die von außen geforderten Anforderungsprofile.139 Wenn nun in diesem Zusammenhang betriebliche Weiterbildung zum Zwang, zur Verpflichtung wird, führt die Forderung nach Selbststeuerung des Lernprozesses gewissermaßen ad absurdum. Dadurch kann eine Überforderung des Lernenden hervorgerufen werden, da auch die Verantwortung für den eigenen Misserfolg übernommen werden muss.140 Eine erfolgreiche Selbststeuerung des Lernens ist von den Persönlichkeitsfaktoren und situativen Faktoren abhängig. Zu den Persönlichkeitsfaktoren zählen „Lernmotivation, Vorkenntnisse, Verfügungen über Lern- und Problemlösestrategien, Autonomieerleben und Selbstwirksamkeitsüberzeugung“141. Dabei ist anzumerken, dass insbesondere diejenigen Individuen über die Potenziale zum selbstgesteuerten Lernen verfügen, die analytisch orientiert, über ein strukturiertes Selbstkonzept verfügen, innengeleitet und individualistisch sind. Selbststeuerung des Lernens schließt u. a. ein, dass die Lernenden Lernbedarf selbstständig erkennen und sich bewusst individuelle Entwicklungsziele setzen. Dazu benötigen sie neben den aufgeführten Potenzialen, neben Strategien der Selbstevaluation auch Kenntnis und insbesondere die Fähigkeit zum vernetzten Denken, zum Denken in Zusammenhängen, von wirtschaftlichen Entwicklungstendenzen – auf makroökonomischer Ebene und mit Blick auf das eigene Unternehmen.

139

140 141

Das politische Konzept zur Beschäftigungsfähigkeit setzt einen neuen Modus der Vermittlung zwischen Person und Unternehmen voraus, der auf flexible Beschäftigungsfähigkeit als personaler Kompetenz abstellt. Diese Forderung nach individueller Sicherung der Beschäftigung erzeugt einen wachsenden Beratungsbedarf, da die Weiterbildungsplanung auf individuelle Bedürfnisse und Möglichkeiten abgestimmt werden soll und muss. Bei einer individuellen Weiterbildungsberatung sollten geeignete netzbasierte Informations- und Kommunikationsangebote sinnvoll unterstützt werden. Dabei reicht es allerdings nicht aus, entsprechende Datenbanken zu entwickeln und ihre Bestände kontinuierlich zu pflegen. Insbesondere sollte es darum gehen, zielgruppenspezifische Beratungsinstrumente zu entwickeln, die auf solche Informationsbestände zugreifen. Gezielt sollte dabei auf Maßnahmen zur Motivierung und Aktivierung der Ratsuchenden Wert gelegt werden. Vgl. LUTZ, M. (Hg.): Status quo, 2004, 25f. Vgl. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 58. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 60.

68

B Forschungskontext

Unter situativen Faktoren werden Lerninhalte, Verwendungssituationen des Gelernten sowie soziale Support-Systeme, wie z. B. Bezugspersonen oder institutionelle Kontexte gefasst.142 Aufgrund dieser ‚Erfolgsfaktoren‘ wird deutlich, dass das selbstgesteuerte Lernen nicht für jeden geeignet ist, je nach subjektivem Potenzial für die Selbststeuerung von Lernprozessen. 2.1.4 Spezifische Lernprozesse von Gruppen Unter lernförderlichen Arbeitsformen wird nicht nur das selbstgesteuerte Lernen subsumiert, sondern auch das Lernen in Gruppen. Als Erklärungsansätze für die Differenzierung individueller, gruppenbezogener und organisierter Lernprozesse werden vielfach die Theorien zum organisierten Lernen, zur lernenden Organisation sowie zum lernenden Unternehmen herangezogen. Ohne an dieser Stelle die einzelnen Theorien auszuführen, seien doch die Übereinstimmungen erwähnt. Das sich daraus ergebende Resultat, dass eben nicht nur Individuen, sondern auch ‚Organisationen‘ lernen, ist in drei Ebenen gegliedert:



die individuellen Lernprozesse,



die Gruppenlernprozesse und



die Lernprozesse der Organisation als Gesamtheit.

Hierbei stellen individuelle Lernprozesse die Basis für organisiertes Lernen dar, letzteres geht allerdings darüber hinaus. Insbesondere SENGE143 stellt das Gruppenlernen als ein unverzichtbares Element von Organisationslernen dar, jedoch ohne konzeptionell klar herauszuarbeiten, wodurch sich das Gruppenlernen bzw. das Organisationslernen von der Komplexität der Lernprozesse der Individuen unterscheidet.144 „Beim Lernen einer Gruppe als soziales System wird Lernen Senge zufolge von einem individuellen zu einem kollektiven Vorgang, wobei die kollektiven Lernprozesse entscheidend für die individuellen Lernpotentiale und -prozesse konstituiert werden. Gruppenlernen wird als Prozess betrachtet, der sich im veränderten ‚Grup-

142 143 144

Vgl. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 60. Rezipiert in SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 68. Vgl. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 68.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

69

penwissen‘, in veränderten Wirkungen nach außen und veränderten Wahrnehmungen als soziale Identität nach innen niederschlägt.“145

Dies wird unterstützt durch die sozio-konstruktivistische Sichtweise, die besagt, dass das Individuum vor allem durch Interaktionen mit anderen zu verändernden Sichtweisen und Erkenntnissen gelangt. Daher werden individuell-kognitive Entwicklungen als Ergebnis einer spiralförmigen Kausalität146 verstanden. Demnach ermöglichen bestimmte individuelle Entwicklungsstufen die Teilnahme an bestimmten sozialen Interaktionen, diese führen dann wiederum zu neuen individuellen Erkenntnissen, die wiederum zu höherentwickelten Interaktionen führen.147 Durch Gruppeninteraktionen werden soziale mit individuellen Aspekten verknüpft und können zu effektiverer Aufgabenbewältigung bewegen, im Gegensatz zum selbstgesteuerten Lernen. Generell kann sich das Lernen in einer Gruppe auf fachliche, soziale oder methodische Bereiche beziehen. Dabei wird stets von der Gruppe als Ganzes gesprochen, deren Stellenwert höher ist als der der einzelnen Mitglieder.148 Eine Gruppe zeichnet sich durch eine Gruppenkultur aus, die in Verbindung zur vorherrschenden Unternehmenskultur steht, so dass eine Gruppe durch deren gemeinsame Werte und Zielvorstellungen geleitet wird und ihre Vorgehensweise zu Problemlösungen in ein kollektives Wissen generiert. „In großem Umfang werden in neuerer Zeit in der produzierenden Industrie neue Formen der Gruppenarbeit eingeführt, die zur Flexibilisierung der Produktion, zur Verkürzung von Durchlaufzeiten und zur Reduktion fixer Kosten beitragen sollen. Der damit verbundene häufige Wechsel der Arbeitenden zwischen Arbeitsplätzen und die Funktionsanreicherung der einzelnen Arbeitsplätze setzen Informations- und Lernmöglichkeiten im Arbeitsprozeß voraus.“149

145 146

147

148 149

SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 68. „Wenn wir verstehen, befinden wir uns in einem hermeneutischen Zirkel. Er besteht in einem Zusammenhang von Erleben, Ausdruck und Verstehen. Das Erleben findet seinen Ausdruck in Objektivationen des Seelenlebens, diese werden verstanden, nacherlebt und wirken als solche modifizierend auf das Seelenleben ein. Dadurch verändert sich das Vorverständnis laufend.“ LENZEN, D.: Erziehungswissenschaft, 2000, 25. Vgl. http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNEN/Gruppenlernen.shtml, gefunden am 09.12.2006. Vgl. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 68f. SEVERING, E.: Gruppenlernen, 1996, 5. gefunden unter http://www.f-bb.de/fbb/ fachartikel/pdfs/Betriebliche_Weiterbildung_an_industriellen_Arbeitspl%C3%A4 tzen-1.pdf, 07.12.2006.

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B Forschungskontext

Dabei geht es in erster Linie nicht um die Erstellung eines Produktes, sondern um das Lernen in der Gruppe, da die Gruppensituation veränderte Möglichkeiten sowie neue Sichtweisen bietet und der Einzelne vom Wissen anderer profitieren kann. Abschließend lässt sich die Frage stellen, inwieweit die Lernarrangements auf neue Herausforderungen in der betrieblichen Weiterbildung reagieren. Nicht alles, was neu erscheint oder auch was als neu angeboten wird, ist tatsächlich neu. Dies gilt beispielsweise für informelle oder arbeitsbegleitende Lernmaßnahmen, die es schon immer gab. Gegenwärtig erhalten sie allerdings mehr Aufmerksamkeit. Auch dort, wo sich wirklich innovative Lernformen festhalten lassen, z. B. in Bezug auf Lerninseln oder Gruppen- bzw. Projektarbeitskonzepte, denen eine besondere Lernförderlichkeit zugesprochen wird, ist deren Verbreitungsgrad bei näherem Hinsehen eher gering. Bislang wenig betrachtet ist die zu erreichende Verbesserung durch eine Verbindung von Managementund insbesondere Personalentwicklungskonzepten, die unter Stichworten wie LLL sowie ‚employability‘ eine Individualisierung der Verantwortlichkeiten fördern, und umwälzenden Lernarrangements. „Dies gilt z. B. in Bezug auf Gruppenlernprozesse, bei denen gerade die Kooperation und Zusammenarbeit Synergieeffekte in Bezug auf Lernprozesse fördern soll oder Konzepte des Wissensmanagement, bei denen ebenfalls der vertrauensvolle und offene, nicht durch Konkurrenz beeinträchtigte Transfer von Wissen, insbesondere von individuellem erfahrungsbezogenen Wissen unabdingbar ist.“150

Nicht traditionelle Lernformen wie informelles, arbeitsbegleitendes Lernen setzen, ebenso wie der Ansatz des selbstgesteuerten Lernens, geeignete Rahmenbedingungen in Unternehmen voraus. Hier seien Zeitbudgets zum Lernen am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit, Distanz vom Arbeitsdruck oder Unterstützung der Lernprozesse durch Trainer angeführt. Ein erstes Resümee besteht darin, dass die Lernarrangements durchaus bejahende Impulse vermitteln können, den Lerntransfer verbessern und bei bestimmten Gruppen auch die Lernmotivation steigern. Jedoch ist anzumerken, dass die zuvor dargestellten Formen der Lernarrangements die tradierten Lernformen nicht ersetzen, sondern lediglich positiv ergänzen können. Zukünftig bedeutet dies, dass die betriebliche Weiterbildung besonders darauf zu achten hat, welche Lernanlässe, für welche Zielgruppen und Lerntypen unter welchen Rahmenbedingungen und welche Kombi-

150

SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 90f.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

Abbildung 9:

71

Formen der Weiterbildung151

nation von Lernarrangements sich als effektiv und effizient erweisen.152 Dabei ist das Konglomerat von normativen, funktionalen, personalen und instrumentellen Aspekten von Beginn der Planung an bis zur Durchführung und anschließenden Evaluation einer Maßnahme zu beachten. Laut einer Weiterbildungserhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln dominieren bei der betrieblichen Weiterbildung in rund acht von zehn Betrieben das arbeitsplatznahe und selbstgesteuerte Lernen. Das bestätigt den bereits seit längerer Zeit zu beobachtenden Trend der anwendungsnahen Weiterbildungsformen in Unternehmen.153 Belegt werden diese Aussagen durch eine Grafik des Institutes der deutschen Wirtschaft Köln (s. Abb. 9).

151 152 153

WERNER, D.: Trends, 2006, 3. Vgl. SCHIERSMANN, C./REMMEL, H.: QUEM-REPORT, Heft 75, 2002, 90f. Vgl. WERNER, D.: Trends, 2006, 3.

72

B Forschungskontext

2.2 Teilnahme an der betrieblichen Weiterbildung – Partizipative Aspekte Eine Zusammenfassung aus dem Berichtssystem Weiterbildung IX – Integrierter Gesamtbericht zur Weiterbildungssituation in Deutschland des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gibt einen Überblick über die Teilnahme in der Weiterbildung. Sie bildet bislang die einzige Grundlage für verallgemeinernde Schlussfolgerungen.154 Der Bericht spricht von kontinuierlich steigenden Teilnehmerzahlen an Weiterbildungsmaßnahmen seit dem ersten Jahr der Erhebung, und zwar um 23 Prozent. Eine nähere Betrachtung der Entwicklung zeigt allerdings eher ein diskontinuierliches Bild: Nahmen im Jahr 2000 43 Prozent an einer Weiterbildungsmaßnahme teil, so sank die Teilnahme im Jahr 2003 auf 41 Prozent, das entspricht einem Rückgang von rund einer Million Teilnahmen in Deutschland. Auch die Mehrfachteilnahme (Teilnahmefälle)155 an Weiterbildung ist leicht zurückgegangen. Die Teilnahmefälle zeigen einen deutlicheren Abfall als die Teilnehmerzahlen: Im Vergleich zum Jahr 2000 gibt es rund drei Millionen weniger, ihre Zahl liegt bei 32,9 Millionen. Trotzdem liegt laut Berichtsystem Weiterbildung eine insgesamt gesehen positive Bilanz vor. 156 Nach der Erhebung des Institutes der deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2006 sind 84,4 Prozent der befragten Unternehmen bei der betrieblichen Weiterbildung ihrer Beschäftigten aktiv beteiligt, wobei anzumerken ist, dass die Weiterbildungsbeteiligung mit zunehmender Betriebsgröße steigt. „So liegt der Anteil weiterbildungsaktiver Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern bei 84,4 Prozent und bei größeren Unternehmen bei 91,8 Prozent. Unternehmen mit 500 und mehr Mitarbeitern bilden bis zu 93,2 Prozent weiter. Im Verarbeitenden Gewerbe sind 87,9 Prozent der Unternehmen in der Weiterbildung aktiv, im Baugewerbe ist der Anteil mit 88,5 Prozent sogar etwas höher. Im Dienstleistungsbereich liegt die Weiterbildungsbeteiligung bei 83,4 Prozent. Dort sind zwischen den beiden großen Bereichen Handel, Gastgewerbe und Verkehr (83,2 Prozent) sowie den Finanzierungsdienstleistungen und den Dienstleistungen für Unternehmen 154 155 156

Vgl. NUISSL, E.: Einführung, 2000, 33. Vgl. BMBF: Berichtsystem WB, 2001, 4. Vgl. http://www.bmbf.de/pub/berichtssystem_weiterbildung_neun.pdf, gefunden am 12.12.2006. Das Ad-hoc-Modul ‚Lebenslanges Lernen‘ des Mikrozensus weist eine deutlich geringere Weiterbildungsbeteiligung aus als das Berichtssystem Weiterbildung, die wesentlich im methodischen Vorgehen begründet liegt.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen

73

(82,5 Prozent) kaum Unterschiede festzustellen, während die Sonstigen öffentlichen und privaten Dienstleister mit 86,3 Prozent höher liegen. Die Unterschiede zwischen Industrieunternehmen und Dienstleistern resultieren zum Teil daraus, dass anteilig weniger Kleinbetriebe in der Industrie zu verzeichnen sind.“157

Die Teilnehmerforschung im Bereich der betrieblichen Weiterbildung ist nach wie vor unterentwickelt, so SCHIERSMANN/ILLER/REMMELE.158 Daher gibt es keine eindeutigen Erkenntnisse, ob durch die beschriebenen Veränderungen in der betrieblichen Weiterbildung andere oder gar zusätzliche Teilnehmergruppen erreicht werden, wie sich veränderte Beschäftigungsformen auf die Möglichkeit zur Weiterbildungsteilnahme auswirken oder auf welche beschäftigungsbezogenen Voraussetzungen sich eine Personalarbeit einzustellen hat, die im Zuge des gesamtgesellschaftlichen Wandels Strategien verfolgt.

2.3 Institutionelle Aspekte der betrieblichen Weiterbildung – Organisatorische Aspekte Die institutionellen Aspekte betrieblicher Weiterbildungsaktivitäten sind bislang nur gering erforscht. Dass Betriebe159 zu den quantitativ bedeutendsten Trägern in der Weiterbildung gehören, gilt dabei als unstrittig; denn sowohl bei der beruflichen als auch bei der Weiterbildung insgesamt können sie als Träger den größten Anteil der Teilnehmenden verzeichnen. Wie die Abbildung elf des Institutes der deutschen Wirtschaft Köln zeigt, betreiben 84,4 Prozent aller Unternehmen in Deutschland betriebliche Weiterbildung. „Im Jahr 2004 lagen die Aufwendungen der Unternehmen je Mitarbeiter bei durchschnittlich 1.072 Euro, wovon ein Drittel auf direkte und zwei Drittel auf indirekte Kosten entfielen. Gegenüber früheren IW-Erhebungen liegen die direkten Kosten der Weiterbildung leicht niedriger und die indirekten Kosten vor allem für externe Lehrveranstaltungen und für das Lernen in der Arbeitssituation deutlich höher. Hochgerechnet auf alle Beschäftigten in Deutschland, wurden im Jahr 2004 insge157 158

159

WERNER, D.: Trends, 2006, 2f. Vgl. SCHIERSMANN, C./ILLER, C./REMMELE, H.: Ergebnisse. IN: NUISSL, E./SCHIERSMANN, C./SIEBERT, H.: Report Nr. 48, 2001, 23. GABLER definiert Unternehmen als „rechtliche und organisatorische Wirtschaftseinheit, die Güter herstellen oder Dienstleistungen erbringen. Im Gegensatz dazu ist der Betrieb eine Produktionsstätte. – Der Begriff Unternehmung wird vor allem, in Gesetzestexten gleichbedeutend verwendet“. GABLER, Wirtschaft, 2006, 343.

74

B Forschungskontext samt 26,8 Milliarden Euro für die betriebliche Weiterbildung aufgewandt. Für die kommenden Jahre gehen die Unternehmen von einem steigenden Weiterbildungsbedarf aus, der auch durch drohenden Fachkräftemangel beflügelt wird. Dabei erwarten die Unternehmen von ihren Mitarbeitern eine zunehmende Eigeninitiative, auch um ihre eigene Beschäftigungsfähigkeit zu sichern.“160

Mit dieser Forderung der Unternehmen an ihre Beschäftigten kommen abermals das Prinzip des LLL sowie die Bedeutung des informellen Lernens zum Tragen, die durch einen gesamtgesellschaftlichen Wandel verstärkt an Bedeutung gewinnen. Hinsichtlich institutioneller Aspekte der betrieblichen Weiterbildung wird angenommen, dass die Weiterbildungsteilhabe der Beschäftigten je nach Qualifikation und Berufsstatus unterschiedlich ausgeprägt ist und je nach Unternehmensgröße unterschiedlich ausfällt. Diese deskriptiven Faktoren lassen noch nicht erkennen, wodurch die betriebliche Weiterbildung letztlich beeinflusst wird. Derartige Fragen sind bisher hauptsächlich von der betriebswirtschaftlichen Bildungsforschung untersucht worden. Die betriebsgrößenspezifischen Unterschiede der betrieblichen Weiterbildungsaktivitäten werden mit kostenreduzierenden Skaleneffekten bei der Weiterbildungsorganisation erklärt, die sowohl bei Großunternehmen als auch bei Firmenverbunden zu erwarten sind. Des Weiteren wird angenommen, dass die in größeren Unternehmen häufiger existierenden, institutionalisierten internen Arbeitsmärkte und Aufstiegswege zu einer längeren Betriebszugehörigkeit beitragen. Eine Untersuchung von GERLACH/JIRJAHN, zeigt zugleich auf, dass die weiterbildungsaktiven Unternehmen einen bestimmten Unternehmenstyp repräsentieren, der folgende Kriterien erfüllt:

– – – –

die Beschäftigten weisen ein mittleres bis hohes Qualifikationsniveau auf,



die Unternehmensstrategie umfasst forschungs- und entwicklungsintensive Aufgaben, die mit modernen Produktionstechnologien und einer partizipativen Arbeitsorganisation umgesetzt werden.161

160 161

es wird sowohl in die Erstausbildung als auch in die Weiterbildung investiert, die industriellen Beziehungen sind durch aktive Betriebsräte gekennzeichnet, das Management – teilweise auch die Beschäftigten selbst – werden durch Erfolgsbeteiligung zu effizienzsteigernden Maßnahmen motiviert,

WERNER, D.: Trends, 2006, 1. Vgl. GERLACH, K./JIRJAHN, U., 1998, Determinanten rezipiert in: NUISSL, E./ SCHIERSMANN, C./SIEBERT, H.: Report Nr. 48, 2001, 16f.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen – E-Learning und seine Formen Was aber bringen netzbasierte Lehr- und Lernformen in Unternehmen, wenn die interne Kommunikation in Unternehmen nicht funktioniert? Das Thema netzbasierte Lehr- und Lernformen in Unternehmen stößt nicht selten auf eine latent oder bewusst vorhandene Skepsis: Geht es doch wieder nur um bereits bekannte Erkenntnisse? Die wettbewerblichen Anforderungen an global operierende Unternehmen, an werdende Produktlebens- und Innovationszyklen, an das Erfüllen individueller Kundenwünsche unter stärker werdendem Kostendruck, an die Anpassung an technologische Veränderungen fordern zu einem kontinuierlichen Wandel in Inhalt und Form heraus und in diesem kontinuierlichen Prozess sind das Wissen und die Kreativität der Mitarbeiter ein unentbehrliches Fundament. Daher sind in einer sich beschleunigenden Innovationsdynamik von global operierenden Unternehmen zur Verbesserung der Performance und Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit veränderte Konzepte unabdingbar: Es ist für ein Unternehmen überlebensnotwendig, dass die Mitarbeiter bereit und willens sind, effiziente Methoden der Informationsbeschaffung und -anwendung zu nutzen. Neue Informationen in ihre bereits vorhandenen Wissensbestände zu integrieren, auf der Basis des vorhandenen Wissens in veränderten Beziehungsmustern zu denken und zu handeln sowie ihr ‚lautloses‘ Know-how als Erfahrungspotenzial auch betrieblich für innovative Lösungen anzuwenden.162 Netzbasiertes Lehren und Lernen ist dabei als eine Form der betrieblichen Weiterbildung in Unternehmen anzusehen. Es bietet gegenüber traditionellen Formen durchaus einige Vorteile. Das Lernen wird individualisiert, orts- und zeitunabhängig und findet im persönlichen Tempo der Lernenden statt. Gezielte Lernmodule163 können speziell auf Unternehmen zugeschnitten und zeitnah be162 163

Vgl. MÜLLER, M.: Balance, 2000, 1f. Allgemein bezeichnet ein Modul ein Cluster bzw. einen Verbund zeitlich begrenzter, in sich geschlossener, methodisch und/oder inhaltlich ausgerichteter Lehr-/Lern-

76

B Forschungskontext

reitgestellt werden. Darüber hinaus bieten Lehrende164 individuelle Betreuung und zeitnahes Feedback per E-Mail. Diese Form der Qualifizierung ist oft kostengünstiger als Präsenzseminare an zentralen Orten, da keine Reisekosten anfallen und sich die Ausfallzeiten der Mitarbeiter reduzieren. Weiter wird die Bildungskontrolle optimiert, die Personalentwicklung erfolgt gezielter und Geschäftsprozesse werden weniger behindert. Generell werden durch den Einsatz des netzbasierten Lehrens und Lernens vier Ziele verfolgt: Ökonomische, politische, didaktische und inhaltliche, wie in Abbildung 10 in einer Mind Map skizziert wird. Die Konzeption eines netzbasierten Lernangebotes basiert auf der Entscheidung zwischen teilvirtuellem oder vollvirtuellem Lernangebot. Beide Angebote beinhalten eine Informations- und eine Kommunikationskomponente mit jeweils kennzeichnenden mediendidaktischen Entscheidungen, die auf der Basis von Analysen des didaktischen Feldes entstanden sind. Diese Analysen betrachten u. a. die methodisch-didaktischen Zusammenhänge. Die Didaktik wird dabei als Theorie der Lerninhalte und des Lehrplans verstanden. Die Inhalte der Didaktik werden mit den Begriffen ‚Was‘ (lehre ich) und ‚Warum‘ (lehre ich es) erfragt. Die Methodik ist immer in unmittelbarer Verbindung mit der Didaktik zu betrachten. Sie ist die Lehre des Weges sowie der Mittel und wird mit den Begriffen ‚Wie‘ (lehre ich es) und ‚Womit‘ (mit welchen Hilfsmitteln lehre ich es) beschrieben.165 KERRES und JECHLE beschreiben die Informationskomponente als Entscheidungen zum Angebotsformat, als Leitmedium, als Taktung und als eine Art, die Distribution zu fassen. Die Kommunikationskomponente benennt die Kommunikationsziele, gestaltet die Kommunikationsanlässe und stimmt die Modalitäten

164

165

blöcke. Lehr-/Lernmodule im E-Learning-Bereich bezeichnen oft inhaltlich-didaktische und methodische in Beziehung stehende abgeschlossene Sinneinheiten. Lehr-/ Lernmodule können sowohl in Präsenz- oder virtueller Form bzw. in Kombination von beiden realisiert werden. Der Begriff wird auch synonym zu Lehr-/Lerneinheit benutzt. Vgl. https://bildungsportal.sachsen.de/e140/index_ger.html, gefunden am 19.12.2006. Auf den Lehrenden und seine sich im Zuge des Paradigmenwechsels wandelnde Rolle wird unter B 3.4 genauer eingegangen. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 23.

166

Wiederverwendbarkeit produzierter Lernprodukte Aufbau aus Modulen

Medienbildung durch Sensibilisierung für medienbezogene Fragen und Probleme in der Informationsgesellschaft

Nicht nur Vermittlung von technischen Skills, sondern auch von sozialen Softskills durch die Teilnahme der Lernenden an vielfältigen netzbasierten Aktivitäten

Erwerb von Medienkompetenz

Pull-Verfahren

wiederholter Zugriff auf ein- und dasselbe Webangebot möglich

orts- und zeitflexibel

Inhaltliche Ziele

Didaktische Ziele

Zentrale Ziele des netzbasierten Lehrens und Lernens

Ökonomische Ziele

Politische Ziele

Mediennutzung ist Anlass zu spezifischen Reflexions-, Rezeptions-, Produktions-, Kommunikations- und Kollaborationsprozessen, die die Aneignung der Inhalte besonders begünstigen und in Offline-Szenarien gar nicht in vergleichbarer Weise stattfinden würden.

Eine Verbesserung des Lernens wird angestrebt, indem das Medium nicht nur distributional, sondern auch als 'Denkwerkzeug' fungiert.

Aus ökonomischer & politischer Sicht wäre netzbasiertes Lernen bereits erfolgreich, wenn der im Online-Szenario erreichte Lernerfolg nicht signifikant hinter herkömmlichen Lernangeboten zurückfällt - dafür aber mehr Menschen kostengünstiger lernen.

effizientes Lernen

Verstärkte Integration unterpriviligierter Zielgruppen durch offene E-Learning-Angebote im Sinne des 'Open-Learning' hinsichtlich des Bildungszugangs

Bildung für alle

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen 77

Abbildung 10: Zentrale Ziele des netzbasierten Lehrens und Lernens166

Vgl. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 251f.

78

B Forschungskontext

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Abbildung 11: Konzeptionell-didaktisches Gesamtkonzept der Betreuung ab.167 Diese beiden sich komplementär verhaltenen Komponenten werden in den weiteren konzeptional-didaktischen Betrachtungen als Gesamtkonzept betrachtet (s. Abb. 11). Bezeichnungen wie netzbasiertes Lernen, Telelernen, Online-Lernen oder E-Learning beziehen sich auf Lernangebote, bei denen Telemedien, und zwar hauptsächlich das Internet, zur Distribution von Lernmaterialien und zu Kommunikationszwecken eingesetzt werden. Das Lernen in technologischen Szenarien rückt dabei in das theoretische und praktische Betrachtungsinteresse. Neu zu entdeckende Aspekte stehen hinter den bereits bekannten Fragen aus der Mediendidaktik: ‚Wie lernen Menschen mit technischen Medien?‘; aus der Fernstudiendidaktik: ‚Wie lernen Menschen über Distanzen mithilfe von Telemedien?‘ und aus der allgemeinen Didaktik: ‚Wie lernen Menschen in persönlichen Interaktionen?‘. 167

Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 281.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

79

Der Vorgänger des netzbasierten Lernens ist der Fernunterricht, der im 19. Jahrhundert aufkam. Die Kommunikation des Lernenden mit der Fernlehrinstitution erfolgte über Lehrbriefe, Lernort und Lernzeitpunkt und war daher individuell unterschiedlich. Die Lerngeschwindigkeit konnte wie ebenso die Lernintensität den individuellen Bedürfnissen angepasst werden. Daher erwies sich diese Lernform für bestimmte Zielgruppen als geeigneter im Vergleich zu anderen traditionellen Bildungsangeboten. Die technische Entwicklung des 20. Jahrhunderts eröffnete Möglichkeiten, die neue Anforderungen an das Bildungspersonal, an das Lernmaterial und an die Lernenden stellten: Medien wie Radio, TV, Audio- und Videokassetten, CD, DVD, MP3, Voice over IP etc. hielten zunehmend Einzug in die Welt des Fernstudiums.168 Das Problem der räumlichen Distanz blieb davon zunächst unberührt. Der einzelne Lernende gewinnt zwar durch die zeitliche und räumliche Selbstbestimmung an Flexibilität, die Kontakte zu Lehrenden und anderen Lernenden sind jedoch eingeschränkt. Hier bieten innovative Kommunikationstechniken mögliche Lösungen: „Nicht nur, dass die Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden deutlich beschleunigt wird (wie z. B. durch E-Mail), sie ermöglichen auch die Kommunikation in Gruppen (wie z. B. in Konferenzsystemen): Lehrende und Lernende rücken näher zusammen, sodass sich soziale Lernprozesse auch mittels technischer Medien initiieren lassen.“ 169

Analysen des didaktischen Feldes bieten hierbei die Grundlage für die Entscheidungsfindung bei der Formulierung und Begründung mediendidaktischer Konzeptionen. Einige Entscheidungen des Modells von KERRES, die nachfolgend skizziert und erläutert werden, gehen von der These aus, dass Lernarrangements aus einer Abfolge methodischer und medialer Elemente bestehen, die so auszuwählen und zu koppeln sind, dass ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis erreicht wird.170 Dadurch, dass sich beim mediengestützten Lernen eine Entkoppelung von Materialproduktion und -präsentation entwickelt, ergeben sich besondere Anforderungen an die Gestaltung der Informationskomponente (s. Tabelle 3). 168

169

170

Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 267f. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 268. Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 268f.

80

B Forschungskontext

Tabelle 3: Skizzierte Eigenschaften der Informationskomponenten171 Informationskomponenten

Eigenschaften

Angebotsformate

Welches Angebotsformat eingesetzt wird, hängt von mediendidaktischen Analysen und Entscheidungen ab, wie beispielsweise den Lerngewohnheiten der Zielgruppe, Entscheidungen über angestrebte Lernformen und mediale Codierung (nur Text, Text und Grafiken).

Elektronische Skripte

Sie eignen sich für Lerninhalte, bei denen die Inhalte insbesondere als Texte und Bilder kodiert sind, die eine gewisse Komplexität in der Darstellung erfordern und über eine längere, verknüpfte Sequenz linear dargestellt werden sollen.

Hypertextuelle Aufbereitung

Wenn eine sequenzielle Darstellung der Lerninhalte nicht zwingend erscheint bzw. eine nichtsequenzielle Bearbeitung der Lernmaterialien gefördert werden soll, ist eine hypertextuelle Aufbereitung der Inhalte vorzunehmen. Die geeignete Form dazu ist die Speicherung von Texten im HTML-Format, der standardisierten Seitenbeschreibungssprache des World Wide Web172. Es ist ein plattformunabhängiges Format, das mit gängigen Internetbrowsern angezeigt werden kann.

‚Web-BasedTraining‘

Web-Based-Training173 wurde bereits im Kapitel ‚vollvirtuelle Lernangebote‘ vorgestellt. Ähnlich wie bei den Computer-BasedTrainings werden über Text und Bild hinaus unterschiedliche mediale Präsentationsformate und interaktive Elemente eingegliedert. Die Bearbeitung dieser Module erfolgt in der Regel netzbasiert.

Audio- und videobasierte Angebote

Diese Angebote sind eine Alternative zu textorientierten Lerneinheiten. Mit dieser Alternative ist ein hohes Datenaufkommen verbunden, daher werden spezielle Methoden der Datenreduktion und übermittlung eingesetzt.

Leitmedium

Bei der Konzeption einzelner Elemente – wie beispielsweise verschiedener Formate von Lernmaterialien, lernförderlicher Maßnahmen personeller und struktureller Art – ist zu klären, welches Element als Leitmedium auftreten soll, wodurch der Lernprozess strukturiert und die anderen Lernmaterialien erschlossen werden.

171

172 173

Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 270ff. Im Weiteren wird die Abkürzung WWW verwendet. Im Weiteren wird die Abkürzung WBT verwendet.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

81

Forts. Tabelle 3 Distribution per push oder pull

Hier ist die Frage, wer bei der Versorgung der Lernenden mit dem Lernmaterial die Initiative ergreift: Der Lehrende bzw. die betreuende Institution, die dem Lernenden das Lernmaterial zustellt – in diesem Fall ist es ein ‚push‘ – oder ruft der Lernende gemäß dem pull-Verfahren selbst das Lernmaterial ab, wann und wo er möchte. Abhängig vom didaktischen Gesamtkonzept bieten sich ebenfalls Mischformen an.

Taktung

Um den Lernprozess zeitlich zu gestalten, können Leitmedien eingesetzt werden. Dann wird das Lernmaterial in vorher festgelegten Zeitabständen zur Verfügung gestellt, sei es per Versand (push) oder es wird für den Abruf freigeschaltet (per pull). Grundsätzlich ist vor Beginn des Lernprozesses eine mediendidaktische Entscheidung über eine Taktung zu treffen oder ob ein lerngesteuerter Abruf der Materialien vorgesehen wird.

Offenes Lernen

Lernende können beim offenen Lernen neben der Abfolge der Lehrinhalte den Zeitpunkt, den Umfang und das Tempo ihrer Lernaktivitäten individuell festlegen.

Offenes Lernen und Internet

„Das Konzept der Offenheit von Zugang und Zugriff auf Lernangebote erhält durch das Internet neue Impulse: Mit den Schlagworten ‚learning on demand‘ oder ‚just in time learning‘ ist die Überlegung verbunden, dass Lernende selbstständig und ad hoc auf Lernangebote zugreifen, um aktuelle Informations- oder Wissensdefizite zu beheben.“174

Abstufungen zwischen Taktung und offenem Lernen

Es lassen sich für die Konzeption von telemedialen Lernangeboten zwischen fester Taktung und offenem Zugriff auf Lernmaterial verschiedene Abstufungen festlegen: ‚Feste Taktung‘; ‚Bandwagon‘; ‚Pingpong‘; ‚Kontraktlernen‘ und ‚Offener Zugriff‘.175

174

175

KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 272f. ‚Feste Taktung‘ bedeutet, dass Kurse zu festgelegten Terminen beginnen; Lerngruppen können nach bestimmten Kriterien gebildet werden. Von ‚Bandwagon‘ wird dann gesprochen, wenn eine Mindestteilnehmerzahl erreicht ist und ein neuer Kursdurchlauf starten kann. Unter ‚Pingpong‘ wird ein Lernender/eine Lerngruppe verstanden, die Zugang auf das folgende Lernmaterial erhält, wenn die vorangegangene Lerneinheit erfolgreich abgeschlossen wurde. Bei ‚Kontraktlernen‘ erfolgt eine individuelle oder gruppenbezogene Vereinbarung über die Abfolge sowie den Zeitpunkt der Freischaltung von Lernmaterial. ‚Offener Zugriff‘ beinhaltet, dass sämtliche Lernmaterialien in einer Bibliothek jederzeit für den individuellen Zugriff zur Verfügung stehen. Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./ KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 273.

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B Forschungskontext

Netzbasiertes Lehren und Lernen erschöpfen sich in Weiterbildungseinrichtungen nicht in der Distribution didaktisch aufbereiteter oder arrangierter Lernmaterialien. Kommunikationsmöglichkeiten können dabei genutzt werden, um Lernende zu betreuen, den Austausch zwischen Lernenden anzuregen und die Zusammenarbeit zu fördern. Ziele dieser Kommunikation sind dabei die Ermöglichung interpersonaler netzbasierter Kommunikation, die soziale Beziehungen zwischen Menschen ermöglichen und die Entwicklung sozialer Gruppen, die ein Gefühl von Gruppenzugehörigkeit entstehen lassen können. Gruppenbindung erhöht die Häufigkeit und Intensität persönlicher Kommunikation, die in netzbasierten Kursen nach KERRES in drei Stadien abläuft: Es stellt sich zunehmendes Gemeinschaftsgefühl ein, das wiederum auf die Qualität der Kommunikation rückwirkt und dadurch zunächst den informellen Austausch, dann die projektbezogene Kollaboration und schließlich die kollegiale Kooperation fördert.176 Der informelle Austausch wird durch Menschen in virtuellen Räumen gestaltet, die sich kennen lernen und sich austauschen. Zunächst sind sich diese Menschen fremd, ihr gemeinsames Ziel ist allein die Kommunikation. Projektbezogene Kollaboration hingegen ist eine Stufe der Kommunikation, wo sich Menschen treffen, um gemeinsam ein definiertes, meist externes Ziel zu erreichen. Bei dieser Form arbeiten Menschen mithilfe des Netzes zusammen, die sich nur wenig oder überhaupt nicht kennen. Zu Beginn einer solchen Zusammenarbeit erfolgt zunächst eine sachliche und klare Rollenverteilung. Die kollegiale Kooperation zeichnet sich durch Interaktion der beteiligten Akteure in einer sozialen Rollenstruktur aus, die sich im Laufe der Zeit herauskristallisiert. Dadurch wird nicht nur die arbeitsteilige Bearbeitung definierter Themenstellungen, sondern auch die Planung und Entwicklung neuer Ziele möglich: Die Ziele und Vorgehensweisen werden über das Netz diskutiert und entschieden, wobei eine Präsenzphase als förderlich erscheint, die unterstützt, dass die soziale Gruppenbildung im Vordergrund steht. Dabei ist zu prüfen, ob eine soziale Gruppenstruktur vorliegt, die für die Kommunikation im Internet und die zu bewältigenden Aufgaben adäquat ist, bzw. durch welche Maßnahmen die soziale Gruppenbildung unterstützt werden kann.177

176

177

Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 273f. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 274.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

83

Je nach Stufe der Zusammenarbeit wird unter den gegebenen Kontextbedingungen nicht alleine die Bereitstellung von Kommunikationswerkzeugen ausreichen, um Kommunikation anzuregen. Die Beteiligung an Kommunikation für eine Person ist mit enormem Aufwand verbunden, denn es wird gefordert, dass die Person Zeit investiert und diese wird sie nur einbringen, wenn der Lernnutzen angemessen erscheint. Eine Kommunikationsmöglichkeit ist die der synchronen versus asynchronen Kommunikation. Nach KERRES betrifft eine zentrale mediendidaktische und ökonomische Entscheidung die Frage, ob bzw. welche Elemente des Lernangebotes auf synchroner (zeitgleicher) oder asynchroner (zeitversetzter) Kommunikation ruhen.178 Unter synchroner Kommunikation wird die direkte persönliche Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden, sei es auf der Basis von textlicher Kommunikation (per Chat) oder sei es per Audio- oder Videokonferenz verstanden. Lehrende und Lernende befinden sich zur selben Zeit an verschiedenen Orten: Der Lehrende beispielsweise in einem Hörsaal, einem Studio oder vor seinem PC/ MAC/Linux179, der Lernende in einem Bildungszentrum oder ebenfalls vor einem PC/MAC/Linux. Synchrones Telelernen wird beispielsweise eingesetzt, um Lehrveranstaltungen von einer Weiterbildungseinrichtung an eine andere zu übertragen und dadurch das dortige Lehrangebot zu ergänzen. Trotz der räumlichen Trennung wird durch synchrones Telelernen eine bidirektionale Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden ermöglicht. Dabei müssen Interaktionsmomente eingeplant sowie die Einschränkungen der Kommunikation bei Videokonferenzen berücksichtigt werden.180 Asynchrone Kommunikation ist im Vergleich hierzu durch ihre zeitliche Verschiebung gekennzeichnet. Wenn beispielsweise ein Lernender eine Fallstudie bearbeitet hat und anschließend seine Ergebnisse online zur Verfügung stellt, sei

178

179

180

Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 274. Die Abkürzung PC wird verwendet für Personal Computer, MAC für Macintosh und Linux für Linus Torvalds UNIX. Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 275f.; Vgl. http://www.managerseminare.de/msemi/3704453/frontend/elexikondaten.html? urlID=39145, gefunden am 04.12.2007./Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 13.

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es in ein für Lehrende und Lernende zugängliches Diskussionsforum oder online in eine Datenbank, erteilt der Lehrende sein Feedback zeitverzögert.181 Die Entscheidung, ob synchrone oder asynchrone Kommunikationstechnologien eingesetzt werden, wird also beeinflusst. Synchrone Kommunikationstechnologien sind weiterhin technisch aufwändiger als asynchrone Varianten. Hinzu kommt, dass Lehrende und Lernende wirklich zeitgleich präsent sein müssen.182 Es scheint eine schöne neue Welt des E-Learning zu sein, doch ist es tatsächlich so? Wie ist die Akzeptanz von netzbasiertem Lehren und Lernen? Welche Erfolgsfaktoren lassen sich mit Blick auf das netzbasierte Lehren und Lernen festhalten? Diese und weitere Fragen können erst näher beleuchtet werden, wenn das Rahmenkonzept zu netzbasierten Lehr- und Lernformen deutlich gemacht wurde.

3.1 Adressaten netzbasierten Lernens Für eine effektive und effiziente Gestaltung netzbasierten Lernens in der betrieblichen Weiterbildung ist es wichtig, umfangreiche Kenntnisse über die Adressaten desselben zu besitzen, denn sie nehmen enormen Einfluss auf den Seminarverlauf. Um Ziele und Inhalte für eine erfolgreiche Weiterbildungsveranstaltung optimal gestalten zu können, sollten diese adressatenorientiert gestaltet werden. Das bedingt, dass Ziele, Inhalte und Methoden nur dann bestmöglich festgelegt werden können, wenn eine genaue Beschreibung der Adressatengruppe vorliegt. Demnach sollten die Erwartungen und Voraussetzungen dem Lehrenden weitgehend bekannt sein.183 Immer bedeutender werden diese gezielt adressaten- und inhaltsorientierten Überlegungen in Bezug auf den verstärkten Einzug netzbasierten Lernens in Schulen, Hochschulen, betrieblichem und außerbetrieblichem Bildungswesen. Die entsprechenden Institutionen bemühen sich um die notwendige Hard- und Software und um qualifiziertes Bildungspersonal bzw. Lehrende im didaktischen

181

182

183

Vgl. http://www.managerseminare.de/msemi/3704453/frontend/elexikondaten.html? urlID=39143, gefunden am 04.12.2007. Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 277.; Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 106. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 36.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

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Medieneinsatz. In Bereichen der Weiterbildung184 ergeben sich hierbei teilweise Komplikationen im Rollenverständnis, denn Lernende können bezüglich Computer- und Internetskills den Lehrenden durchaus überlegen sein. Andererseits ist jedoch auch nicht davon auszugehen, dass Lernende als ‚Generation @‘ durchgängig kompetente Internetnutzer sind, die E-Learning eigenständig für sich entdeckt haben.185 Durch die Integration neuer Medien und Medienbildung auch in Unternehmen erfolgt eine Aufwertung des Umgangs mit Formen des E-Learning, was den heutigen bildungspolitischen und ökonomischen Anforderungen entspricht. Um mit Rollenkonflikten und zusätzlichen Ansprüchen auch in Bereichen der betrieblichen Weiterbildung fertig zu werden, bietet es sich, an bei der Gestaltung von E-Learning-Angeboten zu beachten, inwieweit spezifische Kompetenzen gefordert werden, die den Adressatenkreis einschränken oder Teilgruppen benachteiligen. Die Berücksichtigung indirekter und direkter Adressatenmerkmale ist dabei in der Regel hilfreich: Indirekte Merkmale lassen sich beschreiben oder erfragen. Sie erfassen die ethnisch-kulturelle Zugehörigkeit und das soziale Umfeld. „Hinzu kommt die individuelle Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit von Informationen in Bezug auf die allgemeine Wahrnehmungsfähigkeit, die Lernfähigkeit und die Lernbereitschaft.“186

Direkte Adressatenmerkmale können meist nur direkt oder im Präsenzseminar ermittelt werden. Hierunter werden die Auswirkungen auf die allgemeine Lernbereitschaft verstanden, die sich aus den verschiedenen Merkmalen zu Person, Bildung und Intelligenz ergeben.187 Asynchrones Textschreiben und -lesen nimmt einen zentralen Stellenwert in vielen E-Learning-Kontexten ein, wodurch Lernchancen nicht nur vom Literarisierungsgrad, sondern ebenso von der Selbstorganisationskompetenz und vom Sehvermögen abhängen. Um mit dem WWW oder auch mit WBT Personen mit sensorischen oder motorischen Beeinträchtigungen zu erreichen, sind entsprechende Vorkehrungen auf

184 185

186 187

Trifft ebenfalls auf den Bereich der Ausbildung zu. Vgl. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 253. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 37. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 37.

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B Forschungskontext

Seiten der Hardwareausstattung und der Unternehmen anzustoßen und umzusetzen.188 „Die Vorstellung, dass computervermittelte Kommunikation automatisch zu Demokratisierung und Egalisierung führt, ist wiederum als technikdeterministisch abzulehnen. Vielmehr ist es das Wechselspiel zwischen technischen Systemmerkmalen und sozialen Aneignungsweisen, das über den spezifischen Auf- und Abbau von formalen Hierarchien und informellen Machtverhältnissen entscheidet.“189

3.2 Inhalte netzbasierten Lernens Die nachfolgend dargestellten inhaltlichen Aspekte haben, wie die zuvor beschriebenen adressatenorientierten, ebenfalls enormen Einfluss auf den Seminarverlauf und sind zu diesen komplementär zu sehen. Bei der Frage, welches Inhaltsspektrum in der betrieblichen Weiterbildung durch E-Learning-Angebote abgedeckt werden kann, ist es zunächst sinnvoll, zwei Typen von netzbasierten Lernangeboten zu unterscheiden:



Die teilvirtuellen Lernangebote190, welche netzbasierte Lernaktivitäten mit Präsenzseminaren kombinieren und



die vollvirtuellen Lernangebote, welche komplett online abgewickelt werden. Nur bei Prüfungen wird meist persönliche Supervision verlangt, um Betrug zu verhindern.

Teilvirtuelle Bildungs- und Weiterbildungsangebote191 entstehen durch die Verknüpfung von Präsenzveranstaltungen und Internetaktivitäten. Dabei können netzbasierte Elemente als Präsentationsmedien genutzt werden, indem Program188

189

190

191

Vgl. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 253. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 253. Teilvirtuelle Lernangebote sind bekannt unter der Bezeichnung ‚Blended Learning‘. Unter Blended Learning wird die Kombination aus E-Learning-Veranstaltungen und anderen Medien wie Büchern, Zeitschriften, Hörbüchern etc. verstanden. Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 22f. Hier wird u. a. auch von Bildungsangeboten gesprochen, da die nachfolgenden Überlegungen nicht ausschließlich auf die betriebliche Weiterbildung zutreffen, sondern übertragbar auf alle Bildungsangebote sind.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

87

me, Grafiken oder Texte aus dem Netz heruntergeladen und unterstützend in Vorträgen oder zur Bearbeitung von Aufgaben eingesetzt werden. „Netzgestützt kann also sowohl in Lernszenarien vorgegangen werden, die gemäß dem Instruktionsparadigma eher der Stoffvermittlung dienen, als auch in Lernszenarien, die gemäß konstruktivistischer Lerntheorien die Stoffaneignung durch aktives Problemlösen und Projektarbeit anstreben.“192

Nach DÖRING lassen sich drei Netzaktivitäten lernfördernd in Präsenzveranstaltungen einbinden: das Recherchieren, das Kommunizieren und das Publizieren im Netz. Netzbasiertes Recherchieren Angelehnt an die Lerninhalte einer Weiterbildungsveranstaltung können über Homepages anderer Lehrkräfte, über die Webseiten wissenschaftlicher Fachgesellschaften, über Unternehmens-Homepages, die Webpräsenzen gemeinnütziger Organisationen, themenrelevante Newsletter oder auch dezidierte OnlineArchive mit Lehr- und Lernmaterial gefunden werden. Insbesondere aufgrund der „Informationsflut“ sowie der Problematik des „Datenmülls“ im Internet wird Informationsmanagement zu einem zentralen Bestandteil der Netzkompetenz. Aufgrund der kurzen Halbwertzeit des Wissens und des raschen Wandels in Bildungsbereichen, insbesondere der betrieblichen Weiterbildung, können innovative E-Learning-Module die bereits vorhandenen Angebote ergänzen. Diese Ergänzung kann allerdings zu überflüssigen Parallelproduktionen führen und oft gelobte Synergieeffekte unterminieren. Ein gezielter und verstärkter komplementärer Austausch von netzbasierten Modulen kann die Lehrenden und Lernenden unterschiedlicher Standorte miteinander in Kontakt bringen. Aufgrund des hohen Zeitaufwandes, den eine sorgfältige Netzrecherche benötigt, bietet es sich an, das Suchen und das Bewerten einschlägiger Quellen nicht isoliert den Lehrenden zu überlassen, sondern auch gezielt den Lernenden als Arbeitsauftrag zu erteilen.

192

DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 255.

88

B Forschungskontext „Gerade teilvirtuelle Szenarien bieten die Chance, Erfahrungen mit dem OnlineInformationsmanagement kritisch zu reflektieren und die eigenen Strategien zu verbessern.“193

Zu bedenken ist dabei, dass eine blinde ‚Sammelwut‘ vermieden werden muss, da eine zu große Menge zusammengetragener Links keine überschaubare und sachlich angemessene Qualitäts- und Relevanzbewertung und keine produktive Verarbeitung mehr ermöglichen.194 Dabei ist u. a. auch noch die Bewertung der Inhalte zu bedenken: so hat Wikipedia eine andere Qualität als ein Beitrag aus einem Fachlexikon, das online oder gedruckt vorliegt. Netzbasiertes Kommunizieren Neben den Möglichkeiten des Informations- und Materialzugriffs bietet das Internet weitere neue und ausführlich erweiterte Formen von Kommunikation und Kollaboration, die sich nach DÖRING im Präsenzunterricht als fruchtbar erweisen können. Darunter ist beispielsweise die Durchführung von Online-Interviews oder Online-Befragungen, der Fachdiskurs mit einzelnen Experten, die Mitgliedschaft in fachlichen Online-Foren sowie Online-Communities und die Beteiligung an Wissensbörsen zu verstehen. Im Vergleich zu ‚Face-to-Face-Diskussionen‘ kommen einer netzbasierten Diskussion gewisse Vorteile zu: „An asynchronen Foren kann man zeitflexibel teilnehmen, der Beitrag muss nicht spontan geäußert, sondern kann überdacht und editiert werden, es lassen sich Quellen heranziehen und die Äußerungen der Mitdiskutanten erneut lesen und zitieren. Auf diese Weise ist eine differenziertere Auseinandersetzung möglich als in Face-toFace-Situationen.“195

Kritisch anzumerken ist, dass ein fruchtbarer netzbasierter Diskurs nicht durch die Medien selbst garantiert wird, sondern durch intensives, nachhaltiges und qualifiziertes Nutzerengagement. Dabei erscheint es im Rahmen von Präsenzveranstaltungen vielversprechend, wenn Teilnehmende kollektiv an bestehenden Online-Foren und Wissensbörsen mitwirken, so dass die Grenzen des Präsenzszenarios überwunden werden. Ein 193

194

195

DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 256. Vgl. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 256. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 256f.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

89

weiterer Vorteil besteht darin, möglicherweise mit interessierten Externen in Kontakt zu kommen und diese Forumserfahrungen in der Präsenzgruppe gemeinsam zu reflektieren und auszuwerten.196 Netzbasiertes Publizieren Die dritte nach DÖRING benannte und lernfördernd-ergänzende Netzaktivität ist das netzbasierte Publizieren. Unter einer Online-Publikationstätigkeit werden im Rahmen von Lehrveranstaltungen folgende Aspekte gefasst: die Lehrenden stellen Zeitplan, Teilnehmerlisten, Skripte, Power-Point-Präsentationen, Folien, Quellenverzeichnisse, Übungsaufgaben, Prüfungstermine usw. zur Vor- und Nachbereitung auf einer Veranstaltungshomepage bereit, sei es mit oder meist ohne Passwortschutz, wodurch die Lehrtätigkeit transparenter wird. Durch das Anbieten von veranstaltungsbegleitendem Material im Netz entsteht zunächst eher logistischer als didaktischer Zusatzaufwand. Daher ist das Potenzial der Verlinkung auf externe Quellen nicht zu überschätzen: Denn die Lernenden haben neben einer Weiterbildungsveranstaltung noch andere Tätigkeiten, denen sie nachzugehen haben. Durch die Beteiligung der Lernenden an einer Webpublikation kann konstruktiv ergänzender Motivations- und Lernnutzen erzeugt werden: „Das Bewusstsein, dass eigene Arbeitsergebnisse nicht nur von der Lehrkraft bewertet, sondern im Web der Öffentlichkeit vorgestellt und womöglich von anderen Lernenden genutzt oder von potenziellen Arbeit- und Auftraggebern begutachtet werden, mag zu sorgfältigen Arbeiten führen.“197

Solch ein Szenarium lässt sich realisieren, indem entweder dezentral verwaltete Webseiten genutzt werden, die nur zentral auf der Veranstaltungshomepage verlinkt werden, oder es werden E-Learning-Plattformen verwendet, die per Browser den Zugriff der Lehrenden und Lernenden auf einen gemeinsamen Workspace ermöglichen. In diesem Zusammenhang sei auf das bekannte Problem der Nachhaltigkeit hingewiesen. Um ein lebendiges Szenarium zu ermöglichen und zu erhalten, ist eine regelmäßige Überarbeitung, Aktualisierung und Ergänzung notwendig. Nur so kann über einen historisch-dokumentierten Wert ein prakti196

197

Vgl. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 257. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 258.

90

B Forschungskontext

scher Nutzwert im Zusammenhang mit Information und Lernen behalten werden.198 Während sich die teilvirtuellen Angebote eher in schulischen Bereichen wieder finden, werden vollvirtuelle Angebote vorzugsweise in Bereichen der Ausund Weiterbildung eingesetzt. Beim Einsatz der teilvirtuellen Angebote geht es nicht mehr um die Überlegenheit bestimmter Medien und didaktischer Methoden, sondern um deren Kombination. Die Intention liegt in der Verknüpfung der Vorteile möglicher Varianten, dass pädagogische Ziele ebenso wie Kriterien der Effizienz so weit wie möglich ausgenutzt werden können. Dies lässt sich vor allem durch eine flexible Kombination solcher Elemente erreichen. Pädagogische Dienstleistungen jenseits einer traditionellen ‚Lehrtätigkeit‘, spielen dabei eine wesentliche Rolle und tragen dazu bei, sowohl pädagogische als auch betriebswirtschaftliche Zielkriterien zu erreichen.199 Als Ergänzung der dargestellten teilvirtuellen Weiterbildungsangebote gelten die vollvirtuellen Angebote. Diese gliedern sich in drei Varianten: Televorlesung, Teleseminare und Web-Based-Training.200 Televorlesung Televorlesungen sind Veranstaltungen, die live an verschiedene Orte übertragen werden und dabei auch einen Audio- oder Videorückkanal bieten. Die Übertragung von Televorlesungen findet meist zwischen Hörsälen statt, die mit geeigneter Aufzeichnungs- und Übertragungstechnik ausgestattet sind und nur in wenigen Bildungs- und Weiterbildungseinrichtungen zur Verfügung stehen. Televorlesungen scheinen vorwiegend ökonomisch motiviert zu sein: Der Teleimport von Lehre erlaubt den Eindruck, dass Personaleinsparungen am eigenen Standort auf Kosten der Veranstaltungsqualität gehen. Darauf lässt sich durch verringerte didaktische Potenziale dieses Settings schließen. Während der traditionelle Frontalunterricht bereits in Präsenzveranstaltungen Probleme aufzeigt, so werden diese in Teleszenarien noch verstärkt, da etwa im empfangenden Hör-

198

199

200

DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 258. Vgl. KERRES, M./JECHLE, T.: Didaktische Konzeption. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 281. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 258.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

91

saal die Lernenden auf sich gestellt sind und oft nur geringe Selbstdisziplin herrscht. Eine zeitnahe Bereitstellung aufgezeichneter Veranstaltungen im Netz könnte zum Zweck des Lernens zu Hause für die Studierenden einen logistischen Vorteil des Fernstudiums bieten, dies kann jedoch an der mangelnden technischen Ausstattung von Institutionen scheitern.201 Teleseminare Die virtuelle Gruppenarbeit steht bei Teleseminaren im Zentrum. Hierbei bearbeiten räumlich verteilte Lernende in Teams einzelne Aufgaben und präsentieren ihre Ergebnisse schließlich im Plenum. „Ein solches problemorientiertes, projektorientiertes und forschendes Lernen computervermittelt durchzuführen fordert Lehrende und Lernende gleichermaßen. Ein hoher Grad an Selbstorganisations-, Sozial- und Technikkompetenz ist bei Lehrenden und Lernenden gefordert und auch ein deutlicher Mehraufwand an Zeit.“202

Dabei zeichnen sich Projekte zum gruppenzentrierten virtuellen Lernen insbesondere durch Selbstreferenzialität aus.203 Web-Based Teaching Die dritte Variante der vollvirtuellen Lernangebote stellt das Web-Based Teaching dar. Dabei steht der Begriff synonym für WBT und stellt neben dem Computer-Based-Training204 eine klassische E-Learning-Form dar. Web-Based-Training zielt darauf ab, dass sich Lernende mit Hilfe von Online-Materialien den Lernstoff selbstständig aneignen. Dabei bestehen Webkurse typischerweise aus einer Modulabfolge. Die grafischen, schriftlichen und filmischen Inhalte werden daneben vielfach durch Multiplechoicetests geprüft.205

201

202

203

204 205

Vgl. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 258f. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 259. Vgl. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 259. Im Weiteren wird die Abkürzung CBT verwendet. Vgl. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 259.

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B Forschungskontext

Der Lernende wird bei aufwändigen Systemen gemäß einem Einstufungstest geprüft und erhält abhängig von den Testergebnissen differenziert-individuelle Rückmeldungen und Vertiefungsselektionen. Web-Based Teachings zeichnen sich nicht nur durch die Qualität der Inhalte und ihrer Aufbereitung aus, sondern auch und gerade durch eine gute Lernerbegleitung. Sie ermöglichen das Unterbrechen und Wiedereinsteigen an derselben Stelle, melden Bearbeitungszeiten, Leistungsstand oder andere Prozessmerkmale zurück und unterstützen damit das Selbstmanagement. Ergänzend lassen sich asynchron genutzte Webseiten durch einen sozialen Austausch anreichern, etwa wenn per E-Mail oder Chat Rückfragen an einen Lehrenden gerichtet werden können. Eine andere Form ist der Austausch von Lernenden beispielsweise über Online-Communities. 206

3.3 Ausgewählte E-Learning-Formen in Unternehmen Unter E-Learning wird der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien beim Lehren und Lernen verstanden. E-Learning-Projekte setzen diese Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Durchführung von Lernangeboten in der Vorbereitungs- und/oder in der Nachbereitungsphase ein. Ob E-Learning generell als Lernen im Internet oder als moderneres Synonym für computer-unterstütztes Lernen verwendet werden soll, ist umstritten. Die Tendenz geht dahin, E-Learning als reine Ergänzung zur Präsenzlehre, als Teil des so genannten Blended Learning anzusehen. Zu bedenken ist auf jeden Fall, dass der E-Learning-Einsatz nur zu einem geringen Teil für den Lernerfolg ausschlaggebend ist. Deshalb kann nicht per se von effizienterem Lernen durch E-Learning gesprochen werden. Erst wenn Didaktik, Mediendidaktik bzw. Medienpädagogik, Organisation, Methodik und Inhalte professionell geplant und umgesetzt werden, kann ein Qualitätsprodukt entstehen. Im Bereich der betrieblichen Weiterbildung können Qualitätsprodukte folgende ausgewählte inhaltsorientierte und prozessorientierte E-Learning-Formen sein: Computer-Based-Training, Web-Based-Training, Intelligente Tutorielle Systeme, Programmierter Unterricht, Distance Learning, Virtual Classroom 206

Vgl. DÖRING, N.: Online-Lernen. In: ISSING, L./KLIMSA, P. (Hg.): Multimedia und Internet, 2002, 260.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

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und Learning Communities. Diese verschiedenen E-Learning-Varianten werden nach inhalts- und prozessorientierten Lehrformen unterschieden und im Folgenden erläutert. 3.3.1 Inhaltsorientierte E-Learning-Formen Computer-basierte-Training (CBT) CBTs existieren bereits seit den 80er Jahren. Der Ausdruck CBT bezeichnet Lernprogramme, die von Lernenden zeitlich und räumlich getrennt genutzt werden können und bei dem die Lernenden nicht in direktem Kontakt mit dem Lehrenden und anderen Lernenden stehen. Diese Programme beinhalten multimedial207 aufbereitete Lerninhalte und werden meist auf CD-Rom vertrieben.208 Beim CBT handelt es sich um eine in erster Linie nichttutorielle Form des E-Learning, bei dem das Selbststudium im Vordergrund steht und die Kommunikation, wenn überhaupt, auf asynchrone Weise erfolgt. Der Programmablauf kann daher linear oder hierarchisch erfolgen, daneben gibt es auch so genannte Kiosk-Systeme die durch Hypertext-Strukturen einen explorativeren Umgang mit den Lerninhalten ermöglichen.209 Web-basierte-Training (WBT) Ein grundlegender Baustein netzbasierter Lernangebote ist das bereits beschriebene so genannte WBT. Es gilt als Weiterentwicklung des CBT. Hierbei werden Lerneinheiten nicht auf einem Datenträger verbreitet, sondern von einem Webserver online mittels des Internets oder eines Intranets abgerufen. Die Einbettung ins Netz bietet vielfältige weiterführende Möglichkeiten der Kommunikation und Interaktion des Lernenden mit dem Lehrenden bzw. seinen Mitlernern. Der Be-

207

208 209

„Der Begriff Multimedia bezieht sich auf technische Systeme, die in der Lage sind, verschiedene Datentypen, wie Texte, Grafiken, Ton und Bewegtbild, zu verarbeiten und für den interaktiven Abruf vorzuhalten. Multimedia-Anwendungen können über Datenträger, wie CD oder DVD, vertrieben werden. Zunehmend werden sie jedoch über Telemedien verfügbar gemacht. Multi- und Telemedien haben somit einen Überlappungsbereich, sie sind jedoch nicht identisch.“ KERRES, M.: Multimedia, 2001, 13. Vgl. KERRES, M.: Multimedia, 2001, 14. Vgl. HIPFL, I.: EMIL, 2003, 18.

94

B Forschungskontext

WBT

Telemedia

Multimedia

CBT Abbildung 12: Multimedia und Telemedia210 griff WBT ist allerdings wenig präzise, da neben dem WWW auch andere Internet-Technologien wie Mails, Chats und Diskussionsforen mit dem WBT verknüpft und Audio- und Videosignale live gestreamt werden können.211 Weiterhin ermöglicht es, Änderungen am Lerninhalt ‚on the fly‘ vorzunehmen. Intelligente Tutorielle Systeme Die Intelligenten Tutoriellen Systeme sind auf der Basis des konstruktivistischen Lernparadigmas entwickelte Lernprogramme. Der Lernende arbeitet selbst Richtung und Geschwindigkeit seines Lernprozesses aus.212 Die Lernprogramme bestehen aus folgenden Komponenten: einem Wissensmodell, in dem das vorhandene Wissen gespeichert ist, einem Lernermodell, das aufgrund des Lernerverhaltens und -wissens dessen aktuellen Stand in Bezug auf das Wissensmodell 210 211 212

KERRES, M.: Multimedia, 2001, 14. Vgl. KERRES, M.: Multimedia, 2001, 14. Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 68.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

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ermittelt, und einem Tutorenmodell, mit Hilfe dessen das Programm das Entscheidungsverhalten des Lehrenden simuliert.213 Programmierter Unterricht Der programmierte Unterricht, auch programmierte Unterweisung bzw. Instruktion genannt, fußt auf Ideen des Behaviorismus, insbesondere auf SKINNER und auf Konzepten der Kybernetik. Lernprogramme, die dem Prinzip des programmierten Unterrichts folgen, sind eine Form von CBT‘s und WBT‘s, die den Lernenden den Lernstoff in kleinen Einzelschritten präsentiert. Erst wenn das Vorhergehende beherrscht wird, erfolgt ein Angebot neuen Lernstoffs:214 „Der Lernstoff ist in linearer Form zu absolvieren, anschließend testet das Programm die Behaltensleistung, wobei die Lernenden entsprechende Rückmeldungen erhalten.“215

3.3.2 Prozessorientierte E-Learning-Formen Weitere Qualitätsprodukte stellen die prozessorientierten Formen des E-Learning dar: Distance Learning Bezeichnend für das Distance Learning, das an die Tradition des klassischen Fernunterrichts anknüpft, ist die räumliche Trennung von Lehrenden und Lernenden. Deshalb ist diese E-Learning-Form auf Kommunikationsmedien angewiesen: Früher waren es Studienbriefe beim Fernstudium, Radiosendungen beim Funkkolleg, Fernsehsendungen bezogen auf Telekolleges und Business-TV. Heute sind es verschiedene Dienste des Internets wie beispielsweise News, Mail, Chat, Internet-Telefonie, Videokonferenzen, Streaming-Audio sowie StreamingVideo. Bei dieser Variante findet der Lernprozess zwischen Lehrenden und Lernenden räumlich versetzt und zeitlich synchron oder asynchron statt.

213 214

215

Vgl. HIPFL, I.: EMIL, 2003, 19. Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 103.; Vgl. HIPFL, I.: EMIL, 2003, 19. HIPFL, I.: EMIL, 2003, 19.

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Hierbei werden drei ‚Unterformen‘ unterschieden:



Teletutoring/Telecoaching: Teletutoring erfolgt meist unterstützt von asynchronen Kommunikationsformen216, die (Tele-) Tutoren nutzen, um Lernende fachlich und organisatorisch zu begleiten.



Open Distance Learning (ODL): Bei dieser Variante handelt es sich um individuelles und selbstgesteuertes Lernen, wobei didaktisch und strukturiert aufbereitete Lernmaterialien über das Internet abgerufen werden können.



Teleteaching: Teleteaching ist ein zumeist vom Lehrenden gesteuerter Lernprozess. Diese E-Learning-Form wird dann vorgefunden, wenn via Whiteboard oder Application Sharing, Audio- und eventuell auch Videokonferenz eine Lehrveranstaltung abgehalten wird, die man im Internet verfolgen kann. Weitere Formen sind die Übertragung einer Vorlesung an eine entfernte Gruppe via Videokonferenz und die Möglichkeit der entfernten Gruppe, die Rückfragen über Telefon, Internet-Audio oder Chat zu stellen.217

Virtual Classroom Ein virtuelles Klassenzimmer wird im Cyberspace218 von Lernplattformen bei synchronen Lernprozessen unterstützt. Die Lerninhalte werden mit entsprechen216 217 218

Hierunter sind beispielsweise Foren, Communities, E-Mail etc. zu verstehen. Vgl. HIPFL, I.: EMIL, 2003, 20. Der Begriff Cyberspace wurde mit großer Wahrscheinlichkeit vom Science Fiction Autor William Gibson erfunden, zumindest aber durch seine ‚Neuromancer‘-Romane geprägt. Er beschreibt demzufolge recht anschaulich den Cyberspace als den Ort, ‚an dem die Bank unser Geld aufbewahrt, weil alles elektronisch abläuft.‘ Inzwischen wird Cyberspace oft als Synonym für das Internet verwendet. Etwas abstrakter kann Cyberspace als der Ort definiert werden, an dem Daten und Informationen in elektronischer bzw. digitalisierter Form aufbewahrt werden. In einer erweiterten Sichtweise werden ebenfalls virtuelle Welten dazugezählt, wie man sie inzwischen aus Chatrooms oder Multiplayer Online Spielen kennt (Online Chat). Im Bereich des E-Learning erfährt der Cyberspace vor allem im Bereich des WBT oder des Collaborative Learning seine Bedeutung. Lernende kommunizieren über das Internet und treffen sich dadurch im Cyberspace. Die Rolle, Prozesse und Aktivitäten der Teilnehmer (Lehrende und Lernende) werden dabei in den digitalen Treffpunkten abgebildet, zumeist mittels einprägsamer Metaphern, damit das Zurechtfinden im Cyberspace erleichtert wird. Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 38f.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

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der Software in Live-Online-Kursen vermittelt. Dabei sind alle Lernenden zur gleichen Zeit online und loggen sich in die gleiche Lernplattform ein, um direkt miteinander zu kommunizieren. Das synchrone Lernen wird dabei durch den Lehrenden geführt, der die Klassenkontrolle behält und durch integrierte, elektronische Funktionalitäten unterstützt wird, um beispielsweise einen Lernenden aufzurufen, der die elektronische Hand von einem räumlich entfernten Lernort gehoben hat. Lehrende und Lernende haben bei dieser E-Learning-Form die Möglichkeit, verschiedene Werkzeuge wie Whiteboard, Text- oder Voice-Chat und Applications-Sharing zu nutzen, um den Fortgang einer Arbeit zu sehen und gemeinsam Wissen auszutauschen.219 Learning Communities Eine abschließende E-Learning-Form stellen Learning Communities dar. Hier handelt es sich um Lerngemeinschaften, die im Gegensatz zu Drill and Practice Software220 eine computervermittelte Kommunikation und wechselseitige Diskurse in den Vordergrund rücken. Gemeinsam mit anderen Lehrenden und Lernenden sowie Experten werden in einer Lerngruppe Aufgaben gemeinsam erarbeitet und reflektiert.221 Die abschließende Grafik in Abb. 13 veranschaulicht die Bezüge vereinzelter Begriffe sowie deren Beziehung untereinander.

219

220

221

Vgl. HIPFL, I.: EMIL, 2003, 20.; Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 121f. „Drill & Practice Software können auch als Übungs- und Testsysteme bezeichnet werden, bei denen die diagnostischen Funktionen zum Trainieren und Verfestigen von Lerninhalten im Vordergrund stehen. Sie sind den Lernprogrammen der Programmierten Instruktion (Programmierter Unterricht) sehr ähnlich und basieren auf Lernkonzepten des Behaviorismus. Lernziele, die sich auf das Memorieren von Lernstoff und ‚Einpauken‘ von Grundlagenwissen konzentrieren, werden überwiegend mit dieser Art von Lernprogrammen verfolgt. Drill & Practice Software wird vor allem häufig in Sprachfächern, beispielsweise zum Einüben und Verfestigen von Vokabeln und Grammatikregeln, als auch im Mathematik- oder Buchhaltungsunterricht, die Lerninhalte zum Gegenstand haben, die von der Sache her objektivistisch (objektiv richtig) sind, eingesetzt. Durch mehrmaliges Wiederholen und Üben kann sich der Lernende Grundlagen in einem Wissensbereich erwerben.“ SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 42. Vgl. HIPFL, I.: EMIL, 2003, 20.

98

B Forschungskontext

Technology-based Training

E-Learning

Online Learning

Distance Learning Virtual Learning Tele Learning

WBT CBT webbasiert netzbasiert Eingeschlossen z. B. Fernstudium mit Studienbriefen

Blended Learning

Abbildung 13: Ausgewählte E-Learning-Formen

3.4 Vorteils- und Nachteilsargumente: Ziele, Nutzen und Gewinne netzbasierten Lehrens und Lernens Betriebliche Weiterbildung sollte für Unternehmen und deren Beschäftigte eine strategische Aufgabe darstellen. Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen sind kostenaufwändig, zeitaufwändig und binden wertvolle Ressourcen. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien kann dabei Abhilfe schaffen. E-Learning-Formen werden dabei als Werkzeuge betrachtet, die bei entsprechendem optimiertem Einsatz nicht nur eine vereinfachte Vervielfältigung von Inhalten und mittels Netztechnologien den weltweiten Transport derselben ermöglichen, sondern sie erlauben durch asynchrones Lernen eine zeitliche Entkoppelung der Wissensvermittlung von der Wissensaufnahme. Die netzbasierte

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

99

Weiterbildung kann sowohl am Arbeitsplatz als auch zu Hause oder an einem anderen Ort eingesetzt werden. Es entfällt eine Bindung an bestimmte Tageszeiten und Lernorte, wenn keine interaktiven Rückfragen bei den Lehrenden erforderlich sind. Allerdings werden die Möglichkeiten, die der Einsatz von E-Learning-Formen bietet, noch nicht vollkommen ausgeschöpft. Ein Problem ist u. a. die qualitativ hochwertige Bereitstellung von ‚content‘ sowie die ungenügende Qualität und Einheitlichkeit der ‚Plattformen‘ für die Erzeugung, Speicherung und das Inhalts-Management.222 Die erste Euphorie um E-Learning verleitete Entwickler anfänglich dazu, sich auf die technologischen Möglichkeiten der Lernform zu konzentrieren. Die Qualität des Produktes und dessen inhaltliche, methodische und situative Gestaltung für die Lernenden wurden aber vernachlässigt.223 Daher kam und kommt die methodisch-didaktische Gestaltung zu kurz. Dennoch ist netzbasiertes Lehren und Lernen eine Alternative und Ergänzung zu Präsenzseminaren für Weiterbildungsinteressierte. Tabelle 4 führt Vor- und Nachteile von traditionellem und netzbasiertem Lernen auf, die sowohl den Beschäftigten als auch den Unternehmen meist bekannt sind. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Weiterhin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine ‚analytische Aufstellung‘ handelt, die aus wissenschaftsbezogener Perspektive umsetzbar erscheint, in der Praxis aber nicht zwingend so realisiert werden muss. Viele der nachfolgenden Argumente auf traditioneller Lernseite können auch auf E-Learning-Maßnahmen zutreffen, vorausgesetzt, das Konzept stimmt und qualifizierte Lehrende sind in der Lage es anzuwenden. Aber auch der umgekehrte Weg ist denkbar, dass nämlich die Vor- und Nachteile netzbasierter Lernformen auf traditionelle Weise zum Tragen kommen können. Die Vor- und Nachteile im E-Learning-Bereich für die Lernenden, d. h. die Beschäftigten, auf der einen Seite und für das Unternehmen auf der anderen Seite lassen sich detaillierter aufschlüsseln:

222

223

Vgl. EBERSPÄCHER, J.: Erfolgsfaktor. In: DOWLING, M./EBERSPÄCHER, J./PICOT, A.: eLearning, 2003, 1. Vgl. STIFTUNG WARENTEST (Hg.): Flexibel bleiben. In: test Weiterbildung Kompakt 06/2006, 3.

