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German Pages 1052 Year 2010
~ SpringerWienNewYork
Ernst Brandl Gerhard Saria (Hrsg)
WAG Wertpapieraufsichtsgesetz Kommentar 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage
SpringerWienNewYork
Dr. Ernst Brandl Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH Wien, Österreich
Ass.-Prof. Dr. Gerhard Saria Leiter des Fachbereichs Recht an der FH Wr. Neustadt Akrab-Vortags-GmbH, s.r.o. Bratislava, Slowakei Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2010 Springer-Verlag/Wien SpringerWienNewYork ist ein Unternehmen von Springer Science + Business Media Springer.at Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Satz und Druck: Druckerei C. H. Beck Nördlingen, Deutschland Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier – TCF SPIN: 12558094 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-211-99384-2 SpringerWienNewYork ISBN 978-3-211-72932-8 1. Auflage SpringerWienNewYork
Vorwort der ersten Auflage Mit der vorliegenden ersten Auflage unseres Kommentars zum WAG 2007 verfolgen wir primär das Ziel, dem Leser eine erste Hilfestellung bei der praktische Anwendung dieses Gesetzes zu geben, die über eine bloße Wiedergabe des Gesetzestextes und der Materialien mit einigen – mehr oder weniger gehaltvollen – Anmerkungen hinausgeht. Obwohl entsprechend unserer Zielsetzung die Behandlung praktischer Fragestellungen im Rahmen der Kommentierung im Vordergrund steht und uns zudem der Zeitdruck bei der Erstellung der Kommentierung – schließlich wird der Kommentar unmittelbar nach dem Inkrafttreten des WAG 2007 erscheinen – nicht unerhebliche Beschränkungen auferlegt hat, konnten wir dennoch bereits im Rahmen der ersten Auflage eine den Umständen und der Neuheit des Gesetzes angemessene wissenschaftliche Durchdringung der Rechtsmaterie vornehmen. Möglich war das nur, weil wir als Autoren sowohl Wissenschafter mit Praxisorientierung als auch wissenschaftlich ausgewiesene Praktiker gewinnen konnten. Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass insbesondere die Kommentierungen der Mitarbeiter der FMA nur deren persönliche Meinung widerspiegeln und nicht als offizielle Position dieser Institution angesehen werden dürfen. Der Kommentar befindet sich grundsätzlich auf dem Stand Anfang August 2007. An diesem Umstand sowie an unserem selbst gesteckten Ziel wollen wir vom geneigten Leser gemessen werden. Allfällige Lücken werden wir im Zuge der geplanten Neuauflagen schließen. Wien, im September 2007
Ernst Brandl Gerhard Saria
Vorwort zur zweiten Auflage Die nunmehr vorliegende zweite Auflage unseres Kommentars verfolgt – wie schon die Vorauflage – in weiten Teilen das Ziel, dem Praktiker einen ersten, wenn auch vertieften Einblick in die vielfältigen Problemstellungen des Wertpapieraufsichtsrechts zu geben. Auf diese Weise soll eine Hilfestellung bei der praktischen Anwendung dieses Gesetzes gegeben werden, ohne deshalb auf eine einfache Handhabbarkeit des Kommentars zu verzichten. Um den Nutzen für den Praktiker weiter zu erhöhen, haben wir diesmal auch den SCC sowie die einschlägigen Verordnungen der FMA abgedruckt. Der Kommentar befindet sich auf dem Stand von Ende Februar 2010, weshalb eine Berücksichtigung später erschienener Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich unterbleiben musste. Auf Grund der zunehmenden dogmatischen Durchdringung des WAG 2007 durch Lehre und Rechtsprechung standen die Herausgeber zudem vor einer Richtungsentscheidung betreffend das weitere Schicksal des Kommentars und insbesondere den Charakter der Kommentierung. Im Einvernehmen mit dem Verlag haben wir uns entschlossen, mit der vorliegenden Auflage unsere Zusammenarbeit bei der Herausgabe dieses Werks zu beenden. Während Ernst Brandl voraussichtlich den Kommentar im bisherigen Sinn weiterführen wird, ist nach derzeitigem Stand geplant, dass sich Gerhard Saria publizistisch in diesem Verlag in der einen oder anderen Weise vertieft Fragen des Finanzmarktaufsichtsrechts widmen wird. Wien/Bratislava, im Juni 2010 Ernst Brandl
Gerhard Saria
Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................... Inhaltsverzeichnis......................................................... Autorenverzeichnis....................................................... Literaturverzeichnis ...................................................... Abkürzungsverzeichnis..................................................
V IX XV XVII XIX
Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007) 1. Hauptstück 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen § § § § § § § § § § §
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Begriffsbestimmungen. .......................................... Ausnahmen........................................................ Wertpapierfirmen ................................................ Wertpapierdienstleistungsunternehmen ..................... Rücknahme und Erlöschen der Konzession ................ Anwendung des BWG .......................................... Verschwiegenheitspflicht ....................................... Firmenbuch ....................................................... Eigenkapital ....................................................... Geschäftsleiter .................................................... Aktionäre oder sonstige Gesellschafter mit qualifizierten Beteiligungen...................................................... § 11 a. Verfahren für die Beurteilung.................................. § 11 b.Kriterien für die Beurteilung ...................................
7 40 54 65 72 77 87 95 104 126 143 154 162
2. Abschnitt: Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit § 12. Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich ...... § 13. Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten..... § 14. Aufsicht im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit....................................................
167 179 186
IX
Inhaltsverzeichnis
2. Hauptstück: Organisatorische Anforderungen 1. Abschnitt: Organisation § § § § § § § § § §
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.
Rechtsträger....................................................... Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen .. Allgemeine organisatorische Anforderungen ............... Einhaltung der Vorschriften („Compliance“) .............. Risikomanagement............................................... Interne Revision.................................................. Zuständigkeiten der Geschäftsleitung........................ Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen.......... Persönliches Geschäft ........................................... Arten der persönlichen Geschäfte ............................
203 212 215 225 246 254 268 271 280 284
2. Abschnitt: Auslagerung und Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern § 25. Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben an Dienstleister ................................................... § 26. Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland................................................... § 27. Erbringung von Dienstleistungen über einen anderen Rechtsträger....................................................... § 28. Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
296 311 315 317
3. Abschnitt: Schutz des Kundenvermögens § § § § §
29. 30. 31. 32. 33.
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten............. Hinterlegung von Kundengeldern ............................ Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden ........ Berichte von Abschlussprüfern................................
§ § § §
34. 35. 36. 37.
Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte... Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten ..... Finanzanalysen ................................................... Zusätzliche organisatorische Anforderungen für die Erstellung von Finanzanalysen ...................................
329 336 340 343 346
4. Abschnitt: Interessenkonflikte
X
347 353 366 374
Inhaltsverzeichnis
5. Abschnitt: Verpflichtung zum Handeln im besten Interesse des Kunden § 38. Allgemeine Pflichten............................................. § 39. Gewährung und Annahme von Vorteilen ...................
381 404
6. Abschnitt: Information für Kunden § 40. Angemessene Informationen................................... § 41. Bedingungen für redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen ........................................ § 42. Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen ...........
420 451 467
7. Abschnitt: Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen § 43. Allgemeine Bestimmungen ..................................... § 44. Eignung von Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen............................................ § 45. Angemessenheit von sonstigen Wertpapierdienstleistungen .................................................................. § 46. Geschäfte, die nur in der Ausführung oder Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen bestehen ........ § 47. Dokumentation der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.............................................................
473 481 487 491 495
8. Abschnitt: Berichtspflichten gegenüber den Kunden § 48. Berichtspflicht .................................................... § 49. Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen außerhalb der Portfolioverwaltung ........................... § 50. Berichtspflichten bei der Portfolioverwaltung.............. § 51. Berichtspflichten für Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten .......................
497 501 507 513
9. Abschnitt: Bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen § 52. Bestmögliche Durchführung ................................... § 53. Organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik............................................................... § 54. Besondere Vorschriften für Privatkunden...................
516 527 531
XI
Inhaltsverzeichnis
10. Abschnitt: Bearbeitung von Kundenaufträgen § 55. Allgemeine Bestimmungen..................................... § 56. Zusammenlegung und Zuordnung von Aufträgen ........ § 57. Zusammenlegung und Zuordnung von Geschäften für eigene Rechnung .................................................
534 539 541
11. Abschnitt: Professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien § 58. Professionelle Kunden .......................................... § 60. Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien .................... § 61. Information über die Kundeneinstufung ....................
542 563 569
12. Abschnitt: Unerbetene Nachrichten und Haustürgeschäfte § 62. Unerbetene Nachrichten ....................................... § 63. Haustürgeschäfte.................................................
570 578
3. Hauptstück 1. Abschnitt: Melde- und Veröffentlichungspflichten § 64. Meldepflichten.................................................... § 65. Veröffentlichungen nach dem Handel ....................... § 66. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten.............
593 642 654
2. Abschnitt: Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF) § 67. Handel und Abschluss von Geschäften über MTF........ § 68. Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für MTF ................................................................
659 670
3. Abschnitt: Systematische Internalisierer § § § §
69. 70. 71. 72.
XII
Vorhandels-Transparenzvorschriften ........................ Ausführung von Kundenaufträgen ........................... Allgemeine Geschäftsbedingungen ........................... Aufsicht ............................................................
681 693 698 702
Inhaltsverzeichnis
4. Hauptstück 1. Abschnitt § 73. und § 74. Rechnungslegung und Jahresabschlussprüfung § 75. bis § 78. Anlegerentschädigung .............................. § 79. bis § 89. Geschäftsaufsicht und Insolvenzbestimmungen ......................................................
705 723 758
2. Abschnitt: Kosten und Verfahrensvorschriften § 90. Kosten .............................................................. § 91. und § 92. Verfahrensvorschriften .............................. § 93. Berichtspflicht von Abschlussprüfern........................
782 786 817
3. Abschnitt § 94. bis § 96.
Strafbestimmungen ..................................
847
4. Abschnitt: Behördliche Zusammenarbeit § 97. Kontaktstelle und Informationsaustausch ................... § 98. Zusammenarbeit bei der Überwachung, Überprüfung vor Ort und bei Ermittlungen ................................. § 99. Ablehnung der Zusammenarbeit und Behördenkonsultation ....................................................... § 100. Befugnisse der Aufnahmemitgliedstaaten.................... § 101. Von den Aufnahmemitgliedstaaten zu treffende Sicherungsmaßnahmen ..........................................
862 866 870 872 873
5. Hauptstück: Übergangs- und Schlussbestimmungen § § § § § §
102. und § 103. Übergangsbestimmungen ......................... 104. Verweise und Verordnungen................................... 105. Sprachliche Gleichbehandlung................................. 106. Außer-Kraft-Treten ............................................. 107. Vollziehung ....................................................... 108. In-Kraft-Treten ..................................................
Anlage Anlage Anlage Anlage Anlage Anlage Anlage
1 zu § 1 zu § 2 zu § 3 zu § 4 zu § 1 zu § 1 zu §
25 .......................................................... 40 .......................................................... 40 .......................................................... 40 .......................................................... 40 .......................................................... 49 .......................................................... 50 ..........................................................
881 888 889 890 890 890 892 893 894 895 895 896 897
XIII
Inhaltsverzeichnis
Standard Compliance Code 2008 (SCC 2008) ...................... Insiderrecht und Marktmanipulation ................................. Richtlinie für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten ... Interessenkonflikte und Vorteile ...................................... Orderdurchführung...................................................... Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzanalyse (GoFA) ............ Mindeststandards für Finanzanalysen ................................ Sondervorschriften für Kapitalanlagegesellschaften................
898 906 923 929 940 949 952 964
Wertpapier-Meldeverordnung 2007 .................................. Interessenkonflikte- und Informationen für KundenVerordnung................................................................ Handelstransparenzausnahmen-Verordnung ....................... Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung.......... Auslagerungsverordnung ............................................... Eigentümerkontrollverordnung .......................................
969
Sachverzeichnis ...........................................................
1003
XIV
972 976 980 989 993
Autorenverzeichnis RA Dr. Ernst Brandl, LL.M. (Chicago), M.B.A. (Harvard), Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH, §§ 3-7, 29-33, 38-54, 58-63; RA Dr. Alexander Isola MCJ (NYU), Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH, §§ 75–89; Univ.Ass. Dr. Philipp Klausberger, Institut für Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte, Universität Wien, §§ 3–7, 29–33, 38–54, 58–63; Dr. Rene Kreisl, LL.M. (WU-Wien), Legal Counsel und Compliance Officer, INNOVEST Kapitalanlage AG, §§ 10, 11 bis 11 b, 21, 23 bis 28, 34 bis 37, 55 bis 57; Mag. Andreas Link, Österreichische Volksbanken-AG, §§ 64–66 Mag. Katharina Muther-Pradler, Abteilungsleiterin Abteilung Wohlverhaltensregeln und Compliance, Finanzmarktaufsicht, §§ 12, 13, 15–20, 97–101; Mag. Magdalena Ortner, Stellvertretende Abteilungsleiterin Abteilung Wohlverhaltensregeln und Compliance, Finanzmarktaufsicht, § 12, 13, 15–20, 97–101; RAA Mag. Dr. Christian Rapani, Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH, §§ 75–89; Ass.-Prof. Mag. Dr. Gerhard Saria, Assistenzprofessor am Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und Leiter des Fachbereichs Recht an der FH Wr. Neustadt, §§ 1, 2, 8, 9, 14, 73, 74, 93; Dr. Daniela Sedlak, LL.M. (Triesen, FL), Finanzmarktaufsicht, §§ 22, 67–72, 90–92, 94–96, 102–108.
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Aicher/Kalss/Oppitz, Grundfragen des neuen Börserechts (1998) Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht2 (2007-2010) Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht I (1987), II (1993) Assmann/Schneider, Kommentar zum WpHG5 (2009) Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts3 (2007) Boos/Fischer/Schulte-Matler, Kommentar zum KWG3 (2008) Brandl/Saria, Aufklärungspflichten, Organisationspflichten, Prospekthaftung, in Brandl/Kalss/Lucius/Saria Handbuch Kapitalmarktrecht I (2005) Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem FMAG (2002) Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts (1996) Canaris, Bankvertragsrecht2 (1981) Claussen, Bank- und Börserecht4 (2008) Dellinger, Kommentar zum BWG (Loseblattwerk ab 2007) Diwok/Göth, Bankwesengesetz I (2005) Ehricke/Ekkenga/Oechsler, Kommentar zum WpÜG (2003) Elster, Europäisches Kapitalmarktrecht des Sekundärmarkts (2002) Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl, BWG2 (1999) Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, Kommentar zum Wertpapieraufsichtsgesetz (1998) Fuchs, Kommentar zum WpHG (2009) Gerke/Steiner, Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens2 (1999) Griller, Banken im Binnenmarkt (1992) Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, Recht des Primärmarktes (1999) Hirte/Möllers, Kölner Kommentar zum WpHG (2007) Holoubek/Potacs, Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts2 (2007) Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken (1975) Hopt/Rudolf/Baum, Börsenreform – Eine ökonomische rechtsvergleichende und rechtspolitische Untersuchung (1997) Hopt/Voigt, Prospekthaftung und Kapitalmarktinformationshaftung (2005) XVII
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Kalss, Anlegerinteressen, Anleger im Handlungsdreieck von Vertrag, Verband und Markt (2001) Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht (2005) Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 (1997), II2 (1984) Koziol/P. Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB2 (2007) Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 (2006), II13 (2007) Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3 (2004) Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, Kommentar zum BWG (Loseblattwerk ab 2008) Mayrhofer/Ehrenzweig, Das Recht der Schuldverhältnisse – Allgemeine Lehren (1986) Moloney, EC Securities Regulation (2002) Roth, Grundriss des österreichischen Wertpapierrechts2 (1999) Rummel, Kommentar zum ABGB3 (2000-2007) Schey, Die Obligationsverhältnisse des österreichischen allgemeinen Privatrechts I/3 (1907) Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch3 (2007) Schmidt/Hadding, Münchener Kommentar zum HGB V2 (2009) Schwark, Kommentar zu den Kapitalmarktgesetzen3 (2004) Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB3 (2005-2006) Weber, Kapitalmarktrecht (1999) Winternitz, Kommentar zum Wertpapieraufsichtsgesetz (1998) Winternitz/Aigner, Die Haftung des Anlageberaters für fehlerhafte Anlageberatung (2004) Winternitz/Aigner, Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (2007)
XVIII
Abkürzungsverzeichnis aA aaO AB ABGB
AktG allgM aM Anh Anm AnwBl AOG AR Art Artt AVB
anderer Ansicht am angegebenen Ort Ausschussbericht Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch vom 1. Juni 1811 abgedruckt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Serie L und C ablehnend Absatz abweichend am Ende alte Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz allgemeine Meinung anderer Meinung Anhang Anmerkung(-en) Österreichisches Anwaltsblatt Aktienoptionengesetz BGBl I 2001/42 Aufsichtsrat Artikel Artikel (Plural) Allgemeine Versicherungsbedingungen
BB Bd BE Begr Beil Bek bes BetFG
Betriebs-Berater Band Begründungserwägung Begründung Beilage Bekanntmachung besondere, besonders Beteiligungsfondsgesetz
abgedr ABl abl Abs abw aE aF AG
XIX
Abkürzungsverzeichnis
betr BG BGB BGBl BGH BGHZ Bilanz-RL BKR BlgNR
BMVG BörseG BPG Bsp BVB B-VG BWG bzgl bzw
betreffend(-d) Bundesgesetz (deutsches) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshof in Zivilsachen Vierte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 78/990/EWG Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrats Bundesminister für Finanzen; Bundesminister(-ium) für Finanzen Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz Börsegesetz Betriebspensionsgesetz Beispiel Besondere Versicherungsbedingungen Bundes-Verfassungsgesetz Bankwesengesetz bezüglich beziehungsweise
CESR CGK cic CLN
Committee of European Securities Regulators Corporate Governance Kodex Culpa in contrahendo Credit Linked Note
D dAktG DB dens DepG ders dh dies Diss DJT Dok dt dUmwG
Deutschland deutsches Aktiengesetz Der Betrieb denselben Depotgesetz derselbe das heißt dieselbe(-n) Dissertation Deutscher Juristentag Dokument deutsch(-r, -s, -n, -m) deutsches Umwandlungsgesetz
EB EBOR
Erläuternde Bemerkungen European Business Organization Law Review
BMF
XX
Abkürzungsverzeichnis
ecolex ECV EDV EG EGV Einf Einl Entspr Entw EO Erg Erl ESC EStG etc ETF EU EU-GesRÄG EuGH EuGHE EuZW EvBl EVÜ EWGV EwiR EWR EWS f, ff FBG FernFinG FMA FMABG FMA-MSPKINFO
Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht Emittenten-Compliance-Verordnung Elektronische Datenverarbeitung Europäische Gemeinschaften; Einführungsgesetz Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung Einleitung entsprechen(-d); entspricht Entwurf Exekutionsordnung Ergänzung Erlass; Erläuterung(-en) European Securities Committee Einkommensteuergesetz et cetera Exchange Traded Funds Europäische Union EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 1996 Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Amtliche Sammlung der Rechtsprechung des EuGH Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Evidenzblatt der Rechtsmittelentscheidungen Europäisches Vertragsstatutenübereinkommen Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgende; fortfolgende Firmenbuchgesetz Fern-Finanzdienstleistungsgesetz Finanzmarktaufsicht Finanzmarktaufsichtsbehördegesetz
FN FS
FMA-Mindesstandards für die Information der Pensionskassen an Anwartschafts- und Leistungsberechtigte Fußnote Festschrift
GA gem GeS
Gutachten gemäß Zeitschrift für Gesellschafts- und Steuerrecht XXI
Abkürzungsverzeichnis
GesbR GesR GesRÄG GesRZ GewO ggf GmbH GmbHG GP GroßKomm GS
Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschaftsrecht Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz Der Gesellschafter Gewerbeordnung gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gesetzgebungsperiode Großkommentar zu Aktiengesetz Gedächtnisschrift
hA HGB hL hM Hrsg hrsg HS HS HV HypBG
herrschende Ansicht Handelsgesetzbuch herrschende Lehr herrschende Meinung Herausgeber herausgegeben Handelsrechtliche Entscheidungen Halbsatz Hauptversammlung Hypothekenbankgesetz
IAS idF idR ie iE ieS IFRS IKS Immo-InvFG insbes int InvFG IPR Iprax IPRG IRÄG iRd iSd ISD
International Accounting Standards in der Fassung in der Regel im Einzelnen im Ergebnis im engeren Sinn International Financial Reporting Standards Internes Kontrollsystem Immobilien-Investmentfondsgesetz insbesondere international(-e) Investmentfondsgesetz Internationales Privatrecht Praxis des international Privat- und Verfahrensrechts Internationales Privatrechtsgesetz Insolvenzrechtsänderungsgesetz im Rahmen des (der) im Sinne des (der) Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22/EWG
XXII
Abkürzungsverzeichnis
IStR iSv iVm IWP iwS iZm iZw
Internationales Steuerrecht im Sinne von in Verbindung mit Institut österreichischer Wirtschaftsprüfer im weiteren Sinne im Zusammenhang mit im Zweifel
JA JBl JN JuS
Justizausschuss Juristische Blätter Jurisdiktionsnorm Juristische Schulung- Zeitschrift für Studium und Ausbildung (deutsche) Juristenzeitung
JZ KAG KAGG Kap Kapital-RL KEG KG KMG KMU KO KölnKomm KOM Komm Konzernabschluss-RL
Kapitalanlagegesellschaft (dt) Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapital Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie 77/97/EWG Kommandit-Erwerbsgesellschaft; Kraftloserklärungsgesetz Kommanditgesellschaft Kapitalmarktgesetz kleine und mittlere Unternehmen Konkursordnung Kölner Kommentar zum Aktiengesetz Dokument der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Kommentar Siebente gesellschaftsrechtliche Richtlinie 83/349/ EWG kritisch Konsumentenschutzgesetz
krit KSchG KuratorenergänzungsG KuratorenEG KuratorenG
Kuratorenergänzungsgesetz 1877 Kuratorenergänzungsgesetz 1877 Kuratorengesetz 1874
L Lfg lit Lit LS
Amtsblatt Eil L (legislatio); Legal Requirement Lieferung littera Literatur Leitsatz XXIII
Abkürzungsverzeichnis
MaklerG MarkenschutzG Marktmissbrauchs-RL maW MiFiD mN MpV MR Mrd MVVU
Maklergesetz Markenschutzgesetz
mwN
Richtlinie 2000/6/EG mit anderen Worten Märkte für Finanzinstrumente-Richtlinie 2004/39/EG mit Nachweisen Marktpraxisverordnung Zeitschrift für Medien und Recht Milliarde(-n) Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die der Finanzmarktaufsichtsbehörde vorzulegenden Meldungen mit weiteren Nachweisen mit weitern Nachweisen
Nachtr Nachw nF NJW Nr NZ NZG
Nachtrag Nachweis neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Nummer Notariatszeitung Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
o Ö ö ÖBA OECD
oben Österreich österreichisch Österreichisches Bankarchiv Organisation for Economic Cooperation and Development OEK Offene Erwerbsgesellschaft OeKB Österreichische Kontrollbank OGA Organismus für gemeinsame Anlagen OGAW Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren OGAW-RL Richtlinien 85/611/EWG OGAW-RL II Richtlinie 2001/108/EG OGAW-RL III Richtlinie 2001/107/EG OGH Oberster Gerichtshof OGH offene Handelsgesellschaft ÖJT Österreichische Juristentag ÖJZ Österreichische Juristenzeitung OLG Oberlandesgericht ÖstZ Österreichische Steuerzeitung XXIV
Abkürzungsverzeichnis
ÖstZB ÖVFA ÖZW
Beilage zur österreichischen Steuerzeitung Österreichische Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management Österreichische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
P pdf PfBrG PKG Prüferbefähigungs-RL PSG Publizitäts-RL
Punkt portable document format Pfandbriefgesetz Pensionskassengesetz
R RabelsZ
Recommendation Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht rund Recht der Wirtschaft Richtlinie Rechnungslegungsgesetz Randnummer(-n) Rechtssache Rechtsprechung Regierungsvorlage Recht Wirtschaft Steuern (Verlag) Österreichische Zeitschrift für Rechnungswesen Österreichische Richterzeitung Randzahl
rd rdW RL RLG Rn Rs Rspr RV RWS RWZ RZ Rz S S So Su SCC SE SEG SE-RL SE-VO SH Slg sog
Achte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 84/349/EWG Privatstiftungsgesetz Erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie 68/151/EWG
Satz; Seite siehe siehe oben siehe unten Standard Compliance Code Societas Europaea; Europäische Aktiengesellschaft Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea-SE), SE-Gesetz Richtlinie 2001/86/EG Vorordnung (EG) 2001/2157 Sonderheft Sammlung so genannt XXV
Abkürzungsverzeichnis
Sp SpaltG Spaltungs-RL st StGB StPO str stRspr SWI SWK SZ SZW-RSDA
Spalte Spaltengesetz Sechste Richtlinie 82/891/EWG ständig Strafgesetzbuch Strafprozessordnung streitig, strittig ständige Rechtsprechung Steuer & Wirtschaft International Steuer- und Wirtschaftskartei Entscheidung des OGH in Zivilsachen Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht/Revue suisse de droit des affaires
teilw TKG Tz
teilweise Telekommunikationsgesetz 2003 Textziffer
u unten, und, unter ua und andere; unter anderem Übernahme-RL Dreizehnte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 2004/25/ EG ÜbG Übernahmegesetz ÜbK Übernahmekommission ÜbV Übernahmeverordnung UCIT-RL I Richtlinie 85/611/EWG UCIT-RL II Richtlinie 2001/108/EG UCIT-RL III Richtlinie 2001/107/EG uE unseres Erachtens UmgrStG Umgründungssteuergesetz UmwG Umwandlungsgesetz unstr unstreitig, unstrittig URG Unternehmensreorganisationsgesetz uspr ursprünglich Urt Urteil US_GAAP United States Generally Accepted Accounting Principles usw und so weiter uU unter Umständen UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v von; vom VAG Gesetz über die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen XXVI
Abkürzungsverzeichnis
Verf VeröffentlichungsV 2002 Verschmelzungs-RL VersR
Verfasser Veröffentlichungsverordnung 2002
Dritte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 78/855 EWG Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht VersVG Versicherungsvertragsgesetz VerzVVU 2002 Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde über die Führung von Verzeichnissen für die zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen herangezogenen Vermögenswerte durch Unternehmen der Vertragsversicherung VfGH Verfassungsgerichtshof vgl vergleiche VKI Verein für Konsumenteninformation VMV Veröffentlichungs- und Meldeverordnung VO Verordnung Vorb Vorbemerkung(-en) VR Versicherungsrundschau VStG Verwaltungsstrafgesetz VVMGL Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Inhalt und Gliederung der Versicherungsmathematischen Grundlagen (VVMGL) VwGH Verwaltungsgerichtshof WAG wbl WiPolBl WiR WM WPDLU WPg WpHG WPMSVO WPMVO WpÜG WTBG WU WuP
Wertpapieraufsichtsgesetz Wirtschaftsrechtliche Blätter Wirtschaftspolitische Blätter Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht Wertpapiermitteilungen Wertpapier-Dienstleistungsunternehmen Die Wirtschaftsprüfung (dt) Gesetz über den Wertpapierhandel (dt) Wertpapier-Meldesystemverordnung (dt) Wertpapier-Meldeverordnung (dt) Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Wirtschaftstreuhänderberufungsgesetz Wirtschaftsuniversität Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht
z Z
zu, zum Ziffer XXVII
Abkürzungsverzeichnis
ZAS zB ZBB ZER ZESAR ZEuP ZfRV ZfV ZGR ZHR Ziff ZIK ZIP zit ZPO ZRP zT zust zutr ZVersWiss Zweignieder lassungs-RL zZt
XXVIII
Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Europarecht Zeitschrift für Europäisches Sozial- und Arbeitsrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für Verwaltung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer(-n) Zeitschrift für Insolvenzrecht und Kreditschutz Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil zustimmend zutreffend Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Elfte Richtlinie 89/666/EWG zur Zeit
Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007) vom 31. 7. 2007
Inhaltsverzeichnis 1. Hauptstück 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen § § § § § § § § § § §
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Begriffsbestimmungen Ausnahmen Wertpapierfirmen Wertpapierdienstleistungsunternehmen Rücknahme und Erlöschen der Konzession Anwendung des BWG Verschwiegenheitspflicht Firmenbuch Eigenkapital Geschäftsleiter Aktionäre oder sonstige Gesellschafter mit qualifizierten Beteiligungen § 11 a. Verfahren für die Beurteilung § 11 b. Kriterien für die Beurteilung 2. Abschnitt: Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit § 12. Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
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Inhaltsverzeichnis
§ 13. Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten § 14. Aufsicht im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit 2. Hauptstück: Organisatorische Anforderungen 1. Abschnitt: Organisation § § § § § § § § § §
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.
Rechtsträger Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen Allgemeine organisatorische Anforderungen Einhaltung der Vorschriften („Compliance“) Risikomanagement Interne Revision Zuständigkeiten der Geschäftsleitung Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen Persönliches Geschäft Arten der persönlichen Geschäfte 2. Abschnitt: Auslagerung und Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 25. Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben an Dienstleister § 26. Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland § 27. Erbringung von Dienstleistungen über einen anderen Rechtsträger § 28. Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern 3. Abschnitt: Schutz des Kundenvermögens § § § § §
29. 30. 31. 32. 33.
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten Hinterlegung von Kundengeldern Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden Berichte von Abschlussprüfern 4. Abschnitt: Interessenkonflikte
§ § § §
34. 35. 36. 37.
Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten Finanzanalysen Zusätzliche organisatorische Anforderungen für die Erstellung von Finanzanalysen
5. Abschnitt: Verpflichtung zum Handeln im besten Interesse des Kunden § 38. Allgemeine Pflichten § 39. Gewährung und Annahme von Vorteilen
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Inhaltsverzeichnis
Vor § 1 6. Abschnitt: Information für Kunden
§ 40. Angemessene Informationen § 41. Bedingungen für redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen § 42. Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen 7. Abschnitt: Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen § § § §
43. 44. 45. 46.
Allgemeine Bestimmungen Eignung von Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen Angemessenheit von sonstigen Wertpapierdienstleistungen Geschäfte, die nur in der Ausführung oder Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen bestehen § 47. Dokumentation der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien 8. Abschnitt: Berichtspflichten gegenüber den Kunden § 48. Berichtspflicht § 49. Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen außerhalb der Portfolioverwaltung § 50. Berichtspflichten bei der Portfolioverwaltung § 51. Berichtspflichten für Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten 9. Abschnitt: Bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen § 52. Bestmögliche Durchführung § 53. Organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik § 54. Besondere Vorschriften für Privatkunden 10. Abschnitt: Bearbeitung von Kundenaufträgen § 55. Allgemeine Bestimmungen § 56. Zusammenlegung und Zuordnung von Aufträgen § 57. Zusammenlegung und Zuordnung von Geschäften für eigene Rechnung 11. Abschnitt: Professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien § 58. Professionelle Kunden § 60. Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien § 61. Information über die Kundeneinstufung
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Vor § 1
Inhaltsverzeichnis 12. Abschnitt: Unerbetene Nachrichten und Haustürgeschäfte
§ 62. Unerbetene Nachrichten § 63. Haustürgeschäfte 3. Hauptstück 1. Abschnitt: Melde- und Veröffentlichungspflichten § 64. Meldepflichten § 65. Veröffentlichungen nach dem Handel § 66. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten 2. Abschnitt: Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF) § 67. Handel und Abschluss von Geschäften über MTF § 68. Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für MTF 3. Abschnitt: Systematische Internalisierer § § § §
69. 70. 71. 72.
Vorhandels-Transparenzvorschriften Ausführung von Kundenaufträgen Allgemeine Geschäftsbedingungen Aufsicht 4. Hauptstück 1. Abschnitt
§ 73. und § 74. Rechnungslegung und Jahresabschlussprüfung § 75. bis § 78. Anlegerentschädigung § 79. bis § 89. Geschäftsaufsicht und Insolvenzbestimmungen 2. Abschnitt: Kosten und Verfahrensvorschriften § 90. Kosten § 91. und § 92. Verfahrensvorschriften § 93. Berichtspflicht von Abschlussprüfern 3. Abschnitt § 94. bis § 96. Strafbestimmungen 4. Abschnitt: Behördliche Zusammenarbeit § 97. Kontaktstelle und Informationsaustausch § 98. Zusammenarbeit bei der Überwachung, Überprüfung vor Ort und bei Ermittlungen § 99. Ablehnung der Zusammenarbeit und Behördenkonsultation
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Inhaltsverzeichnis § 100. Befugnisse der Aufnahmemitgliedstaaten § 101. Von den Aufnahmemitgliedstaaten zu treffende Sicherungsmaßnahmen 5. Hauptstück: Übergangs- und Schlussbestimmungen § 102. und § 103. Übergangsbestimmungen § 104. Verweise und Verordnungen § 105. Sprachliche Gleichbehandlung § 106. Außer-Kraft-Treten § 107. Vollziehung § 108. In-Kraft-Treten Anlage 1 zu § 25 Anlage 1 zu § 40 Anlage 2 zu § 40 Anlage 3 zu § 40 Anlage 4 zu § 40 Anlage 1 zu § 49 Anlage 1 zu § 50
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1. Hauptstück
1. Abschnitt Allgemeine Bestimmungen
Begriffsbestimmungen § 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen: 1. Wertpapierfirma: eine Wertpapierfirma gemäß § 3 sowie natürliche und juristische Personen, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten als Wertpapierfirma im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassen sind. 2. Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten: a) Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben; b) Ausführung von Aufträgen für Rechnung von Kunden: die Tätigkeit zum Abschluss von Vereinbarungen, Finanzinstrumente auf Rechnung von Kunden zu kaufen oder verkaufen; hinsichtlich der Abschnitte 5 bis 11 des 2. Hauptstücks erfasst dies sowohl die Ausführung von Aufträgen gemäß § 1 Abs. 1 Z 7 Bankwesengesetz – BWG, BGBl. Nr. 532/1993, als auch die Dienstleistungen nach lit. a; c) Handel für eigene Rechnung: Handel unter Einsatz des eigenen Kapitals zum Abschluss von Geschäften mit Finanz7
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d)
e)
f) g) h)
instrumenten, sofern der Handel nicht für das Privatvermögen erfolgt; Portfolioverwaltung: die Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen einer Vollmacht des Kunden, sofern das Kundenportfolio ein oder mehrere Finanzinstrumente enthält; Anlageberatung: die Abgabe persönlicher Empfehlungen gemäß Z 27 über Geschäfte mit Finanzinstrumenten an einen Kunden, sei es auf dessen Aufforderung oder auf Initiative des Erbringers der Dienstleistung; Übernahme der Emission von Finanzinstrumenten oder Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung; Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung; Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF).
Werden diese Tätigkeiten für Dritte erbracht, so sind es Dienstleistungen, ansonsten Anlagetätigkeiten. 3. Wertpapiernebendienstleistungen: a) Die Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung von Kunden, einschließlich der Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder Sicherheitenverwaltung; b) Die Gewährung von Krediten oder Darlehen an Anleger für die Durchführung von Geschäften mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten, sofern das kredit- oder darlehensgewährende Unternehmen an diesen Geschäften beteiligt ist; c) Die Beratung von Unternehmen hinsichtlich der Kapitalstrukturierung, der branchenspezifischen Strategie und damit zusammenhängender Fragen sowie Beratung und Dienstleistungen bei Unternehmensfusionen und -übernahmen; d) Devisengeschäfte, wenn diese im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen stehen; e) Die Erstellung, Verbreitung oder Weitergabe von Wertpapier- oder Finanzanalysen oder sonstiger Formen allgemeiner Empfehlungen, die Geschäfte mit Finanzinstrumenten betreffen; f) Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Übernahme von Emissionen für Dritte; g) Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gemäß Z 2 sowie Wertpapiernebendienstleistungen gemäß lit. a bis f 8
Begriffsbestimmungen
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betreffend Waren, Klimavariable, Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Inflationsstatistiken und andere offizielle Wirtschaftsstatistiken, sofern diese als Basiswerte der in Z 6 lit. e bis g und j genannten Derivate verwendet werden und sie mit der Erbringung der Wertpapierdienstleistung, Anlagetätigkeit oder der Wertpapiernebendienstleistung in Zusammenhang stehen. 4. Übertragbare Wertpapiere: die Gattungen von Wertpapieren, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, wie insbesondere a) Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Aktienzertifikate; b) Schuldverschreibungen oder andere verbriefte Schuldtitel, einschließlich Zertifikaten (Hinterlegungsscheinen) für solche Wertpapiere; c) alle sonstigen Wertpapiere, die zum Kauf oder Verkauf solcher Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die anhand von übertragbaren Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder -erträgen, Waren oder anderen Indizes oder Messgrößen bestimmt wird. 5. Geldmarktinstrumente: die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelten Gattungen von Instrumenten, wie Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate und Commercial Papers, mit Ausnahme von Zahlungsmitteln. 6. Finanzinstrumente: a) Übertragbare Wertpapiere gemäß Z 4; b) Geldmarktinstrumente gemäß Z 5; c) Anteile an in- oder ausländischen Kapitalanlagefonds, inoder ausländischen Immobilienfonds oder ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen; d) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Wertpapiere, Währungen, Zinssätze oder -erträge, oder andere DerivatInstrumente, finanzielle Indizes oder Messgrößen, die effektiv geliefert oder bar abgerechnet werden können; e) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren, die bar abgerechnet werden müssen oder auf Wunsch einer der Par9
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teien bar abgerechnet werden können und diese Barabrechnung nicht wegen eines vertraglich festgelegten Beendigungsgrunds erfolgt; f) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren, die effektiv geliefert werden können, wenn diese Instrumente an einem geregelten Markt oder über ein MTF gehandelt werden; g) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, Termingeschäfte (Forwards) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren gemäß Art. 38 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 der Kommission; h) derivative Instrumente für den Transfer von Kreditrisiken; i) finanzielle Differenzgeschäfte; j) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Klimavariablen, Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Inflationsraten oder andere offizielle Wirtschaftsstatistiken, die bar abgerechnet werden müssen, oder auf Wunsch einer der Parteien bar abgerechnet werden können und diese Barabrechnung nicht wegen eines vertraglich festgelegten Beendigungsgrunds erfolgt, sowie alle anderen Derivatkontrakte gemäß Art. 39 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006. 7. nicht komplexe Finanzinstrumente: a) Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt oder an einer anerkannten Börse eines Drittlandes zugelassen sind, Geldmarktinstrumente, Schuldverschreibungen oder sonstige verbriefte Schuldtitel – ausgenommen Schuldverschreibungen oder verbriefte Schuldtitel, in die ein Derivat eingebettet ist –, Anteile eines der Richtlinie 85/611/EWG unterliegenden Organismus für gemeinsame Anlagen; b) ein anderes als in lit. a genanntes Finanzinstrument, das folgende Kriterien erfüllt: aa) Es fällt nicht unter Z 4 lit. c oder Z 6 lit. d bis j; bb) es bestehen häufig Möglichkeiten zur Veräußerung, zum Rückkauf oder zur sonstigen Realisierung des Instruments zu Preisen, die für die Marktbeteiligten öffentlich verfügbar sind und bei denen es sich entweder um Marktpreise oder um Preise handelt, die durch emittentenunabhängige Bewertungssysteme ermittelt oder bestätigt wurden; 10
Begriffsbestimmungen
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cc) es beinhaltet keine bestehende oder potenzielle Verpflichtung für den Kunden, die über die Anschaffungskosten des Instruments hinausgeht und dd) es sind in angemessenem Umfang Informationen über die Merkmale des Finanzinstruments öffentlich verfügbar, die so gut verständlich sein müssen, dass der durchschnittliche Privatkunde in die Lage versetzt wird, hinsichtlich eines Geschäfts mit dem Instrument eine informierte Entscheidung zu treffen. 8. Geregelter Markt: ein geregelter Markt gemäß § 1 Abs. 2 Börsegesetz 1989 – BörseG, BGBl. Nr. 555/1989. 9. Multilaterales Handelssystem (MTF): ein von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber betriebenes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems nach nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag gemäß den Bestimmungen des Titels II der Richtlinie 2004/39/EG führt, das jedoch kein geregelter Markt ist. 10. Systematischer Internalisierer: ein Kreditinstitut oder eine über eine Zweigstelle im Inland tätige Wertpapierfirma gemäß § 12, die gemäß Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 in organisierter und systematischer Weise häufig und regelmäßig für eigene Rechnung zur Ausführung von Kundenaufträgen außerhalb von geregelten Märkten und MTF mit Finanzinstrumenten handeln. 11. Market Maker: wer auf den Finanzmärkten kontinuierlich Angebote zum An- und Verkauf von Finanzinstrumenten stellt und mit diesen Instrumenten Handel für eigene Rechnung und unter Einsatz eigenen Kapitals zu den gestellten An- und Verkaufskursen betreibt. 12. Kunde: jede natürliche oder juristische Person, für die ein Rechtsträger Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringt und jede natürliche oder juristische Person gegenüber der den Rechtsträger vorvertragliche Pflichten treffen. 13. Professioneller Kunde: ein Kunde im Sinne von § 58 Abs. 1. 14. Privatkunde: ein Kunde, der kein professioneller Kunde ist. 15. Limitauftrag: ein Kauf- oder Verkaufsauftrag für ein Finanzinstrument zu einem festgelegten Kurslimit oder besser und in einem festgelegten Umfang. 16. Herkunftsmitgliedstaat einer Wertpapierfirma: der Herkunftsmitgliedstaat gemäß § 2 Z 6 lit. b BWG. 17. Herkunftsmitgliedstaat eines geregelten Marktes: der Mitgliedstaat, in dem der geregelte Markt zugelassen ist oder, sofern er 11
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gemäß dem Recht dieses Mitgliedstaates keinen Sitz hat, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des geregelten Marktes befindet. 18. Aufnahmemitgliedstaat: der Mitgliedstaat, der nicht der Herkunftsmitgliedstaat ist und in dem eine Wertpapierfirma eine Zweigstelle hat oder Dienstleistungen erbringt oder Tätigkeiten ausübt, oder ein Mitgliedstaat, in dem ein geregelter Markt Vorkehrungen bietet, die den in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Fernmitgliedern oder -teilnehmern den Zugang zum Handel über sein System ermöglichen. 19. Zuständige Behörde: die Behörde eines Mitgliedstaates, die von diesem als zuständige Behörde gemäß Art. 48 der Richtlinie 2004/39/EG benannt wurde. 20. Vertraglich gebundener Vermittler: jede natürliche oder juristische Person, die als Erfüllungsgehilfe oder sonst unter vollständiger und unbedingter Haftung einer einzigen Wertpapierfirma oder eines einzigen Kreditinstituts Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringt, Aufträge von Kunden über Wertpapierdienstleistungen oder Finanzinstrumente annimmt und übermittelt, Finanzinstrumente platziert oder die Dienstleistung der Anlageberatung erbringt; ein vertraglich gebundener Vermittler ist keine Wertpapierfirma. 21. Zweigstelle: eine Zweigstelle einer Wertpapierfirma gemäß § 2 Z 16 BWG, die Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten erbringt oder ausübt, wobei Nebendienstleistungen zusätzlich, jedoch nicht ausschließlich ausgeübt werden können; alle Geschäftsstellen einer Wertpapierfirma in demselben Mitgliedstaat, deren Sitz oder Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat liegen, gelten als eine einzige Zweigstelle. 22. Qualifizierte Beteiligung: eine qualifizierte Beteiligung im Sinne des § 2 Z 3 BWG; bei der Feststellung der Stimmrechte ist § 91 Abs. 1 a bis Abs. 2 a in Verbindung mit §§ 92 und 92 a Abs. 2 und 3 Börsegesetz 1989 anzuwenden, wobei im Falle der §§ 11 bis 11 b dieses Bundesgesetzes Stimmrechte oder Kapitalanteile, die Wertpapierfirmen oder Kreditinstitute infolge einer Übernahme der Emission von Finanzinstrumenten oder Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung im Sinne der Z 2 lit. f halten, nicht zu berücksichtigen sind, vorausgesetzt, diese Rechte werden nicht ausgeübt oder anderweitig benutzt, um in die Geschäftsführung des Emittenten einzugreifen, und werden innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Erwerbs veräußert. 12
Begriffsbestimmungen
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23. Mutterunternehmen: ein Mutterunternehmen im Sinne von § 2 Z 11 BWG. 24. Tochterunternehmen: ein Tochterunternehmen im Sinne von § 2 Z 12 BWG. 25. Enge Verbindungen: enge Verbindungen im Sinne des § 2 Z 28 lit. a und b BWG, wobei das Verhältnis im Fall des § 2 Z 28 lit. b BWG auch durch Kontrolle im Sinne von Z 26 hergestellt werden kann; eine Situation, in der zwei oder mehrere natürliche oder juristische Personen mit ein und derselben Person durch ein Kontrollverhältnis dauerhaft verbunden sind, gilt ebenfalls als enge Verbindung zwischen diesen Personen. 26. Kontrolle: ein Verhältnis zwischen einem Mutterunternehmen und einem Tochterunternehmen im Sinne von § 244 Abs. 1 und 2 UGB oder ein ähnliches Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen. 27. persönliche Empfehlung: eine Empfehlung, die nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle gemäß § 48 f Abs. 1 Z 7 BörseG oder für die Öffentlichkeit abgegeben wird und die a) an einen Anleger oder potenziellen Anleger oder an einen Beauftragten eines Anlegers oder potenziellen Anlegers gerichtet ist und b) als für die in lit. a genannten Personen geeignet dargestellt wird oder auf eine Prüfung der Verhältnisse der betreffenden Person gestützt ist und auf eine der folgenden Handlungen abzielt: aa) Kauf, Verkauf, Zeichnung, Tausch, Rückkauf, Halten oder Übernahme eines bestimmten Finanzinstruments; bb) Ausübung oder Nichtausübung eines mit einem bestimmten Finanzinstrument einhergehenden Rechts betreffend Kauf, Verkauf, Zeichnung, Tausch oder Rückkauf eines Finanzinstruments. 28. dauerhafter Datenträger: jedes Medium, das es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht. 29. relevante Person: a) Ein Gesellschafter oder ein Mitglied der Geschäftsleitung oder ein vertraglich gebundener Vermittler der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts; 13
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b) ein Gesellschafter oder ein Mitglied der Geschäftsleitung eines vertraglich gebundenen Vermittlers der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts; c) ein Angestellter der Wertpapierfirma, des Kreditinstituts oder eines vertraglich gebundenen Vermittlers sowie jede andere natürliche Person, deren Dienste der Firma, dem Institut oder einem vertraglich gebundenen Vermittler der Firma oder des Instituts zur Verfügung gestellt und von dieser oder diesem kontrolliert werden und die an den von der Firma oder dem Institut erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten beteiligt ist; d) eine natürliche Person, die im Rahmen einer Auslagerung unmittelbar an der Erbringung von Dienstleistungen für die Wertpapierfirma, das Kreditinstitut oder deren vertraglich gebundenen Vermittler beteiligt ist, welche der Wertpapierfirma oder dem Kreditinstitut die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ermöglichen. 30. Finanzanalyst: eine Person, die den wesentlichen Teil einer Finanzanalyse erstellt. 31. Auslagerung: eine Vereinbarung zwischen einer Wertpapierfirma oder einem Kreditinstitut und einem anderen Dienstleister, in deren Rahmen der Dienstleister anstatt der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts ein Verfahren abwickelt, eine Dienstleistung erbringt oder eine Tätigkeit ausführt. 32. Gruppe: die Gruppe, der eine Wertpapierfirma oder ein Kreditinstitut angehört, bestehend aus a) einem Mutterunternehmen, dessen Tochterunternehmen und den Unternehmen, an denen das Mutterunternehmen oder seine Tochterunternehmen eine Beteiligung halten, sowie b) mehrere Unternehmen, die untereinander nicht in einer Beziehung als Mutterunternehmen oder Tochterunternehmen stehen und aa) die aufgrund eines untereinander geschlossenen Vertrags oder einer Satzungsbestimmung dieser Unternehmen einer einheitlichen Leitung unterstehen oder bb) deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan sich mehrheitlich aus denselben Personen zusammensetzen, die während des Geschäftsjahres und bis zur Aufstellung des konsolidierten Jahresabschlusses im Amt sind. 33. Geschäftsleitung: eine oder mehrere Personen, die die Geschäfte einer Wertpapierfirma, eines Kreditinstituts oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens tatsächlich leiten. 14
Begriffsbestimmungen
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Im Übrigen gelten, soweit in diesem Bundesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, die Begriffsbestimmungen des BWG, des Börsegesetzes und der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006. IdF BGBl I 2009/22. Schrifttum: Bergmann/Habsburg-Lothringen, Zu den Anteilen an Kapitalanlage- und Immobilienfonds „ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen“ (§ 1 Z 6 lit c WAG 2007), ZFR 2010, 17; Bergmann/Habsburg-Lothringen, Nochmals: Zu den Anteilen an Kapitalanlage- und Immobilienfonds „ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen“ (§ 1 Z 6 lit c WAG 2007), ZFR 2010, 68; CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665; Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Anlageprodukte für Kleinanleger, KOM (2009) 204 endgültig; FMA, Rundschreiben betreffend die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen bei Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007) (an alle Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Versicherungsunternehmen im Hinblick auf § 3 Abs. 3 VAG) vom 31. Oktober 2007; FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Tätigkeit von Versicherungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler gemäß § 28 WAG 2007 vom 27. Juni 2008; Granzow, Die Aufsicht über den Handel mit Energiederivaten nach dem Gesetz über das Kreditwesen (2007); Hartmann, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Handel mit Emissionszertifikaten, Kyoto-Einheiten und Derivaten in Bezug auf diese Produkte, ZFR 2008, 129, 212; Kalss, Das Aktien vertretende Zertifikat, ÖBA 2009, 339 ff; Kreisl, Zu den Anteilen an Kapitalanlage- und Immobilienfonds „ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen“ (§ 1 Z 6 lit c WAG 2007), ZFR 2010, 22; Rinker, Wetterderivate (2008). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 1): „Zu § 1: Zu Z 1 bis 3: Hiermit werden die Begriffsbestimmungen gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 1 bis 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Unter Z 2 lit. c fällt auch der Handel mit Kunden, sofern dieser für eigene Rechnung erfolgt. Zu Z 4 bis 5: Diese Bestimmungen setzen Art. 4 Abs. 1 Z 18 und 19 der Richtlinie 2004/39/ EG um. Zu Z 6: Hiermit wird Art. 4 Abs. 1 Z 17 in Verbindung mit Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu den in lit. j genannten zusätzlichen Derivatekontrakte fallen vorbehaltlich der übrigen in Art. 39 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Anforderungen jene Derivatekontrakte, die auf den folgenden Basiswerten aufbauen: a) Telekommunikations-Bandbreite; b) Lagerkapazität für Waren;
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c) Übertragungs- oder Transportkapazität in Bezug auf Waren, sei es nun über Kabel, Rohrleitung oder auf sonstigem Wege; d) eine Erlaubnis, ein Kredit, eine Zulassung, ein Recht oder ein ähnlicher Vermögenswert, der bzw. die direkt mit der Lieferung, der Verteilung oder dem Verbrauch von Energie in Verbindung stehen, die aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wird; e) eine geologische, eine umweltbedingte oder eine sonstige physikalische Variable; f) ein sonstiger Vermögenswert oder ein sonstiges Recht fungibler Natur, bei dem es sich nicht um ein Recht auf Dienstleistung handelt, der bzw. das übertragbar ist; g) ein Index oder ein Maßstab, der mit dem Preis, dem Wert oder dem Volumen von Geschäften mit einem Vermögenswert, einem Recht, einer Dienstleistung oder einer Verpflichtung in Verbindung steht. Zu Z 7: Lit. a setzt Art. 19 Abs. 6 erster Gedankenstrich der Richtlinie 2004/39/EG um. In lit. b wird Art. 38 der Richtlinie 2006/73/EG umgesetzt. Damit soll eine einheitliche Definition der nicht komplexen Finanzinstrumente geschaffen werden. Zu Z 12: Z 12 setzt Art. 4 Abs. 1 Z 10 der Richtlinie 2004/39/EG um. Es erfolgte eine Integration jener Personen in die Definition, gegenüber denen den Rechtsträger vorvertragliche Pflichten treffen. Dies ist erforderlich, da in der Umsetzung die von der Richtlinie verwendete Phrase ‚Kunden und potentielle Kunden‘ durch den Begriff ‚Kunden‘ ersetzt wurde, sofern sowohl jene Kunden angesprochen werden sollen, gegenüber denen der Rechtsträger eine solche Verpflichtung hat, als auch jene, gegenüber denen bereits ein Vertragsverhältnis besteht. In jenen Fällen, in denen die nicht näher umschriebene Öffentlichkeit mit dem Begriff ‚potentielle Kunden‘ erfasst werden soll, wurde der Begriff ‚die Öffentlichkeit‘ verwendet. Diese Maßnahme dient der Verbesserung der Lesbarkeit des Gesetzestextes und soll keine materielle Änderung der Pflichten im Verhältnis zu den Richtlinien bewirken. Zu Z 14: Hiermit wird Art. 4 Abs. 1 Z 12 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Der von der Richtlinie verwendete Begriff des Kleinanlegers ist keine zutreffende Bezeichnung, da darunter auch Kunden fallen, die größere Volumina veranlagen. Die Verwendung des Begriffs ‚Privatkunde‘ ist daher passender. Dies entspricht zudem auch der Regelung in Deutschland. Zu Z 20: Diese Bestimmung setzt Art. 4 Abs. 1 Z 25 der Richtlinie 2004/39/EG um. Die Rechtsfigur des vertraglich gebundenen Vermittlers soll nicht bewirken, dass dieser arbeitsrechtlich wie ein Angestellter behandelt wird. Für Versicherungsunternehmen besteht kein Bedarf, vertraglich gebundene Vermittler heranzuziehen, da diese Funktion von den Versicherungsvermittlern gemäß §§ 137 bis 138 GewO wahrgenommen wird. Zu Z 26: Entspricht Art. 4 Z 30 und 31 lit. b der Richtlinie 2004/39/EG.
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Zu Z 27: Unter dem Begriff Anleger ist der Kunde zu verstehen. Die Begrifflichkeit wurde mit dem Börsegesetz 1989 abgestimmt. Ratschläge in Bezug auf Finanzinstrumente, die in einer Zeitung, einer Zeitschrift, einem Magazin oder einer anderen an das breite Publikum gerichteten Veröffentlichung (einschließlich Internet), im Fernsehen oder im Radio erteilt werden, sollten nicht als persönliche Empfehlung im Sinne der Definition von ‚Anlageberatung‘ angesehen werden (vgl. Erwägungsgrund 79 der Richtlinie 2006/73/EG). Zu Z 28 bis 33: Diese Begriffsbestimmungen setzen die Definitionen in Art. 2 Z 1 bis 6 und 9 und die Definition der persönlichen Empfehlung in Art. 52 der Richtlinie 2006/ 73/EG um. Die übrigen Bestimmungen sind bereits in anderen Bestimmungen umgesetzt worden bzw. befinden sich teilweise bereits in der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006. So z. B. befindet sich die Definition ‚Person, zu der eine relevante Person eine familiäre Bindung hat‘ in § 23. Zu Z 28: Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen kann das Medium auch eine Website sein. § 16 enthält Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen auf einem dauerhaften Datenträger. Zu Z 29: In die Definition wurde der in der Richtlinie so genannte ‚Direktor‘ nicht aufgenommen. Sofern es sich bei einem Direktor um ein Mitglied der Geschäftsleitung handelt, wird er ohnehin von der lit. a erfasst, handelt es sich bei ihm um einen leitenden Angestellten, ist dieser bereits von lit. c erfasst. Der Gesellschafter wird gemäß englischer Fassung der Richtlinie 2006/73/EG in Art. 2 Z 3 als ‚partner‘ bezeichnet, worunter man im englischen Gesellschaftsrecht insbesondere den Gesellschafter einer Personengesellschaft versteht. Zu Z 30: Hiermit wird Art. 2 Z 4 der Richtlinie 2006/73/EG umgesetzt. Aus dem Zusammenhang mit den anderen Bestimmungen über den Finanzanalysten bzw. die Finanzanalyse (§ 37) ergibt sich, dass der in der Richtliniendefinition des Finanzanalysten verwendete Begriff der relevanten Person nicht mit der relevanten Person gemäß Art. 2 Z 3 der Richtlinie 2006/73/EG gleichzusetzen ist. Eher ist davon auszugehen, dass es sich bei Finanzanalysten um die ‚relevanten Personen‘ gemäß § 48 f Abs. 1 Z 5 BörseG handelt, d. h. um natürliche und juristische Personen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es sowohl gemäß BörseG als auch gemäß der Richtlinie selbst (vgl. § 37 Abs. 3, der auf Art. 25 Abs. 3 der Richtlinie 2006/ 73/EG beruht) unabhängige Finanzanalysten gibt, die nicht in einer Beziehung als relevante Person im Sinne von Z 29 zur Wertpapierfirma stehen. Daher war der Zusatz ‚relevante‘ in der Definition des Finanzanalysten zu streichen. Zu Z 32: Hiermit wird Art. 2 Z 5 der Richtlinie 2006/73/EG umgesetzt. Zum Zwecke der leichteren Lesbarkeit wird in lit. b der Verweis auf Unternehmen, die in der in Art. 12 Abs. 1 der Siebenten Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchstabe g des Vertrags über den konsolidierten Abschluss bezeichneten Beziehung zueinander stehen, aufgelöst bzw. die in der letztgenannten Richtlinie angeführte Definition übernommen.“
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Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 1 Z 22): „Setzt Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum Art. 4 Abs. 1 Z 27 der Richtlinie 2004/39/EG insofern ändert, als der Verweis auf den nunmehr obsoleten Art. 92 der Richtlinie 2001/34/EG durch den Verweis auf die Art. 9 und 10 und Art. 12 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2004/109/EG ersetzt wird. Weiters enthält der durch die Richtlinie 2007/44/EG neu gefasste Art. 10 Abs. 3 letzter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG eine weitere Ausnahme vom Zusammenrechnungsgebot, die nicht in der Richtlinie 2004/109/EG enthalten ist. Aus Gründen der Konsistenz wurde daher diese weitere Ausnahme auch direkt in die Definition des WAG aufgenommen.“
Übersicht I. II. A. B. C. D. E. F.
Gesetzestechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Begriffsbestimmungen des § 1 im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertpapierfirma (§ 1 Z 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten (§ 1 Z 2) . . Wertpapiernebendienstleistungen (§ 1 Z 3). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzinstrumente (§ 1 Z 4 bis 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsplätze und Marktakteure (§ 1 Z 8 bis 14) . . . . . . . . . . . . . . . Für die Inanspruchnahme von Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit relevante Begriffe (§ 1 Z 16 bis 19 sowie Z 21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Unternehmensverbindungen (§ 1 Z 22 bis 26 sowie Z 31 und 32). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Besondere Personen (§ 1 Z 20, Z 29 und 30 sowie Z 33) . . . . . . . . I. Sonstige Begriffsbestimmungen (§ 1 Z 15, Z 27 sowie Z 28) . . . III. Nicht umgesetzte europarechtliche Definitionen . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–37 2 3–7 8–10 11–16 17–22 23–25 26–28 29–34 35–37 38
I. Gesetzestechnik 1 Entgegen diesbezüglich im Gesetzgebungsverfahren angestellten Über-
legungen kommt § 1 nicht zuletzt aus europarechtlichen, wohl aber auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ein eigenständiger normativer Charakter zu. Das Verhältnis zu Begriffsdefinitionen anderer Vorschriften regelt § 1 letzter Satz als allgemeine, nicht bloß auf Z 33 bezogene Regelung selbst, indem unter bestimmten Voraussetzungen die Begriffsbestimmungen des BWG, des BörseG und der DVO für anwendbar erklärt werden. Auf Grund von § 1 letzter Satz ergibt sich folgende Reihenfolge zur Ermittlung des Inhalts eines im WAG verwendeten Begriffs: Zuerst sind die Definitionen des § 1 und die sonstigen Regelungen des WAG heranzuziehen. Soweit das WAG nicht explizit oder implizit eine abweichende Regelung trifft, sind in weiterer Folge die Begriffsdefinitionen des BWG und des BörseG einschlägig. 18
Begriffsbestimmungen
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Nicht bereits auf den ersten Blick erschließt sich dagegen die Bedeutung des in § 1 letzter Satz angeordneten Rückgriffs auf die Begriffsbestimmungen der DVO. An sich ist diese schließlich auf Grund ihrer Rechtsnatur als europarechtliche Verordnung in allen ihren Teilen verbindlich und gilt allgemein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, sodass sie allenfalls entgegenstehendem nationalen Recht jedenfalls vorgeht. Normative Bedeutung kann § 1 letzter Satz insoweit daher nur dann aufweisen, wenn der Verweis auf die DVO so verstanden wird, dass die Begriffsbestimmungen des Art 2 DVO für Zwecke des WAG auch außerhalb des eigentlichen Anwendungsbereichs der DVO relevant sein sollen. Während somit die Begriffsbestimmungen der DVO im Hinblick auf die ausdrückliche Anordnung des § 1 letzter Satz für die Auslegung des WAG relevant werden, ohne dass es noch einer weiteren Berufung auf die verschiedenen juristischen Auslegungsmethoden bedarf, ergibt sich die Heranziehbarkeit der Begriffsdefinitionen von MiFID und MiFID-DRL insb im Rahmen der Interpretation des § 1 aus dem Grundsatz der europarechtskonformen Auslegung nationalen Rechts. Die Begriffsdefinitionen sind überdies eigenständig, also grundsätzlich losgelöst von zivilrechtlichen Begriffen, unter Berücksichtigung der speziellen Regelungsziele des WAG auszulegen (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 5).
II. Die Begriffsbestimmungen des § 1 im Detail A. Wertpapierfirma (§ 1 Z 1) Durch die Begriffsbestimmung der Wertpapierfirma in § 1 Z 1 wird 2 Art 4 Abs 1 Z 1 MiFID umgesetzt (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 1 bis 3]). Dabei wird zum einen auf die Definition des § 3 verwiesen; vgl dazu § 3 insb Rz 1 f. Zum anderen werden zu den Wertpapierfirmen natürliche und juristische Personen gezählt, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten iS von Art 4 Abs 1 Z 1 MiFID zugelassen sind. Diese Alternative bezieht sich somit auf ausländische natürliche und juristische Personen, die im Wege einer Inanspruchnahme der Niederlassungs- oder der Dienstleistungsfreiheit in Österreich tätig werden und trägt dem diesbezüglichen Mitgliedstaatenwahlrecht des Art 4 Abs 1 Z 1 Unterabsatz 1 MiFID Rechnung. Der Begriff des Herkunftsmitgliedstaates wird in Z 16 definiert (vgl Rz 23), jener der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten in Z 2 (vgl sogleich Rz 3 ff). 19
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B. Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten (§ 1 Z 2) 3 Die Definition von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkei-
ten in § 1 Z 2 setzt Art 4 Abs 1 Z 2 MiFID (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 1 bis 3]), aber – entgegen dem in den Erl RV erweckten Eindruck (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 1 bis 3]) – auch andere Begriffsdefinitionen des Art 4 Abs 1 MiFID um und besteht aus einer acht Punkte umfassenden, offenkundig taxativen Liste von Tätigkeiten. Dabei wird der Unterschied zwischen dem Vorliegen von Wertpapierdienstleistungen einerseits und Anlagetätigkeiten andererseits nach § 1 Z 2 letzter Satz nicht durch die Art der Tätigkeit als solche begründet. Vielmehr ist entscheidend, ob die in Z 2 angeführten Tätigkeiten für Dritte erbracht werden. Ist dies der Fall, so liegen Wertpapierdienstleistungen vor. Andernfalls werden die Tätigkeiten als Anlagetätigkeiten qualifiziert. Nach Erwägungsgrund 82 MiFID-DRL stellen Schritte, mit denen eine Wertpapierfirma die Erbringung einer Wertpapierdienstleistung oder die Ausführung einer Anlagetätigkeit vorbereitet, einen integralen Bestandteil der betreffenden Dienstleistung oder Tätigkeit dar. Dazu zählt etwa die allgemeine Beratung von Kunden oder von potentiellen Kunden vor oder im Zuge einer Anlageberatung oder einer anderen Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit. 4 Die Beschreibung der einzelnen als Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten einzustufenden Tätigkeiten in § 1 Z 2 lit a bis h folgt der Reihenfolge der Aufzählung von Anhang I Abschnitt A MiFID. Während aber in § 1 Z 2 lit a in fast wortwörtlicher Wiedergabe von Anhang I Abschnitt A Punkt 1. MiFID die Annahme und Übermittlung von Aufträgen in Bezug auf – die in Z 6 (vgl dazu Rz 11 ff) definierten – Finanzinstrumente als Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten eingestuft werden, wobei nach Erwägungsgrund 20 MiFID die Tätigkeit der Annahme und Übermittlung von Aufträgen auch die Zusammenführung von zwei oder mehr Anlegern umfasst, durch die ein Geschäftsabschluss zwischen diesen Anlegern ermöglicht wird, weicht die von § 1 Z 2 lit b erfasste Ausführung von Aufträgen für Rechnung von Kunden von der Beschreibung des Anhang I Abschnitt A Punkt 2. MiFID sowie der Begriffsdefinition nach Art 4 Abs 1 Z 5 MiFID ab: Zum einen wird in § 1 Z 2 lit b auf eine Ausführung für Rechnung von Kunden abgestellt. In Anhang I Abschnitt A Punkt 2. MiFID und in Art 4 Abs 1 Z 5 MiFID wird dagegen an einer Ausführung von Aufträgen im Namen von Kunden angeknüpft. Zum anderen definiert § 1 Z 2 lit b die Wendung von der „Ausführung von Aufträgen für Rechnung von Kunden“ näher als Tätigkeit zum Abschluss von Vereinbarungen, Finanzinstrumente auf Rechnung von Kunden zu kaufen oder verkaufen, und gibt damit 20
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inhaltlich sowie grundsätzlich auch sprachlich die Legaldefinition des Art 4 Abs 1 Z 5 MiFID wieder. Für die Zwecke der §§ 38 bis 61 wird jedoch eine von § 1 Z 2 lit b abweichende Definition ohne entsprechende europarechtliche Vorgabe in Art 4 Abs 1 Z 5 MiFID gewählt. § 1 Z 2 lit c definiert den Handel für eigene Rechnung und folgt dabei 5 grundsätzlich der Begriffsbestimmung des Art 4 Abs 1 Z 6 MiFID. Nach den Erl RV zu § 1 (Zu Z 1 bis 3) liegt ein Handel für eigene Rechnung auch dann vor, wenn der Handel mit Kunden erfolgt, sofern dieser nur für eigene Rechnung – des Erbringers der Dienstleistung – vorgenommen wird (vgl idS auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 74). Das in § 1 Z 2 lit c angeführte und auf Art 4 Abs 1 Z 6 zurückgehende Kriterium des Handels „unter Einsatz eigenen Kapitals“ erscheint zumindest missverständlich, als die Formulierung nahelegt, dass eine Finanzierung mit Eigenkapital vorzunehmen ist. Erfasst muss aber auch fremdfinanzierter Handel werden. Diese Wendung ist somit dahingehend zu verstehen, dass eine Finanzierung des Handels nicht aus Mitteln eines Kunden erfolgen darf. Die in § 1 Z 2 lit c ebenfalls vorgesehene, aber nicht in Art 4 Abs 1 Z 6 MiFID enthaltene Einschränkung, dass der Handel nicht für das Privatvermögen erfolgen darf, ist – zumindest auf den ersten Blick – in jenen Fällen bedeutungslos, in denen – wie bei der AG oder der GmbH – der relevante Rechtsträger kein Privatvermögen aufweist. Allerdings wird in diesen Fällen die Wendung so zu verstehen sein, dass die bloße Veranlagung eigenen Gesellschaftsvermögens nicht als Handel für eigene Rechnung anzusehen ist. Das gilt umso mehr, als in § 3 Abs 2 und § 4 Abs 1 auf eine gewerbliche Erbringung abgestellt wird und die in einer Veranlagung eigenen Gesellschaftsvermögens bestehende Verwaltung eigenen Vermögens grundsätzlich keine gewerbsmäßige Tätigkeit ist (vgl idS nunmehr auch UVS Wien 20. 3. 2009, UVS-06/FM/40/1435/2008-5). Zur Auslegung der in § 1 Z 2 lit d nach dem Vorbild von Art 4 Abs 1 6 Z 9 MiFID vorgenommenen Definition der Portfolioverwaltung ist ein Rückgriff auf Art 2 Z 6 DVO dienlich. Aus dieser Begriffsbestimmung geht zumindest hervor, dass als Portfolio eine Zusammenfassung mehrerer Wertpapiere anzusehen ist. Im Hinblick auf die Begriffsbestimmung des § 1 Z 2 lit d ist der Ausdruck Wertpapiere weit als Anlageinstrumente zu verstehen, von denen zumindest eines ein Finanzinstrument nach Z 6 sein muss. Zentraler Gesichtspunkt ist, dass es sich um eine Verwaltung fremden (arg: „Kundenportfolio“), zumindest auch in Finanzinstrumenten angelegten oder erst in Finanzinstrumenten anzulegenden (so Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 102) Vermögens handelt. Die Verwaltung hat nach § 1 Z 2 lit d im Rahmen einer Vollmacht des Kunden zu erfolgen. Damit ist gemeint, dass die Verwaltung 21
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auf einer Vollmacht des Kunden zu beruhen hat. Ob die Verwaltung des Portfolios tatsächlich in den Grenzen der konkreten Vollmacht erfolgt, ist dagegen irrelevant. Das Wesen der Portfolioverwaltung besteht vielmehr im Verzicht des Kunden auf Dispositionsbefugnisse und Übertragung der Durchführung des Handels sowie der Abrechnung der Verwaltung auf den entsprechend bevollmächtigten Dienstleister (vgl Spindler/Kasten, WM 2006, 1799). Der Verwalter hat somit einen Entscheidungsspielraum (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 102). Durch das gesetzliche Abstellen auf eine Verwaltung auf Einzelkundenbasis wird eine Abgrenzung der diskretionären Portfolioverwaltung iSd § 1 Z 2 lit d zur Verwaltung kollektiver Vermögen erreicht (Macher in Macher/Buchberger/Kalss/Oppitz, InvFG Vor § 1 Rz 119 ff). Die in § 1 Z 2 lit e vorgenommene Definition der Anlageberatung gibt, wenn auch mit verändertem Wortlaut, Art 4 Abs 1 Z 4 MiFID wieder und konkretisiert im Gegensatz zu dieser Vorschrift den Begriff der persönlichen Empfehlung durch einen Verweis auf § 1 Z 27 (vgl dazu Rz 36). Klargestellt wird durch § 1 Z 2 lit e im Anschluss an Art 4 Abs 1 Z 4 MiFID, dass die Ursache für die Abgabe einer persönlichen Empfehlung sowohl in einem entsprechenden Verhalten des Kunden als auch in einer diesbezüglichen Willensbildung des Erbringers der Dienstleistung liegen kann. Allgemeine Ratschläge zu einer Art von Finanzinstrument stellen nach Erwägungsgrund 81 MiFID-DRL grundsätzlich keine Anlageberatung dar, weil als Anlageberatung nur die Beratung in Bezug auf bestimmte Finanzinstrumente anzusehen ist (vgl CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 31 ff). Unerheblich ist, ob der Empfehlung gefolgt wird (CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 12; idS auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 113). 7 Die Tätigkeitsbeschreibung einer Übernahme der Emission von Fi-
nanzinstrumenten oder einer Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung in § 1 Z 2 lit f weicht von jener des Anhang I Abschnitt A Punkt 6. MiFID nur darin ab, dass in der Definition der MiFID die beiden Tätigkeiten mit der Wendung „und/ oder“ aneinandergereiht werden. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist auch eindeutig, dass das Wort „oder“ in § 1 Z 2 lit f keine ausschließende Bedeutung hat. Eine Platzierung ist dabei ein Verkauf von Finanzinstrumenten iSd § 1 Z 6 auch nur an einen begrenzten Kreis von Personen im Rahmen einer Platzierungsabrede, also mit dem Ziel eines planmäßigen Absatzes der Finanzinstrumente. Nicht erfasst werden ein bloß gelegentlicher Verkauf sowie der Eigenhandel (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 97). Auf Grund der festen Über22
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nahmeverpflichtung wird die Emission oder Platzierung für eigenes Risiko des Wertpapierdienstleisters übernommen. Ein Halten für sich oder andere ist dementsprechend keine Platzierung (vgl idS Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 Rz 87). § 1 Z 2 lit g wiederholt Anhang I Abschnitt A Punkt 7. MiFID wörtlich. Im Unterschied zu § 1 Z 2 lit f trifft beim Platzierungsgeschäft nach § 1 Z 2 lit g den Wertpapierdienstleister auf Grund des Fehlens einer festen Übernahmeverpflichtung kein Absatzrisiko. Auch § 1 Z 2 lit h wiederholt Anhang I Abschnitt A Punkt 8. MiFID wörtlich. Hinsichtlich des in § 1 Z 2 lit h verwendeten Begriffs des multilateralen Handelssystems erfolgt eine Legaldefinition in § 1 Z 9 (vgl dazu noch Rz 18 f).
C. Wertpapiernebendienstleistungen (§ 1 Z 3) Aus den Mat (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 1 bis 3]) geht hervor, dass die 8 Aufzählung des § 1 Z 3 die Umsetzung von Art 4 Abs 1 Z 3 MiFID bildet. Die in § 1 Z 3 lit a bis g normierten Tätigkeitsbeschreibungen stimmen bis auf sprachliche Adaptierungen mit denen von Anhang I Abschnitt B MiFID überein. So entspricht § 1 Z 3 lit a grundsätzlich wortwörtlich Anhang I Abschnitt B Punkt 1. MiFID. Die in dieser Vorschrift ausdrücklich angesprochene Depotverwahrung ist in Österreich primär durch das DepG geregelt. Eine Verwahrung und Verwaltung eigener Finanzinstrumente ist ausweislich des Abstellens auf eine Tätigkeit „für Rechnung von Kunden“ keine Wertpapiernebendienstleistung iSd § 1 Z 3 lit a. Der Begriff der Verwahrung umfasst sämtliche Formen der Verwahrung von Finanzinstrumenten. Eine Verwaltung von Finanzinstrumenten bezieht sich auf den Fall, dass neben der Verwahrung auch eine vertraglich vereinbarte Pflicht zur Wahrnehmung der Rechte aus den verwahrten Finanzinstrumenten und zur Vornahme aller damit zusammenhängender Handlungen besteht (idS Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 Rz 125). Die aus Anhang I Abschnitt B Punkt 2. MiFID übernommene Definition des § 1 Z 3 lit b setzt eine Beteiligung des kredit- oder darlehensgewährenden Unternehmens an der Durchführung der finanzierten Geschäfte mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten voraus. Daraus folgt eindeutig, dass die bloße Kreditvergabe keine Wertpapiernebendienstleistung ist. Ebenso ist davon auszugehen, dass hinsichtlich von Produkten, deren integrierter Bestandteil eine derartige Finanzierungsdienstleistung ist, die Kredit- oder Darlehensgewähr als Wertpapiernebendienstleistung iSd § 1 Z 3 lit b anzusehen ist. Ob in den zwischen diesen beiden Extremen liegenden Konstellationen eine nach § 1 Z 3 lit b relevante Beteiligung vorliegt, wird im konkreten Einzelfall insb danach zu beurteilen sein, inwieweit derartige Finanzierungsdienstleistungen in organisierter Form mit der 23
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Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten verbunden sind. Nicht als Kredit- oder Darlehensgewähr iSd § 1 Z 3 lit b ist die Gewähr von Sachdarlehen anzusehen (idS Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 127). Die in § 1 Z 3 lit c auf der Grundlage von Anhang I Abschnitt B Punkt 3. MiFID geregelten Beratungsleistungen umfassen nach ihrem Wortlaut auch Tätigkeiten, die in das Berufsbild anderer wirtschaftsberatender Berufe fallen. Zu denken ist dabei insb an Rechtsanwälte, Notare sowie Steuerberater. Soweit allein für derartige Berufsgruppen reservierte Tätigkeiten existieren, schafft § 1 Z 3 lit c keine Ausnahme von derartigen Tätigkeitsmonopolen. Zur Abgrenzung dieser Dienstleistungen von der Anlageberatung iSd § 1 Z 2 lit e vgl CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 69 ff. 9 § 1 Z 3 lit d ist wörtlich aus Anhang I Abschnitt B Punkt 4. MiFID
übernommen. Zur Auslegung des Begriffs „Devisengeschäfte“ kann auf § 1 Abs 1 Z 7 lit a BWG und das DevG zurückgegriffen werden. Auch hier wird ein sachlicher, nicht bloß zeitlicher (idS Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 121) Zusammenhang der Devisengeschäfte mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen verlangt. Werden daher Devisengeschäfte um ihrer selbst Willen erbracht, liegt keine Wertpapiernebendienstleistung, sondern ein Bankgeschäft nach § 1 BWG vor. In § 1 Z 3 lit e wird Anhang I Abschnitt B Punkt 5. MiFID umgesetzt und die dortige Definition mit der Wendung „Erstellung, Verbreitung oder Weitergabe“ konkretisiert. Es handelt sich dabei allerdings nur um eine sprachliche Klarstellung, um nicht jede Form der Kommunikation einer Anlageempfehlung zu einer Wertpapiernebendienstleistung zu machen (idS Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 135). Entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut von § 1 Z 3 lit e und Anhang I Abschnitt B Punkt 5. MiFID liegt eine Wertpapier- oder Finanzanalyse nicht erst dann vor, wenn die jeweilige Analyse allgemeine Empfehlungen enthält. Die Aufnahme „sonstiger Formen allgemeiner Empfehlungen, die Geschäfte mit Finanzinstrumenten betreffen“, in § 1 Z 3 lit e soll nämlich offenkundig insb einen Auffangtatbestand zur Erstellung, Verbreitung und Weitergabe von Wertpapier- oder Finanzanalysen bilden und diesbezügliche Umgehungsversuche von vornherein zum Scheitern verurteilen. Dabei ist unter einer allgemeinen Empfehlung jede Empfehlung zu verstehen, die für Informationsverbreitungskanäle oder die Öffentlichkeit bestimmt ist (Erwägungsgrund 83 MiFID-DRL; vgl dazu und zur Abgrenzung zur persönlichen Empfehlung Rz 36). § 1 Z 3 lit f ergänzt die Definition des Anhang I Abschnitt B Punkt 6. MiFID um die Worte „für Dritte“, was sich – arg § 1 Z 2 letzter Satz – aber schon aus dem Begriff der Dienstleistung ergibt.
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§ 1 Z 3 lit g beruht auf Anhang I Abschnitt B Punkt 7. MiFID, der 10 seinerseits wieder auf Anhang I Abschnitt A, B sowie auf Abschnitt C Punkte 5. bis 7. und 10. MiFID verweist. Ausweislich von Anhang I Abschnitt B Punkt 7. MiFID sollen in § 1 Z 3 lit g Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten sowie Nebendienstleistungen – der in § 1 Z 2 und 3 definierten Art – als Wertpapiernebendienstleistungen erfasst werden, soweit diese Tätigkeiten die Unterlegung der – in § 1 Z 6 lit e bis g und j genannten – Derivate betreffen. Zudem ist erforderlich, dass diese Derivate mit der Erbringung der Wertpapierdienstleistung, Anlagetätigkeit oder der Wertpapiernebendienstleistung in Zusammenhang stehen.
D. Finanzinstrumente (§ 1 Z 4 bis 7) Zentrale Vorschrift der vom Gesetzgeber vorgenommenen Definitio- 11 nen der unterschiedlichen Finanzinstrumente ist § 1 Z 6. Diese Vorschrift setzt Art 4 Abs 1 Z 17 MiFID um, der seinerseits bloß auf Anhang I Abschnitt C MiFID verweist. Die in § 1 Z 6 lit a im Einklang mit Anhang I Abschnitt C Punkt 1. MiFID als Finanzinstrumente angeführten übertragbaren Wertpapiere werden durch einen Verweis auf § 1 Z 4 näher definiert. § 1 Z 4 wiederum beruht auf Art 4 Abs 1 Z 18 MiFID, der sprachlich verbessert wiedergegeben wird. So kommt etwa der demonstrative Charakter der Aufzählung der lit a bis c durch das Wort „insbesondere“ in § 1 Z 4 in einer im Vergleich zu Art 4 Abs 1 Z 18 MiFID eindeutigeren Weise zum Ausdruck. Der Ausdruck der übertragbaren Wertpapiere knüpft nicht – wie auf den ersten Blick gemeint werden könnte – an der Übertragbarkeit als rechtlicher Eigenschaft eines Wertpapiers, sondern an der Handelbarkeit auf dem Kapitalmarkt als solches an. Umstritten ist, ob sich der Begriff der Handelbarkeit mit dem in Art 35 DVO verwendeten Begriff der Handelbarkeit deckt (so Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 7 mwN auch zur Gegenansicht). Als übertragbare Wertpapiere iSd § 1 Z 4 kommen nur gattungsmäßig ausgestaltete Wertpapiere in Betracht (so Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 Rz 7 unter Berufung auf Art 4 Abs 1 Z 18 MiFID). Der Begriff der nicht als übertragbare Wertpapiere einzustufenden „Zahlungsmittel“ beschränkt sich nicht nur auf Geld, sondern umfasst – arg Art 4 Abs 1 Z 18 MiFID: „Zahlungsinstrumenten“ – auch andere liquide Mittel mit Zahlungsfunktion. Nicht als Zahlungsinstrumente anzusehen sind Wechsel (Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 12). Unter den in § 1 Z 4 lit c angeführten „solchen Wertpapieren“ sind nicht allein die in § 1 Z 4 lit a und b angeführten, sondern alle Arten von übertragbaren Wertpapieren zu verstehen, zumal andernfalls der demonstrative Charakter der Aufzählung seinen Sinn verlieren würde. Der Begriff der Aktien bestimmt sich nach gesellschaftsrecht25
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lichen Maßstäben (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 14). Aktien vergleichbare Anteile iSd § 1 Z 4 lit a können angesichts der diesbezüglich weiten Legaldefinition an allen Arten von Unternehmen unabhängig von deren Rechtsform bestehen, sofern sie nur die allgemeinen Kriterien eines übertragbaren Wertpapiers erfüllen. Zum Begriff des Aktienzertifikats vgl Kalss, ÖBA 2009, 339 ff, insb 340 f; ferner UVS Wien 22. 1. 2009, UVS-06/FM/47/2195/2008, ZFR 2010, 40 f. Schuldverschreibungen und Schuldtitel iSd § 1 Z 4 müssen ausweislich des Wortlauts von § 1 Z 4 lit b verbrieft sein und sich auf schuldrechtliche Ansprüche vermögensrechtlichen Inhalts beziehen. 12 Durch § 1 Z 6 lit b werden Geldmarktinstrumente gemäß § 1 Z 5 zu
Finanzinstrumenten erklärt. Die in § 1 Z 5 vorgenommene Legaldefinition der Geldmarktinstrumente gibt Art 4 Abs 1 Z 19 mit der Ausnahme wörtlich wieder, dass der österreichische Gesetzgeber nicht den Begriff des Zahlungsinstruments, sondern jenen des Zahlungsmittels verwendet (zu diesem Begriff vgl bereits Rz 11). Durch den Verweis auf die „üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelten Gattungen von Instrumenten“ werden die auf dem Geldmarkt herrschenden Übungen für relevant erklärt, wodurch die Legaldefinition des § 1 Z 5 ausdrücklich für eine Berücksichtigung zukünftiger Entwicklungen geöffnet wird. Darüber hinaus wird nicht zuletzt durch diese Wendung klargestellt, dass die in § 1 Z 5 vorgenommene Aufzählung an Instrumenten demonstrativen Charakter hat. Ferner lässt sich dieser Umschreibung entnehmen, dass der Begriff der Geldmarktinstrumente nur gattungsmäßig ausgestaltete Instrumente mit Handelbarkeit umfasst. Aus dem Abstellen auf üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelte Gattungen von Instrumenten wird gefolgert, dass für diese Instrumente ein Markt bereits bestehen muss (so Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 36). Überschneidungen insb zwischen Wertpapieren iSd § 1 Z 4 lit b sowie den Geldmarktinstrumenten nach § 1 Z 5 sind nicht auszuschließen. 13 Die in § 1 Z 6 lit c vorgenommene Aufzählung beruht auf Anhang I
Abschnitt C Punkt 3. MiFID, wo allerdings nur von „Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen“ gesprochen wird. Der österreichische Gesetzgeber hat diese Wendung konkretisiert. Entscheidend bleibt jedoch der europarechtliche Begriff der Organismen für gemeinsame Anlagen (idS nunmehr auch Bergmann/Habsburg-Lothringen, ZFR 2010, 18; zur Auslegung dieses Begriffs vgl dies, ZFR 2010, 18 ff; krit Kreisl, ZFR 2010, 22 ff; dagegen aber Bergmann/Habsburg-Lothringen, ZFR 2010, 68 ff). Das gilt selbst nach der Reform der für Organismen für gemeinsame Anlagen einschlägigen europarechtlichen Rechtsgrundlagen (vgl RL 2009/65/EG, in deren Erwägungsgrund 7
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etwa explizit festgehalten wird, dass Anteile von OGAW als Finanzinstrumente iSd MiFID anzusehen sind). Möglicherweise auf den ersten Blick entstehende Widersprüche zur Begriffsbestimmung des § 1 Z 6 lit c sind dadurch aufzulösen, dass im Wege der richtlinienkonformen Interpretation der in § 1 Z 6 lit c verwendete Begriff der „ähnlichen Einrichtungen“ entsprechend ausgelegt wird (zum Inhalt dieser Wendung vgl Bergmann/Habsburg-Lothringen, ZFR 2010, 20 f). Die Definitionen der in § 1 Z 6 lit d bis g und j behandelten Derivat- 14 kontrakte gehen auf Anhang I Abschnitt C Punkt 4. bis 7. sowie 10. MiFID zurück. Die vom österreichischen Gesetzgeber dabei vorgenommenen Präzisierungen hinsichtlich der Bezeichnungen der einzelnen Derivatkontrakte sind schon deshalb unschädlich, weil sich sowohl die gesetzlichen Formulierungen als auch die europarechtlichen Vorgaben letztlich auch auf „alle anderen Derivatkontrakte“ beziehen. Ob daher durch die in § 1 Z 6 lit d bis g und j erfolgten Konkretisierungen Abweichungen von den europarechtlichen Begriffsbestimmungen des Anhang I Abschnitt C Punkt 4. bis 7. sowie 10. MiFID entstehen, ist insofern ohne Relevanz. Optionen sind dadurch gekennzeichnet, dass eine der Vertragsparteien das Recht, aber keine Pflicht hat, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum und gegen eine vorausbestimmte Gegenleistung, den Basispreis, vom anderen Vertragspartner die Erfüllung der vereinbarten Leistung zu verlangen. Futures und Forwards sind Festgeschäfte, bei denen die Parteien zur Erfüllung der vereinbarten Leistung zu einem späteren Zeitpunkt zu einem im Voraus bestimmten Preis verpflichtet werden. Bei Swaps wird eine Vereinbarung über einen in Zukunft vorzunehmenden Tausch von Zahlungsströmen über einen bestimmten Zeitraum zu bestimmten Zeitpunkten getroffen. Zur Auslegung des in § 1 Z 6 lit e, f und g verwendeten Warenbegriffs kann auf die Begriffsbestimmung des Art 2 Z 1 DVO zurückgegriffen werden (vgl auch Erwägungsgrund 24 DVO), wonach Waren Güter fungibler Art sind, die geliefert werden können. Dazu zählen „auch“ Metalle sowie ihre Erze und Legierungen, landwirtschaftliche Produkte und Energien wie Strom (zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Energiederivaten vgl Granzow, Die Aufsicht über den Handel mit Energiederivaten nach dem Gesetz über das Kreditwesen [2007] insb 168 ff). Keine Waren sind dagegen nach Erwägungsgrund 26 DVO Dienstleistungen und Faktoren, die keine Güter sind, wie etwa Währungen, Immobilienrechte und vollständig immaterielle Werte. Die in § 1 Z 6 lit g vorgenommene Konkretisierung des Warenbegriffs durch Verweis auf Art 38 DVO entspricht dem Konzept des Europarechts, wird doch durch Art 38 DVO die Bestimmung des Anhang I Abschnitt C Punkt 7. MiFID konkretisiert. Vergleichbares 27
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gilt für den Verweis auf Art 39 DVO in § 1 Z 6 lit j. Da jedoch Art 39 DVO die Regel des Anhang I Abschnitt C Punkt 10. MiFID im Grunde nur durch eine Aufzählung weiterer relevanter Basiswerte ergänzt (diese werden in den Erl RV zu § 1 [Zu Z 6] wiedergegeben), konnte allein mit einem Verweis auf Art 39 DVO in § 1 Z 6 lit j nicht das Auslangen gefunden werden. Die Wendung „Derivatkontrakte in Bezug auf“ ist so zu verstehen, dass eine direkte Verbindung zwischen dem Kontrakt und dem relevanten zugrunde liegenden Faktor bestehen muss. Dementsprechend ist ein Derivatkontrakt auf den Preis einer Ware im Gegensatz zu einem solchen auf die Transportkosten für die Ware als ein Derivatkontrakt in Bezug auf eine Ware anzusehen. Ein Derivat, welches sich seinerseits auf ein Warenderivat bezieht, ist eine indirekte Anlage in Waren und als Warenderivat anzusehen (Erwägungsgrund 25 DVO). Zu Wetterderivaten vgl Rinker, Wetterderivate (2008); zu Emissionszertifikaten Hartmann, ZFR 2008, 133 f, 212 ff. Das in § 1 Z 6 lit f verwendete „oder“ hat – wie Anhang I Abschnitt C Punkt 6. MiFID zeigt – keinen ausschließenden Charakter, sodass derartige Instrumente auch gleichzeitig an einem geregelten Markt oder über ein MTF gehandelt werden können. 15 Durch die in § 1 Z 6 lit h und i verwendeten Begriffsbestimmungen
werden Anhang I Abschnitt C Punkt 8. und 9. MiFID wortwörtlich übernommen. Kreditderivate iSd § 1 Z 6 lit h transferieren Kreditrisiken derart, dass das Risiko des Gläubigers einer Leistung in Bezug auf die Erfüllung derselben durch den Schuldner isoliert und ganz oder teilweise auf den Vertragspartner des Kreditderivats übertragen wird; es ist ein Transfer sämtlicher Kreditrisiken möglich (vgl Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 Rz 54, zu den einzelnen Arten auch Rz 55). § 1 Z 6 lit i erfasst CFD, bei denen Geschäfte mit unbegrenzter Laufzeit über die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Verkaufspreis eines Referenzwertes eingegangen werden (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 53). Nicht in den Anwendungsbereich der MiFID fallen dagegen strukturierte Termineinlagen (Mitteilung der Kommission – Anlageprodukte für Kleinanleger, S. 9). 16 Die Definition der nicht komplexen Finanzinstrumente in § 1 Z 7
beruht nach den Erl RV zu § 1 (Zu Z 7) hinsichtlich von § 1 Z 7 lit a auf Art 19 Abs 6 erster Gedankenstrich MiFID. § 1 Z 7 lit b setzt dagegen Art 38 MiFID-DRL um. Durch § 1 Z 7 soll nach den Mat eine einheitliche Definition der nicht komplexen Finanzinstrumente geschaffen werden (Erl RV zu § 1 [Zu Z 7]). Diese Aussage beschreibt allerdings das Verhältnis der europarechtlichen Vorschriften zueinander nur ungenau. Art 19 Abs 6 erster Gedankenstrich MiFID, der sich in § 1 Z 7 lit a mit sprachlichen Veränderungen wiederfindet, gebraucht 28
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nämlich den Begriff der nicht komplexen Finanzinstrumente, die in weiterer Folge durch Art 38 MiFID-DRL näher definiert werden. Insofern bildet § 1 Z 7 keine – neu geschaffene – einheitliche Definition der nicht komplexen Finanzinstrumente, sondern fasst bloß die an unterschiedlichen Orten normierten, aber trotzdem aufeinander abgestimmten europarechtlichen Regelungen in einer Vorschrift zusammen.
E. Handelsplätze und Marktakteure (§ 1 Z 8 bis 14) In § 1 Z 8 wird der geregelte Markt durch einen Verweis auf die 17 Definition des ebenfalls mit BGBl I 2007/60 neu gefassten § 1 Abs 2 BörseG definiert. Die Regelung des § 1 Abs 2 BörseG entspricht dabei bis auf sprachliche Adaptierungen Art 4 Abs 1 Z 14 MiFID. § 1 Z 8 setzt somit Art 4 Abs 1 Z 14 MiFID um, der allerdings im Gegensatz zu § 1 Z 8 nicht bloß einen Verweis, sondern eine eigenständige Definition des geregelten Marktes enthält und auf Grund der in dieser europarechtlichen Vorschrift erfolgenden Bezugnahme auf den Marktbetreiber gemeinsam mit Art 4 Abs 1 Z 13 MiFID zu lesen ist. Angesichts des Umstandes, dass durch § 1 letzter Satz ohnedies die Begriffsbestimmungen nicht zuletzt des BörseG für maßgeblich erklärt werden, erscheint § 1 Z 8 insoweit entbehrlich. Die Aufnahme dieser Begriffsdefinition in den Katalog des § 1 erklärt sich wohl primär mit dem Versuch, zum einen das Entstehen allfälliger Zweifel am Inhalt des Ausdrucks „geregelter Markt“ von vornherein zu verhindern. Zum anderen dient § 1 Z 8 offenkundig nicht zuletzt der Sicherstellung der – auch formalen – Richtlinienkonformität des WAG. Vgl zum Begriff des geregelten Marktes auch Rz 19. Die Begriffsbestimmung des multilateralen Handelssystems erfolgt 18 durch § 1 Z 9, der grundsätzlich Art 4 Abs 1 Z 15 MiFID entspricht. Ein Handelssystem ist eine Einrichtung, die geeignet ist, die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten zusammenzubringen. Dabei ist der in § 1 Z 9 verwendete und auf Art 4 Abs 1 Z 15 MiFID zurückgehende Ausdruck des Marktbetreibers mangels einer entsprechenden Definition in § 1 WAG unter Rückgriff auf Art 4 Abs 1 Z 13 MiFID zu interpretieren. Nach Art 4 Abs 1 Z 13 MiFID ist Marktbetreiber „eine Person oder Personen, die das Geschäft eines geregelten Marktes verwaltet/verwalten und/oder betreibt/betreiben. Marktbetreiber kann der geregelte Markt selbst sein.“ Die Wendung „Interesse am Kauf und Verkauf“ ist weit zu verstehen und schließt Aufträge, Kursofferten und Interessenbekundungen ein (Erwägungsgrund 6 MiFID). Die Anforderung, wonach die Interessen innerhalb des Systems und nach den nichtdiskretionären, vom Betreiber des Systems festgelegten Regeln zusammengeführt wer29
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den müssen, bedeutet, dass die Zusammenführung nach den Regeln des Systems oder mit Hilfe der Protokolle oder internen Betriebsverfahren des Systems einschließlich der in Computersoftware enthaltenen Verfahren erfolgt. Der Begriff „nichtdiskretionär“ bedeutet, dass diese Regeln der Wertpapierfirma, die ein multilaterales Handelssystem betreibt, keinerlei Ermessensspielraum im Hinblick auf die möglichen Wechselwirkungen zwischen den Interessen einräumen. Die Interessen müssen daher in einer Weise zusammengeführt werden, die zu einem Vertrag führt, dh die Ausführung erfolgt nach den Regeln des Systems oder über dessen Protokolle oder interne Betriebsverfahren (Erwägungsgrund 6 MiFID). Durch die Bezugnahme in § 1 Z 9 auf den Titel II der MiFID wird auf jene Vorschriften der Richtlinie verwiesen, welche die Zulassung von Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit regeln. Im Gegensatz zu Art 4 Abs 1 Z 15 MiFID wird durch § 1 Z 9 ferner ausdrücklich klargestellt, dass ein geregelter Markt nicht gleichzeitig als multilaterales Handelssystem angesehen werden kann. 19 Weder geregelte Märkte noch multilaterale Handelssysteme liegen
bei bilateralen Systemen vor, bei denen eine Wertpapierfirma jedes Geschäft für eigene Rechnung abschließt und nicht als risikolose Gegenpartei zwischen Käufer und Verkäufer steht (Erwägungsgrund 6 MiFID). Geregelte Märkte und multilaterale Handelssysteme müssen keine „technischen“ Systeme für das Zusammenführen von Aufträgen betreiben. Ein Markt, der nur aus einem Regelwerk besteht, das Fragen bezüglich Mitgliedschaft, Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel, den Handel zwischen Mitgliedern, die Meldung von Geschäften und gegebenenfalls die Transparenzpflichten regelt, ist ein geregelter Markt oder ein multilaterales Handelssystem (Erwägungsgrund 6 MiFID; vgl dazu auch § 12 Rz 11). Bilaterale Handelssysteme können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen jedoch als systematische Internalisierer anzusehen sein. 20 Der in § 1 Z 10 definierte Begriff des systematischen Internalisierers
beruht auf der Begriffsbestimmung des Art 4 Abs 1 Z 7 MiFID und berücksichtigt die durch Art 21 DVO vorgenommenen Präzisierungen. Nach Art 21 DVO ist eine Wertpapierfirma dann als systematischer Internalisierer anzusehen, wenn ihre Handelsaktivitäten im Geschäftsmodell der Wertpapierfirma eine wesentliche kommerzielle Rolle spielen und gemäß nichtdiskretionärer Regeln und Verfahren ausgeübt werden (Art 21 Abs 1 lit a DVO; zum Begriff nichtdiskretionär vgl schon Rz 18). Die Tätigkeit muss durch Personal oder mittels eines automatisierten technischen Systems ausgeführt werden, welches zu diesem Zweck vorgesehen ist. Nicht erforderlich ist eine ausschließliche Wid30
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mung des Personals zu diesem Zweck oder eine ausschließliche Abstimmung des Systems auf diesen Zweck (Art 21 Abs 1 lit b DVO). Schließlich muss die Tätigkeit dem Kunden auf regelmäßiger oder kontinuierlicher Basis zur Verfügung stehen (Art 21 Abs 1 lit c DVO). Art 21 Abs 3 DVO stellt wiederum Kriterien auf, bei deren Vorliegen eine Wertpapierfirma nicht als systematischer Internalisierer anzusehen ist. Ferner dürfen systematische Internalisierer nach § 1 Z 10 nur Kreditinstitute oder über eine Zweigstelle im Inland tätige Wertpapierfirmen gemäß § 12 sein, wodurch der Kreis potentieller systematischer Internalisierer enger als europarechtlich eigentlich vorgegeben gezogen wird. Die Begriffsbestimmung des Market Maker in § 1 Z 11 setzt Art 4 21 Abs 1 Z 8 MiFID um, weicht aber sprachlich von den europarechtlichen Vorgaben in einigen Punkten ab. Während in der Fassung des Art 4 Abs 1 Z 8 MiFID die Bereitschaft zu entsprechenden Handelsaktivitäten betont wird, steht nach § 1 Z 11 das kontinuierliche Stellen entsprechender Angebote zum An- und Verkauf sowie das Betreiben eines entsprechenden Handels im Vordergrund. Die Definition des Kunden in § 1 Z 12 wird durch jene des professio- 22 nellen Kunden nach § 1 Z 13 sowie durch die des Privatkunden nach § 1 Z 14 ergänzt. Dabei folgt § 1 Z 12 grundsätzlich der Begriffsbestimmung des Art 4 Abs 1 Z 10 MiFID, ergänzt diese jedoch um die Erfassung auch jener Personen, denen gegenüber den jeweiligen Rechtsträger vorvertragliche Pflichten treffen. Die Erl RV zu § 1 (Zu Z 12) rechtfertigen dies letztlich mit terminologischen Besonderheiten der Umsetzung der MiFID in das österreichische Recht. Aus Art 4 Abs 1 Z 10 MiFID geht jedenfalls eindeutig hervor, dass die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen sowie von Nebendienstleistungen – nahe liegenderweise – auch kumulativ erfolgen kann, damit ein Kunde iSd § 1 Z 12 vorliegt. Der professionelle Kunde wird in § 1 Z 13 durch einen Verweis auf § 58 Abs 1 definiert. Der Privatkunde wird in § 1 Z 14 negativ als ein solcher Kunde umschrieben, der kein professioneller Kunde ist. Regelungstechnik und Inhalt folgen damit den Definitionen des professionellen Kunden und des Kleinanlegers in Art 4 Abs 1 Z 11 und 12 MiFID. Die Ersetzung des europarechtlichen Begriffs des Kleinanlegers durch den vom österreichischen Gesetzgeber verwendeten Ausdruck des Privatkunden wird durch die Erl RV zu § 1 (Zu Z 14) – abgesehen von einem Verweis auf die entsprechende Regelung in Deutschland – damit begründet, dass die Bezeichnung als Kleinanleger nicht zutreffend sei, weil auch derartige Kunden größere Volumina veranlagen würden (dies als richtlinienkonform ansehend Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer [Hrsg], Von der MiFID zum WAG 2007 [2008] 94). 31
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F. Für die Inanspruchnahme von Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit relevante Begriffe (§ 1 Z 16 bis 19 sowie Z 21) 23 Gemeinsame Klammer der in diesem Abschnitt zu behandelnden
Begriffe ist ihre besondere Relevanz für die Inanspruchnahme der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Der in § 1 Z 16 angeführte Herkunftsmitgliedstaat einer Wertpapierfirma wird durch einen Verweis auf § 2 Z 6 lit b BWG definiert. Nach dieser Vorschrift wird als Herkunftsmitgliedstaat einer Wertpapierfirma in Form einer natürlichen Person jener Mitgliedstaat angesehen, in dem sich die Hauptverwaltung der Wertpapierfirma befindet. Für Wertpapierfirmen in der Form einer juristischen Person ist jener Mitgliedstaat entscheidend, in dem sie ihren satzungsmäßigen Sitz haben. Sofern eine Wertpapierfirma nach dem für sie maßgeblichen nationalen Recht keinen solchen Sitz aufweist, ist jener Mitgliedstaat relevant, in dem sich die Hauptverwaltung der Wertpapierfirma befindet. § 1 Z 16 setzt somit Art 4 Abs 1 Z 20 lit a MiFID um. Die Regelung des Art 4 Abs 1 Z 20 lit b MiFID findet sich dagegen in der Definition des Herkunftsmitgliedstaats eines geregelten Marktes in § 1 Z 17 wieder. Während der Unionsgesetzgeber dabei auf die Registrierung des geregelten Marktes abstellt, verwendet das österreichische Recht den Begriff der Zulassung des geregelten Marktes. 24 Der Begriff des Aufnahmemitgliedstaats in § 1 Z 18 ist nach dem
Vorbild des Art 4 Abs 1 Z 21 MiFID gestaltet worden. Im Gegensatz zur Definition des Herkunftsmitgliedstaates wird dabei keine systematische Trennung zwischen dem Aufnahmemitgliedstaat einer Wertpapierfirma und dem eines geregelten Marktes vorgenommen. Die Begriffsbestimmung der zuständigen Behörde in § 1 Z 19 folgt – wenn auch in sprachlich abgewandelter Form – jener des Art 4 Abs 1 Z 22 MiFID. Auf die Umsetzung der Wendung „sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt“ in Art 4 Abs 1 Z 22 MiFID wurde nahe liegenderweise verzichtet. 25 Kernstück der Begriffsdefinition der Zweigstelle in § 1 Z 21 ist der
Verweis auf § 2 Z 16 BWG. Nach dieser Vorschrift ist – soweit hier von Interesse – unter einer Zweigstelle eine Betriebsstelle zu verstehen, die einen unselbständigen Teil einer Wertpapierfirma bildet und unmittelbar sämtliche Geschäfte oder einen Teil der Geschäfte betreibt, die mit der Tätigkeit der jeweiligen Wertpapierfirma verbunden sind. Entsprechend den Vorgaben des Art 4 Abs 1 Z 26 MiFID wird dieser Verweis ergänzt um das Kriterium, dass die Zweigstelle Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten erbringt oder ausübt, wobei Nebendienstleistungen zusätzlich, jedoch nicht ausschließlich ausgeübt
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werden können. Das explizite Verbot einer ausschließlichen Ausübung von Nebendienstleistungen, das sich aus Art 4 Abs 1 Z 26 MiFID nicht in dieser Deutlichkeit ergibt, erklärt sich damit, dass andernfalls im Gewand der Zweigstelle einer Wertpapierfirma an sich anderen Berufsgruppen vorbehaltene Tätigkeiten ausgeübt werden könnten und es auf diese Art möglich wäre, die einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften zu umgehen. Die in § 2 Z 16 BWG verwendete und daher auch für § 1 Z 21 relevante Wendung vom Betreiben von Geschäften, die mit der Tätigkeit der jeweiligen Wertpapierfirma verbunden sind, ist – wie Art 4 Abs 1 Z 26 MiFID zeigt – so zu verstehen, dass der Wertpapierfirma für die in Frage kommenden Tätigkeiten eine Zulassung, also eine entsprechende Konzession, erteilt worden sein muss. Zur Abgrenzung zwischen den Tätigkeiten einer Zweigstelle und einer Repräsentanz vgl § 12 Rz 9; zum Begriff der Zweigstelle vgl ferner § 14 Rz 8 f.
G. Unternehmensverbindungen (§ 1 Z 22 bis 26 sowie Z 31 und 32) Die im vorliegenden Abschnitt behandelten Begriffsbestimmungen 26 zeichnen sich durch ihre Bedeutung für die verschiedenen Formen von Unternehmensverbindungen sowie durch die häufige Verwendung von Verweisen aus. So wird im Hinblick auf die in Umsetzung des durch Art 3 Abs 1 RL 2007/44/EG modifizierten Art 4 Abs 1 Z 27 MiFID erfolgende Definition der qualifizierten Beteiligung in § 1 Z 22 auf § 2 Z 3 BWG verwiesen, und für die Feststellung der Stimmrechte werden verschiedene Vorschriften des BörseG für relevant erklärt. Darüber hinaus sieht § 1 Z 22 nunmehr eine weitere Ausnahme vom Zusammenrechnungsgebot vor, die zum einen eine Veräußerung innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb und zum anderen einen Verzicht auf die Ausübung der entsprechenden Rechte voraussetzt. Die auf Art 4 Abs 1 Z 28 und Z 29 MiFID zurückgehenden § 1 Z 23 und § 1 Z 24 definieren die Ausdrücke Mutterunternehmen sowie Tochterunternehmen bloß durch entsprechende Bezugnahmen auf § 2 Z 11 und 12 BWG. Der Kontrollbegriff des § 1 Z 26 tritt in zwei Spielarten auf: Zum 27 einen wird von Kontrolle bei Vorliegen eines Verhältnisses zwischen einem Mutter- und einem Tochterunternehmen iSv § 244 Abs 1 und 2 UGB ausgegangen. Zum anderen wird durch § 1 Z 26 auf ein ähnliches Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen abgestellt. Durch § 1 Z 26 werden Art 4 Abs 1 Z 30 MiFID sowie Art 4 Abs 1 Z 31 lit b – und nicht wie Erl RV zu § 1 (Zu Z 26) offenbar auf Grund eines Redaktionsversehens fälschlicherweise anführen – die im Übrigen nicht existierenden Art 4 Z 30 MiFID und Art 4 Z 31 lit b MiFID umgesetzt. Auf dem Kontroll33
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begriff des § 1 Z 26 baut die Definition der engen Verbindung in § 1 Z 25 auf. Diese Vorschrift verweist zuerst auf die Legaldefinition der engen Verbindung in § 2 Z 28 lit a und b BWG und erklärt dann, dass ein Verhältnis im Fall des § 2 Z 28 lit b BWG auch durch Kontrolle iSd § 1 Z 26 hergestellt werden kann. Auf diese nicht gerade einfache Art soll Art 4 Abs 1 Z 31 MiFID umgesetzt werden. 28 In sachlichem Zusammenhang mit den in diesem Abschnitt behandelten Begriffsdefinitionen stehen schließlich noch die Begriffsbestimmungen der Auslagerung in § 1 Z 31 und der Gruppe in § 1 Z 32. Dabei folgt die Definition der Auslagerung in § 1 Z 31 der Begriffsbestimmung des Art 2 Z 6 MiFID-DRL. Aus den europarechtlichen Vorgaben geht hervor, dass es auf die Art der Vereinbarung über die Auslagerung nicht ankommt. Vertragsparteien sind einerseits die Wertpapierfirma oder das Kreditinstitut und andererseits der die ausgelagerten Tätigkeiten durchführende Dienstleister. Mit der Formulierung „anstatt der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts“ ist ausweislich des Art 2 Z 6 MiFID-DRL gemeint, dass ohne Auslagerung die Wertpapierfirma die ausgelagerten Tätigkeiten selbst durchführen würde. Zur Bedeutung der Dauer der Auslagerung vgl § 25 Rz 3. Der Begriff der Gruppe in § 1 Z 32 dient der Umsetzung der Begriffsbestimmung des Art 2 Z 5 MiFID-DRL in einer gegenüber den europarechtlichen Vorgaben lesbareren Form (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 32]). Im Hinblick auf § 1 Z 32 lit a ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen einer qualifizierten Beteiligung nicht verlangt wird.
H. Besondere Personen (§ 1 Z 20, Z 29 und 30 sowie Z 33) 29 Die Definition des vertraglich gebundenen Vermittlers in § 1 Z 20
beruht auf Art 4 Abs 1 Z 25 MiFID. Durch diese europarechtliche Bestimmung wird unter anderem vorgeschrieben, dass der vertraglich gebundene Vermittler unter unbeschränkter und vorbehaltloser Haftung einer einzigen Wertpapierfirma handeln muss. Die österreichische Regelung des § 1 Z 20 weicht von dieser Formulierung in mehrfacher Hinsicht ab: Zum einen wird der Einsatz vertraglich gebundener Vermittler nicht nur Wertpapierfirmen, sondern darüber hinaus ausdrücklich auch Kreditinstituten ermöglicht. Die nahe liegende Frage nach dem Einsatz vertraglich gebundener Vermittler durch Versicherungsunternehmen wird von den Mat dahingehend beantwortet, dass dafür kein Bedarf bestehe, weil diese Funktion von den Versicherungsvermittlern nach den §§ 137 bis 138 GewO wahrgenommen werde (Erl RV zu § 1 [Zu Z 20]). Dessen ungeachtet geht die FMA ohne weiteres von der Zulässigkeit eines Einsatzes von vertraglich gebundenen Vermittlern durch Versicherungsunternehmen aus (vgl FMA, RS 34
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Erbringung von Wertpapierdienstleistungen S 2). Aus versicherungsaufsichtsrechtlichen Gründen scheidet jedoch nach Ansicht der FMA eine Tätigkeit eines Versicherungsunternehmens als vertraglich gebundener Vermittler aus (vgl FMA, RS VU als VGV Punkt 4.). Der vertraglich gebundene Vermittler darf nur für eine einzige Wertpapierfirma tätig werden. Gleichzeitige Tätigkeit für mehrere Wertpapierfirmen macht eine Person bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu einer Wertpapierfirma (vgl Erwägungsgrund 36 MiFID). Der vertraglich gebundene Vermittler darf jedoch unter andere Richtlinien fallende Tätigkeiten und verbundene Tätigkeiten in Bezug auf Finanzdienstleistungen oder -produkte, die nicht in den Anwendungsbereich der MiFID fallen, ausüben, selbst wenn dies im Namen von Teilen derselben Finanzgruppe geschieht (vgl Erwägungsgrund 37 MiFID). Zum anderen ist von all den übrigen Unterschieden zwischen den 30 europarechtlichen Vorgaben und der österreichischen Umsetzung von Interesse, dass vom österreichischen Gesetzgeber als Fall einer unbeschränkten und vorbehaltlosen Haftung einer Wertpapierfirma iSd Art 4 Abs 1 Z 25 MiFID ausdrücklich die Stellung des vertraglich gebundenen Vermittlers als Erfüllungsgehilfe der Wertpapierfirma erwähnt wird. Erst in weiterer Folge wird auf jene Fälle Bezug genommen, in denen der vertraglich gebundene Vermittler „sonst unter vollständiger und unbedingter Haftung“ tätig wird. Diesem Regelungsansatz ist auf der einen Seite zu entnehmen, dass nach Ansicht des Gesetzgebers jedenfalls die Erfüllungsgehilfenhaftung nach § 1313 a ABGB eine unbeschränkte und vorbehaltlose Haftung gemäß Art 4 Abs 1 Z 25 MiFID darstellt. Auf der anderen Seite wird dadurch klargestellt, dass beim vertraglich gebundenen Vermittler nicht nur – arg vertraglich gebunden – ein Vertragsverhältnis zwischen dem Vermittler und einer – einzigen – Wertpapierfirma besteht, sondern dass darüber hinaus zumindest nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in aller Regel bei den in § 1 Z 20 angeführten Tätigkeiten auch entsprechende vertragliche Beziehungen zwischen der Wertpapierfirma und dem Kunden vorhanden sind. Diese rechtsgeschäftlichen Beziehungen müssen zu einer vollständigen und unbedingten Haftung der Wertpapierfirma gegenüber dem Kunden für den vertraglich gebundenen Vermittler entweder unmittelbar auf Grund dieser vertraglichen Grundlage oder – wie der Blick auf die Bezugnahme auf die Rechtsfigur des Erfüllungsgehilfen in § 1 Z 20 zeigt – auf Basis weiterer gesetzlicher Regelungen führen. Nicht ausgeschlossen ist ferner, dass das durch das österreichische Recht sowie die MiFID geforderte Einstehen der Wertpapierfirma für den vertraglich gebundenen Vermittler mittels eines Vertrags zwischen dem Vermittler und der Wertpapierfirma mit Schutz35
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wirkungen zugunsten des Kunden als Dritten erreicht wird. Die Erl RV zu § 1 (Zu Z 20) halten im Hinblick auf das zwischen dem Vermittler und der Wertpapierfirma bestehende Rechtsverhältnis fest, dass die Rechtsfigur des vertraglich gebundenen Vermittlers nicht die Behandlung des Vermittlers im Arbeitsrecht als Angestellter nach sich ziehen soll. Im WAG fand diese Absicht in § 28 Abs 8 ihren Niederschlag. 31 Der österreichische Gesetzgeber hat unmittelbar in § 1 Z 20 klar-
gestellt, dass ein vertraglich gebundener Vermittler keine Wertpapierfirma ist. Daraus folgt, dass allein für die Tätigkeit als vertraglich gebundener Vermittler keine diesbezügliche Konzession erforderlich ist. Ein vertraglich gebundener Vermittler darf sich daher selbst – arg „Wertpapierfirma“ – keiner vertraglich gebundenen Vermittler iSd § 1 Z 20 oder eines „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ nach § 2 Abs 2 Z 15 bedienen (krit M. Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 [2009] 22; iSd hier vertretenen Ansicht aber auch FMA, RS Erbringung von Wertpapierdienstleistungen S 4). Möglich bleibt jedoch der schon bisher gebräuchliche Weg, derartige Personen unmittelbar an die Wertpapierfirma selbst anzubinden und die Provisionsabrechnung für solche Personen über eine Kapitalgesellschaft vorzunehmen. In diesem Fall werden die Rechtsbeziehungen durch drei Verträge gestaltet. Einerseits besteht ein Vertragsverhältnis zwischen der Wertpapierfirma und dem vertraglich gebundenen Vermittler, wonach dieser als solcher für die Wertpapierfirma eingesetzt wird und alle einschlägigen Vorschriften einzuhalten hat. Andererseits müssen vertragliche Beziehungen zwischen der Wertpapierfirma und der Kapitalgesellschaft des Inhalts vorliegen, dass die aus der Arbeit des vertraglich gebundenen Vermittlers resultierenden Provisionen an die Kapitalgesellschaft bezahlt werden. Dieses Geflecht wird schließlich durch eine Vereinbarung zwischen dem vertraglich gebundenen Vermittler und der Kapitalgesellschaft ergänzt, durch die der Anteil des Vermittlers an den von der Wertpapierfirma an die Kapitalgesellschaft gezahlten Provisionen festgelegt wird. Zum Einsatz von Wertpapierdienstleistungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler vgl FMA, RS Erbringung von Wertpapierdienstleistungen S 4 f. 32 § 1 Z 29 definiert die relevante Person im Anschluss an Art 2 Z 3
MiFID-DRL. Der in § 1 Z 29 lit a erwähnte vertraglich gebundene Vermittler ist jener des § 1 Z 20 (dazu gerade Rz 29 ff). Der Begriff der Geschäftsleitung wird in § 1 Z 33 definiert (vgl Rz 34). Die fehlende Erwähnung des in Art 2 Z 3 MiFID-DRL noch explizit angeführten Direktors wird vom Gesetzgeber damit gerechtfertigt, dass der Direktor entweder Mitglied der Geschäftsleitung oder leitender Angestellter 36
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sei. Im ersten Fall werde er von § 1 Z 29 lit a, im zweiten Fall von § 1 Z 29 lit c erfasst (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 29]). Zum Gesellschafterbegriff führen die Erl RV aus, dass der in der englischen Fassung des Art 2 Z 3 MiFID-DRL für den Gesellschafter gebrauchte Begriff des „partner“ im englischen Gesellschaftsrecht insb den Gesellschafter einer Personengesellschaft meint. Unklar bleibt, ob nach Ansicht des Gesetzgebers deshalb vor allem Aktionäre angesichts ihrer im Vergleich zum Gesellschafter einer Personengesellschaft unterschiedlichen Rechtsstellung uU nicht als relevante Personen eingestuft werden sollen (so etwa § 23 Rz 4). Auf die fehlende Erwähnung der mit einem Gesellschafter vergleichbaren Person, die von Art 2 Z 3 MiFID-DRL als weitere relevante Person angeführt wird, gehen die Erl RV nicht ein. Im Wege richtlinienkonformer Interpretation ist daher der Begriff des Gesellschafters entsprechend weit zu verstehen und bei Vergleichbarkeit auch auf Personen zu erstrecken, denen eine Gesellschafterstellung im Rechtssinn nicht zukommt. Unter dem in § 1 Z 29 lit c angeführten Angestellten wird angesichts des Normzwecks des § 1 Z 29 und des Art 2 Z 3 MiFID-DRL nicht bloß ein solcher iSd Arbeitsrechts, sondern jeder Arbeitnehmer zu verstehen sein. Ein Finanzdienstleistungsassistent soll nicht unter § 1 Z 29 lit c zu subsumieren sein, ohne dass deshalb eine analoge Anwendung der für relevante Personen einschlägigen Vorschriften ausscheiden würde (vgl M. Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 [2009] 24; zur arbeitsrechtlichen Stellung des Finanzdienstleistungsassistenten vgl auch § 2 Rz 15). Die Begriffsbestimmung des Finanzanalysten in § 1 Z 30 als Person, 33 die einen wesentlichen Teil einer Finanzanalyse erstellt, setzt Art 2 Z 4 MiFID-DRL um, der allerdings von einer relevanten Person spricht, die einen Teil einer Finanzanalyse erstellt. Der österreichische Gesetzgeber rechtfertigt den Verzicht auf die Aufnahme des Wortes „relevante“ in die Definition des § 1 Z 30 nicht zuletzt unter Berufung auf die Bestimmungen der MiFID-DRL damit, dass der in der Richtliniendefinition des Finanzanalysten verwendete Begriff der relevanten Person nicht mit jenem der relevanten Person iSd Art 2 Z 3 MiFID-DRL gleichzusetzen sei. Von zentraler Bedeutung für die Auslegung des § 1 Z 30 ist der in § 36 definierte Begriff der Finanzanalyse; dazu vgl § 36 Rz 1 ff. Der Begriff der Geschäftsleitung wird in § 1 Z 33 nach dem Vorbild 34 des Art 2 Z 9 MiFID-DRL definiert. Der in Art 2 Z 9 MiFID-DRL vorgenommene Verweis auf Art 9 Abs 1 MiFID hat keinen besonderen Erkenntniswert und konnte daher im Rahmen des § 1 Z 33 unterbleiben. Entscheidend für die Einordnung als Geschäftsleitung ist die tatsächliche Leitung, sodass es auf eine allfällige gesellschaftsrechtliche 37
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Leitungsfunktion allein nicht ankommt. Es wird vertreten, dass mit der Definition des § 1 Z 33 keine Änderung gegenüber der bisher geltenden Rechtslage verbunden ist (vgl dazu § 10 Rz 1).
I. Sonstige Begriffsbestimmungen (§ 1 Z 15, Z 27 sowie Z 28) 35 Die in § 1 Z 15 vorgenommene Definition des Limitauftrags ent-
spricht bis auf einige sprachliche Abweichungen der des Art 4 Abs 1 Z 16 MiFID. Damit ein Limitauftrag vorliegt, müssen nach dem Wortlaut beider Bestimmungen die beiden Voraussetzungen – Auftrag zu einem festgelegten Kurslimit oder besser einerseits sowie Auftrag in einem festgelegten Umfang andererseits – kumulativ vorliegen. 36 Die Wendung von der persönlichen Empfehlung wird in § 1 Z 27 definiert. Diese Formulierung ist einer der zentralen Begriffe im Rahmen der Definition der Anlageberatung nach § 1 Z 2 lit e. Europarechtlich wird der Inhalt einer persönlichen Empfehlung durch Art 52 MiFIDDRL und Erwägungsgrund 79 MiFID-DRL bestimmt. Dabei werden durch § 1 Z 27 lit a die europarechtlichen Vorgaben des Art 52 Abs 1 MiFID-DRL sowie durch § 1 Z 27 lit b jene des Art 52 Abs 2 MiFIDDRL umgesetzt. Eine Empfehlung ist eine Erklärung, die ein bestimmtes Verhalten als für den Adressaten vorteilhaft oder in seinem Interesse liegend darstellt (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 113). Art 52 Abs 3 MiFID-DRL stellt klar, dass eine Empfehlung keine persönliche Empfehlung bildet, wenn sie ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle – zu diesem Begriff vgl die Begriffsbestimmung des Art 2 Z 1 MiFID-DRL – oder für die Öffentlichkeit gegeben wird. Diese Vorschrift fand Aufnahme im Einleitungssatz des § 1 Z 27. Erwägungsgrund 79 der MiFID-DRL führt zum Begriff der persönlichen Empfehlung aus, dass Ratschläge in Bezug auf Finanzinstrumente, die in einer Zeitung, einer Zeitschrift, einem Magazin oder einer anderen an das breite Publikum gerichteten Veröffentlichung einschließlich des Internet, im Fernsehen oder im Radio erteilt werden, nicht als persönliche Empfehlung anzusehen sind. Zwar haben diese Ausführungen keinen unmittelbaren Niederschlag im Wortlaut des § 1 Z 27 gefunden. Da jedoch die Mat (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 27]) insoweit Erwägungsgrund 79 MiFID-DRL wiedergeben, sind diese sich aus dem gerade zit Erwägungsgrund ergebenden Klarstellungen auch im Rahmen der Auslegung des § 1 Z 27 zu beachten. Aus den Erl RV zu § 1 (Zu Z 32) geht ferner hervor, dass der in § 1 Z 27 verwendete Begriff des Anlegers zur Abstimmung mit dem BörseG gewählt wurde und als Kunde – offenkundig iSd § 1 Z 12 – zu verstehen ist. Zum Begriff des Beauftragten vgl CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 78 ff; dieser deckt sich nicht mit dem zivilrechtlichen Begriff und umfasst auch 38
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Stellvertreter. Eine Prüfung der Verhältnisse der betreffenden Person iSd § 1 Z 27 lit b umfasst jeden Vorgang, in dem eine Prüfung von durch den Anleger erteilten Informationen betreffend seine finanziellen Verhältnisse erfolgt und auf Grund dieser Prüfung Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten empfohlen werden (vgl CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 48 ff; Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 115). Eine Empfehlung ist dann als für den Anleger geeignet dargestellt, wenn sie nach dem beim Anleger erweckten Eindruck auf einer Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse beruht. Dementsprechend sind unaufgefordert übermittelte bloße Anlagetipps selbst bei individueller Übermittlung keine persönliche Empfehlung (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 115 f; CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 43 ff). Die Begriffsbestimmung des dauerhaften Datenträgers in § 1 Z 28 37 erfolgt in Umsetzung von Art 2 Z 2 MiFID-DRL, der auch wörtlich wiedergegeben wird. Allerdings ist diese Definition im Zusammenhang mit Art 3 MiFID-DRL sowie den diesen umsetzenden § 16 zu lesen (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 28]). Danach hat bei einer vom WAG angeordneten Bereitstellung von Informationen auf einem dauerhaften Datenträger diese grundsätzlich auf Papier zu erfolgen (dazu vgl § 16 insb Rz 1). Bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen kann jedoch grundsätzlich auch eine Website ein dauerhafter Datenträger iSd § 1 Z 28 sein (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 28]). Die von § 1 Z 28 von einem dauerhaften Datenträger verlangte Möglichkeit einer Speicherung persönlich an den Kunden gerichteter Informationen „für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer“ trägt nicht zuletzt dem Umstand Rechnung, dass Speichermedien – nicht zuletzt angesichts des technischen Fortschritts auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie – regelmäßig keine mit Papier vergleichbare Lesbarkeit gewährleisten. Für die Bestimmung der im Einzelfall angemessenen Dauer lässt sich auf gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrungsfristen zurückgreifen, sofern die Informationen insoweit relevant sein können. Die in § 1 Z 28 verlangte Möglichkeit einer unveränderten Wiedergabe der gespeicherten Informationen ist nur für jenen Zeitraum zu gewährleisten, während dem die Informationen einsehbar sein müssen.