100

B Forschungskontext

Tabelle 4: Traditionelles Lernen versus netzbasiertes Lernen

Vorteile

Traditionelles Lernen (Präsenzlernen)

Netzbasiertes Lernen (E-Learning)

– Teilnehmer nehmen

– Kurse können an bestimmte Bedürfnisse adap-

– – – –

sozialen Kontakt auf, bilden eine Gruppe, Lehrende und Lernende lernen sich persönlich kennen, die Kommunikation ist ganzheitlich, die Teilnehmer unterstützen sich beim Lernen gegenseitig, es können jederzeit weiterbringende Diskussionen entstehen.

tiert werden,

– Lernen kann mit betrieblichen Knowledge – – – – – – – – – – – – –

224

Management (Wissensmanagement) verbunden werden, es kann zusammen asynchron gearbeitet werden, es kann „just in time“ gelernt werden es kann arbeitsprozessintegriert gelernt werden, Lernstoff kann beliebig oft wiederholt werden, Lernobjekte sind wieder verwendbar, Audio- und Videodokumente sind leicht einzubinden, stärkt die Eigenverantwortung für den Lernprozess, ermöglicht die Ansprache mehrerer Wahrnehmungskanäle, „zeitliche und räumliche Flexibilität des Lernens, um sich zum Beispiel berufsbegleitend weiterzubilden, die Möglichkeit, die Lerninhalte und das Lerntempo selbst zu bestimmen, schnell aktualisierte Inhalte, das Lernen im direkten Arbeitszusammenhang (‚Learning on demand‘), die Möglichkeit für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, neue Bildungsmöglichkeiten wahrzunehmen.“224

STIFTUNG WARENTEST (Hg.): Flexibel bleiben. In: test Weiterbildung Kompakt 06/2006, 3.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

101

Forts. Tabelle 4 Traditionelles Lernen (Präsenzlernen) Nachteile – alle Personen müssen zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein, – die Lernenden müssen gleich schnell oder langsam lernen, – die Lernenden müssen das Gleiche lernen, – die Lernenden sollten prinzipiell gleiche Zielstellungen verfolgen.

Netzbasiertes Lernen (E-Learning)

– Lernende müssen erst lernen, mit dem Medium umzugehen,

– es sind zu wenig Qualitätsprodukte am Markt, – es arbeiten zu wenig Pädagogen im E-Learning-Bereich,

– die Technik und die Techniker bestimmen den Markt,

– die Präsentation der Lerninhalte ist oft von – – – –

technischen und nicht von didaktischen Faktoren bestimmt, bedeutet möglicherweise Isolation, erlaubt kein traditionelles Lehrer-SchülerVerhältnis, wirft Datenschutz-Bedenken auf, erfordert hohe Selbstlernkompetenz.

Vorteile für die Lernenden Die Lernatmosphäre zeichnet sich durch angenehmes Lernen in gewohnter Atmosphäre entweder am Arbeitsplatz, in häuslicher Umgebung oder an einem anderen Lernort aus. Weiter tritt die Angst in den Hintergrund Wissenslücken eingestehen zu müssen, da Fragen nicht vor den Mitlernenden direkt an die Lehrenden gerichtet werden müssen. Nicht verstandene Lerninhalte können so oft wiederholt werden, bis sie verstanden sind. Die individuelle Berücksichtigung von Fragen, der Lerngeschwindigkeit und multimedial aufbereiteten Lerninhalten können also das Lernen erleichtern, indem sie es effizienter ge-stalten. Ein weiterer Aspekt ist die Flexibilität, die sich mit der Disponierbarkeit des Lernortes begründen lässt, da sowohl am Arbeitsplatz als auch zu Hause gelernt werden kann. Auch der Zeitpunkt des Lernens kann autonom entschieden werden, eine bedarfsgerechte Wahl der Lerninhalte ermöglicht, das Lernangebot leichter an persönliche Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnisse anzupassen.

102

B Forschungskontext

Nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass tägliche Pflichten des Arbeitsalltages besser mit dem Wunsch auf Weiterbildung vereinbart werden.225 Vorteile für Unternehmen Die Vorteile für Unternehmen gliedern sich in vier Schwerpunkte: Geringere Kosten, größere Wirksamkeit, schnellere Verfügbarkeit der Lerninhalte und Einbindung in eine bereits bestehende Organisation. Geringere Kosten ergeben sich durch die Reduzierung der Abwesenheitszeiten für Weiterbildungsmaßnahmen, auch die Kosten für die Maßnahmen selbst sind häufig geringer als bei traditionellen Seminaren. Reise- und Unterkunftskosten entfallen, Computer können zusätzlich ausgelastet werden, wobei Kosten für die notwendige Hard- und Software ohnehin kontinuierlich sinken, und oftmals sind kürzere Lernzeiten möglich. Eine größere Wirksamkeit erfahren netzbasierte Lehr- und Lernformen u. a. durch die Einbeziehung einer höheren Teilnehmerzahl. Weiterbildungsmöglichkeiten können generell problemloser erweitert werden, die Hemmschwelle zur Weiterbildung wird gesenkt, da das Unternehmen als vertraute Umgebung zum Lernort werden kann, so dass der Computer zugleich zum Lern- und Arbeitsmittel wird und die Lerninhalte ohne Übermittlungsverluste direkt zwischen zentralen und dezentralen Einrichtungen weiter gegeben werden können. Eine schnelle Verfügbarkeit der Lerninhalte animiert die Beschäftigten, dann zu lernen, wenn es im Arbeitsprozess erforderlich wird. Die Lerninhalte selbst können zeitnah aktualisiert und den jeweiligen Bedürfnissen des Unternehmens angepasst werden. Grundsätzlich bietet E-Learning die Chance einer schnellen und bedarfsorientierten Qualifizierung und Kompetenzentwicklung im Gegensatz zu anderen Lernformen. Bei einer Einbindung von E-Learning in eine bereits bestehende Organisation kann die Vermittlung von Lerninhalten an interne Abläufe angepasst werden, die Lehrenden können von Präsenzseminaren mit örtlicher und zeitlicher Bindung entlastet werden, da für die Lernenden andere Bedingungen gelten. Zudem kann

225

LÜHRING, M.: Vor- und Nachteile von EL. http://www.verdi-innotec.de/elearning/ freie_seite.php3_hauptkategorieelearning_basisinform~2.htm, gefunden am 22.02.2007.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

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die Motivation der Beschäftigten erhöht werden, indem gegebenenfalls Erlerntes sofort praktisch eingesetzt werden kann.226 Nachteile für die Lernenden Grob gliedern sich die Nachteile für die Lernenden in einen hohen Technisierungsgrad des Lernens und in die soziale Isolierung beim Lernen. Ein hoher Technisierungsgrad ist durch unpersönliches Lernen gekennzeichnet. Wenn Technik das Lernen leitet, können technische Probleme demotivierend wirken oder das Lernen sogar unmöglich machen. Es kann auch eine Überforderung durch die Vielfalt und die Komplexität der eingesetzten E-Learning-Medien entstehen. Außerdem kann ein Lernender überfordert sein aus einer Fülle von E-Learning-Angeboten ein für sich sinnvolles Weiterbildungsangebot zu selektieren, so dass Lehrende zur individuellen Lernberatung aufgefordert werden. Eine Isolierung beim Lernen kann dann auftreten, wenn Vergleichsmöglichkeiten des Lernerfolges fehlen. Eine soziale Isolation entsteht, wenn ein direktes und persönliches Feedback der Lehrenden ausbleibt oder zu selten ankommt. Falsches Zeitmanagement kann dazu führen, dass zu lange, zu viel oder zu wenig gelernt wird. Es können auch Disziplinprobleme auftreten, insbesondere beim Lernen in häuslich gewohnter Umgebung. Nachteile für die Unternehmen Auf Seiten von Unternehmen können grob zwei Nachteile durch den Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen aufgezeigt werden: Auf der Kostenseite und auf der Seite der Eignung der Lerninhalte. Eine ausreichende Ausstattung mit PCs und/oder der Ausbau der vorhandenen Vernetzung erfordern einen hohen Investitionsaufwand. Das Kosten-NutzenVerhältnis ist hierbei wenig transparent. Die Eignung von Lerninhalten fokussiert drei Schwerpunkte: zum Einen lassen sich nicht alle Inhalte über E-Learning zielführend vermitteln, zum Zweiten passt das Angebot bislang nur in geringem Umfang zu den betrieblichen Erfordernissen und zum Dritten sind E-Learning-Formen nicht für alle Beschäftigten

226

LÜHRING, M.: Vor- und Nachteile von EL. http://www.verdi-innotec.de/elearning/ freie_seite.php3_hauptkategorieelearning_basisinform~2.htm, gefunden am 22.02. 2007.

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B Forschungskontext

geeignet, da Lerntypen und folglich ihre Fähigkeiten zur Selbstmotivation und Selbstorganisation unterschiedlich sind.227 Gegenwärtig sind die ‚wahren‘ Erfolgsfaktoren die motivierten Beschäftigten und die Rahmenbedingungen, die in Arbeitsprozesse integriertes Lernen unterstützen. Trainer, Bildungsverantwortliche und E-Learning-Designer stehen deshalb vor der Herausforderung, Bildungsmaßnahmen effizienter zu gestalten. Bei Versuchen, Methoden zu kombinieren und dadurch die Lernprozesse auf verschiedenen Ebenen anzureichern, blieb der gewünschte Erfolg bislang aus.228

3.5 Anforderungen an die Lehrenden Seit Beginn der siebziger Jahre herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass das technische sich zum technologischen, genauer zum informations- und systemtechnologischen Zeitalter wandelt. Die Frage ist, welche Aufgaben den Menschen dabei zukommen und ob für den Menschen überhaupt noch eine Rolle in der systemhaften Integration von Organisationstechniken, Großprojektforschungen, Systemplanung, Informationstechniken und Strukturkontrollen übrig bleibt. Computerisierung, Telekommunikation, Automatisierung und andere Entwicklungen im Gefolge der Mikroelektronischen Revolution führen zu einer sich immer weiter beschleunigenden ‚Fortschrittsspirale‘229, die sich expansiv auch auf dem Gebiet der betrieblichen Weiterbildung auswirkt. E-Learning wird in diesem Zusammenhang durch seine größere Flexibilität bezüglich Lernzeitpunkt, Lernort und Lerngeschwindigkeit positiv hervorgehoben. E-Learning-Angebote in der beruflichen Bildung werden zukünftig zunehmend netzbasiert sein. Dabei stehen sowohl das Selbstlernen, als auch das methodisch-didaktische Visualisieren des Lernstoffs im Mittelpunkt. Studien haben gezeigt, dass es nicht ausreicht, den Lernenden lediglich die Technologie und verschiedene Lernprogramme zur Verfügung zu stellen. Erfolgreiches netzbasiertes Lernen hängt vielmehr von mehreren Voraussetzungen ab. Neben der Qualität der Lernprogramme, den organisatorischen Rahmenbedin227

228

229

Vgl. LÜHRING, M.: Vor- und Nachteile von EL. http://www.verdi-innotec.de/elear ning/freie_seite.php 3_hauptkategorieelearning_basisinform~2.htm, gefunden am 22.02.2007. Vgl. MALAUN, M./GLAHN, C. und in Zusammenarbeit mit HUG, T.: Gestaltungsanregungen. In. HUG, T. (Hg.): Bausteine, 2004, 160. Vgl. LENK, H.: Macht und Machbarkeit, 1994, 13.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

105

gungen und den Lernvoraussetzungen des Einzelnen ist oft eine personale Unterstützung erforderlich, um die Lernwirksamkeit zu erhöhen. Ein lehr-lernbezogenes Selbstverständnis betrieblicher Weiterbildung, wie es in tradierten Berufsrollen des Trainers zum Ausdruck kommt, wird daher immer weniger den gewandelten Anforderungen der betrieblichen Personalentwicklung gerecht und bedarf eines erweiterten Aufgabenbereiches der Lehrenden.230 Der Lehrende ist weiterhin ein bedeutender Rollenträger in der betrieblichen Weiterbildung, rückt jedoch stärker in die Nähe der Organisationsentwicklung und erhält dadurch ein verändernd-dynamisches Anforderungsprofil. Lernen im Netz erfordert ebenso wie tradierte Seminare personale Unterstützung, wenn es nachhaltig und effektiv verlaufen soll. „Der Weiterbildungsspezialist arbeitet als Problemlösungsberater vor Ort. Er versucht, Mitarbeiter und Mitarbeitergruppen zu befähigen, ihre eigenen Probleme zu identifizieren, diese hinsichtlich ihrer Ursachen zu analysieren und Lösungen selbst zu finden. Somit stehe als Aufgabe der Weiterbildungsarbeit […] die Hilfe zur Selbsthilfe mit dem Ziel der Steigerung der Effizienz einer Organisationseinheit und damit der gesamten Organisation durch Erreichen problemfreier Arbeitssituationen.“231

Eine sich wandelnde Lernkultur erfordert eine sich entsprechend verändernde Rolle der Lehrenden. Sie sind nicht mehr primär Wissensvermittler, sondern wandeln sich zum Lernbegleiter und Lernberater, zu kooperativen Lernpartnern, die Bedingungen schaffen, unter denen Lernende sich als handelnde Subjekte mit Lerngegenständen auseinandersetzen können. Diese Anforderungen an die Lehrenden in Verbindung mit der Einführung netzbasierten Lernens genauer zu untersuchen, ist integrierter Bestandteil der forschungsleitenden Frage. Es herrscht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass netzbasiertes Lernen personale Unterstützung braucht. Was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, kann bis heute noch nicht eindeutig umrissen werden. Ansatzweise wird es in der späteren Darstellung der Fallstudie versucht werden. Als ‚Sprungbrett‘ zu einer hypothetischen Antwort können erste Ergebnisse eines Ende 2005 abgeschlossenen Forschungsprojektes des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB) dienen. Der Projekttitel ‚Anforderungen an Teletutorinnen und Teletutoren in der beruflichen Bildung‘ bezeichnet das 2003 im Arbeitsbereich Bildungspersonal, Bildungstechnologien und Lernkooperation begonnene und 2005 zu Ende geführte 230 231

Vgl. ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 181. HÖLTERHOFF, H./BECKER, M., 1986 zitiert in ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 181.

106

B Forschungskontext

Forschungsprojekt. Es ist bislang einer der aktuellsten Arbeitsschwerpunkte zum E-Learning. Die Problemstellung des Projektes legte zugrunde, dass zurzeit allgemeine Einigkeit darüber herrscht, dass die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien vielfältigere Möglichkeiten für das Lehren und Lernen bieten. Als bedeutender Vorteil sei die größere Flexibilität bezüglich Lernzeitpunkt, Lernort und Lerngeschwindigkeit genannt. Damit wird die Erwartung effektiveren Lernens verbunden. Weil es zum Thema der personalen Unterstützungs- und Betreuungsleistung wenige empirische Untersuchungen gab, wurde, initiiert durch das Bundesinstitut für Berufsbildung, eine explorative Studie über den speziellen Tätigkeitsbereich von Teletutoren durchgeführt. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung standen zwei Fragen: Welche Aufgaben haben Teletutoren bei netzgestützten Qualifizierungsmaßnahmen und welche Kompetenzen benötigen sie für die Aufgabenerfüllung?232 Die Befragungsergebnisse ergaben, dass Lehrende in E-Learning-Bereichen



Informieren und Wissen vermitteln,



Motivation der Lernenden hervorrufen sowie



Unterstützung der Lernenden bei organisatorischen und technischen Fragen leisten sollten.

Um diese im Grunde ‚alten‘ Kernaufgaben heute adäquat erfüllen zu können, benötigen die Lehrenden nach Einschätzung der Interviewpartner neben der Fachund methodisch-didaktischen Kompetenz vor allem Medienkompetenz.233 Es sollen nicht möglichst viele innovative Technologien in den Lernprozess integriert werden, sondern sie sollen mit den didaktisch-methodischen Zielsetzungen und den motivierenden Anreizen sinnvoll verknüpft werden, was eine Herausforderung für die Lehrenden darstellt.234 Im Rahmen des Forschungsprojektes fand Mitte 2004 innerhalb eines Fachgespräches eine Diskussion über die ersten Ergebnisse des Projektes statt, die in der Grafik von Abb. 14 veranschaulicht werden. 232 233

234

Vgl. ULMER, P./BAHL, A.: Teletutorinnen und Teletutoren, 2003, 2. Vgl. BAHL, A./MÜLLER-TAMKE, W./ULMER, P.: Teletutorinnen und Teletutoren, 2003, 33f. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 23.

235

Akzeptanz von E-Learning sowie organisatorische Lösungen Wandel der Lernkultur Lernzeiten am Arbeitsplatz Lernen außerhalb der Arbeitszeit Ganzheitlichen Ansatz verfolgen

Runde B: Funktionen und Anforderungen an das Bildungspersonal

'Netzbasiertes Lernen Rolle des Bildungspersonals'

Runde A: Zukunft von E-Learning -Technologie und Lernformen

Runde C: Rahmenbedingungen für E-Learning

Kommunikationsform Lerntechnologien Dezentralisierung Modularisierung Blended Learning Selbstmanagement organisiertes tutoriell begleitetes Lernen Kombination von Technologie und Pädagogik

neues Berufsbild Teletutor, Teledesigner, Teletrainer 'individuelle Beratung aus Fleisch und Blut' Team-Aspekt operative Betreuung des Lernprozesses = inhaltlich-pädagogisch pädagogische Grundqualifikationen grafik-designerische Kompetenz ständiger Einsatz, ständige Übung

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen 107

Abbildung 14: Aspekte aus den Diskussionsrunden235

Vgl. ULMER, P./BEHRENDT, E./MÜLLER-TAMKE, W./KELLER, K. unter Zusammenarbeit von KOLTER, C.: Fachgespräch – Teletutor, 2004, Bonn. http://www.bibb.de/de/ 14488.htm, gefunden am 28.11.2006.

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B Forschungskontext

Auf der Grundlage der Ergebnisse des Forschungsprojektes des Bundesinstitutes für Berufsbildung bestand bei den Experten Konsens darüber, dass ein Wandel der Lern- oder Unternehmenskultur eine Aufwertung des Lernens – auch am Arbeitsplatz – nach sich ziehen müsste. Denn nach wie vor gilt netzbasiertes Lernen als eine Art ‚Spiel‘ im Sinne einer Freizeitbeschäftigung. Von einer Aufwertung selbstgesteuerten Lernens wird erhofft, dass die Beschäftigten sich mehr und mehr im Geschäftsprozess motivierend mit einbringen und ein heuristischer Ansatz zur Umsetzung der Lernaktivität ermöglicht wird.236 Lehrende im E-Learning-Prozess sollten, wie bereits kurz angesprochen, über Fach-, Methoden-, Sozial-, Persönlichkeits- und Medienkompetenz verfügen, d. h. die Fähigkeit besitzen, konkret Lernprozesse zu moderieren, Lernende zu beraten, wie ihre Stärken und Schwächen bewusst integriert und als Lernziele formuliert werden können, sie zu unterstützen Hilfsquellen zu erschließen, und eine vertrauensvolle Lernatmosphäre zu schaffen. Auch Vereinbarungen mit einzelnen Lernenden, in denen klare Zielsetzungen festgehalten werden, können hilfreich sein. Außerdem beraten sie auf spezielle Anfrage von Lernenden und geben Hilfestellung bei der Lösung methodischer, individueller oder sozialer Probleme, indem sie ihre individuelle Kompetenz einbringen und ein angemessenes Feedback geben.237 3.5.1 Kompetenz in Abgrenzung zur Qualifikation Kompetenz wird zurzeit in zahlreichen Wortverbindungen und Themenkombinationen verwendet: im pädagogischen Verständnis beispielsweise als ‚Handlungskompetenz‘, im ökonomischen Sinne als ‚Kompetenzentwicklung für den wirtschaftlichen Wandel‘ oder als Ausdruck für den Machtzuwachs in reorganisierten Unternehmen als ‚Kompetenzverlagerung‘. Schon anhand dieser wenigen Beispiele wird deutlich, in welcher Vielfalt der Kompetenzbegriff zum Tragen kommt.238 Allen Varianten gemeinsam ist die Entwicklung eines subjektiven

236

237

238

Vgl. ULMER, P./BEHRENDT, E./MÜLLER-TAMKE, W./KELLER, K. unter Zusammenarbeit von KOLTER, C.: Fachgespräch – Teletutor, 2004, Bonn. http://www.bibb.de/ de/14488.htm, gefunden am 28.11.2006. Vgl. MÜLLER, U.: Werkstatt; http://www.neue-lernkultur.de/ neuelernkultur.php, gefunden am 17.11.2006. Vgl. BECKER, M.: Von Qualifikation zur Kompetenz, 1998, 10.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

109

Potenzials, d. h. also eines Potenzials, das zum selbstständigen Handeln in unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen führt.239 Kritisch zu hinterfragen ist, ob dieser variantenreich verwendete Kompetenzbegriff zu einem Modebegriff avanciert ist,240 mit der Konsequenz, dass jeder etwas anderes darunter versteht. Was bisher unter Qualifikation gefasst wurde, wird nun mit dem Begriff Kompetenz beschrieben und soll am Beispiel der Anforderungen an einen Lehrenden im E-Learning-Bereich erläutert werden.241 Fachliche Weiterbildung wird zu Fachkompetenz, verhaltenswissenschaftliche Qualifikation zu Sozialkompetenz und Seminare zur methodischen Qualifizierung werden zu Methodenkompetenz. Der alles umfassende Begriff ist die Handlungskompetenz.242 Mit diesem Kompetenzbegriff verändert sich der Fokus der Betrachtung. Durch die flexibilisierten Markt- und Unternehmensstrukturen wurde das Paradigma der Qualifikation fragwürdig, so dass Qualifikation nun mehr aus der Perspektive der Verwendbarkeit erworbener Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten – Kompetenzen – für eine zufrieden stellende Berufs- und Lebensbewältigung bewertet wird: „Die Qualifizierungsentscheidungen von Individuum und Organisation hängen mehr von der Verwertbarkeit der Qualifikationen, nicht mehr so sehr von der gesellschaftlichen Wertschätzung eines Zertifikates ab.“243

Die Frage des Qualifikationsnachweises wird mehr und mehr ersetzt durch die Frage der Handlungskompetenz im Hinblick auf eine ganz konkrete Anforderung. Kompetenz ist nun der Schlüssel für employability, und employability ermöglicht eine permanente berufliche Kompetenzentwicklung.244 „Während Qualifikation die funktionale Entsprechung zwischen Arbeitsplatzanforderung und Ausbildungsziel beschrieb, sollte Kompetenz auch die Potenziale situationsadäquater Handlungsmöglichkeiten in sehr viel weiter gesteckten Feldern mit umfassen.“245

239 240 241 242 243 244 245

Vgl. ARNOLD, R.: Kompetenz – Wörterbuch, 2001, 176. Vgl. SCHNEIDER, H.: Kompetenzbegriff, 2000, 6.21/1. Nähere Ausführungen erfolgen in Kapitel B 3.4.2. Vgl. BECKER, M.: Von Qualifikation zur Kompetenz, 1998, 10. BECKER, M.: Von Qualifikation zur Kompetenz, 1998, 10f. Vgl. LOEBE, H.: Vorwort, 2004, 5. CLEMENT, U. (Hg.): Kompetenzentwicklung, 2002, 7.

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B Forschungskontext

Kompetenz aus pädagogischer Sicht betrachtet bedeutet, menschliche Fähigkeiten in den Blick zu nehmen, die situationsgerechtem Verhalten zugrunde liegen und dieses erst ermöglichen. Employability als Erhalt und Ausbau der Berufsfähigkeit. Der Gedanke der Kompetenzentwicklung birgt also ein dynamisches Konzept246 der ständigen Erneuerung und Ergänzung von Kenntnissen und Fertigkeiten in sich. Es rückt zugleich die Lernerperspektive und die wachsende Eigenverantwortung des Einzelnen für seinen Bildungs- und Qualifikationsprozess in den Mittelpunkt. Daher steht das informelle Lernen in enger Verbindung zur Kompetenzentwicklung. Informelles Lernen leistet einen Beitrag zur Kompetenzentwicklung ‚just in time‘ in der Lebens- und Arbeitswelt, denn Lernen alleine führt noch nicht zur Kompetenz. Aufgrund dessen wird der Begriff ‚Training‘ verwendet, der Lernen nicht ausschließt, aber weiter gefasst ist und die praktische Tätigkeit mit einschließt. Das entwickelte Vermögen beruflicher Fähigkeiten wird beispielsweise unter beruflicher Handlungskompetenz zusammengefasst. Diese Fähigkeit erlaubt es dem Individuum, in konkreten beruflichen Situationen gestellte Leistungsanforderungen entsprechend zu meistern.247 „Kompetenz ist Handlungsfähigkeit: das individuelle Vermögen, sich in immer neuen Situationen und unter stets neuen Anforderungen zu bewähren.“248

Berufliche Kompetenz wird dementsprechend zur Fähigkeit des Individuums erhoben, um im Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Dadurch wird der Begriff Kompetenz einerseits von dem Begriff Qualifikation abgegrenzt, andererseits spiegeln die Begriffe Kompetenz und Qualifizierung gemeinsam die Abkehr der beruflichen Bildung vom bürgerlichen Bildungsverständnis249 wider.250 246

247 248 249

‚Dynamisches Konzept‘ meint in gewissem Maße eine Prozessorientierung in Bezug auf die Verknüpfung von Arbeits- und Lernprozessen. Das dynamische Konzept beinhaltet im Kontext des LLL-Prinzips zweierlei: 1. Es zielt stärker auf das bedürfnisund bedarfsgerechte Lernen im Erwachsenenalter im Arbeits- und sozialen Lebensprozess ab. 2. Zudem orientiert es sich an Weiterbildung bzw. an den tatsächlichen Lernprozessen der Erwachsenen, an den eigenen, realen Lernumgebungen, ihren Bedürfnissen, kognitiven und motivationalen Kompetenzen. Vgl. REETZ, L.: Kompetenz, 1999, 245. LOEBE, H.: Vorwort, 2004, 5. Das bürgerliche Bildungsverständnis vertrat die Meinung: „Der Mensch als prinzipiell vernunftbegabtes Wesen ist aufgerufen zu Freiheit und Mündigkeit. Er hat seinen

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

111

Die vorausgegangenen Überlegungen verdeutlichen, dass der Begriff Kompetenz zwar häufig im Sinne von Qualifikation verwendet wird. Die unverwechselbaren individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften lassen sich dennoch nicht allein mit dem Begriff Qualifikation beschreiben. Ihre inhaltliche Bedeutung erhalten Kompetenzen aus der individuell-subjektiven Dimension. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass Kompetenzen oftmals nur latent vorhanden sind und durch bestimmte Lern- bzw. Arbeitskontexte gar nicht mobilisiert werden. Den Individuen ist häufig gar nicht bewusst, dass sie über bestimmte berufliche Fähigkeiten de facto verfügen. Demnach geht es um eine Exhumierung der verborgenen Potenziale und Dispositionen. Die Dualität von bewussten und unbewussten Kompetenzen bringt BERNIEN in seiner Definition auf den Punkt: „Der Begriff beinhaltet […] die Summe seiner (des Individuums) Wissensbestände und auch die Anwendungsfähigkeit des Wissens. Damit ist bereits ausgedrückt, dass Kompetenz in ihrer Gesamtheit aus aktiven und ruhenden Wissensbeständen, aus sichtbaren und verborgenen, damit aus beschreibbaren und nicht beschreibbaren sowie für seinen Träger sogar aus bewussten und unbewussten Fähigkeiten und Fertigkeiten besteht. Zusammenfassend ist damit gesagt, dass Kompetenz […] an eine Tätigkeit und gleichsam an ein Individuum gebunden ist.“251

Während Kompetenzen also subjektbezogen sind, lassen sich Qualifikationen eher als subjektunabhängig beschreiben; die Inhalte des Kompetenzbegriffes sind zum Teil deckungsgleich mit Inhalten des Qualifikationsbegriffes. Eine weitere Differenzierung dieser Inhalte untermauert die Aktualität der beruflichen Kompetenzentwicklung eines Lehrenden in der betrieblichen Weiterbildung.

250 251

Zweck in sich selbst. Bildung wird zur Selbst-Bildung der Individualität in der Auseinandersetzung des Menschen mit den Erscheinungsformen seiner Kultur. Bildungsarbeit als gestaltende Einflussnahme kann von daher nicht als Formung nach einem vorgegebenen Bilde gedacht sein, sondern allein als Angebot von außen und Bereitschaft von innen zum Dialog über das Sein des Einzelnen [...].“ SCHAUB, H.: dtv-Wörterbuch, 2000. Es könnte an dieser Stelle diskutiert werden, ob es das so überhaupt gab oder es nur ein Ideal war. Dem kann an dieser Stelle nicht nachgegangen werden. Vgl. FALK, R.: Betriebliches Bildungsmanagement, 2000, 382. BERNIEN, M.: Berufliche Kompetenzentwicklung, 1997, 25.

112

B Forschungskontext

3.5.2 Kompetenz als aufgabenorientierte Fähigkeit eines Lehrenden Kompetenz im Sinne von aufgabenorientierter Fähigkeit ist als Fachausdruck mit den Funktionsbereichen Personalauswahl, Personalbeurteilung und Personalentwicklung verbunden. Unter der aufgabenorientierten Fähigkeit sind Kapazitäten, Potenziale, Qualifikationen und ‚professionelle Zuständigkeit‘ für eine Handlung zu fassen.252 Charakteristisch für die aufgabenorientierte Begriffsverwendung von Kompetenz ist die individualisierte Perspektive. Im Wesentlichen bezieht sich die Kompetenzentwicklung in diesem Bereich auf die betriebliche Weiterbildung und Förderung des Menschen im Unternehmen und nicht auf organisatorische Lernprozesse mit dem Ziel der geplanten organisierten Veränderung. Bisher fielen die Funktionsbereiche Personalauswahl, Personalbeurteilung und Personalentwicklung unter den Kompetenzaspekt Wissen und Können. Dieses Verständnis von Kompetenz rückt in die Nähe des Qualifikationsbegriffes, wobei Qualifikation primär auf die Verknüpfung von Fähigkeiten und deren rechtsförmige Zertifizierung bezogen ist. Der Kompetenzaufbau berücksichtigt gegenwärtige und zukünftige Tätigkeitsbereiche und zielt auf eine fachkundige Berufs- und Lebensbewältigung.253 Die dadurch erreichte berufliche Handlungsfähigkeit/-kompetenz beinhaltet das Quartett der Fach-, Methoden-, Sozial- und Individualkompetenz und wird ergänzt durch die Medienkompetenz bei Lehrenden im E-Learning-Bereich. Bei den nachfolgenden Erläuterungen ist zu bedenken, dass die Aufteilung der Kompetenzen in fünf aufgabenorientierte Fähigkeiten eines E-Lehrenden ‚künstlich‘ ist. Zur Verdeutlichung und Einbettung der nachfolgenden Überlegungen sei aber daran festgehalten, um so aufzeigen zu können, woraus sich eine Handlungskompetenz zusammenfügt. Alle Fähigkeiten sind in der Praxis miteinander verzahnt, aber bei der Bewältigung konkreter Aufgaben werden sie in ihrer komplementären Struktur in unterschiedlicher Intensität beansprucht. Alle fünf Dimensionen konstituieren zusammen erst die berufliche Handlungskompetenz eines E-Lehrenden.

252 253

Vgl. SCHNEIDER, H.: Kompetenzbegriff, 2000, 6.21/3. Vgl. BECKER, M.: Von Qualifikation zur Kompetenz, 1998, 12.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

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Fachkompetenz „Fachkompetenz umfaßt […] alle erforderlichen fachlichen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zur Bewältigung konkreter, beruflicher Aufgaben.“254

Mit dem Begriff Fachkompetenz ist die professionelle Zuständigkeit, der Besitz des berufsnotwendigen Sachverständnisses in Angelegenheiten des eigenverantwortlichen Tätigkeitsfeldes sowie die erforderliche fachliche und direkt auf den Leistungsprozess bezogene Basisqualifikation gemeint. Hinzu kommt eine spezifische Praxiserfahrung, fokussiert auf die fachliche Bewältigung der zugewiesenen sowohl bekannten als auch noch nicht bekannten Tätigkeitsbereiche. Darüber hinaus ist mit fachlicher Kompetenz die zu erwartende Fähigkeit verbunden, einen fachkundigen und sachverständigen Lösungsbeitrag für Aufgaben zu finden, die in keinem direkten Bezug zu dem eigenen momentanen Tätigkeitsbereich liegen.255 Ein E-Lehrender256 ist also dann fachlich kompetent, wenn er selbstorganisiert-dispositionell über die beschriebenen Wissensinhalte verfügt. Methodenkompetenz „Methodenkompetenz beschreibt die Fähigkeit, Informationen zu beschaffen, zu verarbeiten und im Arbeitsprozeß einzusetzen sowie Handlungen und Handlungsfolgen auszuwerten und Konsequenzen für zukünftige Handlungen abzuleiten.“257

Demzufolge ist Methodenkompetenz eine weitgehend von der fachlichen Kompetenz unabhängige Fähigkeit, die im Wesentlichen der Planung und Durchführung der Arbeit dient. Sie beinhaltet das Finden und Realisieren selbstständiger Problemlösungswege, zu denen folgende Elemente gehören:



„Die Fähigkeit des vernetzten und verfahrensorientierten Denkens,



die Fähigkeit des Reflektierens alternativer Arbeitsverfahren sowie die Kenntnis im Umgang mit neuen Technologien und deren prozessorientierte Handhabung,

254 255

256

257

BECKER, M.: Von Qualifikation zur Kompetenz, 1998, 12. Vgl. SCHNEIDER, H.: Kompetenzbegriff, 2000, 6.21/8.; Vgl. Vennemann, M.: e-Learning-Angeboten, 2003, 136. Die Bezeichnung ‚E-Lehrender‘ wird u. a. für den Lehrenden im virtuellen Raum verwendet. BECKER, M.: Von Qualifikation zur Kompetenz, 1998, 12.

114



B Forschungskontext

die Fähigkeit des selbstständigen analytischen und kreativen Vorgehens bei der Problemlösung.“258

Zugespitzt ist Methodenkompetenz als situations- und fächerübergreifende, dynamisch einsetzbare kognitive Fähigkeit zu verstehen, die eine wesentliche Voraussetzung für den Erwerb neuer Kenntnisse und Fähigkeiten darstellt. Sozialkompetenz „Sozialkompetenz umfasst Fähigkeiten, z. B. in Teams unterschiedlicher sozialer Strukturen kommunikativ und kooperativ zusammenzuarbeiten.“259

Mit Sozialkompetenzen sind die als ‚extrafunktionale (fach- bzw. rollenübergreifende) Komponenten‘ bezeichneten Fähigkeiten gemeint. Das sind Kompetenzen, die beispielsweise als trainierbare Einzelfähigkeiten von E-Lehrenden verstanden werden. Für Schneider ist Sozialkompetenz ein mehrdimensionaler Begriff, der zu unterteilen ist in:



interpersonale Kompetenz und



interkulturelle Kompetenz260

Interpersonale Kompetenz Sie zeigt sich in der Fähigkeit, mit Vorgesetzten, Kollegen und Lernenden zusammenzuarbeiten und ein gutes Lernklima zu schaffen und zu erhalten. Dazu gehören:



bei zwischenmenschlichen Problemsituationen mit Führungspersonen, Kollegen und auch Lernenden erfolgreich zu interagieren und zu kooperieren,



Empathievermögen261,

258 259 260 261

SCHNEIDER, H.: Kompetenzbegriff, 2000, 6.21/8. PÄTZHOLD, G.: Berufliche Handlungskompetenz, 1999, 58. Vgl. SCHNEIDER, H.: Kompetenzbegriff, 2000, 6.21/8. Empathie wird verstanden als Einfühlungsvermögen, als die Fähigkeit sich in andere hineinzuversetzen. Zudem wird darunter die Fähigkeit verstanden, auf andere Werthaltungen und Normen einzugehen, sie in die Person zu integrieren und neue soziale Rollen annehmen zu können. Vgl. BAUMGART, E.: Lexikon – EB, 1998, 80.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

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innerhalb eines Arbeitszusammenhangs mit Partnern – auf der Basis der Bereitschaft zum solidarischen Handeln – zielgerichtet umzugehen,



konstruktive Konflikthandhabung und Bereitschaft zur fairen Konfliktlösung,



zwischenmenschlicher Gedanken- und Erfahrungsaustausch, d. h. Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft.262

Interkulturelle Kompetenz Die zweite Dimension der Sozialkompetenz rückt heutzutage zunehmend in den Fokus der Betrachtung. Interkulturelle Kompetenz ist die Anerkennung der Horizont- und Perspektiverweiterung über das eigene bisherige, monokulturell geprägte Verständnis hinaus. „Interkulturelle Kompetenz ist daher auch die Kompetenz zur Vermittlung zwischen unterschiedlichen Bedeutungen von Begriffen und Konzepten und unterschiedlichen Wertsystemen im Bereich gesellschaftlichen und beruflichen Handelns zu definieren.“263

Im Arbeitsalltag sind interkulturelle Kompetenzen in allen Kontexten relevant. Für einige Unternehmen sind sie von besonderer Bedeutung, da ihnen seit geraumer Zeit der ‚Heimmarkt‘ zu klein geworden ist, oder sie längst Teil einer internationalen Unternehmensgruppe sind. In beiden Fällen geht es um die interkulturelle Kompetenz jener, die diese Zusammenarbeit leisten müssen: Es liegt auf der Hand, dass die Kooperationsfähigkeit der handelnden Personen den Nutzen der Zusammenarbeit maßgeblich mitbestimmt. Interkulturelle Kompetenz bedeutet demnach Auslandsfähigkeit, Polyzentrismus264, also die Fähigkeit zum Euro- bzw. Global-Manager.

262 263 264

Vgl. SCHNEIDER, H.: Kompetenzbegriff, 2000, 6.21/9. BAUMGRATZ-GANGL, G.: Dimensionen der Kompetenzentwicklung, 2003, 95. Polyzentrismus ist als Gegenpol zu Ethnozentrismus zu begreifen. Es ist der Versuch, interkulturelle Handlungszusammenhänge nicht vor dem Hintergrund der eigenkulturellen Erfahrungen zu interpretieren; Anerkennung der Eigenständigkeit anderer Kulturen und die Bereitschaft kulturspezifische Wertungen zu realisieren. Vgl. BOLTEN, J.: Interkulturelle Kompetenz, 2001, 85f.

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B Forschungskontext

Individualkompetenz Individualkompetenzen oder auch personelle Kompetenzen implizieren die Dispositionen eines Menschen, die eigene Persönlichkeit, das eigene Wissen, das Können und die Fähigkeit immer wieder zu reflektieren, zu hinterfragen und zu verändern.265 Persönlichkeitsmerkmale stellen in der Regel das Hauptkriterium dar, um Menschen erfolgreich zum Lernen zu ermuntern und sie zu beraten. Dieser Kriterienkatalog umfasst das Aushalten von Widersprüchen, Belastbarkeit und Durchsetzungsvermögen, die Fähigkeit strategisch-analytischen Denkens auch in komplexen Zusammenhängen und Systemen, die Fähigkeit zur selbstständigen und zielorientierten Arbeitsweise sowie die Fähigkeit, noch unter Zeitdruck korrekte Ergebnisse zu erarbeiten. Flexibilität, Innovations-, Kritik-, Lern- und Problemlösungsfähigkeit zählen ebenfalls dazu.266 Medienkompetenz Die vier skizzierten Basis-Kompetenzen, welche die berufliche Handlungskompetenz eines E-Lehrenden ausmachen, werden durch die Medienkompetenz vervollständigt. Diese Erweiterung ist nicht nur ein Wunsch von Seiten der Lernenden, sondern zugleich eine Forderung um den Erfolgskriterien der E-Learning-Formen gerecht zu werden. Der Begriff der Medienkompetenz, bereits seit den 90er Jahren populär, ist bislang kein standardisierter Begriff, jedoch erhält er ständig steigende Bedeutung angesichts der Tatsache, dass die neuen Medien zu einem festen Bestandteil des alltäglichen Lebens geworden sind.267 Unter Medienkompetenz wird „ein komplexes Bündel aus verschiedenen Fähigkeiten, die die Mediennutzer befähigen sollen, mit Medien und deren Inhalten eigenverantwortlich und kritisch umzugehen“268verstanden. Auch in der Verbindung mit Medien ist der Kompetenzbegriff ein additiver Begriff. Der aktive Mensch ist ein handelndes Subjekt, welches sein Leben selbst

265 266 267

268

Vgl. PÄTZHOLD, G.: Berufliche Handlungskompetenz, 1999, 58. Vgl. SCHNEIDER, H.: Kompetenzbegriff, 2000, 6.21/12f. Vgl. ARNOLD, R./LERMEN, M.: Wissensvermittlung. In: MEISTER, D. M. (Hg.): Online-Lernen, 2004, 73. MAROTZKI, W.: Medienkompetenz. In: BRÖDEL, R./KREIMEYER, J. (Hg.): Lebensbegleitendes Lernen, 2004, 64.

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gestalten und begreifen kann. Demzufolge wird er als ein zur Kompetenz Fähiger begriffen. Er wird nicht als Objekt seiner Umwelt verstanden. „Nicht das ‚Wesen‘ Mensch wird heute zum Ausgangspunkt genommen, sondern seine ‚gemachten Erfahrungen‘, die ihn zu dem haben werden lassen, was er ist.“269

Damit wird das Merkmal der sich wandelnden Lernkultur, jener Prozess der Subjektivierung, angesprochen. Medienkompetenz bedeutet daher die moderne Ausfaltung der kommunikativen Kompetenz270, die auf der Einsicht in die Erziehbarkeit des Menschen aufgrund seiner Kompetenz zu sprachlichem Handeln beruht. Der Mensch soll auf der Grundlage seiner individuellen Bildsamkeit dazu angeleitet werden, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten verstärkt aktiv in die globalisierte Welt einzubringen. Kompetenz macht den Menschen erziehungsbedürftig und -fähig.271 Auf medientheoretische Begründungen angewendet bedeutet dies, dass jeder Mensch prinzipiell die Potenziale hat ein ‚mündiger Rezipient‘ zu werden, dass er aber zugleich als kommunikativ-kompetentes Lebewesen auch ein aktiver Mediennutzer ist und in der Lage sein sollte, sich über Medien auszudrücken, was geübt und gelernt werden muss.272 Kommunikative Kompetenz realisiert sich in der Lebenswelt von Menschen. Sie ist die reale Umwelt von Erfahrungen und Handlungsmöglichkeiten, der Raum, in dem sich auch Weiterbildung abspielen sollte. Allerdings wird dieser Raum durch historische und gesellschaftliche Bedingungen beeinflusst.273 Medienkompetenz wird umschrieben als die Fähigkeit, alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen in einer die Welt aktiv aneignenden Weise einzusetzen.274 Während Kommunikationskompetenz an Alltäglichkeit gebunden ist, betont Medienkompetenz die Verän269 270

271

272

273

274

BAACKE, D.: Medienpädagogik, 1997, 25. „Eine ‚kommunikative Kompetenz ist‘ die Fähigkeit des Menschen, potenziell situations- und aussagenadäquate Kommunikationen auszugeben und zu empfangen, ohne an Reize und von ihnen gesteuerte Lernprozesse gebunden zu sein.“ BAACKE, D.: Medienpädagogik, 1997, 52. Vgl. BAACKE, D.: Medienkompetenz. In: medien praktisch 2/96, 3, gefunden unter www.gep.de am 13.05.2005. Vgl. BAACKE, D.: Medien. In: LENZEN, D. (Hg.): Erziehungswissenschaft, 2000, 337.; Vgl. BAACKE, D.: Medienkompetenz. In: medien praktisch 2/96, 1, gefunden unter www.gep.de am 13.05.2005. Vgl. BAACKE, D.: Medienkompetenz. In: medien praktisch 2/96, 1, gefunden unter www.gep.de am 13.05.2005. Vgl. BAACKE, D.: Medienkompetenz. In: medien praktisch 2/96, 1, gefunden unter www.gep.de am 13.05.2005.

118

B Forschungskontext

derungen der Kommunikationsstrukturen durch technisch-industrielle Vorkehrungen und Erweiterungen. Medienkompetenz ist ein Globalbegriff, welcher noch konzeptionell und praktisch auszuarbeiten ist. Sie wird als Teil der kommunikativen Kompetenz betrachtet, umfasst auch Bilder. Sie gilt allgemein als die Fähigkeit des Menschen zu selbstbestimmter, reflexiv orientierter Kommunikation, die Aneignungsfähigkeit und Handlungskompetenz einschließt. Dies beinhaltet, zur eigenen Kommunikation ein reflektiertes Verhältnis zu haben. Der Begriff der Medienkompetenz enthält schwerpunktartig vier Dimensionen: Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung.275 Medienkompetenz umfasst die Fähigkeit zur Medienkritik in dreifacher Weise:



analytisch sollten problematische gesellschaftliche Prozesse (z. B. Konzentrationsbewegungen) angemessen erfasst werden können;



reflexiv sollte jeder Mensch in der Lage sein, das analytische Wissen auf sich selbst und sein Handeln anwenden zu können;



ethisch ist die Dimension zu nennen, die analytisches Denken und reflexiven Rückbezug als sozialverantwortlich abstimmt und definiert.

Neben die Medienkritik tritt die Medienkunde, die das Wissen über heutige Medien und Mediensysteme umfasst. Sie kann zweifach ausdifferenziert werden:



Die informative Dimension umfasst klassische Wissensbestände (wie z. B.: Was ist ein Learning-Management-System? Wie arbeitet ein E-Trainer?)



Die instrumentell-qualifikatorische Dimension meint die Fähigkeit, die neuen Geräte auch bedienen zu können, z. B. als das Sich-Einarbeiten in die Handhabung einer Computer-Software, die Teilnahme an einer Online-Community, usw.

Zusammenfassend sind Medienkritik und Medienkunde als die Dimension der Vermittlung zu verstehen. Die Dimension der Zielorientierung liegt im Handeln der Lernenden. Auch diese lässt sich aufgliedern, und zwar in Mediennutzung und Mediengestaltung.

275

Vgl. BAACKE, D.: Medienpädagogik, 1997, 98f.; Vgl. BAACKE, D.: Medienkompetenz. In: medien praktisch 2/96, 1, gefunden unter www.gep.de am 13.05.2005.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

119

Das Medienhandeln ist Mediennutzung, die in doppelter Weise gelernt werden sollte:



Rezeptiv, anwendend (Programm-Nutzungskompetenz);



Interaktiv, anbietend (antworten können).

Der letzte Bereich ist der der Mediengestaltung, ebenfalls zweifach ausfaltbar, und ist zu verstehen als:



innovativ (Veränderungen, Weiterentwicklung des Mediensystems innerhalb der angelegten Logik) und



kreativ (Betonung ästhetischer Varianten, das Über-die-Grenzen-der-Kommunikations-Routine-Gehen).276

Diese vier Dimensionen ergeben die Medienkompetenz, basierend auf einer reflektierenden Nutzung, die zu einer Selbstaufklärung des Lernenden führen soll. Wenn dieser ausdifferenzierte Begriff der Medienkompetenz allerdings nicht subjektiv-individualistisch verkürzt werden soll, bedarf es eines Gestaltungsziels auf überindividueller, eher gesellschaftlicher Ebene, nämlich den Diskurs der Informationsgesellschaft. Ein solcher Diskurs würde alle wirtschaftlichen, technischen, sozialen, kulturellen und ästhetischen Probleme einbeziehen, und damit die Medienkompetenz lebendig machen.277 Ein Mangel des Begriffs ‚Medienkompetenz‘ ist seine pädagogische Unspezifität.278 Dieser Begriff verdankt sich nicht unmittelbar der Tradition pädagogischer Diskurse. Leitbegriffe wie Medienkompetenz liefern nicht automatisch ein Konzept innerhalb der betrieblichen Weiterbildung, wie praktisch, didaktisch oder methodisch vorzugehen ist. Selbst Begriffe wie ‚Medienerziehung‘ oder ‚Medienbildung‘ müssen inhaltlich gefüllt und bezogen auf die Weiterbildung definiert werden. Wenn in der betrieblichen Weiterbildung von Medienkompetenz geredet wird, ist also gleichzeitig zu konkretisieren, wie diese zu vermitteln ist und wo das Subjekt in seiner sich ausbildenden oder bereits ausgebildeten Selbstverantwortlichkeit seinen kommunikativen Status bestimmen kann. Ratio276 277 278

Vgl. BAACKE, D.: Medienpädagogik, 1997, 98ff. Vgl. BAACKE, D.: Medienpädagogik, 1997, 99. Vgl. BAACKE, D.: Medienkompetenz. In: medien praktisch 2/96, 5, gefunden unter www.gep.de am 13.05.2005.

120

B Forschungskontext

nalistische Verengung sollte dabei vermieden werden, auch die Körperlichkeit des Menschen oder seine Emotionalität sollten beachtet werden. Wer in Bereichen des netzbasierten Lehrens und Lernens kompetent handelt, wird als jemand gedacht, der in der Ernsthaftigkeit des Berufslebens, in politischer Verantwortung oder in fachlicher Forschung ganzheitlich ernsten, außer ihm liegenden Zwecken nachgeht.279 Kommunikation und Information erhalten daher im Alltag des E-Lehrenden Priorität, denn er soll idealerweise:



ständig Kontakt mit den Teilnehmern halten,



eingehend bearbeitete Aufgaben bewerten und das Ergebnis dem Teilnehmer mitteilen,



technische, inhaltliche, prozessuale, motivationale Fragen beantworten und die Lerntagebücher280 überprüfen,



Anregungen und Verbesserungsvorschläge sammeln und weiterleiten,



die Kursteilnehmer ständig motivieren,



themenbezogene Übungsaufgaben und Projekte erstellen und betreuen,



Foren und Newsgroups moderieren und



synchrone Kommunikationsmittel wie Chat, Audio- und Videokonferenzen einsetzen.281

3.5.3 Handlungsanweisungen für die Lehrenden Aufbauend auf der beschriebenen Handlungskompetenz mit besonderem Augenmerk auf der Medienkompetenz und ihren Dimensionen eines Lehrenden werden nachfolgend zehn mögliche Handlungsanweisungen für einen ‚E-Lehrenden‘ entworfen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Transfer dieser ‚Regeln‘ in die

279 280 281

Vgl. BAACKE, D.: Medienpädagogik, 1997, 100. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 96f. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 96f.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

121

Praxis, um so die praktische Anwendbarkeit zu erproben und Veränderungen anzustoßen. Die kommunikativen Kompetenzen eines E-Lehrenden unterscheiden sich nicht immer von denen eines traditionell Lehrenden, der Anspruch individueller Ansprache der Lernenden gilt für beide, die Mittel haben sich verändert.282 1) Individuelle Anrede Dem Lernenden ist durch persönliche/individuelle Anrede das Gefühl zu geben, dass der E-Lehrende für ihn ganz da ist und ihn auf einer persönlichen Ebene betreuen kann und möchte. Bedeutungsvoll sind die exakten Kenntnisse der teilnehmerbezogenen Adressatenmerkmale.283 2) Richtige Anrede Die Anrede baut einen engen Bezug zum Lernenden auf, daher soll sich das persönliche Verhältnis zum Lernenden in einem hohen Maße in der Anrede widerspiegeln. Andererseits hilft dem E-Lehrenden die Anrede, nicht gewünschte Vertraulichkeiten abzuwehren oder auch eine professionelle Distanz zu halten. 3) Anerkennung und Lob Anerkennung und Lob, aber auch angemessene Kritik sind zur positiven Verstärkung des Lernens durch den Lehrenden konkret auszudrücken, um so den Lernerfolg zu sichern. Eine E-Mail, in deren ersten Zeilen Anerkennung und Lob zu finden sind, wird aufmerksamer gelesen und motiviert den Lernenden weiter zu machen. Am Ende einer E-Mail besteht dann eher die Möglichkeit Kritik anzubringen. Ein E-Lehrender sollte daher darauf achten, dass er den richtigen persönlichen Bezug zum Lernenden findet und dementsprechend Lob und Kritik platziert. 4) Zeitnahe Antwort Antworten an Lernende sind zeitnah zu geben, denn mehrheitlich sind Lernende aus ihrem bisherigen Bildungsverlauf in traditionellen Formen gewöhnt, dass sie

282 283

Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 97. Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 97.

122

B Forschungskontext

auf Fragen oder Bemerkungen eine möglichst zeitnahe Reaktion des Lehrenden bekommen. 5) Sorgfältige Formulierung ‚Geschriebene Gedanken‘ bedürfen insbesondere sorgfältiger Formulierungen. Denn einmal Geschriebenes und per E-Mail Verschicktes kann nicht mehr zurückgenommen werden. Geschriebene Gedanken können im Gegensatz zum gesprochenen Wort nachgelesen und bedacht werden. Daher sollten schriftliche Äußerungen so eindeutig und klar formuliert werden, wie es möglich ist, damit sie so verstanden werden, wie der E-Lehrende verstanden werden möchte. 6) Kommunikativer Umgang Zu Beginn ist eine offene, entgegenkommende und auflockernde Kommunikation zu führen. Dadurch wird ein persönlicher Zugang zum Kommunikationspartner eröffnet und für den späteren Austausch eine konstruktive Basis geschaffen.284 7) Lebendige Kommunikation Durch Fragen im netzbasierten Unterricht kann eine Kommunikation in Gang gebracht werden. Wenn eine E-Mail verschickt wird, die Fragen in irgendeiner Form enthält, wird dadurch eine Folgekommunikation erleichtert und initiiert. Falls ein Lernender nicht besonders kommunikationsfreudig ist, ist es sinnvoll, durch ein geschicktes Frage-Antwort-Spiel die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Durch eine Frage wird der Lernende animiert, die Kommunikation fortzuführen. 8) Erfolgreich abgeschlossene Kommunikation Sicherlich ist ein langwieriger E-Mail-Austausch zeitaufwändig und kostet den E-Lehrenden einiges an Mühen. Doch genau dieser ‚Betreuungsaufwand‘ lässt das netzbasierte Lehren und Lernen in seiner Wertigkeit nach oben steigen. Dieser E-Mail-Austausch kann dem E-Lehrenden ermöglichen, die inhaltliche Bearbeitung durch den Lernenden zu verfolgen. Allerdings ist zu unterscheiden, ob der Lernende themenbezogen oder ob er nur ‚just for fun‘ kommuniziert. Gene284

Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 99-103.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

123

rell ist darauf zu achten, dass der Kommunikationsstrang wirklich dann beendet ist, wenn der E-Lehrende die Fragen des Lernenden vollständig beantwortet hat. 9) Eindeutige Kommunikation Bei E-Mail Kontakten ist es sinnvoll, eine gesunde Mischung zwischen inhaltlichen Kommentaren und persönlicher Ansprache zu finden. Zudem ist es wichtig, dass der E-Lehrende eindeutige und klare Formulierungen wählt. 10) Vermeidung von öffentlicher Kritik Bei netzbasierten Lernformen darf Kritik gegenüber den Lernenden nicht zu scharf ausfallen, denn ein geschriebenes Wort wirkt intensiver und nachhaltiger als ein gesprochenes. Zu heftige Kritik kann zur Demotivation der Lernenden führen. Die Folge wäre, dass die Kommunikation abreißt und die Lernenden nicht mehr erreicht werden. Hier ist es wichtig, dass der E-Lehrende ein Gefühl dafür entwickelt hat, welcher Lernende wie zu behandeln ist, damit das netzbasierte Lernen erfolgreich abgeschlossen werden kann.285

3.6 Anforderungen an die Lernenden Bislang wurden vorwiegend mit Blick auf die E-Lehrenden die spezifischen Anforderungen, die beim netzbasierten Lernen an die Lernumgebung, an die Lehrenden und an die Lernenden gestellt werden, entfaltet. Doch auch für die Lernenden gibt es einen Katalog von Forderungen, die erfüllt sein sollten, wenn netzbasiertes Lernen effizient sein soll. Dazu gehören:



das Erzeugen von Eigenmotivation,



das Ermitteln des Lernbedarfs,



das Festlegen der Lernziele,



das Auswählen der benötigten Ressourcen und Materialien,



das Evaluieren des Lernergebnisses,

285

Vgl. GIERKE, C./SCHLIESZEIT, J./WINDSCHIEGL, H.: Trainer, 2003, 105.

124



B Forschungskontext

das Modifizieren der Lernstrategie.286

Ausgehend von dem der Qualifizierungsmaßnahme zu Grunde liegenden Konzept ist unter Beachtung der individuellen Kompetenzen den Lernenden zu helfen, den Katalog der an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen. „Die Art und Weise, wie Menschen Informationen aufnehmen und dabei Wissen generieren, ist unterschiedlich. Vor allem der schwerpunktmäßige Einsatz der Sinnesorgane unterscheidet sich von Mensch zu Mensch: Verschiedene Lerntypen benutzen verschiedene Lernstile.“287

Diese Lernstile werden im Nachfolgenden, angelehnt an SEUFERT und MAYR, skizziert, da wiederholt im Zuge der Erörterung des Lehr- und Lernkulturwandels von ‚ganzheitlichem Lernen‘ oder von ‚Lernen mit allen Sinnen‘ die Rede war. Dabei ist zu beachten, dass auch Kombinationen aus verschiedenen Lernstilen, so genannte Mischformen, bevorzugt werden. Es ist daher sinnvoll, Unterricht didaktisch so zu gestalten, dass Lernende innerhalb dieses Angebotes von Lehrinhalten ihren eigenen Lernstil realisieren können, sowohl kognitiv als auch affektiv. Visueller (optischer) Lerntyp Der visuelle Lerntyp zeichnet sich dadurch aus, dass er Texte zum Lesen, Grafiken, Bilder und Illustrationen sowie Animationen oder Videos benötigt, um Sachverhalte zu begreifen. Reine Vorträge oder Vorlesungen ohne visuellen Medieneinsatz bereiten diesem Lerntyp Schwierigkeiten. Auditiver Lerntyp Bei diesem Lerntyp handelt es sich um Menschen, die den Lernstoff hören müssen. Die Lernenden können gut mit Tonaufnahmen lernen, Inhalte von Vorlesungen und Vorträgen prägen sich gut ein. Allerdings sind Nebengeräusche eher hinderlich.

286 287

PÄTZHOLD, G./LANG, M.: Lernkulturen im Wandel, 1999, 38. Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 85.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen

125

Kinästethetischer (haptischer) Lerntyp Ein handlungsaktiver Lernstil steht bei diesem Lerntyp im Vordergrund: Es wird durch aktives Tun gelernt. Meist ist dem Lernenden das Lernen im Sitzen zuwider, er will ausprobieren, spielend lernen. Verbal-abstrakter (kognitiver) Lerntyp Der verbal-abstrakte Lerntyp lernt durch Einprägen von Definitionen.288 Die unterschiedlichen Lerntypen haben ein gemeinsames Ziel: zunehmend eigenaktiv und tendenziell selbstorganisiert bzw. selbstverantwortlich den eigenen Lernprozess zu gestalten durch:



Bewusstheit der eigenen (Lebens- und) Lernziele,



Selbstbewusstsein als erfolgreich Lernender,



Aufgeschlossenheit fürs Lernen,



Initiative und Unabhängigkeit,



Akzeptanz verstärkter Eigenverantwortung,



Kreativität und Problemlösefähigkeit,



Eigenmotivation, Konzentration und Arbeitsdisziplin,



Strategien der Informationsrecherche, Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung. „Wenn die Lernenden wissen, wofür sie lernen, wenn sie beim Lernen das Ziel kompetenten beruflichen Handelns durchgehend im Auge haben, dann lernen sie – so die Erwartung – auch motiviert und erfolgreich. Und: Solche Selbstlern-Prozesse anzustoßen führt zu einem positiven selbstverstärkenden Prozess: Eigenverantwortung wird gestärkt, Selbstorganisationsdispositionen entwickeln sich. In der Reflexion von Arbeitsprozessen, in Qualitätszirkeln und informellen „Communities of Practice“ wird tatsächlich die Innovationskraft der Mitarbeiter für das Unternehmen

288

Vgl. SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 85f.

126

B Forschungskontext fruchtbar gemacht. Individuelles Lernen und Organisationslernen, Personal- und Organisationsentwicklung sollen zu einer Einheit werden.“289

Solange individuelles Lernen allerdings an die Grenzen eines sich nicht mitverändernden Unternehmens stößt, bleibt Lerneffizienz fragwürdig. Nur die zitierte Einheit von individuellem Lernen und lernenden Organisationen, Teams oder ganzen Unternehmen können auf die Dauer erfolgreich sein.

289

http://bildungsforschung.bfz.de/fbb/fachartikel/pdfs/050130-Arbeiten_und_LernenOrgP%C3%A4d-FAU.pdf, gefunden am 09.12.2006.

C Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen im Zuge des Einsatzes netzbasierten Lehrens und Lernens – Forschungsgegenstand

1 Bildungsarchitektur in Unternehmen und der Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen Betriebliche Weiterbildung in ihrer Gesamtheit und darin eingeschlossen innovative Lehr- und Lernmethoden gewinnen unter den Bedingungen eines verschärften Qualitätswettbewerbs als strategische Größe betrieblicher Innovationen in einer zukünftig sich verändernden Bildungsarchitektur in Unternehmen wachsende Bedeutung. Der Begriff Bildungsarchitektur wird bislang sequenziell seltener verwendet als der weit verbreitete Begriff der Lernarchitektur. „Lernarchitektur läßt sich nicht nur als Gestaltung medialer und virtueller Lernarrangements definieren, sondern verweist auch auf die Wechselbeziehung zwischen Lernen und materiellem Raum.“290

Eine Bildungsarchitektur hingegen ist eingebettet in eine allseits offene Wissensgesellschaft, welche komplementär mit einer Netzwerkgesellschaft ist. Eine Netzwerkgesellschaft bedarf einer Bildungsarchitektur, die flexible Zugangswege, Durchgangslaufbahnen und Verknüpfungspunkte mit dem gesellschaftlichen Gesamtnetz ermöglicht. Hierin findet sich die Signifikanz des Konzepts des LLL, seines Lehr- und Lernkulturwandels und seiner Umsetzung im gesamten Bildungswesen. Es handelt sich um eine ‚neue‘ Bildungsarchitektur, die Lernprozesse bedarfsorientierter gestaltet sowie ein erweitertes Verständnis von Lernleistungen und ihren Sichtbarkeitsmerkmalen anwendet. Dazu gehören unter anderem eine gezieltere Wahrnehmung und ein gezielterer Einsatz des Gesamtspektrums von Lernprozessen, d. h. entlang des multidimensionalen Kontinuums zwischen formellem, non-formellem und informellem Lernen. Betriebliche Innovationen erfordern heute in erster Linie Bildungsprozesse zu gestalten und Strukturen in einer Bildungsarchitektur auf- und auszubauen, die ein an Geschäftsprozessen orientiertes Unternehmenskonzept unterstützen. Dabei kommt der Qualifizierung und Kompetenzentwicklung der 290

KNOLL, J.: Lernarchitektur, 24-26. In: NUISSL, E. (Hg.): Lernarchitekturen, DIE Zeitschrift, Bonn 1999/4. http://www.diezeitschrift.de/499/lernenraum.htm, gefunden am 03.03.2007.

130

C Forschungsgegenstand

Beschäftigten sowie deren Einbeziehung in den Geschäftsprozess eine herausragende Bedeutung zu. Prozess- und gestaltungsorientierte betriebliche Weiterbildung ist die konsequente Antwort auf den technischen und ökonomischen Wandel und bedarf jeder Unterstützung. Jeder Wandel wirkt sich auf eine Bildungsarchitektur aus. Daher soll nachfolgend eine diesbezügliche Konzeption skizziert werden, die sich mit dem Einfluss der Unternehmensstrategie beschäftigt und dem Einsatz netzbasierter Lehrund Lernformen und den strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen den erwünschten Raum gewährt.

1.1 Zur Konzeption einer Bildungsarchitektur ‚Bildung‘ ist in den vergangenen Jahren wieder zu einem bedeutenden Thema der politischen und gesellschaftlichen Diskussion geworden. „Radikale Veränderungen der Rahmenbedingungen in Unternehmen beeinflussen das Bildungsmanagement nachhaltig. War es in den vergangenen Jahren stark nach innen gerichtet und von Kostensenkungen dominiert, besticht es jetzt durch den Blick nach vorne: Das Bildungsmanagement trägt dem gestiegenen Innovationsbedarf bei gleich bleibendem Kostendruck Rechnung.“291

Die internationalen Vergleichsstudien für den primären Bildungsbereich wie PISA292, TIMSS293, IGLU294 etc. werden auf dem internationalen Weiterbildungssektor durch Programme wie GRUNDTVIG295 in Verbindung mit Bil291

292

293

294

295

IHM, E./SANDER, J./NÄRMANN, A.: Bildungscontrolling. In: GUST, M./WEIß, R.: Bildungscontrolling, 2005, 311. Programme for International Student Assessment, http://pisa.ipn.uni-kiel.de/, gefunden am 21.02.2007. Third International Mathematics and Science Study, http://www.timss.mpg.de/, gefunden am 21.02.2007. Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung, http://www.iea-dpc.de/Home/Studien /IGLU/body_iglu.html, gefunden am 21.02.2007. Das GRUNDTVIG Programm erhielt seinen Namen von Nikolaj Frederick Severin Grundtvig (1783-1872), einem dänischen Theologen und Dichter, der wichtige Impulse für das Lebenslange Lernen gegeben hat und als Begründer der Volkshochschulen gilt. Das Programm unterstützt Europäische Kooperationsprojekte und Lernpartnerschaften, sowie die Mobilität zur Fortbildung von Lehrkräften der Erwachsenenbildung und die Schaffung von Kontakt-Netzwerken. http://www.na-bibb.de/ sokrates/grundtvig. php?site=Sokrates&subsite=Grundtvig#inhalte, gefunden am 21. 02.2007.

1 Bildungsarchitektur in Unternehmen

131

dungsprogrammen SOCRATES296, InWEnt297, SEQUA298 etc. ergänzt und haben eine Debatte losgetreten, deren Konsequenzen auf der Praxisseite weitgehend noch offen sind. Schlagworte wie z. B. LLL, Virtuelles Unternehmen und E-Learning zeigen gegenwärtig nur eine Richtung an. Es bleibt deshalb vorerst weitgehend offen, was diese Bildungsdebatten mit Architektur zu tun haben, dennoch wird nachfolgend der Versuch unternommen, eine mögliche Bildungsarchitektur zu konzipieren. Einen ersten Aspekt stellen institutionalisierte Bildungsprozesse dar, die meist in dafür gestalteten Umwelten stattfinden. Architektur meint in diesem Fall die ‚Verpackung‘ dieser Bildungsprozesse. So werden komplette Unternehmen oder auch der einzelne Arbeitsplatz zunehmend als ‚Verpackung‘, als ‚Hülle‘ von Bildungsprozessen definiert. Zugleich bedingen veränderte Anforderungen an die Weiterbildungsinstitutionen eine Änderung der Architektur. Die Fragen



Wie kann diese Architektur auf sich permanent verändernde Ansprüche und Lernformen, z. B. E-Learning, räumlich reagieren?



Wie kann sie ein verändertes Selbstverständnis und eine veränderte Position in der Gesellschaft reflektieren?

gewinnen an Relevanz, und zwar insbesondere dadurch, dass zunehmend nicht mehr von einer räumlich konstituierten Bildungsinstitution, sondern, angelehnt an das virtuelle Unternehmen, von virtuell konstituierten Bildungsinstitutionen auszugehen ist. Ein weiterer Aspekt ist, dass Architektur auch Gegenstand von Bildungsprozessen sein kann. Es gibt seitens der Kammern und Berufsverbände verstärkt Bemühungen, Architektur in die Diskussionen um Konzepterstellungen mit einzubringen. Hier bleibt die Frage nach dem Lernstoff offen. Eine Beantwortung erfordert Überlegungen zur Definition und Bedeutung von Architektur und Baukultur bezogen auf Unternehmen sowohl aus strategischer als auch aus qualitäts296

297

298

SOKRATES ist das Aktionsprogramm der Europäischen Union für die Zusammenarbeit im Bereich der allgemeinen Bildung. http://www.sokrates-leonardo.de/ frameset-sok.htm, gefunden am 21.02.2007. Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH http://www.inwent.org/ ins_ausland/wohin/ europa/index.de.shtml, gefunden am 21.02.2007. SEQUA Stiftung für wirtschaftliche Entwicklung und berufliche Qualifizierung, http://www.sequa.de/, gefunden am 21.02.2007.

132

C Forschungsgegenstand

bezogener Perspektive. Unternehmen mit betrieblicher Weiterbildung und ihrer zunehmenden Ergänzung durch Formen des E-Learning werden im Weiteren als virtuelle Dimensionen einer Bildungsarchitektur konstruiert. Dabei sind u. a. der gesellschaftliche Wert einer Bildungsarchitektur und das Wesen von Bildung zu diskutieren. Diese beiden Aspekte, so entgegengesetzt sie auch zunächst erscheinen mögen, berühren sich auf der Ebene der bewussten Konfrontation mit einem ‚qualitätsvollen Weiterbildungsgebäude‘. Im Prozess der Aneignung vereinigen sich Verpackung und Gegenstand des Lernens, so dass eine Bildungsarchitektur zunehmend zu Eckpfeilern virtueller Unternehmen werden wird.

1.2 Einfluss der Unternehmensstrategie auf eine Bildungsarchitektur Den Grundstein für die Betrachtung moderner Strategieentwicklung legte der Harvard-Professor MICHAEL PORTER bereits im Jahr 1979. Dieser Grundstein setzt sich aus den Wettbewerbskräften zusammen, die die Strategien eines Unternehmens beeinflussen. Von den fünf Kräften neue Wettbewerber, Verhandlungsmacht von Käufern und von Zulieferern, alternative Produkte und Konkurrenz bestehender Wettbewerber leitet er drei mögliche Strategien für Unternehmen ab.299 Fünfundzwanzig Jahre später ist das Spannungsfeld aus Wettbewerb, Produktherstellern und Kunden ausdifferenzierter und komplexer gefächert. Zu einer modernen Strategieentwicklung gehört heute mehr, als sich auf fünf Kräfte und drei Strategievarianten zu stützen. Obwohl PORTERS Erkenntnisse heute nicht mehr ausreichen, gelten seine Prinzipien immer noch.300 Gegenwärtig definieren WEBER und KLEIN ‚Strategie‘ wie folgt: „Unter Strategie bzw. strategischem Management werden in der Betriebswirtschaftslehre relativ übereinstimmend Konzepte verstanden, die darauf zielen, das Unternehmen auf eine sich verändernde Umwelt dadurch einzustellen, daß die vorhandenen Potentiale gefördert und genutzt, sich abzeichnende oder schon offenkundige

299 300

PORTER, M.: Strategie, 2004, 47. Vgl. PORTER, M.: Strategie, 2004, 47.

1 Bildungsarchitektur in Unternehmen

133

Schwächen abgebaut werden. Strategien sind umfassende Konzepte, die sowohl die Ziele als auch die Wege bzw. Mittel zur Erreichung dieser Ziele umfassen.“301

Die Orientierung am Wettbewerb fließt nach wie vor als ein maßgebliches Kriterium in jede Strategieentwicklung ein. Um die eigenen, vorgegebenen Unternehmensziele302 zu erreichen303, verfügt ein Unternehmen über einen genauen, langfristig angelegten Plan der Vorgehensweise, der als Unternehmensstrategie bezeichnet wird. Diese Strategie soll im Wettbewerb den gewünschten Erfolg bringen. Sie ist deshalb einmal auf lange Sicht hin konzipiert und wirkt handlungs- und richtungsweisend. Zum anderen lassen sich aus ihr Direktiven zur unmittelbaren praktischen Umsetzung ableiten, die der gegenwärtigen und in gleichem Maße kontinuierlichen Entwicklung im Hinblick auf die Erreichung der Unternehmensziele förderlich sind.304 Innerhalb der Strategiebildung werden themenspezifische Strategietypen voneinander abgegrenzt. Meist handelt es sich bei den Strategietypen um Themen wie:



Positionierung des Unternehmens im Wettbewerb, wahrgenommen als Wertschöpfungsstrategien,



die notwendige Teilhabe des Unternehmens an neuen Geschäften, kategorisiert als Markteintrittsstrategien und



die Positionierung des Unternehmens in seinem sozio-politischen Umfeld, eingeordnet als gesellschaftliche Strategien. 305

Auf diesen Strategietypen aufbauend lassen sich folgende Aufgabenkomplexe als Gegen- stand strategischer Unternehmensführung zur Erreichung der Unternehmensziele kennzeichnen:

301 302

303 304 305

WEBER/KLEIN zitiert in RODEHUTH, M.: WB und Personalstrategien, 1999, 39. „Unternehmensziele, Ziele, die im Rahmen der strategischen Planung für das Gesamtunternehmen festgelegt werden. Wichtigste Zielsetzung erwerbswirtschaftlich geführter Unternehmen ist ihr Gewinn- und Rentabilitätsstreben. Dies bedeutet i.d.R. die Maximierung des Unternehmensgewinns, Steigerung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit sowie Senkung der Kosten.“ GABLER: Wirtschaft, 2006, 344. Vgl. RODEHUTH, M.: WB und Personalstrategien, 1999, 39. Vgl. GABLER: Wirtschaftslexikon, 1993, 3170. Vgl. GABLER: Wirtschaftslexikon, 1993, 3170.

134

C Forschungsgegenstand



Festlegung der Unternehmensphilosophie, die als die Summe der gemeinsamen Wertvorstellungen der obersten Führungskräfte eines Unternehmens gilt,



Festlegung unternehmenspolitischer Ziele,



Geschäftsfeld- sowie grundlegende Funktions- und Regionalstrategieplanung,



Organisations-, Rechtsform- und Rechtsstrukturplanung,



Führungssystemplanung und



Unternehmenskultur, d. h. die unternehmensgeschichtlich gewachsenen, gelebten und zumindest partiell gestaltbaren Denk- und Verhaltensmuster des Unternehmenspersonals.306

Die Konsequenzen aus den Aufgabenkomplexen spiegeln sich in der Vision des Personalmanagements, dem Unternehmensleitbild307 sowie den Unternehmensund Führungsgrundsätzen wider.308 Die Unternehmens- und Führungsgrundsätze werden geprägt durch Ideen, Regeln, Theorien, Prinzipien, Hypothesen usw. Diese sollten sich eng an der ‚Führungsphilosophie‘ eines Unternehmens orientieren und die Vorstellungen erkennen lassen, wie Führungskräfte ihre strategischen Entscheidungen treffen sollten309: eben nach jenen strategischen Grundsätzen, die für das jeweilige Unternehmen spezifisch sind. Der Auftrag an die Führungskräfte besteht weiterhin darin, Personalentwicklungsmaßnahmen für den eigenen Bereich passgenau zu planen, systematisch einzusetzen und unter Kosten-Nutzen-Aspekten zu überprüfen. Veränderte Anforderungen an die Mitarbeiter werden integriert und in systematische und rechtzeitige Personalentwicklungsmaßnahmen umgesetzt. 310 Diese Umsetzung der strategischen Grundsätze stellt für die Beschäftigten einen bedeutungsvollen 306 307

308 309 310

Vgl. GABLER: Wirtschaftslexikon, 1993, 3175. „Unternehmensleitbild, Unternehmensphilosophie. Grundsätze und Zielvorstellungen der Unternehmensführung und der Eigentümer gegenüber Gesellschaft, Wirtschaft und Menschen. Durch das U. soll die Identität des Unternehmens […] nach außen zum Ausdruck kommen. Außerdem sollen sich die Mitarbeiter verstärkt mit dem Unternehmen identifizieren können.“ GABLER: Wirtschaft, 2006, 344. Vgl. GABLER: Wirtschaftslexikon, 1993, 3175. Vgl. GABLER: Wirtschaftslexikon, 1993, 3178. Vgl. BECKER, M.: PE, 1999, 1.