III. Nicht umgesetzte europarechtliche Definitionen Der österreichische Gesetzgeber hat eine Reihe von europarechtlich 38 vorgegebenen Begriffsdefinitionen nicht ausdrücklich im Katalog des § 1 umgesetzt. Es handelt sich dabei einerseits um Art 4 Abs 1 Z 23 und 39
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24 MiFID. Andererseits zählen dazu Art 2 Z 1, 7 und 8 MiFID-DRL. Dass eine Umsetzung der Begriffsdefinitionen von Art 2 DVO nicht zu erfolgen hat, wurde bereits in Rz 1 dargetan. Hinsichtlich der Nichtumsetzung der in Art 2 Z 7 und 8 MiFID-DRL vorgenommenen Begriffsbestimmungen wird in den Erl RV zu § 1 (Zu Z 28 bis 33) ausgeführt, dass sie bereits in anderen Bestimmungen umgesetzt wurden und sich teilweise in der DVO befinden. Das gilt nun eindeutig für die Definition des Wertpapierfinanzierungsgeschäfts in Art 2 Z 8 MiFIDDRL, für das es eine Legaldefinition in Art 2 Z 10 DVO gibt. Ebenso klar ist es in dem von den Erl RV zu § 1 (Zu Z 28 bis 33) erwähnten Fall des Art 2 Z 7 MiFID-DRL mit der Begriffsbestimmung der „Person, zu der eine relevante Person eine familiäre Bindung hat“, die durch § 23 umgesetzt wird. Weniger eindeutig ist dies für die Definition der Informationsverbreitungskanäle in Art 2 Z 1 MiFID-DRL. Aus den Erl RV zu § 1 (Zu Z 28 bis 33) ergibt sich, dass Art 2 Z 1 MiFID-DRL im Rahmen von § 1 Z 28 bis 33 umgesetzt worden sein soll. Eine diesbezügliche explizite Begriffsbestimmung der Informationsverbreitungskanäle fehlt jedoch im Rahmen dieser Definitionen. Allein in § 1 Z 27, also außerhalb der vom Gesetzgeber in den Mat diesbezüglich als relevant angeführten Vorschriften, werden die Informationsverbreitungskanäle durch Verweis auf § 48 f Abs 1 Z 7 BörseG näher definiert. Im Hinblick auf die Nichtumsetzung von Art 4 Abs 1 Z 23 und 24 MiFID fehlt in den Mat jeder Hinweis auf die Gründe für diese Vorgangsweise. Da es sich dabei um die Begriffsbestimmungen betreffend Kreditinstitute sowie OGAW-Verwaltungsgesellschaften handelt, wird davon auszugehen sein, dass der Gesetzgeber angesichts des Verweises auf die Begriffsbestimmungen insb des BWG und des BörseG in § 1 letzter Satz keinen diesbezüglichen Umsetzungsbedarf gesehen hat.
Ausnahmen § 2. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden keine Anwendung auf: 1. Versicherungsunternehmen gemäß §§ 1 und 1 a Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG, BGBl. Nr. 569/1978, nach Maßgabe von Abs. 2; 2. Personen, die Wertpapierdienstleistungen ausschließlich für ihr Mutterunternehmen, ihre Tochterunternehmen oder andere Tochterunternehmen ihres Mutterunternehmens erbringen; 3. Personen, deren Wertpapierdienstleistungen ausschließlich in der Verwaltung von Systemen der Arbeitnehmerbeteiligung bestehen; 40
Ausnahmen
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4. Personen, die ausschließlich gemäß Z 2 und 3 Wertpapierdienstleistungen erbringen; 5. Personen, die nur gelegentlich Wertpapierdienstleistungen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erbringen, wenn diese Tätigkeit durch Gesetze oder Standesregeln geregelt ist, die die Erbringung dieser Dienstleistung nicht ausschließen; 6. Personen, deren Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit nur im Handel für eigene Rechnung besteht, sofern sie keine Market Maker sind oder in organisierter und systematischer Weise häufig für eigene Rechnung außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems Handel treiben, indem sie ein für Dritte zugängliches System anbieten, um mit ihnen Geschäfte durchzuführen; 7. die Oesterreichische Nationalbank, ausgenommen ihre Meldepflicht gemäß § 64 Abs. 1, sowie andere Mitglieder des Europäischen Systems der Zentralbanken; 8. die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur; 9. Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs. 1 Investmentfondsgesetz – InvFG 1993, BGBl. Nr. 532/1993, vorbehaltlich des Abs. 3 sowie Kapitalanlagegesellschaften für Immobilien gemäß § 2 Abs. 1 Immobilien-Investmentfondsgesetz – ImmoInvFG, BGBl. I Nr. 80/2003; 10. Pensionskassen nach dem Pensionskassengesetz – PKG, BGBl. Nr. 281/1990, sowie Mitarbeitervorsorgekassen gemäß Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz – BMVG, BGBl. I Nr. 100/2002; 11. Personen, die für eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln oder Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Derivatkontrakte gemäß § 1 Z 6 lit. e bis g und j für die Kunden ihrer Haupttätigkeit erbringen, sofern dies a) auf Ebene der Unternehmensgruppe eine Nebentätigkeit zu ihrer Haupttätigkeit darstellt und b) diese Haupttätigkeit weder in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 1 Z 2 noch von Bankgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 BWG besteht. Die für Kunden der Haupttätigkeit zu erbringenden Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Derivatkontrakte gemäß § 1 Z 6 lit. e bis g und j haben in einem sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit zu stehen. 12. Personen, die im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit die Anlageberatung betreiben, die als solche nicht gesondert vergütet wird; 13. Personen, deren Haupttätigkeit im Handel für eigene Rechnung mit Waren oder Warenderivaten gemäß § 1 Z 6 lit. e bis g 41
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besteht, und die nicht Teil einer Unternehmensgruppe sind, deren Haupttätigkeit in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 1 Z 2 oder von Bankgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 BWG besteht; 14. Unternehmen, die ausschließlich eine oder mehrere der nachstehenden Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten erbringen, sofern Clearingmitglieder der in lit. a genannten Märkte oder Handelssysteme für die Erfüllung der von solchen Unternehmen an diesen Märkten oder in diesen Handelssystemen abgeschlossenen Geschäfte haften: a) der Handel für eigene Rechnung an geregelten Märkten oder in multilateralen Handelssystemen, an oder in denen Derivate gehandelt werden (Derivatmärkte), und auf Kassamärkten nur zur Absicherung von Positionen auf den genannten Derivatemärkten; b) der Handel für Rechnung anderer Mitglieder dieser Märkte; c) die Stellung von An- und Verkaufsangeboten als Market Maker für Rechnung anderer Mitglieder dieser Märkte (Lokale Firmen); 15. Natürliche Personen, die wenngleich selbständig, eine oder mehrere Dienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 und 3 ausschließlich bezüglich Finanzinstrumenten gemäß § 1 Z 6 lit. a und c im Namen und auf Rechnung einer Wertpapierfirma gemäß § 3, eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, eines österreichischen Kreditinstituts oder eines österreichischen Versicherungsunternehmens nach Maßgabe von Abs. 2 im Inland erbringen, brauchen keine Konzession gemäß den §§ 3 oder 4. Das Unternehmen haftet für das Verschulden der Personen, deren es sich bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen bedient, gemäß § 1313 a ABGB. In Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der übrigen für Wertpapierdienstleistungen geltenden Gesetze und Verordnungen ist das Verhalten der selbständigen Vertreter jedenfalls nur dem Unternehmen selbst zuzurechnen. (2) Auf Versicherungsunternehmen, die die Vermittlung von Investmentfondsanteilen gemäß § 3 Abs. 3 VAG durchführen, finden hinsichtlich dieser Tätigkeit die Bestimmungen der §§ 16 bis 25, 28, 34, 35, 38 bis 43, 46 und 48 bis 49, 91, 92 Abs. 9 und 10 und der §§ 94 bis 96 Anwendung; sofern diese Versicherungsunternehmen gemäß den Vorschriften des VAG über eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion und eine interne Revision verfügen, können die in §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben von der betreffenden 42
Ausnahmen
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Organisationseinheit ausgeübt werden. Diese Gesellschaften sind dem Subrechnungskreis Wertpapierdienstleistungen zuzurechnende Kostenpflichtige im Sinne des § 90 Abs. 1 und bei der Erlassung der Verordnung nach § 90 Abs. 2 zu 67 vH zu berücksichtigen. Die auf sie entfallenden Beträge sind mit Bescheid vorzuschreiben. (3) Auf Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs. 1 InvFG 1993, die Dienstleistungen nach § 3 Abs. 2 Z 1 und 2 erbringen, finden hinsichtlich dieser Tätigkeiten die Bestimmungen der §§ 15 Abs. 3, 16 bis 26, 29 bis 51, 52 Abs. 1 bis 4, 53, 54 Abs. 1, 91, 92 Abs. 9 und 10 und der §§ 94 bis 96 Anwendung. Diese Gesellschaften sind dem Subrechnungskreis Wertpapierdienstleistungen zuzurechnende Kostenpflichtige im Sinne des § 90 Abs. 1 und bei der Erlassung der Verordnung nach § 90 Abs. 2 zu 67 vH zu berücksichtigen. Die auf sie entfallenden Beträge sind mit Bescheid vorzuschreiben. Schrifttum: FMA, Rundschreiben in Hinblick auf die Vermittlung von Investmentfondsanteilen durch Versicherungsunternehmen gemäß § 3 Abs. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) (an alle inländischen Versicherungsunternehmen) vom 18. Mai 2004; FMA, Rundschreiben betreffend die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen bei Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007) (an alle Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Versicherungsunternehmen im Hinblick auf § 3 Abs. 3 VAG) vom 31. Oktober 2007; FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Tätigkeit von Versicherungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler gemäß § 28 WAG 2007 vom 27. Juni 2008; Granzow, Die Aufsicht über den Handel mit Energiederivaten nach dem Gesetz über das Kreditwesen (2007). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 2): „Zu § 2 Abs. 1: Zu Z 1: Hiermit wird Art. 2 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die Ausnahme für Versicherungsunternehmen vom Anwendungsbereich entspricht auch der bisher geltenden Rechtlage. Zu Z 2: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/39/EG um. Unter Personen sind sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen zu verstehen. Zu Z 3: Hiermit wird Art. 2 Abs. 1 lit. e der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Unter Personen sind sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen zu verstehen. Zu Z 4: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. f der Richtlinie 2004/39/EG um. Diese Ausnahmebestimmung ist dann anwendbar, wenn ausschließlich beide der in den
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Z 2 und 3 genannten Tätigkeiten ausgeübt werden. Unter Personen sind sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen zu verstehen. Zu Z 5: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2004/39/EG um und entspricht der schon bisher bestehenden Regelung. Zu Z 6: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2004/39/EG um und entspricht der schon bisher bestehenden Regelung. Zu Z 7 und 8: Diese Bestimmungen setzen Art. 2 Abs. 1 lit. g der Richtlinie 2004/39/EG um. Die teilweise Ausnahme der Oesterreichischen Nationalbank sowie die Ausnahme der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur entspricht der bisher geltenden Rechtslage. Zu Z 9 und 10: Hiermit wird Art. 2 Abs. 1 lit. h der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu Z 11: Diese Bestimmung setzt die Ausnahmebestimmung in Art. 2 Abs. 1 lit. i der Richtlinie 2004/39/EG um und ist auf Unternehmen anzuwenden, die als Nebengeschäft zu ihrer Haupttätigkeit Handel auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten tätigen oder Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Warenderivate gemäß Anhang I Abschnitt C Z 5 bis 7 der Richtlinie 2004/39/EG sowie Derivate gemäß Anhang I Abschnitt C Z 10 der Richtlinie 2004/39/EG erbringen, sofern diese Unternehmen nicht einer Unternehmensgruppe angehören, deren Haupttätigkeit die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Bankgeschäfte betrifft. Da diese Unternehmen weder dem WAG 2007 noch dem BWG unterliegen, gelten für sie die Eigenmittelvorschriften des BWG nicht. Die Ausnahmebestimmung können nur die Personen in Anspruch nehmen, die die Voraussetzungen für diese Ausnahme auf Dauer erfüllen. Auf Personen, deren Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind und bei denen es sich dabei auf Ebene der Unternehmensgruppe um Nebentätigkeiten zu ihrer Haupttätigkeit handelt, ist die Ausnahmeregelung für Nebentätigkeiten dann nicht mehr anwendbar, wenn die betreffenden Dienstleistungen oder Tätigkeiten beim Unternehmen selbst oder auf Ebene der Unternehmensgruppe nicht mehr bloß eine Nebentätigkeit zu ihrer Haupttätigkeit darstellen (vgl. Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2004/39/EG). Die den Energieversorgungsunternehmen eigentümlichen Tätigkeiten, wie die Energieerzeugung und Energieversorgung, sind als Haupttätigkeit dieser Unternehmen anzusehen. Mit dieser Haupttätigkeit stehen insbesondere auch die Beschaffung und Veräußerung von Energie, die Verwaltung von Energieportfolios sowie die Absicherung des Preisniveaus durch Finanzinstrumente in einem sachlichen Zusammenhang. Sofern derartige Dienstleistungen für die Kunden der Haupttätigkeit erbracht werden, unterliegen diese Dienstleistungen der Ausnahmebestimmung. Unternehmen, die selbst oder auf Ebene der Unternehmensgruppe einer Haupttätigkeit als Warenproduzent oder -händler nachgehen und diese Geschäftsrisiken durch Eigengeschäfte absichern wollen, unterliegen somit der Ausnahmeregelung. Weiters können Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereichs des WAG 2007 Wertpapierdienstleistungen im Rahmen einer
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Nebentätigkeit zur Absicherung der Geschäfte der Kunden ihrer eigenen Haupttätigkeit erbringen, sofern die Nebentätigkeit im Sachzusammenhang mit ihrer Haupttätigkeit steht. Zu Z 12: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. j der Richtlinie 2004/39/EG um. Die gewerbliche Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit darf nicht ohne Konzession der FMA erbracht werden. Zu Z 13: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. k der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Z 14: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. l der Richtlinie 2004/39/EG um und stellt zugleich eine Definition der sog. ‚Lokalen Firmen‘ dar. Nach Ansicht der Europäischen Kommission enthält diese Ausnahmebestimmung zwar eine Art des Market Makings, jedoch unterliegen Fälle, in denen die Unternehmen (Lokale Firmen) nur für andere Mitglieder der genannten Märkte An- und Verkaufsangebote stellen, dieser Ausnahmebestimmung. Ist die Tätigkeit der Unternehmen (Lokalen Firmen) nicht nur auf diese anderen Marktmitglieder beschränkt, sondern richtet sie sich z. B. an eine breite Öffentlichkeit, dann gelten diese Unternehmen als ‚Market Maker‘ und bedürfen einer Konzession für ihre Tätigkeit. Zu Z 15: In dieser Ziffer wird der bisher in § 19 Abs. 2 a geregelte ‚Finanzdienstleistungsassistent‘ übernommen, der auch nach neuer Rechtslage keine WAG-Konzession benötigt und im Gegensatz zum ‚vertraglich gebundenen Vermittler‘ gemäß § 1 Z 20 für mehrere Unternehmen tätig sein kann. Sein Wirkungsbereich ist allerdings auf das Inland und auf die Vermittlung übertragbarer Wertpapiere und Organismen für gemeinsame Anlagen gemäß § 1 Z 6 lit. a und c beschränkt. Zu § 2 Abs. 3: Diese Bestimmung entspricht der Vorgängerbestimmung in § 9 WAG (aF) und setzt Art. 66 der Richtlinie 2004/39/EG um.“
Übersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die von § 2 normierten Ausnahmen im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Finanzdienstleistungsassistenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeines Im Gegensatz zur Überschrift des § 2 beinhaltet diese Vorschrift neben 1 Ausnahmebestimmungen auch inhaltliche Regelungen. Zwar fehlt dem WAG eine Art 1 MiFID vergleichbare explizite positive Regelung des Anwendungsbereichs des WAG, doch auch durch Schaffung von Ausnahmeregelungen ist es unzweifelhaft möglich, den Anwendungsbereich 45
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des WAG zu beschreiben. Insofern bildet § 2 die einzige generelle Festlegung des Anwendungsbereichs des WAG, die um einzelne inhaltliche Aussagen ergänzt wird. Während § 2 Abs 1 bestimmte Personen und Unternehmen vom personellen Anwendungsbereich des WAG ausnimmt, werden in § 2 Abs 2 und 3 Sonderregeln für Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften normiert. Die Ausnahmebestimmungen des § 2 Abs 1 sind insb damit zu rechtfertigen, dass eine Einbeziehung dieses Personenkreises in den Anwendungsbereich des WAG im Hinblick auf den Anlegerschutz nicht erforderlich erscheint (idS auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 1). Das gilt zum einen, weil die in § 2 Abs 1 angeführten Personen und Unternehmen ohnehin anderen aufsichtsrechtlichen Regimen unterstehen. Zum anderen sind auf Grund der Natur der Tätigkeiten dieses Personenkreises keine oder allenfalls vernachlässigbare Gefahren für Anleger zu erwarten. Die einzelnen, in § 2 verwendeten Begriffe sind grundsätzlich iSd Begriffsdefinitionen des § 1 zu verstehen. § 2 Abs 1 folgt grundsätzlich dem Katalog des Art 2 Abs 1 lit a bis l MiFID. Die Nichtberücksichtigung der beiden Ausnahmebestimmungen des Art 2 Abs 1 lit m und n MiFID erklärt sich daraus, dass es sich dabei um für Österreich nicht einschlägige Ausnahmen für bestimmte Länder handelt.
II. Die von § 2 normierten Ausnahmen im Detail 2 Die Ausnahme für Versicherungsunternehmen gemäß § 2 Abs 1 Z 1
beruht auf Art 2 Abs 1 lit a MiFID (vgl auch Erwägungsgrund 10 MiFID) und ist – wie schon der Gesetzestext selbst normiert – iZm § 2 Abs 2 zu lesen. § 2 Abs 2 ordnet in Satz 1 zum einen nämlich eine Teilanwendung bestimmter, taxativ aufgezählter Vorschriften des WAG auf Versicherungsunternehmen an, welche die Vermittlung von Investmentfondsanteilen nach § 3 Abs 3 VAG durchführen (vgl dazu auch das an sich überholte, in seiner wesentlichen Aussage betreffend die Verpflichtung zur Einhaltung der einschlägigen Vorschriften des WAG aber immer noch aktuelle FMA, Rundschreiben in Hinblick auf die Vermittlung von Investmentfondsanteilen durch Versicherungsunternehmen gemäß § 3 Abs. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz [VAG] [an alle inländischen Versicherungsunternehmen] vom 18. Mai 2004). Bei diesen Bestimmungen des WAG handelt es sich um organisatorische Vorschriften (§§ 16–24), Vorschriften betreffend Auslagerungen (§ 25) sowie vertraglich gebundene Vermittler (§ 28), Regelungen bezüglich Interessenkonflikte (§§ 34 f), Bestimmungen zur Wahrung von Kundeninteressen (§§ 38–43, 46, 48 f), Verfahrensvorschriften (§§ 91 sowie 92 Abs 9 und 46
Ausnahmen
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10) sowie Strafbestimmungen (§§ 94–96). Andere, von § 3 Abs 3 VAG an sich erfasste Tätigkeiten führen nach dem insoweit klaren Gesetzeswortlaut des § 2 Abs 2 grundsätzlich zu keiner Teilanwendung des WAG. Ebenso wenig bedeutet die Regelung des § 2 Abs 2, dass die sich aus dem VAG ergebenden Grenzen für die Tätigkeiten von Versicherungsunternehmen insoweit modifiziert wären (vgl idS nunmehr auch FMA, RS VU als VGV Punkt 3.; § 15 Rz 4). Vielmehr beschränkt sich der Regelungsgehalt des § 2 Abs 2 allein auf Aspekte der Wertpapieraufsicht. Die durch § 2 Abs 2 angeordnete Teilanwendung des WAG wird insofern abgeschwächt, dass der Gesetzgeber die Ausübung der in den §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben durch eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion und eine interne Revision zulässt, sofern diese Einrichtungen gemäß den Vorschriften des VAG bestehen. Nach den Erl RV zu § 2 (Zu Z 1) entspricht die Ausnahme für Versicherungsunternehmen der bisher geltenden Rechtslage. Zum anderen wird in § 2 Abs 2 Satz 2 und 3 eine Regelung betreffend die Tragung der Kosten der FMA normiert. Vgl zu dem in diesem Zusammenhang verwendeten Begriff des Subrechnungskreises § 90 Rz 3. Zur Berücksichtigung innerhalb des Subrechnungskreises mit 67 % vgl § 90 Rz 7. Die in § 2 Abs 2 Satz 3 angeordnete Vorschreibung der Kostenbeiträge mittels Bescheids entspricht § 90 Abs 2 (vgl dazu § 90 Rz 6). Die Ausnahmen nach § 2 Abs 1 Z 2, 3 und 4 entsprechen Art 2 Abs 1 3 lit b, e und f MiFID. Die Erl RV zu § 2 (Zu Z 2, Zu Z 3 sowie Zu Z 4) halten fest, dass unter Personen sowohl natürliche als auch juristische Personen zu verstehen sind (vgl Erwägungsgrund 9 MiFID). Offenkundiger Zweck dieser Ausnahmen ist, Tätigkeiten ohne Teilnahme am Markt für Finanzdienstleistungen für fremde Rechnung im weiteren Sinn vom Anwendungsbereich des WAG mangels eines diesbezüglichen Schutzbedürfnisses auszunehmen (vgl Erwägungsgrund 8 und 11 MiFID). Besonders deutlich wird dies bei § 2 Abs 1 Z 2, der auf eine ausschließliche Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für das Mutterunternehmen, eigene Tochterunternehmen oder andere Tochterunternehmen des Mutterunternehmens abstellt und damit „konzerninterne“ Tätigkeiten im Auge hat. Da nur eine ausschließliche Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Konzern freigestellt ist, scheidet eine Inanspruchnahme dieser Vorschrift aus, sofern zusätzlich zu konzerninternen Tätigkeiten Wertpapierdienstleistungen außerhalb des in § 2 Abs 1 Z 2 definierten Konzernverhältnisses erbracht werden. Die Begriffe des Mutter- und des Tochterunternehmens sind iSd § 1 Z 23 und 24 zu verstehen. Das zeigt sich nicht zuletzt in der gesetzlichen Umschreibung von Schwesterunternehmen als „andere Tochterunternehmen ihres Mutterunternehmens“, liegt doch der Sinn 47
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einer derart komplizierten, wenn auch nach dem Vorbild des Art 2 Abs 1 lit b MiFID erfolgten Umschreibung unzweifelhaft auch in einem Anknüpfen an den in § 1 vorgenommenen Begriffsdefinitionen. § 2 Abs 1 Z 3 nimmt ausschließlich in der Verwaltung von Systemen der Arbeitnehmerbeteiligung bestehende Wertpapierdienstleistungen vom Anwendungsbereich des WAG aus. Gerechtfertigt wird dies mit der dabei fehlenden Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für Dritte (vgl Erwägungsgrund 13 MiFID). Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 1 Z 4 wiederum erfasst Tätigkeiten, die – wie die Erl RV zu § 2 (Zu Z 4) sowie Art 2 Abs 1 lit f MiFID zeigen – in der ausschließlichen und kumulativen Ausübung der in § 2 Abs 1 Z 2 und 3 umschriebenen Aktivitäten bestehen. 4 § 2 Abs 1 Z 5 setzt Art 2 Abs 1 lit c MiFID um und entspricht dem
bisherigen § 9 Z 3 WAG aF (idS schon Erl RV zu § 2 [Zu Z 5]). Der Zweck dieser Ausnahme besteht darin, dass vom Anwendungsbereich des WAG nur jene Unternehmen erfasst werden sollen, die im Rahmen der üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Wertpapierdienstleistungen erbringen oder Anlagetätigkeiten ausüben (Erwägungsgrund 7 MiFID). Auf Grund der vom Gesetz verlangten gelegentlichen Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit darf die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen weder regel- oder planmäßig noch ohne Zusammenhang mit der eigentlichen beruflichen Tätigkeit erfolgen. Entscheidend ist, dass die Erbringung der Wertpapierdienstleistungen so erfolgt, wie es die Berufsausübung gerade mit sich bringt (Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 30). Als Bsp für die hier einschlägigen Berufe werden Rechtsanwälte und Notare angeführt (vgl Winternitz, WAG § 9 Rz 6). Sowohl aus § 2 Abs 1 Z 5 als auch aus Art 2 Abs 1 lit c MiFID sowie aus Erwägungsgrund 12 MiFID geht hervor, dass auf Grund der Wendung von den durch Gesetze oder Standesregeln geregelten Tätigkeiten die berufliche Tätigkeit der einschlägigen Personen als solche geregelt sein muss, ohne dass es auf eine explizite Regelung der gelegentlichen Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch die einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften ankommen würde. Schließlich wird nur verlangt, dass durch das Berufsrecht die Erbringung derartiger Dienstleistungen nicht ausgeschlossen ist. 5 Wie schon bei den Ausnahmen nach § 2 Abs 1 Z 2, 3 und 4 zielt auch
die Vorschrift des § 2 Abs 1 Z 6 darauf ab, Tätigkeiten ohne Teilnahme am Markt für fremde Rechnung angesichts eines diesbezüglich fehlenden Schutzbedürfnisses vom Anwendungsbereich des WAG auszunehmen. Die in § 2 Abs 1 Z 6 normierte Ausnahme für den Handel auf eigene Rechnung setzt Art 2 Abs 1 lit d MiFID grundsätzlich wort48
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wörtlich um und entspricht der bisherigen Rechtslage (Erl RV zu § 2 [Zu Z 6]). Entsprechend dem Normzweck kennt § 2 Abs 1 Z 6 zwei Gegenausnahmen, in denen der Handel zwar an sich auf eigene Rechnung erfolgt, aber dennoch im Ergebnis zu einem andere berührenden Auftreten am Markt führt. Zum einen handelt es sich bei den Gegenausnahmen um ein Handeln auf eigene Rechnung als Market Maker (vgl Erwägungsgrund 8 MiFID). Der Begriff des Market Maker ist dabei in § 1 Z 11 definiert (vgl dazu § 1 Rz 21). Zum anderen wird ein Handeln für eigene Rechnung vom Anwendungsbereich des WAG erfasst, sofern dies in organisierter und systematischer Weise außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF geschieht. Zusätzlich ist diesfalls noch erforderlich, dass dieser Handel durch Anbieten eines für Dritte zugänglichen Systems erfolgt, um mit den Dritten Geschäfte durchzuführen (vgl Erwägungsgrund 8 MiFID). Die Ausnahmen nach § 2 Abs 1 Z 7 und 8 beruhen auf Art 2 Abs 1 6 lit g MiFID und entsprechen der bisherigen Rechtslage (Erl RV zu § 2 [Zu Z 7 und 8]), und zwar § 9 Z 2 und 4 WAG aF. Dabei wird die in § 2 Abs 1 Z 7 für die Oesterreichische Nationalbank normierte Ausnahme vom Anwendungsbereich insoweit durchbrochen, als die Meldepflicht nach § 64 Abs 1 aufrecht bleibt (vgl dazu § 64 Rz 10). Gänzlich ausgenommen vom Anwendungsbereich des WAG bleiben nach § 2 Abs 1 Z 7 die anderen Mitglieder des Europäischen Systems der Zentralbanken. Die Ausnahme der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur nach § 2 Abs 1 Z 8 beruht auf Art 2 Abs 1 lit g zweite Alternative MiFID („andere staatliche Stellen, die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt sind“). Auf Grund der ausdrücklichen Aufzählung der ausgenommenen Institutionen in § 2 Abs 1 Z 7 und 8 stellt sich die Frage nach der unmittelbaren Nichterfassung anderer derartiger Einrichtungen vom Anwendungsbereich des WAG derzeit nicht. Allerdings wird in Erwägungsgrund 14 MiFID diesbezüglich darauf hingewiesen, dass Stellen mit öffentlicher Kapitalbeteiligung, deren Aufgabe gewerblicher Art ist oder mit der Übernahme von Beteiligungen zusammenhängt, vom Anwendungsbereich der MiFID und daher auch des WAG nicht auszunehmen sind. § 2 Abs 1 Z 9 beruht auf Art 2 Abs 1 lit h MiFID und nimmt Kapital- 7 anlagegesellschaften nach § 2 Abs 1 InvFG sowie solche nach § 2 Abs 1 ImmoInvFG vom Anwendungsbereich des WAG aus. Allerdings ist hinsichtlich der Kapitalanlagegesellschaften nach § 2 Abs 1 InvFG nicht zuletzt auf Grund entsprechender Anordnung in § 2 Abs 1 Z 9 auch § 2 Abs 3 zu beachten. Ausweislich der Mat (Erl RV zu § 2 [Zu § 2 Abs. 3]) entspricht § 2 Abs 3 der Vorgängerbestimmung in § 9 WAG aF und setzt Art 66 MiFID um. § 2 Abs 3 bestimmt für 49
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Kapitalanlagegesellschaften nach § 2 Abs 1 InvFG eine Teilanwendung des WAG, sofern und soweit diese Dienstleistungen nach § 3 Abs 2 Z 1 und 2, also die Anlageberatung betreffend Finanzinstrumente sowie die in § 3 Abs 2 Z 2 näher umschriebene Portfolioverwaltung, erbringen. Die taxativ aufgezählten Vorschriften umfassen organisatorische Bestimmungen (§§ 15 Abs 3, 16–24), Regelungen betreffend Auslagerungen (§§ 25 f), Vorschriften bezüglich des Schutzes von Kundeninteressen (§§ 29–51, 52 Abs 1 bis 4, 53, 54 Abs 1), Verfahrensvorschriften (§§ 91 sowie 92 Abs 9 und 10) sowie Strafbestimmungen (§§ 94–96). Die in § 2 Abs 3 zweiter und dritter Satz normierten Regelungen betreffend die Kostentragung entsprechen wortwörtlich denen des § 2 Abs 2. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in Rz 2 kann daher verwiesen werden. Zum Normzweck dieser Vorschrift vgl im Anschluss Rz 8. 8 Die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs 1 Z 10 für Pensionskassen und
Mitarbeitervorsorgekassen wird ebenfalls auf Art 2 Abs 1 lit h MiFID gestützt und ist grundsätzlich selbsterklärend. Der Normzweck dieser Ausnahme liegt wohl nicht zuletzt darin, dass in diesen Fällen in einer mit einem Handeln auf eigene Rechnung vergleichbaren Art am Markt teilgenommen wird. Erwägungsgrund 15 MiFID rechtfertigt diese Ausnahme damit, dass für derartige Einrichtungen besondere, unmittelbar auf ihre Tätigkeit zugeschnittene Regeln gelten. Nicht erforderlich ist dagegen – wie nicht zuletzt Art 2 Abs 1 lit h MiFID zeigt –, dass derartige Einrichtungen anderen europarechtlichen Vorschriften als jenen der MiFID unterstellt sind; ausreichend sind entsprechende nationale Vorschriften. 9 Der auf Art 2 Abs 1 lit i MiFID beruhende § 2 Abs 1 Z 11 nimmt
einerseits Personen – die Erl RV zu § 2 (Zu Z 11) sprechen diesbezüglich von Unternehmen – vom Anwendungsbereich des WAG aus, falls sie für eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln. Andererseits wird von dieser Ausnahmevorschrift die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen betreffend Derivatkontrakte gemäß § 1 Z 6 lit e bis g und j für Kunden ihrer Haupttätigkeit erfasst, sofern diese Wertpapierdienstleistungen in einem sachlichen Zusammenhang zur Haupttätigkeit stehen. Erforderlich ist ferner, dass die ausgenommenen Aktivitäten auf Ebene der Unternehmensgruppe eine Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit darstellen und die Haupttätigkeit der Unternehmensgruppe weder in einer Erbringung von Wertpapierdienstleistungen iSd § 1 Z 2 noch in der von Bankgeschäften nach § 1 Abs 1 BWG besteht. Die Erl RV zu § 2 (Zu Z 11) weisen darauf hin, dass damit Unternehmen, die selbst oder auf Ebene der Unternehmensgruppe einer Haupttätigkeit als Warenproduzent oder -händler nachgehen und diese
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Geschäftsrisiken durch Eigengeschäfte absichern wollen, der Ausnahmeregelung des § 2 Abs 1 Z 11 unterliegen (vgl idS auch Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 41). Ebenso werden von der Ausnahmeregelung des § 2 Abs 1 Z 11 nach den Mat Unternehmen erfasst, die im Rahmen einer Nebentätigkeit zur Absicherung der Geschäfte der Kunden ihrer eigenen Haupttätigkeit Wertpapierdienstleistungen erbringen, sofern die Nebentätigkeit in einem Sachzusammenhang mit ihrer Haupttätigkeit steht. Der Begriff der Unternehmensgruppe findet sich sowohl in § 2 Abs 1 10 Z 11 als auch in § 2 Abs 1 Z 13 und beruht auf der Verwendung der Begriffe „Unternehmensgruppe“ und „Gruppe“ in Art 2 Abs 1 lit i und lit k MiFID. In der englischen Sprachfassung der MiFID findet sich dagegen in beiden Bestimmungen übereinstimmend das Wort „group“. Zur Auslegung der Wendung „Unternehmensgruppe“ empfiehlt sich daher ein Rückgriff auf die Legaldefinition des § 1 Z 32, beruht diese doch auf jener des Art 2 Z 5 MiFID-DRL von „group“ bzw „Gruppe“ (aA Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 45). Als Bsp für den Anwendungsbereich des § 2 Z 11 führen die Erl RV zu § 2 (Zu Z 11) den Fall eines Energieversorgungsunternehmens an. Dessen eigentümliche Tätigkeiten, wie die Energieerzeugung und Energieversorgung, sind die Haupttätigkeiten eines solchen Unternehmens. In einem sachlichen Zusammenhang mit diesen Haupttätigkeiten stehen insb die Beschaffung und Veräußerung von Energie, die Verwaltung von Energieportfolios sowie die Absicherung des Preisniveaus durch Finanzinstrumente. Sofern derartige Dienstleistungen für Kunden der Haupttätigkeit erbracht werden, unterliegen diese Dienstleistungen der Ausnahmebestimmung. Ferner weisen die Erl RV zu § 2 (Zu Z 11) darauf hin, dass solche Unternehmen weder dem WAG noch dem BWG unterliegen und daher die Eigenmittelvorschriften des BWG für sie nicht einschlägig sind. Sie betonen unter Berufung auf Erwägungsgrund 16 MiFID überdies, dass die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs 1 Z 11 nur bei dauerhafter Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen in Anspruch genommen werden könne. Daran fehlt es nach Ansicht des Gesetzgebers dann, wenn die betreffenden Dienstleistungen oder Tätigkeiten beim Unternehmen selbst oder auf der Ebene der Unternehmensgruppe nicht mehr bloß eine Nebentätigkeit zu ihrer Haupttätigkeit darstellen. Die Ausnahmevorschrift nach § 2 Abs 1 Z 12 geht auf Art 2 Abs 1 lit j 11 MiFID zurück. Die von § 2 Abs 1 Z 12 erfasste Anlageberatung darf – arg „im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit“ – berufsrechtlich nicht unzulässig sein. Dabei ist eine andere Tätigkeit, wie nicht zuletzt Art 2 Abs 1 lit j MiFID zeigt, eine nicht der MiFID und dem WAG unterliegende Tätigkeit. Entscheidend ist nach § 2 Abs 1 Z 12, dass die 51
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Anlageberatung nicht zum Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit werden darf. Dementsprechend darf die Anlageberatung nicht als solche gesondert vergütet werden. Zulässig bleibt jedoch eine Vergütung für die andere berufliche Tätigkeit. Im Zuge der Berechnung dieser Vergütung wird eine Berücksichtigung der anlageberatenden Tätigkeiten möglich sein. Das gilt umso mehr, als die Mat (Erl RV zu § 2 [Zu Z 12]) betonen, dass die „gewerbliche“ Anlageberatung bezüglich Finanzinstrumente im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit nicht ohne Konzession der FMA erbracht werden dürfe. Diese Aussage macht deutlich, dass es dem Gesetzgeber bei § 2 Abs 1 Z 12 nicht um die Verhinderung jeglicher, auch mittelbarer Vergütungen für anlageberatende Tätigkeiten gegangen ist, sondern nur darum, gewerbliche Tätigkeiten dem Regime des WAG zu unterwerfen. Insofern bildet das Kriterium der gesonderten Vergütung bloß ein Indiz für das Vorliegen einer vom Gesetzgeber dem Anwendungsbereich des WAG unterstellten „gewerblichen“ Tätigkeit. Mit § 2 Abs 1 Z 5 hat § 2 Abs 1 Z 12 somit den Normzweck gemeinsam, Personen vom Anwendungsbereich des WAG auszusparen, die eine andere berufliche Tätigkeit ausüben (vgl Erwägungsgrund 7 MiFID). Die wohl wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Vorschriften bestehen zum einen darin, dass § 2 Abs 1 Z 12 nur die Anlageberatung erfasst, während § 2 Abs 1 Z 5 allgemein Wertpapierdienstleistungen zum Gegenstand hat. Der Kreis der vom Anwendungsbereich des WAG ausgenommenen Tätigkeiten wird zum anderen unterschiedlich bestimmt: Nach § 2 Abs 1 Z 5 kommt es auf eine bloß gelegentliche Tätigkeit an. Dagegen stellt § 2 Abs 1 Z 12 das Kriterium der gesonderten Vergütung in den Mittelpunkt der Regelung. Dessen ungeachtet wird insb im Hinblick auf die sonst bestehende Umgehungsgefahr zu fordern sein, dass – arg „im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit“ – ein Zusammenhang zwischen der Anlageberatung und der anderen beruflichen Tätigkeit besteht und die Anlageberatung gegenüber der anderen beruflichen Tätigkeit bloß eine untergeordnete Nebendienstleistung bildet (idS Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 54). 12 Durch § 2 Abs 1 Z 13 wird Art 2 Abs 1 lit k MiFID umgesetzt und
der als Haupttätigkeit von einer Person betriebene Handel für eigene Rechnung mit Waren oder Warenderivaten nach § 1 Z 6 lit e bis g vom Anwendungsbereich des WAG ausgenommen. Voraussetzung ist jedoch, dass derartige Personen nicht Teil einer Unternehmensgruppe (dazu vgl schon Rz 10) sind, deren Haupttätigkeit in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen iSd § 1 Z 2 oder von Bankgeschäften nach § 1 Abs 1 BWG besteht. Es handelt sich dabei um eine Ausnahme für spezialisierte Waren- und Warenderivathändler, hinsichtlich derer Uneinigkeit über eine angemessene Regulierung bestanden hat (Ass52
Ausnahmen
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mann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 57; insb zur Bedeutung dieser Regelung für den Handel mit Energiederivaten vgl Granzow, Die Aufsicht über den Handel mit Energiederivaten nach dem Gesetz über das Kreditwesen [2007] insb 168 ff). Die in § 2 Abs 1 Z 14 vorgesehene Ausnahmeregelung für Lokale 13 Firmen beruht auf Art 2 Abs 1 lit l MiFID und setzt einerseits voraus, dass vom jeweiligen Unternehmen ausschließlich eine oder mehrere der in § 2 Abs 1 Z 14 lit a bis c normierten Tätigkeiten erbracht werden. Andererseits wird eine Haftung von Clearingmitgliedern für die Erfüllung der von Lokalen Firmen abgeschlossenen Geschäfte verlangt. Es handelt sich somit um eine Ausnahme für die ausschließliche Erbringung bestimmter Wertpapierdienstleistungen iZm Derivatmärkten. Unter einem Handel für eigene Rechnung sind Geschäfte des Unternehmens zu verstehen, denen kein entsprechender Kundenauftrag zugrunde liegt (Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 40). Die Erl RV zu § 2 (Zu Z 14) weisen darauf hin, dass die in § 2 Abs 1 Z 14 lit c vorgesehene Tätigkeit als Market Maker nur unter den in dieser Vorschrift angeführten Voraussetzungen vom Anwendungsbereich des WAG ausgenommen ist. Beschränkt sich die Tätigkeit der Lokalen Firmen nicht auf andere Marktmitglieder, so benötigen diese Unternehmen eine entsprechende Konzession.
III. Finanzdienstleistungsassistenten Die Regelung des § 2 Abs 1 Z 15 übernimmt den bisher in § 19 Abs 2 a 14 WAG aF geregelten Finanzdienstleistungsassistenten in das neue Recht (Erl RV zu § 2 [Zu Z 15]). Die Aufnahme dieser Vorschrift in den Katalog des § 2 Abs 1 rechtfertigt sich damit, dass dieser „Finanzdienstleistungsassistent neu“ nach § 2 Abs 1 Z 15 erster Satz von der Konzessionspflicht nach den §§ 3 und 4 ausgenommen wird. Der Tätigkeitsbereich des „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ ist sachlich auf eine oder mehrere Dienstleistungen gemäß § 3 Abs 2 Z 1 und 3 ausschließlich bezüglich Finanzinstrumenten nach § 1 Z 6 lit a und c beschränkt. Örtlich hat der „Finanzdienstleistungsassistent neu“ im Inland tätig zu werden. Schließlich muss er im Namen und auf Rechnung einer Wertpapierfirma gemäß § 3, eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, eines österreichischen Kreditinstituts oder eines österreichischen Versicherungsunternehmens iSd § 2 Abs 2 tätig werden. Ein Tätigwerden für mehrere derartige Unternehmen ist dem „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ im Gegensatz zum vertraglich gebundenen Vermittler möglich (Erl RV zu § 2 [Zu Z 15]; zur Frage, 53
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ob ein vertraglich gebundener Vermittler gleichzeitig auch Finanzdienstleistungsassistent sein kann vgl auch § 28 Rz 17). Der Einsatz von Finanzdienstleistungsassistenten ist ferner dadurch beschränkt, dass er nur innerhalb der diesbezüglich sich aus Gesetz und Konzession ergebenden Befugnisse des Geschäftsherrn eingesetzt werden kann (vgl FMA, RS Erbringung von Wertpapierdienstleistungen S 1). 15 Ausdrücklich wird in § 2 Abs 1 Z 15 klargestellt, dass das Unterneh-
men für das Verschulden der von ihm eingesetzten „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ nach § 1313 a ABGB einzustehen hat, und dass das Verhalten selbständiger „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ bezüglich der Einhaltung der Bestimmungen des WAG sowie der übrigen für Wertpapierdienstleistungen relevanten Gesetze und Verordnungen nur dem Unternehmen selbst zuzurechnen ist. Problematisch ist, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Stellung des „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ keine mit § 28 Abs 8 WAG vergleichbare Bestimmung geschaffen hat. Allerdings geht schon der Gesetzgeber – arg „selbständig“ – davon aus, dass der „Finanzdienstleistungsassistent neu“ nicht zwingend in einem Arbeitsverhältnis zu den in § 2 Abs 1 Z 15 angeführten Rechtsträgern steht. Eine generelle Ausnahme des „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ nach dem Vorbild des § 28 Abs 8 WAG durch analoge Anwendung dieser Vorschrift könnte sich immerhin darauf stützen, dass schon die Tätigkeit des einem strengeren Regime unterliegenden und insb ex lege nur für ein einziges Unternehmen tätig werdenden vertraglich gebundenen Vermittlers ausdrücklich nicht als eine zu einem Arbeitsverhältnis im arbeits-, sozial- oder steuerrechtlichen Sinn führende Tätigkeit eingestuft wird (ohne nähere Begründung idS auch Winternitz/Aigner, WAG 8; referierend nunmehr iSd auch M. Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 [2009] 24).
16 Voraussichtlich wird es zu einer tiefgreifenden Reform des Rechts der
Finanzdienstleistungsassistenten kommen (krit dazu Bohrn/Winternitz, Reformstau beim WAG 2007, ZFR 2009, 204 f [204]), ohne dass zum jetzigen Zeitpunkt auf Grund der politischen Sensibilität dieses Themas bereits Details mit hinreichender Klarheit absehbar wären.
Wertpapierfirmen § 3. (1) Eine Wertpapierfirma ist eine juristische Person, die ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in Österreich hat und auf Grund dieses Bundesgesetzes berechtigt ist, Wertpapierdienstleistungen 54
Wertpapierfirmen
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und Anlagetätigkeiten zu erbringen. Natürliche und juristische Personen, deren Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sich auf § 4, das BWG oder das BörseG gründet, sind keine Wertpapierfirmen. (2) Die gewerbliche Erbringung folgender Wertpapierdienstleistungen bedarf einer Konzession der FMA: 1. Die Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente; 2. die Portfolioverwaltung durch Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen einer Vollmacht des Kunden, sofern das Kundenportfolio ein oder mehrere Finanzinstrumente enthält; 3. Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben; 4. der Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF). (3) Österreichische Kreditinstitute und Wertpapierfirmen sind auch zur Wertpapier- und Finanzanalyse und sonstigen allgemeinen Empfehlungen zu Geschäften mit Finanzinstrumenten berechtigt. (4) Die Berechtigung zur Erbringung anderer als der in Abs. 2 und 3 genannten Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen durch Unternehmen mit Sitz im Inland richtet sich nach dem BWG. (5) Die Konzession ist zu erteilen, wenn: 1. Das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft geführt werden soll; 2. das Eigenkapital mindestens die in Abs. 6 genannte Höhe beträgt und den Geschäftsleitern unbeschränkt und ohne Belastung in den Mitgliedstaaten zur freien Verfügung steht; 3. die Geschäftsleiter gemäß § 10 auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet sind und die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen haben; 4. das Unternehmen keine Dienstleistungen erbringt, die das Halten von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten von Kunden umfassen, so dass das Unternehmen diesbezüglich zu keiner Zeit Schuldner seiner Kunden werden kann; 5. für den Betrieb eines MTF die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Regeln und Verfahren den Anforderungen des § 67 entsprechen; 6. die Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 bis 4, 6, 7 und 9 bis 14 BWG vorliegen. 55
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Bei einem Kreditinstitut ist für die Erteilung einer Konzession zum Betrieb eines MTF Z 4 nicht anzuwenden. (6) Das Anfangskapital einer Wertpapierfirma hat mindestens zu betragen: 1. 50 000 Euro, sofern der Geschäftsgegenstand ausschließlich a) die Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente oder b) die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben, oder c) beide Geschäfte gemäß lit. a und b umfasst; 2. 125 000 Euro, sofern der Geschäftsgegenstand die Portfolioverwaltung gemäß Abs. 2 Z 2 umfasst; 3. 730 000 Euro, sofern der Geschäftsgegenstand den Betrieb eines MTF umfasst. (7) Wertpapierfirmen, die Dienstleistungen auf die in § 2 Abs. 1 Z 15 genannte Weise erbringen möchten, haben dies mit dem Antrag auf Erteilung oder Erweiterung der Konzession ausdrücklich zu beantragen. Im Bescheid, mit dem die Konzession erteilt wird, ist über die Zulässigkeit der Dienstleistungserbringung gemäß § 2 Abs. 1 Z 15 gesondert abzusprechen. (8) Die Konzession ist bei sonstiger Nichtigkeit schriftlich zu erteilen; sie kann mit entsprechenden Bedingungen und Auflagen versehen werden, auch nur auf einzelne oder mehrere Geschäfte gemäß Abs. 2 lauten und Teile von einzelnen Dienstleistungen aus dem Konzessionsumfang ausnehmen. Hinsichtlich des Antrags auf Erteilung einer Konzession ist § 4 Abs. 3 und 5 BWG anzuwenden. (9) Vor Erteilung einer Konzession ist die Entschädigungseinrichtung anzuhören. IdF BGBl I 22/2009. Schrifttum: Benke/Brandl, Die „erforderlichen Erfahrungen“ des Geschäftsleiters eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2007, 303; Brandl/ Kalss, Die „erforderlichen Eigenschaften“ von Geschäftsleitern eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2000, 943; Burkowski, Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich des WAG 2007, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 1; Holoubek/Kalss/Kwapil/N. Raschauer, Der „qualifizierte Konkurs“ im Finanzdienstleistungsbereich, ÖBA 2005, 192; Kreisl/N. Raschauer, Der erlaubte Geschäftsbereich einer KAG für Immobilien im Lichte des europäischen Kapitalmarktrechts, wbl 2009, 313; Kreisl/N. Raschauer, Strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe des österreichischen Kapitalmarktrechts, ÖJZ 2005, 99; Neumayer/Samhaber/Bohrn/Margetich/Leustek, Praxishandbuch WAG 2007 und MiFID – Das neue Berufsrecht für Finanz- und Wertpapierdienstleistung in Österreich (Loseblatt ab 2007);
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Ruhm, Hedge Fonds – Struktur, Risiko und Anlegerschutz in Österreich, ZFR 2008, 21; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiIFID (2008); Winternitz/Steinmair, Vertriebsstrukturen nach WAG 2007, ZFR 2008, 164. Erl RV GP XXIII RV 143: „Allgemeiner Teil: Eine wesentliche Neuerung des WAG 2007 ist die Einführung der „österreichischen“ Wertpapierfirma. Diese Wertpapierfirma entspricht im Wesentlichen den bisherigen „großen“ Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wobei das Tätigkeitsfeld um den Betrieb des multilateralen Handelssystems erweitert wurde. Der bisherigen Regelung folgend, wird auch in diesem Entwurf von der fakultativen Ausnahmeregelung in der Richtlinie Gebrauch gemacht, die es ermöglicht, kleinere Unternehmen im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von bestimmten Konzessionsvoraussetzungen und anderen Anforderungen auszunehmen. Diese Unternehmen entsprechen jenen Unternehmen, die bisher als „kleine“ Wertpapierdienstleistungsunternehmen bezeichnet wurden und eine Konzession für das Finanzdienstleistungsgeschäft in eingeschränkter Form besitzen.“ „Zu § 3: Abs. 1 setzt Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Weiters wird die österreichische Wertpapierfirma von Rechtsträgern abgegrenzt, die auf Basis anderer Berechtigungen Wertpapierdienstleistungen erbringen (BWG-Konzession, Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, Konzession für Wertpapierdienstleistungsunternehmen). Der Bezug auf das BörseG dient der Klarstellung, dass Betreiber geregelter Märkte, die auch ein MTF betreiben, keine Wertpapierfirmen sind. Abs. 2 setzt Art. 5 Abs. 1 sowie Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/ 39/EG hinsichtlich des Konzessionserfordernisses um. Abs. 2 Z 1 bis 3 enthalten die bisherigen Konzessionstatbestände gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 BWG. Dabei entspricht die Annahme und Übermittlung von Aufträgen der Abschlussvermittlung. Abs. 2 Z 4 enthält den neuen Konzessionstatbestand „Betrieb eines multilateralen Handelssystems“. Die genaue Umschreibung der Konzessionstatbestände ist den Begriffsbestimmungen zu entnehmen. Abs. 3 setzt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG hinsichtlich der in Anhang I Abschnitt B Z 5 genannten Nebendienstleistungen um, für diese ist eine gesonderte Konzession nicht erforderlich. Abs. 4 behält die bisherige Abgrenzung zwischen BWG- und WAG-Berechtigungen bei. Abs. 5 stellt entsprechend der bisherigen Systematik eine Auflistung der Konzessionsvoraussetzungen dar und enthält die Umsetzung folgender Bestimmungen der Richtlinie 2004/39/EG. Z 1: Art. 4 Z 1 1. Unterabsatz hinsichtlich der Rechtsform (juristische Person). Z 2: Art. 12 hinsichtlich des Anfangskapitals. Z 3: Art. 9 Abs. 1 und 3 hinsichtlich der Geschäftsleiterqualifikation. Z 4: Wie bisher umfasst die WAG-Konzession nicht das Halten von Geldern und Instrumenten von Kunden. Z 6: Durch Verweis auf § 5 Abs. 1 BWG werden folgende Richtlinienbestimmungen umgesetzt:
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Art. 7 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 4 durch § 5 Abs. 1 Z 2 BWG; Art. 10 Abs. 1 durch § 5 Abs. 1 Z 3 BWG; Art. 10 Abs. 2 durch § 5 Abs. 1 Z 4 und 4 a BWG; Art. 9 Abs. 1 und 3 durch § 5 Abs. 1 Z 6, 7 und 9 BWG; Art. 9 Abs. 4 durch § 5 Abs. 1 Z 12 BWG; Art. 5 Abs. 4 durch § 5 Abs. 1 Z 14 BWG. Abs. 6 setzt das Anfangskapitalerfordernis gemäß Art. 12 der Richtlinie 2004/39/ EG um, hinsichtlich Z 1 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2006/49/ EG, hinsichtlich Z 2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2006/49/EG und hinsichtlich Z 3 in Verbindung mit Art. 9 der Richtlinie 2006/49/EG um. Abs. 7 stellt die dem bisherigen § 19 Abs. 2 b entsprechende Übernahme des Erfordernisses der Beantragung des Einsatzes von Finanzdienstleistungsassistenten durch eine Wertpapierfirma dar. Abs. 8 und 9 entsprechen dem bisherigen § 19 Abs. 3 und 4 WAG.“ Erl RV GP XXIV RV 45 (Zu § 3 Abs. 6 Z 2, § 41 Abs. 3 und § 42 Abs. 2): „Redaktionelle Berichtigungen bzw. Anpassung von Verweisen.“
Übersicht I. II. III. A. B. C. D. E. F.
Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzessionspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzessionsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenkapital. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an die Geschäftsleiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an die Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an qualifiziert Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbot des Haltens von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten für Kunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Besondere Voraussetzungen bei Betrieb eines MTF . . . . . . . . . . . . IV. Konzessionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Überleitung von Konzessionen nach dem WAG 1997 . . . . . . . . . .
1–2 3 4–14 4 5 6–10 11 12 13 14 15–17 18
I. Begriff 1 Der Begriff der Wertpapierfirma stammt aus der dt Fassung des Art 4
Abs 1 Z 1 MiFID und ist eine sprachlich wenig geglückte Übersetzung des englischen Terminus „investment firm“ (französisch „entreprise d’investissement“). „Firma“ bedeutet in der österreichischen Rechtssprache den Namen eines Unternehmers, unter dem er seine Geschäfte betreibt und seine Unterschrift abgibt (vgl § 17 Abs 1 UGB). Die Bezeichnung Wertpapierfirma bezieht sich aber nicht primär auf den Namen des Unternehmens, sondern auf das Unternehmen an sich. Korrekt müsste das Gesetz daher – wie zuvor das WAG 1997 – von 58
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„Wertpapier(dienstleistungs)unternehmen“ sprechen; dieser Begriff wird allerdings von § 4 in Abgrenzung von den Wertpapierfirmen des § 3 gebraucht. Dass bereits die ISD den Begriff der Wertpapierfirma gekannt hat, ändert in der Sache nichts daran, dass es sich dabei aus Sicht der österreichischen Rechtssprache um eine wenig geglückte Textierung handelt (die Kritik von Wasserer, Neuordnung 162 an der Voraufl geht daher inhaltlich ins Leere). Es geht dabei auch nicht um „sprachliche Befindlichkeiten“ (so ausdrücklich Wasserer, Neuordnung 162), sondern um die Exaktheit juristischer Fachtermini. Auch wenn in der Alltagssprache die Begriffe „Firma“ und „Unternehmen“ insb von Nichtjuristen häufig gleich gesetzt werden, wäre für die rechtlichen Belange eine technisch exakte Ausdrucksweise wünschenswert. § 3 Abs 1 definiert die Wertpapierfirma als juristische Person, die ihren 2 Sitz und ihre Hauptverwaltung in Österreich hat und auf Grund des WAG berechtigt ist, Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu erbringen. Ausgenommen sind vom Begriff der Wertpapierfirma natürliche und juristische Personen, deren Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sich auf § 4, das BWG oder das BörseG gründet. Damit wird die Wertpapierfirma des § 3 WAG von anderen Rechtsträgern abgegrenzt, die ihre Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen auf andere Rechtsgrundlagen stützen, wie etwa auf eine Bankkonzession nach § 4 BWG, eine Konzession für Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 4 WAG oder die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Erl RV 9). Der Hinweis auf das BörseG stellt klar, dass Betreiber geregelter Märkte, die auch ein MTF betreiben, keine Wertpapierfirmen sind (Erl RV 9).
II. Konzessionspflicht Die Erbringung der in Abs 2 genannten Wertpapierdienstleistungen ist 3 konzessionspflichtig; die Z 1 bis 4 entsprechen dabei den bisherigen Konzessionstatbeständen des § 1 Abs 1 Z 19 BWG, wobei die Annahme und Übermittlung von Aufträgen der Abschlussvermittlung entspricht (Erl RV 9; siehe im Übrigen § 1 Rz 4). Eine Konzessionspflicht besteht dabei nach Abs 2 Z 3 nur dann, wenn diese Tätigkeit ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand hat. Der Begriff des Finanzinstruments ergibt sich dabei aus § 1 Z 7, siehe dazu im Detail bei § 1 Rz 11 ff. § 1 Z 2 lit d versteht unter Portfolioverwaltung die Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen einer Vollmacht des Kunden, sofern das Kundenportfolio ein oder mehrere Finanzinstrumente enthält (dazu näher 59
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§ 1 Rz 6). Anlageberatung ist nach § 1 Z 2 lit e die Abgabe persönlicher Empfehlungen gemäß Z 27 über Geschäfte mit Finanzinstrumenten an einen Kunden, sei es auf dessen Aufforderung oder auf Initiative des Erbringers der Dienstleistung (§ 1 Rz 6). Zum Begriff des multilateralen Handelssystems (MTF) siehe § 1 Rz 18. Die Konzession für andere Wertpapiergeschäfte richtet sich nach dem BWG; damit wird die schon nach bisherigem Recht bestehende Abgrenzung zwischen BWG- und WAG-Konzessionen beibehalten (Erl RV 9). Wertpapierfirmen sind insb nicht berechtigt, die Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung ihrer Kunden durchzuführen (Depotgeschäft); diese Tätigkeit ist nach § 1 Abs 1 Z 5 BWG den Kreditinstituten vorbehalten (Burkowski in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 5). Gleiches gilt für das Effektengeschäft nach § 1 Abs 1 Z 7 lit e BWG und das Emissionsgeschäft nach § 1 Abs 1 Z 9 ff BWG.
III. Konzessionsvoraussetzungen A. Rechtsform 4 Nach Abs 5 Z 1 muss das Unternehmen in der Rechtsform einer
Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft geführt werden; praktisch bedeutsame Rechtsformen zum Betrieb einer Wertpapierfirma sind somit die GmbH und die AG. Zum Ausschluss anderer Rechtsformen siehe Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 2. Im Gegensatz dazu kann ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 4 Abs 1 von jeder natürlichen oder juristischen Person mit Sitz und Hauptverwaltung im Inland betrieben werden (siehe dazu bei § 4 Rz 5).
B. Anfangskapital 5 Das Anfangskapital muss unbeschränkt und ohne Belastung in den
Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen und die in Abs 6 genannten Mindestbeträge erreichen. Diese Beträge ergeben sich aus Art 12 MiFID, der seinerseits einen Verweis auf die (revidierte) RL 2006/49/EG über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten enthält. Die Vorgaben der RL sind insofern Mindeststandards, als nach Erwägungsgrund 8 die Mitgliedstaaten strengere Vorschriften als in der RL vorgesehen erlassen dürfen. Das Erfordernis, wonach das Anfangskapital den Geschäftsleitern unbeschränkt und ohne Belastung in den Mitgliedstaaten zur freien Verfügung stehen muss, bedingt, dass das Anfangskapital bis zu den Mindestbeträgen in voller 60
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Höhe einzuzahlen ist (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 6). Vorschriften für das Eigenkapital nach Aufnahme der Unternehmenstätigkeit enthält § 9.
C. Anforderungen an die Geschäftsleiter Das WAG 2007 regelt die konzessionsrelevanten Anforderungen an die Geschäftsleiter zum Teil autonom in Abs 5 Z 3, zum Teil mit Verweisen auf die entsprechenden Bestimmungen im BWG. Auf Grund dieser Regelungstechnik verbietet es sich, hinsichtlich der im WAG geregelten Erfordernisse auf Bestimmungen des BWG zurückzugreifen, sofern das WAG nicht selbst ausdrücklich auf das BWG verweist (Benke/ Brandl, ÖBA 2007, 303 ff). Die Wertpapierfirma muss mindestens zwei Geschäftsleiter haben. In der Satzung ist die Einzelvertretungsmacht, eine Einzelprokura oder eine Einzelhandlungsvollmacht für den gesamten Geschäftsbetrieb auszuschließen, bei Kreditgenossenschaften muss die Führung der Geschäfte auf die Geschäftsleiter eingeschränkt sein („Vier-Augen-Prinzip“, § 5 Abs 1 Z 12 BWG; näher dazu § 10 Rz 7 ff). Die Geschäftsleiter müssen auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet sein und die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen aufweisen. Die fachliche Eignung und die erforderlichen Erfahrungen beziehen sich dabei auf die professionelle Expertise des Geschäftsleiters (Benke/ Brandl, ÖBA 2007, 315; näher dazu § 10 Rz 15 ff), die erforderlichen Eigenschaften auf die charakterliche Zuverlässigkeit des Geschäftsleiters (näher dazu § 10 Rz 13 ff). Durch Verweis auf § 5 Abs 1 Z 6 BWG darf bei keinem der Geschäftsleiter ein Ausschließungsgrund iSd § 13 Abs 1 bis 3, 5 und 6 GewO 1994, BGBl 1994/194 in der jeweils geltenden Fassung vorliegen (näher dazu § 10 Rz 28 ff). Weiters ist es für die Konzessionserteilung nach der genannten Bestimmung schädlich, wenn über das Vermögen eines der Geschäftsleiter beziehungsweise eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person, auf deren Geschäfte einem Geschäftsleiter maßgebender Einfluss zusteht oder zugestanden ist, der Konkurs eröffnet worden ist, es sei denn, im Rahmen des Konkursverfahrens ist es zum Abschluss eines Zwangsausgleiches gekommen, der erfüllt worden ist; dies gilt auch, wenn ein damit vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde (näher dazu, insb zur fehlenden Nachsichtsmöglichkeit, § 10 Rz 22 f). Überhaupt müssen die Geschäftsleiter über geordnete wirtschaftliche Verhältnisse verfügen, und es dürfen keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an ihrer persönlichen, für 61
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den Betrieb der Geschäfte erforderlichen, Zuverlässigkeit ergeben; liegen derartige Tatsachen vor, dann darf die Konzession nur erteilt werden, wenn die Unbegründetheit der Zweifel bescheinigt worden ist (§ 5 Abs 1 Z 7 BWG; näher dazu § 10 Rz 24 ff). In Bezug auf einen Geschäftsleiter, der nicht österreichischer Staatsbürger ist, dürfen in dem Staat, dessen Staatsbürgerschaft er hat, keine derartigen Ausschließungsgründe vorliegen, was durch die Bankenaufsicht des Heimatlandes zu bestätigen ist. Kann jedoch eine solche Bestätigung nicht erlangt werden, so hat der betreffende Geschäftsleiter dies glaubhaft zu machen, das Fehlen der genannten Ausschließungsgründe zu bescheinigen und eine Erklärung abzugeben, ob die genannten Ausschließungsgründe vorliegen (§ 5 Abs 1 Z 9 BWG; näher dazu § 10 Rz 40 ff). 10 Mindestens ein Geschäftsleiter muss den Mittelpunkt seiner Lebens-
interessen in Österreich haben (§ 5 Abs 1 Z 10 BWG; näher dazu § 10 Rz 4 f); weiters muss mindestens ein Geschäftsleiter die dt Sprache beherrschen (§ 5 Abs 1 Z 11 BWG; näher dazu § 10 Rz 6). Keiner der Geschäftsleiter darf einen anderen Hauptberuf außerhalb des „Finanzwesens“ ausüben (§ 5 Abs 1 Z 13 BWG; näher dazu § 10 Rz 10 ff).
D. Anforderungen an die Satzung 11 Die Satzung darf keine Bestimmungen enthalten, welche die Sicherheit
der anvertrauten Vermögenswerte und die ordnungsgemäße Durchführung der Geschäfte nicht gewährleisten (Verweis auf § 5 Abs 1 Z 2 BWG). Die Bestimmung stellt erkennbar darauf ab, dass in der Satzung vorhandene Passagen zu beanstanden sind; das Fehlen von erwünschten Bestimmungen kann daher im Konzessionsverfahren nicht eingemahnt werden (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 2). Insgesamt ist § 5 Abs 1 Z 2 BWG für österreichische Wertpapierfirmen eher bedeutungslos, weil bereits das AktG bzw das GmbHG eine Organisationsstruktur gewährleisten, wie sie vom BWG gefordert wird (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/ O.Schütz, BWG3 § 5 Rz 2). Der Sitz und die Hauptverwaltung der Wertpapierfirma müssen im Inland liegen (Verweis auf § 5 Abs 1 Z 14 BWG). Entscheidend ist mithin nicht allein, dass sich der satzungsmäßige Sitz in Österreich befindet; es ist vielmehr auch gefordert, dass das tatsächliche Verwaltungszentrum in Österreich liegt (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 5 Rz 12). Fehlt es daher an der Parallele von Konzessionsansuchen, Sitz und Hauptverwaltung, so ist die Konzession zu versagen (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 74). 62
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E. Anforderungen an qualifiziert Beteiligte Personen, die eine qualifizierte Beteiligung an der Wertpapierfirma 12 halten, müssen qua Verweis auf § 5 Abs 1 Z 3 BWG den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Kreditinstitutes zu stellenden Ansprüchen genügen, und es dürfen keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit dieser Personen ergeben. Liegen derartige Tatsachen vor, dann darf die Konzession nur erteilt werden, wenn die Unbegründetheit der Zweifel bescheinigt worden ist. Auch darf durch enge Verbindungen der Wertpapierfirma mit anderen natürlichen oder juristischen Personen die FMA an der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht nicht gehindert werden (Verweis auf § 5 Abs 1 Z 4 BWG; näher dazu Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 94).
F. Verbot des Haltens von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten für Kunden Die WAG-Konzession umfasst wie bisher nicht das Halten von Geld 13 und Instrumenten von Kunden; die Bestimmung des § 20 Abs 1 Z 4 WAG aF wurde in das WAG 2007 übernommen. Der Sinn, dieses Verbot im Rahmen der Konzessionsvoraussetzungen zu wiederholen, liegt wohl darin, dass die Konzession zu versagen ist, wenn etwa auf Grund der Satzung nicht auszuschließen ist, dass der Konzessionswerber Geld, Wertpapiere oder sonstige Instrumente seiner Kunden zu halten gedenkt (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/ Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 10).
G. Besondere Voraussetzungen bei Betrieb eines MTF Beim Betrieb eines MTF müssen die Allgemeinen Geschäftsbedingun- 14 gen, Regeln und Verfahren den Anforderungen des § 67 entsprechen. Ist dies nicht der Fall, darf die Konzession nicht erteilt werden. Es wird damit im Endeffekt eine Vorabkontrolle dieser Texte durch die FMA im Rahmen des Konzessionsverfahrens statuiert. Näheres zu diesen Anforderungen bei § 67.
IV. Konzessionsverfahren Das Konzessionierungsverfahren richtet sich, sofern im WAG keine 15 besonderen Vorschriften aufgestellt werden, als Verwaltungsverfahren nach dem AVG. Ist der Einsatz selbständiger Vertreter iSd § 2 Abs 1 Z 15 beabsichtigt, so muss dies im Antrag auf Erteilung oder Erweite63
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rung der Konzession ausdrücklich angeführt werden, und es muss darüber im Bescheid gesondert abgesprochen werden. Für die Konzessionserteilung ist zwingend die Schriftlichkeit vorgesehen. Ausdrücklich zugelassen sind iZm der Konzessionserteilung Bedingungen und Auflagen. 16 Das Gesetz verweist iZm dem Konzessionierungsverfahren auf § 4
Abs 3 BWG. Der Antragsteller hat dem Antrag auf Erteilung einer Konzession demnach folgende Angaben und Unterlagen anzuschließen: 1. den Sitz und die Rechtsform; 2. die Satzung; 3. den Geschäftsplan, aus dem die Art der geplanten Geschäfte, der organisatorische Aufbau der Wertpapierfirma, die geplanten Strategien und Verfahren zur Überwachung, Steuerung und Begrenzung der geschäftlichen und betrieblichen Risiken hervorgehen; weiters hat der Geschäftsplan eine Budgetrechnung für die ersten drei Geschäftsjahre zu enthalten; 4. die Höhe des den Geschäftsleitern im Inland unbeschränkt und ohne Belastung zur freien Verfügung stehenden Anfangskapitals; 5. die Identität und die Höhe des Beteiligungsbetrages der Eigentümer, die eine qualifizierte Beteiligung an der Wertpapierfirma halten, sowie die Angabe der Konzernstruktur, sofern diese Eigentümer einem Konzern angehören, sowie die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit dieser Eigentümer, der gesetzlichen Vertreter und der allenfalls persönlich haftenden Gesellschafter dieser Eigentümer erforderlichen Angaben; 6. die Namen der vorgesehenen Geschäftsleiter und deren Qualifikation zum Betrieb des Unternehmens; 7. die Identität und Adresse oder Sitz aller jener natürlichen oder juristischen Personen, derer sich die Wertpapierfirma außerhalb ihres Sitzes bei der Durchführung des Finanztransfergeschäftes bedient (Agenten). 17 Vor Erteilung einer Konzession an eine Wertpapierfirma hat die FMA
nach § 4 Abs 5 BWG, auf den das Gesetz verweist, die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats über den Antrag zu informieren, wenn 1. ein Tochterunternehmen eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Kreditinstitutes iSv Art 4 Nummer 1 RL 2006/48/EG, einer Vermögensverwaltungsgesellschaft iSv Art 1a Nummer 2 RL 85/ 611/EWG idF der RL 2001/107/EG, einer Wertpapierfirma oder eines Versicherungsunternehmens den Antrag gestellt hat; 2. ein Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Kreditinstitutes iSv Art 4 Nummer 1 RL 2006/ 48/EG, einer Vermögensverwaltungsgesellschaft iSv Art 1a Nummer 2 RL 85/611/EWG idF der RL 2001/107/EG, einer Wertpapierfirma oder eines Versicherungsunternehmens den Antrag nach Abs 3 gestellt hat; 3. ein Kreditinstitut, das durch die selbe natürliche oder juristische Person wie ein in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenes Kredit64
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institut iSv Art 4 Nummer 1 RL 2006/48/EG, eine Vermögensverwaltungsgesellschaft iSv Art 1a Nummer 2 der RL 85/611/EWG idF der RL 2001/107/EG, eine Wertpapierfirma oder ein Versicherungsunternehmen kontrolliert wird, den Antrag nach Abs 3 gestellt hat. Die FMA hat gegebenenfalls die Stellungnahme der zuvor genannten Behörde einzuholen, wenn sie die Eignung der Personen, die eine qualifizierte Beteiligung halten, den Leumund und die Erfahrung der Geschäftsleiter eines anderen Unternehmens derselben Gruppe überprüft.
V. Überleitung von Konzessionen nach dem WAG 1997 Gem § 102 Abs 1 werden Rechtsträger mit „großer“ Konzession nach 18 WAG 1997 je nach Konzessionsumfang zu Wertpapierfirmen iSd Abs 2 Z 1 bis 3 übergeleitet. Der Umfang übergeleiteter Konzessionen bestimmt sich in der Folge nach dem WAG 2007; ein Weitergelten der Rechtslage nach dem WAG 1997 für übergeleitete Konzessionen entspräche nicht dem Gesetz, zumal dies die Rechtsänderung ausblenden und die Überleitung letztlich bedeutungslos machen würde. Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit „großer“ Konzession nach WAG 1997 zur Abschlussvermittlung ist daher nach WAG 2007 zur Annahme und Übermittlung von Aufträgen hinsichtlich der gesamten Bandbreite von Finanzinstrumenten des WAG 2007 berechtigt und nicht etwa auf die nach dem WAG 1997 vorgesehenen Instrumente beschränkt. AA offenbar die FMA, die für Beratung in Bezug auf und Vermittlung von Warenderivaten ein Verfahren zur Konzessionserweiterung als verpflichtend ansieht.
Wertpapierdienstleistungsunternehmen § 4. (1) Für die gewerbliche Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 und 3 brauchen natürliche oder juristische Personen mit Sitz und Hauptverwaltung im Inland, sofern diese im Rahmen der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG angeführten Schranken erfolgt, für die Erlangung der Konzession die in Abs. 2 genannten Voraussetzungen solange nicht erfüllen, als die Summe der jährlichen Umsatzerlöse des Unternehmens 730 000 Euro nicht übersteigt. Solche Unternehmen dürfen sich nicht als Wertpapierfirmen bezeichnen. Sie sind ausschließlich zur Erbringung von Dienstleistungen im Inland berechtigt. 65
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(2) Folgende Konzessionsvoraussetzungen und sonstige für Wertpapierfirmen geltende Anforderungen müssen von Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht erfüllt werden: 1. Die in § 5 Abs. 1 Z 12 und 13 BWG genannten Voraussetzungen für Geschäftsleiter; 2. die Voraussetzung nach § 3 Abs. 6, wenn das Unternehmen durch eine Berufshaftpflichtversicherung versichert ist; 3. die Verpflichtung gemäß § 9 Abs. 2. Auf die fehlende Voraussetzung nach § 5 Abs. 1 Z 12 BWG muss in den Geschäftspapieren in geeigneter Form hingewiesen werden. (3) Die Berufshaftpflichtversicherung gemäß Abs. 2 Z 2 muss bei einem im Inland zum Betrieb des Versicherungsgeschäftes berechtigten Versicherungsunternehmen abgeschlossen werden und muss das aus der Geschäftstätigkeit resultierende Risiko abdecken. Die Haftungssumme des Versicherungsvertrages muss mindestens eine Million Euro für jeden einzelnen Schadensfall und eine Gesamtsumme von mindestens 1,5 Millionen Euro für sämtliche Schadensfälle eines Kalenderjahres betragen. Der Versicherer hat ein allfälliges späteres Erlöschen des Versicherungsschutzes, bei sonstiger Schadenersatzpflicht, der FMA unverzüglich schriftlich bekannt zu geben. Im Versicherungsvertrag ist vorzusehen, dass 1. dem Kunden ein von der Innehabung des Versicherungsscheines unabhängiger, unmittelbarer Anspruch gegen den Versicherer zusteht, 2. § 158 c Abs. 1 und 2 Versicherungsvertragsgesetz 1958 – VersVG, BGBl. Nr. 2/1959, sinngemäß anzuwenden ist und 3. eine dreijährige Nachhaftung der Versicherung gilt. (4) Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Dienstleistungen auf die in § 2 Abs. 1 Z 15 genannte Weise erbringen möchten, haben dies mit dem Antrag auf Erteilung oder Erweiterung der Konzession ausdrücklich zu beantragen. Im Bescheid, mit dem die Konzession erteilt wird, ist über die Zulässigkeit der Dienstleistungserbringung gemäß § 2 Abs. 1 Z 15 gesondert abzusprechen. Schrifttum: Burkowski, Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich des WAG 2007, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 1; Ertl, Versicherungspflicht light, ecolex 2007, 586; Fenyves, Versicherungsvertragsrechtliche Grundfragen der Pflichthaftpflichtversicherung, VR 2005, 70; Neumayer/Samhaber/Bohrn/Margetich/Leustek, Praxishandbuch WAG 2007 und MiFID – Das neue Berufsrecht für Finanz- und Wertpapierdienstleistung in Österreich (Loseblatt ab 2007); Rubin, Wertpapierdienstleistungsunternehmer und ihre Deckungsvorsorge im WAG 2007, ecolex 2008, 17;
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Schauer, Rechtsprobleme der Haftpflichtversicherungen im KMG, WAG und ÜbG, in FS Krejci II (2001) 1269; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Winternitz/Steinmair, Vertriebsstrukturen nach WAG 2007, ZFR 2008, 164. Erl RV GP XXIII RV 143 (Zu § 4): „§ 4 setzt Art. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Von der in Art. 3 eingeräumten fakultativen Ausnahme wird im Wesentlichen im bisherigen Umfang Gebrauch gemacht (vgl. bisheriger § 20 Abs. 4 WAG). Die Ausnahme ist deshalb erforderlich, da das volle Ausmaß an Organisationserfordernissen der Richtlinie 2004/ 39/EG von Unternehmen, die nur einen eingeschränkten Tätigkeitsumfang ausüben und entweder Einzelunternehmen sind oder nur über wenige Mitarbeiter verfügen, nicht erfüllt werden kann. Diesem Umstand trägt auch die Richtlinie 2004/39/EG in Art. 3 Rechnung, wobei die Tätigkeit dieser Unternehmen nationalen Vorschriften unterliegen muss und die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht zusteht. Beide Voraussetzungen werden erfüllt. Auch den Erfordernissen des Anlegerschutzes wird entsprochen, da die kundenbezogenen Wohlverhaltensregeln auch für WPDLU weiterhin gelten sollen. Abs. 1 setzt Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 legt die organisatorischen Anforderungen fest, die von WPDLU nicht erfüllt werden müssen, sie entsprechen im Wesentlichen den im bisherigen § 20 Abs. 4 WAG genannten Ausnahmen. Abs. 3 setzt Art. 12 der Richtlinie 2004/39/EG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 lit. b iii und Art. 7 der Richtlinie 2006/49/EG hinsichtlich der Berufshaftpflichtversicherung um. Im Inland zum Betrieb von Versicherungsgeschäften berechtigte Unternehmen sind gemäß VAG neben österreichischen Versicherungsunternehmen auch Versicherungsunternehmen aus Mitgliedstaaten im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, sowie konzessionierte Zweigstellen von Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittland. Abs. 4 stellt die dem § 3 Abs. 7 korrespondierende Bestimmung hinsichtlich der Heranziehung von Finanzdienstleistungsassistenten durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen dar.“
Übersicht I. II.
Begriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Erleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen. .
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I. Begriff Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind Unternehmen, auf welche 1 die nach § 3 bestehenden Voraussetzungen für Wertpapierfirmen zum Teil nicht anzuwenden sind. Die Möglichkeit, eine solche Ausnahme 67
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vorzusehen, ergibt sich aus Art 3 MiFID und wurde vom österreichischen Gesetzgeber mit der Einführung von § 4 genutzt. Inhaltlich handelt es sich dabei im Wesentlichen um die Fortschreibung von § 20 Abs 4 WAG aF. 2 Zweck dieser Ausnahme ist es, Unternehmen, die nur einen eingeschränkten Tätigkeitsumfang ausüben, nicht dem vollen Ausmaß an Organisationserfordernissen auszusetzen, zumal sie häufig Einzelunternehmer sind oder nur über wenige Mitarbeiter verfügen (Erl RV 10). Die Erleichterungen beziehen sich indes nur auf Organisationsvorschriften; die Wohlverhaltensregeln gelten aus Anlegerschutzüberlegungen uneingeschränkt auch für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Erl RV 10).
II. Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Erleichterungen 3 Die Geschäftstätigkeit von Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf
sich nur auf Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente (§ 3 Abs 2 Z 1) sowie die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben (§ 3 Abs 2 Z 3), beziehen. Sitz und Hauptverwaltung müssen sich im Inland befinden, wobei eine Inanspruchnahme der Regeln über die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nicht möglich ist. Aus dem Verweis auf Art 3 Abs 1 MiFID ergibt sich weiters, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen Aufträge nur an bestimmte Personen übermitteln dürfen. Im Detail sind dies: gemäß MiFID zugelassene Wertpapierfirmen; gemäß der RL 2000/12/EG zugelassene Kreditinstitute; in einem Drittland zugelassene Zweigniederlassungen von Wertpapierfirmen oder Kreditinstituten, die Aufsichtsbestimmungen unterliegen und einhalten, die nach Auffassung der zuständigen Behörden mindestens genauso streng wie diejenigen der vorliegenden Richtlinie sind, der RL 2000/12/ EG oder der RL 93/6/EWG; Organismen für gemeinsame Anlagen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats ihre Anteile öffentlich vertreiben dürfen, sowie die Leiter solcher Organismen; sowie Investmentgesellschaften mit festem Kapital iSd Art 15 Abs 4 der Zweiten Richtlinie 77/ 91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften iSd Art 58 Abs 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitels vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen 68
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gleichwertig zu gestalten, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt in einem Mitgliedstaat notiert oder gehandelt werden, sofern die Tätigkeiten dieser Firmen auf nationaler Ebene geregelt sind. Die Summe der jährlichen Umsatzerlöse des Unternehmens darf 4 € 730.000,– nicht übersteigen. Diese Umsatzgrenze entspricht jener des § 20 Abs 4 WAG aF. Aus der Formulierung des Gesetzes kann man allerdings den Schluss ziehen, dass auch dann noch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorliegt, wenn die Umsätze € 730.000,– übersteigen. Das Gesetz statuiert nämlich, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen bis zum Überschreiten der Umsatzgrenze die in Abs 2 genannten Voraussetzungen nicht erfüllen müssen, nicht aber, dass sie bei Überschreiten der Umsatzgrenze von Gesetzes wegen zu Wertpapierfirmen werden (ebenso Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 165 FN 17; Neumayer/Samhaber/Bohrn/Margetich/Leustek, Praxishandbuch 27 f; aA Rubin, ecolex 2008, 17 FN 4). Diese Unternehmen können dann zwar die Erleichterungen des Abs 2 nicht mehr in Anspruch nehmen, sind aber dennoch dem Wortlaut nach zB von den in § 15 Abs 2 genannten Organisationsanforderungen befreit.
III. Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen nicht – wie Wert- 5 papierfirmen – in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft betrieben werden, sondern können auch als Einzelunternehmen oder als Personengesellschaft geführt werden. Betreffend die Geschäftsleiter muss das „Vier-Augen-Prinzip“ (vgl § 3 Rz 7 und § 10 Rz 7 ff) nicht eingehalten werden, worauf in den Geschäftspapieren in geeigneter Form hinzuweisen ist. Darüber hinaus ist es im Gegensatz zu Wertpapierfirmen unschädlich, wenn der Geschäftsleiter einen anderen Hauptberuf außerhalb des „Finanzwesens“ ausübt (vgl § 3 Rz 10 und § 10 Rz 11 ff). Die Vorschriften über die Eigenkapitalausstattung des § 3 Abs 6 sind 6 auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht anzuwenden, wenn diese über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügen, die den Erfordernissen des Abs 3 genügt. Entgegen dem Wortlaut von Abs 3 Z 2, der als Mindestinhalt des Versicherungsvertrags ua die Vereinbarung der sinngemäßen Anwendbarkeit von § 158 c Abs 1 und 2 VersVG vorschreibt, ist aus teleologischen Gesichtspunkten davon auszugehen, dass es sich bei der Berufshaftpflichtversicherung für Wertpapierdienstleis69
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tungsunternehmen – unabhängig von der Vereinbarung – überhaupt um eine Pflichtversicherung iSd §§ 158 b ff VersVG handelt (Schauer in FS Krejci II 1285 f; Rubin, ecolex 2008, 18). Den Umstand, dass der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung als Konzessionsvoraussetzung ausgestaltet ist, wird man dem Tatbestandsmerkmal in § 158 b VersVG, wonach zum Abschluss der Versicherung eine gesetzliche Pflicht besteht, gleichhalten müssen, zumal der erkennbare Wille des Gesetzgebers vorliegt, dass eine bestimmte Tätigkeit nur unter Schutz durch eine Haftpflichtversicherung ausgeübt werden darf (Rubin, ecolex 2008, 18). Es kommen daher schon von Gesetzes wegen alle Sondervorschriften für die Pflichthaftpflichtversicherung zur Anwendung, insbesondere die Leistungsverpflichtung gegenüber dem Dritten auch bei „krankem“ Versicherungsverhältnis (§ 158 c VersVG), die Anzeigepflicht des Dritten bei Geltendmachung des Anspruchs gegen den Versicherungsnehmer (§ 158 d Abs 1 und 2 VersVG), das Auskunftsrecht des Versicherers (§ 158 d Abs 3 VersVG), die Haftungsbeschränkung des Versicherers bei Verletzung von Verpflichtungen durch den Dritten (§ 158 e VersVG) sowie die Legalzession nach 158 f VersVG. Die Leistungsverpflichtung des Versicherers gegenüber dem Dritten nach § 158 c VersVG beinhaltet für sich noch kein direktes Klagerecht des Dritten gegenüber dem Versicherer (siehe aber unten Rz 8), der Dritte kann aber die Ansprüche des Versicherungsnehmers pfänden und sich überweisen lassen (Knappmann in Prölss/Martin, VersVG27 [2004] § 158 c Rz 3). 7 Zu den im Inland zum Betrieb von Versicherungsgeschäften berech-
tigten Unternehmen zählen nach VAG neben österreichischen Versicherungsunternehmen auch Versicherungsunternehmen aus Mitgliedstaaten im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit sowie konzessionierte Zweigstellen von Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittsaat (EB RV 10). Die Versicherung muss insb die in Abs 3 genannte Mindesthaftungssumme von einer Million Euro für jeden einzelnen Schadensfall und eine Gesamtsumme von mindestens 1,5 Millionen Euro für sämtliche Schadensfälle eines Kalenderjahres erreichen. Außerdem muss sie das aus der Geschäftstätigkeit resultierende Risiko abdecken. Damit ist prinzipiell jenes Haftungsrisiko gemeint, das sich aus der Erbringung der konzessiongegenständlichen Wertpapierdienstleistungen ergeben kann (Rubin, ecolex 2008,18). Vertragliche Risikoauschlüsse und Risikobeschränkungen dürfen dabei den Schutz des Dritten nicht entscheidend untergraben (Fenyves, VR 2005, 74; diesem folgend OGH 17. 1. 2007, 7 Ob 152/06 p; vgl auch Ertl, ecolex 2007, 587 f). 8 Weiters sieht das Gesetz in Abs 3 letzter Satz gewisse Mindestinhalte
für den Versicherungsvertrag vor. So muss dem geschädigten Kunden 70
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nach dem Versicherungsvertrag ein von der Innehabung des Versicherungsscheines unabhängiger, unmittelbarer Anspruch gegen den Versicherer zustehen. Der geschädigte Kunde kann mithin den Versicherer nicht schon von Gesetzes wegen direkt belangen, wie dies etwa in § 26 KHVG ausdrücklich vorgesehen ist (aA offenbar OGH 17. 1. 2007, 7 Ob 152/06 p). Dieser Umstand muss vielmehr im Versicherungsvertrag vorgesehen sein (Schauer in FS Krejci II 1287; Rubin, ecolex 2008, 19; vgl auch die rechtspolitische Kritik bei Ertl, ecolex 2007, 587 und Fenyves, VR 2005, 78). Die ebenfalls geforderte Vereinbarung der sinngemäßen Anwendung von § 158 c Abs 1 und 2 VersVG ist an sich bedeutungslos, zumal diese Bestimmung – wie gezeigt – bereits direkt anwendbar ist (oben Rz 6). Der Grund für diese etwas unglückliche Regelung dürfte darin liegen, dass der Gesetzgeber die aufsichtsrechtliche Bestimmung nur unzureichend mit den allgemeinen Bestimmungen des Versicherungsvertragsrechts abgestimmt hat (Schauer in FS Krejci II 1285). Auch das Erfordernis der Vereinbarung einer dreijährigen Nachhaftung des Versicherers erweist sich bei genauerer Betrachtung als entbehrlich, zumal der Versicherer nach der Verstoßtheorie den Ersatzanspruch des Geschädigten ohnehin zu decken hat, sofern das schädigende Verhalten während der materiellen Versicherungsdauer gesetzt worden ist (Rubin, ecolex 2008, 19). Der Versicherer haftet daher schon nach allgemeinen Grundsätzen für ein während der Versicherungsdauer gesetztes schädigendes Verhalten, auch wenn der Versicherungsvertrag im Zeitpunkt der Anspruchstellung nicht mehr aufrecht ist. Aus der gesetzlichen Regelung kann freilich geschlossen werden, dass die Begrenzung der Nachdeckung auf drei Jahre auch dem Dritten gegenüber wirksam vereinbart werden kann (Fenyves, VR 2005, 76 f; Rubin, ecolex 2008, 19). Der vorletzte Satz des Abs 3 sieht eine unverzügliche Anzeigepflicht 9 des Versicherers über ein allfälliges späteres Erlöschen des Versicherungsschutzes vor. Damit ist gesetzlich klargestellt, dass die FMA als „zuständige Stelle“ iSd § 158 c Abs 2 VersVG anzusehen ist und daher mit Anzeige an die FMA die einmonatige Frist für die Nachdeckung des Versicherers zu laufen beginnt (Rubin, ecolex 2008, 19). Die Schadenersatzpflicht des Versicherers bei verspäteter Anzeige ist angesichts der nach VersVG für diesen Fall ohnehin bestehenden Nachdeckung des Versicherers in den meisten Fällen praktisch bedeutungslos (Rubin, ecolex 2008, 19). Im Übrigen könnte sich die Schadenersatzpflicht nur auf solche Nachteile beziehen, die bei unverzüglicher Anzeige nicht eingetreten wären (ausführlich Schauer in FS Krejci II 1289 f). Außerdem wäre die schadenersatzrechtliche Haftung des Versicherers auf jenen Zeitraum zu beschränken, in dem die FMA infolge verspäteter Anzeige 71
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am Einschreiten gehindert war (Schauer in FS Krejci II 1291). Außerdem müsste man die Schadenersatzpflicht des Versicherers auf die Mindestversicherungssumme beschränken (Schauer in FS Krejci II 1292). 10 Abs 2 Z 3 nimmt Wertpapierfirmen von der Eigenkapitalvorschrift des
§ 9 Abs 2 aus. Zur Frage, ob der Ausschluss auch § 9 Abs 2 Satz 2 unfasst, siehe § 9 Rz 18. Auch die Vorschriften über das Absinken des Eigenkapitals (§ 9 Abs 4) und über die Absicherung von Kreditrisiken bzw operationellen Risiken (§ 9 Abs 5 f) bestehen nur gegenüber Wertpapierfirmen, nicht aber gegenüber Wertpapierdienstleistungsunternehmen.
Rücknahme und Erlöschen der Konzession § 5. (1) Die FMA kann die Konzession zurücknehmen, wenn 1. der Geschäftsbetrieb, auf den sie sich bezieht, nicht binnen zwölf Monaten nach Erteilung der Konzession aufgenommen wurde oder 2. der Geschäftsbetrieb, auf den sie sich bezieht, mehr als sechs Monate lang nicht ausgeübt wurde. (2) Die FMA hat die Konzession zurückzunehmen, wenn 1. sie aufgrund falscher Erklärungen oder auf sonstige rechtswidrige Weise erhalten wurde; 2. die Konzessionsvoraussetzungen gemäß § 3 Abs. 5 nicht mehr erfüllt sind; 3. in schwerwiegender Weise systematisch gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 verstoßen wurde, die die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen regeln; 4. über das Vermögen der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens ein Konkursverfahren eröffnet wird. (3) Die Zurücklegung einer Konzession ist nur schriftlich möglich und nur dann, wenn zuvor sämtliche Wertpapierdienstleistungen abgewickelt worden sind. Das Erlöschen der Konzession ist von der FMA durch Bescheid festzustellen. § 6 Abs. 4 und 5 BWG ist anzuwenden. Erl RV GP XXIII RV 143 (Zu § 5): „Abs. 1 setzt Art. 8 lit. a 1. und 3. Fall der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt in den Z 1 bis 3 den Art. 8 lit. b bis d der Richtlinie 2004/39/EG um. Die Z 4 gründet sich auf Art. 8 lit. e der Richtlinie.
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Abs. 3 setzt Art. 8 lit. a 2. Fall der Richtlinie 2004/39/EG um. An sich ist diese Bestimmung geltendes Recht (§ 21 WAG (aF) iVm § 7 BWG). Die Abwicklung gemäß Abs. 3 kann auch durch Übertragung der Kundenbetreuung auf ein anderes konzessioniertes Unternehmen im Einvernehmen mit dem Kunden erfolgen.“
Übersicht I. Fakultative Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Obligatorische Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zurücklegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Fakultative Rücknahme Abs 1 enthält zwei Fälle, in denen die FMA eine bereits erteilte Kon- 1 zession wieder zurücknehmen kann. Der Gesetzgeber setzt damit Art 8 lit a erster und dritter Fall MiFID um (EB RV 10). Das WAG aF regelte die Rücknahme der Konzession durch einen Verweis auf § 6 BWG, mit dem bereits 1996 die europarechtlichen Vorgaben der RL 77/780/EWG für eine Konzessionsrücknahme umgesetzt wurden. Von dieser Verweistechnik wurde allerdings aus Gründen der besseren Überprüfbarkeit der richtlinienkonformen Umsetzung abgegangen. Telos dieser Bestimmungen ist die Überlegung, dass aus verwaltungsökonomischen Gründen von den Berechtigten nicht gebrauchte Konzessionen keinen Bestand haben sollen (vgl Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 6 Rz 2). Von einer Aufnahme des Geschäftsbetriebs iSd Z 1 kann gesprochen 2 werden, wenn sämtliche Vorbereitungshandlungen gesetzt worden sind und der Konzessionsinhaber dem Publikum gegenüber erkennbar zum Abschluss von konzessionsgegenständlichen Geschäften bereit ist (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 6 Rz 6; Pangl/Strau in Dellinger, BWG § 6 Rz 5). Entgegen der Meinung von Laurer (Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 6 Rz 2) muss aber nicht bereits ein tatsächlicher Geschäftsabschluss vorliegen. Eine Nichtausübung des Geschäftsbetriebs iSd Z 2 ist gegeben, wenn 3 der Geschäftsbetrieb einen bestimmten Mindestumfang nicht mehr erreicht (vgl VwGH 18. 9. 1992, 87/17/0147 zur Bankkonzession). Nach Ansicht des VwGH ist dieser Mindestumfang nach objektiven Beurteilungsmethoden auf der Grundlage vergleichbarer Unternehmen zu ermitteln. Der Rücknahmetatbestand der Z 2 ist etwa dann erfüllt, wenn der Konzessionsträger geschäftstypische Transaktionen unterlässt, obwohl Abschlussmöglichkeiten gegeben wären (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 6 Rz 9). Insgesamt indizieren das Fehlen von 73
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Werbung, die Weigerung zum Geschäftsabschluss, die Schließung oder überhaupt das Fehlen geeigneter Räumlichkeiten oder zuständiger Abteilungen sowie das Nichtanbot bestimmter Dienstleistungen eine Nichtausübung des Geschäftsbetriebs iSd Z 2 (Pangl/Strau in Dellinger, BWG § 6 Rz 9). 4 Das Gesetz räumt der FMA im Rahmen der fakultativen Rücknahme (Handlungs-)Ermessen ein. Dieses Ermessen hat die FMA iSd Gesetzes anzuwenden; dabei ist insb zu begründen, warum die Ermessensausübung nach Auffassung der Behörde gerade in dieser Weise geboten war (B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht3 Rz 573 ff). Die FMA hat bei der Ausübung dieses Handlungsermessens insb Bedacht auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionierenden Kapitalmarkt und auf die Interessen der Anleger gemäß § 91 Abs 1 WAG zu nehmen (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 6 Rz 4).
II. Obligatorische Rücknahme 5 Abs 2 enthält vier Fälle, in denen die FMA – ohne dass dabei ein
Ermessensspielraum besteht – eine erteilte Konzession zurückzunehmen hat. Damit wird Art 8 lit b bis d MiFID umgesetzt (EB RV 10). Nach Z 1 ist die Konzession zurückzunehmen, wenn sie auf Grund falscher Erklärungen oder auf sonstige rechtswidrige Weise erlangt worden ist. Z 1 entspricht somit § 6 Abs 2 Z 1 BWG. Darunter fallen insb unvollständige oder unrichtige Angaben im Konzessionsverfahren, mag dies auch bloß auf Fahrlässigkeit beruhen (vgl Diwok in Diwok/ Göth, BWG § 6 Rz 11; Pangl/Strau in Dellinger, BWG § 6 Rz 13). Auch das Unterlassen einer Erklärung im Rahmen des Konzessionsverfahrens fällt unter diese Bestimmung, wenn eine entsprechende Rechtspflicht zur Abgabe einer solchen Erklärung besteht (arg „auf sonstige rechtswidrige Weise“). 6 Nach Z 2 führt der nachträgliche Wegfall von Konzessionsvoraussetzungen zur Rücknahme der Konzession. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das Unternehmen nicht mehr als Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft geführt wird, das Eigenkapital unter die Mindestsumme fällt oder keine fachlich geeigneten Geschäftsleiter mit den erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen mehr zur Verfügung stehen. Auch der Wegfall der Pflichthaftpflichtversicherung für Wertpapierdienstleistungsunternehmen wird zur Rücknahme der Konzession führen, ersetzt diese doch die nach § 3 Abs 5 Z 2 gebotene Eigenkapitalausstattung (Rubin, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihre Deckungsvorsorge im WAG 2007, ecolex 2008, 17 [19 74
Rücknahme und Erlöschen der Konzession
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FN 23]). Die FMA darf die Konzession freilich nicht sofort entziehen, sondern muss eine angemessene Nachfrist setzen, um dem Konzessionsträger Gelegenheit zur Sanierung des Mangels zu geben. Dies folgt aus § 92 Abs 8 WAG iVm § 70 Abs 4 Z 1 BWG, wo in einem dreistufigen System zunächst der unter Androhung einer Zwangsstrafe erteilte Auftrag zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes vorgesehen ist (siehe dazu bei § 92 Rz 10). Nach Z 3 ist die Konzession im Fall von qualifizierten Verstößen 7 gegen das WAG bzw die Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 über die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen zurückzunehmen. Nach dem Gesetz führt nicht jedweder Verstoß zur Rücknahme der Konzession, sondern nur Verstöße, die in schwerwiegender Weise und systematisch erfolgen. Diese unmittelbar aus Art 8 lit d MiFID übernommene Formulierung ist allerdings konkretisierungsbedürftig. Wie der Wortlaut der Bestimmung nahe legt, muss der Verstoß auf Grund seines Gewichts und seiner Auswirkungen als besonders gravierend erscheinen. Darüber hinaus muss auf Grund der geforderten Systematik ein gezielt geplantes Vorgehen hinzutreten. Da der Begriff des systematischen Verstoßes ein fortgesetztes Verhalten nahe legt, wird in einem einzelnen Verstoß kein Rücknahmegrund gesehen werden können, mag dieser einzelne Verstoß auch noch so gravierend sein. Der VwGH (3. 7. 2001, AW 2001/17/05) hat zB in einem Beschluss über die aufschiebende Wirkung einer Bescheidbeschwerde zur Aufhebung einer Konzession eines WPDLU nach § 6 Abs 2 Z 3 (Wegfall der Konzessionsvoraussetzungen) festgestellt, dass eine wiederholte Verletzung der Aufzeichnungspflichten, das Fehlen von Kundenidentitätsnachweisen und eine geringfügige Betätigung des Geschäftsleiters am Sitz des Unternehmens Mängel sind, die Anlegerinteressen gefährden. Aus diesem Grund und auch im Hinblick auf den Schutz der Interessen allfälliger zukünftiger Anleger wurde der Beschwerde gegen die Aufhebung der Konzession keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. Aus dieser Begründung lässt sich bereits ein gutes Beispiel für einen systematischen und gravierenden Verstoß ableiten. Außerdem ist die Konzession bei Eröffnung eines Konkursverfahrens 8 über das Vermögen der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zurückzunehmen; dies ergibt sich aus Art 8 lit e MiFID, der mit § 5 Abs 2 Z 4 umgesetzt wird (EB RV 10). Die Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens über das Vermögen von Wertpapierfirmen bzw Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist nach § 80 Abs 1 unzulässig, weshalb § 5 Abs 2 Z 4 auch nur die Eröffnung des Konkursverfahrens erwähnt. Das Konkursverfahren ist mit der öffentlichen Bekanntmachung in der Insolvenzdatei nach § 74 KO eröffnet; nach Kon75
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kursaufhebung lebt die Konzession nicht wieder auf – anders allerdings bei erfolgreichem Rekurs gegen den Eröffnungsbeschluss, weil es in diesem Fall rechtlich nie zu einer Konkurseröffnung gekommen ist (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 6 Rz 22 f). Die Konzession ist in analoger Anwendung von § 5 Abs 2 Z 4 auch dann zurückzunehmen, wenn das Konkursverfahren nicht eröffnet wird, weil der Konkursantrag mangels Masse abgewiesen wird (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 6 Rz 24).
III. Zurücklegung 9 Eine freiwilliges Zurücklegen der Konzession durch den Konzessions-
inhaber ist nach Abs 3 nur dann möglich, wenn zuvor sämtliche Wertpapierdienstleistungen abgewickelt worden sind. Der Gesetzgeber setzt damit Art 8 lit a zweiter Fall MiFID um, wobei die Bestimmung inhaltlich bereits vor dem WAG 2007 über § 21 WAG aF iVm § 7 BWG geltendes Recht war (EB RV 10). Eine Abwicklung der Wertpapierdienstleistungen liegt vor, wenn die Ansprüche zwischen den Parteien nach bürgerlichem Recht durch ordnungsgemäße Erfüllung oder ihre Surrogate erloschen sind. Vor Erfüllung entfaltet die Zurücklegung der Konzession keine Erlöschenswirkung (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 7 Rz 5; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 7 Rz 2). 10 Im Begutachtungsverfahren wurde von mehreren Seiten kritisch angemerkt, bei Dauerrechtsverhältnissen wie der Vermögensverwaltung sei unklar, wann eine Abwicklung sämtlicher Wertpapiergeschäfte vorliegt. In den Erl hat der Gesetzgeber darauf reagiert und geäußert, dass eine solche Abwicklung auch durch die Übertragung der Kundenbetreuung auf ein anderes konzessioniertes Unternehmen im Einvernehmen mit dem Kunden erfolgen kann (EB RV 10). Eine vollständige Erfüllung kann somit auch durch eine ad-hoc-Vereinbarung mit dem Kunden herbeigeführt werden, wonach der Vermögensverwalter die Verwaltung mit schuldbefreiender Wirkung an einen Dritten überträgt. Ist bereits bei Vertragsabschluss beabsichtigt, dem Rechtsträger die Möglichkeit einzuräumen, den Vertrag mit schuldbefreiender Wirkung an einen Dritten zu überbinden, ist beim Verbrauchergeschäft § 6 Abs 2 Z 2 KSchG zu beachten. Nach dieser Bestimmung ist eine Vertragsbestimmung, in der dem Unternehmer das Recht eingeräumt wird, seine Pflichten oder den gesamten Vertrag mit schuldbefreiender Wirkung an einen im Vertrag nicht genannten Dritten zu überbinden, unwirksam, sofern der Unternehmer nicht beweist, dass sie im Einzelnen ausgehandelt worden ist. Im Einzelnen ausgehandelt sind Vertragsbestimmungen, auf die sich die Parteien im Zuge freier Vereinbarungen 76
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einigen, weshalb einseitig vorformulierte Texte (AGB, Vertragsformblätter) diesem Erfordernis idR nicht genügen, sofern der Verwender des vorformulierten Textes nicht erkennbar bereit ist, den Vertrag auch zu anderen Bedingungen zu schließen (Krejci in Rummel ABGB II/23 § 6 KSchG Rz 147 ff). Dies ist zB dann der Fall, wenn aus den AGB oder dem Vertragsformblatt erkennbar ist, dass der Verbraucher die entsprechende Klausel streichen kann. Die FMA erlässt auf Grund einer schriftlichen Eingabe einen Fest- 11 stellungsbescheid. Hinsichtlich der Folgen einer Zurücklegung verweist das WAG auf § 6 Abs 4 und 5 BWG. Ein solcher Bescheid wirkt demnach wie ein Auflösungsbeschluss, wenn nicht binnen dreier Monate nach Rechtskraft des Bescheides die Wertpapierdienstleistungen als Unternehmensgegenstand aufgegeben werden und die Firma nicht entsprechend geändert wird. Die FMA hat eine Ausfertigung dieses Bescheides dem Firmenbuchgericht und bei Zweigstellen ausländischer Unternehmen deren zuständiger Behörde zuzustellen; die Konzessionsrücknahme ist in das Firmenbuch einzutragen. Das Gericht hat auf Antrag der FMA Abwickler zu bestellen, wenn die sonst zur Abwicklung berufenen Personen keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Abwicklung bieten. Ist die FMA der Ansicht, dass die zur Abwicklung berufenen Personen keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Abwicklung bieten, so hat sie bei dem für den Unternehmenssitz zuständigen, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen erster Instanz berufenen Gerichtshof im Außerstreitverfahren die Bestellung geeigneter Abwickler zu beantragen.
Anwendung des BWG § 6. Folgende Bestimmungen des BWG für Kreditinstitute finden auch auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen Anwendung: § 21 Abs. 1 Z 1, 3 und 5 bis 7 und Abs. 2 und 3, §§ 39, 40, 40 a, 40 b, 40 d und 41, § 73 Abs. 1 Z 1 bis 8 und 11, § 78 Abs. 8 und 9 und § 96. IdF BGBl I 107/2007. Schrifttum: Bollenberger, Neue Rechtsvorschriften für Geldtransfers, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 63; Brandl/ Klausberger, Zur Kundenidentifizierung nach BWG und WAG, insbesondere durch Erfüllungsgehilfen, ZFR 2008, 96; Bozkurt/Grubhofer, Kredit- und Finanzinstitute, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, ÖBA 2006, 242; Benke/Brandl, Die „erforderlichen Erfahrungen“ des Geschäftsleiters eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2007, 303; Brandl/Wolfbauer, Die BWG-Novellen des Juni 2003, ecolex 2003, 624; Kellermayr, Umsetzung der
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dritten Geldwäsche-Richtlinie im BWG – neue Anforderungen an Österreichs Banken, ZFR 2008, 14; Nussbaumer, Die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie in Österreich (2004); Schopper, Kredit- und Finanzinstitute, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, RdW 2003, 421; Trenkwalder/Ettmayer, Geldwäschebekämpfung in Österreich, in Insam (Hrsg), Verdacht auf Geldwäsche (2006) 141; Wohlschlägl-Aschberger (Hrsg), Geldwäscheprävention – Praktische Maßnahmen für die Unternehmensorganisation (2009). Erl RV GP XXIII RV 143 (Zu § 6): „Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 21 Abs. 1 WAG.“ Erl RV GP XXIII RV 286 (Zu §§ 6, 12, 91 und 95): „Abgleichung mit den Geldwäschereibestimmungen des BWG. Außerdem soll eine Anpassung an die neue Systematik und an geänderte Begriffe des StPRG (§ 115 StPO) sowie eine Zitatanpassung erfolgen.“
Übersicht I. II. A. B. C. 1. 2. 3. 4. 5. D. E.
Gesetzestechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu den Verweisen im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewilligungspflichtige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Identitätsfeststellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei Ferngeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Meldepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisatorische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bezeichnung als Nicht-Kooperationsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigepflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–19 2–3 4–6 7–17 8–10 11–13 14–15 16 17 18 19
I. Gesetzestechnik 1 Das WAG 2007 regelt – wie schon die Vorgängerbestimmung des § 21
WAG aF – einzelne Bereiche des Wertpapieraufsichtsrechts nicht autonom, sondern durch Verweise auf verwandte Bestimmungen im BWG. Begründet wird dies einerseits mit legistischer Einfachheit, anderseits auch mit dem Anlegerschutz, der Wettbewerbsgleichheit von Banken und sonstigen Finanzdienstleistern erfordert, sowie mit dem Interesse an einem integren Finanzsektor (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 21 Rz 1; Winternitz, WAG § 21 Rz 1). Freilich ist hier anzumerken, dass bei aller Effizienz, welche die Verweispraxis mit sich bringt, zu beachten ist, dass die individuellen
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Eigenschaften von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Auslegung der Bestimmungen zu berücksichtigen sind (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 303). Außer Acht gelassen werden darf weiters nicht, dass eine Blanko-Verweistechnik stets das Problem mit sich bringt, dass sich bei Änderungen jener Gesetzesbestimmungen, auf die verwiesen wird, Reflexwirkungen auf die verweisende Gesetzesmaterie ergeben. Dies steht in engem Zusammenhang mit der Fragestellung, ob ein Verweis als dynamisch (Verweis auf die Bestimmung in der jeweils geltenden Fassung) oder statisch (Verweis auf die Bestimmung in der Fassung zum Zeitpunkt des In-KraftTretens der verweisenden Rechtsvorschrift) zu interpretieren ist. Die Antwort auf diese Frage kann – da der Wortlaut diesbezüglich zumeist keine Anhaltspunkte verleiht – stets nur unter Bedachtnahme auf die Systematik sowie auf Ziel und Zweck des Normengefüges erfolgen.
II. Zu den Verweisen im Detail A. Bewilligungspflichtige Maßnahmen Nach § 21 BWG ist für bestimmte Maßnahmen eine besondere Bewil- 2 ligung der FMA erforderlich. Bewilligungspflichtig sind – umgelegt auf Wertpapierfirmen bzw Wertpapierdienstleistungsunternehmen – folgende Maßnahmen: – Verschmelzungen, Vereinigungen und Spaltungen von Wertpapierfirmen oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen; – jede Änderung der Rechtsform einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens; – die Errichtung von Zweigstellen in einem Drittland; nach dem Wortlaut der Bestimmung wie auch nach der Verwaltungspraxis der FMA besteht eine diesbezügliche Bewilligungspflicht für die Errichtung der ersten wie auch weiterer Zweigstellen im selben Drittland; – die Verschmelzung oder Vereinigung einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit einer Nicht-Wertpapierfirmen oder einem Nicht-Wertpapierdienstleistungsunternehmen, ausgenommen mit Tochterunternehmen, sofern es sich bei diesen um nachgeordnete Institute handelt (vgl § 2 Z 23a BWG). Sind im Zusammenhang mit bewilligungspflichtigen Umgründungen 3 Firmenbucheintragungen vorzunehmen, so dürfen diese nur dann eingetragen werden, wenn die rechtskräftigen Bewilligungsbescheide in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift vorgelegt werden (§ 21 Abs 3 BWG). Ob bei Fehlen der behördlichen Genehmigung das Rechts79
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geschäft nach § 879 ABGB nichtig ist (so Laurer in Fremuth/Laurer/ Linc/Pötzelberger/Strobl [Hrsg], BWG2 § 21 Rz 4) oder es unter der aufschiebenden Bedingung der Bewilligung steht (so VwGH 22. 5. 1996, 96/16/0100), ist strittig. Jedenfalls für praktische Zwecke ist aber von der Lösung des VwGH auszugehen, zumal sie auch für die betroffenen Wertpapierdienstleistungsunternehmen günstiger ist.
B. Allgemeine Sorgfaltspflichten 4 Die Geschäftsleiter haben gemäß § 39 Abs 1 BWG bei ihrer Geschäfts-
führung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters iSd § 84 Abs 1 AktG anzuwenden. Die gebotene Sorgfalt ist im Einzelfall anhand der Übung des redlichen Verkehrs und den besonderen Verhältnissen des Unternehmens zu beurteilen; der Sorgfaltsmaßstab richtet sich dabei nach einem objektiven, durch die Verkehrsanschauung zu konkretisierenden Maßstab und nicht nach den individuellen Fähigkeiten des Geschäftsleiters (Strasser in Jabornegg/ Strasser, AktG4 §§ 77–84 Rz 95). Entspricht die Geschäftsführung nicht diesem Sorgfaltsstandard, so kommen Schadenersatzansprüche der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gegen die Geschäftsleiter nach allgemeinem Zivilrecht in Betracht. 5 Darüber hinaus haben Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen für die Erfassung, Beurteilung, Steuerung und Überwachung der geschäftlichen und betrieblichen Risiken über Verwaltungs-, Rechnungs- und Kontrollverfahren zu verfügen, die der Art, dem Umfang und der Komplexität der betriebenen Geschäfte angemessen sind. Die Organisationsstruktur hat durch dem Geschäftsbetrieb angemessene aufbau- und ablauforganisatorische Abgrenzungen Interessens- und Kompetenzkonflikte zu vermeiden. Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen können sich für die Entwicklung und laufende Wartung von Rating-Verfahren gemeinsamer Risikoklassifizierungseinrichtungen als Dienstleister bedienen, wenn sie dies der FMA zuvor angezeigt haben. Bei neuartigen Geschäften, über deren Risikogehalt keine Erfahrungswerte vorliegen, ist insb auf die Sicherheit der einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen anvertrauten fremden Gelder und die Erhaltung der Eigenmittel Bedacht zu nehmen. 6 Frölichsthal (in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 21 Rz 6) meint, diese konkreten Sorgfaltsbestimmungen seien auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen zum Großteil nicht anwendbar, weil sie im Gegensatz zu Banken nicht Schuldner ihrer Kunden werden dürfen und diese Bestimmungen des BWG somit auf Grund 80
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des unterschiedlichen Ansatzes nicht unbedingt auf Wertpapierdienstleistungen passen. Dagegen spricht allerdings der formale Umstand, dass § 6 undifferenziert auf den gesamten § 39 BWG verweist, obwohl das WAG daneben auch Verweise auf einzelne Teile einer Bestimmung kennt. Darüber hinaus erlaubt jedenfalls die Formulierung des § 39 Abs 2 BWG, wonach die Verwaltungs-, Rechnungs- und Kontrollverfahren der Art, dem Umfang und der Komplexität der betriebenen Geschäfte angemessen sein müssen bzw die Organisationsstruktur durch dem Geschäftsbetrieb angemessene aufbau- und ablauforganisatorische Abgrenzungen Interessens- und Kompetenzkonflikte zu vermeiden hat, eine flexible, auf die Bedürfnisse der Branche zugeschnittene Beurteilung (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 303). Die Ausführungen Frölichsthals besitzen jedoch uneingeschränkte Berechtigung hinsichtlich der erst am 1. 1. 2007 in Kraft getretenen § 39 Abs 2 b und 2 c BWG, weil die darin angeführten Risken tatsächlich bei einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht bestehen.
C. Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung Das Gesetz unterwirft Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleis- 7 tungsunternehmen dem von den §§ 40, 40 a, 40 b, 40 d und 41 BWG etablierten Regime zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (siehe dazu Bozkurt/Grubhofer, ÖBA 2006, 242; Trenkwalder/Ettmayer, Geldwäschebekämpfung in Österreich, in Insam [Hrsg], Verdacht auf Geldwäsche 152; zu den Neuerungen im Gefolge der Umsetzung der 3. Geldwäsche-RL Bollenberger in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 63; Kellermayr, ZFR 2008, 14). Die Rsp sieht den Zweck dieser Vorschriften ausschließlich in der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, nicht aber in der Verhinderung von Vermögensschäden, die aus betrügerischen Handlungen zum Nachteil eines Geschäftspartners resultieren (OGH 11. 9. 2007, 1 Ob 44/07 p, ÖBA 2008, 434; OGH 10. 7. 2008, 8 Ob 84/08 y, ecolex 2008, 1009 [Friedl] = ÖBA 2009, 152; vgl auch OGH 5. 8. 2009, 6 Ob 86/09 d).
1. Identitätsfeststellung Zu den die Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunterneh- 8 men in diesem Zusammenhang treffenden Pflichten zählen insb die Pflicht zur Identitätsfeststellung nach § 40 Abs 1 BWG. Diese hat vor Begründung einer dauernden Geschäftsbeziehung bzw bei allen nicht in den Rahmen einer dauernden Geschäftsbeziehung fallenden Transaktionen, deren Betrag sich auf mindestens € 15.000,– oder einen entsprechen81
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den Gegenwert bezieht, unabhängig von allfälligen Verdachtsmomenten zu erfolgen. Weiters hat eine Identitätsfeststellung zu erfolgen, wenn der Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme besteht, dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung iSd § 278 b StGB angehört, oder dass der Kunde objektiv an Transaktionen mitwirkt, die der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienen (dazu ausführlich Bozkurt/Grubhofer, ÖBA 2006, 244 ff). Aus § 40 Abs 2 BWG folgt die Pflicht, einen Kunden zur Bekanntgabe aufzufordern, ob er die Geschäftsbeziehung oder die gegenständliche Transaktion auf eigene oder auf fremde Rechnung betreiben will. Will der Kunde auf fremde Rechnung handeln, so hat er die Identität des Treugebers nachzuweisen. 9 Zu beachten ist, dass diese Identifizierungspflicht grundsätzlich das Kre-
ditinstitut, die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst trifft. Die Vornahme einer Identifizierung durch andere Personen ist nur in bestimmten Ausnahmefällen erlaubt (zB Rechtsanwälte bei Anderkonten gemäß § 9 a RAO). Das Erfüllen der unmittelbar das konzessionierte Unternehmen treffenden Identifizierungspflicht ist von Personen vorzunehmen, die dem Konzessionsträger zuzurechnen sind. Dabei ist es allerdings nach Ansicht der FMA unerheblich, ob sich der Konzessionsträger eigener Angestellter oder anderer Erfüllungsgehilfen (nicht konzessionierte Vertriebspartner) bedient, solange diese dem Konzessionsträger zuzurechnen sind und diese Erfüllungsgehilfen des Konzessionsträgers in die geeigneten Maßnahmen einbezogen sind. Dazu gehört insb, dass die Erfüllungsgehilfen in adäquater Form (etwa durch Schulungen oder regelmäßige Informationen) auf ihre Verpflichtungen in risikogerechter Form hingewiesen werden („FMARundschreiben zur Identitätsfeststellung vom 30. Jänner 2006“, 3). Ein Kreditinstitut, eine Wertpapierfirma oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf daher nur dann die gesetzlich vorgeschriebene Kundenidentifizierung durch Dritte vornehmen lassen, wenn diese Dritten dabei als „Erfüllungsgehilfen“ des Konzessionsträgers tätig werden (dazu Brandl/Klausberger, ZFR 2008, 97). Der Konzessionsträger muss daher mit seinen Vertriebspartnern eine entsprechende vertragliche Vereinbarung treffen, in der sich die Vertriebspartner bzw deren Mitarbeiter verpflichten, im Namen des Konzessionsträgers und somit diesem zurechenbar die Kundenidentifizierung vorzunehmen. Eine derartige Vereinbarung kann als gesonderter (schriftlicher oder mündlicher) Vertrag in Ergänzung des allenfalls bestehenden Vertriebs- und Vermittlungsvertrags (betreffend das Konto/Wertpapierdepot) vorgenommen oder gleich in den Vertriebsvertrag eingearbeitet werden. 10 Grundsätzlich besteht – mit Ausnahme von Ferngeschäften – keine
Pflicht zum Anfertigen und Aufbewahren von Ausweiskopien. Die 82
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FMA selbst spricht in ihrem „FMA-Rundschreiben zur Identitätsfeststellung vom 30. Jänner 2006“ nur davon, dass sich „in der Praxis […] die Aufbewahrung von Ausweiskopien sehr bewährt“ hat. Darin ist freilich bloß eine Empfehlung der Behörde zu erblicken, nicht aber eine Verpflichtung zur Herstellung solcher Kopien. Gem § 40 Abs 3 Z 1 BWG müssen jedenfalls Unterlagen, die zur Kundenidentifizierung dienen, bis mindestens fünf Jahre nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit diesem Kunden aufbewahrt werden. Werden keine Ausweiskopien angefertigt, ist daher auf andere Weise sicher zu stellen, dass diese Daten dem Unternehmen zur Verfügung stehen. Dies kann zB dadurch geschehen, dass anhand des vorgelegten Dokuments Name (eventuell Firma und Sitz) und Geburtsdatum des Kunden ebenso wie Art, Nummer, Ausstellungsdatum und ausstellende Behörde des Dokuments festgehalten werden (Brandl/Klausberger, ZFR 2008, 98).
2. Besonderheiten bei Ferngeschäften Verstärkte Sorgfaltspflichten gelten nach § 40 b Abs 1 Z 1 BWG für 11 den Fall, dass der Kunde oder sein Vertreter zur Feststellung der Identität nicht physisch anwesend ist und daher die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises nicht möglich ist (Ferngeschäfte). Physische Anwesenheit meint dabei, dass der Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen eines persönlichen Kontakts mit dem Kunden vonstatten geht. Es liegt daher kein Ferngeschäft vor, wenn dieses durch einen Erfüllungsgehilfen außerhalb der Geschäftsräume geschieht, weil auch in diesem Fall ein persönlicher Kontakt zwischen dem Kunden und dem Erfüllungsgehilfen, der insofern dem Kreditinstitut zuzurechnen ist, gegeben ist (Brandl/Klausberger, ZFR 2008, 97; aA Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 40 b Rz 2, der freilich einräumt, dass die Identifizierungsgespräche auch außerhalb der Geschäftslokale möglich sind). Die rechtsgeschäftliche Erklärung des Kunden muss bei einem Ferngeschäft entweder elektronisch an Hand einer sicheren elektronischen Signatur gemäß § 2 Z 3 SignaturG erfolgen, oder es muss die rechtsgeschäftliche Erklärung des Kredit- oder Finanzinstitutes schriftlich mit eingeschriebener Postzustellung an jene Kundenadresse abgegeben werden, die als Wohnsitz oder Sitz des Kunden angegeben wird. Bei dieser Variante ist jedoch hervorzuheben, dass Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen häufig nur vermittelnd im Auftrag des Kunden außerhalb einer dauernden Geschäftsbeziehung tätig werden. Im Rahmen der bloßen Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten wird die Annahme des Vermittlungsauftrags idR dem Kunden gegenüber nicht ausdrücklich erklärt, sondern es wird der Auftrag des Kunden vielmehr bloß durch 83
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tatsächliches Entsprechen angenommen. Ein gesondertes „Annahmeschreiben“ oder eine andere rechtsgeschäftliche Erklärung, durch die ein Rechtsverhältnis zum Kunden entsteht, ergeht an den Kunden in der Praxis somit regelmäßig nicht. Gibt es eine solche Erklärung nach der Natur der jeweiligen Dienstleistung gar nicht, ist die Verpflichtung, einen eingeschriebenen Brief an den Kunden zu richten, obsolet und die Pflichten der Normadressaten iZm Ferngeschäften reduzieren sich auf die übrigen Verpflichtungen auf Grund der Geldwäschebestimmungen (siehe hierzu Brandl/Wolfbauer, ecolex 2003, 626 f). 12 Dem Kredit- oder Finanzinstitut müssen Name, Geburtsdatum und Adresse, bei juristischen Personen die Firma und der Sitz bekannt sein; bei juristischen Personen muss der Sitz zugleich der Sitz der zentralen Verwaltung sein, worüber der Kunde eine schriftliche Erklärung abzugeben hat. Weiters muss eine Kopie des amtlichen Lichtbildausweises des Kunden oder seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen des vertretungsbefugten Organs dem Kredit- oder Finanzinstitut vor dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegen, sofern nicht das Rechtsgeschäft elektronisch an Hand einer sicheren elektronischen Signatur abgeschlossen wird. 13 Liegt der Sitz oder Wohnsitz außerhalb des EWR, so ist eine schriftliche Bestätigung eines anderen Kreditinstitutes, mit dem der Kunde eine dauernde Geschäftsverbindung hat, darüber erforderlich, dass der Kunde iSd § 40 Abs 1, 2 und 2 a Z 1 und 2 bzw Art 8 Abs 1 lit a bis c der RL 2005/60/EG identifiziert wurde, und dass die dauernde Geschäftsverbindung aufrecht ist. Hat das bestätigende Kreditinstitut seinen Sitz in einem Drittland, so muss dieses Drittland den Anforderungen der vorgenannten Richtlinie gleichwertige Anforderungen stellen. An Stelle einer Identifizierung und Bestätigung durch ein Kreditinstitut ist auch eine Identifizierung und schriftliche Bestätigung durch die österreichische Vertretungsbehörde im betreffenden Drittland oder einer anerkannten Beglaubigungsstelle zulässig. Zudem darf kein begründeter Verdacht bestehen, dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung angehört, oder dass der Kunde objektiv an Transaktionen mitwirkt, die der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienen.
3. Meldepflicht 14 Weiters statuiert § 41 Abs 1 BWG eine Meldepflicht hinsichtlich bereits
erfolgter, laufender oder bevorstehender Transaktionen, bei denen sich der Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme ergibt, dass sie der Geldwäscherei iSd § 165 StGB oder der Terrorismusfinanzierung iSd § 278 d StGB dienen. Eine Meldepflicht besteht auch dann, wenn sich der 84
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Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme ergibt, dass der Kunde der Verpflichtung zur Offenlegung von Treuhandbeziehungen zuwidergehandelt hat, oder dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung iSd § 278 b StGB angehört (vgl dazu Apathy/Koch in Apathy/Iro/ Koziol, BVR I2 Rz 2/107 ff). Die Meldung hat an das BMI zu erfolgen (Verweis auf § 6 SPG); die zuständige Abteilung ist das BKA (Wohlschlägl-Aschberger in Wohlschlägl-Aschberger, Geldwäscheprävention 69 RN 234). Bis zur Klärung des Sachverhalts ist jede weitere Abwicklung der Transaktion zu unterlassen, außer es besteht die Gefahr, dass die Verzögerung der Transaktion die Ermittlung des Sachverhalts erschwert oder verhindert. Im Zweifel dürfen Aufträge über Geldeingänge durchgeführt werden und sind Aufträge über Geldausgänge zu unterlassen, was sich jedoch bei Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf die bloße Weiterleitung solcher Aufträge beschränkt. Auch Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind berechtigt, von der Behörde zu verlangen, dass diese entscheidet, ob gegen die unverzügliche Abwicklung einer Transaktion Bedenken bestehen; äußert sich die Behörde bis zum Ende des folgenden Bankarbeitstages nicht, so darf die Transaktion unverzüglich abgewickelt werden. Unklar ist, was man unter dem vom BWG wiederholt gebrauchten 15 Begriff Verdacht oder berechtigter Grund zur Annahme zu verstehen hat. Vor der Novellierung hat das Gesetz den ähnlich diffusen Begriff des „begründeten Verdachts“ gebraucht (dazu Voraufl Rz 15). Nach Laurer reicht für einen Verdacht schon die über die Möglichkeit hinausgehende Wahrscheinlichkeit aus, solange der Verdacht auch durch objektive Umstände nahe gelegt wird, weil ohne solches Tatsachensubstrat keine Wahrscheinlichkeit bestehen könne; die begründete Annahme verlange offenbar mehr, etwa das, was prozessual von einer Bescheinigung gefordert werde (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O.Schütz, BWG3 § 5). UE ist jedenfalls daran festzuhalten, dass der Verdacht bzw der berechtigte Grund zur Annahme zwingend auch objektive Umstände erfordert, die auf eine Verstrickung in Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hindeuten. Der Umstand, dass die Herkunft des Geldes vom Kunden nicht offen gelegt wird, reicht dafür auch nach der neuen Rechtslage nicht aus (vgl aber VwGH 11. 6. 2002, 99/01/0437 zum „begründeten Verdacht“), zumal Bankkunden idR nicht verpflichtet sind, über die Herkunft ihrer Gelder Auskunft zu geben (Bozkurt/Grubhofer, ÖBA 2006, 249).