1 Bildungsarchitektur in Unternehmen

135

systematischen Prozess dar, der ihre ständige Weiterentwicklung zum Ziel hat. Ausgereifte Personalentwicklungsmaßnahmen sorgen dafür, dass zum richtigen Zeitpunkt die richtig qualifizierten Mitarbeiter an der richtigen Stelle zum Einsatz gelangen. E-Learning kann diese Prozesse effizient unterstützen.311 Der Einsatz von E-Learning-Formen in der betrieblichen Weiterbildung von Unternehmen stellt kein in sich geschlossenes Projekt dar, das laut Projektplan zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Ende hat. Gerade die kontinuierliche Verbesserung von E-Learning, mit einem hohen Abstimmungsgrad von netzbasiertem und traditionellem Lernen, ist ein komplexes Vorhaben, das auf den ersten Blick seinem Umfang nur bedingt Transparenz verleiht. Es ist ein Prozess der, einmal durch eine Implementierung angestoßen kontinuierlich begleitet und angepasst werden muss. Logische Folge sind weit reichende Veränderungen der unternehmensinternen Strukturen.312 Die Einführung von E-Learning-Formen betrifft außer der gesamten Unternehmensstrategie, die zunächst wettbewerbsorientiert ist, auch die mehr prozessorientierten Strategien wie:



Die Personalstrategie: Welche Qualifikationen und Kompetenzen sollen die Beschäftigten zukünftig haben?



Die IT-Strategie: Wie werden bereits bestehende und neue IT-Systeme integriert?



Die E-Business-Strategie: Welche Geschäftsprozesse sind und welche werden zukünftig digitalisiert?

Das bedeutet, dass eine E-Learning-Strategie der Unternehmensstrategie und dem mannigfachen Kompetenzbedarf der Beschäftigten entsprechen sollte, wie die nachfolgende Skizzierung zeigt.

311

312

Vgl. KRÖGER, H./REISKY, A.: Erfolgsfaktor Wissen. In: MEDER, N. (Hg.): Wissen und Bildung, 2004, 61. Vgl. KRÖGER, H./REISKY, A.: Erfolgsfaktor Wissen. In: MEDER, N. (Hg.): Wissen und Bildung, 2004, 61.

136

C Forschungsgegenstand

1.3 Netzbasierte Lehr- und Lernstrategien entwickeln Der Mittelpunkt jeder betrieblichen Bildung ist das Hineinwachsen in die betriebliche Praxisgemeinschaft durch herausfordernde, entwicklungsförderlichbetriebliche Arbeitsaufgaben und -prozesse, eingebettet in die betrieblichen Unternehmensprozesse. Dabei werden in der betrieblichen Organisationsentwicklung die Prozesse zentriert, in denen Innovatives entwickelt wird und unvorsehbare Probleme gelöst werden, die sich in besonderer Weise für die betriebliche Weiterbildung eignen. Mit E-Learning eröffnet sich ein Gestaltungsraum, in welchem formelle und informelle Lern- und Arbeitsprozesse innerhalb eines Unternehmens neu gestaltet werden und über die Unternehmensgrenzen hinaus wachsen können. Bevor allerdings E-Learning-Formen in Lern- und Arbeitsprozessen eines Unternehmens neu gestaltet werden, bedarf es der Entwicklung eines Strategieplans. Einen Überblick über die Entwicklung netzbasierter Lehr- und Lernstrategien zeigt dieses Unterkapitel. „Die strategische Ausrichtung und Fundierung von E-Learning-Maßnahmen ist ein wesentlicher Faktor, der über den Erfolg, die Nachhaltigkeit sowie über die Wirtschaftlichkeit solcher Maßnahmen entscheiden kann.“313

Der folgende Überblick über die Entwicklung von netzbasierten Lehr- und Lernstrategien beinhaltet die Grundlagen einer E-Learning-Strategie, die wiederum gegliedert sind in Charakteristika und Umfeldaspekte einer solchen Strategie. Die Beschreibung einer E-Learning-Strategie erfolgt über die Darstellung im strategischen Gefüge eines Gesamtunternehmens und über eine Spezifikation ihrer Eigenschaften und Aufgaben. Nach BACK ET AL. führt dies zu folgender Definition einer E-Learning-Strategie: „Eine E-Learning-Strategie ist die Summe der Ziele, Pläne und Maßnahmen, mit denen durch den Einsatz von Technologien und entsprechenden didaktischmethodischen sowie organisatorischen Maßnahmen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens ‚Lernräume‘ für strategieorientierte Lern- und Arbeitsprozesse für alle relevanten Anspruchsgruppen eines Unternehmens entwickelt und realisiert werden.“314

313 314

BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 72. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 74.

1 Bildungsarchitektur in Unternehmen

137

Die unternehmensweite Einführung und die anschließende kontinuierliche Verbesserung von E-Learning-Formen sollte also durch eine E-Learning-Strategie vorbereitet und abgedeckt werden. Dabei werden von der Ausrichtung an den Unternehmenszielen und den weiteren Personal- und Prozessstrategien über die Lancierung einzelner Projekte bis hin zur Kontrolle verschiedener Phasen alle Fäden zusammengeführt, so dass dadurch die Leistungsfähigkeit und der Qualifizierungsbedarf eines Unternehmens ökonomisch unterstützt und abgedeckt werden kann. Vielfach ist dies in dieser konsequenten Form noch nicht durchgesetzt. Fortwährend entstehen verschiedenste E-Learning-Projekte bottom up315, ad hoc und gleichzeitig in verschiedenen Organisationsbereichen. Diese Projekte kommen mannigfachen didaktisch-methodischen Ansätzen nach, machen sich heterogene Lerntechnologien und E-Learning-Systeme zu Nutze und umsorgen Kooperationsbeziehungen zu unterschiedlichen Produkt- und Dienstleistungsanbietern. Dahinter stehen zumeist initiative Beschäftigte oder Unternehmensbereiche, die auf veränderte Lern- und Weiterbildungsbedürfnisse kreativ und pragmatisch eingehen und E-Learning-Projekte aufgebaut haben. Daher sind in vielen Unternehmen verschiedene E-Learning-Systeme parallel zueinander eingesetzt, ohne dass die Betreiber eines Systems von dem Bestehen eines anderen Systems wissen.316 „Eine unternehmensweite E-Learning-Strategie sollte solche dezentralen Bottom-upProjekte und bereits implementierten E-Learning-Systeme berücksichtigen, weiter fördern und bündeln, da sich in ihnen konkrete Anwendungskompetenz und Beziehungsnetzwerke gebildet haben.“317

Es ist von zentraler Bedeutung, die Erfahrungen der Beschäftigten bezogen auf E-Learning zu kennen, bevor neue Initiativen ergriffen werden.

315

316 317

„Verdichtung der Planwerte beim Aufbau der Erwartungsrechnung ‚von unten nach oben‘, z. B. also Verdichtung von Planvertriebsmengen beginnend auf der Ebene des Außendienstes, verdient zur Bezirksebene, zur Spartenebene ö. ä. Auch das Bottom-up ist in der Praxis vielfach zu umständlich und einseitig, weil es mitunter zu stark die Eigeninteressen einzelner niederrangiger Fachabteilungen berücksichtigt (= verzerrte Datenmeldung u. ä.). Gegenstück:  Top-down,  Gegenstrom-Planung.“ WITT, F.-J.: Lexikon des Controlling, 1997, 35. Vgl. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 78f. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 79.

138

C Forschungsgegenstand

Prinzipiell werden zwei Formen der Strategieentwicklung unterschieden: Die top down318 und die bottom up orientierte. Die top down orientierte und deduktive Strategieentwicklung führt zu in sich konsistenten, wohl abgewogenen Strategien. Sie sind oft abstrakt und zu vergangenheitsorientiert und werden meist nur in geringem Umfang akzeptiert. Eine bottum up orientierte und induktive Strategieentwicklung beinhaltet heterogene Strategieansätze, die aus den Anforderungen des Alltags entstanden sind und die in größerem Umfange vorwiegend akzeptiert werden. Solche Strategien können zu stark lokal verhaftet sein, indem sie beispielsweise nur eine Organisationseinheit und nicht das Gesamtunternehmen im Blickfeld haben, und in ihrer Pragmatik gering auf andere Unternehmensbereiche übertragbar sind. „Um also weder dem Problem der Abstraktheit noch dem Problem des beschränkten Geltungsbereichs zu verfallen, müssen E-Learning-Strategien die Ansprüche des Unternehmens mit den Bedürfnissen der Anspruchsgruppen und einzelnen Organisationseinheiten verbinden können.“319

Realisiert werden kann ein solches Wechselspiel, wenn deduktiv abgeleitete Strategien möglichst schnell und in kleinen Einheiten umgesetzt werden und sich im Arbeitsalltag bewähren müssen. Nach Bewährung und Anpassung an spezifische Rahmenbedingungen können sie dann zügig erweitert werden gemäß dem Leitmotiv, das der Entwicklung und Umsetzung einer E-Learning-Strategie zu Grunde gelegt wird: „Think big, start small, scale fast.“320 E-Learning wird immer mehr zu einer strategisch bedeutsamen Ressource in der Weiterbildung, um die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens anzuspornen, zu unterstützen oder erst zu ermöglichen. Daher soll eine E-Learning-Strategie nach BACK ET AL. folgende Eigenschaften aufweisen:

318

319 320

Nach PASCALE und STERNIN wird in traditionellen Veränderungsinitiativen typischerweise ein top down Ansatz verfolgt. Dabei werden Lösungen von außen importiert, und die Manager konzentrieren sich auf Mängel und Fehler. Zudem wollen sie die Veränderungsaktion unter Kontrolle behalten. Mit unvorhergesehenen Konsequenzen rechnen sie kaum. Die Veränderungsprogramme werden kaskadenförmig abgewickelt. Bei dem Ansatz der positiven Abweichung dagegen geht die Veränderung von unten nach oben (bottom up Ansatz). Sie erfolgt von innen und stützt sich auf bereits vorhandene Werte. Innovatoren im Unternehmen werden identifiziert und unterstützt. Aufgrund dessen werden Neuerungen von den Mitarbeitern schnell akzeptiert. Vgl. PASCALE, R. T./STERNIN, J.: Agenten, 2006, 58. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 79. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 80.

1 Bildungsarchitektur in Unternehmen

139



„Sie ist wettbewerbswirksam, indem sie Strukturen definiert, wie Mitarbeitende und andere Anspruchsgruppen des Unternehmens wie Kunden, Partner, Lieferanten und Investoren just-in-time mit Informationen und Weiterqualifizierungsmöglichkeiten versorgt werden, die ihnen dabei helfen, ihre Bedürfnisse oder Aufgaben effizienter, effektiver und innovativer zu befriedigen resp. zu erfüllen.



Sie orientiert sich an den Zielvorgaben der Unternehmensstrategie, zeichnet sich durch eine enge Wechselwirkung mit der Wissensmanagement-Strategie, der E-Business-Strategie sowie der Personalstrategie aus und formuliert ihrerseits Vorgaben für die IKT-Strategie.



Sie muss aufgrund der schnellen Veränderungen modifizierbar und adaptierbar sein.



Sie muss aus demselben Grund den technologischen Fortschritt vorwegnehmen, um von diesem nicht überholt zu werden.



Sie legt die Grundlage für die Unterstützung einer weitgehend selbstgesteuerten digital workforce und ist integraler Bestandteil der elektronischen Human-Resources-Wertschöpfungskette (E-HR Value Chain).

– –

Sie stellt den Lernenden und nicht die Technologie in den Vordergrund.



Sie definiert die erforderlichen Change- und Kompetenzerweiterungsprozesse, die es braucht, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei zu unterstützen, mit neuen Organisationsstrukturen, neuen Arbeitsformen und den emotionalen Aspekten der Unternehmenstransformation erfolgreich umzugehen.



Sie erkennt neue Ansprüche an das Kompetenzprofil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frühzeitig und versucht sie mit entsprechenden Massnahmen vorwegzunehmen.



Sie baut strategische Allianzen und Partnerschaften mit Produkt- und Dienstleistungsanbietern auf.“321

Sie orientiert sich damit am Kundenprozess und Kundennutzen, wobei mit ‚Kunden‘ in erster Linie die Mitarbeitenden eines Unternehmens gemeint sind, aber im weiteren Sinne auch alle anderen relevanten Anspruchsgruppen.

Die konkrete Aufgabe einer E-Learning-Strategie besteht darin, mittels Technologieunterstützung und anderer Maßnahmen eine Verbindung von Lern- und Arbeitsprozessen herzustellen und damit neue wertschöpfende Formen des Lernens und Arbeitens für alle Lernenden eines Unternehmens zu ermöglichen. E-Learning-Formen unterstützen und ermöglichen unterschiedlichste Lernprozesse an den profitgenerierenden bzw. wettbewerbsrelevanten Stellen eines Unternehmens. Dabei ist ein zentraler Aspekt, dass Beschäftigte die Möglichkeit 321

BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 80f.

140

C Forschungsgegenstand

erhalten, in einem Umfeld, das zunehmend durch beschleunigte, digitalisiertvirtuelle Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse geprägt ist, Kompetenzen bedürfnisorientiert und kontinuierlich weiter auszubauen und vertiefen zu können. Im Weiteren sollen Kunden, Partner und Lieferanten die Chance erhalten, sich über innovative Produkte, Dienstleistungen und Prozesse zu erkundigen und an entsprechenden Lernprogrammen oder Learning Communities322 teilnehmen zu können. Angesprochen ist eine Form der Kundeneinbindung, fokussiert im Forschungskontext auf den Lernenden, in unternehmensweite Lernprogramme oder Learning Communities, welche ‚Customer focused E-Learning‘ genannt werden. Diese stellt eine bedeutsame Erweiterung von Lern- und Ausbildungsprozessen dar, die mit herkömmlichen Formen und Mitteln kaum realisiert und umgesetzt werden könnten. Daher bietet E-Learning die Chance, neue Lernräume zwischen einem Unternehmen und seinem Umfeld zu eröffnen.

322

„Mit dem Begriff der Lerngemeinschaft handelt es sich um eine Unterform (eine Kategorie) des Begriffs ‚Gemeinschaft‘ bzw. des häufiger verwendeten englischsprachigen Pendants Community. Das Interesse der Mitglieder der Gemeinschaft liegt dabei auf gemeinsamen Lernaktivitäten, der Fokus der Community richtet sich demnach am Lernen/Studium aus. Mitglieder einer Lerngemeinschaft können Studierende, Dozierende, Tutoren, Forscher, Praktiker und sonstige Experten darstellen, die ein gemeinsames Interesse an bestimmten Wissen und Lerninhalten haben. Tutorenkonzepte, Lernpartnerschaften und teambasierte Lernmethoden im Curriculumdesign können beispielsweise dazu betragen, die Learning Community auf dem Netz zu fördern. Maßgebliche Ziele von Online Learning Communitites: – Anreicherung von Ideen, informelle Diskurse und Wissensaustausch unter den Communtiy Mitgliedern, tieferes Verständnis über die Lerninhalte. – Lernprozesse durch Praxis und Erfahrung, Lernen als Erfahrung zu verstehen in einem sozialen Kontext. Erfahrungen durch Gruppenlernen stellen mehr dar als die individuelle Lernerfahrung aufgrund der interaktiven Natur der konstruktiven Wissensgenerierung in einer Gruppe (Collaborative Learning). – Höhere Studierendenmotivation und höheres Verantwortungsbewusstsein für den Lernerfolg. – Unterstützung von Sozialisierungsprozessen unter den Mitgliedern in Form von Gruppenlernen und Gemeinschaftsaktivitäten. – Emotionale Unterstützung und Bildung von formalen und informellen Lerngruppen, um die Dropout Quote in selbstorganisierenden Lernumgebungen zu vermindern. Häufig sind Learning Communities als Funktionen von Lernplattformen integriert. […]“ SEUFERT, S./MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 79f.

1 Bildungsarchitektur in Unternehmen

141

„Die künftige Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens definiert sich zu einem wesentlichen Teil über die Fähigkeit, sich mit seinem Umfeld und damit mit anderen Unternehmen, Kunden, Partnern etc. zu vernetzen. Dies geschieht z. B. in Form von sog. ‚Value Networks‘ oder durch den Aufbau von ‚Netzwerkunternehmen‘, in denen der Austausch von Ressourcen und das gegenseitige Erbringen von Dienstleistungen durch Outsourcing-Beziehungen kooperativ organisiert und geregelt sind.“323

Ein Netzwerkunternehmen kennzeichnet sich durch den Verlust seiner klaren Konturen, Grenzen und durch die Investition in die Beziehungen mit seinem Umfeld und damit mit seinen Anspruchsgruppen. Durch Internet- und Webtechnologien werden dabei Kommunikations-, Interaktions-, Informations- und Transaktionskanäle zwischen Unternehmen und seiner Umgebung ermöglicht. Letzten Endes ist für jede Strategieentwicklung eine Zielvorstellung, eine Vision des Managements für einen zukünftigen E-Learning-Prozess im Unternehmen grundlegend. Diese E-Learning-Vision zu formulieren und zu kommunizieren heißt, die generelle Richtung des Wandels zu vermitteln und die Beschäftigten zu motivieren, zielführend zu handeln: „Eine E-Learning-Vision hat also einen hohen Anspruch zu erfüllen. Sie muss sowohl Start, Richtung und Ziel vorgeben als auch einen Zeitraum definieren, in welchem dieses Ziel erreicht sein sollte.“324

Eine derartige Vision ist daher dadurch gekennzeichnet, dass sie:



glaubwürdig, d. h. potenziell erreichbar ist,



unmittelbar in die Unternehmensstrategie einfließt,



das Ziel fokussiert,



flexibel ist, um bei kurzfristigen Veränderungen ihre Gültigkeit zu bewahren,



konstant im Unternehmen zu und von den Beschäftigten kommuniziert werden kann,



vom Management vorgelebt wird.325

323 324 325

BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 82f. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 123. Vgl. KRÖGER, H./REISKY, A.: Erfolgsfaktor Wissen. In: MEDER, N. (Hg.): Wissen und Bildung, 2004, 63f.

142

C Forschungsgegenstand

Zeitlicher Rahmenplan Spezifikation von Lernräumen

Produktionskonzept

Auswahl von Toolund Dienstleistungsanbietern

Sicherheitskonzepte

Auswahl von Partnern

E-LearningSystemarchitektur

Änderung der Organisationsstruktur

Betriebskonzept

Finanzieller Rahmenplan

Abbildung 15: Übersicht über die Komponenten eines Strategieplans326 Diese Vision stellt den Orientierungsrahmen für die Konkretisierung von Teilprojekten oder ganzer Programme dar. Welche E-Learning-Form in welchen Zeiträumen umgesetzt werden soll, ist Aufgabe eines Strategieplans. Für die Durchführung von Projekten und Teilprojekten umfasst dieser die in Abbildung 15 veranschaulichten Komponenten. Eingebunden ist eine E-Learning-Strategie in einen zeitlichen und finanziellen Rahmenplan, der festlegt, welche Projektschritte in welchen Zeiträumen realisiert werden sollen und welches Gesamtbudget für ein Projekt oder Teilprojekt verfügbar ist. Der finanzielle Rahmenplan legt die zu erwartenden Kosten fest, wie das Kostenmodell in Abbildung 16 mit den zu berücksichtigenden Kostenfaktoren zeigt. Eine weitere Komponente bildet die Spezifikation von einem oder mehreren Lernräumen, in denen ein Projekt durchgeführt werden soll. Weiter werden Kriterien entwickelt, die dem Aufbau möglicher Partnerschaften mit anderen Unternehmen dienen, die ebenfalls E-Learning-Maßnahmen planen und realisieren

326

Vgl. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 125.

1 Bildungsarchitektur in Unternehmen

143

Hardwarekosten Betriebskosten

Produktionskosten

Schulungsresp. Umschulungs kosten

Kostenfaktoren

Implementierungsresp. Aufschaltkosten

Beratungskosten

Personalkosten Lizenz- oder Mietkosten von Software

Abbildung 16: Kostenfaktoren327 und als Benchmarking- oder Sparing-Partner für den Austausch von best practices in Frage kommen. Schließlich wird ein Produktionskonzept benötigt, welches festlegt, wie die Produktion bzw. die inhaltliche Verteilung und Aktualisierung gestaltet werden soll. Eine Übersicht über die E-Learning-Systemarchitektur soll aufzeigen, in welcher Weise E-Learning-Systeme mit anderen Systemen aus dem Personalbereich, dem Wissensmanagement-Bereich und dem E-Business-Bereich vernetzt sind und wie der Datenfluss und die Datenintegration zwischen diesen Systemen festgelegt ist. Die Kriterien für die Auswahl von Produkt- und Dienstleistungsanbietern für die Bereiche Lerntechnologien, Inhalte, Methodik, Didaktik und Beratung schließen sich an, ihnen folgen Angaben über notwendige Veränderun327

Vgl. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 127.

144

C Forschungsgegenstand

gen oder Reorganisationen des Unternehmens. Außerdem wird ein Sicherheitskonzept vorgestellt, das die Rechte und Verantwortlichkeiten rund um die einzusetzenden netzbasierten Angebote organisiert und die Datenzugriffe von E-Learning-Systemen auf andere Unternehmensressourcen kontrolliert. Auch Aspekte wie Daten- und Persönlichkeitsschutz werden mit bedacht. Abschließend ist ein Betriebskonzept notwendig, das die Verfügbarkeit der E-Learning-Systeme im 24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen der Woche gewährleistet.328 Eine E-Learning Strategie umfasst demnach vier zentrale Ziele:



kontinuierliche Verbesserung von Inhalten und Methoden,



nachhaltige Entwicklung von netzbasierten Weiterbildungsangeboten nach mediendidaktischen Aspekten,



Entwicklung der strukturellen und personellen Voraussetzungen zur Umsetzung einer E-Learning-Strategie,



Ausbau und Sicherung einer Infrastruktur.

Bei dieser Darstellung stellt E-Learning in seiner Vielfalt eine Basis für weitreichende Veränderungen dar, bezugnehmend auf eine sich verändernde Unternehmenskultur und sich ergebende Geschäftsmodelle. Förderlich für die Verbreitung der Vision im Unternehmen ist die Formulierung eines Slogans, der alle Beschäftigten auf die E-Learning-Vision aufmerksam macht und, als offenes Angebot, auch in bereits erforschte Vor- und Nachteile, die sich durch den Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen ergeben, Einblick gewährt.

328

BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 124ff.

2 Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen in einer zukünftigen Bildungsarchitektur in Unternehmen Netzbasiertes Lehren und Lernen ist mehr als die Bereitstellung und die Verbreitung von multimedialen Lerninhalten. Neben der reinen Wissensvermittlung ist Lernen in Unternehmen durch eine Ausrichtung an den Geschäftszielen zu begreifen. Dauerhafte Geschäftserfolge werden erreicht, wenn Wissensinhalte, Lehr- und Lernprozesse mit den Mitarbeiterkompetenzen und Trainingsressourcen verbunden und in den Geschäftsprozessen organisatorisch verankert werden. Dadurch rückt das Management des Lernens in den Betrachtungsfokus. Unter Lernmanagement werden die Planung, Steuerung, Analyse und Bewertung von Wissensinhalten, Lehr- und Lernprozessen, Mitarbeiterkompetenzen und Trainingsressourcen zur Erreichung betriebswirtschaftlicher Ziele gefasst.329 An diesen Inhalten entzünden sich die Diskussionen um das effektivste und effizienteste Bildungsmanagement, wobei Effektivität den Grad der Zielerreichung meint und Effizienz die Vorteilhaftigkeit des Weges netzbasierten Lehrens und Lernens dorthin bedeutet. Unter Aspekten der Effektivität des netzbasierten Lehrens und Lernens werden insbesondere Personenmerkmale der Lernenden angesprochen. Dabei sind meistens folgende Variablen bedeutungsvoll: Alter, Geschlecht, Schulabschluss, Interesse am Lerngegenstand, Leistungs-, Lern- und Weiterbildungsmotivation und Erfahrungen mit dem netzbasierten Lernen. Besonders hervorzuheben ist der Aspekt der Akzeptanz. Die Akzeptanz von Lernangeboten in realen Lernsituationen und ihre Bedeutung für den Lernerfolg wurden bislang kaum untersucht, sie ist aber eine Bedingung für den Erfolg netzbasierter Lernformen. „Gemeint ist neben der individuellen Akzeptanz des Lernangebotes durch Lernende, die sich z.B. in der Dauer der Beschäftigung mit dem Medium ausdrückt, auch die organisationale Akzeptanz, d.h. ob und wie lange ein Medium in einer Bildungs329

Vgl. http://www.lernmanagement.com/html/lernmanagement/lernm.html, gefunden am 06.10.2007.

146

C Forschungsgegenstand einrichtung tatsächlich genutzt wird. Erinnert sei an den sogenannten Sprachlaboreffekt: Selbst wenn sich nachweisen lässt, dass Sprachlabore geeignet sind, bestimmte Lehrziele zu erreichen, bleibt ihr Nutzen gering, wenn die Einrichtung aus welchen Gründen auch immer nicht betrieben wird. Die Variable der Nutzungsdauer eines Mediums durch Individuen und in Organisationen zeigt natürlich noch keine didaktische Wertigkeit des Lernangebotes an, auch Computerspiele werden gerne und lange genutzt, ohne dass ihnen ein besonderer didaktischer Nutzen zugeschrieben werden kann. Voraussetzung für den didaktischen Nutzen von Bildungsmedien bleibt jedoch deren tatsächliche Nutzung. Denn es muss damit gerechnet werden, dass Anwendungen, deren Lernerfolg in Laborund Feldstudien nachgewiesen wurde, von Personen oder Bildungseinrichtungen – warum auch immer – nicht angenommen werden.“330

Als eine zusammenfassende These zur Akzeptanz im Kontext der Effektivitätsbetrachtung sei Folgendes festgehalten: Es wird bewusst nicht von Lerneffizienz im Zusammenhang mit dem netzbasierten Lehren und Lernen gesprochen, sondern von Lerneffektivität, weil die weit reichenden Konsequenzen für den Lernenden und die damit verknüpften Unternehmensinteressen deutlich über das hinausgehen, was die Effizienzsteigerung eines konkreten Angebotes verfolgt. Im Vergleich zu den Effekten des Medieneinsatzes ist die Frage der Effizienz netzbasierten Lernens vergleichsweise wenig untersucht worden. Dies ist insofern überraschend, als es in der Praxis nicht nur interessiert, ob Weiterbildungsmaßnahme A oder B einen bestimmten Effekt mit sich bringt, sondern in welchem Verhältnis der Effekt der Maßnahme zu dem Aufwand für seine Strategie-Betrachtungen, sein Umsetzungskonzept und seine Implementierung steht. Die Mediendidaktik kann auf das Konstrukt der Effizienz nicht verzichten. Demnach sind die Effekte des Medieneinsatzes mit dem Aufwand, der mit der Entwicklung und dem Einsatz des Mediums verknüpft ist, in Beziehung zu setzen. Abzuwägen und zu begründen ist dabei, warum ein spezifischer, vielfach nicht unerheblicher Aufwand zur Entwicklung netzbasierter Lernangebote angemessen ist und möglicherweise nicht in eine andere Form investiert wird.331 Der Aufwand, den netzbasiertes Lernen einfordert, erweist sich für die Betroffenen als unterschiedlich. Für Lernende ist der einzubringende Lernaufwand relevant, dabei steht die zeitliche Dauer, die mit Lernaktivitäten verbracht wird, im Fokus.

330 331

KERRES, M.: Multimedia, 2001, 107. Vgl. KERRES, M.: Multimedia, 2001, 113f.

2 Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen

147

„Effizientes Lernen würde aus Sicht des Lerners bedeuten, dass die investierte Lernzeit möglichst großen Lernerfolg mit sich bringt.“332

Der mentale Aufwand, der mit Lernen verbunden ist und dem Lernaufwand beigeordnet werden könnte, sollte durch die gezielte Nutzung der kognitiven Funktion von E-Learning das Lernen erleichtern und damit den mentalen Aufwand reduzieren. Bezogen auf die mangelnde Gewohnheit elektronisch unterstützten, selbstgeregelten Lernens erscheint traditionelles Lernen vielen Lernenden immer noch subjektiv als weniger aufwändig. Eine Weiterbildungsinstitution, die netzbasierte Lernmedien einsetzt und entwickelt, ist insbesondere an der Lehreffizienz interessiert.333 Unverzichtbar ist bei einer netzbasierten Weiterbildung:



klare Orientierung auf das Lernziel,



schneller und unkomplizierter Zugriff auf konkrete Lehrinhalte,



hohe Interaktivität zur Aneignung des Lernstoffs,



individuelle Lernerfolgskontrolle durch direkte Kommunikation mit Lehrenden sowie anderen Teilnehmenden.334 „Denn Lernen ist für die überwiegende Mehrheit der Lernenden nach wie vor ein sozialer Prozess.“335

Aufgrund bisheriger Erfahrungen lassen sich weitere ausgewählte Kriterien aufführen, die zur Effizienzsteigerung durch den Einsatz netzbasierter Lernangebote geeignet sind. KERRES rezipiert einzelne Aspekte von DECKER zur Steigerung der Effizienz von Bildungsmaßnahmen in der betrieblichen Weiterbildungsarbeit, die Bedarf und ein klar definiertes Ziel sowie die Nutzbarkeit im Umfeld voraussetzen:

– – 332 333 334

335

„Optimierung von Zeit- und Kostenaufwand, Optimaler Einsatz von Referenten, Betriebsmitteln etc.,

KERRES, M.: Multimedia, 2001, 116. Vgl. KERRES, M.: Multimedia, 2001, 116. Vgl. TÖPFER, A.: Weiterbildungstests. In: BALLI, C./HENSGE, K./HÄRTEL, M. (Hg.): Qualität, 2005, 56. TÖPFER, A.: Weiterbildungstests. In: BALLI, C./HENSGE, K./HÄRTEL, M. (Hg.): Qualität, 2005, 56.

148

C Forschungsgegenstand



Steigerung der Qualität und der Effektivität der durchgeführten Bildungsmaßnahmen (z. B. Fertigkeiten und nicht nur Wissen),

– – – – –

Verbesserung des Verhältnisses von Kosten und Nutzen, Senkung der Abwesenheitszeiten von Mitarbeitern, Steigerung der Problemlösefähigkeiten der Mitarbeiter und der Organisation, Qualifizierung der Führungskräfte, Bildungscontrolling und Maßnahmen zur Erfolgssicherung.“336

Die sich zum Teil daraus ergebende Frage nach strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur erhält ihre Berechtigung durch den sprunghaften Anstieg netzbasierter Bildungsangebote und der damit verbundenen Entwicklung eines sich national und international verändernden Bildungsmarktes. Den Lernenden, die sich für ein netzbasiertes Lernangebot entscheiden, fehlen häufig Beurteilungskriterien, um das qualitativ angemessene Bildungsprodukt finden zu können. Eine Bedingung für den erfolgreichen Verlauf eines E-Learning-Angebotes ist jedoch ein allgemein anerkannter Anspruch an die Strategie und Qualität von E-Learning-Angeboten.

2.1 Strategiebezogene Konsequenzen von netzbasiertem Lehren und Lernen „Eine etablierte Lernkultur und ein gelebtes Leitbild erhöhen die Akzeptanz und Nutzung von e-Learning-Angeboten und bilden eine wichtige Basis für deren Erfolg.“337

Im E-Learning-Bereich findet ein Umdenken statt, denn zunehmend wird der Einsatz von E-Learning, basierend auf einer Unternehmensstrategie propagiert. In Organisationsentwicklungsprozessen wird die strategische Ausrichtung erst nach technischen und didaktischen Gesichtspunkten thematisiert. Eine umfassende E-Learning-Strategie sollte jedoch aus einem umfassenden Konzept, genauer aus fünf Aspekten bestehen: aus Didaktik, Technik, Organisation, Ökonomie und Kultur.

336 337

KERRES, M.: Multimedia, 2001, 128. STRACKE, C.: Entwicklungspotenziale. In: DIN (Hg.): Innovation, 2006, 196.

2 Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen

149

1. Strategische Betrachtung

2. Umsetzungskonzept

3. Implementierung

4. Instandhaltung, Entwicklung, kontinuierliche Verbesserung

Abbildung 17: Elemente einer ‚eLearning Strategy Map‘ Zukünftig werden Unternehmen ohne eine Qualifizierungsstrategie unter Betrachtung der fünf Aspekte nachhaltig keinen Erfolg haben und bei weitem nicht alle Möglichkeiten, die E-Learning-Formen bieten, ausschöpfen können. E-Learning ist keine isolierte Insel, auf der einzelne Mitarbeiter per WBT etwas über gängige Computer-Programme lernen. E-Learning ist weit mehr, da es das Gesamtunternehmen betrifft und ergänzende Möglichkeiten zum traditionellen Lernen bietet. Die Positionierung einer E-Learning-Strategie in Bereichen der betrieblichen Weiterbildung wird entscheidend das Leistungspotenzial eines Unternehmens beeinflussen können, da ausschließlich gut ausgebildete Mitarbeiter zum Erfolg eines Unternehmens beitragen.338 Eine Möglichkeit des systematisch-strukturierten Vorgehens bietet die Entwicklung einer „eLearning Strategy Map“339 (s. Abb. 17). Eine solche stellt, nach einer strategischen Betrachtung, einem Umsetzungskonzept, einer Implementierung eine Instandhaltung, Entwicklung und die kontinuierlichen Verbesserungen dar. Dabei wird die Umsetzung organisatorischer, redaktioneller und technischer Anforderungen in einer für alle Beteiligten verständlichen Form festgelegt und 338

339

Vgl. KRÖGER, H./REISKY, A.: Erfolgsfaktor Wissen. In: MEDER, N. (Hg.): Wissen und Bildung, 2004, 64. KRÖGER, H./REISKY, A.: Erfolgsfaktor Wissen. In: MEDER, N. (Hg.): Wissen und Bildung, 2004, 64.

150

C Forschungsgegenstand

vollständig umgesetzt. Hier treten die Schnittstellen zur Unternehmensstrategie auf. „In der eLearning Strategy Map wird die Summe der Ziele und Maßnahmen erfasst, die innerhalb und außerhalb des Unternehmens für alle Anwendungsgruppen realisiert werden sollen. Sie ist nicht nur konzeptionelles Rahmengerüst, sondern unterstützt das Unternehmen in der operationalen Umsetzung der Strategie.“340

Zuvor wird in einem Business Plan341 eine E-Learning-Strategie für das gesamte Unternehmen im Bereich der betrieblichen Weiterbildung entwickelt. Dabei besteht das Ziel herauszufiltern, ob und auf welche Art und Weise E-Learning-Formen sinnvoll in die Unternehmensstrategie implementiert werden können und für welchen Lerninhalt bzw. -typ E-Learning sinnvoll erscheint. Einzubinden sind alle beteiligten Beschäftigten, so dass anschließend eine Verbesserung einer E-Learning-Strategie nachhaltig wirken kann. Bei einer möglichen Strategieverbesserung, die sich im Zuge kontinuierlicher Fortschritte ergeben kann und durch die Schnelllebigkeit am Markt ergeben sollte, werden unterschiedliche Bereiche eines Unternehmens beachtet: Organisations- und Personalentwicklung, Informationstechnologie, Forschung und Entwicklung, Produktion, Marketing und Vertrieb. Weiterhin ist die Einbindung des Managements und des Betriebsrates von zentraler Bedeutung für den Fortschritt der gesamten E-Learning-Prozesse.342 Ein anderer zu beachtender Aspekt ist die Möglichkeit zur Optimierung von Zeit- und Kostenaufwand durch den Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen. Die Effizienzsteigerung könnte sich in der Steigerung der Qualität und Effektivität von Bildungsmaßnahmen oder in der Senkung von Kosten bemerkbar machen. Dabei ergeben sich zwei Strategien zur Effizienzsteigerung: 1.

Steigerung des Lernerfolges, d. h.: Wie lässt sich bei gleichem Aufwand das Ergebnis verbessern?

2.

Reduktion des Lehr-/Lernaufwandes bei gleich bleibendem Lernerfolg, d. h.: Wie lässt sich bei gleichem Ergebnis der Aufwand reduzieren?343

340

KRÖGER, H./REISKY, A.: Erfolgsfaktor Wissen. In: MEDER, N. (Hg.): Wissen und Bildung, 2004, 64. Vgl. GABLER: Wirtschaft, 2006, 63. Vgl. KRÖGER, H./REISKY, A.: Erfolgsfaktor Wissen. In: MEDER, N. (Hg.): Wissen und Bildung, 2004, 65. Vgl. KERRES, M.: Multimedia, 2001, 129.

341 342

343

2 Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen

151

Durch ein didaktisch besseres Lernangebot lässt sich eine Steigerung des Lernerfolges bei gleich bleibendem Aufwand herbeiführen: Die Qualität der didaktischen Medienkonzeption ist ausschlaggebend für das Erreichen möglichst hochwertiger Lehrziele und Lernerfolge. Daher sollte eine mediendidaktische Konzeption zur Effizienzsteigerung so optimal wie möglich auf das didaktische Feld abgestimmt werden. Die zweite Strategie hat die Reduktion des Lehr- und Lernaufwandes bei gleich bleibendem Lernerfolg zum Ziel. „Wirtschaftlichkeit erreicht man nicht, wenn e-Learning-Produkte immer wieder neu produziert werden müssen. Nahe liegend ist die Wiederverwendung von bereits existierenden Bildungsmedien. Traditionelle Bildungsmedien wie Lehrbücher, Foliensätze, kooperative Arbeitsaufgaben, Seminarunterlagen und Skripte werden ja auch wieder verwendet. Dabei erfolgt selten eine Wiederverwendung des kompletten Bildungsmediums, sondern es werden Auszüge benutzt, mit Anmerkungen versehen, angepasst oder mit anderen Bildungsmedien kombiniert.“344

Mit dem Begriff Effizienzsteigerung wird vielfach eine kostensenkende Strategie verbunden, diese ist aber nur dann effizienzsteigernd, wenn der Lernerfolg beibehalten wird. Zusammenfassend bleibt bei dieser Strategie zu erwähnen, dass elektronisch unterstützte Bildungsmedien zu einer Lehr- und Lernerleichterung beitragen, insbesondere durch eine verkürzte Lerndauer und über die Reduktion des Lernaufwandes effizienzsteigernd wirken können. Eine offensichtliche Kostenreduktion pro Lernenden lässt sich allerdings nur erzielen, wenn die Gesamtkosten der Bildungsmaßnahmen von der Teilnehmerzahl entkoppelt werden. Dies ist nur einlösbar, wenn auf bestimmte Bestandteile personaler Betreuung verzichtet wird. Die kybernetische Pädagogik nennt dies: Lehrfunktionen objektivieren, d. h. Aufgaben von Personen auf Objekte übertragen. Diese Kriterien der Kostenreduktion und Effizienzsteigerung sind im pädagogischen Diskurs allerdings kritisch zu beleuchten. „Denn Bildung und Erziehung verweisen auf Ziele, wie z. B. Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität von Menschen, in denen grundlegend andere Wertigkeiten zum Ausdruck kommen und die sich einer oberflächlichen Berechnung von Nutzen und Erträgen entziehen.“345

Hier gilt es, die Diskussion der Ziele und der Mittel didaktischen Handelns analytisch zu trennen, da beide Aspekte unterschiedlichen Bewertungskriterien un344 345

HAMBACH, S.: Bildungsangebote. In: DIN (Hg.): Innovation, 2006, 196. KERRES, M.: Multimedia, 2001, 132.

152

C Forschungsgegenstand

terliegen. Pädagogische Ziele lassen sich einer ethischen Diskussion unterziehen. Mittel müssen dagegen erst einmal daraufhin untersucht werden, wie effizient sie bestimmte Ziele erreichen. Fest steht, dass die Frage nach der Effektivität und Effizienz eines Bildungsmediums auch zu einem pädagogischen Standpunkt verpflichtet, der einen gewissen Anspruch von Bildung einfordert, der über die reine Vermittlung von Wissen hinausreicht und die Bedeutung von Bildung in einer umfassenden Entwicklung von Persönlichkeit, Gesellschaft und Kultur hervorhebt346 (s. Abb. 18).

Didaktisches Design (strategische Betrachtungen, Umsetzungskonzept & Implementierung)

Lernangebot und Didaktische Qualität

Kontext

Effektivität

Lerneffizienz

Lehreffizienz

Abbildung 18: Determinanten von Effektivität und Effizienz347 346 347

Vgl. KERRES, M.: Multimedia, 2001, 132f. Vgl. KERRES, M.: Multimedia, 2001, 129.

2 Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen

153

Der verstärkte Einsatz von netzbasierten Lernmöglichkeiten in der betrieblichen Weiterbildung erfordert eine annähernd konkrete Definition der Qualität der Implementierung, der Qualität des Inhalts und nicht zuletzt der Qualität der Benutzerfreundlichkeit, die sich in Audits348 zusammenschließen können. Die Aspekte einer effizienten Qualitätssicherung schließen Betrachtungen zum relationalen Status des Begriffs Qualität ebenso ein wie die unterschiedlichen Dimensionen und Kontexte von Qualitätssicherung als Faktoren für eine maßgeschneiderte Qualitätssicherung einer E-Learning-Lösung in Unternehmen.

2.2 Qualitätsbezogene Konsequenzen von netzbasiertem Lehren und Lernen Der Qualitätsbegriff per se kann nicht als feststehende, voraussetzungslose Größe gesehen werden. Es gilt im Nachfolgenden nicht, einem absolut gültigen Qualitätsbegriff zu folgen, denn die Bedeutung von Qualität ist ‚intuitiv‘.349 Dennoch soll, bevor auf die einzelnen Qualitätsbereiche eingegangen wird, eine ‚Art Definition‘ gegeben werden: „Qualität ist was der Kunde will! Die neue Qualitätsnorm DIN EN ISO 9000 geht einen Schritt weiter und beschreibt Qualität als: ‚Vermögen einer Gesamtheit inhärenter (lat. innewohnend) Merkmale eines Produkts, eines Systems oder eines Prozesses zur Erfüllung von Forderungen von Kunden und anderen interessierten Parteien.‘ Nach wie vor wird Wert darauf gelegt, dass jedes einzelne Merkmal eines Produkts den Qualitätsanforderungen entsprechen muss. Die Erweiterung der Qualitätsanforderung auf Kunden und interessierte Parteien trägt der Entwicklung des Qualitätsmanagements in Richtung TQM350 und EFQM351 Rechnung.“352

Zielführend ist im Weiteren zunächst eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Dimensionen und der Abgrenzung unterschiedlicher Bereiche von Qualität. 348

349

350

351 352

Im nachfolgenden Kapitel C 2.2 wird der Begriff Audit näher erläutert, da es in jenem Kontext von größerer Bedeutung ist. Vgl. KIRCHMAIR, C. in Zusammenarbeit mit GLAHN, C.: Qualitätssicherung. In: HUG, T. (Hg.): Bausteine, 2004, 160. TQM ist die Abkürzung für Total Quality Management = umfassendes Qualitätsmanagement. EFQM ist die Abkürzung für European Foundation for Quality Management. http://quality.kenline.de/seiten_d/qualitaet_definition.htm, gefunden am 14.09.2007.

154

C Forschungsgegenstand

Bei dem Versuch, qualitätsbezogene Konsequenzen von netzbasiertem Lehren und Lernen aufzuzeigen, ist zunächst der derzeitige Stand der Qualitätsforschung353 im Bereich des E-Learning aus der Perspektive des Lehrenden und des Lernenden aufschlussreich. Dazu wird der Begriff Qualitätsforschung erläutert und von Qualitätssicherung354 und -management355 abgegrenzt. Weiterhin ist bedeutsam festzulegen, ob eine bestimmte Qualität an einem bestimmten Gegenstand aufgezeigt werden soll, etwa im Sinne einer Beurteilung oder Bewertung. Generell ist von einer idealtypischen Sichtweise von Qualitätsprofilen auszugehen. „Qualitätsprofile bilden Vorstellungen davon ab, wie Lernen idealerweise funktionieren soll, beziehungsweise wie Lernarrangements idealerweise gestaltet sein sollten, um Lernen zu ermöglichen. Das heißt, dass jedem Qualitätsprofil gewissermaßen implizit auch ein subjektiver Begriff von qualitativ ‚gutem‘ Lernen zu Grunde liegt.“356

Eingeschlossen werden sowohl geistes- als auch naturwissenschaftliche Zugänge, dabei kann die Richtung vorgegeben oder offen sein.357 Die Begriffe der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements stehen zunächst nicht in direktem Bezug zu dem Begriff der Qualitätsforschung, da 353

354

355

356 357

„Qualitätsforschung ist von der Wortbedeutung her das Erforschen von Beschaffenheiten. Als Forschungsrichtung umfasst sie zunächst einmal alle Ansätze, Theorien oder empirische Untersuchungen eines oder mehrerer Wissenschaftsgebiete oder anderer Bereiche, welche die Erforschung der Beschaffenheit von einem oder mehreren Untersuchungsgegenständen zum Ziel haben.“ EHLERS, U-D.: Qualitätsforschung. In: BALLI, C./HENSGE, K./HÄRTEL, M. (Hg.): Qualität, 2005, 10. „Qualitätssicherung ist ein eher inhaltsbezogener Ansatz. Bezogen auf Weiterbildung geht es darum, Ziele und Inhalte von Weiterbildung als Standards festzulegen. Das Qualitätssicherungsinstrument dazu sind nachprüfbare, transparente und bildungseinrichtungsübergreifende Qualitätskriterien im Sinn von Inputkriterien, Prozesskriterien und Outputkriterien.“ EHLERS, U-D.: Qualitätsforschung. In: BALLI, C./HENSGE, K./HÄRTEL, M. (Hg.): Qualität, 2005, 11. „Qualitätsmanagementansätze sind eher prozessbezogene Ansätze. Im Bildungsbereich wurden die Qualitätsmanagementansätze zunächst im Bereich der betrieblichen Berufsbildung verwendet, zunehmend nun aber auch in anderen Bereichen. Dabei steht nicht das Produkt Weiterbildung im Vordergrund, sondern der Prozess der Leistungserstellung und -erbringung.“ EHLERS, U-D.: Qualitätsforschung. In: BALLI, C./HENSGE, K./HÄRTEL, M. (Hg.): Qualität, 2005, 11. EHLERS, U-D.: Lernersicht, 2004, 329. Vgl. EHLERS, U-D.: Qualitätsforschung. In: BALLI, C./HENSGE, K./HÄRTEL, M. (Hg.): Qualität, 2005, 10.

2 Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen Qualitätsforschung

155

Qualitätsmanagement

Qualitätssicherung

Geisteswissenschaftlicher Zugang

Ökonomischer Zugang

Evaluation

Controlling

Abbildung 19: Qualitätsprofile auch ohne Qualitätsforschung eine normativ definierte Qualität gesichert oder auch gemanagt werden kann. Der Begriff der Evaluation hingegen steht in Beziehung zum Konzept der Qualitätsforschung, da Evaluation als eine Methode der Qualitätsforschung zur Beurteilung oder Bewertung genutzt wird. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Instrumente der Qualitätsforschung im Rahmen von Evaluationen herangezogen werden können, um Qualitätsbeurteilungen vorzunehmen oder um Qualität als autarken dimensionalen Gegenstand zu enträtseln. Ziel ist es, Evaluationen den speziellen An- und Herausforderungen des E-Learning gegenüber zu stellen, um daraus prozessorientierte und effiziente Strategien für die Weiterbildungspraxis in Unternehmen entwickeln und begründen zu können. Konzepte der Qualitätssicherung hingegen zielen meist auf eine Beurteilung einer bereits definierten Qualität und deren Sicherung ab. Qualitätsmanagement dagegen verwendet in sich übergreifende Vorgehensweisen der Qualitätssicherung, des Controllings und der Evaluation „um auf einer Steuerungsebene die gewonnenen Erkenntnisse so zu nutzen, dass der Ressourcenaufwand bei gleich bleibender oder höherer Qualität minimiert wird“358. Es spielen insgesamt verschiedene Faktoren bei der gesamten Qualitätsentwicklung von E-Learning-Formen eine wesentliche Rolle: Zunächst setzen sich die Lernenden nicht homogen zusammen. Sie teilen sich auf in: 1.

direkt Lernende, d. h. in diejenigen, die das E-Learning-Angebot als primär Lernende tatsächlich nutzen, und

358

EHLERS, U-D.: Qualitätsforschung. In: BALLI, C./HENSGE, K./HÄRTEL, M. (Hg.): Qualität, 2005, 12.

156

2.

C Forschungsgegenstand

indirekt Lernende, d. h. in Unternehmensführung, Vorgesetzte und Bildungsverantwortliche, die E-Learning als eine Weiterbildungsmaßnahme an ihre Beschäftigten weiterreichen und in dieser Rolle und mit diesem Fokus an der Qualität interessiert sind.359

Dabei muss, um einen qualitativ akzeptablen Erfolg zu gewährleisten, die Definition von Qualität durch den Lernenden bekannt sein. „Um den Erfolg von E-Learning-Projekten zu gewährleisten und um Aussagen über den Return on Education (ROE) machen zu können, braucht es sowohl kontrollierende als auch evaluierende Maßnahmen. Kontrollierende Maßnahmen dienen dazu, die strategische Ausrichtung (Strategiekontrolle), die Einhaltung des Kostenrahmens eines E-Learning-Projekts (Kostenkontrolle) und die Qualität des Projektverlaufs (Projektkontrolle) sicherzustellen.“360

Zusammengefasst werden diese drei Kontrollaspekte unter dem Begriff des Investitionscontrollings. Die Verwendung von E-Learning-Angeboten wird durch evaluierende Maßnahmen ausgewertet (Nutzungsmuster), Probleme und Schwierigkeiten werden analysiert (Konfliktanalyse) und gemessen werden die individuelle Leistungssteigerung eines Lernenden während des gesamten E-LearningProjektes und am Ende (Lernresultate). Das Nutzungsmuster, die Konfliktanalyse und die Lernresultate können unter dem Begriff der Investitionsevaluation zusammengefasst werden.361 Controlling und auch Evaluation laufen parallel zum Projektverlauf ab, so dass kontinuierliche Verbesserungen und Anpassungen an einem derzeitigen E-Learning-Projekt vorgenommen werden können. Eine besondere Form des Controllings sind Audits. Diese dienen dazu, die Qualität entlang des Strategieprozesses zu sichern bzw. auf Abweichungen aufmerksam zu machen. Audits362 sind demnach eine systematische Überprüfung und Bewertung durch Fachleute nach vorgegebenen Checklisten. Eine Definition in der Quali359 360 361 362

Vgl. MOLL, K.: Lerner. In: DIN (Hg.): Innovation, 2006, 79. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 142. Vgl. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 142. Ursprünglich handelt es sich um eine englische Bezeichnung für Rechnungsprüfung, die einen durchgreifenden Bedeutungswandel erfahren hat. Inzwischen steht die Bezeichnung generell für Verfahren der systematischen Prüfung und Bewertung anhand von Checklisten, die den aktuellen Stand von Kenntnissen über die optimale Gestaltung der überprüften Systemteile und -prozesse durch dafür geschulte Fachleute (‚Auditoren‘ oder ‚Assessoren‘) dokumentieren.

2 Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen

157

tätsnorm ISO363 besagt, dass es sich dabei um einen systematischen, unabhängigen und dokumentierten Prozess zur Erlangung von Nachweisen und zu deren objektiver Auswertung handelt, um festzustellen, inwieweit Auditkriterien erfüllt sind.364 „Im internen Audit prüft die Organisation ihr eigenes System, die Verfahrensanweisungen und die Durchführung im Hinblick auf Nachweis und Übereinstimmung. Das ist das wichtigste aller Audits, es liefert der Leitung die Information über die Wirksamkeit und die Leistungsfähigkeit ihres Systems, ob ihre Ziele verfolgt werden oder nicht, und welche Änderungen angeordnet werden sollten. Unabhängig von Art und Typ von Audits oder von Beurteilungen gilt, dass sie von kundigem, geschultem Personal durchgeführt werden müssen, das können eigene oder fremde Mitarbeiter sein.“365

Für einen E-Learning-Audit gelten die gleichen Maßstäbe, nur dass sich die Kontroll- und Beratungsmaßnahmen auf ein E-Learning-Projekt im Besonderen und auf den betrieblichen Weiterbildungsbereich im Allgemeinen beziehen. Die Aufgabe eines Auditteams, bestehend aus Vertretern der verschiedenen Anspruchsgruppen und Experten, ist es, „die einzelnen Komponenten eines E-Learning-Strategieprozesses bezüglich einer Liste von vorher festgelegten Kriterien auf Qualität und die Einhaltung von Kennzahlen zu kontrollieren“366.

363

364

365 366

Im Qualitätsmanagement werden je nach Reichweite der Untersuchung das Produktaudit, das Verfahrens-audit und das Systemaudit unterschieden. Audit kann durch eigene Kräfte als internes Audit (= Selbstbewertung) und externes Audit verwendet werden. Letzteres ist, durch akkreditierte Stellen durchgeführtes Audit, Voraussetzung für eine Zertifizierung, z. B. im Qualitätsmanagement. KREMS, B.: Audit, Köln 04.12.2005 http://www.olev.de/a/audit.htm, gefunden am 13.02.2007. „Kurzform für International Organization for Standardization, eine Institution, welche die Normung international koordiniert. Der Zweck der ISO ist die Förderung der Normung in der Welt, um den Austausch von Gütern und Dienstleistungen zu unterstützen und die gegenseitige Zusammenarbeit in verschiedenen technischen Bereichen zu entwickeln. Die ISO erarbeitet ISO-Normen (ISO-Standards), die von den Mitgliedsländern unverändert übernommen werden sollen, z. B. in der Bundesrepublik Deutschland als DIN ISO-Normen.“ http://www.quality.de/lexikon/iso.htm, gefunden am 21.02.2007. Vgl. KREMS, B.: Audit, Köln 04.12.2005 http://www.olev.de/a/audit.htm, gefunden am 13.02.2007. http://www.quality.de/lexikon/audit.htm, gefunden am 13.02.2007. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 144.

D Methodisches Design im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom – Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom In der Erziehungswissenschaft werden verstärkt Verknüpfungen qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden in den Blick genommen. Nicht nur hermeneutische Methoden der geisteswissenschaftlichen Pädagogik werden verwandt, sondern es wird zunehmend auch empirische Forschung betrieben. Auf der Basis dieser methodologischen Triangulation und vor dem Hintergrund des Untersuchungsfeldes Deutsche Telekom367 soll in diesem Teil der Arbeit die Verknüpfung von theoretischem Wissen und praktischer Anwendung erfolgen. Bevor jedoch die Forschungsmethoden dieser Arbeit eingehender vorgestellt werden, sollen die Fallstudie ‚Telekom Training‘368 in das gesamte Unternehmen369 der DT eingebettet und die zu untersuchenden Aspekte dargestellt werden. Demzufolge werden zunächst die Projektdimensionen der Fallstudie im Untersuchungsfeld vorgestellt und die Informationen zum Unternehmen DT, einschließlich des Konzerns, der Konzernzentrale DT sowie die Shared Services innerhalb der Deutschen Telekom AG – ‚Telekom Training‘ auf der Makroebene ausgebreitet. Die Mesoebene bilden die im Untersuchungsfeld DT relevanten Grundlagen und Vereinbarungen370. Schließlich stellt die Fallstudie ‚Telekom Training‘ Weiterbildung im Kontext des E-Learning-Einsatzes die Mikroebene dar. Grafisch ist die Vorstellung der Ebenen in Abbildung 20 dargestellt. An die Vorstellung der Fallstudie im Untersuchungsfeld schließt sich die Begründung der eingesetzten empirischen Studien an. Auf diese Weise kann der

367 368 369

370

Im Weiteren wird die Abkürzung DT verwendet. Im Weiteren wird die Abkürzung TT verwendet. Der Begriff ‚Konzern‘ wird alleine für das Gesamtunternehmen DT gebraucht. Synonym wird auch der Begriff ‚Unternehmen‘ verwendet, wobei sich aus dem Kontext schließen lässt, ob DT oder TT gemeint ist. Unter Vereinbarungen werden die Konzernbetriebsvereinbarung zu E-Learning, der Tarifvertrag über die betriebliche Weiterbildung sowie die unterschiedlichen Arten der betrieblichen Weiterbildung gefasst.

162

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Makroebene – Unternehmen Deutsche Telekom Mesoebene – Grundlagen und Vereinbarungen im Unternehmen Mikroebene – Telekom Training Weiterbildung – E-Learning-Einsatz

Abbildung 20: Darstellung der zu ‚betrachtenden Untersuchungsebenen‘ Einsatz der quantitativen sowie die der qualitativen Untersuchungsmethode im Untersuchungskontext TT Weiterbildung herausgearbeitet werden. Abschließend folgt ein Kapitel zu der Fallstudie TT im Kontext der quantitativ und qualitativ eingesetzten Erhebung unter dem Betrachtungsaspekt der methodologischen Triangulation und der Gütekriterien. Das nachfolgende Kapitel gibt zunächst einen Einblick in die Projektdimensionen der Fallstudie im Untersuchungsfeld, die Organisationsstruktur der DT und die Shared Services innerhalb der DTAG371, insbesondere TT. Nach diesen Basisinformationen zum Untersuchungsfeld erfolgt eine Überleitung zu den im Untersuchungsfeld relevanten Grundlagen und Vereinbarungen. Anschließend wird die Fallstudie TT im Kontext des E-Learning-Einsatzes näher betrachtet.

371

DTAG ist die Abkürzung für Deutsche Telekom Aktiengesellschaft.

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

163

1.1 Die Projektdimensionen der Fallstudie im Untersuchungsfeld Unter dem Begriff der Fallstudie wird jener Forschungsansatz begriffen, der ein einzelnes Element zum Gegenstand der Analyse macht.372 Im vorliegenden Untersuchungskontext sind die in Abbildung 21 dokumentierten Projektdimensionen die Vorgabe für die Strukturierung und das organisatorische Vorgehen innerhalb der Fallstudie. Sie sind in drei, sich komplementär bedingende Segmente gegliedert: den Projektauftrag, die Projektziele und die Projektumsetzung. Der Auftrag spiegelt die Forschungsfrage wider und beinhaltet somit die Untersuchung der strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen, die sich für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen – wie DT – aus der Einschätzung der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernmethoden ergeben. Dabei stehen in einem wiederkehrenden Zyklus die Ziele im Fokus der Betrach-

Auftrag

Umsetzung

Abbildung 21: Projektdimensionen 372

Vgl. FATKE, R.: Fallstudien, 1997, 56-68.

Ziele

164

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

tung. Zum einen geht es darum, die Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernmethoden und die sich daraus ergebenden qualitäts- und strategiebezogenen Konsequenzen am Beispiel des Bereichs TT Weiterbildung herauszufinden. Zum anderen geht es um die Verbesserung der Akzeptanz und des Einsatzes netzbasierter Lehr- und Lernmethoden in Unternehmen – wie DT – verdeutlicht am Beispiel von TT Weiterbildung. Das Erreichen der Ziele erfolgt durch den Einsatz der methodologischen Triangulation. Die Umsetzungsphasen werden an dieser Stelle lediglich erwähnt, um damit den Rahmen für die nachfolgenden Kapitel abzustecken. Die Phasen, die sich durch die gewählten empirischen Methoden ergeben, gliedern sich folgendermaßen: 1. Phase:

Umsetzungskonzept bezogen auf das Untersuchungsfeld

2. Phase:

Pretest zur quantitativen Studie

3. Phase:

quantitative Datenerhebungsphase

4. Phase:

Pretest zur qualitativen Studie

5. Phase:

qualitative Datenerhebungsphase

6. Phase:

Auswertung der quantitativen und qualitativen Daten

Die Projektdimensionen beziehen sich auf netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung in der Fallstudie TT Weiterbildung. Im Rahmen der Fallstudie wird netzbasiertes Lehren und Lernen als Synonym für E-Learning verwendet. Darunter wird das Lehren und Lernen mit Informations- und Kommunikationstechnologie, respektive mit darauf aufbauenden (E-Learning-) Systemen, mit denen es erst unterstützend ermöglicht wird, verstanden. Unter betrieblicher Weiterbildung wird in dem Zusammenhang eine Fortsetzung oder Anknüpfung organisierten Lernens nach Abschluss einer ersten qualifizierten Bildungsphase begriffen. Im Zentrum der weiteren Betrachtungen steht zunächst das Unternehmen DT als Untersuchungsfeld, um später die Überlegungen zu den Projektdimensionen innerhalb der Fallstudie einbetten zu können.

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

165

1.2 Das Unternehmen Deutsche Telekom als Untersuchungsfeld Seit Beginn der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts diagnostizieren Experten den Trend, dass sich das technische zum technologischen, genauer zum informations- und systemtechnologischen Zeitalter wandelt. So sind Informationstechnologie und Telekommunikation unverzichtbare Träger der gegenwärtigen Welt geworden. Der Austausch über Länder und Kontinente hinweg lässt Menschen und Märkte enger zusammenrücken. Als Folge wird in der systemhaften Integration von Organisationstechniken, Großprojektforschungen, Systemplanungen und Informationstechniken sowie Strukturkontrollen dem Menschen eine entscheidende Rolle zugesprochen. Dies gilt auch für das Unternehmen DT. Computerisierung, Telekommunikation, Automatisierung und andere Entwicklungen im Gefolge der so genannten Mikroelektronischen Revolution führen zu einer sich immer weiter beschleunigenden nationalen und internationalen ‚Fortschrittsspirale‘373. Die DT ist an diesem Wandlungsprozess als größtes europäisches und eines der weltweit führenden Informations- und Telekommunikationsunternehmen beteiligt.374 Die nachfolgenden Beschreibungen beziehen sich ausschließlich auf die im Juli 2007 geltenden Bestimmungen und Vorgaben. 1.2.1 Die Organisationsstruktur der Deutschen Telekom Die DT ist ein Konzern375 und gliedert sich in die Konzernzentrale, die drei strategischen Geschäftsfelder376 T-Com mit T-Online, T-Mobile und T-Systems sowie die Shared Services377. Shared Services nutzen Synergieeffekte und operieren dennoch eigenständig. Gemeinsam liefern sie mit Produkten und Dienstleistungen einen Beitrag zur Entwicklung der Informationsgesellschaft.378 373 374 375

376

377 378

Vgl. LENK, H.: Macht und Machbarkeit, 1994, 13. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2004, 12. Unter Konzern ist der Zusammenschluss mehrerer Unternehmen unter einer Konzernzentrale (=Geschäftsleitung) zu verstehen. Die Konzernunternehmen sind rechtlich selbstständig. Sie geben jedoch ihre wirtschaftliche Selbständigkeit auf. Vgl. GABLER: Wirtschaft, 2006, 203f. Die drei strategischen Geschäftsfelder – auch Divisionen genannt – folgen nicht chronologisch aufeinander, sondern stehen als drei gleichwertige Säulen nebeneinander, so auch ihre vormalige Bezeichnung. Gemeinsam genutzte Dienste innerhalb der DT. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2004, 12f.

166

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Konzernzentrale* Strategische Geschäftsfelder Breitband/ Festnetz

Mobilfunk

Geschäftskunden**** *

Shared Services Grundstücke und Gebäude (GuG)** DeTeFleetServices GmbH

T-Com T-Online

T-Mobile

T-Systems Vivento***

Übrige****

*

Struktur ab 2005. Die Konzernzentrale umfasst Beteiligungen wie: Deutsche Telekom International Finance B.V., Deutsche Telekom Holding B.V., T-Venture Holding GmbH. ** GuG = Deutsche Telekom Immobilien und Services GmbH (DeTe Immobilien), DFMG Deutsche Funkturm GmbH, GMG Generalmietgesellschaft mbh (GMG), Sireo Real Estate Asset Management GmbH (Sireo) und PASM Power and Air Condition Solution Management GmbH & Co. KG. *** Einschließlich Vivento Customer Services GmbH & Co. KG (VCS) und Vivento Technical Services GmbH & Co. KG (VTS). **** Im Wesentlichen: DeTeAssekuranz – Deutsche Telekom Assekuranzvermittlungsgesellschaft mbH, Deutsche Telekom Training GmbH, Fachhochschule Leipzig, Personalmanagement, Rechnungswesen & Controlling. ***** Der Shared Services Billing & Collection wird ab 2005 im strategischen Geschäftsfeld Geschäftskunden geführt.

Abbildung 22: Konzernstruktur379 Abbildung 22 gibt einen Überblick über die Grundstruktur des Konzerns DT. T-Com mit T-Online (Breitband/Festnetz) Die beiden Geschäftseinheiten T-Com und T-Online sind im strategischen Geschäftsfeld Breitband/Festnetz zusammengefasst. Neben der Ausrichtung auf den

379

Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Geschäftsbericht, 2005, 46.

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

167

Breitbandmarkt liegt der Schwerpunkt auf der Kundenbetreuung sowie der Kundenbindung im Kerngeschäft der Sprachkommunikation. Das Geschäftsfeld betreut die Privatkunden und kleinere Geschäftskunden des Konzerns. Dazu kommt das Geschäft mit Wiederverkäufern und internationalen Netzbetreibern.380 T-Mobile In der T-Mobile Division bündelt die DT ihre Mobilfunkaktivitäten. Sie gehört zu den weltweit führenden Mobilfunkanbietern. Ihre Aktivitäten konzentrieren sich in diesem Bereich zurzeit auf die Wachstumsmärkte in Europa und den USA. „Insgesamt ist T-Mobile in acht Ländern mit Tochter- und Beteiligungsgesellschaften vertreten. Weltweit betreuen die Mehrheitsbeteiligungen des Konzerns inzwischen mehr als 69 Millionen Mobilfunkkunden.“381

T-Systems Im Unternehmen DT betreut T-Systems das Geschäftsfeld der Großkunden mit individuellen Lösungen der Informations- und Telekommunikationstechnik (Information und Communication Technology, ICT). T-Systems stellt die erforderliche ICT-Infrastruktur bereit, realisiert individuelle ICT-Lösungen und übernimmt auf der Basis dieser Lösungen bei Bedarf die kompletten Geschäftsprozesse.382 Group Headquarter and Shared Services Im Jahr 2003 hat die DT die Umstrukturierung hin zu einer virtuellen Strategischen Management Holding abgeschlossen.383 Gemäß der implementierten Organisationsstruktur und Steuerungsphilosophie konzentriert sich die Konzernzentrale seither auf strategische und divisionsübergreifende Steuerungsaufgaben. Die Wahrnehmung aller sonstigen operativen Aufgaben, die nicht unmittelbar im 380

381

382 383

Vgl. http://www.telekom3.de/de-p/konz/1-ko/star/060607-konzernprofil-ar.html, gefunden am 15.06.2006. http://www.telekom3.de/de-p/konz/1-ko/2-t-/star/030310-t-mobile-kurzprofil-ar, templ..., gefunden am 19.08.2004. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Geschäftsbericht, 2004, 80. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Geschäftsbericht, 2004, 92.

168

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Zusammenhang mit dem Kerngeschäft der Divisionen stehen, obliegt den so genannten Shared Services. Zu diesen zählen Grundstücke und Gebäude (GuG), DeTeFleetServices GmbH, Vivento, und ‚Übrige‘.384



Unter Grundstücke und Gebäude ist die Veräußerung von Telekom eigenen Grundstücken und Gebäuden zu verstehen.



Als Komplettanbieter von Fuhrparkmanagement- und Mobilitätsdienstleistungen für die Unternehmen der DT übernimmt die DeTeFleetServices GmbH seit 2002 die Entwicklung, Beratung, Bereitstellung und das Betreiben von Firmenwagenlösungen für die Dienst- und Geschäftsfahrzeuge sowie das Angebot weiterer Mobilitätsservices.385



Vivento ist für die DT Gruppe Ansprechpartner und Lieferant von Leistungen auf den Gebieten des Personalüberhangs- und Vermittlungsmanagements sowie des Kapazitätsmanagements. Das Unternehmen arbeitet in diesen Feldern für die Dachgesellschaft sowie für die Divisionen und ihre nationalen Einheiten. Das Hauptziel von Vivento ist es, neue Dauerarbeitsplätze insbesondere außerhalb, aber auch innerhalb des Konzerns für die zu Vivento versetzten Beschäftigten der DT zu finden.386

Unter Übrige werden im Wesentlichen DeTeAssekuranz – DT Assekuranzvermittlungsgesellschaft mbH, Deutsche ‚Telekom Training‘ GmbH, Fachhochschule Leipzig, Personalmanagement, Rechnungswesen und Controlling zusammengefasst betrachtet.387 Neben den drei strategischen Geschäftsfeldern beinhaltet die Organisationsstruktur den Bereich Konzernzentrale und Shared Services. Sie umfasst alle Konzerneinheiten und Beteiligungen, die nicht in einem direkten Verhältnis zu einem strategischen Geschäftsfeld stehen. Die Konzernzentrale übernimmt die strategischen und geschäftsfeldübergreifenden Steuerungsaufgaben. Die Wahrnehmung aller weiteren operativen Aufgaben, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit dem Kerngeschäft der strategischen Geschäftsfelder stehen, obliegt den Shared Services.388 384 385 386 387 388

Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Geschäftsbericht, 2005, 46. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Geschäftsbericht, 2005, 46. Vgl. http://vivento.telekom.de/, gefunden am 15.06.2006. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Geschäftsbericht, 2005, 46. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Geschäftsbericht, 2005, 66.

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

169

1.2.2 Shared Services innerhalb der Deutschen Telekom AG – ‚Telekom Training‘ Shared Services sind nicht kerngeschäftsbezogene Dienstleistungsfunktionen, die gebündelt für den Gesamtkonzern von einem zentralen Teilbereich oder einer Tochtergesellschaft erbracht werden. Dabei können Shared Services nach zwei verschiedenen Kriterien organisiert werden: Shared Services außerhalb der DTAG, dies sind Betriebe mit eigener Rechtsform, meist als GmbH, und Shared Services innerhalb der DTAG, worunter selbstständige Organisationseinheiten im Sinne von Betrieben zu fassen sind. ‚Telekom Training‘, als selbstständige Organisationseinheit, ist im Rahmen dieser Arbeit Teil der Makroebene. Auf Mikroebene wird ‚die Welt des E-Learning‘ innerhalb der Fallstudie TT dargestellt. Die organisatorische und personelle Betreuung von TT, sowie auch aller anderen internen Shared Services, erfolgen aus einer Hand, durch die Betriebe Personalmanagement Telekom und Personal Service Telekom. Aufgrund der Bedeutung von TT im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden die wesentlichen Elemente des zentralen Untersuchungsbereiches vorgestellt, angefangen von der Organisationsstruktur, über die tragenden Geschäftsfelder von TT bis hin zur betrieblichen Weiterbildung. 1.2.2.1 Die Organisationsstruktur Die TT ist Teil der Group Headquarter and Shared Services der DT und ist wie in Abbildung 23 dargestellt aufgebaut389. Organisatorisch ist TT dem Führungsbereich Vorstand Personal und hier dem Zentralbereich Human Resources Development zugeordnet. TT wird von einer Zweipersonenleitung geführt, bestehend aus einem Sprecher der Leitung und einem kaufmännischen Leiter.390 Die Bereichsleiterebene391 umfasst TT Externer Markt/Weiterbildung Konzern/Qualität, Personal, Strategie/Finanzen/Ausbildung und Customer Services. 389

390 391

Das Organigramm veranschaulicht die Leitungsebene sowie Bereichsleiterebene als Makroebene. Die Meso- und Mikroebenen werden nicht dargestellt, da es im Rahmen der Arbeit nicht erforderlich erscheint. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: GO TT, 2006, 5. Die Leitung sowie Bereichsleiter von TT sind zurzeit ausschließlich männlich besetzt, daher gilt hier nicht: Der einfacheren Lesart wegen werden im Folgenden vorwiegend die männlichen Bezeichnungen verwendet. Selbstverständlich sind damit immer beide Geschlechter gemeint.

170

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Leitung Telekom Training und Telekom Training GmbH

BR/SchwbV

BR GmbH

KAV

TT Externer Markt (TTE)

Weiterbildung Konzern (WBK)

Qualität, Personal, Strategie (QPS)

Finanzen (F)

Ausbildung (A)

Customer Services (CS)

Abbildung 23: Organigramm ‚Telekom Training‘392 TT bedient als Shared Services die Einheiten der Telekom Divisionen sowie den externen Markt mit Leistungen in den Bereichen Personalentwicklung und Qualifizierung. Für alle deutschen Konzerneinheiten ist TT für die Berufsausbildung verantwortlich.393 TT ist aus der Bündelung des ‚Telekom Training Centers‘ und der T-Systems Training GmbH entstanden. Zurzeit ist TT bundesweit mit drei Trainingsstandorten und acht eigenen Tagungshotels sowie 39 Berufsbildungsstellen mit zirka 240 Lernwerkstätten der konzernweite Partner für Aus- und Weiterbildung. Auf den Gebieten der Aus- und Weiterbildung sowie der Bildungs- und Tagungsinfrastruktur bietet TT Full Services394 für den Markt an.395

392

393 394

Vgl. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/intern_gbg/index.jsp, gefunden am 13.06.2006./Nachfolgend die Erläuterung der in der Grafik aufgeführten Abkürzungen: BR = Betriebsrat, SchwbV = Schwerbehindertenvertretung, BR GmbH = Betriebsrat der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, KAV = Konzernauszubildendenvertretung. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: GO TT, 2006, 5. „Englische Bezeichnung für das Angebot eines „vollen Dienstes“ aus einer einzigen Hand, von der Planung und Konzeption einer Aktion über die Produktion, Abwicklung und Auswertung bis zur Erfolgsanalyse.“ http://www.desig-n.de/werbung_f. htm, gefunden am 31.05.2006.