4. Organisatorische Anforderungen Auch Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsungernehmen 16 unterliegen durch Verweis auf § 41 Abs 4 BWG den dort aufgestellten 85
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organisatorischen Anforderungen. Sie haben daher angemessene und geeignete Strategien und Verfahren für die Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden, Verdachtsmeldungen, die Aufbewahrung von Aufzeichnungen, die interne Kontrolle, die Risikobewertung, das Risikomanagement, die Gewährleistung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und die Kommunikation einzuführen, um Transaktionen, die mit Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängen, vorzubeugen und zu verhindern. Weiters müssen sie diese einschlägigen Strategien und Verfahren ihren Zweigstellen und Tochterunternehmen in Drittländern mitteilen. Darüber hinaus müssen sie durch geeignete Maßnahmen das mit der Abwicklung von Transaktionen befasste Personal mit den Bestimmungen, die der Verhinderung oder der Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienen, vertraut machen; diese Maßnahmen haben ua die Teilnahme der zuständigen Angestellten an besonderen Fortbildungsprogrammen einzuschließen, damit diese lernen, möglicherweise mit Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängende Transaktionen zu erkennen und sich in solchen Fällen richtig zu verhalten. Außerdem müssen sie Systeme einrichten, die es ihnen ermöglichen, auf Anfragen des BKA oder der FMA, die diesen zur Verhinderung oder Verfolgung von Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung erforderlich erscheinen, vollständig und rasch darüber Auskunft zu geben, ob sie mit bestimmten natürlichen oder juristischen Personen eine Geschäftsbeziehung unterhalten oder während der letzten fünf Jahre unterhalten haben, sowie über die Art dieser Geschäftsbeziehung; der FMA ist jederzeit die Überprüfung der Wirksamkeit der Systeme zur Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung zu ermöglichen. Schließlich müssen sie innerhalb ihres Unternehmens einen besonderen Beauftragten zur Sicherstellung der Einhaltung der §§ 40 ff zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung vorsehen. Die Kontrollsysteme müssen dem Umfang und der Art des Geschäfts entsprechen und sollten darüber hinaus für die FMA nachvollziehbar sein (Wohlschlägl-Aschberger in Wohlschlägl-Aschberger, Geldwäscheprävention 71).
5. Bezeichnung als Nicht-Kooperationsstaat 17 Weiters gelten die Sonderregeln des § 78 Abs 9 BWG iZm Nicht-Ko-
operationsstaaten auch für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen; die Bundesregierung hat im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates durch Verordnung jene Staaten als Nicht-Kooperationsstaaten zu bezeichnen, die auf ihrem Territorium oder in ihrem sonstigen Hoheitsbereich nicht die nach internationalen Standards erforderlichen Maßnahmen gegen Geldwäscherei ergreifen. 86
Verschwiegenheitspflicht
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D. Anzeigepflichten Durch Verweis werden einzelne die Kreditinstitute treffende Anzeige- 18 pflichten auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen erstreckt. Sie haben somit der FMA folgende Umstände unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern schriftlich anzuzeigen: Jede Satzungsänderung und den Beschluss auf Auflösung; jede Änderung der Voraussetzungen gemäß § 5 Abs 1 Z 6, 7, 10 und 13 BWG bei bestehenden Geschäftsleitern; jede Änderung in der Person der Geschäftsleiter sowie die Einhaltung von § 5 Abs 1 Z 6 bis 11 und 13 BWG; die Eröffnung, Verlegung, Schließung oder vorübergehende Einstellung des Geschäftsbetriebes der Hauptniederlassung oder von Zweigstellen; Umstände, die für einen ordentlichen Geschäftsleiter erkennen lassen, dass die Erfüllbarkeit der Verpflichtungen gefährdet ist; den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung; jede Erweiterung des Geschäftsgegenstandes; jede Herabsetzung des eingezahlten Kapitals und des Partizipationskapitals mit Dividendennachzahlungsverpflichtung; den oder die Verantwortlichen für die interne Revision sowie Änderungen in deren Person. Gegenstand der Anzeige ist allein ein rechtliches bzw wirtschaftliches Verhältnis, sodass der Anzeige keine konkreten Zahlenangaben beigefügt werden müssen (Laurer in Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl [Hrsg], BWG2 § 73 Rz 1).
E. Zwangsstrafen Bei der Vollstreckung hinsichtlich von Verpflichtungen zu einer Dul- 19 dung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, ordnet § 96 BWG in Abweichung von § 5 Abs 3 VVG an, dass diesbezügliche Zwangsstrafen bis zu € 30.000,– betragen können.
Verschwiegenheitspflicht § 7. (1) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sowie die für sie tätigen Personen sind zur Verschwiegenheit über Geheimnisse verpflichtet, die sie ausschließlich aus Wertpapiergeschäften (§ 1 Abs. 1 Z 7 lit. b bis f BWG) oder Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 ihrer Kunden, die sie im Auftrag ihrer Kunden gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 vermitteln oder im Rahmen ihrer Vollmacht gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 für diese ausführen, erfahren haben, sofern dieser Verschwiegenheitspflicht keine gesetzliche Auskunftspflicht entgegensteht oder der Kunde der Offen87
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barung des Geheimnisses schriftlich zustimmt. Die Verschwiegenheitspflicht nach dem ersten Satz gilt weiters nicht, soweit die Offenbarung des Geheimnisses zur Klärung von Rechtsangelegenheiten aus dem Verhältnis zwischen Wertpapierfirmen oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunden erforderlich ist. (2) Abs. 1 gilt auch für Entschädigungseinrichtungen, ausgenommen die gemäß den §§ 75 bis 77 dieses Bundesgesetzes und den §§ 93 bis 93 b BWG erforderliche Zusammenarbeit mit anderen Sicherungssystemen. (3) Gegenüber den Abgabenbehörden besteht eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht nach Abs. 1 nur im Zusammenhang mit eingeleiteten Strafverfahren wegen Finanzvergehen sowie dann, wenn die Auskunft oder Offenlegung zur Feststellung der eigenen Abgabepflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder jener des depotführenden Kreditinstituts erforderlich ist. Schrifttum: Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz (2001) 60 ff. Erl RV GP XXIII RV 143 (Zu § 7): „Diese Bestimmung entspricht dem bisherigen § 7 WAG. In Anbetracht der durch die Richtlinie 2004/39/EG erwachsenden Auslagerungsmöglichkeiten wird klargestellt, dass die Verschwiegenheitspflicht nicht nur für das Unternehmen selbst, sondern auch für Outsourcing-Dienstleister, vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten gilt.“
Übersicht I. II. A. B. C. D. 1. 2. III.
Grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Auskunftspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustimmung des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klärung von Rechtsangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchbrechung gegenüber Abgabenbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . Eingeleitete Strafverfahren wegen Finanzvergehen . . . . . . . . . . . . Feststellung der Abgabepflicht des Finanzdienstleisters . . . . . . . . Folgen eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht . . .
1–7 8–14 8 9 10 11–14 11–13 14 15–17
I. Grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht 1 § 7 WAG übernimmt nahezu wortgleich die Regelungen des § 21 a
WAG aF, der im Zuge des FinanzmarktaufsichtsG 2001 (BGBl I 2001/ 97) neu aufgenommen worden ist. Der Gesetzgeber hat damit ein in 88
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manchen Teilen dem Bankgeheimnis (§ 38 BWG) nachgebildetes Berufsgeheimnis für Wertpapierdienstleister geschaffen (Kalss/Oppitz/ Zollner, Kapitalmarktrecht I § 4 Rz 29). Adressat der Verschwiegenheitspflicht sind Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sowie – nach § 7 Abs 2 – Entschädigungseinrichtungen mit Ausnahme der Zusammenarbeit mit den obligatorischen Anlegerentschädigungssystemen nach den §§ 75 bis 77 WAG und §§ 93 bis 93 b BWG. Gegenüber der Vorgängerregelung des § 21 a WAG aF wurde der persönliche Anwendungsbereich der Norm nicht erweitert. Dies gilt insb deshalb, weil nach dem BWG konzessionierte Kreditinstitute nach wie vor analog dem § 19 Abs 1 Z 2 WAG aF nunmehr auch gemäß § 3 Abs 1 nicht als Wertpapierfirmen definiert sind. Eine Normenkollision zwischen dem Berufsgeheimnis für Wertpapierdienstleister und dem Bankgeheimnis ist dadurch ausgeschlossen. § 7 WAG richtet sich allerdings im Gegensatz zur Vorgängerbestim- 2 mung (dazu Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 60 f) nicht nur an Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst, sondern ausdrücklich auch an die für sie tätig werdenden Personen. Nach den Erl soll damit angesichts der durch die MiFID erwachsenden Auslagerungsmöglichkeiten klargestellt werden, dass die Verschwiegenheitspflicht nicht nur für das Unternehmen selbst, sondern auch für Outsourcing-Dienstleister, vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten gelten soll. Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht sind Geheimnisse, die Wert- 3 papierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen ausschließlich aus Wertpapiergeschäften iSd § 1 Abs 1 Z 7 lit b bis f BWG oder Wertpapierdienstleistungen iSd § 3 Abs 2 WAG ihrer Kunden erfahren haben. Nicht erfasst sind somit Geheimnisse, die das Unternehmen aus anderen als den angeführten Geschäften erfahren hat, oder die das Unternehmen auch infolge einer anderen Geschäftsbeziehung zum Kunden (zB auf Grund des Abschlusses einer Lebensversicherung) kennt; im letztgenannten Fall kennt das Unternehmen nämlich die Geheimnisse nicht mehr – wie vom Gesetz gefordert – ausschließlich auf Grund der angeführten Wertpapiergeschäfte bzw Wertpapierdienstleistungen (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 61 f). Das Berufsgeheimnis für Wertpapierdienstleister ist diesbezüglich im 4 sachlichen Anwendungsbereich enger gesteckt als das Bankgeheimnis, bei dem das Kreditinstitut im Wesentlichen Geheimnisse, die ihm „ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindung mit dem Kunden“ anvertraut oder zugänglich gemacht wurden, nicht offenbaren und verwerten darf. Während es beim Bankgeheimnis somit nicht darauf ankommt, ob bereits ein Vertrag abgeschlossen wurde bzw ein Ge89
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schäft zustande gekommen ist oder nicht, weil der Geheimnisschutz bereits bei der bloßen Anknüpfung des rechtsgeschäftlichen Kontakts mit dem Kreditinstitut beginnt (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/48), stellt der Wortlaut des § 7 Abs 1 ausdrücklich darauf ab, dass die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen das Geheimnis ausschließlich im Rahmen der Vermittlung bzw Ausführung von Wertpapiergeschäften oder Wertpapierdienstleistungen erfahren hat. Angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber beim Schaffen des Berufsgeheimnisses der Wertpapierdienstleister das Vorbild des BWG im Auge hatte, sowie des Umstands, dass (zivilrechtlich) bereits im vorvertraglichen Bereich Schutz- und Sorgfaltspflichten zwischen den Parteien bestehen, ist anzunehmen, dass der Geheimnisschutz bereits, aber auch erst mit der Aufnahme des rechtsgeschäftlichen Kontakts einsetzt (vgl Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/48). 5 Die Verhaltenspflicht des § 7 Abs 1 beschränkt sich auf die Verschwie-
genheitspflicht der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, also auf das Verbot, Geheimnisse zu offenbaren oder an Dritte weiterzugeben. Das Geheimnis darf somit nicht einer Person mitgeteilt werden, die es bisher nicht gekannt hat, bzw der es nicht gesichert bekannt war. Wie auch beim Bankgeheimnis ist die Abgrenzung schwierig, ob und in welchem Ausmaß eine unternehmensinterne Weitergabe des Geheimnisses untersagt ist („interner Geheimnisschutz“). Hierbei wird eine Weitergabe jedenfalls an jene Personen zulässig sein, die mit der Abwicklung der Geschäftsbeziehung zum Kunden befasst sind oder befasst sein könnten, wobei bei einem lediglich internen Informationsfluss kein allzu strenger Maßstab anzulegen sein wird (vgl diesbezüglich zum Bankgeheimnis Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/54), sofern eine solche interne Informationsweitergabe dem Kundeninteresse dient oder dienen könnte. 6 Problematisch ist auch die Weitergabe von kundenbezogenen Geheim-
nissen durch Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen an bestimmte unternehmensexterne eigenständig tätige Personen, insoweit dies mit der Auslagerung von unternehmensinternen Funktionen (outsourcing) in Zusammenhang steht. Man denke hier etwa an die Auslagerung von bestimmten IT-Funktionen, die eine Weitergabe oder zumindest die Möglichkeit einer Einsichtnahme von Kundendaten erforderlich macht, oder die Weitergabe von kundenspezifischen Informationen an eine mit dem Versand eines Rundschreibens befasste Druckerei oder auch an die Offenbarung von Geheimnissen gegenüber dem Wirtschaftsprüfer, der im Auftrag des Unternehmens gesetzlich vorgeschriebene Prüfungshandlungen vorzunehmen hat. Der 90
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Gesetzgeber scheint davon auszugehen, dass eine Weitergabe von Geheimnissen an unternehmensexterne Personen im Rahmen zulässiger Outsourcing-Aktivitäten möglich sein soll, zumal er die Erweiterung des Geheimnisschutzes auf für eine Wertpapierfirma bzw ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätige Personen in den Erl damit rechtfertigt, dass dies auf Grund der durch die MiFID erwachsenden Auslagerungsmöglichkeiten nötig sei (siehe dazu Rz 2). Man wird daher die Verschwiegenheitspflicht der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens auch dann als gewahrt ansehen können, wenn unternehmensexterne Personen Kenntnis von Geheimnissen erlangen, diese Personen aber – weil sie für die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig sind – vertraglich zur Geheimhaltungspflicht verpflichtet sind. Nicht untersagt ist durch § 7 Abs 1 – im Gegensatz zu § 38 Abs 1 7 BWG – die Verwertung eines Geheimnisses durch eine Wertpapierfirma bzw ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, sofern mit der Verwertung keine unzulässige Weitergabe an Dritte verbunden ist. Zu dem scheinbar widersprechenden § 94 Abs 3 siehe unten Rz 17.
II. Ausnahmen A. Gesetzliche Auskunftspflicht Die Verschwiegenheitspflicht entfällt, wenn ihr eine gesetzliche Aus- 8 kunftspflicht entgegensteht. Da das Gesetz – anders als § 38 Abs 2 BWG – die Auskunftspflichten nicht taxativ aufzählt, ist davon auszugehen, dass jedwede gesetzliche Auskunftspflicht die Verschwiegenheitspflicht durchbricht (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 63).
B. Zustimmung des Kunden Die Verschwiegenheitspflicht ist ferner durchbrochen, wenn der Kunde 9 der Offenbarung des Geheimnisses zustimmt. Das WAG sieht nunmehr im Einklang mit dem BWG für eine solche Zustimmung die Schriftform vor; eine ausdrückliche Erklärung ist nach dem Wortlaut des WAG im Gegensatz zu § 38 Abs 2 Z 5 BWG weiterhin nicht erforderlich. Zur Wahrung der Schriftform muss der wesentliche Inhalt der Urkunde vom Kunden eigenhändig unterschrieben sein bzw ein elektronisches Dokument sicher elektronisch signiert sein (Apathy/ Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/70). 91
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C. Klärung von Rechtsangelegenheiten 10 Weiters muss in Anlehnung an § 38 Abs 2 Z 7 BWG die Verschwiegen-
heitspflicht nicht gewahrt werden, wenn die Offenbarung des Geheimnisses zur Klärung von Rechtsangelegenheiten aus dem Verhältnis zwischen Wertpapierfirmen oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunden erforderlich ist. Ob eine Offenbarung erforderlich ist, muss nach den dem Unternehmen im Zeitpunkt der Offenbarung bekannten Umständen aus objektiver Sicht beurteilt werden (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/126). Nach dem klaren Wortlaut des § 7 ist die Verschwiegenheitspflicht auch dann zu wahren, wenn Geheimnisse zur Klärung oder Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen gegenüber anderen Personen als dem Kunden preisgegeben würden (vgl auch Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O. Schütz, BWG3 § 38 Rz 20; aA Sommer/Hirsch in Dellinger, BWG § 38 Rz 284). So gilt der Durchbrechungstatbestand etwa nicht zum Zwecke der (gerichtlichen oder außergerichtlichen) Geltendmachung von Provisionsansprüchen des Wertpapierdienstleisters gegenüber einem Produktemittenten oder einem Kreditinstitut. Es empfiehlt sich somit in solchen Fällen, dass Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen bereits vorab bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung vom Kunden zu diesem Zweck eine Entbindung von der Verpflichtung zur Einhaltung des Wertpapierdienstleistergeheimnisses einholen.
D. Durchbrechung gegenüber Abgabenbehörden 1. Eingeleitete Strafverfahren wegen Finanzvergehen 11 Sonderbestimmungen greifen hinsichtlich der Durchbrechung der Ver-
schwiegenheitspflicht gegenüber den Abgabenbehörden. Hier besteht solch eine Durchbrechung nur iZm eingeleiteten Strafverfahren wegen Finanzvergehen sowie dann, wenn die Auskunft oder Offenlegung zur Feststellung der eigenen Abgabepflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder jener des depotführenden Kreditinstituts erforderlich ist. Da der Gesetzestext auf eingeleitete Strafverfahren wegen Finanzvergehen Bezug nimmt, besteht im Gegensatz zum engeren § 38 Abs 2 Z 1 BWG die Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht auch in Bezug auf (nicht vorsätzliche) Finanzordnungswidrigkeiten und fahrlässige Finanzdelikte (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 64 FN 252). Es muss sich freilich um ein bei einem Strafgericht oder einer Finanzstrafbehörde bereits anhängiges Verfahren handeln, weil die Verschwiegenheitspflicht nicht zur Sammlung von Material vor Einleitung eines Strafverfahrens aufgehoben ist (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/82). 92
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Ab welchem Zeitpunkt eine Verfahrensanhängigkeit angenommen 12 werden kann, war bislang iZm der Durchbrechung des Bankgeheimnisses im gerichtlichen Verfahren strittig. Teile der Lehre stellen auf die Einleitung von Voruntersuchungen ab. Nach anderen ist von Verfahrensanhängigkeit schon dann auszugehen, wenn irgendeine gerichtliche Maßnahme (auch gegen unbekannte Täter) getroffen wird, wobei eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht nur dann gerechtfertigt sei, wenn ein begründeter Verdacht für das Vorliegen einer strafbaren Handlung gegeben ist (vgl Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/83 mwN). Die für die Praxis letztlich maßgebliche Rsp des OGH sah eine Einleitung des Strafverfahrens bereits in irgendeiner strafgerichtlichen Maßnahme gegen einen bekannten oder auch gegen einen unbekannten Täter (OGH 18. 1. 1989, 14 Os 170–173/88, JBl 1989, 454 mit zust Anm Liebscher). Mit Inkrafttreten der StPOReform beginnt das Strafverfahren, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat gegen eine bekannte oder unbekannte Person ermitteln oder Zwang gegen eine verdächtige Person ausüben (§ 1 Abs 2 StPO idF BGBl I 2004/19; dazu Markel, WK-StPO2 § 1 Rz 25 ff) Nach der Rsp des VfGH ist in verwaltungsbehördlichen Finanzstraf- 13 verfahren aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen auf den Formalakt der bescheidmäßigen Einleitung wegen einer bestimmten Handlung des Verfahrens abzustellen (VfGH 9. 6. 1988, B 92/88, VfGHSlg 11.680; dazu näher Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/86). Wie der VfGH erkennt auch der VwGH in stRsp, dass dem Verwaltungsakt der Einleitung des Finanzstrafverfahrens normativer Charakter mit der Anforderung zugemessen wird, wonach die Einleitung eines solchen Verfahrens mit (gesondert anfechtbarem) Bescheid zu ergehen hat, damit die Verpflichtung zum Geheimnisschutz durch das betroffene Institut durchbrochen wird (VwGH 5. 4. 1989, 88/13/0021, 23. 5. 1990, 89/13/0237, 14. 2. 1991, 90/16/0210, 16. 2. 1994, 91/13/0203 und zuletzt 26. 7. 2006, 2004/14/0022; krit zu dieser Rsp Leitner, Österreichisches Finanzstrafrecht2 370; zust jedoch Reger/Hacker/Kneidinger, Finanzstrafgesetz3 § 83 Rz 3 f). Nicht zuletzt auf Grund der Vorbildwirkung des § 38 BWG für die Bestimmung des § 7 WAG ist die von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts vorgegebene Linie auch im Hinblick auf die Durchbrechung des Wertpapierdienstleistergeheimnisses anwendbar.
2. Feststellung der Abgabepflicht des Finanzdienstleisters Die Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht zur Feststellung der 14 Abgabenpflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder je93
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ner des depotführenden Kreditinstituts reicht nur so weit, als dies für die Feststellung der Abgabenpflicht erforderlich ist (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/144). Haben die Organe der Finanzbehörde im Zuge dessen Einblick in der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen eines oder mehrerer Kunden erhalten, so dürfen sie diese Tatsachen als Amtsgeheimnis nicht preisgeben (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/144).
III. Folgen eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht 15 Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kann nach allgemeinem
Zivilrecht Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz nach sich ziehen (dazu eingehend Schobel, ÖBA 2004, 8; Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/149 ff; Klein, Das Bankgeheimnis im österreichischen Privatrecht [2009] 195 ff). In diesem Zusammenhang ist strittig, ob durch einen Bruch der Verschwiegenheitspflicht verursachte Steuernachzahlungen im Schadenersatzwege ersatzfähig sind. Avancini (in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I1 Rz 2/145) bejaht dies unter Hinweis auf den Schutzzweck der Verschwiegenheitspflicht, zumal die Regelung deutlich zeige, dass die Interessen der Finanzbehörden in diesem Punkt hinter die Geheimhaltungsinteressen der Kunden zurückzutreten hätten. Diese Meinung hat die überwiegende Lehre (Krejci/Brandstetter, ecolex 2004, 520; Schauer, RdW 2004, 324; vgl auch Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/159) mit Recht kritisiert, denn es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er mit der Regelung der Verschwiegenheitspflicht auch Steuerhinterziehung ermöglichen wollte. 16 Anspruchsgegner ist in den genannten Fällen die Wertpapierfirma
bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das die Verschwiegenheitspflicht verletzt. Daneben kann aber auch weitgehend parallel gegen die für die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätigen Personen vorgegangen werden, zumal sie sich im Adressatenkreis des § 7 wiederfinden (siehe Rz 2). Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Verpflichtung dieser Personen zur Geheimhaltung nicht auf einer Vertragsbeziehung zum Kunden der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens beruht, sondern es sich um eine Haftung für Schutzgesetzverletzung handelt (Schobel, ÖBA 2004, 11 f). 94
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Nach § 94 Abs 3 WAG bildet das gegen § 7 WAG verstoßende Offen- 17 baren oder Verwerten vertraulicher Tatsachen, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder um einem anderen einen Nachteil zuzufügen, eine (lediglich mit Ermächtigung des in seinem Geheimhaltungsinteresse Verletzten zu verfolgende) gerichtlich strafbare Handlung, die mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen sanktioniert ist. An dieser Strafbestimmung irritiert jedoch, dass die Verpflichtung des § 7 Abs 1 WAG das Verwerten von Geheimnissen nicht verbietet (siehe dazu Rz 7). Die beiden Gesetzesbestimmungen sind daher ganz offensichtlich nicht aufeinander abgestimmt, vielmehr dürfte der Gesetzgeber § 94 Abs 3 WAG allein nach dem Vorbild des § 101 Abs 1 BWG gestaltet haben, ohne die Eigenständigkeit des § 94 Abs 3 WAG zu beachten. Da § 94 Abs 3 WAG nur Handlungsweisen unter Strafe stellt, die gegen § 7 WAG verstoßen (arg „entgegen § 7“), und letztgenannte Bestimmung das Verwerten nicht untersagt, bleibt das Verwerten straffrei.
Firmenbuch § 8. Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen dürfen nur dann in das Firmenbuch eingetragen werden, wenn die entsprechenden rechtskräftigen Bescheide in Urschrift oder beglaubigter Abschrift (Kopie) vorliegen. Die Vorlage der Bescheide entfällt, soweit die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen nach § 102 zulässig ist. Das zuständige Gericht hat Beschlüsse über solche Firmenbucheintragungen auch der FMA zuzustellen. Schrifttum: Leitzen, Öffentlich-rechtliche Genehmigungen in GmbH-Registerverfahren nach dem MoMiG, GmbHR 2009, 480. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 8): „Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 20 Abs. 3 WAG.“
Übersicht I. A. B. C. II. A. B.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte und Regelungsinhalt im Überblick . . . . Europarechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Normzweck des § 8 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bescheidvorlage als Eintragungsvoraussetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Rechtsnatur des § 8 Satz 1 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eintragung von Wertpapierdienstleistern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–4 1–2 3 4 5–11 5 6–8
95
§8 C. D. III. IV. V. VI.
Saria Vorlage des Bescheids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung auf Zweigniederlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Bescheidvorlage bei übergeleiteten Berechtigungen . . . . . Verständigungspflicht des Firmenbuchgerichts. . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9–10 11 12 13 14 15
I. Allgemeines A. Entstehungsgeschichte und Regelungsinhalt im Überblick 1 § 8 WAG stimmt im Grunde wortwörtlich mit § 20 Abs 3 WAG aF
überein. Die Unterschiede zwischen den beiden Vorschriften sind letztlich allein redaktioneller Natur. Das gilt sowohl für die Anführung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen in § 8 WAG gegenüber der bisherigen Erwähnung allein von Wertpapierdienstleistungsunternehmen als auch im Hinblick auf die jeweils zitierten Bestimmungen. Abweichungen zwischen § 8 WAG und § 20 Abs 3 WAG aF können sich daher allenfalls aus dem unterschiedlichen Inhalt der verwiesenen Bestimmungen – § 102 WAG im Vergleich zu § 32 Z 3 WAG aF – ergeben. An der Textierung des § 8 WAG wurden im Gesetzgebungsverfahren seit den ersten Entwürfen grundsätzlich auch keine Änderungen vorgenommen. Funktional ist § 8 WAG nicht zuletzt mit § 5 Abs 2 BWG, § 21 Abs 3 BWG, § 42 PKG und § 4 Abs 9 VAG vergleichbar. Entstehungsgeschichte, Normkontinuität und Verwandtschaft der verschiedenen Vorschriften bedingen, dass im Zuge der Auslegung des § 8 WAG auf die bisher gemachten Ausführungen zu § 20 Abs 3 WAG aF sowie auf jene zu funktional vergleichbaren Bestimmungen anderer Gesetze zurückgegriffen werden kann. 2 § 8 Satz 1 normiert primär eine Verpflichtung der Firmenbuchgerich-
te, eine Eintragung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen nur bei Vorlage der entsprechenden rechtskräftigen Bescheide beim Firmenbuchgericht vorzunehmen (vgl Rz 9 f). § 8 Satz 2 sieht eine Ausnahme von dieser Vorlagepflicht vor. Schließlich begründet § 8 Satz 3 eine Informationspflicht des Firmenbuchgerichts gegenüber der FMA. § 8 korrespondiert somit mit gesellschaftsrechtlichen Pflichten der zur Vornahme der Anmeldung jeweils berufenen Personen zur Vorlage der notwendigen Genehmigungsurkunden beim Firmenbuchgericht (vgl § 29 Abs 2 Z 5 AktG; Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 65). 96
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B. Europarechtliche Aspekte Aus der Entstehungsgeschichte des § 8 geht hervor, dass der Norm- 3 zweck des § 8 nicht in einer Umsetzung europarechtlicher Vorgaben der MiFID besteht. Daraus folgt aber, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 8 insoweit grundsätzlich keinen diesbezüglichen europarechtlichen Bindungen unterworfen ist. Auf Grund des Fehlens eines grenzüberschreitenden Sachverhalts bestehen bei Eintragungen von österreichischen Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen in das österreichische Firmenbuch überdies keine Berührungspunkte zur Niederlassungsfreiheit. Wird allerdings der Anwendungsbereich des § 8 auf österreichische Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Mitgliedstaaten der EU ausgedehnt, so stellt sich die Frage nach der europarechtlichen Zulässigkeit einer Versagung der Eintragung der Zweigniederlassung in das österreichische Firmenbuch unter Berufung auf die hier interessierenden aufsichtsrechtlichen Registersperren. Jedenfalls die österreichische Rsp sieht eine solche Verweigerung der Eintragung als europarechtlich unproblematisch an (OGH 8. 5. 2008, 6 Ob 232/07 x, Birnbauer/Saria, FBE V. = wbl 2008, 447 f = GesRZ 2008, 299 ff [Karollus]; krit dagegen Karollus, Anm zu OGH 6 Ob 232/07 x, GesRZ 2008, 301).
C. Der Normzweck des § 8 WAG Der ausschließlich national geprägte (vgl Rz 3) Normzweck des § 8 4 besteht primär darin, Täuschungen des Verkehrs über das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Befugnis zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und allenfalls Wertpapiernebendienstleistungen auf Grund einer mit gerichtlicher Autorität vorgenommenen Firmenbucheintragung hintanzuhalten (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 75; Chini/Frölichsthal, BWG2 § 5 Anm 34). Eine über die Verhinderung von Täuschungen hinausgehende Unterbindung jeglicher Geschäftstätigkeit ohne Vorliegen einer entsprechenden Befugnis mit Mitteln des Firmenbuchrechts (idS wohl noch Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 9 Rz 1; ähnl, wenn auch weniger weitgehend nunmehr Laurer in Laurer/ Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13; Leitzen, GmbHR 2009, 481) wird dagegen durch § 8 nicht bezweckt. Ebenso wenig wird durch § 8 das Firmenbuchgericht zur Aufsicht über Wertpapierdienstleister berufen (ansatzweise idS wohl aber noch OGH 20. 4. 1991, 6 Ob 6/91). 97
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II. Bescheidvorlage als Eintragungsvoraussetzung A. Zur Rechtsnatur des § 8 Satz 1 WAG 5 § 8 Satz 1 ordnet die Vorlage der entsprechenden rechtskräftigen Be-
scheide als Voraussetzung der Eintragung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen in das Firmenbuch an. Er zeigt insoweit Anklänge an das Konzessionssystem als gesellschaftsrechtliches Gründungssystem (vgl Krejci, Gesellschaftsrecht I [2005] 53; weitergehend als Ausnahme vom Normativsystem auffassend dagegen Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008] Rz 4/43 FN 1). § 8 begründet in dogmatischer Hinsicht eine Eintragungsvoraussetzung (vgl Kodek in Kodek/G. Nowotny/ Umfahrer, FBG § 18 FBG Rz 55, § 22 FBG Rz 4), deren Nichterfüllung eine ihrem Ursprung nach aufsichtsrechtliche Registersperre zur Folge hat. In der aufsichtsrechtlichen Lit wird im Anschluss an Laurer (Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 9 Rz 6) regelmäßig betont, dass derartige Vorschriften eine Bindung des Firmenbuchgerichts an den Bescheid der Aufsichtsbehörde als Vorfrageentscheidung hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit des unternehmensrechtlich Gewollten auslösen (idS Chini/Frölichsthal, BWG2 § 21 Anm 16; Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 12; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 77, § 21 Rz 47). Dagegen bleibe das Firmenbuchgericht in der Beurteilung sämtlicher anderer Fragen und insb des Vorliegens der unternehmensrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Eintragung frei (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/ Zeipelt, WAG § 20 Rz 12; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 21 Rz 47; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13). Allerdings ist Laurer selbst in dieser Frage nicht restlos eindeutig (vgl die auf ein Verständnis als Eintragungsvoraussetzung hindeutenden Ausführungen bei Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/ Ruess, KWG2 § 9 Rz 1; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/ O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13), und gibt es durchaus Stimmen in der aufsichtsrechtlichen Lit, die unter Berufung auf die fehlende Kompetenz des Firmenbuchgerichts zur Beurteilung der aufsichtsrechtlichen Fragestellungen – zutreffend – in derartigen Vorschriften ebenfalls Eintragungsvoraussetzungen sehen (vgl idS Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 66). Jedenfalls der VwGH qualifiziert § 20 Abs 3 WAG aF und damit unzweifelhaft auch § 8 als Eintragungsvoraussetzung (VwGH 25. 2. 2002, 2002/17/0021). 98
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B. Eintragung von Wertpapierdienstleistern Der Aufbau von § 8 Satz 1 ist insofern missverständlich, als die Rechts- 6 folge – Zulässigkeit der Eintragung – vor den Tatbestand gesetzt wird. § 8 Satz 1 erfasst die Eintragung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Der Begriff der Wertpapierfirma ergibt sich dabei aus § 3, jener des Wertpapierdienstleistungsunternehmens aus § 4. Rsp und Lehre wenden § 8 und vergleichbare aufsichtsrechtliche Vorschriften darüber hinaus ohne weitere Diskussion auf österreichische Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Mitgliedstaaten an und verstehen insoweit wenigstens im Ergebnis die Wendung „Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen“ weit (vgl Kalss/Adensamer, § 20 Ausländische Gesellschaften in Österreich Rz 42, in Hirte/Bücker [Hrsg], Grenzüberschreitende Gesellschaften2 [2006] 660 ff; OGH 8. 5. 2008, 6 Ob 232/07 x, Birnbauer/ Saria, FBE V. = wbl 2008, 447 f = GesRZ 2008, 299 ff [Karollus]; OLG Wien 30. 11. 2004, 28 R 217/04 v, NZ 2006/62; vgl noch Rz 11). Nach § 8 Satz 1 wird grundsätzlich nur die Eintragung von Wert- 7 papierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen als solche erfasst. Unter anderem daraus wird iZm der Notwendigkeit zur Vorlage der entsprechenden Bescheide zum einen geschlossen, dass der Vorgesellschaft der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens – und nur dieser, nicht aber sonstigen Personen – im Konzessionsverfahren Parteistellung zukommt (VwGH 25. 2. 2002, 2002/17/0021; idS zum Bankaufsichtsrecht schon VwGH 23. 4. 1993, 92/17/0170). Zum anderen legt diese Formulierung nahe, dass § 8 Satz 1 abschließend zu verstehen ist und eine Registersperre für sonstige Firmenbucheintragungen nach § 8 Satz 1 nicht in Frage kommt (vgl implizit idS wohl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 78 f, § 21 Rz 48; Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 65; OGH 20. 4. 1991, 6 Ob 6/91). Für ein solches Verständnis könnte immerhin sprechen, dass § 6 die Anwendbarkeit ua des § 21 Abs 3 BWG normiert und insoweit keine Lücke vorzuliegen scheint. Allerdings bezieht sich § 6 iVm § 21 Abs 3 BWG auf die Notwendigkeit einer Vorlage von aufsichtsrechtlichen Bewilligungsbescheiden iZm der Eintragung von Umgründungen in das Firmenbuch (vgl dazu § 6 Rz 3). Dagegen verlangen der Normzweck des § 8, der Schutz vor Umgehungen und ein Größenschluss zu § 6 iVm § 21 Abs 3 BWG, dass auch bei Änderung des Unternehmensgegenstands derart, dass dadurch eine Konzessionspflicht ausgelöst wird, eine Vorlage eines diesbezüglichen Bescheids beim Firmenbuchgericht zu erfolgen hat (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/ O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13; § 4 Abs 9 VAG). Die Tatsache der Vorlage des Bescheids beim Firmenbuchgericht selbst bildet demgegenüber kei99
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ne eintragungspflichtige Tatsache (so auch Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 66; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 21 Rz 47). 8 Eine Eintragung einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens iSd § 8 Satz 1 setzt – wie nicht zuletzt § 29 Abs 2 Z 5 AktG zeigt – grundsätzlich voraus, dass der Unternehmensgegenstand eine nach dem WAG konzessionspflichtige Tätigkeit umfasst. Dabei muss es angesichts des Normzwecks ausreichen, dass ein Teil des Unternehmensgegenstands konzessionspflichtig ist. Entscheidend ist die Beschreibung im Gesellschaftsvertrag, ohne dass es insoweit auf die konkret beabsichtigte Tätigkeit ankommt. Hinreichend ist eine deutliche Bezugnahme im Unternehmensgegenstand auf konzessionspflichtige Geschäfte (vgl idS Karollus, Anm zu OGH 6 Ob 232/07 x, GesRZ 2008, 301). Bei § 8 Satz 1 handelt es sich um eine Konkretisierung der amtswegigen Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts (vgl idS Leitzen, GmbHR 2009, 481). Dementsprechend hat etwa bei einem Unternehmensgegenstand „Finanz- und Versicherungsdienstleistung“ und bei Fehlen weiterer Angaben in der Anmeldung das Gericht von Amts wegen zu klären, ob die Gesellschaft konzessionspflichtige Tätigkeiten betreiben soll (OLG Wien 31. 3. 2005, 28 R 53/05 b, Birnbauer/Saria, FBE VI.). Bei einem bloß weiten und unbestimmten Unternehmensgegenstand werden jedoch keine weiteren Prüfungsschritte zu setzen sein, sofern sich nicht insb aus der Firma oder aus sonstigen Umständen Anhaltspunkte für die beabsichtigte Aufnahme konzessionspflichtiger Dienstleistungen ergeben. Ist bei pflichtgemäßer Prüfung durch das Firmenbuchgericht das Vorliegen einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens nicht erkennbar, so kann § 8 nicht eingreifen. Keinesfalls steht es dem Firmenbuchgericht zu, die Aufnahme einer Negativerklärung in den Unternehmensgegenstand des Inhalts zu verlangen, dass keine konzessionspflichtigen Geschäfte betrieben werden (so Karollus, Anm zu OGH 6 Ob 232/07 x, GesRZ 2008, 301).
C. Vorlage des Bescheids 9 § 8 Satz 1 spricht nur davon, dass der Bescheid „vorliegen“ muss.
Gemeint ist damit nicht die bloße Existenz der maßgeblichen Bescheide, sondern – wie schon § 8 Satz 2 zeigt – die Vorlage der einschlägigen Bescheide beim jeweils zuständigen Firmenbuchgericht. Die Vorlagepflicht gemäß § 8 trifft die zur Anmeldung Verpflichteten; das Firmenbuchgericht ist demgegenüber durch § 8 verpflichtet, eine Eintragung ohne Vorlage der erforderlichen Bescheide zu unterlassen. Aus dem Wesen des § 8 Satz 1 als Eintragungsvoraussetzung sowie aus dem Wortlaut des § 8 Satz 1 ist abzuleiten, dass die Vorlage des entspre100
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chenden Bescheids grundsätzlich im Zeitpunkt der Anmeldung zu erfolgen hat. Andernfalls ist nach allfälliger Durchführung eines Verbesserungsverfahrens das Eintragungsgesuch abzuweisen. Vorzulegen sind allein Bescheide. Schon deshalb ist – abgesehen von unternehmensrechtlichen Überlegungen (vgl dazu OGH 8. 5. 2008, 6 Ob 232/ 07 x, Birnbauer/Saria, FBE V. = wbl 2008, 447 f = GesRZ 2008, 299 ff [Karollus]; OLG Wien 30. 11. 2004, 28 R 217/04 v, NZ 2006/62) – die Vorlage einer eidesstättigen Erklärung der die Anmeldung vornehmenden Personen als nicht hinreichend anzusehen. Nicht zuletzt deshalb scheidet ferner die Annahme einer Pflicht zur Vorlage eines Negativattests der Aufsichtsbehörde, aus dem sich die Genehmigungsfreiheit des Unternehmensgegenstandes ergibt, insb auf Verlangen des Firmenbuchgerichts aus. Vor dem Hintergrund der dogmatischen Einordnung des § 8 Satz 1 als Eintragungsvoraussetzung kann sich überdies die Frage nach einer allfälligen Bindungswirkung solcher Bestätigungen für das Firmenbuchgericht nicht stellen. Vorzulegen sind die „entsprechenden“ Bescheide. Welche das sind, 10 bestimmt sich in Abhängigkeit von der begehrten Eintragung. Es sind jene Bescheide, die den unternehmensrechtlich im Wege der Eintragung durchzuführenden Vorgang aufsichtsrechtlich gestatten (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 76 f). Wird die erstmalige Eintragung begehrt, so handelt es sich um den Konzessionsbescheid. Der Bescheid muss rechtskräftig sein, was sich nach den verwaltungsrechtlichen Vorschriften bestimmt. Grundsätzlich ist dies der Zeitpunkt der Zustellung an den Adressaten (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/ O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13; krit bezüglich der gesetzlichen Terminologie Diwok in Diwok/Göth, BWG § 21 Rz 47). Aus dem Abstellen auf rechtskräftige Bescheide folgt außerdem, dass die Konzession an sich vor der firmenbuchrechtlichen Anmeldung erteilt worden sein muss. Die Vorlage des Bescheids hat in Urschrift oder in „beglaubigter Abschrift (Kopie)“ zu erfolgen. Vorlage in Urschrift bedeutet Vorlage des Originals der dem Antragsteller zugestellten Ausfertigung des Bescheids (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 76). Abschrift und Kopie sind Vervielfältigungen dieses Originals, die zudem – öffentlich (vgl § 4 Abs 9 VAG; zur Heranziehbarkeit dieser Vorschrift im Rahmen der Auslegung des § 8 vgl schon Rz 1) – beglaubigt sein müssen. Die Vorlage einer schlichten, unbeglaubigten Kopie ist demgegenüber nicht hinreichend (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 76).
D. Anwendung auf Zweigniederlassungen Hinsichtlich der Einbeziehung von österreichischen Zweigniederlas- 11 sungen von Wertpapierdienstleistern aus Mitgliedstaaten in den An101
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wendungsbereich des § 8 ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Frage der aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit einer Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit im Wege der Errichtung von Zweigstellen von jener der Errichtung einer unternehmensrechtlichen Zweigniederlassung zu trennen ist. Ersteres ist Gegenstand der §§ 12 ff; letzteres wird nach Ansicht von Lehre und Rsp durch § 8 und andere nationale unternehmensrechtliche Bestimmungen geregelt. Zu der aus dieser Auffassung folgenden Erweiterung der Wendung „Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen“ vgl schon Rz 6. Nach der Rsp ist ein Antrag auf Eintragung einer in Österreich errichteten Zweigniederlassung abzuweisen, sofern der Unternehmensgegenstand eines in einem anderen Mitgliedstaat der EU rechtswirksam errichteten Rechtsträgers konzessionspflichtige Tätigkeiten umfasst und der Rechtsträger weder in Österreich noch in seinem Herkunftsstaat über eine entsprechende Konzession verfügt (vgl insb OGH 8. 5. 2008, 6 Ob 232/07 x, Birnbauer/Saria, FBE V. = wbl 2008, 447 f = GesRZ 2008, 299 ff [Karollus]; ferner OLG Wien 30. 11. 2004, 28 R 217/04 v, NZ 2006/62; einschränkend auf einen konzessionspflichtigen Tätigkeitsbereich der österreichischen Zweigniederlassung abstellend Karollus, Anm zu OGH 6 Ob 232/07 x, GesRZ 2008, 301; zur Unzulässigkeit eines Ersatzes der Vorlage eines entsprechenden Bescheids durch eine eidesstättige Erklärung vgl schon Rz 9). Allerdings bleibt eine derartige Ablehnung der Eintragung der Zweigniederlassung durch das Firmenbuchgericht grundsätzlich folgenlos (vgl Kalss/Adensamer, § 20 Ausländische Gesellschaften in Österreich Rz 42, in Hirte/Bücker [Hrsg], Grenzüberschreitende Gesellschaften2 [2006] 660 ff); erst § 94 kann bei Vorliegen der dort normierten Tatbestandsvoraussetzungen zu Sanktionen führen. Zur europarechtlichen Zulässigkeit dieser Vorgangsweise vgl schon Rz 3.
III. Keine Bescheidvorlage bei übergeleiteten Berechtigungen 12 Von einer Bescheidvorlage als Eintragungsvoraussetzung wird nach § 8
Satz 2 entsprechend dem Normzweck des § 8 insoweit abgesehen, als die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen nach § 102 zulässig ist. Der Inhalt der durch § 8 Satz 2 eröffneten Ausnahme bestimmt sich nach § 102; die sich aus dieser Vorschrift ergebenden persönlichen, sachlichen und zeitlichen Grenzen sind daher für den Anwendungsbereich des § 8 Satz 1 unmittelbar relevant. Soweit Berechtigungen nach § 102 Abs 2 nur zeitlich begrenzt übergeleitet werden, sind recht102
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zeitig entsprechende Konzessionsansuchen zu stellen (idS zur Vorgängerbestimmung schon Winternitz, WAG § 20 Rz 20). Die einzelnen in § 8 Satz 2 verwendeten Begriffe entsprechen denen des § 8 Satz 1, sodass insoweit auf die Kommentierung zu § 8 Satz 1 verwiesen werden kann.
IV. Verständigungspflicht des Firmenbuchgerichts § 8 Satz 3 begründet eine allgemeine und nicht bloß auf Fälle des § 8 13 Satz 2 bezogene Verständigungspflicht des zuständigen Gerichts gegenüber der FMA und bildet in gewisser Weise ein Gegenstück zu § 92 Abs 7 (vgl dazu § 92 Rz 14). Das „zuständige Gericht“ ist das im Einzelfall jeweils kompetente Firmenbuchgericht (vgl idS Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 9 Rz 7; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13), wie sich nicht zuletzt aus der Bezugnahme auf Beschlüsse über Firmenbucheintragungen in § 8 Satz 3 ergibt. Das Wort „auch“ zeigt, dass zu den durch das Unternehmensrecht bestimmten Beschlussadressaten zusätzlich noch die FMA kommt. Der Verständigungspflicht hat das Gericht durch Zustellung der Beschlüsse über solche Firmenbucheintragungen an die FMA nachzukommen. Eine Verständigung der FMA vor Beschlussfassung ist daher nicht vorzunehmen (vgl Kodek in Kodek/G. Nowotny/Umfahrer, FBG § 18 FBG Rz 55, § 22 FBG Rz 4). Der Begriff der Beschlüsse wird weit verstanden und umfasst nicht nur bewilligende, ab- sowie zurückweisende Beschlüsse (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 21 Rz 49; Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 69), sondern auch sonstige Verfügungen im Firmenbuchverfahren über die von § 8 erfassten Eintragungen (idS Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13). Mit der Wendung „solche Firmenbucheintragungen“ sind die in den Anwendungsbereich des § 8 Satz 1 fallenden Eintragungen (vgl dazu Rz 7) gemeint. Die Verständigung nach § 8 Satz 3 dient nur der Information und begründet insb keine Parteistellung der FMA im Firmenbuchverfahren über die Eintragung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen (vgl Kodek in Kodek/G. Nowotny/Umfahrer, FBG § 18 FBG Rz 55, § 22 FBG Rz 4; Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 12; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 77; Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 69; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13; Chini/ Frölichsthal, BWG2 § 21 Anm 18; Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 9 Rz 7). 103
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V. Sonstige Fragestellungen 14 Eine unter Verstoß gegen § 8 erfolgende Eintragung einer Wertpapier-
firma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens ändert nichts an der grundsätzlichen Wirksamkeit der Eintragung und führt zum Entstehen der Gesellschaft (vgl idS Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 21 Rz 9; Leitzen, GmbHR 2009, 481). Möglich bleibt aber eine amtswegige Löschung nach § 10 FBG (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 21 Rz 9). Ebenso wird ein nachträglicher Konzessionsentzug in letzter Konsequenz zu einer amtswegigen Löschung der Gesellschaft nach § 10 FBG führen. Zu den Folgen einer konzessionspflichtigen Änderung des Unternehmensgegenstands vgl bereits Rz 7. Die nachträgliche Aufnahme einer konzessionierten Tätigkeit ohne gleichzeitige Änderung des Unternehmensgegenstands macht grundsätzlich nur nach § 94 verantwortlich. Die spätere faktische Aufgabe der konzessionierten Tätigkeit ohne ordnungsgemäße Zurücklegung der Konzession nach § 5 Abs 3 (vgl dazu § 5 Rz 11) hat an sich ebenfalls keine firmenbuchrechtlichen Folgen.
VI. Reformbedarf 15 Im Hinblick auf die Streichung von § 8 funktional entsprechenden
dt gesellschaftsrechtlichen Vorschriften stellt sich die Frage nach einem allfälligen Reformbedarf auch für das österreichische Recht, zumal diese Vorgangsweise mit der dadurch bewirkten und auch in Österreich nicht negativ bewerteten Erleichterung der Gründung von Gesellschaften durch die Befreiung von bürokratischen Hemmnissen gerechtfertigt wurde (vgl idS Leitzen, GmbHR 2009, 481; ferner BTDrucks. 16/9737, S 51). Allerdings haben § 8 und andere aufsichtsrechtliche Registersperren einen im Vergleich zu den vom dt Gesetzgeber aufgehobenen Bestimmungen ohnehin weitaus eingeschränkteren Anwendungsbereich. Darüber hinaus wurden gerade die mit § 8 inhaltlich übereinstimmenden Regeln im dt Recht beibehalten (vgl Leitzen, GmbHR 2009, 481), sodass sich jedenfalls bei genauerer Betrachtung keine Notwendigkeit zu einer Reform des § 8 nach dt Vorbild zeigt.
Eigenkapital § 9. (1) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben jederzeit ausreichendes Eigenkapital zu halten. 104
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(2) Das Eigenkapital von Wertpapierfirmen hat zumindest 25 vH der fixen Gemeinkosten des letzten festgestellten Jahresabschlusses zu betragen; als fixe Gemeinkosten gelten die Betriebsaufwendungen (Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 2, Position III), die vom jeweiligen Beschäftigungsgrad der Wertpapierfirma unabhängig sind und die den einzelnen Kostenträgern (Produkten) nicht direkt zugerechnet werden können; für Wertpapierfirmen, die ihre Geschäftstätigkeit seit weniger als einem Jahr ausüben, sind die im Unternehmensplan vorgesehenen fixen Gemeinkosten heranzuziehen. Ungeachtet dieses Eigenkapitalerfordernisses haben Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen das bei Konzessionserteilung geforderte Anfangskapital als Mindestkapital zu halten oder die erforderliche Berufshaftpflichtversicherung aufrecht zu halten. (3) Das Eigenkapital besteht aus dem eingezahlten Kapital und den offenen Rücklagen. (4) Sinkt das Eigenkapital auf Grund einer Auszahlung von Entschädigungen gemäß § 76 unter das gemäß Abs. 2 erforderliche Ausmaß, so hat die Wertpapierfirma das erforderliche Ausmaß von 25 vH der fixen Gemeinkosten längstens innerhalb der folgenden drei Geschäftsjahre zu erreichen. (5) Wertpapierfirmen haben 1. zur Absicherung ihres Kreditrisikos gemäß § 22 Abs. 1 Z 1 BWG Eigenmittel im Ausmaß von 8 vH der gemäß § 22 a BWG ermittelten Bemessungsgrundlage zu halten und 2. sofern im vorangegangenen Geschäftsjahr die Anzahl der dem Unternehmen zurechenbaren Mitarbeiter und vertraglich gebundenen Vermittler im Jahresdurchschnitt mehr als 100 betragen hat, zur Absicherung ihres operationellen Risikos zusätzlich Eigenkapital in jenem Ausmaß zu halten, wie es gemäß dem BWG V. Abschnitt 3. Unterabschnitt erforderlich ist. (6) Andere als die in Abs. 5 Z 2 genannten Wertpapierfirmen haben zur Absicherung ihres operationellen Risikos zusätzlich Eigenkapital im Ausmaß von 12/88 von 25 vH der fixen Gemeinkosten zu halten. Schrifttum: Bohrn/Würth, Eigenkapital von Wertpapierfirmen – Verwirrung um Rundschreiben der Finanzmarktaufsicht – Versuch einer rechtlichen Klärung, ZFR 2009, 86; FMA, Rundschreiben der FMA zum Eigenkapital- und Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007) – Stand Februar 2009; FMA/OeNB, Leitfaden zur Gesamtbankrisikosteuerung – Internal Capital Adequacy Assessment Process (ICAAP)
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(2006); Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute Band I: Allgemeiner Teil, Einzelabschluß (1995); B. Jud/Mair, Eigenkapitalerfordernisse für Wertpapierfirmen nach § 9 WAG, ÖBA 2009, 442. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 9): „Die Bestimmung setzt Art. 12 der Richtlinie 2004/39/EG in Verbindung mit Art. 21 der Richtlinie 2006/49/EG um, sie entspricht dem bisherigen § 22 WAG. Abs. 5 und 6 setzen Art. 20 in Verbindung mit Art. 46 der Richtlinie 2006/49/ EG hinsichtlich der Kreditrisiken und operationellen Risiken gemäß Art. 75 lit. d der Richtlinie 2006/48/EG um. Abs. 5 Z 1 setzt Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2006/49/EG um. Es ist gemäß Art. 46 der Richtlinie 2006/49/EG nur für solche Wertpapierfirmen die Vollanwendung der BWG-Bestimmungen über das operationelle Risiko vorzusehen, die im Jahresdurchschnitt mehr als 100 Personen für die Erbringung ihrer Dienstleistungen beschäftigen. Da Art. 20 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 46 der Richtlinie 2006/49/EG eine Ausnahmemöglichkeit vorsieht, die auf das Nicht-Erreichen eines Schwellenwertes der Handelsbuchpositionen abstellt, aber auf Grund des gemäß § 3 möglichen Geschäftsgegenstandes Handelsbuchpositionen nicht entstehen können, muss nur auf die Anzahl der Arbeitnehmer abgestellt werden. Wertpapierfirmen unterhalb dieser Schwelle müssen bis auf weiteres gemäß Art. 46 2. Unterabsatz lit. b i der Richtlinie 2006/ 49/EG für das operationelle Risiko lediglich einen Zuschlag im Ausmaß von 12/ 88 von 25% der fixen Gemeinkosten halten. Allerdings ist das genannte Wahlrecht zeitlich befristet (31. 12. 2011), und es wird daher entsprechend rechtzeitig eine legistische Maßnahme zu treffen sein.“
Übersicht I. A. B. C. II. III. IV. A. 1. 2. 3. 4. 5. B. C.
106
Grundsätzliches zu § 9 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Regelungsinhalt im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Normzweck des § 9 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Fragestellungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Generalklausel des § 9 Abs 1 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Eigenkapital gemäß § 9 Abs 3 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Regeln zur Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses . . . Bedeckung allgemeiner Risiken gemäß § 9 Abs 2 und Abs 4 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der persönliche Anwendungsbereich von § 9 Abs 2 und Abs 4 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses nach den fixen Gemeinkosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses bei Geschäftstätigkeit kürzer als ein Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Anfangskapital als Mindestkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ergänzung fehlenden Eigenkapitals nach § 9 Abs 4 WAG Bedeckung des Kreditrisikos gemäß § 9 Abs 5 Z 1 WAG . . . . . . Bedeckung des operationellen Risikos gemäß § 9 Abs 5 Z 2 und Abs 6 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–10 1–4 5–9 10 11–13 14–17 18–35 18–27 18 19–21 22 23–24 25–27 28–29 30–32
Eigenkapital D. Das Verhältnis der einzelnen Berechnungsregeln zueinander . V. Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§9 33–35 36–37 38
I. Grundsätzliches zu § 9 WAG A. Der Regelungsinhalt im Überblick Nach § 9 bestimmt sich nicht zuletzt angesichts der Überschrift zu 1 dieser Vorschrift das für das Betreiben von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen erforderliche Eigenkapital, ohne dass deshalb alle diesbezüglichen Aspekte allein von § 9 geregelt werden würden (vgl Rz 2 im Anschluss). Dementsprechend wird zuerst in § 9 Abs 1 der Grundsatz aufgestellt, dass Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen jederzeit ein ausreichendes Eigenkapital zu halten haben. § 9 Abs 2 bis 6 konkretisieren diese Anforderung durch Normierung von Berechnungsregeln zur Ermittlung des Eigenkapitalerfordernisses in § 9 Abs 2, 4, 5 und 6 einerseits sowie andererseits durch Festlegung jener Vermögensbestandteile in § 9 Abs 3, die zur Bedeckung des so bestimmten Kapitalerfordernisses verwendet werden dürfen. Ob das Eigenkapital einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens ausreichend iSd § 9 Abs 1 ist, ergibt sich aus einer Gegenüberstellung des sich auf Basis der gesetzlichen Vorgaben ergebenden Eigenkapitalerfordernisses mit den als Eigenkapital iSd § 9 anerkannten Mitteln. Andere Fragestellungen iZm dem Eigenkapital von Wertpapierfirmen 2 werden etwa durch die Festlegung eines Anfangskapitals in § 3 Abs 6 geregelt, dessen Vorhandensein nach § 3 Abs 5 Z 2 eine Voraussetzung für die Erteilung der Konzession ist (dazu auch § 3 Rz 5), und das nach § 4 Abs 2 Z 2 bei Fehlen einer Berufshaftpflichtversicherung auch von Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu erbringen ist (vgl § 4 Rz 6). Während § 3 somit Kapitalerfordernisse für die Aufnahme einer dem WAG unterstehenden Tätigkeit aufstellt, regelt § 9 die Eigenkapitalanforderungen für die laufende Unternehmenstätigkeit. An der Definition der fixen Gemeinkosten iSd § 9 Abs 2 knüpfen ferner § 76 Abs 1 b und 3 an. Dazu kommen noch Fälle, in denen zur Auslegung anderer Vorschriften auf § 9 zurückgegriffen wird (vgl etwa § 86 Rz 3). Zur Bedeutung des in § 4 Abs 2 Z 3 WAG vorgenommenen Ausschlusses der Anwendbarkeit von § 9 Abs 2 auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen vgl noch Rz 18. Ausweislich der Mat zu § 9 entspricht dieser dem bisherigen § 22 3 WAG aF. Abgesehen von terminologischen Anpassungen unterschei107
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det sich § 9 von seiner Vorgängerbestimmung jedoch insb durch die entsprechend dem Konzept des WAG notwendig gewordene Berücksichtigung der Existenz von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen als zwei voneinander verschiedene Kategorien von Wertpapierdienstleistern. Da überdies die durch § 9 neu eingefügten Abs 5 und 6 kein Pendant in § 22 WAG aF haben, kann sich die von den Mat zu § 9 behauptete Übereinstimmung des § 22 WAG aF mit der nunmehr geltenden Vorschrift nur auf § 9 Abs 1 bis 4 beziehen. Dementsprechend verbietet sich ein Rückgriff auf § 22 WAG aF in all jenen Fällen, in denen im Rahmen des § 9 WAG neue, nach der alten Rechtslage noch nicht relevante Fragestellungen auftreten. Das gilt insb im Hinblick auf das Verhältnis der Berechnungsregeln betreffend das Eigenkapitalerfordernis nach § 9 Abs 2 zu jenen gemäß § 9 Abs 5 und 6. 4 Im Einklang mit diesen Grundsätzen scheidet eine Bezugnahme auf Vorschriften des BWG und die dazu erzielten Auslegungsergebnisse im Zuge der Auseinandersetzung mit § 9 im Wesentlichen aus. Schließlich wird in den insoweit noch immer maßgeblichen Mat zu § 22 WAG aF (abgedruckt bei Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG 205; Winternitz, WAG 164) ausgeführt, dass bei einem reinen Dienstleistungsbetrieb – wie es die Wertpapierdienstleister sind – die damals grundsätzlich auf eine Unterlegung von Aktivposten und Eventualverbindlichkeiten abstellenden Eigenmittelvorschriften des BWG nicht adäquat seien und deshalb eigenständige aufsichtsrechtliche Normen betreffend die für Wertpapierdienstleister einschlägigen Eigenkapitalerfordernisse zu schaffen waren. Heranziehbar ist das BWG allerdings jedenfalls insofern, als sich § 9 ausdrücklich auf Vorschriften des BWG bezieht oder die Bestimmungen des § 9 und des BWG auf gemeinsamen europarechtlichen Vorgaben beruhen.
B. Der Normzweck des § 9 WAG 5 Der Normzweck des § 9 besteht zum einen in der Gewährleistung des
Vorhandenseins einer bestimmten Eigenkapitaldecke, um auf diese Weise die Risikotragfähigkeit der Wertpapierdienstleister in dem vom Gesetzgeber als notwendig erachteten Ausmaß sicherzustellen. Allenfalls sich aus den mit der Geschäftstätigkeit verbundenen Risiken ergebende Verluste sollen durch eine entsprechende Bedeckung mit Eigenkapital zu keinen unmittelbaren Gefährdungen der Existenz des Wertpapierdienstleisters führen. Während über diese schon im Unionsrecht grundgelegte (vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445 FN 25; ferner idS etwa Art 25 Abs 2 Unterabsatz 2 DVO – arg „Eigenkapital der Wert108
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papierfirma zur Abdeckung der Risiken dieses Abschlusstyps“) Funktion des § 9 weitgehend Einigkeit bestehen dürfte (vgl Bohrn/Würth, ZFR 2009, 88 f; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445; FMA, RS Eigenkapitalund Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 2), wird an der Berechtigung des gesetzgeberischen Anliegens vielfach, wenn auch zumeist offenkundig aus standespolitischen Motiven Kritik geübt und die Tauglichkeit des § 9 sowie seiner Vorgängerbestimmung zur Neutralisierung der vom Gesetzgeber als maßgeblich erachteten Risiken bezweifelt (so etwa Winternitz/Aigner, WAG 14; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 87 ff; mit eingehender Begründung B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445). Derartige, sich in einigen Fällen in einer bloßen Behauptung des Gegenteils erschöpfenden (vgl etwa Winternitz, WAG § 22 Rz 4) Ausführungen übersehen aber, dass keine gesetzliche Regelung den vielfältigen, bei Betrieb eines Wertpapierdienstleisters auftretenden Risiken und der unterschiedlichen Risikostruktur der einzelnen Unternehmen gerecht werden kann und der Gesetzgeber insofern nur die Wahl zwischen verschiedenen mehr oder weniger gleich unbefriedigenden Lösungswegen hat. Insofern sind die vom Gesetzgeber im Zuge der konkreten Ausgestaltung getroffenen Entscheidungen insb im Hinblick auf die von ihm als maßgeblich erachteten Risiken zu akzeptieren. Dagegen erhobene Einwände sind dementsprechend höchstens von rechtspolitischer Bedeutung. Bereits unmittelbar aus dem Gesetzestext lassen sich als für den Ge- 6 setzgeber bei der Bemessung der Eigenkapitalerfordernisse relevante Risiken das in § 9 Abs 5 Z 1 ausdrücklich angeführte Kreditrisiko (dazu im Detail noch Rz 28) sowie das nach § 9 Abs 5 Z 2 und § 9 Abs 6 abzudeckende operationelle Risiko (dazu noch Rz 30) ermitteln. Zur Bestimmung der nach § 9 Abs 2 und dem darauf aufbauenden § 9 Abs 4 relevanten Risiken ist dagegen auf die Mat zu § 22 WAG aF zurückzugreifen, nach denen durch ein sich an den Betriebskosten orientierendes Eigenkapitalerfordernis nicht zuletzt die Deckung der Kosten des laufenden Betriebs sichergestellt werden soll. Die Eigenkapitalanforderungen gemäß § 9 Abs 2 sollen daher offenkundig den allgemein beim Betrieb des Wertpapierdienstleisters auftretenden Risiken Rechnung tragen (im Ergebnis idS auch FMA, RS Eigenkapital- und Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 2). Solche Risiken können etwa das Marktrisiko, das Reputationsrisiko sowie das strategische Risiko sein. Zum anderen wird mit § 9 ein gewisser Zwang zur Risikobegrenzung 7 durch den Wertpapierdienstleister selbst ausgeübt. Das ergibt sich einerseits daraus, dass mit der Aufstellung von Eigenkapitalerfordernissen im Finanzdienstleistungsbereich allgemein die Funktion einer 109
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Begrenzung des Geschäftsvolumens verfolgt wird (so Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 1). Eine derartige Beschränkung des Geschäftsumfangs führt aber unzweifelhaft auch zu einer Verringerung der im Geschäftsbetrieb auftretenden Risiken. Andererseits zwingt nach den Mat zu § 22 WAG aF das Eigenkapitalerfordernis nach dem damaligen § 22 Abs 2 WAG aF und nunmehrigen § 9 Abs 2 die Unternehmen zur Führung einer entsprechenden Kostenrechnung. Jede Kostenrechnung dient aber auch einer Selbstinformation und ermöglicht mittelbar eine nicht zuletzt der Risikobegrenzung dienende Selbstkontrolle des unternehmerischen Handelns. 8 Schließlich dient § 9 in einem gewissen Ausmaß dem Anlegerschutz.
Das ergibt sich aus § 9 Abs 2 Satz 2, wonach Wertpapierdienstleistungsunternehmen entweder das bei Konzessionserteilung geforderte Anfangskapital zu halten haben oder die erforderliche Berufshaftpflichtversicherung aufrecht erhalten müssen. Im zuletzt angeführten Fall wird somit durch eine Berufshaftpflichtversicherung zugunsten des Kunden das Mindestkapital ersetzt (vgl idS Winternitz/Aigner, WAG 14). Daraus folgt, dass das Eigenkapital ebenso wie eine Berufshaftpflichtversicherung zumindest auch der Absicherung von Kundenansprüchen gegen den Wertpapierdienstleister dient und dementsprechend mit § 9 Anlegerinteressen geschützt werden. Zum gleichen Ergebnis kommt man unter Beachtung des Umstandes, dass zum von § 9 jedenfalls abgedeckten operationellen Risiko das Risiko allfälliger Haftungen wegen Beratungsfehlern gezählt wird (dies gestehen auch die Kritiker des § 9 zu; vgl Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89; Winternitz/ Aigner, WAG 14). § 9 sichert daher die im ureigenen Interesse der Anleger gelegene Risikotragfähigkeit der Wertpapierdienstleister im Hinblick auf deren Entschädigungsansprüche. Letzten Endes wird zu der zeitlich nach § 9 eingeführten Vorschrift des § 16 ZaDiG in den Mat ausgeführt, dass das dort vorgesehene Eigenkapitalerfordernis ua „dem Schutzbedürfnis der Verbraucher“ entspricht (Erl RV 207 GP XXIV „Zu § 16 Abs. 1 Z 1“). Auf Grund der mit § 9 vergleichbaren Funktion des § 16 ZaDiG wird diese Aussage auf § 9 ebenfalls übertragbar sein. 9 Dagegen lässt sich als weiterer Normzweck eine Berücksichtigung der
Bedürfnisse und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Branche höchstens eingeschränkt bejahen. Zwar wird in den Mat zu § 22 WAG aF im Hinblick auf die den gegenwärtigen § 9 Abs 1 bis 3 entsprechenden § 22 Abs 1 bis 3 ausgeführt, dass diese Regelung wirtschaftlich sinnvoll sei und keine unbillige Belastung selbst im Hinblick auf die Fortführung eingesessener Betriebe darstelle. Abgesehen von einer 110
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rechtspolitischen Rechtfertigung ist dieser Aussage immerhin zu entnehmen, dass wirtschaftliche Aspekte bei der konkreten Ausgestaltung der Eigenkapitalerfordernisse eine Rolle gespielt haben und daher bei der Auslegung der in § 9 Abs 1 bis 3 normierten Vorschriften ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind. Allerdings kann sich ein solcher Grundsatz schon auf Grund der historischen Entwicklung nicht auf die mit § 9 Abs 5 und 6 zusammenhängenden Fragestellungen beziehen, zumal sich auch die in den Mat zu § 9 erwähnte Übereinstimmung zwischen § 9 und § 22 WAG aF nicht auf § 9 Abs 5 und 6 erstreckt (vgl schon Rz 3). Demgegenüber kommt in § 9 Abs 4 eine gewisse Rücksichtnahme auf wirtschaftliche Erfordernisse immerhin insoweit zum Ausdruck, als für die Wiederherstellung des notwendigen Eigenkapitals eine Frist von drei Geschäftsjahren eingeräumt wird. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann somit grundsätzlich nur in jenen Fällen eine Rolle spielen, in denen dieser Aspekt unmittelbar im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat.
C. Europarechtliche Fragestellungen Die Mat zu § 9 selbst nennen als primär für § 9 Abs 2 (B. Jud/Mair, 10 ÖBA 2009, 447) maßgebliche europarechtliche Bestimmungen Art 12 MiFID sowie Art 21 RL 2006/49/EG. Hinsichtlich von § 9 Abs 5 und 6 werden als weitere relevante europarechtliche Normen in den Mat zu § 9 überdies die Art 20 und Art 46 RL 2006/49/EG angeführt. In der Literatur wird diesbezüglich zum einen darauf hingewiesen, dass Art 46 RL 2006/49/EG angesichts der durch das WAG vorgegebenen Rahmenbedingungen auf österreichische Wertpapierfirmen nicht anwendbar ist und dem österreichischen Gesetzgeber eine Inanspruchnahme dieser Vorschrift verwehrt sei (so Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89 f; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 448; Winternitz/Aigner, WAG 14). Zum anderen wird in der Lehre die richtlinienkonforme Umsetzung der europarechtlichen Anforderungen durch § 9 Abs 6 bezweifelt und davon ausgegangen, dass das nach § 9 Abs 6 berechnete Eigenkapitalerfordernis hinter den europarechtlichen Mindestanforderungen zurückbleibt (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 448). Zudem wird die richtlinienkonforme Umsetzung des Art 20 Abs 2 RL 2006/49/EG bezweifelt (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 447 f). Ferner dürfte weitgehende Einigkeit darüber bestehen, dass sich die mit dem Handelsbuch verbundenen Risiken angesichts des eingeschränkten Tätigkeitsbereichs der österreichischen Wertpapierfirmen nicht verwirklichen können (so schon die Mat zu § 9) und daher eine Übernahme der diesbezüglichen europarechtlichen Regelungen zu Recht unterblieben ist (vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 447; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 90). Schließlich wird in der 111
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Literatur (vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 448 f; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 87 f) angesichts der insoweit eindeutigen europarechtlichen Vorgaben nicht in Frage gestellt, dass den sich aus der RL 2006/49/EG ergebenden Ansprüchen an die mitgliedstaatlichen Bestimmungen gemäß Art 1 Abs 2 RL 2006/49/EG Mindestnormcharakter zukommt und der nationale Gesetzgeber dementsprechend über den europarechtlichen Rahmen hinausgehende Anforderungen aufstellen darf.
II. Die Generalklausel des § 9 Abs 1 WAG 11 Die Generalklausel des § 9 Abs 1 WAG verpflichtet Wertpapierfirmen
und Wertpapierdienstleistungsunternehmen jederzeit ausreichendes Eigenkapital zu halten. Die Vorschrift weist allerdings primär programmatischen Charakter auf. Schließlich ergeben sich daraus keine über die Anwendung von § 9 Abs 2 bis 6 hinausgehenden Anforderungen an das Ausmaß des zu haltenden Eigenkapitals (implizit idS schon Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 3). Das zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass die nach § 9 Abs 4 durchzuführende Wiederauffüllung auf das nach § 9 Abs 2 ermittelte Eigenkapitalerfordernis, nicht aber auf die in § 9 Abs 1 normierte Pflicht zum Halten ausreichenden Eigenkapitals Bezug nimmt. § 9 Abs 1 wird daher durch § 9 Abs 2 bis 6 konkretisiert, in dem das nach diesen Bestimmungen ermittelte Eigenkapitalerfordernis dem gemäß § 9 Abs 3 als nach dieser Vorschrift relevanten Eigenkapital gegenübergestellt wird. Ein ausreichendes Eigenkapital iSd § 9 Abs 1 liegt dann vor, wenn das Eigenkapital nach § 9 Abs 3 den auf Grundlage von § 9 Abs 2 bis 6 ermittelten Bedarf deckt oder übersteigt. Daraus folgt, dass Veränderungen sowohl auf Seiten des Eigenkapitals als auch auf Seiten des Eigenkapitalerfordernisses zu einem Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben und damit zu einem nicht ausreichenden Eigenkapital führen können. 12 Eigenständige normative Bedeutung kommt jedoch der Anforderung zu, „jederzeit“ ausreichendes Eigenkapital zu halten. Aus dem Umstand, dass jederzeit ausreichendes Eigenkapital zur Verfügung zu stehen hat und daher jedes Unterschreiten des erforderlichen Eigenkapitals an sich unzulässig ist, wird abgeleitet, dass in der Praxis schon zum Ausgleich von Schwankungen ein entsprechender Sicherheitspolster vorzusehen ist und allfällige Veränderungen des Eigenkapitals sorgfältig zu beobachten sind (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 3). Nichts anderes kann jedoch für mögliche Veränderungen, insb Erhöhungen, des Eigenkapitalerfordernisses gelten. 112
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§ 9 Abs 1 stellt klar, dass sich die Eigenkapitalanforderungen grund- 13 sätzlich an Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen iSd §§ 3 und 4 richten. In § 9 Abs 2 bis 6 werden jedoch noch jeweils nähere Regelungen betreffend den persönlichen Anwendungsbereich getroffen. Allein auf Wertpapierfirmen sind daher § 9 Abs 2 Satz 1 sowie § 9 Abs 4 bis 6 anwendbar. Für Wertpapierfirmen sowie für Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist ausweislich des Wortlauts § 9 Abs 2 Satz 2 einschlägig (vgl im Detail noch Rz 18). § 9 Abs 3 weist demgegenüber keine ausdrückliche Regelung zum Anwendungsbereich dieser Bestimmung auf, ist jedoch sowohl auf Wertpapierfirmen als auch grundsätzlich auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen anwendbar (vgl im Detail Rz 14).
III. Das Eigenkapital gemäß § 9 Abs 3 WAG § 9 Abs 3 definiert das Eigenkapital iS dieser Vorschrift und regelt somit 14 die Ermittlung der einen Vergleichszahl, aus der sich das Ausmaß der Bedeckung des auf Basis des § 9 bestimmten Eigenkapitalerfordernisses ergibt. Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs dieser Vorschrift ist zuerst auf die insoweit durch § 9 Abs 3 mangels diesbezüglicher Festlegungen nicht derogierte Grundregel des § 9 Abs 1 zurückzugreifen, nach der Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein angemessenes Eigenkapital zu halten haben. Ebenso sieht § 4 Abs 2 Z 3 eine Ausnahme für Wertpapierdienstleistungsunternehmen allein bezüglich § 9 Abs 2, nicht aber im Hinblick auf § 9 Abs 3 vor, sodass auch insoweit nicht von einem auf Wertpapierfirmen eingeschränkten Anwendungsbereich des § 9 Abs 3 ausgegangen werden kann. Allerdings richten sich die das Eigenkapitalerfordernis regelnden Bestimmungen des § 9 Abs 2 Satz 1 sowie von § 9 Abs 4 bis 6 allein an Wertpapierfirmen, sodass als einzige für Wertpapierdienstleistungsunternehmen relevante Vorschrift § 9 Abs 2 Satz 2 in Betracht kommt (vgl Rz 18). Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen das bei Konzessionserteilung geforderte Anfangskapital als Mindestkapital zu halten haben oder die erforderliche Berufshaftpflichtversicherung aufrecht halten müssen. Soweit durch den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung schon nach dem gesetzlichen Konzept des § 9 Abs 2 Satz 2 das an sich notwendige Eigenkapital ersetzt wird (vgl schon Rz 8), scheidet eine Anwendung des § 9 Abs 3 auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Berufshaftpflichtversicherung nicht zuletzt deshalb aus, weil das Unternehmen in einem solchen Fall zum Halten von Eigenkapital überhaupt nicht verpflichtet ist. Hat ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen dagegen von der 113
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Möglichkeit des § 4 Abs 2 Z 2 keinen Gebrauch gemacht, so bleibt seine Verpflichtung nach § 3 Abs 6 bestehen. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen hat daher ein entsprechendes Anfangskapital aufzubringen, das gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 als Mindestkapital zu halten ist. In diesem Fall ist das Eigenkapital des Wertpapierdienstleistungsunternehmens grundsätzlich nach § 9 Abs 3 zu ermitteln. 15 Da nach § 9 Abs 3 das Eigenkapital – allein – aus dem „eingezahlten
Kapital“ und den „offenen Rücklagen“ besteht, spielen nach anderen Gesetzen für die dort jeweils vorgenommene Definition des Eigenkapitals allenfalls relevante weitere Positionen keine Rolle (vgl idS Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 4). Die Aufzählung der Eigenkapitalbestandteile des § 9 ist insoweit als taxativ anzusehen. Die Beurteilungsgrundlage sowohl für die abstrakte Bestimmung der als Eigenkapitalbestandteile in Frage kommenden Bilanzpositionen als auch für die Berechnung des Eigenkapitals im konkreten Einzelfall bildet der unter Berücksichtigung aufsichtsrechtlicher Vorgaben erstellte Jahresabschluss oder ein sonstiges derartiges Rechenwerk. Die Heranziehung des unter Beachtung aufsichtsrechtlicher Modifikationen erstellten Jahresabschlusses im Rahmen der Ermittlung der Eigenkapitalbestandteile nach § 9 Abs 3 erklärt sich daraus, dass es sich dabei um an die Besonderheiten der beaufsichtigten Unternehmen angepasste Rechenwerke handelt. Dementsprechend ist zum einen bei Wertpapierfirmen der gemäß § 73 Abs 1 WAG nach dem Gliederungsschema der Anlage 2 zu § 43 BWG zu erstellende Jahresabschluss für die Ermittlung des Eigenkapitals nach § 9 Abs 3 heranzuziehen. Für die in den Anwendungsbereich des § 9 Abs 3 fallenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind zum anderen nach § 74 hinsichtlich der nach UGB buchführungspflichtigen Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Jahresabschluss gemäß der Gliederung der §§ 224 und 231 UGB sowie bei allen anderen Wertpapierdienstleistungsunternehmen an sich die Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs 3 EStG (vgl dazu aber noch im Anschluss Rz 16) relevant. Mangels abweichender Regelungen in § 9 Abs 3 sind die jeweils einschlägigen Ansätze ungekürzt und ohne sonstige Korrekturen heranzuziehen. Zu den sich aus dem Begriff „jederzeit“ in § 9 Abs 1 ergebenden Folgerungen vgl schon Rz 12.
16 Das in § 9 Abs 3 erwähnte eingezahlte Kapital umfasst das nach
gesellschafts- oder unternehmensrechtlichen Regeln als eingezahlt anzusehende Kapital. Bei Wertpapierfirmen ist daher entsprechend dem Gliederungsschema der Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 1 der Betrag des Bilanzpostens 9 „Gezeichnetes Kapital“ auf der Passivseite der Bilanz maßgeblich, von dem in einem weiteren Schritt die Bilanzposten 11 „Eigene Aktien oder Anteile sowie Anteile an einer herrschenden oder 114
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an mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft“ sowie 13 „Gezeichnetes Kapital, das eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist“ der Aktivseite abzuziehen sind (vgl Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/ Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 4). Vom gezeichneten Kapital sind überdies die im Rahmen des gezeichneten Kapitals offen abzusetzenden (Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute I 490) noch nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen abzuziehen. Zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtete Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben das eingezahlte Kapital gemäß § 9 Abs 3 durch Abzug der noch nicht eingeforderten Einlagen, der eingeforderten, aber noch nicht eingezahlten Beiträge sowie der eigenen Aktien oder Anteile vom Bilanzposten I. Nennkapital auf der Passivseite zu ermitteln (vgl auch § 229 UGB). Gemäß § 74 nur zur Führung einer Einnahmen-Ausgabenrechnung verpflichtete Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben im Rechenwerk bloß die Betriebseinnahmen und -ausgaben, nicht aber das eingezahlte Kapital darzustellen. Der Nachweis des Vorhandenseins des Mindestkapitals in Höhe des Anfangskapitals hat somit in gleicher Weise wie im Rahmen der Konzessionierung zu erfolgen. Die gemäß § 9 Abs 3 relevanten offenen Rücklagen setzen sich aus 17 den Kapitalrücklagen, den Gewinnrücklagen und den unversteuerten Rücklagen zusammen (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 5). Bei Wertpapierfirmen umfassen diese nach dem Gliederungsschema der Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 1 die auf der Passivseite ausgewiesenen Bilanzposten 10 „Kapitalrücklagen“, 11 „Gewinnrücklagen“ und 14 „unversteuerte Rücklagen“. Bei den zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichteten Wertpapierdienstleistungsunternehmen handelt es sich um die Bilanzposten A.II. „Kapitalrücklagen“, A.III. „Gewinnrücklagen“ sowie B. „Unversteuerte Rücklagen“ der Passivseite.
IV. Die Regeln zur Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses A. Bedeckung allgemeiner Risiken gemäß § 9 Abs 2 und Abs 4 WAG 1. Der persönliche Anwendungsbereich von § 9 Abs 2 und Abs 4 WAG Während § 9 Abs 4 sowie § 9 Abs 2 Satz 1 schon auf Grund des 18 Wortlauts dieser Bestimmungen allein für Wertpapierfirmen maßgeb115
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lich sind, wirft die Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereichs von § 9 Abs 2 Satz 2 Schwierigkeiten auf. Nach seinem eindeutigen Wortlaut bezieht sich § 9 Abs 2 Satz 2 auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Dagegen nimmt § 4 Abs 2 Z 3 Wertpapierdienstleistungsunternehmen generell vom Anwendungsbereich des § 9 Abs 2 aus. Hinsichtlich des ohnehin nur auf Wertpapierfirmen anzuwendenden § 9 Abs 2 Satz 1 wird dadurch keine Änderung der Rechtslage bewirkt. Im Verhältnis zu § 9 Abs 2 Satz 2 wird jedoch ein Vorrang dieser Vorschrift als der spezielleren Norm vor der Regelung des § 4 Abs 2 Z 3 als genereller Norm anzunehmen sein, sodass § 4 Abs 2 Z 3 bloß klarstellenden, weil in seinem Anwendungsbereich auf § 9 Abs 2 Satz 1 beschränkten Charakter aufweist (vgl auch § 4 Rz 10; für einen gänzlichen, § 9 Abs 2 Satz 2 erfassenden Ausschluss nach § 4 Abs 2 Z 3 offenbar wohl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 443 FN 5; die diesbezüglich den Anwendungsbereich einschränkende Ansicht von Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/ Zeipelt, WAG § 22 Rz 4 dürfte insoweit überholt sein).
2. Die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses nach den fixen Gemeinkosten 19 § 9 Abs 2 Satz 1 trifft nähere Regeln für die Berechnung des allgemei-
nen Eigenkapitalerfordernisses und dient nicht zuletzt ausweislich der Mat zu § 22 einer Vorsorge für die allgemein beim Betrieb des Wertpapierdienstleisters auftretenden Risiken (vgl Rz 6; allenfalls daran insb unter Berufung auf europarechtliche Vorgaben geäußerte Kritik, vgl etwa Winternitz, WAG § 22 Rz 5, verkennt die insoweit noch bestehenden Gestaltungsspielräume des nationalen Gesetzgebers). In § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 wird die Regel für die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses normiert. Das Eigenkapitalerfordernis wird danach mit 25% der fixen Gemeinkosten des letzten festgestellten Jahresabschlusses festgelegt. Es handelt sich – arg „zumindest“ – um eine aufsichtsrechtliche Mindestanforderung, sodass den Planungen der Gesellschaftsorgane auch ein höherer Bedarf zugrunde gelegt werden kann. Die Basis der Bemessung bildet der letzte nach den gesellschaftsrechtlichen Regeln festgestellte Jahresabschluss. Dies muss nicht unbedingt der Jahresabschluss des letzten Geschäftsjahres sein. 20 Die nach § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 maßgeblichen fixen Gemeinkosten werden durch § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 näher definiert. Danach sind als fixe Gemeinkosten die Betriebsaufwendungen gemäß Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 2, Position III anzusehen, die vom jeweiligen Beschäftigungsgrad der Wertpapierfirma unabhängig sind und den einzelnen Kostenträgern, also Produkten, nicht direkt zugerechnet werden 116
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können. Der Gesetzgeber baut bei dieser Definition auf dem betriebswirtschaftlichen Verständnis der fixen Gemeinkosten auf (vgl idS Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2), ohne dass es allerdings angesichts der Legaldefinition in § 9 Abs 1 Halbsatz 2 eines unmittelbaren Rückgriffs auf betriebswirtschaftliche Vorstellungen bedarf. Dazu kommt, dass der Gesetzgeber selbst nunmehr (vgl Erl RV 207 GP XXIV „Zu § 16 Abs. 1 Z 1“ ZaDiG) iZm einer vergleichbaren Rechtsmaterie als fixe Gemeinkosten all jene Aufwendungen versteht, die unter Zugrundelegung der „Going-Concern“Prämisse anfallen und für die Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft erforderlich sind. Gebildet werden die fixen Gemeinkosten danach aus dem in Anbetracht der Definition des § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 grundsätzlich irrelevanten Personalaufwand, den Abschreibungen auf immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens und auf Sachanlagen, den sonstigen sich aus dem Sachaufwand ergebenden Verwaltungsaufwendungen (vgl auch die nähere Aufgliederung dieser Position bei Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2), den sonstigen betrieblichen Aufwendungen sowie den Zinsen für Fremdkapital. Jedenfalls zu den fixen Gemeinkosten sind alle Aufwendungen zu zählen, die iZm organisatorischen Maßnahmen auf Grund der erteilten Konzession erforderlich sind, wie für die Einrichtung und Aufrechterhaltung der Unternehmenssteuerung, der internen Kontrolle der Verwaltung und der Rechnungslegung. Diese auch für Zwecke der Wertpapieraufsicht taugliche und ver- 21 gleichsweise umfangreiche Definition der fixen Gemeinkosten ist nunmehr noch durch die in § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 vorgesehenen Einschränkungen für Zwecke des Wertpapieraufsichtsrechts zu präzisieren. Den Ausgangspunkt der Berechnungen bilden dabei die unter der Position III „Betriebsaufwendungen“ der Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 2 gesondert in der GuV ausgewiesenen fixen Gemeinkosten. Da diese schon an sich nach betriebswirtschaftlichem Verständnis keinen einzelnen Kostenträgern zugeordnet werden dürfen können, ist die diesbezügliche Klarstellung in § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 grundsätzlich als bloßer Hinweis auf die Auffassung des Gesetzgebers vom Wesen der Gemeinkosten zu verstehen. Die nach § 9 Abs 2 maßgeblichen fixen Gemeinkosten haben ferner vom jeweiligen Beschäftigungsgrad der Wertpapierfirma unabhängig zu sein, sodass diesbezüglich allenfalls eine Bereinigung der ausgewiesenen Kosten vorzunehmen ist. Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang, dass der von den Geschäftsleitern verursachte Aufwand im Rahmen der fixen Gemeinkosten nach § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 dennoch berücksichtigt wird, weil deren Existenz auf Grund der gesetzlichen Verpflichtung zur 117
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Bestellung unabdingbar und insoweit unabhängig vom jeweiligen Beschäftigungsgrad sei (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/ Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2). Diese Argumentation ist an sich überzeugend, doch sind im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben allenfalls angemessene Kosten anzusetzen. Sofern sich nicht aus den gesetzlichen Vorgaben Anpassungsnotwendigkeiten ergeben, sind die jeweiligen Ansätze ungekürzt aus dem Jahresabschluss zu übernehmen (vgl idS Erl RV 207 GP XXIV „Zu § 16 Abs. 1 Z 1“ ZaDiG; implizit idS auch Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2). Ebenso wenig ist dementsprechend eine Kürzung der fixen Gemeinkosten als maßgeblicher Berechnungsgrundlage unter Berufung darauf möglich, dass eine Wertpapierfirma verschiedene Geschäftsfelder mit unterschiedlichen Kostenstellen aufweist. Sollte eine Wertpapierfirma darüber hinaus noch andere Dienstleistungen erbringen, für die besondere Eigenmittelanforderungen vorgesehen sind, so müssen diese zusätzlich erfüllt werden (vgl idS Erl RV 207 GP XXIV „Zu § 16 Abs. 1 Z 1“ ZaDiG), zumal nur auf diese Weise den vom Gesetzgeber als relevant erachteten, mit den unterschiedlichen Tätigkeiten verbundenen verschiedenartigen Risiken hinreichend Rechnung getragen werden kann. An diesen Überlegungen ändert die jüngste, den Ausweis der fixen Gemeinkosten betreffende Novellierung des § 73 Abs 1 nichts, weil dadurch keine inhaltliche Änderung der Rechtslage bezweckt war (vgl § 73 Rz 1) und jedenfalls die unmittelbar auf § 9 beruhenden Präzisierungen des Begriffs der fixen Gemeinkosten unberührt geblieben sind.
3. Die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses bei Geschäftstätigkeit kürzer als ein Jahr 22 § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 3 trifft eine Regelung für den Fall, dass die
Wertpapierfirma ihre Geschäftstätigkeit weniger als ein Jahr ausübt. In diesem Fall sind die im Unternehmensplan vorgesehenen fixen Gemeinkosten als Grundlage für die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses nach § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 heranzuziehen. Mit „Unternehmensplan“ ist der nach § 3 Abs 8 WAG iVm § 4 Abs 3 BWG dem Antrag auf Konzessionserteilung anzuschließende Geschäftsplan gemeint (idS schon etwa Winternitz, WAG § 22 Rz 1; Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2), der eine Budgetrechnung für die ersten drei Geschäftsjahre zu beinhalten hat (vgl § 3 Rz 16). Maßgebliche Berechnungsgrundlage sind die im Geschäftsplan enthaltenen geplanten fixen Gemeinkosten. Mit der Ausübung einer Geschäftstätigkeit von weniger als einem Jahr ist eine Geschäftstätigkeit von weniger als einem Geschäftsjahr unabhängig von dessen konkreter Länge gemeint. Die Regel des § 9 Abs 2 Satz 1 118
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Halbsatz 3 greift jedenfalls nicht mehr, sobald ein Jahresabschluss auch nur für ein Rumpfgeschäftsjahr festgestellt worden ist. Sinn und Zweck des § 92 Abs 2 Satz 1 gebieten es jedoch, bei Feststellung des Jahresabschlusses für ein Rumpfgeschäftsjahr die ermittelten fixen Gemeinkosten auf ein volles Geschäftsjahr umzulegen.
4. Das Anfangskapital als Mindestkapital § 9 Abs 2 Satz 2 verpflichtet Wertpapierfirmen und Wertpapierdienst- 23 leistungsunternehmen grundsätzlich, das bei Konzessionserteilung geforderte Anfangskapital als Mindestkapital zu halten. Es handelt sich dabei nicht um eine Pflicht zum Nachweis des geforderten Anfangskapitals bei Konzessionserteilung (so aber zumindest missverständlich noch Winternitz, WAG § 22 Rz 2), sondern um die Normierung eines fixen, am erforderlichen Anfangskapital nach § 3 Abs 6 anknüpfenden Eigenkapitalerfordernisses. Dieses tritt – arg „Ungeachtet“ und „Mindestkapital“ – neben das sich aus § 9 Abs 2 Satz 1 ergebende variable Eigenkapitalerfordernis. Maßgeblich ist dabei der jeweils höhere dieser Werte (vgl idS schon Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 3; ferner FMA, RS Eigenkapitalund Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 3; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 443, 449 FN 46), sodass sich im Ergebnis das gemäß § 9 Abs 2 erforderliche Eigenkapitalerfordernis alternativ nach § 9 Abs 2 Satz 1 oder Satz 2 bestimmt. Dieses Eigenkapitalerfordernis kann – wie sich aus § 4 Abs 2 Z 2 ergibt 24 – allein für Wertpapierdienstleistungsunternehmen durch die Aufrechterhaltung einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung ersetzt werden (vgl schon Rz 8). Aus dem Zusammenspiel von Konzessionsvoraussetzungen und § 9 Abs 2 Satz 2 ergibt sich, dass die von der Erleichterung nach § 4 Abs 2 Z 2 Gebrauch machenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen immer eine „erforderliche“, nicht notwendig allerdings die bei Konzessionserteilung abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung aufzuweisen haben. Die Pflicht zur Aufrechterhaltung der Berufshaftpflichtversicherung bedeutet somit, dass es keine deckungsfreien Zeiträume geben darf; sie führt dementsprechend zu mit der Verpflichtung zum Halten des Anfangskapitals als Mindestkapital vergleichbaren Ergebnissen.
5. Die Ergänzung fehlenden Eigenkapitals nach § 9 Abs 4 WAG Zugunsten von Wertpapierfirmen sieht § 9 Abs 4 die Möglichkeit vor, 25 bei Vorliegen eines bestimmten gesetzlich umschriebenen Grundes ab119
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weichend von der nach § 9 Abs 1 an sich bestehenden Pflicht zum jederzeitigen Halten ausreichenden Eigenkapitals (vgl dazu schon Rz 12) die Wiederherstellung des auf Grund des Eigenkapitalerfordernisses nach § 9 Abs 2 eigentlich notwendigen Eigenkapitals längstens binnen drei Geschäftsjahren vorzunehmen. Die darin zum Ausdruck kommende Rücksichtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Wertpapierfirmen (vgl Rz 9) lässt sich damit rechtfertigen, dass die Minderung des notwendigen Eigenkapitals in dem von § 9 Abs 4 erfassten Fall nicht in der Verantwortung der Wertpapierfirma liegt und darüber hinaus noch einem berücksichtigungswürdigen Zweck dient. Die Inanspruchnahme des § 9 Abs 4 ist nämlich allein dann möglich, wenn eine Reduktion des Eigenkapitals „auf Grund einer Auszahlung von Entschädigungen gemäß § 76“ unter das nach § 9 Abs 2 erforderliche Ausmaß erfolgt. Eigentlich gemeint ist mit dieser Wendung eine Schmälerung des Eigenkapitals durch die Zahlung von „Sonderbeiträgen“ iSd § 76 Abs 1, 1 b und 3 an die Entschädigungseinrichtung (vgl dazu § 76 Rz 8 ff). 26 § 9 Abs 4 greift nur bei einem Absinken des Eigenkapitals „unter das
gemäß Abs. 2 erforderliche Ausmaß“ ein. Dies bedeutet zum einen, dass § 9 Abs 4 bei einem Absinken des Eigenkapitals unter die nach § 9 Abs 5 und 6 maßgeblichen Grenzen nicht anzuwenden ist. Zum anderen ist von den beiden in § 9 Abs 2 Satz 1 und Satz 2 normierten Berechnungsmethoden für das Eigenkapitalerfordernis im Rahmen des § 9 Abs 4 das sich aus der Normierung des Anfangskapitals als Mindestkapital ergebende Eigenkapitalerfordernis nicht maßgeblich. Das ergibt sich einerseits aus der Systematik des § 9 Abs 4, der im zweiten Halbsatz die Wendung „das erforderliche Ausmaß von 25 vH der fixen Gemeinkosten“ gebraucht und damit das nach Halbsatz 1 relevante, gemäß Abs 2 erforderliche Ausmaß präzisiert. Andererseits ist die dem Anfangskapital nach § 9 Abs 2 Satz 2 zukommende Funktion als Mindestkapital zu beachten, das dementsprechend keinesfalls, also selbst nicht durch Leistung von Sonderbeiträgen, unterschritten werden darf. § 9 Abs 4 regelt daher den Fall, dass das sich unter Zugrundelegung der fixen Gemeinkosten nach § 9 Abs 2 Satz 1 ergebende Eigenkapitalerfordernis infolge einer Leistung von Sonderbeiträgen gemäß § 76 Abs 1 nicht mehr durch Eigenkapital gedeckt werden kann. 27 Die Wiederherstellung des auf Grund des Eigenkapitalerfordernisses
nach § 9 Abs 2 Satz 1 eigentlich notwendigen Eigenkapitals hat „längstens innerhalb der folgenden drei Geschäftsjahre“ zu erfolgen. Es kommt somit auf die Geschäftsjahre unabhängig von ihrer konkreten Dauer und nicht auf von diesen abweichende Kalenderjahre an. Das dem Geschäftsjahr, in dem das Absinken des Eigenkapitals stattfand,
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folgende Geschäftsjahr ist dabei das erste der folgenden drei Geschäftsjahre iSd § 9 Abs 4. Diese Auslegung gebietet sich nicht nur auf Grund des Wortlauts – arg „folgenden“ –, sondern auch deshalb, um der Wertpapierfirma entsprechende Möglichkeiten zur Setzung zielgerichteter langfristiger Maßnahmen in Reaktion auf das regelmäßig nicht unmittelbar vorhersehbar eintretende Ereignis einer Inanspruchnahme zu geben. Erforderlich ist grundsätzlich eine Zufuhr von Eigenkapital iSd § 9 Abs 3 nach den jeweils einschlägigen unternehmens- und gesellschaftsrechtlichen Regeln. Nicht ausgeschlossen ist ferner eine Reduktion des Eigenkapitalbedarfs bis zum Ausmaß des noch vorhandenen Eigenkapitals durch entsprechende Verringerung der hier als Berechnungsbasis maßgeblichen fixen Gemeinkosten. Wird die durch § 9 Abs 4 eingeräumte Frist nicht genutzt, so führt dies zu den auch sonst maßgeblichen Konsequenzen (vgl Rz 36 f).
B. Bedeckung des Kreditrisikos gemäß § 9 Abs 5 Z 1 WAG § 9 Abs 5 Z 1 dient explizit zur Absicherung des Kreditrisikos von 28 Wertpapierfirmen. Allerdings wird das Bestehen eines derartigen Kreditrisikos bei Wertpapierfirmen in der Lehre bezweifelt und damit rechtspolitische Kritik an dieser Vorschrift geübt (vgl Winternitz/Aigner, WAG 14 FN 128; krit auch B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445; Isola/ Rapani, Vorauflage § 9 Rz 11; weniger weitgehend Bohrn/Würth, ZFR 2009, 86). Da jedoch der Gesetzgeber vom Vorliegen eines derartigen Risikos ausgegangen ist und diesbezüglich konkrete Regeln zur Ermittlung des Eigenmittelerfordernisses aufgestellt hat, verbietet sich insoweit eine Berücksichtigung derartiger faktischer Gesichtspunkte, zumal die tatsächliche Risikogeneigtheit der Tätigkeit nicht zuletzt wenigstens in einem gewissen Umfang in die durch § 9 Abs 5 Z 1 vorgeschriebene Berechnungsmethode eingeht. Unter dem Kreditrisiko iSd Vorschrift wird dabei aus europarechtlichen Gründen unter Berufung auf Art 75 lit a RL 2006/48/EG und auf § 2 Z 57 BWG jegliche Gefahr eines Ausfalls vereinbarter Zahlungen an sich verstanden (vgl detailliert B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445 ff; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 88 f; vgl ferner FMA/OeNB, ICAAP 41 ff). Das Eigenmittelerfordernis nach dieser Vorschrift bestimmt sich durch 29 verschiedene Verweise auf das BWG. Zum einen wird das Halten von Eigenmitteln gemäß § 22 Abs 1 Z 1 BWG verlangt. Zum anderen wird das Ausmaß dieser Verpflichtung zum Halten derartiger Eigenmittel mit 8% der gemäß § 22 a BWG ermittelten Bemessungsgrundlage festgelegt. Der in diesem Zusammenhang geäußerten Kritik, dass sich der Zeitpunkt der Bemessung des Kreditrisikos nicht hinreichend deutlich aus dem Gesetz ergebe (so Bohrn/Winternitz, Reformstau beim 121
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WAG 2007, ZFR 2009, 204 f [204 FN 14]), ist entgegenzuhalten, dass sich aus dem Gebot eines jederzeit ausreichenden Haltens von Eigenkapital (vgl Rz 12) ohnedies zumindest die Notwendigkeit ergibt, einen entsprechenden Sicherheitspolster zum Ausgleich von Schwankungen auch iZm dem Eigenkapitalerfordernis vorzusehen. Im Hinblick darauf sowie auf das von der Lehre behauptete geringe Ausmaß des Kreditrisikos bei Wertpapierfirmen sollte eine diesbezügliche Bestimmung des Eigenmittelerfordernisses keine großen Schwierigkeiten machen. Das gilt umso mehr, als das Erfordernis einer jederzeitigen Bedeckung des Eigenkapitalerfordernisses im Grunde eine laufende Ermittlung des diesbezüglichen Bedarfs nahelegen würde.
C. Bedeckung des operationellen Risikos gemäß § 9 Abs 5 Z 2 und Abs 6 WAG 30 Bereits den Mat zu § 9, aber auch der Lit lässt sich entnehmen, dass als
operationelle Risiken von Wertpapierfirmen jene nach Art 75 lit d RL 2006/48/EG iVm Art 4 Z 22 RL 2006/48/EG sowie nach § 2 Z 57 d BWG zu verstehen sind (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445). Das operationelle Risiko wird dementsprechend als die Gefahr von Verlusten verstanden, die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder in Folge externer Ereignisse eintreten. Es umfasst Rechtsrisiken (Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445; vgl auch FMA/OeNB, ICAAP 56 f), nicht aber strategische Risiken oder Reputationsrisiken. Das operationelle Risiko verwirklicht sich auch bei einer Inanspruchnahme wegen Beratungsfehlern (dies wird auch von den Kritikern des § 9 zugestanden; vgl Winternitz/Aigner, WAG 14; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89) und ist – wie die Erfahrungen der Praxis zeigen – für Wertpapierfirmen als relevant und groß einzustufen (so Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89; aA Winternitz/Aigner, WAG 14). Die Ermittlung des Eigenkapitalerfordernisses von Wertpapierfirmen wegen des operationellen Risikos wird in § 9 in Abhängigkeit von der Mitarbeiterzahl auf unterschiedliche Art in § 9 Abs 5 Z 2 einerseits sowie in § 9 Abs 6 andererseits geregelt. Die an dieser Systematik des Gesetzes geübte Kritik (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 446 FN 27) ist unzweifelhaft berechtigt, doch lässt sich die Vorgangsweise immerhin mit der vom Gesetzgeber in den Mat zu § 9 angekündigten Setzung entsprechender, nur den Regelungsgehalt von § 9 Abs 6 betreffender legistischer Maßnahmen erklären. 31 Das für die Anwendbarkeit entweder des § 9 Abs 5 Z 2 oder des § 9 Abs 6 entscheidende Kriterium ist, ob im vorangegangenen Geschäftsjahr die Anzahl der dem Unternehmen zurechenbaren Mitarbeiter und vertraglich gebundenen Vermittler im Jahresdurchschnitt mehr als 100 122
Eigenkapital
§9
betragen hat. Das vorangegangene Geschäftsjahr ist jenes Geschäftsjahr, das vor dem Geschäftsjahr liegt, für welches das Eigenkapitalerfordernis ermittelt werden soll. Bei der Ermittlung des Jahresdurchschnitts ist auf den Durchschnitt der Anzahl von relevanten Personen des jeweils heranzuziehenden Geschäftsjahres abzustellen. Die einschlägige Personengruppe umfasst einerseits vertraglich gebundene Vermittler iSd § 1 Z 20 und andererseits andere dem Unternehmen zurechenbare Mitarbeiter. In diesen Begriff sollen zwar Finanzdienstleistungsassistenten nach § 2 Abs 1 Z 15, nicht aber mit der Wertpapierfirma kooperierende Wertpapierdienstleistungsunternehmen einbezogen werden (so ohne nähere Begründung Winternitz/Aigner, WAG 14 FN 125). Für diese Auffassung spricht immerhin, dass der Begriff des Mitarbeiters auf natürliche Personen abzustellen scheint. Das gilt umso mehr, als die in § 9 Abs 5 Z 2 ebenfalls erwähnten vertraglich gebundenen Vermittler auch juristische Personen sein können und sich ihre explizite Anführung schon aus diesem Grund gebietet. Das Wort „zurechenbaren“ soll vor diesem Hintergrund offenbar keine besondere aufsichtsoder haftungsrechtliche Zurechenbarkeit ausdrücken, sondern bloß zum Ausdruck bringen, dass Mitarbeiter unabhängig von der konkreten Rechtsnatur ihres Vertragsverhältnisses zur Wertpapierfirma bei der Ermittlung der maßgeblichen Anzahl zu berücksichtigen sind. Bei Überschreiten der relevanten Mitarbeiterzahl bestimmt sich das 32 Eigenkapitalerfordernis nach § 9 Abs 5 Z 1. Danach hat die Wertpapierfirma Eigenkapital „in jenem Ausmaß zu halten, wie es gemäß BWG V. Abschnitt 3. Unterabschnitt erforderlich ist.“ Es handelt sich dabei um die §§ 22 i bis 22 m BWG, die für den bankaufsichtsrechtlichen Bereich die Behandlung des operationellen Risikos regeln. Für jene Wertpapierfirmen, deren Mitarbeiterzahl bis zu 100 Personen umfasst, sieht § 9 Abs 6 alternativ dazu eine allerdings europarechtswidrige (vgl Rz 10) Berechnungsmethode zur Ermittlung des Eigenkapitalerfordernisses vor. Demnach ist Eigenkapital in Höhe von 12/88 von 25% der fixen Gemeinkosten iSd § 9 Abs 2 Satz 1 zur Bedeckung des operationellen Risikos notwendig.
D. Das Verhältnis der einzelnen Berechnungsregeln zueinander Zum Verhältnis der beiden alternativen Berechnungsregeln des § 9 33 Abs 2 vgl schon Rz 23, zu jenem der beiden Varianten zur Ermittlung des Eigenkapitalerfordernisses für das operationelle Risiko vgl gerade Rz 32. Einigkeit besteht ferner angesichts des diesbezüglichen Wortlauts darin, dass die sich für das Kreditrisiko nach § 9 Abs 5 Z 1 einerseits und für das operationelle Risiko gemäß § 9 Abs 5 Z 2 oder § 9 123
§9
Saria
Abs 6 andererseits jeweils ergebenden Eigenkapitalerfordernisse zu addieren sind (idS auch FMA, RS Eigenkapital- und Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 2; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 443 f, 446; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 87, 90). Das dadurch gegenüber den europarechtlichen Vorgaben erhöhte Eigenkapitalerfordernis nach österreichischem Recht wird angesichts des in Art 1 Abs 2 RL 2006/49/EG verankerten Mindestnormprinzips zutreffend als europarechtlich unbedenklich angesehen (so auch von B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 448 f; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 88 FN 11). 34 Umstritten ist aber das Verhältnis des sich auf der einen Seite aus § 9 Abs 2
sowie auf der anderen Seite aus § 9 Abs 5 und 6 ergebenden Eigenkapitalerfordernisses. Die FMA vertritt nämlich trotz aller Kritik der Lehre weiterhin (Bohrn/Winternitz, Reformstau beim WAG 2007, ZFR 2009, 204 f [204 ]) unter Berufung auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Risikodeckung die Ansicht, dass die Eigenmittelerfordernisse nach § 9 Abs 5 und 6 zusätzlich zu den sich aus § 9 Abs 2 ergebenden Anforderungen zu erfüllen sind (FMA, RS Eigenkapital- und Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 2 f). Demgegenüber wird in der Lehre diese Auffassung einhellig abgelehnt und entweder vertreten, dass das höchste Eigenkapitalerfordernis maßgeblich sein soll, welches sich jeweils aus den Berechnungsmethoden nach § 9 Abs 2 Satz 1, § 9 Abs 2 Satz 2 sowie aus der Summe der Eigenkapitalerfordernisse zur Abdeckung des Kreditrisikos und des operationellen Risikos ergibt (Bohrn/ Würth, ZFR 2009, 90; diesen Ansatz jedoch als richtlinienwidrig abl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 446), oder dass zu dem sich zur Abdeckung des operationellen Risikos ergebenden Eigenkapitalerfordernis der höhere auf Basis der beiden Alternativen des § 9 Abs 2 sowie aus § 9 Abs 5 Z 1 ermittelte Betrag zu addieren ist, um das gesamte Eigenkapitalerfordernis zu berechnen (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 446 f). Einschlägige Rsp in dieser Frage ist nicht ersichtlich. Der VwGH hat sich zwar bereits mit § 9 beschäftigt, musste in diesem Erkenntnis aber nicht auf die hier einschlägigen Rechtsfragen eingehen (vgl VwGH 20. 3. 2009, 2009/17/0033). 35 Die Kritik der Lehre an der von der FMA vertretenen Auffassung kon-
zentriert sich auf europarechtliche Aspekte. Die dazu insb von B. Jud/ Mair vorgebrachten Argumente sind durchaus nachvollziehbar, allerdings jedoch nicht unbedingt – wie schon die diesbezüglichen Divergenzen in der Lehre zeigen – zwingend. Für eine eigene Stellungnahme ist davon auszugehen, dass weder der Wortlaut des § 9 noch die Mat zu § 9 in dieser Frage hinreichende Klarheit zu schaffen vermögen (so auch Bohrn/Würth, ZFR 2009, 87 f; vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 444 ff). Darüber hinaus steht die von der FMA entwickelte Auslegung des § 9 nicht im Widerspruch zu den einschlägigen Richtlinienvorgaben. Da 124
Eigenkapital
§9
diesen nämlich Mindestnormcharakter zukommt (vgl schon Rz 10), ist das aus der Rechtsansicht der FMA folgende erhöhte Eigenkapitalerfordernis als solches nicht unter Hinweis auf eine dadurch bewirkte Richtlinienwidrigkeit zu beanstanden. Darüber hinaus besagt der den Mat zu § 9 zu entnehmende Wille des Gesetzgebers zu einer Umsetzung der relevanten europarechtlichen Bestimmungen noch nicht, dass er ein Überschreiten des richtlinienrechtlich vorgegebenen Mindestschutzniveaus jedenfalls vermeiden wollte. Die an einer Analyse der jeweils durch das Eigenkapitalerfordernis abgedeckten Risiken ansetzende Auseinandersetzung mit dem Normzweck (idS etwa B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445) vernachlässigt schließlich, dass § 9 abgesehen von einer Sicherung der Risikotragfähigkeit im Hinblick auf bestimmte Risiken auch dem Anlegerschutz (vgl Rz 8) und der Risikobegrenzung durch die Wertpapierdienstleister selbst (so schon Rz 7) dient. Demgegenüber spielt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Wertpapierdienstleister gerade im Rahmen der mit § 9 Abs 5 und 6 zusammenhängenden Fragestellungen keine Rolle (so im Detail Rz 9). Auch vor dem Hintergrund des so verstandenen Normzwecks des § 9 erscheint der von der FMA verfolgte Ansatz daher nicht unvertretbar, zumal gerade das Ziel des Anlegerschutzes ein möglichst hohes Eigenkapital der Wertpapierfirmen erfordert.
V. Verantwortlichkeit Die Beachtung des § 9 wird im Rahmen von § 73 Abs 3 Z 2 und § 74 36 Abs 3 geprüft (vgl dazu § 73 Rz 11 und § 74 Rz 2). Eine Nichteinhaltung des § 9 ist an sich gemäß § 95 Abs 2 Z 2 mit Verwaltungsstrafe bis zu € 30.000,- zu bestrafen (vgl dazu auch § 95 Rz 10). Diese verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit trifft den Verantwortlichen iSd § 9 VStG (vgl § 95 Rz 4). Angesichts der bereits dargestellten Auslegungsprobleme insb im Hinblick auf das Verhältnis der einzelnen in § 9 normierten Berechnungsregeln zueinander (vgl Rz 33 ff) und der Geltung des Art 7 EMRK auch im Verwaltungsstrafverfahren bestehen nicht von der Hand zu weisende Zweifel, ob § 95 Abs 2 Z 2 insoweit den sich aus Art 7 EMRK ergebenden grund- und verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Ferner können Verstöße gegen § 9 nach § 92 Abs 8 iVm § 70 Abs 4 37 Z 1 bis 3 BWG sowie nach § 5 Abs 2 Z 2 iVm § 3 Abs 5 Z 2 letzten Endes zum Entzug der Konzession führen (vgl dazu § 92 Rz 10; § 5 Rz 6). Diese in der Praxis durchaus gebräuchliche (vgl VwGH 20. 3. 2009, 2009/17/0033) Vorgangsweise könnte jedoch im Hinblick auf den Maßnahmencharakter der Befugnisse wohl weniger Probleme im 125
§ 10
Kreisl
Hinblick auf Art 7 EMRK als vielmehr wegen der Mehrdeutigkeit und der fehlenden klaren Determinierung des § 9 (so die Beurteilung bei B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 450) bezüglich des Legalitätsprinzips aufwerfen. Dass der VwGH den Gesichtspunkt der Vereinbarkeit des § 9 sowie von wegen Verletzung ua dieser Vorschrift gesetzten Maßnahmen nach § 92 Abs 8 mit dem Legalitätsprinzip gemäß Art 18 Abs 1 B-VG bisher nicht aufgegriffen hat, beruht darauf, dass im konkreten Fall diese Frage nicht entscheidungsrelevant war (vgl VwGH 20. 3. 2009, 2009/ 17/0033), und spricht daher noch nicht eindeutig für eine Vereinbarkeit des § 9 mit dem Legalitätsprinzip.
VI. Reformbedarf 38 Zwar wird die Forderung nach einer Reform des § 9 mehr oder weniger
offenkundig nicht zuletzt deshalb erhoben, um für die Branche in wirtschaftlicher Hinsicht als unerträglich empfundene gesetzliche Vorgaben im Rahmen eines allfälligen Gesetzgebungsverfahrens entsprechend beeinflussen zu können (vgl insb Bohrn/Winternitz, Reformstau beim WAG 2007, ZFR 2009, 204 f [204]; idS auch Bohrn/Würth, ZFR 2009, 90). Abgesehen von diesen primär rechtspolitischen und daher keineswegs zwingenden Forderungen gibt es jedoch durchaus auch beachtliche rechtliche Gründe (vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 450; ferner Rz 33 ff), die für eine Vornahme diesbezüglicher Klarstellungen durch den Gesetzgeber sprechen. Die Gelegenheit dafür besteht spätestens zum 31. 12. 2011. Ausweislich der Mat zu § 9 sind nämlich selbst nach Auffassung des Gesetzgebers bis zu diesem Termin legistische Maßnahmen zur Anpassung des § 9 Abs 6 zu treffen, um dem zu diesem Zeitpunkt auf Grund Fristablaufs eintretenden Wegfall des für § 9 Abs 6 die maßgebliche Rechtsgrundlage bildenden Wahlrechts gemäß Art 46 RL 2006/49/EG Rechnung zu tragen. Aus Anlass der dann notwendigen Novellierung des § 9 sollte zumindest das Verhältnis der einzelnen Berechnungsregeln zueinander eindeutig geregelt werden.
Geschäftsleiter § 10. (1) Personen, die die Geschäfte von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen tatsächlich leiten, haben über die erforderliche Zuverlässigkeit und ausreichende Erfahrung zu verfügen, um die solide und umsichtige Führung der Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sicherzustellen. 126
Geschäftsleiter
§ 10
(2) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben der FMA sämtliche Veränderungen in der Geschäftsleitung zusammen mit allen Informationen anzuzeigen, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob neue zur Leitung bestellte Personen über die erforderliche Zuverlässigkeit und ausreichende Erfahrung im Sinne von § 3 Abs. 5 Z 3 verfügen. (3) Die FMA hat die Konzession zurückzunehmen, wenn sie der Ansicht ist, dass die Personen, die die Geschäfte der Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen tatsächlich leiten werden, nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit oder ausreichende Erfahrung verfügen, oder wenn objektive und nachweisbare Gründe für die Vermutung vorliegen, dass die vorgeschlagenen Veränderungen in der Geschäftsleitung deren solide und umsichtige Führung gefährden. Schrifttum: Benke/Brandl, Die „erforderlichen Erfahrungen“ des Geschäftsleiters eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2007, 303; Brandl/ Kalss, Die „erforderlichen Eigenschaften“ von Geschäftsleitern eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2000, 943; Brandl/Wolfbauer, Die BWGNovellen des Juni 2003, ecolex 2003, 624; Holoubek/Kalss/Kwapil/N. Raschauer, Der „qualifizierte Konkurs“ im Finanzdienstleistungsbereich, ÖBA 2005, 192; Kinscher/Paliege-Barfuß, Die Gewerbeordnung – GewO (Loseblattausgabe, Stand 1. 5. 2009); Kreisl/N. Raschauer, Strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe des österreichischen Kapitalmarktrechts, ÖJZ 2005, 99; N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung (2008), 291; Ruhm/Schopper, Gesetzliche Corporate Governance für Organe von Kreditinstituten – Neuerungen durch die Aufsichtsreform 2007, ZFR 2008, 44. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 10): „Abs. 1 setzt Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 3 setzt Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Art. 9 Abs. 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG ist bereits im Konzessionstatbestand durch den Verweis auf die betreffenden BWG-Bestimmungen erfasst. Das in Art. 9 Abs. 4 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf nicht ausgeübt, da das aus derzeitiger Sicht nicht erforderlich ist.“
Übersicht I. II. A. B.
Geschäftsleiterdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . Beherrschung der deutschen Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–12 4–5 6
127
§ 10 C. D. III. A. B. C. 1. 2. 3. D. 1. 2. 3. 4. IV. V. A. B. VI.
Kreisl Vier-Augen-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kein Hauptberuf außerhalb des „Finanzwesens“ . . . . . . . . . . . . . . . Erforderliche Zuverlässigkeit; ausreichende Erfahrung . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fachliche Eignung und erforderliche Erfahrungen. . . . . . . . . . . . . Erforderliche Eigenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönliche Zuverlässigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschlussgründe nach der GewO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entzug einer Gewerbeberechtigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschäftsleiter ohne österreichische Staatsbürgerschaft . . . . . . . Anzeige- und Nachweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Im Rahmen des Konzessionsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bei Änderungen in der Geschäftsleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7–9 10–12 13–39 13 14–17 18–27 19–20 21–23 24–27 28–39 28–29 30–37 38 39 40–42 43–44 43 44 45–47
I. Geschäftsleiterdefinition 1 § 1 Z 33 definiert den Begriff „Geschäftsleitung“ als „eine oder mehrere
Personen, die die Geschäfte einer Wertpapierfirma, eines Kreditinstituts oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens tatsächlich leiten“. Diese Wendung, die auch in § 10 Abs 1 übernommen wurde, legt auf den ersten Blick nahe, dass für die Qualifikation einer Person als Geschäftsleiter bereits jede faktische Führung von (nicht näher determinierten) Geschäften einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens ausreicht. Als Geschäftsleiter kämen damit auch Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte bzw allenfalls auch bloß faktische Geschäftsleiter (!) in Frage. Bei genauerer Betrachtung lässt sich jedoch keine Stütze dafür finden, dass der Gesetzgeber des WAG 2007 einen eigenständigen, noch dazu von anderen Materiengesetzen des Kapitalmarktrechts (vgl BWG, VAG, PKG) erheblich abweichenden Geschäftsleiterbegriff für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen schaffen wollte. Nur am Rande sei hier bemerkt, dass ein derartiger, ausschließlich für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gültiger Geschäftsleiterbegriff auch mit erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken konfrontiert wäre (Sachlichkeit der Regelung). Hingegen ist eher anzunehmen, dass die gegenständlichen Wendungen in § 1 Z 33 und § 10 Abs 1 unreflektiert, wortgleich aus Art 9 Abs 1 (der dt Übersetzung) der MiFID übernom128
Geschäftsleiter
§ 10
men wurden, ohne eine materielle Änderung der bisher geltenden Rechtslage zu beabsichtigen. Im Übrigen sind diese Bestimmungen vor dem Hintergrund von § 1 letzter Satz zu interpretieren, wonach „… soweit in diesem Bundesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, die Begriffsbestimmungen des BWG, des Börsegesetzes und der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 der Kommission (gelten)“. Da der Gesetzgeber keine eigenständige Definition schaffen wollte, ist anzunehmen, dass für den Anwendungsbereich des WAG 2007 weiterhin (wie schon für das WAG) die Begriffsbestimmung des § 2 Z 1 BWG maßgeblich ist, wonach als Geschäftsleiter nur natürliche Personen in Betracht kommen, die sowohl zur Geschäftsführung als auch zur Vertretung nach außen berechtigt sein müssen (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 1, 7). Der Betrieb einer Wertpapierfirma ist nach § 3 Abs 5 Z 1 der Rechts- 2 form einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft vorbehalten. In entsprechender Anwendung des § 2 Z 1 lit a BWG kommen als Geschäftsleiter einer AG bzw GmbH diejenigen natürlichen Personen in Betracht, die nach dem Gesetz oder der Satzung zur Führung der Geschäfte und zur organschaftlichen Vertretung nach außen vorgesehen sind, somit die Mitglieder des Vorstands einer AG (§§ 70 ff AktG) und die Geschäftsführer einer GmbH (§§ 15 ff GmbHG). Darüber hinaus ist mit Diwok anzunehmen, dass auch die Europäische Aktiengesellschaft („Societas Europea“ bzw „SE“) als zulässige Rechtsform in Frage kommt (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 1, 6 mwN). Als Geschäftsleiter einer SE, die „dualistisch“ organisiert ist, werden die Mitglieder des Vorstands anzusehen sein (§§ 34 f Societas EuropeaGesetz, „SEG“). Im „monistischen System“ werden als Geschäftsleiter die Mitglieder des Verwaltungsrats bzw, falls diesen die Befugnis zur Geschäftsführung nach § 40 Abs 1 SEG übertragen wurde, die geschäftsführenden Direktoren anzusehen sein (§§ 40 und 43 SEG). Für die Rechtsform der Genossenschaft sind – unter Anwendung von § 2 Z 1 lit b BWG – diejenigen natürlichen Personen als Geschäftsleiter anzusehen, die vom Vorstand bzw dem Aufsichtsrat oder der Generalversammlung der Genossenschaft mit der Führung der Geschäfte betraut sowie als Geschäftsleiter namhaft gemacht wurden. Charakteristisch ist die Eintragung dieser Personen als Geschäftsleiter im Firmenbuch (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/ Zeipelt, WAG § 20 Rz 7). Der Betrieb eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens kann in je- 3 der zivilrechtlich zulässigen Rechtsform geführt werden (dies ist der Formulierung in § 4 Abs 1 „. . . natürliche oder juristische Personen . . .“ zu entnehmen, auch wenn ein Verweis in § 4 Abs 2 auf § 3 Abs 5 129
§ 10
Kreisl
Z 1 fehlt; siehe auch § 4 Rz 2). Geschäftsleiter einer Offenen Gesellschaft (OG) sind alle Gesellschafter, sofern sie nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Geschäftsführung (§ 114 UGB) oder der Vertretung der Gesellschaft (§ 125 UGB) ausgeschlossen sind. Geschäftsleiter einer Kommanditgesellschaft (KG) sind die persönlich haftenden Gesellschafter (vgl §§ 164 und 170 UGB), sofern sie nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Geschäftsführung (§ 114 UGB) oder der Vertretung der Gesellschaft (§ 125 UGB) ausgeschlossen sind. Der Einzelunternehmer ist Geschäftsleiter seines Unternehmens.
II. Allgemeine Voraussetzungen A. Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich 4 § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 10 BWG sieht vor, dass mindestens ein
Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich haben muss. Diese Regelung soll nach den Erl RV zu § 5 (1130 BlgNR 18. GP) sicherstellen, dass „. . . zumindest ein Geschäftsleiter . . . für die Aufsicht greifbar . . . ist“. 5 „Mittelpunkt der Lebensinteressen“ muss nicht notwendigerweise der Hauptwohnsitz iSd § 1 Abs 7 MeldeG sein; eine Anknüpfung kann sich auch aus dem Aufenthaltsort der Familie ergeben (N. Raschauer/ Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/ Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 304; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG3 § 5 Rz 9). Nach Diwok ist aus europarechtlicher (Art 12 EGV [nunmehr Art 18 AEUV], Art 4 und 6 EWR-A) und verfassungsrechtlicher (Art 8 MRK) Sicht eine einschränkende Interpretation vorzunehmen, wonach dieses Kriterium erst dann nicht mehr erfüllt ist, wenn ein Geschäftsleiter „. . . so häufig oder so weit von Österreich abwesend ist, dass ihm die Möglichkeit zu ordnungsgemäßer Geschäftsführung . . . im Inland abgesprochen werden muss“, was aus dem Blickwinkel der Geschäftstätigkeit und des notwendigen Kontrollsystems des jeweiligen Unternehmens zu beurteilen ist (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 60).
B. Beherrschung der deutschen Sprache 6 Nach § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 11 BWG hat mindestens ein
Geschäftsleiter die dt Sprache zu beherrschen. Die dt Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesverfassungs130
Geschäftsleiter
§ 10
gesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik (Art 8 Abs 1 B-VG). Österreichische Behörden – insbesondere die FMA als Aufsichtsbehörde – haben sich der dt Sprache als Amtssprache zu bedienen. Aus teleologischen Erwägungen wird dann von hinreichenden Sprachkenntnissen auszugehen sein („Beherrschen der Sprache“), wenn diese einerseits für eine geordnete Leitung des Unternehmens ausreichen und andererseits eine effiziente Kommunikation mit den Behörden (sowohl im Rahmen des Konzessionsverfahrens als auch im Zuge der laufenden Beaufsichtigung) ermöglichen. Die FMA wird sich gegebenenfalls ein Bild von den Sprachfähigkeiten der Geschäftsleiter machen müssen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 304). Die Vorschrift trifft keine Unterscheidung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, weshalb keine Bedenken hinsichtlich Art 12 EGV (nunmehr Art 18 AEUV) bestehen (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 61).
C. Vier-Augen-Prinzip § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 12 BWG sieht für Wertpapierfirmen 7 die Einhaltung des „Vier-Augen-Prinzips“ vor. Demnach haben Wertpapierfirmen über mindestens zwei Geschäftsleiter zu verfügen. Sowohl die organschaftliche als auch die gewillkürte Einzelvertretung („Einzelvertretungsmacht, Einzelprokura oder Einzelhandlungsvollmacht“) für den gesamten Geschäftsbereich einer Wertpapierfirma sind gesellschaftsvertraglich auszuschließen. Zulässig bleibt jedoch die Erteilung von Spezialvollmachten an Mitarbeiter einer Wertpapierfirma, die nicht den gesamten Geschäftsbetrieb umfassen. Das Vier-Augen-Prinzip schließt die Einzelvertretung wegen der damit verbundenen, erleichterten Möglichkeiten für einen Vollmachtsmissbrauch aus. Es beschränkt daher ausschließlich die aktive Vertretung einer Wertpapierfirma. Passiv ist weiterhin jeder Geschäftsleiter zur Entgegennahme von Erklärungen an das Unternehmen befugt (mit weiterführender Begründung Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 63). Art 9 Abs 4 zweiter Unterabsatz MiFID räumt den Mitgliedstaaten das 8 Wahlrecht ein, Ausnahmen vom Vier-Augen-Prinzip für Wertpapierfirmen festzusetzen, sofern „. . . alternative Regelungen bestehen, die die solide und umsichtige Führung solcher Wertpapierfirmen gewährleisten“. Dieses Wahlrecht wurde jedoch von Österreich nicht ausgeübt, „. . . da das aus derzeitiger Sicht nicht erforderlich ist.“ (Erl RV). 131
§ 10
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9 Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind nach § 4 Abs 2 Z 1
nicht zur Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips verpflichtet. Unternehmen, die dieses Prinzip nicht einhalten, haben jedoch auf diesen Umstand in ihren Geschäftspapieren in geeigneter Form hinzuweisen. Der Begriff „Geschäftspapiere“ wird durch das WAG 2007 nicht definiert. Sinn und Zweck der Hinweispflicht ist jedoch – analog zu § 14 UGB („Geschäftspapiere und Bestellscheine“; vgl Schenk in Straube [Hrsg], HGB I3 § 14 Rz 1) – die Vermittlung bedeutsamer Informationen an (potenzielle) Geschäftspartner des Unternehmens. Es liegt daher nahe, den Begriff „Geschäftspapiere“ analog zu „Geschäftsbriefe“ in § 14 UGB auszulegen. Demnach erfasst der Begriff Geschäftspapiere jede schriftliche, geschäftliche Mitteilung, auf Papier oder in sonstiger Weise, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet ist, wobei die äußere Form und die Art der Herstellung des Texts (Einzelbrief, Vervielfältigung etc) unerheblich ist (Schenk in Straube [Hrsg], HGB I3 § 14 Rz 11). Es ist daher (arg: „in sonstiger Weise“) nicht nur die Papierform, sondern auch der Einsatz moderner Kommunikationsmittel wie E-Mail, Telefax oä erfasst (Dehn in Krejci [Hrsg], ReformKommentar UGB § 14 Rz 10). Teleologische Erwägungen sprechen für eine analoge Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 14 Abs 4 UGB. Mitteilungen und Berichte, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben einzufügen sind (ausgenommen Bestellscheine), müssen daher keinen Hinweis auf die mangelnde Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips enthalten (vgl Dehn in Krejci [Hrsg], ReformKommentar UGB § 14 Rz 10).
D. Kein Hauptberuf außerhalb des „Finanzwesens“ 10 Durch das Verbot einen Hauptberuf außerhalb des Bankwesens,
außerhalb von Versicherungsunternehmen oder Pensionskassen auszuüben (§ 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 13 BWG), soll vermieden werden, dass Geschäftsleiter durch andere Aufgaben zu sehr von der Leitung einer Wertpapierfirma abgelenkt werden. Die Ausnahme für Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Pensionskassen soll einen effizienten Einsatz von Ressourcen im Rahmen von – im Finanzwesen üblichen – „konzernmäßigen Verschachtelungen“ ermöglichen (vgl Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 8). 11 Nach hA liegt ein Hauptberuf dann vor, „. . . wenn der Zeitaufwand zumindest mehr als die Hälfte der üblichen Arbeitszeit ausmacht und wenn der Verdienst zur Deckung des normalen Lebensunterhalts aus132
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reicht“ (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 8; Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 5 Rz 30). Geschäftsleiter von Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind von 12 dieser Verpflichtung befreit (vgl § 4 Abs 2 Z 1). Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Grund der Umsatzgrenzen in § 4 Abs 1 prinzipiell als kleinere Unternehmen gelten, für deren Betrieb ein geringeres Maß an Zeitaufwand ausreichen wird.
III. Erforderliche Zuverlässigkeit; ausreichende Erfahrung A. Allgemeines Nach § 10 Abs 1 haben die Geschäftsleiter über die „erforderliche 13 Zuverlässigkeit und ausreichende Erfahrung zu verfügen, um die solide und umsichtige Führung der Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sicherzustellen“. Diese Anordnung ist iZm § 3 Abs 5 Z 3 zu lesen, wonach die Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens „auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet“ sein müssen und über die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen „erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen“ verfügen müssen. Diese Anforderungen entsprechen der bereits von der ISD (vgl Art 3 Abs 2 zweiter Spiegelstrich) und in weiterer Folge auch von der MiFID (Art 9) geforderten Kriterien „fit“ („fachliche Eignung und erforderliche Erfahrungen“) und „proper“ („erforderliche Eigenschaften“). Eine Legaldefinition dieser Begriffe ist jedoch weder den europarechtlichen Rechtsquellen noch den österreichischen Materiengesetzen zu entnehmen. Nach Maßgabe von § 28 a BWG haben auch die Aufsichtsratsvorsitzen „großer“ Kreditinstitute (dh solcher, deren Bilanzsumme € 750 Mio übersteigt [§ 28 a Abs 5 BWG]) einen derartigen „Fit and Proper“-Test zu bestehen (siehe dazu Ruhm/Schopper, ZFR 2008, 45 ff).
B. Fachliche Eignung und erforderliche Erfahrungen Die Kriterien der fachlichen Eignung und erforderlichen Erfahrun- 14 gen sind nach der Art eines beweglichen Systems in einem Verhältnis gegenseitiger Ergänzung angelegt und konstituieren gemeinsam die „professionelle Expertise“ eines Geschäftsleiters (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 315). Das Fehlen eines Verweises auf § 5 Abs 1 Z 8 BWG ist planmäßig; die Begriffe „fachliche Eignung“ und „erforderliche Erfah133
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rungen“ sind daher autonom, dh ohne Bezugnahme auf das BWG auszulegen (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 315 mwN). Das in § 5 Abs 1 Z 8 BWG genannte Kriterium der „Leitungserfahrung“ kommt daher für den Bereich des WAG 2007 nicht zur Anwendung (aA Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 8; Winternitz, WAG § 20 Rz 6). Die Wendung „auf Grund ihrer Vorbildung“ (§ 3 Abs 5 Z 3) bezieht sich ausschließlich auf das Erfordernis der fachlichen Eignung der Geschäftsleiter, nicht auch auf die erforderlichen Erfahrungen bzw Eigenschaften (vgl VwGH 19. 3. 2001, 2000/17/0135 zu § 20 Abs 1 Z 3 WAG). 15 Die „fachliche Eignung“ umfasst va theoretische Fachkenntnisse. Re-
levante Vorbildung wird durch den erfolgreichen Abschluss eines einschlägigen, repräsentativen Bildungsganges erworben, für den formale Strukturierungen (Curriculum, Zeugnis etc) sowie ein (formaler) Beleg, der den Erwerb der angestrebten Expertise bestätigt, charakteristisch sind (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 206 f). 16 Mit der fachlichen Eignung korrelieren die „erforderlichen Erfahrun-
gen“, die sich auf die praktischen Berufserfahrungen des Geschäftsleiters als ein „geschäftspraktisches Können“ (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 307) beziehen. Sie ergeben sich aus der professionellen Wahrnehmung einschlägiger, dh im Wertpapierdienstleistungsbereich auftretender, Szenarien (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 307). Für das Vorliegen der erforderlichen Erfahrungen kommt es ausschließlich auf die Qualität der praktischen Berufserfahrung an und nicht auf den (formellen) Konzessionsumfang des Unternehmens, für das eine Tätigkeit ausgeübt wurde. So können hinreichende Erfahrungen sowohl durch die Tätigkeit in einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen als auch beispielsweise in der Wertpapierabteilung einer Bank erworben werden (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 307). Die erforderlichen Erfahrungen müssen sich auf wesentliche, keinesfalls jedoch auf sämtliche Geschäftsbereiche des betreffenden Unternehmens beziehen. Darüber hinaus verlangt der VwGH, dass „die vom vorgesehenen Geschäftsleiter gesammelten praktischen Erfahrungen aus einer gleichermaßen rezenten wie nachhaltig ausgeübten beruflichen Tätigkeit resultieren“ (VwGH 19. 3. 2001, 2000/17/0135). Da jedoch einmal erworbenes fachspezifisches Wissen und Können selbst in Anbetracht der Schnelllebigkeit der Finanzbranche nicht kurzfristig wieder verloren gehen wird (vgl die zutreffende Kritik von Benke/Brandl, ÖBA 2007, 314), werden an diese Voraussetzung keine überzogenen Ansprüche zu stellen sein. 17 Wann das gebotene Qualifikationsniveau erreicht ist, muss in gemein-
samer Würdigung der Qualität der Tätigkeiten und deren zeitlicher 134
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Dauer beurteilt werden (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 307). Eine sachgerechte Beurteilung hat unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls stattzufinden. Es wird stets ein Mindestmaß an jeweils fachlicher Vorbildung und praktischer Erfahrung zu verlangen sein. Das verstärkte Vorliegen eines Elements kann aber geeignet sein, das geringere Vorliegen des anderen zu kompensieren (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 315). Im Übrigen sind die Anforderungen an die Geschäftsleiter in qualitativer und quantitativer Hinsicht vor dem Hintergrund des jeweiligen Geschäftsbetriebs zu bestimmen (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 5 Rz 22).
C. Erforderliche Eigenschaften Hinsichtlich der erforderlichen Eigenschaften ist der Verweis in § 3 18 Abs 5 Z 6 auf § 5 Abs 1 Z 6 und 7 BWG zu beachten. Demnach haben Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens generell über die persönliche (charakterliche) Zuverlässigkeit zu verfügen, auf deren Grundlage die umsichtige Führung des Unternehmens zu erwarten ist (vgl VwGH 28. 6. 1994, 93/04/0034, wonach der Begriff der Zuverlässigkeit im Rahmen der GewO so auszulegen ist, dass darunter eine solche „Geisteshaltung und Sinnesart“ zu verstehen ist, die Gewähr dafür bietet, dass bei Ausübung des Gewerbes die dabei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten gewahrt bleiben). Das Gesetz stellt damit auf die persönlich-professionelle Lauterkeit der Geschäftsleiter ab (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 45).
1. Persönliche Zuverlässigkeit Die Geschäftsleiter haben generell über die nötige persönliche Zuver- 19 lässigkeit für den Betrieb einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu verfügen („Generalklausel“). Sind keine Tatsachen erkennbar, welche die Unzuverlässigkeit begründen, so wird die Zuverlässigkeit einer Person zunächst unterstellt und ist daher nicht positiv nachzuweisen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 301); liegen jedoch derartige Tatsachen vor, darf die Konzession nur erteilt werden, wenn die Unbegründetheit der Zweifel bescheinigt wurde (vgl § 5 Abs 1 Z 7 BWG). Die Zuverlässigkeit einer Person ist hingegen dann nicht mehr anzu- 20 nehmen, wenn sie nach ihrer gesamten Persönlichkeit nicht (länger) Gewähr dafür bietet, dass ihre Tätigkeit ordnungsgemäß (weiter) be135
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treiben wird (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 300 f).
2. Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse 21 Die persönliche Zuverlässigkeit umfasst insb die Pflicht, über „geord-
nete wirtschaftliche Verhältnisse“ zu verfügen (§ 5 Abs 1 Z 6 zweite Alternative und Z 7 erste Alternative BWG). Durch die Prüfung der privaten wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschäftsleiters soll sich die Behörde ein Bild über die Fähigkeit dieser Person zur umsichtigen Geschäftsführung machen; ergeben sich im Zuge der Prüfung Umstände, die darauf schließen lassen, dass der Geschäftsleiter privat nicht in der Lage ist, umsichtig zu wirtschaften, wird dies auch in der Funktion als Geschäftsleiter nicht zu erwarten sein und eine „persönliche wirtschaftliche Unzuverlässigkeit“ begründen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 299 f). 22 Für die Beantwortung der Frage, wann wirtschaftliche Verhältnisse (noch) geordnet sind, ist § 5 Abs 1 Z 6 und 7 BWG heranzuziehen. Nach § 5 Abs 1 Z 6 zweite Alternative BWG ist eine Konzession dann nicht zu erteilen, wenn über das Vermögen eines Geschäftsleiters bzw das Vermögen eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person, auf dessen Geschäfte dem Geschäftsleiter maßgeblicher Einfluss zusteht oder zugestanden ist, der Konkurs eröffnet wurde (siehe dazu Holoubek/Kalss/Kwapil/N. Raschauer, ÖBA 2005, 192 ff), es sei denn, im Rahmen des Konkursverfahrens ist es zum Abschluss eines Zwangsausgleiches gekommen, der erfüllt wurde (dies gilt auch, wenn ein damit vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde). Die „Insolvenz“ des Geschäftsleiters ist daher nicht nur als Konzessionsverweigerungs- oder -entziehungstatbestand zu qualifizieren, sondern führt auch dazu, dass der Geschäftsleiter nicht über die erforderliche wirtschaftliche Zuverlässigkeit verfügt. § 5 Abs 1 Z 7 erste Alternative BWG erweitert den Ausschlussgrund der „wirtschaftlichen Unzuverlässigkeit“ um verwandte Anlassfälle: Demnach gilt ein Geschäftsleiter als wirtschaftlich (und damit als persönlich) unzuverlässig, wenn er über erhebliche Schulden verfügt, die noch nicht zum Eintritt der Insolvenz geführt haben, oder wegen einschlägiger Wirtschaftsstrafdelikte, die nicht schon durch § 5 Abs 1 Z 6 erste Alternative BWG erfasst wurden, rechtskräftig verurteilt wurde (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, 136
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InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 299 f). Das BWG enthält hinsichtlich des Ausschlussgrundes „Konkurs“ iSd 23 § 5 Abs 1 Z 6 zweite Alternative BWG keine Nachsichtsmöglichkeit (iSd § 26 GewO), was im Schrifttum zwar völlig zu Recht als unerträglicher Automatismus kritisch gewürdigt (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem FMAG (2002) 51 f; dies, ecolex 2003, 624; Holoubek/Kalss/Kwapil/N. Raschauer, ÖBA 2005, 192 ff; ähnl Kreisl/ N. Raschauer, ÖJZ 2005, 99 f), vom VfGH aber verfassungsrechtlich nicht weiter beanstandet wurde. Der VfGH lehnte die Behandlung einer diesbezüglichen Beschwerde mit dem lapidaren Hinweis auf die Wichtigkeit des Bank- und Börsewesens, in welchem dem Gesetzgeber ein erhöhter Gestaltungsspielraum eingeräumt sei, ohne weitere Begründung ab (VfGH 26. 9. 2005, B 1607/04; vgl auch VwGH 22. 2. 2006, 2006/17/0015).
3. Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit Nach § 5 Abs 1 Z 7 BWG können auch sonstige Tatsachen Zweifel an 24 der persönlichen Zuverlässigkeit des Geschäftsleiters begründen, die nicht schon anderen Ausschlussgründen des § 5 Abs 1 BWG zuzurechnen sind. Es handelt sich dabei um einen „Auffangtatbestand“ für alle jene Fälle, in denen zwar die Voraussetzungen der § 13 GewO und § 5 Abs 1 Z 6 und 7 erste Alternative BWG nicht erfüllt sind, aber dennoch Zweifel am Vorhandensein der erforderlichen Eigenschaften des Geschäftsleiters bestehen (Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 944). Eine Beeinträchtigung der Zuverlässigkeit einer Person kann sich dem- 25 nach auch aus einer Übertretung von Justiz- und Verwaltungsstrafbestimmungen ergeben, die nicht in § 13 Abs 1 und 2 GewO genannt sind. Während besonders schwere, gerichtlich strafbare Delikte bereits von § 13 Abs 1 GewO abgedeckt sind, kommen hier insb einschlägige Justizstraftaten bzw Ordnungsverstöße, dh (wiederholte) Übertretungen einschlägiger Verwaltungsstrafbestimmungen der kapitalmarktrechtlichen Materiengesetze und ebenso Steuervergehen, in Frage (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102). Nach der Rsp des VwGH kann die Behörde bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit einer Person selbst bereits getilgte Verwaltungsstrafen heranziehen (Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 945 mwN). Auch Verstöße gegen privatrechtliche Normen, dh gegen Vertrags- 26 bestimmungen oder privatrechtliche Sorgfaltsgebote können bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit eine Rolle spielen (Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 945). Darüber hinaus können aber auch andere Umstände gegen 137
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die Zuverlässigkeit einer Person sprechen. Hierzu zählen insbesondere persönliche Schwächen, krankhafte Störungen oder sonstige Anhaltspunkte, die zur Unfähigkeit für die wirtschaftliche Geschäftsführung führen (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102 mwN). 27 Alle diese Umstände sind zur Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Geschäftsleiters von der Behörde im Rahmen einer Betrachtung des Gesamtbildes zu würdigen. Dabei ist nach hM auf das Persönlichkeitsbild des Geschäftsleiters und seine Charaktereigenschaften abzustellen (idS Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 944; Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 5 Rz 20; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 47). Stets ist auf die Besonderheiten der Geschäfte des jeweiligen Unternehmens, insb auf die unterschiedlichen Anforderungen je nach Geschäftsart und Größe des jeweiligen Unternehmens, abzustellen (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102 mwN).
D. Ausschlussgründe nach der GewO 1. Allgemeines 28 Auf Grund eines dynamischen Verweises in § 3 Abs 5 Z 6 auf § 5
Abs 1 Z 6 BWG, der wiederum dynamisch auf § 13 Abs 1 bis 3, 5 und 6 GewO verweist, sind die Ausschlussgründe der GewO auch für den Anwendungsbereich des WAG 2007 relevant. Sie beziehen sich auf die Verwirklichung strafrechtlicher Tatbestände („strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe“, § 13 Abs 1 und 2 GewO), die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (§ 13 Abs 5 GewO) sowie den Entzug einer Gewerbeberechtigung (§ 13 Abs 6 GewO). 29 Eine § 26 GewO vergleichbare Nachsichtsregelung ist im BWG (und somit auch im Anwendungsbereich des WAG 2007) nicht vorgesehen, was im Schrifttum kritisch gewürdigt wird (vgl Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 101); die Ausschlussgründe der GewO wirken daher unmittelbar und absolut (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 300); siehe auch Rz 23.
2. Strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe 30 Nach § 13 Abs 1 GewO ist als Geschäftsleiter ausgeschlossen, wer
(lit a) wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153 d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153 e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Be138
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günstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) (rechtskräftig) verurteilt worden ist. Auf das Ausmaß der Strafe kommt es dabei nicht an (vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 2 a und 3). Darüber hinaus ist ausgeschlossen, wer (lit b) wegen einer sonstigen Justizstraftat zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen (rechtskräftig) verurteilt worden ist (vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 4 und 5). Beurteilungsmaßstab, ob ein Strafurteil zur Abberufung des Geschäftsleiters zu führen hat, ist jedenfalls nur die ausgesprochene Strafe; eine allfällige außerordentliche Strafmilderung oder der bedingte Ausspruch der Strafe (§§ 41, 43 StGB) sind nicht in die Betrachtung einzubeziehen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 302). Keinen Ausschlussgrund bilden jedoch getilgte Verurteilungen (§ 13 Abs 1 Z 2 GewO; vgl § 1 Abs 1 TilgG) bzw solche, die der beschränkten Auskunft aus dem Strafregister unterliegen (§ 6 TilgG), sowie diversionelle Erledigungen einer Strafsache iSd §§ 198 ff StPO; vgl N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/ Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 302 f). Nach § 13 Abs 2 GewO ist als Geschäftsleiter ebenso ausgeschlossen, wer wegen der Finanzvergehen des Schmuggels, der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben, der Abgabenhehlerei (§ 37 Abs 1 lit a FinStrG), der Hinterziehung von Monopoleinnahmen, des vorsätzlichen Eingriffes in ein staatliches Monopolrecht oder der Monopolhehlerei (§ 46 Abs 1 lit a FinStrG) von einer Finanzstrafbehörde (rechtskräftig) bestraft worden ist, wenn über ihn wegen eines solchen Finanzvergehens eine Geldstrafe von mehr als € 726,– oder neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, und wenn seit der Bestrafung noch nicht fünf Jahre vergangen sind (vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 14 ff). Spezifisch auf das Gastgewerbe zugeschnitten ist § 13 Abs 1 zweiter Unterabs GewO, wonach von der Ausübung eines Gastgewerbes natürliche Personen ausgeschlossen sind, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31 a SMG vorliegt. Eine teleologische Interpretation führt zu einer Reduktion dieses Verweises, sodass dieser Ausschlussgrund auf Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens keine Anwendung findet (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrecht139
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liche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 302). Eine allfällige Verurteilung nach den Bestimmungen des SMG ist jedoch jedenfalls bei der Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit zu berücksichtigen (vgl Rz 24 ff). 35 Die Aufsichtsbehörde ist an das Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils gebunden (Tatbestandswirkung); eine Vorfrage iSd § 38 AVG liegt daher nicht vor (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102 f; aA Brandl/ Kalss, ÖBA 2001, 951). 36 Justiz- und verwaltungsstrafrechtliche Verurteilungen im Ausland stellen ebenso Ausschlussgründe dar, wenn eine Verurteilung auf vergleichbaren Tatbeständen beruht (§ 13 Abs 1 und 2 GewO; vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 12 f). 37 Die strafrechtsakzessorischen Ausschlussgründe dienen lediglich der Verwirklichung der Schutzzwecke der kapitalmarktrechtlichen Materiengesetze, verfolgen aber keinen darüber hinausgehenden Strafzweck (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102; zur verfassungsrechtlichen Problematik siehe etwa Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 103 ff).
3. Insolvenz 38 Nach § 13 Abs 3 GewO sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung
als Gewerbetreibende (§ 38 Abs 2 GewO) ausgeschlossen, wenn (Z 1) der Konkurs mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und (Z 2) der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist. Dies gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde. Eine natürliche Person ist nach § 13 Abs 5 GewO überdies von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, bei dem der Ausschluss von der Gewerbeausübung nach § 13 Abs 3 GewO eintritt oder eingetreten ist (vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 30 ff).
4. Entzug einer Gewerbeberechtigung 39 Nach § 13 Abs 6 GewO ist eine natürliche Person, die durch das
Urteil eines Gerichts eines Gewerbes verlustig erklärt wurde, oder der 140
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eine Gewerbeberechtigung auf Grund des § 87 Abs 1 Z 3 oder 4 GewO entzogen worden ist, von der Ausübung eines anderen Gewerbes ebenso ausgeschlossen, wenn durch die Ausübung dieses Gewerbes der Zweck der mit dem Gerichtsurteil ausgesprochenen Verlustigerklärung des Gewerbes oder der Entziehung auf Grund § 87 Abs 1 Z 3 oder 4 GewO vereitelt werden könnte. Dies gilt auch für eine natürliche Person, die wegen Zutreffens der in § 87 Abs 1 Z 3 oder 4 GewO angeführten Entziehungsgründe Anlass zu behördlichen Maßnahmen gemäß § 91 Abs 1 oder 2 GewO gegeben hat (vgl dazu Kinscher/ Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 41 f).
IV. Geschäftsleiter ohne österreichische Staatsbürgerschaft Nach § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 9 BWG haben Personen, die 40 nicht österreichische Staatsbürger sind, eine Bestätigung der Aufsichtsbehörde des Staats beizubringen, dessen Staatsbürger sie sind. Aus dieser Bestätigung soll sich ergeben, dass keine Ausschlussgründe „im Sinne des § 5 Abs 1 Z 6, 7, 8 oder 13“ BWG vorliegen. Nachdem auch für inländische Geschäftsleiter § 5 Abs 1 Z 8 BWG nicht gilt, ist auch dieser Verweis insoweit teleologisch zu reduzieren. Die Beurteilung, ob die im Ausland verwirklichten Sachverhaltskon- 41 stellationen nach österreichischem Recht einen Ausschlussgrund darstellen, ist ausschließlich von der FMA vorzunehmen. Die FMA hat dabei zu prüfen, ob zwischen dem im Ausland verwirklichten Tatbestand und der österreichischen Rechtslage „materielle Vergleichbarkeit“ besteht. Sie hat auf Grund des Antrags und der vorgelegten Bestätigung den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und eine entsprechende Beurteilung vorzunehmen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 303 f). Kann eine solche Bestätigung nicht erlangt werden, etwa weil nach der 42 ausländischen Rechtsordnung kein Rechtsanspruch auf Ausstellung derselben besteht oder die ausländische Behörde aus sonstigen Gründen keine fristgerechte Bestätigung erteilt, so kann der betreffende Geschäftsleiter – soweit er diesen Umstand glaubhaft macht – das Fehlen von Ausschlussgründen auch durch sonstige Unterlagen bescheinigen. Er hat jedenfalls eine Erklärung abzugeben, dass keine einschlägigen Ausschlussgründe vorliegen. 141
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V. Anzeige- und Nachweispflicht A. Im Rahmen des Konzessionsverfahrens 43 Die sich aus § 5 Abs 1 Z 2 bis 4, 6, 7 und 9 bis 14 BWG ergebenden
Anforderungen an die Geschäftsleiter sind bereits als Konzessionsvoraussetzungen formuliert (vgl § 3 Abs 5 Z 6), weshalb Wertpapierfirmen (und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, soweit diese nicht von einer solchen Voraussetzung ausgenommen sind) der FMA bereits im Rahmen der Konzessionierung sämtliche dazu erforderlichen Nachweise zu erbringen haben. In der Praxis verlangt die FMA insb die Vorlage von Lebensläufen, aktueller Strafregisterauszüge, Erklärungen der Geschäftsleiter hinsichtlich der Ausübung ihrer Tätigkeit als Hauptberuf sowie allenfalls Zeugnisse und Zertifikate über absolvierte Ausbildungen, Gewerbescheine oder Dienstzeugnisse. Diese Nachweise sind auch zu erbringen, wenn neue Geschäftsleiter bestellt werden sollen.
B. Bei Änderungen in der Geschäftsleitung 44 In diesem Zusammenhang ist der Verweis in § 6 auf § 73 Abs 1 Z 2
und 3 BWG relevant, wonach (Z 2) jede Änderung der Voraussetzungen gemäß § 5 Abs 1 Z 6, 7, 10 und 13 BWG bei bestehenden Geschäftsleitern und (Z 3) jede Änderung in der Person der Geschäftsleiter unverzüglich schriftlich anzuzeigen sowie die Einhaltung von § 5 Abs 1 Z 6 bis 11 und 13 BWG der FMA nachzuweisen sind. Auch dieser Verweis ist zu reduzieren, sodass Z 8 für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht anwendbar ist (vgl Rz 14). „Unverzüglich“ bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“ (vgl zB VwGH 29. 4. 1988, 87/17/0313; vgl auch UVS Wien 17. 11. 2003, Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz S15 f). Vgl dazu auch das Rundschreiben der FMA vom 17. 5. 2004 (abrufbar unter www.fma.gv.at), wonach „Anzeigen gemäß § 73 Abs 1 Z 1 bis 8 BWG […], die nicht binnen 14 Tagen ab dem meldepflichtigen Zeitpunkt bei der FMA einlangen, jedenfalls als nicht rechtzeitig angesehen werden“.
VI. Aufsichtsrechtliche Konsequenzen 45 Die in § 10 genannten Anforderungen an die Geschäftsleiter sind Kon-
zessionsvoraussetzungen (vgl § 3 Abs 5 Z 6); fehlen sie, ist eine Konzession erst gar nicht zu erteilen. Darüber hinaus bestimmt § 10 Abs 3, dass eine erteilte Konzession zurückzunehmen ist, wenn die FMA zur 142
Aktionäre mit qualifizierten Beteiligungen
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Ansicht gelangt, dass die Geschäftsleiter nicht (mehr) über die erforderlichen Eigenschaften verfügen, oder wenn objektive und nachweisbare Gründe für die Vermutung vorliegen, dass die vorgeschlagenen Veränderungen in der Geschäftsleitung deren solide und umsichtige Führung gefährden. Der Entzug einer Konzession ist – wegen ihrer Eingriffsintensität in 46 verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (insb in die durch Art 6 StGG garantierte Erwerbsfreiheit) – stets „ultima ratio“; maW hat die FMA bei der Wahl ihrer Aufsichtsmittel nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip vorzugehen. Demnach sind zunächst die (milderen) Aufsichtsmittel nach § 91 f zu ergreifen (vgl § 92 Abs 8 iVm § 70 Abs 4 Z 3 BWG). Zu denken ist hierbei insb an die Nachforderung ausständiger bzw ergänzender Unterlagen (§ 91 Abs 3), die Androhung von Zwangsstrafen (§ 92 Abs 8 iVm § 70 Abs 4 Z 1 BWG) bzw die Untersagung der Führung des Unternehmens (§ 92 Abs 1 Z 3). Erst wenn mildere Mittel nicht zur Herstellung des rechtmäßigen Zustands ausreichen, darf eine Konzession entzogen werden. Die Einhaltung der Pflichten des § 10 ist darüber hinaus durch § 95 47 Abs 2 Z 2, die Einhaltung der Meldepflichten nach § 73 Abs 1 Z 2 und 3 BWG durch § 95 Abs 8 Z 2 verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert.
Aktionäre oder sonstige Gesellschafter mit qualifizierten Beteiligungen § 11. (1) Die FMA hat Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Konzession zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder zur Ausübung von Anlagetätigkeiten erst dann zu erteilen, wenn ihr die Namen der natürlichen oder juristischen Personen, die als Aktionäre oder sonstige Gesellschafter direkt oder indirekt qualifizierte Beteiligungen halten, sowie die Höhe der jeweiligen Beteiligungen angezeigt wurde. (2) Jeder, der beschlossen hat, eine qualifizierte Beteiligung an einer Wertpapierfirma oder einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen direkt oder indirekt zu erwerben oder eine derartige qualifizierte Beteiligung direkt oder indirekt zu erhöhen (interessierter Erwerber), mit der Folge, dass sein Anteil an den Stimmrechten oder am Kapital die Grenzen von 20 vH, 30 vH oder 50 vH erreichen oder überschreiten würde oder die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sein Tochterunternehmen würde, hat dies der FMA zuvor schriftlich unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung zusammen mit den Informationen gemäß § 11 b Abs. 3 anzuzeigen. Die Anzeigepflicht gilt auch für gemein143
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sam handelnde Personen, die zusammengenommen eine qualifizierte Beteiligung erwerben oder erreichen würden. Die Anzeige kann durch alle gemeinsam, mehrere oder jeden der gemeinsam handelnden Personen einzeln vorgenommen werden. (3) Die Anzeigepflicht gemäß Abs. 2 gilt in gleicher Weise für die beschlossene Aufgabe der direkt oder indirekt gehaltenen qualifizierten Beteiligung oder Unterschreitung der in Abs. 2 genannten Grenzen für Beteiligungen an einer Wertpapierfirma oder einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen. (4) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben 1. die FMA unverzüglich darüber zu informieren, wenn sie von einem Erwerb oder einer Abtretung von Beteiligungen an ihrem Kapital Kenntnis erhalten, auf Grund deren diese Beteiligungen einen der in Abs. 2 genannten Schwellenwerte über- oder unterschreiten; 2. der FMA mindestens einmal jährlich die Namen der Aktionäre oder sonstigen Gesellschafter, die qualifizierte Beteiligungen halten, sowie die jeweiligen Beteiligungsbeträge mitzuteilen, die zum Beispiel aus den Mitteilungen anlässlich der Jahreshauptversammlung der Aktionäre und Mitglieder oder aus den Pflichtmeldungen der Gesellschaften hervorgehen, deren übertragbare Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. (5) Die FMA hat, falls der Einfluss der in Abs. 1 genannten Personen die umsichtige und solide Geschäftsführung der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gefährden könnte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Zustand zu beenden. Solche Maßnahmen sind insbesondere: 1. Anträge auf einstweilige Verfügungen; 2. Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 92; 3. der Antrag, bei dem für den Sitz der Wertpapierfirmen oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zuständigen, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen erster Instanz zuständigen Gerichtshof auf Anordnung des Ruhens der Stimmrechte für jene Aktien oder sonstigen Anteile, die von den betreffenden Aktionären oder sonstigen Gesellschaftern gehalten werden, a) für die Dauer dieser Gefahr, wobei deren Ende vom Gerichtshof festzustellen ist, oder b) bis zum Kauf dieser Aktien oder sonstigen Anteile durch Dritte nach erfolgter Nichtuntersagung gemäß § 11 a Abs. 2; der Gerichtshof entscheidet im Verfahren außer Streitsachen. 144
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(6) Die FMA hat vergleichbare Maßnahmen in Bezug auf Personen zu ergreifen, die ihrer Pflicht zur vorherigen Information der FMA beim Erwerb oder der Erhöhung einer qualifizierten Beteiligung nicht nachkommen. Wird eine Beteiligung trotz Einspruchs der FMA erworben, so haben unbeschadet der zu verhängenden Sanktionen die Stimmrechte für jene Aktien oder sonstigen Anteile, die von den betreffenden Aktionären oder sonstigen Gesellschaftern gehalten werden, zu ruhen 1. bis zur Feststellung der FMA, dass der Erwerb der Beteiligung gemäß § 11 a Abs. 2 nicht untersagt worden wäre oder 2. bis zur Feststellung der FMA, dass der Grund für die erfolgte Untersagung nicht mehr besteht. (7) Verfügt ein Gerichtshof das Ruhen der Stimmrechte gemäß Abs. 5 Z 3, so hat der Gerichtshof gleichzeitig einen Treuhänder zu bestellen, der den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Z 3 BWG zu entsprechen hat, und ihm die Ausübung der Stimmrechte zu übertragen. Im Fall des Abs. 6 hat die FMA bei dem für den Sitz der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zuständigen, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen erster Instanz zuständigen Gerichtshof die Bestellung eines Treuhänders unverzüglich zu beantragen, wenn ihr bekannt wird, dass die Stimmrechte ruhen. Der Treuhänder hat Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen und auf Vergütung für seine Tätigkeit, deren Höhe vom Gericht festzusetzen ist. Die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen und die betreffenden Aktionäre und sonstigen Gesellschafter haften dafür zur ungeteilten Hand. Gegen Beschlüsse, womit die Höhe der Vergütung des Treuhänders und der ihm zu ersetzenden Auslagen bestimmt wird, steht den Verpflichteten der Rekurs offen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes findet ein weiterer Rechtszug nicht statt. IdF BGBl I 2009/22. Schrifttum: Burgstaller/Deixler-Hübner, Exekutionsordnung, Band 4 (7. Lieferung 2002); Fletzberger, Ministerialentwurf betreffend geänderte Vorschriften über Beteiligungserwerbe nach BWG, WAG 2007 und VAG, ZFR 2008, 156; Heidinger, Anmerkungen zum neuen Richtlinienvorschlag zur Aktionärskontrolle, ZFR 2007, 75; Schramm, Regierungsvorlage zur Umsetzung der RL über Beteiligungserwerbe im Finanzsektor, ZFR 2009, 37. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 11): „Abs. 1 setzt Art. 10 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 10 Abs. 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 3 setzt Art. 10 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG um.
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Abs. 4 setzt Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 5 setzt Art. 10 Abs. 5 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 6 setzt Art. 10 Abs. 6 Unterabsatz 1 und 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 7 setzt Art. 10 Abs. 6 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 8 entspricht der gleichlautenden Bestimmung des § 20 Abs. 7 a BWG. Art. 10 Abs. 1 Unterabsatz 2 und 3 sowie Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG werden nicht direkt umgesetzt, da sie bereits durch den Konzessionstatbestand erfasst sind. Wenn die Anforderungen in diesen Bestimmungen nicht erfüllt werden, kann die FMA die Konzession entziehen.“ Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11): „Zu § 11: Die Struktur und Formulierungen des § 11 WAG wurden weitestgehend beibehalten; zudem soll größtmögliche Konsistenz mit der Parallelbestimmung in § 20 BWG erzielt werden. Wegen der in Art. 10 a Abs. 7 der Richtlinie 2004/39/EG in der Fassung der Richtlinie 2007/44/EG enthaltenen Vollharmonisierungsklausel hatte jedoch die im alten Abs. 2 enthaltene allgemeine Anzeigepflicht zu entfallen und es verbleibt daher lediglich eine Anzeigepflicht im Falle des qualifizierten Beteiligungserwerbs. Die Einzelheiten des Verfahrens, das nunmehr in der Richtlinie umfassender geregelt ist, wird zu Zwecken der Übersichtlichkeit in einem eigenen Paragraphen (§ 11 a) geregelt, ebenso wie die Beurteilungskriterien dafür (§ 11 b). Die Pflichten der Wertpapierfirma bzw. des Wertpapierdienstleistungsunternehmens für den Fall des Beteiligungserwerbs wurden ebenso in § 11 belassen wie das Verfahren bei Gefährdung der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens durch den Einfluss des qualifiziert beteiligten Eigentümers. Die Absätze wurden lediglich neu nummeriert. Die im bisherigen Abs. 4 enthaltene Pflicht zur Zusammenarbeit wurde durch die Richtlinie 2007/44/EG novelliert und entsprechend in § 11 a gesondert im Zusammenhang mit den Verfahrensbestimmungen geregelt. Zu § 11 Abs. 1: Bleibt unverändert. Zu § 11 Abs. 2: Setzt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum Art. 10 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2004/39/EG neu fasst; im neuen Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG wird die Schwelle von 33 vH auf 30 vH geändert. Eine Nachmeldung bereits bestehender Beteiligungen zwischen 30% und 33% ist aber weder in der Richtlinie noch in diesem sie umsetzenden Gesetzentwurf vorgesehen. Es entstehen durch den Übergang zu dieser neuen Schwelle von 30% statt 33% daher keine wesentlichen Mehrkosten für die Industrie. Die Schwelle von 30% ist im Einklang mit der in § 91 BörseG vorgesehenen Schwelle und somit sind nun für börsenotierte und nicht börsenotierte Kreditinstitute einheitliche Schwellen vorgesehen. Die Schwelle von 33% war im bisherigen Rechtsbestand ein Fremdkörper, da sie keine gesellschaftsrechtliche Relevanz hat. Hinsichtlich der Form und Umfang der Anzeige wird in Art. 10 insoweit präzisiert, als auch gemeinsames Handeln juristisch selbständiger Personen tatbestandsmäßig sein kann. Auch gemeinsam handelnde Personen sind nunmehr ausdrücklich zur Anzeige verpflichtet. Dies wird insbesondere - aber nicht nur - bei Syndikats- oder Stimmrechtsbindungsverträgen von Relevanz
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sein. Es ist den gemeinsam handelnden Personen freigestellt, die Anzeige gemeinsam oder einzeln oder durch einen als Bevollmächtigten der übrigen zu machen. Art. 10 sieht nun auch ausdrücklich die Schriftform vor. In Bezug auf die österreichische Rechtslage bringt dies keine Änderung, da schon bisher Schriftlichkeit des Antrags vorgesehen war. Hinsichtlich des Umfanges der Anzeige wird in der Richtlinie auf einen weiteren Artikel (Art. 10 a der Richtlinie 2004/39/EG in der Fassung der Richtlinie 2007/44/EG) verwiesen. Die Umsetzung folgt dieser Systematik und enthält einen Verweis auf den eigens neu einzuführenden § 11 b, der die materiellen Beurteilungskriterien und beizubringenden Informationen regelt. Die sonstigen Abweichungen im Richtlinientext des Art. 10 im Vergleich zum Vortext sind rein sprachlicher Natur ohne inhaltliche Neuerung. Die Anzeige hat nach wie vor ex ante – also vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts - zu erfolgen. Mit dem Abstellen auf einen Beschluss zum Beteiligungserwerb („beschlossen hat“) soll dem Richtlinientext gefolgt und verdeutlicht werden, dass die Erwerbsabsicht zumindest im Bereich des Antragstellers einigermaßen substantiiert sein muss (z. B. Beschluss auf Exekutivebene der Gesellschaft). Bei bewilligungspflichtigen Geschäften gemäß § 95 AktG oder § 30 j GmbHG löst der Beschluss des Aufsichtsrates oder der Gesellschafterversammlung jedenfalls die Anzeigepflicht aus. In der Praxis wird man wohl Rechtsgeschäfte unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der FMA abschließen. Auch vor Ausübung von Bezugsrechten im Rahmen einer Kapitalerhöhung, die zu einer Verschiebung der Beteiligungsverhältnisse führt, besteht eine Anzeigepflicht, ebenso wie im Falle der bevorstehenden Einziehung verpfändeter Aktien. Zu § 11 Abs. 3: Setzt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG neu fasst. Auch im Fall der Unterschreitung der Beteiligungsschwellen wird auf den entsprechenden Beschluss abgestellt. Auch in diesem Fall hat die Anzeige nach wie vor vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts zu erfolgen. Zu § 11 Abs. 4 bis 7: Setzt Art. 10 Abs. 5 und 6 der Richtlinie 2004/39/EG um und entspricht dem bisherigen § 11 Abs. 5 bis 8. Die enthaltenen Verweise waren entsprechend anzupassen.“
Übersicht I. II. III. IV. V. A. B. C. VI.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigepflicht im Konzessionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigepflicht des Erwerbers bzw Veräußerers . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigepflichten des betroffenen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruhen der Stimmrechte ex lege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Treuhänder für ruhende Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4 5–9 10–11 12–18 12–17 16 17 18
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I. Allgemeines 1 Anstatt auf die einschlägige Bestimmung des § 20 BWG zu verweisen
(wie noch das WAG 1996), enthielt bereits die Stammfassung des WAG 2007 in § 11 eine eigenständige Bestimmung zur Anzeige von (qualifizierten) Beteiligungen an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen. § 11 in der Stammfassung diente der Umsetzung von Art 10 MiFID in der Fassung RL 2004/39/ EG; die Bestimmung wurde textlich (allerdings nicht wortidentisch) § 20 BWG in der Fassung BGBl 2006/141 nachgebildet. 2 Durch die RL 2007/44/EG betreffend Verfahrensregeln und Bewer-
tungskriterien für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor („BeteiligungsRL“; siehe dazu Heidinger, ZFR 2007, 75 ff) wurden weitgehend gleich lautende Bestimmungen in die BankenaufsichtsRL 2006/48/EG, die LebensversicherungsRL 2002/83/EG, die NichtlebensversicherungsRL 92/49/EWG, die RückversicherungsRL 2005/68/EG und die MiFID 2004/39/EG eingefügt (Schramm, ZFR 2009, 37). Diese Änderungen sollen eine Vereinheitlichung der EU-weit (bislang) sehr unterschiedlichen und manchmal auch intransparenten Verfahren bewirken, die für grenzüberschreitende Beteiligungserwerbe im Finanzsektor hinderlich sind (Fletzberger, ZFR 2008, 156). Die Umsetzung dieser geänderten europarechtlichen Rahmenvorschriften erfolgte im Zuge der Novelle BGBl I 2009/22. Dazu wurde in Umsetzung von Art 10 MiFID idF RL 2007/44/EG § 11 geändert und die §§ 11 a und 11 b neu in das Gesetz eingefügt (vgl die korrespondierenden Regelungen für Kreditinstitute [§§ 20 bis 20 b BWG] und Versicherungsunternehmen [§§ 11 b bis 11 d VAG]). Konkretisiert werden die gesetzlichen Bestimmungen betreffend die Anzeige von Beteiligungen durch die Vorschriften der Eigentümerkontrollverordnung – EKV der FMA, BGBl II 2009/83. 3 Die Anzeigepflicht für den Erwerb bzw die Aufgabe von Beteiligungen
an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist in den §§ 11 bis 11 b iVm den Vorschriften der EKV eigenständig und abschließend geregelt: Anders als noch das WAG 1996 verweist das WAG 2007 nicht länger auf die für Kreditinstitute maßgeblichen Vorschriften.
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II. Anzeigepflicht im Konzessionsverfahren Anzuzeigen ist nach Abs 1 das Vorliegen einer – direkten oder indi- 4 rekten – qualifizierten Beteiligung an einem konzessionswerbenden Unternehmen. Eine qualifizierte Beteiligung iSd § 1 Z 22 iVm § 2 Z 3 BWG liegt vor, wenn zumindest 10% des Kapitals oder der Stimmrechte eines Unternehmens gehalten werden oder die „Möglichkeit der Wahrnehmung eines maßgeblichen Einflusses auf seine Geschäftsführung“ besteht (vgl die Kommentierung zu § 1 Z 22). Erfasst sind sowohl direkt (unmittelbar) als auch indirekt (mittelbar, etwa durch mehrstufige Beteiligungen) gehaltene qualifizierte Beteiligungen. Da es sich um eine Konzessionsvoraussetzung handelt, ist als Adressat dieser Anzeigepflicht der Konzessionswerber anzusehen.
III. Anzeigepflicht des Erwerbers bzw Veräußerers Der Erwerb bzw die Veräußerung von qualifizierten Beteiligungen an 5 Wertpapierfirmen bzw Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist nach Maßgabe von Abs 2 und 3 anzeige-, jedoch nicht bewilligungspflichtig (im Unterschied zu § 21 Abs 1 Z 2 BWG). Anzeigepflichtig ist zunächst, wer beschlossen hat, eine (in)direkte qualifizierte Beteiligung an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen (10% des Kapitals oder der Stimmrechte, siehe Rz 4) zu erwerben („interessierter Erwerber“); darüber hinaus, wer beschlossen hat eine solche Beteiligung zu erhöhen mit der Folge, dass die Schwellenwerte von 20%, 30% oder 50% der Stimmrechte oder des Kapitals erreicht oder überschritten werden. Die Anzeigepflicht für eine Veräußerung soll nach Abs 3 bei Aufgabe einer qualifizierten Beteiligung und bei Unterschreiten der Schwellenwerte des Abs 2 ausgelöst werden, nicht jedoch, wenn ein kritischer Schwellenwert für eine qualifizierte Beteiligung (genau) erreicht wird. Anzeigepflichtig ist demnach etwa die Aufstockung einer Beteiligung von 28% des Kapitals auf 30%, nicht jedoch die Reduktion des Kapitals von 32% auf 30%. Der Schwellenwert von vormals 33% wurde durch die Novelle BGBl I 2009/22 an den auch nach § 91 BörseG für eine Beteiligungsmeldung relevanten Wert von 30% angepasst (vgl im Übrigen Erl RV GP XXIV RV 45 [zu § 11 Abs 2]). Unabhängig vom Ausmaß der zu erwerbenden Beteiligung bzw 6 Stimmrechte ist weiters die Begründung bzw Beendigung eines Konzernverhältnisses anzeigepflichtig (vgl § 1 Z 24 [„Tochterunterneh149
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men“] iVm § 2 Z 12 BWG und § 244 UGB sowie die Kommentierung zu § 1 Z 24; siehe auch Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 35 f). 7 Die Anzeigepflicht gilt nach Abs 2 vorletzter Satz auch für gemein-
sam handelnde Personen, die zusammengenommen eine qualifizierte Beteiligung erwerben oder erreichen würden. Die Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 Abs 2) gehen von einem solchen gemeinsamen Handeln insb bei Vorliegen von diesbezüglichen „Syndikats- oder Stimmrechtsbindungsverträgen“ aus. Es sind damit Vereinbarungen angesprochen, die auf die gemeinsame Wahrnehmung von Gesellschafterrechten, insb des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung, abzielen. 8 Die Anzeige des Erwerbers (Abs 2) sowie des Veräußerers (Abs 3) hat
(nach wie vor wie vor der Novelle) vor dem Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts („ex ante“) zu erfolgen (siehe Erl RV GP XXIV RV 45 [zu § 11 Abs 2]). Dies soll der FMA ermöglichen, eine Beteiligung nach Maßgabe von § 11 a noch vor deren Durchführung zu untersagen. Während § 11 Abs 2 in der Stammfassung noch von „beabsichtigten Beteiligungen“ spricht, sollen nach § 11 Abs 2 und 3 in der geltenden Fassung der „beschlossene“ Erwerb bzw die „beschlossene“ Aufgabe von Beteiligungen die Anzeigepflicht auslösen. Mit dem Abstellen auf einen Beschluss zum Beteiligungserwerb bzw zur Beteiligungsveräußerung soll nach den Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 Abs 2) „… dem Richtlinientext gefolgt und verdeutlicht werden, dass die Erwerbsabsicht zumindest einigermaßen substantiiert sein muss“. Die Erl möchten damit das Entstehen einer Anzeigepflicht an das Vorliegen eines entsprechenden Organbeschlusses knüpfen. Nachdem derartige Beschlüsse üblicher Weise schriftlich protokolliert werden, spricht für eine derartige Regelung insb auch die Nachprüfbarkeit. Es stellt sich hier jedoch die Frage, wie konkret ein derartiger Beschluss sein muss. Hier legt die Wendung „interessierter Erwerber“ nahe, dass bereits eine wenig konkrete Erwerbs- bzw Veräußerungsabsicht („bloßes Interesse“) für das Entstehen einer Anzeigepflicht hinreichen soll. Dies hätte jedoch zur Folge, dass eine Anzeigepflicht bereits zu einem Zeitpunkt entstünde, zu dem idR noch offen ist, wer letztlich vom Verkäufer den Zuschlag erhalten wird (also mitunter noch bevor eine Due-Diligence durchgeführt werden konnte). In einem solchen Zeitpunkt ist jedoch noch keineswegs sicher, dass sich die Vertragsparteien überhaupt auf einen Erwerb einigen werden. Zudem hätte die FMA anstelle eines (konkret) beabsichtigten Erwerbs möglicherweise mehrere potenzielle Erwerbsvorgänge (bzw „interessierte Erwerber“) zu überprüfen, was zu einem erheblichen, zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen würde (Fletzberger, ZFR 2008, 156). Die Prüfung rein hypothetischer Er150
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werbsvorgänge kann jedoch vernünftiger Weise nicht Aufgabe der FMA sein (Verwaltungsökonomie!). Darüber hinaus werden in einem so frühen Stadium dem interessierten Erwerber in der Regel noch nicht sämtliche, für die Anzeige erforderliche Unterlagen (etwa ein Geschäftsplan iSd § 14 EKV) vorliegen (Fletzberger, ZFR 2008, 156). Vor diesem Hintergrund werden bloße „Absichtserklärungen“ über möglicherweise in der Zukunft intendierte Erwerbsvorgänge noch keine Anzeigepflicht auslösen, bzw werden allgemein hinreichend konkrete Erwerbs- bzw Veräußerungsabsichten als Gegenstand einer Beschlussfassung zu verlangen sein. Der genaue Zeitpunkt des Entstehens einer Anzeigepflicht bleibt vor diesem Hintergrund jedoch unklar, weshalb eine behördliche Klarstellung im Interesse der Rechtssicherheit wünschenswert wäre. Anzuzeigen ist nicht nur der Erwerbsbeschluss, sondern auch der 9 Veräußerungsbeschluss. Steht im Rahmen einer geplanten Transaktion jeweils ein Veräußerer (nur) einem Erwerber gegenüber, so wird damit im Regelfall eine doppelte Anzeigepflicht ausgelöst. Bedenkt man die (ex-post) Anzeigepflicht der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 11 Abs 4 Z 1 (siehe Rz 10), kommt es sogar zu einer dreifachen Anzeigepflicht hinsichtlich ein und desselben Erwerbsvorgangs. Der Vorteil für die Aufsicht liegt darin, dass die Erfüllung zumindest einer Anzeigepflicht und damit die Kenntnisnahme vom Erwerbsvorgang mit größerer Wahrscheinlichkeit gewährleistet erscheint. Die verfahrensrechtlichen Vorschriften sowie die inhaltlichen Kriterien für die Beurteilung einer Beteiligungsmeldung finden sich nicht länger in § 11, sondern werden in den §§ 11 a und 11 b gesondert (detailliert) geregelt (siehe dazu im Einzelnen die Kommentierung der betreffenden Bestimmungen).
IV. Anzeigepflichten des betroffenen Unternehmens § 11 Abs 4 Z 1 normiert zur Kontrolle der Durchführung eines Betei- 10 ligungserwerbs nach Abs 2 eine (spiegelbildliche) Anzeigepflicht der betroffenen Wertpapierfirma bzw des betroffenen Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Abweichend von der Anzeigepflicht des „interessierten Erwerbers“ nach Maßgabe von § 11 Abs 2 wird eine Anzeigepflicht des betroffenen Unternehmens nach dem Wortlaut des § 11 Abs 4 Z 1 jedoch nur dann ausgelöst, wenn die Schwellenwerte des Abs 2 überschritten werden, nicht jedoch, wenn diese (präzise) erreicht werden (vgl Rz 5). Die Anzeige ist unverzüglich nach Kenntnis des Erwerbs bzw der Abtretung einer solchen Beteiligung – dh „ex 151
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post“ – an die FMA zu übermitteln (zur „Unverzüglichkeit“ siehe § 10 Rz 44). Eine Nachforschungspflicht des Geschäftsleiters hinsichtlich der Änderung von Beteiligungsverhältnissen ist nicht anzunehmen (vgl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 49). 11 Nach Maßgabe von § 11 Abs 4 Z 2 haben Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA überdies jährliche Beteiligungsmeldungen zu übermitteln.
V. Sanktionen A. Aufsichtsrechtliche Sanktionen 12 Nach § 11 Abs 5 erster Satz hat die FMA die „erforderlichen Maß-
nahmen“ zu ergreifen, falls die an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen qualifiziert beteiligten Personen nicht bzw nicht mehr über die dazu erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Z 1 bis 3 enthält eine demonstrative Aufzählung dieser Maßnahmen. 13 Kopfzerbrechen bereitet die Aufzählung von „Anträgen auf einstweilige Verfügungen“ in Z 1. Dazu ist festzuhalten, dass das Rechtsinstitut der einstweiligen Verfügung nach §§ 378 ff EO prinzipiell der vorläufigen Sicherung ziviler Rechte dient (vgl etwa die Definition bei Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Vor § 378 Rz 4). Nachdem die FMA im Rahmen ihrer hoheitlichen Aufsichtstätigkeiten grundsätzlich keine „zivilrechtlichen Ansprüche“ auf Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften durch die Beaufsichtigten hat, wird Z 1 wohl ausschließlich auf Abs 5 Z 3 lit a zu beziehen sein. Demnach kann die FMA im Rahmen eines Verfahrens nach Abs 5 Z 3 lit a – soweit Sicherungsmaßnahmen nach § 79 AußStrG nicht zulässig sind – eine einstweilige Verfügung beantragen (vgl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 62, 64). 14 Auf Grund des Verweises in Abs 5 Z 2 kann die FMA (auch) die in § 92 bezeichneten Aufsichtsmaßnahmen ergreifen. Da § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 3 BWG die Zuverlässigkeit (qualifiziert) Beteiligter als Konzessionsvoraussetzung festsetzt, sind Aufsichtsmaßnahmen bereits insb auf Grundlage von § 91 Abs 1 Z 1, 2 sowie Abs 3 Z 6 und 7 zu ergreifen; als ultima ratio ist die Konzession zu entziehen (vgl § 5 Rz 7). Bei der Wahl der konkreten Aufsichtsmaßnahmen ist die FMA zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips verpflichtet (vgl § 10 Rz 46). 152
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Nach § 11 Abs 5 Z 3 kann die FMA bei dem für die Wertpapierfirma 15 bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen erster Instanz zuständigen Gerichtshof das Ruhen der Stimmrechte für jene Aktien oder sonstigen Anteile, die von den betreffenden Beteiligten gehalten werden, beantragen. Die Entscheidung darüber obliegt dem Richter im Außerstreitverfahren. Gegen den Beschluss des Außerstreitgerichts kann Rekurs nach § 45 AußStrG bzw Revisionsrekurs nach § 62 f AußerStrG erhoben werden.
B. Ruhen der Stimmrechte ex lege § 11 Abs 6 zweiter Satz ordnet das Ruhen der Stimmrechte ex lege 16 für den Fall an, dass „trotz Einspruchs“ der FMA eine Beteiligung an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen erworben wurde. Die Stimmrechte ruhen bis zur Feststellung der FMA, dass der Grund für die erfolgte Untersagung nicht mehr besteht (Z 2). Aus Z 1 iVm § 11 a Abs 2 geht hervor, dass ein Ruhen der Stimmrechte ex lege auch für den Fall eintreten soll, dass eine Anzeige erst gar nicht erstattet wurde. Die Stimmrechte ruhen in einem solchen Fall bis zur Feststellung der FMA, dass der Erwerb der Beteiligung nicht untersagt worden wäre. Es sprechen gute Gründe dafür, dass Feststellungen der FMA iSd Abs 6 Z 1 und 2 in Bescheidform zu erlassen sind (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 20 Rz 32; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 70).
C. Verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen Wer gegen eine Anzeigepflicht iSd § 11 verstößt, begeht eine Verwal- 17 tungsübertretung nach § 95 Abs 2 Z 2. Der Strafrahmen beträgt bis zu € 30.000,–.
VI. Treuhänder für ruhende Stimmrechte Die Bestellung eines Treuhänders im Falle des Ruhens von Stimmrech- 18 ten auf Grund einer gerichtlichen Anordnung nach Abs 5 Z 3 bzw ex lege nach Abs 6 soll eine denkbare Entscheidungsunfähigkeit der Haupt- bzw Generalversammlung verhindern. Nach Abs 7 hat das Gericht bei einer Beschlussfassung nach Abs 5 Z 3 ex offo einen Treuhänder zu bestellen; im Falle des Ruhens ex lege nach Abs 6 ist ein betreffender Antrag der FMA erforderlich (vgl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 73). 153
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Verfahren für die Beurteilung § 11 a. (1) Die FMA hat dem interessierten Erwerber umgehend, spätestens jedoch innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Erhalt der vollständigen Anzeige im Sinne des § 11 Abs. 2 sowie dem etwaigen anschließenden Erhalt der in Abs. 3 genannten Informationen schriftlich deren Eingang zu bestätigen und dem interessierten Erwerber unter einem das Datum des Endes des Beurteilungszeitraums mitzuteilen. Weist die FMA den interessierten Erwerber auf in der Anzeige offenkundig fehlende Unterlagen oder Informationen hin, so findet § 13 Abs. 3 letzter Satz AVG keine Anwendung. (2) Die FMA hat innerhalb von höchstens 60 Arbeitstagen ab dem Datum der schriftlichen Bestätigung des Eingangs der Anzeige und aller gemäß § 11 b Abs. 3 beizubringenden Unterlagen, den beabsichtigten Erwerb schriftlich zu untersagen, wenn es nach Prüfung der Beurteilungskriterien gemäß § 11 b vernünftige Gründe dafür gibt oder die vom interessierten Erwerber vorgelegten Informationen unvollständig sind. Der Untersagungsbescheid ist innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Entscheidung der FMA über die Untersagung zu versenden. Wird der Erwerb innerhalb des Beurteilungszeitraums von der FMA nicht schriftlich untersagt, so gilt er als genehmigt. Wird die Beteiligung nicht untersagt, so kann die FMA einen Termin vorschreiben, bis zu dem der in § 11 Abs. 2 genannte beabsichtigte Erwerb abgeschlossen sein muss. Diese Frist kann gegebenenfalls verlängert werden. Auf Antrag des interessierten Erwerbers hat die FMA auch im Falle der Nichtuntersagung einen Bescheid auszustellen. Die FMA hat in der Begründung jedes schriftlichen Untersagungs- oder Feststellungsbescheides alle Bemerkungen oder Vorbehalte der für den interessierten Erwerber zuständigen Behörde zu vermerken. Der Bescheid kann mit Bedingungen und Auflagen versehen werden, um die Erfüllung der Kriterien gemäß § 11 b sicherzustellen. Die FMA kann unter Beachtung der Anforderungen gemäß § 22 c Z 3 lit. a bis c FMABG den Bescheid samt Begründung auf Antrag des interessierten Erwerbers öffentlich bekannt machen. (3) Die FMA kann erforderlichenfalls bis spätestens zum 50. Arbeitstag des Beurteilungszeitraums (Abs. 2) schriftlich weitere Informationen anfordern, die für den Abschluss der Beurteilung notwendig sind. Dabei sind die zusätzlich benötigten Informationen anzugeben. Die Anforderung von Informationen hemmt den Fortlauf der Beurteilungsfrist für die Dauer vom Zeitpunkt der Anforderung von Informationen bis zum Eingang der Antwort des interessierten Erwerbers, jedoch höchstens für 20 Arbeitstage. Die FMA kann 154
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weitere Klarstellungen oder Ergänzungen zu den Informationen anfordern, dies führt jedoch nicht zu einer Hemmung der Beurteilungsfrist. (4) Die FMA kann die Unterbrechungsfrist von 20 Arbeitstagen auf maximal 30 Arbeitstage erstrecken, wenn der interessierte Erwerber 1. außerhalb des EWR ansässig ist oder außerhalb des EWR beaufsichtigt wird oder 2. nicht der Beaufsichtigung nach den Richtlinien 2006/48/EG, 85/ 611/EWG, 92/49/EWG, 2002/83/EG, 2004/39/EG oder 2005/68/ EG unterliegt. (5) Die FMA arbeitet bei der Beurteilung eines beabsichtigten Erwerbs oder einer Erhöhung einer Beteiligung gemäß §§ 11 bis 11 b eng mit zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaates oder einer anderen Branche zusammen und tauscht unverzüglich die Informationen aus, die für die Beurteilung wesentlich oder relevant sind, wenn der interessierte Erwerber 1. ein Kreditinstitut, ein Lebens-, Schaden-, Rückversicherungsunternehmen, eine Wertpapierfirma oder eine Verwaltungsgesellschaft im Sinne des Art. 1 a Nummer 2 der Richtlinie 85/611/ EWG ist, das oder die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einer anderen Branche als dem oder der, in dem oder der der Erwerb beabsichtigt wird, zugelassen ist; 2. ein Mutterunternehmen eines Kreditinstituts, eines Lebens-, Schaden-, Rückversicherungsunternehmens, einer Wertpapierfirma oder einer Verwaltungsgesellschaft im Sinne des Art. 1 a Nummer 2 der Richtlinie 85/611/EWG ist, das oder die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einer anderen Branche als dem oder der, in dem oder der der Erwerb beabsichtigt wird, zugelassen ist; 3. ein Kreditinstitut, ein Lebens-, Schaden-, Rückversicherungsunternehmen, eine Wertpapierfirma, oder eine Verwaltungsgesellschaft im Sinne des Art. 1 a Nummer 2 der Richtlinie 85/ 611/EWG kontrolliert, das oder die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einer anderen Branche als dem oder der, in dem oder der der Erwerb beabsichtigt wird, zugelassen ist. (6) Im Falle eines Verfahrens gemäß Abs. 5 hat die FMA auf Anfrage alle Informationen mitzuteilen und von sich aus die zuständigen Behörden über alle wesentlichen Informationen, insbesondere auch über die Beurteilung des Erwerbs und über eine allfällige Untersagung des Beteiligungserwerbs zu informieren. Die FMA hat insbesondere zu den Kriterien gemäß § 11 b Abs. 1 Z 1 bis 5 Stellungnahmen der zuständigen Behörden einzuholen. IdF BGBl I 2009/22.
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§ 11 a
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Schrifttum: Heidinger, Anmerkungen zum neuen Richtlinienvorschlag zur Aktionärskontrolle, ZFR 2007, 75. Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 a):
„Zu § 11 a: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Artikel 10 a in der Richtlinie 2004/39/EG einführt. § 11 a regelt konzentriert das anzuwendende Verfahren und folgt in der Systematik weitestgehend der Vorgängerbestimmung in § 11 Abs. 3 WAG, die ebenfalls die Möglichkeit der bloßen Verschweigung – anstelle einer positiven Erledigung – vorsah. Damit soll sichergestellt werden, dass sich kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand ergibt. Im Falle der Untersagung durch die FMA ergeht wie bisher eine ablehnender begründeter Bescheid; das von der FMA unbeeinspruchte Verstreichen des Beurteilungszeitraums gilt als Genehmigung des angezeigten Erwerbs. Der Ablauf des Verfahrens im einzelnen ist in Umsetzung der Richtlinie 2007/44/EG näher präzisiert. Neu ist die bereits in der Richtlinie vorgesehene eingehende inhaltliche Prüfung der Anzeige nach konkreten Kriterien (§ 11 b). Zu § 11 a Abs. 1: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a in der Richtlinie 2004/39/EG einführt; hiemit wird der neue Art. 10 a Abs. 1 umgesetzt. Zur präzisen Festlegung des Beginns des Beurteilungszeitraums hat die FMA den Erhalt der Anzeige schriftlich zu bestätigen. Die Bestätigung der Anzeige, die aus den Informationen gemäß § 11 Abs. 2 zu bestehen hat, löst den Fristenlauf für das Verfahren aus. Vor Bestätigung des Eingangs der Anzeige hat die FMA eine formale Überprüfung der Anzeige auf Vollständigkeit durchzuführen. Insbesondere ist zu prüfen, ob die gemäß § 11 b Abs. 3 beizubringenden Informationen vorgelegt wurden. Sofern dies nicht gegeben ist, ist die Anzeige von der FMA dem Antragsteller zur Verbesserung zurückzustellen. Aus der Verwaltungspraxis ergibt sich bereits, dass von der FMA zur Vermeidung von Verzögerungen und Missverständnissen auf diesbezügliche offenkundige Mängel hingewiesen wird. Diesfalls kommt es noch nicht zu einem Beginn des Fristenlaufs gemäß § 11 a Abs. 2. Das Beurteilungsverfahren kann darüber hinaus eine inhaltliche Unvollständigkeit feststellen, die einen Ablehnungsgrund darstellt. Auch der anschließende Erhalt von Informationen sowie die durch diese Informationseinholung ausgelöste allfällige Verlängerung des Fristenlaufes ist von der FMA gemäß Abs. 1 schriftlich zu bestätigen, um dem interessierten Erwerber eine genaue Information über das Ende des Beurteilungszeitraumes gemäß Abs. 2, 3 oder 4 zu geben. Zu § 11 a Abs. 2: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 a Abs. 1 2. Unterabsatz, Abs. 4, 5 und 6 sowie Art. 10 a Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die in der Richtlinie enthaltene Pflicht zur Begründung des ablehnenden Bescheides ergibt sich schon aus § 58 Abs. 2 AVG, eine gesonderte Erwähnung an dieser Stelle wäre irreführend, da es den Rückschluss zuließe, dass sonst ablehnende Bescheide keiner Begründung bedürfen. Mit der Verpflichtung des Vermerks der Bemerkungen der für den Erwerber zuständigen Behörde in der Begründung wird
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Verfahren für die Beurteilung
§ 11 a
Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2007/44/EG umgesetzt, der wiederum Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG neu fasst. Weiters wird Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG umgesetzt, der einen neuen Art. 10 b in der Richtlinie 2004/39/EG einführt; mit der Voraussetzung der begründeten Ablehnung wird der neue Art. 10 b Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die Formulierung ‚vernünftige Gründe‘ wurde aus der Richtlinie übernommen. Damit soll klargestellt sein, dass ein begründeter Verdacht bzw. begründete Zweifel bereits ausreichen. Eine rechtskräftige Verurteilung ist nicht erforderlich, umgekehrt wird aber das bloße Vorliegen einer Anzeige zu wenig sein. Der Bescheid hat jedenfalls immer innerhalb der Frist von 60 Arbeitstagen zu ergehen. Samstage zählen nicht als Arbeitstage. Die Frist für die Bescheidversendung von zwei Arbeitstagen ab Entscheidung der Behörde ergibt sich aus der Richtlinie und soll interne Abfertigungsverzögerungen verhindern, insbesondere dass im Fall von mehreren konkurrierenden Antragstellern, für die das Gleichbehandlungsgebot gilt, die Behörde willkürlich die Information über die Untersagung hinauszögert und somit dem interessierten Erwerber einen Nachteil verschafft. Anders als sonst üblich, ist in diesem Zusammenhang nicht auf die Zustellung abzustellen, da die Frist im Einflussbereich der Behörde liegt und nur das von der Behörde geforderte Verhalten geregelt wird; die FMA hat aber grundsätzlich keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Zustellung. Die von der FMA festlegbare Frist für den Abschluss des Erwerbs ist erstreckbar – dies folgt bereits aus § 33 Abs. 4 AVG (e contrario) – da aber in der Richtlinie explizit vorgesehen, wurde dies auch ausdrücklich in den Gesetzestext aufgenommen. Die Möglichkeit Auflagen und Bedingungen im positiven Bescheid vorzusehen, soll ein möglichst einzelfalladäquates Vorgehen ermöglichen (so auch Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2007/44/EG). Der Erwerb darf erst durchgeführt werden, wenn die 60-Tagefrist verstrichen ist oder die FMA einen positiven Bescheid ausstellt. Der Richtlinientext stellt nunmehr ausdrücklich klar, dass eine Verschweigung der Behörde als Genehmigung zu qualifizieren ist. Dies war schon bisher geltende Rechtslage und Rechtsauffassung, im Sinne der Konsistenz mit dem Richtlinientext wurde auch diese Klarstellung in den Text aufgenommen. Der Bescheid kann grundsätzlich mit den in § 22 c FMABG genannten Einschränkungen auch auf Antrag des interessierten Erwerbers von der FMA veröffentlicht werden. Zu § 11 a Abs 3: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a der Richtlinie 2004/39/EG einführt; hiemit wird der neue Art. 10 a Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die FMA kann hiebei Präzisierungen zu den bereits in Erfüllung der Informationspflicht gemäß der Liste nach § 11 b Abs. 3 mit der Anzeige beizubringenden Unterlagen verlangen. Gänzlich neue Informationen, die mit denen laut Liste gemäß § 11 b Abs. 3 nicht in Zusammenhang stehen, dürfen hiebei nicht nachgefragt werden. Zu § 11 a Abs 4: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a der Richtlinie 2004/39/EG einführt; hiemit wird der neue Art. 10 a Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu § 11 a Abs 5: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG einführt. Der Richtlinientext ordnet
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eine Pflicht zur Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden anderer Branchen und anderer Mitgliedsstaaten an. In Österreich unterliegen grundsätzlich die in Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG genannten Institute der Aufsicht der FMA; sollte jedoch bei einem Mutterunternehmen oder aus sonst einem Grund die Zuständigkeit einer anderen Behörde vorliegen, so besteht diesbezüglich eine Pflicht zur Zusammenarbeit. Ebenso besteht implizit eine Pflicht zur Zusammenarbeit der verschiedenen Zuständigkeitsbereiche in der FMA. Zu § 11 a Abs 6: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG neu fasst. Die bereits in der Vorgängerbestimmung (§ 11 Abs. 4 WAG) enthaltene Pflicht zur Konsultation wird an dieser Stelle wiederholt; die Behördenzusammenarbeit erschöpft sich jedoch nicht in der Kontaktaufnahme in bestimmten Anlassfällen, dies kommt auch mit der Wortfolge ‚insbesondere […] auch‘ zum Ausdruck. Die Bestimmung soll Mindestanhaltspunkte festlegen, wo eine Kontaktaufnahme mit anderen Behörden jedenfalls geboten scheint; im übrigen gebietet der Wortlaut eine Kontaktaufnahme immer dann, wenn eine solche relevant ist.“
Übersicht I. II. III. IV. V.
Bestätigung der Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersagung einer Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichtuntersagung bzw Genehmigung einer Beteiligung . . . . . . Begründung und Veröffentlichung von Bescheiden . . . . . . . . . . . . Internationale Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–7 8–9 10–11 12
I. Bestätigung der Vollständigkeit 1
Die gegenständliche Bestimmung dient der Umsetzung von Art 3 Abs 3 der RL 2007/44/EG. Damit werden neue, detaillierte Verfahrensvorschriften für die aufsichtsbehördliche Beurteilung von Beteiligungsanzeigen festgesetzt. Ausgangspunkt dieses neuen Verfahrens ist die in § 11 a Abs 1 festgelegte Verpflichtung, den Eingang einer vollständigen Anzeige iSd § 11 Abs 2 binnen zwei Arbeitstagen nach deren Erhalt schriftlich zu bestätigen. Mit dieser Eingangsbestätigung beginnen auch die für das „Beurteilungsverfahren“ maßgeblichen Fristen zu laufen. Das Datum für das Ende des Beurteilungszeitraums (siehe § 11 a Abs 2) steht daher zu diesem Zeitpunkt bereits fest (vgl aber die Hemmung des Fristenlaufs nach Abs 3 und 4; siehe Rz 4 f) und ist daher dem „interessierten Erwerber“ bereits in der Eingangsbestätigung „unter einem“ bekannt zu geben. Fordert die FMA im Laufe des Beurteilungsverfahrens weitere Informationen nach § 11 a Abs 3 an, so ist auch die vollständige Übermittlung dieser Informationen zu bestätigen. 158
Verfahren für die Beurteilung
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Eine vollständige Anzeige liegt dann vor, wenn alle nach § 11 b 2 Abs 3 iVm der EKV erforderlichen Informationen vorgelegt wurden. Informationen nach § 11 a Abs 3 können erst im Laufe des Beurteilungsverfahrens (zusätzlich) angefordert werden und spielen daher bei der Frage nach der Vollständigkeit einer Anzeige keine Rolle. Nur eine vollständige Anzeige ist dazu geeignet, den Fristenlauf in Gang zu setzen (siehe Rz 1). Wurden die nach § 11 b Abs 3 iVm den Bestimmungen der EKV 3 bzw nach § 11 a Abs 3 vorzulegenden Informationen nicht vollständig übermittelt, so hat die FMA den interessierten Erwerber darüber in Kenntnis zu setzen und mit der Behebung des Mangels zu beauftragen (vgl § 13 Abs 3 AVG). Da jedoch nach § 11 a Abs 1 letzter Satz § 13 Abs 3 letzter Satz AVG nicht zur Anwendung kommt, führt die (rechtzeitige) Behebung des Mangels (Nachreichen der fehlenden Informationen) nicht dazu, dass das „Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht gilt“, was wiederum für den Fristenlauf von Bedeutung ist.
II. Untersagung einer Beteiligung Während die FMA nach § 11 Abs 3 in der Stammfassung eine beab- 4 sichtigte Beteiligung innerhalb von drei Monaten nach einer Anzeige untersagen konnte, sieht § 11 a Abs 2 idF BGBl I 2009/22 eine Frist von lediglich 60 Arbeitstagen für eine Untersagung vor. Diese Frist kann jedoch nach Maßgabe von § 11 a Abs 3 und 4 für maximal 30 Tage gehemmt sein, sodass es in einem solchen Fall bei dem bereits vor der Novelle vorgesehenem Beurteilungszeitraum bleibt (vgl Heidinger, ZFR 2007, 79). Nach Maßgabe von § 11 a Abs 3 kann die FMA bis zum 50. Tag des 5 Beurteilungsverfahrens weitere (dh: über § 11 b iVm den Bestimmungen der EKV hinausgehende) Informationen verlangen. „Die FMA kann hiebei Präzisierungen zu den bereits in Erfüllung der Informationspflicht gemäß der Liste nach § 11 b Abs 3 mit der Anzeige beizubringenden Unterlagen verlangen. Gänzlich neue Informationen, die mit denen laut Liste gemäß § 11 b Abs 3 nicht in Zusammenhang stehen, dürfen hiebei nicht nachgefragt werden“ (Erl RV GP XXIV RV 45 [zu § 11 a Abs 3]). Jedenfalls müssen diese zusätzlichen Informationen auch für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des konkreten Beteiligungserwerbs von Relevanz sein (vgl Art 10 b Abs 4 letzter Satz MifID in der Fassung RL 2007/47/EG). Die erstmalige Informationsanforderung hemmt die Beurteilungsfrist für höchstens 20 Tage. Weitere Informationsanforderungen sind möglich, haben jedoch keine 159
§ 11 a
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Auswirkung auf den Fristenlauf. Liegt eine der in § 11 a Abs 4 Z 1 und 2 genannten Voraussetzungen vor, so kann die FMA die Hemmung der Beurteilungsfrist nach § 11 a Abs 3 um maximal weitere 10 Tage auf insgesamt 30 Tage erstrecken. Die FMA hat einen Beteiligungserwerb nach Maßgabe von § 11 a 6 Abs 2 zunächst (aus formalen Gründen) dann zu untersagen, wenn die vom interessierten Erwerber vorgelegten Informationen unvollständig sind. Eine Untersagung ist jedoch erst dann möglich, wenn auch ein Verbesserungsauftrag (binnen offener Frist) ergebnislos geblieben ist (vgl § 11 a Abs 1 und § 13 Abs 3 AVG). Weiters hat die FMA (aus materiellen Gründen) einen Beteiligungserwerb zu untersagen, wenn „… es nach Prüfung der Beurteilungskriterien gemäß § 11 b vernünftige Gründe dafür gibt“ (Hervorhebungen durch den Verfasser). Damit soll nach den Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 a Abs 2) „… klargestellt sein, dass ein begründeter Verdacht bzw begründete Zweifel bereits ausreichen“. Diese „Klarstellung“ steht mE jedoch im Widerspruch zur Bedeutung, die der Wendung „vernünftige Gründe“ bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch beizulegen ist. Hier ist anzunehmen, dass das Adjektiv „vernünftig“ bezogen auf das Substantiv „Gründe“ jedenfalls einschränkend wirken soll, indem eben jene Gründe, die das „Kriterium der Vernünftigkeit“ nicht erfüllen („unvernünftige Gründe“) ausgeschlossen sein sollen. Der Sinn und Zweck dieser Anordnung erhellt mE wiederum vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips: Die behördliche Untersagung einer Beteiligung stellt einen gravierenden Eingriff in die Privatautonomie dar, der nicht leichtfertig ausgesprochen werden darf. Vor diesem Hintergrund soll daher gerade nicht „jeder begründete Verdacht bzw … Zweifel“ bereits für eine Untersagung hinreichen. Es kommen vielmehr nur jene Gründe in Frage, die eine Untersagung der Beteiligung in concreto auch als angemessen erscheinen lassen (vgl auch Rz 9). Der Untersagungsbescheid ist innerhalb von zwei Arbeitstagen 7 nach Entscheidung der FMA über die Untersagung zu versenden, was nach den Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 a Abs 2) „… interne Abfertigungsverzögerungen verhindern …[soll]“.
III. Nichtuntersagung bzw Genehmigung einer Beteiligung 8
Wird der geplante Erwerb einer Beteiligung von der FMA innerhalb des Beurteilungszeitraums nicht schriftlich untersagt, so gilt er als genehmigt („Nichtuntersagung“; vgl auch Diwok in Diwok/Göth, 160
Verfahren für die Beurteilung
§ 11 a
BWG § 20 Rz 38). Auf Antrag des interessierten Erwerbers hat die FMA jedoch auch im Falle der Nichtuntersagung einen Bescheid auszustellen (§ 11 a Abs 2 dritter und sechster Satz). In einem solchen Fall kann die FMA einen Termin vorschreiben, bis zu dem der beabsichtigte Erwerb abgeschlossen sein muss. Die Anordnung eines Durchführungstermins soll verhindern, dass eine Vielzahl denkbarer Erwerbsvorgänge („auf Vorrat“) angezeigt und durch das Verstreichen der Frist zulässig werden (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 39). Eine Fristerstreckung wird durch § 11 a Abs 2 fünfter Satz ausdrücklich als zulässig erklärt. Die Möglichkeit der Genehmigung eines Beteiligungserwerbs unter 9 bestimmten „Bedingungen und Auflagen“ soll eine weitgehende Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände eines geplanten Beteiligungserwerbs ermöglichen. Vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist anzunehmen, dass die FMA eine Anordnung geeigneter Bedingungen bzw Auflagen (als gelinderes Mittel) einer gänzlichen Untersagung der Beteiligung jedenfalls vorzuziehen hat, insofern als diese dazu hinreichen, aufsichtsrechtliche Bedenken gegen einen Beteiligungserwerb zu beseitigen (siehe auch Rz 6).
IV. Begründung und Veröffentlichung von Bescheiden Nach § 11 a Abs 2 S 7 sind in der Begründung jedes schriftlichen 10 Untersagungs- oder Feststellungsbescheides alle Bemerkungen oder Vorbehalte der für den interessierten Erwerber zuständigen Behörde zu vermerken. Damit sind abweichend von § 58 Abs 2 AVG auch vollinhaltlich genehmigende Bescheide zu begründen. Ob damit auch hinsichtlich der Qualität einer Begründung vom allgemeinen Verfahrensrecht abweichende (allenfalls höhere) Anforderungen normiert werden, bleibt hingegen fraglich. Auf Antrag des interessierten Erwerbers kann die FMA nach § 11 a Abs 2 11 letzter Satz (sowohl genehmigende als auch untersagende) Bescheide öffentlich bekannt machen, sofern nicht (§ 22 c Z 3 lit a bis c FMABG) – die Erteilung der Auskunft oder die Veröffentlichung die Stabilität der Finanzmärkte ernsthaft gefährden würde, oder – die Erteilung der Auskunft oder die Veröffentlichung zu einem unverhältnismäßigen Schaden bei einem von der Auskunft oder der Veröffentlichung betroffenen Beteiligten führen würde, oder – durch die Erteilung der Auskunft die Durchführung eines Verfahrens oder Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse liegen, vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnten. 161
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V. Internationale Zusammenarbeit 12 Während die Vorgängerbestimmung des § 11 Abs 4 in der Stammfassung
noch auf das Konsultationsverfahren nach § 99 Abs 2 bis 4 verwiesen hat, setzen nunmehr § 11 a Abs 5 und 6 selbstständige Vorschriften für die internationale Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Erwerbsvorgängen fest. Die Bestimmungen beabsichtigen eine möglichst weitgehende internationale Zusammenarbeit der betroffenen Aufsichtsbehörden (vgl die Erl RV GP XXIV RV 45 [zu § 11 a Abs 5 und 6]).
Kriterien für die Beurteilung § 11 b. (1) Bei der Beurteilung der Anzeige gemäß § 11 Abs. 2 hat die FMA im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, an der oder dem der Erwerb beabsichtigt wird, und unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Einflusses des interessierten Erwerbers auf die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Eignung des interessierten Erwerbers und die finanzielle Solidität des beabsichtigten Erwerbs im Hinblick auf sämtliche folgende Kriterien zu prüfen: 1. Die Zuverlässigkeit des interessierten Erwerbers; 2. die Zuverlässigkeit und Erfahrung jeder Person, die die Geschäfte der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens infolge des beabsichtigten Erwerbs leiten wird; 3. die finanzielle Solidität des interessierten Erwerbers, insbesondere in Bezug auf die Art der tatsächlichen und geplanten Geschäfte der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, an der oder dem der Erwerb beabsichtigt wird; 4. ob die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen in der Lage sein und bleiben wird, den Aufsichtsanforderungen aufgrund der Richtlinien 2002/87/EG, 2006/48/EG und 2006/49/EG zu genügen, und insbesondere, ob die Gruppe, zu der sie oder es gehören wird, über eine Struktur verfügt, die es ermöglicht, eine wirksame Beaufsichtigung auszuüben, einen wirksamen Austausch von Informationen zwischen den zuständigen Behörden durchzuführen und die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den zuständigen Behörden zu bestimmen (§ 5 Abs. 1 Z 4 und 4 a BWG); 5. ob ein hinreichender Verdacht besteht, dass im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 2005/60/EG statt162
Kriterien für die Beurteilung
§ 11 b
finden, stattgefunden haben oder ob diese Straftaten versucht wurden oder ob der beabsichtigte Erwerb das Risiko eines solchen Verhaltens erhöhen könnte. (2) Bei der Beurteilung des beabsichtigten Erwerbs ist auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Marktes nicht abzustellen. (3) Die FMA hat in Entsprechung von Art. 10 b Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG in der Fassung der Richtlinie 2007/44/EG mittels Verordnung unter Berücksichtigung der europäischen Gepflogenheiten in diesem Bereich eine Liste von Informationen festzulegen, die der FMA vorzulegen sind. Diese Informationen müssen für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Vorliegens der Kriterien gemäß Abs. 1 Z 1 bis 5 geeignet und erforderlich sein. Der Umfang der beizubringenden Informationen hat der Art des interessierten Erwerbers und der Art des beabsichtigten Erwerbs angemessen und angepasst zu sein. Dabei sind Umfang und Art der Beteiligung sowie die Größe und die Geschäftsbereiche des interessierten Erwerbers und der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, an der oder dem der Erwerb beabsichtigt ist, zu berücksichtigen. In der Verordnung hat die FMA auch Art und Form der Übermittlung der Informationen näher zu regeln, um eine rasche und präzise Identifikation des Antragsinhaltes zu ermöglichen. (4) Werden der FMA zwei oder mehrere Vorhaben betreffend den Erwerb oder die Erhöhung von qualifizierten Beteiligungen an ein und derselben Wertpapierfirma oder an ein und demselben Wertpapierdienstleistungsunternehmen angezeigt, so hat die FMA alle interessierten Erwerber auf nicht diskriminierende Art und Weise zu behandeln. IdF BGBl I 2009/22. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 11 b): „Zu § 11 b: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 b der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Während die frühere Rechtslage die Prüfung auf die Person des Erwerbers und die Möglichkeit der ordnungsgemäßen Beaufsichtigung beschränkte, soll nunmehr zum einen sichergestellt sein, dass die Umgehung der ursprünglichen Zulassungsbedingungen durch den Erwerb einer qualifizierten Beteiligung am Zielunternehmen nicht möglich ist und zum anderen die Prüfung durch die Aufsichtsbehörde auf klar festgelegte aufsichtsrechtliche Kriterien beschränkt ist (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2007/44/EG). Die Kriterien werden umfassend und abschließend festgelegt und entsprechen in auf den Beteiligungserwerbsfall angepasster Weise den Kriterien für die Erstzulassung. Dieser Logik folgt auch die Umsetzung des Art. 10 b der Richtlinie
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§ 11 b
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2004/39/EG in der Fassung der Richtlinie 2007/44/EG. Der Kriterienkatalog der Richtlinie wurde dabei übernommen. Zu § 11 b Abs. 1: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Artikel 10 b Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Beim Kriterium der Zuverlässigkeit des interessierten Erwerbers muss geprüft werden, ob Zweifel hinsichtlich der Integrität und fachlichen Eignung des interessierten Erwerbers bestehen und ob diese Zweifel begründet sind. Die Zweifel können zum Beispiel auf ein Geschäftsgebaren in der Vergangenheit zurückgehen (so auch Erwägungsgrund 8 der Richtlinie 2007/44/EG). Zu § 11 b Abs. 2: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 b Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Auch Vorbedingungen im Hinblick auf die Höhe der zu erwerbenden Beteiligung sind unzulässig. Zu § 11 b Abs. 3: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 b Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Es sollen geeignete Informationen abgefragt werden, nur solche von aufsichtsrechtlicher Relevanz und in angemessener Weise. Die Art des Erwerbers (im Englischen ‚nature of the proposed acquirer‘) soll der Behörde vor allem eine Grundlage für umfassendere Informationsmöglichkeiten für den Fall eines nicht beaufsichtigten Erwerbers oder eines Erwerbers aus einem Drittstaat geben, so auch Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2007/44/EG. Die Verordnungsermächtigung ist notwendig, da sich Kommission und Mitgliedstaaten im Rahmen der Umsetzungsworkshops geeinigt haben, mit der Frage einer harmonisierten Vorgangsweise bezüglich der Erstellung der Listen den Ausschuss der Europäischen Bankaufsichtsbehörden (CEBS) zu befassen. Auf der Basis der Ergebnisse der Arbeitsgruppen der Europäischen Aufsichtsbehörden diesbezüglich soll die FMA die Verordnung erstellen. Dabei ist im Sinne der Reduktion der Verwaltungskosten darauf zu achten, dass Unterlagen, die der FMA bereits vorliegen, nicht nochmals angefordert werden. Mit der Anforderung der Angemessenheit sollen bewährte Prüfungspraktiken beibehalten werden können, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb an Zentralinstituten. Die Größe und finanzielle Situation des Erwerbers sowie des zu erwerbenden Rechtsträgers spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Geschäftsbereiche; ebenso ist in Betracht zu ziehen, inwieweit der Erwerber der Aufsicht bereits aus ihrer Aufsichtstätigkeit bekannt ist. Die FMA hat in der VO auch die Art und Form der Übermittlung festzulegen, um eine rasche und präzise Identifikation des Antragsinhalts sicherzustellen. Dies ist im Interesse des Antragstellers, da die FMA mangels Übersichtlichkeit des Antrages diesen sonst innerhalb der kurzen Bearbeitungsfrist von 2 Tagen, die durch die Richtlinie vorgegeben ist, als unvollständig zur Verbesserung zurückstellen müsste. Außerdem soll damit auch eine effiziente Bearbeitung in der FMA sichergestellt werden. Insbesondere kann die FMA in diesem Rahmen gegeeinte [offenbar gemeint: ‚geeignete‘; Anmerkung des Verfassers] Formulare, die zu verwenden sind, vorsehen. Dies entspricht auch der Vorgangsweise in anderen Mitgliedstaaten, beispielsweise Deutschland.
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Kriterien für die Beurteilung
§ 11 b
Zu § 11 b Abs. 4: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 b Abs. 5 der Richtlinie 2006/48/EG umgesetzt.“
Übersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einzelne Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–6 7
I. Allgemeines „Während die frühere Rechtslage die Prüfung auf die Person des Er- 1 werbers und die Möglichkeit der ordnungsgemäßen Beaufsichtigung beschränkte, soll durch den erweiterten Kriterienkatalog des § 11 b nunmehr zum einen sichergestellt sein, dass die Umgehung der ursprünglichen Zulassungsbedingungen durch den Erwerb einer qualifizierten Beteiligung am Zielunternehmen nicht möglich ist und zum anderen die Prüfung durch die Aufsichtsbehörde auf klar festgelegte aufsichtsrechtliche Kriterien beschränkt ist (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2007/44/EG)“ (Erl RV GP XXIII RV 143 [zu § 11 b]; Hervorhebungen durch den Verfasser). Die Liste der Beurteilungskriterien in § 11 b Abs 1 ist somit taxativ. Bei der Anwendung der Kriterien des § 11 b Abs 1 dürfen wirtschaftli- 2 che Bedürfnisse des Marktes keine Rolle spielen (§ 11 b Abs 2). Die FMA hat alle interessierte Erwerber auf nicht diskriminierende Art und Weise zu behandeln (§ 11 b Abs 4; eine Anforderung, die sich wohl bereits aus dem Gleichheitssatz ergibt).
II. Einzelne Kriterien Nach § 11 Abs 3 in der Stammfassung konnte die FMA eine beab- 3 sichtigte Beteiligung untersagen, wenn sie der Ansicht war, dass die beabsichtigten Erwerber einer qualifizierten Beteiligung nicht geeignet sind, die erforderliche solide und umsichtige Führung der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu gewährleisten. Dabei hatte die FMA zu prüfen, ob die Erwerbsinteressenten über die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs 1 Z 3 BWG verfügen bzw es auch ansonsten durch den Beteiligungserwerb es zu keiner Beeinträchtigung der Aufsichtspflichten iSd § 5 Abs 1 Z 4 BWG 165
§ 11 b
Kreisl
kommt (vgl dazu Kreisl in Brandl/Saria, WAG1 § 11 Rz 6 f). Diese Anforderungen finden nunmehr in den Kriterien der Zuverlässigkeit (§ 11 b Abs 1 Z 1) und finanziellen Solidität des interessierten Erwerbers (§ 11 b Abs 1 Z 3) ihre Entsprechung. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich die Behördenpraxis bei der Auslegung dieser Kriterien an den Meinungsstand zu § 11 Abs 3 in der Stammfassung orientieren bzw neue (allenfalls darüber hinausgehende) Standards festlegen wird. 4 Das Kriterium „Zuverlässigkeit und Erfahrung“ der (künftigen) Geschäftsleiter (§ 11 b Abs 1 Z 2) wird aus systematischer bzw teleologischer Sicht in Übereinstimmung mit § 10 zu beurteilen sein (siehe dazu die Kommentierung zu § 10). 5 Nach Maßgabe von § 11 b Abs 1 Z 4 ist sicherzustellen, dass (auch) nach einem geplanten Erwerb das Zielunternehmen (weiterhin) in der Lage sein wird, sämtliche Aufsichtsanforderungen auf Grund der Richtlinien 2002/87/EG („FinanzkonglomerateRL“), 2006/48/EG („Bankenaufsichtsrichtlinie“; da Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht als Kreditinstitute iSd Art 4 Z 1 Bankenaufsichtsrichtlinie gelten, bleibt jedoch die normative Bedeutung dieses Verweises fraglich) und 2006/49/EG („Kapitaladäquanz-Richtlinie“) zu erfüllen. In diesem Zusammenhang sind insb Implikationen neuer Beteiligungsstrukturen („Gruppenstruktur“) zu berücksichtigen. 6 Obschon offensichtlich bereits durch die Kriterien der Z 1 und 3 abgedeckt, ist nach Z 5 gesondert das Vorliegen von Geldwäsche- bzw Terrorismusfinanzierungsaktivitäten iZm einem geplanten Erwerb gesondert zu prüfen.
III. Verordnungsermächtigung 7 Vor dem Hintergrund von Art 10 b Abs 4 der MiFID in der Fassung der
RL 2007/44/EG räumt § 11 b Abs 3 der FMA die Ermächtigung ein, eine Liste der im Rahmen des Beurteilungsverfahrens konkret vorzulegenden Informationen durch VO festzusetzen sowie die Art und Form der Übermittlung dieser Informationen zu regeln. Diese Informationen müssen für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Vorliegens der Kriterien gemäß Abs 1 Z 1 bis 5 geeignet und erforderlich sein; ihr Umfang hat der Art des interessierten Erwerbers und der Art des beabsichtigten Erwerbs angemessen und angepasst zu sein. Generell sind „europäische Gepflogenheiten in diesem Bereich“ zu berücksichtigen. Die FMA hat von dieser VO-Ermächtigung Gebrauch gemacht und die Eigentümerkontrollverordnung – EKV (BGBl II 2009/83, zuletzt geändert durch BGBl II 2009/351) erlassen. 166
Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
§ 12
2. Abschnitt Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich § 12. (1) Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 2 der Richtlinie 2004/39/EG sowie die in Anhang I Abschnitt B der Richtlinie 2004/39/EG angeführten Nebendienstleistungen können von einer Wertpapierfirma im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG, die in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist, nach Maßgabe der Richtlinie 2004/ 39/EG in Österreich über eine Zweigstelle erbracht oder ausgeübt oder im Wege der Dienstleistungsfreiheit erbracht werden, soweit ihre Zulassung sie dazu berechtigt. Nebendienstleistungen dürfen nur in Verbindung mit einer Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit erbracht werden. (2) Die Errichtung einer Zweigstelle in Österreich ist zulässig, wenn die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der FMA alle Angaben gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 3 übermittelt hat. (3) Nach Einlangen einer Mitteilung gemäß Abs. 2, spätestens jedoch nach zwei Monaten nach Weiterleitung der Mitteilung durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates, kann die Zweigstelle errichtet werden und ihre Tätigkeit aufnehmen. (4) Wertpapierfirmen, die Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, haben die §§ 36, 38 bis 59, 61 bis 66 und 69 bis 71 dieses Bundesgesetzes und die §§ 33 bis 38, 40 „40 a,40 b,40 d“, 41 und § 93 Abs. 8 a BWG sowie die auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Verordnungen und Bescheide einzuhalten. (idF BGBl I 2007/107) (5) Die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates einer Wertpapierfirma gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG können nach vorheriger Unterrichtung der FMA selbst in Wahrnehmung ihrer Pflichten bei der Zweigstelle vor Ort Ermittlungen in dieser Zweigstelle vornehmen. (6) Wertpapierfirmen und Marktbetreiber aus anderen Mitgliedstaaten, die ein MTF betreiben, können geeignete Systeme im Inland bereitstellen, um Fernnutzern oder -teilnehmern im Inland den Zugang zu ihren Systemen sowie deren Nutzung zu erleichtern. 167
§ 12
Muther-Pradler/Ortner
Schrifttum: Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; CESR, Protocol on MiFID Passport Notifications May 2007, Ref: CESR/07–317; CESR, Protocol on MiFID Passport Notifications May 2007 (updated October 2009), Ref: CESR/07–317 b; CESR, The Passport under MiFID, Recommendations for the implementation of the Directive 2004/39/EG, and Statement on practical arrangements regarding the late transposition on MiFID, 22. 10. 2007, Ref: CESR/07–337 b; CESR, Protocol on the supervision of branches under MiFID October 2007 (updated October 2009), Ref: CESR /07–672 b; CESR, Multilateral Memorandum of Understanding on the Exchange of Information an Surveillance of Securities Activities, 26. 1. 1999, Ref: CESR/05–335; CESR, Protocol on Mediation Mechanism of the Committee of European Securities Regulators, August 2006, Ref: CESR/06–286 b; European Commission, Supervision of branches under MiFID, 18. 6. 2007, Markt/G/3/MV D (2007)/ 2386, http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/isd/mifid-branches_en.pdf; alle abrufbar unter www.cesr.eu; Forstinger/Pradler, Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (ISD2) – Die Novellierung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 92/22/EWG (ISD), ÖBA 2004, 329; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung – Teil 1, WM 2006, 1749. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 12): „Zu § 12: Die folgenden Bestimmungen regeln die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit jener Wertpapierfirmen gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/ EG, die in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen sind und in Österreich tätig werden. Zu Abs. 1: Hiermit werden die Art. 31 Abs. 1 und 32 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt, die im Wesentlichen dem bisherigen § 9 a Abs. 1 BWG entsprechen. Zu Abs. 2: Diese Bestimmung setzt Art. 32 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 3: Diese Bestimmung setzt Art. 32 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 4: Dieser Absatz setzt unter anderem Art. 32 Abs. 7 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um und entspricht im Wesentlichen seiner Vorgängerbestimmung im § 9 a BWG. Die Anwendung der Bestimmungen über Cold Calling und Haustürgeschäfte (§§ 62 und 63) liegen gemäß Erwägungsgrund 38 der Richtlinie 2004/39/EG außerhalb des Anwendungsbereichs der MiFID, sodass diesbezüglich Wettbewerbsgleichheit zwischen in- und ausländischen Anbietern hergestellt werden kann. Zu Abs. 5: Diese Bestimmung setzt Art. 32 Abs. 8 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 6: Diese Bestimmung setzt Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2004/39/EG um.“
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Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
§ 12
Übersicht I. II. III. A. B. C. D. IV. A. B. C.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinheitlichtes und effizientes Notifizierungsverfahren . . . . . Grundsätzliches zum Notifizierungsverfahren nach WAG. . . . Tätigwerden über eine Zweigstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . Betreiben eines MTF. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beaufsichtigung von Zweigstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzuhaltende gesetzliche Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermeidung der Doppelbeaufsichtigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vor-Ort-Ermittlungen durch die Behörde des Herkunftsmitgliedstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–5 6–11 6–8 9 10 11 12–21 12–17 18–22 23
I. Allgemeines § 12 Abs 1 setzt die Art 31 Abs 1 und Art 32 Abs 1 MiFID um, die 1 im Wesentlichen dem bisherigen § 9 a Abs 1 BWG entsprechen. Die bis dato im BWG enthaltenen Vorschriften für Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit wurden in das WAG übernommen. Dies entspricht auch dem Bekenntnis des österreichischen Gesetzgebers zu einer klaren Gesetzessystematik, die einerseits durch den Ersatz der bisher durch Verweis auf das BWG geregelten Vorschriften durch ausdrückliche Regelungen im WAG und andererseits durch eine möglichst einheitliche bzw konsistente Terminologie angestrebt wird (vgl Erl RV Allgemeiner Teil). Die MiFID entwickelt das Prinzip des „single passport bzw single 2 licence“ (zum „single licence“-Prinzip vgl ua Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 a Rz 4) weiter. Nach Erwägungsgrund 17 MiFID sollen Unternehmen bzw Personen, die der MiFID unterliegende Wertpapierdienstleistungen vornehmen, „aus Gründen des Anlegerschutzes und der Stabilität des Finanzsystems“ durch die zuständige Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaates zugelassen werden. Im Sinne einer EU-weiten gegenseitigen Anerkennung und der Kontrolle durch den Herkunftsmitgliedstaat ist allerdings bereits bei der Zulassung darauf zu achten, dass eine Wertpapierfirma nicht die Rechtsordnung eines Mitgliedstaats in der Absicht wählt, sich den strengeren Normen eines anderen Mitgliedstaates zu entziehen (vgl Erwägungsgrund 22 MiFID). Ist eine Wertpapierfirma einmal zugelassen, so ist diese berechtigt, in der gesamten EU Wertpapierdienstleistungen zu erbringen oder Anla169
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Muther-Pradler/Ortner
getätigkeiten auszuüben, „ohne eine gesonderte Zulassung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates, in dem sie diese Leistungen zu erbringen oder Tätigkeiten auszuüben wünscht, einholen zu müssen“ (vgl Erwägungsgrund 23 MiFID). Die Mitgliedstaaten haben diesbezüglich sicherzustellen, dass Wertpapierfirmen, die in ihrem Hoheitsgebiet zugelassen sind, ungehindert Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten sowie Nebendienstleistungen erbringen dürfen. Ergänzende Regelungen wurden im Rahmen des Europäischen Passes va auch iZm dem Betrieb eines MTF geschaffen (vgl Forstinger/ Pradler, ÖBA 2004, 335).
II. Anwendungsbereich 3 § 12 erfasst Wertpapierfirmen gemäß Art 4 Abs 1 Z 1 MiFID. Da-
runter fällt primär jede juristische Person, die im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/oder mehrere Anlagetätigkeiten ausübt. Nach Art 4 Abs 1 Z 1 lit a und b MiFID steht es den Mitgliedstaaten frei, auch Unternehmen, die keine juristische Personen sind, als Wertpapierfirma zu definieren, sofern ihre Rechtsform Dritten ein Schutzniveau bietet, das dem von juristischen Personen gebotenen Schutz gleichwertig ist und sie einer gleichwertigen und ihrer Rechtsform angemessenen Aufsicht unterliegen. Bei natürlichen Personen, die Wertpapiere und Gelder von Kunden halten, müssen iSd Art 4 Abs 1 Z 1 Unterabs 2 lit a bis d zusätzlich entsprechende Vorkehrungen zum Gläubigerschutz getroffen werden. Für ausländische Wertpapierfirmen ist demnach die Definition der MiFID bzw deren Umsetzung in das jeweilige nationale Recht ausschlaggebend. 4 § 12 bezieht sich auf Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gemäß Art 4 Abs 1 Z 2 MiFID sowie die in Anhang I Abschnitt B MiFID angeführten Nebendienstleistungen. Im Gegensatz zur RL 93/22/EWG wurde der Katalog der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten um den Betrieb eines Multilateralen Handelssystems („MTF“) erweitert und die „Anlageberatung“ von einer Nebendienstleistung zu einer Hauptdienstleistung umgestuft (vgl Spindler/Kasten, WM 2006, 1752). Der Katalog der Nebendienstleistungen wurde um die Wertpapier- und Finanzanalyse erweitert. Weiters wurde der Katalog der Finanzinstrumente (Anhang I Abschnitt C MiFID) auf Warenderivate, finanzielle Differenzgeschäfte und Kreditderivate ausgedehnt. Daher besteht nach Umsetzung der MiFID die 170
Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
§ 12
Möglichkeit, einen weiteren Katalog an Haupt- und Nebendienstleistungen in Bezug auf eine größere Anzahl von Finanzinstrumenten auf Grundlage des Europäischen Passes in anderen Mitgliedstaaten anzubieten (vgl Forstinger/Pradler, ÖBA 2004, 332 ff). Die Zulassung im Herkunftsmitgliedstaat der Wertpapierfirma darf 5 allerdings nach Art 6 MiFID keinesfalls nur für die Erbringung von Nebendienstleistungen erteilt werden. Wertpapiernebendienstleistungen können lediglich in Verbindung mit einer Hauptdienstleistung erbracht werden (vgl auch Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 a Rz 12).
III. Vereinheitlichtes und effizientes Notifizierungsverfahren A. Grundsätzliches zum Notifizierungsverfahren nach WAG Damit eine Wertpapierfirma, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zu- 6 gelassen ist, in Österreich über eine Zweigstelle oder im Wege der Dienstleistungsfreiheit tätig werden kann, sind der FMA vorab von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma bestimmte Informationen zur Wertpapierfirma und den geplanten Aktivitäten in Österreich anzuzeigen. Die Definition des Herkunftsmitgliedstaates einer Wertpapierfirma in § 1 Abs 1 Z 16 WAG (vgl § 1 Rz 23) verweist auf § 2 Z 6 lit b BWG. Demnach wird bei Wertpapierfirmen, bei denen es sich um natürliche Personen handelt, auf jenen Mitgliedstaat abgestellt, in dem sich ihre Hauptverwaltung befindet. Bei Wertpapierfirmen in Form von juristischen Personen wird hingegen auf den Mitgliedstaat, in dem sie ihren satzungsmäßigen Sitz haben, bzw sofern es diesen auf Grund einzelstaatlichen Rechts nicht gibt, auf den Mitgliedstaat, in welchem sich der Hauptverwaltungssitz befindet, abgestellt (zum Herkunftsmitgliedstaat vgl Diwok/Göth in Diwok/Göth, BWG § 2 Rz 27). Das CESR hat erstmals am 29. 5. 2007 ein „Protocol on MiFID Pass- 7 port Notifications“ (vgl CESR/07–317, abrufbar unter www.cesr.eu), das eine Level 3-Empfehlung der MiFID darstellt, veröffentlicht. Damit wird das existierende „Multilateral Memorandum of Understanding“ (vgl CESR/05–335; abrufbar unter www.cesr.eu) ergänzt und ein Rahmenregelwerk für eine effiziente Zusammenarbeit unter den CESR-Mitgliedern bei der Ausstellung des Europäischen Passes festgelegt. Durch Vorgabe eines einheitlichen Formulars bei der Notifizierung soll die Ausstellung des Europäischen Passes schneller und mit 171
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Muther-Pradler/Ortner
geringerem administrativem Aufwand EU-weit einheitlich erfolgen. Weiters wurden die jeweiligen Anlaufstellen in den Aufsichtsbehörden iZm Notifizierungen veröffentlicht. Die E-Mail-Adresse der FMA lautet: notifi[email protected] (vgl Annex 3 zu CESR/07–317). IS einer schnelleren und praktikableren Abwicklung des Notifizierungsverfahrens wurde der Austausch von Notifizierungsanzeigen zwischen den Aufsichtsbehörden per e-mail ausdrücklich von allen CESRMitgliedern anerkannt. Zwischenzeitig erfolgte eine Überarbeitung des Protokolls bzw eine teilweise Adaptierung der Formulare für das Notifizierungsverfahren (vgl CESR/07–317 c; abrufbar unter www.cesr.eu). 8 Nach Maßgabe des § 92 Abs 11 letzter Satz in Umsetzung des Art 5 Abs 3 MiFID hat die FMA ein öffentlich zugängliches Verzeichnis der Wertpapierfirmen aus EU-Mitgliedstaaten zu führen, die berechtigt sind, Wertpapierdienstleistungen in Österreich über eine Zweigstelle oder im Wege der Dienstleistungsfreiheit anzubieten. Die FMA führt auf ihrer Homepage ein derartiges Register (abrufbar unter http:// www.fma.gv.at/cms/site/DE/abfragen_ewrwpf_konz.html), das öffentlich zugänglich ist (vgl dazu auch § 92 Rz 18).
B. Tätigwerden über eine Zweigstelle 9 Jede Wertpapierfirma, die beabsichtigt eine Zweigstelle (zur Definition
s § 1 Rz 25) in einem anderen Mitgliedstaat zu errichten, muss vorab der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates die in § 13 Abs 1 Z 1 bis 4 und Abs 3 genannten Informationen, bei denen es sich im Wesentlichen um den Geschäftsplan, die Kontaktdaten, die Zweigstellenleiter sowie um die Art der Vertriebstätigkeit handelt, übermitteln (vgl auch § 13 Rz 5 f). Zur Abgrenzung zwischen den Tätigkeiten einer Zweigstelle und einer Repräsentanz vgl CESR/07–337, abrufbar unter www.cesr.eu, Recommendation n° 13. Nach Eingang der über die geplante Errichtung der Zweigstelle erforderlichen Informationen bei der FMA, spätestens aber zwei Monate nach Weiterleitung der Informationen durch die zuständige Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates an die FMA, kann die Zweigstelle operativ tätig werden. Innerhalb der zwei Monate hat die FMA Zeit, die bei ihr eingelangten Informationen zu prüfen (vgl auch Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 a Rz 16) bzw die Daten der Zweigstelle in einem öffentlich zugänglichen Register (vgl § 92 Rz 18) zu erfassen.
C. Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit 10 Die Anforderungen an die Vorlagepflicht von Informationen gemäß
Art 32 Abs 2 MiFID wurden in § 12 Abs 2 lediglich für ausländische 172
Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
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Wertpapierfirmen, die in Österreich über eine Zweigstelle tätig werden, umgesetzt (vgl § 12 Rz 9). § 12 sollte jedoch auch für Wertpapierfirmen, die in Österreich Wertpapierdienstleistungen und/ oder Anlagetätigkeiten bzw Nebendienstleistungen im Wege der Dienstleistungsfreiheit erbringen, anzuwenden sein. Gemäß Art 31 Abs 2 MiFID hat auch eine Wertpapierfirma, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden möchte, Informationen über die geplanten Tätigkeiten an die Herkunftsmitgliedstaatsbehörde zu übermitteln, welche diese dann an die FMA weiterleitet. In § 12 fehlt jedoch eine derartige Regelung für oben beschriebene Wertpapierfirmen. Das WAG sieht eine Pflicht zur Informationsvorlage (an die FMA) lediglich für österreichische Wertpapierfirmen vor, die im Ausland im Wege der Dienstleistungsfreiheit tätig werden möchten (§ 13 Abs 5 und 6). Das Fehlen einer derartigen Regelung für den umgekehrten Fall (ausländische Wertpapierfirma, die in Österreich im Wege der Dienstleistungsfreiheit tätig wird) führt gemäß WAG dazu, dass ausländische Wertpapierfirmen geringere Vorlagepflichten zu erfüllen haben, als umgekehrt österreichische Wertpapierfirmen, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit im Ausland tätig werden. Eine Ungleichbehandlung von Wertpapierfirmen aus anderen Mitgliedstaaten in Österreich und österreichischen Wertpapierfirmen in anderen Mitgliedstaaten, die im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs tätig werden, weicht von der Richtlinienvorgabe ab.
D. Betreiben eines MTF Zur Definition eines MTF siehe (§ 1 Rz 18). Im Rahmen der Dienst- 11 leistungsfreiheit können Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, welche ein MTF betreiben, zukünftig auf Grund des Europäischen Passes EU-weit Zugangsmöglichkeiten („geeignete Systeme“) für die Teilnahme am MTF schaffen. Dies ist in verschiedenster Form vorstellbar: In den meisten Fällen wird es sich um eine Handelsplattform handeln, die Fernmitgliedern und -nutzern zugänglich ist (vgl Balzer, ZBB 2003, 190). Nach Erwägungsgrund 6 MiFID muss es sich dabei jedoch nicht zwingend um „technische“ Systeme für das Zusammenführen von Aufträgen handeln. Als ein geregelter Markt oder ein MTF ist bereits ein Markt, der nur aus einem Regelwerk besteht, welches Fragen in Bezug auf die Mitgliedschaft, die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel, den Handel zwischen Mitgliedern, die Meldung von Geschäften und gegebenenfalls die Transparenzpflichten regelt, anzusehen (vgl dazu ausführlich Spindler/Kasten, WM 2006, 1753 ff). Solche Regelwerke sind ebenfalls „geeignete“ Systeme (siehe dazu CESR/07–337, 173
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Rz 49). Die Übermittlung eines solchen Regelwerkes an inländische Fernmitglieder und -nutzer wird daher der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates anzuzeigen sein, welche die Informationen an die FMA weiterleitet. Darüber hinaus sind die auf Grund der oben angeführten Bestimmungen erlassenen Verordnungen der FMA (IIKV, WPMVO 2007, HTAusV) einzuhalten.
IV. Beaufsichtigung von Zweigstellen A. Einzuhaltende gesetzliche Bestimmungen 12 Den Erl RV folgend entspricht § 12 Abs 4 im Wesentlichen seiner
Vorgängerbestimmung, dem § 9 a BWG, und setzt Art 32 Abs 7 Unterabsatz 1 MiFID um. Damit wird das Herkunftsmitgliedstaatsprinzip in Bezug auf die Beaufsichtigung von Zweigstellen durchbrochen. Nach Erwägungsgrund 32 MiFID soll jene Behörde, die auf Grund der größeren Nähe zur Zweigstelle besser in der Lage ist, Verstöße gegen die Vorschriften für den Geschäftsbetrieb der Zweigstelle aufzudecken und zu ahnden, auch für die Beaufsichtigung der Zweigstelle im Hinblick auf die Einhaltung bestimmter Verpflichtungen in Bezug auf Geschäfte, die über diese Zweigstelle abgewickelt werden, verantwortlich sein. 13 Gemäß § 22 Abs 5 ist die FMA für die Kontrolle der Einhaltung der Aufzeichnungspflichten bezüglich aller von der Zweigstelle durchgeführten Dienstleistungen und Geschäfte mit Kunden iSd § 22 verantwortlich (vgl auch § 22 Rz 17). Um diese aufsichtsrechtliche Verpflichtung erfüllen zu können, kann die FMA von der Zweigstelle gemäß § 100 Abs 2 alle Angaben verlangen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der von den Zweigstellen anzuwendenden Normen zu kontrollieren (vgl auch § 100 Rz 1). Im Einzelnen handelt es sich bei den von Zweigstellen ausländischer Wertpapierfirmen zu beachtenden Normen um folgende Bestimmungen des WAG und des BWG: 14 WAG: – Finanzanalysen (§ 36); – Bestimmungen über das Handeln im besten Interesse des Kunden (§ 38 Allgemeine Pflichten; § 39 Gewährung und Annahme von Vorteilen); – Bestimmungen über die Informationserteilung gegenüber Kunden (§ 40 Angemessene Informationen; § 41 Bedingungen für redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen; § 42 Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen); 174
Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
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– Bestimmungen über die Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen (§ 43 Allgemeine Bestimmungen; § 44 Eignung von Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen; § 45 Angemessenheit von sonstigen Wertpapapierdienstleistungen; § 46 Geschäfte, die nur in der Ausführung oder Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen bestehen; § 47 Dokumentation der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien); – Bestimmungen über die Berichtspflichten gegenüber den Kunden (§ 48 Berichtspflicht; § 49 Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen außerhalb der Portfolioverwaltung; § 50 Berichtspflichten bei der Portfolioverwaltung; § 51 Berichtspflichten für Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten); – Bestimmungen über die bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen (§ 52 Bestmögliche Durchführung; § 53 Organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik; § 54 Besondere Vorschriften für Privatkunden); – Bestimmungen über die Bearbeitung von Kundenaufträgen (§ 55 Allgemeine Bestimmungen; § 56 Zusammenlegung und Zuordnung von Aufträgen; § 57 Zusammenlegung und Zuordnung von Geschäften für eigene Rechnung); – Bestimmungen über Professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien (§§ 58 und 59 Professionelle Kunden; § 61 Informationen über die Kundeneinstufung); – Bestimmungen über unerbetene Nachrichten und Haustürgeschäfte (§ 62 Unerbetene Nachrichten; § 63 Haustürgeschäfte); – Bestimmungen über Melde- und Veröffentlichungspflichten (§ 64 Meldepflichten; § 65 Veröffentlichungen nach dem Handel; § 66 Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten); – Bestimmungen über Systematische Internalisierer (§ 69 VorhandelsTransparenzvorschriften; § 70 Ausführung von Kundenaufträgen; § 71 Allgemeine Geschäftsbedingungen). Gemäß Erwägungsgrund 38 MiFID sind Haustürgeschäfte nicht 15 von der RL erfasst (vgl Erl RV zu § 12 Abs 4, wonach die Bestimmungen des WAG über Cold Calling und Haustürgeschäfte [§§ 62 und 63] iSd oben angeführten Erwägungsgrundes außerhalb des Anwendungsbereichs der MiFID liegen, sodass diesbezüglich Wettbewerbsgleichheit zwischen in- und ausländischen Anbietern hergestellt werden kann). BWG: – Verbraucherbestimmungen des VIII. Abschnitts; – Bankgeheimnis gemäß § 38;
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– besondere Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung gemäß §§ 40 und 41; – Informationspflicht über die Zugehörigkeit zu einem Anlegerentschädigungssystem gemäß § 93 Abs 8 a. 17 Im Gegensatz zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten im Wege einer Zweigstelle geht die MiFID bei Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit strikt vom Herkunftsmitgliedstaatsprinzip aus. Das bedeutet, dass bei Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit immer die nationalen gesetzlichen Regelungen des Herkunftsmitgliedstaates, welche die Bestimmungen der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen umsetzen, anzuwenden sind. Das heißt, dass von Wertpapierfirmen, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden, in Bezug auf die Art 19, 21, 22, 25, 27 und 28 MiFID samt Durchführungsmaßnahmen die diese Bestimmungen umsetzenden nationalen gesetzlichen Bestimmungen des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma zu beachten und einzuhalten sind (nicht wie bei Tätigwerden über eine Zweigstelle die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen des Aufnahmemitgliedstaates). Weiters ist auch die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma zuständig, die Einhaltung dieser Regelungen zu beaufsichtigen. Obwohl die MiFID eine maximal harmonisierte Umsetzung in den Mitgliedstaaten vorsieht, könnten daher dennoch unterschiedliche Regelungen – je nach nationaler Umsetzung der oben angeführten Bestimmungen der MiFID und Auslegung – anzuwenden sein. Insofern ist es möglich, dass der Anleger je nachdem, wie der grenzüberschreitende Rechtsträger organisiert ist – Wertpapierfirma im Wege der Dienstleistungsfreiheit oder im Wege über eine Zweigstelle –, mit einem anderen Wohlverhaltensregelregime konfrontiert ist. Dies kann in der Praxis insb dann problematisch sein, wenn im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung das österreichische Gericht ausländisches Recht anzuwenden hat und dadurch die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche für den Anleger uU erschwert wird.
B. Vermeidung der Doppelbeaufsichtigung 18 Um bei allfälligen Kompetenzkonflikten zwischen der zuständigen
Behörde des Herkunftsmitgliedstaates und der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates (zur zuständigen Behörde s § 1 Rz 24; § 97 Rz 1) eine „Doppelbeaufsichtigung“ von Zweigstellen zu vermeiden und auch um rechtliche Sicherheit für die beaufsichtigten Zweigstellen zu schaffen, hat CESR zur Interpretation des Art 32 Abs 7 MiFID im Hinblick auf die aufsichtsrechtlichen Zuständigkeiten die 176
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Europäische Kommission um eine Interpretation gebeten. Die Antwort der Europäischen Kommission (vgl Markt/G/3/MV D (2007)/ 2386, abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/securities/ docs/isd/mifid-branches_en.pdf) lässt jedoch leider – gerade im Bereich von Zweifelsfällen der Aufsichtzuständigkeiten – nach wie vor viele Fragen offen. Für jene Fälle („grey area“), in denen der Kunde, der die Dienstleis- 19 tung in Anspruch nimmt, weder im Mitgliedstaat des Mutterunternehmens der Zweigstelle noch am Sitz der Zweigstelle ansässig ist bzw unter Umständen nicht klar definiert werden kann, wo der Ort der Dienstleistungserbringung ist (zB weil Teile der Dienstleistungserbringung ausgelagert wurden oder im elektronischen Wege erbracht werden), sollen laut Vorschlag der Europäischen Kommission die beteiligten Aufsichtbehörden den CESR Mediation Mechanismus (vgl CESR/06–286 b, abrufbar unter www.cesr.eu) in Anspruch nehmen. In Fällen, in denen sich keine der Aufsichtsbehörden für zuständig befindet, erklärt die Europäische Kommission automatisch die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma für zuständig. Als praktische Lösungsmöglichkeit schlägt die Europäische Kommission letztlich eine geteilte und kooperative Beaufsichtigung der Zweigstellen auf Basis eines Multilateralen Memorandum of Understanding (MoU), welches auch durch bilaterale MoU ergänzt werden kann, vor. Zu einer verstärkten Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung von Zweigstellen bekennt sich auch CESR (siehe CESR/07–337, abrufbar unter www.cesr.eu, Recommendation n° 5). Für anders gelagerte Fallkonstellationen, in welchen der Kunde entwe- 20 der am Ort der Zweigstelle bzw im Herkunftsmitgliedstaat der Wertpapierfirma ansässig ist, trifft die Europäische Kommission folgende Aussagen: Befinden sich die Zweigstelle und der Kunde, der die Dienstleistung der Zweigstelle in Anspruch nimmt, im selben Mitgliedstaat, ist die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaates (= Aufnahmemitgliedstaat) für die Beaufsichtigung der Einhaltung der „Wohlverhaltensregeln“ zuständig. Ist der Kunde jedoch im Herkunftsmitgliedstaat der Wertpapierfirma ansässig, ist die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma für die Beaufsichtigung verantwortlich. Das Protocol on the supervision of branches under MiFID vom Ok- 21 tober 2007 bzw die adaptierte Version vom Oktober 2009 (siehe CESR/07–672 b, abrufbar unter www.cesr.eu.) bekräftigte das Bekenntnis des CESR zur verstärkten Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung von Zweigstellen (siehe oben Rz 19). Das Protocol stellt ein Rahmenregelwerk dar, welches den Aufsichtsbehörden zwei Modelle 177
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zum Zwecke der Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung von Zweigstellen zur Auswahl anbietet. Die Zusammenarbeit kann in Form des „Common Oversight Request“, in Rahmen dessen Aufsichtsbehörden eine gemeinsame und koordinierte Beaufsichtigung anhand eines vereinbarten Aufsichtsprogrammes betreffend eines oder mehrerer definierter Zweigstellen von Wertpapierfirmen vereinbaren, erfolgen. Diese Art der Zusammenarbeit sieht beispielsweise vor, dass spezifische Aufsichtsschwerpunkte gemeinsam von den involvierten Aufsichtsbehörden festgelegt bzw eine Risikoevaluierung bei Zweigstellen in regelmäßigen Treffen zwischen den Aufsichtsbehörden stattfindet. Die andere Möglichkeit der Zusammenarbeit kann in Form eines „Standing Request for Assistance“ erfolgen, in Rahmen dessen eine Aufsichtsbehörde der anderen Unterstützung bei der Beaufsichtigung einer oder mehrerer definierter Zweigstellen von Wertpapierfirmen zusagt. Das Protocol sieht standardisierte Formulare vor, die zum Abschluss der genannten Vereinbarungen von den Aufsichtsbehörden zu verwenden sind. 22 Art 32 Abs 7 der MiFID sieht eine klare Trennung der Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden (siehe Rz 12) bei Zweigstellen betreffend die zu beaufsichtigenden Themenstellungen vor. Es stellt sich daher die Frage, ob es in der Praxis durch den Abschluss von Agreements (vgl Rz 21) zur Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden zur Verschiebung von Verantwortlichkeiten oder Delegationen von behördlichen Tätigkeiten zwischen Aufsichtsbehörden kommen kann. Unter Beachtung jener Bestimmungen, die eine Zusammenarbeit der Behörden sowie einen gegenseitigen Informationsaustausch in der MiFID vorsehen (im Wesentlichen Art 56 bis 59 MiFID), sowie des in Art 32 Abs 7 der MiFID normierten Grundsatzes der „geteilten Aufsicht“ ist dies zu verneinen.
C. Vor-Ort-Ermittlungen durch die Behörde des Herkunftsmitgliedstaates 23 Gemäß Erl RV setzt § 12 Abs 5 den Art 32 Abs 8 MiFID um. Im
Wesentlichen entspricht die Bestimmung der bisher für Wertpapierfirmen anwendbaren Regelung des § 9 a Abs 2 BWG aF, welcher ua auf § 15 BWG verwies, womit die Möglichkeit der Vornahme von VorOrt-Prüfungen bei der Zweigstelle durch die Behörde des Herkunftsmitgliedstaates ermöglicht wurde. Die Unterrichtung einer Aufsichtsbehörde über die Vornahme einer Vor-Ort-Prüfung bei einer Zweigstelle wird allerdings im Kontext mit der oben angeführten Beantwortung der Kommission (siehe Rz 18 ff) und iZm den Bestimmungen über die behördliche Zusammenarbeit, ua § 98 (vgl § 98 178
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten
§ 13
Rz 1), zu lesen sein (zu beachten wird weiters ein zwischen Aufsichtsbehörden vereinbartes Agreement in Form eines „Common Oversight Request“ oder eines „Standing Request for Assistance“ sein, vgl Rz 21).