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

171

„Wir fördern den zukunftsorientierten Aufbau von Know-how und das lebenslange Lernen durch ein nachhaltig ausgelegtes Wissens- und Kompetenzmanagement auf allen Ebenen. Nachhaltigkeit in der Aus- und Weiterbildung kann nur erzielt werden, wenn der Wandel selbst zum Gegenstand des Lernens gemacht wird. Ein Schwerpunkt der so genannten Change-Kompetenz ist ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘. Change-Kompetenz versetzt Beschäftigte und Führungskräfte in die Lage, nicht nur für den nächsten Innovationsschub gerüstet zu sein, sondern sich selbstständig und dauerhaft erforderliches Wissen anzueignen. Denn eines ist sicher: Je höher die Qualifikation, umso besser sind Beschäftigungsfähigkeit und Arbeitsqualität.“396

1.2.2.2 Die strategischen Ausrichtungen Die strategischen Ausrichtungen von TT stellen im Rahmen dieser Arbeit einen weiteren Aspekt dar, da durch die Einschätzungen der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen am Beispiel TT Weiterbildung die sich daraus ergebenden strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen gezogen werden. Sie zielen darauf ab, das Unternehmen auf eine sich verändernde Umwelt einzustellen, indem die vorhandenen Potenziale gefördert und genutzt sowie zugleich sich abzeichnende oder bereits offensichtliche Schwächen abgebaut werden. Strategien sind dabei in umfassendem Sinn als Konzepte zu verstehen, die sowohl die Ziele als auch die Wege zur Erreichung dieser Ziele einschließen.397 Effizienz, Qualität und Innovation sind die strategischen Ausrichtungen von TT und stellen den Maßstab des Handelns von TT dar. Als Ausrichtungen werden darunter folgende Leitsätze gefasst:



„Alle Führungskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen den Kunden in den Fokus ihres Handelns und sichern durch ihre Arbeit die Effizienz, Qualität und Innovation unserer Dienstleistungen und Produkte.



Die Geschäftsleitung sichert durch das Definieren eindeutiger Messgrößen die Ausrichtungen an den Zielen.

395

396 397

Vgl. http://164.29.159.26/intern_gbg/Marketing_Infos/Vertriebsfoliensatz/1, Folie 8, gefunden am 13.06.2006. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2004, 56. Vgl. RODEHUTH, M.: WB und Personalstrategien, 1999, 39.

172

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘



Die Führungskräfte geben klar Orientierung, definieren die Erwartungen und treffen hierzu verbindliche Vereinbarungen.



Die Führungskräfte entwickeln konsequent die erforderlichen Kompetenzen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.



Die Geschäftsleitung misst und bewertet den Erfolg des Handelns an der Nachhaltigkeit eines angemessenen positiven Ergebnisses.“398

1.2.2.3 Die tragenden Geschäftsfelder Die tragenden Geschäftsfelder werden an dieser Stelle vorgestellt, um die von den Beschäftigten bei TT geäußerte Einschätzung der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung, die sich durch den ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen ergibt, einordnen zu können. Die Erbringung der speziellen Leistungen von TT lassen sich intern in drei Geschäftsfelder einteilen: die Bereiche Ausbildung, Tagungshotels und Weiterbildung. Ausbildung Ausbildung wird verstanden als eine durch Ausbildungsordnungen festgelegte systematische Vorbereitung einer Person auf eine Arbeit oder einen Beruf, die mit einer Prüfung zu einem staatlich anerkannten Abschluss führt.399 TT ist einer der größten Ausbilder400 Deutschlands und in erster Linie Ausbildungspartner für den Konzern DT. Ausgebildet wird in neun anerkannten Berufen401, in dualen Studiengängen402 sowie im Rahmen von Aufbauqualifizierun398 399 400

401

402

http://training.telekom.de/wirueberuns/strategie_inhalt.htm, gefunden am 02.08.2004. Vgl. BAUMGART, E.: Lexikon – EB, 1998, 28. In den vergangenen drei Jahren wurden jährlich zirka 4000 neue Auszubildende für den Konzern eingestellt, das umfasst 25% aller IT-Ausbildungen in Deutschland. IT Systemelektroniker, Fachinformatiker Systemintegration, Fachinformatiker Anwendungsentwicklung, IT Systemkaufleute, Kaufleute für Bürokommunikation, Kaufleute für Bürokommunikation und Fremdsprachenkorrespondenz, Kaufleute im Einzelhandel, Industriekaufleute, Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, Elektroniker für Gebäude- und Infrastruktursysteme; vgl. http://telekomtraining.telekom.de/intranet/telekom-training/10_ausbildung/ausbildung.jsp?url= mission_ausbildung.htm, gefunden am 13.06.2006. Bachelor of Arts in Business Administration, Bachelor of Engineering in Telekommunikationsinformatik, Industriekaufleute mit Studium BWL, Fachinformatiker mit

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

173

gen403. Hierbei wird die Methode der vollständigen Handlung angewandt: Danach vollzieht sich das Lernen in sieben Stufen, von Informieren, Planen, Entscheiden über das Ausführen, Kontrollieren, Auswerten bis hin zur Weitergabe von Wissen. Ebenso wird der Lernerfolg durch Blended-Learning-Konzepte unterstützt. Die betriebliche Ausbildung orientiert sich an den Anforderungen des Marktes, der Kunden sowie der jeweiligen Unternehmensbereiche und Tochtergesellschaften.404 Tagungshotels In einer technikorientierten Arbeitswelt haben Bildung und Weiterbildung im Unternehmen einen hohen Stellenwert. Daher bietet TT in acht Trainings- und Tagungshotels405 die Möglichkeit für den Support von Veranstaltungen jeder Art, ob durch Seminare, Tagungen, Workshops, Präsentationen oder Freizeitangebote. Zudem sind individuelle Betreuung, Bereitstellung von technischem Equipment und Arbeitsmaterialien Teil des Angebotes. Weiterbildung Alle Bildungsmaßnahmen, die sich an die Schulbildung406 und die berufliche Erstausbildung anschließen, werden unter den Oberbegriff Weiterbildung ge-

403

404 405

406

Studium Telekommunikationsinformatik, Regionale kooperative Modelle, http:// telekom-training.telekom.de/intranet/telekomtraining/10_ausbildung/ausbildung.jsp?url=mission_ausbildung.htm, gefunden am 13.06.2006. Zulassungsvoraussetzungen sind eine abgeschlossene Berufsausbildung in den ITBerufen bzw. abgeschlossene Ausbildung in einem vergleichbaren Beruf oder eine nachweisbare Berufspraxis von mindestens vier Jahren im IT-Bereich. Die klassische Aufbauqualifizierung baut auf berufspraktischer Erfahrung auf, wobei die IHK (Industrie- und Handelskammer) die Auszubildenden auf dem Weg zu qualifizierten und zertifizierten Bildungsabschlüssen begleitet. Vgl. http://164.29.159.26/karriere bausteine/IT_Aufbauqualifizierung/dateien/Flyer_IT_AQ.pdf, gefunden am 13.06. 2006. Vgl. TELEKOM TRAINING – IM ÜBERBLICK: Leistungen, 2004. Standorte der Tagungshotels sind Hamburg, Königs Wusterhausen/Berlin, Leipzig, Neuss/Düsseldorf, Bad Honnef/Bonn, Darmstadt, Stuttgart und Ismaning/München. Trainingsstandorte sind u. a. in Berlin, Bonn, Emmelshausen/Boppard, Hagenbüchach/Langenzenn. Vgl. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training /11_tagungshotels/11300_standorte.jsp, gefunden am 30.05.2006. Mit Ausnahme der betrieblichen Weiterbildung.

174

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

fasst. Der Begriff Weiterbildung wird oft für mehr zweckorientierte Bildungsmaßnahmen verwendet, so beispielsweise für die berufliche Weiterbildung.407 Für TT ist ständig aktualisiertes IT/TK-Wissen ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Doch wenn es darum geht, Informations- und Kommunikationsprozesse reibungslos in Fluss zu halten, reicht Fachkompetenz allein nicht aus. Qualifizierungskonzepte und -maßnahmen sollten deshalb stets auch die Persönlichkeitsentwicklung der Mitarbeiter berücksichtigen.408 1.2.3 Die im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom relevanten Grundlagen und Vereinbarungen Die Beachtung der im Untersuchungsfeld relevanten Grundlagen und Vereinbarungen, konkret: Konzernbetriebsvereinbarungen, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge sind in der Fallstudie bedeutend, da durch sie Regelungen u. a. zur Weiterbildung und ihren Ausprägungen getroffen werden. Nachfolgend werden untersuchungsrelevante Vereinbarungen dargestellt: Der Tarifvertrag betriebliche Weiterbildung, die Konzernbetriebsvereinbarung zu E-Learning und ihre unterschiedlichen Arten. 1.2.3.1 Der Tarifvertrag über die betriebliche Weiterbildung Der Tarifvertrag über die betriebliche Weiterbildung409 bei der DT trat 1998 in Kraft und wird an dieser Stelle mit relevanten Aspekten für die Forschungsfrage vorgestellt. Der Tarifvertrag ist zwischen Gewerkschaften einerseits und dem Arbeitgeber andererseits geschlossen worden. Er regelt die Rechte sowie die Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen unter anderem über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen. So ist der Tarifvertrag über die betriebliche Weiterbildung in dreizehn Paragraphen unterteilt. Er gliedert sich in:

– – – 407 408 409

den Geltungsbereich, die Begriffsbestimmung, die Ziele der betrieblichen Weiterbildung, Vgl. BAUMGART, E.: Lexikon – EB, 1998, 322. Vgl. TELEKOM TRAINING – IM ÜBERBLICK: Leistungen, 2004. Die betriebliche Weiterbildung ist im Konzern durch den Tarifvertrag Nr. 55 (TV 55) geregelt. Daher wird im Weiteren die Abkürzung TV 55 verwendet.

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

175



das Weiterbildungsangebot des Unternehmens zur Sicherung und Entwicklung des Qualifikationsniveaus der Arbeitnehmer,

– –

den Umfang der Weiterbildung,

– – – –

die Weiterbildungsausschüsse,



den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechniken und schließlich in



die Schlussbestimmungen.410

die Grundsätze für die Teilnahme an betrieblich-fachlichen und beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen,

die Weiterbildungsmaßnahmen, die Information der Beschäftigten, den Teilnahmenachweis, die Regelungen für Weiterbildungsmaßnahmen, die im Auftrag der Telekom durch externe Anbieter durchgeführt werden,

Die tariflichen Normen gelten unmittelbar und zwingend zwischen den Tarifgebundenen. Sie wirken daher auf die Arbeitsverhältnisse ein, auch ohne bewusste Umsetzung der darin enthaltenen Maßstäbe oder auch ohne dass überhaupt Kenntnis über deren Existenz besteht.411 Mit Blick auf das Forschungsanliegen ist es deshalb angebracht, die Begriffsbestimmung sowie die Ziele der betrieblichen Weiterbildung herauszustellen. In dem Paragraphen zur Begriffsbestimmung soll zunächst die betriebliche Weiterbildung im Bereich des Unternehmens a.

die erworbenen beruflichen Qualifikationen sichern und erweitern sowie

b.

die Ausübung von beruflichen Tätigkeiten und die beruflichen Exspektanzen der Einzelnen begünstigen.412

Zudem wird die betriebliche Weiterbildung

410 411 412

Vgl. DEUTSCHE TELEKOM AG: TV 55, 1998. Vgl. http://www.tarifunion.dbb.de/lexikon/lexikon_t.htm, gefunden am 04.10.2006. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM AG: TV 55, 1998, 1.

176

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

a.

im Kontext mit den Betriebsprozessen als betrieblich-fachliche Weiterbildung,

b.

zur Entwicklung des allgemeinen Qualifikationsniveaus als berufliche Weiterbildung oder

c.

auf der Basis der individuellen Interessen als freiwillige Weiterbildung wirksam.413

Paragraph drei, der die Ziele der betrieblichen Weiterbildung enthält, ist im Zusammenhang des vorangegangen Kapitels sowie im Hinblick auf das Forschungsanliegen von besonderer Bedeutung. Dieser Paragraph fasst die Ziele der betrieblichen Weiterbildung folgendermaßen zusammenfassen: 1.

„Eine anforderungsgerechte bzw. zukunftsorientierte Qualifikation ist zugleich ein Beitrag zum Unternehmenserfolg und damit zur Sicherung von Arbeitsplätzen.

2.

Die betriebliche Weiterbildung dient der Erhaltung und Erweiterung erworbener beruflicher Qualifikationen und Förderung von Mobilität und beruflicher Flexibilität sowie dem Erwerb von Fähigkeiten, qualifiziertere berufliche Tätigkeiten auszuüben oder in neuen Tätigkeitsfeldern arbeiten zu können.“414

Da die betriebliche Weiterbildung in der Fallstudie TT als Shared Services neben der Ausbildung und den Tagungshotels ein tragendes Geschäftsfeld sowie eine einheitliche Kundenschnittstelle darstellt, wird ihr Inhalt nachfolgend erläutert. Zunächst jedoch wird TT mit seiner Organisationsstruktur, den strategischen Ausrichtungen, den tragenden Geschäftsfeldern und schließlich der betrieblichen Weiterbildung vorgestellt. 1.2.3.2 Die betrieblichen Weiterbildungsarten Die unterschiedlichen Arten der betrieblichen Weiterbildung von TT sind deshalb beachtenswert, weil sie für TT als Shared Services eine wichtige Aufgabe darstellen, in enger Verbindung zu der forschungsleitenden Frage stehen und somit auch für die nachfolgende Darstellung der empirischen Studien bedeutungs413 414

Vgl. DEUTSCHE TELEKOM AG: TV 55, 1998, 1. DEUTSCHE TELEKOM AG: TV 55, 1998, 2.

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

177

voll sind. Die initiale Qualifizierung am Anfang eines Berufslebens, ob als Berufsausbildung oder Studium, reicht nicht mehr, um im gesamten Verlauf des Arbeitslebens die anfallenden Tätigkeiten erfolgreich ausüben zu können. Daher ist eine permanente Weiterbildung bereits inhärenter Bestandteil der meisten Tätigkeiten.415 Als Ergänzung und Erweiterung der ersten Bildungsphase kommt der Weiterbildung in gewissem Umfang wieder eine ‚erzieherische Funktion‘ zu, wie die Forderung nach LLL und die Organisationsform des lernenden Unternehmens416 implizieren.417 TT, als ein Teil von Shared Services, trägt der Forderung nach LLL durch die betriebliche Weiterbildung innerhalb des Konzerns Rechnung. Sie umfasst folgende drei Bereiche: Betrieblich-fachliche Weiterbildung Die betrieblich-fachliche Weiterbildung leitet sich ursprünglich aus den Betriebsprozessen418 ab, da sie auf die qualitative Erfüllung der konkreten Arbeitsaufgabe ausgerichtet ist. Der Bedarf ergibt sich somit aus den Planungen der Geschäftsfelder und den Organisationsbereichen.419

415 416

417 418

419

Vgl. FALK, R.: Betriebliches Bildungsmanagement, 2000, 124. „Bei dem Begriff ‚lernendes Unternehmen‘ steht die Organisation im Vordergrund, nicht das Individuum. Es geht um Regelungen, Normen, Wertvorstellungen, Orientierungen, Verfahrensabläufe einer Organisation, die sich an die Änderungen ihrer Umwelt anpasst. Das in einem Unternehmen stattfindende ‚organisationale Lernen‘ beinhaltet neues Wissen und Können, das die Leistungsfähigkeit des Unternehmens verbessert. Neben den Köpfen der Organisationsmitglieder, also den Menschen, ist das Wissen einer Organisation auch und vor allem gespeichert in Verfahrensregeln, Arbeitsbeschreibungen, Plänen, Organisation der Abteilungen usw. – und damit unabhängig von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“ http://www.box2.boecklerboxen.de/fakten/fakt.trend/art.40/, gefunden am 15.09.2004. Vgl. FALK, R.: Betriebliches Bildungsmanagement, 2000, 317. „Der Begriff Geschäftsprozesse beinhaltet die strategischen und organisatorischen Aspekte der Definition, Erfassung, Darstellung, Analyse und der Optimierung (Reengineering) von Abläufen mit den nötigen Methoden und der erforderlichen Toolunterstützung.“ http://www.pse.siemens.at/apps/pseauftritt/ ge/pseinternet.nsf/CD_ Index?OpenFrameset&Bookmark&/0/PKAF4D2BDB90C7F7C3C12569EE003 A3376, gefunden am 01.06.2006. Vgl. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/intern_gbg/index.jsp, gefunden am 13.06.2006.

178

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Ziel der betrieblich-fachlichen Weiterbildung ist es, den Mitarbeiter in seiner momentanen Aufgabe weiterzuentwickeln und ihm zu mehr Fachkompetenz zu verhelfen. Berufliche Weiterbildung Die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme ist freiwillig, ansonsten gelten grundsätzlich die Regelungen der betrieblich-fachlichen Weiterbildung. Von der Bedarfsermittlung bis zu der Realisierung unterstützen örtliche Weiterbildungsausschüsse die berufliche Weiterbildung. Sie sind in jeder selbstständigen Organisationseinheit420 der Telekom zu bilden.421 Ziel der beruflichen Weiterbildung ist die Qualifizierung der Mitarbeiter für künftige Aufgaben, die das Unternehmen fördern, und die nicht in unmittelbarer Verbindung mit dem momentanen Arbeitsplatz stehen. Zudem sind der Erhalt und der Ausbau der Berufsfähigkeit ein entscheidender Aspekt. Freiwillige Weiterbildung Ein integraler Bestandteil der Bildungspolitik des Unternehmens ist die Förderung zur freiwilligen Weiterbildung. Freiwillige Weiterbildung muss im Unterschied zur betrieblich-fachlichen Weiterbildung keinen direkten Bezug zum Arbeitsplatz haben.422 Die freiwillige Weiterbildung beruht auf der Basis der individuellen Interessen und findet ausschließlich in der Freizeit des MA statt und kann bei entsprechendem Grad des mittelbaren oder unmittelbaren Nutzens für das Unternehmen bzw. der TT materiell gefördert werden. Ziel der freiwilligen Weiterbildung ist die Aktualisierung und Erweiterung des allgemeinen Grundwissens sowie der Erwerb neuer und/oder weiterführender Kenntnisse für Mitarbeiter. Ein zusammenfassendes Mind Map in Abbildung 24 skizziert die Gedanken der einzelnen Weiterbildungsarten.

420

421

422

Eine Organisationseinheit innerhalb von DT wird dann als selbstständig verstanden, wenn sie einen Betriebsrat hat. Vgl. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/intern_gbg/index.jsp, gefunden am 13.06.2006. Vgl. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/intern_gbg/index.jsp, gefunden am 13.06.2006.

Abbildung 24: Betriebliche Weiterbildungsarten

wird bei entsprechendem Grad des mittelbaren oder unmittelbaren Nutzens für das Unternehmen bzw. TT materiell gefördert

muss keinen Zusammenhang mit derzeitigem Aufgabenbereich aufweisen

Bedarf ergibt sich aus individuellen Interessen

berufliche Weiterbildung

freiwillige Weiterbildung

Betriebliche Weiterbildung

betrieblich-fachliche Weiterbildung

findet prinzipiell in der Freizeit statt

Kostenverantwortung liegt im aktuellen Bereich

fördert berufliche Flexibilität und Mobilität der Mitarbeiter

Zusammenhang mit der momentanen Aufgabe des Mitarbeiters

Qualifizierungsbedarf ergibt sich aus der Planung der Geschäftsfelder

grundsätzlich während der Arbeitszeit

Mitarbeiter qualifiziert sich mit Förderung des Unternehmens für zukünftige Aufgaben, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der momentanen Arbeit stehen

grundsätzlich gleiche Regelungen wie betrieblich-fachliche WB

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom 179

180

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

1.2.3.3 Die Konzernbetriebsvereinbarung zu E-Learning Im Rahmen der Unternehmensorientierung an den Prämissen Kundenorientierung, der Markt ist der Maßstab und Schnelllebigkeit werden die Verzahnungen von Arbeit und Lernen immer mehr zu einem integralen Bestandteil des Innovationsmanagements im Arbeitsalltag. Aufgrund dessen gewinnt die permanente Qualifizierung und Kompetenzentwicklung der Beschäftigten an Bedeutung, so dass mit dem Einsatz von E-Learning-Formen in der Personalentwicklung eine Art Kultur des offenen Umgangs einhergeht. Aus diesen Überlegungen heraus entstand 2004 die Konzernbetriebsvereinbarung423 E-Learning. Sie wurde vom Arbeitgeber – der DT – und dem Gesamtbetriebsrat für den gesamten Konzern beschlossen. Die Konzernbetriebsvereinbarung ist schriftlich niedergelegt und besitzt mit der Unterzeichnung durch beide Vertragspartner einen unmittelbaren und zwingenden Charakter. Die KBV ist in neun Paragraphen eingeteilt, beginnend mit der Präambel, über den Geltungsbereich, die Zielsetzung, die Lernmethode E-Learning, die Grundvoraussetzung für die Teilnahme an E-Learning und die Rahmenbedingungen für E-Learning hin zur Verhaltens- und Leistungskontrolle, den Rechten des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung. Eine ausführliche inhaltliche Darstellung der einzelnen Paragraphen ist, bis auf einige wenige Aspekte, verzichtbar: So stellt beispielsweise der Geltungsbereich der KBV einen Rahmen dar, in dem in den Divisionen und in der Dachgesellschaft weitere Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden können. Die KBV ist für alle Beschäftigten des Konzerns424 gültig, soweit sie unter das Betriebsverfassungsgesetz fallen. Außerdem bildet sie die Richtschnur für die Gestaltung von E-Learning-Methoden in der Ausbildung, soweit es die methodisch-didaktischen Konzepte in dem Bereich zulassen.425 Neben den Zielsetzungen des Lernangebots, insbesondere einer verstärkten Generierung von so genannten Blended Learning426 Maßnahmen, soll u. a. auch die Eigenverantwor423 424

425 426

Im Weiteren wird die Abkürzung KBV verwendet. „Zum Konzern Deutsche Telekom zählen in diesem Zusammenhang alle inländischen Unternehmen im Sinne der §§ 17, 18 Aktiengesetz (AktG)“, KBV E-Learning, 2004, 1. Vgl. KBV E-Learning, 2004, 1. „Der Begriff ‚Blended Learning‘ hat sich erst relativ neu im Laufe des Jahres 2001 etabliert und bezeichnet mittlerweile einen der vorherrschenden Trends für E-Learning Lösungen. Übersetzt man den englischen Begriff ‚Blended‘, heißt dies soviel wie ‚vermengt, vermischt, ineinander übergehend‘. Ein deutschsprachiges Pendant hat sich – wohl aufgrund der Tatsache, dass eine exakte deutsche Übersetzung etwas

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

181

tung der Beschäftigten für ihre berufliche Entwicklung und für eigenverantwortliches Lernen gestärkt werden. Der Paragraph vier beinhaltet eine Art Begriffserläuterung für das E-Learning. Demnach versteht man darunter im Rahmen dieser Vereinbarung Lernen unter Anwendung (neuester) Informations- und Kommunikationsmittel sowie -technologien auf der Basis speziell dafür methodisch-didaktisch zugeschnittener Lehr- und Lernkonzepte sowie entsprechender Trainingsunterlagen. Dazu zählen z. B. Chats, Newsgroups/Foren (Kommunikationsraum im Netz), White-boards (virtuelle Tafel zur grafischen Gestaltung von Lerninhalten) und virtuelle Klassenräume, die auf unterschiedlichen Lernplattformen basieren können. E-Learning ist eine Methode innerhalb der betrieblichen Bildung. Die betriebliche Bildung verfolgt, wie bereits erwähnt, Qualifizierungsziele. Der Weg dahin (einschließlich der zum Einsatz kommenden Methoden) muss für alle am Bildungsprozess Beteiligten (Arbeitgeber, Beschäftigte, Trainer, Betriebsrat) nachvollziehbar sein und ist daher in angemessener Weise zu beschreiben. E-Learning-Maßnahmen können sowohl als eigenständige Qualifizierungsmaßnahmen zum Einsatz kommen, als auch Bausteine eines Blended Learning Qualifizierungskonzeptes sein, sowie gleichfalls als Bestandteil von klassischen Seminaren zur Qualitätsverbesserung dienen. Der Einsatz von Lerntechnologien ist dem Qualifizierungsziel und den methodisch-didaktischen Aspekten nachgeordnet und angemessen einzusetzen.427

427

holprig klingen würde (‚Vermischtes‘ Lernen) – nicht entwickelt. Im deutschsprachigen Raum hat sich dahingegen der Begriff des Hybriden Lernens verbreitet, der bereits länger als der Trendausdruck ‚Blended Learning‘ existiert und in etwa die gleiche Bedeutung hat. Blended Learning bezeichnet Lehr-/Lernkonzepte, die eine didaktisch sinnvolle Verknüpfung von ‚traditionellem Klassenzimmerlernen‘ und virtuellem bzw. Online Lernen auf der Basis neuer Informations- und Kommunikationsmedien anstreben. Dieser Trend hat sich aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre entwickelt. Lernprozesse, die ausschließlich in virtuellen Räumen ohne face-to-face Veranstaltungen stattfinden, werden häufig als weniger effizient und erfolgsversprechend angesehen als Lernszenarien, die eine Kombination beider ‚Welten‘ zu erzielen versuchen. Demzufolge sollte E-Learning eher als Ergänzung und nicht als Ersatz für herkömmliche Lehr-/Lernkonzepte angesehen werden, die gemeinsam in eine Gesamtlösung integriert werden sollten. […] Hybrides Lernen bezeichnet ebenfalls die Kombination verschiedener Lernformen, wobei sich jedoch ein optimaler Mix auf unterschiedliche Perspektiven beziehen kann.“ SEUFERT, S./ MAYR, P.: Fachlexikon, 2002, 22f. Vgl. KBV E-Learning, 2004, 2.

182

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Von den Erläuterungen zum Tarifvertrag zur betrieblichen Weiterbildung und zur KBV zu E-Learning, führt ein direkter Weg zum Thema E-Learning innerhalb der Fallstudie TT, denn sowohl die Betrachtungen zur KBV E-Learning, als auch diejenigen zum Tarifvertrag betrieblicher Weiterbildung sind im Rahmen der forschungsleitenden Frage von Bedeutung, da die Einschätzung der Beschäftigten zu den Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen auf deren Wahrnehmung und Bewertung beruht, deren Auswertung den Mittelpunkt des Forschungsanliegens bildet.

1.3 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Kontext des E-Learning-Einsatzes Im Kontext des E-Learning-Einsatzes stellt die Fallstudie TT im Rahmen der Forschungsfrage die Mikroebene dar, anhand dessen die empirischen Studien durchgeführt wurden. Grundlagen für die Untersuchungen waren die Betriebsvereinbarung zu E-Learning innerhalb von TT und die eingesetzten netzbasierten Lehr- und Lernformen im Weiterbildungsbereich. 1.3.1 Die Betriebsvereinbarung zu E-Learning Angelehnt an der KBV E-Learning für den gesamten Konzern wurde 2006 zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat TT eine Betriebsvereinbarung428 zum Einsatz von E-Learning im Rahmen der Personalentwicklung geschlossen. Der inhaltliche Aufbau orientiert sich an der KBV, abweichend zu dieser besteht die BV TT E-Learning aus sieben Paragraphen, die nicht alle themenrelevant sind. Ein besonderes Augenmerk ist jedoch auf den Paragraphen zur Verantwortung von TT zur Umsetzung der KBV E-Learning, die Maßnahmen der TT sowie auf die Rahmenbedingungen zu legen. Für TT besteht die Aufgabe, die mit der KBV vorgegebene Charakterisierung der Lernmethode E-Learning ebenso wie die diesbezüglichen Regelungen bei ihrer Arbeit sowohl gegenüber Auftraggebern und Partnern als auch bei Qualifizierungsmaßnahmen für ihre Beschäftigten umzusetzen.429 Die besondere Verantwortung kommt in den Rahmenbedingungen verstärkt durch die Teilung der Personengruppen in Lehrende und Lernende zum 428 429

Im Weiteren wird die Abkürzung BV TT E-Learning verwendet. Vgl. BV TT E-Learning, 2006, 2.

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

183

Ausdruck. Relevant für die Beantwortung der Forschungsfrage, werden diese beiden Personengruppen, wie sie in der BV Beachtung finden, gesondert dargestellt. Lehrende Unter den Begriff Lehrende werden innerhalb der BV sowohl Konzeptentwickler der Weiterbildung und des Ausbildungsbereiches als auch Trainer sowie Ausbilder in TT gefasst.430 Die Anforderungen an die Lehrenden verdeutlichen zwei ausgewählte Schwerpunktfelder:



Konzeptentwickler in der Weiterbildung sollten qualifiziert sein, Konzepte zu entwickeln, die dem Lernziel bei E-Learning-Anwendungen optimal entsprechen. Zudem sollten sie die Wirkungen von Leistungs- und Verhaltenskontrollen, Gestaltung der Lernzeit, der Lernumgebung, der technischen Voraussetzungen sowie die Störfreiheit des Lernens im pädagogischen Prozess kennen, beurteilen und im Konzept verarbeiten können.



Weiter sollten die Trainer, die unter Anwendung von E-Learning lehren, die besonderen Anforderungen an Methodik, Didaktik sowie Umfeldbedingungen beherrschen.

Bei beiden Feldern sind die entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen zu sichern.431 Lernende Die Personengruppe der Lernenden sind laut der BV alle Beschäftigten der TT mit Ausnahme der Auszubildenden. Für diese Gruppe sind in den Konzepten prüfbare Aussagen zu treffen bezüglich der Leistungs- und Verhaltenskontrolle, der Gestaltung der Lernzeit, der Lernumgebung, der technischen Voraussetzungen sowie der Störfreiheit des Lernens.432

430

431 432

Im Weiteren wird entsprechend der Forschungsfrage lediglich der Lehrende in der Weiterbildung betrachtet. Vgl. BV TT E-Learning, 2006, 3f. Vgl. BV TT E-Learning, 2006, 5.

184

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

1.3.2 Die netzbasierten Lehr- und Lernformen im Weiterbildungsbereich Netzbasierte Lehr- und Lernformen werden im Unternehmen DT seit fast zwanzig Jahren entwickelt. Die erstellten Lernprogramme gehören zu den PionierLeistungen im Bereich E-Learning. Die älteste E-Learning-Form innerhalb der DT ist der ‚computerunterstützte Unterricht‘433. Bereits in den 80er Jahren wurden Computerlernprogramme in den damaligen Fernmeldeschulen und Berufsbildungsstellen eingesetzt. Die fortschreitende Technisierung sowie die steigenden Kosten für Schulungsanlagen in der Vermittlungstechnik erforderten es, Simulations- und Lernprogramme anzufertigen, die in der Schulung mit höchster Effizienz eingesetzt werden konnten. Bekannt wurden diese Computerprogramme unter dem Namen Funline – Spaß am Lernen auf der ganzen Linie – und waren bereits CBT. Durch die Einführung der Satellitentechnik wurde eine weitere Lernform ermöglicht, die bei der DT unter dem Namen Teleteaching bekannt wurde und heute als modernes interaktives Business-TV bezeichnet wird. Über einen Telekom-Kanal können in über 500 Empfangsstellen bundesweit Informationssendungen ausgestrahlt werden. In organisierten Sendepausen können die Mitarbeiter Fragen an die Experten richten, die anschließend live beantwortet werden. Durch den Ausbau der Web-Technologie und den Aufbau des Intranet der DT wurden die modernen Lehr- und Lernformen wie beispielsweise WBT und der Virtual-Classroom ermöglicht. Eine weitere Form des netzbasierten Lehrens und Lernens stellt Blended Learning dar, welches im Unternehmen „die intelligente Verbindung von Präsenzseminaren und E-Learning“434 beinhaltet. Hier liegt momentan für das Unternehmen die Chance eines Quantensprungs in der Qualität von Qualifizierungsreihen.435 Zurzeit präsentiert sich TT als Shared Services, um mit der Leistung auf dem E-Learning-Sektor die komplette Infrastruktur anbieten zu können: Von der Lernplattform über den Virtual-Classroom bis zur Entwicklung und Produktion von Lernprogrammen – individuell und maßgeschneidert,

433 434

435

Im Weiteren wird die Abkürzung CUU verwendet. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/08_trainingsloesungen/ 822011_welt_des_e_learning.jsp, gefunden am 10.10.2006. Vgl. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/08_trainingsloesun gen/822011_welt_des_e_learning.jsp, gefunden am 10.10.2006.

1 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Untersuchungsfeld Deutsche Telekom

185

als kleine Lösung für den Mittelstand oder als große Lösung für global operierende Unternehmen.436 1.3.3 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ Weiterbildung – Vom Allgemeinen zum Besonderen? Die vorangegangenen Informationen über TT Weiterbildung bilden den Rahmen zur Beantwortung der forschungsleitenden Frage in der Fallstudie. Im vorliegenden Untersuchungskontext liegt der Schwerpunkt auf der Erkenntnisgewinnung, die sich von dem Besonderen auf das Allgemeine ergeben könnte. Bei dieser Fallstudie geht es um eine intensive Betrachtung sowohl quantitativer als auch qualitativer Art. Dabei werden mikroanalytische Prozesse einiger ausgewählter Aspekte zum Thema netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung, die unter spezifischen historischen, strukturierten und organisierten gewachsenen Unternehmensbedingungen entstanden sind, beleuchtet. Dazu gehört, dass sich aus der Einschätzung des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernmethoden der Beschäftigten, sei es die der Lehrenden oder der Lernenden in TT Weiterbildung, strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen ergeben. Gerade aus dieser Zusammenschau und Verschränkung der Perspektiven von Lehrenden und Lernenden zu dem forschungsleitenden Thema sollen sich Regeln herausarbeiten lassen, die eine günstigere Entwicklung und Akzeptanzsteigerung mit Blick auf die verfolgten strategie- und qualitätsbezogenen Ziele für eine zukünftige Bildungsarchitektur erlauben. Im vorliegenden Kontext lässt sich deshalb eine standardisierte Befragungsmethode sowie ein qualitatives Experteninterview einsetzen. Sie werden eingebunden in die für die qualitative Methodologie typische Forschungsstrategie, die durch Prinzipien wie Offenheit, Kommunikativität, Naturalistizität und Interpretativität gekennzeichnet sind. Damit bleibt das Anliegen erhalten, in allen Phasen des Projektes offen zu bleiben für die individuellen Spezifika des Falles, d. h. für eine methodologische Triangulation437.

436

437

Vgl. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/08_trainingsloesun gen/8210_ ueberblick.jsp, gefunden am 10.10.2006. In Kapitel D 3.1 wird der Begriff ‚Methodologische Triangulation‘ näher erläutert.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden in der Fallstudie ‚Telekom Training‘ In der Fallstudie TT Weiterbildung kommt die quantitative Methode des Fragebogens, konkret der Online-Befragung und die qualitative Methode des leitfadengestützten Interviews zum Einsatz. Die bewusste Auswahl der quantitativen Methoden greift die Hypothesenüberprüfung im Arbeitstag der Beschäftigten im Bereich der Weiterbildung bei TT auf. Dadurch werden Handlungszusammenhänge, Bedingungen, Wechselwirkungen und Abhängigkeiten von isolierten Variablen im E-Learning-Bereich erkundet. Ergänzend dazu erfragen die leitfadengestützten Experteninterviews die konkreten Lehr- und Lernerfahrungen im Umgang mit E-Learning-Formen. Dadurch soll verstanden und wissenschaftlich interpretiert werden können, wie die tatsächliche Einschätzung der Lehrenden und Lernenden bei TT im Umgang mit E-Learning-Formen ist. Die Vor- und Nachteile beider sozialwissenschaftlicher Forschungsmethoden werden durch den konkreten Einsatz innerhalb der Fallstudie sichtbar. In der konkreten Fallstudie wirken die beiden im Zusammenschluss weniger rivalisierend, sondern sind eher durch die Ausschöpfung ihrer Potenziale komplementär zu betrachten. Dieser Forderung wurde im Forschungskontext nachgegangen. Im Folgenden wird zunächst die quantitativ eingesetzte und im Anschluss daran die qualitativ eingesetzte Untersuchungsmethode im Forschungsfeld TT näher betrachtet.

2.1 Zur eingesetzten quantitativen Untersuchungsmethode Neben den Methoden der Datenerhebung, wie die strukturierte Beobachtung und die unterschiedlichen Testverfahren, wurde im konkreten Fall eine standardisierte schriftliche Befragung in Form einer Online-Befragung eingesetzt. Dadurch sollten erste Erkenntnisse zur Einschätzung der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung, die sich durch den ergänzenden Einsatz von netz-

188

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

basierten Lehr- und Lernformen ergeben, innerhalb von TT Weiterbildung erlangt werden. Eine quantitative Befragung schien aus zwei Gründen die geeignete Methode im Rahmen der gewählten methodologischen Triangulation zu sein. 1.

Durch eine Online-Befragung wurde eine Totalerhebung im Bereich TT Weiterbildung möglich.

2.

Bei einer Online-Befragung der Führungskräfte und Mitarbeiter in TT Weiterbildung konnte ein bereits existierendes und von Geschäftsleitungs-, Betriebsrats- und Datenschutzseite anerkanntes IV-System verwendet werden.

3.

Es konnte so der Aspekt der Wahrnehmung, der sich aus dem Segment zur Einschätzung der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen ergab, erforscht werden.

Folgende Leitfragen waren relevant:



‚Welche Führungskräfte und Mitarbeiter im Unternehmen sollen einen Fragebogen erhalten und ausfüllen?



Welche Fragen sind im Kontext der forschungsleitenden Frage sinnvoll?



Was geschieht anschließend mit dem ausgefüllten Fragebogen?



Gelingt die digitale Umsetzung der Fragen mit dem System T-Dex?



Stimmt der BR und Datenschützer den Fragen zu?‘

Diese Fragen werden inklusive weiterer Aspekte in den folgenden Unterkapiteln beantwortet. Zunächst wird der Fragebogen als Online-Befragung sowie das System T-Dex erläutert. Im Anschluss daran folgen Überlegungen zur Totalerhebung TT Weiterbildung. Die weiteren Unterkapitel befassen sich mit Aspekten des Messmodells mit Hypothesen, der Operationalisierung, der Fragebogenentwicklung und des Pretests. Einen abschließenden Komplex bilden die Datenerhebung und die Datenanalyse.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

189

2.1.1 Der Fragebogen als Online-Befragung Der Fragebogen wird als standardisiertes und strukturiertes Instrument in der quantitativen Datenerhebung eingesetzt und hat das Ziel die Frage nach den Ursachen, den Vorgang des Messens und die anschließende Analyse der Messung im E-Learning-Bereich mit Hilfe mathematischer und statistischer Verfahren zu beantworten. Die eingesetzte Online-Befragung ist eine Befragung mit Unterstützung eines Computers, der eine Verbindung mit dem Inter- oder Intranet hat. Aufgrund vorhandener Ressourcen wurde der Fragebogen als Online-Befragung eingesetzt. Kennzeichnend für diese computerunterstützte Befragung ist die Möglichkeit, adaptiv zu arbeiten, was herkömmliche paper and pencil Befragungen nicht erfüllen können. D. h. bei der Online-Befragung wurden ganze Komplexe von Fragen vorgegeben, die aufgrund der Antworten, Bedürfnisse oder Vorlieben der Zielpersonen variieren. Die spezifischen Vor- und Nachteile der Online-Befragung wurden vorher gegeneinander abgewogen (s. Abb. 25). Die Vorteile – Örtlich und zeitlich nicht gebunden – Totalerhebung durchführbar – Kein Interviewer erforderlich – Unmittelbare und integrierte Analyse der Befragung möglich – Rückfragen sind sofort via E-Mail durchführbar – Erinnerungsmail zur Teilnahme an alle ausgewählten Beschäftigten möglich – Geringere Kosten aufgrund eines vorhandenen Durchführungssystems

Die Nachteile – Technische Varianz (verschiedene Browser, Monitorgrößen, Übertragungsgeschwindigkeiten) – Zeitverzögerte Antwort auf mögliche Fragen – Mangelhafte Medienkompetenz kann die Durchführung erschweren – Überhäufung von Online-Befragungen (Mitarbeiterbefragung, weitere DT interne Umfragen etc.)

Abbildung 25: Vor- und Nachteile einer Online-Befragung

190

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Die durchgeführte Online-Befragung weist sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen zu schriftlichen Befragungen auf. Online-Befragungen unterliegen ebenfalls den allgemein anerkannten Regeln für Befragungen, die mittels mündlicher oder schriftlicher Interviews durchgeführt werden.438 Dazu die wichtigsten und bislang bekanntesten Formen einer Online-Befragung: 1.

die Versendung des Fragebogens via E-Mail und die Rücksendung auf dem gleichen Weg durch den Befragten,

2.

das Herunterladen des Fragebogens von einem Server und das Zurücksenden via E-Mail und schließlich

3.

das Ausfüllen des auf einer Inter- oder Intranetseite präsentierten Fragebogens online.439

Im Rahmen des Forschungsprojektes schließt der Begriff der Online-Befragung in der hier angestrebten Verwendung ein von der DT entwickeltes System namens „Bewertungsindex aus Kundentracking“440 ein, das nachfolgend vorgestellt wird. T-Dex T-Dex wurde zur Evaluation, insbesondere zur Bewertung von Bildungsmaßnahmen in der DT-Weiterbildung, entwickelt und in einer Betriebsvereinbarung von 1997 legitimiert. Der Leitgedanke der Betriebsvereinbarung zur Evaluation von Bildungsmaßnahmen in der DT-Weiterbildung lautet: „Die Anforderungen, die an ein modernes und sich dynamisch entwickelndes Unternehmen gestellt werden, wachsen mit der schnell fortschreitenden technischen und wirtschaftlichen Entwicklung. Gesteigerte Anforderungen können nur mit gut qualifizierten Beschäftigten bewältigt werden. Die Akzeptanz und damit die Vermarktungsfähigkeit von Produkten der Telekom – Weiterbildung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit deren Qualität. Diese Betriebsvereinbarung soll die Telekom – Weiterbildung unterstützen, die Qualität ihrer Seminare zu verbessern.“441

438 439 440 441

Vgl. ADM/ASI/BVM/D.G.O.F.: Online-Befragung, 2001, 1. Vgl. BUTTLER, G./FICKEL, N.: Statistik, 2002, 275. Customer Care Tracking Index. Im Weiteren wird die Abkürzung T-Dex verwendet. TELEKOM TRAINING: BV, 1997, 1.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

191

Auftraggeber für die Evaluation der Bildungsprodukte können die internen Kunden (Auftraggeber von Seminaren), aber auch die externen Bereiche der beruflichen Bildung selbst sein. Bevor eine Weiterbildungsmaßnahme durchgeführt werden kann, nimmt der Kunde Kontakt zur zuständigen Bildungsberatung bzw. zu den entsprechenden Kompetenz-Centern auf. Dort wird gemeinsam mittels Bedarfsanalyse ein inhaltliches und organisatorisches Konzept erstellt. In Verbindung mit dem durchzuführenden Seminar kann, wenn der Kunde es wünscht, eine Seminarauswertung vorgenommen werden, wobei die Entscheidung über die Form der Auswertung beim Kunden liegt. Der Auftraggeber der Evaluation hat die Möglichkeit ein spezifisch auf ihn zugeschnittenes Verfahren aus zwei Varianten zu wählen. Bei Variante A wird ein Fragebogen eingesetzt. Er besteht aus 16 Fragen und einer Mischung aus unterschiedlichen Fragetypen. Die Auswertung bei dieser Variante erfolgt über einen standardisierten, maschinell lesbaren Antwortbogen. Es werden automatisch Summen gebildet und die Ergebnisse in Balkendiagrammen dargestellt. Variante B bietet dem Kunden an, mittels eines Fragenkataloges einen individuellen, seinen Bedürfnissen entsprechenden Fragebogen zusammenzustellen. Zusammenfassend ist T-Dex als eine Intranet-Anwendung zu verstehen, mit der offene sowie geschützte Umfragen bzgl. der Kundenzufriedenheit fortlaufend oder einmalig durchgeführt werden können. Hiermit werden die von den Teilnehmern online eingegebenen Umfragedaten verdichtet, berechnet und transparent in T-Dex dargestellt. Die Umfragen können per E-Mail oder Formular durchgeführt werden, wodurch ein zuvor ausgewählter Anwenderkreis erreicht wird. Die erworbenen Daten erfüllen die Bedingungen des Datenschutzes und der Anonymisierung, da jeder zu Befragende einmalig eine TAN bekommt, mit der er über einen bestimmten Zeitraum Zutritt zum Online-Fragebogen hat. Nach Versenden des ausgefüllten Fragebogens am PC ist ein erneuter Zugang nicht mehr möglich. Falls der Fragebogen innerhalb einer gewählten Zeitspanne nicht ausgefüllt wird, generiert das System T-Dex automatisch eine Erinnerungsmail mit der Bitte, an der Befragung teilzunehmen und den Fragebogen bis zum angesetzten Datum auszufüllen und zu versenden. Statistische Auswertungen können teilweise mit Hilfe von MS-Excel durchgeführt werden.442 Im vorliegenden Untersuchungskontext wurde der entwickelte Fragebogen manuell in das System T-Dex eingetragen, da die Fragen vom regulären Fragen-

442

Vgl. TELEKOM TRAINING: BV, 1997, 1ff.

192

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Grundgesamtheit/ Stichprobe Messmodell mit Hypothesen

Totalerhebung Grundlage für den Falsifikationsversuch

Operationalisierung Falsifikationsversuch

Fragebogen Pretest Datenerhebung

Datenanalyse

Post hoc Hypothesen

Bericht

Abbildung 26: Von der Totalerhebung zum Bericht katalog abwichen und ein eigenes Ziel verfolgten. Für die Erhebungsphase mit dem System wurde das Mail-Verfahren gewählt, d. h. die Beteiligung an der Befragung war vollkommen freiwillig. Die entwickelten Fragen gestatteten zumeist Mehrfachnennungen, die durch wenige qualitative Bemerkungsfelder unterstützt wurden. Ein Schaubild443 in Abbildung 26 verdeutlicht die weitere Vorgehensweise im Forschungsprozess.

443

Vgl. MAYER, H.: Interview u. schriftliche Befragung, 2004, 57.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

193

2.1.2 Die Totalerhebung in der Fallstudie Nachdem zunächst der Fragebogen als Online-Befragung und der damit verknüpfte Strukturplan im Vordergrund standen, wird nachfolgend die Totalerhebung in der Fallstudie TT Weiterbildung schwerpunktartig erläutert. Eine Alternative zur Stichprobenziehung stellt eine Totalerhebung dar, die allerdings generell mit einem zeitlich größeren Aufwand verbunden ist. Für die quantitative Erhebung fiel die Entscheidung zugunsten einer Totalerhebung im Untersuchungsbereich TT Weiterbildung. Sie umfasst alle Bereiche außer der Ausbildung. Durch die Freiwilligkeit der Teilnahme an der Online-Befragung im Unternehmen konnte ein statistisch repräsentativerer Rücklauf unterstellt werden. Um die Totalerhebung durchführen zu können, bedurfte es der Kenntnis der Organisationsstrukturen (DT und TT), einer von dem Personalverantwortlichen bereitgestellten Namensliste der derzeit im Bereich TT Weiterbildung arbeitenden Mitarbeiter und der Beachtung der bestehenden Entwicklungsprozesse (intern und extern) im jeweiligen Handlungsfeld444. Im Anschluss daran wurde die Geschäftsleitung über den Beginn und das voraussichtliche Ende der Erhebung informiert. Des Weiteren wurde die Zustimmung des Betriebsrates und des Datenschutzbeauftragten eingeholt. 2.1.3 Das Messmodell mit Hypothesen In diesem Kapitel finden sich im ersten Abschnitt zunächst theoretische Überlegungen zur Hypothesenbildung, zum Messmodell und, skizzierend, zum Skalenniveau. Im darauf folgenden Absatz werden diese Gedanken mit den im Erhebungsprozess erworbenen Erfahrungen untermauert. Um einen statistischen Zusammenhang zwischen den Variablen analysieren zu können war es notwendig, die Fragestellung der Untersuchung in Form von empirisch überprüfbaren Hypothesen zu formulieren. Die getroffenen Vermutungen wurden vor Beginn der Fragebogenentwicklung im Untersuchungskontext TT Weiterbildung in Bezug auf die forschungsleitende Frage aufgestellt. Die vorliegenden Hypothesen formulieren sowohl den Zusammenhang zwischen zwei Variablen als Wenn-dann- als auch als Je-desto-Aussagen. Während ‚Wenn-dann-Aussagen‘ eher für Variablen nominalen Messniveaus geeignet schienen, setzten Je-desto-Aussagen mindestens ordinales Messniveau bei bei444

Vgl. MAYER, H.: Interview, 2002, 41.

194

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

den Variablen voraus und trafen Aussagen über die Richtung des Zusammenhangs. Die Hypothesen waren u. a. wörtliche Zitate aus der BV E-Learning des Unternehmens TT, die teilweise durch die Befragung überprüft werden sollten. Das Ziel der quantitativen Untersuchung war die Hypothesenüberprüfung sowie die Ermittlung der jeweiligen Stärke der Effekte stets in Bezug auf die Forschungsfrage.445 Daher wurden die Vermutungen so formuliert, dass sie durch die empirische Erhebung falsifiziert werden konnten, d. h. sie sollten zwei empirisch messbare Sachverhalte zueinander in Beziehung setzen. Es handelt sich im Forschungskontext meistens nicht um deterministische, sondern eher um probabilistische Aussagen. Es wurde davon ausgegangen, dass die jeweilige Aussage eines Beschäftigten nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, nicht aber mit hundertprozentiger Sicherheit zutrifft. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der relative Anteil der Falsifikatoren innerhalb der Fallstudie im Vergleich zu den die Hypothesen bestätigenden Fällen gering ist.446 Bedeutungsvoll ist im Rahmen der durchgeführten OnlineBefragung, dass im Umgang mit den vorangestellten forschungsrelevanten Hypothesen die im Messmodell verwendeten Begriffe definiert und teilweise ihre inhaltliche Bedeutung, bezogen auf den konkreten Fall, dimensional aufgelöst wurden. Die Forschungsfrage wurde zuvor in eine Tabelle mit den zu untersuchenden Elementen zusammengefasst. Dabei wurden die einzelnen Segmente der Forschungsfrage dimensional aufgegliedert und erhielten ihre inhaltliche Bedeutung für den Kontext. Im Anschluss daran wurde in der Tabelle eine weitere Spalte eingefügt, in der die daran orientierenden Hypothesen neben den zu untersuchenden Elementen aufgeführt wurden, um so den Bezug der Hypothese zur Forschungsfrage herzustellen. In einem weiteren Schritt wurden Merkmalsausprägungen systematisch erfasst und, soweit es möglich war, ihnen numerische Werte zugeordnet. Durch diesen Vorgang ergaben sich zahlenmäßig erfasste Merkmalsausprägungen, demnach Messwerte bestimmter Variablen. Dadurch wurde die Grundlage für die spätere Auswertung gelegt. Im Mittelpunkt des Folgenden stehen die Überlegungen, wie die Ausprägung einer Eigenschaft gemessen, d. h. in Zahlen ausgedrückt werden kann.

445 446

Vgl. MAYER, H. H.: Interview u. schriftliche Befragung, 2004, 67. Vgl. http://eswf.uni-koeln.de/glossar/node85.html, gefunden am 01.06.2006.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

195

2.1.4 Die Operationalisierung Aus den unendlich vielen Variablen im Kontext der Untersuchung werden einige wenige selektiert, die für die forschungsleitende Fragestellung bedeutsam sind. Die Operationalisierung hatte im Untersuchungsbereich eine große Bedeutung, da sie die Grundlage dafür war, dass die Erhebung wiederholt werden könnte. Nur dadurch können die aufgestellten Hypothesen zuverlässig geprüft werden. Bei der Hypothesenbildung wurden bestimmte Beziehungen zwischen Variablen festgehalten, die zur Frage der Kausalität führten und die Unterscheidung abhängige oder unabhängige Variable berücksichtigten.447 Demnach galt, dass zwei oder mehr Variablen im Fragebogen kausal verbunden waren, wenn sie in einem empirisch nicht umkehrbaren, asymmetrischen Zusammenhang standen. Wenn die Ausprägungen von gewählten Variablen wahrnehmbar sind, wie beispielsweise Alter oder Geschlecht, handelt es sich um manifeste Variablen. Demzufolge sind die Fragen im Fragebogen unter dem Komplex „Angaben zur Person“ meist manifeste Variablen. Latente Variablen sind solche, die indirekt oder verborgen beobachtbar wurden, z. B. der Lernstil. Folglich wurden beim Messen latenter Variablen Hilfskonstruktionen aufgebaut.448 Die manifesten Variablen werden meist als Indikatoren beschrieben. Für latente Variablen wurde hingegen durch Items eine Fragebatterie erstellt. Operationalisierung wird verstanden als Oberbegriff für Messung, Skalierung und Indexbildung. Sie stellte im Kontext der Untersuchung die Art und Weise dar, wie das theoretische Konstrukt gemessen werden sollte. Folglich war es eine Art Anweisung. Wie bereits im Kapitel zum Messmodell mit Hypothesen erwähnt, existierte bereits eine Forschungstabelle, die alle theoretisch aufgezeigten Aspekte auf der forschungsleitenden Ebene wiedergab. So wurden nicht nur die Segmente der Hypothesen in diese Tabelle aufgenommen, sondern auch die der Operationalisierung. 2.1.5 Die Fragebogenentwicklung Eine Fragebogenentwicklung wird von den Zielen der Untersuchung bestimmt. Demzufolge wurden Fragen oder Feststellungen in den Fragebogen aufgenommen, die stets von der Frage begleitet waren: „Was soll tatsächlich gemessen 447 448

Vgl. MAYER, H. H.: Interview u. schriftliche Befragung, 2004, 73. Vgl. MAYER, H. H.: Interview u. schriftliche Befragung, 2004, 74.

196

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

werden?“. Bevor jedoch mit der Zusammenstellung der zu untersuchenden Elemente449 des Fragebogens begonnen werden konnte, musste eine Entscheidung über die Form des Fragebogens getroffen werden. Hier stand die sprachliche Form im Mittelpunkt. Sollten nur Fragen gestellt werden oder konnten auch Feststellungen zu aussagekräftigen Stellungnahmen führen? Letztlich kam es zu einer Mischung beider Arten, da sich dadurch mehr Abwechslung und Attraktivität für den Teilnehmer ergab. Während bei dem Fragentypus zwei zur Auswahl standen, wurde hinsichtlich der Antwortvorgaben zwischen offenen, halboffenen und geschlossenen Fragen unterschieden. Bei offenen Fragen sind keine Antwortvorgaben vorhanden, geschlossene verlangen hingegen vom Befragten eine Entscheidung zwischen Antwortalternativen. Bei dieser Möglichkeit sollte die Zahl der Antwortalternativen für den Befragten überschaubar, allerdings die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten auch erschöpfend sein. Falls Letzteres nicht erfüllbar war, sollte eine der Kategorien „Sonstige“ oder „Weder noch oder keine Angaben“ eingefügt werden. Bei dieser Kategorie sollte der Befragte seine entsprechende Antwort verbalisieren können. Diese Frageform wird als halboffene Frage oder Hybridfrage bezeichnet.450 Im Kontext der vorliegenden Untersuchung gab es alle drei Antwortalternativen: wenige offene und halboffene, dafür überwiegend geschlossene Fragen. Geschlossene Fragen wurden im Untersuchungsfeld bevorzugt, weil sich dadurch die spätere Auswertung bewusster gestaltet, denn bei offenen Fragen müssen die verschiedenen Antworten zunächst in Kategorien eingeteilt werden. Die offenen und halboffenen Fragen wurden als Ergänzung oder als freies Bemerkungsfeld bei inhaltlich kritischen Fragen angeboten. Bei der Mehrheit der vorgegeben Antwortmöglichkeiten war es wahlweise sinnvoll, Mehrfachnennungen zu ermöglichen. Bei der Fragebogenkonstruktion wurde auf unterschiedliche Quellen zurückgegriffen. Beispielsweise wurden Fragen aus Theorien abgeleitet, vorhandene Fragebögen zu diesem oder zu ähnlichen Themen gesichtet, eigene Erfahrungen oder die zugrunde liegende BV E-Learning sowie der TV 55 herangezogen, Experten befragt, Literaturrecherche betrieben sowie nach Relevantem in Forschungsprojekten verschiedener Institutionen451 gesucht. Im weiteren Vor-

449 450 451

Die Sammlung der Elemente steht als Synonym für Items. Vgl. MAYER, H. H.: Interview u. schriftliche Befragung, 2004, 89ff. Die verschiedenen Institutionen sind u. a. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF); Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB); Das deutsche In-

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

197



die Fragen sollten einfache Worte enthalten (keine Fachausdrücke oder Fremdwörter),



die Fragen sollten kurz formuliert sein,



die Fragen sollten konkret sein,



die Fragen sollten keine bestimmten Antworten provozieren (Vermeidung von Suggestivfragen),



die Fragen sollten keine belasteten Worte enthalten,



die Fragen sollten nicht hypothetisch formuliert werden,



die Fragen sollten sich nur auf einen Sachverhalt beziehen,



die Fragen sollten keine doppelte Verneinung enthalten,



die Fragen sollten den Befragten nicht überfordern,



die Fragen sollten zumindest formal „balanciert“ sein (negative und positive Antwortmöglichkeiten sollten für den Befragten gleichwertige Berechtigung haben: z. B. völlig unwichtig – sehr wichtig).452

Abbildung 27: Regeln zur Fragebogenentwicklung und Fragenbildung gehen der Fragebogenentwicklung und Fragenbildung wurde den in Abbildung 27 aufgeführten Regeln besondere Beachtung geschenkt: Unter Beachtung dieser Regeln, der Forschungstabelle sowie der im Unternehmen vorliegenden BV zu dem Thema E-Learning wurden insgesamt drei Komplexe innerhalb des Fragebogens gebildet: 1.

Der erste befasste sich mit Nutzungsgewohnheiten, dem Lernstil und E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung bei TT aus Sicht des Lernenden.

2.

Der zweite richtete sich an die Lehrenden, an Trainer und Konzeptentwickler im Untersuchungsbereich TT und war ausschließlich von diesen auszufüllen. Die Fragen waren alle ausgerichtet auf den Tätigkeitsbereich, d. h.

452

stitut für Erwachsenenbildung (DIE); Das Kommunikations- und Informationssystem Berufliche Bildung (KIBB) und Das deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (dipf). Vgl. MAYER, H. H.: Interview u. schriftliche Befragung, 2004, 89.

198

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

– Name und Funktion der Forscherin; – Thema der Befragung; – Zusammenfassung von Thema, Verwertungsziel und Interesse des Befragten; – Informationen zum Befragungssystem (Anonymität der Befragten, Datenschutz); – Begründung für die Auswahl der Empfänger.453

Abbildung 28: ‚Anschreiben zur Online-Befragung‘ auf die Erfahrungen mit E-Learning im täglichen Arbeitsumfeld eines Lehrenden. 3.

Im abschließenden dritten Komplex wurden Fragen zur Person gestellt, die von allen Teilnehmern zu beantworten waren.

Nachdem ein Fragebogen vorlag, galt es diesen durch ein ansprechendes Anschreiben vorzustellen. Das Anschreiben sollte folgende Aspekte enthalten: Nachdem das Anschreiben und der Fragebogen verfasst waren, wurden diese der Geschäftsleitung, dem Betriebsrat und dem Datenschutzbeauftragten vorgelegt. Als diese drei Instanzen dem Anschreiben und dem bis dato noch in Printform vorliegenden Fragebogen zugestimmt hatten, wurde er mit dem System T-Dex technisch durchgeführt. Im Anschluss daran folgte der Pretest, dessen Durchführung im folgenden Kapitel beschrieben wird. 2.1.6 Der Pretest „Bei der Konstruktion von Fragebögen spielen Erfahrungen eine bedeutsame Rolle, weil hierzu kein klar umrissener, allgemein anerkannter Wissenskanon existiert. Umso notwendiger ist es, den Fragebogen zu testen.“454

Der oben beschriebene Fragebogen wurde im Januar 2006 im Unternehmen TT im Bereich der Ausbildung einem Pretest unterzogen. Vor Durchführung des Pretests wurde der Führungskraft für den Bereich der Ausbildung das Anliegen des Tests und die Überlegungen zur Auswahl dieses Bereichs für den Pretest 453 454

Vgl. KIRCHHOFF, S./KUHNT, S./LIPP, P./SCHLAWIN, S.: Fragebogen, 2003, 29. KIRCHHOFF, S./KUHNT, S./LIPP, P./SCHLAWIN, S.: Fragebogen, 2003, 24.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

199

erläutert. Der Bereich der Ausbildung ist bei der Totalerhebung TT Weiterbildung ausgeschlossen und es bot sich daher an, die Lernprozessbegleiter im Bereich Ausbildung um eine Beteiligung zu bitten. Der Pretest wurde mit dem System T-Dex durchgeführt. So sollte gewährleistet werden, dass die Teilnehmer das Medium nutzen, mit dem anschließend auch die Befragung durchgeführt werden sollte. Nachdem die für den Bereich verantwortliche Führungskraft ihre Zustimmung gab, wurden die Namen mitgeteilt. Die Teilnehmer wurden direkt per E-Mail angeschrieben und gebeten, am Pretest einer Online-Befragung zu dem Thema „Netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung“ teilzunehmen. Dazu wurden von dem System T-Dex an jeden Teilnehmer eine TAN455 versandt, wodurch Anonymität und einmalige Beantwortung der Fragen gewährleistet wurden. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgte durch einen Mitarbeiter im Bereich der Ausbildung. Insgesamt wurden 37 Personen aufgefordert, von denen in dem angesetzten Zeitrahmen von einer Woche 21 Personen antworteten. Nach der Durchführung des Pretests erfolgte ein Dank per E-Mail bei der Führungskraft und den ausgewählten Teilnehmern. Zudem wurden die Teilnehmer telefonisch nach ihren Anmerkungen bzgl. des Fragebogenaufbaus, der Verständlichkeit der Fragen, der Eindeutigkeit und Vollständigkeit von Fragen sowie zu der Ermittlung der Befragungsdauer befragt. Diese Kommentare waren eine wertvolle Grundlage für die Überarbeitung einiger uneindeutiger sowie missverständlicher Fragen und Antwortmöglichkeiten. 2.1.7 Die Datenerhebung Die Online-Befragung wurde mit dem im Unternehmen abgestimmten und anerkannten System T-Dex durchgeführt. Die bereits im System T-Dex eingetragenen Teilnehmer, demzufolge Mitarbeiter in TT Weiterbildung, erhielten nach Freischaltung des Fragebogens am 31.01.2006 eine E-Mail mit einer Aufforderung zum Ausfüllen des Fragebogens bis zum 03.03.2006. Die E-Mail beinhaltete ein Anschreiben sowie eine TAN, durch die – wie beim Pretest – Anonymität und einmalige Beantwortung der Fragen gesichert wurden. Insgesamt wurde 652 registrierten Mitarbeitern diese E-Mail zugesandt, von denen 174 nach der ersten E-Mail auf den Fragebogen zugriffen. Nach einer Erinnerungsmail nach neun Tagen, die automatisch vom Erhebungssystem generiert wird,

455

TAN ist die Abkürzung für Transaktionsnummer und bedeutet Passwort mit einer einmaligen Gültigkeit um Transaktionen durchzuführen.

200

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Verlaufskurve der Online-Befragung (31.01.2006 - 03.03.2006)

kumulierte Anzahl der rücklaufenden Antworten

325 300 280

270

275

257

280

272

250 228 225 200 175

174

150

150

Erwartungswert

125

Verlaufskurve

102 100

Logarithmische Trendlinie

75 50 30

25 0 1

3

5

7

9

11

13 15 17 19 21 23 Tage der Online-Befragung

25

27

29

31

Abbildung 29: ‚Verlaufskurve der Online-Befragung‘ wurden innerhalb des zeitlichen Limits noch einmal 106 Teilnahmen verzeichnet. Die Erinnerungsmail wurde automatisch nur an diejenigen Mitarbeiter gesandt, die bis zu dem angegebenen Datum den ausgefüllten Fragebogen noch nicht verschickt hatten. Als Anreiz zur Teilnahme an der Befragung sollte auf der Vorschaltseite des Fragebogens allen Teilnehmern die Information dienen, dass diese Befragung das Commitment der Geschäftsleitung habe und, dass damit das Lehr- und Lernverhalten eines jeden einzelnen Mitarbeiters von Interesse für die Personalentwicklung sei. Nach Ablauf des angegebenen Zeitrahmens hatten sich insgesamt 280 Mitarbeiter im Bereich TT Weiterbildung an der OnlineBefragung beteiligt, was insgesamt einer Rücklaufquote von 43 Prozent entspricht. Dies konnte für den Bereich TT Weiterbildung als Grundlage für eine fundierte Verallgemeinerung der Ergebnisse angesehen werden. Die Verlaufskurve in Abbildung 29 zeigt neben dem errechneten Erwartungswert in Excel und der logarithmischen Trendlinie insbesondere die kumulierte Anzahl der rücklaufenden Antworten.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

201

2.1.8 Die Datenanalyse Nachdem die Daten erhoben waren, schloss sich die Datenaufbereitung und -auswertung an. Zunächst wurde eine Datenbank in Excel erstellt, in der sich alle auswertbaren Daten strukturiert und codiert wiederfinden. Nach der Aufbereitung der Daten erfolgt in einem weiteren Schritt die statistische Analyse. „Speziell bei der Datenanalyse lassen sich drei Grundaufgaben der Statistik angeben: Beschreiben (Deskription), Suchen (Exploration) und Schließen (Induktion). Jeder dieser Aufgaben entspricht ein Teilgebiet der Statistik. So widmet sich die deskriptive Statistik der Beschreibung und Darstellung von Daten. Die explorative Statistik befasst sich mit dem Auffinden von Strukturen, Fragestellungen und Hypothesen, während die induktive Statistik Methoden bereitstellt, um statistische Schlüsse mittels stochastischer Modelle ziehen zu können“456

In einem nächsten Schritt lässt sich die Datenanalyse in eine univariate, bivariate und multivariate Analyse unterteilen. Während die univariate Analyse von einer Variablen, die bivariate von zwei, geht die multivariate letztlich von drei oder mehr Variablen aus. Im Forschungskontext werden die univariate und bivariate Analyse angewendet, wodurch die Hypothesenüberprüfung gewährleistet wird. Die Vorgehensweise bei der Datenanalyse von MAYER ist in Abbildung 30 dargestellt. Durch die vollständige Eingabe der vorgegebenen Angaben eines Fragebogens in die Datenbank wurden einzelnen Variablen und Antwortmöglichkeiten Zahlen zugeordnet. Damit lag eine einheitliche Codierung sowohl der offenen, halboffenen als auch geschlossenen Fragen vor. Die weiteren Überlegungen beziehen sich zunächst auf die univariate Analyse. Ein erster Schritt der Datenanalyse bestand in der Darstellung der Häufigkeitsverteilung der einzelnen Variablen, sowohl der absoluten als auch der relativen Häufigkeit in Prozent. Diese Angaben wurden in weiteren Spalten in die Datenbank aufgenommen, so dass im zweiten Schritt die relative Häufigkeit in einem Histogramm457 dargestellt werden konnte. In MS-Excel wurde zu jeder einzelnen Variablen ein Histogramm erstellt und diese als weitere Datenblätter in das Exceldokument aufgenommen. In einem dritten Auswertungsschritt stand die Ermittlung des Mittelwertes im Zentrum. Dazu wurde von den erhobenen Daten

456 457

KIRCHHOFF, S./KUHNT, S./LIPP, P./SCHLAWIN, S.: Fragebogen, 2003, 69. Histogramm ist die grafische Darstellung einer Häufigkeitsverteilung von Messwerten.

202

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Codierung, Dateneingabe und Fehlerkontrolle

Neubildung von Variablen, Indizes und Skalen

Statistische Analyse: Beschreibung Hypothesenprüfung

Abbildung 30: Phasen der Datenanalyse458 der einzelnen drei Komplexe der Mittelwert berechnet, in eine separate Tabelle in die bereits vorhandene Datenbank eingetragen und grafisch dargestellt. Nachdem die univariate Analyse damit im Forschungskontext erschöpft war, standen die Zusammenhänge von zwei Variablen im Fokus der Datenauswertung. Dabei wurde gezielt das Verfahren der Kreuztabelle459 eingesetzt. Bei diesem Verfahren ist es üblich, in der Tabelle oben die unabhängige und an den Rand die abhängige Variable zu setzen.460 Die Ergebnisse im Kapitel E werden unter der Angabe ‚Datenbasis‘ angegeben.

458 459

460

MAYER, H. H.: Interview u. schriftliche Befragung, 2004, 102. „In Kreuztabellen werden die gemeinsamen Häufigkeitsverteilungen zweier nominal oder ordinal skalierter, manchmal zu Überblickszwecken auch gruppierter metrischer Variablen dargestellt und ausgewertet. Der genaue Inhalt einer Kreuztabelle hängt dabei vom Zweck der Darstellung ab.“, http://www. fbinnovation.de/de/ lexikon/kreuztabelle.php, gefunden am 07.07.2006. Vgl. MAYER, H. H.: Interview u. schriftliche Befragung, 2004, 116.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

203

2.2 Zur eingesetzten qualitativen Untersuchungsmethode Die quantitative wurde durch die qualitative Untersuchungsmethode ergänzt, welche nachfolgend in Bezug auf die Fallstudie vorgestellt wird. Zunächst wird sie im Hinblick auf die Programmatik qualitativer Interviewverfahren erläutert, die in enger Verbindung mit den später folgenden Gütekriterien und ihrer Einhaltung im Forschungskontext steht. Danach folgt das leitfadengestützte Experteninterview in Bezug auf TT Weiterbildung. 2.2.1 Die programmatischen Kriterien qualitativer Interviewverfahren „Interviews geben den Befragten selbst das Wort, sie erhalten im Interview Gelegenheit, über ihre Biographie, Weltsicht, Erfahrungen und Kontexte zu berichten und machen diese Informationen damit der Forschung zugänglich.“461

Aufgrund dessen war es von enormer Wichtigkeit, die quantitativ erzielten Ergebnisse durch qualitative Experteninterviews vertiefend zu ergänzen. Es ist wichtig, dass die Lehrenden und Lernenden selbst zur Sprache kommen, da sie zunächst selbst die Experten für ihre eigenen Bedeutungsgehalte sind.462 Die verschiedenen qualitativen Interviewverfahren teilen sich zentrale Prinzipien, die als Programmatik qualitativer Sozialforschung verstanden werden können und im Folgenden erläutert werden. Die wesentlichsten Prinzipien – Offenheit, Kommunikation, Prozesscharakter, Reflexivität von Gegenstand und Analyse, Explikation und Flexibilität – sollen dabei Beachtung finden. 2.2.1.1 Die Offenheit Dem Prinzip der Offenheit wurde im Untersuchungszusammenhang entsprochen, als innerhalb der qualitativ orientierten Vorgehensweise die Wahrnehmungstrichter empirischer Sozialforschung so weit wie möglich offen gehalten wurden, um somit eventuell unerwartete, jedoch instruktive Informationen zur forschungsleitenden Frage zu erhalten.463 Diese Offenheit drückt sich auf den konkreten Untersuchungsebenen aus, auf der Ebene der Untersuchungspersonen – der Beschäftigten, der Untersuchungssituationen – TT Weiterbildung und der an461 462 463

FRIEBERTSHÄUSER, B.: Interviewtechniken, 1997, 371. Vgl. MAYERING, P.: Sozialforschung, 1993, 45. Vgl. LAMNEK, S.: Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 22.

204

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

zuwendenden Methoden – leitfadengestützte Experteninterviews. Das Prinzip beinhaltet auf methodologischer und wissenschaftstheoretischer Ebene verschiedene Konsequenzen, wobei die Explorationsfunktion und der Verzicht auf eine ‚Hypothesenbildung ex ante‘ zu den beiden wichtigsten gehören. Unter Sozialforschung ist meist Exploration zu verstehen, die bei der Anwendung von standardisierten Techniken ohne vorherige Erkundungsphase meist sträflich vernachlässigt wird. Die Verzögerung der theoretischen Strukturierung bedeutet in der Konsequenz einen Verzicht auf vorab zu formulierende und dann in der Untersuchung zu prüfende Hypothesen: „Qualitative Sozialforschung versteht sich demnach nicht als hypothesenprüfendes, sondern als hypothesengenerierendes Verfahren.“464

Offenheit ist so ein nicht wegzudenkendes Prinzip der qualitativen Sozialforschung und wurde im Forschungskontext durch permanente Transparenz gegenüber den Experten und im Vorfeld gegenüber der Geschäftsleitung, dem Betriebsrat und dem Datenschützer gewahrt. 2.2.1.2 Die Kommunikation Die methodische Verzögerung einer theoretischen Strukturierung des Forschungsgegenstandes mittels eines Hypothesensystems entspricht nicht nur dem Prinzip der Offenheit, sondern auch der Einsicht, dass Forschung als Kommunikation zu verstehen ist. Es kann festgehalten werden, dass zwischen dem Forscher und den Beschäftigten Kommunikation sowie Interaktion wesentliche Elemente bildeten, die den Prozess des Interviews unterstützten sowie teilweise erleichterten. In der Fallstudie wurde nicht nur verbaler, sondern auch nonverbaler Kommunikation besondere Beachtung geschenkt. Bei den qualitativen Interviews war eine gewisse Neutralität in der Kommunikation Bedingung für das Gelingen des Interviews. Diese Voraussetzung wurde durch die Standardisierung innerhalb der Online-Befragung nicht erreicht, was sich aber durch die Verschiedenartigkeit der angewandeten empirischen Ansätze bedingte. So sind hinsichtlich der Kommunikation nicht die Missstände der einzelnen Methode aufzuzeigen, sondern der Ergänzungsgrad mit Blick auf der Beantwortung der Forschungsfrage.

464

LAMNEK, D.: Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 23.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

205

2.2.1.3 Der Prozesscharakter von Gegenstand und Analyse Wie oben erwähnt wird der Forschungsprozess innerhalb der qualitativen Erhebung ebenfalls als Kommunikationsprozess bezeichnet. Dies hat aber nicht nur ‚Folgen‘ für die Forschung als Kommunikation, sondern ebenso für die Berücksichtigung der Prozesshaftigkeit sozialer Phänomene: „Die Prozeßhaftigkeit ist dabei nicht nur dem Forschungsakt zu unterstellen, der als Kommunikation und damit als Interaktionsprozeß begriffen wird, sondern auch dem Forschungsgegenstand.“465

Der Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand soll dadurch aufgezeigt werden, dass die wissenschaftliche Erfassung des Entstehungszusammenhangs sozialer Phänomene innerhalb der Prozessualität gewährleistet ist. In einem solchen Prozess soll aber nicht nur der Forschungsgegenstand als prozesshaft bestimmt werden, sondern ebenso der Akt des Forschens selbst, der die Kommunikation sowie Interaktion des Forschers und des Informanten voraussetzt. Daraus wird deutlich, dass alle im Interaktionsprozess Beteiligten aus der Stichprobe TT Weiterbildung sowohl an der Konstruktion von Wirklichkeit als auch an der Aushandlung von Situationsdefinitionen involviert sind. Durch ihre Aussagen zur Wahrnehmung und Bewertung von E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung und die daraus resultierenden Ergebnisse werden teilweise die strategieund qualitätsbezogenen Konsequenzen, die sich für eine zukünftige Bildungsarchitektur ergeben, konstruiert. Die Beteiligung des Forschers an der Forschungskommunikation und am Forschungsresultat ist letztlich ein wichtiger konstruktiver Bestandteil des Forschungsprozesses und somit des Prozessereignisses.466 2.2.1.4 Die Reflexivität von Gegenstand und Auswertung Die Reflexivität wird, ähnlich wie bei der Prozessualität, im Forschungsgegenstand wie auch im Forschungsakt der Fallstudie vermutet. Das Reflexivitätsprinzip nahm bei der Auswertung die Form einer Forderung an.467 Aus der theoretischen Konzeptualisierung des Gegenstandes ergibt sich die Forderung für die Phänomene und Prozesse selbst.

465 466 467

LAMNEK, D.: Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 24. Vgl. LAMNEK, D.: Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 25. Vgl. LAMNEK, D.: Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 25.

206

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ „Eine Grundannahme des interpretativen Paradigmas nämlich besteht darin, den Bedeutungen von menschlichen Verhaltensprodukten – seien sie nun sprachlicher (Symbole, Deutungen, Sprechakte) oder nonverbaler Natur (Gesten, Handlungen usw.) – eine prinzipielle Reflexivität zu unterstellen.“468

Damit ist gemeint, dass jede Bedeutung an die jeweilige Umgebung gebunden ist und dass jedes Zeichen Index des Regelwerkes TT Weiterbildung ist. Aus dieser Annahme folgt, dass jede Bedeutung reflexiv auf das Ganze verweist und die Bedeutung eines Aktes oder eines sprachlichen Ausdrucks nur durch den Rekurs auf das Gesamtbild seiner Erscheinung verständlich wird. Wenn nun jede Bedeutung im Untersuchungskontext immer schon auf alle anderen Bedeutungen verweist und das Verständnis von Einzelakten im Bereich der betrieblichen Weiterbildung das Verständnis des Kontextes voraussetzt, dann ist also beides, Sinnkonstitution und Sinnverstehen, zirkulär.469 Die Beziehung zwischen dem Erforschten und dem Forscher in der Fallstudie stellt somit bestenfalls nicht nur eine kommunikative, sondern ebenso eine reflexive dar. 2.2.1.5 Die Explikation Das Prinzip der Explikation verlangt, innerhalb der Fallstudie die Einzelschritte des Untersuchungsprozesses möglichst transparent zu machen. Dies ist als Forderung innerhalb der qualitativen Forschung zu sehen und eng verknüpft mit der Einhaltung der Gütekriterien. Nach dem Explikationsprinzip sollen Regeln, nach denen die erhobenen Daten interpretiert werden, in Daten umgeformt werden, wobei es nicht möglich ist, diese Forderung vollständig zu erfüllen. Da das gesamte Regelwissen dem Anwender meist nicht bewusst ist, ist die Explikation kaum vollständig erfüllbar.470 Ob das Explikationsprinzip letztlich ein Garant für die Gültigkeit dieser Interpretationsprozesse ist, kann bezweifelt werden. Mit dem Prinzip wird lediglich die Nachvollziehbarkeit der Interpretation und damit die Intersubjektivität des Forschungsergebnisses innerhalb TT Weiterbildung überprüft.

468 469

470

LAMNEK, D.: Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 25. Vgl. zu der Begriffsgeschichte der Hermeneutik: GADAMER, H. G.: Hermeneutik, 1974, Sp. 1061-1073. Vgl. LAMNEK, D.: Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 26.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

207

2.2.1.6 Die Flexibilität „Empirische Forschung muß flexibel im gesamten Forschungsprozeß auf die Situation und die Relation zwischen Forscher und Beforschten (auch im Instrumentarium) reagieren, sich an veränderten Bedingungen und Konstellationen anpassen.“471

Das bedeutet, dass es ein gewisses Maß an Flexibilität sowohl bei der Durchführung der quantitativen als auch bei der qualitativen Forschungsmethode gibt, wobei die Flexibilität bei der qualitativen Forschungsmethode eine größere Spannbreite und Elastizität aufwies. Das flexible Verfahren in der qualitativen Sozialforschung ist das angewandte Leitfadeninterview. Es erwartet von den Befragten der Experten-Stichprobe TT Weiterbildung mehr Eigenleistung und bietet ihnen mehr Gestaltungsmöglichkeiten als beispielsweise das standardisierte Interview innerhalb der quantitativen Forschung, auch wenn es dort einzelne qualitative Bemerkungsfelder gab. Die angeführten Prinzipien innerhalb der qualitativen Sozialforschung könnten noch um ein Vielfaches erweitert werden. Im Weiteren liegt der Schwerpunkt jedoch auf dem Leitfadeninterview. Die angeführte Programmatik qualitativer Interviewverfahren und deren Bedeutung beeinflussen die späteren Ausführungen zu den Gütekriterien und werden in Bezug auf die Fallstudie rekonstruiert. 2.2.2 Das Leitfadeninterview als Experteninterview in Bezug auf ‚Telekom Training‘ Dem Leitfadeninterview ging eine quantitative Befragung voraus, um so eine erste wissenschaftlich fundierte Erkenntnis über die Akzeptanz im Bereich TT Weiterbildung gegenüber netzbasierten Lehr- und Lernformen zu erhalten. Aufbauend auf diesem Erkenntnisstand wurden die dort erworbenen standardisierten Daten durch Experteninterviews vertieft. Hintergrund dieses Vorgehens war, die Vorteile qualitativer Interviews ergänzend zu denen der quantitativen Sozialforschung zu nutzen. D. h. das Leitfadeninterview ermöglicht dadurch nicht nur eine Vertiefung in der Bewertung, sondern beleuchtet ebenso die Einstellung der Beschäftigten zum Unternehmen und insbesondere zu der forschungsrelevanten Thematik. Dabei spielen sowohl verbale, als auch nonverbale, gestische und mimische Äußerungen eine Rolle für die Beantwortung einzelner Aspekte der gestellten Forschungsfrage.

471

LAMNEK, D.: Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 30.

208

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Vor dem Experteninterview wurde ein Leitfaden mit vorformulierten Fragen oder Themenkomplexen erarbeitet. Dies benötigte auf Seiten des Forschers ein gewisses Vorverständnis des Untersuchungsgegenstandes. Der Untersuchungsgegenstand wurde bereits im Kontext der Erläuterungen zur quantitativen Studie eingeführt. Auf der Basis der Ergebnisse aus der OnlineBefragung, durch Gespräche mit dem Personal von TT Weiterbildung, Informationen aus dem Intra- und Internet, durch Lektüre des aktuellsten Geschäftsberichtes sowie des Personal- und Nachhaltigkeitsberichtes wurden die Leitfragen für die Experten472 erstellt.473 2.2.2.1 Das Leitfadeninterview als Experteninterview Das Leitfadeninterview als Experteninterview stellt eine besondere Form des Leitfadeninterviews dar, wobei der Befragte – der Experte in seinem Bereich bei TT – weniger als Person, sondern eher in seiner Funktion als Experte für bestimmte Handlungsfelder im Mittelpunkt des Untersuchungsinteresses stand. „Das Experteninterview bezieht sich auf einen klar definierten Wirklichkeitsausschnitt. Auch wird der Befragte nicht als Einzelfall, sondern als Repräsentant einer Gruppe in die Untersuchung einbezogen.“474

Dabei kam das Experteninterview ansatzweise solchen Wissensbeständen auf die Spur, die für die Erklärung sozialen Wandels von Bedeutung sind.475 Ein Schaubild476 soll die Vorgehensweise im Forschungsprozess in Abbildung 31 darstellen. 2.2.2.2 Die Stichprobe Um eine Auswahl der zu interviewenden Experten im Hinblick auf die inhaltliche Repräsentativität der Stichprobe treffen zu können, bedurfte es der Kenntnis der Organisationsstrukturen (DT und TT), einer Festlegung von Experten aus den derzeit im Bereich TT Weiterbildung arbeitenden Mitarbeitern und der Beachtung der bestehenden Entwicklungsprozesse (intern und extern). Darüber

472

473 474 475 476

„Als Experte gilt jemand, der auf einem begrenzten Gebiet über ein klares und abrufbares Wissen verfügt.“ MAYER, H.: Interview, 2002, 40. Vgl. FRIEBERTSHÄUSER, B.: Interviewtechniken, 1997, 379. MAYER, H.: Interview, 2002, 37. Vgl. MEUSER, M./NAGEL, U.: Expertenwissen, 1994, 191. MAYER, H.: Interview, 2002, 41.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

209

Stichprobe

Vorab-Festlegung

Sensibilisiertes Konzept

Vorläufige Annahme für den Leitfaden

Leitfaden Ständige Überprüfung Pretest

Datenauswertung

Bericht

Abbildung 31: Von der Stichprobe zum Bericht hinaus waren Informationen über die Aufgaben der jeweiligen Experten in ihrem zeitweiligen Handlungsfeld477 notwendig, die dem Geschäftsverteilerplan entnommen werden konnten. Im weiteren Verlauf wurde der Leitfaden dem Betriebsrat und dem Datenschützer vorgelegt, dieser mit ihnen abgestimmt und beide wurden über den voraussichtlichen Beginn und das voraussichtliche Ende in Kenntnis gesetzt. Die dieser Untersuchung zugrunde liegende Anzahl umfasst eine Stichprobe von 22 Beschäftigten innerhalb von TT Weiterbildung. Dabei wurden gezielt Experten gewählt, die in einer Art Prozesskette zum Thema E-Learning eine wichtige Schlüsselrolle einnehmen. Dies beinhaltet, dass alle Personen, die sich permanent mit ‚Change Management Prozessen‘ im Bereich TT Weiterbildung befassen und in diesen Bereichen Verantwortung tragen, erfasst wurden. Die Prozesskette im Untersuchungs-

477

Vgl. MAYER, H.: Interview, 2002, 41.

210

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Leitung BR SchwebV Gleichst. Datensch.

GL= WB & QPS

TR MD/ PS

KM

TR IT/ TK

SM

Projekte

EB IT/ TK

QS

EB MD/ PS

Lernender (7)

Abbildung 32: Prozesskette des netzbasierten Lehrens und Lernens in der betrieblichen Weiterbildung bei ‚Telekom Training‘ kontext beginnt mit der Leitung. Es folgen der Betriebsrat (BR), die Schwerbehindertenvertretung (SchwebV), die Gleichstellungsbeauftragte (Gleichst.), der Datenschützer (Datensch.), die Bereiche aus der Geschäftsleitung Weiterbildung Konzern (WBK) und Qualität/Personal/Strategie (QPS). Dann folgen die Bereiche Kundenmanagement (KM), Seminarmanagement (SM), Entwicklung und Beratung Informationstechnologie/Telekommunikation (EB IT/TK), Entwicklung und Beratung Management Development/Personal Skills (EB MD/PS), Training Management Development/Personal Skills (TR MD/PS), Training Informationstechnologie/Telekommunikation (TR IT/TK), Projekte und Qualität/ Strategie (QS). Abschließende Experteninterviews wurden mit insgesamt sieben Experten aus dem ‚Pool‘ der Lernenden aus dem gesamten Bereich TT Weiterbildung durchgeführt. Insgesamt betraf jeden Befragten die BV sowie KBV zu E-Learning in besonderer Form. Es war Ziel, eine überindividuell-gemeinsame Einschätzung über die Bewertung (Chancen, Risiken und Trends) von E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung bei TT aus subjektiver Expertensicht zu bekommen. Abbildung 32 veranschaulicht die Bereiche als Glieder der Prozesskette E-Learning. Nachdem alle Experten zu einem Leitfadeninterview bereit waren, wurde mit jedem Einzelnen ein Termin vereinbart. In einer anschließenden E-Mail wurden die Interviewpartner über das Vorhaben und der sie befragenden Person und über

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

211

die Durchführung informiert, so dass sich während des Interviews solche Formalitäten erübrigten. 2.2.2.3 Die Leitfadenerstellung Zunächst galt es aufgrund der theoretischen Vorüberlegungen ein sensibilisierendes Konzept478 zu entwickeln, welches als Grundlage für den Leitfaden diente. Für die Durchführung der Leitfadeninterviews war ein mit offen formulierten Fragen erstellter Leitfaden notwendig, der den Daten eine Struktur verlieh und durch seinen konsequenten Einsatz ihre Vergleichbarkeit ermöglichte. Dabei wurden offene Fragenformulierungen bevorzugt, so dass eine zeitliche Flexibilität gewährleistet wurde. Bei der Erstellung der Leitfragen, die in Themenkomplexe eingeordnet wurden, lag ein besonderes Augenmerk darauf, schnell abzuhakende Fragen auszuschließen, um ein aufkommendes Gespräch nicht zu unterbinden. Der Leitfaden stellte am Ende schließlich einen ausführlichen Gesprächsleitfaden dar, wobei die Gestaltung der Interviewabläufe und die Interviewdauer nicht einheitlich handhabbar waren, sondern je nach Experte variiert wurden. „Vor Beginn der eigentlichen Befragung ist es wichtig, den Leitfaden in Probeinterviews zu testen (Pretest). Problematische, zu komplexe oder unverständliche Formulierungen können dabei erkannt und verbessert werden.“479

Das Testen des Leitfadens in Pretests war eingeschränkt möglich, indem mit täglich präsenten Beschäftigten sowie Externen im Weiterbildungsbereich Tätigen über einzelne Aspekte des Leitfadens diskutiert wurde. Daraus ergab sich zu dem einen oder anderen Punkt eine Modifikation des Leitfadens, die unklare Fragestellungen ausblenden konnte. Diese Beschäftigten waren im Hinblick auf die Personengruppe der Lernenden vergleichbare Adressaten. Um sich während der Durchführung des Interviews ganz auf das Interview konzentrieren zu können, wurden alle Gespräche mit dem Einverständnis der Befragten auf Tonträger480 aufgezeichnet. Zudem wurde der jeweiligen Unter-

478

479 480

Das sensibilisierende Konzept wird als vorläufiges Konzept verstanden, welches ggf. noch modifiziert wird. MAYER, H.: Interview, 2002, 44. In diesem Fall ist unter Tonträger ein MiniDisc zu verstehen.

212

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

– ‚Zur Wahrnehmung‘ – Was wissen die Experten über die verschiedenen E-Learning-Formen bzw. welche Erfahrungen haben sie damit gemacht? – ‚Zur Bewertung‘ – Chancen, Risiken und Trends von E-Learning

Abbildung 33: Themenkomplexe des leitfadengestützten Experteninterviews suchungsperson Anonymität zugesichert, um eine ungezwungene und offene Interviewatmosphäre zu ermöglichen.481 Der Leitfaden ist in zwei übersichtliche Themenkomplexe eingeteilt (s. Abb. 33). Die Themenkomplexe werden, analog zu MAYER, als Module bezeichnet. Der Begriff Modul verdeutlicht noch mehr als der Begriff Themenkomplex eine mögliche Interdependenz der Themen. Zugleich verweist er auf die notwendige Flexibilität, innerhalb des Interviews zu entscheiden, welches Modul verwendet werden soll. Demnach sind die Module innerhalb des Kontextes variabel und auf den zu Interviewenden abstimmbar. 2.2.2.4 Die Datenerhebung Die qualitative Datenerhebung begann am 28. März 2006. Für jedes der 22 Experteninterviews galt folgender Ablauf: Im ersten Schritt des Interviews wurde sichergestellt, ob der Interviewpartner über alle für das Interview notwendigen Informationen verfügt. Mit dem zweiten Schritt befand sich der Experte direkt im Beantwortungsbereich des für die Forschungsfrage relevanten Moduls. Während die Inhalte des ersten umrahmten Textfeldes statisch sind, sind die nachfolgenden als interdependent und dynamisch zu betrachten. Dynamisch ebenfalls in der Art und Weise, wie diese Fragen in die offen geführten Interviews eingebracht wurden. Daher kann im Ergebnisteil nicht jede einzelne Frage ‚abgearbeitet‘ werden, die Antwort erschließt sich dann im Kontext (s. Abb. 34). Während des Interviews entschied sich jeweils, welche Fragenmodule schon hinreichend beantwortet waren oder ob noch weiter nachgefragt werden sollte.482 Die durchschnittliche Interviewdauer betrug 40 Minuten. Um die zugesicherte Anonymität zu wahren, wurden die Interviews nach der Verschriftlichung nummeriert, die Aussagen der jeweiligen Führungskraft farb-

481 482

Vgl. MAYER, H.: Interview, 2002, 45f. Vgl. MAYER, H.: Interview, 2002, 46.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

213

I.

Vorstellung (Name, Institution)

II.

Darlegung der Ziele der Befragung (Ziel ist es, die Einschätzung der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen – am Beispiel des Bereichs TT Weiterbildung – zu erforschen)

III. Zusammenhang mit TT IV. Verwendung eines Tonträgers V. Anonymität der Befragung

– „Zur Wahrnehmung“  Zu E-Learning gibt es ja viele Definitionen... Was charakterisiert – aus Ihrer Sicht als Experte – ‚E-Learning‘ bei TT?  Inwiefern hatten Sie in Ihrer Rolle als Experte bislang mit E-Learning-Kontakt?

– „Zur Bewertung“  Chancen Welche Chancen sehen Sie in Ihrem Bereich durch den Einsatz von E-Learning-Formen bei TT?  Risiken – Welche Risiken sehen Sie durch den verstärkten Einsatz unterschiedlicher E-Learning-Formen bei TT?  Trend – Wohin geht Ihrer Meinung nach die Entwicklung netzbasierter Lehr- und Lernformen in Ihrem Bereich? Und in der OrgE TT? –

Was sind Ihre Wünsche für die weitere Entwicklung von E-Learning?

Abbildung 34: Der Leitfaden

214

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

lich gekennzeichnet und in ein zentrales Dokument zusammengefasst. Vorab wurden jedem Interviewten seine Kernaussagen schriftlich übermittelt. Dadurch wurden dem Experten seine Aussagen transparent gemacht und ihm die Möglichkeit gegeben, noch einzugreifen, wenn er sich falsch verstanden fühlte oder etwas richtig stellen wollte. Im Ganzen endete die qualitative Erhebungsphase am 19. Mai 2006 und umfasste einen Erhebungs- und vollständigen Transkriptionszeitrahmen von neun Wochen sowie einen Auswertungszeitrahmen von zirka zwei Monaten. 2.2.2.5 Die Datenauswertung „Ziel der Auswertung bei Experteninterviews ist es, im Vergleich der erhobenen Interviewtexte das Überindividuell-Gemeinsame herauszuarbeiten.“ 483

Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede der 22 Interviews sollten, im Hinblick auf die Einschätzung der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen – am Beispiel des Bereichs TT Weiterbildung, erforscht werden. Bei der Auswertung der Aussagen der einzelnen Experten ging es nicht darum, „ein einzelnes Interview so exakt und ausführlich wie möglich zu interpretieren, sondern Problembereiche zu identifizieren, die den einzelnen Fragen des Leitfadens des Interviews zugeordnet werden können“484. Um die Problembereiche identifizieren zu können, wurden in einem ersten Schritt die einzelnen, farblich unterlegten Leitfadeninterviews fragenspezifisch zusammengetragen und somit kategorisiert. In einem zweiten Schritt wurden die Zeilen des Dokumentes nummeriert, um so Interviewstellen im Ergebnisteil kennzeichnen zu können. Schließlich wurden die fragenspezifisch zusammengefassten Aussagen in die Kategorien positiv, neutral und negativ eingeteilt. Damit wurde geprüft, ob sich Auswirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch den ergänzenden Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen ergeben. Vereinfacht gesagt wurden die Antworten, die Auswirkungen bejahten, als positiv gekennzeichnet, die Aussagen, bei denen eine gewisse Unsicherheit vorlag, als neutral und die, die verneint wurden, als negativ gekennzeichnet. Diese Einteilung orientiert sich stark an dem vorliegenden Interviewtext. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es keine eindeutige Auslegung von Texten geben kann. 483 484

MAYER, H.: Interview, 2002, 46. LAMNEK, S.: Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 206.

2 Zu den eingesetzten empirischen Untersuchungsmethoden

215

Es handelt sich um eine von außen kommende Interpretation, die nicht unbedingt identisch mit derjenigen des zu Interviewenden sein muss.485 Auch Suggestivfragen können während des Interviews nicht völlig ausgeschlossen werden. Denn durch eine umfassende und permanente Beschäftigung mit dem Thema des ergänzenden Einsatzes von E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen wird die Objektivität beeinflusst. Während der Interviews wurde stets darauf geachtet, die Fragen so neutral und offen wie möglich zu formulieren. Eine weitere Anmerkung hinsichtlich der möglichen Gefahren eines Leitfadeninterviews betrifft Frage-Antwort-Dialoge, die die Interviewdauer verkürzen.486 Aufgrund der Tonträgermitschnitte können solche Bedenken ausgeräumt werden. Die Fragen innerhalb der Interviewmodule wurden offen formuliert und die Gesprächspartner waren sowohl interessiert als auch aufgeschlossen für die Inhalte jedes Moduls. Im Ergebnisteil dieser Arbeit können dann Aussagen darüber getroffen werden, ob die jeweiligen Module positiv, neutral oder negativ eingeschätzt werden. Die Aufführung der Ergebnisse wurde nochmals mit den einzelnen Interviews verglichen. Die Ergebnisse im Kapitel E werden unter der Angabe ‚Interviewauswertung‘ im Fußnotenbereich mit der entsprechenden Zeilenangabe angegeben.

485 486

Vgl. MAYER, H.: Interview, 2002, 46. Vgl. FRIEBERTSHÄUSER, B.: Interviewtechniken, 1997, 377.

3 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ im Kontext der eingesetzten empirischen Erhebungen Beide eingesetzten empirischen Zugänge bekamen eine eigenständige Funktion, beide wurden konsequent und in ihren Besonderheiten realisiert. Sie ergänzten sich in spezifischer Weise: Während die eingesetzte quantitative Methode eher Zusammenhänge zwischen Strukturvariablen und Handlungsvariablen aufzeigte, half die qualitative, diese Zusammenhänge zu verstehen, indem sie Informationen über Deutungsleistungen und Präferenzen der Lehrenden und Lernenden lieferte. Die Bezugnahme zwischen beiden Zugängen und ihren Ergebnissen blieb allerdings eher überschaubar. Das dargestellte methodische Design ist ein Beispiel für die Komplementarität von qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden. Ein Versuch der sich ergänzenden Ergebnisbetrachtung soll daher in Kapitel E folgen. Zunächst wird die eingesetzte methodologische Triangulation näher erläutert. Unterstützt werden diese Ausführungen durch die Betrachtung der Gütekriterien.

3.1 Die Anwendung der methodologischen Triangulation in der Fallstudie „Triangulation beinhaltet die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven auf einen untersuchten Gegenstand oder allgemeiner: bei der Beantwortung von Forschungsfragen. Diese Perspektiven können in unterschiedlichen Methoden, die angewandt werden, und/oder unterschiedlichen gewählten theoretischen Zugängen konkretisiert werden, wobei beides wiederum mit einander in Zusammenhang steht bzw. verknüpft werden sollte. Weiterhin bezieht sie sich auf die Kombination unterschiedlicher Datensorten jeweils vor dem Hintergrund der auf die Daten jeweils eingenommenen theoretischen Perspektiven. Diese Perspektiven sollten so weit als möglich gleichberechtigt und gleichermaßen konsequent behandelt und umgesetzt werden. Gleichermaßen sollte durch die Triangulation (etwa verschiedener Methoden oder verschiedener Datensorten) ein prinzipieller Erkenntniszuwachs möglich sein, dass

218

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘ also bspw. Erkenntnisse auf unterschiedlichen Ebenen gewonnen werden, die damit weiter reichen, als es mit einem Zugang möglich wäre.“487

Dieses Verständnis von Triangulation soll im Folgenden anhand des Forschungsvorhabens weiter entfaltet und später in den einzelnen Kapiteln hinsichtlich der angewandten Forschungsmethoden betrachtet werden. Eine gebündelte Gegenüberstellung von quantitativer und qualitativer Sozialforschung lieferte die Begründung, warum beide empirische Methoden im Untersuchungskontext in Form einer Triangulation gewählt wurden. Mit Blick auf das empirisch nicht erforschte Feld des E-Learning-Einsatzes im Forschungskontext der Fallstudie TT Weiterbildung, sowie aufgrund der vorliegenden Kenntnisse, dass bisher keine Ergebnisse zu dem zu erforschenden Thema durch die Methode der Triangulation erhoben wurden, fiel die Entscheidung zugunsten eines Methodenmixes. Die Methode der Triangulation wird je nach Einsatzbereich in unterschiedlichen Formen charakterisiert. Während es die Daten-Triangulation, die Investigator-Triangulation und die Theorien-Triangulation gibt, soll die vierte, im vorliegenden Fall eingesetzte Tringulation von Methoden näher betrachtet werden.488 Im Untersuchungsdesign verhielten sich die beiden eingesetzten Forschungsmethoden komplementär zueinander. Es wurde nicht eine qualitative Methode genutzt, um Hypothesen für die sich anschließende quantitative Methode zu konstruieren. Vielmehr erfolgte eine Überführung von quantitativ erhobenen Daten in qualitative Daten. Durch die quantitative Methode wurde insbesondere das zu erforschende Element der Wahrnehmung durch die Lehrenden und Lernenden, welches sich aus dem Segment zur Einschätzung der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehrund Lernformen ergab, untersucht. Alle Fragen zielten grundsätzlich auf die Problematik: „Was wissen die Beschäftigten bei TT Weiterbildung von E-Learning bzw. welche Erfahrung haben sie damit gemacht?“. In der qualitativen Methode wurde der Schwerpunkt auf das Element der Bewertung, welches sich ebenfalls aus dem oben benannten Segment ergab, gelegt. Dabei wurde insbesondere nach dem Grund gefragt, was aus welchem Motiv positiv und/oder negativ beurteilt wird. Zentrales Ziel der angewandten methodologischen Triangulation ist die Evaluation der Gültigkeit der erforschten Ergebnisse, zentrales Kriterium die 487 488

FLICK, U.: Triangulation, 2004, 12. Vgl. FLICK, U.: Triangulation, 2004, 15.

3 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

219

Konvergenz der Ergebnisse bzw. der Grad ihrer Übereinstimmung. Unterstützt wird das zentrale Ziel durch die Überprüfung der Gütekriterien innerhalb der eingesetzten Forschungsmethoden in der Fallstudie.

3.2 Die Gütekriterien in der Fallstudie Die Betrachtung der Gütekriterien dient der ‚Qualitätsüberprüfung‘ sowohl der quantitativen als auch der qualitativen Forschungsergebnisse. Die Objektivität ist Voraussetzung für Zuverlässigkeit und diese wiederum ist Bedingung für Gültigkeit. Demnach ist die Qualität der Forschungsergebnisse gewährleistet, wenn die Komplementarität der Gütekriterien eingehalten wird.489 Der Grundstein für die drei Gütekriterien empirischer Sozialforschung liegt in der quantitativen Forschung. Es sind dies:



Objektivität (Unvoreingenommenheit)



Reliabilität (Zuverlässigkeit)



Validität (Gültigkeit)

In der nachfolgenden Darstellung der Gütekriterien und deren Übertragung auf die Experteninterviews wird zum wiederholten Mal deutlich, dass quantitative und qualitative Forschung sich im Forschungskontext ergänzen und nicht als Konkurrenz zu betrachten sind. Im Nachfolgenden wird das Konglomerat der Gütekriterien gemeinsam für die quantitativ als auch qualitativ eingesetzte Studie überprüft. Objektivität (Unvoreingenommenheit) Im vorliegenden Forschungsobjekt war das Kriterium der Objektivität dadurch gewährleistet, dass in die Online-Befragung weder persönliche Meinungen noch individuelle Wünsche eingeflossen waren. Hinzu kam ein geringer Freiheitsgrad bei der Auswertung der Ergebnisse, da sie weitestgehend standardisiert waren. Man kann also von einer Auswertungsobjektivität im Forschungskontext ausgehen. Als letztes Segment der Objektivität gilt die mangelnde Vorgabe bei der

489

Vgl. VESPERMANN, P.: Zertifikat und System, 2005, 143.

220

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

Interpretation der Messergebnisse, so dass eine Interpretationsobjektivität ebenfalls gewährleistet ist. Aus qualitativer Sicht besteht durch die Standardisierung einer Untersuchung und durch die bewusste Herbeiführung einer Neutralität des Kontextes die Gefahr, eine Künstlichkeit zu erzeugen, die sich verzerrend auf den Untersuchungsinhalt auswirken kann. Die qualitative Forschung möchte bewusst untersuchungsrelevante Kontextfaktoren aktiv erfassen, daher versucht sie jede Art von Vorselektion möglichst zu vermeiden. Ziel der qualitativen Methoden ist es, die verschiedenen Problemdimensionen möglichst genau zu erforschen und zu analysieren. Demnach kann Objektivität auch als Grad der Umfassendheit, mit der die forschungsrelevanten Inhalte unter Berücksichtigung der Kontextfaktoren stehen, begriffen werden.490 Bei den Leitfadeninterviews mit den Experten wurde das Gütekriterium der Objektivität in der Weise berücksichtigt, dass in einer gründlichen Vorbereitung alle Problemdimensionen so weit wie möglich in den Leitfaden eingebaut wurden. Suggestivfragen wurden vermieden, die offen gestellten Fragen, durch den Tonträgermitschnitt belegt, zu den Problemdimensionen, die sich aus der Forschungsfrage ableiten ließ, möglichst präzise erfasst. Eine objektive Durchführung als auch Auswertung kann daher festgestellt werden. Reliabilität (Zuverlässigkeit) „Eine Befragung ist u. a. umso zuverlässiger, je klarer (verständlicher und eindeutiger) die Fragen formuliert werden und je standardisierter die Untersuchung ist.“491

Die Ansprüche der Reliabilität wurden in der Online-Befragung im höchsten Maß erfüllt, da es sich bei der Befragung um eine standardisierte handelt. In der qualitativen Forschung ist eine Wiederholung der Erforschung unter denselben Bedingungen zu demselben Resultat nicht möglich, da die Daten keiner messtechnischen Transformation unterliegen und keine eindeutig quantifizierbaren Ergebnisse vorliegen. Zudem wird in der qualitativen Forschung davon ausgegangen, dass jede Untersuchung eine Auswirkung auf ihren Untersuchungsgegenstand hat – eine Wiederholung unter gleichen Bedingungen ist daher ausgeschlossen. An die Stelle der Reliabilitätskontrollen der quantitativen Forschung tritt in der qualitativen Forschung die Forderung nach ausreichender 490

491

Vgl. http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/FORSCHUNGSMETHODEN/ Guetekriterien. shtml, gefunden am 06.10.2004. MAYER, H. H.: Interview u. schriftliche Befragung, 2004, 88.

3 Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

221

Transparenz des Erhebungsablaufes, so dass die Bedingungen von Struktur und Ablauf der Untersuchung offen gelegt werden. Zudem drückt sich Reliabilität in der qualitativen Forschung durch die Datenauswertung aus. Die erhobenen Daten sind anhand einer Analyse aller problemrelevanten Inhalte zu kategorisieren und anschließend einer Interpretation zugänglich zu machen.492 In den Leitfadeninterviews wurde das Gütekriterium der Zuverlässigkeit dadurch erfüllt, dass die Struktur und der Ablauf der Leitfadeninterviews offen gelegt und mitgeteilt wurde, an welchen Stellen im Forschungsprozess die Interpretation beginnt. Außerdem wurden die durch die Interpretation erhaltenen Ergebnisse mit den Originalaussagen der Experten der Stichprobe belegt und demgemäß gekennzeichnet. Validität (Gültigkeit) Das Gütekriterium der Validität gilt ebenso wie die vorangegangen als erfüllt, da alles von Beginn an in strukturierten Tabellen, stets ausgehend von der Forschungsfrage und ihrer Operationalisierung festgehalten wurde. Zudem wurden nach Beendigung der Datenerhebung die Daten in eine Datenbank übertragen und diese mehrfach auf ihre Vollständigkeit überprüft, bevor sie ausgewertet wurden. Auch wenn die folgenden Aspekte eher als Konkurrenzgedanke zur quantitativen Forschung aufzufassen sind, sollen sie doch als ein weiteres Gütekriterium aufgeführt werden. Eine qualitative Datenerhebung gilt im Vergleich zu einer quantitativen als valider, was folgende Aspekte stützen. Es sind dies: a.

die Daten entstehen näher am sozialen Umfeld,

b.

die Informationen sind nicht durch Forscherraster prädeterminiert,

c.

die Daten sind realitätsgerechter und angemessener,

d.

die Relevanzsysteme der Befragten werden berücksichtigt,

e.

die Methoden sind offener und flexibler,

f.

die kommunikative Verständigungsbasis existiert,

e.

eine sukzessive Erweiterung der Untersuchungsbasis ist ggf. auch auf externe Fälle möglich.493

492

Vgl. http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/FORSCHUNGSMETHODEN/ Guetekriterien.shtml, gefunden am 06.10.2004. Vgl. LAMNEK, S.: Sozialforschung, Bd. 1, 1995, 171.

493

222

D Die Fallstudie ‚Telekom Training‘

In den durchgeführten Leitfadeninterviews können die oben aufgeführten Punkte a.-f. gemäß den vorangegangenen Ausführungen als erfüllt und als auf die durchgeführte Untersuchung übertragbar gelten. Für die Übertragbarkeit des Punktes g. ist anzumerken, dass der Geltungsbereich des Leitfadeninterviews auf die Beschäftigten bei TT Weiterbildung eingeschränkt ist und die Untersuchungsergebnisse zunächst nur für TT Weiterbildung gelten. Inwieweit die Ergebnisse auf das gesamte Unternehmen DT oder weitere Großunternehmen übertragbar sind, ist nicht zu sagen und bedürfte weiterer, umfangreicherer empirischer Untersuchungen, bei denen allerdings Schnelllebigkeit, Reorganisationen und Neuorientierungen im Unternehmen DT zu berücksichtigen sind.

E Veränderungstendenzen in der betrieblichen Weiterbildung – Ergebnisdarstellung

Das nachfolgende Kapitel gibt einen Überblick über die Einschätzungen der Beschäftigten des Weiterbildungsbereiches TT. Die Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung, die sich durch den Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen ergeben, werden hier näher betrachtet. Dabei ergänzen sich quantitative und qualitative Ergebnisse in spezifischer Weise. Während die quantitativen Ergebnisse Zusammenhänge zwischen Strukturvariablen und Handlungsvariablen aufzeigen, helfen die qualitativen Ergebnisse, die Zusammenhänge zu verstehen, indem sie Informationen über die Deutungen und Präferenzen der Handelnden liefern. Die allgemeinen theoretischen Überlegungen aus Kapitel B werden auf den spezifischen Fall TT übertragen. Kapitel B 1 ‚Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur‘ wird mit Kapitel E 1 ‚Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur bei ‚Telekom Training‘‘ gespiegelt. Daran anschließend werden die ‚Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung‘, Kapitel B 2, in Bezug gesetzt zu den quantitativ und qualitativ erhobenen Ergebnissen der Fallstudie von TT. Die letzte und abschließende Gegenüberstellung ist in Kapitel B 3 ‚Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in Unternehmen: E-Learning und seine Formen‘ im Hinblick auf die Fallstudie von TT dargestellt und erläutert. Dabei soll der umgekehrte Weg nicht aus den Augen verloren werden, denn eine Fallstudie dient ebenso der Überprüfung der allgemeinen theoretischen Überlegungen.494 Die Darstellung basiert auf den Prämissen der Schnelllebigkeit und der geringen Halbwertzeit der Technologien. Es handelt sich um eine Ergebnisdarstellung fußend auf Erhebungen aus dem Zeitraum Januar 2006 bis Mai 2006. Zu den Aspekten der Wandlungstendenzen in der betrieblichen Weiterbildung bei TT zählen:



494

Eine gewandelte Funktionsbeschreibung: Das diskontinuierliche Lernen auf Vorrat oder auch im ‚Nachgang‘, um Lücken zu schließen wird abgelöst durch eine kontinuierlich-bedarfsorientierte betriebliche Weiterbildung im Sinne des Lebenslangen Lernens.

Vgl. FATKE, R.: Fallstudien, 1997, 59.

226

E Ergebnisdarstellung



Eine neue Unternehmenskultur: Als wichtigste Eigenschaft treten das informell-selbstorganisierte Lernen und das didaktische Prinzip der individuellen Lernmotivation in den Vordergrund.



Ein Wandel der Vermittlungsformen: Die Gewichtung von informellen Lernprozessen und nicht traditionell-formalisiertem Lernen nehmen, ebenso wie die Nutzung von E-Learning-Formen zu.



Eine Verlagerung der Inhalte: Neben den Fachkompetenzen sind vermehrt Kompetenzen und Portfolios notwendig, die auf Problemlösung, Selbstmanagement, Kommunikations- und Medienkompetenz abzielen.



Ein Rollenwandel der Lehrenden und Lernenden: Durch einen vermehrten E-Learning-Einsatz und der daran geknüpften Forderung nach virtueller Vernetzung von Weiterbildungsanbietern verändert sich schließlich auch die Rolle der Lehrenden. Bedingt dadurch erfolgt ebenso eine Rollenveränderung der Lernenden, welche wiederum auf die Rolle der Lehrenden rückwirkt.

Kapitel B entsprechend sind die einzelnen Unterkapitel nach einer wiederkehrenden Struktur aufgebaut: Zu Beginn eines jeden Unterkapitels werden einzelne Aspekte des Forschungsstandes in Erinnerung gerufen, an die die Forschungsergebnisse angeschlossen werden.

1 Allgemeine Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur bei ‚Telekom Training‘ Der sozioökonomische Wandel stellt durch seinen Trend zur Individualisierung einerseits und eine zunehmende Globalisierung andererseits die Verantwortlichen für die Unternehmenskultur und speziell für die betriebliche Weiterbildung bei TT vor neue Herausforderungen. Die wesentlichen Charakteristika allgemeiner Veränderungen im Kontext des Wandels der Lehr- und Lernkultur bei TT werden in drei Blöcken aufgezeigt, und zwar



zu den Einflüssen gesamtgesellschaftlicher Trends auf ‚Telekom Training‘,



zu Implikationen aus ökonomischer und bildungspolitischer Sicht: Das Lebenslange Lernen bei ‚Telekom Training‘ und



zum Lehr- und Lernkulturwandel innerhalb ‚Telekom Training‘.

1.1 Einflüsse gesamtgesellschaftlicher Trends auf ‚Telekom Training‘ Die Informationsgesellschaft steht vor einem tiefgreifenden Wandel: Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien und immer höherer Geschwindigkeit bei der Datenübertragung ermöglichen flexible Lebens-, Lern- und Arbeitsweisen sowie neue Formen von Berufs- und Freizeitgestaltung. Die bevölkerungsweite und flexible Verfügbarkeit von breitbandigen Entertainmentund Informationsinhalten ist dabei einer der Wachstumshebel für die Telekommunikationsbranche. Die DT ist als führender Anbieter im internationalen Telekommunikationsmarkt insofern ein Motor der Informationsgesellschaft. Mit Produkten und Diensten werden die erforderlichen und leistungsstarken Infrastrukturen für eine zukünftige Gesellschaft mitgeschaffen und breiten Bevölke-

228

E Ergebnisdarstellung

in % 90 77 80 63

70 60

50

50

45

50

45

50

40 35

40 30 20 10 Alter

20 10 5

5

3

2

15-25

Erwerbspersonen Deutschland

25-45

Konzern gesamt

T-Com

45-65

T-Mobil

T-Systems

Abbildung 35: Durchschnittsalter Mitarbeiter Konzern Deutsche Telekom495 rungsschichten der Zugang zu modernen Kommunikationsmedien eröffnet. In den drei strategischen Geschäftsfeldern Breitband/Festnetz, Mobilfunk und Geschäftskunden richtet sich die DT an die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse und erschließt Wachstumspotenziale. Dabei bilden ökonomische, soziale und umweltrelevante Kriterien die Handlungsgrundlage. Die neuen Technologien – wie Breitband-Internet und Mobilfunk – revolutionierten die Kommunikation in den vergangenen Jahren weltweit. Im Zuge dieses Wandels hin zu einer weltweit vernetzten Kommunikations-Gesellschaft hat sich die DT ebenfalls stark verändert.496 Diese ausgewählten Aspekte aus vielfältigen gesellschaftlichen Veränderungen prägen das Wirtschaftsleben und die Marktposition der DT in Deutschland, beeinflusst ebenfalls durch die Globalisierung und den demografischen Wandel (s. Abb. 35).

495 496

http://www.telekom.de/dtag/cms/content/dt/de/14038, gefunden am 17.04.2007. Vgl. http://www.telekom.de/dtag/cms/content/dt/de/14038, gefunden am 17.04.2007.

1 Allgemeine Veränderungen

229

Die DT und ebenso die Bereiche der Weiterbildung der Organisationseinheit TT können nur wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn die vorhandene Vielfalt, die das Unternehmen bietet, erkannt und genutzt wird. Das betrifft die Mannigfaltigkeit der Belegschaft genauso wie die vielfältigen Bedürfnisse der Kunden und der Geschäftspartner. Die Vielfalt der Beschäftigten eröffnet mit ihren unterschiedlichen Potenzialen Chancen für innovative und kreative Lösungen. Dabei gewinnen die Diskussionen über den demografischen Wandel an Bedeutung. Wie in Kapitel B aufgezeigt, birgt diese Entwicklung Risiken und Chancen. Um darauf angemessen reagieren zu können, ist es notwendig, einen Einblick in die demografischen und strukturellen Bereiche der Fallstudie zu bekommen. Eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre wird es für den Konzern sein, mit einer stetig älter werdenden Belegschaft dem zunehmenden Veränderungsdruck der Märkte zu begegnen. Bei der DT wird sich der Bedarf an Arbeitskräften voraussichtlich nicht erhöhen, so dass nur wenige Neueinstellungen zu erwarten sind. Um diese Entwicklung aktiv zu gestalten, hat die DT das Projekt ‚Age Management‘ angestoßen. In einem ersten Schritt des zukunftsweisenden Projektes werden die langfristigen Folgen der fortschreitenden Veränderung der Altersstruktur aufgezeigt und allen Beschäftigten, vor allem den Führungskräften, bewusst gemacht. Ein weiterer Schritt wird sein, Innovationen im Unternehmen durch neue Formen altersgerechter Qualifizierung für eine lebenslange Entwicklung der Beschäftigten sicherzustellen. Zudem sind verschiedene Maßnahmen geplant, um ein ganzheitliches Age Management zu gewährleisten.497 Vor dem Hintergrund dieser Einflüsse gesamtgesellschaftlicher Wandlungsprozesse auf die DT und somit auf TT vollzieht sich die Debatte um netzbasiertes Lehren und Lernen, welche die Rahmenbedingungen des Lernens in der betrieblichen Weiterbildung verändern. Durch den bewussten Umgang mit E-Learning und seinen Formen kann dem Veränderungsdruck zeitnah, individuell und ortsunabhängig begegnet werden. Falls sich TT nicht zielgerichtet mit E-Learning und seinen Möglichkeiten auseinandersetzt, geht der ‚Markt‘ an TT vorbei.498 Es ist Aufgabe von TT Weiterbildung, netzbasierte Lernarrangements zu entwickeln und laufend zu verbessern, die dem jeweiligen Kontext, d. h. den lernbiografischen Kenntnissen, der Lernkompetenz und dem Vorwissen der Lernenden entsprechen. 497 498

Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2005, 23. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 66ff.

230

E Ergebnisdarstellung

TT hat innerhalb der vielschichtigen gesamtgesellschaftlichen, ökonomischen, bildungspolitischen und kulturellen Debatten eine Schlüsselrolle inne, indem sie bedarfsorientierte Weiterbildung für alle Altersstufen im Konzern konzipiert, durchführt und evaluiert. Ziel sollte es sein, wieder das ‚Mehr‘ an Überzeugungskraft zu gewinnen, und somit den Kampf ‚alt gegen neu‘ zu beseitigen,499 d. h. E-Learning-Formen und Präsenzseminare könnten in sich ergänzender Form existieren. Da E-Learning keine homogene Lernform darstellt, sondern unterschiedliche Ausprägungen und Organisationsformen betrifft und in verschiedenen institutionellen und sozialen Kontexten und in unterschiedlichen lernbiografischen Phasen stattfindet, ist es bedeutungsvoll zu wissen, wie die alternde Belegschaft dem Einsatz von netzbasierten Lernmöglichkeiten gegenübersteht.500 Die erzielten Ergebnisse innerhalb der Fallstudie TT Weiterbildung geben nicht nur einen Einblick in die Altersstrukturen, sondern auch in die Einschätzung gegenüber dem E-Learning-Einsatz im Unternehmen. Der repräsentative Rücklauf der Erhebungen lässt einige Einschätzungen zur Haltung und Akzeptanz gegenüber E-Learning in den Bildungs- und Personalbereichen des gesamten Konzerns zu. Bei der Betrachtung der Altersstrukturen in TT wird deutlich, dass in den nächsten Jahren das Problem der Überalterung auftreten wird.501 Abbildung 36 zeigt die Altersstruktur innerhalb von TT Weiterbildung und untermauert die Notwendigkeit, Weiterbildungsmaßnamen für eine älter werdende Belegschaft zu konzipieren. Auf die Auswirkungen für die Personalbereiche des Konzerns wird später eingegangen. Diese statistischen Angaben betreffen allerdings nicht nur die eigenen Mitarbeiter, sondern sie erlauben auch eine Schlussfolgerung im Hinblick auf die sich verändernde Altersstruktur der Kunden. Aufgrund der Altersstruktur und der ‚stärksten Altersgruppe von 41-50 Jahren‘ im Weiterbildungsbereich bei TT ist eine Aufklärung über Risiken, Chancen und Trends, die sich hinter netzbasiertem Lernen verbergen, ratsam, um das Bestehen eines innovativen und marktfähigen Weiterbildungsbereiches zu gewährleisten. Durch eine bewusste Aufklärung können deutliche Berührungs-

499 500 501

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 67f. Vgl. EHLERS, U-D.: Lernersicht, 2004, 329. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1408f.

1 Allgemeine Veränderungen

über 60

231

3%

28%

51-60

43%

41-50

21%

31-40

21-30

5%

< 20 und jünger 0% 0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

Basis n = 258; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart C-5.5

Abbildung 36: Alter der befragten Teilnehmer und Teilnehmerinnen ängste mit elektronischen Lernformen abgebaut oder ihnen frühzeitig entgegen gewirkt werden.502 Eine Implementierung allein reicht nicht aus, um den Einsatz von netzbasierten Lernformen als Ergänzung zu bestehenden Weiterbildungsformen zu begreifen. Denn diese beinhaltet nicht nur Veränderungen der betrieblichen Weiterbildungsformen, sondern ist auch Bestandteil der Personalentwicklung und außerdem abhängig von der betrieblichen Organisation und deren Veränderungen. Bisher wurde dieser Zusammenhang häufig nur in einer Richtung aufgezeigt, und zwar dahingehend, dass betrieblich-organisatorische Veränderungen zur Einführung von E-Learning-Formen führen oder dass sich betrieblichorganisatorische Bedingungen als Hindernis für diese Lernform erweisen. Letzteres ist in der Studie oftmals als Grund für die geringe Verbreitung von E-Learning im Unternehmen angegeben worden.503 502

503

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1071ff., Z. 1411f./Vgl. DATENBASIS, A3-3.725, 2006. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 238f., Z. 617-621, Z. 771-800, Z. 2909-2914.

232

E Ergebnisdarstellung

Lernkulturwandel - Moderne Bildungsformen – Innovation - Veränderungen bewusst und vertraut machen Bildungspolitische Debatten - Lebenslanges Lernen ist ein MUSS - Eigenverantwortung - Bedeutung von Qualifizierung und Kompetenzentwicklung - Gemeinsamer Standard in der Weiterbildung

Gesellschaft -

Überalterung anstatt Verjüngung (Verdrängungs-)Wettbewerb Marktfähig und attraktiv für den Markt Netzwerkcharakter

Abbildung 37: Verhältnis zwischen Gesellschaft, bildungspolitischen Debatten und Lernkulturwandel504 Von dem Umgang mit den technologischen Veränderungen, wie globale Vernetzung und E-Business bei TT, hängt wesentlich ab, inwieweit TT bereit und fähig ist, die Einführung und die permanente Weiterentwicklung von E-Learning bewusst als einen weitreichenden Veränderungsprozess zu begreifen und zu gestalten. Die Implementierung mediengestützter Lernarrangements alleine reicht nicht aus. Im Rahmen der bislang aufgeführten Ergebnisse lässt sich allerdings erkennen, dass zwischen E-Learning und der Organisationsentwicklung eine Wechselbeziehung besteht, die das komplementäre Verhältnis zwischen Gesellschaft, bildungspolitischen Debatten und einem Lernkulturwandel bestätigt. Mit allen drei Bereichen verbinden sich Anforderungen, Herausforderungen und Einflussfaktoren an den Weiterbildungsanbieter TT, die in Abbildung 37 grafisch skizziert werden und den empirischen Studien mit Äußerungen der Lehrenden und Lernenden entnommen sind. 504

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1426, Z. 1942f., Z. 1554f., Z. 1851, Z. 2074, Z. 2099ff., Z. 2376f., Z. 1411f., Z. 2241, Z. 3584, Z. 4177ff., Z. 2977.

1 Allgemeine Veränderungen

233

Wie die skizzierten Aussagen zeigen, werden die Diskussionen zum demografischen Wandel zum Mittelpunkt in der betrieblichen Weiterbildung. Kernpunkt aller Überlegungen ist, wie eine Perspektivänderung und wie ein Wandel im Lernverhalten eines jeden Beschäftigten erreicht werden kann, denn die Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie werden die Bildungspolitik, die Gesellschaft und den Lernkulturwandel auch in den nächsten Jahren voraussichtlich prägen. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Entwicklungen und Anwendungen für die Zukunft des Bereiches Weiterbildung von TT wünschenswert sind und welche nicht. Anknüpfend an die ‚Grobeinschätzungen‘ der Beschäftigten werden nachfolgend auf diesem Terrain differenziertere Aussagen bis hin zu ‚Feineinschätzungen‘ konkret am ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen in der betrieblichen Weiterbildung verfolgt.

1.2 Implikationen aus ökonomischer und bildungspolitischer Sicht: Das Lebenslange Lernen bei ‚Telekom Training‘ Wie in Kapitel B 1 gezeigt, werden unter ‚Lebenslanges Lernen‘ zahlreiche bildungspolitische Prinzipien und erziehungswissenschaftliche Lernformen gefasst. Zudem wird unter LLL ein lebensoffenes, natürliches, selbstständiges und partnerschaftliches Lernen, das die gesamte Lebensspanne umfasst und sich in einer lernförderlichen Umwelt vollzieht, verstanden.505 Gleichzeitig wurde hervorgehoben, dass die Umsetzung des Prinzips LLL für jedes Individuum, für seine Entwicklung und die Gestaltung der eigenen Berufslaufbahn und somit der Beschäftigungsfähigkeit und Berufsfähigkeit zwingend notwendig ist. Lernen und Beschäftigungsfähigkeit korrelieren und bilden das Fundament für den Arbeitsalltag. Dieser ist zunehmend durch Schnelllebigkeit gekennzeichnet, da das einst erworbene berufliche Know-how in immer kürzer werdenden Abständen als überholt gilt. TT kann hiervon nicht ausgeschlossen werden. Auch hier sind moderne Arbeitssituationen zunehmend von neuen Anforderungen geprägt, die sich nicht mehr nur durch regelgeleitetes Handeln oder das Abschöpfen von Erfahrungen aus der Vergangenheit bewältigen lassen.

505

Vgl. DOHMEN, G.: LLL – aber wie?, 1995, 15.

234

E Ergebnisdarstellung

LLL gilt, ebenso wie für andere Unternehmen auch für TT, als Innovationsund Wettbewerbsfaktor. Das Unternehmen steigert durch sich ständig qualifizierendes und kompetenzaneignendes Personal seine Wettbewerbsposition. Die Beschäftigten ist LLL – insbesondere für die Führungskräfte – ein selbstverständlicher Bestandteil506 des sich ständig verändernden Arbeitsalltages und wird als Regelthema betrachtet.507 Das Prinzip LLL ist eine zwingende Notwendigkeit, um überhaupt im Arbeitsalltag bestehen zu können, so lautet durchgängig die Meinung der Lehrenden und Lernenden. Es ist eine Aufgabe bis zum letzten Arbeitstag und noch darüber hinaus.508 Die Korrelation von Lernen und Beschäftigungsfähigkeit wird durch die Aussagen der Beschäftigten von TT bekräftigt. Gleiches gilt für die Einschätzung, dass LLL letztlich keine eigenständige Idee darstellt, sondern sich das Prinzip LLL aus der momentanen Aufgabe ergibt.509 Hinzu kommt, dass LLL nicht nur ein ‚Anpassungs- und Nachholungsprozess‘ an bereits Vorhandenes und sich ständig Veränderndes ist, sondern zugleich bedeutet es für den Weiterbildungsbereich von TT, ‚eine Nasenlänge‘ der Konkurrenz voraus zu sein, etwas neu oder anders zu denken und innovativ zu sein.510 Demnach schließt die geforderte Eigenverantwortung des LLL-Konzeptes mit ein, dass ein jeder Beschäftigte selbst entscheiden kann, wie er lernen möchte, d. h. mit welcher Methode er sein Lernziel erreichen kann.511 Innovationen und Qualifizierungen sind langfristig von Bedeutung um wettbewerbsfähig zu sein. Mit Innovationen, bezogen auf den Qualifikationsbereich, werden neue oder veränderte Qualifikations- und Kompetenzanforderungen erzeugt, auf die mit Qualifizierung und individueller Kompetenzentwicklung reagiert werden sollte, um sie wirksam werden zu lassen. Die in der Literatur vertretene Meinung, dass der Mensch mehr und mehr als Wettbewerbsfaktor in den Mittelpunkt rückt, wird durch die Aussagen der Lehrenden und Lernenden bestätigt. Entscheidend für die Wettbewerbsposition von TT ist, dass die richtigen Menschen eine ihren Zielen angemessene Qualifizierung und Kompetenzentwicklung ermöglicht bekommen, so dass sie zur richtigen Zeit und am richtigen Ort eingesetzt werden können.

506 507 508 509 510 511

Vgl. INTERVIEW 1, 2004, Z. 54./Vgl. auch INTERVIEW 3, 2004, Z. 643f. Vgl. INTERVIEWAUSWERTUNG 1-8, 2004, Z. 333. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1851f. Vgl. INTERVIEW 8, 2004, Z. 2085f. Vgl. INTERVIEW 8, 2004, Z. 2086f. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 3146f.

1 Allgemeine Veränderungen

235

Insbesondere den Verantwortlichen in der ‚Prozesskette E-Learning‘ ist im Rahmen des LLL bewusst, dass sie selbst in den Bereichen des E-Learning eine wichtige Vorbildfunktion einnehmen, denn erst wenn sie der ergänzenden netzbasierten Lernform offen gegenüber stehen, um so die Wettbewerbsposition von TT zu sichern, kann dies auch von ihren Mitarbeitern gefordert werden.512 Zudem können nur dann die Inhalte einer Betriebsvereinbarung, die eigens für die Thematik E-Learning im Konzern und für TT entwickelt wurden, realisiert werden. Der Umgang mit E-Learning-Formen bildet im Zuge des LLL eine Forderung an Lehrende und Lernende, ebenso an die Organisation, die die organisatorisch-strukturellen Bedingungen schaffen soll.

1.3 Zum Lehr- und Lernkulturwandel innerhalb ‚Telekom Training‘ Die Grundlage der weiteren Ausführungen bildet das Resümee aus Kapitel B 1.3. Demnach handelt es sich bei einer neuen Lernkultur um ein verändertes Verständnis von Lernen als einen notwendigen, selbstständigen, konstruktiven und lebenslangen Prozess, der zunehmend dem Lernenden mehr Verantwortung überträgt. Besondere Berücksichtigung gilt dem informellen Lernen und dem Lehrenden in der Rolle des Moderators, des Lernbegleiters oder des Lernberaters. Die Umrisse einer neuen Lernkultur im Unternehmen TT greifen die geschäftsrelevanten Aspekte zur Unternehmenskultur auf. Jedoch kann eine neue Unternehmenskultur nicht nur durch Begriffe wie Atmosphäre, ‚Values and Beliefs‘ oder den im Unternehmen erzählten Anekdoten beschrieben werden. Sie wird erst zu einer sich ständig in Bewegung Befindenden, wenn sie sich im Lebens- und Lernstil bemerkbar macht, und zwar sowohl für diejenigen, die ein Unternehmen als Kunden von außen erleben, als auch für ihre Beschäftigten – u. a. sowohl Lehrende als auch Lernende in der betrieblichen Weiterbildung. Denn einzig das Handeln von Führungskräften und Mitarbeitern bestimmt, welche Wirkungen das Unternehmen erzielt, wie es von außen wahrgenommen und wie es von innen erlebt wird. Zudem bestimmt dieses Handeln, welche neuen Erfahrungen das Unternehmen macht, welche neuen Lernprozesse eingeleitet werden und in welche Zielrichtung die Unternehmenskultur weiterentwickelt wird. 512

Vgl. INTERVIEWAUSWERTUNG 1-8, 2004, Z. 1131ff.

236

E Ergebnisdarstellung

Innerhalb der DT wird eine „starke Unternehmenskultur, die ein echtes Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb darstellt“513, angestrebt durch ein gemeinsames Wertegerüst T-Spirit. „T-Spirit ist kein Selbstzweck, sondern Mittel, um unser Ziel zu erreichen: Wir wollen das führende Dienstleistungsunternehmen der Branche werden.“514

T-Spirit ist das Leitbild der DT und besteht aus einer Konzernvision und sechs zentralen Werten für den Konzern, die auch für alle Divisionen und den Shared Services gelten. Das ‚T‘ vor Spirit ist das verbindende Glied unter den Divisionen und steht für Qualität, Innovation und Effizienz. ‚Vision‘ „Als das führende Dienstleistungsunternehmen der Telekommunikations- und Informationstechnologie-Industrie verbinden wir die Gesellschaft für eine bessere Zukunft. Mit höchster Qualität, effizient und innovativ zum Nutzen unserer Kunden. In jeder Beziehung.“515

Der Visionsgedanke stellt den Kunden in den Mittelpunkt. Auf ihn sind alle Aktivitäten gerichtet. ‚Wertegerüst‘ Neben der Vision besteht das Konzernleitbild aus einem Wertegerüst mit sechs zentralen Werten, die alle Aussagen zur angestrebten Unternehmenskultur enthalten. Es sind darin sowohl wichtige Elemente der Unternehmensstrategie als auch die Verbindung von gewachsenem Selbstverständnis, Unternehmensphilosophie und beabsichtigter Entwicklung im Hinblick auf die Unternehmensziele beschrieben. Eine Grafik veranschaulicht die sechs zentralen Werte (s. Abb. 38). Im Anschluss werden diese aus der Unternehmensperspektive näher charakterisiert.

513

514 515

DEUTSCHE TELEKOM: Human Resources Development, 2007. Gefunden unter http:// hrd.telekom.de/ ebene1/culture/index.html am 02.04.2007. RICKE, K.-U.: Konzernleitbild, 2003, 23. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 23.

1 Allgemeine Veränderungen

237

Zentrale Werte (Corporate Values)

S

P

I

R

I

T

Steigerung des Konzernwertes

Partner für den Kunden

Innovationen

Respekt

Integrität

Top Excellence

Abbildung 38: Konzernleitbild ‚T-Spirit‘516 Mit den sechs zentralen Werten von T-Spirit verbindet der Konzern Folgendes:



Steigerung des Konzernwertes – „Wir steigern den Wert der Telekom nachhaltig“517.



Ein Ziel des Konzerns ist, profitabel zu wachsen und neue Werte zu schaffen, damit eine langfristige und stabile Kursentwicklung erzielt werden kann. Dabei sind qualifizierte und motivierte Mitarbeiter die wichtigste Ressource des Unternehmens.



Partner für die Kunden – „Wir begeistern unsere Kunden durch exzellente Produkte und Services“518.



Die Kundenorientierung stellt eine weitere Prämisse des Konzerns dar. Indem die Bedürfnisse und Anforderungen des Kunden auf hohem Niveau in Sachen Qualität, Effizienz und Innovation erkannt und gelöst werden, will der Konzern diesem Anspruch gerecht werden.519

516 517 518 519

Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 23. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24.

238

E Ergebnisdarstellung



Innovationen – „Wir schaffen ein Klima für Innovation und Spaß an Leistung“.520



Durch die Förderung so genannter Prozessinnovationen521 soll im Konzern eine Effizienzsteigerung erreicht werden.522



Respekt – „Wir nutzen unsere kulturelle Vielfalt, respektieren und unterstützen uns“.523



Dieser Gedanke beinhaltet Teamorientierung sowie Zusammenarbeit und Vernetzung im Konzern. Zudem geht es um die Wertschätzung der kulturellen Vielfalt. Dabei gilt Respekt vor der Persönlichkeit und der Leistung der anderen als eine Grundvoraussetzung für den gemeinsamen Erfolg. Gleichsam ist Respekt, unter vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, die Voraussetzung, um aus der kulturellen Vielfalt des Konzerns eine besondere Stärke zu machen.524



Integrität – „Wir kommunizieren offen und ehrlich und halten, was wir versprechen“.525



Nach innen und außen ist Integrität die Grundlage der Glaubwürdigkeit. Attribute wie Offenheit, Ehrlichkeit, Berechenbarkeit und Transparenz werden damit verbunden. Dies gilt sowohl für die Mitarbeiter, als auch für die Führungskräfte.526



Top Excellence – „Wir denken und handeln entschlossen, wollen mit den richtigen Menschen am richtigen Platz ständig effizienter werden, belohnen Leistung und sanktionieren Fehlverhalten konsequent“.527

520 521

522 523 524 525 526 527

DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24. Prozessinnovation beinhaltet die Tätigkeiten der Erfindung, Entwicklung, Produktion und Markteinführung des neuen Produktes im Unternehmen. Vgl. http://www. wiwi.tu-freiberg.de/innov/Lehre/Ein-fuehrung.pdf, gefunden am 13.09.2004. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24.

1 Allgemeine Veränderungen



239

„Im Vordergrund dieses Wertes steht das Streben nach ständiger Verbesserung, der Leistungsgedanke, ohne den ein Konzern nicht erfolgreich am Markt agieren kann.“528 Entscheidend bei der Prämisse der Marktorientierung und des Erfolgs ist, dass die Mitarbeiter dort eingesetzt werden, wo sie auf Grund ihres Potenzials den größten Wert für den Konzern erzielen können. Mit dem Wert Top Excellence sind beispielsweise die Attribute Effizienz, Professionalität, Ergebnisorientierung, Pragmatismus, Entscheidungsstärke und Eigenverantwortung verbunden.529

Die T-Spirit Werte sind Bestandteil des gesamten Human-Ressources-Prozesses und bilden unter der Verbindung des gemeinsamen T´s die Unternehmenskultur. Dabei gilt es, die Werteorientierung im Konzern zu verdeutlichen, „wie rekrutiert, entwickelt und beurteilt wird“530 und insbesondere Innovationen zu fördern, die, auch innerhalb des Weiterbildungsbereiches bei TT, Anlass sein müssen, Gewohnheiten zu verändern. Was konkret unter Innovationen in Verbindung mit der Unternehmenskultur bei DT verstanden und was tatsächlich mit Veränderungen von Gewohnheiten verbunden wird, lässt sich folgendermaßen beschreiben: Eine Unternehmenskultur, die Innovationen fördert, in der innovatives Verhalten, Kreativität und Eigeninitiative geschätzt und gelebt werden, bildet eine der Säulen der Kulturstrategie innerhalb der DT. „Innovationskultur ist einerseits definiert als die Einstellung, Fähigkeit und Motivation sowie das Commitment, Verhalten und Handeln der Beschäftigten und Führungskräfte zum Thema Innovation, andererseits als die institutionellen Rahmen, Systeme, Strukturen, Prozesse und Kommunikation im Konzern, die den Innovationsgedanken der Beschäftigten und Führungskräfte nachhaltig unterstützen.“531

Ausgewählte Ziele der Entwicklung einer innovationsfördenden Kultur sind im Wesentlichen:



die Förderung des Innovationsverhaltens der Beschäftigten im Konzern,



die Verankerung des Leistungs-, Innovations- und Wettbewerbsgedankens im Handeln der Mitarbeiter,

528 529 530

531

DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 24. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2003, 25. DEUTSCHE TELEKOM: Human Resources Development, 2007. Gefunden unter http:// hrd.telekom.de/ ebene1/culture/index.html am 02.04.2007. http://hrd.telekom.de/ebene1/culture/index.html, gefunden am 02.04.2007.

240

E Ergebnisdarstellung



die Unterstützung der Eigenverantwortung sowie -initiative der Beschäftigten,



die Stärkung des Führungsverhaltens zur Förderung der Innovationsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter,



die Einrichtung sowie Weiterentwicklung von Innovation Playgrounds um die Kreativität der Mitarbeiter komplett auszuschöpfen.532

Wenn diese Ziele der Unternehmenskulturentwicklung sich in den Einstellungen und Gewohnheiten der Beschäftigten des Unternehmens DT äußern sollen, dann bedeutet dies, dass eine Kulturveränderung insbesondere im Agieren der Beschäftigten stattfinden muss. Es verspricht allerdings wenig Erfolg, eine Kulturveränderung gegen den Widerstand der Beschäftigten durchsetzen zu wollen. Auch wenn natürlich der Lernprozess im Mittelpunkt stehen muss, dürfen die Begleitinstrumente, die Gewohnheiten des Lernens und die Anforderungen an ein Medium nicht unterschätzt werden.533 Welche Aspekte Beschäftigte bei TT dazu veranlassen könnten, ihre Gewohnheiten zu verändern, werden nachfolgend aufgeführt. Kulturveränderungen können relativ schnell und relativ leicht geschehen, wenn die Führungskräfte und Mitarbeiter ausreichend motiviert sind, sich die neuen Gewohnheiten zu Eigen zu machen. Die Kehrseite wäre, dass es eines triftigen Grundes bedarf, um ‚liebgewonnene Gewohnheiten‘ zu verändern. Ob es sich dabei um eine intrinsische oder extrinsische Motivation handelt, ist nebensächlich, da der Mensch nachvollziehbare Gründe braucht, um sein Verhalten zu ändern. Im Zuge der ersten Schritte eines Kulturwandels in der DT wird der Ausbau einer ausgeprägten Servicekultur angestrebt. Dies bedeutet übertragen auf die Praxis in der Organisationseinheit TT Weiterbildung: „Partner für den Kunden zu sein, aus der Perspektive des Kunden zu denken und zu handeln und das eigene Engagement mit Leidenschaft konsequent auf den Kunden auszurichten.“534

532

533 534

Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Human Resources Development, 2007. Gefunden unter http://hrd.telekom. de/ebene1/culture/index.html am 02.04.2007. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2286-2288. DEUTSCHE TELEKOM: Human Resources Development, 2007. Gefunden unter http:// hrd.telekom. de/ebene1/culture/index.html am 02.04.2007.

1 Allgemeine Veränderungen

241

Servicekultur

Servicementalität

Umfeld

ServiceQualität

Servicezuverlässigkeit

Beanstandungen

Qualifikation & Kompetenz

Abbildung 39: Merkmale von Servicequalität Bei TT ist der Kunde der Lernende, der eine zielgerichtete Qualifizierung benötigt. Dabei ist bei einer Servicekultur entscheidend, dass die Qualität beim ersten Versuch die Erwartungen des Lernenden erfüllt, vielleicht sogar übertrifft. Da die Dienstleistung gemeinsam mit dem Lernenden erbracht wird, nimmt dieser Qualitätsmängel ebenfalls wahr. Oftmals besteht zwar die Möglichkeit nachzubessern, aber der Lernende erfasst die erste Fehlleistung ebenfalls. Die Servicequalität umfasst alle Maßnahmen, die ergriffen werden, damit die Erwartungen des Lernenden an den Service erfüllt werden, denn ‚Qualität ist das, was der Lernende als Qualität bezeichnet‘. Die in Abbildung 39 veranschaulichten Aspekte sind dabei bemerkenswert.

242

E Ergebnisdarstellung



Servicekultur: Das Unternehmen ist aufgefordert, nach innen und außen eine explizite Servicekultur zu leben und auszustrahlen. Dabei haben die Führungskräfte eine Vorbildrolle und sollten eine Servicekultur vorleben.



Servicementalität: Die Beschäftigten des Unternehmens DT und TT müssen eine Servicementalität haben. Aufgefordert sind insbesondere Mitarbeiter mit Kundenkontakt. Die Servicementalität wird verstärkt gefördert, wenn alle Beschäftigten den nächsten Prozessschritt als Kunden begreifen und entsprechend serviceorientiert handeln.



Servicezuverlässigkeit: Die Prozesse und Leistungen sollten gemäß den Erwartungen des Lernenden abgebildet werden und dementsprechend funktionieren.



Qualifikation und Kompetenz: Die Servicemitarbeiter sollten auf ihrem Fachgebiet kompetent sein. Dies gilt in Bezug auf ihre fachlichen Kompetenzen, aber ebenso in Bezug auf ihre Sozialkompetenzen, die sich im persönlichen Umgang mit den Kunden auszeichnen.



Beanstandung: Beanstandungen bzw. Beschwerden können als persönliche Verbesserungspotenziale aufgenommen werden.535



Umfeld: Das Umfeld ist als ‚materielles Umfeld‘ zu begreifen, in welchem die Service-Leistungen erbracht werden.

Der Gedanke einer verstärkten Servicekultur ist in der betrieblichen Weiterbildung bei TT ebenfalls ein Thema. Doch bevor sich eine Unternehmenskultur sinnvoll im Sinne einer innovationsfördernden Kultur – zugespitzt auf den E-Learning-Einsatz – wandelt, ist es wichtig zweierlei zu wissen: 1.

Was wird auf Seiten der Lehrenden und Lernenden als Vor- und Nachteile angesehen, was ist ihre Motivationslage?

2.

Was sind die Chancen der bisherigen Gewohnheiten bzw. welche Grenzen gab es bislang?536

535

Vgl. FLEIG, J./WALLMEIER, W. (Hg.): Servicequalität. Gefunden unter http://www. business-wissen.de/de/baustein/bs13/ am 02.04.2007. Neben den Handlungen aus Gewohnheit lassen sich noch Handlungen aus Zwang anführen. Der Zwang ist zwar das letzte Mittel, soll an dieser Stelle aber nicht aus-

536

1 Allgemeine Veränderungen

243

Beide Aspekte können insofern der Schlüssel zu einer Kulturveränderung sein, als die innere Logik der momentanen Gewohnheiten verstanden werden muss, damit man die Möglichkeit hat, die Rahmenbedingungen gezielt so zu verändern, dass ein anderes Verhalten subjektiv – in den Augen sowohl der Lehrenden aber auch der Lernenden – sinnvoll wird. Alles andere wäre ‚Ressourcenverschwendung‘, die im günstigen Fall wirkungslos, im ungünstigen Fall schädlich wäre. Als weiterer Punkt zur Veränderung einer Unternehmenskultur bei DT und TT wäre zu bedenken, dass die Motivatoren, also was die Beschäftigten konkret in ihrer Tätigkeit motiviert, was sie anstreben oder vermeiden wollen, kaum dem Zugriff des Unternehmens unterliegen. Daher ist es sinnlos, im Rahmen der Kulturveränderung an die Motivatoren anzuknüpfen, z. B. durch permanenten Appell mit Leitbildern, Slogans, etc.. Allerdings unterliegen dem Zugriff des Unternehmens wohl die Instanzen, die darüber entscheiden, ob die Beschäftigten erhalten, was sie anstreben, und die Prüfsteine, von denen abhängt, ob sie es bekommen. Daran sind die entscheidenden Momente für eine sich verändernde Kultur geknüpft, denn ändern sich die Bedingungen, unter denen die Mitarbeiter aller Ebenen bekommen, was ihnen bedeutsam ist, werden die meisten von ihnen relativ zeitnah ihre Gewohnheiten und somit ihr Verhalten ändern. Fest steht also: ein zielgerechter Umbau der Bedingungen, unter denen alle Beschäftigten erreichen, was ihnen wichtig ist, ist das zentrale Instrument der Kulturveränderung im Unternehmen.

geschlossen werden. Der beste ‚Motivator‘ ist eigentlich die richtige Überzeugung. Sie ermöglicht den indirekten Führungsstil, führt zu Interessenübereinstimmung von ‚Soll‘ und ‚Tun‘. Es bleibt eine vielfach und immer wieder diskutierte Frage, wie Überzeugungen entwickelt werden, dies soll allerdings nicht weiter betrachtet werden.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung im Unternehmen ‚Telekom Training‘ Ebenso verhält es sich in der betrieblichen Weiterbildung bei TT. Die Wirkungen des Wandels auf die Weiterbildung zeigen sich nach Aussagen der Befragten zu 78 Prozent in der Veränderung von einer offenen zu einer bedarfsgerechten Weiterbildung und zu 67 Prozent von einer kostenunabhängigen Weiterbildung zu einem Kosten-Nutzen-Denken. 54 Prozent sehen den Wandel in den jetzt in den Vordergrund gerückten Schwerpunkten Problemlösung und Akzeptanzbildung, die die reine Vermittlung von Faktenwissen ablösen. Damit wird die von EHLERS in Kapitel B angekündigte Neuorientierung hin zu mehr Eigenaktivität, Interessenbezug, Eigenverantwortlichkeit, Integration Welche Trends in der Weiterbildung sind Ihrer Meinung nach zu verzeichnen? von kostenunabhängiger Weiterbildung zu Kosten-Nutzen-Denken

67%

von Weiterbildung als Bedürfnis zu Weiterbildung als Investition

34%

von darbietender zu Motivierender Weiterbildung

39%

von fallweiser, unsystematischer zu permanenter, systematischer Weiterbildung

30%

von Wissensvermittlung zu Problemlösen und Akzeptanz-Bildung

54%

von offener zu bedarfsgerechter Weiterbildung

78%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

Basis n=147; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-B1-1.2-4.2

Abbildung 40: Trends der Weiterbildung

246

E Ergebnisdarstellung

Just-in-time

Bedarfsorientiert

Berufsbegleitend

Lernangebote müssen die Lernarten und Lerntypen unterstützen

Abbildung 41: Betriebliche Weiterbildung aus Sicht der Beschäftigten

Unternehmensentwicklung Betriebliches Informationswesen - Wissensmanagement

Prozesse unterstützen

Betrieblicher Kompetenzausbau - Bildungsmanagement

Marktfähig

Explizites Wissen

Geschäftsziele verfolgen

Implizites Wissen Kompetenz

ZDF Wissenskontinuum

Information

Abbildung 42: Betriebliche Weiterbildung aus unternehmerischer Sicht537 537

Die Abkürzung ZDF steht für ‚Zahlen, Daten, Fakten‘.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung

247

gemachter Erfahrungen und bestehender Überzeugungen bedeutungsvoll. Alle Veränderungen führen weg von traditionellen Frontal-Lehrsituationen hin zu einer Befähigungspädagogik. Dabei müssen die Lerntypen unterstützt werden durch berufsbegleitende, bedarfsorientierte und just-in-time Lernangebote. Dieser Trend und zugleich Wunsch der Beschäftigten bei TT Weiterbildung wird bekräftigt durch die Forderungen des Konzeptes des LLL und durch eine permanent geforderte Personal- und Unternehmensentwicklung, um marktfähig zu bleiben. Die Unternehmensentwicklung, das betriebliche Informationswissen und das Wissensmanagement werden durch diese Prozesse und den betrieblichen Kompetenzausbau unterstützt. Dabei verfolgt das Bildungsmanagement durch die Geschäftsziele die Gewährleistung seiner Marktfähigkeit. Ein beginnender Transfer durch ein Wissenskontinuum ist außerdem von Relevanz für die weitere Unternehmensentwicklung. Das Unternehmen TT reagiert wie viele andere Unternehmen mit einer neuen Ausrichtung der betrieblichen Weiterbildungsarbeit auf den Wandel seines wirtschaftlichen Umfeldes. Es steht von verschiedenen Seiten her unter starkem Druck: Das Erschließen neuer Märkte, aber auch die wachsende Konkurrenz durch die Globalisierung zwingt TT, Produkte und Dienstleistungen in immer kürzeren Abständen, in besserer Qualität und zu günstigen Preisen auf dem internen und externen Markt anzubieten. Diese Entwicklungen ziehen veränderte Qualifikationen und Kompetenzen bei den Beschäftigten nach sich und spiegeln sich in neuen Lehr- und Lernkonzepten der betrieblichen Weiterbildungsarbeit wider. „Das Qualifizierungskonzept in Telekom Training wurde vor folgendem Hintergrund entwickelt: Steigender Wettbewerbsdruck, technologischer Fortschritt sowie Regulierungsvorgaben machen einen Personalumbau im Konzern in den nächsten Jahren zwingend notwendig. Dies ist auf der einen Seite mit einem Verlust, auf der anderen Seite mit einem Aufbau von Wissen und Kompetenzen verbunden. Um dies zu kompensieren muss strategisch gesteuert werden. Hier greifen verschiedene Konzepte im Rahmen des Personalflexibilisierungsprojektes Telekom Training. Eine Untermenge stellt dabei das Qualifizierungskonzept von Telekom Training dar, das durch vorausschauende und gezielte Qualifizierung über die bereits vorhandenen Instrumente der Qualifizierung (MOP/TV55) hinaus einen Beitrag zur Kunden- und bedarfsorientierten Steuerung der Personalressourcen leistet. Dabei steht der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeitern und Führungskräften durch kontinuierliche Entwicklung von Kompetenzen im Fokus des Konzeptes.“538 538

http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/intern_gbg/index.jsp, gefunden am 29.03.2007.