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten § 13. (1) Jede Wertpapierfirma gemäß § 3, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates eine Zweigstelle errichten möchte, hat dies zuvor der FMA schriftlich anzuzeigen und dabei die folgenden Angaben zu übermitteln: 1. den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Errichtung einer Zweigstelle geplant ist; 2. einen Geschäftsplan, in dem die Art der angebotenen Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sowie Nebendienstleistungen sowie die Organisationsstruktur der Zweigstelle anzugeben sind; beabsichtigt die betreffende Wertpapierfirma, vertraglich gebundene Vermittler heranzuziehen, ist auch diese Absicht anzugeben; 3. die Anschrift, unter der im Aufnahmemitgliedstaat Unterlagen der Wertpapierfirma angefordert werden können; 4. die Namen der Geschäftsleiter der Zweigstelle. Ziehen Wertpapierfirmen einen vertraglich gebundenen Vermittler heran, der in einem anderen Mitgliedstaat als Österreich ansässig ist, so wird dieser vertraglich gebundene Vermittler der Zweigstelle gleichgestellt und unterliegt den für Zweigstellen geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2004/39/EG. (2) Sofern die FMA in Anbetracht der geplanten Tätigkeiten der Wertpapierfirma keinen Grund hat, die Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen oder der Finanzlage der Wertpapierfirma anzuzweifeln, hat sie die Angaben gemäß Abs. 1 innerhalb von drei Monaten nach Einlangen aller Angaben der gemäß Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG als Kontaktstelle benannten zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates zu übermitteln; der Wertpapierfirma gegenüber hat die FMA darüber binnen der obigen Frist bescheidmäßig abzusprechen. (3) Zusätzlich zu den Angaben gemäß Abs. 1 hat die FMA der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates genaue Angaben zu dem anerkannten Anlegerentschädigungssystem, dem die Wertpapierfirma angeschlossen ist, zu übermitteln. 179
§ 13
Muther-Pradler/Ortner
(4) Nach Einlangen einer Mitteilung der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates oder bei deren Nichtäußerung spätestens nach zwei Monaten nach Weiterleitung der Mitteilung durch die FMA, kann die Zweigstelle errichtet werden und ihre Tätigkeit aufnehmen. (5) Wertpapierfirmen, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates im Wege der Dienstleistungsfreiheit erstmals Wertpapierdienstleistungen erbringen oder Anlagetätigkeiten ausüben oder die Arten ihrer dort angebotenen Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten ändern möchten, haben dies zuvor der FMA schriftlich anzuzeigen und dabei die folgenden Angaben zu übermitteln: 1. den Mitgliedstaat, in dem sie ihre Tätigkeit auszuüben beabsichtigen; 2. die in Abs. 1 Z 2 genannten Angaben. Auf Ersuchen der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates einer Wertpapierfirma, hat die FMA dieser Behörde innerhalb einer angemessenen Frist den oder die Namen der vertraglich gebundenen Vermittler zu übermitteln, die die Wertpapierfirma in jenem Mitgliedstaat heranzuziehen beabsichtigt. (6) Die FMA hat die Anzeige gemäß Abs. 5 innerhalb eines Monats nach Erhalt an die gemäß Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG als Kontaktstelle benannte zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates weiterzuleiten. Die Wertpapierfirma kann dann im Aufnahmemitgliedstaat die betreffenden Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten im Wege der Dienstleistungsfreiheit erbringen. (7) Die Wertpapierfirma hat der FMA jede Änderung der nach Abs. 1 oder 5 übermittelten Angaben und, sofern es sich um eine Wertpapierfirma handelt, die über eine Zweigstelle in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist, der Angaben nach Abs. 3 mindestens einen Monat vor deren Durchführung schriftlich mitzuteilen. Die FMA hat diese Angaben der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates unverzüglich zu übermitteln. (8) Die FMA kann die zuständige Behörde eines Herkunftsmitgliedstaates einer Wertpapierfirma ersuchen, ihr den oder die Namen der vertraglich gebundenen Vermittler zu übermitteln, die diese Wertpapierfirma im Inland heranzuziehen beabsichtigt. Die FMA kann die von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates erhaltenen Informationen veröffentlichen. (9) Eine Wertpapierfirma gemäß § 3, die ein MTF betreibt, hat der FMA anzuzeigen, in welchem anderen Mitgliedstaat sie ein MTF bereitzustellen beabsichtigt. Die FMA hat diese Angaben innerhalb 180
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten
§ 13
eines Monats an den Mitgliedstaat, in dem die Wertpapierfirma ein MTF bereitstellen möchte, zu übermitteln. Weiters hat die FMA der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates des MTF auf deren Ersuchen innerhalb einer angemessenen Frist die Namen der Mitglieder oder Teilnehmer des in jenem Mitgliedstaat niedergelassenen MTF zu übermitteln. Schrifttum: CESR, The Passport under MiFID, Recommendations for the implementation of the Directive 2004/39/EG, 29. 5. 2007, Ref: CESR/07–337; CESR, Protocol on MiFID Passport Notifications May 2007, Ref: CESR/ 07–317; CESR, Protocol on MiFID Passport Notifications May 2007 (updated October 2009), Ref: CESR/07–317 b; CESR, The Passport under MiFID, Recommendations for the implementation of the Directive 2004/39/EG, and Statement on practical arrangements regarding the late transposition on MiFID, 22. 10. 2007, Ref: CESR/07–337 b; CESR, Protocol on the supervision of branches under MiFID, October 2007 (updated Octotber 2009), Ref: CESR/ 07–672 b; alle abrufbar unter www.cesr.eu. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 13): „Zu § 13: Die folgenden Bestimmungen regeln die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit der österreichischen Wertpapierfirmen, die grenzüberschreitend in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden. Zu Abs. 1 und 2: Diese Bestimmungen setzen Art. 32 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt mitunter auch Art. 32 Abs. 5 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 3: Hiermit wird Art. 32 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu Abs. 4: Diese Bestimmung setzt Art. 32 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 5: Diese Bestimmung setzt Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 6: Hiermit wird Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu Abs. 7: Diese Bestimmung setzt die Art. 31 Abs. 4, 32 Abs. 9 und 31 Abs. 4 letzter Satz der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 9: Diese Bestimmung setzt Art. 31 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG hinsichtlich der Wertpapierfirmen um.“
Übersicht I. II.
Auflösung der Verweiskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergangsbestimmung in Bezug auf bestehende Notifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–3 4
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IV. Notifizierungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. An die FMA zu übermittelnde Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden über vertraglich gebundene Vermittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Prüfung durch die FMA bei Zweigstellenerrichtung . . . . . . . . . . . D. Betreiben eines MTF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Tätigwerden im Aufnahmemitgliedstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Auflösung der Verweiskette 1 Den Erl RV folgend setzen § 13 Abs 1 und 2 den Art 32 Abs 2 und 3
MiFID um. § 13 Abs 2 setzt mitunter auch Art 32 Abs 5 MiFID um. Im Bereich der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit wurde die Verweiskette des § 21 WAG aF aufgelöst und die entsprechenden Bestimmungen direkt in das WAG übernommen. Mit einem Europäischen Pass kann jede österreichische Wertpapierfirma über eine Zweigstelle (zur Abgrenzung zwischen den Tätigkeiten einer Zweigstelle und einer Repräsentanz vgl CESR/07–337, Recommendation n° 13, abrufbar unter www.cesr.eu) oder im Wege der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden (zu den diesbezüglichen Regeln des § 21 WAG aF vgl Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 21 Rz 3 ff).
II. Übergangsbestimmung in Bezug auf bestehende Notifikationen 2 Nach Maßgabe der Übergangsbestimmung in § 103 Z 1 WAG bedarf
es nach Inkrafttreten des WAG grundsätzlich keiner neuerlichen Notifikation an die FMA, sofern das Tätigwerden in einem anderen Mitgliedstaat von der Wertpapierfirma bereits nach § 21 WAG aF iVm § 10 BWG der FMA angezeigt wurde. Diese Regelung entspricht auch der Intention von CESR, das für eine pragmatische Überleitung der Europäischen Pässe unter der RL 93/22/EWG auf Europäische Pässe unter der MiFID eintritt. Eine neuerliche Notifikation gemäß WAG 2007 ist allerdings dann erforderlich, wenn abweichend zur bisherigen Tätigkeit zusätzliche, neu unter die MiFID fallende Haupt- oder Nebendienstleistungen bzw Dienstleistungen, die sich auf nunmehr neu unter den Finanzinstrumentebegriff gemäß Anhang I, Abschnitt C MiFID fallende Finanzinstrumente beziehen, beantragt werden (vgl CESR/07–337, Annex 1 – Mapping of ISD Service and Investment 182
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten
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Activities to MiFID Investment Services and Activities, abrufbar unter www.cesr.eu). Jene Mitgliedstaaten, welche die MiFID nicht per 1. 11. 2007 umgesetzt 3 haben, gelangten in den Anwendungsbereich des „Statement on practical arrangements between CESR members regarding the late transposition of MiFID“ sowie des „Working document ESC/28/2007 der Europäischen Kommission, Markt/G/3/MV d (2007), beides enthalten in CESR, Ref: CESR/07–337 b. Darin wurde ua klargestellt, dass unter der ISD bestehende europäische Pässe trotz Inkrafttreten der MiFID aufrecht bleiben, eine Fortführung von Wertpapierdienstleistungen allerdings nur bei Einhaltung der MiFID Regelungen unter Heranziehung von CESR Standards möglich ist.
III. Anwendungsbereich Erfasst sind Wertpapierfirmen gemäß § 3 WAG (s § 3 Rz 1 f). Das 4 sind juristische Personen, die ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in Österreich haben und auf Grund des WAG berechtigt sind, Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu erbringen. Diese Definition entspricht jener des Wertpapierdienstleistungsunternehmens (zu den Konzessionsvoraussetzungen nach WAG aF ausführlich Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 4 Rz 17 ff), welches keinen Gebrauch von der Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 4 WAG aF gemacht hat.
IV. Notifizierungsverfahren A. An die FMA zu übermittelnde Informationen Die Anforderungen betreffend die Informationsübermittlung entspre- 5 chen im Wesentlichen jenen des § 21 WAG aF, der ua wiederum auf § 10 BWG verwies. Bei Errichtung einer Zweigstelle in einem anderen Mitgliedstaat ist der FMA ua ein Geschäftsplan gemäß § 13 Abs 1 Z 2 zu übermitteln. Diesbezüglich empfiehlt CESR (vgl CESR/07–317, Pkt 2.2.2, abrufbar unter www.cesr.eu), dass der Geschäftsplan auch in der Sprache des Aufnahmemitgliedstaates oder in einer anderen, von den beteiligten Behörden akzeptierten Sprache zu erstellen ist, um das Notifizierungsprozedere zu vereinfachen (zum vereinheitlichten und effizienten Notifizierungsverfahren vgl § 12 Rz 7). Bezüglich der Vorlagepflicht an die FMA sind die Informationen über die Heranziehung 183
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Muther-Pradler/Ortner
vertraglich gebundener Vermittler neu hinzugekommen. Sind diese nicht in Österreich, sondern in einem anderen Mitgliedstaat, in dem die Wertpapierfirma noch keine Zweigstelle errichtet hat, ansässig, so werden sie wie eine Zweigstelle behandelt und der FMA sind sie demzufolge wie eine Zweigstelle anzuzeigen. Existiert bereits eine Zweigstelle der Wertpapierfirma in diesem Mitgliedstaat, ist der vertraglich gebundene Vermittler der Zweigstelle gleichgestellt und unterliegt den für Zweigniederlassungen geltenden Regelungen (vgl auch CESR/07–337, Rz 31, abrufbar unter www.cesr.eu). 6 Gemäß § 13 Abs 5 Z 2 iVm Abs 1 Z 2 hat eine Wertpapierfirma, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat tätig wird, der FMA einen Geschäftsplan vorzulegen, der ua auch Angaben zur Organisationsstruktur zu enthalten hat. Die Verpflichtung zur Vorlage von Angaben zur Organisationsstruktur ist bei Errichtung einer Zweigstelle in einem anderen Mitgliedstaat gerechtfertigt, jedoch nicht bei Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit, da hier im Vergleich zur Zweigstellenerrichtung keine fixe Organisationsstruktur vorzuhalten ist. In der Praxis könnte sich daher der Geschäftsplan im Rahmen des Tätigwerdens im Wege der Dienstleistungsfreiheit neben den sonst geforderten Angaben zur beabsichtigten Wertpapierdienstleistung und/oder Anlagetätigkeit bzw Nebendienstleistung sowie allfälligen Heranziehung vertraglich gebundener Vermittler weiters beispielsweise auf die Art und Weise der geplanten Dienstleistungserbringung in einem anderen Mitgliedstaat beziehen. Diese Interpretation ist auch mit Art 31 Abs 2 lit b MiFID bzw mit dem Verständnis von CESR konform, wonach Angaben zur Organisationsstruktur nur im Rahmen des Notifizierungsverfahrens bei Zweigstellenerrichtung empfohlen werden (vgl CESR/07–317 b, Annex 2, abrufbar unter www.cesr.eu). 7 Die FMA informiert über die an die FMA zu übermittelnden Informationen auf ihrer Homepage (www.fma.gv.at), bzw ergeben sich die an die FMA zu übermittelnden Informationen aus dem „Fragebogen Notifikation für Wertpapierfirmen, die über eine Zweigstelle oder im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs im EWR tätig werden möchten“ (abrufbar unter http://www.fma.gv.at/cms/site/DE/detail. html?doc=CMS1200501623728&channel=CH0163).
B. Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden über vertraglich gebundene Vermittler 8 § 13 Abs 5 beinhaltet die Verpflichtung der FMA, auf Ersuchen der
ausländischen Aufsichtsbehörde die Namen der vertraglich gebunde184
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten
§ 13
nen Vermittler, welche die Wertpapierfirma in einem anderen Mitgliedstaat heranzieht, mitzuteilen. § 13 Abs 8 regelt hingegen den umgekehrten Fall, nämlich dass die FMA die ausländische Aufsichtsbehörde um die Mitteilung der Namen jener vertraglich gebundenen Vermittler ersucht, die ein ausländisches Unternehmen in Österreich heranzieht. Entsprechend der Systematik des WAG, nach der die Bestimmungen für ausländische Wertpapierfirmen, die in Österreich tätig werden, in § 12 geregelt sind, müsste demzufolge auch die Bestimmung des § 13 Abs 8 in § 12 geregelt sein.
C. Prüfung durch die FMA bei Zweigstellenerrichtung § 13 Abs 2 entspricht im Wesentlichen § 21 WAG aF, der ua auf § 10 9 Abs 3 BWG verwies. Die FMA überprüft bei Wertpapierfirmen, die planen, eine Zweigstelle in einem anderen Mitgliedstaat zu errichten, die Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen anhand der ihr vorgelegten Informationen zur Geschäftspolitik des Unternehmens (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 10 Rz 8). Vorstellbar ist hier zB die Prüfung der internen Kontrollverfahren in Bezug auf die Orderabwicklung oder das Vorhandensein sowie die Angemessenheit von Schulungsmaßnahmen für den Vertriebsapparat. Die Angemessenheit der Finanzlage kann sich ua aus dem Finanzplan sowie dem Jahresabschluss ergeben. Die FMA hat binnen drei Monaten bescheidmäßig darüber abzusprechen, ob sie bereit ist, auf Grund des Vorliegens oder des Fehlens der Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen und der Finanzlage die Angaben der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates zu übermitteln (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 10 Rz 10).
D. Betreiben eines MTF Das Bereitstellen einer Handelsplattform mit direktem Zugang 10 durch Benutzer bzw Mitglieder oder Teilnehmer des MTF unterliegt der Anzeigepflicht an die FMA. Dies umfasst beispielsweise das Aufstellen von Handelsbildschirmen durch das MTF in einem anderen Mitgliedstaat, die Bereitstellung oder Lieferung von Software zur Nutzung der Handelsplattform, die physische Präsenz von IT-Infrastruktur, aber je nach den Umständen im Einzelfall auch die bloße Erleichterung des direkten Zugangs zum MTF via Internet (vgl CESR/07–337, Recommendation n° 10 und Rz 52). Abgesehen von den oben angeführten Fällen ist auch das Zurverfügungstellen eines Regelwerkes, auf dessen Basis eine Mitgliedschaft bei dem MTF erworben werden kann bzw im Rahmen des MTF mit anderen Nutzern gehandelt werden 185
§ 14
Saria
kann, der FMA anzuzeigen (vgl CESR/07–337, Recommendation n ° 11 und Rz 54, abrufbar unter www.cesr.eu; vgl § 12 Rz 11).
V. Tätigwerden im Aufnahmemitgliedstaat 11 Der Aufnahmemitgliedstaat ist jener Mitgliedstaat, der nicht Her-
kunftsmitgliedstaat ist (zum Herkunftsmitgliedstaat vgl § 1 Rz 23), und in dem die Wertpapierfirma eine Zweigstelle errichten oder im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs tätig werden möchte bzw ein geregelter Markt Vorkehrungen anbietet, die den Fernmitgliedern oder -teilnehmern den Zugang zum Handel über sein System ermöglichen (vgl § 1 Rz 24). 12 CESR erachtet einen Zeitraum von zwei Monaten für die Eintragung der Wertpapierfirma in das öffentliche Register (siehe dazu § 12 Rz 8) durch die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates als ausreichend (vgl CESR/07–337, Recommendation n° 3, abrufbar unter www. cesr.eu). Nach Weiterleitung der Informationen durch die FMA an die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates kann die Wertpapierfirma operativ tätig werden. Ein Abwarten der Eintragung der übermittelten Informationen in das bei der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates geführte öffentliche Register ist nicht erforderlich. Es liegt jedoch uU aus Reputationsgründen im Hinblick auf Geschäftsabschlüsse mit potentiellen im Aufnahmemitgliedstaat ansässigen Kunden im Interesse der Wertpapierfirma selbst, die Eintragung im Register zu kontrollieren, bevor die Tätigkeit aufgenommen wird (vgl CESR/ 07–337, Rz 18, abrufbar unter www.cesr.eu). Weiters ist es uU empfehlenswert, sich parallel zur Anzeige an die FMA auf der Website der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates nach allfälligen nach Unternehmensrecht einzuhaltenden Vorschriften iZm der Errichtung einer Zweigstelle zu erkundigen (zB Registrierung im Firmenbuch).
Aufsicht im Rahmen der Niederlassungsfreiheit § 14. (1) Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 12 haben die Beachtung der §§ 36, 38 bis 59, 61 bis 66 und 69 bis 71 durch Abschlussprüfer prüfen zu lassen. Über das Ergebnis der Prüfung ist ein Prüfungsbericht zu erstellen und erforderlichenfalls zu erläutern. Dieser Bericht ist von den Zweigstellen von Wertpapierfirmen innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres der FMA zu übermitteln. 186
Aufsicht im Rahmen der Niederlassungsfreiheit
§ 14
(2) Der Prüfungsbericht ist so zeitgerecht zu erstellen und den Geschäftsleitern der Zweigstellen von Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich zu übermitteln, dass die in Abs. 1 genannte Vorlagefrist eingehalten werden kann. (3) Die Angaben gemäß Abs. 1 sind in deutscher Sprache zu erstellen. Schrifttum: Brandl/Saria, Zur Reichweite der Begrenzung der Haftung des Abschlussprüfers nach dem WAG 2007, ZFR 2008, 51; Erb, EHUG – Die neuen HGB-Offenlegungspflichten für Zweigniederlassungen ausländischer Banken in Deutschland ab 2007, WM 2007, 1012; Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute Band I: Allgemeiner Teil, Einzelabschluß (1995); IWP, Richtlinie des Instituts Österreichischer Wirtschaftsprüfer zur Berichterstattung über die Beachtung von Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) gemäß § 73 Abs 4 WAG 2007 bzw. gemäß § 74 Abs 4 WAG 2007 (IWP BA 6) (Fassung November 2008); N. Raschauer, Überlegungen zur grenzüberschreitenden Rechtsaufsicht über EWR-Finanzdienstleistungsunternehmen nach MiFID und WAG 2007, ZFR 2009, 183. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 14): „Diese Bestimmungen entsprechen den §§ 44 Abs. 5 a und 6 sowie 63 Abs. 6 a und 7 BWG, die auf Grund der Regelung sämtlicher Bestimmungen über die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit von österreichischen Wertpapierfirmen bzw. Wertpapierfirmen gemäß der Richtlinie 2004/39/EG nunmehr auch in diesem Bundesgesetz geregelt werden.“ Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 44 Abs 5 a BWG): „Diese Bestimmung wird nunmehr im WAG 2007 geregelt.“ Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 63 BWG): „§ 63 Abs. 6 a entfällt im BWG, da die Zweigstellen von Wertpapierfirmen nunmehr im WAG 2007 geregelt werden. Daher war auch der Abs. 7 anzupassen.“
Übersicht I. A. B. II. A. B. C. III. A.
Grundsätzliches zum Regelungsgehalt des § 14 WAG . . . . . . . . . Dogmatische Grundlagen des § 14 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestandselemente des § 14 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweigstelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Begriff des Abschlussprüfers gemäß § 14 WAG . . . . . . . . . . . Die Prüfung und der Prüfungsbericht gemäß § 14 WAG . . . . . . Die Bestellung des Prüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–6 1–4 5–6 7–11 7 8–9 10–11 12–20 12–13
187
§ 14 B. C. D. E. IV. A. B. C. V.
Saria Inhalt und Umfang der Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Prüfungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Übermittlungspflichten gemäß § 14 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . Fristgerechte Erstellung und Übermittlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verantwortlichkeit für die Einhaltung des § 14 WAG . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amtshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14–15 16–18 19 20 21-23 21 22 23 24
I. Grundsätzliches zum Regelungsgehalt des § 14 WAG A. Dogmatische Grundlagen des § 14 WAG 1 Schon die Überschrift zu § 14 zeigt, dass es sich bei § 14 um eine zentrale
Vorschrift betreffend die Beaufsichtigung der Aktivitäten von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 12 in Österreich handelt. Die von Österreich als Tätigkeitsland auf Basis des § 14 ausgeübte Aufsicht beruht nach dem gesetzlichen Konzept auf einem Zusammenspiel von Zweigstelle, Prüfer und FMA. Dementsprechend statuiert § 14 Abs 1 vorrangig Pflichten der Zweigstelle zur Durchführung von Prüfungen unter Einsatz externer Prüfer betreffend die Einhaltung bestimmter Vorschriften des WAG durch die Zweigstelle und zur Übermittlung der auf Grundlage solcher Prüfungen erstellten Prüfungsberichte. § 14 Abs 2 wiederum richtet sich in einer nur schwer erkennbaren Weise primär an den Prüfer, normiert für dessen Prüfungstätigkeit eine Zeitvorgabe und ordnet eine Übermittlung des Prüfungsberichts durch diesen an die Zweigstelle an. Schließlich wird in § 14 Abs 3 ein hauptsächlich für den Prüfer bedeutsamer Aspekt der Gestaltung des Prüfungsberichts, nämlich die Sprachenfrage, gesetzlich explizit geregelt. 2 Der seit dem Erlass des WAG 2007 im Gegensatz zum funktional vergleichbaren § 73 (vgl dazu gleich im Anschluss Rz 3) bisher unverändert gebliebene § 14 entspricht ausweislich der Mat den §§ 44 Abs 5 a und Abs 6 sowie 63 Abs 6 a und Abs 7 BWG aF. Als Motiv für die Verlagerung der ursprünglich im BWG angesiedelten Bestimmungen in das WAG ist den Mat zu § 14 sowie jenen zu den maßgeblichen Vorschriften des BWG zu entnehmen, dass die Regelung sämtlicher Aspekte der dem Tätigkeitsland zukommenden Aufsicht über in Österreich im Wege der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit tätige mitgliedstaatliche Wertpapierfirmen im WAG konzentriert werden soll. Die Übernahme des Regelungsgehalts von zwei aufsichtsrechtlichen Vorschriften – § 44 Abs 5 a und Abs 6 BWG 188
Aufsicht im Rahmen der Niederlassungsfreiheit
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einerseits sowie § 63 Abs 6 a und Abs 7 BWG andererseits – in einer Vorschrift erklärt sich nun daraus, dass sich die in § 63 Abs 6 a BWG normierten Verpflichtungen an den Prüfer der Zweigstelle richteten und erst durch den nachträglich zur Schließung einer diesbezüglich möglicherweise bestehenden Gesetzeslücke eingeführten § 44 Abs 5 a BWG ausdrücklich korrespondierende Pflichten der Zweigstelle begründet wurden (vgl zu den Motiven für die Einführung des § 44 Abs 5 a BWG Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 69 sowie die ua bei Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 159 abgedruckten Mat zu § 44 Abs 5 a und 6 BWG idF des FMAG). Legistisch war es angesichts der vom Gesetzgeber beabsichtigten Konzentration aller einschlägigen Vorschriften im WAG mehr als nahe liegend, den Regelungsgehalt beider Bestimmungen im nunmehrigen § 14 zusammenzufassen. Dabei findet sich bei inhaltlichen Modifikationen im Detail der Regelungsgehalt des § 44 Abs 5 a BWG aF in § 14 Abs 1 (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 32), jener des § 63 Abs 6 a und Abs 7 BWG aF dagegen in § 14 Abs 2 wieder. § 14 Abs 3 beruht demgegenüber auf der ursprünglich in § 44 Abs 6 BWG aF für den Prüfungsbericht normierten Sprachregelung. Mit § 14 vergleichbare Vorschriften finden sich etwa mit § 44 insb Abs 4 und 6 sowie mit § 63 Abs 6 BWG im bankaufsichtsrechtlichen Bereich. § 14 ist unzweifelhaft Teil des im Übrigen durch § 33, § 73 Abs 4, § 74 3 Abs 4 sowie § 93 gebildeten Systems aufsichtsrechtlicher Informationspflichten (vgl auch § 73 Rz 2, § 93 Rz 1, 40), wobei § 14 als regelmäßige und insoweit „reguläre“ Prüf- und Berichtspflicht insb mit den §§ 33, 73 und 74 vergleichbar ist (vgl implizit idS schon Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 69 ff, insb 69 f). Demgegenüber bestehen keine unmittelbaren dogmatischen Verbindungen zu § 93, der nur in bestimmten Fällen eintretende besondere Berichts- und Übermittlungspflichten normiert. Bestätigt wird dieses Verständnis dadurch, dass § 93 Abs 4 ausdrücklich den Anwendungsbereich von § 93 Abs 2 und 3 auf die Prüfer von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 14 hinsichtlich der in dieser Vorschrift angeführten Bestimmungen erstreckt. Die damit im Ergebnis durch § 93 Abs 4 bewirkte Anordnung einer Sonderberichtspflicht der Prüfer einer Zweigstelle wäre entbehrlich, falls bereits der Regelungsgehalt des § 14 derartige Konstellationen erfassen würde. Die Ermittlung des Normzwecks des § 14 hat von dem Umstand 4 auszugehen, dass durch diese Vorschrift der Prüfer der Zweigstelle als Instrument der Aufsichtsbehörde durch die von ihm vorgenommene 189
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Prüfung und die darüber unter Einschaltung der Zweigstelle erfolgende Berichterstattung an die Aufsichtsbehörde erst die Voraussetzungen für eine wirksame Beaufsichtigung von Zweigstellen schafft. Offenkundiger Normzweck des § 14 ist dementsprechend die Ermöglichung einer wirksamen Tätigkeitslandaufsicht über Zweigstellen. Durch § 14 wird somit der Aufsichtsbehörde ein vertiefter Einblick in die Beachtung der relevanten aufsichtsrechtlichen Vorschriften durch die Zweigstelle eröffnet (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 33). Die Einschaltung eines an sich aufsichtsfremden Prüfers erklärt sich dabei aus der mit dieser Vorgangsweise verbundenen kostengünstigeren Beaufsichtigung. Ferner gewährleistet die Einbindung eines solchen Prüfers eine Selbstkontrolle der Zweigstelle im Hinblick auf die Einhaltung der relevanten aufsichtsrechtlichen Bestimmungen. Ohne Bedeutung für den vom Gesetzgeber vorgenommenen Rückgriff auf einen aufsichtsfremden Prüfer ist demgegenüber wohl der Umstand, dass angesichts des Prinzips der Heimatlandkontrolle die Intensität der Tätigkeitslandaufsicht herabgesetzt ist. Auch im Rahmen der §§ 73 f wird nämlich auf externe Prüfer zurückgegriffen, sodass es sich dabei um keine mit dem Wesen der Tätigkeitslandaufsicht verbundene Besonderheit handeln kann. Die Funktion des § 14 als zentrales Mittel der Tätigkeitslandaufsicht hat zur Folge, dass alle mit der Tätigkeitslandaufsicht allgemein verfolgten Zwecke im Rahmen des § 14 ebenfalls ihren Niederschlag finden. Allerdings hat der Gesetzgeber die durch § 14 vermittelten Aufsichtsinstrumente offenkundig auch deshalb unter Abstützung auf einen regelmäßigen, von einem aufsichtsfremden Prüfer erstellten Prüfungsbericht ausgestaltet, um dadurch eine Erleichterung der Tätigkeit der Aufsichtsbehörde sowie einen verbesserten Anlegerschutz zu bewirken (vgl idS die Mat zu § 63 Abs 6 BWG; abgedruckt bei Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 S 10).
B. Europarechtliche Fragestellungen 5 Die Mat führen keine konkrete Bestimmung des Unionsrechts als
Grundlage für den Erlass des § 14 ausdrücklich an. Dessen ungeachtet dürfte die Lehre, wenn auch ohne nähere Auseinandersetzung mit dieser Problematik, von der Vereinbarkeit des § 14 mit dem Unionsrecht ausgehen (vgl implizit idS N. Raschauer, ZFR 2009, 188). Für diese Ansicht spricht immerhin, dass schon Erwägungsgrund 32 MiFID der Tätigkeitslandbehörde eine – sachlich eingeschränkte und mit der größeren Nähe dieser Aufsichtsbehörde zur Zweigniederlassung gerechtfertigte – Verantwortung für das Aufdecken und Ahnden von Verstößen gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben zuweist. Ferner wird 190
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durch Art 32 Abs 7 MiFID, der nach Art 32 Abs 1 Unterabsatz 2 MiFID die einzige Rechtsgrundlage für Aufsichtsmaßnahmen des Tätigkeitsstaates bildet, diesem in Unterabsatz 1 eine Pflicht zur Gewährleistung der Einhaltung bestimmter aufsichtsrechtlicher Vorschriften auferlegt. Art 32 Abs 7 Unterabsatz 2 MiFID begründet die Befugnis der Aufsichtsbehörde des Tätigkeitsstaates zur Überprüfung der von der Zweigstelle getroffenen diesbezüglichen Vorkehrungen. Abgesehen vom inhaltlich auf Grund seiner Beschränkung auf statistische Zwecke als Kompetenzgrundlage nicht in Frage kommenden Art 61 Abs 1 MiFID wird dem Tätigkeitsstaat durch Art 61 Abs 2 MiFID schließlich die Möglichkeit zugestanden, „in Ausübung der ihnen mit dieser Richtlinie übertragenen Befugnisse von den Zweigniederlassungen der Wertpapierfirmen die Angaben [zu] verlangen, die erforderlich sind, um in den Fällen des Artikels 32 Absatz 7 die Einhaltung der auf diese Firmen anwendbaren Normen der Aufnahmemitgliedstaaten durch diese Firmen zu kontrollieren.“ Da der österreichische Gesetzgeber einerseits hinter dieser Ermächtigung insoweit zurückbleibt, als er keine unmittelbare Übermittlung der notwendigen Angaben an die Aufsichtsbehörde, sondern nur eine Offenlegung gegenüber einem aufsichtsfremden Prüfer unter anschließender Übermittlung eines darüber erstellten Prüfungsberichts verlangt, und andererseits nicht über die Ermächtigung des Art 61 Abs 2 MiFID hinausgeht, weil er nicht mehr als die notwendigen Angaben prüfen lässt, ist die vom Gesetzgeber in § 14 gewählte Vorgangsweise tatsächlich als europarechtskonform anzusehen. Diese Schlussfolgerung wird dadurch bestätigt, dass schon Art 14 6 Abs 2 ISD den Mitgliedstaaten ua verboten hat, die Errichtung einer Zweigniederlassung von einer Zulassung oder einem Dotationskapital oder einer sonstigen Voraussetzung gleicher Wirkung abhängig zu machen und Art 19 Abs 2 ISD eine mit Art 61 Abs 2 MiFID vergleichbare Rechtsgrundlage für die Setzung von Aufsichtsmaßnahmen vorgesehen hat. Obwohl in Österreich die Prüfungspflicht als aufsichtsrechtlicher Ersatz für die europarechtlich nach Art 14 Abs 2 ISD verbotene Pflicht zur Dotierung der Zweigstelle angesehen wurde, sind selbst unter dem Gesichtspunkt des in Art 14 Abs 2 ISD ausgesprochenen Verbots sonstiger Voraussetzungen gleicher Wirkung keine europarechtlichen Zweifel an dieser Vorgangsweise des Gesetzgebers geäußert worden (vgl idS zu § 44 Abs 5 a BWG Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 a Rz 21). Bei einer im Wesentlichen durch die MiFID insoweit nicht veränderten Rechtslage auf Unionsebene muss diese Beurteilung auch im Anwendungsbereich der MiFID Bestand haben. 191
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II. Tatbestandselemente des § 14 WAG A. Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit 7 Obwohl die Mat zu § 14 als für diese Vorschrift maßgebliche Grund-
freiheiten nicht nur die Niederlassungs-, sondern auch die Dienstleistungsfreiheit erwähnen, zeigen sowohl die Überschrift des § 14 als auch das in dieser Norm erfolgende Abstellen auf die Existenz einer Zweigstelle, dass § 14 allein die Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit, nicht aber jene der Dienstleistungsfreiheit zum Gegenstand hat. Durch § 14 werden ferner nicht sämtliche mögliche Formen der Ausübung der Niederlassungsfreiheit, sondern allein solche Fälle erfasst, in denen die Niederlassungsfreiheit im Wege der Errichtung von Zweigstellen durch mitgliedstaatliche Wertpapierfirmen gemäß § 12 in Österreich in Anspruch genommen wird.
B. Zweigstelle 8 Zentrale Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 14 ist somit die
Existenz einer vom österreichischen Gesetzgeber als Zweigstelle bezeichneten sekundären Niederlassung. Dabei wird in § 14 Abs 1 sowohl von „Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 12“ als auch nur von „Zweigstellen von Wertpapierfirmen“ sowie – in § 14 Abs 2 – von „Zweigstellen von Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich“ gesprochen. Diese unterschiedlichen Präzisierungen indizieren jedoch keine inhaltlichen Unterschiede. § 14 knüpft nämlich am Zweigstellenbegriff des § 12 an. Dieser wiederum beruht auf der Legaldefinition des § 1 Z 21 (vgl dazu auch § 1 Rz 25; idS auch § 12 Rz 9). Der Begriff der Zweigstelle wurde in Abweichung von dem in der MiFID dafür verwendeten Begriff der Zweigniederlassung gewählt, ohne dass dadurch inhaltliche Abweichungen zwischen den europarechtlichen Vorgaben und der österreichischen Umsetzung beabsichtigt gewesen wären (idS wohl auch implizit N. Raschauer, ZFR 2009, 184 FN 23). Dieser terminologische Sonderweg des österreichischen Gesetzgebers dient offenbar der deutlichen Abgrenzung des aufsichtsrechtlichen vom unternehmensrechtlichen Begriff der Zweigniederlassung durch Verwendung eines eigenständigen Begriffs. Schließlich bestimmt sich der Zweigniederlassungsbegriff der MiFID autonom und insoweit entsprechend dem aufsichtsrechtlichen Zweck dieses Rechtsakts (vgl auch Schuster, § 15 Aufsichtsrechtliche Grenzen und kapitalmarktrechtliche Folgen grenzüberschreitender Sitzverlegungen Rz 18, in Hirte/Bücker [Hrsg], Grenzüberschreitende Gesellschaften2 [2006] 498 ff), sodass insoweit keine inhaltliche Deckung zwischen Aufsichts192
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und Unternehmensrecht besteht (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 2). Auf Grund des nicht zuletzt in der europarechtlichen Definition der 9 Zweigniederlassung – arg „eine Betriebsstelle, die nicht die Hauptverwaltung ist“, in Art 4 Abs 1 Z 26 MiFID – zum Ausdruck kommenden Prinzips der Sitzlandbindung der Hauptniederlassung ist es aufsichtsrechtlich ausgeschlossen, dass eine österreichische Zweigstelle faktisch die Hauptniederlassung einer mitgliedstaatlichen Wertpapierfirma bildet. Das aus dem Gesellschaftsrecht bekannte Phänomen der Scheinauslandsgesellschaften, also von Auslandsgesellschaften mit Hauptverwaltungssitz am Ort der inländischen Zweigniederlassung, kann daher im Aufsichtsrecht nicht auftreten. Eine Zweigstelle iSd § 14 liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Wertpapierfirma neben der Zweigstelle in Österreich tatsächlich eine Hauptniederlassung im Herkunftsmitgliedstaat aufweist. Für die Anwendbarkeit des § 14 muss daher im Herkunftsmitgliedstaat der satzungsmäßige Sitz und die Hauptverwaltung der Wertpapierfirma bestehen sowie eine effektive Tätigkeit ausgeübt werden (vgl idS für den bankaufsichtsrechtlichen Bereich Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 9 Rz 3).
C. Zum Begriff des Abschlussprüfers gemäß § 14 WAG § 14 Abs 1 ordnet eine Prüfung „durch Abschlussprüfer“ an. Unklar 10 ist jedoch der Inhalt dieses Begriffs. Schließlich existiert nach nicht unbestrittener, aber zutreffender Auffassung an sich keine unternehmensrechtliche Pflicht von Zweigniederlassungen zur Rechnungslegung (vgl idS ua Kalss/Adensamer, § 20 Ausländische Gesellschaften in Österreich Rz 52 ff, insb 53, in Hirte/Bücker [Hrsg], Grenzüberschreitende Gesellschaften2 [2006] 660 ff; Ratka/Rauter, Ausgewählte Probleme der ausländischen Kapitalgesellschaft mit Inlandssitz, in Aicher/Fina [Hrsg], FS Straube [2009] 97 ff [107]; Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 80; implizit idS auch Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 9; Erb, WM 2007, 1014 f; dagegen wohl eine offenbar unternehmensrechtliche Zweigstellenrechnung für den Bereich der Bankaufsicht auf Grund der rechtlichen Besonderheiten dieses Gebiets verlangend Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 23, 25, 28 f; aA noch Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute I 51 f). Ohne eine unternehmensrechtliche Rechnungslegungspflicht kann eine Pflicht zur Prüfung des Abschlusses der Zweigstelle durch einen Abschlussprüfer aber erst gar nicht entstehen. Ebenso wenig besteht jedenfalls im Anwendungsbereich des WAG angesichts des auf die Einhaltung bestimmter aufsichtsrechtlicher Vorschriften beschränkten Prüfungsumfangs nach § 14 eine aufsichtsrecht193
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liche Rechnungslegungspflicht. Auch insoweit ist somit der in § 14 verwendete Begriff des Abschlussprüfers als verfehlt anzusehen. Selbst der Gesetzgeber des WAG dürfte letzten Endes den Prüfer gemäß § 14 nicht als Abschlussprüfer im Rechtssinn verstanden haben, spricht er doch in § 93 Abs 4 nicht vom Abschlussprüfer, sondern bloß vom „Prüfer von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 14“. 11 Soll der vom Gesetzgeber in § 14 gebrauchte Begriff des Abschluss-
prüfers nicht ohne jegliche Bedeutung sein, so wird er als – nicht besonders geglückter – Hinweis auf die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Qualifikation des Prüfers der Zweigstelle iSd § 14 zu verstehen sein (zu den diesbezüglichen Auswirkungen auf den ihn treffenden Sorgfaltsmaßstab vgl noch Rz 15; zu jenen auf die Haftung des Prüfers vgl Rz 22; vgl ferner Rz 23 betreffend amtshaftungsrechtliche Fragen). Der Prüfer gemäß § 14 muss dementsprechend nach den einschlägigen unternehmens- sowie berufsrechtlichen Vorschriften zur Durchführung einer Abschlussprüfung befähigt und berechtigt sein. Für ein derartiges Verständnis spricht überdies das Vorbild des Art 2 Abs 4 RL 89/117/ EWG, der in seinem letzten Unterabsatz für den Bereich der Bankaufsicht eine Prüfung der von der Zweigniederlassung nach dieser Bestimmung offengelegten Informationen durch Personen vorsieht, die nach dem Recht des Tätigkeitslandes der Zweigniederlassung zur Prüfung von Jahresabschlüssen zugelassen sind. Diese Vorschrift bildet ferner das wohl ausschlaggebende Indiz dafür, dass der Prüfer iSd § 14 grundsätzlich die notwendigen Qualifikationen auf Basis des österreichischen Rechts aufweisen wird müssen (idS Chini/Frölichsthal, BWG2 § 44 Anm 4; vgl idS implizit für den Bankprüfer Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 9; Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 78 ff, 83). Mit Blick auf die in § 14 Abs 3 normierte Sprachenregelung und die weitgehende europarechtliche Angleichung sowohl des Rechnungslegungsrechts als auch der Qualifikationserfordernisse für Abschlussprüfer könnte zwar vertreten werden, dass möglicherweise auch ausländische Prüfer als Prüfer iSd § 14 zuzulassen sind. Allerdings spricht gegen ein solches Verständnis, dass § 14 Ausfluss der an sich der österreichischen Aufsichtsbehörde zustehenden Tätigkeitslandaufsicht ist, die bloß an einen aufsichtsfremden „österreichischen“ Prüfer „ausgelagert“ wird. Es wird daher in aller Regel nichts gegen die Annahme sprechen, dass – sofern nicht besondere Umstände vorliegen – der Prüfer gemäß § 14 die Befähigung zum Abschlussprüfer nach österreichischem Recht aufweisen muss. Das gilt umso mehr, als gerade Art 2 Abs 4 RL 89/117/EWG zeigt, dass dem Unionsgesetzgeber eine derartige Vorgangsweise nicht fremd ist. Konsequenz dieser Anforderungen an den Prüfer iSd § 14 ist, dass der Abschlussprüfer der
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Wertpapierfirma gemäß § 12 regelmäßig als Prüfer gemäß § 14 ausscheiden wird. Zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit der sachlichen Einschränkung des als Prüfer nach § 14 berechtigten Personenkreises auf zur Vornahme von Abschlussprüfungen qualifizierte Personen vgl § 73 Rz 8. Die diesbezüglich vorgetragenen Bedenken gegen ein derartiges Prüfungsmonopol sind iZm Prüfern gemäß § 14 umso berechtigter, als sich die Prüfung nach dieser Vorschrift auf die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Vorgaben beschränkt und keinen besonderen rechnungslegungsrechtlichen Sachverstand erfordert.
III. Die Prüfung und der Prüfungsbericht gemäß § 14 WAG A. Die Bestellung des Prüfers Zur Bestellung des Prüfers der Zweigstelle ist nach § 14 Abs 1 die 12 Zweigstelle verpflichtet. Damit ist klargestellt, dass der Prüfer grundsätzlich nicht durch die Aufsichtsbehörde, sondern von der Wertpapierfirma bestimmt wird. Allerdings löst das gesetzliche Abstellen auf die Zweigstelle wegen derer ex lege bestehender rechtlicher Unselbständigkeit iZm der Bestellung des Prüfers die durch den Gesetzgeber selbst nicht gelöste Frage nach der Kompetenz für die Bestellung des Prüfers gemäß § 14 aus. Als jedenfalls unproblematisch ist dabei eine Bestellung durch die zur Bestellung des Abschlussprüfers der mitgliedstaatlichen Wertpapierfirma nach den diesbezüglich relevanten Vorschriften des Herkunftsstaates berufenen Organe anzusehen (idS Chini/Frölichsthal, BWG2 § 44 Anm 4). Darüber hinaus wird eine Bestellung des Prüfers durch die Geschäftsleiter der Zweigstelle für grundsätzlich ausreichend erachtet (so Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 78; enger noch Chini/Frölichsthal, BWG2 § 44 Anm 4). Dieser Aussage ist an sich zuzustimmen. Auch durch unmittelbar der Zweigstelle zuzurechnende Personen mit hinreichender Vertretungsbefugnis kann eine Bestellung zum Prüfer gemäß § 14 vorgenommen werden. Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass nach § 14 kein Abschlussprüfer im Rechtssinn bestellt wird. Dementsprechend kann es nicht auf die Einhaltung des für die Bestellung zum Abschlussprüfer unternehmensrechtlich vorgeschriebenen Verfahrens ankommen. Allerdings wird es trotz der Bezugnahme auf die Geschäftsleiter der Zweigstelle in § 14 Abs 2 nicht auf die aufsichtsrechtliche Qualifizierung der handelnden Personen als Geschäftsleiter ankommen, sondern auf eine davon möglicherweise abweichende entspre195
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chende zivil- oder unternehmensrechtliche Vertretungsmacht der handelnden Personen (vgl noch Rz 13 im Anschluss). 13 Die Tätigkeit des Prüfers gemäß § 14 beruht auf einem entsprechenden Vertrag zwischen dem Prüfer und der Wertpapierfirma als Rechtsträger der inländischen Zweigstelle. Dagegen ist die Bestellung zum Prüfer iSd § 14 nicht als unternehmens- oder gesellschaftsrechtlicher Bestellungsakt zu bewerten. Ferner besteht kein Vertragsverhältnis unter unmittelbarer Beteiligung der Aufsichtsbehörde als Vertragspartei. Da die auf § 14 beruhenden Berichtspflichten durch den Prüfer nach dem gesetzlichen Konzept allein gegenüber den Geschäftsleitern der Zweigstelle der Wertpapierfirma zu erfüllen sind, wird der Vertrag zwischen Prüfer und Wertpapierfirma grundsätzlich weder als ein Vertrag zugunsten der Aufsichtsbehörde noch als ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten der Aufsichtsbehörde zu qualifizieren sein. Inhaltlich ist der Vertrag so zu gestalten, dass damit den sich aus § 14 ergebenden Anforderungen an die Berichterstattung entsprochen werden kann. Da die Prüfungstätigkeit auf einer entsprechenden Vertragsbeziehung zwischen Prüfer und Wertpapierfirma beruht, sind die Kosten der Prüfung gemäß § 14 unzweifelhaft von der Wertpapierfirma zu tragen. Zu den sich aus dieser Vertragsbeziehung ergebenden Haftungsfragen vgl noch Rz 22.
B. Inhalt und Umfang der Prüfung 14 Der Prüfer gemäß § 14 hat die Beachtung der §§ 36, 38 bis 59, 61 bis 66
und 69 bis 71 zu prüfen. Der Katalog der in § 14 Abs 1 aufgezählten Vorschriften ist grundsätzlich taxativ (vgl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 Rz 37) und deckt sich mit jenen Normen des WAG, deren Einhaltung den in Österreich im Wege von Zweigstellen tätigen Wertpapierfirmen in § 12 Abs 4 vorgeschrieben wird. Im Gegensatz dazu werden die in § 12 Abs 4 ebenfalls angeführten Bestimmungen des BWG sowie die auf Grundlage der in § 12 Abs 4 zitierten Vorschriften erlassenen Verordnungen und Bescheide in § 14 nicht erwähnt. Die Einhaltung dieser, in § 14 Abs 1 nicht erwähnten Normen ist dementsprechend nicht zu überprüfen (vgl idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 85). Ebenso wenig erstreckt sich der Prüfungsumfang auf eine Prüfung des Jahresabschlusses der Wertpapierfirma gemäß § 12 (vgl idS Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 9) oder auf eine allfällige unternehmens- oder steuerrechtliche Buchführung und Rechnungslegung der Zweigstelle. Auch allenfalls von der Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaates in Ausübung der Herkunftslandaufsicht vorgeschriebene Prüfungen fallen nicht in den durch § 14 gesetzlich umschriebenen Prüfungsumfang (vgl 196
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idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 83). Weitere Einschränkungen des Prüfungsumfangs ergeben sich in der Sache darüber hinaus durch den Umfang der Zulassung, also der Berechtigung, der Wertpapierfirma nach dem jeweiligen Heimatrecht sowie nach der von der Zweigstelle tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Die Prüfung gemäß § 14 ist Ausdruck der Tätigkeitsstaatsaufsicht über die Zweigstelle, sodass an sich keine Berichtspflichten des Prüfers betreffend die sonstigen, nicht von der Zweigstelle ausgehenden Aktivitäten der Wertpapierfirma bestehen. Das gilt jedoch dann nicht, wenn derartige Tätigkeiten die Einhaltung der in § 14 Abs 1 angeführten Bestimmungen des WAG durch die Zweigstelle beeinträchtigen könnten. Die Prüfung hat sich auf die Beachtung der taxativ in § 14 Abs 1 15 angeführten Vorschriften zu beziehen. An sich könnte eine Berichterstattung über die Beachtung von Normen die Feststellung von Verletzungen dieser Bestimmungen durch den Prüfer verlangen. Angesichts des Normzwecks des § 14 wird jedoch bereits der begründete Verdacht einer Verletzung der einschlägigen Normen zu einer entsprechenden Berichtspflicht des Prüfers führen. Bei der Prüfung hat der Prüfer angesichts der vom Gesetzgeber gewählten Terminologie den für einen Abschlussprüfer maßgeblichen Sorgfaltsmaßstab einzuhalten (§ 1299 ABGB; § 275 Abs 2 UGB), wobei er auch für die im Rahmen der Prüfung gemäß § 14 benötigten aufsichtsrechtlichen und sonstigen branchenspezifischen Kenntnisse einzustehen hat.
C. Der Prüfungsbericht Nach § 14 Abs 1 Satz 2 ist über das Ergebnis der Prüfung ein Prüfungs- 16 bericht zu erstellen und erforderlichenfalls zu erläutern. Aus dem Normzweck des § 14 sowie aus der Pflicht zur Erstellung eines allenfalls zu erläuternden Prüfungsberichts über das Prüfungsergebnis ist abzuleiten, dass diese Verpflichtung vom Prüfer gemäß § 14 und nicht von der Zweigstelle zu erfüllen ist. Im Prüfungsbericht ist somit jedenfalls das Ergebnis der aufsichtsrechtlichen Prüfung gemäß § 14 festzuhalten (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 32). Dies erfordert zumindest ein zusammenfassendes Prüfungsurteil sowie Angaben zu den vom Prüfer durchgeführten Prüfungsschritten. Darüber hinausgehende Erläuterungen verlangt das Gesetz nur „erforderlichenfalls“, also nicht in jedem Fall. Eine Notwendigkeit zu weiterführenden Erläuterungen wird insb dann bestehen, wenn vom Prüfer ein negatives Urteil über die Beachtung der in § 14 Abs 1 aufgezählten Vorschriften gefällt worden ist. Ferner werden sich Erläuterungen unzweifelhaft als notwendig erweisen, falls nach dem Empfängerhorizont, also zum einen nach dem bei den Geschäftsleitern der Zweigstelle vorauszusetzenden Ver197
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ständnis sowie zum anderen aus dem Blickwinkel der Aufsichtsbehörde, der Prüfungsbericht andernfalls unklar wäre. Der Prüfungsbericht ist allgemein so zu gestalten, dass die darin getroffenen Aussagen für die Berichtsempfänger klar nachvollziehbar sind. Der Aufbau des Prüfungsberichts gleicht grundsätzlich jenem des Prüfungsberichts nach § 73 Abs 4 und § 74 Abs 4 (vgl IWP BA 6 Punkt 3). Gewisse weitere Anhaltspunkte für die inhaltliche Gestaltung könnten sich trotz aller diesbezüglichen inhaltlichen Schwächen (vgl dazu Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 84) aus der für den Prüfungsbericht des Bankprüfers maßgeblichen AP-VO sowie aus dem diesbezüglichen Rundschreiben (Rundschreiben der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank zur AP-VO BGBl II 310/2008) ergeben. 17 Der Gesetzgeber trifft keine expliziten Anordnungen betreffend die Form des Berichts. Aus der Verwendung des Wortes „erstellen“ iZm dem Bericht in § 14 Abs 1, 2 und 3 sowie aus den Regelungen betreffend die Übermittlung des Berichts ist jedoch zu folgern, dass der Prüfungsbericht schriftlich abzufassen ist. Ferner wird grundsätzlich eine eigenhändige, firmenmäßige Unterfertigung des Berichts durch den Prüfer unter Angabe von Ort und Datum zu verlangen sein. Dagegen bedarf es angesichts des Fehlens einer diesbezüglichen gesetzlichen Anordnung keiner Beisetzung eines Prüfungs- oder Bestätigungsvermerks. 18 § 14 Abs 3 schreibt ausdrücklich die Verwendung der dt Sprache für die Erstellung der „Angaben gemäß Abs. 1“, also des Prüfungsberichts in seiner Gesamtheit, vor. Primär richtet sich diese Pflicht schon deshalb an den Prüfer gemäß § 14, weil dieser zur Erstellung des Prüfungsberichts verpflichtet ist (vgl schon Rz 16). Angesichts der Übernahme des Regelungsgehalts des grundsätzlich an die Zweigstelle gerichteten § 44 Abs 6 BWG in § 14 Abs 3 hat allerdings auch die Zweigstelle bei der Erteilung des Prüfungsauftrags dafür Sorge zu tragen, dass das Vertragsverhältnis zum Prüfer entsprechend gestaltet wird (vgl auch Rz 13). Da § 14 Abs 3 eine Erstellung in dt Sprache verlangt, wird eine bloße Übersetzung eines in einer anderen als der dt Sprache vom Prüfer erstellten Prüfungsberichts auf Veranlassung der Wertpapierfirma oder deren Zweigstelle grundsätzlich ausscheiden. Das gilt umso mehr, als nur auf diese Weise allfällige die Aufsicht beeinträchtigende Übersetzungsfehler und Manipulationen des Berichts von Seiten der Wertpapierfirma mit Sicherheit vermieden werden können.
D. Die Übermittlungspflichten gemäß § 14 WAG 19 Gegenstand der in § 14 vorgesehenen Übermittlungspflichten sind al-
lein Prüfungsberichte gemäß dieser Vorschrift. Andere, die Wert198
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papierfirma oder die Zweigstelle betreffende Berichte von Prüfern sind dagegen nicht zu übermitteln. Das gilt insb für die Prüfungsberichte betreffend die Jahresabschlüsse von Wertpapierfirmen, die in Ausnützung der Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit in Österreich tätig werden (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 4). Nach § 14 Abs 2 hat der Prüfer gemäß § 14 den Prüfungsbericht den aufsichtsrechtlichen Geschäftsleitern der Zweigstelle zu übermitteln. Der solcherart an die Zweigstelle übermittelte Bericht ist nach § 14 Abs 1 durch diese an die FMA, nicht mehr jedoch an die OeNB (dies betonend Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 44 Rz 6; Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 32) weiterzuleiten. Es handelt sich dabei um eine Konsequenz der zwischenzeitig erfolgten Neuordnung der Aufsichtskompetenzen. Eine Pflicht des Prüfers zur unmittelbaren Übermittlung des Prüfungsberichts an die FMA besteht dementsprechend nicht. Die Übermittlung wird regelmäßig durch Zustellung des Prüfungsberichts erfolgen, ohne dass deshalb andere verkehrsübliche, insb im AVG vorgesehene Übermittlungsarten von vornherein ausgeschlossen sind (enger offenbar Laurer in Laurer/ Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 9). Der Prüfungsbericht ist nur zu übermitteln. Eine Pflicht zur Offenlegung oder Veröffentlichung des Prüfungsberichts besteht demgegenüber nicht (vgl idS Weiß in Dellinger, BWG § 65 Rz 10).
E. Fristgerechte Erstellung und Übermittlung § 14 Abs 1 letzter Satz ordnet eine Übermittlung des Prüfungsberichts 20 innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres an die FMA an. Dabei stimmt die Frist von sechs Monaten gemäß § 14 Abs 1 mit den nach § 73 Abs 2 und nach § 74 Abs 2 maßgeblichen Vorlagefristen überein. Die Festlegung dieser Frist dient der Sicherstellung einer möglichst zeitnahen Aufsicht durch die FMA (Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 37). Entscheidend ist nicht der Abschluss des Kalenderjahres, sondern jener eines davon uU auch abweichenden unternehmensrechtlichen Geschäftsjahres der Wertpapierfirma. Mittelbar ergibt sich aus einem solchen Abstellen auf das Geschäftsjahr, dass bei Rumpfgeschäftsjahren dieses maßgeblich ist und daher Prüfungsberichte für kürzere Zeiträume als den eines Kalenderjahres zu erstellen sein können. Ferner hat die Vorlagefrist des § 14 Abs 1 zur Folge, dass die Prüfung der Beachtung der einschlägigen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen sowie die Abfassung des Prüfungsberichts durch den Prüfer regelmäßig jährlich vorzunehmen sind. An dieser sechsmonatigen Vorlagefrist des § 14 Abs 1 anknüpfend normiert § 14 Abs 2 die primär für den Prüfer relevante Verpflichtung zu 199
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einer so zeitgerechten Erstellung und Übermittlung des Prüfungsberichts an die Geschäftsleiter der Zweigstelle, dass diese Vorlagefrist durch die Zweigstelle eingehalten werden kann. Der Gesetzgeber sieht dafür keinen ziffernmäßig festgelegten Zeitraum vor, sondern betont vielmehr mit dem Wort „zeitgerecht“ die Verantwortung des Prüfers für eine rechtzeitige Durchführung des Prüfungs- und Übermittlungsvorgangs. Dieser hat den notwendigen Zeitbedarf nach seiner sachverständigen Beurteilung unter Berücksichtigung entsprechender Zeitreserven zu bestimmen. § 14 Abs 2 dient insoweit der Absicherung einer fristgerechten Übermittlung des Prüfungsberichtes durch die Zweigstelle an die FMA (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 69).
IV. Verantwortlichkeit für die Einhaltung des § 14 WAG A. Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit 21 § 14 Abs 1 normiert, dass die „Zweigstelle“ die Beachtung der dort
angeführten Vorschriften durch Abschlussprüfer prüfen zu lassen hat. Die Zweigstelle ist allerdings rechtlich unselbständig (vgl bereits Rz 12), hat also keine Rechtspersönlichkeit und kann schon deshalb als solche nicht Adressat von Rechten und Pflichten sein. Dementsprechend ordnet § 95 Abs 2 Z 1 die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Verantwortlichen iSd § 9 VStG (vgl § 95 Rz 4) für Verstöße gegen eine Verpflichtung ua gemäß § 14 an (vgl dazu auch § 95 Rz 6). Vorgesehen sind Geldstrafen bis zu € 50.000,–.
B. Zivilrechtliche Verantwortlichkeit 22 Im Übrigen besteht auf Grund der zwischen dem Prüfer und der Wert-
papierfirma als Rechtsträger der inländischen Zweigstelle bestehenden Vertragsbeziehungen eine entsprechende Haftung des Prüfers bei einer allfälligen Verletzung von Vertragspflichten. Angesichts der im WAG sonst getroffenen Regelungen, im Hinblick auf die zwar missverständliche, aber insoweit doch nicht bedeutungslose Bezeichnung des Prüfers durch den Gesetzgeber als Abschlussprüfer sowie in Anbetracht der historischen Entwicklung des § 14 ist § 275 UGB sinngemäß anzuwenden (vgl dazu im Detail auch Brandl/Saria, ZFR 2008, 54 f). 200
Aufsicht im Rahmen der Niederlassungsfreiheit
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C. Amtshaftung Zu Fragen der Amtshaftung vgl § 93 Rz 46. § 3 Abs 5 FMABG spricht 23 zwar von Abschlussprüfern sowie den Prüfungsorganen gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen und nimmt nur diese vom amtshaftungsrechtlichen Organbegriff grundsätzlich aus. Auf Grund der in § 14 gewählten Bezeichnung des Prüfers als Abschlussprüfer und im Hinblick auf die Teleologie des § 3 Abs 5 FMABG kann aber kein Zweifel bestehen, dass auch Prüfer gemäß § 14 zu diesem Personenkreis zählen und daher die zu § 93 gemachten Ausführungen betreffend allfällige amtshaftungsrechtliche Ansprüche Berechtigung auch für § 14 besitzen.
V. Reformbedarf Abgesehen von den sich aus der missverständlichen Bezeichnung des 24 Prüfers gemäß § 14 als „Abschlussprüfer“ ergebenden terminologischen Problemen (vgl ausführlich schon Rz 10 f) besteht kein unmittelbarer Reformbedarf.
201
2. Hauptstück Organisatorische Anforderungen 1. Abschnitt Organisation Rechtsträger § 15. (1) Rechtsträger im Sinne dieses Hauptstückes sind Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Versicherungsunternehmen nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 sowie Zweigstellen von Wertpapierfirmen nach Maßgabe von § 12 Abs. 4 und Kreditinstituten nach Maßgabe von § 9 Abs. 7 BWG aus Mitgliedstaaten. (2) Folgende Bestimmungen gelten nicht für Wertpapierdienstleistungsunternehmen: 1. Das Erfordernis einer unabhängigen Compliance-Funktion gemäß § 18 Abs. 3 und 4; 2. das Erfordernis einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 Abs. 2; 3. das Erfordernis einer getrennten unabhängigen internen Revision gemäß § 20 und 4. § 28 dahin gehend, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine vertraglich gebundenen Vermittler heranziehen dürfen. (3) Bei Kreditinstituten, die gemäß der Vorschriften des BWG über eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion und eine interne Revision verfügen, können die in §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben von der betreffenden Organisationseinheit ausgeübt werden. 203
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Schrifttum: Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008, http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/ isd/ questions/questions_en.pdf; European Commission, Background Note, Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/EC, 06. 02. 2006, http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/isd/dir-2004–39-implement/dir-backgroundnote_en.pdf. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 15): „Zu § 15 Abs. 2 und 3: Mit der Ausnahmebestimmung in Abs. 2 soll auch klargestellt sein, dass die zum Schutz von Kunden dienenden Vorschriften von den Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzuhalten sind, damit es zu keiner Schlechterstellung von Kunden kommt. Die organisatorischen Vorschriften, die nur von großen Unternehmen angewendet werden können, müssen nicht angewendet werden. Mit Abs. 2 wird auch von der Ausnahmeregelung gemäß Art. 3 der Richtlinie 2004/39/EG Gebrauch gemacht. Die organisatorischen Erleichterungen tragen der Geschäftsstruktur und der Größe von Wertpapierdienstleistungsunternehmen Rechnung. Die Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern würde dementsprechend eine für den Einsatz von solchen Vermittlern nötige Organisations- und Kontrollstruktur erfordern, die nicht vorausgesetzt werden kann. Mit der Regelung in Abs. 3 wird hinsichtlich der Kreditinstitute klargestellt, dass keine Doppelfunktionen hinsichtlich der genannten Bereiche bezweckt werden soll.“
Übersicht I. II. A. B. 1. 2. 3. 4. 5. 6. C.
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Begriff des Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationskonzept des WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisatorische Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Funktion des § 18 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 WAG und Interne Revision gemäß § 20 WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationskonzept der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beurteilung der Vorwegnahme der Verhältnismäßigkeit für Wertpapierdienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschluss der Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern für Wertpapierdienstleistungsunternehmen . . . . . . Heranziehen bestehender Funktionen bei Kreditinstituten. . . .
1–7 8–22 8 9–21 9–11 12–14 15 16–17 18–20 21 22
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I. Begriff des Rechtsträgers Der Begriff des Rechtsträgers wurde bereits im WAG aF verwendet 1 und beschreibt dort den Kreis jener Unternehmen bzw Personen, die beim Erbringen der in § 11 WAG aF definierten Dienstleistungen die Wohlverhaltensregeln des WAG aF einzuhalten haben (siehe auch Erl RV zu § 11 WAG aF). Die einzelnen Rechtsträger werden nicht dezidiert angeführt, sondern die Anwendbarkeit der Wohlverhaltensregeln knüpft daran an, ob ein Unternehmen zB ein Bankgeschäft erbringt, das einem Kreditinstitut gemäß § 1 Abs 1 BWG vorbehalten ist. Daraus sind Kreditinstitute als Adressaten zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln des WAG abzuleiten (Näheres zum Anwendungsbereich der Wohlverhaltensregeln nach WAG aF in persönlicher und sachlicher Hinsicht vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 11 Rz 3). Die Systematik des WAG 2007 unterscheidet sich vom WAG aF dahingehend, dass der Begriff des Rechtsträgers eindeutig definiert wird und verschiedene ausdrücklich angeführte Unternehmensgruppen umfasst. Auch hier dient der Begriff der vereinfachten Lesbarkeit des Gesetzes, um nicht bei jeder relevanten Bestimmung sämtliche Unternehmensgruppen aufzählen zu müssen, welche unter den Anwendungsbereich der jeweiligen Bestimmung fallen. Die durchaus weite Definition des Rechtsträgers in § 15 Abs 1 muss durch Verweis auf die für spezielle Gruppen von Rechtsträgern geltenden Bestimmungen wiederum einschränkend gelesen werden: Kreditinstitute: Bei Kreditinstituten ist mangels eigener Definition im 2 WAG davon auszugehen, dass als Rechtsträger primär jene Kreditinstitute umfasst sind, welche gemäß § 1 Abs 1 BWG Bankgeschäfte betreiben. Nachdem Kreditinstitute gemäß § 1 Abs 3 dritter Satz BWG auch zur Durchführung der in § 3 Abs 2 Z 1 bis 3 WAG genannten Tätigkeiten (Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente, die Portfolioverwaltung, Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben) berechtigt sind, gelten Kreditinstitute im Rahmen der gewerblichen Erbringung dieser Wertpapierdienstleistungen als Rechtsträger iSd 2. Hauptstückes des WAG (§ 3 Rz 2). Als Kreditinstitute sind auch Kapitalanlagegesellschaften einzustufen, welche die Verwaltung von Kapitalanlagefonds nach dem InvFG 1993 gem § 1 Abs 1 Z 13 BWG als Bankgeschäft betreiben, und sind daher grundsätzlich als Rechtsträger anzusehen. Gemäß § 2 Abs 1 Z 9 sind sie jedoch generell von der Anwendung des WAG ausgenommen. Erst über § 2 Abs 3 werden für Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs 1 InvFG 1993, die 205
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Dienstleistungen nach § 3 Abs 2 Z 1 und 2 erbringen, wiederum eine Reihe von Bestimmung des WAG anwendbar gemacht. Wertpapierfirmen iSd WAG werden in § 3 WAG abschließend definiert (§ 3 Rz 1 ff). Wertpapierdienstleistungsunternehmen werden in § 4 WAG definiert (§ 4 Rz 1). Versicherungsunternehmen gelten nur in eingeschränkter Weise als Rechtsträger des 2. Hauptstückes, und zwar nur dann, wenn diese nach Maßgabe des § 2 Abs 2 tätig werden. § 2 Abs 2 erklärt bei der Vermittlung von Investmentfondsanteilen gemäß § 3 Abs 3 VAG in taxativ aufgezählten Stellen des 2. Hauptstückes das WAG für anwendbar. Nur im Rahmen dieser Einschränkung gelten Versicherungsunternehmen als Rechtsträger des 2. Hauptstückes (§ 2 Rz 2). Zu berücksichtigen ist hiebei die Einschränkung des § 3 Abs 3 VAG, wonach nicht jedes Versicherungsunternehmen automatisch auch Investmentfondsanteile vermitteln kann, sondern nur dann, wenn diese Tätigkeit mit dem Versicherungsgeschäft in unmittelbaren Zusammenhang steht. Zweigstellen von Wertpapierfirmen fallen ebenfalls nach Maßgabe des § 12 Abs 4 unter den Begriff des Rechtsträgers. Hier wurde die gleiche Gesetzgebungstechnik wie bei den Versicherungsunternehmen angewendet. Im § 12 Abs 4 werden wiederum die §§ aufgezählt, nach denen eine Zweigstelle einer Wertpapierfirma tatsächlich als Rechtsträger des 2. Hauptstückes anzusehen ist (vgl § 12 Rz 12 ff). Zweigstellen von Kreditinstituten nach Maßgabe von § 9 Abs 7 BWG sind auch nur im Rahmen der dort angeführten Stellen des WAG als Rechtsträger des 2. Hauptstückes anzusehen. Wie oben angeführt soll der Begriff des Rechtsträgers der einfacheren Handhabung und der Lesbarkeit dienen. Die zuerst weite Definition, die dann für jede einzelne Unternehmensgruppe wieder einschränkend zu lesen ist, erfüllt diesen Zweck nur bedingt. Insb dort, wo nach österreichischer Rechtslage die Regelungen eindeutig nur für Kreditinstitute anwendbar sind, wäre eine entsprechende Klarstellung der Rechtssicherheit förderlich gewesen (zB § 29 ff WAG).
II. Organisationskonzept des WAG A. Organisatorische Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen 8 Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind in der Erbringung ihrer
Dienstleistungen eingeschränkt; im Gegenzug dazu sind einzelne 206
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Konzessionsvoraussetzungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht anwendbar (§ 4 Rz 5 ff). Darüber hinaus hat sich der Gesetzgeber entschlossen, auch im Bereich der organisatorischen Anforderungen gemäß § 15 Abs 2 Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorzusehen. Begründet wird dies laut Erl RV zu § 15 WAG damit, dass diese Ausnahmebestimmung klarstellt, dass zwar die zum Schutz von Kunden dienenden Vorschriften von Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzuhalten sind, damit es zu keiner Schlechterstellung des Kunden kommt, jedoch die organisatorischen Vorschriften, die nur von großen Unternehmen angewendet werden können, dagegen nicht angewendet werden müssen. Darüber hinaus stellen die Erl RV klar, dass man sich im Falle der Wertpapierdienstleistungsunternehmen außerhalb des Anwendungsbereiches der MiFID befindet, weil ja Wertpapierdienstleistungsunternehmen ihre Tätigkeit nur im Rahmen der Schranken des Art 3 MiFID erbringen dürfen.
B. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 1. Allgemeines Die in § 15 Abs 2 vorweggenommenen organisatorischen Erleichterun- 9 gen bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen bewirken, dass in Zukunft im WAG für die einzelnen Rechtsträger unterschiedliche Abstufungen im Organisationskonzept möglich sind. Wertpapierdienstleistungsunternehmen in der ersten Abstufung sind generell von der Einrichtung einer unabhängigen Compliance-Funktion gemäß § 18 Abs 3 und 4, einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 Abs 2 und einer getrennten unabhängigen internen Revision gemäß § 20 befreit. Die in den einzelnen Funktionen der §§ 18–20 WAG vorgesehene Verhältnismäßigkeit ist für die Wertpapierdienstleistungsunternehmen daher nicht relevant, da im § 15 Abs 2 eine Generalausnahme von diesen Anforderungen vorgesehen ist. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen aber sehr wohl die Anforderungen des § 18 Abs 1 und 2 sowie § 19 Abs 1 WAG zu erfüllen haben. Hinsichtlich der Befreiung der Einhaltung des § 20 sind diese zwar von der Einrichtung einer getrennten und unabhängigen internen Revision befreit, haben aber dennoch funktionierende interne Kontrollmechanismen gemäß § 17 einzurichten und auch laufend aufrecht zu erhalten (vgl § 17 WAG). Die zweite Abstufung umfasst Wertpapierfirmen und Kreditinstitu- 10 te, welche auf Grund der Art, des Umfangs und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit und der Art und des Umfangs ihrer erbrachten 207
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Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten keine Erleichterungen in organisatorischer Hinsicht in Anspruch nehmen können. 11 Darüber hinaus besteht in der dritten Abstufung die Möglichkeit für Wertpapierfirmen und Kreditinstitute, sofern das durch die Art, des Umfangs und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit und durch die Art und den Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gerechtfertigt ist, Erleichterungen in organisatorischer Hinsicht in Anspruch zu nehmen. Diese Erleichterungen bzw der vorgesehene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist im WAG nicht einheitlich vorgesehen, sondern muss für die einzelnen Funktionen der §§ 18–20 WAG differenziert betrachtet werden.
2. Compliance-Funktion des § 18 WAG 12 § 18 enthält zwar in Abs 2 den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, so-
dass sowohl bei der Ausgestaltung der Grundsätze und Verfahren, die zur Aufdeckung des Risikos der Missachtung des WAG und der damit verbundenen Risiken eingerichtet werden müssen, als auch bei der Ausgestaltung der Maßnahmen und Verfahren, die dieses Risiko auf ein Mindestmaß beschränken sollen, die Art, der Umfang und die Komplexität der Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers sowie die Art und der Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistung und Anlagetätigkeit berücksichtigt werden können (vgl § 18 Rz 11 ff). 13 In § 18 Abs 3 wird zunächst davon ausgegangen, dass jeder Rechtsträger eine unabhängige Compliance-Funktion einzurichten hat. Dieser Grundsatz steht nicht unter dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. (vgl § 18 Rz 19, 36 ff). 14 § 18 Abs 4 definiert näher, was erforderlich ist, damit die ComplianceFunktion ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig wahrnehmen kann. Als wichtiger Beitrag zur Unabhängigkeit wird in § 18 Abs 4 Z 3 WAG vorgesehen, dass relevante Personen, die in die ComplianceFunktion eingebunden sind, nicht in die Dienstleistungen oder Tätigkeiten eingebunden werden dürfen, die sie überwachen. § 18 Abs 4 Z 4 WAG legt darüber hinaus fest, dass das Verfahren, nach dem die Vergütung der in die Compliance-Funktion eingebundenen relevanten Personen bestimmt wird, weder die Objektivität tatsächlich beeinträchtigen noch zur Beeinträchtigung der Objektivität geeignet sein darf. Erst im Hinblick auf diese Anforderungen kommt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zum Tragen: Es darf von diesen beiden Anforderungen nur dann abgegangen werden, wenn der Rechtsträger nachweist, dass diese Anforderungen auf Grund der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und des Umfangs der 208
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erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig sind und die Compliance-Funktion auch ohne Erfüllung dieser Anforderungen einwandfrei ihre Aufgaben erfüllt (vgl § 18 Rz 36 ff).
3. Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 WAG und Interne Revision gemäß § 20 WAG Im Vergleich zur Compliance-Funktion gemäß § 18 WAG wird die 15 Einrichtung einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 WAG (§ 19 Rz 14 ff, insb Rz 14) und einer von den übrigen Funktionen und Tätigkeiten getrennten und unabhängigen internen Revision gemäß § 20 WAG (vgl § 20 Rz 6) erst dann gefordert, wenn dies wiederum durch Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie durch die Art und den Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist (vgl Background Note, Figure 1, Punkt 3.4; Fragen und Antworten, Antwort zu Frage 77). Der Rechtsträger muss hier in umgekehrter Weise den Beweis erbringen, dass auf Grund seiner Geschäftstätigkeit die unabhängige bzw getrennte Einrichtung dieser Funktionen nicht erforderlich ist. Auch wenn dem Rechtsträger der Beweis gelingt, muss er dennoch über die allgemeinen organisatorischen Anforderungen gemäß § 17 WAG sowie die internen Kontrollmechanismen, die effizienten Verfahren zur Risikobewertung sowie über wirksame Kontroll- und Sicherheitsmechanismen für Datenverarbeitungssysteme gemäß § 19 Abs 1 erster Satz verfügen (vgl § 17 Rz 1 ff und § 19 insb Rz 1 f).
4. Organisationskonzept der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen Die MiFID selbst sieht in Art 4 die Möglichkeit vor, dass die Mitglied- 16 staaten unter gewissen Voraussetzungen auch Unternehmen, die keine juristischen Personen sind, sowie natürliche Personen als Wertpapierfirmen definieren können. Die organisatorischen Anforderungen der MiFID können daher für ein weites Spektrum an Anbietern von Wertpapierdienstleistungen gelten bzw müssen für diese erfüllbar sein. Diesem Umstand wurde dahingehend Rechnung getragen, dass insb in den organisatorischen Anforderungen (insb in der MiFID-DRL – RL 2006/73/EG) die Abstufung der Anwendbarkeit der Normen von Art, Umfang und der Komplexität der Geschäfte einer Wertpapierfirma sowie von der Art und dem Umfang der im Zuge dieser Geschäfte 209
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erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten abhängt (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz). 17 Anerkannt wird von der MiFID-DRL auch, dass eine Wertpapierfirma unter Umständen zu klein ist, dass für jede einzelne Aufgabe im Bereich von Compliance, Risikomanagement und interne Revision eine eigene Organisationseinheit eingerichtet werden kann. Es müssen jedoch die verschiedenen Aufgaben dieser Funktionen erfüllt werden. Daher sieht auch die MiFID-DRL nicht die Einrichtung von Organisationseinheiten bzw eigenen Abteilungen vor, sondern verlangt die Implementierung von Funktionen, welche die Aufgaben Compliance, Risikomanagement und interne Kontrolle möglichst unabhängig erfüllen sollen. In der „Background Note, Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/ EC“ wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die oben angeführten drei Funktionen in unterschiedlicher Weise in die Organisation einer Wertpapierfirma eingebettet werden können. Diese Unterschiede reflektieren die abgestufte Art dieser Funktionen sowie das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit (Background Note, Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/EC, 06. 02. 2006, Punkt 3.2, abrufbar unter http://ec.europa. eu/internal_market/securities/docs/isd/dir-2004–39-implement/dir-back groundnote_en.pdf).
5. Beurteilung der Vorwegnahme der Verhältnismäßigkeit für Wertpapierdienstleistungsunternehmen 18 Die für Wertpapierdienstleistungsunternehmen im § 15 Abs 2 WAG
definierten organisatorischen Erleichterungen scheinen vom Gesamtkonzept der MiFID, welches im WAG umgesetzt wird, abzuweichen. In den Erl RV werden als Kriterien, anhand derer diese Erleichterungen festgelegt werden, die Größe eines Unternehmens und dessen Geschäftstätigkeit angeführt. Durch die Vorwegnahme im WAG, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine unabhängige Compliance-Funktion, Risiko-Management-Funktion und von den anderen Funktionen getrennte interne Revision benötigen, unterstellt das Gesetz Wertpapierdienstleistungsunternehmen, dass sie generell über eine nicht komplexe Geschäftstätigkeit und per se über eine Geschäftsstruktur und eine Größe verfügen, die Erleichterungen in der Organisationsstruktur rechtfertigen. 19 Dies erscheint bei Einzelunternehmern, die nur standardisierte Produkte beraten und vermitteln und generell nicht in der Lage sind, die geforderten Organisationsstrukturen vorzuhalten, nachvollziehbar. Bei 210
Rechtsträger
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Wertpapierdienstleistungsunternehmen, welche in Form einer Kapitalgesellschaft organisiert sind und nicht nur in standardisierten Produkten beraten und vermitteln, wäre eine differenziertere Betrachtungsweise im Hinblick auf die organisatorischen Vorgaben der §§ 18–20 WAG wünschenswert gewesen. Dies gilt deshalb, weil einerseits die Umsatzerlösgrenze von € 730.000,– als sehr hoch anzusehen ist, und andererseits weil der in der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen vorgesehene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz diesen Spielraum ohnehin vorgesehen hätte. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass mit der Definierung von 20 Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen zwar generell eine richtlinienkonforme Umsetzung der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen erreicht wurde, weil man die Ausnahmemöglichkeit des Art 3 MiFID vom Anwendungsbereich in Anspruch genommen hat. Dennoch hat man dadurch für eine sehr große Palette an unterschiedlich organisierten Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die in unterschiedlichen Produktbereichen tätig sind, eine Generalausnahme von den organisatorischen Anforderungen geschaffen, die nicht für die gesamte Gruppe der Wertpapierdienstleistungsunternehmen gerechtfertigt erscheint.
6. Ausschluss der Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern für Wertpapierdienstleistungsunternehmen Im Gegenzug zu den für Wertpapierdienstleistungsunternehmen fest- 21 gelegten Erleichterungen bei den Konzessionsvoraussetzungen und den organisatorischen Anforderungen dürfen diese keine vertraglich gebundenen Vermittler beschäftigen (zur Definition des vertraglich gebundenen Vermittlers siehe § 1 Rz 29). In den Erl RV zu § 15 Abs 2 Z 4 wird dazu festgehalten, dass das Heranziehen von vertraglich gebundenen Vermittlern eine für den Einsatz von solchen Vermittlern nötige Organisations- und Kontrollstruktur erfordert, die nicht vorausgesetzt werden kann. Dies ergibt sich insb auch aus den Erleichterungen in organisatorischer Hinsicht für Wertpapierdienstleistungsunternehmen im § 15 Abs 2. Diese auf den ersten Blick strenge Einschränkung ist jedoch durch die auf nationaler Ebene weiterhin bestehende Möglichkeit der Beschäftigung von natürlichen Personen gemäß § 2 Abs 1 Z 15 (Finanzdienstleistungsassistenten) wieder wettgemacht und ist keine Änderung zur früheren Rechtslage nach § 19 Abs 2 a WAG aF (vgl § 2 Rz 4 f). 211
§ 16
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C. Heranziehen bestehender Funktionen bei Kreditinstituten 22 § 15 Abs 3 WAG stellt klar, dass Kreditinstitute, die nach BWG über
eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion bzw interne Revision verfügen, nicht verpflichtet sind, nach WAG diese Funktionen nochmals einzurichten. Vielmehr können diese Aufgaben von den bestehenden Funktionen übernommen werden. Die Erl RV zu § 15 Abs 3 legen auch eindeutig dar, dass mit dieser Regelung hinsichtlich Kreditinstituten klargestellt wird, dass keine Doppelfunktionen hinsichtlich der genannten Bereiche bezweckt werden sollen. § 15 Abs 3 enthält jedoch einen Verweis auf § 18 (Compliance), § 19 (Risikomanagement) und § 20 (Interne Revision). In Zusammenhang mit der Risiko-Management-Funktion bzw internen Revision ist dieser Verweis auch nachvollziehbar. Hinsichtlich der Compliance-Funktion, welche vom Verweis umfasst ist, und deren Einrichtung im BWG bis dato nicht verankert war, sondern auf der Grundlage des BörseG, des WAG aF und auch des SCC basiert, ist der Regelungsinhalt nicht klar verständlich. Kreditinstitute müssen auch ihre Funktionen nach der Art, dem Umfang und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit und Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ausrichten, sodass der Verweis auf die §§ 18 bis 20 als zu weitreichend erscheint. § 15 Abs 3 kann daher nicht so verstanden werden, dass bei Kreditinstituten die Compliance-Funktion in jedem Fall entweder von der nach BWG eingerichteten unabhängigen RisikoManagement-Funktion bzw internen Revision übernommen werden kann. Zur Problematik der Selbstkontrolle bzw zur Möglichkeit der Zusammenlegung von Funktionen siehe § 20 Rz 12 f.
Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen § 16. (1) Schreibt dieses Bundesgesetz die Bereitstellung von Informationen auf einem dauerhaften Datenträger vor, so ist die Verwendung eines anderen dauerhaften Datenträgers als Papier nur zulässig, wenn 1. die Bereitstellung dieser Informationen über dieses Medium den Rahmenbedingungen, unter denen das Geschäft zwischen einem Rechtsträger und dem Kunden ausgeführt wird oder werden soll, angemessen ist und 2. dem Kunden die Wahlmöglichkeit mitgeteilt wird, diese Informationen auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zu erhalten, und dieser sich ausdrücklich für Letzteres entscheidet. 212
Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen
§ 16
(2) Stellt ein Rechtsträger einem Kunden gemäß § 40, § 42 und § 54 Abs. 2 Informationen, die nicht an ihn persönlich gerichtet sind, über eine Website zur Verfügung, so sind folgende Bedingungen einzuhalten: 1. Die Bereitstellung dieser Informationen über dieses Medium ist den Rahmenbedingungen, unter denen das Geschäft zwischen einem Rechtsträger und dem Kunden ausgeführt wird oder werden soll, angemessen; 2. der Kunde muss der Bereitstellung dieser Informationen in dieser Form ausdrücklich zustimmen; 3. die Adresse der Website und die Stelle, an der die Informationen auf dieser Website zu finden sind, müssen dem Kunden auf elektronischem Wege mitgeteilt werden; 4. die Informationen müssen aktuell sein und über diese Website laufend abgefragt werden können und zwar so lange, wie sie für den Kunden nach vernünftigem Ermessen einsehbar sein müssen. (3) Die Bereitstellung von Informationen auf elektronischem Wege gilt als angemessen im Sinne des Abs. 1 Z 1 und des Abs. 2 Z 1, wenn der Kunde nachweislich über einen regelmäßigen Zugang zum Internet verfügt. Dies gilt als nachgewiesen, wenn der Kunde für die Ausführung dieses Geschäfts eine E-Mail Adresse angegeben hat. Schrifttum: Gruber, Form und Zeitpunkt der Informationen nach dem WAG 2007, RdW 2008, 69; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltenregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; MiFID Supervisory Briefing, Information on reporting to clients, 9. 7. 2009, Ref CESR 09–590; Seyfried, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) – Neuordnung der Wohlverhaltensregeln, WM 2006, 1375. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 16): „§ 16 setzt Art. 3 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. In Abs. 2 wurde § 40 in den Anwendungsbereich als Ganzer übernommen. Dies ist aus systematischen Gründen erforderlich, da § 40 neben Art. 29 der Richtlinie 2006/73/EG auch Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umsetzt, der wiederum die Level 1 Grundlage für die Art. 28 bis 34 der Richtlinie 2006/73/EG darstellt.“
Den Erl RV folgend setzt § 16 den Art 3 Abs 1 bis 3 MiFID-DRL um. 1 Das Bereitstellen von Informationen an den Kunden soll nach der Intention der oben angeführten RL grundsätzlich auf einem dauerhaften Datenträger in Form von Papier erfolgen. Aus der Definition des dauerhaften Datenträgers gemäß § 1 Z 28 (zur Definition siehe auch § 1 Rz 37) ergibt sich, dass es sich dabei um an den Kunden 213
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persönlich gerichtete Informationen handelt (vgl Harrer, ÖBA 2007, 102; Seyfried, WM 2006, 1380). Die Informationsübermittlung auf einem dauerhaften Datenträger schreibt zB § 49 Abs 1 Z 1 in Bezug auf die Information über die Auftragsausführung und § 61 in Bezug auf die Kundeneinstufung vor (vgl Harrer, ÖBA 2007, 102). Das Übermitteln von Informationen auf andere Weise zB auf elektronischem Weg (per E-Mail) ist nur dann zulässig, wenn der Kunde vor die Wahl gestellt wird und sich ausdrücklich für dieses Medium entscheidet. Die Angemessenheit der Informationsübermittlung auf elektronischem Weg ist dann gegeben, wenn der Kunde nachweislich über einen Zugang zum Internet verfügt. Dieser Nachweis gilt als erbracht, wenn der Kunde iZm der Durchführung eines konkreten Geschäfts eine E-MailAdresse bekannt gibt (vgl dazu auch Harrer, ÖBA 2007, 102; Seyfried, WM 2006, 1380). 2 Informationen, die im Gegensatz zu den Informationen in Rz 1 nicht
an den Kunden persönlich gerichtet sind (zB Informationen über den Rechtsträger und seine Dienstleistungen, über Finanzinstrumente, über den Schutz von Kundenfinanzinstrumenten und Kundengeldern, über die Bedingungen des Vertrags, AGB und die Durchführungspolitik) können dem Kunden über eine Website zur Verfügung gestellt werden, wenn er dieser Form der Informationsübermittlung ausdrücklich zugestimmt hat. Hinsichtlich der Angemessenheit der Informationsübermittlung über eine Website gilt das oben Gesagte (vgl Rz 1). Dem Kunden ist darüber hinaus die Adresse der Website (der entsprechende „link“ bzw URL) elektronisch mitzuteilen, und er muss darüber informiert werden, wo die entsprechenden Informationen zu finden sind bzw abgerufen werden können. Der Rechtsträger hat weiters die Aktualität und die laufende Abfragemöglichkeit der Informationen sicherzustellen (vgl Harrer, ÖBA 2007, 102). Es besteht nach Auffassung von Gruber ein Unterschied in der Diktion „Bereitstellen von Informationen“ und der „Übermittlung“ von Informationen (Gruber, RdW 2008, 69). Im Ergebnis ist der in § 42 Abs 3 vorgesehene Gegensatz zwischen „übermitteln“ und „zur Verfügung stellen“ ungeachtet von Übersetzungsunschärfen im Sekundärrecht zu lösen, indem die Informationen jedenfalls an den Privatkunden zu übermitteln iS von übersenden sind, sofern sie nicht zulässigerweise auf einer Website zur Verfügung gestellt werden (Gruber, RdW 2008, 71). 3 Im Rahmen des „MiFID supervisory briefings“, welches eine einheitli-
che Vorgehensweise der Aufsichtsbehörden und eine einheitliche Beaufsichtigung von ausgewählten MiFID-Regelungen sicherstellen soll, hat CESR Fragestellungen im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Informationsbereitstellung formuliert. Diese sollen für die Aufsichts214
Allgemeine organisatorische Anforderungen
§ 17
behörden eine Hilfestellung für die Beaufsichtigung und Vollziehung in der Praxis bieten. Im Dokument befindet sich ein Raster, der einen Überblick über jene Medien enthält, die gemäß MiFID-Reglement für die Bereitstellung von Informationen zu verwenden sind (siehe MiFID supervisory briefing, Information on reporting to clients, CESR 09–590). Da der Inhalt der „MiFID supervisory briefings“ rechtlich nicht bindend ist und wie CESR festhält „[…] The briefings do not promote any particular supervisory approach and are desigend to be used in the way that best fits with a supervisor´s own methodology… […]“ kann das „MiFID supervisory briefing“ nur eingeschränkt zur Aufsichtskonvergenz in den Mitgliedstaaten in der Praxis beitragen.
Allgemeine organisatorische Anforderungen § 17. (1) Ein Rechtsträger hat 1. Entscheidungsprozesse und eine Organisationsstruktur, durch die Berichtspflichten und zugewiesene Funktionen und Aufgaben klar dokumentiert sind, einzurichten und laufend anzuwenden; 2. dafür zu sorgen, dass alle relevanten Personen die Verfahren, die für eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben einzuhalten sind, kennen; 3. angemessene interne Kontrollmechanismen, die die Einhaltung von Beschlüssen und Verfahren auf allen Ebenen sicherstellen, einzurichten und laufend aufrecht zu erhalten; 4. dafür zu sorgen, dass die Aufgaben von Mitarbeitern erfüllt werden, die über die notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen verfügen; 5. auf allen maßgeblichen Ebenen eine reibungslos funktionierende interne Berichterstattung und Weitergabe von Informationen einzurichten und laufend sicherzustellen; 6. angemessene und systematische Aufzeichnungen über seine Geschäftstätigkeit und interne Organisation zu führen und 7. dafür zu sorgen, dass die ordentliche, redliche und professionelle Erfüllung der einzelnen Funktionen auch dann gewährleistet ist, wenn relevante Personen mehrere Funktionen ausüben. Dabei ist der Art, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten Rechnung zu tragen. (2) Ein Rechtsträger hat weiters angemessene Systeme und Verfahren zum Schutz von Sicherheit, Integrität und Vertraulichkeit 215
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von Informationen einzurichten und laufend anzuwenden und dabei der Art dieser Informationen Rechnung zu tragen. (3) Ein Rechtsträger hat angemessene Vorkehrungen zu treffen, um die Kontinuität und Regelmäßigkeit der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu gewährleisten. Zu diesem Zweck hat er geeignete und angemessene Systeme, Ressourcen und Verfahren einzurichten und sonstige angemessene Vorkehrungen zu treffen, die bei einer Unterbrechung seiner Systeme und Verfahren gewährleisten, dass wesentliche Daten und Funktionen erhalten bleiben und Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten fortgeführt werden können. Sollte dies nicht möglich sein, müssen diese Daten und Funktionen rechtzeitig zurück gewonnen werden können, damit die Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten rechtzeitig wieder aufgenommen werden können. (4) Die Angemessenheit und Wirksamkeit der nach Abs. 1 und 2 geschaffenen Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen sind zu überwachen, regelmäßig zu bewerten und die zur Behebung etwaiger Mängel erforderlichen Maßnahmen sind zu ergreifen. (5) Ein Rechtsträger hat wirksame und transparente Verfahren für die angemessene und unverzügliche Bearbeitung von Beschwerden von Privatkunden einzurichten und laufend anzuwenden. Jede Beschwerde sowie die Aufzeichnung der zu ihrer Erledigung getroffenen Maßnahmen sind aufzubewahren. Schrifttum: FMA, Leitfaden zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln, Aus der Sicht der FMA notwendiger Anpassungsbedarf aus der Umsetzung der CESR-Wohlverhaltensregeln, Februar 2004; FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA (Juli 2006); FMA/OeNB, Leitfaden, Management des operationellen Risikos, November 2005; FMA, Rundschreiben betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007); FMA-Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG; Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, Stand 28. 12. 2007 – (SCC 2008). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 17): „Abs. 1 setzt Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Eine Übernahme des Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG in das WAG 2007 ist nicht erforderlich, da die Einhaltung dieser Richtlinienbestimmung durch das UGB und die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung jedenfalls gewährleistet ist.
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Abs. 3 setzt Art. 13 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 5 setzt Art. 10 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. A. B. C. D. E.
Allgemeine organisatorische Anforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu § 19 Abs 1 erster Satz WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl, Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern. . . . . . . . . . . Organisatorische Sicherstellung der Berichtspflichten nach §§ 18–20 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Steuerung des Informationsflusses im Unternehmen. . . . . . . . . . . III. Notfallplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beschwerdewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–13 1 2–3 4–6 7 8–10 11–13 14–15 16 17–20
I. Allgemeine organisatorische Anforderungen A. Allgemeines Gemäß Erl RV setzt § 17 Abs 1 den Art 5 Abs 1 MiFID-DRL um. 1 Allgemeine Vorgaben für die interne Organisation waren bereits im § 16 Z 1 WAG aF enthalten, der vorsah, dass Anbieter von Wertpapierdienstleistungen über die für eine ordnungsgemäße Durchführung dieser Dienstleistungen notwendigen Mittel und Verfahren zu verfügen und diese wirksam einzusetzen haben. Bereits nach § 16 Z 1 WAG aF hat man es als Verpflichtung des jeweiligen Anbieters von Wertpapierdienstleistungen gesehen, die persönlichen und sachlichen Mittel einzusetzen, welche die richtige Ordnung des Geschäftsbetriebes schaffen bzw aufrechterhalten, um dem Kunden gegenüber eine fachgerechte Dienstleistung zu erbringen. Als Beispiele für den Einsatz der notwendigen Mittel und Verfahren nach § 16 Z 1 WAG aF zählt das Pflichtenheft der FMA den Einsatz von Mitarbeitern, die über die erforderlichen Sachkenntnisse und Fähigkeiten zur Erbringung von Finanzdienstleistungen verfügen, laufende Schulungen dieser Mitarbeiter, die Einrichtung einer unabhängigen Stelle zur Behandlung von Kundenbeschwerden, die fachgerechte Kontrolle und Abwicklung von Aufträgen sowie eine ordnungsgemäße Buchhaltung auf (vgl FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA 14 f). § 17 WAG ist nunmehr als Weiterentwicklung der Grundsätze des § 16 217
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WAG aF zu sehen, weil in Auslegung des § 16 Z 1 WAG aF einige Anforderungen, die nunmehr in § 17 WAG dezidiert festgelegt sind, bereits bisher gefordert waren.
B. Organisationsstruktur 2 § 17 Abs 1 ist als eine allgemeine Organisationsnorm einzustufen,
wonach generell klare Entscheidungsprozesse im Unternehmen definiert werden sollen. Dies spiegelt sich in einer klaren und transparenten Zuständigkeits- bzw Kompetenzverteilung, schriftlichen Organigrammen, Bereichs- und Stellenbeschreibungen wider. Es soll sichergestellt sein, dass die Aufgaben auf die einzelnen Funktionen verteilt und im Rahmen der internen Organisationsanweisungen entsprechend dokumentiert werden. Es muss systematisch dokumentiert werden und zu jeder Zeit nachvollziehbar sein, wen im Unternehmen welche Zuständigkeiten treffen, und welche Berichtslinien innerhalb des Unternehmens eingerichtet sind. Es sollten dabei informelle Zuständigkeiten auf Grund gelebter Praxis vermieden werden und Anpassungen im Rahmen von Organisationsumstrukturierungen zeitnah erfolgen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 3). Nach Winternitz hat das Unternehmen für seine Mitarbeiter Verhaltensregeln schriftlich abzufassen, den Mitarbeitern zu Kenntnis zu bringen und diese dazu zu verpflichten, bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen die Verhaltensregeln ausnahmslos einzuhalten (vgl Winternitz, WAG § 16 Rz 4). 3 Der tatsächliche Organisationsgrad, der erforderlich ist, blieb bis dato nach § 16 Z 1 WAG aF offen. Nach Hausmaninger ist ein individueller Maßstab iSd Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzulegen, der auf die eigentümlichen Organisationsstrukturen des jeweiligen Unternehmens Rücksicht nimmt (vgl Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 4). Diese Aussage lässt sich auch auf § 17 anwenden, der gleichfalls eine individuelle Betrachtung nach Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit in Bezug auf innerorganisatorische Einrichtungen vorsieht (vgl Rz 11).
C. Verhältnis zu § 19 Abs 1 erster Satz WAG 4 Die Verpflichtung zur Implementierung von angemessenen internen
Kontrollmechanismen ist in Zusammenschau mit § 19 Abs 1 erster Satz zu lesen, der ebenfalls die Einrichtung von internen Kontrollmechanismen vorschreibt. Nachdem laut Erl RV mit § 19 Abs 1 erster Satz nur der Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID, somit Level 1, umgesetzt wird, ist § 19 Abs 1 erster Satz als die Generalnorm für die 218
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Einrichtung interner Kontrollmechanismen zu verstehen (vgl dazu § 19 Rz 1 f). Die Einrichtung interner Kontrollverfahren, die geeignet sind, Verstöße 5 gegen Verpflichtungen nach dem WAG aF entgegenzuwirken, war bereits nach § 16 Z 3 WAG aF gefordert. Durch diese Verfahren soll nicht nur der Verletzung der Organisationspflichten vorgebeugt, sondern va auch die Einhaltung der zentralen Bestimmungen der Wohlverhaltensregeln sichergestellt werden (so Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 85). Dies kann unter anderem durch die durchgängige Einrichtung von Genehmigungs- und Berechtigungssystemen (insbesondere das Vier-Augen-Prinzip), Pouvoirregelungen, Aufgabenund Funktionstrennungen sowie von physischen Zugangsbeschränkungen erreicht werden (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 4). In Bezug auf Kontrollverfahren iSd § 16 Z 3 WAG aF kann bei Kreditinstituten über weite Strecken die verpflichtend einzurichtende interne Revision tätig werden. Dies ist auch im Hinblick auf die internen Kontrollmechanismen des § 19 Abs 1 erster Satz sowie § 17 Abs 1 Z 3 weiterhin aufrecht (vgl auch Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 86). Bei Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die 6 über keine eigene interne Revision gemäß § 20 WAG verfügen, ist besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung dieser internen Kontrollmechanismen zu legen. Diese können wie bereits im Pflichtenheft der FMA niedergeschrieben zB in Form einer adäquaten Kontrolle der Kundenaufträge hinsichtlich Vollständigkeit und Richtigkeit und der Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips vorgesehen werden (vgl FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA 15). Die Ausgestaltung der bestehenden internen Kontrollmechanismen wird jedoch an die konkreten Anforderungen des WAG angepasst werden müssen, wobei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 17 Abs 1 letzter Satz anzuwenden ist. Dabei kann die allgemein gültige Aussage getroffen werden, dass je komplexer und umfangreicher die Geschäftstätigkeit eines Rechtsträgers ausgestaltet ist, desto intensiver und häufiger die internen Kontrollmechanismen zum Tragen kommen müssen.
D. Auswahl, Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern Gemäß § 17 Abs 1 Z 4 sollen die Aufgaben nach WAG nur von 7 solchen Mitarbeitern erfüllt werden, die über die notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. Die laufende Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter ist dabei sicherzustellen. Dies kann 219
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beispielsweise in Form einer jährlichen Ausbildungsplanung auf Grund einer Bedarfserhebung im Rahmen von Mitarbeitergesprächen erfolgen. Ebenso denkbar sind Ausbildungen bzw Schulungen in Form von „webbased“-Trainings bzw Informations- und Erfahrungsaustausch in regelmäßig stattfindenden Besprechungen. In Betracht kommt auch die Einschulung durch erfahrene Mitarbeiter, Job-Rotation Programme und Mentoring. Insb sollte schon in der RecruitingPhase besonderes Augenmerk auf die Auswahl der Mitarbeiter gelegt werden (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 4). In spezifischen Themenbereichen (zB Compliance) sind verpflichtende Schulungen vorzusehen. In regelmäßigen Schulungen (einmal jährlich bzw immer dann, wenn es Regeländerungen gibt) ist der Wissensstand der Mitarbeiter zu überprüfen und zu verbessern (vgl auch Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 10).
E. Organisatorische Sicherstellung der Berichtspflichten nach §§ 18–20 WAG 8 § 17 Abs 1 Z 5 ist ua in Zusammenschau mit der in § 21 Abs 2 WAG
festgeschriebenen Berichtspflicht der Funktionen gemäß §§ 18–20 WAG zu sehen (vgl § 21 Rz 6). Die Sicherstellung einer reibungslosen funktionierenden internen Berichterstattung und Informationsweitergabe erfordert eine aktive Steuerung des Informationsflusses im Unternehmen. Dabei sind einerseits formelle Berichtslinien nach oben zum Geschäftsleiter, aber auch die Versorgung der Mitarbeiter mit ausreichend Information zur Erfüllung ihrer Aufgaben sicherzustellen. Dies erfordert genaue Ablaufbeschreibungen und bspw Protokolle von wichtigen Besprechungen/Sitzungen, welche für mehrere Mitarbeiter relevant sind (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 4). 9 § 17 Abs 1 Z 6 schreibt dem Rechtsträger vor, angemessene und systematische Aufzeichnungen über seine Geschäftstätigkeit und interne Organisation zu führen. Dies setzt voraus, dass die Aufzeichnungen in einer logischen, einheitlich strukturierten Art und Weise geführt und dokumentiert werden, sodass sie im Anlassfall in einem angemessenen Zeitrahmen zur Verfügung gestellt werden können. In Betracht kommen das durchgängige Führen von Protokollen (chronologischen Nummerierungen), Rule-Books, Stellenbeschreibungen, Darstellung der Orderausführungswege, Asset Allocations etc (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 4). Zur näheren Konkretisierung der Aufzeichnungspflichten vgl § 22 WAG und das in Ausführung des § 22 Abs 4 WAG erstellte FMA-Verzeichnis der 220
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Mindestaufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG (vgl § 22 Rz 18 f). § 17 Abs 1 Z 7 kommt dann zum Tragen, wenn eine Mischverwen- 10 dung von Mitarbeitern für die verschiedenen Funktionen nach WAG vorgesehen ist. Da bei Ausführen von verschiedenen Funktionen durch einen Mitarbeiter für diesen uU ein Spannungsverhältnis entstehen kann, ist die Tätigkeit des jeweiligen Mitarbeiters für die verschiedenen Funktionen schriftlich zu definieren und festzulegen. Durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen ist dieses mögliche Spannungsverhältnis weitgehend aufzulösen und insb die in § 21 Abs 2 WAG geforderte direkte Berichterstattung an die Geschäftsleitung sicherzustellen. Zur Vereinbarkeit der internen Revision mit den Funktionen des Geldwäschebeauftragten und des Compliance-Verantwortlichen bzw zur Problematik der Selbstprüfung vgl § 20 Rz 12. Hinsichtlich der Zusammenlegung der Compliance-Funktion mit der Risikomanagementfunktion vgl § 18 Rz 41.
F. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Die Anwendung bzw die Ausgestaltung der organisatorischen Vor- 11 schriften des WAG und insb des § 17 WAG hängt von Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten des Rechtsträgers ab. Dabei geht das Konzept des WAG davon aus, dass ein Rechtsträger prinzipiell alle organisatorischen Anforderungen erfüllen muss, diese jedoch ganz individuell auf sein Geschäftsmodell ausrichten kann. Das heißt, je komplexer und umfangreicher, aber auch je risikoreicher das Geschäftsmodell des Rechtsträgers ausgestaltet ist, desto umfangreicher muss auch das Organisationskonzept zur Sicherstellung der Einhaltung und Umsetzung des WAG im Unternehmen eingerichtet sein. Das WAG legt die Verantwortung für die konkrete Ausgestaltung der Organisation in die Hände der Unternehmen selbst, welche jedoch gefordert sind, das eigene Geschäftsmodell zu evaluieren und zu dokumentieren, warum allfällige Erleichterungen in der Organisation gerechtfertigt erscheinen. Bei der Evaluierung der Beurteilung der Art, des Umfangs und Kom- 12 plexität der Geschäftstätigkeit können beispielhaft nachfolgende Kriterien bzw Fragestellungen eine Hilfestellung bieten: Welche Geschäftstätigkeiten werden insgesamt (auch außerhalb der Wertpapierdienstleistungen) ausgeübt – dabei sollten die Unternehmensziele und -strategien, Wechselwirkungen zwischen dem Wertpapiergeschäft und anderen Geschäftstätigkeiten des Rechtsträgers Be221
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rücksichtigung finden. In die Evaluierung sind auch Bilanz- bzw Ertragskennzahlen insb die Höhe der Bilanzsumme, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und das Provisionsergebnis des Rechtsträgers miteinzubeziehen. Ebenso lassen sich von der Beschaffenheit des Vertriebsmodells insb der Anzahl der angestellten Vertriebsmitarbeiter, der Anzahl der vertraglich gebundenen Vermittler sowie der Anzahl der Finanzdienstleistungsassistenten Rückschlüsse auf die Art, den Umfang und die Komplexität der Geschäftstätigkeit ziehen. Wesentlich für die Bestandsaufnahme ist darüber hinaus die Beschaffenheit des Produktportfolios, insbesondere welche Produkte vertrieben werden (hauptsächlich standardisierte oder strukturierte bzw risikoreiche Produkte wie zB derivative Produkte, Produkte mit Marginverpflichtungen, Nachschusserfordernissen etc). Die Kundenstruktur (Privatkunden, professionelle Kunden, geeignete Gegenparteien oder börsenotierte Kunden) sowie der Organisationsgrad der IT (inwieweit erfolgt die Abbildung der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Informationseinholung und -weitergabe in der EDV, EDV-unterstützte Beratungsprozesse bzw Kontrollfunktionen, etc) sind ebenso in die Evaluierung miteinzubeziehen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 2). 13 Hinsichtlich der Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten können bspw folgende Fragestellungen bzw Kriterien zur richtigen Einschätzung der eigenen Geschäftstätigkeit herangezogen werden: Welche konkreten Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten werden erbracht (lediglich Vermittlung und/oder auch Beratung und Portfolioverwaltung)? In welchem Umfang werden die einzelnen Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten erbracht (absolut und im Verhältnis zu den übrigen Geschäftsaktivitäten)? In welchem Verhältnis stehen diese Tätigkeiten in Bezug auf das Volumen und den Ertrag? (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 2 f). Als Grundsatz kann hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit festgehalten werden, dass je komplexer und umfangreicher, aber auch je risikoreicher die Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers ausgestaltet ist, umso weniger können organisatorische Erleichterungen in Anspruch genommen werden (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 2).
II. Steuerung des Informationsflusses im Unternehmen 14 Den Erl RV folgend setzt § 17 Abs 2 den Art 5 Abs 2 MiFID-DRL
um. Die internen Kontrollverfahren gemäß § 16 Z 3 WAG aF mussten 222
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auch schon nach alter Rechtslage die organisatorischen Maßnahmen zur Verhinderung der missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen sicherstellen bzw kontrollieren. § 16 Z 3 WAG aF war hier im Hinblick auf § 82 Abs 5 BörseG die allgemeinere Norm, die insiderrelevante Bezüge miteinschließt, während sich § 82 Abs 5 BörseG ausschließlich mit der Insiderprävention durch Information, interne Richtlinien und organisatorische Maßnahmen befasst (so Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 85). Die Compliance-Anforderungen haben die Zielrichtung, den innerbetrieblichen Informationsfluss durch flankierende organisatorische Vorgaben („Chinese Walls“) so zu steuern, dass ein unkontrolliertes „Diffundieren“ sensibler Informationen durch mehrere bzw sämtliche Geschäftsbereiche hintangehalten wird (so Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 86). Als eine organisatorische Maßnahme zur Sicherstellung der Vertrau- 15 lichkeit hat sich im Bereich der Insiderprävention die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen etabliert. Diese stellen solche Einheiten von Kreditinstituten dar, die von anderen Einheiten durch organisatorische Maßnahmen hinsichtlich des Informationsaustausches abzugrenzen sind, weil dort ständig oder anlassbezogen Insiderinformationen anfallen können (vgl SCC 2008 „Insiderrecht und Marktmanipulation“, 3). Die Vertraulichkeitsbereiche können aber auch zur Sicherstellung der Anforderungen des § 17 Abs 2 genutzt werden. Wesentlich ist, dass die Informationen nicht verloren gehen, richtig und vollständig und in einer angemessenen Zeit reproduzierbar sind, nur einem ihrer jeweiligen Vertraulichkeit angemessenen Personenkreis zugänglich und vor Zugriff unberechtigter Dritter geschützt sind (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 5).
III. Notfallplanung Gemäß Erl RV zu § 17 Abs 3 setzt dieser Art 13 Abs 4 MiFID und 16 Art 5 Abs 3 MiFID-DRL um. Abs 3 spricht die Notfallplanung an, welche beispielsweise in Bezug auf die IT-Systeme von großer Bedeutung ist. Bei Ausfall des IT-Systems sind Systeme, Ressourcen und Verfahren einzurichten und Vorkehrungen zu treffen, sodass dennoch die Wertpapierdienstleistungen erbracht werden können (zB durch Weiterleitung von Wertpapierorders per Fax). Daneben sind auch für die Datensicherung entsprechende Vorkehrungen zu treffen, sodass bei einem Systemabsturz die Daten wiederhergestellt werden können. Anleitungen für eine Notfallplanung finden sich im „Leitfaden der FMA/ 223
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OeNB“ (FMA/OeNB, Leitfaden, Management des operationellen Risikos, November 2005, Punkt 3, Spezielle Maßnahmen im Management des operationellen Risikos, 65 f).
IV. Beschwerdewesen 17 Laut Erl RV setzt § 17 Abs 5 den Art 10 MiFID-DRL um. Mit § 17
Abs 5 wurde nun erstmals die Einrichtung eines Beschwerdemanagements statuiert, das in den diversen Kommentaren zum WAG aF bereits bisher in Auslegung von § 16 Z 1 WAG aF als notwendiges Mittel und Verfahren zur Durchführung von Wertpapierdienstleistungen angesehen wurde. Gleiches findet sich auch im Leitfaden zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln, lediglich das „Wie“ bleibt dem Institut überlassen (vgl Schreiben der WKÖ vom März 2004 „Aus der Sicht der FMA notwendiger Anpassungsbedarf aus der Umsetzung der CESR-Wohlverhaltensregeln“, Weitere Maßnahmen, Punkt 16). 18 Aufgabe der Compliance-Organisation ist ua, das ordnungsgemäße Verhalten der Mitarbeiter zu überwachen, allfällige Regelverstöße festzustellen und Abhilfe zu schaffen (vgl SCC 2008, „Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance“, 2). Beschwerden können Indikatoren für ein allfälliges nichtregelkonformes Verhalten des Rechtsträgers bzw der Mitarbeiter sein (vgl § 18 Rz 20). Daher ist der Compliance-Officer neben der Einbindung in möglichst viele Informations- und Berichtsprozesse, aber auch in das Beschwerdewesen des Rechtsträgers zumindest passiv einzubinden (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 6). Werden Beschwerden dem Compliance Officer vorgelegt, so hat dieser dem Kunden das Einlangen der Beschwerde zu bestätigen und eine Beantwortung in Aussicht zu stellen. Der Compliance Officer hat vom zuständigen Mitarbeiter umgehend eine Stellungnahme anzufordern und bei Vorliegen sämtlicher Unterlagen den Beschwerdefall direkt zu beantworten (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 170 ff). Um eine angemessene und unverzügliche Bearbeitung der Beschwer19 den von Privatkunden sicherzustellen, müssen gemäß § 17 Abs 5 wirksamen und transparente Verfahren eingerichtet sein. Transparent kann ein Verfahren nur dann sein, wenn es allen Betroffenen bekannt ist. Die schriftliche Abfassung des Verfahrens zum Umgang mit Privatkundenbeschwerden im Rahmen einer internen Richtlinie bzw Dienstanweisung und entsprechende Information an die Mitarbeiter scheint unerlässlich. Darin sollte definiert sein, ab wann von einer Kundenbeschwerde auszugehen ist, und diese von einer Reklamation abzugrenzen. Wünschenswert wäre es, eine zentrale Stelle für die Bearbeitung bzw Koordination 224
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
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der eingehenden Beschwerden einzurichten, damit zentral abrufbar ist, welche Beschwerden eingegangen sind, und welche Schritte zur Bearbeitung gesetzt wurden. Um die Wirksamkeit des Beschwerdewesens sicherzustellen, ist die Geschäftsleitung über die eingelangten und bearbeiteten Beschwerden regelmäßig zu informieren. Nach Eingang der Beschwerde bzw nachdem entsprechende Maßnah- 20 men getroffen wurden, sind die Beschwerde eines Privatkunden und die in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen aufzuzeichnen und gemäß § 22 Abs 2 grundsätzlich zumindest fünf Jahre aufzubewahren (vgl FMA-Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG, Pkt 3).
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“) § 18. (1) Ein Rechtsträger hat durch Festlegung angemessener Strategien und Verfahren dafür zu sorgen, dass er selbst, seine Geschäftsleitung, Beschäftigten und vertraglich gebundenen Vermittler den Verpflichtungen dieses Bundesgesetzes sowie den Vorkehrungen für persönliche Geschäfte gemäß § 24 dieser Personen nachkommen. (2) Der Rechtsträger hat angemessene Grundsätze und Verfahren festzulegen und laufend einzuhalten, die darauf ausgelegt sind, jedes Risiko einer etwaigen Missachtung der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten sowie die damit verbundenen Risiken aufzudecken. Durch angemessene Maßnahmen und Verfahren sind diese Risiken auf ein Mindestmaß zu beschränken. Hierbei ist zu gewährleisten, dass der FMA alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, sodass sie ihre Befugnisse wirksam ausüben kann. Der Art, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ist Rechnung tragen. (3) Ein Rechtsträger hat eine unabhängige Compliance-Funktion dauerhaft einzurichten, die folgende Aufgaben hat: 1. Die Überwachung und regelmäßige Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Verfahren gemäß Abs. 1, sowie der Maßnahmen, die zur Behebung etwaiger Mängel unternommen wurden; 2. die Beratung und Unterstützung der für Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zuständigen relevanten Personen im Hinblick auf die Einhaltung der in diesem Hauptstück für den Rechtsträger festgelegten Pflichten. 225
§ 18
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(4) Damit die Compliance-Funktion ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig wahrnehmen kann, hat der Rechtsträger Folgendes zu gewährleisten: 1. Die mit der Funktion betrauten Personen müssen über die notwendigen Befugnisse, Ressourcen und Fachkenntnisse verfügen und zu allen für sie relevanten Informationen Zugang haben; 2. es ist ein Compliance-Beauftragter zu benennen, der für die Compliance-Funktion und die Erstellung eines Tätigkeitsberichts verantwortlich ist; 3. relevante Personen, die in diese Funktion eingebunden sind, dürfen nicht in die Dienstleistungen oder Tätigkeiten eingebunden werden, die sie überwachen; 4. das Verfahren, nach dem die Vergütung der in diese Funktion eingebundenen relevanten Personen bestimmt wird, darf weder deren Objektivität beeinträchtigen noch dazu geeignet sein. Die unter Z 3 und 4 genannten Anforderungen müssen nicht erfüllt werden, wenn der Rechtsträger nachweist, dass diese aufgrund der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig sind und die Compliance-Funktion auch ohne Erfüllung dieser Anforderungen einwandfrei ihre Aufgabe erfüllt. Schrifttum: Bauer/Brinkmann/Meierhöfer/Schäfer, Finanz Colloquium Heidelberg 2004, Compliance in der Kreditwirtschaft; CESR, CESR s technical advice to the European Commission on the first set of mandates under the Directive on Markets in Financial Instruments (MiFID), 03. 02. 2005, Ref CESR 05/-024 c; Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/ EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008; European Commission, Background Note, Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/ EC, 06. 02. 2006; FMA, FMA-Mindeststandards für die Interne Revision von Kreditinstituten, 18. 02. 2005 („FMA-MS-IR“); FMA, Rundschreiben betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007); Gapp, Internal Governance für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, Organisationsvorschriften nach Basel II, ÖBA 2007, 169; Giesen, Die Haftung des Compliance-Officers gegenüber seinem Arbeitgeber – Haftungsprivilegierung bei innerbetrieblichem Schadensausgleich, CCZ 2009, 102; Hense/Renz, Die Wandlung der Compliance-Funktion im Wertpapierdienstleistungsunternehmen unter besonderer Beachtung der neuen Berichtspflicht an das Senior-Management CCZ 2008, 181; Illing/Umnuß, Die arbeitsrechtliche Stellung des Compliance Managers – insbesondere Weisungsunterworfenheit und Reportingpflichten, CCZ 2009, 1; Kraft/Winkler, Zur Garantenstellung des Compliance-Officers – Unterlassungsstrafbarkeit durch
226
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
Organisationsmangel, CCZ 2009, 29; Lösler, Zur Rolle und Stellung des Compliance-Beauftragten, WM 2008, 1098; Lösler, Spannungen zwischen der Effizienz der internen Compliance und möglichen Reporting-Pflichten des Compliance Officers, WM 2007, 676; Lösler, Das moderne Verständnis von Compliance im Finanzmarktrecht, NZG 2005, 104; Lucius, Der Standard Compliance Code des österreichischen Bankwesens, ÖBA 1994, 148; Lucius, Der Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, CCZ 2008, 186; Lucius/ Pichler/Rudorfer, Compliance in Banken. Eine zusammenfassende Darstellung aller Compliance-Vorschriften im Kapitalmarktbereich (2000); Lucius/Resch, Die Umsetzung von Analysestandards in Österreich – Ein Regelungsmodell für Europa?, ÖBA 2005, 587; Mengl/Pradler, Aktuelle internationale Trends im Compliance-Bereich unter Berücksichtigung der Neuregelungen durch die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, ZFR 2006, 30; Röh, Compliance nach der MiFID – zwischen höherer Effizienz und mehr Bürokratie, BB 2008, 398; Sandmann, Der Compliance-Bericht im Wertpapierdienstleistungsunternehmen, CCZ 2008, 104; Schlicht, Compliance nach der Umsetzung der MiFIDRichtlinie, BKR, 2006, 469; Spindler, Compliance in der multinationalen Bankengruppe, WM 2008, 905; Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, Stand 28. 12. 2007 – (SCC 2008); Standard Compliance Code der österreichischen Pensionskassen gemäß § 48 s in Verbindung mit § 82 (5) Börsegesetz; Standard Compliance Code der österreichischen Versicherungswirtschaft (Version 4.0 vom 08. 10. 2009); Wieland, Unternehmensethik und Compliance, CCZ 2009, 15. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 18): „Abs. 1 setzt Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Die in der Richtlinie vorgesehene (dauerhafte) ‚Unterhaltung‘ wurde nicht übernommen, da sich aus dem Zweck der Bestimmung ergibt, dass eine Funktion, die einzurichten ist, auch beibehalten und entsprechend unterstützt werden muss. Die in Abs. 1 und Abs. 2 verwendete Phrase ‚in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten‘ umfasst jedenfalls auch sämtliche durch Verordnung der FMA erfolgte Konkretisierungen dieser Pflichten. Abs. 4 setzt Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. III. A. B. C. 1. 2.
Ausgangslage im Compliance-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Verständnis nach WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Policy sowie Maßnahmen und Verfahren zur Risikominimierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Funktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben der Compliance-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–6 7–43 7–9 10–17 18–43 18 19–22
227
§ 18 3.
4. 5.
Muther-Pradler/Ortner Voraussetzungen für die Unabhängigkeit der ComplianceFunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Befugnisse, Ressourcen und Fähigkeiten der ComplianceFunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Compliance-Beauftragter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verbot der Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vergütungsstruktur der Compliance-Funktion. . . . . . . . . . . . . Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Compliance-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auslagerung von Compliance-Agenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23–35 23–25 26–33 34 35 36–42 43
I. Ausgangslage im Compliance-Bereich 1 Compliance war bis dato nur sehr eingeschränkt gesetzlich ver-
ankert. In § 16 Z 3 WAG aF war die Verpflichtung statuiert, über angemessene interne Kontrollverfahren zu verfügen, die geeignet sind, Verstößen gegen Verpflichtungen des WAG aF entgegenzuwirken. § 16 Z 3 WAG aF hat bereits Hausmanniger (Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 14) als Compliance-Vorschrift, dh als eine innerbetriebliche Vorschrift, welche die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen gewährleisten soll, identifiziert. Ergänzt wird diese Bestimmung durch die seit Inkrafttreten der BörseGNov 1993 in § 82 Abs 5 BörseG statuierte Verpflichtung, Insidergeschäfte hintanzuhalten, Dienstnehmer und sonst für das Unternehmen tätige Personen über das Verbot von Insidermissbrauch zu unterrichten, interne Richtlinien für die Informationsweitergabe im Unternehmen zu erlassen und deren Einhaltung zu überwachen sowie geeignete organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen zu treffen. Diese Verpflichtung trifft neben Emittenten des amtlichen und geregelten Freiverkehrs auch sämtliche Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Pensionskassen vgl § 48 s iVm § 82 Abs 5 BörseG. 2 Wie Kalss/Oppitz/Zollner feststellen, ist die Rechtslage im Compliance Bereich zersplittert und Compliance nicht einheitlich geregelt (Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 Rz 3). So enthält nämlich § 82 Abs 6 BörseG (Abs 5 a wurde nach Umsetzung der Transparenzrichtlinie – RL 2004/109/EG – im BörseG gestrichen) eine Verordnungsermächtigung für die FMA dahingehend, die Grundsätze für die Informationsweitergabe im Unternehmen sowie die organisatorischen Maßnahmen des § 82 Abs 6 BörseG zu determinieren. Die FMA hat ihre Verordnungsermächtigung lediglich im Bereich der Emittenten 228
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
ausgenutzt (Emittenten Compliance Verordnung 2007 – ECV 2007). Mit der ECV 2007 werden alle Emittenten von Aktien und aktienähnlichen Wertpapieren, die an einem inländischen geregelten Markt zugelassen sind, angehalten ua ständige bzw anlassbezogene Vertraulichkeitsbereiche einzurichten, eine Compliance Richtlinie festzuschreiben sowie der FMA einmal jährlich einen Tätigkeitsbericht vorzulegen. Als weitere organisatorische Maßnahmen sieht die ECV 2007 insb das Festsetzen von Sperrfristen bzw Handelsverboten, das Führen eines Insiderverzeichnisses sowie die Bestellung eines direkt der Geschäftsleitung unterstehenden Compliance-Verantwortlichen (sofern es Größe und Struktur des Unternehmens erfordert) vor. Mit der im Jahre 2002 erstmals veröffentlichten ECV wurde in Österreich zumindest im Bereich der Emittenten bereits eine Verrechtlichung der ComplianceStruktur angestrebt. Im Bereich der Kreditinstitute, der Versicherungsunternehmen und Pensionskassen hat sich die Festlegung der Inhalte der oben angeführten Verordnung in Form von Selbstregulierungswerken durchgesetzt (vgl Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft – SCC 2008 [Stand 28. 12. 2007]; Standard Compliance Code der österreichischen Versicherungswirtschaft [Version 4.0 vom 08. 10. 2009]; Standard Compliance Code der österreichischen Pensionskassen gemäß § 48 s in Verbindung mit § 82 [5] Börsegesetz). Auf Grund seiner langen Tradition (der SCC geht auf eine Initiative der Arbeitsgruppe „Initiative Kapitalmarkt Österreich“ unter der Leitung der Österreichischen Bankwissenschaftlichen Gesellschaft Ende 1992 zurück und wurde 1994 erstmals in Kraft gesetzt) (vgl Lucius, CCZ, 2008, 188) und der umfassenden Akzeptanz durch die Marktteilnehmer wurde bis dato von der Erlassung einer Verordnung durch die FMA abgesehen. Mit dem neuen SCC 2008 wurde im Vergleich zu den Vorversionen, 3 die zumeist lediglich die Anpassung an neue gesetzliche Rahmenbedingungen beinhalteten, ein völlig neues Konzept des SCC vorgestellt. Der SCC 2008 besteht nunmehr aus insgesamt 7 Modulen, wobei das Modul 1 – die „Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance“ – eine übergeordnete Regelung darstellen soll (vgl Lucius, CCZ 2008, 189). Die weiteren Module regeln jeweils spezielle Themenbereiche, welche auch unabhängig von Modul 1 in der Praxis zur Auslegung herangezogen werden können. Die Aufteilung der einzelnen Regelungen in Module soll die Übersichtlichkeit gewährleisten, aber auch eine rasche Überarbeitung ermöglichen, zudem soll die Lesbarkeit verbessert und vereinfacht werden (vgl Lucius, CCZ 2008, 189). Das Modul 2 befasst sich mit organisatorischen und sonstigen Maßnahmen iZm Marktmissbrauch (Insiderhandel und Marktmanipulation) und spezifiziert die 229
§ 18
Muther-Pradler/Ortner
einzusetzenden Compliance Werkzeuge – ua die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen sowie das Führen von Beobachtungs- und Sperrliste (vgl auch § 35 Rz 15 ff). Das Modul 3 beinhaltet die „Richtlinie für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten und liefert für die Anwendung der §§ 23 f WAG wichtige Anhaltspunkte. Modul 4 befasst sich mit dem Themenbereich der „Interessenkonflikte und Vorteile“ und gibt wichtige Hinweise hinsichtlich der Einrichtung organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten, aber auch den angemessenen Umgang mit solchen (ua Einrichtung eines Konfliktregisters oder Konfliktbeobachtungsliste) (vgl § 35 Rz 10 f). Modul 5 widmet sich dem Thema der „Orderdurchführung“ und enthält praxisrelevante Auslegungen hinsichtlich der Execution Policy (vgl § 52 Rz 1 ff). Die bereits bestehenden „Österreichischen Analysegrundsätze“ aus dem Jahre 2005, welche die „Grundsätze ordnungsgemäßer Finanzanalyse“ sowie die „Mindeststandards für Finanzanalysen“ umfassen, bilden das Modul 6. Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 InvFG und § 2 ImmoInvFG unterliegen in ihrer Eigenschaft als Kreditinstitute grundsätzlich dem SCC 2008. Ihre eingeschränkte Geschäftstätigkeit macht es jedoch erforderlich für diese Sonderregeln vorzusehen, welche in Modul 7 niedergeschrieben sind. Die Module 1 bis 3 gelten in Form des Moduls 7 für alle Kapitalanlagegesellschaften. Die Module 4 und 5 sind nur auf jene Kapitalanlagegesellschaften anwendbar, die über die Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Sinne des § 3 Abs 2 Z 1 und 2 verfügen. Auf Grund der umfassenden Darstellung wichtiger Themenbereiche aus dem WAG im Rahmen des SCC 2008, ist dieser nun nicht mehr als reines Selbstbindungswerk zu verstehen, da er mitunter auch die gesetzlich festgeschriebenen Anforderungen des WAG wiederholt. Er geht aber weit darüber hinaus und liefert für die tägliche Anwendung wichtige Auslegungshinweise und praxisrelevante Beispiele.