248

E Ergebnisdarstellung

TT wird diesen Anforderungen zunehmend gerecht, indem die Verantwortlichen ihren Beschäftigten vielfältige interne und externe Weiterbildungsangebote ermöglichen. Aufgrund der sich immer stärker verändernden ökonomischen Rahmenbedingungen kann der projizierte Qualifizierungsbedarf nicht wie bisher durch traditionelle Weiterbildungsangebote alleine gelöst werden. Zu den entstehenden neuen Lehr- und Lernformen gehört in komplementärer Art ein Bewusstsein der Beschäftigten, selbst initiativ zu werden, sich verändertes Wissen selbstständig anzueignen, um so die eigene Beschäftigungsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Die verschiedenartigen E-Learning-Formen eröffnen die Möglichkeit, den großen Qualifizierungsbedarf der Unternehmen zeit- und arbeitsplatznah einzulösen, das eigenverantwortliche und selbst organisierte Lernen der Mitarbeiter zu begünstigen. Im Nachfolgenden werden Aussagen der Lehrenden und Lernenden im Bereich der Weiterbildung bei TT in den ausgewählten Ausführungen zur Organisationsentwicklung von DIETRICH und HERR gegenüber gestellt, und zwar wie in Kapitel B im Sinne des Stakeholder Ansatzes, ausgerichtet an inhaltlichen, partizipativen und organisatorischen Aspekten. Dabei wird offensichtlich, dass die betriebliche Weiterbildung bei TT eine Schlüsselrolle für die Berufsbiografie sowohl der Lehrenden als auch der Lernenden sowie gleichermaßen für die Marktfähigkeit des Unternehmens, die soziale Kommunikation, das Klima und die Beziehungsqualität zwischen Beschäftigten bei TT erhält.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung

249

2.1 Ausgestaltung der Lernarrangements – Inhaltliche und formale Aspekte Die inhaltlichen Aspekte zur Ausgestaltung der Lernarrangements bedeuten für die Personalentwicklung durch das permanent geforderte Lernen eine Herausforderung, so dass die betriebliche Weiterbildung zu einem integralen Bestandteil im Arbeitsprozess wird. E-Learning wird in diesem Rahmen immer bedeutungsvoller, was durch die Ausführungen zu den sich gegenseitig bedingenden Aspekten zunehmender Globalisierung und Mobilität, zunehmender Individualisierung und Flexibilität, Reduktion der Kosten, Verbesserung von Lehr- und Lernqualität, engerer Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden und der veränderten Qualität der Mitarbeiterqualifikation bereits aufgezeigt wurde. Unter Berücksichtigung der verkürzten Halbwertzeit des Wissens, der hohen Anfangsfinanzierungen, die mit einem Einsatz von E-Learning-Formen verbunden sind, der Forderung nach intensivem Wissenstransfer, einer Aufweichung der Grenze zwischen Lernen und Arbeiten und einer sich verändernden Mitarbeiterqualifikation ist die Abgrenzung zwischen Bildung und Unterhaltung nicht mehr klar definierbar. 539

„Die Grenzen zwischen Bildung und Unterhaltung werden durchlässiger.“

Daher wird möglicherweise das netzbasierte Lernen von vier Prozent der Beschäftigten bei TT Weiterbildung noch als ‚Spielerei‘ verstanden und ringt um seine Berechtigung neben anderen Lernformen.540 „Die Lerninhalte und -gegenstände stehen weiterhin im Mittelpunkt, den Lernenden soll jedoch stärker ermöglicht werden, ihre individuellen Interessen, Bedürfnisse und Kompetenzen hinreichend zu berücksichtigen und individuelle Lernwege zu finden. Dabei darf sich das Lernen nicht im Zufälligen verlieren. Auf Wissensvermittlung oder auf lehrende Aufgaben wird nicht verzichtet, bedeutsam ist vielmehr die Transparenz des Lerngeschehens für die Lernenden sowie ein angemessener Wechsel von Struktur und Dynamik.“541 539

540 541

DIETRICH, S./HERR, M.: Organisationsentwicklung. In: NUSSIL, E/SCHIERSMANN, C./ SIEBERT, H. (Hg.): Management und Organisationsentwicklung, Bielefeld, 2/2004, 25. Vgl. Datenbasis, A2-2.11, 2006, Z. 187. DIETRICH, S./HERR, M.: Organisationsentwicklung. In: NUSSIL, E/SCHIERSMANN, C./ SIEBERT, H. (Hg.): Management und Organisationsentwicklung, Bielefeld, 2/2004, 25.

250

E Ergebnisdarstellung

Den Befragten ist zu 25 Prozent das Lernmedium egal, aber der Lerninhalt nicht.542 66 Prozent geben an, dass sie sich am liebsten in Präsenzseminaren weiterbilden und 73 Prozent ist wichtig, dass sie lernen können ohne Leistungsdruck.543 Da die Tendenz zu immer stärkerer Individualisierung von Weiterbildungsangeboten geht, ruft dies zunehmend Debatten über Qualitätssicherung hervor, in denen Fragen der Verbesserung von Transparenz und der Zertifizierung im Unternehmen diskutiert werden. 2.1.1 Praktizierte Lernformen in der Weiterbildung Ziel des Lernens ist, die Handlungsvoraussetzungen im Umgang mit den Modernisierungsfolgen zu verbessern, also Handlungsbehinderungen zu überwinden und irritierende Situationen neu zu begreifen.544 Dieses Lernziel kann durch drei Lernformen realisiert werden. Diese drei in einem Komplementärverhältnis stehenden Lernformen werden an dieser Stelle nicht wie in Kapitel B 2 gesondert, sondern zusammen betrachtet. Dadurch werden die praktizierten Lernformen der Beschäftigten in der betrieblichen Weiterbildung bei TT und ebenso die Verzahnung der drei Lernformen in der Praxis verdeutlicht. Bei TT sind alle drei Lernformen vorzufinden, um dem Bedürfnis nach betrieblicher Weiterentwicklung und nach Verbesserung der eigenen Kompetenzen gerecht zu werden. LLL wird durch die Beschäftigten zu einer Lebenshaltung im Berufsleben erklärt.545 Wer heute beruflich vorankommen möchte, der muss selbst die Initiative ergreifen und Verantwortung für seinen Wissensstand übernehmen.546 Ebenso kommt von den Beschäftigten die Frage auf, ob die im Modernisierungsprozess geforderten Kompetenzen überhaupt erlernbar sind und dann als eine Voraussetzung für LLL gelten. Die Gegenfrage wäre, ob Kompetenzen als ein reines Produkt biografischer Entwicklungen zu verstehen sind, die sich in den beruflichen Tätigkeiten entwickeln. Eine mögliche Antwort könnte

542 543 544 545 546

Vgl. Datenbasis, A2-2.1, 2006, Z. 285, Z. 59. Vgl. DATENBASIS, A2-2.1, 2006, Z. 57./DATENBASIS, A2-2.3, 2006, Z. 76ff. Vgl. LUDWIG, J.: Betriebliche Modernisierung, 2004, 292. Vgl. INTERVIEW 6, 2004, Z. 1595. Vgl. STIFTUNG WARENTEST (Hg.): Lernformen. In: test Weiterbildung Kompakt 03/ 2005, 2.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung

251

sein, dass Lernen immer in untrennbarer und lebendiger Verflochtenheit mit anderen Fähigkeiten und Tätigkeiten geschieht.547 Die entscheidende Frage in diesem Kontext lautet: Wie lernen die Beschäftigten am besten, um sich in der Schnelllebigkeit des Arbeitsalltages das notwendige Handlungsvermögen anzueignen und um die an sie gestellten Aufgaben und Anforderungen bewältigen zu können? In 2004 gaben die Führungskräfte bei TT an, sowohl formell als auch informell zu lernen.548 Beim organisierten, also formellen Lernen der Führungskräfte in Seminaren, Workshops, Tagungen etc. sind sowohl Elemente aus den Seminarinhalten für die eigenen Aufgaben nützlich, als auch die informellen Gespräche mit anderen Seminarteilnehmern.549 Durch diese Gespräche können Netzwerke entstehen, die für die Umsetzung der Unternehmensziele wie beispielsweise des Servicegedankens bedeutsam sein könnten. Die Antworten auf die an die Lehrenden und Lernenden gerichtete Frage: „Womit bilden Sie sich am liebsten weiter?“ bekräftigen, dass formelles Lernen in Präsenzseminaren bislang noch von 66 Prozent bevorzugt wird (s. Abb. 43). Die schlussfolgernde, recht plakativ anmutende Essenz lautet: Netzwerke knüpfen, ‚egal wo‘.550 Eine Reinform des formellen Lernens ist generell nicht erkennbar, vielmehr wird es stets mit anderen Lernformen kombiniert.551 Bekräftigt wird diese These durch einen weiteren Aspekt des informellen Lernens. Dieser stellt das selbstorganisierte Lernen in Form der Lektüre von Büchern und Zeitschriften, sowie den Austausch und die Diskussion unter Kollegen dar.552 Aber ganz gleich, welches Lernmedium angewandt wird, der Lerninhalt und nicht das Lernmedium stehen im Fokus, d. h. weder ausschließlich der formelle noch der informelle Weg. Generell gilt, wenn das Lernen auf Vorrat reduziert und durch exemplarisches sowie forschendes Lernen bei der Lösung von Problemen ersetzt wird und durch eigenständiges informelles Lernen im Arbeitsalltag und Lebenszusam-

547

548 549 550 551 552

Vgl. ARNOLD, R.: Forschungsmemorandum für die EB und WB, gefunden unter: http://www.dgfe.de/ zeitschr/heft26/beitrag3.pdf, gefunden am 25.08.2004. Vgl. INTERVIEW 1-8, 2004, Z. 326, Z. 659ff., Z. 704f., Z. 789f. Vgl. INTERVIEW 2, 2004, Z. 415f. Vgl. INTERVIEW 4, 2004, Z. 1845./Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2730. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 3766. Vgl. INTERVIEW 4, 2004, Z. 875ff., Z. 882ff.

252

E Ergebnisdarstellung

Womit bilden Sie sich am liebsten weiter?

Das Lernmedium ist mir egal, hauptsache der Inhalt stimmt

25%

Blended Learning (Verbindung von Präsenzlernen & E-Learning)

27%

Präsenzseminare

66%

Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (E- Learning)

16%

Fachzeitschriften und -bücher

0%

56%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

Basis n=277; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A2-2.1

Abbildung 43: ‚Lieblings-Weiterbildungsform‘ menhang flankiert werden soll, dann richtet sich der Blick mehr und mehr auf die Kompetenzentwicklung jedes Einzelnen. Auf dem Weg des informellen Lernens entwickeln die Beschäftigten die erforderlichen Kompetenzen ‚just in time‘, bedarfsgerecht und vielfach in Verknüpfung mit der zeit- und ortsunabhängigen Anwendung netzbasierter Lernformen. Non-formelles Lernen findet explizit keine Beachtung, da davon ausgegangen wird, dass es stets beiläufig stattfindet (s. Abb. 44). Die mit der Betrachtung der praktizierten Lernformen latent verbundenen Fragen, wie: ‚Welche Art und Weise des Lernens bevorzuge ich? Welche Lernstrategien sind für mich geeignet?‘ bilden den Ausgang für die Teilnahme an einer Weiterbildung. Dabei entscheidet sich, ob Fertigkeiten ‚spielend gelernt‘ werden können, sei es formell oder informell, je nach bevorzugter Lernform. Mitentscheidend, wann Beschäftigte bei TT sich weiterbilden, sind Aspekte wie zeitliche und räumliche Flexibilität. In dem nachstehenden Diagramm zur praktizierten Organisationsform des Lernens der befragten Beschäftigten wird deutlich,

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung

253

Soziales Umfeld

Bildungseinrichtung

Arbeitsprozess

Formelles Lernen

Non-formelles Lernen

INFORMELLES LERNEN

Abbildung 44: Informelles Lernen dass 59 Prozent am besten in der Gruppe erfolgreich lernen, 48 Prozent am effektivsten durch den Lehrer lernen und 46 Prozent selbstgesteuertes Lernen bevorzugen.553 Da bei dieser Frage eine Mehrfachnennung möglich war, lässt sich der Schluss ziehen, dass sich Lernende auf keine Organisationsform des Lernens festlegen und eventuell nicht wissen, wie sie am förderlichsten lernen. Möglicherweise spielen dabei auch der demografische Wandel bei TT (74 Prozent zwischen 41-65 Jahre), die mangelnde Benutzerfreundlichkeit einiger Programme oder aber die nur ausreichende Erfahrung mit E-Learning-Formen eine Rolle. In Abbildung 45 lässt sich keine eindeutige Tendenz zu einer Organisationsform des Lernens erkennen. Die Konsequenz aus dieser Tatsache führt dahin, dass Weiterbildung im 21. Jahrhundert und konkret in TT bedeuten muss, dass die Verantwortung für die Anpassung seines Wissens an den Arbeitsmarkt jedem Mitarbeiter selbst aufzubürden ist. Im Rahmen der unternehmerischen Möglichkeiten ist er dabei zu unterstützen. Es sind sowohl Motivation und persönliche

553

Vgl. DATENBASIS, A2-2.2, 2006, Z. 62-65.

254

E Ergebnisdarstellung

Wie lernen Sie am besten, so dass es zum Erfolg führt?

Lernen in der Gruppe

59%

Selbstgesteuertes Lernen/ autodidaktisches Lernen

46%

Lernen durch den Lehrer

48%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

Basis n=273; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb 2006; Chart rH-A2-2.2

Abbildung 45: Erfolgsversprechendes Lernen Ziele des Lernenden als auch Lerninhalte zu berücksichtigen, und beide Komponenten sollten im Personal- und Weiterbildungsmanagement gleichermaßen zukunftsweisend Priorität gewinnen. Der motivierte Lernende sollte ganz bewusst und gezielt zu folgenden Fragen geführt werden:



Will ich wirklich lernen?



Welche Lernformen sind für mich geeignet?



Und wie finde ich das richtige Lernangebot für mich?

Die Antworten sollten in die Angebotsplanung des Unternehmens einfließen. Anhand der Aussagen der Befragten, die Organisationsformen des Lernens transparenter zu machen, werden nachfolgend die praktizierten Formen auf-

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung

255

geschlüsselt in Lernen im Arbeitsumfeld, Selbststeuerung von Lernprozessen und spezifische Lernprozesse in Gruppen. 2.1.2 Lernen im Arbeitsumfeld Das Lernen im Arbeitsumfeld gewinnt im gesamten Weiterbildungsgeschehen zunehmend an Bedeutung. Nach Meinung von 50 Prozent der Befragten sollen Weiterbildungsmaßnahmen während der Arbeitszeit stattfinden. 29 Prozent der Beschäftigten gaben an, dass Maßnahmen teilweise in der Arbeitszeit und zu sechs Prozent außerhalb der Arbeitszeit stattfinden sollen. Jedoch ist es bei 53 Prozent der Befragten vom Thema abhängig, wann Weiterbildungsmaßnahmen angemessen erscheinen (s. Abb. 46).554

Wann sollten Weiterbildungsmaßnahmen Ihrer Meinung nach stattfinden?

abhängig vom Thema

53%

teilweise in der Arbeitszeit

29%

außerhalb der Arbeitszeit

6%

50%

während der Arbeitszeit

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Basis n=277; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A2-2.4-2.11

Abbildung 46: Zeitpunkt für Weiterbildungsmaßnahmen

554

Vgl. DATENBASIS, A2-2.4, 2006, Z. 125-129.

256

E Ergebnisdarstellung

Durch den Praxisbezug wird Lernen am Arbeitsplatz wertvoller, da dann gelernt wird, wenn Bedarf besteht und das Neue sogleich umgesetzt werden kann. Arbeiten und Lernen gehen in diesem Fall eine Symbiose ein, die dem Beschäftigten und dem Unternehmen TT dienen kann. Der ‚erleuchtende Effekt‘ des Lernens, der zur Problemlösung führt, ist der erfolgversprechende Garant für einen Know-how-Zuwachs bei TT. Lernen im Arbeitsumfeld setzt eine Arbeitsorganisation voraus, bei der auftretende Probleme selbstständig oder durch gezielte Hilfen gelöst werden können. TT sollte dabei Vertrauen in seine Beschäftigten haben und ein Arbeitsumfeld schaffen, das Lernen nicht nur ermöglicht, sondern fördert. Dadurch steigt die Möglichkeit, dass die Beschäftigten während der Bewältigung von Arbeitsprozessen einen erheblichen Lernzuwachs erfahren. Ein weiteres Resultat wird denkbar, wenn verstärkt Technologien eingesetzt werden, so dass Lernen und Arbeiten integrieret werden und ein kontinuierlicher, unaufhörlicher Entwicklungsprozess von Mitarbeitern und Unternehmern stattfinden kann. Das Resultat kann dabei ein zukunfts- und marktsicheres Niveau sein. Der Besuch ‚praxisferner Seminare‘ verliert in diesem Entwicklungsstadium an Attraktivität und Bedeutung. Daher ist es von erhöhter Bedeutung, die anzuwendenden Konzepte aus dem Weiterbildungsbedarf von TT entstehen zu lassen. Die Einheitslösung oder gar den einzigen erfolgreichen Weg gibt es nicht, deshalb könnte ein Ausweichen auf modulartige Lösungen der Weg sein. Allerdings ist die Meinung zu modulartigen Lösungen bei TT umstritten. Während sich einzelne Experten gegen ein „Schubladen-Modul-Denken“555 aussprechen, befürworten andere die sich durch den modulartigen Einsatz von Lerneinheiten ergebende Flexibilität und Wiederholbarkeit. Zudem werden die problembezogene Abhilfe durch eigenständige Recherche und die enge Verknüpfung zwischen E-Learning-Einsatz und Handhabung von Lernmodulen betont.556 Es kann deshalb als eine der größten Herausforderungen für den Bereich der Weiterbildung, konkret der Lehrenden, angesehen werden, für die heterogene Gruppe der Lernenden Wege für das Lernen am Arbeitsplatz zu ermöglichen, die auf die Bedürfnisse der einzelnen Unternehmen zugeschnitten sind. Damit sind die nach ARNOLD beschriebenen Funktionsbereiche in Kapitel B 2 abgedeckt und erhalten durch die erzielten Ergebnisse ihre Berechtigung für die Praxis in TT Weiterbildung. Die aufgeführten Aussagen decken das „Lernen 555 556

EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2552. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 840ff., Z. 3134ff., Z. 3664ff.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung

257

beruflicher Fertigkeiten, Orientierung über den Arbeitsplatz, Motivation für arbeitsplatzexternes Lernen, funktionale und applikative Integration arbeitsplatzbezogener Lerninhalte, Verantwortungsentwicklung, Geläufigkeitstraining, physiologische Gewöhnung, Regeneration des Kenntnis- und Erfahrungsstandes“557 ab. 2.1.3 Selbststeuerung von Lernprozessen Die Beschäftigten werden zukünftig in die Rolle des persönlichen Lernmanagers hinein wachsen. Die Generation ab 25 Jahre und aufwärts, „die wollen lernen, die schaffen das auch sich selbst zu motivieren und sich selbst dazu zu zwingen, ich muss jetzt lernen und ich will jetzt auch lernen. Das eine ist, in dieser elektronischen Welt aufgewachsen zu sein und das andere ist die Selbstdisziplin, die man ohne Zweifel haben muss, um selbstständig zu lernen“558.559 Dies fordert nicht nur das Konzept des LLL, sondern auch die Anforderungen am Arbeitsplatz. Das individuelle Lernpensum wird größer und lässt sich mit punktuellen und klassischen Weiterbildungsmaßnahmen nicht ausschließlich bewältigen, es wird spezieller und komplexer. Daher ist es alleine mit einem fachsystematischen strukturierten Wissensbestand nicht abzudecken. Vor diesem Hintergrund wurden Qualifizierungsformen und -strategien bei TT Weiterbildung jenseits der institutionalisierten Muster aufgenommen. Dabei ist der Leitbegriff der Erwachsenenbildung nicht mehr das Lehren, sondern das Lernen. Die mit Selbststeuerung von Lernprozessen verbundenen Prämissen wie Selbstdisziplin und Selbstverantwortung werden bei TT als eher unterentwickelt wahrgenommen. Die Mitarbeiter bei TT geben an, dass sie es nicht gewohnt sind, bei der Weiterbildung Selbstdisziplin anzuwenden und dass dies eine Schwierigkeit innerhalb von DT generell sei.560 Durch Begriffe wie selbstgesteuertes, selbstorganisiertes, autodidaktisches und selbstbestimmtes Lernen wird die aktive Rolle des Lernenden betont. Damit wird die in Kapitel B 2 beschriebene Zielperspektive der Selbststeuerung von Lernprozessen bekräftigt. Das lernende Individuum erhält dadurch verstärkt Verantwortung für das eigene erfolgreiche Lernen. Insbesondere wird das durch das

557 558 559 560

ARNOLD, R.: Weiterbildung, 1995, 117. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1094-1097. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1093-1097. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2049-2051, Z. 2062f.

258

E Ergebnisdarstellung

Konzept des LLL und die damit vielfach verknüpften Diskussionen zur ‚employability‘ aufgefasst. „Die moderne nach-tayloristische Arbeitsorganisation macht Lernen am Arbeitsplatz für die meisten Beschäftigten zur praktischen Notwendigkeit.“561

Selbstgesteuertes Lernen ist nicht für jeden Lernstil geeignet, denn Lernen in einer konkreten Problemsituation und Arbeitsaufgabe ohne didaktische Aufbereitung, ohne Fachbücher und Lehrendem wird meist nur latent als Lernen wahrgenommen.562 Um diesen Lernprozess bewusst und damit effektiver zu gestalten, ist es notwendig, sich die Tätigkeit des Lernens unabhängig vom traditionell bekannten Lernen vor Augen zu führen. Bestärkt durch eine zunehmende Individualisierung, welche die Auflösung traditionaler Sozialstrukturen relativiert und gesellschaftliche Gruppenbezüge mit sich bringt, kann der Teilnehmerorientierung als Erfolgsorientierung in der Weiterbildung kein einheitliches Adressatenschema mehr unterstellt werden. Im Weiteren zeichnet sich eine verstärkte Deinstitutionalisierung ab. Durch die Erweiterung der Lernperspektive wird formell-traditionelles Lernen in Organisationen, wie es dem Leitbild der Erwachsenenbildung entsprach, ergänzt durch Lernen am Arbeitsplatz, selbstgesteuertes Lernen, informelles Lernen, netzbasiertes Lernen, mobiles Lernen usw. Damit droht Weiterbildung aus dem institutionellen Rahmen bei TT auszuwandern und sich virtuell über alle Personal- und Bildungsbereiche im Konzern auszubreiten. Als weiterer Aspekt ist die Deregulierung zu erwähnen, die sich mehr und mehr durch den vor allem finanzpolitisch motivierten Rückzug der Politik aus der Steuerung gesamtgesellschaftlicher Verläufe beschleunigt. Als Vertreter öffentlicher Verantwortung in der Weiterbildung enthebt sich der Staat jeglicher Ansprüche, was ihm ermöglicht, sich auf die Sicherstellung von Rahmenbedingungen zurückzuziehen, was wiederum die These des Auflösens konkreter Ankerpunkte für Weiterbildung bestärkt. 2.1.4 Spezifische Lernprozesse von Gruppen In Kapitel B 2 wurde gezeigt, dass sich die Essenz aus einer Theorienvielzahl in drei Ebenen gliedern lässt: 561

562

GELDERMANN, B./KRAUß, A./MOHR, B.: Selbständig lernen. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis bwp, 2/2001, 39. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1974.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung



den individuellen Lernprozess



den Gruppenlernprozess und



den Lernprozess der Organisation als Gesamtheit

259

Das individuelle Lernen bildet die Basis für das Lernen einer Organisation. Die Ergebnisse der Fallstudie weisen aus, dass das Gruppenlernen neben dem unverzichtbaren Platz im Rahmen des Lernens der gesamten Organisation auch einen bedeutungsvollen Aspekt der Interaktion erhält.563 Für 59 Prozent der Beschäftigten ist das Lernen in der Gruppe das erfolgsversprechende Lernen. Beim Lernen in einer Gruppe werden Sichtweisen verändert, erweitert oder revidiert. Daher ist ein ‚Du‘, also persönlicher Kontakt sinnvoll für die Entwicklung von Fach- und Persönlichkeitskompetenz. In der Praxis bei TT kann es dann folgendermaßen ablaufen: Wir konnten auch eine Methode anwenden, wo wir heute noch überzeugt sind. Wir haben kleine Lerninseln, kleine Lernergruppen, wir haben die Dynamik, die sich aus dieser kleinen Gruppe entwickeln soll – wenn möglich, manchmal klappt das natürlich nicht – aber diese Dynamik haben wir in die Methodik-Didaktik der Lernform mit eingebaut. Die vier Lernenden müssen sich erst selbst mal klar machen, die kriegen eine Aufgabe und da ist es nicht so wie in einem Seminarraum, da wird sofort die Hand gehoben, bitte Trainer klär das Problem für mich, sondern es war bewusst so gemacht, dass eine örtliche Trennung genutzt wurde, um methodisch-didaktisch zu sagen, so ihr kriegt jetzt eine Aufgabenstellung ‚Köln, Hamburg, München, Berlin‘ und bitte versucht das als Team zu klären. Das hat die Leute dann auch so ein bisschen angespornt, dann auch Lösungen zu finden oder auch zusammen zu arbeiten.564

Eine sich entwickelnde Dynamik innerhalb der Gruppen- oder Projektarbeit lässt sich bei TT sowohl bei Präsenzveranstaltungen als auch bei E-Learning-Einsätzen, wie beispielsweise Blended Learning, feststellen.565 Abbildung 47 gibt Aufschluss über die Organisationsformen des Lernens, an die die hier möglichen Mischformen des Lernens angefügt werden. Die skizzierte Vielfalt von praktizierten Organisationsformen des Lernens ist in der Weiterbildung bei TT vorhanden. Die Tendenz geht eindeutig dahin, Mischformen und Ergänzungen der Lernformen zukünftig zu verstärken.566 563 564 565

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 680f., Z. 2705-2710. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 791-800. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2293-2296.

260

E Ergebnisdarstellung

Praktizierte Organisationsformen des Lernens

Lernen im Arbeitsumfeld

Selbststeuerung von Lernprozessen

Lernprozesse von Gruppen

• Arbeitsgebundenes Lernen – am Arbeitsplatz

• Verschmelzung von Persönlichkeitsfaktoren und situativen Faktoren

• Individuelle Lernprozesse

• Arbeitsverbundenes Lernen – Verbindung zwischen Lernort und Arbeitplatz

• z. B. Veranstaltungen (Messen, Bildungsreisen, etc.)

• Gruppenlernprozesse

• Arbeitsorientiertes Lernen – Trennung von Lernort und Arbeitsplatz

• z. B. Literatur (Bücher, Fachzeitschriften etc.)

• Lernprozesse der Organisation als Gesamtheit

Mischformen • z. B. E-Learning (CBT, WBT, Blended Learning, etc.) • z. B. Fernunterricht (Lehrbriefe, etc.)

Abbildung 47: Praktizierte Organisationsformen des Lernens

566

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 553, Z. 595, Z. 966ff./Vgl. DATENBASIS, A22.11, 2006, Bemerkungsfrage 32.19, 9.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung

261

2.2 Teilnahme an der betrieblichen Weiterbildung – Partizipative Aspekte Der Wandel, den die IT- und Telekommunikationsmärkte derzeit durchlaufen, stellt an den Weiterbildungsbereich der TT hohe Anforderungen. Die Beschäftigten müssen im veränderten Marktfeld immer wieder neue Kompetenzen erwerben und diese in den umgestalteten Konzernstrukturen bestmöglichst einsetzen. Die Personalentwicklung reagiert, wie die Verschiebung der Beschäftigtenschwerpunkte zeigt, flexibel darauf. Diese Schwerpunkte wiederum bedingen die Anforderungen und Aufgaben von TT. „Im Jahr 1994 arbeiteten rund 70 Prozent der Beschäftigten in technischen Bereichen, 2005 waren es nur noch 40 Prozent. Und während sich 1994 rund 30 Prozent der Mitarbeiter mit Dienstleistungsaufgaben etwa in Marketing und Vertrieb befassten, waren es 2005 knapp 60 Prozent.“567

Die dadurch geforderten Kompetenzveränderungen der Beschäftigten wurden weitestgehend mit dem Bestehenden oder durch anorganisches Wachstum, also den Zukauf von Unternehmen im In- und Ausland und dadurch hinzu gewonnenem Personal, realisiert. Intern hat die bedarfsorientierte Personalentwicklung an Gewicht zugenommen. In den gezielten Qualifizierungsmaßnahmen der Personalentwicklung erwerben die Mitarbeiter die Kompetenzen, die sie für ihre berufliche und persönliche Entwicklung im Konzern benötigen. Wesentliche Qualifizierungsaufgaben im Konzern DT übernimmt TT. TT als konzerninterner Weiterbildungsanbieter sorgt für die Qualifizierung und Kompetenzentwicklung aller Beschäftigten in den Bereichen der Informations- und Telekommunikationstechnologie sowie für die Weiterentwicklung persönlicher Fähigkeiten. Neben dem Angebot von Präsenzseminaren bietet TT E-Learning-Angebote auf der Basis der Lernplattform Global Teach an. Dass die DT aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks und der erforderlichen Effizienzsteigerungen in erheblichem Umfang in die Personalentwicklung investiert, belegt die Entwicklung der Teilnahme bei den Seminaren von TT. Die Untersuchungsergebnisse von 2006 innerhalb von TT Weiterbildung bekräftigen, dass die ‚Teilnahme an selbstgesteuert-informeller Weiterbildung‘ durch die tägliche Nutzung des Inter- und Intranets zur Informationsbeschaffung

567

DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2006, 28.

262

E Ergebnisdarstellung

Tabelle 5: Weiterbildung durch ‚Telekom Training‘568 2004

2005

13.001

12.826

7.205

Teilnehmende

116.837

122.379

71.892

Teilnehmertage

332.588

403.178

181.919

Zugriff auf Global Teach569

744.299

555.696

346.986

Seminare

30. Juni 2006

immerhin zu 58 Prozent zum Wissensaustausch genutzt wird.570 Die Antworten auf die Frage: „Wie wichtig ist Ihnen im Zusammenhang mit betrieblicher Weiterbildung der Aspekt …?“ bestätigen, wie wichtig in Veränderungsprozessen sowohl die Sicherung des Arbeitsplatzes als auch der Erhalt der beruflichen Leistungsfähigkeit ist. Ein weiterer Aspekt, gerade in einer Zeit der Compute-

568 569

570

Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2006, 28. Die Deutsche Telekom AG nutzt Global Teach als Lernplattform. Global Teach bietet über einen Intranet- oder Internetzugang effiziente und kostengünstige Qualifizierung im Lernstudio, am Arbeitsplatz oder im Homeoffice. Es stellt als echtes Learning Management System eine virtuelle Lernumgebung zur Verfügung. Weitere Vorteile im Überblick: – Übernahme der kompletten Administration und somit kostengünstiger Einstieg in E-Learning – Vollständige Integration des Virtual-Classroom in die Lernplattform – Bereitstellung jeglichen Inhalts inklusive Downloads von Lernprogrammen – Ermöglicht Kommunikation über Diskussionsforen und Chats – Erstellung individueller Trainingspläne – Durchführung von Pre- und Post-Tests im Rahmen von Trainingsplänen – Unterstützt CBT/WBT, Fragebögen, Umfragen, Begleitmaterial und Webseiten – Optimiert für alle Microsoft Betriebssysteme und Browser – Zugang zum Virtual-Classroom Aus dem Intranet bzw. Internet wird Global Teach unter der Adresse http://gt. telekom.de erreicht. Registrierte Anwender erhalten Zugriff auf kostenfreie und kostenpflichtige Angebote aus dem gesamten E-Learning-Bereich. Als ‚Gast‘ ist nur ein Zugriff auf das kostenfreie Angebot der ‚Telekom Training‘ möglich. Vgl. http:// telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/08_trainingsloesungen/82 504_global_teach.jsp, gefunden am 10.04.2007. Die Zugriffe auf Global Teach in 2005 erfolgten von rund 40 870 Arbeitsplatz-PCs. Vgl. DEUTSCHE TELEKOM: Personal- und Nachhaltigkeitsbericht, 2006, 28. Vgl. DATENBASIS, A1-1.1, 2006, Z. 9-12./DATENBASIS, A1-1.2, 2006, Z. 1617./DATENBASIS, A1-1.3, 2006, Z. 23.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung

263

Wie wichtig ist Ihnen im Zusammenhang mit betrieblicher Weiterbildung der Aspekt ...? (Angaben betreffen die absolute Häufigkeit) etwas Neues dazulernen

lernen ohne Leistungsdruck

Arbeitsplatz stärker für mich sichern

berufliche Leistungsfähigkeit erhalten/ verbessern

2 keine Aussage

20

2 1 228

sehr wichtig

152

79 41

238

77

eher wichtig

122

30 2 eher unwichtig

26 67

3 1 2

völlig unwichtig

6 3

0

50

100

150

200

250

Abbildung 48: Wichtigkeit vereinzelter Aspekte in Bezug auf die betriebliche Weiterbildung risierung, Telekommunikation, Automatisierung und anderer Entwicklungen im Gefolge der so genannten Mikroelektronischen Revolution, führt zu einer sich immer weiter beschleunigenden nationalen und internationalen ‚Fortschrittsspirale‘, so dass der Wunsch nach Lernen ohne Leistungsdruck und Zeitdruck zunimmt. Damit das Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt, ist es 238 Befragten (87 Prozent) sehr wichtig etwas Neues dazuzulernen. Die Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung hat so einen relativ hohen Stellenwert.

264

E Ergebnisdarstellung

2.3 Zur institutionellen Verankerung der betrieblichen Weiterbildung – Organisatorische Aspekte „Die Flexibilisierung der Lernorte – Lernen findet im Seminarraum, in Selbstlernzentren, zu Hause, in Bibliotheken oder bei Exkursionen statt. Das Internet ermöglicht, jederzeit von jedem Ort aus mit anderen Lernenden, Tutor/innen, Lernberatenden oder Expert/inn/en Kontakt aufzunehmen.“571

Innerhalb des Weiterbildungsbereiches TT gaben 95 Prozent der Befragten an, Zugang zu Internet und zu einem gut ausgestatteten PC mit der erforderlichen Hard- und Software zu haben und 98 Prozent besitzen einen Zugang zum Intranet.572 Insgesamt werden das Inter- und Intranet zu 100 Prozent zur Informationsbeschaffung, zu 70 Prozent zu Kommunikationszwecken und zu 58 Prozent zum Wissensaustausch genutzt, und dies täglich, wie 93 Prozent angaben. Lediglich vier Prozent erklärten, das Inter- und Intranet wöchentlich zu nutzen und nur drei Prozent nutzen es unregelmäßig. Der hohe Prozentsatz täglicher Internet- und Intranetnutzer eröffnet neue Möglichkeiten der flexiblen Vermittlung speziellen Fachwissens. Die Forderung nach LLL verlangt den inhaltlichen Ausbau und die praktische Stärkung der eher unbewussten Wahrnehmung von Selbstverantwortung des einzelnen Beschäftigten konsequenter, als es bisher geschehen ist. Eine verstärkte und bewusstere Förderung durch die Nutzung technologisch vorhandener Ressourcen innerhalb von TT kann eine noch größere zeitliche und örtliche Flexibilität des Lernens des Einzelnen ergeben. „Eine zunehmende zeitliche Flexibilisierung von Lehr- und Lernprozessen erfordert es, die Kompetenzen der Teilnehmenden hinsichtlich ihres Zeitmanagements zu erhöhen. Die Lernberatung hat hier eine wichtige Bedeutung für die Unterstützung und Gestaltung von individualisierten Lernzeiten.“573

571

572 573

DIETRICH, S./HERR, M.: Organisationsentwicklung. In: NUSSIL, E/SCHIERSMANN, C./ SIEBERT, H. (Hg.): Management und Organisationsentwicklung, Bielefeld, 2/2004, 25. Vgl. DATENBASIS, A1-1.1, 2006, Z. 9-12. DIETRICH, S./HERR, M.: Organisationsentwicklung. In: NUSSIL, E/SCHIERSMANN, C./ SIEBERT, H. (Hg.): Management und Organisationsentwicklung, Bielefeld, 2/2004, 25.

2 Wirkungen des Wandels auf die betriebliche Weiterbildung

265

Ein fast 100 prozentig-umfassender technischer Zugang zu Inter- und Intranet alleine reicht jedoch nicht aus. Um einen verstärkt ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen zu ermöglichen, ist ein ‚Verhaltens- und EinstellungsZugang‘ erforderlich.574 Dazu wäre ein von 46 Prozent geforderter Überblick über die E-Learning-Formen und ein von 47 Prozent gewünschter Vergleich zwischen Präsenzseminaren, E-Learning und Blended Learning notwendig. 26 Prozent verlangten zusätzlich eine spezielle E-Learning-Consulting.575 Es ist die Rede von „Brückenbegleitern“576, die zu Beginn verstärkt zur Seite stehen und mit zunehmendem Kenntnisstand lediglich nach Bedarf herangezogen werden. Diese bislang noch fehlenden Aspekte, um E-Learning-Formen für TT und den Zielbereich betriebliche Weiterbildung noch geeigneter als bislang einzusetzen, stellt TT und das dort tätige Personal vor neue Herausforderungen, beispielsweise im Bereich Vernetzung von informellen Selbstlernprozessen mit planmäßig organisiertem Lernen in bereits bekannter Umgebung sowie Beratung und Begleitung von individuellen Lernprozessen. Die Vernetzung mit anderen Personal- und Bildungsbereichen innerhalb von TT und DT, der Kooperation mit dem gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Umfeld, die Einbeziehung und Anerkennung informeller Lernprozesse kann dabei besondere Bedeutung erlangen.577 „Der Stellenwert der Rahmenbedingungen verändert sich. So gewinnt etwa die Gestaltung der Räumlichkeiten oder die Organisation des Zugriffs auf Material eine höhere Bedeutung als in traditionellen Angeboten. Ein insgesamt erhöhter Planungsund Nachbereitungsaufwand ist die Folge.“578

Dass die Gestaltung der Räumlichkeiten oder die Organisation des Zugriffs auf Material eine höhere Bedeutung bekommt als in traditionellen Angeboten, wird im Untersuchungskontext nicht deutlich, auch wenn 79 Prozent angeben, dass ein geeigneter Ort sehr wichtig bis eher wichtig ist. „Die professionellen Aufgaben für das Lehrpersonal nehmen zu. Insbesondere beratende und animierende Anforderungen gewinnen an Bedeutung. Das Personal benötigt zusätzliche Fähigkeiten wie Beratungskompetenz, Moderations- und Anima574 575 576 577 578

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1986ff. Vgl. DATENBASIS, A3-3.6, 2006. DATENBASIS, A3-3.7-5, 2006. Vgl. DATENBASIS, A3-3.7-16, 2006./Vgl. DATENBASIS, A1-1.5, 2006, Z. 50. DIETRICH, S./HERR, M.: Organisationsentwicklung. In: NUSSIL, E/SCHIERSMANN, C./ SIEBERT, H. (Hg.): Management und Organisationsentwicklung, Bielefeld, 2/2004, 25.

266

E Ergebnisdarstellung tionskompetenz, erweiterte Methodenkompetenz und Kompetenz beim Einsatz digitaler Medien.“579

Die Tendenz wird durch die Aussagen der Lehrenden bei TT bekräftigt: Hier wird von einer zunehmend anspruchsvolleren Rolle des Moderators, E-Trainers und Beraters ausgegangen.580 Auch die Aufgaben und die geforderten Kompetenzen verschieben bzw. erhöhen sich. Während bislang von dem HandlungsKonglomerat Fach-, Sozial-, Methoden- und Sachkompetenz ausgegangen wurde, kommt jetzt die Medienkompetenz hinzu.581 Die skizzierten Rollenveränderungen des Bildungspersonals werden in Kapitel E 3 näher betrachtet, da die Bewertung und Wahrnehmung von ergänzenden netzbasierten Lehr- und Lernformen durch die Lehrenden ein wichtiger Bestandteil der betrieblichen Weiterbildung bei TT sind. Dazu ist eine Einschätzung der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung durch die dortigen Beschäftigten erfolgt, so dass nachfolgend das Augenmerk auf den ergänzenden Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen zu den traditionellen Lernformen, deren Wahrnehmung und Bewertung der Befragten gelegt wird.

579

580 581

DIETRICH, S./HERR, M.: Organisationsentwicklung. In: NUSSIL, E/SCHIERSMANN, C./ SIEBERT, H. (Hg.): Management und Organisationsentwicklung, Bielefeld, 2/2004, 24-32. Vgl. DATENBASIS, B1-1.6, 2006, Z. 331-340. Vgl. DATENBASIS, A3-3.8, 2006, Z. 285, Z. 287.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen ‚Telekom Training‘: E-Learning und seine Formen Zukünftig werden in Unternehmen verstärkt netzbasierte Lehr- und Lernformen eingesetzt. Bislang haben sich diese Formen nur partiell durchgesetzt: 79 Prozent der Unternehmen, die elektronische Weiterbildung nutzen, wollen den Einsatz ausgestalten. Eine Studie mit 125 online befragten Kunden der Management Circle Tochter Webacad582 zeigt ebenfalls, dass die Formen des E-Learning noch nicht stark verbreitet sind. 46 Prozent der befragten Entscheider gaben an, dass elektronisches Lernen nicht einmal ein Zehntel ihres Weiterbildungs-Angebotes ausmachen. 42 Prozent teilten einen Wert zwischen 10 und 30 Prozent mit. Zwei Drittel der Unternehmen verwenden E-Learning als Baustein einer methodisch gemischten – ‚Blended Learning‘ – Weiterbildung, gefolgt von netzbasierten Maßnahmen mit 60 Prozent und erst dann CBTs mit 42 Prozent. 98 Prozent der Nutzer kommunizieren via E-Mail, 37 Prozent in Foren, 24 Prozent in Chat und Live-Konferenzen. Virtuelle Klassenzimmer und Lerngruppen werden von 16 beziehungsweise 14 Prozent genutzt und Weblogs von jedem Zehnten. Gelernt wird während des Arbeitsprozesses – in 63 Prozent der Fälle. Zu Hause wird zu 23 Prozent gelernt. Häufig fallen die Online-Übungen teilweise in die Arbeitszeit, teilweise in die Freizeit. 38 Prozent nutzen die Weiterbildungsangebote überwiegend während der Arbeitszeit. Auftraggeber der Weiterbildungen sind die verschiedensten Bereiche der Unternehmen: In der Hälfte der Unternehmen sind es Fachabteilungen und Geschäftsleitung, in einem Drittel stößt zudem die Personalentwicklung das elektronische Lernen an.583 582

583

Webacad ist der Experte für Online Trainings. Als Geschäftsbereich von Management Circle profitiert Webacad von langjährigem Know-How bei der Konzeption von Bildungsleistungen und dem großen Netzwerk von Fachexperten aus Wirtschaft und Wissenschaft. Vgl. http://www.webacad.de/index.cfm? web_nav=p_0000 gefunden am 02.08.2007. Vgl. BACK, A. (Hg.): EL; Newsletter, 3/2007, 2f.

268

E Ergebnisdarstellung

Für den Weiterbildungsbereich bei TT werden ähnliche Fragen diskutiert und melden einen Beantwortungsbedarf an: Die dargestellten Unternehmensbedürfnisse innerhalb der Fallstudie sind nicht neu. Lediglich das Anliegen, möglichst viele dieser Merkmale in der Weiterbildungspraxis umzusetzen und eine verstärkte Verknüpfung informellen und formellen Lernens zu erreichen, ist neu. Dabei kommt der betrieblichen Weiterbildung bei TT die Aufgabe zu, Lernberatungs- und Lernbegleitungsangebote zu konzipieren, die die Entwicklung von individuell-persönlichen Kompetenzen zu Selbststeuerung, Selbstorganisation und Selbstmanagement unterstützen.584 Verbunden sind damit veränderte Anforderungen an das professionelle Bildungspersonal in einer sich wandelnden Unternehmenskultur. „In der betrieblichen Weiterbildung wird E-Learning im Vergleich zu klassischen Seminar-Konzepten seit einigen Jahren vermehrt eingesetzt. Eine flexible Zeiteinteilung auf der einen und geringere Kosten auf der anderen Seite machen den Personalverantwortlichen in den Großunternehmen die Entscheidung zugunsten multimedialer Wissensvermittlung leicht.“585

Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend Aspekte wie Adressaten, Inhalte und ausgewählte Formen des E-Learning bei TT beleuchtet. Es folgen die Einschätzungen der Beschäftigten in der Weiterbildung bei TT zu den Themenfeldern Anforderungen an E-Lehrende und an E-Lernende. Zentrales Anliegen ist dabei die Frage: ‚Wie ist die Akzeptanz von E-Learning im Weiterbildungsbereich von TT?‘ Und daraus abgeleitet ‚Welche Erfolgsfaktoren ergeben sich aus den Wahrnehmungen und Bewertungen der Befragten mit Blick auf das netzbasierte Lernen?‘. Zuvor soll ein Diagramm eine ‚Art Definition‘ zu E-Learning aus der Perspektive der Beschäftigten aufzeigen, die eine bessere Zuordnung der nachfolgenden Ergebnisse ermöglicht (s. Abb. 49).

584

Vgl. DIETRICH, S./HERR, M.: Organisationsentwicklung. In: NUSSIL, E/SCHIERSC./SIEBERT, H. (Hg.): Management und Organisationsentwicklung, Bielefeld, 2/2004, 25f. ENDRISS A./SCHMITZ, N.: Effektive Kombination. In: LUDWIGS, S./TIMMLER, U./ TILKE, M.: Praxisbuch EL, 2006, 57. MANN,

585

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

269

Welche Gedanken verbinden Sie mit "E-Learning"? zeitgleiche und/ oder zeitversetzte Kommunikation informeller Austausch

29% 21%

zu wenig Qualitätsprodukte am Markt

17%

zeitaufwändig

14%

hohe Selbstlernkompetenz ist erforderlich

71%

unpersönlich

46%

keine soziale Bindung zu weiteren Teilnehmern

44%

Personalreduzierung

16%

jedes beliebige Thema kann kommuniziert werden

23%

vorrangig Kosteneinsparung

52%

jedes beliebige Thema kann recherchiert werden

18%

Lernen in Gemeinschaft

11%

Kommunikation ist ohne Einschränkung durch Ort und Zeit möglich Bildung für alle

59% 25%

interaktive Lehr- und Lernformen

84% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

Basis n=280; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A1-1.5

Abbildung 49: Gedanken zu E-Learning

3.1 Adressaten netzbasierten Lernens Die Befragten und somit auch mögliche Adressaten netzbasierten Lernens haben zu 66 Prozent keine Erfahrung im Umgang mit E-Learning.586 Durch die Frage: „Warum wird Ihrer Meinung nach E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung bisher nur gering genutzt?“ wird ein erster Erklärungsansatz geboten, warum die Akzeptanz bislang nur unzureichend ist (s. Abb. 50). So unterschiedliche Antworten wie:

– – – –

keine Zeit am Arbeitsplatz (69 Prozent)

586

Vgl. DATENBASIS, A3-3.5, 2006, Z. 258.

fehlende Angebote (42 Prozent) kaum geschulte Trainer (32 Prozent) Pflege der Inhalte ist zu aufwändig (30 Prozent)

270

E Ergebnisdarstellung

Warum wird Ihrer Meinung nach E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung bisher nur gering genutzt? am Arbeitsplatz keine Zeit

69%

gefährdete Arbeitsplätze

9%

fehlende Angebote

42%

Pflege der Inhalte zu aufwändig

30%

kaum geschulte Trainer

32%

Gefahr für Datenschutz

5%

zu hohe Kosten

7%

keine Erfahrung im Umgang mit E-Learning

66% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

Basis n=259; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A3-3.5

Abbildung 50: Mögliche Ursachen für die geringe E-Learning-Nutzung in der betrieblichen Weiterbildung geben einen kleinen Einblick in den (nicht) gelebten E-Learning-Alltag. Zudem zeigen sie, dass die pädagogischen Möglichkeiten in der Diskussion bislang eine unzulässige Geringschätzung haben; sie weisen aber auch darauf hin, dass adäquate Formen des E-Learning zwar gängige Praxis sind, aber in der Regel nicht als E-Learning erkannt werden (z. B. Recherchen im Internet, etc.). Wie bereits aufgezeigt, sind umfassende Kenntnisse netzbasierter Lehr- und Lernformen erforderlich, um eine effektive und effiziente Gestaltung zu erreichen, die als E-Learning-Angebot überzeugt und bewusst als solches angenommen wird. Bekanntlich beeinflusst ein ansprechendes Angebot Verlauf und Erfolg einer Maßnahme. Die o. g. Antworten belegen einen Handlungsbedarf, der von einem Minimum an Vorkenntnissen oder Einsichten ausgehen muss. Die Akzeptanz von E-Learning durch den Adressaten beeinflusst den Verlauf einer E-Learning-Maßnahme beträchtlich. Daher ist ein Adressatenprofil für den

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

271

Wie wichtig ist Ihnen im Zusammenhang mit betrieblicher Weiterbildung der Aspekt "Einsatz von E-Learning Formen"?

keine Aussage

6%

sehr wichtig

10%

eher wichtig

28%

eher unwichtig

völlig unwichtig

51%

5%

Basis n=276; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006;Chart rH-A2-2.3-2.8

Abbildung 51: Gewichtung des E-Learning-Einsatzes innerhalb der betrieblichen Weiterbildung Lehrenden eine notwendige Ausgangsbasis. Ein mögliches Adressatenprofil der TT Beschäftigten im Bereich Weiterbildung kann durch die folgenden Angaben ansatzweise erschlossen werden. Wie wichtig ist den Teilnehmenden im Zusammenhang mit betrieblicher Weiterbildung der Aspekt „Einsatz von E-Learning-Formen“? 56 Prozent gaben an, dass es Ihnen eher wichtig bis unwichtig ist und 38 Prozent, dass es Ihnen eher wichtig bis sehr wichtig ist, dass E-Learning-Formen zum Einsatz kommen (s. Abb. 51). Das Ergebnis, gekoppelt mit der Angabe, dass 66 Prozent keine Erfahrung im Umgang mit E-Learning haben, könnte die Akzeptanzfrage kurz und prägnant, wenn auch nur skizzenhaft, beantworten mit: Die Akzeptanz von E-LearningFormen in der betrieblichen Weiterbildung bei TT ist unzureichend, denn der Begriff E-Learning und die mit ihm konnotierte technologische Innovation allein

272

E Ergebnisdarstellung

Wofür sind in Ihren Augen die verschiedenartigen Formen des E-Learning geeignet?

Entwickeln eines persönlichen Lernverhaltens

23%

Vermitteln von Informationen

76%

Nachbereiten von Lernsessions

56%

Vorbereiten für ein Thema

77%

Begleiten eines Coachingprozesses

26%

Sensibilisieren für ein Thema

48% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

Basis n=273; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A2-2.7-2.14

Abbildung 52: Eignung der verschiedenartigen E-Learning-Formen sorgt offensichtlich innerhalb von TT Weiterbildung noch nicht für eine Annahme durch die Beschäftigten. Der Grund für diese Zurückhaltung liegt darin, dass der kurz- und mittelfristige Nutzen für die Kernziele des Lernenden und des Unternehmens bisher nicht überzeugend herausgestellt und der spezifische Beitrag von E-Learning zur Erreichung dieser Ziele nicht nachgewiesen wurden. Diese Feststellung, die durchaus provokativen Charakter hat, wird durch die weitere Ergebnisdarstellung untermauert. In dem Maß, in dem Lehrende und Lernende dies wahrnehmen und bewerten, eröffnen sich Möglichkeiten einer fallspezifischen Lösung zur Akzeptanzsteigerung. So hat beispielsweise die Einschätzung, wofür die verschiedenen Formen des E-Learning geeignet sind, einen Einfluss auf die allgemeine Lernbereitschaft, sie gibt zudem einen Einblick in verschiedene Merkmale der Person, ihrer Bildung und ihrer Intelligenz. Zudem klären konkrete Angaben zur Einschätzung der verschiedenartigen E-Learning-Formen über eine spätere angemessene Aufbereitung der Inhalte auf. Abbildung 52 gibt eine Antwort auf die Frage ‚Wofür die

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

273

verschiedenartigen Formen des E-Learning in den Augen der Beschäftigten von TT geeignet sind?‘: Verschränkt mit Aussagen über die Adressaten des netzbasierten Lernens sind die anschließenden Angaben zu inhaltlichen Aspekten des netzbasierten Lernens aus Sicht der Beschäftigten bei TT Weiterbildung.

3.2 Inhalte netzbasierten Lernens Es lassen sich zwei Typen von netzbasierten Lernangeboten unterscheiden: die teilvirtuellen und die vollvirtuellen Angebote. Beide Formen lassen sich in der betrieblichen Weiterbildung bei TT vorfinden, allerdings geordnet in die beiden Fachgebiete: Informationstechnologie/Telekommunikation und Management Development/Personal Skills. Für beide Gebiete stellt sich die Frage: „Wofür sind in Ihren Augen die verschiedenartigen Formen des E-Learning geeignet?“. Anhand dieser Informationen könnten im Unternehmen ‚neue‘ oder bereits vorhandene Ressourcen mit Fokus auf diese Segmente genutzt werden, so dass die verfolgten Lernziele mit E-Learning wie das Auffrischen von Fachwissen (81 Prozent), Aneignen von Fachwissen (75 Prozent), Selbstmanagement (25 Prozent), Aneignen von Führungswissen (acht Prozent) und Verbessern von Teamarbeit (sieben Prozent) auch effektiv und effizient erreicht werden. Wurden in den letzten Jahren bei TT überwiegend IT-Themen als E-Learning-Maßnahmen durchgeführt, lässt sich zurzeit ein stärkeres Interesse an ökonomischen E-Learning-Inhalten als an E-Learning-Maßnahmen erkennen. Auch wenn der Großteil der Beschäftigten nach wie vor reines E-Learning nur für Themen aus den Informationstechnologie-/Telekommunikationsbereichen für sinnvoll erachtet, halten sie es jedoch grundsätzlich auch für die Management Development/Personal Skills Bereiche für möglich.587 Dies wird begünstigt durch die Integration des E-Learning-Bereiches in den Informationstechnologie-/Telekommunikationsbereich in der Organisation TT. So bildet das Organigramm keinen separaten E-Learning-Bereich mehr ab, sondern ist fachbezogen, ist integriert in den Bereich Entwicklung und Beratung Informationstechnologie/Telekommunikation, aber unterstützt auch die Aufgaben des Bereiches Management Develop-

587

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 670ff., Z. 970ff., Z. 1178ff., Z. 1223, Z. 3743, Z. 3845-3849.

274

E Ergebnisdarstellung

ment/Personal Skills in Richtung E-Learning.588 Zudem bedingt das Thema das Medium der Weiterbildung. Dennoch sehen die meisten Beteiligten beim E-Learning-Einsatz in den Bereichen Informationstechnologie/Telekommunikation mehr Chancen des Einsatzes als bei Softskill-Themen. Es heißt, dass der E-Learning-Einsatz bei Themen aus den Management Development/PersonalSkills-Bereichen immer mit Vorsicht zu genießen ist und niemals als Einzelmaßnahme stehen sollte.589 Ein weiteres Beispiel ist die Expertenaussage, dass auf dem Informationstechnologie-/Te-lekommunikationsgebiet wahrscheinlich ein großer Anteil auch über E-Learning umgesetzt werden kann oder konkret mit Lernprogrammen in Form von CBTs/WBTs etc.. Ausgenommen sind dabei Themen, die veranschaulicht und gezeigt werden müssen, und bei denen dies nicht über Videostream funktioniert. Bei den Management Development/Personal-Skills-Themen spielt auch Interaktives, Zwischenmenschliches eine Rolle. Hier sind die mimischen Reaktionen der Zuhörer wichtig, um darauf reagieren zu können. Eine direkte Reaktion von Seiten des Lehrenden ist schwieriger, wenn Weiterbildungsmaßnahmen über E-Learning oder nur über E-Learning abgedeckt werden.590 Demnach sind nicht durchweg alle Inhalte mit E-Learning-Formen umsetzbar. Nach den gewonnenen Erkenntnissen in den empirischen Studien von 2006 bei TT Weiterbildung ist ein Bewusstsein, welche Themenbereiche voll- oder teilvirtuell abgedeckt werden könnten, latent vorhanden. Nach Aussagen der Mitarbeiter würden die meisten E-Learning-Angebote nur unzureichend genutzt, weil sie lediglich additiv dem Ist-Zustand im Unternehmen hinzugefügt und nicht im Sinne eines systematischen Wandels eingeführt würden. Dazu wären konkrete Stellungnahmen der Unternehmensleitung, aber auch der Beschäftigten wünschenswert, in denen klar zum Ausdruck kommt, welche Inhalte in E-Learning-Modulen und welche als kompaktes E-Learning-Training angeboten werden sollen. Nachstehendes Diagramm bekräftigt mit 89 Prozent aller Befragten, dass E-Learning zurzeit als Ergänzung zum Präsenzlernen gesehen wird (s. Abb. 53).

588 589 590

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 657ff. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2018ff. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2959-2965.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

275

Wie sehen Sie den Einsatz verschiedenartiger E-Learning-Formen im Kontext des Lehrens und Lernens in der betrieblichen Weiterbildung?

als Wegfall der Präsenzseminare

7%

technische „Spielerei“ die sich nicht durchsetzen wird

4%

als Ergänzung zum Präsenzlernen

89%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Basis n=275; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A2-2.11-2.18

Abbildung 53: Einsatz verschiedenartiger E-Learning-Formen Das Stigma der Ergänzung591 zu den bereits bestehenden Präsenzformen ist deutlich erkennbar. Es könnte aufgrund einer E-Learning-Scorecard592, bezogen auf TT, allerdings erreicht werden, dass eine konkrete Themeneinteilung möglich wird, die das Ziel hat, E-Learning und Präsenzlernen in der Praxis tatsächlich zu verzahnen, denn beide Formen werden von Lehrenden und Lernenden akzeptiert. Dann wäre eine optimale Nutzung der E-Learning-Formen erreicht, sei es beim effektiven und effizienten Recherchieren, beim Kommunizieren, beim Publizieren im Netz oder auch bei vollvirtuellen Angeboten wie z. B. WBTs. Hinzu kommt, dass erst, wenn die Akzeptanz auf allen Ebenen vorhanden ist, die Bereiche der Didaktik generell, der Mediendidaktik, der Organisation TT, der Methodik, der inhaltlich-strukturierten Planung und die in sich verzahnte Zusammenarbeit dieser Disziplinen funktionieren, ein Qualitätsprodukt entstehen und den Bereich der betrieblichen Weiterbildung bereichern kann. 591 592

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1590, Z. 2650. Nähere Ausführungen zur E-Learning-Scorecard erfolgen in Kapitel F.

276

E Ergebnisdarstellung

3.3 Ausgewählte Formen des E-Learning im Unternehmen ‚Telekom Training‘ Ein verstärkter Einsatz inhalts- und prozessorientierter E-Learning-Formen hat auf den Weiterbildungsbereich TT verschiedene Auswirkungen. Welche netzbasierten Lernformen von TT Beschäftigten im Bereich der Weiterbildung genutzt werden, zeigt das angeführte Diagramm in Abbildung 54. Es wird deutlich, dass das Intra- und Internet zum Informationsaustausch, zur Kommunikation und zum Wissensaustausch am häufigsten genutzt werden. Im Vergleich zur Webacad Studie593, die besagt, dass nur 16 Prozent das virtuelle Klassenzimmer nutzen, bedienen sich 55 Prozent der Beschäftigten des Weiterbildungsbereiches bei TT des virtuellen Klassenzimmers, das sich jedoch als Medium zu einer verbilligten/vereinfachten Form von Präsenz entwickelt hat.594 Weiter nutzen lediglich 32 Prozent WBTs und 25 Prozent verwenden Blended Learning Maßnahmen. Mit Blended Learning steht den Lernenden bei TT eine Kombination verschiedener Lernformen aus E-Learning-Elementen und Präsenzseminaren zur Verfügung. Aus einem Spektrum heraus wird eine Mischung an Maßnahmen konzipiert, die den Qualifizierungszielen entgegenkommt und den Anforderungen entspricht. So erhalten die Lernenden beispielsweise:



Präsenzseminare mit CBT-/WBT-Bausteinen zur Unterstützung oder zur Vor- und Nachbereitung von Themen,



Lernprogramme CBT/WBT als Simulationen mit tutorieller Begleitung oder als Online-Hilfe in der Live-Applikation,

593

594

„E-Mails sind zur Kommunikation am wichtigsten mit 98%, mit Abstand gefolgt von Foren (37%), Chat und Live Conferencing (je 24%), virtuellen Klassenräumen (16%), virtuellen Lerngruppen (14%) und Weblogs (10%). Herkömmliche Kommunikationsmöglichkeiten wie Telefon und Telefonkonferenzen scheinen auch noch Bedeutung zu haben und werden sogar explizit genannt.“ Gefunden unter http:// www.webacad.de/index.cfm?web_nav=p_6100&u_web_nav=p_6138&u_web_ nav2=form_p am 02.08.2007. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 125ff.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

277

Welche netzbasierten Lernformen werden von Ihnen genutzt? Online Communities

10%

keine

10%

Blended Learning (Verbindung von Präsenzlernen & E-Learning)

25%

E-Tutoring

9%

Business TV

9%

Internet

62%

web based Training (WBT)

32%

Intranet

73%

virtuelles Klassenzimmer

55% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

Basis n=277; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A2-2.6-2.13

Abbildung 54: Nutzung von netzbasierten Lernformen



ein zeitnahes Training über E-Classroom mit speziell geschulten Lehrenden, bei denen die Lernenden praktisch von überall her auf die Inhalte zurückgreifen können: Aus den Tagungshotels, von den Lerninseln vor Ort, vom Arbeitsplatz und sogar über das Internet, z. B. von einem Homeoffice,



interaktives Teleteaching über Satelliten-TV zur Qualifizierung, Kompetenzentwicklung oder Information großer Teilnehmergruppen,



eine kostengünstige Lernplattform, die nicht nur sämtliche Medien bereitstellt, sondern auch die Erstellung eigener Lehrpläne und den Meinungsaustausch in begleitenden Foren erlaubt.595

595

Vgl. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/08_trainingsloesun gen/81105_ blended_ learning.jsp, gefunden am 10.04.2007.

278

E Ergebnisdarstellung

Welche Lernziele verfolgen Sie bei dem Einsatz von E-Learning?

Selbstmanagement

25%

Verbessern von Teamarbeit

7%

Auffrischen von Fachwissen

81%

Aneignen von Führungswissen

8%

Aneignen von Fachwissen

75%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

Basis n=263; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A2-2.8-2.15

Abbildung 55: Verfolgung der Lernziele mit E-Learning-Einsatz Geringer Nutzen liegt, nach Meinung der Befragten, bei den netzbasierten Lernmöglichkeiten wie Online-Communities (10 Prozent) und E-Tutoring (9 Prozent). Allerdings nutzen 10 Prozent keine netzbasierten Lernformen.596 Hier wird deutlich, dass Bekanntes im Unternehmen genutzt wird, Unbekanntes jedoch wenig Einzug hält. Durch die Nutzung von E-Learning-Formen werden die in Abbildung 55 dargestellten Lernziele verfolgt. Dabei haben mit 81 Prozent das Auffrischen von Fachwissen und mit 75 Prozent das Aneignen dieselbe Priorität. Gelernt werden soll zu 50 Prozent während der Arbeitszeit, zu 29 Prozent teilweise in der Arbeitszeit und 16 Prozent geben an, dass Weiterbildungsmaßnahmen auch außerhalb der Arbeitszeit stattfinden können. Doch wann eine Weiterbildungsmaßnahme stattfinden soll, ist zu 53 Prozent abhängig vom Thema.597 596 597

Vgl. DATENBASIS, A2-2.6, 2006, Z. 142-151. Vgl. DATENBASIS, A2-2.4, 2006, Z. 125-129.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

279

Welchen Anteil an Ihrer Freizeit sind Sie bereit einzubringen?

bis 100%

81-99%

2%

0%

3%

61-80%

41-60%

16%

21-40%

24%

1-20%

46%

bis 0%

10% 0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

Basis n=270; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A2-2.5-2.12

Abbildung 56: Freizeitanteil für betriebliche Weiterbildung Dabei sind 46 Prozent der Beteiligten bereit, ihre Freizeit für eine betriebliche Weiterbildung mit einzubringen. Die Aussagen schwanken zwischen einem und 20 Prozent und bei 24 Prozent liegen die Angaben bei 21-40 Prozent (s. Abb. 56).598 Bei den eingangs des Kapitels beschriebenen Nutzungsgewohnheiten der netzbasierten Lehr- und Lernformen bei TT wird deutlich, dass es zunächst erforderlich ist, allgemein die Kompetenzen und Qualifikationen für einen E-Learning-Einsatz zu fördern und kontinuierlich zu erweitern. Dies kann auf zweierlei Weise erfolgen:



598

durch eine direkte Förderung im Sinne der Vermittlung eines Repertoires von Techniken und Strategien, für alle Lehrende möglicherweise durch eine gezielte E-Trainer-Qualifikation, Vgl. DATENBASIS, A2-2.5, 2006, Z. 132-139.

280



E Ergebnisdarstellung

in implizierter Weise durch die entsprechende Gestaltung von Lernumgebungen, z. B. des Arbeitsplatzes, oder aber durch die virtuelle Gestaltung des Lernortes.

Parallel zu diesen Aspekten ergeben sich aus den Erhebungen weitere Wünsche bzw. Anforderungen für einen erfolgreichen E-Learning-Einsatz:



Beratungsangebote für alle Beschäftigten, auch der behinderten Mitarbeiter im Sinne einer individuellen Weiterbildungsberatung,599



Förderung der Medienkompetenzen,600



Supportleistung von Lernberatung und Prozessbegleitung,601



modularisierte Angebote, die in Abhängigkeit von Vorkenntnissen gezielt genutzt werden können,602



umfangreiche Darstellung des eigenen betrieblichen Weiterbildungsangebotes bei TT nicht nur hinsichtlich der Inhalte und Ziele, sondern insbesondere bezogen auf vorgesehene Arbeitsweisen, Methoden, Sozialformen usw.,603



Bereitstellung von informellen Online-Communities zum fachbezogenen Austausch unter den Lernenden.604

Ergänzend dazu noch zwei empfehlenswerte Aspekte:



Anbieten von multimedialen Lernprogrammen,



Angebote, die auch auf außerinstitutionelle Lernerfahrungen der Beschäftigten eingehen.

Einige dieser Anforderungen werden bereits ansatzweise bei TT Weiterbildung umgesetzt. Insgesamt führen sie jedoch zu einer veränderten Lernphilosophie 599 600 601 602 603 604

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1728-1731. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2485, Z. 4190ff. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 3834ff. Vgl. DATENBASIS, A3-3.1, 2006, Bemerkungsfrage 3.2, 7. Vgl. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.11, 3, 11, 23, 40. Vgl. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.11, 21.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

281

innerhalb von TT, die eine ‚Bewusstseinserweiterung‘ bedingt, damit der E-Learning-Einsatz seiner Philosophie entsprechen kann. Außerdem ist es notwendig, verstärkt Lernelemente und die beratende Begleitung von E-Learning auch im nicht institutionellen Bereich anzubieten. Dies bedingte und bedingt weiterhin Auswirkungen auf die gesamte Organisation von TT. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben führt darüber hinaus zu Veränderungen im Selbstverständnis der Weiterbildung bei TT, auch bei den Lehrenden und Lernenden. Unerlässlich ist es anzumerken, dass dadurch keine traditionellen Aufgaben der Organisation abgelöst, sondern auf innovative Weise ergänzt werden. Gerade diese Tatsache, dass E-Learning nicht grundsätzlich erfolgreich verläuft – bestätigt durch die Ergebnisse der empirischen Studien – begründet vermutlich u a. die Motivation, an traditionellen betrieblichen Weiterbildungsangeboten teilzunehmen. Daher ist nicht zu erwarten, dass traditionelle Weiterbildungsangebote oder auch die klassische Rolle des Lehrenden überflüssig werden und somit auch nicht die darauf bezogenen Aufgaben von TT. Im Gegenteil, sie erhalten weitere Aufgaben und Herausforderungen, da der E-Learning-Umgang zunächst erlernt werden muss. Nach Aussagen der Beschäftigten liegen insbesondere in den Bereichen der Technologie (83 Prozent), der Organisation (51 Prozent) und letztlich des Personals (38 Prozent) zukünftige Unternehmensbedarfe für einen E-Learning-Einsatz. Ergänzt werden diese Angaben mit Aussagen aus den Bemerkungsfeldern zu dieser Frage (s. Abb. 57). Konkret bedeutet das für den Bereich Technologie:



„Die Einführung neuer Produkte der Telekom sollten stets mit E-LearningProgrammen für die Beschäftigten begleitet werden“,605



„Einstiegs- und Grundlagenwissen“,606



„Darstellung von Prozessen“,607



„Gesamte Anwendersoftware“.608

605 606 607 608

DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.9, 27. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.9, 33. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.9, 38. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3,9, 50.

282

E Ergebnisdarstellung

In welchen Themenbereichen liegen Ihrer Meinung nach die zukünftigen Unternehmensbedarfe für den Einsatz von E-Learning?

im Bereich der Organisation, konkret

51%

im Bereich des Personals, konkret

38%

im Bereich der Technologie, konkret

83%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

Basis n=243; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A3-3.7-3.8

Abbildung 57: Zukünftiger E-Learning-Einsatz in den Themenbereichen Greifbar gemacht für den Personalbereich soll E-Learning dienen:



„zur Wissensvermittlung, z. B. neuer gesetzlicher Regelungen“,609



„Kurze Bekanntgabe von Angelegenheiten im Personalbereich“,610



alle Themen aus dem Bereich Personal, ausgenommen Teamentwicklung und Führungsthemen. Selbst für die ausgenommenen Themen kann ich mir eine Mischung aus Präsenz und E-Learning vorstellen,611



„Softskills, Themen des ‚reinen Tuns‘ lassen sich über E-Learning schulen; Verhaltensveränderungen, Konflikttrainings usw. können durch E-Learning unterstützt werden.“612

609 610 611

DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.10, 3. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.10, 9. Vgl. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.10, 25.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

283

Für den Bereich der Organisation stehen die Aussagen:



„Hier sehe ich insbesondere zwei Gebiete. Das ist einmal das reine sachliche Organisationswissen (bei Telekom auf Grund häufiger Veränderungen eigentlich gar nicht anders als über Medien zu vermitteln). Das ist zum anderen aber das Veränderungsmanagement. Auf diesem Gebiet würde ich sehr stark Erwartungen in Richtung Blended Learning stellen.“,613



„Arbeit in netzbasierten ‚Communities’“,614



„organisatorische Themen, wie Prozessänderungen bei einer Organisationsveränderung oder Infos über aktuelle Themen können komplett über E-Learning geschult werden.“615

Dreh- und Angelpunkt des Erfolges einer jeden E-Learning-Qualifizierung ist es zu wissen, wie und wo netzbasierte Tools eingesetzt werden können und was das genaue Qualifizierungsziel ist. Auch die Systemvoraussetzungen, die vorhandenen Ressourcen, Zielgruppen und der jeweilige Bedarf sollten zu Beginn jeder Maßnahme von Grund auf beleuchtet werden. Nur auf dieser Basis entsteht ein überzeugendes E-Learning-Konzept, das sowohl die Systemumgebung als auch die richtige Lernmethode und Didaktik berücksichtigt. Professionelle Beratung, Analyse und Konzeption, Realisierung und Evaluation sind deshalb auch fester Bestandteil des E-Learning-Leistungsspektrums von TT.