II. Compliance-Verständnis nach WAG 4 Mit der Übernahme von ausdrücklichen Anforderungen im Complian-
ce-Bereich in das WAG liegen nunmehr neben den börsegesetzlichen Vorgaben des § 82 Abs 5 und der ECV 2007 auch allgemeine Compliance-Anforderungen unabhängig von den Vorgaben in Bezug auf die Insiderprävention in gesetzlicher Form vor. Die erweiterte Aufgabenzuweisung sowie ein schärferes Anforderungsprofil an Compliance tragen dazu bei, den Stellenwert von Compliance zu erhöhen (vgl 230
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
Röh, BB 2008, 410). Zudem wird sich die Compliance Funktion infolge der MiFID durch den verstärkten Focus ebenso wie die gesetzliche Benennung von bisherigen aus der „Best Practice“ bekannter Aufgaben weiter professionalisieren (vgl Hense/Renz, CCZ 2008, 182). Die weitere Verrechtlichung von Compliance wird dazu führen, dass die Selbstregulierungswerke etwas in den Hintergrund rücken. Es ist aber davon auszugehen, dass der neue SCC 2008 in Fortführung des SCC 1994 ebenso als Handelsbrauch gelten wird. Dies wird durch die Tatsache unterstrichen, dass sich alle Kreditinstitutssektoren schriftlich zur Einhaltung der Bestimmungen des SCC 2008 verpflichtet haben (vgl Lucius, CCZ 2008, 190). Der SCC 2008 sowie die Selbstregulierungswerke der anderen Unternehmensgruppen werden aber auf Grund ihrer praxisrelevanten Ausführungen auch nach Umsetzung des WAG ihre volle Berechtigung haben. Ausführlich zur Rechtsnatur und den Vor- und Nachteilen der Selbstregulierung am Beispiel des SCC vgl Lucius/Resch, ÖBA 2005, 590 sowie Lucius, CCZ 2008, 187. Der Trend, Compliance sehr weit zu verstehen, hat sich nunmehr 5 durch die Regelung der MiFID-DRL endgültig im europäischen Regelungskontext verankert. Compliance beschränkt sich nun nicht mehr nur auf die Organisation in Bezug auf die Vermeidung von Insiderhandel, Kontrolle der Mitarbeitergeschäfte und Interessenkonfliktmanagement. Die allgemeine Risikovermeidung in Hinblick auf die Nichteinhaltung des WAG stellt nunmehr einen wichtigen Bestandteil der Tätigkeit des Compliance-Beauftragten bzw der ComplianceFunktion dar. Kreditinstitute, welche sich mit dem SCC 2008 ein sehr detailliertes Regelwerk als Grundlage für die Abdeckung der Compliance-Anforderungen auferlegt haben, werden ihre Compliance-Funktionen auf das nunmehr weitere Verständnis von Compliance anpassen müssen. In die gleiche Richtung geht schon Lösler, NZG 2005, 104. Mengl/Pradler, ZFR 2006, 30 beschreiben die internationalen Trends im Compliance Bereich, ua das Papier des Basel Committee on Banking Supervision, Compliance and the compliance functions in banks, April 2005 sowie den „Final Report Compliance function at market intermediaries“, A report of the technical committee of the international organisation of securities commissions, March 2006. Weiters zeigen Mengl/Pradler den Trend von der Wertpapier-Compliance zur Unternehmens-Compliance auf (vgl Mengl/Pradler, ZFR 2006, 34). Gapp geht davon aus, dass die Aufgaben von Compliance im weiten Sinn in Österreich bei Kreditinstituten weitgehend von der nach § 42 BWG einzurichtenden internen Revision übernommen werden (vgl Gapp, ÖBA 2007, 173). Eine Neuorientierung der Aufteilung der Aufgaben der einzelnen Funktionen wird nach Umsetzung des 231
§ 18
Muther-Pradler/Ortner
WAG in jedem Fall erforderlich sein. Die Compliance-Funktion kann auch koordinierend für die anderen Funktionen des Unternehmens tätig werden, ohne selbst alle ihr übertragenen Aufgaben wahrzunehmen. 6 Für Wertpapierfirmen bringt die gesetzliche Vorschrift, eine Compliance-Funktion einzurichten, gravierende Herausforderungen mit sich. Da generell eine unabhängige Compliance-Funktion gefordert ist, von deren Unabhängigkeit nur im Einzelfall abgewichen werden kann, sind insb große Wertpapierfirmen mit komplexer Geschäftstätigkeit nun erstmals gefordert, in ihrer internen Organisationsstruktur eine unabhängige Compliance-Funktion zu etablieren (vgl Rz 19; 36 ff).
III. Compliance-Grundsätze A. Allgemeines 7 Laut Erl RV wird in § 18 Abs 1 der Art 13 Abs 2 MiFID umgesetzt.
Die textlichen Abweichungen in Hinblick auf die in Art 13 Abs 2 MiFID vorgesehenen einschlägigen Vorschriften für die persönlichen Geschäfte und die in § 18 Abs 1 festgelegten Vorkehrungen für persönliche Geschäfte ergeben sich aus der Anpassung der Level 1 Regelungen der MiFID an die Anforderungen der Level 2 MiFID-DRL (Art 11 und 12). Zur möglichen generellen Abweichung der englischen Version von der dt Fassung siehe Mengl/Pradler, ZFR 2006, 33 FN 25. 8 § 18 Abs 1 richtet sich an den Rechtsträger und benennt darüber hinaus den Rechtsträger selbst, seine Geschäftsleitung, Beschäftigten und vertraglich gebundene Vermittler als Adressaten für die Festlegung der angemessenen Strategien und Verfahren. Nicht dezidiert in diese Aufzählung aufgenommen sind die in § 2 Abs 1 Z 15 natürlichen Personen, die, wenngleich selbstständig, eine oder mehrere Dienstleistungen gemäß § 3 Abs 2 Z 1 und 3 ausschließlich bezüglich Finanzinstrumenten gemäß § 1 Z 6 lit a und c im Namen und auf Rechnung einer Wertpapierfirma gemäß § 3, eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, eines österreichischen Kreditinstituts oder eines österreichischen Versicherungsunternehmens erbringen (sog Finanzdienstleistungsassistenten). Dennoch hat der Rechtsträger auch für Finanzdienstleistungsassistenten für die Einhaltung der Verpflichtung im Sinne des § 18 Abs 1 und 2 zu sorgen, da der Rechtsträger gemäß § 2 Abs 1 Z 15 für das Verschulden der Personen, derer er sich bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen bedient, gemäß § 1313 ABGB haftet und das Verhalten der selbstständigen Vertreter jedenfalls nur dem Unter232
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
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nehmen selbst zuzurechnen ist (Näheres zum Thema Finanzdienstleistungsassistenten vgl § 2 Rz 14 ff). Nachdem die Regelungen des Art 13 Abs 2 MiFID in der MiFID- 9 DRL umfassend näher determiniert wurden, ist jedoch § 18 Abs 1 primär als programmatischer Satz zu verstehen, dessen detailliertere Anforderungen sich in den § 18 Abs 2 bis 4 sowie in den §§ 24 und 25 WAG wiederfinden.
B. Compliance-Policy sowie Maßnahmen und Verfahren zur Risikominimierung § 18 Abs 2 setzt gemäß Erl RV Art 6 Abs 1 MiFID-DRL um. Wie zu 10 § 15 WAG (vgl § 15 Rz 12) ausgeführt, sind die in § 18 Abs 2 geforderten Grundsätze und Verfahren sowie die Maßnahmen und Verfahren anhand der Art, des Umfangs und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers sowie der Art und des Umfangs der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten auszurichten. Die Ausgestaltung der Compliance-Policy sowie der Maßnahmen zur Risikominimierung richtet sich daher nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl § 17 Rz 11 f). Dies ist durchaus nachvollziehbar, da ein Unternehmen das zB lediglich standardisierte Produkte vermittelt, seine Risiken leichter als ein Unternehmen begrenzen kann, das eine größere und risikoreichere Produktpalette (zB derivative Produkte) vermittelt. Ein solches Unternehmen hat insgesamt mehrere und komplexere gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, daher ist das Risiko der Nichteinhaltung des WAG größer und muss durch konkreter ausgestaltete Grundsätze und Verfahren gesteuert werden. Ebenso muss der Rechtsträger seine Maßnahmen und Verfahren zur Risikobeschränkung seinem komplexen Geschäftsbereich anpassen. Jedes Unternehmen hat daher eine Bestandsaufnahme seiner Ge- 11 schäftstätigkeit vorzunehmen und insb dahingehend zu prüfen, wo das Schwergewicht des Geschäftes und daraus folgend mögliche Risiken der Nichteinhaltung des WAG liegen. Brinkmann spricht von einer sog Selbsteinstufung in Hinblick auf Art und Umfang der zu treffenden organisatorischen Maßnahmen (vgl Brinkmann in Bauer/ Brinkmann/ Meierhöfer/Schäfer, Finanz Colloquium Heidelberg [2004] 71). Bei der Risikobewertung sind auch die potentiellen (finanziellen) Auswirkungen eines Verstoßes gegen zivil- und/oder verwaltungsrechtliche Bestimmungen einzubeziehen, aber auch die Gefahr eines Abweichens von anerkannten Selbstbindungsstandards wie bspw dem SCC 2008 (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 6). 233
§ 18
Muther-Pradler/Ortner
12 Der Rechtsträger ist darüber hinaus auch gefordert, mögliche neuauf-
tretende Gefährdungspotentiale laufend mitzuberücksichtigen. Neue Risikopotentiale können bspw durch die Neuaufnahme eines Geschäftsfeldes, die wesentliche Verstärkung von Aktivitäten innerhalb eines Geschäftsfeldes oder die Aufnahme neuer Produkte in seine Produktpalette, aber auch durch die Änderungen in (Unterstützungs-) Prozessen, beispielsweise durch Wechsel des IT-Anbieters auftreten (vgl Haußwald in Compliance-Konsequenzen aus der MiFID, Rz 32). 13 Gebauer/Niermann sehen es als fortlaufende Aufgabe für die Compli-
ance-Abteilung an, die Analyse des Compliance-Risikos vorzunehmen, dabei ist ein vierstufiger Prozess zu durchlaufen. Auf Stufe eins ist die Erhebung der Affinität eines Analysegegenstandes für die Verwirklichung von Compliance-Risiken vorzunehmen, auf Stufe zwei erfolgt die Ermittlung von Eintrittswahrscheinlichkeiten und möglichen Schadenshöhen. Auf Stufe drei sind in Abhängigkeit von der Risikobewertung zur Steuerung von Compliance-Risiken, risikoreduzierende Maßnahmen zu erarbeiten. Im Einzelfall kann auf Stufe vier eine Überwachung der ergriffenen Maßnahmen erforderlich sein. Als Analysegegenstand kommen einzelne Gesetze, einzelne Geschäftsbereiche, einzelne Filialen oder einzelnen Produkte in Betracht. Für die Risikobewertung kann die Compliance-Abteilung ua auf ihre technisch unterstützten Monitoring-Systeme zurückgreifen. Indikationen können darüber hinaus ansteigende Kundenbeschwerden oder irreguläre Handels- oder Zahlungsaktivitäten sein (vgl Gebauer/Niermann, in Hauschka [Hrsg], Corporate Compliance2 § 36 Rz 39). 14 Eine Aufzählung praxisrelevanter Fragestellungen liefert Schlicht,
die iZm der Bewertung der Angemessenheit der oben angeführten Grundsätze und Verfahren, die Verfahren zur Bewertung des Ordervolumens, die Aktivitäten des Eigenhandels sowie die Vertriebsstruktur, die Insider- und Interessenkonfliktpotentiale, die Betreuungsverhältnisse, die Anzahl der Mandatsträger und die Tätigkeitsfelder wie zum Beispiel IPO-Begleitungen, Vermögensverwaltung und Analysetätigkeiten einer Risikobewertung unterzieht (Schlicht, BKR 2006, 470). 15 Nach der in Rz 11 beschriebenen Bestandsaufnahme sind die Grund-
sätze und Verfahren in einer Compliance-Policy (Compliance-Richtlinie, Compliance-Handbuch) niederzuschreiben. Marbeiter empfiehlt eine Zweiteilung in eine Compliance-Policy, in welcher die Delegation der Pflichten vom Vorstand auf eine Compliance-Abteilung, die Rolle von Compliance im Unternehmen definiert und Compliance mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet wird. Im Gegensatz dazu soll das Compliance-Handbuch dazu dienen, die Mitarbeiter im Unternehmen über die konkreten Verhaltensweisen und -regeln zu informieren 234
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
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(vgl Marbeiter, in Compliance – Konsequenzen aus der MiFID, Rz 58). Weiters sind die Maßnahmen zu definieren, also jene Abläufe und 16 Kontrollschritte zu installieren bzw zu steuern (zB durch entsprechende Richtlinien und Dienstanweisungen), die das Risiko der Verletzung des WAG auf ein Mindestmaß beschränken. Vgl auch die Begründung zu § 13 Abs 2 WpDVerVO des dt Bundesministeriums der Finanzen, wo festgehalten ist, dass zur Minimierung der Risiken die Verfahren und Maßnahmen an die Mitarbeiter zu kommunizieren und diese diesbezüglich zu schulen sind. Das betrifft bspw die internen Grundsätze zum Interessenkonfliktmanagement und Leitlinien und Maßnahmen in Bezug auf Mitarbeitergeschäfte. Wesentlich ist, dass das Unternehmen den Entscheidungsprozess beim 17 Festlegen der Grundsätze und Verfahren, um Risiken der Nichteinhaltung des WAG zu erkennen und zu minimieren, entsprechend dokumentiert. Der Aufsicht muss plausibel gemacht werden können, warum die Grundsätze und die Verfahren bzw die Maßnahmen und die Verfahren nach den oben festgehaltenen Kriterien angemessen und ausreichend sind, um Risiken gegen Verstöße gegen das WAG aufzudecken und zu minimieren. In Abs 2 vorletzter Satz ist daher auch festgeschrieben, dass der Rechtsträger beim Definieren der Grundsätze und Verfahren sowie der Maßnahmen zu gewährleisten hat, dass der FMA alle erforderlichen Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung gestellt werden können, sodass diese ihre Befugnisse ausüben kann.
C. Compliance-Funktion 1. Allgemeines Den Erl RV folgend setzt § 18 Abs 3 den Art 6 Abs 2 MiFID-DRL 18 um. Erklärend wird in den Erl RV darüber hinaus festgehalten, dass die in der RL vorgesehene (dauerhafte) „Unterhaltung“ nicht übernommen wurde, da sich aus dem Zweck der Bestimmung ergibt, dass eine Funktion, die einzurichten ist, auch beibehalten und entsprechend unterstützt werden muss. Die in § 18 Abs 1 und Abs 2 verwendete Phrase „in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten“ umfasst jedenfalls auch sämtliche durch Verordnung der FMA erfolgten Konkretisierungen dieser Pflichten.
2. Aufgaben der Compliance-Funktion Gemäß Abs 3 Z 1 hat der Rechtsträger eine unabhängige Compliance- 19 Funktion dauerhaft einzurichten und weist ihr die Überwachung und 235
§ 18
Muther-Pradler/Ortner
regelmäßige Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Verfahren des Abs 1 und der Maßnahmen, die zur Behebung dieser Mängel unternommen wurden, als eine ihrer Aufgaben zu. Abs 3 steht nicht unter dem Vorbehalt des Verhältnismäßigkeitsprinzip, sodass jeder Rechtsträger grundsätzlich gefordert ist, eine unabhängige Compliance-Funktion einzurichten (vgl FMA, FMA-Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7; Resch/Dämon, in Braumüller/Ennöckl/ Gruber/Raschauer [Hrsg], Überblick über organisatorische Anforderungen an Rechtsträger im Hinblick auf das WAG 2007, 174). 20 Die Tätigkeit der Compliance-Funktion wird als laufender dyna-
mischer Prozess beschrieben. Sobald Missstände oder Mängel im Unternehmen auftreten, die dazu führen könnten, dass der Rechtsträger nicht mehr im Einklang mit dem Gesetz tätig werden kann, hat die Compliance-Funktion gegenzusteuern. Die Aufgabenstellung ist aber nicht damit beendet, reaktiv aktuelle Mängel zu beheben. Vielmehr hat die Compliance-Funktion proaktiv an der laufenden Verbesserung und Optimierung der internen Abläufe und Kontrollschritte mitzuarbeiten. Daher sollte der Compliance-Beauftragte in möglichst viele Informations- und Berichtsprozesse, aber auch in das Beschwerdewesen des Rechtsträgers zumindest passiv eingebunden sein. Darüber hinaus kann es möglich bzw sogar erforderlich sein, dass die Compliance-Funktion auch bspw in die Überprüfung von Marketingmitteilungen, in Produkteinführungsprozesse sowie Anlageberatungs-/Portfolioverwaltungs- und ähnliche Prozesse eingebunden ist, damit ihr möglichst viele Informationen zur Beurteilung von Compliance-Risiken zur Verfügung stehen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 6). Für eine effektive Wahrnehmung der Informations- und Beratungsfunktion von Compliance ist es notwendig, Compliance fest in den internen Geschäftsbereichen zu verankern. Eine möglichst frühe Einbindung von Compliance in die Entwicklung neuer Finanzprodukte und Vertriebsideen ist daher notwendig (vgl Lösler, NZG 2005, 105). Das Compliance-Management kann nur dann, wenn es auf allen relevanten Entscheidungsebenen und frühzeitig in allen relevanten Entscheidungsphasen „mit am Tisch sitzt“ seiner präventiven Aufgabenbestimmung nachkommen (vgl Wieland, CCZ 2008, 16). Durch die frühzeitige Einbindung von Compliance bei Fragen des Wertpapierhandels wird die präventiv wirkende Funktion von Compliance unterstrichen, dadurch können Gefahrenherde frühzeitig erkannt und Maßnahmen sowie Entscheidungen entsprechend ausgerichtet werden (vgl Schäfer in Compliance – Konsequenzen aus der MiFID, Rz 676). Feststellungen, dass Verfahren und Maßnahmen nicht angemessen sind, sollten dazu führen, dass es beispielsweise zu einer Änderung der 236
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
Ablauforganisation, zur Adaptierung von Richtlinien (insb der Compliance-Policy) oder zu einer nachhaltigen Schulung und Aufklärung der Mitarbeiter kommt. In § 18 Abs 3 Z 2 kommt der Compliance-Funktion eine Beratung 21 und Unterstützung der für Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zuständigen Personen im Hinblick auf die Einhaltung der im 2. Hauptstück festgelegten Pflichten zu. Die Beratungstätigkeit von Compliance wurde auch jetzt schon immer als eine wichtige Aufgabe der Compliance-Funktion angesehen und hat in Österreich auch im SCC 2008 (siehe „Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance“ Pkt 8.2.) seinen Niederschlag gefunden. Auf Grund des WAG wird sich die Beratungsfunktion von Compliance nun nicht mehr nur auf den Vorstand reduzieren, sondern die Compliance-Funktion soll für alle relevanten Personen als Hilfestellung zur Verfügung stehen (was aber auch jetzt schon gelebte Praxis in den meisten Kreditinstituten ist) (vgl zur dt Entwicklung Lösler, NZG 2005, 105, der es auch als Teil der Beratungs- und Informationsfunktion von Compliance ansieht, das Bewusstsein der Mitarbeiter für aus ihren Tätigkeiten folgende Risiken zu schärfen). Die Beratung muss sich dabei nicht auf eine reine Rechtsberatung 22 beschränken, sondern können bei Compliance auch geschäftspolitische Bereiche und Reputationsaspekte eine wichtige Rolle in der Beratung spielen. Beratungsfelder für Compliance liegen demnach in Bereichen, in denen auch das EDV-gestützte Monitoring durchgeführt wird, bei der Beurteilung von Kunden und Transaktionen. Daneben stellt auch die Beratung im Bereich der Organisation von Vertraulichkeitsbereichen (Chinese Walls; vgl dazu § 35 Rz 15 ff) einen Beratungsschwerpunkt von Compliance dar (vgl Gebauer/Niermann, in Hauschka [Hrsg], Corporate Compliance2 § 36 Rz 49). Hier wird noch einmal die proaktive Rolle der Compliance-Funktion umschrieben, denn die Beratung durch die Compliance-Funktion soll Hilfestellung bei Unklarheiten bei der Anwendung des WAG bei den Mitarbeitern, aber auch bei den Geschäftsleitern bieten.
3. Voraussetzungen für die Unabhängigkeit der ComplianceFunktion a) Befugnisse, Ressourcen und Fähigkeiten der Compliance-Funktion
Entsprechende Befugnisse werden der Compliance-Funktion für Kre- 23 ditinstitute auch im SCC 2008 eingeräumt. Dort ist ein uneingeschränktes Einsichts-, Zugangs- und Auskunftsrecht hinsichtlich aller einschlägigen Unterlagen, Bücher, Aufzeichnungen, Personaldaten 237
§ 18
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sowie vorliegender Tonbandaufzeichnungen vorgesehen. Erläuternd hält der SCC 2008 zudem fest, dass kein Mitarbeiter die Herausgabe von Unterlagen oder die Erteilung von compliancerelevanten Auskünften verweigern darf. Eine Zuwiderhandlung wird sogar als ein schweres disziplinarrechtliches Vergehen eingestuft (vgl SCC 2008, Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance, Pkt 6). Die Einsichtsrechte müssen so ausgestaltet sein, dass die Compliance-Funktion einen unmittelbaren Zugriff auf entsprechende Informations- und EDV-Systeme hat, ohne dass vorher Vorgesetzte oder andere Stellen darüber informiert werden müssen. Die Compliance-Funktion muss auch die nötigen Weisungsrechte besitzen, um Unterlagen oder Informationen abzurufen (vgl Spindler WM 2008, 911). 24 Die Compliance-Funktion ist mit den notwendigen Ressourcen in
Form von Personal- und Sachmitteln und mit den erforderlichen Kompetenzen innerhalb des Unternehmens zu versehen, um ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig wahrnehmen zu können (vgl Begründung zu § 13 Abs 4 WpDVerVO des dt Bundesministeriums der Finanzen). Schlicht versteht unter den sachlichen Ressourcen die Zugriffsmöglichkeiten auf Wertpapierinformationssysteme. Die zeitlichen Ressourcen sieht sie kritisch unter dem Aspekt der Mischverwendung von Mitarbeitern der Compliance-Funktion insb im Hinblick auf die gleichzeitige Bestellung als Geldwäschebeauftragter, welchem immer mehr Aufgabenfelder zugewiesen werden, was zu Lasten der Ressourcen für die Compliance-Funktion geht (vgl Schlicht, BKR 2006, 471) (vgl Rz 41). 25 In § 18 Abs 4 Z 1 sind die Fachkenntnisse, über welche die mit der
Erfüllung der Compliance-Funktion betrauten Personen verfügen müssen, angesprochen. Ein klassischer Ausbildungsweg ist nicht vordefiniert. Allerdings ist klar, dass es gerade für die in Rz 11 angeführte unternehmensinterne Bestandsaufnahme allfälliger Compliance-Risiken des jeweiligen Rechtsträgers erforderlich ist, dass der Compliance-Beauftragte über die Geschäftsabläufe und das Tätigkeitsspektrum im Unternehmen genau Bescheid weiß, um die dort auftretenden Risiken und die Maßnahmen, die diesen Risiken entgegenwirken können, auch entsprechend beurteilen zu können. Daher verfügen Compliance-Beauftragte in größeren Unternehmen zumeist über einschlägige berufliche Vorerfahrung als Mitarbeiter in einer Handels- bzw Treasuryabteilung. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, eigene Mitarbeiter zu Compliance-Experten aufzubauen. Dazu wird es erforderlich sein, diesen Personen neben der theoretischen Ausbildung mittels Schulungen bzw Ausbildungslehrgängen im Compliance-Bereich auch praktische Ausbildungen in Form von Jobrotations und Praxisworkshops 238
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
anzubieten. Nur so kann der Compliance-Beauftragte den erforderlichen Einblick in die Geschäftsprozesse und die dort angesiedelten Compliance-Risiken erlangen (vgl dazu auch FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9). b) Compliance-Beauftragter
Die Verpflichtung des § 18 Abs 4 Z 2 zur ausdrücklichen Benennung eines Compliance-Verantwortlichen ergibt sich für Kreditinstitute bereits aus dem SCC 2008, wonach jedes Kreditunternehmen einen Compliance-Officer zu bestellen hat, der für die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung des SCC 2008 und des hausinternen Compliance-Regelwerks verantwortlich ist (vgl SCC 2008, Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance, Pkt 7). Für Wertpapierfirmen stellt diese Verpflichtung jedoch weitgehend eine wesentliche Neuerung dar und haben diese nunmehr auch flächendeckend Compliance-Beauftragte zu bestellen. Erforderlich ist darüber hinaus, dass für die Wahrnehmung der Compliance-Funktion die Einrichtung einer dauernden und effektiven Stellvertretung des Compliance-Beauftragten vorgesehen wird, um insb in urlaubs- und krankheitsbedingten Abwesenheiten die Agenden des Compliance-Beauftragten lückenlos wahrzunehmen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9; Schäfer in Compliance – Konsequenzen aus der MiFID Rz 707 f). Damit die Compliance-Funktion, die Mitarbeiter der ComplianceFunktion und insb der Compliance-Beauftragte, ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig erfüllen kann, sind neben den in Abs 4 Z 1 geforderten notwendigen Ressourcen, Befugnisse und Fachkenntnisse, noch weitere Voraussetzungen erforderlich. Der ComplianceOfficer und das Compliance-Office sind im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung unabhängig und weisungsfrei zu stellen. Zur Absicherung seiner Person und zur Wahrung seiner Unabhängigkeit sowie zur Aufrechterhaltung der nötigen Kontinuität und Erfahrung ist der Compliance-Officer für einen Mindestzeitraum von zwei Jahren schriftlich vom Gesamtvorstand zu bestellen. Darüber hinaus ist der ComplianceOfficer und die Compliance-Abteilung unmittelbar dem Gesamtvorstand zu unterstellen (vgl SCC 2008, Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance, Pkt 5 und 6). In welchem Sinn die Weisungsfreiheit des Compliance-Officers zu verstehen ist, lässt der SCC 2008 offen. In der Lit haben sich in jüngster Vergangenheit va in Dtld hier kontroversielle Meinungen herausgebildet. Laut Lösler liegt die Letztentscheidungsbefugnis in allen Compli239
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§ 18
Muther-Pradler/Ortner
ance-Fragen bei der primär verantwortlichen Geschäftsleitung. Diese hat insofern ein Kassationsrecht, dh, diese kann die Wahrnehmung der Compliance-Verantwortung jederzeit (wieder) an sich ziehen und ist damit gegenüber dem Compliance-Beauftragten bzw dessen Mitarbeitern weisungsbefugt (vgl Lösler, WM 2007, 679; WM 2008, 1103 ff; zustimmend Hense/Renz, CCZ 2008, 185). Giesen geht ebenfalls davon aus, dass der Vorstand dem Compliance-Beauftragten mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung Weisungen erteilen kann (vgl Giesen, CCZ 2009, 104). AA ist dagegen Veil, dem es vorzugswürdig erscheint, dem Vorstand eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens das Recht abzusprechen, dem Compliance-Beauftragten Vorgaben bezüglich der Beseitigung von Unzulänglichkeiten im Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu machen. Er geht somit von einer Weisungsfreiheit der mit der Compliance-Funktion betrauten Personen, insb des Compliance-Beauftragten aus, soweit sie ihre Aufgaben erfüllen (vgl Veil, WM 2008, 1097). In eine ähnliche Richtung gehen Illing/ Umnuss, die es iS einer effektiven Compliance-Organisation als notwendig ansehen dem Compliance-Beauftragten zumindest fachliche (im Gegensatz zu disziplinären) Weisungsfreiheit zuzubilligen (vgl Illing/Umnuss, CCZ 2009, 4). Dieser Meinung hat sich auch die FMA angeschlossen, die keinen Widerspruch darin sieht, dass der Compliance-Beauftragten im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung unabhängig und weisungsfrei agieren kann und im Rahmen der Überwachungsrechte des Vorstandes (diese manifestieren sich bspw in dem Erfordernis der mindestens einmal im Jahr zu erfolgenden Übermittlung eines Tätigkeitsberichtes) wiederum durch diesen kontrolliert wird (Vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9), 30 Im Hinblick auf die dem Compliance-Beauftragten wiederum selbst
zustehenden Weisungsbefugnisse sprechen sich sowohl Kraft/Winkler als auch Giesen dafür aus, dass dem Compliance-Beauftragten selbst keine relevante Weisungbefugnis und Anordnungskompetenz zusteht. Dies gelte insb für die Ahndung von Mitarbeitern bei Verstößen gegen unternehmensinterne Vorgaben in disziplinarrechtlicher Art oder für die Entscheidung, ob und wie die Kenntniserlangung von Straftaten innerhalb des Unternehmens gegenüber der Ermittlungsbehörden kommuniziert werde (vgl Kraft/Winkler, CCZ 2009, 31; Giesen, CCZ 2009, 105). Illing/Umnuss gehen ebenso von einem unabhängigen Aufklärungs-, Verfolgungs-, Bearbeitungs-, und Entscheidungsrecht des Compliance-Beauftragten aus, welches jedoch nicht das Recht zur Anordnung von Abhilfemaßnahmen umfasst. Sie schlagen vor, eine genaue Abgrenzung vorzunehmen, welche Maßnahmen noch der Prävention oder Aufklärung dienen, und welche bereits Abhilfemaßnahmen dar240
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
stellen. Abhilfemaßnahme werden von der Geschäftsleitung ergriffen, ihre Wirksamkeit wiederum vom Compliance-Beauftragten überwacht (vgl Illing/Umnuss, CCZ 2009, 4). Lösler streicht in diesem Zusammenhang hervor, dass die wesentliche Kompetenz des Compliance-Beauftragten das Eskalationsrecht darstellt und den Kern der Unabhängigkeit bzw deren Absicherung bildet. Als Eskalationsrecht definiert er die Adressierung von Compliance-Risiken, potentiellen und tatsächlichen Regelverstößen sowie sonstigen Konflikten und Auffälligkeiten an die zuständige Managementebene bis hin zur Geschäftsleitung. Die Eskalation festgestellter Mängel oder Verfehlungen muss dabei im Gegensatz zur regelmäßigen Berichterstattung unverzüglich erfolgen, um der Geschäftsleitung zu ermöglichen, entsprechende Abhilfemaßnahmen zu setzen (vgl Lösler, WM 2008, 1104). Der Compliance-Beauftragte ist dafür verantwortlich, die Compliance- 31 Funktion auszuüben und einen Tätigkeitsbericht zu erstellen. In Zusammenschau mit § 21 Abs 2 (§ 21 Rz 6) schreibt das WAG vor, dass dieser Bericht schriftlich und regelmäßig, zumindest einmal jährlich, zu erstatten ist. In der Praxis wird ein einziger jährlicher Bericht die Ausnahme, eine höhere Frequenz der Berichterstattung die Regel sein. Die Häufigkeit der Berichterstattung bemisst sich am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl Sandmann, CCZ 2008, 107). Der Bericht an die Geschäftsleitung (Vorstand) ermöglicht dieser, ihre Steuerungsfunktion wahrzunehmen. Falls in dem Bericht die Angemessenheit der Grundsätze und Verfahren sowie der Maßnahmen und Verfahren in Frage gestellt wird, hat die Geschäftsleitung entsprechende gegensteuernde Maßnahmen vorzunehmen. Generell ist die Abhaltung von Jour fixes für einen regelmäßigen Informationsaustausch zwischen Vorstand und Compliance-Beauftragten zielführend (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9). Eine zeitnahe Kommunikation ermöglicht dem Vorstand eine rasche Reaktion zur Beseitigung von allfälligen Missständen. Neu und bis dato nicht festgelegt war die Verpflichtung, den Bericht 32 auch dem Aufsichtsorgan (Aufsichtsrat) vorzulegen, sofern der Rechtsträger über ein solches verfügt. Der SCC 2008 überlässt es dem Kreditinstitut selbst, ob es dem Compliance-Beauftragten aufträgt, direkt an den Aufsichtsrat zu berichten (vgl SCC 2008, „Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance“, Pkt 6). Ähnlich die FMA, nach der es der jeweiligen Unternehmensorganisation obliegt, ob der ComplianceBericht vom Vorstand an das Aufsichtsorgan weitergeleitet wird, oder ob dies durch den Compliance-Beauftragten erfolgt (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9). Spindler hingegen weist darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Compliance-Beauftragten sei, auf eigene 241
§ 18
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Initiative direkt an den Aufsichtsrat zu berichten, indem er den Jahresbericht diesem zuleite. Dies wäre vielmehr eine originäre Aufgabe der Geschäftsleitung. (vgl Spindler, WM 2008, 913). Ähnlich Hense/Renz, welche die Informationsverantwortung bei der Geschäftsleitung sehen und eine verantwortliche Berichterstattung durch den Compliance-Beauftragten an das Aufsichtsorgan der gesetzlichen Systematik (in Hinblick auf das Gesellschaftsrecht) grundlos widersprechen würde (vgl Hense/Renz, CCZ 2008, 184). 33 Der Tätigkeitsbericht ist primär eine Darstellung, wie sich das Risiko von Verstößen entwickelt hat, und welche Maßnahmen zur Minderung des Risikos getroffen wurden. Treiber dieser Risikoentwicklung können Veränderungen im Aufsichtsrecht, im Marktumfeld oder im Unternehmen selbst sein. Der Bericht hat eher weniger den Charakter eines retrospektiven Rechenschaftsberichtes über die von Compliance ausgeübten Tätigkeiten, er ist vorrangig als auf die Zukunft gerichtet Analyse der Risikolage des Unternehmens zu verstehen. Gravierende Verstöße sollen jedoch dargestellt werden, geringfügige Verstöße können in aggregierter Form dargestellt werden. Wichtig ist dabei die aus den Verstößen gezogene Schlüsse und Folgen („Lessons Learned“) darzustellen, va wie einer Wiederholung derartiger Verstöße entgegengewirkt wird (vgl Sandmann CCZ 2008, 107). Als Anleitung für das Erstellen des Tätigkeitsberichts kann der in der Emittenten-Compliance Verordnung gemäß § 13 Abs 3 Z 3 ECV festgeschriebene Mindestinhalt herangezogen werden. Anders als der Tätigkeitsbericht nach der ECV ist der gemäß § 18 Abs 4 Z 2 zu erstellende Tätigkeitsbericht nicht der Aufsichtsbehörde (FMA) vorzulegen. Allerdings wird diese im Rahmen von Vorortprüfungen, oder wenn Anzeichen vorliegen, welche an der Angemessenheit der Grundsätze und Verfahren sowie der Maßnahmen und Verfahren zweifeln lassen, Einsicht in den Tätigkeitsbericht nehmen bzw sich diesen vorlegen lassen. c) Verbot der Selbstüberprüfung 34 § 18 Abs 4 Z 3 manifestiert, dass die relevanten Personen, die mit der
Compliance-Funktion betraut sind, grundsätzlich nicht in Dienstleistungen und Tätigkeiten eingebunden werden dürfen, die sie überwachen. Dies soll diese Personen von vornherein aus Interessenkonflikten ausschließen, die sich aus der Selbstüberprüfung zwangsläufig ergeben würden. Grundsätzlich haben sich Mitarbeiter in der ComplianceFunktion ausschließlich Compliance-Agenden zu widmen und dürfen keine anderen Tätigkeiten (zB Kundenberatung, Revisionsagenden etc) übernehmen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7). 242
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
d) Vergütungsstruktur der Compliance-Funktion
Zu denken ist gemäß § 18 Abs 4 Z 4 beispielsweise an eine Vergütung, 35 die sich nicht ausschließlich an Hand von quantitativen (umsatzabhängigen), sondern auch an Hand von qualitativen Kriterien bemisst. Möglich wäre auch, wie Schlicht vorschlägt, generell von Prämienzahlungen für Compliance-Mitarbeiter abzusehen und dafür eher eine „Standardprämie“ in Form eines höheren Gehalts zu zahlen (vgl Schlicht, BKR 2006, 470). Die Vergütungsstruktur hat so beschaffen zu sein, dass sich das Gehalt der Compliance-Mitarbeiter nicht am Ergebnis einzelner Unternehmensbereiche bemisst, die von der Compliance-Funktion überwacht werden, weil ansonsten die Compliance-Agenden auf Grund der wirtschaftlichen Anreize uU nicht mehr unabhängig und objektiv ausgeführt werden können (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7). Eine Entlohnung der Compliance-Mitarbeiter anhand von längerfristigen Durchschnittswerten für Boni-Vergütungen, welche die Anreize von kurzfristigen Effekten entkoppeln, wäre begrüßenswert (vgl Spindler, WM 2008, 910).
4. Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Compliance-Funktion In § 18 Abs 3 wird zunächst davon ausgegangen, dass jeder Rechts- 36 träger eine unabhängige Compliance-Funktion einzurichten hat. Dieser Grundsatz steht nicht unter dem Verhältnismäßigkeitsprinzip (vgl Rz 19). § 18 Abs 4 konkretisiert dann näher, was erforderlich ist, damit die 37 Compliance-Funktion ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig wahrnehmen kann und sieht zwei spezifische Ausprägungen des Unabhängigkeitskriteriums vor. Als wichtiger Beitrag zur Unabhängigkeit wird in § 18 Abs 4 Z 3 WAG vorgesehen, dass relevante Personen, die in die Compliance-Funktion eingebunden sind, nicht in die Dienstleistungen oder Tätigkeiten eingebunden werden dürfen, die sie überwachen. § 18 Abs 4 Z 4 WAG legt darüber hinaus fest, dass das Verfahren, nach dem die Vergütung der in die Compliance-Funktion eingebundenen relevanten Personen bestimmt wird, weder die Objektivität tatsächlich beeinträchtigen noch zur Beeinträchtigung der Objektivität geeignet sein darf. Erst im Hinblick auf diese beiden Anforderungen kommt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zum Tragen: Es darf von diesen beiden Anforderungen nur dann abgegangen werden, wenn der Rechtsträger nachweist, dass diese Anforderungen auf Grund der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und des Umfangs der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und 243
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Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig sind und die Compliance-Funktion auch ohne Erfüllung dieser Anforderungen einwandfrei ihre Aufgaben erfüllt. Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind jedoch – wie unter § 15 Rz 9 erwähnt – von den Anforderungen des § 18 Abs 3 und 4 generell ausgenommen. 38 Zur Verhältnismäßigkeit in Hinblick auf die Unabhängigkeit der Com-
pliance-Funktion nimmt auch die Europäische Kommission in den „Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission“ Stellung und verweist darauf, dass nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden kann, ob es gerechtfertigt ist, dass eine Wertpapierfirma Erleichterungen im Hinblick auf die Compliance-Funktion in Anspruch nehmen kann, wobei eine Befreiung von der unabhängigen Einrichtung nicht vorgesehen ist, sondern lediglich von den die Unabhängigkeit definierenden Kriterien der Selbstüberwachung bzw der objektiven Vergütung. Sie statuiert jedoch, dass in sehr kleinen Firmen mit begrenzter Mitarbeiteranzahl die vollständige Trennung der Funktionen nicht realistisch ist (vgl Frage 63). In Frage 77 wird auch die Möglichkeit vorgesehen, dass die Überwachung der Grundsätze und Verfahren in Bezug auf das Risikomanagement auch vom Compliance Officer oder vom Innenrevisor erfolgen kann (vgl Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008, abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/ isd/questions/questions_en.pdf). 39 CESR hatte in seinen Empfehlungen zur Umsetzung von Level 2 (vgl
CESR, CESR s technical advice to the European Commission on the first set of mandates under the Directive on Markets in Financial Instruments (MiFID), Ref: CESR 05/– 024 c, Section II, Intermediaries, Compliance and personal Transactions [Art 13 (2)], Explanatory Text) vorgesehen, dass der Nachweis der Funktionsfähigkeit der Compliance-Funktion dann gelingen kann, wenn die Compliance-Funktion Gegenstand regelmäßiger und angemessener externer Kontrolle ist, oder wenn die Personen, die für die Compliance-Funktion verantwortlich sind, persönlich von der Aufsichtsbehörde zugelassen werden (wie zB in Großbritannien üblich). 40 Die dt Umsetzung statuiert in der Begründung zum neuen § 33
WpHG, dass es bei kleinen Wertpapierdienstleistungsunternehmen uU auch dann möglich ist, einem Mitarbeiter oder dem Geschäftsleiter die Compliance-Funktion zu übertragen, wenn diese in die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen eingebunden sind. Das Unternehmen hat in diesem Fall der Aufsichtsbehörde 244
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
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nachzuweisen, dass die Funktion dennoch ordnungsgemäß ihre Aufgabe erfüllt. In der WpDVerVO wird in der Begründung zu § 13 Abs 5 die Möglichkeit der Inanspruchnahme der erleichterten Anforderungen in Bezug auf eine unabhängige Compliance-Funktion nochmals dahingehend konkretisiert, dass diese Erleichterung insb bei Einmann-Unternehmen oder sehr kleinen Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Betracht kommt, bei denen auch eine Auslagerung der ComplianceFunktion auf Dritte zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen würde. In Frage kommt die Möglichkeit der Zusammenlegung von verschie- 41 denen Funktionen, die der Rechtsträger zu erfüllen hat. Hinsichtlich der Möglichkeit der Zusammenlegung der Compliance-Funktion und Risiko-Management-Funktion vgl § 20 Rz 12 f und den dort wiedergegebenen Erwägungsgrund 15 MiFID-DRL. In Hinblick auf die Zusammenlegung dieser beiden Funktionen ist aber nicht nur zu prüfen, ob die Unabhängigkeit der Compliance-Funktion gewährleistet ist, sondern auch ob die Anforderungen des § 19 WAG (vgl § 19 Rz 10 ff) erfüllt sind. Es ist generell darauf zu achten, dass das Interessenkonfliktpotential zwischen den ausgeübten Funktionen möglichst gering ist. Eine Betrauung von Mitarbeitern aus Profit-Centern mit der Compliance-Funktion entspricht nicht den Intentionen des Gesetzgebers. Als generell unvereinbar sieht die FMA die gleichzeitige Ausübung von Compliance- und Kundenberatungsagenden an. Hingegen sieht sie auf Grund des Verständnisses von Compliance als Bestandteil eines integrierten Risikomanagementsystems in der Lit eine Mischverwendung von Compliance-Agenden mit Risikomanagement-Agenden bzw auch mit Tätigkeiten in einer Rechtsabteilung als vereinbar an. Weiters wird es als notwendig erachtet, sich mit anderen Organisationseinheiten abzustimmen (zB interne Revision, Risikomanagement, Rechtsabteilung) und Arbeitsergebnisse (zB Prüfergebnisse) auszutauschen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7 f). Zur Synergiehebung betreffend Prüftätigkeiten von Compliance und der internen Revision siehe § 20 Rz 15. Die durchgreifende Trennung der Compliance-Funktion von anderen Funktionen wäre allerdings zumindest für Wertpapierfirmen überschießend, sodass sowohl Compliance als auch die interne Revision in der Rechtsabteilung situiert werden könnten. Wesentlich ist, dass die jeweilige Funktion eingerichtet und mit eigenständigen Prüfkompetenzen ausgestattet ist (vgl Winternitz/Aigner, WAG 2007, 49). In § 20 Rz 12 f wird die besondere Stellung der internen Revision thematisiert. Wie auch von der Europäischen Kommission statuiert, wird es nur 42 einzelfallbezogen möglich sein, darüber zu entscheiden, ob die Inan245
§ 19
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spruchnahme der Erleichterungen beim konkreten Unternehmen gerechtfertigt ist und die Compliance-Funktion dennoch in ausreichendem Maße funktioniert. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang zum einen die Dokumentation der Gründe für die Inanspruchnahme von Erleichterungen in organisatorischer Hinsicht (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7). Zum anderen ist es erforderlich, dennoch klare Vorgaben für mit der Compliance-Funktion betrauten Mitarbeiter (zB im Rahmen der Compliance-Policy) zu schaffen, damit diese auch im Falle, dass sie mehrere Funktionen im Unternehmen zu erfüllen haben, weitgehend unabhängig und konfliktfrei agieren können (§ 17 Rz 10).
5. Auslagerung von Compliance-Agenden 43 Grundsätzlich gilt für die Auslagerung von Compliance-Agenden, dass
diese nicht zu einer Delegation der ursprünglichen Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung des auslagernden Instituts für Compliance führen darf und den Anforderungen des § 25 WAG (vgl § 25 Rz 21) entsprechen muss. In Frage kommt insofern die Auslagerung von gewissen Kontrolltätigkeiten (wie die Kontrolle der persönlichen Geschäfte relevanter Personen), das Führen von Beobachtungs- und Sperrliste sowie die Führung des Konfliktregisters (vgl § 35 Rz 10 f). In Betracht kommt auch das zentrale Erarbeiten von compliancerelevanten Dienstanweisungen, die bspw vom Mutterunternehmen gleichsam als Vorlage für kleinere Institute der gleichen Gruppe ausgegeben wird. Wesentlich ist dennoch beim auslagernden Unternehmen einen Ansprechpartnern für Compliance Fragestellungen zu installieren (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 10 f). In die gleiche Richtung geht Spindler, der festhält, dass zwar ein Compliance-Beauftragter nach wie vor im Unternehmen unterhalb des Vorstandes anzusiedeln ist, alle anderen Aufgaben sieht er als auf einen Dritten auslagerbar an, sofern gemäß den Auslagerungsbedingungen die nötigen Leitungs-, Eingriffs- und Kontrollrechte gewahrt bleiben. Notwendig sei dabei, dem Dritten alle notwendigen Kompetenzen gegenüber den Mitarbeitern des auslagernden Unternehmens zuzugestehen, insb unmittelbare Einsichts- und Kontrollrechte (vgl Spindler, WM 2008, 913).
Risikomanagement § 19. (1) Ein Rechtsträger hat über eine ordnungsgemäße Verwaltung und Buchhaltung, interne Kontrollmechanismen, effiziente Verfahren zur Risikobewertung sowie wirksame Kontroll- und Si246
Risikomanagement
§ 19
cherheitsmechanismen für Datenverarbeitungssysteme zu verfügen und hat insbesondere 1. angemessene Leitlinien und Verfahren für sein Risikomanagement festzulegen, die die mit seinen Geschäften, Abläufen und Systemen verbundenen Risiken erfassen; diese Leitlinien und Verfahren sind laufend anzuwenden; 2. zur Steuerung der mit seinen Geschäften, Abläufen und Systemen verbundenen Risiken wirksame Vorkehrungen zu treffen und wirksame Abläufe und Mechanismen festzulegen; dabei hat der Rechtsträger eine Risikotoleranzschwelle für die Abläufe und Mechanismen festzulegen; 3. Folgendes zu überwachen: a) Die Angemessenheit und Wirksamkeit der von dem Rechtsträger für das Risikomanagement festgelegten Leitlinien und Verfahren; b) die Einhaltung der nach Z 2 festgelegten Vorkehrungen, Abläufe und Mechanismen durch den Rechtsträger und seine relevanten Personen; c) die Angemessenheit und Wirksamkeit der Maßnahmen, mit denen etwaige Unzulänglichkeiten dieser Leitlinien, Verfahren, Vorkehrungen, Abläufe und Mechanismen, einschließlich ihrer Missachtung durch die relevanten Personen, behoben werden sollen. (2) Ein Rechtsträger hat eine unabhängige RisikomanagementFunktion dauerhaft einzurichten, soweit dies angesichts der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist. Diese hat folgende Aufgaben: 1. Die Anwendung der in Abs. 1 genannten Leitlinien und Verfahren und 2. die Berichterstattung an die Geschäftsleitung gemäß § 21 Abs. 2 und deren Beratung. (3) Ist ein Rechtsträger nicht zur Einrichtung einer unabhängigen Risikomanagement-Funktion gemäß Abs. 2 verpflichtet, muss er dennoch nachweisen können, dass die von ihm gemäß Abs. 1 festgelegten Leitlinien und Verfahren den dort festgelegten Anforderungen entsprechen und uneingeschränkt wirksam sind. Schrifttum: Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008; FMA Rundschreiben betreffend die organisatorischen
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Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007); Gapp, Internal Governance für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, Organisationsvorschriften nach Basel II, ÖBA 2007, 169; Guidelines on the Application of the Supervisory Review Process under Pillar 2 (CP03 revised), 25. 01. 2006; Kalss, Das Interne Kontrollsystem (IKS) als Angelpunkt der Corporate Governance in Kapitalgesellschaften, in FS Krejci (2001) 699; Spindler/ Kasten, Organisationspflichten nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 19): „Hiermit wird Art. 13 Abs. 5 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 7 der Richtlinie 2006/73/EG umgesetzt. Unter Leitlinien und Verfahren sind allgemeine interne Regelungen im Sinne von Zielvorgaben, Aufbau- und Ablauforganisation zu verstehen, die per se, im Gegensatz zu Strategien, für eine Kontrolle geeignet sind. Maßnahmen zielen auf die Behebung konkreter Missstände ab. Die in der Richtlinie vorgesehene (dauerhafte) „Unterhaltung“ wurde nicht in den Abs. 2 übernommen, da sich aus dem Zweck der Bestimmung ergibt, dass eine Funktion, die einzurichten ist, auch beibehalten und entsprechend unterstützt werden muss. Unter dem Richtlinienbegriff „Risikotoleranzschwelle“ ist unter Zugrundelegung des englischen Textes „level of risk tolerated by the firm“ keine Risikotoleranzschwelle im Sinne eines Prozentsatzes zu verstehen. Vielmehr bedeutet Art. 7 Abs. 1 lit. a und b der Richtlinie 2006/73/EG, dass der Rechtsträger, soweit dies angemessen ist, geringe Risiken tolerieren kann, bevor er Maßnahmen im Sinne der lit. b setzt.“
Übersicht I. A. B. C. II. A. B. C.
Umsetzungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Verhältnis von § 19 zu § 17 WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterentwicklung von § 16 und § 18 WAG aF . . . . . . . . . . . . . . . . Rückgriff auf bestehende Funktionen (§ 39 BWG) . . . . . . . . . . . . . Risikomanagement-Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikomanagement-Policy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiko-Management-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichterstattung an Geschäftsleitung und Aufsichtsorgan. . .
1–9 1–2 3–6 7–9 10–17 10–13 14–16 17
I. Umsetzungssystematik A. Das Verhältnis von § 19 zu § 17 WAG 1 Gemäß Erl RV wird mit § 19 Abs 1 erster Satz WAG der Art 13
Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID und der Art 7 MiFID-DRL umge248
Risikomanagement
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setzt. In Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID wird aber weit mehr als die Anforderungen an das Risikomanagement geregelt. Darüber hinausgehende Anforderungen sind die Einrichtung einer ordnungsgemäßen Verwaltung und Buchhaltung, interner Kontrollmechanismen und wirksamer Kontroll- und Sicherheitsmechanismen für Datenverarbeitungssysteme. Diese Anforderungen haben keinen direkten Zusammenhang mit dem in § 19 WAG näher determinierten Risikomanagement, sondern sind selbstständige Anforderungen, die unabhängig vom Risikomanagement zu erfüllen sind. Dies ergibt sich auch aus dem Gemeinschaftsrecht, weil mit den Vorgaben des Risikomanagements in Art 7 MiFID-DRL lediglich Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID im Hinblick auf das Risikomanagement als umgesetzt angesehen wird. Demgegenüber legt Art 5 der MiFID-DRL die Bestimmungen von Art 13 Abs 2 bis 8 MiFID aus, sodass die nähere Ausgestaltung des Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID für die über das Risikomanagement hinausgehenden Anforderungen dort seine Auslegung findet. Daher hätten die Anforderungen an die ordnungsgemäße Verwaltung und Buchhaltung, die internen Kontrollmechanismen und die wirksamen Kontroll- und Sicherheitsmechanismen für Datenverarbeitungssysteme mit § 17 WAG, der eine nahezu wortwörtliche Umsetzung des Art 5 MiFID-DRL darstellt, einen kompakteren Anknüpfungspunkt für die Umsetzung gehabt. Verstärkt wird dies auch durch die Regelung des § 17 Abs 4 WAG, der den Rechtsträger dazu verpflichtet, die Angemessenheit und Wirksamkeit der nach Abs 1 und Abs 2 des § 17 geschaffenen Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen zu überwachen, regelmäßig zu bewerten und die zur Behebung etwaiger Mängel erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die korrespondierende Verpflichtung im Hinblick auf das Risikomanagement findet sich in § 19 Abs 1 Z 3 WAG, wonach jedoch nur die Angemessenheit und Wirksamkeit der für das Risikomanagement festgelegten Leitlinien und Verfahren sowie jene der Vorkehrungen, Abläufe und Mechanismen nach § 19 Abs 1 Z 2 WAG zu überwachen sind. Die in Abs 1 erster Satz vorgesehene ordnungsgemäße Verwaltung und 2 Buchhaltung, die internen Kontrollmechanismen sowie wirksamen Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für die Datenverarbeitungssysteme unterliegen nach § 19 Abs 1 Z 3 WAG keiner laufenden Überwachungspflicht. Daher muss § 19 Abs 1 erster Satz WAG hier wohl richtlinienkonform ausgelegt werden, sodass auch die Anforderungen des § 19 Abs 1 erster Satz einer laufenden Überwachungspflicht gemäß § 17 WAG unterliegen, weil die Bestimmungen des § 17 WAG teilweise Konkretisierungen des § 19 Abs 1 erster Satz WAG bilden. 249
§ 19
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B. Weiterentwicklung von § 16 und § 18 WAG aF 3 Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID, der in § 19 Abs 1 erster Satz
umgesetzt wird, hat an sich eine lange Tradition, weil die dort festgelegten Anforderung bereits fast wortgleich in Art 10 Abs 1 erster Gedankenstrich RL 93/22/EG (ISD) enthalten waren. Insb die englische Sprachfassung des Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz ist nahezu wortgleich mit Art 10 ISD. In der dt Sprachfassung wird nunmehr anstelle des Begriffes des Verfahrens jeweils der Begriff Mechanismus verwendet, was folglich keine inhaltliche Abänderung der Regelung mit sich bringt. Das allgemeine interne Kontrollverfahren (IKS) hat primär den Zweck, das Unternehmen vor Gesetzesverletzungen, Fehlern sowie dolosen Handlungen von Mitarbeitern zu schützen, wo hingegen die internen Kontrollmechanismen, welche bereits § 16 Z 3 WAG aF vorsah, den Schutz der Anleger vor Augen hatte (vgl Kalss, Das Interne Kontrollsystem (IKS) als Angelpunkt der Corporate Governance in Kapitalgesellschaften, in FS Krejci (2001) 718 f). 4 Art 10 Abs 1 erster Gedankenstrich ISD wurde im WAG aF in den
§ 16 Z 3 bzw § 18 umgesetzt (vgl Winternitz, WAG § 16 Rz 1; Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 85; Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 3). Im Rahmen der Umsetzung der ISD im WAG aF wurde darauf verzichtet, das Führen einer ordnungsgemäßen Verwaltung und Buchhaltung vorzuschreiben, weil sich diese Anforderungen ohnehin aus den handels- bzw gesellschaftsrechtlichen Grundnormen ableiten lassen. IdS hält Hausmaninger fest, dass sich für die Normadressaten der §§ 189 ff HGB die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Buchhaltung aus diesen Vorschriften ergibt. Mit dem Inkrafttreten des UGB sind nunmehr die §§ 189 ff UGB für die Buchführungspflichten relevant. Demnach hängt die gesetzliche Buchführungspflicht von der Rechtsform eines Unternehmens ab. Traf die handelsrechtliche Verpflichtung zur Buchführung früher nur den Kaufmann nach HGB, so trifft diese Pflicht nunmehr nach UGB grundsätzlich im Firmenbuch eingetragene Kapitalgesellschaften (GmbH, AG), unternehmerisch tätige Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet (also „QuasiKapitalgesellschaften“), zB alle GmbH & Co KG und alle übrigen Unternehmer – mit Ausnahme der Land- und Forstwirte und der Freiberufler –, wenn ihre Umsätze mehr als € 400.000,– pro Jahr betragen (bei Über- bzw Unterschreiten in zwei aufeinander folgenden Jahren). 5 Das WAG ist daher primär für jene Gewerbetreibenden als Spezial-
norm anzusehen, die nach den neuen UGB-Vorgaben nicht zur Buch250
Risikomanagement
§ 19
führung bzw Buchhaltung verpflichtet sind. Für diese Gruppe der Gewerbetreibenden besteht nach WAG nunmehr die spezialgesetzliche Verpflichtung eine ordnungsgemäße Verwaltung und Buchhaltung einzurichten. In Bezug auf die Richtlinienanforderungen hinsichtlich der Rech- 6 nungslegungsgrundsätze und -methoden des Art 5 Abs 4 MiFIDDRL wird im Gegensatz zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Buchhaltung auf eine Übernahme dieser Regelung in das WAG verzichtet, da laut Erl RV zu § 17 WAG die Einhaltung dieser Richtlinienbestimmung durch das UGB und die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung jedenfalls gewährleistet ist.
C. Rückgriff auf bestehende Funktionen (§ 39 BWG) In Kreditinstituten, die über eine hinreichende unabhängige Risiko- 7 Management-Funktion verfügen, können die Aufgaben des § 19 von der betreffenden Organisationseinheit übernommen werden (§ 15 Rz 22). Daraus ergibt sich auch, dass für Kreditinstitute § 39 BWG, der die Anforderungen für das Risikomanagement im Rahmen der RL 2006/49/EG (Basel II) umsetzt, den primären Anknüpfungspunkt für das Risikomanagement darstellt. Die Geschäftsleiter von Kreditinstituten haben bereits nach § 39 8 Abs 1 BWG die Verpflichtung, sich über die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu informieren, diese durch angemessene Strategien und Verfahren zu steuern, zu überwachen und zu begrenzen sowie über Pläne und Verfahren gemäß § 39 a BWG (Kreditinstitutseigene Verfahren zur Bewertung der Eigenkapitalausstattung) zu verfügen. Dabei haben Kreditinstitute über Verwaltungs-, Rechnungsund Kontrollverfahren für die Erfassung, Steuerung und Überwachung von bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu verfügen, die der Art, dem Umfang und der Komplexität der betriebenen Bankgeschäfte angemessen sind. Dabei ist die Einrichtung von speziellen Einheiten oder die Betrauung von Mitarbeitern mit Funktionen der Risikoerfassung, -überwachung und -steuerung in jedem Kreditinstitut oder in Form der Auslagerung dieser Funktionen erforderlich (vgl Höllerer/Puhm in Dellinger, BWG3 § 39 Rz 58). Die Anforderungen aus dem WAG sind in das bestehende Risikomanagement mit einzubeziehen, soweit dies nicht ohnehin schon erfolgt ist. Auf Grund der sich aus dem WAG ergebenden zahlreichen Anforderungen an die Unternehmensorganisation, insb an die internen Systeme und Prozesse, handelt es sich bei den aus dem WAG potentiell entstehenden Risiken 251
§ 19
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hauptsächlich um operationelle Risiken (zum operationellen Risiko vgl ua Höllerer/Puhm in Dellinger, BWG3 § 39 Rz 76 f). 9 Für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen ergibt sich die Anwendbarkeit des § 39 BWG aus dem Verweis des § 6 WAG (vgl § 6 Rz 4 ff).
II. Risikomanagement-Grundsätze A. Risikomanagement-Policy 10 Laut Erl RV zu § 19 Abs 1 sind unter Leitlinien und Verfahren all-
gemeine interne Regelungen iS von Zielvorgaben, Aufbau- und Ablauforganisation zu verstehen, die per se, im Gegensatz zu Strategien, für eine Kontrolle geeignet sind. Maßnahmen zielen auf die Behebung konkreter Missstände ab. 11 Für die Errichtung von effizienten Verfahren zur Risikobewertung iSd § 19 Abs 1 erster Satz hat der Rechtsträger gemäß § 19 Abs 1 Z 1 angemessene Leitlinien und Verfahren für sein Risikomanagement (Risikomanagement-Policy) festzulegen und laufend anzuwenden. Auch hier ist eine Bestandsaufnahme im Unternehmen erforderlich, die den einzelnen Geschäften, Abläufen und Systemen immanenten Risiken zu identifizieren und den Umgang bzw die Handhabung dieser Risiken in den Leitlinien und Verfahren zu umschreiben und zu definieren. Es ist eine den Risiken entsprechende Aufbau- und Ablauforganisation festzulegen. 12 Gemäß Erwägungsgrund 14 MiFID-DRL sollen – soweit Wertpapierfirmen verpflichtet sind, angemessene Grundsätze für ihr Risikomanagement festzulegen und kontinuierlich umzusetzen, – die mit der Tätigkeit, den Verfahren und Systemen dieser Firma verbundenen Risiken auch jene Risiken umfassen, die mit der Auslagerung von kritischen oder wesentlichen Funktionen oder von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten verbunden sind. Dazu zählen laut oben angeführtem Erwägungsgrund jene Risiken, die sich aus der Beziehung der Wertpapierfirma zu dem betreffenden Dienstleistungserbringer ergeben, sowie die potenziellen Risiken, die entstehen, wenn die ausgelagerten Tätigkeiten mehrerer Wertpapierfirmen oder anderer beaufsichtigter Unternehmen in der Hand einiger weniger Dienstleistungserbringer konzentriert sind. 13 § 19 Abs 1 Z 2 beschreibt die zur Steuerung der Risiken erforderlichen Vorkehrungen und Abläufe und Mechanismen. Unter dem Richtlinienbegriff Risikotoleranzschwelle ist laut Erl RV zu § 19 unter Zu252
Risikomanagement
§ 19
grundelegung des englischen Textes „level of risk tolerated by the firm“ keine Risikotoleranzschwelle iS eines Prozentsatzes zu verstehen. Vielmehr bedeutet Art 7 Abs 1 lit a und b MiFID-DRL, dass der Rechtsträger, soweit dies angemessen ist, geringe Risiken tolerieren kann, bevor er Maßnahmen iSd lit b setzt. Wer die Risikotoleranzschwelle festzulegen hat, lässt die Bestimmung des § 19 offen. In Zusammenschau mit § 39 BWG ist wohl davon auszugehen, dass dies in die Verantwortung der Geschäftsleitung fällt, die diese Verpflichtung uU an den Risikomanager delegieren kann (so auch Spindler/Kasten, AG 2006, 786).
B. Risiko-Management-Funktion Im Gegensatz zur Compliance-Funktion, die immer in unabhängiger 14 Form einzurichten ist (vgl § 15 Rz 13), ist die Einrichtung einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion erst dann dauerhaft einzurichten, sobald dies iSd Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen und erforderlich ist. Hier muss folglich der Beweis gelingen, dass auf Grund der konkreten Risikosituation des Unternehmens gemessen an dessen Geschäftstätigkeit die Einrichtung einer solchen Funktion unangemessen und nicht erforderlich ist. Es wird daher va bei Kreditinstituten (vgl Rz 7) und größeren Wertpapierfirmen eine unabhängige Risikomanagementfunktion einzurichten sein (siehe FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 12 f). Für den Fall, dass eine unabhängige Risikomanagementfunktion auf Grund der Kriterien Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie Art und Umfang der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig wäre und daher nicht eingerichtet wurde, sieht § 19 Abs 3 Folgendes vor: Es ist notwendig, dass die in Abs 1 Z 1 beschriebenen Leitlinien und Verfahren den dort festgelegten Anforderungen entsprechen und uneingeschränkt wirksam sind. In diesem Fall können die Aufgaben zum Beispiel direkt vom Finanzvorstand oder von den anderen Funktionen des Rechtsträgers unter der Aufsicht der Geschäftsleitung oder eines Audit Committees durchgeführt werden (so die Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008, Antwort zu Frage 77). Darüber hinaus sind die allgemeinen organisatorischen Anforderungen des § 17 Abs 1 Z 7 im Hinblick auf die Mischverwendung von relevanten Personen für mehrere Funktionen zu berücksichtigen (vgl dazu § 17 Rz 10). Gemäß Erl RV zu § 19 Abs 2 wurde die in der MiFID-DRL vorgese- 15 hene (dauerhafte) „Unterhaltung“ nicht in den § 19 Abs 2 übernommen, weil sich aus dem Zweck der Bestimmung ergibt, dass eine Funk253
§ 20
Muther-Pradler/Ortner
tion, die einzurichten ist, auch beibehalten und entsprechend unterstützt werden muss. 16 Zur Möglichkeit der Mischverwendung bzw Zusammenlegung der
einzelnen Funktionen siehe auch § 18 Rz 41 f, insb Rz 41; § 20 Rz 12 f. Im Hinblick auf die Verpflichtung zur Einrichtung einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion siehe § 15 Rz 15.
C. Berichterstattung an Geschäftsleitung und Aufsichtsorgan 17 Auch im Hinblick auf das Risikomanagement ist eine Berichterstat-
tung gemäß § 21 Abs 2 WAG an die Geschäftsleitung und an ein allenfalls vorhandenes Aufsichtsorgan (zB Aufsichtsrat) vorgesehen. Inhalt des Berichts ist gemäß § 21 Abs 2 WAG die Zusammenfassung der Tätigkeit in Hinblick auf das Risikomanagement sowie, ob zur Behebung etwaiger Mängel geeignete Maßnahmen getroffen wurden (vgl § 21 Rz 6). Die jährliche Berichtspflicht an die Geschäftsleitung und das Aufsichtsorgan gemäß § 19 Abs 2 Z 2 iVm 21 Abs 2 kann nach Ansicht der FMA bei Kreditinstituten von der Risikomanagementeinheit gemäß § 39 BWG übernommen werden (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 13).
Interne Revision § 20. Ein Rechtsträger hat eine von seinen übrigen Funktionen und Tätigkeiten getrennte und unabhängige interne Revision dauerhaft einzurichten, soweit dies angesichts der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist. Diese hat folgende Aufgaben: 1. Die Erstellung und dauerhafte Umsetzung eines Revisionsprogramms mit dem Ziel, die Angemessenheit und Wirksamkeit der Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen des Rechtsträgers zu prüfen und zu bewerten; 2. die Ausgabe von Empfehlungen auf der Grundlage der Ergebnisse der gemäß Z 1 ausgeführten Aufgaben; 3. die Überprüfung der Einhaltung dieser Empfehlungen und 4. die Erstellung von Tätigkeitsberichten gemäß § 21 Abs. 2. Bei einem Kreditinstitut können diese Aufgaben von der gemäß § 42 BWG eingerichteten internen Revision wahrgenommen werden. 254
Interne Revision
§ 20
Schrifttum: BaFin, Rundschreiben 15/2009 (BA) Mindestanforderungen an das Risikomanagement vom 14. 08. 2009 – MaRisk; Fachverband Finanzdienstleister, Newsletter – interne Revision zum WAG 2007, April 2009; FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Vereinbarkeit interne Revision/Geldwäschebeauftragter/ Compliance-Verantwortlicher vom 30. 03. 2004; FMA, FMA-Mindeststandards für die Interne Revision von Kreditinstituten, 18. 02. 2005 („FMA-MS-IR“); FMA, Rundschreiben der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 11. 04. 2006, Neuerungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WPDLU) – Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2005, Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 und Handelsrechtsänderungsgesetz 2005; FMA, Rundschreiben betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007); Fischer/Petri/Steidle, Outsorcing im Bankenbereich, WM 2007, 2313; Gapp, Internal Governance für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, Organisationsvorschriften nach Basel II, ÖBA 2007, 169; Hanten/Görke, Outsourcing-Regelungen unter Geltung des § 25 a Abs 2 KWG idF FRUG, BKR 2007, 489; Kalss, Das interne Kontrollsystem (IKS) als Angelpunkt der Corporate Governance in Kapitalgesellschaften, in FS Krejci (2001) 699; Kaetzler/Weirauch, Bankenaufsichtsrechtliche Aspekte von Outsourcingverhältnissen – Neue Anforderungen an die Auslagerungspraxis durch die Neufassung des KWG und der MaRisk, BKR 2008, 265; Keinert, Berichtspflichten der internen Revision an den Aufsichtsrat (§ 42 Abs 3 BWG), ÖBA 2003, 516; Lucius, Der Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, CCZ 2008, 186; Mühlbert, Bankenaufsicht und Corporate Governance – Neue Organisationsanforderungen im Finanzdienstleistungsbereich, BKR 2006, 349; Siegl, FMAMindeststandards für die interne Revision („FMA-MS-IR“), ÖBA 2005, 742; Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, Stand 28. 12. 2007 (SCC 2008). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 20): „Diese Bestimmung setzt Art. 8 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. A. B. 1. 2. a) b) c) d) e)
f)
Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen nach WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines zur Einrichtung einer internen Revision . . . . . . . . . . Anforderungen an die Interne Revision (Funktion) . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückgriff auf bestehende Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 20 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenlegung von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rundschreiben der FMA betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auslagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–5 6–31 6 7–20 7 8–15 8 9–10 11 12–14
15–16 17
255
§ 20 3. 4. 5. C. D. E. F. G.
Muther-Pradler/Ortner Wertpapierfirmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertpapierdienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsunternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Revisionsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben der internen Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen der internen Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmenkontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichterstattung an den Vorstand bzw das Aufsichtsorgan. .
18–20 21 22 23–25 26–28 29 30 31–34
I. Ausgangslage 1 Das WAG aF hat sich bis dato nur in ausgewählten Bereichen mit der
internen Revision beschäftigt. § 16 Z 3 WAG aF schrieb den Rechtsunterworfenen vor, interne Kontrollverfahren einzurichten, die geeignet sind, Verstößen gegen das WAG entgegenzuwirken. Ziel dieser Kontrollverfahren ist es, Verletzungen von Organisationsvorschriften und der Wohlverhaltensregeln entgegenzuwirken (siehe auch Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 85). Gemäß „Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA“, Stand Juli 2006, (FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA) werden als angemessene interne Kontrollverfahren zB die Anzeigepflichten gegenüber der FMA, eine adäquate Kontrolle der Kundenaufträge hinsichtlich Vollständigkeit und Richtigkeit, die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips und das regelmäßige Durchführen der internen Revision angesehen (§ 17 Rz 5 ff). Die interne Revision nach WAG aF hatte gemäß § 18 WAG aF einmal jährlich die Zweckmäßigkeit und die Anwendung der Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für die EDV sowie die Regeln für persönliche Transaktionen der Angestellten zu überprüfen. Eine jährliche Überprüfungspflicht der internen Kontrollverfahren zur Hintanhaltung von Insidergeschäften – die Compliance-Organisation – war in Zusammenschau mit den börsegesetzlichen Bestimmungen (§ 82 Abs 5 BörseG), dem § 16 WAG und dem für Kreditinstitute relevanten SCC ebenso gegeben (siehe auch Pkt 37 lit d der FMA-MS-IR samt dazugehöriger Erläuterungen). 2 Mit dem FMA-ÄG 2005, welches am 31. 03. 2006 in Kraft getreten ist,
wurde für Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 21 Abs 1 WAG aF iVm § 73 Abs 1 Z 11 BWG die schriftliche Anzeigepflicht des Verantwortlichen für die Interne Revision sowie Änderungen in dessen Person neu eingeführt. Diese Anzeigeverpflichtung ist auch nach Inkrafttreten des WAG sowohl für Kreditinstitute, Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen weiter aufrecht (§ 6 WAG ver256
Interne Revision
§ 20
weist auf § 73 Abs 1 Z 11 BWG und ist daher auch für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen anwendbar; vgl § 6 Rz 18). Mit dem Inkrafttreten des GesRÄG 2005 wurden für Abschlussprüfer 3 von Wertpapierdienstleistungsunternehmen allgemeine Ausschlussgründe vorgesehen, die im Vergleich zur bisherigen Rechtslage Verschärfungen im Bereich der Kontrolle eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens mit sich gebracht haben. Insb war es gemäß § 23 und § 23 a WAG aF iVm § 271 Abs 2 Z 4 b HGB (nunmehr UGB) nun nicht mehr möglich, dass Personen, die bei der Internen Revision mitgewirkt haben, die Abschlussprüfung einer zu prüfenden Gesellschaft durchführen bzw den gesonderten Aufsichtsbericht gemäß §§ 23 bzw 23 a WAG aF erstellen (vgl FMA, Rundschreiben der Finanzmarktaufsichtsbehörde [FMA] vom 11. 04. 2006, Neuerungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen [WPDLU] – Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2005, Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 und Handelsrechtsänderungsgesetz 2005). Die Einrichtung einer eigenen internen Organisationseinheit war bis 4 dato weder für Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Rahmen der Einschränkung des § 20 Abs 4 WAG aF noch für Wertpapierdienstleistungsunternehmen ohne Inanspruchnahme des § 20 Abs 4 WAG aF dezidiert gefordert. Das Unternehmen hatte jedoch unabhängig davon dafür Sorge zu tragen, dass die der internen Revision per Gesetz aufgetragenen Anforderungen auch erfüllt wurden. Gemäß Pflichtenheft der FMA ist, sofern die Geschäftstätigkeit und Größe des Unternehmens es erforderlich erscheinen lassen, die interne Revision nach § 18 WAG aF extern zu vergeben (vgl FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA 15). Für Kreditinstitute wurden die Aufgaben der internen Revision nach 5 § 18 WAG aF bzw die Durchführung der internen Kontrollverfahren gemäß § 16 Z 3 WAG aF weitgehend von der nach § 42 BWG einzurichtenden internen Revision erfüllt (so auch Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 86).
II. Anforderungen nach WAG A. Allgemeines zur Einrichtung einer internen Revision Im Rahmen der Umsetzung des WAG wird gemäß § 20 nunmehr für 6 alle Rechtsträger die Einrichtung einer internen Revision gefordert. Für die interne Revision sind von der organisatorischen Seite her die höchsten Anforderungen zu erfüllen. Gemäß § 20 hat die interne Revision 257
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Muther-Pradler/Ortner
nicht nur unabhängig zu agieren, sondern auch von den anderen Funktionen des Rechtsträgers, iSd WAG von der Compliance-Funktion und der Risiko-Management-Funktion, getrennt zu sein. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Einrichtung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes siehe § 15 Rz 15.
B. Anforderungen an die Interne Revision (Funktion) 1. Allgemeines 7 Die Pflicht, eine unabhängige, von den übrigen Funktionen und Tätig-
keiten getrennte interne Revision einzurichten, ist auf Grund der Historie und auf Grund der unterschiedlichen Struktur der einzelnen Rechtsträger für diese differenziert zu beurteilen.
2. Kreditinstitute a) Rückgriff auf bestehende Funktionen 8 Die im § 15 Abs 3 WAG für Kreditinstitute, die gemäß den Vorschrif-
ten des BWG über eine hinreichend unabhängige Risiko-ManagementFunktion und eine interne Revision verfügen, vorgesehene Möglichkeit, dass die in den §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben von der betreffenden Organisationseinheit ausgeübt werden können, wird in § 20 WAG in Bezug auf die interne Revision noch einmal wiederholt. Daher kann auch § 42 BWG für Kreditinstitute als primäre Rechtsquelle, ab wann eine interne Revision, bzw ab welchen Kriterien diese als eigene Organisationseinheit einzurichten ist, herangezogen werden. b) Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG 9 In § 42 Abs 6 BWG ist festgehalten, dass mit den Aufgaben der inter-
nen Revision eine eigene Organisationseinheit im Kreditinstitut zu betrauen ist. Die Einrichtung einer eigenen Organisationseinheit gilt jedoch nicht für Kreditinstitute, deren Bilanzsumme € 150 Millionen oder deren Mitarbeiterstand im Jahresdurchschnitt 30 vollbeschäftigte Mitarbeiter oder deren Bilanzsumme eine Milliarde Euro nicht übersteigt, und die einem Zentralinstitut angeschlossen sind oder einer Kreditinstitutsgruppe angehören, wenn im Rahmen des Sektorverbundes oder der Gruppe eine eigene Organisationseinheit für die interne Revision besteht. 10 Hinsichtlich der internen Revision hat die FMA im Februar 2005 Mindeststandards erlassen, welche von den Kreditinstituten ab 01. 09. 2005 zu beachten waren (FMA, FMA-Mindeststandards für die 258
Interne Revision
§ 20
Interne Revision von Kreditinstituten, 18. 02. 2005 [„FMA-MS-IR“]) und nach wie vor ihre volle Gültigkeit haben. In Pkt 23 FMA-MS-IR wird unter einer eigenen Organisationseinheit eine unmittelbar den Geschäftsleitern unterstehende Stelle, die mit zumindest einem ausschließlich für die interne Revision tätigen Mitarbeiter ausgestattet ist, verstanden. Chini/Frölichsthal erläutern die Organisationseinheit dahingehend, dass ab einer vom Gesetz definierten Betriebsgröße das Unternehmen im Organisationsplan eine Stelle vorzusehen hat, die sich ausschließlich mit den Aufgaben der internen Revision zu beschäftigen hat (vgl Chini in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 42 Rz 15). Damit sind im § 42 BWG für Kreditinstitute Größenkriterien im Hinblick auf die Bilanzsumme und den Mitarbeiterstand und Bilanzsumme in Kombination mit sektorinterner Lösung festgelegt, bei deren Unterschreiten keine eigene Organisationseinheit für die interne Revision vorzusehen ist. c) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 20 WAG
Der in § 20 WAG festgelegte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kommt 11 daher primär für Kreditinstitute in Betracht, welche die Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG nicht erfüllen. Nachdem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des WAG aber nicht allein auf Größenkriterien, sondern vielmehr auf Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten abstellt, kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass bei Unterschreiten der Größenkriterien nach BWG auch automatisch keine getrennte und von den anderen Funktionen unabhängige interne Revision nach WAG erforderlich ist. Kreditinstitute, welche gemäß § 42 Abs 6 BWG nicht gefordert sind, eine eigene Organisationseinheit einzurichten, haben daher anhand der Art, des Umfangs und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu beurteilen, ob die dauerhafte Einrichtung einer von ihren übrigen Funktionen und Tätigkeiten getrennten und unabhängigen internen Revision iSd WAG angemessen und verhältnismäßig ist. Die Beurteilung und Prüfung der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit obliegt dem Kreditinstitut selbst, welches entsprechend zu begründen und zu dokumentieren hat, warum es für seine Geschäftstätigkeit im Bereich der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten der Ansicht ist, dass von der Einrichtung einer dauerhaften und unabhängigen internen Revision abgesehen werden kann. Das WAG regelt die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten, sodass insb diejenigen Kreditinstitute angesprochen 259
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sind und die Einrichtung einer unabhängigen internen Revision iSd § 20 zu prüfen haben, welche den Schwerpunkt ihrer Geschäftstätigkeit in diesem Bereich haben, aber die Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG nicht erfüllen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 15). Bei Spezialbanken im Wertpapierbereich wird dabei ein höherer Maßstab als bei einer kleinen Regionalbank anzulegen sein, die primär im Kreditbereich tätig ist, und deren Wertpapiergeschäft eine untergeordnete Rolle spielt. d) Zusammenlegung von Funktionen 12 Daran anschließend ist zu beurteilen, ob Personen, die Aufgaben der
internen Revision erfüllen, auch noch andere Funktionen erfüllen können. Der Erwägungsgrund 15 MiFID-DRL statuiert, dass zumindest in den Bereichen Risikomanagement und Compliance, sofern diese Funktionen in der Hand einer einzigen Person liegen, dies nicht zwangsläufig die Unabhängigkeit der einzelnen Funktionen gefährdet. Hinsichtlich der internen Revision ergibt sich das Sonderproblem, dass das die Stelle ist, welche die Angemessenheit und Wirksamkeit der Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen des Rechtsträgers zu prüfen und zu bewerten hat, wozu zwangsläufig auch die Vorkehrungen im Bereich der Risiko-Management-Funktion und der Compliance-Funktion zählen (Problem der Selbstkontrolle). 13 Auch Laurer (Laurer in Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl [Hrsg], BWG2 § 42 Rz 2) setzt sich mit der Zulässigkeit der Mischverwendung von Bediensteten der internen Revision auseinander: Ist auf Grund der geringen Größe des Betriebs eines Kreditinstituts ein vollständig mit Revisionsagenden beschäftigter Mitarbeiter nicht erforderlich, soll nach Laurer dennoch verhindert werden, dass die im Rahmen der Revisionsfunktion geleistete Tätigkeit des Mitarbeiters durch die Weisungshierarchie für andere Tätigkeitsbereiche des Mitarbeiters gefährdet bzw die Unterstellung des Mitarbeiters bezüglich der Tätigkeiten in der internen Revision unmittelbar unter die Geschäftsleiter beeinträchtigt (direkte Berichtspflicht an den Geschäftsleiter) wird. Er sieht diese Mischverwendung jedoch als bedenklich an, weil die Revisionsaufgaben dann wohl auch die Prüfung der eigenen Tätigkeit außerhalb der Revision mitumfassen müsste. Die eigene Einrichtung einer internen Revision hält er für sinnlos, wenn Kontrollierte und Kontrollierende identisch sind. Als Ausweg schlägt er zwei Mitarbeiter für die interne Revision vor, welche nur teilbeschäftigt sind und sich gegenseitig kontrollieren können (vgl Laurer in Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl [Hrsg], BWG2 § 42 Rz 2). Auch in den FMA-MS-IR wird konkretisierend festgelegt (Pkt 15), dass die Mitarbeiter der inter260
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§ 20
nen Revision im zu prüfenden Kreditinstitut grundsätzlich nur für die interne Revision tätig sein und mit deren Aufgaben betraut werden dürfen (Pkt 17), und dass sie keinesfalls Bereiche prüfen dürfen, in denen sie selbst tätig sind (Verbot der Selbstprüfung) (Pkt 18). Etwas weniger streng sieht dies Kessler, der davon ausgeht, dass Mitarbeiter in der internen Revision grundsätzlich auch andere Aufgaben übernehmen können, wenn sichergestellt ist, dass es zu keiner Selbstprüfung kommt (Kessler in Dellinger, BWG3 § 42 Rz 76). Eine Mischverwendung von Mitarbeitern der internen Revision mit 14 anderen Tätigkeiten oder eine Zusammenlegung von Tätigkeiten kommt nach Ansicht der FMA nur bei Kreditinstituten in Frage, die kumulativ folgende Bedingungen einhalten: Das Kreditinstitut erfüllt die Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG nicht, und der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit liegt nicht im Wertpapierbereich. Das Kreditinstitut hat eine Mischverwendung jedenfalls zu begründen und zu dokumentieren (siehe dazu FMA, Rundschreiben Organisation WAG 2007, 15). e) Rundschreiben der FMA betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision
Bereits in ihrem Rundschreiben in Bezug auf die Vereinbarkeit der 15 internen Revision mit den Funktionen des Geldwäschebeauftragten und des Compliance-Verantwortlichen (FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Vereinbarkeit interne Revision/Geldwäschebeauftragter/Compliance-Verantwortlicher vom 30. 03. 2004), hat sich die FMA dahingehend geäußert, dass infolge des Selbstprüfungsverbotes grundsätzlich eine Funktionstrennung zwischen der internen Revision einerseits und den Aufgaben des Geldwäschereibeauftragten und des Compliance-Verantwortlichen andererseits vorzusehen ist. Darüber hinaus betonte die FMA in diesem Rundschreiben, dass es im Einzelfall zulässig sein kann, die verschiedenen Funktionen zusammenzulegen, wobei insb das Geschäftsfeld des Kreditinstitutes, die Bilanzsumme, die Mitarbeiteranzahl, der Umfang und die Komplexität der geldwäschebzw compliancerelevanten Geschäfte, die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe sowie die internen Strukturen und die Organisation entscheidungsrelevante Kriterien waren. Die Parameter für das Errichten einer unabhängigen Organisationseinheit bzw für die Beurteilung welche Funktionen neben der Revisionstätigkeit wahrgenommen werden können, haben sich durch das WAG 2007 geändert. Ob es erforderlich ist, eine getrennte und unabhängige interne Revision einzurichten, richtet sich nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es wird 261
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nicht mehr nur auf die Größe des Instituts und die Mitarbeiteranzahl abgestellt werden können, sondern es sind Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu berücksichtigen (zu den Kriterien siehe § 17 Rz 11). Die FMA geht daher grundsätzlich davon aus, dass ein Rechtsträger eine von anderen Bereichen und Aufgaben getrennte und unabhängige Revisions-Funktion einrichtet. Auch iZm den Anforderungen an eine unabhängige Compliance-Funktion und der proaktiven Begleitung von Prozessen durch Compliance sind insbesondere die Funktionen interne Revision und Compliance voneinander unabhängig zu installieren, da gerade hier die Gefahr einer Selbstüberprüfung besteht. Trotz des Erfordernisses der Einrichtung einer unabhängigen internen Revision wird es aber im Hinblick auf die Synergiehebung bei der Prüftätigkeit sinnvoll sein, dass sich die interne Revision mit Compliance hinsichtlich der vorzunehmenden Prüfgebiete und Prüfhandlungen abstimmt (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 8; weiters § 18 Rz 41) (zur internen Revision vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 14 ff). 16 Kann das organisatorische Zusammenlegen von Funktionen und Tätigkeiten durch Heranziehen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausreichend begründet werden, sind entsprechende organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Um Selbstüberprüfungen zu vermeiden, sind die vom internen Revisor zusätzlich übernommenen Aufgaben (zB Geldwäsche/Compliance) von einem externen Dritten bzw einem entsprechend fachlich geschulten Mitarbeiter des Kreditinstitutes (zB ein weiterer Mitarbeiter der internen Revision) zu überprüfen. In sämtlichen Fällen ist dieser Dritte hinsichtlich der Erfüllung seiner Prüfaufgaben direkt der Geschäftsleitung zu unterstellen und von sämtlichen Weisungen anderer Vorgesetzter freizustellen. Er ist für diese spezifischen Prüfaufgaben gesondert von der Geschäftsleitung zu beauftragen. Zudem ist eine direkte Berichtspflicht an die Geschäftsleitung vorzusehen. f) Auslagerung 17 Neben der Zusammenlegung von Funktionen kommt auch die Aus-
lagerung der internen Revision in Betracht. Chini/Fröhlichsthal gehen davon aus, dass bei Kreditinstituten, bei denen weder die Bilanzsumme noch der Mitarbeiterstand erreicht wird, die interne Revision auch teilweise durch externe Personen durchgeführt werden kann (vgl Chini in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 42 Rz 6). Auch die FMA-MS-IR sehen unter Pkt 24 vor, dass beim Überschreiten der Kriterien gemäß § 42 Abs 6 BWG die Aufgaben der internen Revision gänzlich ausgelagert werden können. Auch die BaFin billigt in ihren MaRisk eine gänzliche 262
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Auslagerung der internen Revision, wobei sie voraussetzt, dass ein Revisionsbeauftragter zu benennen ist (vgl MaRisk, AT 9.8.; darauf eingehend Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 268, Fischer/Petri/Steidle, WM 2007, 2318; Hanten/Görke, Outsourcing-Regelungen unter Geltung des § 25 a Abs. 2 KWG in der Fassung des FRUG, BKR 2007, 493). In ihrem Rundschreiben schlägt die FMA als möglichen Lösungsweg ebenso die gänzliche Auslagerung der Revisionstätigkeit an externe Stellen wie zB Wirtschaftstreuhänder oder Rechtsanwälte vor, um eine Selbstüberprüfung zu vermeiden (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 15). Die Forderung der BaFin bei gänzlicher Auslagerung einen internen Revisionsbeauftragten zu bestellen, welcher ua intern prüft, ob festgestellte Mängel beseitigt wurden, ist iS eines umfassenden Risikomanagements sicherlich zielführend (vgl dazu auch Kaetzler/ Weirauch, Bankenaufsichtsrechtliche Aspekte von Outsourcingverhältnissen – Neue Anforderungen an die Auslagerungspraxis durch die Neufassung des KWG und der MaRisk, BKR 2008, 268).
3. Wertpapierfirmen Für Wertpapierfirmen gilt in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit das 18 Gleiche wie unter Rz 11 für Kreditinstitute Gesagte, welche nicht gemäß § 42 Abs 6 BWG gefordert sind, eine eigene Organisationseinheit einzurichten. Bei Wertpapierfirmen muss etwa darauf abgestellt werden, ob sie zur Portfolioverwaltung berechtigt sind, ob sie Dienstleistungen im In- und Ausland tätigen, in welchem Produktsegment die Hauptgeschäftstätigkeit liegt, und insb wie der Vertriebsapparat ausgestaltet ist (Anzahl der Angestellten, der vertraglich gebundenen Vermittler gemäß § 1 Z 20 bzw Finanzdienstleistungsassistenten gemäß § 2 Abs 1 Z 15, die im Namen der Wertpapierfirma auftreten etc). Weitere beispielhaft angeführte Kriterien (ua Kundenstruktur, Art und Risikograd der angebotenen Finanzinstrumente etc) um die Inanspruchnahme des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beurteilen, finden sich im Newsletter – interne Revision (vgl Newsletter zum WAG 2007 – April 2009 des Fachverbandes Finanzdienstleister). Auch die dt Umsetzung der Anforderungen des Art 8 MiFID-DRL 19 (Innenrevisionsfunktion) in § 25 a KWG, der gemäß § 33 WpHG auch für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (nach dt Diktion) anzuwenden ist, trägt dem Umstand der Verhältnismäßigkeit Rechnung. So geht § 25 a KWG davon aus, dass die Funktion der internen Revision bei kleinen Wertpapierhandelsunternehmen auch gänzlich entfallen kann, wenn diese Anforderungen angesichts der Art, des Umfanges und der Komplexität ihres Geschäfts sowie der Art und des Spektrums ihrer Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig 263
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wären und eine periodische Überprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer erfolgt. 20 Ebenso in Betracht kommt die Auslagerung der internen Revision. Einschränkungen ergeben sich in Hinblick auf die Auslagerung an den Abschlussprüfer aus dem UGB (§ 271 Abs 1 Z 4 b UGB).
4. Wertpapierdienstleistungsunternehmen 21 Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind gemäß § 15 Abs 2 Z 3
vom Erfordernis der getrennten unabhängigen internen Revision befreit (§ 15 Rz 9). Zur verpflichtenden Einrichtung der allgemeinen organisatorischen Anforderungen und der internen Kontrollmechanismen siehe § 15 Rz 15, § 17 Rz 4 ff und § 19 Rz 10 ff. Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben daher gemäß § 17 Abs 1 Z 3 jedenfalls angemessene interne Kontrollmechanismen, welche die Einhaltung von Beschlüssen und Verfahren auf allen Ebenen sicherstellen, einzurichten und laufend aufrecht zu erhalten. Weiters müssen sie diese gemäß § 17 Abs 4 überwachen, regelmäßig bewerten und die zur Behebung etwaiger Mängel erforderlichen Maßnahmen ergreifen (vgl auch FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 16).
5. Versicherungsunternehmen 22 Für Versicherungsunternehmen ist im Bereich der Vermittlung von
Investmentfondsanteilen gemäß § 3 Abs 3 VAG ua auch die Bestimmung des § 20 WAG anzuwenden. Gemäß § 2 Abs 2 können bei Versicherungsunternehmen, die gemäß den Vorschriften des VAG über eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion und eine interne Revision verfügen, die in §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben von der betreffenden Organisationseinheit ausgeübt werden.
C. Revisionsplanung 23 § 20 Z 1 fordert die Erstellung und dauerhafte Umsetzung eines Revi-
sionsprogramms. Auch daraus ist abzuleiten, dass es sich bei der Revision nicht um eine stichtagsbezogene Überprüfung handelt, sondern dass die Revision dauerhaft an der Umsetzung dieses Revisionsprogrammes arbeitet. 24 Für Kreditinstitute ergibt sich die Verpflichtung, einen jährlichen Revisionsplan zu erstellen, bereits aus § 42 Abs 5 BWG. Die näheren Rahmenbedingungen für die Planung werden darüber hinaus in den FMA-MS-IR im Punkt 6.1. Revisionsplanung noch konkretisiert. Für Kreditinstitute ist daher relevant, dass die durch das WAG nunmehr 264
Interne Revision
§ 20
neu aufgetragenen Revisionsanforderungen auch in die Revisionsplanung aufzunehmen sind, sofern dies bis dato noch nicht erfolgt ist. Für Wertpapierfirmen wird die Anforderung an die Revisionsplanung 25 stark davon abhängen, in welcher Art die interne Revision im Unternehmen organisiert ist (als eigene Organisationseinheit, in der Form, dass eine Person für mehrere Funktionen verantwortlich ist, oder ob die Revision ausgelagert wird). Wesentlich ist dabei, dass im Unternehmen entsprechend festgelegt werden muss, wer mit der Revisionsplanung betraut wird, um auch vorausschauend ein Revisionsprogramm aufzustellen. Insb im Falle der Auslagerung ist ein entsprechender Auftrag an den externen Dienstleister zu erteilen und der Umfang der Revisionstätigkeit genau festzulegen, worunter auch die zukünftige Revisionsplanung zu subsumieren sein wird.
D. Aufgaben der internen Revision Gemäß § 20 Z 1 ist die Ausgestaltung des Revisionsprogrammes mit 26 einer entsprechenden Zielsetzung versehen. Die Erstellung und dauerhafte Umsetzung des Revisionsprogrammes soll insb die Angemessenheit und Wirksamkeit der Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen des Rechtsträgers prüfen und bewerten (vgl für Kreditinstitute auch Kessler in Dellinger, BWG3 § 42, Rz 62). Diese auf den ersten Blick recht allgemeine formulierte Verpflichtung ist auf den zweiten Blick jedoch mit einem sehr weiten Kreis an zu überprüfenden Bereichen verbunden. Begibt man sich im WAG auf die Suche nach den angesprochen Systemen, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen stößt man auf einen weiten Bereich an Anforderungen, welche von der internen Revision hinsichtlich Angemessenheit und Wirksamkeit zu prüfen und zu bewerten sind. Die nachfolgende Aufzählung gibt einen Einblick darüber, wie weitrei- 27 chend einerseits die organisatorischen Anforderungen im WAG definiert sind, und andererseits, dass im Rahmen der Implementierung des WAG insb die interne Revision eine zentrale Rolle einnimmt: – Angemessenheit und Wirksamkeit der allgemeinen organisatorischen Anforderungen nach § 17 WAG: Die Verpflichtung der Überwachung und regelmäßigen Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der nach Abs 1 und Abs 2 geschaffenen Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen sowie das Ergreifen erforderlicher Maßnahmen zur Behebung etwaiger Mängel ist in § 17 Abs 4 WAG auch noch einmal dezidiert gefordert. – Angemessenheit und Wirksamkeit der Compliance-Funktion gemäß § 18 WAG; 265
§ 20
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– Angemessenheit und Wirksamkeit der in § 19 WAG geforderten internen Kontrollmechanismen, Verfahren zur Risikobewertung sowie der Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für Datenverarbeitungssysteme; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen iZm den persönlichen Geschäften von relevanten Personen gemäß § 24 WAG; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen iZm der Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben an Dienstleister gemäß § 25 WAG in Zusammenhang mit Anlage 1; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen iZm dem Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden gemäß § 29 WAG. Gemäß § 33 WAG hat der Rechtsträger dafür zu sorgen, dass der Abschlussprüfer oder der Prüfer gemäß § 74 Abs 3 mindestens einmal jährlich einen Bericht über die Angemessenheit der Vorkehrungen, welche gemäß §§ 29 bis 32 getroffen wurden, erstattet und der FMA übermittelt. Der Bericht wird auch für die interne Revision eine wichtige Grundlage für die Prüfungstätigkeit in diesem Bereich darstellen; – Angemessenheit und Wirksamkeit der in § 32 Abs 2 Z 2 geforderten Systeme und Kontrollen, die gewährleisten, dass nur Finanzinstrumente von Kunden, die ihre ausdrückliche Zustimmung erteilt haben, zusammen auf einem Sammelkonto geführt werden; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen in Bezug auf für den Kunden potentiell nachteilige Interessenkonflikte gemäß § 34 WAG; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen gemäß § 37 WAG, die bei der Erstellung von Finanzanalysen zu beachten sind; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen iZm der bestmöglichen Ausführung von Aufträgen gemäß § 52 WAG sowie der Vorkehrungen iZm den organisatorischen Vorschriften über die Durchführungspolitik gemäß § 53 WAG; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Verfahren und Systeme iZm der Bearbeitung von Kundenaufträgen (§ 55 WAG). 28 Wenn man sich die Vielzahl an zu prüfenden und zu bewertenden Bereichen ansieht, werden wohl nur mehr wenige Unternehmen verbleiben, die über keine eigene Organisationseinheit für die interne Revision bzw über keine unabhängige von den übrigen Funktion getrennte interne Revisionsfunktion zu verfügen haben.
E. Maßnahmen der internen Revision 29 Nach Maßgabe des § 20 Z 2 hat die interne Revision Empfehlungen auf
Grund der Ergebnisse der gemäß Z 1 ausgeführten Aufgaben auszuge266
Interne Revision
§ 20
ben. Für Kreditinstitute ist die Berichtspflicht der internen Revision in Punkt 6.5. FMA-MS-IR näher konkretisiert. Gemäß Pkt 52 enthält der Revisionsbericht zumindest den Prüfbereich und die Prüfungsfeststellungen (insb festgestellte Mängel und die getroffenen, erforderlichen und empfohlenen Maßnahmen samt angemessener Frist zu deren Beseitigung oder Umsetzung) unter Hervorhebung der wesentlichen Mängel, Gefahren und Risiken. Die FMA-MS-IR sind etwas strenger formuliert, als dies im WAG vorgesehen ist. Im Ergebnis erwachsen jedoch aus beiden Grundlagen die gleichen Anforderungen, nämlich dass, sobald die Revision in ihrem Ergebnis der Prüfung Verbesserungsbedarf sieht (sie stellt einen Mangel fest), sie Empfehlungen ausspricht (sie empfiehlt Maßnahmen).
F. Maßnahmenkontrolle § 20 Z 3 WAG legt die Überprüfung der Einhaltung der Empfehlungen 30 fest. Gemeint ist wohl die Überprüfung der Umsetzung der Empfehlungen. Auch hier legen die FMA-MS-IR Ähnliches unter Punkt 6.6 „Reaktion auf festgestellte Mängel“ fest, nämlich dass die interne Revision die fristgerechte Beseitigung der festgestellten Mängel sowie die fristgerechte Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen überprüft und allenfalls erforderliche Nachschauprüfungen durchführt.
G. Berichterstattung an den Vorstand bzw das Aufsichtsorgan Für Kreditinstitute ergibt sich schon aus § 42 Abs 3 BWG die Pflicht 31 zur Berichterstattung an alle Geschäftsleiter und zu einer differenzierteren Berichterstattung an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats oder des sonst nach dem Gesetz oder Satzung zuständigen Aufsichtsorgans bei wesentlichen Prüfungsfeststellungen. § 20 iVm § 21 Abs 2 WAG konkretisiert die Berichterstattungspflicht dahingehend, dass der zumindest jährlich zu erstattende schriftliche Bericht eine Tätigkeitsbeschreibung und eine Mängelanalyse zu beinhalten hat. Eine Vorlagepflicht an den Aufsichtsrat ist in jedem Fall und nicht nur bei wesentlichen Prüfungsfeststellungen vorgesehen. Es ist zudem strittig, ab wann von einer wesentlichen Prüfungsfeststellung iSd § 42 Abs 3 BWG auszugehen ist und daher eine Berichtspflicht an den Aufsichtsrat zu erfolgen hat. Die FMA-MS-IR führen diesbezüglich lediglich aus (Erläuterungen zu Pkt 49), dass die Berichtspflicht an das Aufsichtsorgan auch bei Nichtvorliegen wesentlicher Prüfungsfeststellungen gegeben ist. In diesem Fall ist zumindest darüber eine Aussage zu treffen („Nullmeldung“). Der Begriff „wesentlich“ ist beim Wort zu nehmen; 267
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es geht nur um Prüfungsfeststellungen der internen Revision, die tatsächlich das Wesen, also den Kern (die Substanz), des betreffenden Gegenstandes berühren. Sie müssen somit essentiell und nicht bloß erheblich sein (vgl Keinert, ÖBA 2003, 523). 32 Nachdem das WAG eine Berichterstattung an den Aufsichtsrat in
jedem Fall vorsieht, zumindest was die WAG relevanten Feststellungen betrifft, wird sich wohl die Praxis dahingehend ändern müssen (vgl § 21 Rz 6). 33 Die Berichterstattungspflicht obliegt direkt der internen Revision.
Es ist nicht wie in der dt Sprachfassung des Art 6 Abs 3 lit b MiFIDDRL vorgesehen, dass der Compliance-Beauftragte für die Vorlage seines Tätigkeitsberichts, aber auch des Berichts der Risiko-Management-Funktion sowie der internen Revision verantwortlich ist. Die englische Version beschränkt die Berichterstattung des ComplianceBeauftragten auf die Tätigkeit seiner eigenen Funktion, sodass die Umsetzung im Einklang mit der Richtlinienvorgabe erfolgte. 34 Bei Kreditinstituten erscheint es zweckmäßig, dass die jährliche Be-
richterstattung gemäß § 21 Abs 2 iVm § 20 gemeinsam mit einem Bericht der internen Revision gemäß § 42 Abs 3 BWG erfolgt (hinsichtlich Berichte des Risikomanagements vgl § 19 Rz 17).
Zuständigkeiten der Geschäftsleitung § 21. (1) Für die Erfüllung der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten ist die Geschäftsleitung verantwortlich. Die Geschäftsleitung ist insbesondere verpflichtet, die Wirksamkeit der zur Einhaltung der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten, vom Rechtsträger festgelegten Leitlinien, Vorkehrungen und Verfahren zu bewerten und regelmäßig zu überprüfen und angemessene Maßnahmen zur Behebung etwaiger Mängel zu ergreifen. Hat der Rechtsträger ein Aufsichtsorgan, so hat dieses im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften die Geschäftsleitung in Bezug auf die Einhaltung ihrer Pflichten zu überwachen. (2) Soweit in den §§ 18 bis 20 die Erstellung von Berichten vorgesehen ist, sind diese schriftlich und regelmäßig, zumindest einmal jährlich zu erstatten. Diese haben eine Zusammenfassung der Tätigkeit der jeweiligen Funktion zu enthalten und es ist insbesondere anzugeben, ob zur Behebung etwaiger Mängel geeignete Maßnahmen getroffen wurden. Sofern ein Rechtsträger über ein Aufsichtsorgan verfügt, sind diese Berichte auch an dieses weiterzuleiten. 268
Zuständigkeiten der Geschäftsleitung
§ 21
Schrifttum: Gruber, Organaußenhaftung für Kapitalmarktinformationen, wbl 2006, 445; Kalss, Die Eigenständigkeit der Veranlagungsentscheidungen von Kapitalanlagegesellschaften, ÖBA 1995, 583; Schütz/Waldherr, Die Auslagerung bankgeschäftlicher Tätigkeiten aus bankaufsichtsrechtlicher Sicht, ÖBA 2007, 138. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 21): „Diese Bestimmung setzt Art. 9 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 1 setzt eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung um und berührt nicht die in den einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften vorgenommene Verteilung der Aufgaben zwischen der Geschäftsleitung und dem Aufsichtsorgan. Die in diesem Bundesgesetz verwendete Phrase „der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten“ umfasst jedenfalls auch die durch Verordnung der FMA vorgenommenen Konkretisierungen dieser Pflichten.“
Übersicht I. II. III. IV.
Zuständigkeiten und Pflichten der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Verantwortlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Zuständigkeiten und Pflichten der Geschäftsleitung § 21 Abs 1 erster Satz bezieht sich auf die bereits gesellschafts- und 1 unternehmensrechtlich zwingende Letztverantwortung der Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens für die Einhaltung der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten, womit auch die durch Verordnung (so die Erl RV) oder Bescheide der FMA vorgenommenen Konkretisierungen dieser Pflichten gemeint sind. Diese Letztverantwortung ist die Kehrseite des originären und nicht delegierbaren Leitungs- und Entscheidungsrechts der Geschäftsleiter (vgl § 25 Abs 3 Z 1: „Die Auslagerung darf nicht zu einer Delegation der Aufgaben der Geschäftsleitung führen“; siehe dazu § 25 Rz 15). Die Bestimmung ist im Zusammenhang mit § 39 BWG zu sehen, auf den durch § 6 verwiesen wird. Sie dient der Umsetzung von Art 9 Abs 1 bis 3 MiFID-DRL (Erl RV). § 21 Abs 1 zweiter Satz und § 6 iVm § 39 Abs 1 und 2 BWG verpflich- 2 ten die Geschäftsleiter im Rahmen ihrer originären Leitungsbefugnisse insb zur Einrichtung angemessener Verwaltungs-, Kontroll- und Rechnungsverfahren zur Begrenzung der betrieblichen Risiken (Zu 269
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den Kontrollpflichten der Geschäftsleitung bei Beauftragung eines Rechtsanwalts vgl UVS Wien 26. 08. 2003, 06/46/5003/2002, ZFR 2007, 159 [N. Raschauer]). Dabei ist auf die Art, den Umfang und die Komplexität der jeweils betriebenen Geschäfte abzustellen. In die Letztverantwortung der Geschäftsleiter fällt damit auch die Einrichtung und die laufende Durchführung einer ordnungsgemäßen internen Revision (siehe dazu § 20 insb Rz 6 ff). Die Einrichtung dieser Verfahren soll eine entsprechende Organisation zur ordnungsgemäßen Abwicklung der geschäftlichen Tätigkeiten unter Einhaltung der maßgeblichen Rechtsvorschriften gewährleisten (vgl Schütz/Waldherr, ÖBA 2007, 140).
II. Zivilrechtliche Verantwortlichkeit 3 Im Wege der Verweiskette von § 6 auf § 39 Abs 1 BWG und § 84
Abs 1 AktG kommt der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des Vorstands einer AG – über die jeweils maßgeblichen Sorgfaltspflichten des Gesellschaftsrechts hinaus – auch für den Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens zur Anwendung. Sie sind demnach verpflichtet, die Sorgfalt „eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters in einem Unternehmen von der Art und dem Umfang, wie es dem konkreten (Schadens)fall zu Grunde liegt“, einzuhalten (Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG4 §§ 77–84 Rz 95). Dieser Sorgfaltsmaßstab wird durch die sondergesetzlichen Bestimmungen des WAG 2007 dem Grunde nach nicht verändert, sondern bloß inhaltlich konkretisiert. 4 In Ermangelung einer Vertragsbeziehung trifft die Geschäftsleiter einer
Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens den Anlegern gegenüber regelmäßig keine unmittelbare, vertragliche Schadenersatzpflicht (vgl dazu Gruber, wbl 2006, 447 ff). Eine unmittelbare Haftung den Anlegern gegenüber kommt jedoch als deliktische Haftung wegen einer Verletzung von Schutzgesetzen (§ 1311 ABGB) in Betracht. Als solche Schutzgesetze sind insb die verwaltungsstrafrechtlichen Haftungsnormen nach §§ 94 f anzusehen. Die Geschäftsleiter haften im Übrigen der Gesellschaft gegenüber nach allgemeinem Schadenersatzrecht für Sorgfaltspflichtverletzungen, insb auch für die Auswahl von Personen, die Hilfstätigkeiten ausführen (culpa in eligendo), sowie für die Einhaltung der notwendigen Kontroll- und Informationstätigkeiten (vgl Kalss, ÖBA 1995, 599 f). Trifft die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Anlegern ge270
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen
§ 22
genüber eine vertragliche Schadenersatzpflicht, so kann sie bzw es sich allenfalls bei den Geschäftsleitern regressieren.
III. Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit Die Geschäftsleiter sind der Aufsichtsbehörde für die Geschäftstätigkeit 5 des Unternehmens und für die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen (sowie darauf gestützter VO und Bescheide), soweit keine verantwortlichen Beauftragten bestellt sind (§ 9 Abs 2 VStG), persönlich verantwortlich; im Fall kollegialer Vertretungsbefugnis trifft diese Verantwortung grundsätzlich (Verschulden vorausgesetzt; zur Verantwortung des Geschäftsleiters für rechtswidriges Verhalten, das noch vor seinem Amtsantritt eingeleitet wurde, vgl UVS Wien 03. 12. 007, 06/FM/46/5490/2007, ZFR 2008, 108 [Brandl]) alle Mitglieder des Geschäftsleitergremiums (vgl zB N. Raschauer/Wessely, VStG AT 113). Vgl auch die Kommentierung zu § 95.
IV. Berichtspflichten § 21 Abs 2 sieht vor, dass die Tätigkeitsberichte des Compliance-Be- 6 auftragten (§ 18), der Risikomanagement-Funktion (§ 19) und der internen Revision (§ 20) mindestens einmal jährlich zu erstatten und an das Aufsichtsorgan (dh insb auch den Aufsichtsrat) weiterzuleiten sind (vgl Art 9 Abs 2 und 3 MiFID-DRL). Im Übrigen bleibt die in den einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften vorgenommene Verteilung der Aufgaben zwischen Geschäftsleiter und Aufsichtsorgan unberührt (Erl RV).
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen § 22. (1) Ein Rechtsträger hat Aufzeichnungen über alle seine Dienstleistungen und Geschäfte zu führen, aufgrund der die FMA die Einhaltung der Anforderungen dieses Bundesgesetzes überprüfen und sich vor allem vergewissern kann, ob der Rechtsträger sämtliche Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden eingehalten hat. Der Rechtsträger hat hierbei Art. 7 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 zu beachten. 271
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(2) Ein Rechtsträger hat alle nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren, sofern nicht einer der folgenden Fälle vorliegt: 1. Die Aufzeichnungen, in denen die Rechte und Pflichten des Rechtsträgers gegenüber seinen Kunden im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags oder die Bedingungen, unter denen der Rechtsträger Dienstleistungen für den Kunden erbringt, festgehalten sind, sind mindestens für die Dauer der Geschäftsbeziehung aufzubewahren; 2. bei Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen kann die FMA verlangen, dass ein Rechtsträger einzelne oder alle derartigen Aufzeichnungen während eines längeren, durch die Art des Instruments oder Geschäfts gerechtfertigten Zeitraums aufbewahrt, sofern dies notwendig ist, damit die FMA ihre Aufsichtsfunktion nach diesem Bundesgesetz ausüben kann. Die FMA kann in dem Bescheid, mit dem über die Rücknahme oder das Erlöschen der Konzession abgesprochen wird, anordnen, dass die Aufzeichnungen bis zum Ablauf eines höchstens fünfjährigen Zeitraums aufzubewahren sind. (3) Die Aufzeichnungen sind auf einem Datenträger aufzubewahren, damit diese der FMA auch in Zukunft zugänglich gemacht werden können. Zusätzlich müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: 1. Die Aufzeichnungen müssen der FMA unverzüglich zugänglich gemacht werden können und jede wichtige Phase der Bearbeitung sämtlicher Geschäfte muss rekonstruierbar sein; 2. jegliche Korrekturen oder sonstige Änderungen sowie der Inhalt der Aufzeichnungen vor diesen Korrekturen oder Änderungen müssen leicht feststellbar sein und 3. die Aufzeichnungen müssen ausreichend gegen Manipulationen oder sonstige unbefugte Veränderungen geschützt sein. (4) Die FMA hat ein Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten, die Rechtsträger nach diesem Bundesgesetz erfüllen müssen, zu führen und auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. (5) Die FMA ist für die Kontrolle der Einhaltung von Abs. 1 bis 3 in Bezug auf die von Zweigstellen von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten mit Sitz in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland getätigten Geschäfte verantwortlich. Davon unbeschadet bleibt die direkte Zugriffsmöglichkeit der zuständigen Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates des Rechtsträgers auf diese Aufzeichnungen. 272
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen
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Schrifttum: Buhl/Kaiser, Herausforderungen und Gestaltungschancen aufgrund von MiFID in der Kundenberatung, ZBB 2008, 43; CESR, CESR Level 3 Recommendations on the List of minimum records in article 51 (3) of the MiFID implementing Directive, February 2007, Ref: CESR/06–552 c; FMA, Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG 2007; Spindler/Kasten, Organisationspflichten nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 22): „Abs. 1 setzt Art. 13 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG ergibt sich, dass Papier ein dauerhafter Datenträger ist und daher schriftliche Unterlagen jedenfalls für die Erfüllung der Anforderungen des Abs. 3 geeignet sind. Abs. 4 setzt Art. 51 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Diese Bestimmung schafft keine neuen Aufzeichnungspflichten, sondern soll die FMA verpflichten, eine Dokumentation der auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen bestehenden Aufzeichnungspflichten zu erstellen. Die Mindestaufzeichnungen entsprechen im Wesentlichen den auf Level 3 von CESR erstellten „Empfehlungen für eine Liste von Mindestaufzeichnungen gemäß Art. 51 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG“. Abs. 5 setzt Art. 13 Abs. 9 der Richtlinie 2004/39/EG um.“
Übersicht I.
Zielrichtung der Aufzeichnungs- bzw Aufbewahrungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aufzeichnungspflichten in anderen Rechtsmaterien . . . . . . . . . . . III. Konkretisierung der Aufzeichnungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Generalklausel für die Aufzeichnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Erteilung von Kundenaufträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Aufzeichnungspflichten nach Ausführung des Kundenauftrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Aufbewahrungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Medium der Aufzeichnung bzw Aufbewahrung . . . . . . . . . . . . . . . . F. Liste der Mindestaufzeichnungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufsichtsbefugnisse im Zusammenhang mit Zweigstellen gemäß § 12 Abs 4 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Zielrichtung der Aufzeichnungs- bzw Aufbewahrungspflichten 1 Bereits die Vorgängerbestimmung des § 17 WAG aF hat in Grundzügen
Aufzeichnungspflichten hinsichtlich der Kundenaufträge, der Anweisungen des Kunden, der handelnden Personen sowie des Anlegerprofils gemäß § 13 Z 3 WAG aF vorgesehen (vgl Winternitz, WAG § 17 Rz 1). 2 Die Aufzeichnungspflichten sind ausschließlich im Interesse der Kontrolle oder strafbehördlichen Verfolgung durch die FMA bzw durch sonstige Aufsichts- oder Verwaltungsstrafbehörden, die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und durch die Strafgerichte normiert (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 17 Rz 1). Laut Kalss/Oppitz/Zollner lassen sich aus einer Verletzung der Aufzeichnungspflichten gemäß § 17 WAG aF keine Schadenersatzansprüche durch Kunden ableiten (vgl Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 92). Diese aufsichtsrechtliche Zielrichtung wird im Vergleich zu § 17 WAG aF in § 22 Abs 1 WAG nunmehr auch dezidiert ausgesprochen. Die Aufzeichnungen sollen es der FMA ermöglichen, die Einhaltung der Anforderungen des WAG zu überprüfen und sich va zu vergewissern, ob der Rechtsträger sämtliche Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden eingehalten hat. Es ist jedoch auch damit zu rechnen, dass Kunden versuchen werden, die Vorlage dieser Unterlagen auch in Zivilprozessen zu verlangen, um auf diesem Weg Schadenersatzansprüche begründende Pflichtverletzungen zu beweisen (Teuber, BKR 2006, 436).
II. Aufzeichnungspflichten in anderen Rechtsmaterien 3 Konkrete Aufzeichnungspflichten ergeben sich bereits aus der allge-
meinen zivilrechtlichen Rechnungslegungspflicht in Auftragsverhältnissen gemäß § 1012 ABGB (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 17 Rz 2; Winternitz, WAG § 17 Rz 3), wonach bei der gewerblichen Erbringung von Dienstleistungen jeder einzelne Auftrag, hiezu erteilte Anweisungen des Kunden und die Auftragsausführung aufzuzeichnen sind. 4 Besonderheiten der Aufzeichnungspflicht ergeben sich aus der Sonderstellung des Kommissionsgeschäfts iSd § 384 Abs 2 UGB, das die Grundlage für das Ausführungsgeschäft darstellt. Dem Kunden sind die erforderlichen Nachrichten zu übermitteln, insb ist von der Aus274
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führung der Kommission unverzüglich Anzeige zu machen und über das Geschäft Rechenschaft abzulegen. Eine eingeschränkte Rechenschaftspflicht gegenüber dem Kunden kommt nur im Falle des Selbsteintrittes durch den Kommissionär iSd § 400 Abs 2 UGB in Betracht (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 17 Rz 2). Die Pflicht des ausführenden Instituts (Kommissionärs) beschränkt sich darauf, Rechenschaft über den Abschluss des Kaufes oder Verkaufs abzulegen, und auf den Nachweis, dass bei dem berechneten Preis der zum Zeitpunkt der Ausführung der Kommission bestehende Börsen- oder Marktpreis eingehalten wurde.
III. Konkretisierung der Aufzeichnungspflichten A. Generalklausel für die Aufzeichnung § 22 Abs 1 setzt Art 13 Abs 6 MiFID um. § 22 Abs 1 stellt die Gene- 5 ralklausel für die Aufzeichnungspflichten eines Rechtsträgers dar, welche in den Abs 2 bis 4 näher konkretisiert werden. Spindler/Kasten sehen Art 13 Abs 6 im Rahmen der Organisationsverpflichtungen als eine Art Auffangtatbestand für Dokumentationspflichten einer Wertpapierfirma (Spindler/Kasten, AG 2006, 788). In § 22 Abs 1 wird auf Art 7 und 8 DVO verwiesen, die das Führen von Aufzeichnungen in Bezug auf Kundenaufträge und Handelsentscheidungen spezifizieren.
B. Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Erteilung von Kundenaufträgen Gemäß Art 7 DVO hat eine Wertpapierfirma zu jedem von einem 6 Kunden eingegangenen Auftrag und für jede Handelsentscheidung betreffend die Erbringung einer Portfolioverwaltungsdienstleistung unverzüglich den Namen oder sonstige Bezeichnung des Kunden, den Namen oder sonstige Bezeichnung jeder relevanten Person, die im Auftrag des Kunden handelt, den Kauf-/Verkaufsindikator, die Identifikation des Instruments, den Stückpreis, die Währung der Notierung, die (Nominale) Menge, die Art der Mengenangabe, den Auftragstyp, sonstige Details, Bedingungen oder spezifische Anweisungen des Kunden betreffend Art und Weise der Ausführung des Kundenauftrages sowie das Datum sowie den genauen Zeitpunkt des Eingangs des Kundenauftrages bei der Wertpapierfirma bzw der Entscheidung über den Handel mit diesem Kundenauftrag aufzuzeichnen. Unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes sind nach Ansicht von 7 Buhl/Kaiser die Aufzeichnungspflichten, die im Zusammenhang mit 275
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dem Kundenkontakt bestehen, problematisch, da die zu dokumentierenden Informationen personenbezogene Kundendaten enthalten (Buhl/Kaiser, ZBB 2008, 45). Es ist bedenklich, dass die Dokumentation nicht vom Kunden unterschrieben und an diesen ausgehändigt werden muss, sondern lediglich der Überprüfung der Aufzeichnungspflicht durch die zuständige Behörde dient. Nach Auffassung von Buhl/Kaiser stellt dies eine datenschutzrechtlich eigentlich problematische Weitergabe an Dritte dar (Buhl/Kaiser, ZBB 2008, 46).
C. Aufzeichnungspflichten nach Ausführung des Kundenauftrages 8 Art 8 DVO ist die korrespondierende Bestimmung hinsichtlich der
Aufzeichnungspflichten nach Ausführung des Kundenauftrages bzw der Handelsentscheidung. Demgemäß sind unverzüglich nach Ausführung eines Kundenauftrages oder im Falle von Wertpapierfirmen, die Aufträge an eine andere Person zwecks Ausführung weiterleiten, unverzüglich nach Erhalt der Bestätigung des ausgeführten Auftrages der Name oder sonstige Bezeichnung des Kunden, der Handelstag, die Handelszeit, der Kauf-/Verkaufsindikator, die Identifikation des Instruments, der Stückpreis, die Währung der Notierung, die (Nominale) Menge, die Art der Mengenangabe, die Gegenpartei, die Identifikation des Handelsplatzes, das Gesamtentgelt, welches das Produkt aus Stückpreis und Quantität ist, die Art des Geschäfts, falls es sich nicht um einen Kauf-/Verkaufsauftrag handelt, und die natürliche Person, die das Geschäft ausgeführt hat bzw für die Ausführung zuständig ist, aufzuzeichnen. Bei der Übermittlung eines Auftrags zur Ausführung durch eine Wertpapierfirma an eine andere Person zeichnet die Wertpapierfirma unverzüglich nach der Übermittlung den Namen oder sonstige Bezeichnung des Kunden, dessen Auftrag übermittelt wurde, Name oder sonstige Bezeichnung der Person, an die der Auftrag übermittelt wurde, die Bedingungen des übermittelten Auftrags, das Datum und den genauen Zeitpunkt der Übermittlung auf. 9 Gemäß Erwägungsgrund 6 DVO sollte eine Bezugnahme auf den Typ des Auftrages als Bezugnahme auf den Status des Auftrags als Limitauftrag, Auftrag zum Marktpreis oder eine bestimmte andere Art von Auftrag verstanden werden. Eine Bezugnahme auf die Art des Auftrags oder des Geschäfts sollte als Bezugnahme auf Aufträge zur Zeichnung von Wertpapieren oder auf die Zeichnung von Wertpapieren bzw als Bezugnahme auf Aufträge zur Ausübung einer Option oder die Ausübung einer Option oder als Bezugnahme auf vergleichbare Kundenaufträge oder -geschäfte verstanden werden. 276
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen
§ 22
D. Aufbewahrungsdauer Gemäß Erl RV setzt § 22 Abs 2 den Art 51 Abs 1 MiFID-DRL um. 10 Im Unterschied zu der bisherigen Aufzeichnungsdauer von sechs Jahren (vgl § 17 Abs 2 WAG aF) ist nunmehr eine Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren vorgesehen. Diesbezüglich wurde insb ein Gleichklang mit den Aufzeichnungspflichten in Bezug auf die Legitimierungsdaten bzw Transaktionsbelege gemäß § 40 Abs 3 BWG hergestellt. Abweichungen ergeben sich aus den handelsrechtlichen Vorschriften zur Aufbewahrungspflicht/Aufbewahrungsfrist gemäß § 212 UGB, wonach ein Unternehmer seine Bücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse samt den Lageberichten, Konzernabschlüsse samt den Konzernlageberichten, empfangene Geschäftsbriefe, Abschriften der abgesendeten Geschäftsbriefe und Belege für Buchungen in den von ihm gemäß § 189 Abs 1 UGB zu führenden Büchern (Buchungsbelege) sieben Jahre lang geordnet aufzubewahren hat (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 17 Rz 4). Der Fristenlauf zur Aufbewahrungspflicht ist je nach Wertpapier- 11 dienstleistung unterschiedlich zu betrachten. Handelt es sich um eine einmalige Annahme und Übermittlung von Aufträgen, ohne dass ein sich über einen längeren Zeitraum erstreckendes Beratungs- bzw sonstiges Betreuungsverhältnis zugrunde liegt, beginnt die Frist grundsätzlich mit dem letzten schriftlichen Kontakt mit dem Kunden, im Normalfall mit der Zusendung der Abrechnung des Wertpapierauftrages, zu laufen. Bei länger andauernden Schuldverhältnissen zum Kunden, insb bei einem nicht auf einen konkreten Geschäftsfall geschlossenen Beratungs- und Vermögensverwaltungsvertrages, kann sich insgesamt eine über den Zeitraum von fünf Jahren zeitlich hinausgehende Aufbewahrungspflicht aus dem an das Ende der Geschäftsbeziehung anknüpfenden Beginn der Aufbewahrungsfrist ergeben. Gewisse Unterlagen, wie zB mit dem Kunden abgeschlossene Verträge 12 (Konto- und Depoteröffnungsverträge, Vermögensverwaltungsverträge) oder Vertragsbedingungen, sind nach der neuen Rechtslage immer zumindest für die Dauer der Geschäftsbeziehung aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren kann in außergewöhnlichen 13 Fällen von der FMA für einzelne oder alle derartige Aufzeichnungen ausgedehnt werden. Im Hinblick auf die Regelung des § 212 UGB, der dann eine längere Aufbewahrungspflicht vorsieht, solange wie die Aufzeichnungen für ein anhängiges gerichtliches oder behördliches Verfahren, in dem der Unternehmer Parteistellung hat, von Bedeutung sind, geht die Regelung des § 22 Abs 2 Z 2 WAG wohl in die gleiche Richtung. Im Rahmen einer Untersuchung könnte sich für die FMA 277
§ 22
Sedlak
ergeben, dass als Untersuchungszeitraum ein Zeitraum zu definieren ist, der länger als fünf Jahre zurückliegt. Die Betonung auf den Ausnahmefall erfordert wohl eine entsprechende Begründung seitens der FMA, warum ein längerer Zeitraum für die Aufbewahrung erforderlich ist. 14 Z 2 letzter Satz sieht für die FMA die Möglichkeit vor, dass diese bei Rücknahme oder Erlöschen der Konzession anordnen kann, dass die Aufzeichnungen bis zum Ablauf eines höchstens fünfjährigen Zeitraums aufzubewahren sind. Eine solche Anordnung kann insb dann erforderlich sein, um nachzuvollziehen, ob die in § 5 Abs 3 WAG vorgesehene Bedingung für die Zurücklegung der Konzession, nämlich dass sämtliche Wertpapierdienstleistungen abgewickelt worden sind, auch eingehalten wurde (vgl dazu § 5 Rz 9 f).
E. Medium der Aufzeichnung bzw Aufbewahrung 15 § 22 Abs 3 setzt Art 51 Abs 2 MiFID-DRL um. Die Klarstellung der
Erl RV, wonach sich aus Art 3 Abs 1 MiFID-DRL ergibt, dass Papier ein dauerhafter Datenträger ist und daher schriftliche Unterlagen jedenfalls für die Erfüllung der Anforderungen des § 22 Abs 3 geeignet sind, ist wohl auf Grund der Verwendung des Begriffs Datenträger im Zusammenhang mit den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten notwendig. Die eigentliche Umsetzung des Art 3 erfolgt aber in § 16 WAG (vgl § 16 Rz 1). Eine direkte Anknüpfung an den Begriff des „dauerhaften Datenträgers“ war nicht möglich, da der Begriff in § 1 Z 28 WAG als Medium definiert wird, das es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen zu speichern, einzusehen und wiederzugeben (vgl § 1 Rz 37). Diese Bestimmung des § 1 Z 28 iVm mit § 16 WAG hat klar den Anlegerschutz zum Ziel. § 22 WAG hat hingegen – wie oben unter Rz 2 angeführt – die Überprüfungsmöglichkeit durch die FMA als Vorgabe. Spindler/Kasten konkretisieren, dass die Aufsichtsbehörde in der Lage sein muss, die wesentlichen Vorgänge der Transaktionen nachvollziehen zu können, wobei besonderer Wert auf die Fälschungssicherheit und die Datensicherheit gelegt wird. Im Hinblick auf die Datensicherheit wird auf den Stand der Technik abzustellen sein (Spindler/Kasten, AG 2006, 789). 16 Als Datenträger kommt auch die elektronische Aufbewahrung in Betracht, sofern die Anforderungen der Rekonstruierbarkeit, Fälschungs- und Manipulationssicherheit erfüllt sind. Brandl/Saria weisen auf den Verlust des Beweismittels „Originalurkunde“ hin, weil zB durch die ausschließliche elektronische Sicherung des Anlegerprofils und die Vernichtung des Originals nicht mehr festgestellt werden kann, 278
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen
§ 22
ob die Unterschrift tatsächlich vom Anleger geleistet wurde (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 104). Die Aufzeichnungen müssen der FMA unverzüglich dh unter Berück- 17 sichtigung einer angemessenen Zeitdauer für die Reproduktion/Beschaffung der Unterlagen zugänglich gemacht werden können. In jedem Fall muss gewährleistet sein, dass jede wichtige Phase der Bearbeitung sämtlicher Geschäfte rekonstruierbar ist und die Modifikation sowie der Inhalt der Aufzeichnungen vor diesen Korrekturen und Änderungen leicht feststellbar sind (FMA, Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten, www.fma.gv.at). Darüber hinaus trifft den Rechtsträger die Pflicht, die Aufzeichnungen ausreichend gegen missbräuchliche Zugriffe und Manipulationen zu schützen.
F. Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten Abs 4 setzt Art 51 Abs 3 MiFID-DRL um. Bereits die Erl RV stellen 18 klar, dass mit dieser Bestimmung keine neuen Aufzeichnungspflichten geschaffen werden, sondern die FMA verpflichtet werden soll, eine Dokumentation der auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung bestehenden Aufzeichnungspflichten zu erstellen. Die Mindestaufzeichnungen entsprechen im Wesentlichen den auf Level 3 von CESR erstellten „Empfehlungen für eine Liste von Mindestaufzeichnungen gemäß Art 51 Abs 3 der Richtlinie 2006/73/EG“. Auch in den CESR Empfehlungen (CESR, CESR Level 3 Recommendations on the List of minimum records in article 51 [3] of the MiFID implementing Directive, February 2007, Ref: CESR/06–552 c, 2) wird statuiert, dass hier keine über die MiFID samt Durchführungsmaßnahmen hinausgehenden zusätzlichen Verpflichtungen geschaffen werden sollen. Die nationalen Aufsichtsbehörden haben jedoch die Möglichkeit, in den jeweiligen nationalen Listen allfällige sich zusätzliche oder sonst aus nationalen Gesetzesbestimmungen ergebende Aufzeichnungspflichten hinzuzufügen. Gemäß den CESR-Empfehlungen sind ua die Identität und die Kategorisierung des Kunden, die Kundenvereinbarung sowie die Kundenangaben nach Art 19 Abs 4 und 5 MiFID (umgesetzt in §§ 44 f WAG) aufzuzeichnen. Die FMA veröffentlichte auf ihrer Homepage ein Verzeichnis der 19 Mindestaufzeichnungspflichten gemäß § 22 Abs 4 (abrufbar unter www.fma.gv.at). Dieses Verzeichnis listet in Form eines Rasters die Mindestaufzeichnungspflichten auf, wobei es zwischen organisatorischen Aufzeichnungspflichten, Aufzeichnungspflichten iZm Marketingunterlagen/Finanzanalysen, Aufzeichnungspflichten iZm dem 279
§ 23
Kreisl
Kundenkontakt, Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Orderausführung, Aufzeichnungspflichten iZm dem Halten von Kundengeldern/ Kundenfinanzinstrumenten und Aufzeichnungspflichten meldepflichtiger Institute unterscheidet. In jeder Kategorie nennt das Verzeichnis in jeweils einer Spalte Art, Inhalt und Zeitpunkt der Aufzeichnung. Dieses Verzeichnis konkretisiert die im WAG 2007 enthaltenen Aufzeichnungspflichten und stellt für die Adressaten (Rechtsträger iSd § 15) eine Anleitung dar. Rechtsträger können darüber hinaus auch umfangreichere und detaillierte Aufzeichnungen führen.
IV. Aufsichtsbefugnisse im Zusammenhang mit Zweigstellen gemäß § 12 Abs 4 WAG 20 Abs 5 setzt Art 13 Abs 9 MiFID um. Abs 5 ist in Zusammenschau mit
§ 12 Abs 4 WAG der Teile des WAG für Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich, die Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, anwendbar macht (vgl § 12 Rz 12 ff). Die Aufsicht diesbezüglich obliegt der FMA (vgl § 14 Rz 1 f).
Persönliches Geschäft § 23. Für die Zwecke der §§ 24 und 37 ist ein „persönliches Geschäft“ ein Geschäft mit einem Finanzinstrument, das von einer relevanten Person für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter getätigt wird und 1. die relevante Person außerhalb ihres Aufgabenbereichs handelt, für den sie bei dem Rechtsträger zuständig ist oder 2. das Geschäft für Rechnung einer der folgenden Personen erfolgt: a) der relevanten Person, b) einer Person, zu der sie eine familiäre Bindung im Sinne des § 48 a Abs. 1 Z 9 lit. a bis c BörseG oder eine enge Verbindung hat, c) einer Person, deren Verhältnis zur relevanten Person so beschaffen ist, dass Letztere ein direktes oder indirektes wesentliches Interesse am Ausgang des Geschäfts hat; dies gilt nicht, wenn das Interesse ausschließlich in einer Gebühr oder Provision für die Abwicklung des Geschäfts besteht. Schrifttum: Schlicht, Compliance nach Umsetzung der MiFID-Richtlinien, BKR 2006, 469.
280
Persönliches Geschäft
§ 23
Erl RV GP XXIII RV (zu § 23): „Diese Bestimmung setzt Art. 11 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. III. IV.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relevante Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handel für Rechnung bestimmter anderer Personen . . . . . . . . . . . Handel außerhalb des Aufgabenbereichs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–6 7–9 10
I. Allgemeines Die in § 23 enthaltene Definition des Begriffs „persönliches Geschäft“ 1 übernimmt den Wortlaut von Art 11 MiFID-DRL fast wortidentisch. Aus systematischer Sicht wäre eine solche Definition wohl bereits in § 1 aufzunehmen gewesen. Zur Definition des Begriffs „Finanzinstrument“ vgl § 1 Z 6 (§ 1 Rz 11 ff). Nach § 23 liegt ein persönliches Geschäft vor, wenn einerseits das 2 Geschäft von einer relevanten Person für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter getätigt und andererseits eine der in Z 1 oder Z 2 genannten Bedingungen erfüllt wird. Die Textierung des § 23 wurde wortgleich der dt Fassung von Art 11 MiFID-DRL nachgebildet. Die englische Fassung dieser Passage lautet hingegen: „. . . a trade in a financial instrument effected by or on behalf of a relevant person . . .“. Die Wendung „von einer relevanten Person für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter“ ist vor diesem Hintergrund weit zu interpretieren, sodass sowohl Geschäfte die unmittelbar durch die relevante Person für eigene Rechung oder Rechnung Dritter getätigt werden, als auch im Namen der relevanten Person getätigte Geschäfte erfasst sind. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass eine solche Interpretation insb auch erforderlich ist, um der Bestimmung über die Ausnahme für Geschäfte, die im Rahmen einer diskretionären Portfolioverwaltung „im Namen einer relevanten Person“ getätigt werden (§ 24 Abs 3 Z 1; vgl § 24 Rz 31), nicht ihres Anwendungsbereichs zu berauben. Darüber hinaus ist erforderlich dass entweder (Z 1) die relevante Per- 3 son außerhalb ihres Aufgabenbereichs handelt, für den sie bei dem Rechtsträger zuständig ist, oder (Z 2) das Geschäft für Rechnung der relevanten Person (lit a) oder bestimmter in lit b und c genannter Personen abgeschlossen wird, die zu der relevanten Person in einem besonderen Naheverhältnis stehen. 281
§ 23
Kreisl
II. Relevante Person 4 Der Begriff „relevante Person“ wird in § 1 Z 29 definiert (vgl Art 2
Abs 3 MiFID-DRL und § 1 Rz 32). § 1 Z 29 lit a nennt „Gesellschafter oder ein Mitglied der Geschäftsleitung oder ein vertraglich gebundener Vermittler“. Der Begriff „Gesellschafter“ ist vor dem Hintergrund der englischen Fassung von Art 2 Abs 3 lit a MiFID-DRL („a director, partner or equivalent, manager or tied agent of the firm“) teleologisch zu reduzieren auf „persönlich haftende Gesellschafter“, soweit diese zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft befugt sind (etwa die Komplementäre einer OG bzw einer KG; eine vergleichbare Einschränkung auf „persönlich haftende(n) Gesellschafter und vergleichbare Personen“ wird durch die korrespondierende Vorschrift des § 33 b Abs 1 Z 1 dWpHG ausdrücklich angeordnet; vgl dazu Assmann/Schneider, WpHG5 § 22 b Rz 2, wonach eine „restriktive Interpretation“ – vor dem Hintergrund der europarechtlichen Vorgaben – als „sachgerecht“ anzusehen ist). Es wäre jedenfalls überschießend, (anonyme) Gesellschafter und Aktionäre, denen vergleichbare Rechte nicht zustehen, in die Organisationspflichten nach § 24 mit einzubeziehen, zumal nicht zu erwarten wäre, dass die effektive Eingliederung dieser Personen in das unternehmensinterne ComplianceRegime (Meldepflichten, Sperr- und Beobachtungslisten etc) effektiv zu bewerkstelligen wäre. Diese Interpretation ist auch für die in § 1 Z 29 lit b genannten Personen maßgeblich. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzueisen, dass als vertraglich gebundene Vermittler („tied agents“) sowohl natürliche als auch juristische Personen in Frage kommen (vgl § 1 Z 20 und die Erl RV zu § 28; ferner § 28 Rz 3).
5 Weitere relevante Personen sind nach § 1 Z 29 lit c die Mitarbeiter des
Unternehmens („Angestellte“) bzw des vertraglich gebundenen Vermittlers, der für ein Unternehmen tätig wird, sowie darüber hinaus natürliche Personen, die von diesen außerhalb eines Dienstvertrages beschäftigt werden (etwa auf Basis eines Ausbildungsverhältnisses, als Leiharbeiter oder als „freie Mitarbeiter“ zur Verfügung stehen; vgl die Begründung zu § 33 b Abs 1 dWpHG). Bloße „Lieferanten“, die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderliche Materialien verkaufen bzw Dienstleistungen erbringen, unterliegen jedoch § 3 f grundsätzlich nicht (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 2). Werden jedoch Aufgaben nach Maßgabe von §§ 25 f delegiert, so ist zu bedenken, dass nach § 1 Z 29 lit d ebenso natürliche Personen als „relevante Personen“ gelten, die im Rahmen einer Auslagerung unmittelbar an der Erbringung von Dienstleistungen beteiligt sind, welche die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten 282
Persönliches Geschäft
§ 23
ermöglichen (s § 1 Rz 32). Im Übrigen ist auf die in § 24 Abs 2 Z 2 letzter Satz enthaltene „Sonderregel“ für Delegationen zu verweisen (siehe § 24 Rz 23). Im Vergleich zu § 18 WAG aF, der nur die persönlichen Transaktionen 6 der „Angestellten“ eines Unternehmens erfasste, umfasst die Definition von „persönlichen Geschäften“ nach § 23 somit auch Personen, die keine Mitarbeiter des Unternehmens sind, sondern bloß (mittelbar) für das Unternehmen tätig werden (vgl Schlicht, BKR 2006, 474).
III. Handel für Rechnung bestimmter anderer Personen § 23 erfasst nicht nur Geschäfte für Rechnung einer relevanten Per- 7 son, sondern auch für Rechnung von Personen, die zur relevanten Person in einem bestimmten Naheverhältnis stehen. Nach § 23 Z 2 lit b gelten als solche, der relevanten Person nahe 8 stehende Personen Ehegatten oder (gleichgestellte) Lebensgefährten (§ 48 a Abs 1 Z 9 lit a BörseG), unterhaltsberechtigte Kinder (§ 48 a Abs 1 Z 9 lit b BörseG) oder sonstige Familienmitglieder, die vor dem betreffenden Geschäft für die Dauer von mindestens einem Jahr mit der relevanten Person in einem Haushalt gelebt haben (§ 48 a Abs 1 Z 9 lit c BörseG). Die Generalklausel in § 23 Z 2 lit c soll darüber hinaus sämtliche sons- 9 tige Geschäfte für Rechnung Dritter erfassen, sofern die relevante Person ein direktes oder indirektes wesentliches Interesse am Ausgang des Geschäfts hat. Ausgenommen davon sind jedoch Geschäfte, bei denen das Interesse der relevanten Person ausschließlich in der (üblichen) Gebühr oder Provision für die Abwicklung des Geschäfts besteht.
IV. Handel außerhalb des Aufgabenbereichs Darüber hinaus werden nach § 23 Z 1 sämtliche Geschäfte in Finanz- 10 instrumente erfasst, die von einer relevanten Person außerhalb ihres Aufgabenbereichs getätigt werden, für die sie bei dem Rechtsträger zuständig ist, ohne weiter darauf Bedacht zu nehmen, für wessen Rechnung ein solches Geschäft getätigt wird. Solche Geschäfte unterliegen somit auch dann §§ 23 f, wenn sie auf Rechnung von Personen getätigt werden, die zu der relevanten Person in keinem qualifizierten Naheverhältnis stehen (vgl auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 3). 283
§ 24
Kreisl
Arten der persönlichen Geschäfte § 24. (1) Ein Rechtsträger hat angemessene Vorkehrungen zu treffen und dauernd einzuhalten, um relevante Personen, deren Tätigkeiten zu einem Interessenkonflikt Anlass geben könnten, oder die aufgrund von Tätigkeiten, die sie im Namen des Rechtsträgers ausüben, Zugang zu Insider-Informationen im Sinne von § 48 a Abs. 1 Z 1 BörseG oder zu anderen vertraulichen Informationen über Kunden oder über Geschäfte haben, die mit oder für Kunden getätigt werden, daran zu hindern, 1. ein persönliches Geschäft zu tätigen, bei dem zumindest eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: a) die Person darf das Geschäft gemäß den §§ 48 b bis 48 d BörseG oder einer in einem anderen Mitgliedstaat auf Grund der Richtlinie 2003/6/EG erlassenen Vorschriften nicht tätigen; b) das Geschäft geht mit dem Missbrauch oder der vorschriftswidrigen Weitergabe der vertraulichen Informationen einher; c) das Geschäft verstößt gegen eine Pflicht des Rechtsträgers nach diesem Bundesgesetz oder es besteht Grund zur Annahme, dass es gegen eine solche verstoßen könnte; 2. außerhalb ihres regulären Beschäftigungsverhältnisses oder Dienstleistungsvertrags einer anderen Person ein Geschäft mit Finanzinstrumenten zu empfehlen, das, wenn es sich um ein persönliches Geschäft der relevanten Person handeln würde, unter Z 1, § 37 Abs. 2 Z 1 oder 2 oder § 55 Abs. 4 fallen würde, oder die andere Person zu einem solchen Geschäft zu veranlassen; 3. außerhalb ihres regulären Beschäftigungsverhältnisses oder Dienstleistungsvertrags Informationen oder Meinungen an eine andere Person weiterzugeben, wenn die relevante Person weiß oder nach vernünftigem Ermessen wissen müsste, dass diese Weitergabe die andere Person dazu veranlasst oder veranlassen kann, a) ein Geschäft mit Finanzinstrumenten zu tätigen, das, wenn es sich um ein persönliches Geschäft der relevanten Person handeln würde, unter Z 1, § 37 Abs. 2 Z 1 oder 2 oder § 55 Abs. 4 fallen würde, oder b) einer anderen Person ein solches Geschäft zu empfehlen oder eine andere Person zu einem solchen Geschäft zu veranlassen. (2) Die in Abs. 1 vorgeschriebenen Vorkehrungen müssen insbesondere Folgendes gewährleisten: 1. Jede unter Abs. 1 fallende relevante Person hat die Beschränkungen bei persönlichen Geschäften und die Maßnahmen, die der 284
Arten der persönlichen Geschäfte
2.
3.
1.
2.
§ 24
Rechtsträger im Hinblick auf persönliche Geschäfte und Informationsweitergabe gemäß Abs. 1 getroffen hat, zu kennen. Der Rechtsträger ist unverzüglich über jedes persönliche Geschäft einer unter Abs. 1 fallenden relevanten Person zu unterrichten. Dies kann entweder durch Meldung des Geschäfts oder durch andere Verfahren, die dem Rechträger die Feststellung solcher Geschäfte ermöglichen, erfolgen. Wenn der Rechtsträger Aufgaben ausgelagert hat, hat er sicherzustellen, dass der Dienstleister persönliche Geschäfte aller relevanten Personen festhält und dem Rechtsträger auf Verlangen unverzüglich mitteilt. Ein dem Rechtsträger gemeldetes oder von ihm festgestelltes persönliches Geschäft sowie jede Erlaubnis und jedes Verbot im Zusammenhang mit einem solchen Geschäft ist festzuhalten. (3) Von Abs. 1 und 2 sind ausgenommen: persönliche Geschäfte, die im Rahmen eines Vertrags über die Portfolioverwaltung mit Entscheidungsspielraum getätigt werden, sofern vor Abschluss des Geschäfts keine diesbezüglichen Kontakte zwischen dem Portfolioverwalter und der relevanten Person oder der Person, für deren Rechnung das Geschäft getätigt wird, stattfinden; persönliche Geschäfte mit Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen gemäß § 2 Z 35 lit. a und b BWG; dies gilt auch für Anteile an sonstigen Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates einem gleich hohen Maß an Risikostreuung unterliegen und diesbezüglich beaufsichtigt werden; die relevante Person und jede andere Person, für deren Rechnung die Geschäfte getätigt werden, dürfen nicht an der Geschäftsleitung des betreffenden Organismus beteiligt sein.
Schrifttum: Schlicht, Compliance nach Umsetzung der MiFID-Richtlinien, BKR 2006, 469. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 24): „Diese Bestimmung setzt Art. 12 der Richtlinie 2006/73/EG um. Das Verletzen von Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten, die auf der MarktmissbrauchsRichtlinie beruhen, müssen auch erfasst werden.“
285
§ 24
Kreisl
Übersicht I. II. III. A. 1. 2. 3. B. IV. A. B. 1. 2. 3. 4. 5. V. A. B.
Organisationsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu erfassender Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweck der einzurichtenden Vorkehrungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhinderung bestimmter persönlicher Geschäfte. . . . . . . . . . . . . . Insiderinformationen bzw Marktmanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . Missbräuchliche Verwendung vertraulicher Informationen. . . Verstoß gegen Pflichten des Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhinderung von Empfehlungen; Informationsweitergabe . . Umfang und Inhalt der einzurichtenden Vorkehrungen . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkrete Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Meldung von persönlichen Geschäften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentation von persönlichen Geschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beobachtungs- und Sperrlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekanntmachung der getroffenen Vorkehrungen. . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskretionäre Portfolioverwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönliche Geschäfte mit Fondsanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–4 5–8 9–16 9–15 9–13 14 15 16 17–30 17–18 19–30 19–23 24 25–28 29 30 31–33 31 32–33
I. Organisationsvorschriften 1 Entgegen der irreführenden Überschrift enthält § 24 keine Darstellung
bestimmter „Arten persönlicher Geschäfte“, sondern verpflichtet Rechtsträger iSd § 15 Abs 1, mit Ausnahme von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben (dies ergibt sich aus § 12 Abs 4 WAG und § 9 Abs 7 BWG), zur institutionalisierten Kontrolle von „persönlichen Geschäften“ iSd § 23 und zur Beschränkung der Weitergabe bestimmter Informationen bzw der Abgabe von Empfehlungen an Dritte. Die Beschränkung des „Informationsflusses“ an Außenstehende soll verhindern, dass „unternehmensfremden“ Personen die Vornahme verpönter Geschäfte ermöglicht wird. 2 Für einen Rechtsträger tätige Personen haben aus ihrer beruflichen Tätigkeit oftmals Zugang zu Insiderinformationen und sonstigen vertraulichen Informationen. Es besteht daher das Potential, dass solche Personen diesen „Informationsvorsprung“ – auf Kosten der Kunden des Unternehmens bzw der sonstigen Marktteilnehmer – selbst ausnützen oder dies dritten Personen durch die Weitergabe von Informationen ermöglichen (insb „Insiderhandel“ bzw „Markmanipulation“). § 24 verpflichtet Rechtsträger, zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der persönlichen Geschäfte relevanter Personen und der Weitergabe von 286
Arten der persönlichen Geschäfte
§ 24
„sensiblen“ Informationen „angemessene Vorkehrungen zu treffen und dauernd einzuhalten“. Die nach § 24 einzurichtenden Vorkehrungen bilden einen Teilbereich 3 der Compliance-Organisation eines Rechtsträgers iSd § 18. Sie dienen vor allem auch der Bewältigung von Interessenkonflikten, die bei Vornahme persönlicher Geschäfte zwischen den relevanten Personen und den Kunden bzw der relevanten Personen und dem Rechtsträger entstehen können (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 138; siehe auch Punkt 2 des SCC, Modul 3 – Richtlinie für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten: „Mitarbeitergeschäfte dürfen nicht gegen die Interessen der Kunden oder des Kreditinstituts abgeschlossen werden“; zum SCC siehe Rz 18), und sind damit gleichzeitig auch Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten iSd § 34. Darüber hinaus stellen sie wichtige Maßnahmen zur Prävention von Insiderhandel und Marktmanipulation dar. § 24 dient der Umsetzung von Art 12 MiFID-DRL. Die bislang in § 18 4 WAG („Regeln für persönliche Geschäfte“ bzw „Mitarbeitergeschäfte“) nur rudimentär vorhandenen (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 18 Rz 2) gesetzlichen Vorschriften werden damit wesentlich verdichtet.
II. Zu erfassender Personenkreis Verpflichtend von „angemessenen Vorkehrungen“ zur Verhinderung 5 (verbotener) persönlicher Geschäfte bzw der (verbotenen) Weitergabe vertraulicher Informationen zu erfassen sind nach § 24 Abs 1 nur relevante Personen, deren Tätigkeiten zu einem Interessenkonflikt Anlass geben könnten, oder die auf Grund von Tätigkeiten, die sie im Namen des Rechtsträgers ausüben, Zugang zu Insider-Informationen im Sinne von § 48 a Abs 1 Z 1 BörseG oder zu anderen vertraulichen Informationen über Kunden oder über Geschäfte haben. Die erste Alternative erfasst somit nicht sämtliche Interessenkonflikte, 6 die aus persönlichen Geschäften entstehen können, sondern nur solche, die sich aus der Tätigkeit der relevanten Person für den Rechtsträger ergeben (vgl Art 12 MiFID-DRL [englische Fassung]: „any relevant person who is involved in activities that may give rise to a conflict of interest“). Derartige Interessenkonflikte werden insb in Bezug auf jene Personen entstehen, die mit dem Handel von Wertpapieren für einen Rechtsträger betraut sind. 287
§ 24
Kreisl
7 Die zweite Alternative erfasst neben Insiderinformationen iSd § 48 a
Abs 1 Z 1 BörseG auch „andere vertrauliche Informationen“, die den Kunden selbst oder dessen Transaktionen betreffen. Davon umfasst sind „… sensible Informationen, die Insiderinformationen vergleichbar sind“ (Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 4). Typischerweise sind damit Personen betroffen, die enge Kundenkontakte pflegen (etwa Vertriebsmitarbeiter oder die Geschäftsleiter). 8 Es kann aus § 24 demnach keine allgemeine gesetzliche Verpflichtung abgeleitet werden, sämtliche „Mitarbeiter“ eines Rechtsträgers von den in § 24 genannten Verfahren zu erfassen (vgl auch § 24 Abs 2 Z 1 und 2: „unter Abs 1 fallende relevante Person“). Zu bedenken bleibt jedoch, dass der Zugang zu Insiderinformationen iSd § 48 a Abs 1 Z 1 BörseG bzw sonstigen vertraulichen Informationen nicht nur aus einem unmittelbaren Kontakt mit unternehmensexternen Personen erlangt werden kann, sondern auch (mittelbar) durch Kontakte mit Personen (insb Mitarbeitern), die wiederum über solche Kontakte verfügen. Es ist daher anzunehmen, dass – um überhaupt (relevante) Personen aus der Anwendung der Vorkehrungen nach § 24 ausnehmen zu können – jedenfalls hinreichende Verfahren implementiert sein müssen, die eine unternehmensinterne Weitergabe von Insiderinformationen und sonstigen vertraulichen Informationen verhindern, wie etwa die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen und deren Absicherung durch „Chinese Walls“ (siehe § 35 Rz 16 ff).
III. Zweck der einzurichtenden Vorkehrungen A. Verhinderung bestimmter persönlicher Geschäfte 1. Insiderinformationen bzw Marktmanipulation 9 § 24 Abs 1 Z 1 lit a nennt Geschäfte, die gemäß den §§ 48 b bis 48 d
BörseG nicht getätigt werden dürfen. Damit gemeint sind die börserechtlichen Vorschriften zur Verhinderung des Missbrauchs von Insiderinformationen (§ 48 b BörseG) bzw der Marktmanipulation (§ 48 c BörseG) (vgl dazu etwa Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 1 ff, § 21 Rz 1 ff). Die genannten Bestimmungen wurden in Umsetzung der MarktmissbrauchsRL (RL 2003/6/EG) durch BGBl I 127/2004 in das BörseG eingefügt. Darüber hinaus sollen auch Verstöße gegen vergleichbare Vorschriften, die der Umsetzung der MarktmissbrauchsRL in anderen Mitgliedstaaten dienen, verhindert werden. 288
Arten der persönlichen Geschäfte
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Der Insider-Tatbestand des § 48 b BörseG erfasst einerseits (Abs 1) 10 Personen, die als Insider (siehe § 48 b Abs 4 BörseG) eine InsiderInformation mit dem Vorsatz ausnützen, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, indem sie (Z 1) davon betroffene Finanzinstrumente kaufen, verkaufen oder einem Dritten zum Kauf oder Verkauf anbieten, empfehlen oder (Z 2) diese Information, ohne dazu verhalten zu sein, einem Dritten zugänglich machen („Primärinsider“); andererseits (Abs 2) auch Personen die ohne Insider zu sein („Sekundärinsider“) eine Insider-Information, die ihnen mitgeteilt wurde oder sonst bekannt geworden ist, auf die in Abs 1 bezeichnete Weise mit dem Vorsatz ausnützen, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Darüber hinaus macht sich strafbar (Abs 3), wer eine Information in Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis davon, dass es sich um eine Insider-Information handelt, auf die in Abs 1 bezeichnete Weise, jedoch ohne den Vorsatz, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, verwendet. Kernstück des Tatbestands ist die Definition des Begriffs „Insider- 11 information“ in § 48 a Abs 1 Z 1 BörseG (vgl dazu ausführlich Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 13 ff). Auch Marktinformationen, wie die Kenntnis der Orderlage in Bezug auf ein Finanzinstrument, zählen zu den Insiderinformationen (zutreffend Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 13 ff). Relevante Personen, die ihre Kenntnis von der Erteilung einer Kurs beeinflussenden Großorder ausnützen, indem sie unmittelbar vorab („Vorlaufen“ bzw „front running“) oder zugleich („Parallellaufen“ bzw „parallel running“) selbst Wertpapiergeschäfte tätigen, um von der nachfolgenden Kursentwicklung zu profitieren, verwirklichen damit regelmäßig ein Insiderdelikt (vgl Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 17 ff; Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 80 ff). Dies trifft ebenso auf relevante Personen zu, die in Kenntnis der Orderlage unterschiedliche Kundenlimits durch Gegenorders gezielt abschöpfen („Gegenlaufen“ bzw „counter running“, siehe auch Assmann/ Schneider, WpHG5 § 31 Rz 9, § 33 Rz 15). Der Marktmanipulationstatbestand des § 48 c BörseG gliedert sich in 12 drei Tatbestandsvarianten (vgl dazu ausführlich Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 21 Rz 3 ff). Die erste Variante (§ 48 a Abs 1 Z 2 lit a BörseG) erfasst Geschäfte oder Kauf- bzw Verkaufsaufträge, die (lit aa) falsche oder irreführende Signale für das Angebot von Finanzinstrumenten, die Nachfrage danach oder ihren Kurs geben oder geben könnten, oder (lit ab) den Kurs eines oder mehrerer Finanzinstrumente durch eine Person oder mehrere, in Absprache handelnde Personen in 289
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der Weise beeinflussen, dass ein anormales oder künstliches Kursniveau erzielt wird, es sei denn, dass die Person, welche die Geschäfte abgeschlossen oder die Aufträge erteilt hat, legitime Gründe dafür hatte, und dass diese Geschäfte oder Aufträge nicht gegen die zulässige Marktpraxis auf dem betreffenden geregelten Markt verstoßen. Die zweite Variante (§ 48 Abs 1 Z 2 lit b BörseG) bezieht sich auf Geschäfte oder Kauf- bzw Verkaufsaufträge unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verwendung sonstiger Täuschungshandlungen. Die dritte Variante (§ 48 Abs 1 Z 2 lit c BörseG) bezieht sich auf die Verbreitung von Informationen über die Medien einschließlich Internet oder auf anderem Wege, die falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente geben oder geben könnten, ua durch Verbreitung von Gerüchten sowie falscher oder irreführender Nachrichten, wenn die Person, die diese Informationen verbreitet hat, wusste oder wissen hätte müssen, dass sie falsch oder irreführend waren. 13 Prinzipiell vom Tatbestand der Marktmanipulation umfasst ist somit das „Skalpieren“ bzw „scalping“: Dabei wird durch die öffentlichkeitswirksame Kauf- bzw Verkaufsempfehlung insb durch „Börsengurus“ (siehe Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 28 ff) der Kurs eines Finanzinstruments gezielt beeinflusst, um den Wert der Eigenbestände zu erhöhen bzw den Wert von Finanzinstrumenten – zur „Vorbereitung“ eines Erwerbs für den Eigenbestand – in den Keller zu treiben (siehe auch Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 79).
2. Missbräuchliche Verwendung vertraulicher Informationen 14 Nach § 24 Abs 1 Z 1 lit b sollen persönliche Geschäfte verhindert
werden, die mit dem Missbrauch oder der vorschriftswidrigen Weitergabe vertraulicher Informationen einhergehen. Damit wird insb die Einhaltung des Bankgeheimnisses (§ 38 BWG) bzw der Vorschriften des DatenschutzG abgesichert (zu den bereits aus dem Bankgeheimnis abzuleitenden Organisationspflichten siehe Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz R21 ff). Soweit sich die vertraulichen Informationen auf die Orderlage beziehen wird uU bereits § 24 Abs 1 Z 1 lit a erfüllt sein (vgl auch § 55 Abs 4; vgl dazu § 55 Rz 13).
3. Verstoß gegen Pflichten des Rechtsträgers 15 § 24 Abs 1 Z 1 lit c sieht als Generalklausel vor, dass sämtliche per-
sönliche Geschäfte hintan zu halten sind, die gegen eine Pflicht des Rechtsträgers nach dem WAG 2007 verstoßen, bzw für die Grund zur Annahme besteht, dass gegen solche Pflichten verstoßen werden könnte. Damit sollen offenbar auch persönliche Geschäfte einge290
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schränkt werden, die – obgleich sie nicht formell rechtswidrig sind – doch den Anschein der Rechtswidrigkeit erwecken und dadurch dem Ansehen des Rechtsträgers abträglich sind. In diesem Zusammenhang hält der SCC, Modul 3, Punkt 3 folgendes fest: „Mitarbeiter sollen Transaktionen unterlassen, die dazu dienen, durch häufigen Abschluss von Geschäften und Gegengeschäften Vorteile aus sich sehr kurzfristig ergebenden Kurs-/ Preisunterschieden zu erzielen. […] Mitarbeiter sollen ferner Geschäfte unterlassen, die betragsmäßig in einem Missverhältnis zu ihrem Einkommen und Vermögen stehen“ (zum SCC siehe Rz 18).
B. Verhinderung von Empfehlungen; Informationsweitergabe Nach § 24 Abs 1 Z 2 ist zu verhindern, dass relevante Personen außer- 16 halb ihres regulären Beschäftigungsverhältnisses oder Dienstleistungsvertrags einer anderen Person bestimmte Geschäfte mit Finanzinstrumenten empfehlen bzw zu solchen Geschäften veranlassen. Dem stellt Z 3 die Weitergabe von Informationen gleich, wenn die relevante Person weiß oder nach „vernünftigem Ermessen“ wissen musste, dass diese Informationsweitergabe die andere Person zu einem solchen Geschäft veranlasst oder veranlassen kann. § 24 Abs 1 Z 2 und 3 beziehen sich auf jene Geschäfte, die unter Z 1 (siehe Rz 9 ff), § 37 Abs 2 Z 1 oder 2 (besondere Handelseinschränkungen für Finanzanalysten, vgl dazu § 37 Rz 3 ff) oder § 55 Abs 4 (Missbrauch von vertraulichen Informationen; vgl dazu § 55 Rz 13) fallen würden, wenn es sich um ein persönliches Geschäft der relevanten Person handeln würde. Es handelt sich somit um Geschäfte, die, wenn sie die relevante Person selbst tätigen würde, gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen würden. Es sollen damit Fälle erfasst werden, in denen zwar die relevante Person kein verpöntes Geschäft tätigt, jedoch einer dritten Person (die selbst keine relevante Person ist) eine Empfehlung erteilt oder auch nur hinreichende Informationen weitergibt, die es ihr ermöglichen, eine solche Transaktion zu tätigen.
IV. Umfang und Inhalt der einzurichtenden Vorkehrungen A. Allgemeines Welche Vorkehrungen angemessen iSd § 24 Abs 1 sind, kann nur 17 individuell für das jeweilige Unternehmen bestimmt werden. Es kann 291
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dabei auf die in § 35 Abs 1 festgesetzten Kriterien zurückgegriffen werden. Demnach haben auch die nach § 24 Abs 1 zu implementierenden Verfahren insb der Größe des jeweiligen Unternehmens (dh insb auch der Zahl der Mitarbeiter) und der jeweiligen Unternehmensorganisation sowie der Art, dem Umfang und der Komplexität der betriebenen Geschäfte Rechnung zu tragen (vgl § 35 Rz 4). Zu beachten ist jedoch die (demonstrative) Aufzählung von Mindestanforderungen (arg: „müssen insbesondere“) in § 24 Abs 2 Z 1 bis 3. 18 Darüber hinaus kann zur Beantwortung der Frage, welche Vorkehrungen als angemessen zu betrachten sind, auf den Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft (SCC) zurückgegriffen werden, der detaillierte Vorschriften für Maßnahmen in Bezug auf die Zulässigkeit und Kontrolle von persönlichen Geschäften enthält (Stand 28. 12. 2007; verfügbar unter www.fma.gv.at). Auch wenn es sich um keine formelle Rechtsquelle handelt, kommt den Bestimmungen des SCC eine besondere Bedeutung zu, da er einen Branchenstandard für österreichische Kreditinstitute iSd „best practice“ vorgibt („Selbstregulierung“; zum Rechtscharakter des SCC siehe VwGH 11. 05. 2003, 2003/17/0212). Für börsennotierte Rechtsträger sind darüber hinaus insb auch § 82 Abs 5 BörseG (vgl dazu Hausmaninger in Frölichsthal/ Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 16 ff) und die einschlägigen Vorschriften der auf Grundlage von §§ 48 d Abs 11 und 82 Abs 6 BörseG erlassenen Emittenten-Compliance-Verordnung 2007 der FMA, BGBl II 2007/213 relevant.
B. Konkrete Maßnahmen 1. Meldung von persönlichen Geschäften 19 Die Möglichkeit der Kontrolle von persönlichen Geschäften hängt
grundlegend von deren Kenntnis ab. Daher verpflichtet § 24 Abs 2 Z 2 Rechtsträger dazu, Verfahren einzuführen, die gewährleisten, dass sie über jedes persönliche Geschäft einer unter Abs 1 fallenden, relevanten Person unterrichtet werden. Eine solche Unterrichtung kann entweder durch Meldung des Geschäfts erfolgen oder durch andere Verfahren, die dem Rechträger die Feststellung solcher Geschäfte ermöglichen. 20 Nach Punkt 6 des SCC, Modul 3, haben sämtliche Mitarbeiter auf Verlangen des KI vollständige Auskunft über sämtliche Mitarbeitergeschäfte inkl Depotüberträge zu geben. Soweit erforderlich haben sämtliche Mitarbeiter das konto- bzw depotführende Kreditinstitut gegenüber dem Compliance-Verantwortlichen (bzw „Compliance-Officer“) vom Bankgeheimnis zu entbinden und sämtliche datenschutzrechtlich relevante Zustimmungen zu geben (Punkt 6 SCC, Modul 3). Sämtlichen 292
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Mitarbeitern ist die Abwicklung von „Tafelgeschäften“ in Finanzinstrumenten (Erwerb bzw Veräußerung von Finanzinstrumenten über den Bankschalter [„über die Tafel“] ohne Verwendung eines Verrechnungskontos bzw eines Depots) untersagt (Punkt 5 SCC, Modul 3). Mitarbeiter, die in Vertraulichkeitsbereichen arbeiten, haben darüber 21 hinaus eigene Depots und damit zusammenhängende Konten (Verrechnungskonten) grundsätzlich beim eigenen Kreditinstitut zu führen (vgl Punkt 5 SCC, Modul 3.). Eigene Depots und die damit zusammenhängenden Konten können ausnahmsweise und auf Grund einer Genehmigung der Geschäftsleitung auch bei einem anderen Kreditinstitut geführt werden. Voraussetzung dafür ist die Entbindung des fremden Kreditinstituts vom Bankgeheimnis und die Abgabe sämtlicher datenschutzrelevanter Zustimmungserklärungen. Die betreffenden Depots und Konten sind darüber hinaus dem Compliance-Verantwortlichen zu melden (Punkt 5 SCC, Modul 3). Weiters haben Mitarbeiter in Vertraulichkeitsbereichen Meldungen von 22 persönlichen Geschäften („Mitarbeitergeschäften“) an den Compliance-Verantwortlichen zu richten, der auch die Verantwortung zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der persönlichen Geschäfte bzw der Geheimhaltung von damit iZ stehenden vertraulichen Informationen trägt. Diese Meldepflicht kann jedoch entfallen, falls für den Compliance-Verantwortlichen eine „unmittelbare Abfragemöglichkeit“ hinsichtlich dieser Depots bzw Verrechnungskonten besteht (vgl Punkte 5 und 6 SCC, Modul 3; dies wird jedoch regelmäßig nur hinsichtlich jener Depots bzw Konten der Fall sein, die beim „eigenen Kreditinstitut“ geführt werden). Werden Dienstleistungen durch Dritte im Rahmen einer Auslagerung 23 erbracht (vgl §§ 25 f), so ist vertraglich sicherzustellen, dass der Delegationspartner persönliche Geschäfte aller relevanten Personen festhält und dem Rechtsträger auf Verlangen unverzüglich mitteilt (§ 24 Abs 2 Z 2 letzter Satz). Diese Dokumentation muss dem auslagernden Rechtsträger auf Verlangen vorgelegt werden können, was durch eine entsprechende Vertragsgestaltung sicherzustellen ist (Schlicht, BKR 2006, 474; Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 5; vgl § 25 Rz 26).
2. Dokumentation von persönlichen Geschäften Es ist jedes persönliche Geschäft verpflichtend zu dokumentieren, das 24 dem Rechtsträger gemeldet wurde, bzw von dem er sonst Kenntnis erlangt hat, ebenso jede Erlaubnis und jedes Verbot im Zusammenhang mit einem solchen Geschäft (§ 24 Abs 2 Z 3). Nach Maßgabe von Punkt 11 SCC, Modul 3, hat der Compliance-Verantwortliche auch sämtliche Verstöße gegen diese Richtlinie zu dokumentieren. 293
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3. Beobachtungs- und Sperrlisten 25 Zur Kontrolle von Mitarbeitergeschäften sieht der SCC darüber hinaus
die Führung und laufende Aktualisierung von Beobachtungs- bzw Sperrlisten durch den Compliance-Verantwortlichen vor. 26 In die Beobachtungsliste (siehe SCC, Modul 2 – Insiderrecht &
Marktmanipulation, Punkt 5.2.1.) sind jene Finanzinstrumente aufzunehmen, zu denen nicht öffentlich zugängliche anlage- und preisrelevante Informationen vorliegen. Es handelt sich um eine in ihrer Gesamtheit nur dem Compliance-Verantwortlichen zugängliche Liste, welche die Beobachtung von Eigenhandelsgeschäften oder persönlichen Geschäften ermöglichen soll. Die Abteilungen bzw Mitarbeiter sind dazu verpflichtet, compliance-relevante Informationen an den Compliance-Verantwortlichen weiterzuleiten und betroffene Finanzinstrumente zur Aufnahme in die Beobachtungsliste zu melden. Mit der Eintragung eines Finanzinstruments in diese Liste sind vorerst keine (unmittelbaren) rechtlichen Folgen verbunden; va gibt es keine Handels- bzw Beratungsbeschränkungen für diese Finanzinstrumente (vgl SCC, Modul 2, Punkt 5.2.1.2.). 27 Verdichten sich Informationen über Unternehmen, deren Finanzinstru-
mente auf der Beobachtungsliste stehen, oder gibt es neue Informationen, auf Grund derer sofortige wesentliche Kursänderungen zu erwarten sind, sind diese Finanzinstrumente unverzüglich in der Sperrliste zu führen (SCC, Modul 2, Punkt 5.2.1.3.). Die Sperrliste (siehe SCC, Modul 2, Punkt 5.2.2. ff) ist grundsätzlich unternehmensweit bekannt zu machen („unternehmensweite Sperrliste“; dieser stellt der SCC eine „selektive Sperrliste“ gegenüber, die nur für bestimmte Unternehmensteile oder Personen gilt; siehe SCC, Modul 2, Punkt 5.2.2.2.), nicht jedoch der Grund für die Aufnahme der Finanzinstrumente in die Sperrliste. Die Sperrliste unterliegt im Übrigen dem Bankgeheimnis nach § 38 BWG. Persönliche Geschäfte in Finanzinstrumente, die in der Sperrliste geführt werden, dürfen nicht getätigt werden. Der Erwerb durch den Rechtsträger im Rahmen des Eigenhandels ist eingeschränkt möglich (vgl SCC, Modul 2 Insiderrecht & Marktmanipulation, Punkt 6; siehe auch § 35 Rz 19). 28 Der SCC sieht auch die Möglichkeit für den Rechtsträger vor, persön-
liche Geschäfte in Finanzinstrumente der Beobachtungs- bzw der Sperrliste ex post zu stornieren. (SCC, Modul 3 RL für Mitarbeitergeschäfte, Punkt 7.; vgl im Übrigen die detaillierte Darstellung bei Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 Rz 22 ff). Zu Einzelfragen im Zusammenhang mit der Einrichtung von „Beobachtungsund Verbotslisten“ siehe Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 Rz 11. 294
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4. Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen Eine weitere Maßnahme sowohl zur Hintanhaltung verbotener persön- 29 licher Geschäfte iSd § 24 als auch zur Vermeidung von Interessenkonflikten iSd §§ 34 f ist die Kontrolle des unternehmensinternen Informationsflusses durch die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen (zu den inhaltlichen Anforderungen an Vertraulichkeitsbereiche vgl § 35 Rz 15 ff, insb Rz 16).
5. Bekanntmachung der getroffenen Vorkehrungen Die in § 24 Abs 2 Z 1 verpflichtend vorgesehene Bekanntmachung der 30 nach § 24 Abs 1 implementierten Maßnahmen soll es den Betroffenen ermöglichen, ihr Verhalten entsprechend den Anweisungen des Rechtsträgers auszurichten. Die Bekanntmachung der Vorschriften für persönliche Geschäfte liegt daher nicht nur im Interesse ihrer effektiven Implementierung, sondern auch im Interesse der relevanten Personen, indem durch klare Handlungsanordnungen für Rechtssicherheit gesorgt wird.
V. Ausnahmen A. Diskretionäre Portfolioverwaltung § 24 Abs 3 Z 1 nimmt persönliche Geschäfte, die im Rahmen einer 31 diskretionären Portfolioverwaltung getätigt werden, vom Anwendungsbereich der Abs 1 und 2 aus (vgl § 23 Rz 2). Voraussetzung dafür ist jedoch, dass vor Abschluss des Geschäfts „keine diesbezüglichen Kontakte“ zwischen der relevanten Person bzw der Person, für deren Rechnung ein solches Geschäft getätigt wird, und dem Verwalter bestehen. Damit dürfte wohl das Management eines Portfolios nach (allgemeinen) Richtlinien ohne Intervention des Kunden hinsichtlich einzelner Geschäfte gemeint sein (vgl auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 6). Eine missbräuchliche Verwendung von Insiderinformationen bzw sonstigen vertraulichen Informationen wird in einem solchen Fall kaum zu befürchten sein.
B. Persönliche Geschäfte mit Fondsanteilen § 24 Abs 3 Z 2 nimmt persönliche Geschäfte mit Anteilen an einem 32 Kapitalanlagefonds einer inländischen Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 1 Abs 1 InvFG (§ 2 Z 35 lit a BWG, „erster Ausnahmetatbestand“) und Anteilen an einem Investmentfonds, der den Vorschrif295
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ten der RL 85/611/EWG unterliegt („OGAW“, § 2 Z 35 lit b BWG, „zweiter Ausnahmetatbestand“), von den nach Abs 1 und 2 zu implementierenden Verfahren ausdrücklich aus. Der dritte Ausnahmetatbestand („für Anteile an sonstigen Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen“) bezieht sich nach der Wendung „nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates“ offenbar nur auf Fonds, die von einer Verwaltungsgesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat aufgelegt wurden. Der genaue Inhalt der weiteren Voraussetzungen („Maß an Risikostreuung“, „Beaufsichtigung“) bleibt jedoch unklar, sodass es derzeit (vorbehaltlich einer Klärung durch die FMA) praktisch nicht empfehlenswert ist, sich auf diese Ausnahme zu stützen. 33 § 24 Abs 3 Z 2 letzter Satz enthält eine Einschränkung, wonach die relevante Person und andere Personen, für deren Rechnung die Geschäfte getätigt werden, nicht „an der Geschäftsleitung“ des betreffenden Organismus beteiligt sein dürfen. Nach der englischen Fassung von Art 12 Abs 3 lit b MiFID-DRL soll diese Ausnahme in Fällen gelten „. . . where the relevant person and any other person for whose account the transactions are effected are not involved in the management of that undertaking“. Damit dürften aber nicht die Geschäftsleiter gemeint sein (vgl Art 9 MiFID-DRL: „persons who effectively direct the business“), sondern jene Personen, die mit dem Management des Fondsvermögens betraut sind. Dies werden auch jene Personen sein, die über kursrelevante Informationen in Bezug auf den Fonds (bzw dessen Vermögenswerte) verfügen.
2. Abschnitt Auslagerung und Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben an Dienstleister § 25. (1) Ein Rechtsträger hat sicherzustellen, dass beim Rückgriff auf Dritte (Dienstleister) zur Wahrnehmung betrieblicher Aufgaben, die für die kontinuierliche und zufrieden stellende Erbringung von Dienstleistungen für Kunden und Ausübung von Anlagetätigkeiten wesentlich sind, angemessene Vorkehrungen gemäß Anlage 1 zu § 25 getroffen werden, um unnötige zusätzliche Geschäftsrisiken zu vermeiden. Die Auslagerung wesentlicher betrieblicher Aufgaben an Dienstleister darf jedenfalls nicht so erfolgen, dass die Qualität der internen Kontrolle oder die Möglichkeit der FMA zu überprüfen, ob 296
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das Unternehmen sämtlichen Anforderungen genügt, wesentlich beeinträchtigt werden. Bei Abschluss, Durchführung oder Kündigung einer Vereinbarung über die Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben, Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten an einen Dienstleister ist mit der gebotenen Professionalität und Sorgfalt zu verfahren. Insbesondere ist eine klare Aufteilung der Rechte und Pflichten zwischen dem Rechtsträger und dem Dienstleister in Form einer schriftlichen Vereinbarung vorzunehmen. (2) Eine betriebliche Aufgabe ist wesentlich im Sinne von Abs. 1, wenn deren unzureichende oder unterlassene Wahrnehmung die jederzeitige Einhaltung der Konzessionsvoraussetzungen oder der anderen Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Rechtsträgers oder die Solidität oder Kontinuität der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten wesentlich beeinträchtigen würde. Folgende Aufgaben werden jedenfalls nicht als wesentlich betrachtet: 1. Für einen Rechtsträger erbrachte Beratungs- und andere Dienstleistungen, die nicht Teil seines Anlagegeschäfts sind, insbesondere die Beratung in Rechtsfragen, Mitarbeiterschulungen, die Buchhaltung und die Bewachung von Gebäuden und Schutz von Mitarbeitern; 2. der Erwerb standardisierter Dienstleistungen, wie insbesondere Marktinformationsdienste und Preisdaten. (3) Ein Rechtsträger, der wesentliche betriebliche Aufgaben oder Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten auslagert, ist für die Erfüllung aller seiner Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz verantwortlich und hat insbesondere Folgendes zu gewährleisten: 1. Die Auslagerung darf nicht zu einer Delegation der Aufgaben der Geschäftsleitung führen; 2. das Verhältnis und die Pflichten des Rechtsträgers gegenüber seinen Kunden müssen unverändert bleiben; 3. die Voraussetzungen für eine Konzession nach § 3 oder § 4 BWG müssen weiterhin erfüllt sein. Sofern der Rechtsträger und der Dienstleister ein und derselben Gruppe angehören, kann berücksichtigt werden, in welchem Umfang er den Dienstleister kontrolliert oder sein Handeln beeinflussen kann. (4) Auf deren Verlangen hat der Rechtsträger der FMA alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, um zu überwachen, ob die Anforderungen dieses Bundesgesetzes betreffend die Auslagerung von Aufgaben eingehalten werden. 297
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Schrifttum: Bröker, Vertraglich gebundene Vermittler – eine grenzüberschreitende Betrachtung, ZFR 2008, 91; Fischer/Petri/Steidle, Outsourcing im Bankbereich – neue aufsichtsrechtliche Anforderungen nach § 25 a KWG und MaRisk, WM 2007, 2313; Harrer, Auslagerung bei Kreditinstituten und Wertpapierdienstleistungsunternehmen – Aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen für Outsourcing, ZFR 2007, 62; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/ Kaindl (Hrsg), Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009), 15; Iro, Drittverwahrung von Wertpapieren: Regelungskonflikt zwischen §§ 29 ff WAG und DepG?, ÖBA 2009, 253; Kaetzler/Weirauch, Bankenaufsichtsrechtliche Aspekte von Outsourcingverhältnissen – Neue Anforderungen an die Auslagerungspraxis durch die Neufassung des KWG und der MaRisk, BKR 2008, 265; Knyrim. Datenschutzrechts-Compliance in der Bank, ÖBA 2007, 476; St. Korinek, Ausgliederung bei Versicherungen und Pensionskassen – Aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen für Outsourcing, ZFR 2007, 39; Kreisl, Der erlaubte Geschäftsbereich einer Kapitalanlagegesellschaft und die Grenzen der Aufgabendelegation, ÖBA 2005, 391; Kreisl/N. Raschauer, Der erlaubte Geschäftsbereich einer KAG für Immobilien im Lichte des europäischen Kapitalmarktrechts, wbl 2009, 313; Macher/Buchberger/Kalss/Oppitz (Hrsg), Investmentfondsgesetz (2008); N. Raschauer, Überlegungen zur grenzüberschreitenden Rechtsaufsicht über EWR-Finanzdienstleistungsunternehmen nach MiFID und WAG 2007, RdW 2009, 183; ders, Aktuelle Strukturprobleme des europäischen und österreichischen Bankenaufsichtsrechts (2009); Schütz/Waldherr, Die Auslagerung bankgeschäftlicher Tätigkeiten aus bankaufsichtsrechtlicher Sicht (Outsourcing), ÖBA 2007, 138; Spindler/Kasten, Organisationsverpflichtungen nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785; Volk, Outsourcing der Ratingerstellung im Lichte des deutschen Datenschutzes und Bankgeheimnisses, ÖBA 2009, 372; Zahradnik/Schopper, Privat- und aufsichtsrechtliche Aspekte grenzüberschreitender Bankgeschäfte im Internet, ÖBA 2003, 21. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 25): „Abs. 1 setzt Art. 13 Abs. 5 erster Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 14 Abs. 2 erster Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 13 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 14 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2006/73/EG um. Z 4 setzt Art. 14 Abs. 1 lit. c und d um. Die FMA hat bei der Überprüfung der Gesetzmäßigkeit von Auslagerungen zu berücksichtigen, in welchem Umfang der in § 15 genannte Rechtsträger den Dienstleister kontrolliert oder sein Handeln beeinflussen kann. Dadurch ist das in Art. 14 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG ausdrücklich erwähnte Kriterium für die Ausübung des Ermessens der FMA bei der Beurteilung der Angemessenheit von Auslagerungsvereinbarungen umgesetzt. Jedoch hat die FMA auf Grund des AVG-Prinzips der Amtswegigkeit des Verfahrens (§ 39 Abs. 2 AVG) und der allgemeinen Grundsätze über den Beweis (§§ 45 und 46 AVG) den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen und als Beweis alles heranzuziehen, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignet und nach
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Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Daher wird bei der Ermessensausübung ein umfassend aufsichtlicher Maßstab anzulegen sein. Daraus kann sich einerseits ergeben, dass eine berücksichtigungswürdige Einflussnahme auch in Fällen vorliegen kann, in denen die Gruppendefinition im engeren Sinn zwar nicht erfüllt ist, jedoch z. B. bei Vorliegen von Beteiligungen gemäß § 2 Z 2 BWG auslagernde Rechtsträger einzeln oder gemeinsam dartun können, dass die Möglichkeit, das Handeln des Dienstleisters wie in der Richtlinie gefordert beeinflussen zu können, nachweislich gegeben ist. Andererseits wird der umfassend aufsichtliche Prüfungsmaßstab für die Angemessenheit auch zu beinhalten haben, dass nicht eventuell andere Aufgaben des Dienstleisters dieser Einflussnahme durch den Rechtsträger entgegenstehen oder bei der Ausübung dieser anderen Aufgaben Nachteile oder Unvereinbarkeiten entstehen können; dies wäre beispielsweise anzunehmen, wenn der Dienstleister Aufgaben der Bankprüfung wahrnimmt, ohne ausreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen zu haben, weil dies sowohl der Einflussnahme durch den Rechtsträger entgegenwirkt als auch Unvereinbarkeiten in Bezug auf die Bankprüferfunktion entstünden. Abs. 4 setzt Art. 14 Abs. 5 der Richtlinie 2006/73/EG um.“ Erl RV GP XXIII AB 182 (zu § 25 Abs. 1): „Redaktionelle Berichtigung.“ Erl RV GP XXIII AB 182 (zu den Anlagen zu §§ 25, 49 und 50): „Die Änderungen der bisherigen Anlagenbezeichnungen (Anlagennummerierung) sind durch die Einfügung der Anlagen zu § 40 notwendig. Eine redaktionelle Korrektur wird zudem in der Anlage 1 zu § 49 (vormals Anlage 2 zu § 49) vorgenommen.“
Übersicht I. II. III. IV. A. B. C. D.
Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wesentliche betriebliche Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angemessene Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an die Delegationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl eines geeigneten Dienstleisters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Effektive Überwachung und Steuerung des Dienstleisters . . . . . Vertraulichkeit und Datensicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Außerordentliche) Beendigung des Delegationsvertrags . . . . . .
1–9 10–12 13–20 21–29 22 23–26 27–28 29
I. Anwendungsbereich Mit In-Kraft-Treten der §§ 25 f, die der Umsetzung von Art 13 Abs 5 1 erster Unterabsatz MiFID und Art 14 f MiFID-DRL dienen, wird (soweit es den Anwendungsbereich des WAG 2007 betrifft) in Öster299
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reich erstmals ein allgemeines Regelwerk für die Funktionsauslagerung durch Kreditinstitute (siehe aber Rz 2) und Wertpapierfirmen bzw Wertpapierdienstleistungsunternehmen eingeführt (hier wie für § 26: Rechtsträger iSd § 15 Abs 1; jedoch sind § 12 Abs 4 und § 9 Abs 7 BWG zu beachten, wonach Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, diese Bestimmungen nicht einhalten müssen). Die Umsetzung in Deutschland erfolgte durch das Finanzmarktrichtlinienumsetzungsgesetz – FRUG, womit die für das Outsourcing maßgeblichen § 25 a Abs 2 dKWG bzw § 33 Abs 2 dWpHG neu gefasst wurden. In diesem Zusammenhang wurden von der BaFin outsourcingrelevante Tatbestände in den Regelungstext der MaRisk eingearbeitet (vgl dazu etwa Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 265 ff). §§ 25 f sollen va „… sicherstellen, dass die Ordnungsmäßigkeit der Durchführung, die Minimierung der Interessenkonflikte und die Schlagkraft des internen Kontrollverfahrens nicht durch die Auslagerung von Unternehmensfunktionen und -prozessen […] beeinträchtigt werden“ (Assmann/ Schneider, WpHG5 § 33 Rz 21). Darüber hinaus ist bei einer Aufgabendelegation auch die Sorgfaltspflicht nach § 39 BWG einzuhalten (siehe Schütz/Waldherr, ÖBA 2007, 129 f; Höllerer/Puhm in Dellinger, BWG § 39 Rz 84 ff). Zu beachtende Sondervorschriften außerhalb des WAG 2007 finden sich insb in § 42 Abs 6 BWG (im Hinblick auf die Auslagerung der internen Revision von Kreditinstituten; vgl dazu die FMA-Mindeststandards für die interne Revision vom 18. 02. 2005, verfügbar unter www.fma.gv.at), in § 2 PSK-G (siehe Harrer, ZFR 2007, 2) und in § 40 Abs 8 BWG (Heranziehung Dritter zur Erfüllung von Identifikationspflichten im Rahmen der Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung). 2 Nicht vom Anwendungsbereich der MiFID erfasst sind nach Maßgabe
von Art 2 Abs 1 lit h MiFID „Organismen für gemeinsame Anlagen und Pensionsfonds, unabhängig davon, ob sie auf Gemeinschaftsebene koordiniert werden, sowie die Verwahrer und Verwalter solcher Organismen“. KAG iSd § 2 Abs 1 InvFG sind daher im Rahmen Ihrer Konzession nach § 1 Abs 1 Z 13 BWG vom Anwendungsbereich der MiFID bzw des WAG 2007 (vgl § 2 Abs 1 Z 9) ausgenommen (dies dürfte auch für Depotbanken bei der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben nach Maßgabe von § 23 InvFG gelten: Kreisl in Macher ua (Hrsg), InvFG § 23 Rz 32). In Umsetzung der OGAW-RL wurden für KAG in § 3 Abs 3 InvFG eigene (von § 25 f inhaltlich abweichende) Delegationsvorschriften festgesetzt (vgl dazu Kreisl, ÖBA 2005, 391). Diese Vorschriften wurden in § 3 Abs 3 ImmoInvFG auch für ImmoKAG, die ebenso nach Maßgabe von § 2 Abs 1 Z 9 vom Anwendungs-
300
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bereich des WAG 2007 ausgenommen sind, (inhaltlich) übernommen (siehe Kreisl/N. Raschauer, wbl 2009, 318 FN 44). Somit unterliegen die von der österreichischen Rechtsordnung als Spezial-Kreditinstitute ausgestalteten KAG nach § 1 Abs 1 Z 13 BWG und ImmoKAG nach § 1 Abs 1 Z 13 a BWG nicht den Delegationsvorschriften des WAG 2007. Für KAG normiert jedoch § 2 Abs 3 eine Gegenausnahme, soweit diese Wertpapierdienstleistungen (auf Grund einer Konzession zur Wertpapierberatung nach § 3 Abs 2 Z 1 bzw zur Portfolioverwaltung nach § 3 Abs 2 Z 2) erbringen. Da die Delegationsregime der MiFID bzw des WAG 2007 inhaltlich von jenen der OGAW-RL bzw des InvFG abweichen, können hier uU erhebliche rechtliche Abgrenzungsprobleme entstehen. Es ist jedoch – auf Grund des oben angeführten „Regel-Ausnahme-Prinzips“ – anzunehmen, dass im Rahmen des Anwendungsbereichs der Delegationsbestimmungen des WAG 2007 ausschließlich diese und nicht auch jene des InvFG anzuwenden sind. Vom Regime der MiFID abweichende Vorschriften zur Aufgabende- 3 legation bestehen ebenso für Versicherungen (§ 17 a VAG, „Ausgliederungsverträge“, siehe dazu St. Korinek, ZFR 2007, 41 ff). Nach Maßgabe von § 2 Abs 2 findet jedoch auf Versicherungsunternehmen, welche die Vermittlung von Investmentfondsanteilen gemäß § 3 Abs 3 VAG durchführen, hinsichtlich dieser Tätigkeit insb § 25 Anwendung. Innerhalb des 2. Abschnitts bilden zunächst § 25 (iVm der Anlage I), 4 der den „Grundtatbestand“ enthält, und § 26 (iVm den Bestimmungen der AusV) als Sondervorschrift für die Delegation der Verwaltung von Privatkundenportfolios eine Einheit. Der Einsatz von vertraglich gebundenen Vermittlern nach § 28 ist zwar grundsätzlich als ein Fall der Auslagerung iSd § 1 Z 31 anzusehen, da „… Teilbereiche der Erbringung von Finanzdienstleistungen – insbesondere der Vertrieb – auf unternehmensexterne Personen bzw Unternehmen, also auf Dritte übertragen [werden]“ (Bröker, ZFR 2008, 95). § 25 findet jedoch nur auf die Delegation „wesentlicher betrieblicher Aufgaben“ Anwendung (siehe Rz 5); eine solche kann aber mE bei einer Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern nicht schlechthin angenommen werden (siehe Rz 12). Die Regelungen des § 27 setzen keine Delegation iSd § 25 voraus, können aber gleichwohl auch in Situationen, in denen eine Delegation vorliegt, zur Anwendung kommen (siehe § 27 Rz 1). Kommt § 27 zur Anwendung, so gestaltet er auch die Aufteilung von Verantwortungsbereichen im Delegationsverhältnis, weshalb insofern von einer lex specialis zu § 25 gesprochen werden kann (siehe Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 27). 301
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5 Der Anwendungsbereich des § 25 (und darauf aufbauend auch des
§ 26) ist auf die Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben beschränkt. Dies geht unmissverständlich aus der Überschrift zu § 25 sowie aus § 25 Abs 1 erster Satz hervor (arg: „betrieblicher Aufgaben, die für die . . . Erbringung von Dienstleistungen für Kunden und Ausübung von Anlagetätigkeiten wesentlich sind“). Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs der Auslagerungsbestimmungen steht im Einklang mit dem zweigliedrigen Ansatz der MiFID, wonach an die Auslagerung wichtiger betrieblicher Aufgaben konkrete Anforderungen gestellt werden, während die Auslagerung von untergeordneten Bereichen ohne Auflagen möglich sein soll (Spindler/Kasten, AG 2006, 787). So bezieht sich Art 13 Abs 5 erster Satz MiFID englische Fassung auf die Auslagerung „kritischer Funktionen“ („functions which are critical for the provision of continuous and satisfactory service“). Darauf basierend enthält Art 13 Abs 1 MiFID-DRL eine Definition jener Aufgaben, die als „kritisch oder wesentlich“ gelten sollen; sonstige (betriebliche) Aufgaben werden explizit ausgenommen. Auf Grundlage der europarechtlichen Vorgaben ist daher nur die Auslagerung besonders wichtiger Aufgaben, dh solcher Aufgaben, die als kritisch oder (sonst) wesentlich für die Dienstleistungserbringung anzusehen sind, einem Sonderregime zu unterstellen, während die Auslagerung sonstiger betrieblicher Aufgaben ohne Auflagen zulässig bleibt („untergeordnete Bereiche“, vgl Spindler/Kasten, AG 2006, 787; aA Harrer, ZFR, 2007, 66 f). 6 Die Definition der Auslagerung in Art 2 Z 6 DRL bzw § 1 Z 31
spricht von der Beauftragung von Dienstleistern mit Tätigkeiten, „die die Wertpapierfirma ansonsten selbst übernähme“ (vgl Iro, ÖBA 2009, 257). In Umsetzung dieser Bestimmung setzt die in § 1 Z 31 enthaltene Definition des Begriffs „Auslagerung“ voraus, dass Tätigkeiten „anstatt einer Wertpapierfirma oder einem Kreditinstitut“ erbracht werden. Damit ist gemeint, dass ohne Auslagerung das auslagernde Unternehmen die ausgelagerten Tätigkeiten selbst durchführen würde (siehe § 1 Rz 28); es ist hingegen nicht erforderlich, dass das auslagernde Unternehmen eine solche Tätigkeit tatsächlich bereits durchgeführt hat (siehe dazu auch die Auslagerungsdefinition der BaFin, MaRisk, AT 9–1). Vor diesem Hintergrund liegt keine „Wahrnehmung betrieblicher Aufgaben“ (iSd § 25 iVm § 1 Z 31) und demnach keine Delegation vor, wenn Leistungen bezogen werden, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen weder zum Zeitpunkt des Fremdbezugs noch in der Zukunft vom Institut erbracht werden können (Fischer/Petri/Steidle, WM 2007, 2316). Nach Ansicht der BaFin sind dies insb „die Nutzung von Zentralbankfunktionen innerhalb von Finanzverbünden, die Nut-
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zung von Clearingstellen im Rahmen des Zahlungsverkehrs und der Wertpapierabwicklung, die Einschaltung von Korrespondenzbanken oder die Verwahrung von Vermögensgegenständen von Kunden nach dem Depotgesetz“ (AT 9–1 „Sonstiger Fremdbezug von Leistungen“ Erläuterungen zu den MaRisk in der Fassung vom 30. 10. 2007; vgl dazu auch Iro, ÖBA 2009, 257). Keine Delegation iSd § 25 liegt jedenfalls dann vor, wenn Tätigkeiten 7 von Dritten erbracht werden, die nicht vom erlaubten Geschäftsbereich eines auslagernden Unternehmen umfasst sind; aus rechtlichen Gründen („unerlaubter Geschäftsbetrieb“) können solche Tätigkeiten vom auslagernden Unternehmen nicht (selbst) erbracht werden. Bedient sich daher etwa eine Wertpapierfirma, zur Auflage eines Investmentfonds einer „Master KAG“ (siehe dazu Kreisl, ÖBA 2005, 397 f) so liegt keine Delegation von Aufgaben der Wertpapierfirma an die KAG vor. In gleicher Weise kann nicht von einer Delegation gesprochen werden, wenn eine Wertpapierfirma mit Banken kooperiert, welche die Führung von Konten bzw Depots für diese Kunden übernehmen. Gesagtes gilt auch für die gebräuchliche Girosammelverwahrung, die nach Maßgabe von § 1 Abs 3 DepG bestimmten Institutionen vorbehalten ist (Iro, ÖBA 2009, 257). Auch wenn die Dauer der Delegation für die Definition des Begriffs 8 „Auslagerung“ in § 1 Z 31 (bzw Art 2 Z 6 MiFID-DRL) kein Kriterium ist, folgt aus § 25 Abs 1, dass die Bestimmungen zur Aufgabendelegation nur auf Auslagerungen von bestimmter Dauer anwendbar sind (arg: „für die kontinuierliche . . . Erbringung von Dienstleistungen“ bzw Art 13 Abs 5 MiFID: „provision of continuous . . . service“). Die Lösung von einzelnen Aufgabenstellungen bzw Einzelfallproblemen fällt daher nicht in den Anwendungsbereich der Delegationsbestimmungen (zust Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 26, die bereits ihre diesbezüglichen Ausführungen in ZFR 2007, 66 [„Bemerkenswert ist, dass diese Definition {Anm des Verfassers: nämlich jene des Art 2 Z 6 MiFID-DRL} in keiner Weise auf die Dauer der Auslagerungsmaßnahme abstellt. Konsequenz daraus wäre, dass auch die Lösung einer einzelnen Aufgabenstellung oder eines Einzelfallproblems durch einen externen Dritten grundsätzlich den Auslagerungstatbestand erfüllt. Ob das tatsächlich die Intention des Richtliniengebers war, erscheint mE zweifelhaft“] idS verstanden wissen möchte). Der „einmalige oder gelegentliche Fremdbezug von Gütern oder Dienstleistungen“ stellt daher keine Auslagerung iSd § 25 dar (vgl auch Fischer/Petri/Steidle, WM 2007, 2316). Vom Anwendungsbereich erfasst werden auch Delegationen innerhalb 9 einer Konzernstruktur (Spindler/Kasten, AG 2006, 787; vgl Rz 18, 23). 303
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II. Wesentliche betriebliche Aufgaben 10 Die in § 1 Z 31 enthaltene, überaus weite Definition wird durch § 25
Abs 1 insofern eingeschränkt als nur jene Tätigkeiten von den Delegationsbestimmungen erfasst sein sollen, die „für die kontinuierliche und zufrieden stellende Erbringung von Dienstleistungen für Kunden“ und für die „… Ausübung von Anlagetätigkeiten wesentlich sind“ (vgl Art 15 Abs 5 erster Unterabs MiFID-DRL [engl Fassung]: „for the performance of operational functions which are critical for the provision of continuous and satisfactory service to clients and the performance of investment activities“). Wesentlich für die kontinuierliche und zufrieden stellende Erbringung von Dienstleistungen für Kunden und die Ausübung von Anlagetätigkeiten sind jene Aufgaben, deren unzureichende oder unterlassene Wahrnehmung die jederzeitige Einhaltung der Konzessionsvoraussetzungen oder anderer Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Rechtsträgers oder die Solidität oder Kontinuität der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten wesentlich beeinträchtigen würde („wesentliche betriebliche Aufgaben“, Abs 2 iVm Abs 1 erster Satz). Kennzeichnend für die Wesentlichkeit einer Aufgabe sind somit va aufsichtsrechtliche Gesichtspunkte. Als wesentliche betriebliche Aufgaben werden daher primär Wertpapierdienstleistungen iSd § 1 Z 2 anzusehen sein. 11 Darüber hinaus enthält Abs 2 eine negative Abgrenzung. Keine wesentlichen betrieblichen Aufgaben sind demnach – Beratungs- und andere Dienstleistungen, die nicht Teil des Anlagegeschäfts eines Rechtsträgers sind, insb die Beratung in Rechtsfragen, Mitarbeiterschulungen, die Buchhaltung, die Bewachung von Gebäuden und der Schutz von Mitarbeitern (Z 1) sowie – der Erwerb standardisierter Dienstleistungen, wie insb Marktinformationsdienste und Preisdaten (Z 2). Die Aufzählung in Abs 2 ist demonstrativ (arg: „jedenfalls nicht“). Die Frage nach der Wesentlichkeit einer Delegation liegt im Übrigen in der Verantwortung der Geschäftsleiter, die eine diesbezügliche Beurteilung auf Basis einer umfassenden Risikoanalyse vorzunehmen haben (vgl Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 268). Werden Tätigkeiten innerhalb einer Unternehmensgruppe delegiert, so können sich effiziente Compliancestrukturen auf Gruppenebene sowie Durchgriffsrechte im Rahmen einer solchen Risikoanalyse risikomindernd auswirken, sodass bestimmte gruppeninterne Auslagerungen nicht mehr als wesentlich eingestuft werden müssen (so Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 269). Durch diesen „risikoorientierten Ansatz“ wird die Eigenverantwort304
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lichkeit der Rechtsträger betont (Volk, ÖBA 2009, 376). Wann eine betriebliche Aufgabe als wesentlich anzusehen ist, bleibt jedoch wenig konkret. Im Interesse der Rechtssicherheit erscheint daher eine weitere aufsichtsbehördliche Konkretisierung wünschenswert (vgl Harrer, ZFR 2007, 67). Fraglich erscheint vor diesem Hintergrund, inwiefern es bei der 12 Heranziehung Dritter zur Förderung des Vertriebs von Produkten bzw Dienstleistungen eines Rechtsträgers zu einer Delegation wesentlicher betrieblicher Aufgaben iSd § 25 kommt. Hier ist mE zwischen der (bloßen) Neukundenakquisition und der Pflege laufender Kundenbeziehungen zu unterscheiden. Der Neukundenakquisition kommt unbestritten aus wirtschaftlicher Sicht eminente Bedeutung zu: Um Wertpapierdienstleistungen überhaupt am Markt erbringen zu können, müssen zunächst Kunden geworben werden. Die bloße Vertriebstätigkeit, die mit erfolgter Vermittlung der Dienstleistung (bzw des Dienstleisters) oder des Produkts (bzw des Produzenten) endet, hat aber keinen unmittelbaren Einfluss auf „die kontinuierliche und zufrieden stellende Erbringung von Dienstleistungen für Kunden und Ausübung von Anlagetätigkeiten“, sondern ist diesen Tätigkeiten lediglich vorgelagert. Aus diesem Grund liegt mE in einem solchen Fall keine Delegation wesentlicher betrieblicher Aufgaben iSd § 25 vor. Der Abschluss einer Vertriebsvereinbarung, die den Absatz von Produkten bzw Dienstleistungen eines Rechtsträgers zum Inhalt hat, führt damit per se noch zu keiner Delegation iSd § 25. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Heranziehung vertraglich gebundener Vermittler zu derartigen Tätigkeiten nach Maßgabe von § 28. Anders verhält es sich, falls (auch) die Pflege laufender Kundenbeziehungen an Dritte übertragen wird. Hier kann es zu Beratungsleistungen kommen, die sehr wohl als wesentlich iSd § 25 zu beurteilen sind.
III. Angemessene Vorkehrungen Rechtsträger, die wesentliche betriebliche Aufgaben delegieren, haben 13 nach Abs 1 angemessene Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass durch eine solche Auslagerung die Qualität der internen Kontrolle bzw die aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten der FMA wesentlich beeinträchtigt werden (der umständlich formulierte Gesetzestext spricht in diesem Zusammenhang auch von der „Verhinderung unnötiger zusätzlicher Geschäftsrisiken“). Diese Vorkehrungen haben jedenfalls zu gewährleisten, dass 305
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– die Auslagerung nicht zu einer Delegation der Aufgaben der Geschäftsleitung führt (Abs 3 Z 1; vgl § 21 Rz 1; vgl dazu Schütz/ Waldherr, ÖBA 2007, 139 f; Harrer, ZFR, 2007, 65); – das Verhältnis und die Pflichten des Rechtsträgers gegenüber seinen Kunden unverändert bleiben (Abs 3 Z 2) sowie – die Voraussetzungen für eine Konzession nach § 3 oder § 4 WAG 2007 (der Verweis auf das BWG stellt ein Redaktionsversehen dar) weiterhin erfüllt sind (Abs 3 Z 3). Die zu treffenden Vorkehrungen werden in Anlage 1 zu § 25 („Auslagerungsbedingungen“) spezifiziert. Diese werden iZm den Anforderungen an die Delegationsvereinbarung (Rz 21 ff) behandelt. Nach § 25 können grundsätzlich sämtliche Aktivitäten bzw Prozesse eines Rechtsträgers delegiert werden, solange es zu keiner Delegation der Aufgaben der Geschäftsleitung kommt (vgl BaFin, MaRisk, AT 9–4). Zu den nicht auslagerbaren Leitungsaufgaben werden aber die „Unternehmensplanung, -koordination, und -kontrolle, sowie die Besetzung von Führungskräften“ zu zählen sein (Kaetzler/ Weirauch, BKR 2008, 268; siehe dazu auch Höllerer/Puhm in Dellinger, BWG § 39 Rz 92). Die Leztverantwortung auch für delegierte Tätigkeiten verbleibt nach Maßgabe von § 21 stets bei der Geschäftsleitung. Prinzipiell auslagerungsfähig sind nach §§ 25 f auch Compliance-Agenden (§ 18) bzw Aufgaben der internen Revision (§ 20 und § 42 Abs 6 BWG); siehe dazu auch § 20 Rz 9 ff, 17. Es ist in diesem Zusammenhang aber zu bedenken, dass die Einhaltung der Rechtsvorschriften des WAG 2007 und damit der Aufbau und die permanente Einrichtung einer effektiven Compliance- und Revisionsfunktion in der nicht delegierbaren Letztverantwortung der Geschäftsleiter liegen (vgl § 25 Abs 3 Z 1). Die FMA hat bei der Überprüfung der Gesetzmäßigkeit einer Auslagerung zu berücksichtigen, in welchem Umfang der Rechtsträger den Dienstleister kontrollieren bzw sein Handeln beeinflussen kann (siehe Erl RV; vgl dazu insb Z 2, 3, 6, 8 und 9 der Auslagerungsbedingungen in Anlage 1 zu § 25). Die Erl RV halten in diesem Zusammenhang fest, dass durch das Gesetz der FMA behördliches Ermessen eingeräumt werde, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Auslagerung das Beteiligungsverhältnis zwischen Rechtsträger und Dienstleister zu berücksichtigen. Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen: Auch wenn Abs 3 letzter Satz sich der Wendung „kann berücksichtigt werden“ bedient, wird der FMA keineswegs ein Ermessen eingeräumt. Die Behörde hat vielmehr bei der Beantwortung der Frage, ob eine hinreichende Kontrolle des Dienstleisters durch den Rechtsträger in 306
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concreto sichergestellt ist, sämtliche relevante Umstände von Amts wegen nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG) zu berücksichtigen (vgl etwa B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2 299 ff). Solche Kontroll- und Einflussnahmerechte ergeben sich insb aus dem Gesellschaftsrecht, weshalb auch das Vorliegen von Beteiligungsverhältnissen idS als relevanter Umstand zu gelten hat. Werden Tätigkeiten innerhalb einer Unternehmensgruppe delegiert, so 18 ist dies auch für die Beurteilung des Kontrollzusammenhangs relevant (§ 25 Abs 3 zweiter Unterabs). Hier ist zunächst an gesellschafts- bzw dienstrechtliche Weisungszusammenhänge zu denken. Zur Berücksichtigung von Gruppenverhältnissen im Rahmen einer risikoorientierten Beurteilung der Wesentlichkeit einer Delegation s Rz 11. Eine mit § 3 Abs 3 Z 11 InvFG vergleichbare Bestimmung, wonach 19 der Umfang einer Übertragung von Aufgaben nicht dazu führen darf, dass aus der übertragenden Gesellschaft ein „Briefkastenunternehmen“ wird (vgl dazu Harrer, ZFR 2007, 68; Kreisl, ÖBA 2005, 397 f), wurde nicht explizit in das WAG 2007 aufgenommen. Eine solche Anforderung folgt mit Harrer (in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 27 f) jedoch aus § 25 Abs 3 Z 3 unter Bezugnahme auf Erwägungsgrund 19 DRL („… sollte eine Auslagerung, bei der so viele Aufgaben delegiert werden, dass aus der Firma eine Briefkastenfirma wird, als unvereinbar mit den Bedingungen betrachtet werden, die eine Wertpapierfirma erfüllen muss, um ihre Zulassung gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2004/39/EG zu erhalten oder zu behalten“). Nach Schütz/Waldherr verstößt eine derartig weitgehende Auslagerung, die dazu führt, dass bloß ein „gesellschaftsrechtlicher Mantel verbleibt“ (auch) gegen § 39 BWG (ÖBA 2007, 139). Darüber hinaus ist auf die Rücknahme einer Konzession nach Maßgabe von § 5 Abs 1 Z 2 bzw § 6 Abs 1 Z 2 BWG zu verweisen, falls eine Übertragung dazu geführt hat, dass ein Rechtsträger den Geschäftsbetrieb, auf den sich die Konzession bezieht, sechs Monate lang nicht mehr ausgeübt hat. Ungleich der Delegationsbestimmungen der OGAW-RL (vgl Art 5 g 20 Abs 1 lit a OGAW-RL) sehen die Bestimmungen der MiFID und in deren Umsetzung auch das WAG 2007 keine generelle Verpflichtung zur Anzeige einer Delegation bzw der Delegationsvereinbarung (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 28; siehe aber § 26 Abs 2) an die FMA vor. Abs 4 ordnet lediglich an, dass Rechtsträger der FMA auf Verlangen alle Informationen zur Verfügung zu stellen haben, die notwendig sind, um die Einhaltung der Bestimmungen des WAG 2007 zu überwachen. 307
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IV. Anforderungen an die Delegationsvereinbarung 21 Von zentraler Bedeutung für die Einhaltung der Pflichten iZm der
Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben ist die Ausgestaltung der Delegationsvereinbarung (vgl nur Abs 1 vorletzter Satz). Diese ist nach Abs 1 letzter Satz schriftlich zu vereinbaren und hat insb eine klare Aufteilung der Rechte und Pflichten zwischen dem Rechtsträger und dem Delegationspartner zu enthalten. Durch eine exakte Verteilung von Aufgaben und Verantwortungsbereiche sollen operationelle Risiken weitgehend minimiert werden. In der Praxis hat sich bei komplexeren Dienstleistungen die Vereinbarung von Service Level Agreements bewährt, in denen Leistungseigenschaften, wie Reaktionszeit, Umfang und Schnelligkeit der Bearbeitung, genau beschrieben (s http://de.wikipedia.org/wiki/Service_Level_Agreement) und die jeweiligen Ansprechpartner sowie Stellvertreter mit deren Kontaktdaten benannt werden (Harrer, ZFR 2007, 64 mwN). Ungeachtet derartiger vertraglicher Regelungen bleibt der Rechtsträger für die Erfüllung aller (ihn originär treffenden) Verpflichtungen nach dem WAG 2007 weiterhin verantwortlich (Abs 3). Weitere Anforderungen an den Inhalt der Delegationsvereinbarung ergeben sich insb aus den Auslagerungsbedingungen (Anlage 1 zu § 25). Nach der Übergangsbestimmung des § 103 Z 2 waren bestehende Vertragswerke bis 01. 10. 2008 an die neuen Vorschriften anzupassen.
A. Auswahl eines geeigneten Dienstleisters 22 Nach Z 1 der Auslagerungsbedingungen dürfen nur Dienstleister als
Delegationspartner herangezogen werden, die über die Eignung, die Kapazität sowie alle gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungen verfügen, um die ausgelagerten Dienstleistungen zuverlässig und professionell auszuführen. Über das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat sich der Rechtsträger bereits bei der Auswahl des Dienstleisters (dh noch vor Abschluss eines Delegationsvertrags) zu vergewissern. Dem Rechtsträger ist jede Entwicklung zur Kenntnis zu bringen, die seine Fähigkeit, die ausgelagerten Aufgaben wirkungsvoll und unter Einhaltung aller geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auszuführen, wesentlich beeinträchtigen könnte (Z 6 der Auslagerungsbedingungen). Es ist daher für den Rechtsträger empfehlenswert, den Dienstleister zur Einhaltung dieser Voraussetzungen während der gesamten Laufzeit des Vertrags vertraglich zu verpflichten und (gegebenenfalls) ein entsprechendes Kündigungsrecht ausdrücklich vorzusehen. 308
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B. Effektive Überwachung und Steuerung des Dienstleisters Während der aufrechten Auslagerung ist durch angemessene Vorkeh- 23 rungen eine effektive Überwachung und Steuerung des Delegationspartners sicherzustellen (Z 2 und 3 der Auslagerungsbedingungen). Zu diesem Zweck muss der Rechtsträger weiterhin über die notwendigen Fachkenntnisse verfügen (Z 5 der Auslagerungsbedingungen; zur Problematik dieser Anforderung vgl Harrer, ZFR 2007, 67). Das Erfordernis, den Delegationspartner hinreichend zu überwachen bzw zu steuern, legt die Vereinbarung umfassender Informations-, Einsichts- und Weisungsrechte nahe. Die zu vereinbarenden Informationspflichten sollten insb auch alle Entwicklungen abdecken, die eine ordnungsgemäße Erledigung von delegierten Tätigkeiten beeinträchtigen können (Kaetzler/ Weirauch, BKR 2008, 269; wie etwa der Abgang von „key people“, die Veräußerung von Unternehmensteilen etc). Im Konzernverhältnis mag eine hinreichende Kontrolle bzw Steuerung bereits über gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten der Einflussnahme (insb über den Aufsichtsrat, die Gesellschafterversammlung oder persönliche Weisungsverhältnisse) hergestellt sein, sodass die Aufnahme dieser Punkte in die Delegationsvereinbarung nicht weiter erforderlich sein mag (vgl Rz 18). Von entscheidender Bedeutung für die Vertragsgestaltung ist weiters 24 Z 9 der Auslagerungsbedingungen, wonach der Rechtsträger, seine Abschlussprüfer und die FMA tatsächlich Zugang zu den mit den ausgelagerten Tätigkeiten zusammenhängenden Daten und zu den Geschäftsräumen des Dienstleisters haben müssen. Generell haben Dienstleister in Bezug auf alle ausgelagerten Tätigkeiten mit der FMA zusammenzuarbeiten (Z 8 der Auslagerungsbedingungen). Die vertragliche Vereinbarung dieser Informations- und Zugangsrechte zugunsten der FMA wird insoweit entfallen können, als Aufgaben an Dienstleister übertragen werden, die bereits unmittelbar der Beaufsichtigung durch die FMA unterliegen. Werden Aufgaben an Dritte mit Sitz im (nicht europäischen) Ausland delegiert, werden die öffentlich-rechtlichen Aufsichtsbefugnisse der FMA mitunter an ihre Grenzen stoßen (siehe zur „internationalen Zuständigkeit“ der FMA etwa Zahradnik/Schopper, ÖBA 2003, 25 ff; zur Herkunfts- bzw Aufnahmestaatsaufsicht nach der MiFID vgl N. Raschauer, RdW 2009, 183; zum „transnationalen Verwaltungsakt“ ausführlich N. Raschauer, Strukturprobleme 359 ff). Weiterverlagerungen („Sub-Delegationen“) werden durch §§ 25 f bzw 25 die Anlage I nicht explizit angesprochen. Es ist jedoch anzunehmen, dass auch in einem solchen Fall sichergestellt werden muss, dass die für Delegationen geltenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen weiterhin eingehalten werden, weil ansonsten die §§ 25 f leicht ausgehebelt wer309
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den könnten. Es sind daher im Delegationsvertrag auch entsprechende Vorkehrungen für Sub-Delegationen zu treffen (siehe dazu Kaetzler/ Weirauch, BKR 2008, 270). 26 Darüber hinaus hat der Rechtsträger nach § 24 Abs 2 Z 2 letzter Satz insb vertraglich sicherzustellen, dass der Delegationspartner persönliche Geschäfte aller relevanten Personen festhält und dem Rechtsträger auf Verlangen unverzüglich mitteilt (vgl § 24 Rz 23).
C. Vertraulichkeit und Datensicherheit 27 Nach Z 10 der Auslagerungsbedingungen haben Dienstleister alle ver-
traulichen Informationen, die den Rechtsträger und seine Kunden betreffen, zu schützen. Dadurch sollen insb das Bankgeheimnis (§ 38 BWG) und die Bestimmungen des DatenschutzG (siehe dazu Knyrim, ÖBÄ 2007, 482) abgesichert werden. Erhält der Dienstleister im Rahmen der Delegation Zugang zu solchen Daten, so ist eine Geheimhaltungsvereinbarung in den Vertrag aufzunehmen. Soll es im Rahmen einer Delegation zur Weitergabe von Kundendaten (iSd § 38 Abs 1 BWG) kommen, so bedarf dies darüber hinaus einer (vorangehenden) schriftlichen Zustimmungserklärung des Kunden nach § 38 Abs 2 Z 5 BWG („Entbindung vom Bankgeheimnis“; vgl auch Volk, ÖBA 2008, 380 ff). 28 Sollte dies angesichts der ausgelagerten Funktionen erforderlich sein, so haben der Rechtsträger und der Dienstleister auch einen (verbindlichen) Notfallplan festzulegen, der bei einem Systemausfall die Speicherung von Daten gewährleistet und regelmäßige Tests der Backup-Systeme vorsieht (Z 11 der Auslagerungsbedingungen).
D. (Außerordentliche) Beendigung des Delegationsvertrags 29 Bestehen Zweifel daran, dass der Delegationspartner seine Aufgaben
wirkungsvoll und unter Einhaltung aller geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften ausführt, hat der Rechtsträger angemessene Schritte einzuleiten (Z 4 der Auslagerungsbedingungen). In diesem Zusammenhang ist insb sicherzustellen, dass dem Rechtsträger die Möglichkeit offen steht, eine Auslagerungsvereinbarung auch kündigen zu können, ohne dass dies die Kontinuität und Qualität der für seine Kunden erbrachten Dienstleistungen beeinträchtigt (Z 7 der Auslagerungsbedingungen). Um dies zu ermöglichen, sind im jeweiligen Vertragsverhältnis angemessene Kündigungstermine und -fristen zu vereinbaren; der generelle Verzicht auf ein außerordentliches Kündigungsrecht durch den Rechtsträger erscheint vor diesem Hintergrund jedenfalls bedenklich. 310
Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland § 26
Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland § 26. (1) Die Verwaltung von Privatkundenportfolios darf nur dann an einen Dienstleister mit Sitz in einem Drittland ausgelagert werden, wenn zusätzlich zu den Anforderungen gemäß § 25 die folgenden Bedingungen eingehalten werden: 1. Der Dienstleister muss in seinem Herkunftsland für die Erbringung dieser Dienstleistung zugelassen oder registriert sein und einer behördlichen Beaufsichtigung hinsichtlich seiner Dienstleistungen unterliegen und 2. zwischen der FMA und der Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes des Dienstleisters muss eine angemessene Kooperationsvereinbarung bestehen. (2) Ist eine der in Abs. 1 genannten Bedingungen nicht erfüllt, darf die Verwaltung von Privatkundenportfolios nur dann an einen Drittlandsdienstleister ausgelagert werden, wenn der FMA der Inhalt der Auslagerungsvereinbarung mitgeteilt wurde und diese innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Meldung keine Einwände gegen die Auslagerung erhoben hat. (3) Die FMA hat mit Verordnung Grundsätze für die unter Abs. 2 fallende Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an Drittlandsdienstleister zu erlassen und auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Diese Verordnung hat Beispiele für Fälle zu enthalten, in denen die FMA für den Fall, dass eine der in Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Bedingungen nicht erfüllt ist, unter gewöhnlichen Umständen keine Einwände gegen eine Auslagerung gemäß Abs. 2 erheben würde. Die FMA hat in der Veröffentlichung zu begründen, warum eine Auslagerung in diesen Fällen nach Auffassung der FMA einen Rechtsträger nicht in seiner Fähigkeit einschränkt, die in § 25 festgelegten Pflichten zu erfüllen. (4) Die FMA hat ein Verzeichnis der Aufsichtsbehörden aus Drittländern, mit denen Kooperationsvereinbarungen geschlossen wurden, die für die Zwecke des Abs. 1 Z 2 als angemessen zu betrachten sind, auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Schrifttum: N. Raschauer, Strukturprobleme des europäischen und österreichischen Bankenaufsichtsrechts (2009); Ortner/Dämon, Aktuelles/Wertpapieraufsichtsrecht: Auslagerungsverordnung – AusV (BGBl II 2007/215), ZFR 2007, 231. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 26): „Abs. 1 setzt Art. 15 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2006/73/EG um.
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Abs. 2 setzt Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. In der Umsetzung wurde nicht auf Wertpapierdienstleistungen, sondern auf die Auslagerung der Verwaltung von Kleinlegerportfolios abgestellt, da die Ausnahme des Abs. 2 keinesfalls eine weitere Reichweite als der Grundtatbestand des Abs. 1 haben kann. Abs. 3 setzt Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Diese besondere Vorschrift ist nur auf die Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an einen Drittlandsanbieter anzuwenden. In diesem Fall sind aber die allgemeinen Anforderungen des § 26 jedenfalls zusätzlich anzuwenden. Daraus ergibt sich, dass alle anderen Tätigkeiten an einen Drittlandsanbieter ausgelagert werden dürfen, sofern die Voraussetzungen dieses Bundesgesetzes, insbesondere des § 26, eingehalten werden. Davon unberührt bleibt § 3 Abs. 4 DepG, der für die Verwahrung von Wertpapieren im Ausland eine ausdrückliche schriftliche Ermächtigung des Hinterlegers erfordert, sofern es sich nicht um im Ausland ausgestellte Wertpapiere handelt. Abs. 4 setzt Art. 15 Abs. 5 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anforderungen der AusV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Anwendungsbereich 1 In Umsetzung von Art 15 MiFID-DRL sieht § 26 besondere Vor-
schriften für die Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an Drittlandsanbieter vor. § 26 ist somit nur auf die Delegation der Portfolioverwaltung iSd § 3 Abs 2 Z 2 an ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittland iSd § 2 Z 8 BWG („jeder Staat, der nicht dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört“) anzuwenden, die das Vermögen von Privatkunden iSd § 1 Z 14 (siehe § 1 Rz 22) zum Gegenstand hat. Es geht somit um Fälle, in denen die Anlageentscheidung im Rahmen der diskretionären Portfolioverwaltung nicht vom Vermögensverwalter selbst getroffen, sondern „ausgelagert“ werden sollen (Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 Rz 23). Im Übrigen sind auch die allgemeinen Bestimmungen des § 25 weiterhin einzuhalten. Unberührt von § 26 bleibt § 3 Abs 4 DepG, wonach die Verwahrung von Wertpapieren im Ausland der ausdrücklichen schriftlichen Ermächtigung des Hinterlegers bedarf, soweit es sich nicht um im Ausland ausgestellte Wertpapiere handelt (Erl RV).
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Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland § 26
II. Gesetzliche Anforderungen Nach Maßgabe von § 26 Abs 1 ist eine Delegation nur statthaft, wenn 2 – der Drittlandsdienstleister in seinem Herkunftsland einer behördlichen Aufsicht unterliegt und über eine Berechtigung zur Erbringung dieser Dienstleistungen verfügt (Z 1) und – zwischen der FMA und der Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes des Dienstleisters eine angemessene Kooperationsvereinbarung besteht (Z 2). Abs 4 verpflichtet die FMA, auf ihrer Homepage ein Verzeichnis der Aufsichtsbehörden aus Drittländern zu veröffentlichen, mit denen angemessene Kooperationsvereinbarungen geschlossen wurden. Bislang bestehen jedoch (auskunftsgemäß) keine derartigen Kooperationsvereinbarungen, weshalb keine Veröffentlichung stattgefunden hat. Werden die in Abs 1 Z 1 und 2 genannten Voraussetzungen nicht 3 beide erfüllt, kann eine Auslagerung dennoch erfolgen, wenn der Rechtsträger der FMA den „Inhalt der Auslagerungsvereinbarung“ mitteilt und diese innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Meldung (vgl Art 15 Abs 2 letzter Satz MiFID-DRL „angemessener Zeitraum“ bzw „reasonable time“) keine Einwände gegen die Auslagerung erhebt (Abs 2). In Anbetracht der Notwendigkeit der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes wird die „Erhebung von Einwänden“ in Bescheidform zu erfolgen haben. Da derzeit angemessene Kooperationsvereinbarungen iSd § 26 Abs 1 4 Z 2 nicht bestehen, ist das Procedere des Abs 2 iVm den Bestimmungen der Auslagerungsverordnung – AusV (BGBl II 2007/215) jedenfalls einzuhalten. Dazu reicht es nach dem Wortlaut des § 26 Abs 2 offenbar hin, wenn die FMA über den (beabsichtigten) Abschluss einer Delegationsvereinbarung informiert (vgl Art 15 Abs 3 MiFID-DRL „gives prior notification . . . about the outsourcing arrangement“) und die Identität des (potenziellen) Delegationspartners bekannt gegeben wird; nicht erforderlich erscheint hingegen die Übermittlung des Delegationsvertrags bzw eines Vertragsentwurfs. Hingegen sehen § 4 Abs 3 („Auslagerung an nicht behördlich beaufsichtigte Dienstleister“) und § 5 Abs 2 AusV („Keine Kooperationsvereinbarung mit Herkunftslandaufsichtsbehörde des Dienstleisters“) vor, dass „zusammen mit der Auslagerungsvereinbarung alle für eine Beurteilung der Gleichwertigkeit […] notwendigen Informationen vorzulegen und schriftlich zu erläutern [sind]“. Die Gesetzmäßigkeit der genannten Bestimmungen ist mE zweifelhaft, da die Verordnungsermächtigung des Abs 3 (s Rz 6) der FMA keine ausdrückliche Kompetenz überträgt, (abweichend von 313
§ 26
Kreisl
Abs 2) eine solche generelle Verpflichtung zur Vorlage der Delegationsvereinbarung durch Verordnung festzusetzen (Zumal vor dem Hintergrund der Judikatur des VfGH [Erk 16.995/2003, „E-Control-Erkenntnis“] anzunehmen ist, dass die FMA nicht zur Erlassung von Durchführungsverordnungen nach Art 18 Abs 2 B-VG ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung berechtigt ist; dazu krit N. Raschauer, Strukturprobleme 70 ff). 5 § 26 Abs 2 verkürzt die verwaltungsbehördliche Entscheidungsfrist nach § 73 AVG, von sechs auf drei Monate. Das Schweigen der FMA ist als Zustimmung zu werten. § 26 trifft keine Regelung für die Erteilung einer ausdrücklichen Zustimmung durch die FMA während der Dreimonatsfrist. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass die Festsetzung einer starren Dreimonatsfrist eine sachgerechte Behandlung von Delegationen im Einzelfall gewährleisten kann. Abzuwarten bleibt die Handhabung dieser Frist in der Aufsichtspraxis.
III. Anforderungen der AusV 6 Zur Erhöhung der Rechtssicherheit ermächtigt und verpflichtet Abs 3
die FMA, Grundsätze für die Auslagerungen nach Abs 2 an Drittlandsdienstleister mit Verordnung zu erlassen und auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Diese Verordnung hat Bsp für Fälle zu enthalten, in denen die FMA für gewöhnlich keine Einwände gegen eine Auslagerung erheben wird. Die entsprechende Verordnung der FMA, die AusV, setzt Art 15 Abs 1 und 2 MiFID-DRL um. Die Vorschriften der AusV sollen sicherstellen, dass Anleger im Falle einer solchen Delegation „ein dem EU Niveau gleichwertiges Schutzniveau genießen“ (vgl Ortner/Dämon, ZFR 2007, 231). 7 §§ 3 und 4 AusV enthalten jene Bedingungen, nach denen eine Auslagerung an einen nicht behördlich konzessionierten (§ 3) bzw nicht beaufsichtigten Dienstleister (§ 4) erfolgen kann. Die in § 5 AusV genannten (rigiden) Anforderungen sind zu erfüllen, falls zwischen der Herkunftslandsaufsichtsbehörde und der FMA keine angemessene Kooperationsvereinbarung iSd § 26 Abs 1 Z 2 besteht. In der Praxis werden hier va die nach § 5 Abs 1 Z 1 und 2 AusV geforderten schriftlichen Bestätigungen der Herkunftslandaufsichtsbehörden nur schwer beizubringen sein. Die genannten Bestimmungen der AusV sollen gewährleisten, dass sowohl die Vorschriften, nach denen der Dienstleister seine Tätigkeiten erbringt, wie auch die Aufsichtsstandards jenen der MiFID bzw des WAG 2007 entsprechen. 314
Erbringung von Dienstleistungen über einen anderen Rechtsträger
§ 27
Die strengen Anforderungen der §§ 3 bis 5 AusV müssen jedoch nach 8 Maßgabe von § 6 Abs 1 und 2 AusV nicht erfüllt werden, wenn das dienstleistungsgegenständliche Verrechnungs- und Wertpapierkonto von einem Kreditinstitut nach § 1 Abs 1 BWG geführt wird. Darüber hinaus hat „… der Rechtsträger mit dem Dienstleister eine Auslagerungsvereinbarung und sonstige Vorkehrungen [zu treffen], die sicherstellen, dass die Auslagerungsbedingungen gemäß § 25 WAG 2007 in Verbindung mit Anlage 1 zu § 25 WAG 2007 erfüllt sind“ (§ 6 Abs 1 zweiter Satz AusV). Die FMA geht offenbar in einem solchen Fall davon aus, dass Anlegerinteressen hinreichend vor Beeinträchtigungen geschützt werden. Europarechtlich bedenklich erscheint, dass sich § 6 Abs 1 AusV nur auf österreichische Kreditinstitute nach § 1 Abs 1 BWG bezieht, europäische Institute nach der Bankenaufsichts-RL (RL 2006/48/EG, ABl 2006 L 77/1 idF RL 2008/24/EG, ABl 2008 L 81/38) hingegen ausklammert.
Erbringung von Dienstleistungen über einen anderen Rechtsträger § 27. (1) Ein Rechtsträger, der von einem anderen Rechtsträger den Auftrag erhält, Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen im Namen eines Kunden zu erbringen, darf sich auf Kundeninformationen stützen, die von dem anderen Rechtsträger weitergeleitet wurden. Die Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der weitergeleiteten Kundeninformation trägt der Rechtsträger, der den Auftrag erteilt hat. (2) Der Rechtsträger, der einen Auftrag gemäß Abs. 1 erhält, darf sich auch auf Empfehlungen in Bezug auf die Dienstleistung oder das Geschäft verlassen, die dem Kunden von dem anderen Rechtsträger gegeben wurden. Die Verantwortung für die Eignung der Empfehlungen oder der Beratung für den Kunden trägt der Rechtsträger, der den Auftrag erteilt hat. (3) Die Verantwortung für die Erbringung der Dienstleistung oder den Abschluss des Geschäfts auf der Grundlage solcher Angaben oder Empfehlungen nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes trägt der Rechtsträger, der den Auftrag erhalten hat. Schrifttum: Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Kaindl (Hrsg), Jahrbuch Bankund Kapitalmarktrecht 2008 (2009). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 27): „Hiermit wird Art. 20 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt.“
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§ 27
Kreisl
1 § 27 dient der Umsetzung von Art 20 MiFID, einer Bestimmung des
Abschnitts 2 der MiFID betreffend den „Anlegerschutz“. Die Umsetzung dieser Vorschrift im zweiten Abschnitt des WAG 2007 erfolgte insofern an falscher Stelle, als sie weder spezifische Vorschriften für die Aufgabendelegation noch für die Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern enthält. Vielmehr dient § 27 einer (klarstellenden) Abgrenzung von Verantwortlichkeiten für den Fall, dass es im Rahmen der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen im Namen eines Kunden zu einer Erteilung von Aufträgen (insb Weiterleitung von Orders) durch einen Rechtsträger an einen anderen Rechtsträger kommt (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 24 ff). Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigniederlassung ausüben, sind nicht zur Einhaltung dieser Bestimmung verpflichtet (vgl § 12 Abs 4 WAG 2007 und § 9 Abs 7 BWG).
2 Leitet ein Rechtsträger einen Auftrag zur Erbringung von Wertpapier-
dienstleistungen iSd § 1 Z 2 oder Nebendienstleistungen iSd § 1 Z 3 im Namen eines Kunden an einen anderen Rechtsträger weiter, so darf der Letztere (grundsätzlich) darauf vertrauen, dass der Erstere die betreffenden Kundeninformationen im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen erhoben sowie korrekt und vollständig weitergeleitet hat (Abs 1). Der eine Order empfangende Rechtsträger darf sich weiters darauf verlassen, dass Empfehlungen oder Beratungsleistungen von dem die Order weiterleitenden Rechtsträger im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen erbracht wurden (Abs 2). Damit trägt der kundennähere Rechtsträger die Verantwortung für die eingeholten Kundeninformationen und für die abgegebenen Empfehlungen und Beratungen (Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 25). Im Gegenzug hält Abs 3 fest, dass die Verantwortung für die Erbringung der Dienstleistung oder den Abschluss des Geschäfts auf der Grundlage solcher Angaben oder Empfehlungen allein der Rechtsträger trägt, der den Auftrag erhalten hat (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 25). 3 Durch eine klare Zuordnung von Verantwortungen und der Nor-
mierung eines „Vertrauensgrundsatzes“ sollen Doppelgleisigkeiten bei der Erhebung von Kundeninformationen und der Erteilung von Empfehlungen und Beratungsleistungen vermieden werden, mit denen eine Störung der effizienten Abwicklung von Kundenaufträgen verbunden wäre (vgl auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 31e Rz 3, wonach – unter Bezugnahme auf Erwägungsgrund 75 DRL – „Doppelarbeit“ vermieden werden soll). Anderes muss jedoch in Fällen gelten, in denen ein Rechtsträger konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der
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Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
einen Kundenauftrag weiterleitende Rechtsträger seinen diesbezüglichen Pflichten nicht hinreichend nachgekommen ist. In einem solchen Fall ist anzunehmen, dass der Rechtsträger, an den eine Kundenorder weitergeleitet wird, bereits nach Maßgabe der allgemeinen Sorgfaltspflichten des § 39 BWG eine solche Order nicht vorbehaltlos ausführen darf, sondern dass ihn eine Pflicht zu Nachforschungen trifft (zust Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 25).
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern § 28. (1) Ein Rechtsträger kann vertraglich gebundene Vermittler für die Förderung seines Dienstleistungsgeschäfts, die Akquisition neuer Geschäfte oder die Annahme von Kundenaufträgen sowie für die Übermittlung dieser Aufträge, das Platzieren von Finanzinstrumenten und für die Anlageberatung hinsichtlich der Finanzinstrumente und Dienstleistungen, die vom Rechtsträger angeboten werden, heranziehen. (2) Ein Rechtsträger, der einen vertraglich gebundenen Vermittler heranzieht, haftet gemäß § 1313 a ABGB für jede Handlung oder Unterlassung des vertraglich gebundenen Vermittlers, wenn dieser im Namen des Rechtsträgers tätig ist. (3) Ein Rechtsträger hat die Tätigkeiten der vertraglich gebundenen Vermittler zu überwachen, die über ihn tätig werden. Er hat sicherzustellen, dass ein vertraglich gebundener Vermittler dem Kunden, wenn er Kontakt aufnimmt oder bevor er mit den Kunden Geschäfte abschließt, mitteilt, in welcher Eigenschaft er handelt und welchen Rechtsträger er vertritt. (4) Ein Rechtsträger darf nur vertraglich gebundene Vermittler heranziehen, die in ein öffentliches Register des Mitgliedstaates eingetragen sind, in dem sie niedergelassen sind. (5) In Österreich tätige vertraglich gebundene Vermittler haben über eine gewerbliche Berechtigung gemäß § 136 a Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, zu verfügen. Sie dürfen nur dann in das öffentliche Register eingetragen werden, wenn feststeht, dass sie über die erforderliche Zuverlässigkeit und über entsprechende allgemeine, kaufmännische und berufliche Kenntnisse verfügen, um alle relevanten Informationen über die angebotene Dienstleistung korrekt an den Kunden weiterleiten zu können. Der vertraglich gebundene Vermittler hat dem Rechtsträger auf sein Verlangen alle Nachweise zu erbringen, die zur Überprüfung der Voraussetzungen erforderlich sind. 317
§ 28
Kreisl
(6) Das öffentliche Register ist bei der FMA zu führen. Das Register ist laufend zu aktualisieren. Die Kreditinstitute und Wertpapierfirmen haben die Eintragung der vertraglich gebundenen Vermittler unverzüglich vorzunehmen und sind für die ordnungsgemäße Überprüfung verantwortlich. (7) Ein Rechtsträger, der vertraglich gebundene Vermittler heranzieht, hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Tätigkeiten des vertraglich gebundenen Vermittlers, die keiner Konzession zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen bedürfen, keine nachteiligen Auswirkungen auf die Tätigkeiten haben, die er im Namen des Rechtsträgers ausübt. (8) Die Tätigkeit als vertraglich gebundener Vermittler begründet kein Arbeitsverhältnis im Sinne bundesgesetzlicher arbeits-, sozialoder steuerrechtlicher Bestimmungen. Schrifttum: Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; Baran, Das Versicherungsaufsichtsgesetz3 (2000); Brand, Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Namen und auf Rechnung von Wertpapierdienstleistern und Versicherungen, ecolex 2001, 597; Brandl/Klausberger, Verwirrung durch MiFID – Keine Personengesellschaften als vertraglich gebundene Vermittler?, ZFR 2008, 19; Bröker, Vertraglich gebundene Vermittler – eine grenzüberschreitende Betrachtung, ZFR 2008, 91; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Kaindl (Hrsg), Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009); B. Raschauer, Zum Verhältnis von GewO, BWG und WAG, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer (Hrsg), ZFR spezial, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008), 181; Winternitz/ Steinmair, Vertriebsstrukturen nach WAG 2007, ZFR 2008, 164; Winternitz/ Steinmair, Finanzdienstleistungsassistent – deleted or reloaded?, ZFR 2009, 8. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 28): „Abs. 1 setzt Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf ausgeübt. Abs. 2 setzt Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 3 setzt Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 1 und 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht hinsichtlich des Haltens von Kundengeldern wird im vorliegenden Gesetzentwurf nicht ausgeübt. Abs. 4 setzt Art. 23 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Abs. 5 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 5 setzt Art. 23 Abs. 3 Unterabsatz 3 und 4 der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 3 Unterabsatz 4 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf ausgeübt. Die FMA hat bereits jetzt ein Register für freie Mitarbeiter eingerichtet. Die Eintragung des freien Mitarbeiters
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Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
erfolgt durch den Rechtsträger selbst. Kriterien für die Eintragung werden in den Bescheidauflagen dem Rechtsträger mitgeteilt. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt und sollte auch auf vertraglich gebundene Vermittler angewendet werden. Im Übrigen dürfen nur Personen, die über eine gewerbliche Berechtigung als „Gewerblicher Vermögensberater“ gemäß § 136 a GewO verfügen, in Österreich als vertraglich gebundene Vermittler fungieren. Damit soll sichergestellt werden, dass nur ausreichend qualifizierte Personen in diesem Bereich tätig werden. Abs. 6 setzt Art. 23 Abs. 3 Unterabsatz 1 und 5 sowie Art. 23 Abs. 4 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 4 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf ausgeübt. Die FMA stellt das Register zur Verfügung, die Rechtsträger sind für die ordnungsgemäße Überprüfung und Eintragung der freien Mitarbeiter bzw. vertraglichen gebundenen Vermittler verantwortlich. Das Führen des Registers liegt bei der FMA. Die Aufgabenteilung hat sich bewährt und sollte beibehalten werden. Abs. 7 setzt Art. 23 Abs. 4 Unterabsatz 1der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf nicht ausgeübt, da aus derzeitiger Sicht keine strengeren Anforderungen als jene der Richtlinie erforderlich sind. Abs. 8: Sowohl natürliche als auch juristische Personen dürfen als vertraglich gebundene Vermittler tätig sein. Daher sind funktionell die natürlichen mit den juristischen Personen gleichzustellen. Da gemäß der Richtlinie 2004/39/EG die vertraglich gebundenen Vermittler nur für eine Wertpapierfirma oder ein Kreditinstitut tätig sein können, stellt diese Bestimmung klar, dass allein auf Grund dieses Vertragsverhältnisses kein Arbeitsverhältnis begründet wird. Dies deckt sich auch mit Aufsichtskompetenzen gemäß der Richtlinie, da ein vertraglich gebundener Vermittler mit Sitz im Inland, der für eine Wertpapierfirma mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist, aufsichtsrechtlich wie eine Zweigstelle zu behandeln ist (Art. 32 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/ EG). Ein gesetzlicher Zwang zur Begründung von Arbeitsverhältnissen wäre daher nicht richtlinienkonform.“
Übersicht I. II. III. IV.
Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertraglich gebundene Vermittler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewerberechtliche Voraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exklusivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–10 11–15 16–19
I. Anwendungsbereich Bereits § 19 Abs 2 a WAG aF erlaubte Wertpapierdienstleistungsunter- 1 nehmen zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen natürliche Personen heranzuziehen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit im Namen und auf Rechnung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens keine 319
§ 28
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Wertpapierdienstleistungskonzession benötigten („Finanzdienstleistungsassistenten“). Das WAG 2007 setzt diese Regelungstradition einerseits durch die in § 2 Abs 1 Z 15 enthaltene Ausnahme („Finanzdienstleistungsassistent neu“, siehe § 2 Rz 14 ff) fort. Andererseits nimmt der Gesetzgeber das in Art 23 Abs 1 MiFID eingeräumte Wahlrecht wahr (siehe Erl RV) und erlaubt Kreditinstituten, Wertpapierfirmen und ebenso Versicherungsunternehmen (hinsichtlich der Vermittlung von Investmentfondsanteilen), nicht jedoch Wertpapierdienstleistungsunternehmen (siehe § 15 Abs 2 Z 4), nach Maßgabe von § 28 die Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern („tied agents“). Dass sich auch Versicherungsunternehmen in ihrem dem WAG unterliegenden Tätigkeitsbereich vertraglich gebundener Vermittler bedienen dürfen, geht aus der Rechtsträgerdefinition in § 15 Abs 1 iVm § 2 Abs 2 hervor (siehe Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 166 Fn 6; idS offenbar auch das Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007 betreffend die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen bei Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten 2 f). Die fehlende Nennung von Versicherungen in der Definition des § 1 Z 20 dürfte hingegen – ebenso wie in Abs 6 (s Rz 10) – auf ein legistisches Versehen zurückzuführen sein (vgl dazu die Erl RV zu § 1 Z 20: „Für Versicherungsunternehmen besteht kein Bedarf, vertraglich gebundene Vermittler heranzuziehen, da diese Funktion von den Versicherungsvermittlern gemäß §§ 137 bis 138 GewO wahrgenommen wird“; siehe dazu Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 21). Zu beachten sind ferner § 12 Abs 4 und § 9 Abs 7 BWG, wonach Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigniederlassung ausüben, § 28 nicht einhalten müssen. 2 Die Heranziehung vertraglich gebundener Vermittler nach § 28 führt nicht per se zu einer Delegation wesentlicher betrieblicher Aufgaben iSd § 25. Werden jedoch wesentliche betriebliche Tätigkeiten iSd § 25 Abs 1 an vertraglich gebundene Vermittler delegiert, kommen die §§ 25 und 28 kumulativ zur Anwendung (siehe § 25 Rz 4, 12).
II. Vertraglich gebundene Vermittler 3 Als vertraglich gebundene Vermittler kommen definitionsgemäß (vgl
§ 1 Z 20, womit Art 4 Abs 1 Z 25 MiFID umgesetzt wird) sowohl natürliche als auch juristische Personen in Betracht. Personengesellschaften, werden zwar vom österreichischen Gesetzgeber nicht ausdrücklich als juristische Personen genannt. Dennoch kommt ihnen 320
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
(abgesehen von der mangelnden, alleinigen „passiven Vermögensfähigkeit“) die Fähigkeit zu, Rechte und Pflichten zu begründen (vgl dazu Krejci in Krejci (Hrsg), UGB § 105 Rz 1 ff). Nach zuzustimmender Ansicht kommen sie daher ebenso als vertraglich gebundene Vermittler in Betracht (dazu eingehend Brandl/Klausberger, ZFR 2008, 19; zust Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 18 und Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 168; dazu treffend auch Bröker, ZFR 2008, 96: „Dabei ist die Organisationsform des gebundenen Vermittlers grundsätzlich diesem zu Recht selbst überlassen, sodass der gebundene Vermittler die für ihn selbst beste Rechtsform, sei es als einzelkaufmännisches Gewerbe, als Personengesellschaft oder als juristische Person, frei wählen kann“). Vertraglich gebundene Vermittler können nach Maßgabe von § 28 4 Abs 1 iVm § 1 Z 20 zur Förderung sämtlicher Wertpapierdienstleistungen iSd § 1 Z 2 und Nebendienstleistungen iSd § 1 Z 3 herangezogen werden, die vom Konzessionsumfang eines Unternehmens gedeckt sind (vgl auch Art 23 Abs 1 MiFID englische Fassung: „promoting the services of the investment firm“). Das zulässige Tätigkeitsspektrum eines vertraglich gebundenen Vermittlers umfasst damit die Förderung des Dienstleistungsgeschäfts, die Akquisition neuer Geschäfte, die Annahme bzw Übermittlung von Aufträgen und die Anlageberatung (siehe das Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 3). Die Berechtigung von vertraglich gebundenen Vermittlern umfasst somit die Akquisition von Kunden für sämtliche Wertpapier (neben)dienstleistungen, zu denen das vertretene Unternehmen berechtigt ist (vgl Balzer, ZBB 2003, 188); dies trifft insb auch auf die Annahme und Übermittlung von Aufträgen zur Portfolioverwaltung (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 3; Harrer in Dullinger/ Kaindl, Jahrbuch 20), bzw die Vermittlung von Kunden für die Portfolioverwaltung zu. Die unmittelbare Portfolioverwaltung ist hingegen dem vertraglich gebundenen Vermittler nicht erlaubt (dies geht aus § 28 Abs 1 hervor: Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 20; Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 3; siehe aber Rz 18). Nicht umgesetzt wurde das durch Art 23 Abs 2 zweiter Unterabsatz 5 MiFID eingeräumte Wahlrecht, weshalb vertraglich gebundenen Vermittlern das „Halten von Kundengeldern“ („handle clients’ money“) nicht erlaubt ist (Erl RV). Nach Abs 2 wird der vertraglich gebundene Vermittler als Erfüllungs- 6 gehilfe nach § 1313 a ABGB im Namen und auf Rechnung des vertretenen Unternehmens tätig (vgl Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 166). Von der FMA wurde in diesem Zusammenhang bereits für den Einsatz von „freien Mitarbeitern“ nach § 19 Abs 2 a WAG verlangt, dass dieser Umstand bereits im Vertrag zwischen dem freien Mitarbei321
§ 28
Kreisl
ter und dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Text hervorgehoben dokumentiert wird (siehe Rundschreiben der FMA vom 17. Mai 2004; verfügbar unter www.fma.gv.at). Darüber hinaus sollte nach Maßgabe dieses Rundschreibens das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den „freien Vermittler“ mit einer Vollmacht oder einem Ausweis sowie mit Geschäftsunterlagen versehen, aus der für Dritte hervorgeht, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Vertragspartner des Kunden wird und für seine Dienstleistung einsteht. Der freie Mitarbeiter hatte im Gegenzug die Vollmacht bzw den Ausweis dem Kunden unaufgefordert vorzulegen. Auch diese Pflichten waren im Vertragswerk ausdrücklich und textlich hervorgehoben zu vereinbaren (siehe Rundschreiben der FMA vom 17. Mai 2004). Die analoge Implementierung dieser für freie Mitarbeiter nach § 19 Abs 2 a WAG entwickelten Aufsichtsstandards für vertraglich gebundene Vermittler iSd § 1 Z 20 erscheint bereits wegen der eminenten haftungsrechtlichen Bedeutung dieser Offenlegungspflichten angezeigt: So haftet für Fehlleistungen des vertraglich gebundenen Vermittlers (etwa Beratungsfehler) dem Kunden gegenüber (ex contractu) grundsätzlich nur das Unternehmen, in dessen Namen und auf dessen Rechnung dieser tätig geworden ist. Der vertraglich gebundene Vermittler haftet seinerseits dem Unternehmen als Erfüllungsgehilfe nach Maßgabe von § 1313 a ABGB (Abs 2; auch dieser Umstand war nach dem Rundschreiben der FMA vom 17. Mai 2004 im Vertragswerk hervorgehoben festzuhalten). Gibt der vertraglich gebundene Vermittler jedoch dem Kunden nicht unmissverständlich zu verstehen, dass er als Vertreter eines Unternehmens handelt, so ist eine direkte Haftung dem Kunden gegenüber aus einem Auskunftsvertrag möglich (Brand, ecolex 2001, 597; Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 63; weiters vgl zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen ohne Konzession durch die Beratung von Kunden über Veranlagungsmöglichkeiten in Wertpapieren, UVS Wien 20. 8. 2007, 06/FM/46/2370/2007, ZFR 2008, 63 [G. Schmied]). 7 Unternehmen, die sich vertraglich gebundener Vermittler bedienen,
bleiben für die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften iZm deren Tätigkeiten vollinhaltlich verantwortlich. Sie haben daher geeignete Maßnahmen zu implementieren, die eine rechtskonforme Tätigkeit der vertraglich gebundenen Vermittler sicherstellen und insb Beeinträchtigungen von Kundeninteressen hintanhalten (Abs 7; vgl Art 23 Abs 2 dritter Unterabsatz MiFID). Dies bedingt zunächst eine sorgfältige Auswahl sowie Aus- und Weiterbildung der jeweils handelnden Personen (eine solche Verpflichtung hat die FMA – gestützt auf § 16 WAG aF – bereits für die im Namen und auf Rechnung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens tätigen „freien Mitarbeiter“ ange322
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
nommen; vgl Rundschreiben vom 17. Mai 2004). Darüber hinaus sind diese von den Compliance-Vorschriften (§ 18) eines Unternehmens zu erfassen. Nach § 1 Z 29 gelten vertraglich gebundene Vermittler (lit a) bzw deren persönlich haftende, geschäftsführungsbefugte Gesellschafter (vgl § 23 Rz 4) bzw Geschäftsleiter (lit b), Angestellte oder sonstige „Mitarbeiter“ (lit c) bzw im Rahmen einer Auslagerung beteiligte natürliche Personen (lit d) als „relevante Personen“, weshalb insb auch die Regelungen für persönliche Geschäfte (§§ 23 f), Interessenkonflikte und Finanzanalysen (§§ 34 ff) zu beachten sind. Die Prüfungsaktivitäten der internen Revision haben sich auch auf die Tätigkeiten vertraglich gebundener Vermittler zu erstrecken. Generell trifft den Rechtsträger nach § 28 Abs 3 die Verpflichtung, vertraglich gebundene Vermittler bei Erbringung ihrer Tätigkeiten zu überwachen (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 23). Vertraglich gebundene Vermittler sind keine Rechtsträger iSd § 15 8 Abs 1 und dürfen sich daher keiner weiteren vertraglich gebundenen Vermittler bzw Finanzdienstleistungsassistenten bedienen (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 4; Harrer in Dullinger/ Kaindl, Jahrbuch 22; Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 168; dies dürfte [hinsichtlich Finanzdienstleistungsassistenten] auch für den Fall gelten, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler auftreten [so das Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 4; siehe dazu auch Rz 15], weil diese „funktional“ nicht als Rechtsträger, sondern eben als vertraglich gebundene Vermittler tätig werden). Nach Rechtsansicht der FMA müssen darüber hinaus Hilfspersonen eines vertraglich gebundenen Vermittlers zu diesem stets in einem arbeitsrechtlichen Dienstverhältnis stehen (Rundschreiben der FMA vom 31, Oktober 2007, 4; aA Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 168, die eine solche Sichtweise weder durch das Gesetz noch durch den Normzweck gedeckt sehen). Während Finanzdienstleistungsassistenten ausschließlich im Inland tä- 9 tig werden dürfen, können vertraglich gebundene Vermittler grenzüberschreitend im Wege der Dienstleistungs- bzw Niederlassungsfreiheit tätig werden (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 5). In Österreich ansässige vertraglich gebundene Vermittler, welche die Anforderungen des § 28 erfüllen (insb Gewerbeberechtigung nach § 136 a GewO und Registereintragung nach § 28 Abs 4) können im Wege der Dienstleistungsfreiheit Wertpapierdienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat erbringen (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 5). Ziehen österreichische Wertpapierfirmen einen vertraglich gebundenen Vermittler heran, der in einem anderen Mitgliedstaat als in Österreich ansässig ist, so wird dieser vertraglich ge323
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bundene Vermittler der Zweigstelle gleichgestellt und unterliegt den für Zweigstellen geltenden Bestimmungen (§ 13 Abs 1 letzter Satz). Der im anderen Mitgliedstaat ansässige vertraglich gebundene Vermittler muss darüber hinaus in das Register für vertraglich gebundene Vermittler des Aufnahmemitgliedstaates eingetragen sein (§ 28 Abs 4; vgl Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 5). 10 Nach Abs 4 dürfen nur vertraglich gebundene Vermittler herangezogen werden, die in ein öffentliches Register (dh ein Register, das der Öffentlichkeit zur Einsicht offen steht; vgl Art 23 Abs 3 fünfter Unterabsatz MiFID) jenes Mitgliedstaates eingetragen sind, in dem sie niedergelassen sind. In Österreich ist die FMA zur Einrichtung eines solchen Registers verpflichtet (Abs 6). Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Eintragung und laufende Überprüfung bzw Aktualisierung des Registers trifft jedoch die Unternehmen, die sich vertraglich gebundener Vermittler bedienen (die fehlende Nennung von Versicherungen in Abs 6 dürfte auf ein Redaktionsversehen zurückzuführen sein). In diesem Zusammenhang enthält Abs 6 die Verpflichtungen vertraglich gebundene Vermittler unverzüglich (dh ohne schuldhaftes Zögern) der FMA anzuzeigen (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 19). In Abs 6 werden lediglich Kreditinstitute und Wertpapierfirmen genannt, nicht jedoch auch Versicherungen. Vor dem Hintergrund von § 15 Abs 1 WAG 2007 iVm § 2 Abs 2 WAG 2007 dürfte jedoch die fehlende Nennung von Versicherungen in Abs 6 als legistisches Versehen anzusehen sein. Die Anzeigebestimmung des Abs 6 gilt daher auch für Versicherungen (hinsichtlich der Vermittlung von Investmentfondsanteilen; vgl auch das Rundschreiben der FMA vom 31, Oktober 2007, 7; siehe im Übrigen Rz 1). Das in Art 23 Abs 4 zweiter Unterabsatz MiFID eingeräumte Wahlrecht wurde damit ausgeübt (Erl RV). Die Erl RV betonen in diesem Zusammenhang, dass sich eine solche Vorgehensweise in Bezug auf freie Mitarbeiter nach § 19 Abs 2 a WAG aF bewährt hat und deshalb beibehalten werden soll.