3.4 Vorteils- und Nachteilsargumente: Ziele, Nutzen und Gewinne netzbasierten Lehrens und Lernens In Kapitel B 3 wurden einige ausgewählte Vor- und Nachteile aufgeführt, die durch den Einsatz von E-Learning-Formen auftreten können. Die Idee, starre Lernzeiten aufzubrechen und traditionelle Lehrformen zu verändern oder zu ergänzen, ist eine Anforderung an die Lehrenden. E-Learning als flexible Möglichkeit, seine eigene Lernzeit individuell festzulegen, scheint, wenn die Entwick612 613 614 615

DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.10, 27. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.11, 1. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.11, 21. DATENBASIS, A3-3.7, 2006, Bemerkungsfrage 3.11, 31.

284

E Ergebnisdarstellung

lung der Arbeitswelt und das Fortschreiten der Wissensgesellschaft richtig analysiert wird, eine wichtige Möglichkeit zu sein, Bildungsprozesse und berufliche Erfordernisse miteinander zu verknüpfen. Andere Herausforderungen werden an die Motivation, das Zeitmanagement und die Selbstdisziplin des E-Lernenden gerichtet. Vorteile von E-Learning zeigen sich in dem Selbstbildnis von TT vor allem dort, wo in relativ kurzer Zeit eine große Anzahl von Mitarbeitern geschult werden muss. Zum Beispiel bei Informationstechnologie/Telekommunikation-Systemeinführungen oder Migrationen. Zu sämtlichen relevanten Themenschwerpunkten wie Standardsoftware, Betriebssysteme, Informationstechnologie/Informationsverarbeitung, Betriebswirtschaftslehre, Vertrieb, Service, Delta-Schulungen u. v. m. entwickelt TT maßgeschneiderte interaktive Lernprogramme (CBT/ WBT und Simulationssoftware) und schult Beschäftigte in virtuellen Classrooms sowie per Business- oder Web-TV. In vielen Fällen aber ist eine Optimierung von Geschäftsprozessen mit Einzelmaßnahmen, zu denen auch der Einsatz von E-Learning (CBT/WBT) gehört, nicht zu erreichen. Hier hat TT integrierte Methoden und Maßnahmen im Repertoire, die es ermöglichen, punktgenau auf die Ziele und Bedürfnisse des Unternehmens und deren Mitarbeiter einzugehen. Nachfolgend werden diese Vorteile an der Einschätzung der Beschäftigten bei TT Weiterbildung gespiegelt.616 Die Ermittlung der Vor- und Nachteile bei den Beschäftigten gestaltete sich in den empirischen Studien wie folgt: In der Online-Befragung innerhalb der Fallstudie wurden unter dem Komplex ‚Ihr persönlicher Lernstil: Allgemein und in Bezug auf E-Learning-Formen‘ u. a. zwei Fragen gestellt (s. Abb. 58).

616

Vgl. http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/08_trainingsloesun gen/81105_ blended_learning.jsp, gefunden am 10.07.2007.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

285

Welche Vorteile sehen Sie im netzbasierten Lernen gegenüber Präsenzveranstaltungen? F Unabhängigkeit vom Lernort

F

individuelles Lerntempo

F Unabhängigkeit von Lernzeit

F

arbeitsprozessintegriert

F individuelle Lernintensität

F

keine

F _____________________________ Welche Nachteile sehen Sie im netzbasierten Lernen gegenüber Präsenzveranstaltungen? F fehlende Ansprechpartner

F

ständige Selbstmotivation

F stupide/eintönige Lernatmosphäre

F

Überforderung mit dem Programm

F keinen Kontakt zu anderen Lernenden

F

keine

F _____________________________

Abbildung 58: Fragen zu Vor- und Nachteilen des netzbasierten Lernens Ergänzt wurden diese halbstandardisierten Mehrfachnennungen durch den Leitfaden für die Experteninterviews mit den Fragen unter dem Bewertungskomplex:



Welche Chancen sehen Sie in Ihrem Bereich durch den Einsatz von E-Learning-Formen bei TT?



Welche Risiken sehen Sie durch den verstärkten Einsatz unterschiedlicher E-Learning-Formen bei TT?

Die Beantwortung der gestellten Leitfragen durch die Experten geschah nicht nur verbal, sondern wurde begleitet durch nonverbale, gestische und mimische Äußerungen, die ebenfalls in die Auswertung einflossen. In der Tabelle 6 werden sowohl die qualitativ als auch die quantitativ erhobenen positiven Aussagen aufgezeigt. Die Lernenden können mit E-Learning immer dann lernen, wann sie es wollen, und wenn ein unmittelbarer Lernbedarf vorhanden ist. Im Gegensatz zu Präsenzmaßnahmen müssen sie nicht warten, bevor sie an einem Seminar teil-

286

E Ergebnisdarstellung

Tabelle 6: Vorteile von E-Learning-Einsätzen Quantitative Aussagen617

Qualitative Aussagen618

– Unabhängigkeit vom Lernort (86%)

– „Federführende Bildungsform“ der Zukunft

– Unabhängigkeit von Lernzeit (65%)

– Ergänzung zum Präsenzangebot

– individuelles Lerntempo (62%)

– zeitnah informieren

– individuelle Lernintensität (45%)

– Reisekosten/-zeit Ersparnis

– arbeitsprozessintegriert (25%)

– Kostenreduzierung

– keine (7%)

– als Vermittlung von Einstiegs- und Grundlagenwissen – kann überall eingesetzt werden, doch abhängig von der Situation

nehmen und ihren Lernbedarf stillen können. Dies ist am direkten Arbeitsplatz insbesondere dann ein Vorteil, wenn ein Wissensbedarf vorhanden ist, der möglichst schnell gefüllt werden muss. Im Vergleich zu Präsenztrainings bietet netzbasiertes Lehren und Lernen die Möglichkeit, den individuellen Lernbedarf gezielt und ohne unnötigen Zeitverlust anzugehen. Zusammenfassend lassen sich aus der Sicht der Beschäftigten von TT Weiterbildung folgende vorteilhafte ‚Kernaussagen‘ aufführen: Erschließung neuer Zielgruppen Netzbasierte Lehr- und Lernformen führen zu einer zeitlichen Flexibilität und zu einer Herabsetzung der Präsenzzeiten. Prozessabläufe im Unternehmen können durch einen verstärkten E-Learning-Einsatz sinnvoll mit Lernen vereinbart werden. Lerninhalte können stärker an Erfordernisse der Praxis angepasst werden, so dass dadurch ein neuer Markt für Weiterbildung eröffnet wird.619

617 618 619

Vgl. DATENBASIS, A2-2.12, 2006, Z. 194-200. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1395-2233. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1451ff./Z. 1553ff./Z. 1758ff.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

287

Teilnehmerzahl Eine gleichzeitige Schulung vieler Lernender ist ressourcenschonend möglich.620 Für Unternehmen wie TT ergibt sich dadurch die Möglichkeit, mit Trainingsmaßnahmen schneller Unternehmensziele im Konzern zu realisieren. Dadurch erhält TT als Weiterbildungsanbieter die Möglichkeit, dass sich Entwicklungsinvestitionen schneller amortisieren. Wissenskultur Ein zweckmäßig aufgebautes E-Learning-System ist zukunftsoffen und bildet die Grundlage für das immer bedeutsamer werdende Wissensmanagement in Unternehmen. Daher können Beschäftigte auf den erforderlichen Wissensstand gebracht werden, der durch eine Online-Veranstaltung systematisch auf bereits vorhandenes Wissen aufgebaut und erneuert werden kann. Eine gemeinsame Sprache wird dadurch im Unternehmen aufgebaut.621 Lernorganisation Der E-Learning-Einsatz kann Lernenden helfen, Lerndisziplin und Gruppenlernen zu organisieren. So wachsen die Möglichkeiten des Lernerfolges für die gesamte Lerngruppe und hiermit für den Weiterbildungsträger TT die Chance auf zufriedene Lernende. Qualitätsmanagement Das E-Learning-System informiert durch die Datenmengen, die es generiert, nebenbei stärker über die Lernweise aller Lernenden. Es erzeugt automatisch Instrumente über den traditionellen Beurteilungsbogen hinaus, die Güte des Seminars zu messen: Damit bieten sich Grundlagen für eine gezielte Unterstützung der Lehrenden. Durch die Dokumentierbarkeit der Aktivitäten werden neue Möglichkeiten geschaffen, die Leistung der Lehrenden zu überwachen und sich gegen Regressansprüche von Lernenden stärker zu schützen. Nach diesen Argumenten der Beschäftigten von TT ist zunächst nicht einsehbar, warum die Euphorie, die hinsichtlich der E-Learning-Formen bestand, deut-

620 621

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2508f. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2061ff./Z. 2179ff./Z. 2216ff./Z. 2269ff.

288

E Ergebnisdarstellung

Tabelle 7: Nachteile von E-Learning-Einsätzen622 Quantitative Aussagen623

Qualitative Aussagen624

– keinen Kontakt zu anderen Lernenden (75%)

– kein Ersatz für Präsenzseminare

– ständige Selbstmotivation (52%)

– wegen Personalmangel werden E-Learning aufgezogen

– fehlende Ansprechpartner (50%)

– Akzeptanz von E-Learning noch mangelhaft

– stupide/eintönige Lernatmosphäre (46%)

– Lernruhe am Arbeitsplatz fehlt

– Überforderung mit dem Programm (19%)

– deckt nur den kognitiven Wissensbereich ab

– keine (9%)

– relativ hohe Selbstdisziplin – Fehlen kompetenter Trainer, die sich mit Vor- und Nachteilen ehrlich und offen auseinandersetzen – Softskill - Themen eher ungeeignet – grundsätzlich fehlt generelles E-Learning-Consulting

lich erkaltet ist. Es stehen den genannten Vorteilen offensichtlich erhebliche betriebswirtschaftliche Nachteile gegenüber, die schon vor der Entscheidung über eine spezielle Ausgestaltung des Systems zu bedenken gewesen wären. In Tabelle 7 findet man die von den Beteiligten genannten Nachteile, die sich durch einen E-Learning-Einsatz ergeben. Rollenwandel der Lehrenden Mit dem verstärkten E-Learning-Einsatz wandeln sich die Anforderungen an das Bildungspersonal – sei es an die Fertigkeiten, die Motivation und die Einsatzbereitschaft. Nach wie vor sind sowohl für eine pädagogisch wertvolle Gestaltung der Präsenzphasen als auch der E-Learning-Phasen qualifizierte und kompe622

623 624

Diese Ergebnisse spiegeln die Realität innerhalb des Weiterbildungsbereiches von TT wider und zeigen wie subjektiv sie sind, da sie die gesellschaftliche Realität nicht oder kaum berücksichtigen. Vgl. DATENBASIS, A2-2.12, 2006, Z. 204-210. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2236-3082.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

289

tente Lehrende erforderlich.625 Daraus ergibt sich gleichsam eine Aufforderung an das Management die Lehrenden zu begleiten und zu qualifizieren. Außerdem ist das Problem einer angemessenen Vergütung virulent zu betrachten, so dass sich die in TT ohnehin vorhandene principle-agent-Problematik verschärft. Strategische Qualität einer Entscheidung Die empirischen Erhebungen haben gezeigt, dass ‚ein wenig E-Learning‘ nicht geht. Den E-Learning-Einsatz neben einem bereits bestehenden Präsenzsystem laufen zu lassen hat erwiesen, dass ‚bestenfalls‘ gar kein E-Learning-Einsatz gelingt. Die Entscheidung, Maßnahmen mit E-Learning-Unterstützung anzubieten, impliziert die Bereitstellung von personellen und finanziellen Ressourcen. E-Learning bedeutet, dass die Unzufriedenheit von Lernenden eskalieren kann, wenn eine Rückmeldung und Diskussionen in der Gruppe online nicht erleichtert werden. Es ist ein Rollenwandel erforderlich, der mit Ausdauer und Kenntnis über die Methodik-Didaktik von E-Learning im weitesten Sinne vermittelt. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Entscheidung für noch mehr individuelle Dienstleistungsbereitschaft herbeigeführt werden sollte, auch wenn diese Ressourcen bindet und verbraucht. Technische Stabilität und Usability Die Bereitschaft der Lehrenden und Lernenden, sich auf ein neues Lernmedium einzulassen, ist laut Untersuchungskontext nachhaltig gesunken, weil mit technisch unausgereiften und wenig benutzerfreundlichen Systemen gearbeitet wird. Es gibt nichts Frustrierenderes beim E-Learning-Einsatz als lange Ladezeiten, schlechte Qualität der Bild- und Tonwiedergabe oder Informationsverluste durch unklare Strukturierung der Datenfülle. Es sollte gewährleistet sein, das die Hardwarestruktur nicht durch große Teilnehmerzahlen zusammenbricht bzw., dass die Teilnehmenden den Weg in das System problemlos finden.626 Just-in-time-Prinzip Zielgerichtetes, diszipliniertes und strukturiertes Arbeiten ist bei Weiterbildungsträgern kein Fremdwort. Mit der Implementierung von E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung bei TT verengen sich die zeitlichen Spielräume von Unter625 626

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2290ff. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2585ff.

290

E Ergebnisdarstellung

lagenentwicklung, Feedback und Betreuung weiter.627 Eine Nichteinhaltung von Terminen und zugesagten Betreuungsrythmen führt auf Seiten der Lernenden dazu, dass die Akzeptanz von E-Learning verloren geht, ebenso die (Selbst-) Lerndisziplin. Allerdings sind die Kosten für die Aufrechterhaltung und die kontinuierlichen Verbesserungen eines just-in-time-Systems nicht unerheblich. Wagnis Mit den verschiedenartigen E-Learning-Formen wird die Möglichkeit der Anpassung an Leistungsfähigkeit und Bedürfnisse der Lerngruppe erst einmal herabgesetzt. Nachteilig ist, dass es keine oder nur eine eingeschränkte E-Mimik oder E-Gestik, wie beispielsweise E-Stirnrunzeln gibt, was im Präsenzunterricht zu einer Reaktion des Lehrenden führen kann. Wenn E-Learning durch Präsenzphasen unterbrochen werden soll, ergibt sich bei der Vorbereitung die Verpflichtung, die Lernprozesse der Lernenden zu antizipieren. Dadurch steigt das Risiko, an den Lernbedürfnissen der Teilnehmenden vorbeizuplanen. Ein weiterer Aspekt ist, dass sich der Kostenaufwand der Erstellung von Unterlagen nicht mehr auf den Lehrenden verschieben lässt. Da die Entwicklung von E-Learning-Inhalten zeitaufwändiger wird, riskiert TT zunächst mehr. Bekanntlich kann mit dieser Entwicklung nicht erst begonnen werden, wenn die Teilnehmerzahl eines tutoriell begleiteten E-Learning-Kurses bekannt ist oder der Auftrag erteilt ist. Dieses Wagnis ist möglicherweise das Kardinalproblem eines effizienten und effektiven E-Learning-Einsatzes.628 Es stellt sich ganz konkret die Frage, wie man die Prozesse in geeigneter Weise in Angriff nehmen kann, dass E-Learning-Formen positiv in das Bewusstsein der Führungskräfte, der Lehrenden und aller Lernenden gelangen können. Das Ziel ist eine Akzeptanzsteigerung und die Anerkennung von E-Learning neben traditionellen Lehr- und Lernformen. Die Kombination von E-Learning und Präsenzveranstaltungen – unter dem Begriff Blended Learning bekannt – zielt darauf, die Vorteile netzbasierter und traditioneller Lehr- und Lernformen herauszustellen und die Nachteile so weit wie möglich zu eleminieren. Viele ELearning-Konzepte orientieren sich nach wie vor an linearen Wissensvermittlungen, wie sie aus Büchern und anderen Lehrmitteln bekannt sind, innovative E627 628

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2385ff. E-Learning-Konzepte können auch die Möglichkeit bieten aus Modulen oder Kooperationen preiswerter zu werden.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

291

Learning-Systeme erlauben dagegen flexible und adaptive Strukturen, die mit einem ‚Human Touch‘ auf die E-Lernenden eingehen. In Kapitel B wurden drei Schwerpunkte aufgeführt, die die Eignung von Lerninhalten thematisieren. Die Aussagen der Beschäftigten von TT bestätigen, dass sich nicht alle Inhalte über E-Learning zielführend vermitteln lassen. Als geeigneter werden Themen aus den Bereichen Informations- und Telekommunikationstechnologie erachtet.629 Hinzu kommt, dass das Angebot bislang nur in geringem Umfang zu den betrieblichen Anforderungen passt, „es steckt noch in den Kinderschuhen“630. Der dritte Punkt ist die Eignung von E-Learning-Formen je nach Lerntyp.631

3.5 Anforderungen an die Lehrenden Wenn der einzelne Beschäftigte in der unter Lernkultur beschriebenen Weise und unter der Devise des LLL zunehmend Verantwortung für sein Lernen selbst übernimmt, hat dies Auswirkungen auf das ‚Tagesgeschäft‘ eines Lehrenden – Trainer, Konzeptentwickler und Berater – innerhalb von TT Weiterbildung. Dadurch wandeln sich auch seine Bedeutung und seine Funktion in der Weiterbildungseinrichtung. Die Veränderungen für die Lehrenden sind weitreichend. Sie sind nicht mehr maßgeblich für die Wissensvermittlung zuständig, sondern unterstützen, beraten und fördern die Lernenden im ‚virtuellen Lernprozess‘. Ihre Aufgabe beim E-Learning ist das Ermöglichen von Lernprozessen. Dabei wandelt sich der Fokus der Betrachtung immer mehr vom Lehrprozess zum aktiven Lernprozess. Dieser Wandel des Leitbildes für den Lehrenden zeichnet sich bereits seit den Anfängen des elektronischen Einsatzes von Lernformen ab. Im Kontext des E-Learning kommt dem Lehrenden als E-Lehrenden ein besonderer Stellenwert zu. „Er spielt eine entscheidende Rolle, aber er spielt eine andere Rolle als im klassischen Training. Auch das klassische Training hat sich entwickelt. Wir sind – beginnend 60er/70er Jahre – vom Frontalunterricht weggegangen (was damals Standard

629 630 631

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1525ff. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2025. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1840ff.

292

E Ergebnisdarstellung war), haben versucht im Präsenzgeschehen andere Lernformen – Gruppendynamik, Gruppenarbeit, Projektarbeit zu implementieren – dies kann ich natürlich hervorragend, wenn ich E-Learning-Elemente einsetze, machen.“632

Jedoch stimmen 61 Prozent der befragten Lehrenden voll zu bis eher zu, dass sie oft zu wenig beachtet werden bei der Gestaltung und Einführung von E-Learning-Angeboten in der betrieblichen Weiterbildung. 39 Prozent negieren das durch die Aussagen ‚stimme überhaupt nicht zu‘ bis ‚stimme eher nicht zu‘. Unterstützt wird diese Aussage, dass neun von 23 Einträgen zu ‚Welche Rolle würden Sie gerne einnehmen?‘ angeben: ‚keine‘, ‚konnte mich bisher vor E-Learning-Seminaren drücken‘ und ‚Lehrer‘. Demnach ist die Bereitschaft, sich auf weitere ergänzende Lernformen einzulassen, nicht hoch. Die Orientierung der Lehrenden ist zu einseitig und organisatorisch zu wenig auf ein virtuelles Unternehmen ausgerichtet. Lehrende sind wesentliche Schlüsselfiguren bei der Einführung netzbasierter Lernformen. Nur wenn die erforderliche Akzeptanz und Kompetenz für einen innovativen E-Learning-Einsatz bei den Lehrenden vorliegt, kann E-Learning nachhaltig in der betrieblichen Weiterbildung verankert werden.633 Bislang wurde die Rolle des Lehrenden wenig beachtet, da davon anspruchslos ausgegangen wurde, bei überzeugenden Konzepten würden alle Lehrenden in der Weiterbildung bei TT dabei sein. Die Erfahrung in der Praxis lehrt anderes, obwohl in Blended Learning Szenarien der Lehrende eine zentrale Vermittlungsfunktion innehat. In dem ganzen virtuellen Lernprozess bekommt die Beratung durch den Lehrenden eine enorme Bedeutung: Verlangt sind nicht mehr traditionell Lehrende, sondern benötigt werden Moderatoren (55 Prozent), E-Trainer (41 Prozent), Berater (39 Prozent) und Lernprozessbegleiter (25 Prozent), die die Lernenden in ihrem gesamten Lernprozess begleiten und passende Konzepte entwickeln (s. Abb. 59).

632

633

EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2292-2296./Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 177. Verstärkt kann gesagt werden, dass wenn der Auftraggeber überzeugt ist bzw. wird, dass er zu weniger Aufwand ein besseres Ergebnis erreicht, dann kann E-Learning nachhaltig in der betrieblichen Weiterbildung verankert werden.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

293

Welche Rolle nehmen Sie als Lehrender bei E-Learning ein? Individuelles Coaching beim Transfer des Gelernten aus Dem Lernfeld in das Arbeitsfeld

10%

Technische Betreuung

11%

Berater

39%

Administrator

3%

Moderator

55%

E-Trainer

41%

Lernprozessbegleiter

25%

Teletutor

21%

Lehrer

24% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

Basis n=97; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-B1.6-4.6

Abbildung 59: Rolle des Lehrenden Konkrete Aufgaben der ‚Lehrenden‘ sind nach Aussagen der Beschäftigten von TT Weiterbildung beispielsweise:



die Lernenden bei der Entscheidung über Lerninhalte und Lernwege zu beraten und Orientierung zu geben,634



die geeigneten Lernarrangements zur Verfügung zu stellen,635



das Treffen in virtuellen Räumen zu moderieren,636

634 635 636

Vgl. DATENBASIS, B1-1.7, 2006, Bemerkungsfrage 4.7, 18. Vgl. DATENBASIS, B1-1.9, 2006, Bemerkungsfrage 4.10, 5. Vgl. DATENBASIS, A3-3.8, 2006, Bemerkungsfrage 3.13, 4.

294

E Ergebnisdarstellung



eventuell helfen die gewohnten Lernstrategien zu verändern,637



die Lernenden bei der Lernergebniskontrolle zu unterstützen, so dass sich ihre Einschätzungsfähigkeit bezogen auf ihren aktiven Lernprozess und ihre Kompetenzen erhöht,638



die technische Betreuung anbieten.639

Es gilt generell, die Auseinandersetzung der Lernenden mit dem Lernangebot zu fördern. Ergänzt werden diese Expertenaussagen durch die Frage: „Welche neuen Aufgaben kommen Ihnen durch den Einsatz verschiedenartiger E-LearningFormen zu?“ Die neuen Aufgaben liegen laut 52 Prozent insbesondere auf der Ebene organisatorischer Betreuung und der Moderation von Diskussionsforen und virtuellen Konferenzen. 27 Prozent der Teilnehmer geben technische Betreuung und Feedback auf ‚Lernaufgaben‘ an (s. Abb. 60). Eine qualitative Aussage in diesem Zusammenhang war beispielsweise folgende: „Der Lehrende muss eine selbst-kritische Einstellung zum Medium E-Learning besitzen und dieses nicht als das ‚einzig-selig-machende‘ in ‚blinder Erneuerungswut‘ einsetzen, getreu dem Motto ‚E-Learning ist das einzig Wahre‘. Verständnis für die Situation und das Umfeld der Zuhörenden/Teilnehmenden muss vorhanden sein und sollte schon bei der Konzeptentwicklung berücksichtigt werden.“640

Diese Aussage schließt nicht nur aufklärerisches Gedankengut im kantianischen Sinn mit ein, sondern auch das Konglomerat der vier Kernkompetenzen (Fach-, Sach-, Methoden- und insbesondere Sozialkompetenz), was sich auch in den oberen Charts widerspiegelt.

637 638 639

640

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2286-2293. Vgl. DATENBASIS, B1-1.7, 2006, Bemerkungsfrage 4.7, 10. Vgl. DATENBASIS, B1-1.4, 2006, Bemerkungsfrage 4.4, 10. Ergänzen lassen sich die Aspekte durch den Punkt: Sicherung, dass das vom Auftraggeber/Kunden erwartete Ergebnis eintritt. DATENBASIS, A3-3.8, 2006, Bemerkungsfrage 3.13, 27.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

295

Welche neuen Aufgaben kommen Ihnen durch den Einsatz verschiedenartiger E-Learning-Formen zu? Strukturierung bei der Gruppenarbeit im Internet/ Intranet

21%

technische Betreuung

27%

individuelles Coaching

15%

Prüfung, Zertifizierung

12%

Feedback auf „Lernaufgaben“

27%

organisatorische Betreuung

52%

Moderation von Diskussionsforen und virtuellen Konferenzen

52% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

Basis n=52; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-B1-1.9-4.9

Abbildung 60: Aufgaben des Lehrenden Der Forderung nach einer selbst-kritischen Einstellung in der qualitativen Aussage schließen sich die beiden weiteren Fragen aus Abbildung 61 an. Insgesamt wird deutlich, dass die Informationen über das Gebiet des netzbasierten Lernens viele mögliche Adressaten noch nicht – oder nur bruchstückhaft erreicht haben. Immerhin fühlen sich 61 Prozent der Lehrenden in TT Weiterbildung nicht ausreichend informiert, obwohl sich das Leitbild eines Lehrenden bereits seit mehreren Jahren wandelt. Die wesentlichen Problembereiche beim netzbasierten Lernen liegen im Erhalt der Motivation und der Bewahrung des Überblicks über das Lerngeschehen. Häufig werden Lernerfolge nicht als solche wahrgenommen, z. B. weil Fragen oder Probleme wiederholt auftreten und als Rückschritt wahrgenommen werden, selbst dann, wenn die Probleme auf einem höheren Niveau angesiedelt sind. Die Arbeit an der Motivation und die permanente Begleitung bei der Orientierung im Lernprozess werden damit zu zentralen

296

E Ergebnisdarstellung

Ist für Sie der zeitliche Aufwand, der mit E-Learning verbunden ist, größer als bei Präsenzseminaren? Fühlen Sie sich ausreichend informiert über netzbasierte Lehrformen?

10%

ja

23%

28%

eher ja

36%

48%

eher nein

34%

14%

nein 8%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Basis=139; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Charts rH-B1-1.10-4.11 Basis=146; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Charts rH-B1-1.10-4.12

Abbildung 61: Zeitlicher Aufwand und ausreichende Informationen Aufgaben für die Lehrenden in TT Weiterbildung. Voraussetzung dafür ist, dass sie selbst umfassend über netzbasierte Lehrformen informiert sind, sonst können sie dem Lernenden nicht beratend zur Seite stehen.641 Ein weiterer Aspekt ist die soziale Einbindung. Zwar lernen alle Lernenden selbst und ständig im Lebenszusammenhang, dies geschieht häufig aber nicht bewusst und wird daher als informelles Lernen bezeichnet. Ein bedeutender Gesichtspunkt bei der Lernprozessbegleitung bei virtuellen Lernprozessen liegt darin, solche latenten Lernvorgänge bewusst zu machen. Daher ist eine zielgerichtete Auseinandersetzung mit einem Problem notwendig und bei der Aneignung bzw. Erweiterung der individuellen Kompetenzen der Austausch mit anderen E-Lernenden wichtig, sei es in Online-Communities, Chats oder via E-Mail. Dabei tragen E-Lehrende die Verantwortung, diesen Austausch zu arrangieren, zu moderieren, Hilfen an die Hand zu geben und der Isolierung des ein-

641

Vgl. DATENBASIS, B1-1.10, 2006, Z. 365-369.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

297

zelnen E-Lernenden entgegenzuwirken. Demnach „ist ein Trainer eher ein Partner, ein Weiterentwickler“642. Die dargestellten Ergebnisse der Untersuchung zeigen die noch vorhandenen Schwächen beim E-Learning-Einsatz durch die Lehrenden auf. Zukunftsweisend ist, die Lehrenden bei TT darin zu unterstützen, im Arbeitskontext innovative Wege zu erproben, ihnen Orte für ihre Tätigkeits-Reflexion zu bieten, sie in ihrem Lernprozess und der damit verknüpften Reflexion zu begleiten und je nach Bedarf Wissensressourcen zur Verfügung zu stellen. Zielführend erscheint es, die Planung der Weiterbildungsmaßnahmen von einer E-Strategie abzuleiten, die in Kapitel F näher erläutert wird. Sie führt in ersten Schritten zu einer Zielgruppendefinition mit bestimmten Angeboten und zu bestimmten Zielpunkten. Um eine solche E-Strategie entwickeln zu können, ist sowohl eine veränderte Rollenzuschreibung als auch ein damit verbundenes Kompetenzrepertoire erforderlich. Im Folgenden wird neben der skizzierten Abgrenzung von Kompetenz und Qualifizierung deutlich, dass die benötigten Kompetenzen aus traditionellen Lehrund Lernansätzen nicht hinreichend sind, um Weiterbildungssituationen als E-Lehrender zu meistern. Es ist eine Weiterentwicklung der Lehrkompetenz hin zur E-Lehrkompetenz erforderlich. 3.5.1 Kompetenz als aufgabenorientierte Fähigkeit eines Lehrenden In Kapitel B 3 wurde Kompetenz als subjektbezogen und Qualifikation eher als subjekt-unabhängig beschrieben, jedoch sind die Inhalte des Kompetenzbegriffs teilweise deckungsgleich mit jenen des Qualifikationsbegriffs. „Mit Kompetenzen werden das persönliche Können, die individuellen Fähigkeiten bezeichnet. Kompetenzen lassen sich durch jede Art des Lernens aneignen, auch durch informelles Lernen. […] Eine Qualifikation dagegen ist nachgewiesene Kompetenz und erfolgt meistens über formales Lernen, etwa über ein Bildungsinstitut […].“643

Für einen gezielten Einsatz technikgestützter Lernumgebungen in der betrieblichen Weiterbildung benötigen die Lehrenden bei TT nicht nur einen Einblick in die Personenmerkmale der Lernenden, sondern auch in deren Zielvorstellungen: Ist für die Lernenden in der betrieblichen Weiterbildung der Einsatz von E-Lear-

642 643

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 198. STIFTUNG WARENTEST (Hg.): Lernformen. In: test Weiterbildung Kompakt 03/2005, 3.

298

E Ergebnisdarstellung

Stellt der Einsatz von E-Learning-Formen für Sie eine adäquate Form zertifizierter Weiterbildung dar? Können Sie durch den Einsatz von E-Learning-Formen Ihre persönlichen Potentiale weiterentwickeln?

20 %

ja

15 %

34 %

eher ja

40 %

38 %

eher nein

39 %

8%

nein 6%

0

5%

10 %

15 %

20 %

25 %

30 %

35 %

40 %

Basis n=274; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Charts rH-A2-2.10-2.16 Basis n=272; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Charts rH-A2-2.9-2.16

Abbildung 62: Eignung des E-Learning-Einsatzes für zertifizierte Weiterbildung und Weiterentwicklung der Potenziale ning-Formen im Bereich der Weiterentwicklung persönlicher Potenziale, der eigenen Kompetenzentwicklung, und/oder als eine adäquate Form zertifizierter Weiterbildung, also Qualifizierung, denkbar (s. Abb. 62)? In Kapitel B 3.4.3 wurde Kompetenz als aufgabenorientierte Fähigkeit eines E-Lehrenden unter Zuhilfenahme der Sozial-, Fach-, Methoden-, Individual- und Medienkompetenz näher erklärt. Für die Charakterisierung von Kompetenz als aufgabenorientierte Fähigkeit ist die individualisierte Perspektive spezifisch. Demzufolge sind die oben genannten Kompetenzen nicht getrennt zu betrachten, sondern stehen immer in einem Komplementärverhältnis. Deshalb werden im Weiteren nicht die einzelnen Kompetenzen betrachtet, sondern deren Vereinigung in der beruflichen Handlungskompetenz eines E-Lehrenden. Die Aneignung von beruflicher Handlungskompetenz ist Ziel individuellen und kooperativen Lernens in Umgebungen, die realistische Probleme und

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

299

Welche Kompetenzfelder sollte ein Lehrender im E-Learning-Sektor abdecken? Kommunikationskompetenz

76%

Soziale Kompetenz

53%

Medientechnische Kompetenz

78%

Methodisch-didaktische Kompetenz

79%

Fachkompetenz

94%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Basis n=266; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A3-3.8-3.12

Abbildung 63: Kompetenzfelder eines Lehrenden im E-Learning-Sektor authentische Situationen enthalten und in denen den Lernenden multiple Kontexte und Perspektiven angeboten werden (s. Abb. 63).644 Für den E-Learning-Einsatz sollte ein Lehrender nach Meinung der Befragten bei TT insbesondere über Fachkompetenz (94 Prozent), methodisch-didaktische Kompetenz (79 Prozent) und medientechnische Kompetenz (78 Prozent) verfügen. Nach dem Primat der Didaktik sind zunächst Ziele und Inhalte einer Lerneinheit oder einer Qualifizierungskonzeption zu klären, bevor daraus die geeigneten Methoden und Medien für den Lernprozess definiert werden. Dabei spielen u. a. auch Alter und Bildungsniveau eine Rolle – schließlich lassen sich dadurch Interessen und Lernbedürfnisse der Lernenden voneinander unterscheiden. Ergänzend kommen die Aspekte zur bestehenden oder die, unter Beachtung der realen Möglichkeiten zu schaffenden Rahmen- bzw. Umfeldbedingungen hinzu. 644

Vgl. PÄTZHOLD, G.: Berufliche Handlungskompetenz, 1999, 58.

300

E Ergebnisdarstellung

Die genannten Kompetenzen beinhalten sowohl Wissen, Einstellungen als auch Fertigkeiten. Nach wie vor verfügen jedoch wenig Lehrende bei TT Weiterbildung über diese umfassenden Kompetenzen im E-Learning-Sektor. Hintergrund für diese These sind u. a. die Aussagen, dass 42 Prozent sich über netzbasierte Lehrformen645 nicht ausreichend informiert fühlen und dass 70 Prozent der befragten Lehrenden überhaupt nicht bzw. eher nicht der Frage zustimmen, ob es ihrer Meinung nach bei der Gestaltung und Organisation von E-LearningSeminaren besser gelingt, den Lernprozess des Lernenden in den Mittelpunkt zu rücken. Demnach sind bestimmte Wahrnehmungs- und Bewertungsmerkmale gegenüber E-Learning wie Motivation, Unsicherheit, Risikobereitschaft für Innovationsfähigkeit und -bereitschaft von Lehrenden dafür verantwortlich, ob die aufgabenorientierte Fähigkeit eines E-Lehrenden erweitert wird oder nicht. Tendenziell gehen der Stellenwert der Kompetenzen und ihre Entwicklung mehr in Richtung Fach-, Medien- und Methodenkompetenz, die Sozialkompetenz läuft nicht ganz gegen Null, sie wird aber zukünftig eine geringfügigere Bedeutung für die Erfüllung der Aufgaben eines E-Lehrenden im Sinne des pädagogischen Auftrages in der betrieblichen Weiterbildung haben als bisher. Insgesamt gesehen ist die Entwicklung der Medienkompetenz mit ihren vier Dimensionen: Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung für einen E-Lehrenden die bedeutendste Kompetenz. Diese basiert auf einer reflektierenden Nutzung, die zu einer Selbstaufklärung des Lernenden führen soll. Ein individueller und gesellschaftlicher Gestaltungsbezug trägt zur Lebendigkeit im virtuellen Raum bei und ist daher eine bedeutsame Komponente. Die Entwicklung der Sozialkompetenz wird für die berufliche Handlungskompetenz eines E-Lehrenden, auch wenn sie nicht oberste Priorität genießt, nach wie vor wichtig sein, denn er hat es – trotz aller elektronischer Medien – mit Menschen zu tun, die seinen Zuspruch brauchen, motiviert werden möchten etc..646 Heute sind E-Lehrende gefragt, die unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen bei E-Learning selbstbewusst und motivierend handeln können. Bildungspersonal mit sozialen Kompetenzen ist ein guter Kommunikationspartner, ein guter Zuhörer und bemüht, die Bedürfnisse seiner Lernenden zu verstehen und eine gemeinsame Lösung zu finden.

645 646

Vgl. DATENBASIS, B1-1.10, 2006, Z. 366f. Vgl. DATENBASIS, A3-3.8, 2006, Bemerkungsfrage 3.13, 11.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

301

Fachkompetenz

Medienkompetenz Methodenkompetenz

Sozialkompetenz

‚Heute’

‚Morgen’

Abbildung 64: Stellenwert der Kompetenzen eines E-Lehrenden ‚Heute und Morgen‘ Ein rein fachlich ausgerichteter Lehrender ist nur darauf ausgerichtet, seine Maßnahme durchzuziehen, koste es, was es wolle. Der Unterschied zwischen den beiden Lehrenden ist, dass der Lehrende mit der höheren Gewichtung der Sozialkompetenzen auch mit Niederlagen, Ablehnung und Spannungen im Cyberspace besser fertig wird. Der Lehrende ist sich seiner selbst und seines Wertes, ‚des Selbstwertes‘, bewusst.647 3.5.2 Handlungsanweisungen für die Lehrenden Aufbauend auf den theoretischen Überlegungen zu den zehn möglichen Handlungsanweisungen für einen Lehrenden in Kapitel B 3 werden nachfolgend diese Regeln übertragen in eine ‚Regelmatrix‘, um daran die Erfüllung der Regeln bei TT transparent machen zu können und mögliche Verbesserungspotenziale herauszufiltern (s. Tabelle 8). Die dazu herangezogenen Aussagen werden in die Kategorien positiv, neutral und negativ eingeteilt. So kann geprüft werden, ob die Regeln bei TT bereits gelten, sich im Aufbau befinden oder nicht angestrebt

647

INTERVIEW 7, 2004, Z. 1764ff./Vgl. auch INTERVIEWAUSWERTUNG 1-8, 2004, Z. 60ff., Z. 1235ff.

302

E Ergebnisdarstellung

Tabelle 8: ‚Handlungsanweisungen für einen E-Lehrenden‘648 Positiv

Neutral

Individuelle Anrede

9

Richtige Anrede

9

Anerkennung und Lob

9

Zeitnahe Antwort

Negativ

9 9

Sorgfältige Formulierung Kommunikativer Umgang

9

Lebendige Kommunikation

9 9

Erfolgreich abgeschlossene Kommunikation Eindeutige Kommunikation Vermeidung von öffentlicher Kritik

9 9

werden. Vereinfacht gesagt werden die Antworten, die bejahen, die Handlungsanweisung umzusetzen, als positiv gekennzeichnet, die Aussagen, bei denen eine gewisse Unsicherheit vorliegt, als neutral und die, die verneint werden, als negativ gekennzeichnet. Diese Einteilung orientiert sich stark an der vorliegenden quantitativen Datenmatrix und dem qualitativen Interviewtext und gilt als ‚ungewertete‘ Meinung der Befragten.649 Die Aussage eines Lernenden unterstreicht die Notwendigkeit dieser bislang in TT latent vorhanden Regelmatrix: „Und heute ist man eigentlich in der Lage, mit kleinen Bausteinen Leute oder Menschen erleben zu lassen, was sie mit E-Learning machen können und eben zu sehen, wenn es begleitet wird, dass es nicht etwas Isoliertes ist, sondern etwas Unter648

649

Vgl. DATENBASIS, A3-3.8, 2006, Bemerkungsfrage 3.13, 6./Vgl. DATENBASIS, B11.12, 2006, Bemerkungsfrage 4.13, 9./Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 203f./ Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1872./Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 826./ Vgl. Experteninterviews, 2006, Z. 1156, Z. 1678./Vgl. DATENBASIS, A3-3.8, 2006, Bemerkungsfrage 3.13, 9./Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2470f., Z. 2478ff. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es keine eindeutige Auslegung von Texten (hier quantitativen Bemerkungsfeldern und qualitativen Aussagen) geben kann. Es handelt sich bei der Interpretation um eine von außen kommende, die streng genommen nicht identisch mit derjenigen des zu Interviewenden sein kann. Vgl. MAYER, H.: Interview, 2002, 46.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

303

stützendes. Aber immer irgendwo auch ein Anker im Hintergrund ist, dass jemand ansprechbar ist und wenn mal etwas nicht klappt, ob das System hängt, ob ich mich irgendwo verrannt habe oder wie auch immer, dass ich weiß: Ok, ich kann noch einmal irgendwo jemanden ansprechen, einen Menschen, der also gelöst vom System, das tun kann – das ist ganz enorm wichtig.“650

Durch die verstärkt auftretenden neutralen Markierungen wird deutlich, wie wenig das Bewusstsein die Veränderungen, die sich durch die Integration von E-Learning in die tradierten Lehr- und Lernmethoden ergeben haben und somit auch Auswirkungen auf die Aufgaben eines Lehrenden haben, in TT widerspiegelt. Es ist zugleich ein Beweis dafür, wie wenig sich die Pädagogen in TT mit der als Innovation zu bezeichnenden Entwicklung in Richtung E-Learning beschäftigt haben. Eine klare Strukturierung und klare Regeln kommen dem Wunsch eines Lernenden nach Standards innerhalb TT Weiterbildung nach, die zwar schwierig einzuführen sind, aber nicht als unmöglich wahrgenommen werden.651 Um diese Standards auf dem E-Learning-Sektor bei TT einzuführen, sind die zuvor dargestellten Einstellungen und Sichtweisen zum netzbasierten Lernen der Anwender notwendig, um dann Standards im Sinne von Qualitätsstandards für E-Learning-Angebote weiter bei TT etablieren zu können. Innovative netzbasierte Medien können sowohl zur Umsetzung didaktischgestalteter Lernprogramme als auch zur Unterstützung der Selbstorganisation und Kommunikation des Bildungspersonals und der Lernenden genutzt werden. Eine Form des informellen E-Learning sind beispielsweise virtuelle Kompetenzzentren und Online-Communities. Interessierte können dort akute Praxisfragen stellen, die Fachexperten oder andere Forenteilnehmer beantworten. Dabei wird der E-Lernende ebenfalls mit veränderten Anforderungen konfrontiert.

650 651

EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1902-1908. Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2376f.

304

E Ergebnisdarstellung

3.6 Anforderungen an die Lernenden Eine Reihe beschriebener Aspekte und weiterer Rahmenbedingungen bestimmen die Umsetzung von E-Learning in der betrieblichen Weiterbildungspraxis bei TT maßgeblich. Dazu gehören neben der dargestellten Entwicklung von geeigneten Standards organisatorische Rahmenbedingungen, die Umsetzbarkeit des selbstorganisierten Lernens, der Grad der Interaktivität und nicht zuletzt die Unterstützung des Lernenden durch die betriebliche Personal- und Weiterbildungsentwicklung und insbesondere des E-Lehrenden. Eine essentielle Voraussetzung für die effektive Nutzung von E-Learning in der betrieblichen Weiterbildungspraxis ist ihre organisatorische Umsetzung. Dabei ist zunächst vom tatsächlichen Bedarf auszugehen, der dann mit den entsprechenden Medien und Lerntechniken zu verknüpfen ist. Auf dieser Basis kann eine spätere spezifische E-Learning-Strategie für TT Weiterbildung entwickelt und technisch-organisatorisch umgesetzt werden. Die besondere Herausforderung liegt darin, dass einerseits Lernen etwas Individuell-persönliches652 ist und mithin die Motivanforderungen auch verschiedenartig sind, andererseits aber aufgrund der finanziellen Restriktionen insbesondere beim Einsatz von E-Learning vielfach versucht wird, eine einheitliche Lösung für alle Lernenden vorzugeben. Erfolgreiches Lernen und somit auch erfolgreiches netzbasiertes Lernen setzt die Fähigkeit und Bereitschaft zum Selbstlernen voraus. Dabei müssen sich nicht nur die Lehrenden auf eine neue virtuelle Lernwelt einstellen und vorbereiten, sondern auch die Lernenden selbst. Netzbasiertes Lernen stellt die Unternehmenskultur TT vor eine neue Situation, die internen Abläufe und Prozesse werden verändert. E-Learning ist wie ein Organisationsentwicklungsprozess zu behandeln, bei dem Arbeiten und Lernen aufeinander abgestimmt werden müssen. Bei der konkreten Ausgestaltung spielt der Lernende zunehmend eine zentrale Rolle und erfährt mehr Beachtung bei der Gestaltung und Einführung von E-Learning-Angeboten in der betrieblichen Weiterbildung. Allerdings geben 65 Prozent der befragten Lernenden bei TT Weiterbildung an, bislang zu wenig Beachtung bei der Gestaltung und Einführung von E-Learning zu erhalten (s. Abb. 65).653

652 653

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1976f. Vgl. DATENBASIS, A3-3.4, 2006, Z. 251f.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

305

Bei der Gestaltung und Einführung von E-Learning Angeboten in der betrieblichen Weiterbildung wird der Lernende in TT oft zu wenig beachtet

ja

12%

eher ja

53%

eher nein

31%

nein

4%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Basis n=252; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A3-3.4

Abbildung 65: Gestaltung und Einführung von E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung Erfahrungen aus anderen Unternehmen zeigen, dass folgende Merkmale für einen erfolgreichen E-Learning-Einsatz bedeutungsvoll sind:

– –

„aktive Einbindung der Lernenden in den Lernprozess



Anregung zum Weiterlernen.

Förderung der Selbstlernkompetenz und Entwicklung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Lernenden

Gerade die Selbstlernkompetenz der Lernenden, also die Fähigkeit, den eigenen Lernprozess zu steuern, individuelle Lernziele zu definieren, Lernstrategien zu entwickeln und den eigenen Lernprozess zu reflektieren, ist ein Schlüsselfaktor für eine effektive E-Learning-Praxis. Die Beschäftigung mit dem eigenen Lernprozess, das

306

E Ergebnisdarstellung Wissen darum, wie man selbst am besten lernt bzw. zu welchem Lerntyp man gehört, ist daher ein wichtiger Bestandteil der Selbstlernkompetenz.“ 654

Es handelt sich demnach nicht nur um den Rollenwandel eines Lehrenden hin zum E-Lehrenden, sondern auch um die Rollenveränderungen eines Lernenden hin zum E-Lernenden. Eine veränderte Rolle des Lehrenden bedingt notwendig eine veränderte Rolle des Lernenden. Dazu bedarf es auf der Seite der E-Lernenden einer Reihe von Kompetenzen, um die Formen des E-Learning selbstverantwortlich einzusetzen. Der Einzelne sollte beispielsweise in der Lage sein:



seinen Lerntyp zu kennen und somit E-Learning-Formen gemäß seinem Lernziel einzusetzen,



seinen Lernbedarf zu erfassen und für sich Ziele zu entwickeln,



den eigenen Lernprozess zu planen und vorzubereiten,



zu entscheiden, welche Aspekte er selbst organisiert lernen möchte und wo es sinnvoll ist, ergänzende traditionelle Lernformen wahrzunehmen,



den Lernprozess mit geeigneten Lernstrategien durchzuführen und ggf. für das Lernen die Unterstützung von Lehrenden in Form von Beratern in Anspruch zu nehmen,



Motivation, Konzentration und Selbstorganisation ernsthaft zu pflegen.

Zur Erfüllung dieser Aspekte ist es erforderlich, dass der E-Lernende:



begreift, dass die Weiterbildung unerlässlich für seine Beschäftigungsfähigkeit ist,



ein verändertes Selbstverständnis bei selbstgesteuertem E-Learning entwickelt,



die bislang vorherrschenden Lernmuster, -verhaltensweisen und individuell passenden Lernstrategien kennt,

654

HAUSSMANN, B.: Lernen kann so einfach sein. In: HOPFNER, H. (Hg.): trendbook e-learning 2006/2007, 74.

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

307



ein Repertoire an Lernmedien, -formen, -methoden und -wegen kennt und kompetent einsetzen kann,



eine offene, jedoch kritisch-konstruktive Haltung gegenüber innovativen Lehr- und Lernmethoden hat.

Um diese einzelnen Anforderungen erfüllen zu können, ist die Frage nach dem eigenen Lerntyp zu klären. In Kapitel B wurden zwischen visuellen, auditiven, kinästhetischen und verbal-abstrakten Lerntypen unterschieden. Nach Angaben der Befragten sind bei TT mindestens zwei der vier Lerntypen vertreten,655 was exemplarisch durch die folgenden Aussagen deutlich wird:



„Also, große Abhandlungen am PC zu lesen, ist für mich anstrengend, da bin ich doch eher der haptische Typ, der etwas in der Hand haben muss.“656



„Ich hör was, ich kann was fragen.“657

Das Ziel sollte sein, dass der einzelne Mitarbeiter bei TT Weiterbildung über diese Kompetenzen verfügt, stets ausgehend von seinem Lerntyp und der damit verbundenen Frage: „Wie lerne ich gerne?“658. Ansonsten kann der Einsatz von E-Learning-Formen zu Lernfrustration, zu Ablehnung führen und nicht der Ergänzung traditioneller Lehr- und Lernformen dienen. Einzelne Beschäftigte meinten dazu:



„Wegen Personalmangel wird E-Learning aufgezogen.“659



„Leider ist bei uns die Akzeptanz von E-Learning noch mangelhaft“,660



„Besser E-Learning als gar kein Learning.“661

655 656 657 658

659 660 661

EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2521f. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 1975f., 2108ff. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 3382. STIFTUNG WARENTEST (Hg.): Lernformen. In: test Weiterbildung Kompakt 03/2005, 4. DATENBASIS, A2-2.11, 2006, Bemerkungsfrage 2.19, 6. Vgl. DATENBASIS, A2-2.11, 2006, Bemerkungsfrage 2.19, 39. Vgl. DATENBASIS, A3-3.2, 2006, Bemerkungsfrage 3.2, 45.

308

E Ergebnisdarstellung

Könnten Sie Ihrer Meinung nach bei E-Learning-Maßnahmen auf einen Lehrenden verzichten?

stimme voll zu

2%

stimme eher zu

14%

stimme eher nicht zu

46%

stimme überhaupt nicht zu

37%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

Basis n=271; Angaben zur relativen Häufigkeit; erhoben Feb. 2006; Chart rH-A2-2.14-2.24

Abbildung 66: Verzicht auf einen Lehrenden bei E-Learning-Maßnahmen Wie diese beispielhaften Originalaussagen aufzeigen, gibt es einen starken Zusammenhang zwischen dem Verständnis von betrieblicher Lernkultur, der für die Weiterbildungsarbeit bei TT zuständigen Führungskräfte, und der Auswahl der Weiterbildungsformen. E-Learning erschöpft sich nicht alleine in der Bereitstellung von netzbasierten Lernmedien. Diese These wird durch Abbildung 66 gestützt. Neben der Motivation und mehrdimensionalen Medienkompetenz wird die Akzeptanz von E-Learning von den Einstellungen der Beschäftigten bei TT beeinflusst. Bemerkenswert ist, dass die Bereitschaft, mit Hilfe des PCs zu lernen, bei den Beschäftigten aller Altersgruppen relativ hoch ist. Dadurch ist eine günstige Ausgangsbasis gegeben, auch ältere Beschäftigte in E-Learning-Angebote einzubinden. Handlungsbedarf kann hier hinsichtlich organisatorischer Voraussetzungen formuliert werden. Didaktische Konzeptionen, die den Einsatz von E-Learning im Unternehmen beinhalten, reflektieren Lernzeit, Lernort und die Verfügbarkeit von Technik. Eine Akzeptanzsteigerung von netzbasierten Lehr-

3 Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen im Unternehmen

309

und Lernformen kann sich durch den Ausbau der technischen Infrastruktur verbessern, diese darf aber nicht isoliert betrachtet werden. Voraussetzung ist, die Notwendigkeit zu erkennen einen eigenen Beitrag für die eigene Qualifizierung einzubringen. Als wenig effizient und nicht auf Akzeptanz ausgerichtet erwiesen sich E-Learning-Angebote, die als isolierte Maßnahmen durchgeführt wurden. Notwendig ist vielmehr neben dem Erkennungsprozess des eigenen Lerntyps eine persönliche Unterstützung, wodurch die Lernwirksamkeit erhöht werden kann. Hinzu kommt, dass das Ziel betrieblicher Weiterbildung immer mehr auch darin bestehen soll, Veränderungen der Denk- und Handlungsweisen der Beschäftigten so schnell wie möglich anzuregen.

F Strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur – Ergebnisinterpretation

Die bisher dargestellten Resultate der durchgeführten Untersuchungen werden in diesem Kapitel systematisch interpretiert. Die aus der Ergebnisinterpretation ableitbaren forschungsbezogenen Perspektiven werden den anwendungsbezogenen gegenübergestellt mit ihren jeweiligen strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur. Mit dieser indikativisch formulierten Interpretation wird ein Arbeitsinstrument für die weitere Auseinandersetzung mit netzbasiertem Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung sowohl in der Forschung als auch in der Praxis an Hand der vorliegenden Fallstudie vorgestellt. Deshalb spiegeln auch die systematischen Themenfelder die inhaltliche Struktur der vorangegangen Kapitel wider, so dass mithilfe des Inhaltsverzeichnisses schnell auf die jeweilige Diskussionsperspektive zugegriffen werden kann. Aufgrund der Aktualität, Brisanz und Schnelllebigkeit auf diesem Forschungsgebiet wird nicht der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.

1 Die forschungsbezogene Perspektive Die forschungsbezogene Perspektive greift Aspekte der vorherigen Kapitel auf, um neben den Anmerkungen zur Konzeption einer Bildungsarchitektur auch strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen, die sich für eine solche ergeben können, herauszukristallisieren. Die Qualität innovativer Ideen erweist sich in ihrer Umsetzung in die Wirklichkeit. Deshalb wird zuerst die forschungsbezogene und auf Ideen basierende Perspektive vorgestellt, dann folgt die Fallstudie TT, die aus der anwendungsbezogenen Perspektive betrachtet wird.

1.1 Zur Konzeption einer Bildungsarchitektur Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff der ‚virtuellen Bildungsarchitektur‘ verwendet. Dabei ist neben dem gesellschaftlichen Wert einer Bildungsarchitektur auch das Wesen von Bildung innerhalb der Weiterbildung zu diskutieren. Unter ‚Bildungsarchitektur‘ wird eine Art ‚Gebäude‘ verstanden, das in seinen ‚äußeren-systemisch-virtuellen‘ Formen und inneren thematischen Bauplänen eine unendliche Fülle an Kreativität, Ideen und Lösungen bereithält um auf permanente Veränderungen reagieren zu können. Es gilt die Prämisse, dass

Die bisher dargestellten Resultate der durchgeführten Untersuchungen werden in diesem Kapitel systematisch interpretiert. Die aus der Ergebnisinterpretation ableitbaren forschungsbezogenen Perspektiven werden den anwendungsbezogenen gegenübergestellt mit ihren jeweiligen strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur. Mit dieser indikativisch formulierten Interpretation wird ein Arbeitsinstrument für die weitere Auseinandersetzung mit netzbasiertem Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung sowohl in der Forschung als auch in der Praxis an Hand der vorliegenden Fallstudie vorgestellt. Deshalb spiegeln auch die systematischen Themenfelder die inhaltliche Struktur der vorangegangen Kapitel wider, so dass mithilfe des Inhaltsverzeichnisses schnell auf die jeweilige Diskussionsperspektive zugegriffen werden kann. Aufgrund der Aktualität, Brisanz und Schnelllebigkeit auf diesem Forschungsgebiet wird nicht der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.

1 Die forschungsbezogene Perspektive Die forschungsbezogene Perspektive greift Aspekte der vorherigen Kapitel auf, um neben den Anmerkungen zur Konzeption einer Bildungsarchitektur auch strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen, die sich für eine solche ergeben können, herauszukristallisieren. Die Qualität innovativer Ideen erweist sich in ihrer Umsetzung in die Wirklichkeit. Deshalb wird zuerst die forschungsbezogene und auf Ideen basierende Perspektive vorgestellt, dann folgt die Fallstudie TT, die aus der anwendungsbezogenen Perspektive betrachtet wird.

1.1 Zur Konzeption einer Bildungsarchitektur Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff der ‚virtuellen Bildungsarchitektur‘ verwendet. Dabei ist neben dem gesellschaftlichen Wert einer Bildungsarchitektur auch das Wesen von Bildung innerhalb der Weiterbildung zu diskutieren. Unter ‚Bildungsarchitektur‘ wird eine Art ‚Gebäude‘ verstanden, das in seinen ‚äußeren-systemisch-virtuellen‘ Formen und inneren thematischen Bauplänen eine unendliche Fülle an Kreativität, Ideen und Lösungen bereithält um auf permanente Veränderungen reagieren zu können. Es gilt die Prämisse, dass

314

F Ergebnisinterpretation

auch ein virtuelles Bauwerk durch ‚bezeichnende Materialwahl‘, sei es aufgrund inhaltlicher, formaler, partizipativer oder organisatorischer Aspekte, mit seiner Umgebung verzahnt sein kann oder aufgrund von ‚Oberflächengestaltung‘ am Markt und konstruktives ‚Humanpotenzial‘662 wie zum Leben erweckt erscheinen kann. Im übertragenen Sinn werden in dem Gebäude einige ‚Lernräume‘ als allgemeine Situationen definiert. In den Lernräumen eines Unternehmens finden Lernprozesse und damit Aneignungshandeln und Kompetenzerwerb, aber auch alltägliche Arbeitsprozesse statt. Einen beachtlichen Anteil machen dabei Lernräume einer Lernarchitektur in einer Bildungsarchitektur aus. Aus dieser Sicht wird Bildungsarchitektur im Rahmen der vorliegenden Arbeit als das Konstrukt eines übergreifend ‚organisch-virtuellen‘ Gebäudes begriffen. „Der Architekt hingegen schafft eine ‚Gestalt‘, ein Werk von geistiger Lebendigkeit und Erfülltheit, ein Objekt, das einer Idee, einer höheren Kultur angehört und dient. Diese Arbeit beginnt da, wo der Ingenieur aufhört, sie beginnt mit der Verlebendigung des Werkes. Diese Verlebendigung ist nicht dadurch zu erreichen, dass man den Gegenstand, das Bauwerk, unter einem ihm fremden Gesichtspunkt umformt, sondern dadurch, dass man die in ihm selbst verschlossene wesentliche Gestalt erweckt, pflegt und züchtet.“663

Im Vergleich zu einer Lernarchitektur, die alle Bildungsmaßnahmen eines Unternehmens kohärent zusammenfasst und deren maßgebendes Konzept nicht auf 662

663

Mit dem Wortteil ‚Potenzial‘ werden dynamische Entfaltungsmöglichkeiten der menschlichen Ressourcen angesprochen. Zur Entfaltung des Humanpotenzials in einem Unternehmen gehören sowohl die optimale Nutzung bestehender Leistungsfähigkeiten, als auch die Förderung neuer und noch nicht ausgeschöpfter zukunftsorientierter Entwicklungsmöglichkeiten. Im Vergleich zur Schnelllebigkeit sowie der ständigen Neuordnungen anderer Faktoren innerhalb und außerhalb des Unternehmens ist das Humanpotenzial ein relativ stabiler Wettbewerbsfaktor. Damit das Humanpotenzial zu einem Wettbewerbsvorteil wird, ist nicht nur die Verfügbarkeit neuer Technologien ausschlaggebend, sondern auch die Fähigkeit technologische Innovationen sinnvoll zu nutzen. Vgl. KELLER, S.: Humanpotential, gefunden unter: http://www.wwz.unibas.ch/ofp/lehre/materialien/Buzzwords/Humanpotential.pdf am 09.06.2007. Zitat von Hugo HÄRING, einem deutschen Architekten, *22.05.1882 Biberach, †17.05.1958 Göppingen; führender Theoretiker des organischen Bauens, Gründer der Architekturvereinigung ‚Der Ring‘; Hauptwerk: Gut Garkau bei Lübeck, 1922/23. (Vgl. http://www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts /unterhaltung/ index,page=1118030.html, gefunden am 15.05.2007; http://www.organic-architec ture.org/de/frameset.html?/de/B_austausch/pages/ver_infos.php~content, gefunden am 15.05.2007.

1 Die forschungsbezogene Perspektive

315

dem Lerninhalt, sondern auf dem Lernraum basiert,664 beinhaltet Bildungsarchitektur alle Bauelemente des Lernens, die in einem dynamischen und lebenslangen Prozess angeeignet werden können. Daher bildet die Bildungsarchitektur zunehmend Eckpfeiler für virtuelle Unternehmen, die ihre betriebliche Weiterbildung als innovativen, dynamischen und organisch-lebensbegleitenden Entwicklungsprozess des Beschäftigten sehen. Zu diesem Rahmen werden seine geistigen, kulturellen und praxisnahen, aber auch seine personellen und sozialen Kompetenzen permanent auf die Probe gestellt und erweitert, sei es entweder durch eine veränderte Sicht auf den Wissenstransfer oder einen sich daraus ergebenden veränderten Gebrauch der Sprache. „Eine neue Sicht von Wissenstransfer benötigt eine neue Sprache. Wenn Wissen nicht als Wissensstoff weitergegeben werden kann, sondern wenn es darum geht, Kontexte zu schaffen, in denen sich Wissen ereignet, haben wir es mit einem Beschreibungsproblem wie in der Physik zu tun.“665

Informationen und daraus erwachsendes Wissen werden zum integralen Bestandteil des Privat- und Arbeitslebens. Doch nicht Informationen an sich verändern die Strukturen, sondern entscheidend ist der neue und ökonomische Zugang zum anwendbaren Wissen, und dies nicht alleine auf physikalischen, sondern ebenso auf hermeneutischen Wegen. Information und Wissen werden zum Kapital der Zukunft und bestimmen maßgeblich die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Durch diesen Bedeutungsgewinn von Wissen, verknüpft mit Kreativität, Innovation und dem zunehmenden Einsatz neuer Technologien erweisen sich die Beherrschung von Informations- und Kommunikationstechnologien, das Wissensmanagement und die Kompetenz Fachwissen zu kombinieren, als unerlässlich. Dies bedingt vorhandene Fachkompetenzen permanent zu ergänzen, unterstützt durch selbstverständlich gewordenes lebenslanges Lernen. Virtuelle Mobilität und Flexibilität sind dabei eine Form digital-virtueller Netze innerhalb der Bildungsarchitektur. Physische Aufenthaltsorte werden insbesondere für Beschäftigte in wissensökonomischen Bereichen, zu denen die betriebliche Weiterbildung zu zählen ist, relevanter. Ein verstärkter E-Learning-Einsatz macht so allen E-Lernenden u. a. neue Informationen an allen Standorten zugänglich und fördert auf diese Art und Wei-

664 665

Vgl. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 297. HARTKEMEYER, J. F.: Qualität von Qualität. In: NUISSL, E./SCHIERSMANN, Ch./SIEBERT, H./WEINBERG, J. (Hg.): Qualität, report, 1999. 45.

316

F Ergebnisinterpretation

se Formen wie mobiles Arbeiten, neue Zeitmodelle und beispielsweise Heimarbeitsplätze.

1.2 Strategiebezogene Konsequenzen netzbasierten Lehrens und Lernens Da die ‚Idee‘ der Lernenden, starre Lernzeiten aufzubrechen und traditionelle Lehrgangsformen ergänzend zu verändern, eine implizite Anforderung an zukünftige Weiterbildungsbereiche ist, stellen E-Learning-Varianten eine flexible und kreative Möglichkeit dar, die eigene Lernzeit individuell festzulegen. So wird der Entwicklung des Arbeitsmarktes und dem Fortschreiten der Wissensgesellschaft eine weitere Möglichkeit geboten, Bildungsprozesse und beruflichbetriebliche Erfordernisse miteinander zu verknüpfen. Mit dieser Beurteilung kann in der Praxis nur am Rande gearbeitet werden. Vielmehr stellt sich die Frage, wie diese Prozesse in geeigneter und forschungsbezogener Weise in Gang gesetzt werden können, so dass ein Entwurf einer E-Learning-Strategie für den Zielbereich der Weiterbildung entsteht. Da bei dieser E-Learning-Strategie der individuelle Aspekt eine wesentliche Rolle spielt, erscheint es sinnvoll, einer Führungskraft die Verantwortung für die Umsetzung im eigenen Bereich zu übertragen.666 Während für Unternehmen insgesamt die Effizienz, insbesondere der Output und die Kosten im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen, erfährt der Beschäftigte den Lernprozess und das, was er daraus nutzen kann. Im Fokus des E-Lehrenden stehen wesentlich die Qualität, der Umfang der Vorbereitung, die Durchführung und die Nachbereitung des gesamten Lernprozesses sowie der Umgang mit dem E-Lernenden. Der Bildungsverantwortliche nimmt schwerpunktmäßig das gesamte Unternehmen wahr und achtet darauf, dass die Bedürfnisse nach bedarfsgerechter effizienter Umsetzung seitens der Lernenden erfüllt werden. Bestenfalls wird für diese Zwecke eine Art Matrix entwickelt, die nicht nur themenbezogene Unternehmensanliegen, sondern auch eine Art ‚Portfolio‘ des Mitarbeiters bereithält. So kann bewusst, strukturiert, effizient und themengebunden mithilfe von ‚E-Portfolios‘ in einer virtuellen Bildungsarchitektur gearbeitet werden. 666

Vgl. KRÖGER, H./REISKY, A.: Erfolgsfaktor Wissen. In: MEDER, N. (Hg.): Wissen und Bildung, 2004, 64ff.

Lernende

Bedarfsgerechte effiziente kostengünstige Qualifizierung mit hohem Output Leistungsfähigkeit

317

Unternehmensinteresse

1 Die forschungsbezogene Perspektive

Individualisierte, praxisnahe Qualifizierung

Lehrende

Kundenorientierte effiziente bedarfsgerechte Qualifizierung mit angemessenem organisatorischem Aufwand

Personal- und Weiterbildungsverantwortlicher

Spannungsfeld der Interessen

Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Qualifizierungsprozess es gemäß der Kompetenz zum angemessenen Einkommen

Abbildung 67: Spannungsfelder der Interessen in Qualifizierungsprozessen Beeinflusst wird dieser Prozess durch das Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen, wie sie zum Beispiel innerhalb des Unternehmens TT deutlich wurden, welche in Abbildung 67 grafisch dargestellt und erläutert werden. Dabei stehen das Unternehmen, die Personal- und Weiterbildungsverantwortlichen und die Beschäftigten sowohl als Lehrende als auch als Lernende im Betrachtungsfokus. Das Interesse des Unternehmens allgemein ist, dass die Beschäftigten

– –

Gewinn erwirtschaften und diesen ‚maximieren‘,



alle Tools dazu adäquat nutzen und vorhandene Systeme bedienen können,

vorhandene und zukünftige Aufgaben qualifiziert, kompetent und innovativ erledigen,

318

– –

F Ergebnisinterpretation

Qualitätsanforderungen, Regelungen und Verordnungen anwenden, sich in der Organisationseinheit entsprechend der Unternehmenskultur im kommunikativen und kooperativen Miteinander der jeweiligen Position und hierarchischen Verantwortung bewegen können.

Dabei soll die Qualifizierung und Kompetenzentwicklung kostengünstig, bedarfsorientiert, schnell, just-in-time und effizient stattfinden. Die Geschäftsführung hat kein unmittelbares Interesse an dem methodischen Vorgehen, sondern hegt hauptsächlich ein wirtschaftliches Interesse, das ‚nur‘ am Output sowie dem Verhältnis von Input zum Output orientiert ist. Auf Seiten der Beschäftigten (Lehrenden und Lernenden) liegt das Interesse vorwiegend auf dem Lernprozess und dem damit verbundenen Zweck. Betriebliche Weiterbildung ist für die Beschäftigten von zunehmender Bedeutung, da sie nur damit die sich verändernden Anforderungen erfüllen und ihre Beschäftigungsfähigkeit erhalten können. Andererseits besuchen Mitarbeiter Präsenzveranstaltungen, um Erfahrungen mit anderen Menschen auszutauschen und Netzwerke aufzubauen oder zu pflegen. Weiterbildung wird vielfach als Abwechslung und bestenfalls als ‚Anreiz‘ zum normalen Arbeitstag aufgefasst. Die Interessen der Beschäftigten liegen schwerpunktmäßig auf methodisch-didaktischen und inhaltlichen Aspekten des Lernens. Der Lernprozess soll den eigenen Lernmöglichkeiten, -gewohnheiten und dem eigenen Lerntyp entsprechen und an das individuelle Lernverständnis anknüpfen, er soll abwechslungsreich, jedoch wenig anstrengend sein. Lernende sind es noch verstärkt gewohnt, sich in einen vorgegebenen Lernablauf zu begeben, wie die Aussagen der Befragten am Beispiel TT belegen. Dennoch erwarten sie, dass ihre individuellen Lernbedürfnisse berücksichtigt werden. Demgegenüber steht der Wunsch, je nach Lernerfahrung, den Lernweg mitzubestimmen. Generell und zukünftig verstärkt sollen die Lerninhalte bedarfsorientiert und für die Praxis umsetzbar sein. Die Interessen der Personal- und der Weiterbildungsverantwortlichen eines Weiterbildungsbereiches in Unternehmen bestehen u. a. darin, die unterschiedlichen Anforderungen der Unternehmensstrategie, der verschiedenen Bereiche und der Lernenden zusammenzubringen. Eine ihrer Aufgaben ist es, Bildungsmaßnahmen zu organisieren, die aus Unternehmenssicht passgenau, effizient und kostengünstig sind. Gleichermaßen ist es ein Ziel, dass es geeignete Maßnahmen im Interesse der Beschäftigten sind, denn Lernen sollte nie gegen den Willen der Menschen erfolgen. Schließlich wirken sie bei der Umsetzung der Unterneh-

1 Die forschungsbezogene Perspektive

319

mensstrategie mit, um beispielsweise bei Rollouts oder Veränderungen optimal mitzuziehen. Generelles Ziel der Personal- und Weiterbildungsbereiche ist es, mit möglichst wenig Aufwand die notwendige Qualifizierung und Kompetenzentwicklung qualitativ vorzubereiten, zu organisieren und eine möglichst reibungslose Durchführung zu gewährleisten, die alle Interessen mit einbezieht. Dazu gehört heute, um innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben, unbedingt der Einsatz moderner Medien. Wenn der Arbeitsprozess heute zum Großteil über Medien gestützt wird, dann muss es für diesen Bereich zumindest möglich sein, die tätigkeitsbezogene Qualifizierung auch über Medien durchzuführen. Die Lehrenden bewegen sich in und zwischen zwei Interessenfeldern: dem inhaltlichen und dem ökonomischen. Das inhaltliche Interesse manifestiert sich in der Qualität der Qualifizierung und das ökonomische Interesse vereinigt sich in Effizienzpunkten, d. h. in einem angemessenen Verhältnis von Aufwand für Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung. „Interessante, qualifizierte und abwechslungsreiche Trainingsaufgaben, entsprechend ihrer Kompetenz, motivieren sie. Ein gutes Verhältnis zu den Teilnehmenden und das positive Feedback am Ende der Qualifizierung bestätigt sie.“667

Während einige Lehrende das Lehren, die inhaltliche Vermittlung in den Mittelpunkt stellen, bevorzugen andere Lehrende erfahrungs- und handlungsorientiertes Lernen mit vielen Übungen. In einer E-Learning-Strategie soll die Summe aus diesen Interessenfeldern gebildet werden. Nach BACK ET AL. werden anhand der Ziele, Pläne und Maßnahmen durch den Einsatz von Technologien und entsprechenden didaktischmethodischen und organisatorischen Maßnahmen innerhalb und außerhalb des Unternehmens ‚Lernräume‘ für strategieorientierte Lern- und Arbeitsprozesse entwickelt und umgesetzt.668 Eine E-Learning-Strategie für den ‚Gebäudetrakt‘ eines ‚organisch-virtuellen‘ Gebäudes wird begleitet von den gesamten Zielen einer ‚Bildungsarchitektur‘, von Personal- und Prozessstrategien und ist daher nicht isoliert zu betrachten. Für die Entwicklung einer E-Learning-Strategie innerhalb des Zielbereiches der Weiterbildung ist es wichtig, die zuvor dargestellten Ergebnisse zu den E-Learning-Erfahrungen der Beschäftigten zu kennen, um am Ist-Stand und am Bedarf orientierte ‚Baupläne‘ entwickeln zu können.

667

668

FREYER, C.: Spannungsfeld. In: LUDWIGS, S./TIMMLER, U./TILKE, M.: Praxisbuch EL, 2006, 118. Vgl. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 74.

320

F Ergebnisinterpretation

1.3 Qualitätsbezogene Konsequenzen netzbasierten Lehrens und Lernens Wie die dargestellten Ergebnisse aufweisen, besitzen netzbasierte Lernangebote vielschichtige Merkmale, die eine Lernerorientierung in der Qualitätsfrage zu einem Imperativ werden lassen. So ermöglicht diese Lernform einen individuellen und bedarfsgerechten Zuschnitt des Lernangebotes getreu dem Leitgedanken ‚Lernen – just in time‘ und verabschiedet sich vom tayloristischen Prinzip des Lehrens und Lernens ‚einer für alle hier und jetzt‘. Die aufgezeigten Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Konsequenzen weisen auf, dass es sich dabei speziell um eine pädagogische Dimension handelt: Die Notwendigkeit einer Entwicklung hin zu einer größeren Lernerorientierung im E-Learning ist mitunter geknüpft an ein didaktisches Design, eine didaktische Qualität, an den Lernerfolg und an den Lern- und Lehr-Aufwand. Auf ökonomischer Ebene geht es um die Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen und auf gesellschaftlicher Ebene steht die Berufsbiografie im Vordergrund, die immer weniger eine standardisierte ist und bei der es deshalb verstärkt um individuelle Kompetenzentwicklung geht. Aus diesem Grund ist eine systematische Überprüfung und Bewertung durch Fachleute insbesondere im E-Learning-Bereich notwendig, denn das Verständnis und die Bewertung von Qualität unterliegen einem ständigen Wandel. „Qualität entwickelt sich weg von statischen und allgemein gültigen Konzepten hin zu flexiblen Aushandlungsprozessen. Dies erfordert von den Beteiligten eine sehr hohe Qualitätskompetenz. Diese zu entwickeln und zu unterstützen, ist die künftige Herausforderung im E-Learning.“669

Bestätigt wird diese Aussage durch die zuvor skizzierte Aufweichung der Grenzen und der verstärkten virtuellen Bildungslandschaft. Durch die aufgeführten Ergebnisse wird auch deutlich, dass auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements in der Weiterbildung, unter dem besonderen Aspekt von E-Learning, Verbesserungspotenziale, d. h. die Bereitschaft zur Optimierung von Prozessen, Strukturen und bisherigen Lehr- und Lernmethoden und Instrumenten erwünscht sind. Das Themenfeld Unternehmensstrategie und die in ihr vereinten ‚Unterstrategien‘ und das Qualitätsbewusstsein spielen in diesem Kontext eine ebenso bedeutende Rolle. 669

EHLERS, U-D./GOERTZ, L./HILDEBRANDT, B./PAWLOWSKI, J. M.: Qualität EL, 2005, 2.

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘ Für die Fallstudie TT folgen exemplarische Interpretationen zur Konzeption einer Bildungsarchitektur und strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen im Hinblick auf netzbasiertes Lehren und Lernen im Weiterbildungsbereich. Als Hauptprobleme, die sich durch einen verstärkt ergänzenden Einsatz netzbasierten Lehrens und Lernens für eine zukünftige Bildungsarchitektur bei TT ergeben und die zu berücksichtigen sind, haben sich herauskristallisiert:



Der geringe Kenntnisstand im Umgang mit E-Learning-Formen.



Die mangelnde Akzeptanz netzbasierten Lehrens und Lernens.



Die unzureichende Berücksichtigung psychodynamischer Aspekte von betrieblichen Veränderungsprozessen.

Bei den folgenden anwendungsbezogenen Ausführungen sollen diese Aspekte aufgegriffen werden und deren strategie- und qualitätsbezogene Konsequenzen zu einer bewussten Förderung des netzbasierten Lehrens und Lernens beitragen.

2.1 Zur Konzeption einer Bildungsarchitektur bei ‚Telekom Training‘ TT ist vergleichbar mit einem ‚organisch-virtuellen Bild‘, das um einen Gebäudetrakt zum Einsatz des netzbasierten Lehrens und Lernens erweitert werden soll und in dem sich Ge-staltungsmöglichkeiten einer zukünftigen Bildungsarchitektur in Form neuer Lern- und Arbeitsprozesse innerhalb des Weiterbildungsbereiches eröffnen. Dabei ist der Begriff ‚virtuell‘ immer wieder relevant, sei er begriffen als das Simulierte, das Vor- oder Dargestellte, die scheinbare Tiefe des Bildschirms oder die scheinbare Räumlichkeit des digitalen Datentransfers. Vor allem wird darunter eine Form der Wirklichkeit verstanden, in der das Auftauchen neuer Potenziale berücksichtigt wird, d. h. dass auf bestimmte Konfigurationen hingewiesen wird, die das Potenzial zu einer möglichen Differenzierung

322

F Ergebnisinterpretation

haben.670 In dem ‚virtuellen Gebäudetrakt des Cyberspace‘ vermischen sich meistens die beiden Bedeutungen des Virtuellen, insbesondere mit ‚Traumgebilden‘, in denen das digital-virtuelle eine scheinbar unbegrenzte Vielfalt des Lernens noch nie dagewesener Möglichkeiten effizient zu versprechen scheint. Einem Gebäudetrakt kann nicht gewaltsam eine ungewöhnliche Gestalt als Selbstzweck übergestülpt werden, sondern es ist zu berücksichtigen, dass in jeder Entwurfsaufgabe vorhandene Möglichkeiten genutzt werden und nicht wahllos von außen nach innen oder umgekehrt entworfen wird. Zurzeit wird im Untersuchungsfeld eher der Begriff der ‚Lernarchitektur‘ verwendet. Dabei stellt der Lernraum und nicht mehr der Weiterbildungskurs die Konzeptzusammenfassung aus Präsenz- und E-Learning-Maßnahmen dar. Turbulente Zeiten fordern permanent neue Dienstleistungen und Produkte. Innovationen sollen quasi täglich stattfinden, so dass sich die Wertschöpfungsketten laufend verändern. Aus diesem Grund kommt es auch TT darauf an, seine Beschäftigten schnell, gezielt und bedarfsgerecht in neue Aufgabengebiete einzuarbeiten, um ihr Berufsprofil dauerhaft sicherzustellen. Eine mögliche Lösung stellen für die DT neue und ‚ganzheitliche‘ Bildungskonzepte dar, entwickelt, durchgeführt und nachbereitet durch TT. Personalentwicklungsexperten konstruierten bereits ein Netzwerk, das als Modell einer zukunftsorientierten Lernarchitektur dienen kann. Unter dem Namen ‚Telekom Learning Infrastructure Services‘ (T-LIS) bekannt, setzt die DT – unterstützt und begleitet von TT – eine solche Lernarchitektur derzeit in die Praxis um. Es ist das Ziel, Ergebnismessung, Mobilisierung, Kompetenzerweiterung und HumanRessource-Kernprozesse für mehr als 200.000 Mitarbeiter inhaltlich aufeinander abzustimmen.671 Diese Praxiseinführung leistet neben der Systematisierung auch einen Beitrag zur Vernetzung der Lernräume untereinander. Es wird versucht, Lernräume, die sich mit einer ähnlichen Thematik befassen, miteinander zu verzahnen. Auch der Wissens- und Erfahrungsaustausch soll unterstützt werden.672 Ob sich allerdings in dem gedanklichen Gebilde der Lernarchitektur Elemente wie die der ‚Kulturveränderungen‘, ‚der inhaltlichen Gegenstände‘ und der ‚facettenreichen Kompetenzentwicklung jedes Beschäftigten‘ spiegeln, ist frag670

671

672

Vgl. http://www.a-theory.tuwien.ac.at/CONTENTS/COURSES/CoursesContents/vor lesungen/gegen wartsarchitektur/glossar.html#virtuell, gefunden am 09.05.2007. Vgl. http://www.competence-site.de/elearning.nsf/3c26e7f55f24138ac12569180038 0650/518e3073db4f a76ec1257172003205b7! OpenDocument, gefunden am 15.05. 2007. Vgl. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 159.

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘

323

lich. Wenn Lernarchitektur, wie es BACK beschreibt, ein Portfolio aus Lernräumen darstellt, kann diese systemische Erfassung der Bildungsmaßnahmen dann zugleich Inspirationen aus den Veränderungsprozessen aufnehmen? Auf diese Frage werden die weiteren Ausführungen mögliche Antworten liefern, so dass in Kapitel G eine Art Vorgehensmodell zur Verbesserung eines ergänzenden E-Learning-Einsatzes in einer zukünftigen Bildungsarchitektur vorgestellt werden kann.

2.2 Strategiebezogene Konsequenzen netzbasierten Lehrens und Lernens Die in Kapitel D beschriebenen strategischen Ausrichtungen Effizienz, Qualität und Innovation sind Maßstab des Handelns von TT. Sie bilden nicht nur die Handlungsmaxime, sondern zugleich das Spannungsfeld aus internem und externem Wettbewerb, Produkterstellung und Kundenwünschen ab. Daher steht die betriebliche Weiterbildung nicht nur vor der Herausforderung, vorhandene Kompetenzen in einer Zeit permanenter Umstellungen zu fördern und zu nutzen, sondern auch vor der Aufgabe, vorhandene Schwächen in Bereichen des Personals und der Vermarktung von Produkten abzubauen. Handlungsorientierte Strategien mit umfassenden Konzepten sollten dann sowohl effektiv als auch effizient ausgerichtet sein. Bei der strategischen Umsetzung erhalten die Führungskräfte einen besonderen Auftrag. Personalentwicklungsaufgaben sind zu kontrollieren auf ihre Umsetzbarkeit im eigenen Bereich, um diese dann passgenau zu planen, systematisch einzusetzen und auf ihre Effizienz zu prüfen. Wie die Führungskräfte bei TT die Umsetzung der strategischen Ausrichtung sehen, ergibt sich aus einer Befragung in der zweiten Jahreshälfte 2004. Da die personelle Besetzung der Geschäftsleitung sich seitdem nicht verändert hat, kann davon ausgegangen werden, dass auch Wahrnehmung und Bewertung keinem fundamentalen Wandel unterlagen. Der Tenor der Führungskräfte ist, dass Effizienz, Qualität und Innovation die bisherigen Ausrichtungen auf den Punkt bringen und damit der Versuch gemacht wurde, diese Ausrichtungen in die Nähe derjenigen des Konzerns zu rücken673. Ein Aspekt der Integration von TT in das Gesamtunternehmen wurde fokussiert, der sich aus dem Umstand ergab, dass die Strategien dort entwickelt und aus673

Vgl. INTERVIEWAUSWERTUNG 1-8, 2004, Z. 388ff.

324

F Ergebnisinterpretation

gerichtet werden, wo die produktiven Produkte laufen.674 Ziel dieser strategischen Orientierungen sollte sein, dass sie auf alle Ebenen übertragbar sind, Zusammenhänge zum Vorhandenen herstellen sowie dort Impulse geben, wo Bedarf besteht.675 Diese Aussagen der Führungskräfte sind nahezu deckungsgleich mit der Definition von WEBER und KLEIN676. Sie verstehen unter Strategien ebenfalls Konzepte, die das Unternehmen auffordern, sich auf eine sich verändernde Umwelt einzustellen, die vorhandenen Potenziale zu fördern und zu nutzen, sich abzeichnende oder schon offenkundige Schwächen abzubauen. 677 Es kann festgehalten werden, dass fünf der acht Führungskräfte der Geschäftsleitung den strategischen Ausrichtungen positiv und drei ihnen neutral gegenüber stehen. Die positiven Einstellungen gegenüber den Ausrichtungen sprechen für eine Identifikation mit diesen, so dass sich ein Spiegelungseffekt in der betrieblichen Weiterbildung entdecken lassen kann. Die neutralen Stimmen könnten als eine zurückhaltende und abwartende Haltung gegenüber der Zukunft verstanden werden. Diese Haltung ist unter Berücksichtigung turnusmäßiger interner und externer Veränderungen beispielsweise der Unternehmensstruktur und der Aufgabenverteilung zu betrachten, die sich bislang im Untersuchungsgebiet weder im Organigramm noch in der personellen Besetzung widerspiegelt. Daher kann auf dem Gebiet von einer gewissen ‚dynamischen Struktur‘ ausgegangen werden, die sich zunehmend auf virtueller Ebene wiederfinden lässt. Alle befragten Führungskräfte vertreten die Meinung, dass die Inhalte der strategischen Ausrichtungen von TT den Handlungsbedarf widerspiegeln. Ausgehend von diesen Handlungsgrundlagen ist es Ziel der Führungskräfte, ihre Mitarbeiter strategiekonform zu leiten und sie im Umgang mit neuen Lern-

674 675 676

677

Vgl. INTERVIEWAUSWERTUNG 1-8, 2004, Z. 389, Z. 428f. Vgl. INTERVIEW 6, 2004, Z. 1477f. „Unter Strategie bzw. strategischem Management werden in der Betriebswirtschaftslehre relativ übereinstimmend Konzepte verstanden, die darauf zielen, das Unternehmen auf eine sich verändernde Umwelt dadurch einzustellen, daß die vorhandenen Potentiale gefördert und genutzt, sich abzeichnende oder schon offenkundige Schwächen abgebaut werden. Strategien sind umfassende Konzepte, die sowohl die Ziele als auch die Wege bzw. Mittel zur Erreichung dieser Ziele umfassen.“ WEBER/ KLEIN zitiert in RODEHUTH, M.: WB und Personalstrategien, 1999, 39. Vgl. WEBER/KLEIN zitiert in RODEHUTH, M.: WB und Personalstrategien, 1999, 39./Vgl. auch INTERVIEWAUSWERTUNG 1-8, 2004, 435ff.

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘

325

formen zu bestärken.678 Sie erklären ihnen die Leitlinien und motivieren sie, diese auch in ihrem Arbeitsalltag umzusetzen.679 Dabei erhalten gerade Führungskräfte eine Vorbildrolle, die nach Wünschen der befragten Beschäftigten noch verstärkt werden soll. Bei der Frage nach dem, was den Beschäftigten fehlt, um genau einschätzen zu können, welche E-Learning-Formen für TT und den Zielbereich der betrieblichen Weiterbildung geeignet sind, wird eine intensivere Identifikation der Vorgesetzten mit dem Lernen am Arbeitsplatz, mit dem Transfer des Lernens und mit der Vorbildfunktion, was den Einsatz moderner Lernmedien betrifft, angegeben.680 Interessant sind in diesem Zusammenhang die Aussagen von 46 der 55 befragten Führungskräfte im gesamten Weiterbildungsbereich TT. 29 Prozent sind der Meinung, dass keine Erfahrung im Umgang mit E-Learning vorherrscht, so dass dies ein Grund ist, warum E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung bislang nur gering genutzt wird. Sie halten aber dagegen, dass E-Learning für das Vermitteln von Informationen (40 Nennungen), das Vorbereiten für ein Thema (37 Nennungen), das Nachbereiten von Lernsessions (30 Nennungen) und zum Sensibilisieren für ein Thema (25 Nennungen) geeignet ist.681 Es nehmen nur vier von 46 teilgenommenen Führungskräften selbst einen E-Learning-Einsatz zum Aneignen von Führungswissen in Anspruch.682 Der Einsatz netzbasierter Lernformen verlangt in einer zunehmend virtuellen Bildungsarchitektur bei TT einen kontinuierlich begleiteten und stets angepassten Prozessplan. Dabei sind prozessorientierte und prozessübergreifende Strategien wettbewerbsorientiert zu gestalten und bilden eine Aufgabe der Führungskräfte, um die Beschäftigten an innovative Erneuerungen heranzuführen. Idealtypisch ist eine E-Learning-Strategie verankert als eine Strategie in der Unternehmensstrategie. Es ist von keinem typischen Bildungsgebäude im klassischen Sinne auszugehen, sondern von einem virtuell-architektonisch ineinander greifenden Netzwerkgebilde – einer E-Bildungsarchitektur –, in der Strategien ineinander greifen und sich gegenseitig bedingen. Dabei verzahnen sich unter der wettbewerbsorientierten Unternehmensstrategie die drei prozess- und systemorientierten Strategien: die Personal-, die IT- und die E-Businessstrategie. Abbildung 68 veranschaulicht die Zusammenhänge der einzelnen Strategien.

678 679 680 681 682

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 2191f. Vgl. INTERVIEW 8, 2004, Z. 2117. Vgl. DATENBASIS, A3-3.8, 2006, Bemerkungsfrage 3.7, 21. Vgl. T-DEX, 2006, C 5.1. Vgl. T-DEX, 2006, C 5.1.

326

F Ergebnisinterpretation

Strategietypen Wettbewerbsorientierte Strategien

WissensmanagementStrategie

ELearningStrategie

IT-Strategie (Infrastruktur)

Personalstrategie

E-Business-Strategie

Unternehmensstrategie

Prozessorientierte Strategien

Systemorientierte Strategien

Abbildung 68: Verbindung der Strategien An dieser Stelle erscheint es sinnvoll auf bestimmte Konfigurationen hinzuweisen, die das Potenzial zu einer möglichen Differenzierung haben. In einer zukünftigen Bildungsarchitektur vermischen sich die beiden Bedeutungen des Virtuellen, insbesondere im Zusammenhang mit einer scheinbar unbegrenzten digital-virtuellen Vielfalt, die noch ‚nie‘ dagewesene Möglichkeiten bietet. Aus der Diskussion dieser und weiterer Aspekte lässt sich eine Antwortvariante für ein ‚intra- und inter-herausforderndes Moment‘ der betrieblichen Weiterbildungspraxis innerhalb von TT bilden, denn das Unternehmen wird durch diese entwicklungsförderlich-betrieblichen Arbeitsaufgaben vor neue Herausforderungen sowohl im internen als auch im externen Bereich gestellt. Basis für die weitere Strategieentwicklung ist eine Mischung aus der dargestellten top down und der bottum up orientierten Form. Die top down orientierte Form verankert bereits gemachte Erfahrungen im Hinblick auf eine ergänzende Strategieentwicklung in den aktuell vorherrschenden Anforderungen des Alltags. Ziel ist eine erhöhte Akzeptanz durch die Anwender, so dass die Ansprüche des

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘

327

Unternehmens TT mit den Bedürfnissen der Anspruchsgruppe und der einzelnen Bereiche verbunden werden können.683 Eine Strategie sollte demnach vorausschauend auf wahrscheinliche Entwicklungen projizieren. Die daraus abzuleitenden Handlungen sind darauf zu richten rechtzeitig die notwendigen personellen und materiellen Ressourcen verfügbar zu haben. Bevor ein E-Learning-Strategie-Entwurf für TT angestrebt wird, sind einige kritische Aspekte zu betrachten, die möglicherweise eine Entwicklung hemmen oder sogar ganz blockieren können. Vielfach wird der Aufbau der technischen Infrastruktur nicht in Bezug auf didaktische Konzepte konzipiert. Durch die Implementierung des Systems T-LIS kann diese Vermutung genährt werden, wird jedoch an dieser Stelle nicht vertiefend verfolgt. Bei der Anschaffung einer technischen Infrastruktur werden beispielsweise innerhalb von TT Global Teach Nachfrage und Einsatzgebiet zu wenig beachtet, außerdem werden Produkte entwickelt, deren Nachhaltigkeit vielfach fraglich ist. Ein weiterer kritischer Aspekt ist, dass oftmals eine Strategiebildung erst innerhalb der Rechtfertigung erfolgt und nicht vorab festgelegt wird. Verzahnt mit diesem Aspekt ist eine fehlende angemessene Beratungseinrichtung, die zur Unterstützung bei netzbasiertem Lernen verfügbar ist, was bislang nur in geringem Umfang erfolgt und wegen mangelnder Transparenz nicht greifbar ist für Lernende. Insgesamt gilt für die technische Infrastruktur bei TT, dass die internen und externen Kooperationen ausbaufähig sind. Das Ziel einer E-Learning-Strategie sollte, wie bei anderen Strategien auch, eine partizipative Strategieentwicklung/-bildung und -umsetzung verfolgen, beispielsweise durch Blogs, interne Wikis oder Communities.684 Dadurch würden alle Beteiligten miteinbezogen und 683 684

Vgl. BACK, A./BENDEL, O./STOLLER-SCHAI, D.: Strategie, 2001, 79. Die soziale Netzkultur gewinnt zunehmend an Bedeutung. Second Life ist das Beispiel für das neue Internet, das nutzergenerierte Web 2.0 mit vernetzten, innovativen Online-Angeboten. Unter dem Begriff ‚Social Network‘ oder ‚User generated Content‘ ist eine Netzkultur entstanden in der vor allem in Communities mit Gleichgesinnten unabhängig von Ort und Zeit Inhalte ausgetauscht werden können. „Seit dem Platzen der Internetblase um die Jahrtausendwende mit ihren oftmals unausgegorenen Geschäftskonzepten – statische Websites, die sich noch an den Printmedien orientierten und von denen die Nutzer meist nur zentral erstellte Informationen wie Kataloge herunterladen konnten – sind nicht nur die Unternehmer, Geldgeber und Anleger schlauer geworden. Auch das Internet wurde intelligenter: Interaktiv und multimedial statt eindimensional.“ Dabei entstehen im Mitmach-Internet mit Wikis wie dem von den Nutzern erstellten Universallexikon Wikipedia und digitalen Tagebüchern (Webblogs oder kurz Blogs) zu allen erdenklichen Themen. Mehr als 55

328

F Ergebnisinterpretation

jedem einzelnen Beschäftigten würde die Möglichkeit gegeben, sich zum ‚Mitunternehmer‘ zu entwickeln und durch seine bereits erworbenen Erfahrungen mit einzubringen. Aus Unternehmensperspektive könnte dadurch das vorhandene Humanpotenzial eine Aufwertung in Form eines verstärkten Mitbestimmungsrechts erhalten. Für eine E-Learning-Strategie ist eine gezielte ‚Vision‘ mit den inhaltlichen Schwerpunkten Start, Durchführung und Ziel notwendig. Angelehnt an die sich z. B. wandelnden Managementprozesse und Mitarbeiterprozesse soll diese ‚Vorstellung‘ klar formuliert und kommuniziert werden. Auch dazu können eigens dafür eingerichtete Wikis oder Communities dienen. Innerhalb des Weiterbildungsbereiches TT sieht dieser Prozess der E-Learning-Entwicklung in seiner Grobstruktur bislang so wie in Abbildung 69 dokumentiert aus. Zu 1) Es gibt erste strategische Betrachtungen zu Inhalten und Methoden, zu mediendidaktischen Aspekten, zu strukturellen und personellen Voraussetzungen und ebenfalls zum Ausbau der Infrastruktur Global Teach. Zu 2) Nach den ersten strategischen Überlegungen erfolgten Umsetzungskonzepte bezogen auf die einzelnen Themenbereiche Informationstechnologie/

1. 9 Strategische Betrachtung

2. 9 Umsetzungskonzept

3. 9 Implementierung

4. Instandhaltung, Entwicklung, kontinuierliche Verbesserungen

Abbildung 69: Grobstruktur des E-Learning-Entwicklungsprozesses

Millionen Blogs listet zurzeit die Weblog-Suchmaschine Technorati (www.tech norati.com) weltweit auf, und täglich kommen 175.000 hinzu. Bei dieser Entwicklung sind die neuen technischen Möglichkeiten nicht zu unterschätzen, denn beispielsweise haben 68 Prozent der erwachsenen Deutschen, die über einen Internetanschluss verfügen, surfen bereits 13 Millionen über einen schnellen Breitbandanschluss. Vgl. QUIRIN, I.: Die New Economy, 2007, 13.

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘

329

Telekommunikation und Management Development/Personal Skills. In diesem Segment erfolgen auch Invest- und Personalplanung sowie der Aufbau von Sach- und Personalressourcen. Zu 3) Das dritte Segment hatte die Implementierung von netzbasierten E-Learning-Formen zum Ziel. In und nach dieser ersten Phase der Erprobung ergaben sich erste thematische Einschätzungen, wie sie in den vorangestellten Kapiteln aufgeführt wurden. Zu 4) Zurzeit und in einem zyklisch wiederkehrenden Ablauf bewegt sich der E-Learning-Strategieplan in einem Prozess der Instandhaltung, Entwicklung und der kontinuierlichen Verbesserungen. Oberstes Ziel ist dabei die Akzeptanzsteigerung des E-Learning-Einsatzes, die sich durch die Vereinigung der top down und bottum up Strategieentwicklung realisieren lässt. Wenn diese so ausgeprägt wäre wie in den Präsenzveranstaltungen, dann könnten die Seminare situations-, themen-, personen- und budgetabhängig effektiver und effizienter konstruiert und durchgeführt werden. Aktuell sollten Lernmöglichkeiten wie beispielsweise Wikis, Blogs und Potcats zur Informationsvermittlung an alle Beschäftigten innerhalb von TT genutzt werden, um die Motivation und Akzeptanz gegenüber E-Learning-Formen auf Seiten der Beschäftigten zu stärken. Zugleich würde TT damit innerhalb des Konzerns und am Markt die Aktualität der Anwendung von elektronischen Lernmöglichkeiten als Informations-, Kommunikations- und Wissensvermittler in der betrieblichen Weiterbildung präsentieren. Eine detailliertere Übersicht über die Komponenten des Strategieplans bei TT, angelehnt an BACK ET AL., ist in Abbildung 70 dargestellt. Dabei stehen das 9Zeichen für ‚abgeschlossen‘ und das Ö-Zeichen für ‚begonnen‘. Diese Unterscheidung ist analytisch, weil sie zunächst zur Transparenz des Ist-Zustandes dient. Dieser Feinplan alleine reicht allerdings nicht aus, wenn bislang 66 Prozent der an der Umfrage beteiligten Beschäftigten keine Erfahrung im Umgang mit E-Learning-Formen haben und dafür auch keine Zeit am Arbeitsplatz aufwenden können.685 Möglicherweise unterstützt ein ‚Slogan‘, angelehnt an die Prämisse

685

Vgl. DATENBASIS, A3-3.5, 2006, Z. 258.

330

F Ergebnisinterpretation

Zeitlicher Rahmenplan

Spezifikation von Lernräumen 9

Produktionskonzept 9

Auswahl von Toolund Dienstleistungsanbietern Ö

Sicherheitskonzepte Ö

Auswahl von Partnern Ö

E-LearningSystemarchitektur Ö

Änderung der Organisationsstruktur 9

Betriebskonzept 9

Finanzieller Rahmenplan

Abbildung 70: Übersicht über die Komponenten eines Strategieplans des Weiterbildungsbereiches bei ‚Telekom Training‘ von TT ‚Gut sein – besser werden‘, die Innovation und die zukünftigen Erwartungen, die an E-Learning-Formen auf dem Markt geknüpft sind. Aus den Befragungen geht hervor, dass es sich in der betrieblichen Weiterbildungsarbeit bei TT als wenig zielführend erwiesen hat, Lerninhalte ausschließlich mit dem Computer zu vermitteln. Für den Erfolg des E-Learning ist, außer dem Design der Software, der Motivation und der Kompetenz der Lernenden, vor allem eine Mischung der Lernformen sinnvoll, bekannt unter dem Begriff Blended Learning. Innerhalb der Fallstudie werden diese adressatengerechten Angebote eher angenommen als reine Online-Kurse. Lernende suchen und brauchen sowohl den Kontakt zu Lehrenden in der betrieblichen Weiterbildung als auch die Kommunikation mit und die Orientierung an anderen Lernenden. Blended Learning Konzeptionen werden durch die Leitfrage geprägt, welche Methoden und Medien am förderlichsten sind, die definierten Lernziele und Lerninhalte in Abstimmung mit der betrieblichen Lernkultur zu erreichen. In einem Unternehmen wie TT, das vorwiegend mit dozentenorientierten, seminaristischen Schulungs- und Trainingsformen gearbeitet hat, werden die Maßnahmen weniger Elemente mit Selbststeuerung enthalten können als Organisationen, die langjährige Erfahrungen mit Gruppen- und Projektlernen vorweisen können. Daher gibt es nicht den richtigen Methoden- und Medienmix als ‚Schablone‘. Es

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘

331

bedeutet vielmehr, gemäß des pädagogischen Prozesses, dem jeweiligen Ziel und der jeweiligen Zielgruppe den jeweiligen richtigen Methoden- und Medienmix zu geben. Bei den Bedingungen für eine weitere Verbreitung von netzbasierten Lehrund Lernformen ist die Lernerpräferenz, die sich aus den Ergebnissen der Studie ergibt, zu berücksichtigen und es ist zwischen lernerseitigen und unternehmensseitigen Aspekten sowie dem betrieblichen Weiterbildungsbedarf zu unterscheiden. Zu den lernerseitigen Aspekten zählen personale Verhaltensweisen, Qualifikationen und Kompetenzen des Lernenden wie Motivation, Medienkompetenz und Einstellungen zum PC. Den Lernenden soll vermittelt werden, welchen Nutzen sie selbst aus netzbasiertem Lehren und Lernen ziehen können. Durch gezielte Lernberatung lässt sich die Bereitschaft zum arbeitsplatznahen Lernen erhöhen. Die organisatorischen Aspekte umfassen die technischen und räumlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens für E-Learning, die Qualifikationen und Kompetenzen des Bildungspersonals und die Einstellungen der Führungskräfte zur betrieblichen Lernkultur. Die bisherigen Erfahrungen präsentieren, dass es eine starke Verbindung zwischen dem Verständnis von betrieblicher Lernkultur, das die für die Weiterbildungsarbeit im Unternehmen zuständigen Führungskräfte haben, und der Wahl der Qualifizierungsformen und -strategien gibt. Neben der Akzeptanzanalyse bei TT ist aufzudecken, welche technischen Voraussetzungen für E-Learning im Unternehmen vorhanden sind und welche zukünftig an Bedeutung gewinnen. Dabei spielen auch die Kosten eine bedeutende Rolle. Prinzipiell gilt, dass sich E-Learning nicht erschöpft in der Bereitstellung von netzbasierten Lernmedien. Wenig effizient und nicht auf Akzeptanz ausgerichtet erweisen sich solche E-Learning-Maßnahmen, die als isolierte Maßnahmen durchgeführt werden. Erforderlich ist vielmehr eine personale Unterstützung, um die Lernwirksamkeit zu erhöhen. Hinzu kommt, dass das Ziel betrieblicher Qualifizierungs- und Kompetenzentwicklungsmaßnahmen zunehmend darin besteht, Veränderungen der Denk- und Handlungsweisen der Beschäftigten zu veranlassen – sozusagen einen Kulturwandel zu initiieren. Außerdem ist eine Koordinierung aller Bildungsaktivitäten der im Unternehmen beteiligten Akteure und aller vorhandenen Bildungskompetenzen und -ressourcen erforderlich, um organisatorische Reibungsverluste zu verringern und den Einsatz und die Akzeptanz von E-Learning zu verbessern.

332

F Ergebnisinterpretation

Verstärkt wird dieser aufgezeigte Trend durch die bereits erwähnten TrendEinschätzungen der Befragten, die zu 78 Prozent von offener zu bedarfsgerechter Weiterbildung und zu 67 Prozent von kostenunabhängiger Weiterbildung zu Kosten-Nutzen-Denken ausgehen. Eine Wissensvermittlung zum Problemlösen und zur Akzeptanzbildung wird von 54 Prozent prognostiziert.686 Weitere Prognosen veranlassen daher zu nachfolgenden Betrachtungen über strategische und qualitätsbezogene Konsequenzen, die sich für eine zukünftige Bildungsarchitektur bei TT durch einen E-Learning-Einsatz ergeben können. In den Vordergrund rücken dabei:



Eine Schwerpunktumsetzung auf schnelle und kostengünstige Content-Produktion E-Learning ‚just-in-time‘ im Sinne eines durchgehenden Wissensmanagements: Dazu gehören Online-Hilfen, Help-Desk-Szenarien, strukturiertes Content- bzw. Dokumentenmanagement, Portalentwicklung usw.



Eine Unterstützung von Veränderungsprozessen durch E-Learning: Große Change-Prozesse in Unternehmen – z. B. Einführung einer Software, die einen großen Bedarf an Kommunikation und ein umfassendes Dokumentations- bzw. Informationsmanagement bewirkt. E-Learning in Verbindung mit Informations- und Wissensmanagement ist damit nicht mehr ‚Nice-to-have‘, sondern ein Evaluationsprojekt in der Weiterbildung. E-Learning, richtig eingesetzt, hilft dann schlanke Wissensorganisationen und Veränderungsprozesse wirkungsvoll zu unterstützen sowie Kosten zu sparen.

Die Eroberung neuer Wirkungsfelder im Sinne eines ‚E-Wissensmanagement‘ ist ein zentrales Moment zukünftiger Vorgehensweisen und die Zusammenführung von Wissensmanagement und E-Learning wird immer mehr zum Thema in der betrieblichen Weiterbildung bei TT. Basierend auf den an anderer Stelle bereits erwähnten Überlegungen zur Strategie wird nachfolgend das Beispiel einer E-Learning-Scorecard, bezogen auf die Fallstudie, skizziert. Dabei ist das Vorhandensein einer Personalstrategie, also die Anlehnung aller Weiterbildungsmaßnahmen an strategische Vorhaben für die Entwicklung einer E-Learning-Scorecard unabdingbar. Da TT bereits mit dem Konzept und dem Instrument der Balanced Scorecard687 arbeitet, bedarf eine 686 687

Vgl. DATENBASIS, B1-1.2-4.2, 2006, Z. 304. Die Balanced Scorecard als ein Konzept und Instrument der strategischen Unternehmensführung wird bereits innerhalb der Fallstudie TT auf das gesamte Weiter-

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘

333

Einführung, Aufstellung und Pflege gezielt einer E-Learning-Scorecard zwar fachspezifischer Kenntnisse, aber nicht einen komplett neuen Start. Mit der Aufstellung einer E-Learning-Scorecard für den Personal- und Weiterbildungsbereich kann die Abteilung davon ausgehen, dass die Beschäftigten effizient arbeiten und sich an den Unternehmensvorgaben ausrichten, und dies kann als Instrument der Rechtfertigung gegenüber der Geschäftsleitung und dem HumanRessources-Bereich dienen. Angelehnt an LEITHNER wird im Folgenden eine E-Learning-Scorecard mit Leitfragen für den Zielbereich TT Weiterbildung entworfen, der als zukünftig abgestimmte Arbeitsbasis zur Einführung einer E-Learning-Scorecard dienen soll. Um eine gezielte Scorecard aufstellen zu können, sind, neben der ‚Erkenntnisnotwendigkeit‘ eines Wandels im und außerhalb des Unternehmens, der Einbeziehung der Führungskräfte und Mitarbeiter sowie der Durchführung von internen Analysen, noch weitere Handlungsaspekte zu berücksichtigen. Verdeutlicht wird das durch einen Vorgehensprozess nach LEITHNER, in dem es sich konkret um das Beispiel eines ‚Call Centers‘ dreht. Der Ablaufplan in Abbildung 71 ist ebenso auf andere Bereiche übertragbar. Das Instrument der Balanced Scorecard wird für das Lernen allgemein, aber auch für E-Learning im Besonderen deshalb als geeignet angesehen, da nur eine Gesamtheit der Effekte von Weiterbildungsmaßnahmen aussagekräftig ist. Diese Sichtweise wird ermöglicht, weil sie neben der Perspektive des Lernens und

bildungsgeschehen angewandt. Die Balanced Scorecard geht über die alleinige Betrachtung finanzieller Kennzahlen hinaus. Es werden zusätzlich Kundenperspektive, unternehmensinterne Prozessperspektive berücksichtigt. Bei der kundenorientierten Sichtweise wird die Stellung des Unternehmens am Markt, die Kundenzufriedenheit oder die Kundenbindung beschrieben. Im Fall der Sichtweise interner Prozesse erfolgt die Beschreibung anhand der einzelnen Arbeitsabläufe im Unternehmen. Die Größen der Sichtweise Lernen und Entwicklung beschreiben die Grundlage, die zur Erreichung der Ziele der anderen Sichtweisen notwendig sind. Dies sind die Qualifizierung, Motivation und Zielorientierung der Mitarbeiter sowie die Leistungsfähigkeit des Informationssystems. Für jede dieser Sichtweisen sind strategische Ziele, Kennzahlen, konkrete Zielvorgaben und Maßnahmen zu bestimmen. – Mit der Balanced Scorecard sollen die wesentlichen Sichtweisen eines Unternehmens für die strategische Planung und Steuerung des Unternehmens abgebildet werden. Die Balanced Scorecard stellt somit ein ganzheitliches Konzept dar, das sowohl quantitative als auch qualitative Größen in einem Unternehmen berücksichtigt, untersucht und diese in Verbindung zueinander betrachtet. Vgl. GABLER: Wirtschaft, 2006, 33.

334

F Ergebnisinterpretation

1.) Notwendigkeit eines Wandels wird erkannt

14.) Überprüfung und Rückkoppelung

2.) Einbeziehung von externen Partnern

13.) Kennzahlenbestimmung

3.) Einbeziehung der Mitarbeitenden und Führungskräfte

12.) Festlegung der Maßnahmen zur Zielerreichung

4.) Durchführung von internen und externen Analysen

11.) Aufstellen der Ursachen-Wirkungskette von E-Learning

Vorgehen zur Erstellung der E-Learning-Scorecard

10.) Entscheidung für E-Learning und Kommunikationsplan

5.) Workshops für Strategieentwicklung

6.) Bestellung eines Reorganisators

9.) Analyse der Wertschöpfungsketten im Call Center

7.) Bildung eines Steuerungs-Commitees

8.) Scannen des Aus- und Weiterbildungsangebots und der Probleme des Call Centers

Abbildung 71: „Vorgehen bei der Erstellung der E-Learning-Scorecard“688 Wissens auch die Wirtschaftlichkeitsperspektive, die Lernerperspektive und die interne Prozessperspektive berücksichtigt. Damit kann einer Kostenfalle ausgewichen werden und es wird ein langfristiges und zukunftsweisendes Denken in Bezug auf das Weiterbildungsgeschehen im Unternehmen ermöglicht.689 Die vorgestellten Leitfragen bilden aus den jeweiligen Perspektiven die Grundlage für eine gelingende Ursache-Wirkungskette im Untersuchungsbereich. Aus der Wirtschaftlichkeitsperspektive ist eine E-Learning-Scorecard die Basis für zufriedene und wiederkehrende Lernende. Diese Perspektive ermög688

689

LEITHNER, B.: Integration von EL, 2004, 210. Nach Punkt eins sollte zunächst das organisatorische Vorgehen festgelegt werden, um die externen Partner einzubeziehen. Vgl. LEITHNER, B.: Integration von EL, 2004, 212.

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘

335

Wirtschaftlichkeitsperspektive Was erwarten die Shareholder von dem Weiterbildungsbereich ‚Telekom Training‘?

Lernerperspektive

Lern- und Wissensperspektive Wie lernfähig und innovativ sollte die Organisation / das Unternehmen sein um die strategischen Ziele zu erreichen?

E-LearningScorecard

Wie sollte sich das Unternehmen, konkret der Weiterbildungsbereich von ‚Telekom Training‘, seinen Lernenden präsentieren, damit die strategischen Ziele erreicht werden?

Interne Prozessperspektive In welchen Geschäftsprozessen ist es notwendig exzellent zu sein, wenn die Lernererwartungen erfüllt werden sollen?

Abbildung 72: Leitfragen zur Erweiterung und Zweck einer E-Learning-Scorecard licht eine Relation von Kosten und Erlösen und kann ebenso die E-LearningNutzung im Weiterbildungsprogramm erörtern. Aus Lernerperspektive führen verbesserte Prozesse zu besseren Produkten und Dienstleistungen für den Lernenden, beispielsweise durch universell einsetzbare Lernmodule. Hinter der internen Prozessperspektive stehen qualifizierte, kompetente und kreative Beschäftigte, die den aktuellen Status hinterfragen und an Verbesserungsmöglichkeiten, z. B. an der Prozessqualität anhand von Evaluationsergebnissen arbeiten. Die Lern- und Wissensperspektive beinhalten LLL und permanente Personalentwicklung, die das Fundament für Kreativität und den daraus wachsenden Innovatio-

336

F Ergebnisinterpretation

nen bilden und somit die Position am Markt mitbestimmen. Aus dieser Perspektive ergeben sich für das E-Learning folgende Leitfragen:



Welche Ziele verfolgt der Personal- und Weiterbildungsbereich TT mit einer E-Learning-Initiative?



Welche Aufgaben sind von den Führungskräften und Beschäftigten (Lehrenden und Lernenden) von TT wahrzunehmen, um diese Ziele zu erreichen?



Was ist notwendig und sinnvoll, um die anzustrebenden Ziele erfolgreich zu erfüllen?



Wie kann das Erreichen eines Zieles gemessen werden?690

Diese Leitfragen sollten jedoch unter der Prämisse des Wettbewerbsfaktors der Effizienzsteigerung stehen. Daher sind die Steigerung des Lernerfolges und die Reduktion des Lehr-/Lernaufwandes bei gleich bleibendem Lernerfolg anzustreben, ohne dabei die Qualität zu reduzieren. Didaktisch entsprechend aufbereitete Lerninhalte sind ausschlaggebend für hochwertige Lehrziele und Lernerfolge. Eine Garantie gibt eine E-Learning-Scorecard nicht, doch eine Gewährleistung, dass eine Einbeziehung von Lehrenden, Lernenden und Auftraggebern ermöglicht wird. Wie bereits in Kapitel C 3 aufgeführt, fehlen Beschäftigten häufig Beurteilungskriterien, um qualitativ angemessene Bildungsprodukte auswählen zu können. Die dargestellten Ergebnisse der empirischen Studien belegen, dass es Beschäftigten des Weiterbildungsbereiches bei TT ebenso ergeht. Eine E-Learning-Scorecard ist ein Ansatzpunkt, um intern und extern Transparenz über das E-Learning-Geschehen zu ermöglichen. Die Einführung einer E-Learning-Scorecard kann den Stellenwert eines Shared Services, wie TT es ist, für den gesamten Konzern verbessern, indem implizite Ansprüche auf arbeitnehmerbezogene Weiterbildungsmöglichkeiten und soziale Nebenleistungen an diese Anspruchsgruppe gerichtet werden und auf Lernerseite die erwarteten Serviceleistungen des Weiterbildungsbereiches TT erfüllt werden. Eine Scorecard legt größten Wert auf die Verknüpfung der einzelnen dargestellten Perspektiven mittels Ursache-Wirkungs-Beziehungen in Form von Kausalketten, deren Basis auf einer betrieblichen Zielkonzeption fußen.691 Im Rah690 691

Vgl. BACK, A.: EL strategisch, 2001, Folie 20. Vgl. KÖRNERT, J./WOLF, C.: BCS, 2006, 8.

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘

337

men dieser Betrachtungen wurde verdeutlicht, dass mit einer E-Learning-Scorecard das Gesamtgebilde, der gesamte ‚Gebäudetrakt‘ eine entscheidende Rolle einnimmt und daher als Ganzheit zu sehen ist. In diesem ‚ganzheitlichen Gebäudekomplex‘ steckt zwar Dynamik, doch die einzelnen ‚Räume‘ des Traktes können nicht unabhängig voneinander existieren. Alle ‚Räume‘ sind miteinander verzahnt und das Geschehen in einem Raum hat Auswirkungen auf alle anderen Räume des Traktes. Konkret bedeutet dies, dass kontinuierliche Verbesserungen im Umgang und Einsatz von E-Learning innerhalb des Weiterbildungsbereiches TT Auswirkungen auf die damit verknüpften Bereiche haben und damit einen Beitrag zur Zielerreichung des gesamten E-Learning-Geschehens innerhalb von TT leisten. Diese Art des Vorgehens unter der ‚Herrschaft‘ der gesamten Unternehmensstrategie wirkt effektiv und effizient für den gesamten Komplex.

2.3 Qualitätsbezogene Konsequenzen netzbasierten Lehrens und Lernens Für die innovativen Anwendungsfelder von E-Learning-Formen sollen Referenzmodelle für den Weiterbildungsbereich TT entworfen und entsprechende Werkzeuge für eine Nutzung skizziert werden. Ratsam ist eine Verknüpfung einer E-Learning-Scorecard, die die interne und externe Wettbewerbsfähigkeit sichert, mit einem qualitätsbezogen gestalteten Modell. Laut Expertenaussagen wird bei Produkten mehr auf Qualität geachtet als auf die Schnelligkeit der Produktverbreitung.692 Es heißt, die „Qualität muss im Vordergrund stehen“693. Insbesondere bei einer Qualitätsentwicklung von E-Learning-Formen spielen verschiedene Faktoren eine wesentliche Rolle. Die E-Lernenden sind zunächst keine homogene Gruppe, sondern es gibt direkt und indirekt E-Lernende, wie bereits in Kapitel C dargestellt. Auch wenn es generell keinen ‚absolut‘ gültigen Qualitätsbegriff gibt, so ist Qualität im Rahmen der betrieblichen Weiterbildung bei TT unter besonderer Berücksichtigung des E-Learning-Einsatzes ‚neu‘ zu definieren. Bekräftigt wird diese Forderung nach einer inhaltlichen Begriffsbestimmung durch die Expertenaussagen bei TT, die Qualität im E-Learning-Bereich sehr niedrig einstufen und eher von E-Information – Informationsweitergabe sprechen. 692 693

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 4030f. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 4031.

338

F Ergebnisinterpretation

Lernen heißt, einen gewissen Wissens- oder Kenntnisstand, bestimmte Fertigkeiten/Fähigkeiten den motiviert Lernenden so zu offerieren, dass sie ein ‚Delta‘ erfahren. Wenn E-Learning so gemacht ist, dass dieses Delta sichergestellt werden kann, dann ist das Vorhaben gelungen. In der Praxis wird dies in den seltensten Fällen auch tatsächlich erreicht.694 Aus sämtlichen Ergebnissen der Fallstudie lässt sich schließen, dass E-Learning-Angebote immer einen umfassenden Service bedingen, der die Qualität der Angebote beeinflusst. Der sich herauskristallisierende Bedarf ist vor allem, lernerorientierte Qualitätsstrategien innerhalb des Weiterbildungsbereiches von TT zu entwickeln. Dadurch wird auch ein ökonomischer Erfolg von E-Learning-Services ermöglicht. Um dies durch Instandhaltungen, Entwicklungen und kontinuierliche Verbesserungen auf dem Gebiet des netzbasierten Lehrens und Lernens zu gewährleisten und voranzutreiben, sind kontinuierliche und regelmäßige Audits empfehlenswert. Diese dienen dazu, die Qualität entlang der Strategieprozesse und eine sich ggf. entwickelnde E-Learning-Scorecard im Untersuchungsbereich TT Weiterbildung zu untersuchen. Da bereits innerhalb von TT regelmäßige Audits und EFQM695-Workshops durchgeführt werden, ist das kritisch-reflektierende Element mit Blick auf weitere Verbesserungsbereiche inner694 695

Vgl. EXPERTENINTERVIEWS, 2006, Z. 4034-4040. Die Abkürzung EFQM steht für European Foundation for Quality Management, die im Jahr 1988 durch den Zusammenschluss von 14 führenden europäischen Unternehmen als gemeinnützige Organisation auf Mitgliederbasis gegründet wurde. Heute sind mehr als 600 Organisationen aus der Mehrzahl der Länder Europas und aus diversen Branchen Mitglied der EFQM. In einer Vielzahl europäischer Länder ist die EFQM durch ihre Nationalen Partnerorganisationen (NPO) vertreten. Die Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (DGQ) ist Mitglied und deutsche Nationale Partnerorganisation der EFQM. […] Die Vision der EFQM ist die herausragende Positionierung europäischer Organisationen im globalen Wettbewerb. Die Mission der EFQM ist es, den Organisationen in Europa eine umfassende Managementmethode an die Hand zu geben, mit der sie Excellence, nachhaltige Spitzenleistungen auf allen Managementebenen, erreichen können. Die EFQM hat dazu in Zusammenarbeit mit ihren Partnern das EFQM-Modell für Excellence, ein aus neun Kriterien bestehendes Managementmodell, entwickelt. Es wird herangezogen, um den Reifegrad einer Organisation zu beurteilen, ihre Verbesserungspotenziale herauszufiltern, zielgerichtet an kontinuierlicher Verbesserung zu arbeiten und sich mit anderen Organisationen zu vergleichen (Benchmarking). Das EFQM Modell für Excellence ist auch die Bewertungsgrundlage des Europäischen Qualitätspreises (European Quality Award. Vgl. http://www.deutsche-efqm. de/, gefunden am 17.06.2007.

2 Die anwendungsbezogene Perspektive bei ‚Telekom Training‘

339

halb des Unternehmens grundgelegt. Dabei steht der übergreifende Slogan ‚Gut sein – besser werden‘ im Mittelpunkt, ebenso die Anpassung an die Konzernziele: Profitabilität, Wachstum und Serviceorientierung, sie bilden wesentliche Elemente auf dem Weg zur Exzellenz und der kontinuierlichen Verbesserung innerhalb von TT. Ergänzend bzw. aufbauend dazu wären regelmäßige Audits im E-Learning-Bereich anzustreben. Dazu werden nachfolgend Leitlinien eines künftigen Qualitäts-Aktionsplans im E-Learning-Bereich skizziert, der vielleicht im Jahr 2010 greifen wird. Die inhaltlichen Angaben stammen aus einer Umfrage des European Quality Observatory (EQO), einer europäischen Plattform für Qualität im E-Learning, veröffentlicht durch Cedefop, können aber auf den Weiterbildungsbereich von TT übertragen werden.

– – – – –

„Der Lernende entscheidet die Qualität im E-Learning entscheidend mit;



offene Qualitätsstandards müssen weiter entwickelt und in der Breite umgesetzt werden;



eine interdisziplinäre Qualitätsforschung muss sich zukünftig als eigene normale Wissenschaft etablieren können;

– – –

Forschung und Praxis müssen neue Transferkonzepte entwickeln;

Europa muss eine Qualitätskultur in der Bildung entwickeln; Qualität muss in der Bildungspolitik eine zentrale Rolle spielen; Qualität darf kein Privileg großer Organisationen sein; es müssen Support-Strukturen eingerichtet werden, die Organisationen bei ihrer Qualitätsentwicklung kompetent und Service-orientiert unterstützen;

Qualitätsentwicklung muss mit allen Beteiligten gemeinsam gestaltet werden; für Services auf dem Gebiet der Qualität müssen geeignete Geschäftsmodelle entwickelt werden.“696

Die sich aus den Leitlinien ergebenden Konsequenzen können in dem Prozessglied der kontinuierlichen Verbesserung berücksichtigt werden und bedingen eine sich verändernde Unternehmenskultur mit. In diesem Bereich spricht EHLERS ET AL. von einer Qualitätskultur, denn um sich global positionieren zu können, bedarf die Bildung einer solchen.

696

EHLERS, U-D./GOERTZ, L./HILDEBRANDT, B./PAWLOWSKI, J. M.: Qualität EL, 2005, 11.

340

F Ergebnisinterpretation „Von der strategischen bis zur operativen Ebene muss Qualität zu einem Wert im persönlichen und organisationalen Handeln werden. Qualität darf nicht länger als lästiges, aufwendiges Übel angesehen werden, sondern vielmehr als Paradigma des Handelns, um eine solche Kultur zu etablieren. Qualitätsentwicklung muss zu einem Kernprozess von Bildungsorganisationen werden. Dafür bedarf es umfassender Portfolios von bewährten Qualitätsstrategien und -erfahrungen einerseits und durchdachter Entscheidungshilfen und Einführungsprozesse andererseits. Wir müssen dabei weg kommen von nicht handhabbaren Globalentwürfen hin zu präzisen ‚My-Quality‘-Ansätzen, die maßgeschneiderte Lösungen für konkrete Bedarfe liefern.“697

Angesprochen sind auch virtuelle Bildungsarchitekturen, denn beim E-Learning oder insbesondere dort, wird die Qualität maßgeblich vom Lernenden mitbestimmt. Aus der Fallstudie wird deutlich, dass Qualität eine entscheidende Rolle beim Erfolg von E-Learning, bei Blended Learning und Lernprozessen im Allgemeinen einnimmt. Es stellt sich allerdings die Frage, wie der Weiterbildungsbereich TT auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle einnehmen kann, um sich auf dem globalen Bildungsmarkt als eine virtuell aufgestellte Bildungsarchitektur zu behaupten, wenn die Beschäftigten bei TT selbst bislang die E-Learning-Varianten nur gering schätzen. In den kommenden Monaten und Jahren müssen daher Anstrengungen auf allen Ebenen unternommen werden, um den Weiterbildungsbereich TT generell zu einer qualitätsorientierten, wettbewerbsfähigen, intern und extern führenden Bildungslandschaft umzugestalten. Bei einer gezielten Einführung von E-Learning-Audits, bestmöglich angeknüpft an die bereits bestehenden Audit-Durchführungen, werden die gleichen Maßstäbe gesetzt, nur, dass die Kontroll- und Beratungsmaßnahmen auf ein E-Learning-Projekt im Speziellen auszurichten sind. Zukünftig sind große technische Innovationen kaum mehr zu erwarten, daher liegen die Chancen zu einer Optimierung der E-Learning-Formen in ihrer Verfeinerung, einer angemessenen Personifizierung und einer besseren Justierung der bereits vorhandenen Formen. Die Innovationen werden dann nach den Ergebnissen der Befragten vor allem:



in der bedarfsgerechten Anwendung der Technik und



in den methodisch-didaktisch zu vermittelnden Inhalten bestehen,

wobei E-Lehrende die Informationsselektion unterstützen und beschleunigen können. 697

EHLERS, U-D./GOERTZ, L./HILDEBRANDT, B./PAWLOWSKI, J. M.: Qualität EL, 2005, 68.

G

Praktische Implikationen und Empfehlungen

1 Vorgehensmodell zur Verbesserung eines ergänzenden E-Learning-Einsatzes Die Aktualität von Wissen verändert sich durch die forcierte soziokulturelle, ökonomische und technologische Entwicklung immer schneller und ist allgegenwärtiger Bestandteil einer sozialpolitischen und wirtschaftlichen Forderung nach effizientem, ökonomischem und lebenslangem Lernen geworden. In der betrieblichen Weiterbildung steht daher zukünftig nicht mehr das Lernen auf Vorrat im Mittelpunkt, sondern das bedarfsorientierte, just-in-time. In der vorliegenden Arbeit wurden die Einschätzungen der Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung, die sich durch den ergänzenden Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen ergeben und die daraus resultierenden strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen für eine zukünftige Bildungsarchitektur in Unternehmen in der Fallstudie ‚Telekom Training‘ erforscht. Auf der Basis der Online-Befragung und der leitfadengestützten Interviews wurden die Wahrnehmung und Bewertung zu netzbasiertem Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung untersucht. Dabei galt das Interesse sowohl dem momentanen Ist-Zustand als auch den zukunftsweisenden strategie- und qualitätsbezogenen Konsequenzen, die sich für eine zukünftige Bildungsarchitektur ergeben. Es zeigte sich, dass die befragten Lehrenden und Lernenden bislang mangelnde Erfahrungen und damit unzureichende Akzeptanz im E-LearningEinsatz und auf dem E-Learning-Gebiet aufweisen. Wie ebenfalls in der Fallstudie deutlich wurde, wird netzbasiertes Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung in den kommenden Jahren zu einem selbstverständlichen Bestandteil, auch wenn innerhalb von ‚Telekom Training‘ die Akzeptanz noch unzureichend ist. Immerhin sind die Einführungs- und bisherige Durchführungsphase vielfach positiv bewertet worden. Der nächste Schritt ist die nachhaltige Verankerung im Unternehmen, in den vorhandenen Prozessen, in den vorhandenen Strategien und Qualitätsüberprüfungen, die u. a. herausgefordert wird durch einen verstärkten Konkurrenzkampf. Immer wieder taucht die Frage auf: ‚Warum braucht das Unternehmen überhaupt Weiterbildung?‘, womit die Existenz von ‚Telekom Training‘ in Frage gestellt wird. Weiterbildung ist kein Selbstzweck und hat keinen reinen Anreizcharakter mehr. Das Outsourcing von Organisationseinheiten steht allzu oft auf der Tagesord-

344

G Praktische Implikationen und Empfehlungen

nung von Vorstandsmeetings und davon kann auch der Weiterbildungsbereich betroffen sein. Die einzige Lösung für eine standhafte Verankerung im Konzern scheint zu sein, wenn ‚Telekom Training‘ sich durch einen Beitrag nachweislich wertsteigernd in das Gesamtunternehmen einbringt. Ein erster Schritt auf diesem Weg ist ein Verlaufsplan, der alle kontinuierlichen Verbesserungen und Entwicklungen im E-Learning-Bereich enthält, gleichzeitig die nächsten inhaltlichen und organisatorischen ‚Meilensteine‘ aufzeigt und am Ende neue Lösungswege anbietet (s. Tabelle 9). Ein solches Vorgehensmodell oder auch Prozessplan genannt, könnte bei einer konsequenten Vernetzung einen effektiveren und effizienteren E-Learning-Einsatz gewährleisten. Tabelle 9: Vorgehensmodell für einen verbesserten E-Learning-Einsatz im Weiterbildungsbereich ‚Telekom Training‘ Bewusstsein für die Notwendigkeit der Veränderungen schaffen

– Ohne ein Dringlichkeitsgefühl verändert sich nichts – Aktuelle und potenzielle Krisenbereiche und bedeutende Chancen erkennen

– Aktive Unterstützung durch EntscheidungsRichtungsweisende Beschäftigte in einer ‚Projektgruppe‘ zusammenführen

träger

– Führung durch starke ‚Experten‘ aus dem operativen Bereich

– Strategie = Zukunftsvision, die für alle BeE-Learning-Strategie in Vereinbarung mit vorhandenen Strategien entwerfen

schäftigten innerhalb von ‚Telekom Training‘ zu verstehen ist – ‚Betriebsvereinbarung E-Learning‘ durch eine für alle verständliche Definition zu E-Learning erweitern

– Breite und realistische KommunikationsmaßEntwickelte Strategie im Weiterbildungsbereich bekannt geben

nahmen organisieren – Alle im Bereich ‚Telekom Training‘ Weiterbildung sollten logisch nachvollziehen können, dass Wandel nützlich, notwendig und möglich ist

1 Vorgehensmodell zur Verbesserung eines ergänzenden E-Learning-Einsatzes

345

Forts. Tabelle 9

– Schwierigkeiten und Rückschläge wahrnehBeschäftigte motivieren gemäß der Vision zu handeln

men und managen

– Systeme und Strukturen verändern, die die Vision behindern können

– Technische und inhaltliche Kreativität fördern – Innovationen verlieren an Kraft, wenn keine Erfolge planerisch vorbereiten und ‚provozieren‘

Erfolge erwähnt und gewürdigt werden – mehr Anerkennung durch Führungskräfte – Zum Erreichen der Erfolge (‚Meilensteine‘) klare inhaltliche und zeitliche Ziele formulieren

– Aktuelle E-Lernmöglichkeiten in vorhandene Kontinuierlich und zeitnah Verbesserung ausbauen

Feste Verankerung in dem Weiterbildungsprozess

Abläufe integrieren, z. B. Blogs, Wikis, Communities, Potcats – Verzahnung zwischen neuen Verhaltensweisen und dem Unternehmenserfolg transparent machen – Nachhaltigkeit der neuen Lern-/Unternehmenskultur sichern

– Zusammenhänge zwischen den Prozessgliedern sichtbar machen, um die Nachhaltigkeit der neuen Unternehmenskultur zu sichern

Die nachhaltige Verfolgung des Prozessplans macht eine ‚Umgestaltung‘ des Weiterbildungsprozesses innerhalb von ‚Telekom Training‘ erforderlich. Es soll kein vollkommen neuer Weiterbildungsprozess entworfen werden, sondern auf bereits Vorhandenes und Bewährtes aufgebaut werden. Daher sind zunächst in Abbildung 73 die Prozesse aus dem Bereich ‚Weiterbildung für den Konzern‘ dargestellt.662

662

Die Abkürzung WBK steht für Weiterbildung Konzern und bedient somit den gesamten deutschsprachigen Teil des Konzerns mit bedarfsgerechter Weiterbildung.

346

G Praktische Implikationen und Empfehlungen

Prozesse WBK Sales & Customer Relationship Management After-Sales

Akquisition

Planning/Pre-Sales

Offene Programme Vorab-Planung

Katalogstruktur festlegen

Portfolio entwickeln

Endredaktion Katalog

Portfolio am Markt

Kleinaufträge/Inhouse Auftragsklärung

Angebotserstellung

Auftrag oder Storno

Durchführung/Nachbereitung

Komplexe Kundenlösungen Durchführung

Start

Initiierung

Abschluss

Management der Erstellung und Pflege von Dienstleistungen Dienstleistung konzipieren

Dienstleistung pflegen

Dienstleistung abmanagen

Bereitstellungsmanagement Weiterbildung* Veranstaltung planen

Veranstaltung offerieren

*Teilprozess vorhanden Veranstaltungsvorlauf

Veranstaltung durchführen

Veranstaltung nachbereiten

Veranstaltungsstorno

Abbildung 73: Prozesse im Bereich Weiterbildung Konzern bei ‚Telekom Training‘663 Die dargestellten komplexen Prozesse werden in einem Weiterbildungsprozess zusammengefasst und durch eine Ausdifferenzierung innerhalb des Prozesssegmentes ‚Management der Erstellung und Pflege von Dienstleistungen‘ aufgezeigt (s. Abbildung 74). Die dynamischen Prozesssegmente der Maßnahmengestaltung und der Durchführung sollen deutlicher herausgestellt werden. Es werden die vorhandenen und oben grafisch dargestellten Prozesse innerhalb von ‚Telekom Training‘ jedoch nicht in Frage gestellt, sondern es sollte nur zu bedenken gegeben werden, ob eine explizite Erwähnung eines dynamischen Momentes in einem eher ‚statischen‘ Prozess, aufgrund seines Ablaufcharakters, sinnvoll wäre.

663

http://telekom-training.telekom.de/intranet/telekom-training/intern_gbg/index.jsp, gefunden am 06.07. 2007.

1 Vorgehensmodell zur Verbesserung eines ergänzenden E-Learning-Einsatzes

347

Problem-/Bedarfsanalyse

Zielsetzung

Maßnahmengestaltung (Planung und Vorbereitung)

EL

BL

PV

Durchführung der Maßnahme Präsenzveranstaltung

E-Learning

Blended Learning

Erfolgskontrolle

Transferüberprüfung

Abbildung 74: Statischer Weiterbildungsprozess mit dynamischen Segmenten

2 Empfehlungen für ‚Telekom Training‘ Auf der Basis der vorgestellten Ergebnisse lassen sich folgende Empfehlungen aussprechen. Inhaltliche und formale Aspekte Betriebliche Weiterbildung im 21. Jahrhundert und konkret in ‚Telekom Training‘ bedeutet, dass die Verantwortung für die Anpassung seines Wissens an den Arbeitsmarkt jedem Mitarbeiter zunehmend selbst überlassen wird. Er ist im Rahmen der unternehmerischen Möglichkeiten dabei zu unterstützen, sowohl seine Motivation, seine persönlichen Ziele als auch seine Lerninhalte im Arbeitsalltag zu finden. Diese Komponenten sollten im Personal- und Weiterbildungsmanagement gleichermaßen zukunftsweisend Priorität gewinnen. Der Lernende sollte ganz bewusst und gezielt zu folgenden Fragen geführt werden: ‚Will ich wirklich lernen?; Welche Lernformen sind für mich geeignet?; Und: Wie finde ich das richtige Lernangebot für mich?‘ Die Antworten hierauf sollten in die Bedarfsanalyse und die spätere Angebotsplanung des Unternehmens einfließen. Hier ist eine Verästelung von netzbasiertem Lehren und Lernen an eine übergeordnete Strategie für die Sicherstellung der Nachhaltigkeit in der betrieblichen Weiterbildung unabwendbar. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass eine eigene E-Learning-Strategie formuliert werden muss, es würde fürs Erste ausreichen, wenn E-Learning-Aktivitäten von den strategischen Zielen des Unternehmens als Ganzes abgeleitet würden. Partizipative Aspekte Aufbauend auf dem Ergebnis, dass es 238 Befragten sehr wichtig ist, etwas Neues dazuzulernen und der Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung damit ein relativ hoher Stellenwert zuerkannt wird, ist eine rechtzeitige, kontinuierliche und passgenaue Kommunikation rund um das Thema betriebliche Weiterbildung wichtig. Dabei ist das Thema E-Learning ebenso bedeutsam wie die Präsentation neuer Präsenzangebote, denn beides zusammen schafft eine Grundlage für eine bessere Akzeptanz von E-Learning sowohl bei den Lehrenden als auch bei den

350

G Praktische Implikationen und Empfehlungen

Lernenden. Bei der Kommunikation sind je nach Zielgruppe unterschiedliche Kommunikationswege/-mittel zu wählen, damit die Erwartungen rund um das Thema E-Learning für den Einzelnen greifbar bleiben. Relevant in dem Zusammenhang ist, dass es sich bei dem Thema E-Learning um ein langfristig angelegtes Change-Management-Projekt handelt, das nicht nur eine Veränderung der Strategien und Prozesse mit sich bringt, sondern auch Veränderung in den Gewohnheiten und Einstellungen der Beschäftigten. Daher ist für einen erfolgreichen Wandel ausreichend Zeit einzuplanen und bei Entschlüssen die Beschäftigten miteinzubeziehen, um dadurch den Wandel auch voranzutreiben. Organisatorische Aspekte Für einen verstärkt-ergänzenden E-Learning-Einsatz ist es von Erfolg, wenn sich im Unternehmen ‚Telekom Training‘ Beschäftigte außerhalb der Weiterbildungsabteilung finden, die diesen Einsatz aktiv mitgestalten, z. B. Lernende, die sich bereits seit Jahren mit E-Learning-Formen weiterbilden. Durch diese Personen wird sichergestellt, dass das Thema im Gespräch bleibt und z. B. Innovationen, wie die Implementierung von Wikis, Communities etc. ermöglicht und dadurch auch für andere Personen zugänglich gemacht werden. Ein weiterer Aspekt ist, dass sie internes Marketing zu geringen Kosten betreiben. Eine solche Gruppe von Multiplikatoren, seien es Lehrende oder Lernende, kann innerhalb des Unternehmens ‚Telekom Training‘ zu einem positiven Verlauf von ChangeProzessen beitragen, wenn sie die Unterstützung der Unternehmensführung hat. Zudem können so die Bereiche ‚Wissensmanagement‘ und ‚E-Learning‘ die Chance erhalten, sich zukünftig verstärkt zu ergänzen, da durch die Multiplikatoren informelle Gespräche im Unternehmen angestoßen werden. Strategie- und qualitätsbezogene Aspekte Der Mehrwert von netzbasiertem Lehren und Lernen kann optimal genutzt werden, wenn E-Learning in die bereits bestehenden Prozesse integriert wird und dadurch auf sie verbessernd einwirken kann. Die Zielsetzung von E-Learning sollte die Steigerung der Wertschöpfung des Unternehmens sein und nicht die Eliminierung der Präsenzmaßnahmen. Beide Maßnahmenformen sollten vielmehr in einem Ergänzungsverhältnis stehen und von den Verantwortlichen auf die Geschäftsprozesse und die Bedürfnisse abgestimmt werden. Dadurch würde nicht nur eine Verbesserung des Bildungscontrollings angestoßen, sondern es

2 Empfehlungen für ‚Telekom Training‘

351

Problem-/Bedarfsanalyse

Zielsetzung

vor der Weiterbildungsmaßnahme

Zielevaluierung

Maßnahmengestaltung (Planung und Vorbereitung)

EL

BL

Präsenzveranstaltung

E-Learning

Zielerreichungsevaluierung/Kostenevaluierung

PV

Durchführung der Maßnahme während der Weiterbildungsmaßnahme

Qualitätsüberprüfung/ Evaluierung des ‚Inputs‘

Qualitätsüberprüfung während des Verlaufs

Blended Learning

nach der Weiterbildungsmaßnahme

Erfolgskontrolle

Transferüberprüfung

Qualitätsüberprüfung/ Zielerreichungsüberprüfung (Evaluierung; Audits etc.)

Lehrender-------------------------Lernender------------------------------------------Vorgesetzte

Beteiligte

Prozess

Abbildung 75: ‚E-Learning-Integration in die Phasen des Weiterbildungsprozesses und deren Qualitätsüberprüfung‘ würde auch die geforderte Transparenz hinsichtlich Kosten, Nutzen und Zeit für das Management, für den Betriebsrat und die Beschäftigten hergestellt. Die abschließende Abbildung 75 skizziert einen ersten Entwurf eines erweiterten Weiterbildungsprozesses:

H

Zusammenfassung

H

Zusammenfassung

Mit dem Lehr- und Lernkulturwandel ist das Motto vom ‚Lebenslangen Lernen‘ omnipräsent geworden. Dabei kommt den multimedialen Lehr-Lern-Arrangements eine besondere Bedeutung zu. Diskutiert wird vor allem der Stellenwert von Lehren und Lernen in der betrieblichen Weiterbildung und ihre Anpassung an die Erfordernisse der Zeit. Immer mehr gerät in diesem Zusammenhang aktives, selbstgesteuertes Lernen in den Betrachtungsfokus, denn ohne einen selbstgesteuerten Anteil ist kein Lernen denkbar. Es kann davon ausgegangen werden, dass kontinuierlich ablaufende individuelle Wahrnehmungs-, Erfahrungs- und Interpretationsprozesse Lernen konstruktiv beeinflussen. Lernen verläuft außerdem stets situativ und ist immer auch sozial in dem Sinne, dass Lernen zum einen ein interaktives Geschehen darstellt, und zum anderen soziokulturellen Einflüssen ausgesetzt ist. Diese Prozessmerkmale des Lernens sind generell von Bedeutung, gewinnen aber, speziell in verschiedenen formellen und informellen Arbeitsprozessen, zunehmend an Gewicht. Gerade für Erwachsene sind Aspekte wie Eigenaktivität, Interessenbezug, Eigenverantwortlichkeit, Integration gemachter Erfahrungen und bestehender Überzeugungen sowie Bezug zu konkreten Situationen im Arbeitsprozess besonders wichtig. Ohne dass die traditionellen Lehr- und Lernformen generell in Frage gestellt werden, erobern mehr und mehr netzbasierte Lehr- und Lernformen die betriebliche Weiterbildungspraxis. Auf Grund der unterschiedlichen Interessenlagen vertreten Führungskräfte, Tarif- und Sozialpartner sowie Beschäftigte in Unternehmen allerdings häufig gegensätzliche Positionen, was den Einsatz dieser Formen betrifft. Und hinzu kommt eine dritte Position aus der Sicht der Wissenschaft. Demzufolge besteht nicht nur ein Spannungsfeld im Unternehmen selbst, sondern auch zwischen Wissenschaft und gewinnorientierter Praxis. Diese Spannungen gilt es zukünftig auszuloten, um eine Basis zu erreichen, die eine komplementäre Beziehung zwischen Wissenschaft und Praxis möglich macht. Beispielsweise könnte die Entwicklung, Einführung und Auswertung einer E-LearningScorecard beiden Seiten gerecht werden und eine Zusammenarbeit fördern. Auf jeden Fall ist eine größere Flexibilität bezüglich des Lernzeitpunktes, des Lernortes und der Lerngeschwindigkeit im Arbeitsprozess durch den Einsatz netzbasierter Lehr- und Lernformen erforderlich. Wie es zukünftig mit den E-Learning-Formen in der betrieblichen Weiterbildungslandschaft aussehen könnte, wurde im Rahmen dieser Arbeit exemplarisch in einer Fallstudie untersucht. Nach der Erforschung der Einschätzungen zu den Wirkungen des Wandels der betrieblichen Weiterbildung, die sich durch den ergänzenden Einsatz von netzbasierten Lehr- und Lernformen herausstellen, ergaben sich strategie- und quali-

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tätsbezogene Konsequenzen für eine zukünftige ‚Bildungsarchitektur‘ in Unternehmen, die sich an einem zunehmenden Beratungsbedarf ausrichten. Die Analyse der Rahmenbedingungen und der Nutzenpotenziale für netzbasiertes Lehren und Lernen der Lernenden in der betrieblichen Weiterbildung fußt auf inhomogenen Vorkenntnissen, Lebens- und Berufserfahrungen. Die Wirkungen netzbasierter Lehr- und Lernformen sind unter diesem Aspekt ein nicht zu vernachlässigender Faktor und dies insbesondere unter dem Blickwinkel, dass zunehmend eine nach veränderten Methoden ausgebildete Generation junger Beschäftigten zur Klientel der betrieblichen Weiterbildung wird. Der Erfolg des Einsatzes von netzbasierten und arbeitsbezogenen Medien im Weiterbildungsbereich wird zunehmend bedeutsamer. Die E-Learning-Formen gehören zu den Themenbereichen, deren Return on Investment zurzeit mit am höchsten eingeschätzt wird. Das liegt zum einen an der entscheidenden Rolle des Lernenden in allen Lehrbereichen, zum anderen entstehen durch Vernetzung und netzbasierte Lernformen andere Möglichkeiten und Perspektiven u. a. auch im Arbeitsprozess, die die bisherigen Lehr- und Lernformen ergänzen. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Halbwertszeit des Wissens stetig abnimmt, gleichzeitig aber die Bedeutung des Wissens für Individuen, Organisationen und Gesellschaft immens steigt, sowohl für die Beschäftigungsfähigkeit jedes einzelnen Menschen als auch für den Fortbestand und die Marktfähigkeit eines Unternehmens. Dem sich daraus ableitenden Anspruch kann niemand mehr auf herkömmliche Weise, also durch traditionelle langfristige Weiterbildungskonzepte gerecht werden. Das Erlangen von Wissen ist zu keiner Zeit abgeschlossen, Kenntnisse und Fähigkeiten müssen daher in nahezu allen Berufszweigen ständig aktualisiert und möglichst schnell ergänzt werden, insbesondere in einem Telekommunikations- und Informationsunternehmen wie die Deutsche Telekom ist: das heißt kompromisslos lebenslang zu lernen. Neben der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Bildungsbemühens verlangt der Lehr- und Lernkulturwandel auch eine Verschiebung der klassischen Rollenstruktur: Den Lernenden soll zunehmend mehr Kompetenz und Verantwortung für ihr Lernen übertragen werden. Lehrende sind nicht mehr nur Vermittler von Kenntnissen und Fähigkeiten, sondern unterstützen als Berater, Gestalter, Begleiter, Moderatoren oder Lernprozessbegleiter das eigenständige, individuelle und bedürfnisorientierte Lernen. Wenn dies kooperativ organisiert ist, wenn also Gruppenmitglieder miteinander kommunizieren und gemeinsam Wissen und Fertigkeiten aufbauen und verfestigen, ist die Rolle des Moderators von höchster Bedeutung. Eine Bedingung dieser sich verändernden Formen des

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Lehrens und Lernens ist der Einsatz geeigneter technologischer Lösungen, die eine Umsetzung in die Praxis, d. h. integriert in den Arbeitsprozess erst ermöglichen. Verdichtet lassen sich folgende analysierte inhaltliche und formale, partizipative, organisatorische sowie strategie- und qualitätsbezogene Thesen aufstellen: Inhaltliche und formale Thesen



Eine Anknüpfung von netzbasiertem Lehren und Lernen an eine übergeordnete Strategie für die Sicherstellung der Nachhaltigkeit in der betrieblichen Weiterbildung ist unerlässlich. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine eigene E-Learning-Strategie formuliert werden muss. Es würde fürs Erste ausreichen, wenn E-Learning-Aktivitäten von den strategischen Zielen des Unternehmens als Ganzes abgeleitet würden.



Nach dem Primat der Didaktik sind zunächst Ziele und Inhalte einer Lerneinheit oder einer Qualifizierungskonzeption zu klären, bevor daraus die geeigneten Methoden und Medien für den Lernprozess definiert werden. Dabei sind u. a. das Alter und das unterschiedliche Bildungsniveau der Lernenden zu berücksichtigen.

Partizipative Thesen



Eine rechtzeitige, kontinuierliche und passgenaue Kommunikation rund um das Thema betriebliche Weiterbildung ist wichtig. Dabei ist das Thema E-Learning ebenso bedeutsam wie die Präsentation neuer Präsenzangebote, denn beides zusammen schafft eine Grundlage für eine bessere Akzeptanz von E-Learning sowohl bei den Lehrenden als auch bei den Lernenden.



Bei der Kommunikation sind je nach Zielgruppe unterschiedliche Kommunikationswege/-mittel zu wählen, damit die Erwartungen rund um das Thema E-Learning für den Einzelnen greifbar bleiben.

Organisatorische Thesen



Für einen verstärkt-ergänzenden E-Learning-Einsatz ist es wichtig, dass sich im Unternehmen Beschäftigte außerhalb der Weiterbildungsabteilung finden, die diesen Einsatz aktiv mitgestalten, z. B. Lernende, die sich bereits seit Jah-

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ren mit E-Learning-Formen weiterbilden. Durch diese Personen wird sichergestellt, dass das Thema im Gespräch bleibt und z. B. Innovationen, wie die Implementierung von Wikis, Communities etc. ermöglicht und dadurch auch für andere Personen zugänglich gemacht werden.



Ein weiterer Aspekt ist, dass sie internes Marketing zu geringen Kosten betreiben. Eine solche Gruppe von Multiplikatoren, seien es Lehrende oder Lernende, kann innerhalb eines Unternehmens zu einem positiven Verlauf von Change-Prozessen beitragen, wenn sie die Unterstützung der Unternehmensführung hat.

Strategie- und qualitätsbezogene Thesen



Der Mehrwert von netzbasiertem Lehren und Lernen kann optimal genutzt werden, wenn es in die bereits bestehenden Prozesse integriert wird und auf diese verbessernd einwirken kann.



Die Zielsetzung von E-Learning sollte die Wertschöpfungssteigerung eines Unternehmens sein und nicht die Eliminierung der Präsenzmaßnahmen.



Beide Maßnahmenformen sollten vielmehr in einem Ergänzungsverhältnis stehen und von den Verantwortlichen auf die Geschäftsprozesse abgestimmt werden. Dadurch würde nicht nur eine Verbesserung des Bildungscontrollings angestoßen, sondern es würde auch die geforderte Transparenz hinsichtlich Kosten, Nutzen und Zeit für das Management, für den Betriebsrat und die Beschäftigten hergestellt.

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