III. Gewerberechtliche Voraussetzungen 11 Vertraglich gebundene Vermittler erbringen ihre Dienstleistungen „un-
ter der Konzession“ des vertretenen Unternehmens, unterliegen aber selbst keiner Konzessionspflicht nach den Bestimmungen des WAG 2007 (Abs 7). 12 In Umsetzung von Art 23 Abs 3 dritter und vierter Unterabsatz MiFID bestimmt Abs 5, dass vertraglich gebundene Vermittler über eine Konzession für das reglementierte Gewerbe des „Gewerblichen Ver324
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
mögensberaters“ nach § 136 a GewO verfügen müssen (§ 94 Z 75 GewO). In diesem Zusammenhang hält auch § 136 a Abs 3 GewO fest, dass ausschließlich gewerbliche Vermögensberater Tätigkeiten nach § 1 Z 20 WAG 2007 durchführen dürfen (zum Umfang der Berechtigung vgl insb Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 7 Rz 22 ff). Gewerbliche Vermögensberater haben über die erforderliche fachliche Befähigung nach § 18 GewO iVm der VO des BMWA über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Vermögensberatung, BGBl II 2003/95, zu verfügen (vgl Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 FN 49). Abs 5 zweiter Satz enthält weiters die Voraussetzung, dass vertraglich 13 gebundene Vermittler nur in das öffentliche Register eingetragen werden dürfen, wenn feststeht, dass sie über die „erforderliche Zuverlässigkeit“ und über entsprechende allgemeine, kaufmännische und berufliche Kenntnisse verfügen, um alle relevanten Informationen über die angebotene Dienstleistung korrekt an den Kunden weiterleiten zu können (vgl Art 23 Abs 3 vierter Unterabsatz MiFID). Dazu ist festzuhalten, dass es sich bei der gewerblichen Vermögensberatung nach § 136 a GewO um ein Zuverlässigkeitsgewerbe iSd § 95 GewO handelt. Demnach hat die Gewerbebehörde zu überprüfen, ob der Bewerber bzw, falls es sich um eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft handelt, die in § 13 Abs 7 GewO genannten Personen über die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit verfügen (§ 87 Abs 1 Z 3 GewO spricht in diesem Zusammenhang von schwerwiegenden Verstöße gegen die iZm dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen insb auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes). Es ist daher anzunehmen, dass die FMA bei Vorliegen einer aufrechten Berechtigung nach § 136 a GewO keine eigenständige Prüfung der Zuverlässigkeit nach Abs 5 vorzunehmen hat, sondern diese – soweit der Behörde keine weiteren Umstände bekannt sind, die daran zweifeln ließen, – (widerleglich) vermutet wird. Die Zuverlässigkeitsprüfung verbleibt damit bei der Gewerbebehörde (vgl B. Raschauer, ZFR spezial, 186 f, der in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass nach Abs 5 vertraglich gebundene Vermittler nicht in ein „von“ der FMA, sondern „bei“ der FMA zu führendes Register einzutragen sind). Dass Abs 5 Qualifikationen erfordert, die über jene für die Erteilung einer Gewerbeberechtigung nach § 136 a GewO hinausgehen (idS aber Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 167 f), ist daher nicht anzunehmen: Nach Maßgabe der gegenständlichen Regelungstechnik wären weder die FMA noch die Gewerbebehörde dazu berufen, das Vorliegen dieser zusätzlichen Qualifikationen (vor Eintragung in das öffentliche Register) zu überprüfen. 325
§ 28
Kreisl
14 Die durch den vertraglich gebundenen Vermittler auf Grundlage seiner
Berechtigung nach § 136 a GewO erbrachten Dienstleistungen unterliegen dem Gewerberecht und sohin der Gewerbeaufsicht (Winternitz/ Steinmair, ZFR 2008, 169). Darüber hinaus beaufsichtigt auch die FMA diese Tätigkeit (mittelbar) im Rahmen der Aufsicht über den Rechtsträger, für den diese Tätigkeiten erbracht werden (vgl Winternitz/Steinmair, ZFR 2009, 9). 15 Nach Ansicht der FMA „kann [auch] ein Wertpapapierdienstleistungsunternehmen bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen als vertraglich gebundener Vermittler für eine Wertpapierfirma oder ein Kreditinstitut bzw ein Versicherungsunternehmen gem § 2 Abs 2 WAG 2007 tätig sein und exklusiv für den Vertragspartner die einem vertraglich gebundenen Vermittler möglichen Dienstleistungen im Namen des Vertragspartners erbringen“ (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 4; Hervorhebungen durch den Verfasser). Das Rundschreiben lässt dabei offen, ob ein solches Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch über eine Berechtigung nach § 136 a GewO verfügen muss, wie dies der Wortlaut des Abs 5 auf den ersten Blick nahe legt (arg: „… haben … zu verfügen“). Da jedoch anzunehmen ist, dass Abs 5 lediglich ein bestimmtes Qualifikationsniveau sicherstellen will, dass jedenfalls bei Vorliegen einer Berechtigung nach § 4 erfüllt sein wird, ist jedoch aus teleologischer Sicht anzunehmen, dass in einem solchen Fall keine zusätzliche Berechtigung nach § 136 a GewO erforderlich sein wird. Versicherungsunternehmen ist eine Tätigkeit als vertraglich gebundener Vermittler iSd § 28 vor dem Hintergrund des § 3 Abs 3 VAG („Verbot versicherungsfremder Geschäfte“; siehe dazu Baran, VAG § 3 Rz 6) nicht gestattet (Rundschreiben der FMA betreffend die Tätigkeit von Versicherungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler gemäß § 28 WAG 2007 vom 27. Juni 2008; verfügbar unter: www.fma.gv.at).
IV. Exklusivität 16 Vertraglich gebundene Vermittler dürfen nach § 1 Z 20 nur im Namen
und im Auftrag eines einzigen Unternehmens tätig sein. Diese Beschränkung soll dazu dienen, den Adressaten einer allfälligen Haftung eindeutig bestimmen zu können (Balzer, ZBB 2003, 189). Diesem Zweck dient auch die in Abs 3 zweiter Satz normierte Verpflichtung des Unternehmens, wonach sicherzustellen ist, dass ein vertraglich gebundener Vermittler dem Kunden jedenfalls vor Geschäftsabschluss mitteilt, in welcher Eigenschaft er handelt, und welches Unternehmen er vertritt (siehe Art 23 Abs 2 erster Unterabsatz MiFID). 326
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
Die Frage, ob ein vertraglich gebundener Vermittler gleichzeitig 17 auch als Finanzdienstleistungsassistent eines anderen Unternehmens tätig sein kann, wird von der FMA mit Bezugnahme auf den Exklusivitätsgrundsatz des § 1 Z 20 offenbar verneint (Rundschreiben der FMA vom 31, Oktober 2007, 6: „Im Übrigen kann ein Vertragspartner einer Wertpapierfirma nur entweder Finanzdienstleistungsassistent oder vertraglich gebundener Vermittler sein“; zust Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 166). In der Tat scheint sich dies bereits unmittelbar aus der Definition des vertraglich gebundenen Vermittlers zu ergeben: Für diesen ist schließlich charakteristisch, dass er die in § 1 Z 20 genannten Tätigkeiten nur für einen „einzigen“ Dritten erbringt. Werden solche Tätigkeiten für einen weiteren Dritten erbracht, so ist auf den ersten Blick die Definition des § 1 Z 20 nicht länger erfüllt; es liegt dann aber auch kein vertraglich gebundener Vermittler vor, der für einen Rechtsträger nach § 28 tätig werden könnte. Das Tätigkeitsspektrum eines Finanzdienstleistungsassistenten (s § 2 Rz 14 ff) umfasst inhaltlich Teile jener Tätigkeiten, zu denen ein vertraglich gebundener Vermittler berechtigt ist. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass ein vertraglich gebundener Vermittler eben nicht als Finanzdiestleistungsassistent für ein anderes Unternehmen tätig sein kann, ohne seinen „Status“ als vertraglich gebundener Vermittler zu verlieren. Für diese Ansicht spricht nach Harrer insb auch Erwägungsgrund 37 der MiFID („Von dieser Richtlinie unberührt bleiben sollte das Recht von vertraglich gebundenen Vermittlern, unter andere Richtlinien fallende Tätigkeiten und verbundene Tätigkeiten in Bezug auf Finanzdienstleistungen oder -produkte, die nicht unter diese Richtlinie fallen, auszuüben“), die „ohnedies als Subvermittler nur den vertraglich gebundenen Vermittler kennt“ (so Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 21). Gegen diese Ansicht spricht jedoch die Systematik des Gesetzes: Das WAG 2007 führt in § 2 Abs 1 Z 15 den Typus des Finanzdienstleistungsassistenten ein (ohne den Begriff „Finanzdienstleistungsassistent“ zu verwenden; dieser wird jedoch in § 2 Abs 1 Z 14 GewO als Rechtsbegriff eingeführt [vgl Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 165 Fn 26]), nimmt diesen jedoch gleichzeitig – offenbar unter Anwendung der Bereichsausnahme des Art 3 MiFID (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 17 FN 21) – vom Anwendungsbereich des WAG 2007 aus (zur Interpretation dieser grammatikalisch verunglückten Bestimmung [„Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden keine Anwendung auf: […] Natürliche Personen, die […] im Inland erbringen, brauchen keine Konzession gemäß den §§ 3 oder 4“] siehe im Übrigen § 2 Rz 14 ff). Der Finanzdienstleistungsassistent bildet somit keine „Unterart“ des vertraglich gebundenen Vermittlers, sondern stellt eine Alternative zu diesem dar (vgl Winternitz/Steinmair, ZFR 327
§ 28
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2009, 9). Auf den Typus des Finanzdienstleistungsassistenten sind § 1 Z 20 und (folglich) auch § 28 nicht anwendbar; er steht somit „außerhalb der Systems“ der §§ 1 Z 20 und 28. Eine (allfällige) Tätigkeit als Finanzdienstleistungsassistent kann sich daher auch nicht schädlich auf die Erfüllung der Kriterien des § 1 Z 20 auswirken. In diesem Zusammenhang ist auch § 136 a Abs 3 GewO von Interesse, der feststellt, dass gewerbliche Vermögensberater (§ 94 Z 75 GewO) bei Einhaltung der Bedingungen des § 2 Abs 1 Z 15 WAG auch zu Tätigkeiten im Sinne dieser Bestimmungen berechtigt sind. Der Gesetzgeber geht damit wohl davon aus, dass ein gewerblicher Vermögensberater zwar nur hinsichtlich eines einzigen Unternehmens als vertraglich gebundener Vermittler fungieren kann, darüber hinaus jedoch eine Tätigkeit als „Finanzdienstleistungsassistent“ iSd § 2 Abs 1 Z 15 für (mehrere) weitere Unternehmen nicht ausgeschlossen ist (aA offenbar Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 21 f). Ob damit im Hinblick auf die von der MiFID geforderte Exklusivität des vertraglich gebundenen Vermittlers als „Subvermittler“ eine europarechtskonforme Umsetzung des in Art 23 MiFID eingeräumten Wahlrechts gelungen ist, bleibt jedoch zweifelhaft (vgl insb die Erwägungsgründe der MiFID 36 und 37). 18 Die Portfolioverwaltung steht vertraglich gebundenen Vermittlern nicht offen (siehe Rz 4). Es erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, dass eine natürliche Person die als vertraglich gebundener Vermittler mit Tätigkeiten iSd § 1 Z 20 betraut wurde, auf Grundlage eines Dienstvertrags auch mit Agenden des Fondsmanagements betraut wird. Der angestellte Portfolioverwalter handelt schließlich nicht selbstständig unter dem „Konzessionsdach“ eines Rechtsträgers, sondern es handelt der Rechtsträger unmittelbar durch seinen Dienstnehmer. Weder § 1 Z 20 noch § 28 ist jedoch ein Verbot zu entnehmen, (gleichzeitig auch) als Dienstnehmer eines Rechtsträgers iSd § 15 tätig zu sein. 19 Abs 8 bestimmt, dass die Rechtsfigur des vertraglich gebundenen Vermittlers nicht bewirken soll, dass dieser arbeitsrechtlich wie ein Angestellter behandelt wird (vgl Erl RV zu § 1 Z 20). Eine solche Klarstellung ist deshalb notwendig geworden, weil vertraglich gebundene Vermittler definitionsgemäß nur für ein einziges Unternehmen tätig werden dürfen. Die Erl RV zu § 28 halten ergänzend fest, dass ein vertraglich gebundener Vermittler mit Sitz im Inland, der für eine Wertpapierfirma mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist, aufsichtsrechtlich wie eine Zweigstelle zu behandeln ist (Art 32 Abs 2 letzter Unterabsatz MiFID) und daher ein gesetzlicher Zwang zur Begründung von Arbeitsverhältnissen nicht RL-konform wäre (siehe dazu Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 166 f). 328
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden
§ 29
3. Abschnitt Schutz des Kundenvermögens Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden § 29. (1) Ein Rechtsträger, der Kunden gehörende Finanzinstrumente hält, hat geeignete Vorkehrungen zu treffen, insbesondere für den Fall der Insolvenz, um deren Eigentumsrechte an diesen Instrumenten zu schützen und zu verhindern, dass die Finanzinstrumente eines Kunden ohne dessen ausdrückliche Zustimmung für eigene Rechnung verwendet werden. (2) Ein Rechtsträger, der Kunden gehörende Gelder hält, hat geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die Rechte der Kunden zu schützen und, außer im Fall von Kreditinstituten, zu verhindern, dass die Gelder der Kunden für eigene Rechnung verwendet werden. (3) Um die Rechte der Kunden an ihren Finanzinstrumenten und Geldern zu schützen, hat ein Rechtsträger 1. die erforderlichen Aufzeichnungen und Konten zu führen, die es ihm jederzeit ermöglichen, die für die einzelnen Kunden gehaltenen Vermögensgegenstände unverzüglich sowohl voneinander als auch von seinen eigenen Vermögensgegenständen zu unterscheiden; 2. seine Aufzeichnungen und Konten so zu führen, dass diese stets korrekt sind und insbesondere mit den für Kunden gehaltenen Finanzinstrumenten und Geldern in Einklang stehen; 3. seine internen Konten und Aufzeichnungen regelmäßig mit denen aller Dritten, die diese Vermögensgegenstände halten, abzustimmen; 4. die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um zu gewährleisten, dass alle gemäß § 30 bei einem Dritten hinterlegten Kundenfinanzinstrumente durch unterschiedliche Benennung der in den Büchern des Dritten geführten Konten oder vergleichbare Maßnahmen, die ein gleich hohes Maß an Schutz gewährleisten, von den Finanzinstrumenten des Rechtsträgers und den Finanzinstrumenten dieses Dritten unterschieden werden können; 5. die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um zu gewährleisten, dass Kundengelder, die bei einer Stelle gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 bis 4 hinterlegt werden, auf einem oder mehreren separaten Konten 329
§ 29
Brandl/Klausberger
geführt werden, die von allen anderen Konten, auf denen Gelder des Rechtsträgers geführt werden, getrennt sind, und 6. angemessene organisatorische Vorkehrungen zu treffen, um das Risiko, dass die Vermögenswerte des Kunden oder die damit verbundenen Rechte aufgrund einer missbräuchlichen Verwendung der Vermögenswerte oder aufgrund von Betrug, schlechter Verwaltung, unzureichender Aufzeichnungen oder Fahrlässigkeit verloren gehen oder geschmälert werden, so gering wie möglich zu halten. (4) Die FMA ist ermächtigt, durch Verordnungen die nähere Ausgestaltung der in Abs. 3 Z 1 bis 6 genannten Maßnahmen und Vorkehrungen festzulegen, soweit das für den Schutz des Kundenvermögens erforderlich ist. Schrifttum: Iro, Drittverwahrung von Wertpapieren: Regelungskonflikt zwischen §§ 29 ff WAG und DepG?, ÖBA 2009, 253. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 29): „Abs. 1 setzt Art. 13 Abs. 7 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 13 Abs. 8 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 3 setzt Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um und enthält eine Verordnungsermächtigung der FMA.“
Übersicht I. A. B. C. II. III. A. B. C. D. IV. V. A. B. C.
330
Allgemeines zu den §§ 29 ff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwenden für eigene Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelne Verpflichtungen zum Schutz des Kundenvermögens Aufzeichnungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterscheidungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abstimmungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen eines Verstoßes gegen die Schutzvorschriften . . . . . . . . . . Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–5 1 2 3–5 6 7–10 7 8 9 10 11 12–15 12–13 14 15
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden
§ 29
I. Allgemeines zu den §§ 29 ff A. Entstehungsgeschichte Die ISD verpflichtete in Art 10 Abs 1 GS 2 die Mitgliedstaaten, geeig- 1 nete Vorkehrungen für die den Anlegern gehörenden Wertpapiere zu treffen, um deren Eigentumsrechte insb für den Fall der Insolvenz zu schützen und zu verhindern, dass die Wertpapierfirma die Wertpapiere der Anleger ohne deren ausdrückliche Zustimmung für eigene Rechnung verwendet. Darüber hinaus forderte die ISD in Art 10 Abs 1 GS 3 auch, geeignete Vorkehrungen für die den Anlegern gehörenden Gelder zu treffen, um deren Rechte zu schützen und zu verhindern, dass die Gelder der Anleger von der Wertpapierfirma – außer wenn es sich um ein Kreditinstitut handelt – für eigene Rechnung verwendet werden. Die MiFID übernimmt in Art 13 Abs 7 und 8 das Schutzkonzept des Art 10 Abs 1 GS 2 und 3 ISD, intensiviert aber gleichzeitig auf Ebene der DRL in Art 16 die Detailtiefe der Regelung (vgl auch Möllers in Kölner Kommentar § 34 a WpHG Rz 10).
B. Regelungstechnik Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben ins österreichische 2 Recht orientiert sich stark an Wortlaut und Systematik der MiFID bzw ihrer DRL. Die Bestimmung des § 29 verpflichtet Rechtsträger iSd § 15, die einem Kunden gehörende Gelder oder Finanzinstrumente halten, geeignete Vorkehrungen zum Schutz dieser Gelder oder Finanzinstrumente zu treffen. Diese Verpflichtung ergibt sich allgemein aus Art 13 Abs 7 und 8 MiFID und wird durch Art 16 MiFID-DRL weiter konkretisiert. Dieser vom Europarecht gewählten Regelungsstruktur ist der Gesetzgeber dabei insofern gefolgt, als die Abs 1 und 2 die involvierten Rechtsträger relativ abstrakt dazu verpflichten, geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Rechte der Kunden zu treffen, und die zu treffenden Vorkehrungen durch Abs 3, allfällige Verordnungen nach Abs 4 sowie die folgenden §§ über Hinterlegung und Verwendung von Finanzinstrumenten bzw Gelder der Kunden weiter konkretisiert werden.
C. Normzweck und leitende Grundsätze Wie aus Abs 1 hervorgeht, hat das Gesetz hinsichtlich des Schutzes 3 von dem Kunden gehörenden Finanzinstrumenten insb den Insolvenzfall vor Augen. Es soll verhindert werden, dass Gläubiger des Rechtsträgers (bzw eines Drittverwahrers) auf die Vermögenswerte des Kun331
§ 29
Brandl/Klausberger
den zugreifen können, um Befriedigung zu erlangen (vgl Iro, ÖBA 2009, 263 f). Die Gefahr, dass der Rechtsträger Vermögenswerte der Kunden für vertragswidrige Zwecke verwendet, oder dass einzelnen Kunden zuzurechnende Verluste mit Positionen anderer Kunden verrechnet werden, scheint demgegenüber kein primäres Anliegen der Regelung zu sein (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 34 a Rz 1; anders Fuchs in Fuchs, WpHG § 34 a Rz 1; Möllers in Kölner Kommentar § 34 a WpHG Rz 2). Aus dem Zweck der Regelung sowie aus Erwägungsgrund 26 MiFID folgt, dass nicht nur die Position des Kunden als Eigentümer von Wertpapieren umfasst ist, sondern auch treuhändige Rechtspositionen unter diese Bestimmungen fallen (Iro, ÖBA 2009, 262 f). Dazu zählt vornehmlich die Gutschrift in Wertpapierrechnung: Der Käufer im Ausland anzuschaffender Wertpapiere, die auch dort verwahrt werden sollen, erlangt dabei nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Zwischenverwahrer auf Ausfolgung gleichartiger, nicht aber gleicher Wertpapiere; der Kunde erhält dann von seiner Inlandsbank für seine im Ausland erworbenen und dort verwahrten Wertpapiere eine Gutschrift in Wertpapierrechnung (dazu Iro in Apathy/Iro/Koziol, BVR II2 Rz 4/76 ff). Wird dem Kunden ein Anspruch auf Lieferung der Wertpapiere gutgeschrieben, so entspricht der Anspruch des Kunden gegen die Bank jenem Anteil, den diese auf Rechnung des Kunden am gesamten Deckungsbestand im Ausland entsprechend den jeweiligen Rechtsvorschriften und Usancen hält; die in Wertpapierrechnung gutgebrachten Wertpapiere derselben Art, welche die Bank für die Kunden hält, bilden zusammen mit den von ihr auf eigene Rechnung im Ausland gehaltenen Wertpapieren einen Deckungsbestand (Z 67 ABB; dazu Iro in Apathy/Iro/Koziol, BVR II2 Rz 4/77). Das Gesetz ist bestrebt, dass der Kunde im Konkurs des Rechtsträgers möglichst eine konkursfeste Position erlangen soll. Dies ist etwa dann gewährleistet, wenn eine regelmäßige Verwahrung nach dem DepG vorgenommen wird; in diesem Fall ist der Kunde auch gegen die Insolvenz der Depotbank über ein Aussonderungsrecht geschützt (Iro in Apathy/Iro/Koziol, BVR II2 Rz 4/139). Dazu reicht prinzipiell auch eine Sammelverwahrung aus, weil in diesem Fall der Kunde über seinen Miteigentumsanteil eine konkursfeste Stellung erwirbt (Iro, ÖBA 2009, 260 f). 4 In Bezug auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunter-
nehmen ist ferner zu beachten, dass diese Geld, Wertpapiere oder sonstige Instrumente von Kunden nicht halten dürfen, wenn sie dadurch zum Schuldner ihrer Kunden werden (vgl § 3 Abs 5 Z 4 WAG; zum WAG aF Zahradnik, Finanzdienstleistungen und Wertpapieraufsicht 14; siehe dazu nunmehr auch Rz 3). Die FMA ist in ihrer Stellung332
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden
§ 29
nahme zu den §§ 29–33 daher davon ausgegangen, dass der Adressatenkreis der §§ 29–33 auf Kreditinstitute zu reduzieren sei, weil Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen ohnehin nicht zum Halten von Finanzinstrumenten und Geld des Kunden berechtigt seien (10/SN-45/ME [XXIII. GP] S 8). Insoweit das DepG für die Verwahrung von Wertpapieren besondere Regeln aufstellt, überschneidet sich der sachliche Anwendungsbereich des WAG mit jenem des DepG (ausführlich dazu Iro, ÖBA 2009, 255 ff). Den Wohlverhaltensregeln der §§ 38 ff ähnlich sind auch die Verpflich- 5 tungen aus den §§ 29 ff an der Schnittstelle von Aufsichts- und Zivilrecht angesiedelt. Siehe dazu bei § 38 Rz 7 ff.
II. Verwenden für eigene Rechnung Abs 1 verbietet, dass einem Kunden gehörende Finanzinstrumente 6 ohne dessen ausdrückliche Zustimmung für eigene Rechnung verwendet werden. Näheres regelt § 32. Mit Ausnahme der Kreditinstitute ist es Rechtsträgern nicht gestattet, Kundengelder für eigene Rechnung zu verwenden. Anhand dieser Ausnahme stellt sich erneut die Frage, ob Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen überhaupt zum Adressatenkreis der §§ 29–33 gehören (siehe dazu oben Rz 4). Gemäß § 3 Abs 5 dürfen Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine Finanzinstrumente und Gelder des Kunden halten, wenn sie dadurch Schuldner des Kunden werden. Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben daher – wenn überhaupt – nur die Möglichkeit, Kundengelder auf Treuhandkonten (Anderkonten) zu buchen und zu führen (Winternitz, WAG § 16 Rz 8; Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/ Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 8), was von der FMA allerdings nicht akzeptiert wird.
III. Einzelne Verpflichtungen zum Schutz des Kundenvermögens A. Aufzeichnungspflichten Den Rechtsträger treffen hinsichtlich des von ihm gehaltenen Kunden- 7 vermögens bestimmte Aufzeichnungspflichten (Abs 3 Z 1 und 2). Er hat die erforderlichen Aufzeichnungen stets korrekt zu führen, sodass 333
§ 29
Brandl/Klausberger
sie immer mit den für den Kunden gehaltenen Vermögensgegenständen in Einklang stehen. Es muss ihm zu jeder Zeit möglich sein, sowohl das Kundenvermögen vom eigenen Vermögen als auch die Vermögensteile der Kunden untereinander zu unterscheiden. In Österreich ist diese Anforderung bereits durch § 11 DepG (Verwahrungsbuch) abgedeckt (zust Iro, ÖBA 2009, 260).
B. Unterscheidungspflichten 8 Der Rechtsträger muss gewährleisten, dass die bei einem Dritten gemäß
§ 30 hinterlegten Finanzinstrumente von Kunden von den Finanzinstrumenten des Rechtsträgers sowie von den Finanzinstrumenten des Dritten unterschieden werden können (Abs 3 Z 4). Um diese Unterscheidbarkeit zu gewährleisten, führt das Gesetz die unterschiedliche Bezeichnung der in den Büchern des Dritten geführten Konten oder vergleichbare Maßnahmen mit einem gleich hohen Schutzniveau an. Der Rechtsträger kann daher die Finanzinstrumente auf einem oder mehreren Konten hinterlegen, die auf Grund ihrer Bezeichnung unzweifelhaft auf Kundenfinanzinstrumente hinweisen oder zumindest im Hinblick auf das Schutzniveau gleichwertige Maßnahmen ergreifen. Es wird aber auch zulässig sein, Kundenfinanzinstrumente auf einem Sammelkonto zu verwahren, sofern jederzeit feststellbar ist, wessen Wertpapiere auf dem Sammelkonto liegen, weil damit dem Zweck der Regelung, Zugriffe Dritter im Exekutions- oder Insolvenzverfahren zu verhindern, bereits entsprochen ist (Iro, ÖBA 2009, 265 f). Kundengelder, die bei einer Zentralbank, einem Kreditinstitut, einer in einem Drittstaat zugelassenen Bank oder einem qualifizierten Geldmarktfonds hinterlegt werden, müssen nach Abs 3 Z 5 jedenfalls auf einem oder mehreren separaten Konten geführt werden, damit die Kundengelder von den Geldern des Rechtsträgers getrennt bleiben.
C. Abstimmungspflichten 9 Der Rechtsträger muss seine internen Aufzeichnungen regelmäßig mit
jenen der Dritten, die diese Vermögensgegenstände halten, abstimmen (Abs 3 Z 3). Wie oft dies konkret zu geschehen hat, lässt das Gesetz offen. Aus der Formulierung regelmäßig kann jedenfalls geschlossen werden, dass dies routinemäßig in mehr oder minder gleichmäßigen Abständen erfolgen soll. Die Dauer der Abstände wird man dabei nicht generell festlegen können, sondern es ist eine auf den Geschäftsumfang, die Häufigkeit von Änderungen sowie die Anzahl potentieller Fehlerquellen abstellende differenzierende Betrachtung vorzunehmen. 334
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden
§ 29
D. Organisationspflichten Der Rechtsträger hat nach Abs 3 Z 6 angemessene Vorkehrungen zur 10 Verminderung des Risikos zu treffen, dass der Kunde auf Grund einer missbräuchlichen Verwendung seiner Vermögenswerte oder auf Grund von Betrug, schlechter Verwaltung, unzureichender Aufzeichnungen oder Fahrlässigkeit einen Vermögensschaden erleidet. Dem Rechtsträger wird damit nicht die – in der Praxis wohl letztlich unerfüllbare – Pflicht auferlegt, derartige Malversationen zu verhindern, sondern die Pflicht, durch entsprechende Organisation das Risiko so weit wie möglich zu minimieren.
IV. Verordnungsermächtigung Zur näheren Ausgestaltung der Verpflichtungen zum Schutz des Kun- 11 denvermögens nach Abs 3 ist die FMA auf Basis von Abs 4 zur Erlassung entsprechender Verordnungen ermächtigt. Bis dato hat die FMA davon noch keinen Gebrauch gemacht.
V. Folgen eines Verstoßes gegen die Schutzvorschriften A. Zivilrecht Verstößt ein Rechtsträger gegen die Vorschriften zum Schutz des Kun- 12 denvermögens, und erleidet der Kunde daraus einen Schaden, so kann der Kunde bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Schadenersatz verlangen. Zu den Haftungsgrundlagen siehe die Ausführungen bei § 38 Rz 35 ff. Darüber hinaus sind die Bestimmungen zum Schutz des Kundenver- 13 mögens als Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB anzusehen. Die §§ 29 ff verbieten bestimmte, für das Kundenvermögen abstrakt gefährliche Handlungen und beziehen nach ihrer Teleologie auch den Kunden in den Schutzbereich mit ein (vgl Harrer in Schwimann VI3 § 1311 ABGB Rz 9; Karner in KBB², ABGB § 1311 Rz 3 ff; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 102 f; Reischauer in Rummel II/13 § 1311 ABGB Rz 4 a). Als Besonderheit dieser Haftung muss sich das Verschulden des Schädigers bloß auf die Übertretung des Schutzgesetzes, nicht aber auf die konkrete Schadenszufügung beziehen; der Schädiger haftet 335
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demnach auch für nicht voraussehbare Schadenseintritte (vgl Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 110 ff).
B. Aufsichtsrecht 14 Die Einhaltung der Vorschriften über den Schutz des Kundenver-
mögens ist gemäß § 91 von der FMA zu überwachen. Sind die Verstöße als schwerwiegend und systematisch einzustufen, so hat die FMA nach § 5 Abs 2 Z 3 WAG die Konzession zurückzunehmen.
C. Verwaltungsstrafrecht 15 Wer als Verantwortlicher eines Rechtsträgers iSd § 9 VStG gegen eine
Verpflichtung nach den §§ 29 ff WAG verstößt, begeht nach § 95 Abs 2 Z 1 WAG eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 50.000,– zu bestrafen.
Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten § 30. (1) Ein Rechtsträger darf die für seine Kunden gehaltenen Finanzinstrumente auf einem oder mehreren bei einem Dritten eröffneten Konten hinterlegen, wenn er bei der Auswahl, Bestellung und regelmäßigen Überprüfung dieses Dritten sowie bei den für die Verwahrung dieser Finanzinstrumente getroffenen Vereinbarungen mit der gebotenen Professionalität und Sorgfalt verfährt. Insbesondere müssen die Sachkenntnis und die Reputation des Dritten auf dem Markt sowie alle rechtlichen Anforderungen oder Marktpraktiken, die mit der Verwahrung dieser Finanzinstrumente in Zusammenhang stehen und die Rechte von Kunden beeinträchtigen könnten, berücksichtigt werden. (2) Ein Rechtsträger hat für den Fall, dass die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person in dem Land, in dem er Finanzinstrumente von Kunden bei einem Dritten hinterlegen will, besonderen Vorschriften und einer besonderen Aufsicht unterliegt, zu beachten, dass diese Finanzinstrumente in diesem Land nicht bei einem Dritten hinterlegt werden, der von diesen Vorschriften und dieser Aufsicht nicht erfasst wird. (3) Ein Rechtsträger darf Finanzinstrumente, die er für Kunden hält, nur dann bei einem Dritten in einem Drittland hinterlegen, in dem die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person nicht geregelt ist, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: 336
Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten
§ 30
1. Aufgrund der Art der Finanzinstrumente oder der mit diesen verbundenen Wertpapierdienstleistungen muss die Hinterlegung bei einem Dritten in diesem Drittland erfolgen; 2. die Finanzinstrumente werden im Namen eines professionellen Kunden verwahrt und dieser fordert den Rechtsträger schriftlich auf, sie bei einem Dritten in diesem Drittland zu hinterlegen. Schrifttum: Iro, Drittverwahrung von Wertpapieren: Regelungskonflikt zwischen §§ 29 ff WAG und DepG?, ÖBA 2009, 253. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 30): „Abs. 1 setzt Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Unter dem Begriff „Überprüfung“ gemäß der § 30 Abs. 1 und § 31 Abs. 5 ist eine Aktualisierung der Beurteilung oder Einschätzung des Vertragspartners zu verstehen. Abs. 2 setzt Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II.
Auswahl des Verwahrers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahrung der besonderen Vorschriften und der besonderen Aufsicht bezüglich die Verwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4
I. Auswahl des Verwahrers § 30 führt den von § 29 geforderten Schutz der einem Kunden gehö- 1 renden Finanzinstrumente hinsichtlich deren Hinterlegung bei einem Dritten näher aus. Die Vorschriften ergehen in Umsetzung von Art 17 Abs 1 MiFID-DRL. Auch hier stellt sich wieder die Frage, wer überhaupt Adressat dieser Bestimmung sein kann (vgl dazu schon § 29 Rz 4). Im Zuge einer solchen Hinterlegung bei einem Dritten hat der hinterlegende Rechtsträger professionell und sorgfältig zu verfahren. Die entsprechenden Pflichten treffen ihn bei der Auswahl des Dritten, dessen Bestellung, bei der Vereinbarung der Verwahrungskonditionen sowie bei der regelmäßigen Überprüfung des Dritten. Unter dieser Überprüfung versteht der Gesetzgeber eine regelmäßig vorzunehmende Aktualisierung der Beurteilung oder Einschätzung des Dritten (Erl RV 15). Die Pflichten des Rechtsträgers reduzieren sich somit nicht auf die sorgfältige Auswahl des Dritten; vielmehr wird vom Gesetz auch die Wahrung der Interessen des Kunden im Rahmen der mit dem Dritten getroffenen Vereinbarungen sowie später durch eine regelmäßige Überprüfung des Dritten durch den Rechtsträger vorgeschrieben. 337
§ 30
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Für die Auswahl des Drittverwahrers ergibt sich dies schon aus § 3 Abs 3 DepG. Die Pflicht zur laufenden Überprüfung des Dritten durch den Zwischenverwahrer hat dagegen kein explizites Pendant im DepG, kann aber in richtlinienkonformer Interpretation des Begriffs der erforderlichen Sorgfalt auch dort begründet werden (dafür Iro, ÖBA 2009, 257). Hat der Kunde eine ausdrückliche Weisung erteilt, dass die Wertpapiere bei einem bestimmten Dritten verwahrt werden sollen, so entfällt nach § 3 Abs 3 Satz 2 die Haftung des Zwischenverwahrers für die Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt bei der Auswahl des Drittverwahrers. Eine derartige Ausnahme ist in § 30 WAG nicht vorgesehen. Dennoch spricht vieles dafür, dass in diesem Fall auch nach WAG keine Verantwortlichkeit des Zwischenverwahrers besteht, zumal das Gesetz in § 52 Abs 4 erkennen lässt, dass eine ausdrückliche Weisung des Kunden den Rechtsträger in gewissen Grenzen von der Pflicht zur Wahrung der Kundeninteressen befreien kann (vgl Iro, ÖBA 2009, 257). 2 Als Kriterien für die Beurteilung der Eignung des Dritten nennt das
Gesetz insb die Sachkenntnis und die Reputation des Dritten auf dem Markt sowie alle rechtlichen Anforderungen oder Marktpraktiken, die mit der Verwahrung dieser Finanzinstrumente in Zusammenhang stehen, und die Rechte von Kunden beeinträchtigen könnten. Aus der Formulierung „insbesondere“ ist zu schließen, dass es sich um eine bloß demonstrative Aufzählung handelt, welche die wesentlichsten Kriterien zusammenfasst. Dementsprechend muss der Rechtsträger aber auch allenfalls vorliegende, darüber hinausgehende Informationen einbeziehen und würdigen. Ein objektives Kriterium zur Beurteilung des Dritten wäre daher zB auch das externe Rating des Dritten durch Ratingagenturen wie Moody’s, Standard & Poor’s oder Fitch. 3 Der Rechtsträger hat in Bezug auf den Verwahrer nach dem Gesetz mit
der gebotenen Professionalität und Sorgfalt zu handeln. Dabei ist in Anlehnung an § 1299 ABGB ein objektiver Maßstab anzulegen: Entscheidend ist nicht die von einem Durchschnittsmenschen angewendete Sorgfalt, sondern die im Verkehrskreis der Wertpapierdienstleister übliche Sorgfalt (Harrer in Schwimann VI³ § 1299 ABGB Rz 2; Karner in KBB², ABGB § 1299 Rz 1; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 182; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 295 f; Reischauer in Rummel II/13 § 1299 Rz 2). Es wird im Zuge der Verschuldensprüfung nicht auf die konkreten subjektiven Fähigkeiten der handelnden Personen abgestellt, sondern die Frage nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt; wer im Bereich der Wertpapierdienstleistungen tätig ist, muss auch dafür einstehen, dass er die dafür notwendigen Fähigkeiten hat (Karner in KBB², ABGB § 1299 Rz 2; Koziol, Österreichisches Haft338
Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten
§ 30
pflichtrecht II2 182 f; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 296; Reischauer in Rummel II/13 § 1299 Rz 5). Die Anforderungen an die Rechtsträger dürfen dabei freilich nicht unbillig überspannt werden; es kann in jedem Fall nur die zumutbare Sorgfalt erwartet werden. Ein Kunde kann zB vernünftigerweise nicht erwarten, dass der Rechtsträger den Verwahrer lückenlos überwacht, wenn der dafür notwendige Aufwand in keinem Verhältnis zum erwarteten Nutzen steht und damit dem Rechtsträger wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann.
II. Wahrung der besonderen Vorschriften und der besonderen Aufsicht bezüglich die Verwahrung Bestehen im Verwahrungsland besondere Vorschriften und eine beson- 4 dere Aufsicht über die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person, so hat der Rechtsträger in Umsetzung von Art 17 Abs 2 MiFID-DRL darauf zu achten, dass der von ihm ausgewählte Verwahrer auch tatsächlich diesen Vorschriften sowie dieser Aufsicht unterliegt. Rechtliche Rahmenbedingungen für den Schutz des Eigentums der Kunden an ihren Finanzinstrumenten im Staat des Drittverwahrers sind mithin Grundvoraussetzung für die Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten bei einem Dritten (Iro in Apathy/Iro/ Koziol, BVR II2 Rz 4/66; ders, ÖBA 2009, 258). Dabei ist die Bank bei der Drittverwahrung im Ausland schon nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen verpflichtet, ob dadurch die insolvenzrechtliche Position des Kunden ausreichend gewahrt bleibt (Iro in Apathy/Iro/Koziol, BVR II2 Rz 4/73). In diesem Zusammenhang ist auch die Vorschrift des Abs 3 zu sehen, der in Umsetzung von Art 17 Abs 3 MiFID-DRL ergangen ist. Demnach darf die Verwahrung in einem Drittland, das für die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person keine derartigen Regelungen vorsieht, nur ausnahmsweise in zwei Fällen erfolgen: Erstens, wenn die Hinterlegung auf Grund der Art der Finanzinstrumente oder der damit verbundenen Nebendienstleistungen nur in diesem Drittland erfolgen muss. Die gesetzliche Formulierung „muss“ ist wohl so zu verstehen, dass damit die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit der Verwahrung in diesem Land gemeint ist (Iro, ÖBA 2009, 258). Zweitens ist dies zulässig, wenn die Finanzinstrumente im Namen eines professionellen Kunden (vgl § 1 Rz 22 und § 58 Rz 9 ff) verwahrt werden und der Rechtsträger von diesem schriftlich zur Hinterlegung in jenem Drittland aufgefordert wird. Schriftlich bedeutet im Lichte des § 886 ABGB die eigenhändige Unterfertigung durch den Kunden bzw mittels einer nach § 4 Abs 1 SigG der eigenhändigen Unterschrift 339
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gleichgestellten qualifizierten elektronischen Signatur; eine Aufforderung via E-Mail ohne eine solche Signatur reicht dagegen nicht aus. Das Gesetz bevorzugt somit die Hinterlegung in einem Land mit besonderen Aufsichtsvorschriften für die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person als Regelfall und lässt die Verwahrung in einem Land ohne solche Vorschriften allein in den beiden genannten Ausnahmefällen zu.
Hinterlegung von Kundengeldern § 31. (1) Ein Rechtsträger hat entgegengenommene Kundengelder unverzüglich auf einem oder mehreren Konten bei einer der folgenden Stellen zu hinterlegen: 1. einer Zentralbank, 2. einem Kreditinstitut, das gemäß der Richtlinie 2006/48/EG zugelassen ist, 3. einer in einem Drittland zugelassenen Bank oder 4. einem qualifizierten Geldmarktfonds (Abs. 3). (2) Abs. 1 gilt nicht für Kreditinstitute, die nach der Richtlinie 2006/48/EG für die Entgegennahme von Einlagen im Sinne der genannten Richtlinie zugelassen sind. (3) Ein qualifizierter Geldmarktfonds im Sinne des Abs. 1 Z 4 ist ein Organismus für gemeinsame Anlagen, der entweder nach der Richtlinie 85/611/EWG zugelassen ist oder einer Aufsicht unterliegt und gegebenenfalls von einer Behörde nach dem innerstaatlichem Recht eines Mitgliedstaates zugelassen wurde und die folgenden Voraussetzungen erfüllt: 1. Sein primäres Anlageziel besteht in der Erhaltung seines Nettoinventarwerts, und zwar entweder konstant zu pari (abzüglich der Erträge) oder zum Wert des Ausgangskapitals des Anlegers, plus Erträge; 2. zur Erreichung seines primären Anlageziels investiert er ausschließlich in erstklassige Geldmarktinstrumente mit einer Laufzeit oder Restlaufzeit von höchstens 397 Tagen oder regelmäßigen mit einer solchen Laufzeit in Einklang stehenden Renditeangleichungen und einer gewichteten durchschnittlichen Laufzeit von 60 Tagen; zur Erreichung dieses Ziels kann er ergänzend auch in Einlagen bei Kreditinstituten investieren; 3. durch taggleiche Abwicklung oder Regulierung am nächsten Tag ist Liquidität gewährleistet. 340
Hinterlegung von Kundengeldern
§ 31
(4) Ein Geldmarktinstrument im Sinne des Abs. 3 Z 2 ist als erstklassig anzusehen, wenn es von jeder kompetenten Rating-Agentur, die dieses Instrument bewertet hat, das höchste Rating erhalten hat. Eine Rating-Agentur ist als kompetent anzusehen, wenn sie auf gewerblicher Basis regelmäßig Ratings für Geldmarktfonds erstellt und eine anerkannte Rating-Agentur im Sinne von § 21 b BWG ist. Ein Instrument, das von keiner kompetenten Rating-Agentur bewertet wird, kann nicht als erstklassig angesehen werden. (5) Ein Rechtsträger hat, wenn er die Kundengelder nicht bei einer Zentralbank hinterlegt, bei der Auswahl, Bestellung und regelmäßigen Überprüfung des Kreditinstituts oder des Geldmarktfonds, bei dem die Gelder platziert werden, und bei den hinsichtlich der Verwahrung dieser Gelder getroffenen Vereinbarungen mit der gebotenen Professionalität und Sorgfalt zu verfahren. (6) Ein Rechtsträger hat zum Schutz der Rechte seiner Kunden die Sachkenntnis und den Ruf dieser Institute oder Geldmarktfonds auf dem Markt sowie alle rechtlichen Anforderungen oder Marktpraktiken, die mit der Verwahrung von Kundengeldern in Zusammenhang stehen und die Rechte von Kunden beeinträchtigen könnten, zu beachten. (7) Die Kunden haben das Recht, gegen die Anlage ihrer Gelder in einem qualifizierten Geldmarktfonds Einspruch zu erheben. Schrifttum: Wolf, Getrennte Verwahrung von Kundengeldern, BKR 2002, 892. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 31): „Abs. 1 setzt Art. 18 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 18 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 18 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 18 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 5 setzt Art. 18 Abs. 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 6 setzt Art. 18 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 7 setzt Art. 18 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
§ 31 konkretisiert die Vorschriften zum Schutz des Kundenvermögens 1 im Teilbereich der Hinterlegung von Kundengeldern. In Umsetzung von Art 18 Abs 1 MiFID-DRL muss ein Rechtsträger, der nicht als Kreditinstitut nach der Bankenrichtlinie (RL 2006/48/EG) zum Einlagengeschäft zugelassen ist (in Österreich nach § 1 Abs 1 Z 1 BWG), Kundengelder unverzüglich bei einer geeigneten Stelle hinterlegen. Im Hinblick auf das zu den §§ 29 und 30 Gesagte, würden hier als Norm341
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adressaten nur mehr Zweigstellen von Wertpapierfirmen nach Maßgabe von § 12 Abs 4 in Frage kommen (vgl dazu § 29 Rz 4), weil es österreichischen Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen untersagt ist, Kundengelder entgegen zu nehmen. „Unverzüglich“ wird man als ohne schuldhaftes Zögern zu verstehen haben. Prinzipiell sind zur Hinterlegung von Kundengeldern eine Zentralbank, ein nach der Bankenrichtlinie (RL 2006/48/EG) zugelassenes Kreditinstitut, eine in einem Drittland zugelassene Bank oder ein qualifizierter Geldmarktfonds geeignet. Das Gesetz sieht – im Gegensatz zu § 34 a WpHG in Deutschland (dazu Wolf, BKR 2002, 892) – nicht ausdrücklich vor, dass die Gelder eines Kunden auch getrennt von den Geldern anderer Kunden verwahrt werden müssen, sondern ermöglicht eine Verwahrung „auf einem oder mehreren Konten“. In diesem Zusammenhang muss freilich sichergestellt sein, dass die Unterscheidungspflicht nach § 29 Abs 3 Z 1 gewahrt bleibt: Der Rechtsträger hat zum Schutz der Kundengelder die erforderlichen Aufzeichnungen und Konten zu führen, die es ihm jederzeit ermöglichen, die für die einzelnen Kunden gehaltenen Vermögensgegenstände unverzüglich sowohl voneinander als auch von seinen eigenen Vermögensgegenständen zu unterscheiden. 2 Erfolgt die Hinterlegung der Kundengelder nicht bei einer Zentral-
bank, so treffen den hinterlegenden Rechtsträger nach den Abs 5 und 6 gesteigerte Pflichten in Bezug auf Auswahl, Bestellung und die regelmäßige Überprüfung in Anlehnung an die Vorschriften über die Hinterlegung der Kundenfinanzinstrumente (siehe dazu näher § 30 Rz 1 ff). 3 Nach Maßgabe der Abs 3 und 4 ist die Hinterlegung der Kundengelder
auch in einem qualifizierten Geldmarktfonds möglich. Diese Vorgaben entstammen zT wortwörtlich Art 18 Abs 2 MiFID-DRL. Unter einem qualifizierten Geldmarktfonds versteht der Gesetzgeber einen Organismus für gemeinsame Anlagen, der entweder nach der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (RL 85/611/EWG) zugelassen ist, oder der – sollte dies nicht der Fall sein – einer (staatlichen) Aufsicht unterliegt und – sollte dies nach innerstaatlichem Recht vorgesehen sein – nach diesem Recht zugelassen ist. Darüber hinaus müssen die in Abs 3 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Durch die Vorschriften, wonach das primäre Anlageziel des Fonds in der Erhaltung des Nettoinventars liegen soll, dass zur Erreichung dieses Ziels ausschließlich in erstklassige Geldmarktinstrumente iSd Abs 4 investiert werden darf, und dass durch taggleiche Abwicklung oder Regulierung am nächsten Tag Liquidität gewährleistet sein muss, trach342
Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden
§ 32
tet das Gesetz danach, dass die solcherart hinterlegten Kundengelder einerseits mit möglichst geringem Risiko, andererseits aber auch möglichst gewinnbringend verwahrt werden. Nach Abs 7 haben Kunden das Recht, gegen die Anlage ihrer Gelder in 4 einem qualifizierten Geldmarktfonds Einspruch zu erheben. Solch ein Einspruch (nach österreichischer Rechtsterminologie eher ein Widerspruch) kann einerseits vom Kunden pauschal für sämtliche zukünftige Transaktionen erklärt werden. Denkbar ist freilich auch, dass sich der Kunde gegen einzelne Transaktionen ausspricht. In diesem Zusammenhang bedarf der Kunde freilich der Information von Seiten des Rechtsträgers über die geplante Hinterlegung seiner Gelder in einem qualifizierten Geldmarktfonds, um von seinem Widerspruchsrecht sinnvoll Gebrauch machen zu können. Eine explizite Informationspflicht ist allerdings auch in § 40 nicht vorgesehen.
Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden § 32. (1) Ein Rechtsträger darf Vereinbarungen über Wertpapierfinanzierungsgeschäfte mit Finanzinstrumenten, die er für einen Kunden hält, oder die anderweitige Nutzung solcher Finanzinstrumente für eigene Rechnung oder für Rechnung eines anderen Kunden des Rechtsträgers nur abschließen, wenn dabei folgende Bedingungen erfüllt sind: 1. Der Kunde muss der Verwendung zu genau festgelegten Bedingungen zuvor ausdrücklich zugestimmt haben; dies ist im Falle eines Privatkunden durch dessen Unterschrift oder eine gleichwertige andere Weise zu belegen. 2. Die Verwendung der Finanzinstrumente dieses Kunden muss auf die genau festgelegten Bedingungen beschränkt sein, denen der Kunde zugestimmt hat. (2) Ein Rechtsträger darf Vereinbarungen über Wertpapierfinanzierungsgeschäfte mit Finanzinstrumenten, die im Namen eines Kunden auf einem von einem Dritten geführten Sammelkonto gehalten werden, oder die anderweitige Nutzung der auf einem solchen Konto geführten Finanzinstrumente für eigene Rechnung oder für Rechnung eines anderen Kunden nur abschließen, wenn neben den in Abs. 1 genannten Bedingungen mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: 1. Jeder Kunde, dessen Finanzinstrumente zusammen auf einem Sammelkonto geführt werden, hat dem gemäß Abs. 1 Z 1 zuvor ausdrücklich zugestimmt; 343
§ 32
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2. der Rechtsträger verfügt über Systeme und Kontrollen, die gewährleisten, dass nur Finanzinstrumente von Kunden, die gemäß Abs. 1 Z 1 zuvor ihre ausdrückliche Zustimmung erteilt haben, in dieser Weise verwendet werden. (3) Um eine korrekte Zuweisung etwaiger Verluste zu ermöglichen, enthalten die Aufzeichnungen des Rechtsträgers nähere Angaben zu dem Kunden, auf dessen Weisungen hin die Verwendung der Finanzinstrumente erfolgt ist, sowie über die Zahl der verwendeten Finanzinstrumente der einzelnen Kunden, die ihre Zustimmung erteilt haben. Schrifttum: Iro, Drittverwahrung von Wertpapieren: Regelungskonflikt zwischen §§ 29 ff WAG und DepG?, ÖBA 2009, 253. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 32): „Abs. 1 setzt Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Es besteht zwar kein direkter Verweis zwischen der Richtlinie 2006/73/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006, es wird aber davon auszugehen sein, dass unter Wertpapierfinanzierungsgeschäften die in Art. 2 Z 10 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Geschäfte zu verstehen sind. Eine elektronische Signatur ist einer Unterschrift jedenfalls gleichwertig. Abs. 2 setzt Art. 19 Abs. 2 Unterabsatz 1der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 19 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
1 Nach § 29 Abs 1 hat der Rechtsträger zu verhindern, dass einem Kun-
den gehörende Finanzinstrumente, die er hält, ohne ausdrückliche Zustimmung des Kunden für eigene Rechnung verwendet werden. § 32 führt in Umsetzung von Art 19 MiFID-DRL die konkreten Erfordernisse dieser Zustimmung näher aus. Darüber hinaus gilt dies auch für den Fall, dass einem Kunden gehörende Finanzinstrumente für Rechnung eines anderen Kunden des Rechtsträgers verwendet werden, sowie für Wertpapierfinanzierungsgeschäfte mit Finanzinstrumenten eines Kunden. Das von § 32 diesbezüglich etablierte Regime ist eine Umsetzung von Art 19 Abs 1 und 2 MiFID-DRL. Die Zustimmung muss bei Privatkunden iSd § 1 Z 12 WAG durch die Unterschrift des Kunden bzw auf gleichwertige andere Weise belegt werden. Eine mit der händischen Unterschrift gleichwertige Form der Beurkundung ist die elektronische Signatur nach § 4 SigG (Erl RV 15). Professionelle Kunden müssen der Verwendung zwar ebenfalls ausdrücklich zustimmen, in Ermangelung einer Formvorschrift kann dies auch auf anderem Weg, etwa per E-Mail oder mündlich, geschehen. 2 Hält der Rechtsträger die betreffenden Finanzinstrumente im Namen eines Kunden auf einem von einem Dritten geführten Sammelkonto, 344
Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden
§ 32
so muss zur Zulässigkeit der Verwendung mindestens eine der in Abs 2 Z 1 und 2 genannten weiteren Voraussetzungen vorliegen. Damit soll sichergestellt werden, dass nur die Instrumente jener Kunden verwendet werden, die einer Verwendung ihrer Finanzinstrumente zuvor ausdrücklich zugestimmt haben. Ohne die in Abs 2 Z 2 angeführten Schutzmaßnahmen dürfen die auf einem Sammelkonto drittverwahrten Kundenfinanzinstrumente nur dann verwendet werden, wenn alle Kunden der Verwendung iSd Abs 2 Z 1 zugestimmt haben (Iro, ÖBA 2009, 267). Haben umgekehrt nicht alle Kunden zugestimmt, so ist die Verwendung nur zulässig, wenn der Rechtsträger über Systeme und Kontrollen iSd Abs 2 Z 2 verfügt. Das Gesetz fordert dabei nicht explizit die Verbuchung auf getrennten Konten, sondern scheint sich mit der angemessenen Berücksichtigung der besonderen Gefahren der Verwendung von Kundenfinanzinstrumenten iZm den organisatorischen Maßnahmen der §§ 17 ff zu begnügen (Iro, ÖBA 2009, 267 f). Nach Art 2 Z 8 MiFID-DRL ist der Begriff des Wertpapierfinanzie- 3 rungsgeschäfts iSd VO (EG) Nr 1287/2006 der Kommission zu verstehen (insofern unrichtig Erl RV 15). Art 2 Z 10 dieser Verordnung gibt freilich keine abschließende Definition des Begriffs Wertpapierfinanzierungsgeschäft, sondern legt fest, dass darunter „beispielsweise Leih- und Verleihgeschäfte in Aktien oder anderen Finanzinstrumenten, ein Repogeschäft oder umgekehrtes Repogeschäft oder ein Buysell back- bzw. ein Sell-buy back-Geschäft“ fallen. Aus dieser nicht abschließenden Aufzählung folgt, dass die genannten Geschäfte jedenfalls Wertpapierfinanzierungsgeschäfte sind, zudem aber auch andere, nicht genannte Geschäfte erfasst sind, wenn sie denselben oder einen ähnlichen Zweck erfüllen wie die angeführten. Um die Zuweisung etwaiger Verluste an einen konkreten Anleger zu 4 ermöglichen, hat der Rechtsträger nach Abs 3 besondere Aufzeichnungspflichten zu erfüllen. Dabei ist die aus Art 19 Abs 2 übernommene Formulierung betreffend die näheren Angaben zu dem Kunden, auf dessen Weisungen hin die Verwendung der Finanzinstrumente erfolgt ist, insofern unpräzise, als das Gesetz sonst nicht von der Weisung des Kunden, sondern von dessen Zustimmung spricht. Der Rechtsträger hat daher Aufzeichnungen zu führen, nach denen die Kunden, welche eine Zustimmung zur Verwendung ihrer Finanzinstrumente gegeben haben, zweifelsfrei identifiziert werden können, sowie darüber, wie viele Finanzinstrumente dieser Kunden tatsächlich verwendet worden sind. Sind die Aufzeichnungen mangelhaft, sodass ein Verlust nicht einzelnen Kunden zugeordnet werden kann, so hat der Rechtsträger diesen Verlust selbst zu tragen. 345
§ 33
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Berichte von Abschlussprüfern § 33. Ein Rechtsträger hat dafür zu sorgen, dass seine Abschlussprüfer oder Prüfer gemäß § 74 Abs. 3 mindestens einmal jährlich einen Bericht über die Angemessenheit der Vorkehrungen, welche gemäß den §§ 29 bis 32 getroffen wurden, erstatten. Der Rechtsträger hat den Bericht der FMA zu übermitteln. Die Vorschriften über die Haftung des Abschlussprüfers gemäß § 275 UGB sind sinngemäß anzuwenden. Schrifttum: Brandl/Saria, Zur Reichweite der Begrenzung der Haftung des Abschlussprüfers nach dem WAG 2007, ZFR 2008, 51. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 33): „§ 33 setzt Art. 20 der Richtlinie 2006/73/EG um. Es erscheint in zeitlicher Hinsicht zweckmäßig, diesen Bericht im Rahmen der Abschlussprüfung gemäß § 73 oder der Prüfung gemäß § 74 Abs. 3 zu erstellen.“
1 Die Vorschrift über die Berichtspflicht von Abschlussprüfern bzw
Prüfern nach § 74 Abs 3 über die Angemessenheit der Vorkehrungen zum Schutz des Kundenvermögens setzt Art 20 MiFID-DRL um. Die gesonderte Berichtspflicht mutet auf den ersten Blick seltsam an, weil die Prüfer nach § 74 Abs 3 insb auch die Einhaltung des 2. Hauptstücks (und damit der §§ 29 ff) zu überprüfen haben. Nach Auffassung des Gesetzgebers erscheint es auch „in zeitlicher Hinsicht zweckmäßig, diesen Bericht im Rahmen der Abschlussprüfung gemäß § 73 oder der Prüfung gemäß § 74 Abs 3 zu erstellen“ (Erl RV 15). Es ist somit davon auszugehen, dass die Prüfung nach § 33 auch von den Abschlussprüfern bzw den Prüfern gemäß § 74 Abs 3 im Zuge ihrer Prüfungstätigkeit durchgeführt werden kann. Die Ergebnisse der Prüfung sollten allerdings, um § 33 zu entsprechen, erkennbar als solche ausgewiesen werden. 2 Das Gesetz verweist hinsichtlich der Haftung der Prüfer nach § 33 sinngemäß auf die Abschlussprüferhaftung nach § 275 UGB. Der Prüfer ist demnach zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung verpflichtet. Verletzt er vorsätzlich oder fahrlässig diese Pflicht, so ist er der Gesellschaft und, wenn ein verbundenes Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Mehrere Abschlussprüfer haften als Gesamtschuldner. Die Ersatzpflicht ist je nach Größe der geprüften Gesellschaft betragsmäßig beschränkt. Die Ersatzpflicht kann durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden; Ansprüche verjähren in fünf Jahren. Die Beschränkung der Haftung des Abschlussprüfers ist nicht nur im Bereich des § 33 einschlägig; es handelt sich dabei vielmehr um einen 346
Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte
§ 34
allgemeinen Grundsatz, der auf jede vom WAG 2007 angeordnete Prüfungstätigkeit anzuwenden ist (Brandl/Saria, ZFR 2008, 55). Nach der Rsp besteht eine Haftung der Abschlussprüfer – entgegen 3 dem Wortlaut des § 275 UGB – nicht nur gegenüber der Gesellschaft bzw verbundenen Unternehmen, sondern uU auch gegenüber Dritten, die im Hinblick auf ein sich nachträglich als unrichtig herausstellendes Testat Vermögensdispositionen getätigt haben und dadurch geschädigt worden sind (grundlegend OGH 27. 11. 2001, 5 Ob 262/01 t, ÖBA 2002, 820 [W. Doralt]; dazu Walter Doralt, Haftung der Abschlussprüfer (2005); Harrer, wbl 2005, 108; Gruber, ÖJZ 2002, 879; Kalss, ÖBA 2002, 187; Artmann, JBl 2000, 623). Die Dritthaftung ist allerdings nicht auf den Prüfbericht nach § 33 auszuweiten, zumal das Gesetz eine Veröffentlichung der Prüfberichte nach § 33 nicht vorsieht und damit eine Vertrauensbasis, wie sie der veröffentlichungspflichtige Bestätigungsvermerk schafft, nicht auf der Hand liegt (vgl Stöger, SWK 2006, T 14). Folgerichtig lässt der OGH den Steuerberater, der einen Jahresabschluss erstellt hat, nur dann haften, wenn der geschädigte Dritte beweist, dass der Jahresabschluss auch an ihn gerichtet war und er in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit einen Schaden erlitten hat; dabei reicht nicht aus, dass der Steuerberater damit rechnen muss, dass eine Bilanz auch Dritten vorgelegt wird (OGH 29. 11. 2001, 10 Ob 57/ 03 k, GesRZ 2006, 39 = JBl 2006, 526; dazu Stöger, SWK 2006, T 14). Diese Überlegungen schlagen uE auch auf § 33 durch: Die Vorschrift zielt primär auf eine Information der Aufsichtsbehörde, an welche die Prüfberichte zu übermitteln sind. Ein Schutz des Publikums ist damit allenfalls mittelbar gegeben, weil die Aufsichtsbehörde bei entsprechenden Hinweisen im Prüfbericht tätig werden muss.
4. Abschnitt Interessenkonflikte Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte § 34. (1) Ein Rechtsträger hat angemessene Vorkehrungen zu treffen, um Interessenkonflikte zwischen ihm selbst, relevanten Personen, vertraglich gebundenen Vermittlern oder anderen Personen, die mit ihm direkt oder indirekt durch Kontrolle verbunden sind, einerseits und seinen Kunden andererseits oder zwischen seinen Kunden untereinander zu erkennen, die bei der Erbringung von 347
§ 34
Kreisl
Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination derselben entstehen. (2) Hierbei hat ein Rechtsträger zur Feststellung von Interessenkonflikten im Sinne des Abs. 1, die den Interessen eines Kunden abträglich sein können, zumindest zu prüfen, ob einer der folgenden Sachverhalte vorliegt: 1. Es besteht die Gefahr, dass der Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen zu Lasten des Kunden einen finanziellen Vorteil erzielt oder finanziellen Verlust vermeidet; 2. der Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen hat am Ergebnis einer für den Kunden erbrachten Dienstleistung oder eines für den Kunden getätigten Geschäfts ein Interesse, das nicht mit dem Interesse des Kunden an diesem Ergebnis übereinstimmt; 3. für den Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen gibt es einen finanziellen oder sonstigen Anreiz, die Interessen eines anderen Kunden oder einer anderen Gruppe von Kunden über die Interessen des Kunden zu stellen; 4. der Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen übt die gleiche geschäftliche Tätigkeit aus wie der Kunde; 5. der Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen erhält gegenwärtig oder künftig von einer vom Kunden verschiedenen Person in Bezug auf eine für den Kunden erbrachte Dienstleistung zusätzlich zu der für diese Dienstleistung üblichen Provision oder Gebühr einen Vorteil gemäß § 39. Schrifttum: Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Enriques, Conflicts of Interest in Investment Services: The Price and Uncertain Impact of MiFID’s Regulatory Framework, in Ferrarini/Wymeersch (eds), Investor Protection in Europe – Regulatory Competition and Harmonization (2006) 321; Heybey, Die neuen Bestimmungen über Interessenkonflikte bei Wertpapiergeschäften, insbesondere über Zuwendungen unter Berücksichtigung von Provisionsvergütungen, BKR 2008, 335; Kornfeld, Interessenkonflikte bei Finanzdienstleistern, Offenlegungsverpflichtungen und betriebsinterne Richtlinien, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 210; Spindler/Kasten, Organisationsverpflichtungen nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 34): „Die folgenden Dienstleistungen werden in den Richtlinien unterschiedlich umschrieben: Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG: Wertpapier- und Nebendienstleistungen oder bei einer Kombination;
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Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte
§ 34
Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG: Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen; Art. 22 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG: Wertpapier- oder Nebendienstleistung; Art. 23 der Richtlinie 2006/73/EG: Wertpapier- oder Nebendienstleistungen bzw. Anlagetätigkeiten. Da diese Unterscheidung unbeabsichtigt ist und aus systematischen Überlegungen jedenfalls die gleichen Dienstleistungen erfasst werden sollten, wurde in der Umsetzung die Umschreibung ‚Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder eine Kombination derselben‘ gewählt. Abs. 1 setzt Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um und soll festlegen, dass ein Rechtsträger angemessene Vorkehrungen zu treffen hat, um Interessenkonflikte zu erkennen. Die in der Richtlinie 2004/39/EG genannte Geschäftsleitung und die Beschäftigten des Rechtsträgers sind durch den Begriff der relevanten Person mit umfasst. Abs. 2 setzt Art. 21 der Richtlinie 2006/73/EG um und enthält eine Liste jener Interessenkonflikte, die potentiell geeignet sind, die Interessen der Kunden zu gefährden und zu deren Erkennung der Rechtsträger jedenfalls geeignete Maßnahmen zu setzen hat. Der Verweis auf den Abs. 1 stellt klar, dass der Adressatenkreis des Abs. 2 jenem des Abs. 1 entspricht. Der in Abs. 2 Z 2 verwendete Begriff ‚Anreiz‘ ist eine Übersetzung des Begriffs ‚incentive‘, der in der englischen Fassung verwendet wird. Der in Art. 26 der Richtlinie 2006/73/EG verwendete Begriff ‚inducements‘, der ebenfalls mit ‚Anreize‘ übersetzt wurde, wird in diesem Bundesgesetz durch den Begriff ‚Vorteile‘ in § 39 umgesetzt.“
Übersicht I. II.
Handeln im Interesse des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erfasste Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–5 6–11
I. Handeln im Interesse des Kunden Das Handeln der Rechtsträger im Interesse Ihrer Kunden ist im All- 1 gemeinen bereits durch deren Vertragsbeziehung vorgegeben. Im Rahmen der Portfolioverwaltung oder der Wertpapiervermittlung kommt es inhaltlich zur Besorgung fremder Geschäfte (dazu prägnant Heybey, BKR 2008, 354: „Nach der Principal-Agent-Theorie sind solche Geschäfte dadurch gekennzeichnet, dass der Geschäftsführer [Agent] insbesondere auf Grund von Informationsassymetrien die Möglichkeit hat, seinen eigenen Nutzen auf Kosten des Geschäftsherrn [Principle] zu vergrößern“); bei der Wertpapierberatung stellt der Rechtsträger sein Spezialwissen dem Kunden zur Verfügung. Wer auf diese Weise tätig wird, hat schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen im Interesse des Kunden (seines „Geschäftsherrn“) zu handeln und im Falle eines Konflikts mit eigenen Interessen den Inte349
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ressen des Kunden den Vorrang zu geben (Assmann, ÖBA 2007, 40 mwN; siehe auch Enriques, Conflicts of Interest in Investment Services 4, verfügbar unter http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=782828). 2 Die bloße Absicherung des Grundsatzes der Interessenwahrung durch
zivilrechtliche Instrumente (etwa das Schadenersatzrecht) wurde jedoch bereits durch die ISD für einen effektiven Anlegerschutz als nicht ausreichend erachtet. Folglich verpflichtete bereits Art 11 Abs 1 sechster Spiegelstrich ISD die Mitgliedstaaten dazu, Wohlverhaltensregeln zu erlassen, die insb sicherstellen, dass sich Wertpapierfirmen „ … um die Vermeidung von Interessenkonflikten bemühen, und, wenn sich diese nicht vermeiden lassen, dafür [zu] sorgen, dass ihre Kunden nach Recht und Billigkeit behandelt werden“. Nach Art 10 Abs 1 fünfter Spiegelstrich ISD waren Wertpapierfirmen verpflichtet „so aufgebaut und organisiert“ zu sein, „dass das Risiko von Interessenkonflikten zwischen der Firma und ihren Kunden“ bzw „zwischen verschiedenen Kunden der Firma, die den Interessen der Kunden schaden, möglichst gering ist“. Die Umsetzung im österreichischen Recht erfolgte durch die §§ 11 Abs 1, 13 Z 1 und 16 Z 2 WAG (vgl Assmann, ÖBA 2007, 41; Kornfeld, Interessenkonflikte bei Finanzdienstleistern, Offenlegungsverpflichtungen und betriebsinterne Richtlinien, in Brandl/Kalss/ Oppitz/Saria, Hdb KMR III 212 ff). 3 Die Sicherstellung des Handelns im Interesse des Kunden ist eine
zentrale Voraussetzung für einen effektiven Anlegerschutz (vgl nur Erwägungsgrund 31 MiFID) und liegt daher ebenso im Zentrum der Regelungen der MiFID (vgl nur Art 19 Abs 1 MiFID, wonach sicherzustellen ist, dass eine Wertpapierfirma „bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder gegebenenfalls Nebendienstleistungen für ihre Kunden ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handelt“). In diesem Zusammenhang ist auch auf Erwägungsgrund 29 MiFID zu verweisen, der festhält, dass das „immer größere Spektrum von Tätigkeiten, die viele Wertpapierfirmen gleichzeitig ausführen, das Potenzial für Interessenkonflikte zwischen diesen verschiedenen Tätigkeiten und den Interessen der Kunden erhöht“. Art 13 Abs 3 und Art 18 MiFID sehen daher – im Vergleich zu den oben angeführten Regelungen der ISD – wesentlich detailliertere Regelungen für den Umgang mit Interessenkonflikten vor. Die zur Konkretisierung dieser Bestimmungen erlassenen Vorschriften der Art 21 ff MiFID-DRL beruhen zu wesentlichen Teilen auf den Ergebnissen der betreffenden Vorarbeiten von CESR (siehe CESR’s Technical Advice on Possible Implementing Measures of the Directive 2004/39/EC on Markets in Financial Instruments, CESR/ 350
Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte
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05–024 c und CESR/05–290 b, verfügbar unter www.cesr-eu.org). Die §§ 34 f setzen diese europarechtlichen Vorschriften in das österreichische Recht um. Die Sondervorschriften für Interessenkonflikte iZm Finanzanalysen werden durch die §§ 36 f, jene iZm der Gewährung und Annahme von „Vorteilen“ durch § 39 umgesetzt. Darüber hinaus stellen auch die §§ 23 f betreffend die „persönlichen Geschäfte“ bestimmter, „relevanter Personen“ letzten Endes Vorschriften zur Bewältigung von Interessenkonflikten dar (vgl Heybey, BKR 2008, 354; siehe § 24 Rz 3). Die Vorschriften über das Management von Interessenkonflikten 4 (§§ 34 f), wozu auch die Sondervorschriften für Interessenkonflikte zählen, die iZm der Finanzanalyse (§§ 36 f), der Annahme und Gewährung von Vorteilen (§ 39) sowie „persönlichen Geschäften“ (§§ 23 f) auftreten, sollen die rechtmäßige Führung des Betriebs eines Rechtsträgers sicherstellen; es handelt sich daher um Compliance-Vorschriften iSd § 18. Die Implementierung der Vorkehrungen nach den §§ 34 f und ihre Einhaltung ist somit im Rahmen der Kontrollsysteme des Unternehmens zu überwachen, wobei die Letztverantwortung dafür bei der Geschäftsleitung des Rechtsträgers liegt; Verstöße sind effektiv zu sanktionieren. Die Überwachung der Einhaltung der §§ 34 f obliegt dem Complian- 5 ce-Verantwortlichen (Punkt 1.1. des Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft [SCC], Modul 4 – Interessenkonflikte und Vorteile). Nach Maßgabe von Punkt 1.6.1. SCC, Modul 4, sind Interessenkonflikte bzw der begründete Verdacht eines Interessenkonflikts ausnahmslos dem Compliance-Verantwortlichen zu melden.
II. Erfasste Interessenkonflikte Die §§ 34 f erfassen nur solche Interessenkonflikte, die bei Erbringung 6 von Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination derselben (vgl zu dieser etwas umständlichen Formulierung die Erl RV zu § 34; vgl auch Erwägungsgrund 25 MiFID-DRL) im Interesse des Kunden auftreten (vgl Rz 1; vgl CESR’s Technical Advise 05 024 c, 41: „It is not enought that the firm stands to make money or that the client stands to lose money, this must then involve a conflict with a duty the firm owes to the client“; vgl zur Begrifflichkeit des „Interessenkonflikts“ Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 6). Dabei kann es sich einerseits um Konflikte zwischen den Interessen des Rechtsträgers bzw relevanter 351
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Personen, vertraglich gebundener Vermittler oder anderer Personen, die mit ihm direkt oder indirekt durch Kontrolle verbunden sind, und einem Kunden („vertikaler Interessenkonflikt“; siehe dazu Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 7 ff) als auch um Konflikte zwischen Interessen verschiedener Kunden des Rechtsträgers („horizontaler Interessenkonflikt“, siehe Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 17; siehe zum Ganzen Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 13 f) handeln. 7 Nach Erwägungsgrund 24 MiFID-DRL „reicht es [für die Annahme
eines Interessenkonflikts] nicht aus, dass der Firma ein Vorteil entstehen kann; vielmehr muss gleichzeitig für den Kunden ein potenzieller Nachteil entstehen, oder es muss sich dem Kunden, dem gegenüber die Firma eine Verpflichtung hat, die Möglichkeit bieten, einen Gewinn zu erzielen oder einen Verlust zu vermeiden, ohne dass dabei einem anderen Kunden ein potenzieller Verlust in gleicher Höhe entsteht“. Ein Interessenkonflikt ist vor diesem Hintergrund erst bei einem Vorteil des Rechtsträgers bzw der in Abs 1 genannten Personen/des Kunden und einem gleichzeitigen Nachteil eines (anderen) Kunden gegeben (vgl Spindler/Kasten, AG 2006, 789; Assmann, ÖBA 2007, 43). 8 Für das Vorliegen eines Interessenkonflikts spielt es hingegen keine
Rolle, ob es sich bei dem Kunden, für den die Dienstleistung erbracht wird, um einen Privatkunden, einen professionellen Kunden oder eine geeignete Gegenpartei handelt (vgl Erwägungsgrund 25 MiFID-DRL; siehe auch Assmann, ÖBA 2007, 43). Zur Bedeutung der Qualifikation für die Offenlegung von Interessenkonflikten siehe § 35 Rz 30. 9 Abs 2 enthält eine demonstrative Aufzählung von Situationen, in
denen ein Interessenkonflikt vorliegt (vgl Background Note Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/EC, sec 6.1.; siehe auch Assmann, ÖBA 2007, 43), womit Art 21 MiFID-DRL umgesetzt wird (vgl auch die Erl RV zu § 34). Vier von fünf Konfliktsituationen beziehen sich auf Interessenkonflikte zwischen dem Rechtsträger und seinen Kunden: – Der Vorteil eines Rechtsträgers oder einer in Abs 1 genannten Person fällt mit dem Nachteil eines Kunden zusammen (Z 1). – Das Interesse des Rechtsträgers oder einer in Abs 1 genannten Person und das Interesse des Kunden stimmen nicht überein (Z 2). – Der Rechtsträger oder eine der in Abs 1 genannten Personen sind im gleichen Geschäftszweig tätig wie der Kunde (Z 4). – Der Rechtsträger oder eine der in Abs 1 genannten Personen erhält von einer vom Kunden verschiedenen Person Vorteile iSd § 39 (Z 5, vgl dazu § 35 Rz 24, § 39 insb Rz 1). 352
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
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Als prominentes Beispiel für das Entstehen derartiger Interessenkonflikte nennt Knobl (Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 13) den Fall, dass ein Rechtsträger oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen ein besonderes Absatzinteresse an einem bestimmten Wertpapier hat. Abs 2 Z 3 nennt als einzigen Fall eines Interessenkonflikts zwischen 10 Kundeninteressen (vgl auch Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 15) jenen, dass es für den Rechtsträger oder eine der in Abs 1 genannten Personen einen finanziellen oder sonstigen Anreiz gibt, die Interessen eines bestimmten Kunden oder einer bestimmten Gruppe von Kunden über die Interessen anderer Kunden(gruppen) zu stellen. Ein solcher Fall eines Interessenkonflikts führt zwangsläufig auch zu einem Interessenkonflikt des Rechtsträgers bzw einer in Abs 1 genannten Person selbst (Assmann, ÖBA 2007, 43). Als Beispiel für einen solchen Konflikt könnte etwa der Fall dienen, dass ein Rechtsträger eine besonders attraktive „Performance Fee“ mit einem bestimmten Kunden vereinbart hat, die einen besonderen Anreiz schafft, diesen Kunden bei der Ausführung von Aufträgen, insb bei Angebotsknappheit (etwa einer überzeichneten Emission), gegenüber anderen Kunden zu bevorzugen (vgl auch Heybey, BKR 2008, 354 f). Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tä- 11 tigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, haben nach § 12 Abs 4 WAG und § 9 Abs 7 BWG von den Bestimmungen des vierten Abschnitts nur § 36 einzuhalten.
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten § 35. (1) Ein Rechtsträger hat in schriftlicher Form wirksame, seiner Größe und Organisation sowie der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäfte angemessene Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und laufend anzuwenden, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden. Ist der Rechtsträger Teil einer Gruppe, müssen diese Leitlinien darüber hinaus allen Umständen Rechnung tragen, von denen der Rechtsträger weiß oder wissen müsste und die aufgrund der Struktur und der Geschäftstätigkeiten anderer Gruppenmitglieder einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten. (2) In den Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten ist 1. im Hinblick auf die Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination dersel353
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ben, die vom Rechtsträger oder im Namen des Rechtsträgers erbracht werden, festzulegen, unter welchen Umständen ein Interessenkonflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte, und 2. festzulegen, welche Verfahren einzuleiten und welche Maßnahmen zu treffen sind, um diese Interessenkonflikte zu bewältigen. (3) Diese Verfahren und Maßnahmen sind so zu gestalten, dass relevante Personen, die mit Tätigkeiten befasst sind, bei denen ein Interessenkonflikt im Sinne von Abs. 2 Z 1 besteht, diese Tätigkeiten mit einem Grad an Unabhängigkeit ausführen, der der Größe und dem Betätigungsfeld des Rechtsträgers und der Gruppe, der er angehört, sowie dem Risiko einer Schädigung von Kundeninteressen angemessen ist. (4) Die FMA hat durch Verordnung Standards festzulegen, denen die Verfahren und Maßnahmen nach Abs. 2 Z 2 entsprechen müssen. Die Verordnung hat Art. 22 Abs. 3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG zu entsprechen. Sollten die getroffenen Maßnahmen oder Verfahren in der Praxis nicht ausreichen, um das erforderliche Maß an Unabhängigkeit zu gewährleisten, so hat der Rechtsträger alternative oder zusätzliche Maßnahmen oder Verfahren einzurichten. (5) Reichen die Verfahren und Maßnahmen nicht aus, um nach vernünftigem Ermessen zu gewährleisten, dass das Risiko der Beeinträchtigung von Kundeninteressen vermieden wird, so hat der Rechtsträger dem Kunden die Art und die Ursache von Interessenkonflikten offenzulegen, bevor er Geschäfte für den Kunden tätigt. Diese Information hat auf einem dauerhaften Datenträger zu erfolgen. Der Umfang hat sich an der Einstufung des Kunden zu orientieren, damit dieser seine Entscheidung über die Dienstleistung, in deren Zusammenhang der Interessenkonflikt auftritt, auf informierter Grundlage treffen kann. (6) Ein Rechtsträger hat alle Arten von Wertpapierdienstleistungen, Nebendienstleistungen und Anlagetätigkeiten, bei denen ein Interessenkonflikt einem oder mehreren Kunden erheblich geschadet hat oder bei denen ein Interessenkonflikt bei noch laufenden Dienstleistungen oder Tätigkeiten auftreten könnte, aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen laufend zu aktualisieren. Schrifttum: Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Enriques, Conflicts of Interest in Investment
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Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
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Services: The Price and Uncertain Impact of MiFID’s Regulatory Framework, in Ferrarini/Wymeersch (eds), Investor Protection in Europe – Regulatory Competition and Harmonization (2006) 321; FMA, Rundschreiben zur Interessenkonfliktproblematik bei bestimmten Vergütungssystemen vom 1. Dezember 2009; Heybey, Die neuen Bestimmungen über Interessenkonflikte bei Wertpapiergeschäften, insbesondere über Zuwendungen unter Berücksichtigung von Provisionsvergütungen, BKR 2008, 335; Kornfeld, Interessenkonflikte bei Finanzdienstleistern, Offenlegungsverpflichtungen und betriebsinterne Richtlinien, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 210; Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach der Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), DB 2006, 1714; Spindler/Kasten, Organisationsverpflichtungen nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 35): „Abs. 1 setzt Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG und Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 22 Abs. 3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Die technischen Bestimmungen des Art. 22 Abs. 3 lit. a bis e sollen mit Verordnung der FMA umgesetzt werden. Dies ist notwendig um der in Art. 22 Abs. 3 letzter Unterabsatz normierten Verpflichtung zur Anpassung der Standards an die jeweiligen Bedürfnisse der Praxis nachzukommen. Abs. 5 setzt Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Art. 22 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG wird durch Abs. 5 letzter Satz umgesetzt. Die Offenlegung hat auf die allgemeine Weise zu erfolgen, da das Bankgeheimnis und die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 7 zu wahren sind. Abs. 6 setzt Art. 23 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. A. B. 1. 2. a. b. c. d. e. f. 3. II.
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorkehrungen für den Umgang mit Interessenkonflikten. . . . . Erkennen von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermeiden von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abstandnahme von einem Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisatorische Trennung im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontrolle von persönlichen Geschäften und dem Eigenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorrangregeln bei der Orderausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhinderung ungebührlicher Einflussnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . Offenlegen von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–30 1–7 8–30 8–11 12–27 14 15–18 19–20 21–22 23–24 25–27 28–30 31
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I. Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten A. Grundsätze 1 In Umsetzung von Art 22 MiFID-DRL sieht § 35 Abs 1 vor, dass
Rechtsträger iSd § 15 Abs 1 (ausgenommen Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben; vgl § 34 Rz 11), in schriftlicher Form, wirksame Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und laufend anzuwenden haben, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden („Conflicts of Interest Policy“). Die Leitlinien beziehen sind damit nicht auf sämtliche Formen des Umgangs mit Interessenkonflikten, sondern nur auf solche, die darauf gerichtet und geeignet sind, die Entstehung von Interessenkonflikten und deren Durchschlagen auf den Kunden zu vermeiden (Assmann, ÖBA 2007, 45). 2 Die Leitlinien haben „angemessene Vorkehrungen“ (vgl § 34 Abs 1) für das Management von Interessenkonflikten zu beinhalten, die systematisch in eine „dreistufige Ordnung“ gebracht werden können (so auch Punkt 1.1. des Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft [SCC], Modul 4 – Interessenkonflikte und Vorteile; vgl auch FMA, RS Interessenkonfliktproblematik 3). Es sind demnach angemessene Vorkehrungen zu treffen, die es ermöglichen, Interessenkonflikte zu erkennen (vgl §§ 34 Abs 1 und 35 Abs 2 Z 1), zu vermeiden (§ 35 Abs 1) sowie (unvermeidbare Interessenkonflikte) offenzulegen (§ 35 Abs 5; siehe Assmann, ÖBA 2007, 43). Dies betrifft sowohl die Aufbau- als auch die Ablauforganisation eines Rechtsträgers (Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 12; Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 129). 3 Sinn und Zweck dieser Vorkehrungen ist nicht etwa die Ausschaltung von Interessenkonflikten an sich; dies wäre auf Grund der Schnelllebigkeit der Branche und der Komplexität der angebotenen Dienstleistungen auch kaum realistisch (Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 12; vgl auch CESR’s Technical Advise 05 024 c, 41: „The obligation for the firm under Article 13 (3) of the directive is not to prevent conflicts of interest from arising, it is for the firm to take all reasonable steps to prevent conflicts adversely affecting the interest of its clients“; idS auch Punkt 1.1. SCC, Modul 4. Nach Koller besteht zwar eine Verpflichtung, sich um die Ausschaltung von Interessenkonflikten zu bemühen; diese Bemühungen müssen jedoch nicht immer zum Erfolg führen [Koller in Assmann/Schneider, 356
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
§ 35
WpHG § 31 Rz 9]); vielmehr soll durch ein möglichst effizientes Management von Interessenkonflikten ein angemessenes Handeln im Interesse des Kunden auch in (potentiellen) Konfliktfällen gewährleistet bleiben. IdS ist auch die etwas kryptische Formulierung in § 35 Abs 3 zu verstehen, wonach die Verfahren und Maßnahmen so zu gestalten sind, dass relevante Personen im Falle eines Interessenkonflikts ihre Tätigkeiten „mit einem Grad an Unabhängigkeit ausführen [können], der der Größe und dem Betätigungsfeld des Rechtsträgers und der Gruppe, der er angehört, sowie dem Risiko einer Schädigung von Kundeninteressen angemessen ist“. Die Angemessenheit der festzusetzenden Vorkehrungen ist individuell 4 für das jeweilige Unternehmen zu bestimmen. IdS trifft § 35 Abs 1 die Anordnung, dass die Leitlinien (genauer: die in den Leitlinien vorzusehenden Vorkehrungen) der Größe und Organisation des konkreten Unternehmens sowie der Art, dem Umfang und der Komplexität der von ihm betriebenen Geschäfte entsprechen müssen (vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 7 und § 31 Rz 9). Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die vom Begriff „Rechtsträger“ umfassten Unternehmen nach ihrer Größe sowie nach Art und Umfang der jeweils betriebenen Geschäfte grundlegend von einander unterscheiden. Vorkehrungen, die für das Management von Interessenkonflikten beim Betrieb eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens ausreichen, werden für den Betrieb einer Universalbank keineswegs angemessen sein. Umgekehrt wäre die Einrichtung von Vorkehrungen, die für eine Universalbank als unumgänglich erscheinen, für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen weder sinnvoll noch wirtschaftlich machbar. Nach § 35 Abs 1 zweiter Satz haben die Leitlinien insb auch Umstände 5 zu berücksichtigen, die sich aus dem Beteiligungsverhältnis an einem Rechtsträger (der Zugehörigkeit zu einer „Gruppe“, vgl § 1 Z 32 und § 1 Rz 28) ergeben, soweit der Rechtträger diese Umstände kannte oder kennen musste (siehe auch Heybey, BKR 2008, 355). Von der „Wirksamkeit“ der Leitlinien wird dann auszugehen sein, 6 wenn diese sämtlichen Personen gegenüber, die für das Unternehmen relevante Tätigkeiten ausüben, als verbindliche Anweisungen bekannt gemacht wurden und ihre Einhaltung hinreichend überwacht wird. Darüber hinaus werden die von den Leitlinien betroffenen Personen nach Bedarf auch hinsichtlich der Vorschriften zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu schulen sein (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 132). Verstöße gegen diese Leitlinien sind durch entsprechende dienstrechtliche Konsequenzen zu sanktionieren. 357
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7 § 35 Abs 4 enthält darüber hinaus eine Verordnungsermächtigung der
FMA, die nach den Erl RV „notwendig [ist], um der in Art 22 Abs 3 letzter Unterabsatz normierten Verpflichtung zur Anpassung der Standards an die jeweiligen Bedürfnisse der Praxis nachzukommen“. Die auf dieser Grundlage erlassene Verordnung der FMA, die „Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung – IIKV“, übernimmt – im Wesentlichen weitgehend wortgleich – die in Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz MiFID-DRL dargestellten Maßnahmen. Den Formulierungen dieser Vorkehrungen in der MiFIDDRL folgend, bleibt somit auch die IIKV auf einer „hohen Abstraktionsebene“ (vgl Assmann, ÖBA 2007, 45) und überlässt die Wahl der konkret zu implementierenden Maßnahmen (weitgehend) den betroffenen Unternehmen. § 35 Abs 4 letzter Satz stellt darüber hinaus klar, dass die IIKV keine abschließenden Regelungen enthält: Falls dies im konkreten Fall erforderlich ist, sind darüber hinaus zusätzliche Maßnahmen und Verfahren einzurichten (Kornfeld, Interessenkonflikte bei Finanzdienstleistern, Offenlegungsverpflichtungen und betriebsinterne Richtlinien, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 225 ff). Dies bedeutet jedoch auch, dass nicht schlechthin sämtliche in der IIKV genannten Vorkehrungen für jeden Rechtsträger verpflichtend zu implementieren sind, sondern nur wenn dies im konkreten Fall angemessen erscheint (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabs MiFID-DRL: „soweit dies zur Gewährleistung des geforderten Grades an Unabhängigkeit der Wertpapierfirma notwendig und angemessen ist“). Besondere Bedeutung für die Konkretisierung der zu implementierenden Verfahren wird vor diesem Hintergrund den Instrumenten der Selbstregulierung zukommen (insb dem SCC; vgl § 24 Rz 18).
B. Vorkehrungen für den Umgang mit Interessenkonflikten 1. Erkennen von Interessenkonflikten 8 Nach § 35 Abs 2 Z 1 haben die Rechtsträger in den Leitlinien für den
Umgang mit Interessenkonflikten insb festzulegen, unter welchen Umständen „ein Interessenkonflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte“. Eine derartige Verpflichtung zur Einrichtung von Vorkehrungen zur Erkennung von Interessenkonflikten war der ISD unbekannt (Assmann, ÖBA 2007, 44). 9 Weder den europarechtlichen Vorgaben der MiFID und ihrer MiFIDDRL (siehe Assmann, ÖBA, 2007, 44) noch den Umsetzungsbestimmungen der §§ 34 f iVm der IIKV sind zwingende Vorgaben zu 358
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
§ 35
entnehmen, welche Vorkehrungen dazu konkret zu implementieren sind. Als grundlegende Voraussetzung wird jedoch zu verlangen sein, dass Rechtsträger die mit ihrem Geschäft verbundenen Interessenkonfliktpotenziale fortlaufend analysieren und bewerten (vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 8). Besondere Beachtung ist dabei den Geschäftsbereichen Anlageberatung, Eigenhandel, Portfolioverwaltung, Unternehmensfinanzierung, Emissionen, Finanzanalyse sowie Beratungsdienstleistungen bei Fusionen bzw Unternehmenskäufen zu schenken (Heybey, BKR 2008, 355; Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 8). Am oberen Ende der erwartbaren Vorkehrungen (für große Universal- 10 banken aber wohl unumgänglich) wird die Einrichtung eines vom Compliance-Verantwortlichen streng vertraulich geführten „Konfliktregisters“ stehen, das auf der Analyse der von einem Rechtsträger betriebenen Geschäfte bzw Geschäftsgebiete und der daraus (potenziell) resultierenden Interessenkonflikte beruht (siehe auch Punkt 1.6.2. SCC, Modul 4.). Bevor eine neue Geschäftsbeziehung angeknüpft werden kann, hat eine Überprüfung potenzieller Interessenkonflikte vor dem Hintergrund der Informationen des Konfliktregisters stattzufinden (vgl Assmann, ÖBA 2007, 44). Ergibt sich dabei ein (potenzieller) Interessenkonflikt, so muss dies nicht zwangsläufig mit der Ablehnung eines Geschäfts verbunden sein (vgl Rz 14); es ist in einem solchen Fall vielmehr nach den jeweiligen Maßnahmen zur Vermeidung bzw Offenlegung von Interessenkonflikten zu verfahren. Das Konfliktregister kann durch andere Informationssysteme, wie etwa Mandatsdatenbanken oder Insiderverzeichnisse, ergänzt werden (Punkt 1.6.2. SCC, Modul 4). In diesem Zusammenhang kommt der effektiven Befolgung von Meldepflichten an den Compliance-Verantwortlichen eine zentrale Rolle zu (siehe § 34 Rz 5). Punkt 1.6.5. SCC, Modul 4, sieht darüber hinaus die Einrichtung 11 einer sog Konfliktbeobachtungsliste vor. In diese sind Geschäfte aufzunehmen, aus denen zwischen dem Kreditinstitut bzw dessen Mitarbeitern einerseits und Kunden andererseits oder zwischen verschiedenen Kunden ein Interessenkonflikt resultiert. Der weitere Verlauf der Transaktionen ist durch den Compliance-Verantwortlichen zu überwachen.
2. Vermeiden von Interessenkonflikten In den Leitlinien ist nach § 35 Abs 2 Z 2 festzulegen, welche Verfahren 12 einzuleiten und welche Maßnahmen zu treffen sind, um aufgetretene Interessenkonflikte zu bewältigen. Es gilt dabei „zu verhindern, dass 359
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Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden“. Bereits nach alter, auf der ISD basierender Rechtslage hatten sich die regulierten Unternehmen „ … um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen“ (§ 13 Z 2 WAG aF) und so organisiert zu sein, dass Interessenkonflikte „möglichst gering“ sind (§ 16 Z 2 WAG aF). Auf den zur alten Rechtslage bestehenden Meinungsstand, der insb auch im SCC bzw einem Schreiben der WKO vom März 2004 (abgedruckt bei Brandl/Saria, Hdb KMR I 378 ff) seinen Niederschlag gefunden hat, kann insofern zurückgegriffen werden. Ob die Anforderungen der MiFID hier über jene der ISD hinausgehen, ist jedoch strittig (dafür Assmann, ÖBA 2007, 45; aA Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1716). 13 Zur Vermeidung von Interessenkonflikten haben Rechtsträger die jeweils angemessenen Vorkehrungen „nach Maßgabe ihrer personellen und organisatorischen Möglichkeiten“ zu treffen (siehe Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz S5, Anm zu VwGH 05. 11. 2003, 2003/17/0212). Die Rechtsträger haben somit zur Vermeidung von Interessenkonflikten alle „zumutbaren Kräfte“ einzusetzen (vgl Knobl in Frölichsthal/ Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 13; die finanzielle Leistungsfähigkeit stellt in diesem Zusammenhang jedoch kein Kriterium dar [Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 10]). Eine generelle Verpflichtung, bereits das Entstehen von Interessenkonflikten zu verhindern, ist dem Gebot zur Vermeidung von Interessenkonflikten hingegen nicht zu entnehmen (Assmann, ÖBA 2007, 45). a. Abstandnahme von einem Geschäft 14 Die einfachste, allerdings radikalste Möglichkeit der Bereinigung eines
Interessenkonflikts ist die Abstandnahme von einem der konfligierenden Geschäfte. Auch wenn den §§ 34 f iVm der IIKV keine diesbezügliche Verpflichtung zu entnehmen ist, kann eine derartige Vorgehensweise nach den konkreten Umständen des Einzelfalls dennoch als tunlich erscheinen (siehe dazu auch Punkt 1.5. SCC, Modul 4). Die Abstandnahme von einem Geschäft wird nur solange möglich sein, als noch keine entsprechende Ausführungsverpflichtung begründet wurde. Es ist dem Rechtsträger in einem solchen Fall jedoch grundsätzlich nicht verwehrt, sich für das lukrativere Geschäft zu entscheiden (Assmann, ÖBA 2007, 45). b. Organisatorische Trennung im Unternehmen 15 Nach § 2 Z 5 IIKV (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit e Mi-
FID-DRL) sind Maßnahmen vorzusehen, welche die gleichzeitige oder unmittelbar nachfolgende Einbeziehung einer relevanten Person in ver360
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
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schiedene Wertpapier- oder Nebendienstleistungen bzw Anlagetätigkeiten verhindern oder kontrollieren, wenn diese Einbeziehung ein ordnungsgemäßes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte. Weiters sieht § 2 Z 1 IIKV (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit a MiFID-DRL) vor, dass wirksame Verfahren zu implementieren sind, die den Austausch von Informationen zwischen relevanten Personen, deren Tätigkeiten einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten, verhindern oder kontrollieren, wenn dieser Informationsaustausch den Interessen eines oder mehrerer Kunden abträglich sein könnte. Damit angesprochen ist die organisatorische Trennung von bestimmten Geschäftsbereichen sowie die Beschränkung und Kontrolle des Informationsflusses (Assmann, ÖBA 2007, 45). Die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen und die Einschrän- 16 kung bzw Überwachung des Informationsflusses („Chinese Walls“) zwischen den Vertraulichkeitsbereichen eines Unternehmens war bereits ein tragendes Prinzip der ursprünglichen Fassung des SCC, der noch auf dem WAG basierte (siehe Hausmaninger in Frölichsthal/ Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 12). Die dafür zu treffenden Maßnahmen können – je nach Größe des Kreditinstituts – bis zur räumlichen, persönlichen und organisatorischen Trennung von Einheiten gehen. Die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen wird va jene Geschäftsbereiche betreffen, die ein besonders hohes Interessenkonfliktpotenzial aufweisen (siehe Rz 9; siehe auch Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 Rz 14 ff. CESR’s Technical Advise 05 024 c, 43 hält in diesem Zusammenhang fest, dass die Geschäftsbereiche „proprietary trading“, „portfolio management“ und „corporate finance business, including underwriting and/or selling in an offering of securities and advising on mergers and acquisitions“ besonders zu beachten sind; zum Ganzen ausführlich Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 11). Ein besonderes Augenmerk wird auch auf eine hinreichende Trennung von Eigengeschäften des Rechtsträges (sofern solche überhaupt betrieben werden) und Kundengeschäften zu legen sein (siehe Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 130). Zum „Konzept der Vertraulichkeitsbereiche“ siehe auch Punkt 9 SCC, Modul 1 – Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance. Durch die Beschränkung des Informationsflusses im Unternehmen 17 wird bereits das Entstehen zahlreicher (potentieller) Interessenkonflikte verhindert, und damit ein entscheidender Beitrag dazu geleistet, dass es zu keiner Beeinträchtigung von Kundeninteressen kommen kann (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 Rz 17 f). Dabei ist in Kauf zu nehmen, dass sich diese Vorkehrungen nicht in jedem Einzelfall zum Vorteil eines Kunden auswirken müssen. Assmann skizziert 361
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dazu den Fall, dass auf Grund wirksamer Chinese Walls einem Kunden der Erwerb von Finanzinstrumenten eines Emittenten durch Berater eines Kreditinstituts zu einem Zeitpunkt empfohlen wird, zu dem – in der Kreditabteilung desselben Kreditinstituts – bereits handfeste Tatsachen für ein bevorstehendes Scheitern dieses Emittenten bekannt waren (Assmann, ÖBA 2007, 41 f). 18 Die Frage nach der erforderlichen Zahl und Größe der Vertraulichkeitsbereiche (bzw ob überhaupt Vertraulichkeitsbereiche festzulegen sind), lässt sich nicht abstrakt, sondern nur für ein konkretes Unternehmen (individuell) beantworten (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 11). „Vertraulichkeitsbereiche dürfen einerseits Synergievorteile von Universalbanken nicht weitgehend eliminieren und müssen andererseits so ausgeformt sein, dass die sensiblen Informationen nicht im Unternehmen vagabundieren“ (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 11). c. Kontrolle von persönlichen Geschäften und dem Eigenhandel 19 Nach § 2 Z 2 IIKV (vgl auch Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit b
MiFID-DRL) beinhalten die zu implementierenden Vorkehrungen auch die gesonderte Überwachung relevanter Personen, deren Hauptaufgabe darin besteht, Tätigkeiten im Namen von Kunden auszuführen oder Dienstleistungen für Kunden zu erbringen, deren Interessen möglicherweise kollidieren, oder die in anderer Weise unterschiedliche Interessen vertreten (einschließlich jener der Wertpapierfirma), die kollidieren könnten. Damit sind einerseits die Vorkehrungen zur Kontrolle von persönlichen Geschäften angesprochen (vgl die Kommentierung zu den §§ 23 f). Andererseits sind auch der Eigenhandel des Unternehmens und die dafür zuständigen Personen zu überwachen („Nostro-Geschäfte“): In diesem Zusammenhang sieht Punkt 6.1. SCC, Modul 2 – Insiderrecht und Marktmanipulation, vor, dass Eigenhandelsgeschäfte in jenen Werten, die auf der Sperrliste (vgl § 24 Rz 25 ff) vermerkt sind, nicht getätigt werden dürfen, sofern sie über das durchschnittlich übliche Ausmaß für das jeweilige Kreditinstitut und den jeweiligen Titel hinausgehen. 20 Für bestimmte Geschäfte, bei denen Interessenkonflikte zu erwarten sind, kann auch eine interne Genehmigungspflicht vorgesehen werden (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 132). d. Vergütungsregelungen 21 Das gesamte Provisions- und Entlohnungssystem eines Rechtsträgers
ist prinzipiell so auszugestalten, dass Konfliktpotenziale möglichst ge362
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
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ring gehalten werden (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 134). Das Entlohnungssystem der Mitarbeiter darf nicht so strukturiert sein, dass Anreize zu einer illegitimen Weitergabe von Informationen entstehen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 11). Es ist jedoch prinzipiell zulässig, die Vergütung eines Mitarbeiters (teilweise) am Erfolg der Unternehmensgruppe bzw des Unternehmens zu orientieren, bei dem der Mitarbeiter beschäftigt ist (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 12). Provisionsvereinbarungen sollen möglichst einheitlich gestaltet werden (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 130). Besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass es zu keiner Beeinträchtigung von Kundeninteressen durch „Spesenreiterei“ kommt. Zu verhindern sind insb Praktiken wie das „Churning“ bzw „Buttern“, bei dem durch (unnötiges) Drehen des Portfolios „Ticketfees“ zu Lasten des Kunden generiert werden (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 14 Rz 4; Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 31 Rz 9). Die FMA nimmt in einem Rundschreiben vom 01. 12. 2009 zu bestimmten, marktüblichen internen Vergütungssystemen und deren Interessenkonfliktpotential Stellung (FMA, RS Interessenkonfliktproblematik 4 ff). „Aus Sicht der FMA sind erfolgsabhängige Vergütungssysteme für Mitarbeiter, … auf Grund des mit ihnen verbundenen Interessenkonfliktpotenziales gemäß § 35 Abs 2 Z 1 WAG 2007 in die Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten („Interessenkonflikt-Policy“) aufzunehmen“ (FMA, RS Interessenkonfliktproblematik 5). § 2 Z 3 IIKV (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit c MiFID-DRL) 22 verlangt weiters die Aufhebung jedes direkten Zusammenhangs zwischen der Vergütung relevanter Personen, die sich hauptsächlich mit einer Tätigkeit beschäftigen, einerseits und der Vergütung anderer relevanter Personen bzw den von diesen erzielten Einkünften, die sich hauptsächlich mit einer anderen Tätigkeit beschäftigen, andererseits, sofern diese beiden Tätigkeiten einen Interessenkonflikt auslösen könnten. Die Regelung zielt darauf ab, Interessenkonflikte durch Vergütungsanreize, die für die Interessen des Kunden schädlich sein können, zu verhindern. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Vergütung von Mitarbeitern im Analysebereich zu einem erheblichen Prozentsatz vom Erfolg der Emissionsabteilung abhängig gemacht würde. Generell bleibt festzuhalten, dass ein hoher Anteil an einem fixen Grundgehalt im Vergleich zu variablen Vergütungen tendenziell dazu geeignet sein wird, Interessenkonflikte zu vermindern (vgl auch Koller in Assmann/ Schneider, WpHG § 33 Rz 12).
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e. Vorrangregeln bei der Orderausführung 23 Während Interessenkonflikte zwischen dem Rechtsträger und Kun-
den stets zu Gunsten der Kunden aufzulösen sind (vgl nur Brandl/ Saria, Hdb KMR I Rz 131), gibt es für Interessenkonflikte zwischen Kunden keinen eindeutigen Grundsatz für Ihre Auflösung (Assmann, ÖBA 2007, 40 f; siehe auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 17). 24 Zur Lösung solcher Interessenkonflikte empfiehlt sich – auf Basis des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Kunden – die strikte Anwendung des Prioritätsprinzips bzw einer Aufteilung pro rata. Hier ist jedoch zu bedenken, dass iZm solchen Vorrangregeln allenfalls auch eine Offenlegungspflicht verbunden sein kann, insofern sie zur (völligen) Vermeidung eines Konflikts nicht hinreichen (Assmann, ÖBA 2007, 45 f mwN; siehe auch Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 26 ff). Das Prioritätsprinzip ist auch bei der Bearbeitung von Kundenaufträgen zu beachten (siehe dazu § 55 Rz 10 f). Unzulässig erscheint hingegen eine „ständige Zuordnung von Geschäftschancen per Los“: Der glücksspielartige Charakter einer derartigen „Zuteilungsmethode“ wäre letztendlich für das Ansehen eines Rechtsträgers nicht tragbar (idS Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 31 Rz 9). f. Verhinderung ungebührlicher Einflussnahmen 25 Nach § 2 Z 4 IIKV (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit d Mi-
FID-DRL) sind Maßnahmen zu treffen, die jeden ungebührlichen Einfluss auf die Art und Weise, in der eine relevante Person Wertpapier- oder Nebendienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausführt, verhindern oder einschränken. Solche Einflüsse, die zu einem Interessenkonflikt führen, können sich etwa aus dem Beteiligungsbzw Konzernverhältnis ergeben. Darüber hinaus können sich auch Implikationen aus der Übernahme von Arbeitsverhältnissen, Beraterpositionen, gesellschaftsrechtlichen Mandaten oder ähnlichen Mitwirkungen eines Mitarbeiters bzw Geschäftsleiters eines Rechtsträgers ergeben (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 133). „Die FMA geht davon aus, dass auch finanzielle Anreize in Form von Vergütungen an Mitarbeiter einen derart ungebührlichen Einfluss (Anm des Verfassers: iSd § 2 Z 4 IIKV) auslösen“ (FMA, RS Interessenkonfliktproblematik 6). Die Leitlinien haben – soweit dies im konkreten Fall angemessen erscheint – auch für solche Konfliktfälle Vorkehrungen zu treffen. 26 Dies trifft gleichermaßen auf das Annehmen von Begünstigungen oder Einladungen zu, die auf die Geschäftsbeziehung Einfluss haben 364
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können. Im Schreiben der WKO vom März 2004 wird dazu die Auffassung vertreten, dass derartige Begünstigungen und Einladungen grundsätzlich zu untersagen und entsprechende Ausnahmen zu dokumentieren sind (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 133). Eine solche Vorgehensweise ist aus rechtlicher Sicht keineswegs verpflichtend. Für den Rechtsträger wesentlich ist jedoch eine effektive Überwachung sämtlicher „geldwerter Zuwendungen“, die seinen Mitarbeitern von Dritten gewährt werden (sofern diese iZm ihrer beruflichen Tätigkeit stehen), weil aus diesen ein „unangemessener Einfluss von außen“ entstehen kann (siehe Punkt 1. 6. 10. SCC, Modul 4). Dazu hilfreich ist etwa die Führung eines „Geschenkebuchs“ durch den Compliance-Verantwortlichen, worin Mitarbeiter und Geschäftsleiter alle (erlaubten) Geschenke unter Angabe des (geschätzten) Werts und der Quelle der Zuwendung einzutragen haben, die ihnen iZm ihrer Funktion für den Rechtsträger zugewendet wurden. Zur Gewährung von Vorteilen an bzw der Annahme von Vorteilen durch einen Rechtsträger vgl die § 39 Rz 1 ff. Zu den strafrechtlichen Grenzen einer „Geschenkannahme durch Bedienstete oder Beauftragte“ siehe insb § 168 c StGB. Um ein effektives Management von Interessenkonflikten zu ermögli- 27 chen, sollte in den Leitlinien vorgesehen werden, dass (potenzielle) Interessenkonflikte umgehend an den Compliance-Verantwortlichen zu melden sind. Zweifelsfälle können unter Beiziehung des Compliance-Verantwortlichen abgeklärt werden (siehe dazu auch Punkt 1.6.1. SCC, Modul 4).
3. Offenlegen von Interessenkonflikten Können Interessenkonflikte auch unter Ausschöpfung der (zumut- 28 baren) personellen und organisatorischen Möglichkeiten eines Rechtsträgers nicht vermieden werden, so trifft den Rechtsträger nach § 35 Abs 5 die Pflicht zur Offenlegung des Konflikts. Die Offenlegung von Interessenkonflikten ist somit zwingende Folge der Grenzen einer Vermeidungspolitik und „ultima ratio“ im Umgang mit Interessenkonflikten (Assmann, ÖBA 2007, 46; vgl auch die „Background Note“ zur „Draft Commission Directive implementing Directive 2004/39/ EC“ 6.1 und Erwägungsgrund 27 MiFID-DRL). Die Offenlegung hat vor Ausführung des Geschäfts zu erfolgen. Dies 29 soll dem Kunden die Möglichkeit geben, in Kenntnis des Interessenkonflikts über die Durchführung des beabsichtigten Geschäfts zu entscheiden bzw seinen Auftrag allenfalls zu modifizieren (Assmann, ÖBA 2007, 46 mwN). Ob die Offenlegung tatsächlich eine Verhaltens365
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änderung bei den Kunden bewirkt, ist jedoch unerheblich (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 31 Rz 10). 30 Nach dem Wortlaut von § 35 Abs 5 sind dem Kunden die Art und die Ursache des Interessenkonflikts offenzulegen. Aus der wesentlichen Funktion der Offenlegung, die darin besteht, dem Kunden die Möglichkeit zu geben, über die Ausführung des Geschäfts zu disponieren (arg: „damit dieser seine Entscheidung über die Dienstleistung, in deren Zusammenhang der Interessenkonflikt auftritt, auf informierter Grundlage treffen kann“), ist anzunehmen, dass eine Offenlegung alle für eine solche Entscheidung wesentlichen Umstände enthalten muss. Der Umfang hat sich folgerichtig an der Einstufung des Kunden als Privatkunde (§ 1 Z 14), professioneller Kunde (§ 1 Z 16) bzw geeignete Gegenpartei (§ 60) zu orientieren. Der Kunde soll so – je nach seinem Status – in die Lage versetzt werden, seine Entscheidung über die Wertpapier(neben)dienstleistung auf informierter Grundlage zu treffen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 31 Rz 10). Die notwendigen Informationen sind dem Kunden auf einem dauerhaften Datenträger (§ 1 Z 28) zu Verfügung zu stellen.
II. Dokumentationspflichten 31 Nach § 35 Abs 6 haben Rechtsträger Interessenkonflikte, die einem
Kunden erheblich geschadet haben, bzw solche, die bei noch laufenden Dienstleistungen oder Tätigkeiten auftreten könnten, aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen laufend zu aktualisieren. Durch die Erfüllung dieser Verpflichtung soll va der FMA die Überprüfung der Einhaltung der Pflichten betreffend das Management von Interessenkonflikten ermöglicht werden („Prüfbarkeitsfunktion“; Assmann, ÖBA 2007, 47).
Finanzanalysen § 36. (1) Finanzanalysen sind von einem Rechtsträger erstellte Informationen über ein oder mehrere Finanzinstrumente oder die Emittenten von Finanzinstrumenten, die direkt oder indirekt eine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie enthalten, einschließlich aller für Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bestimmte Stellungnahmen zum aktuellen oder künftigen Wert oder Preis dieser Instrumente, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind: 366
Finanzanalysen
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1. Sie werden als Finanzanalysen oder Ähnliches bezeichnet oder in einer Weise dargestellt, die den Eindruck einer Finanzanalyse erweckt oder sonst als objektive oder unabhängige Analyse dargestellt; 2. würde die betreffende Empfehlung von einem Rechtsträger an einen Kunden gegeben werden, so würde sie keine Anlageberatung im Sinne dieses Bundesgesetzes darstellen. (2) Alle anderen unter § 48 f Abs. 1 Z 3 BörseG fallenden Empfehlungen, die von einem Rechtsträger erstellt wurden, sich auf Finanzinstrumente beziehen und die in Abs. 1 genannten Bedingungen nicht erfüllen, werden für die Zwecke dieses Bundesgesetzes als Marketingmitteilung behandelt und sind eindeutig als Marketingmitteilung zu kennzeichnen. Darüber hinaus muss jede derartige Empfehlung, gleichgültig ob sie mündlich oder schriftlich erteilt wurde, einen klaren und deutlichen Hinweis darauf enthalten, dass sie nicht unter Einhaltung der Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen erstellt wurde und auch nicht dem Verbot des Handels im Anschluss an die Verbreitung von Finanzanalysen unterliegt. Schrifttum: Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer (Hrsg), ZFR spezial, Von der MiFID zum WAG 2007, 83; Gruber, Marketingmitteilungen im WAG 2007, ZFR 2009, 42; Göres, MiFID – Neue (Organisations-) Pflichten für Ersteller von Finanzanalysen, BKR 2007, 85; Lucius/Resch, Die Umsetzung von Analysestandards in Österreich – Ein Regelungsmodell für Europa?, ÖBA 2005, 587; Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/ Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 234; Möllers/Lebherz, Fehlerhafte Finanzanalysen – Die Konkretisierung inhaltlicher Standards, BKR 2007, 349; Oppitz, Das Spannungsfeld Finanzanalysten – Medien im Lichte des Anlegerschutzes, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 267; Oppitz, Noch Journalist oder schon Analyst? Zu den Tücken einer „Empfehlung“ nach der Börsegesetznovelle 2004, ÖBA 2005, 459. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 36): „In § 36 wurde die Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament KOM 2006/789 endg. der Kommission der europäischen Gemeinschaften berücksichtigt, in der diese in Punkt 3.2.3. Folgendes klargestellt hat: Empfehlungen im Sinne der Richtlinie 2003/125/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie), die von Wertpapierfirmen erstellt wurden und ein Finanzinstrument im Sinne der Richtlinie 2004/39/EG betreffen, sind für Zwecke der Richtlinie 2004/ 39/EG entweder Finanzanalysen oder Marketingmitteilungen. Abs. 1 setzt Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Der Begriff ‚Finanzanalyse‘ soll
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sich grundsätzlich mit dem in § 48 f Abs. 1 Z 3 BörseG decken. Die Formulierung in § 36 Abs. 1 folgt dem Vorschlag der Österreichischen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (ÖVFA). Abs. 2 setzt Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Unter den Begriff ‚Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen‘ fallen insbesondere der § 37, die relevanten Bestimmungen des BörseG und die Vorschriften eines anderen Staates, welche diesen Regelungsbereich betreffen.“
Übersicht I. Legaldefinition des Begriffs „Finanzanalyse“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Börserechtliche Vorschriften zur Finanzanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . III. Bedeutung und Risiken für den Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–6 7–12 13–15
I. Legaldefinition des Begriffs „Finanzanalyse“ 1 § 36 Abs 1 dient der Umsetzung von Art 24 Abs 1 MiFID-DRL (zur
Umsetzung in Dtld siehe Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 34 b Rz 1 ff). Die Systematik der darin enthaltenen (komplexen) Definition (vgl Gruber, ZFR 2009, 43) bedient sich eines relativ weiten Grundtatbestands, der in weiterer Folge eingeschränkt wird (siehe Assmann, ÖBA 2007, 47). Demnach kommen als Finanzanalyse zunächst von einem Rechtsträger erstellte Informationen über Finanzinstrumente iSd § 1 Z 6 oder die Emittenten von Finanzinstrumenten in Betracht, die direkt oder indirekt eine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie enthalten. Darunter sind insb auch bestimmte Stellungnahmen zum aktuellen oder künftigen Wert oder Preis dieser Instrumente für Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit zu verstehen. 2 Eine direkte Empfehlung enthält ein explizites Anlageurteil im Hinblick auf ein oder mehrere Finanzinstrumente bzw Emittenten von Finanzinstrumenten (Empfehlungen wie „Halten“, „Kaufen“ oder „Verkaufen“). Eine indirekte Empfehlung enthält kein explizites Anlageurteil; es ist einem verständigen Anleger jedoch möglich, für sich selbst eine Anlageempfehlung abzuleiten („die Aktie ist über- bzw unterbewertet“, „Outperformer“, „Bullische Aktie“ etc; vgl Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 240; Oppitz, ÖBA 2005, 461). 3 Voraussetzung ist jedoch stets die Abgabe einer Anlageempfehlung. Nicht als Finanzanalyse gelten daher insb Ratings, welche die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines bestimmten Emittenten oder eines 368
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Finanzinstruments zu einem bestimmten Zeitpunkt enthalten (Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 8 Rz 10; vgl auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 34 b Rz 6). Eine Finanzanalyse liegt nach Abs 1 Z 1 nur dann vor, wenn eine 4 Empfehlung explizit als Finanzanalyse bezeichnet wird, bzw den Anschein einer Finanzanalyse oder sonst als objektive oder unabhängige Analyse erweckt. Damit sollte wohl nicht die Verkehrsauffassung über das Vorliegen einer Finanzanalyse zu einer weiteren Voraussetzung erhoben werden – was im Hinblick auf den Grundtatbestand auch zirkelhaft wäre –, sondern vielmehr der Anschein der Objektivität bzw der Unabhängigkeit der Empfehlung (vgl auch Assmann, ÖBA 2007, 47). Dieser Anschein wird (unwiderleglich) vermutet, wenn eine Empfehlung ausdrücklich als Finanzanalyse bezeichnet wird. Die Bestimmung bezweckt damit eine Abgrenzung der objektiven, dh unbeeinflussten Analysetätigkeit (vgl Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 237) von Werbe- und Marketingmitteilungen (zu Letzteren siehe Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer (Hrsg), ZFR spezial, Von der MiFID zum WAG 2007, 83, [108 ff] und Gruber, ZFR 2009, 42 ff). E contrario folgt daraus, dass die Beifügung eines geeigneten „Disclaimers“, wonach eine Empfehlung nicht als Finanzanalyse zu verstehen ist (sondern allenfalls eine Werbeaussage vorliegt), die Anwendbarkeit von § 36 verhindert. Nach Abs 1 Z 2 sind vom Begriff der Finanzanalyse sämtliche Empfeh- 5 lungen ausgenommen, die als Anlageberatung iSd § 3 Abs 2 Z 1 zu qualifizieren sind (siehe Punkt 2.3. des Rundschreibens der FMA vom 4. Mai 2005). Das entscheidende Kriterium für eine Abgrenzung liegt darin, dass die Anlageberatung eine „persönliche Empfehlung“ beinhaltet, dh eine Bewertung der Eignung des betreffenden Finanzinstruments für einen bestimmten Kunden vornimmt (Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/ Oppitz/Saria, Hdb KMR III 241; Lucius/Resch, ÖBA 2005, 588). Der Systematik von § 36 Abs 1 Z 1 und 2 ist zu entnehmen, dass Empfehlungen, die gleichzeitig als Wertpapierberatung gelten, auch dann keine Finanzanalysen iSd § 36 sind, wenn sie fälschlich als solche bezeichnet werden bzw allenfalls den Eindruck einer Finanzanalyse erwecken. Nach § 1 Z 3 lit e sind die „Erstellung, Verbreitung oder Weitergabe 6 von Wertpapier- oder Finanzanalysen oder sonstiger Formen allgemeiner Empfehlungen, die Geschäfte mit Finanzinstrumenten betreffen“ als Wertpapiernebendienstleistung einzustufen (s § 1 Rz 8 ff; vgl Göres, BKR 2007, 85). 369
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II. Börserechtliche Vorschriften zur Finanzanalyse 7 Nicht nur die Vorschriften der MiFID bzw der MiFID-DRL, sondern
auch jene der Marktmissbrauchsrichtlinie bzw „MAD“ (RL 2003/6/ EG) und der darauf basierenden MAD-DRL RL 2003/125/EG enthalten Standards für die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten, die für Finanzanalysten von wesentlicher Bedeutung sind (Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/ Saria, Hdb KMR III 247 f). Die hier interessierenden Bestimmungen der MAD und der MAD-DRL RL 2003/125/EG wurden im Rahmen der Börsegesetznovelle BGBl I 2004/127 durch § 48 f BörseG in das österreichischen Recht umgesetzt (siehe dazu das Rundschreiben der FMA vom 4. Mai 2005 betreffend „Finanzanalyse im Zusammenhang mit der Auslegung von § 48 f BörseG“, abrufbar unter www.fma.gv.at; vgl zu den börserechtlichen Bestimmungen für Finanzanalysten ferner Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 8 Rz 8 ff).
8 § 48 f BörseG enthält spezifische Regelungen zur Abgabe einer
„Empfehlung“, worunter nach § 48 f Abs 1 Z 3 BörseG „eine Analyse oder sonstige für Informationsverbreitungskanäle oder die Öffentlichkeit bestimmte explizite oder implizite Information mit Empfehlungen oder Anregungen zu Anlagestrategien in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente (iSd § 48 Abs 1 Z 3 BörseG) oder Emittenten von Finanzinstrumenten, einschließlich einer aktuellen oder künftigen Beurteilung des Wertes oder des Kurses solcher Instrumente“, zu verstehen ist. Anders als nach § 36 ist für die börserechtliche Definition weder eine bestimmte (explizite) Bezeichnung der Empfehlung (etwa als „Analyse“) erforderlich noch, dass die Empfehlung einen bestimmten Anschein der Objektivität bzw Unabhängigkeit erweckt.
9 Nach § 36 Abs 2 erster Satz, der Art 24 Abs 2 MiFID-DRL umsetzt,
sind Empfehlungen iSd § 48 f Abs 1 Z 3 BörseG, die sich auf Finanzinstrumente iSd § 1 Z 6 beziehen, aber die Kriterien des Abs 1 nicht erfüllen, für Zwecke des WAG 2007 als Marketingmitteilungen zu behandeln und eindeutig als Marketingmitteilung zu kennzeichnen. Damit wurde die Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament, KOM 2006/789 endg. der Kommission der europäischen Gemeinschaften berücksichtigt, in der diese in Punkt 3.2.3. klargestellt hat, dass Empfehlungen iSd Marktmissbrauchsrichtlinie, die von Wertpapierfirmen erstellt wurden und ein Finanzinstrument iSd RL 2004/ 39/EG betreffen, für Zwecke der MiFID entweder als Finanzanalysen oder Marketingmitteilungen gelten sollen (siehe Erl RV zu § 36). 370
Finanzanalysen
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Werden Empfehlungen erteilt, die nicht als Finanzanalysen iSd § 36 10 Abs 1, gleichwohl aber als Empfehlungen nach § 48 f BörseG gelten (klarstellend Gruber, ZFR 2009, 44), so ist nach Abs 2 zweiter Satz darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass eine solche Empfehlung nicht unter Einhaltung der Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen erstellt wurde und auch nicht dem Verbot des Handels im Anschluss an die Verbreitung von Finanzanalysen unterliegt (vgl im Übrigen die Erl RV zu § 36: „Unter den Begriff Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen fallen insbesondere der § 37, die relevanten Bestimmungen des BörseG und die Vorschriften eines anderen Staates, welche diesen Regelungsbereich betreffen“). Eine Derogation der im Zuge der Marktmissbrauchsrichtlinie umge- 11 setzten, börserechtlichen Bestimmungen durch die §§ 36 f WAG ist nicht eingetreten. In diesem Zusammenhang hält Erwägungsgrund 28 der MiFID-DRL folgendes fest: „Finanzanalysen sollten eine Unterkategorie der Informationen sein, die in der . . . [DRL 2003/125/EG] . . . als Empfehlung definiert sind, aber für Finanzinstrumente im Sinne der Richtlinie 2004/39/EG [MiFID] gelten. Empfehlungen der dort definierten Art, die keine Finanzanalysen im Sinne der vorliegenden Richtlinie sind, . . . unterliegen jedoch den Bestimmungen der Richtlinie 2003/125/ EG zur sachgerechten Darbietung von Anlageempfehlungen und zur Offenlegung von Interessenkonflikten“ (zustimmend Gruber, ZFR 2009, 44 Fn 29; gegen eine Derogation spricht weiters die ausdrückliche Bezugnahme auf § 48 f Abs 1 Z 3 BörseG in § 36 Abs 2 WAG 2007 und der unterschiedliche persönliche und sachliche Anwendungsbereich der beiden Bestimmungen [so Gruber, ZFR 2009, 44 FN 29]). Werden die Voraussetzungen des § 48 f BörseG und des § 36 Abs 1 12 gleichermaßen erfüllt, kommt es zur kumulativen Anwendung dieser Bestimmungen. Es ist daher insb auch die Offenlegungsverpflichtung nach § 48 f Abs 5 BörseG unabhängig von einer allenfalls (auch) nach § 35 Abs 5 bestehenden Pflicht zur Offenlegung einzuhalten (vgl KOM 2006/789 endg. Punkt 3.2.3.): Demnach haben relevante Personen iSd § 48 f Abs 1 Z 5 BörseG (das sind: natürliche oder juristische Personen, die bei der Ausübung ihres Berufs oder im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Empfehlungen erstellen oder weitergeben) in einer Empfehlung iSd § 48 f Abs 1 Z 3 BörseG alle Beziehungen und Umstände offenzulegen, bei denen damit gerechnet werden kann, dass sie die Objektivität der Empfehlung beeinträchtigen. § 48 f Abs 5 BörseG normiert eine unbedingte Offenlegungsverpflichtung und unterscheidet sich darin von der Offenlegungsverpflichtung nach § 35 Abs 5, die lediglich dann besteht, wenn Interessenkonflikte auch unter Ausschöpfung aller 371
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zumutbaren personellen und organisatorischen Möglichkeiten eines Rechtsträgers nicht vermieden werden können (siehe § 35 Rz 28 ff). Wie Lucius zeigt, liegt hier jedoch keineswegs ein Wertungswiderspruch vor (Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 255 f): § 48 f BörseG geht schließlich davon aus, dass sich eine Analyse an die Öffentlichkeit (und nicht an einen einzelnen Investor) richtet. Da somit das vis-avis nicht bekannt ist, kann auch die konkrete Möglichkeit eines Interessenkonflikts nicht im Voraus abgeschätzt werden. § 35 Abs 5 hingegen stellt jeweils auf den „konkreten Kunden“ ab, weshalb hier sehr wohl abgeschätzt werden kann, ob die Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten als ausreichend zu betrachten sind.
III. Bedeutung und Risiken für den Kapitalmarkt 13 Die zeitnahe Verfügbarkeit genauer und inhaltlich richtiger Informatio-
nen über Emittenten und deren Wertpapiere ist eine grundlegende Voraussetzung für einen effizienten Kapitalmarkt (vgl auch KOM 2006/789 endg. Punkt 2.1.). Liegen Informationen nicht (zeitgerecht) vor, bzw sind die vorliegenden Informationen unrichtig, kommt es zu Fehlbewertungen, die wiederum das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Markteffizienz an sich erschüttern können. Die Fülle und Komplexität der auf modernen Kapitalmärkten verfügbaren Informationen sowie deren rascher Wandel stellt die Markteilnehmer vor besondere Anforderungen nicht nur hinsichtlich der Beschaffung von (aktuellen) Informationen, sondern auch hinsichtlich deren Verarbeitung (Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 238). Finanzanalysten sammeln diese Informationen, interpretieren sie und erstellen Prognosen zur Unternehmens- bzw Kursentwicklung, die in einer Empfehlung zum Kauf, Verkauf oder Halten eines Instruments münden können (vgl Lucius/Resch, ÖBA 2005, 587). Finanzanalysten spielen damit eine wichtige Rolle bei der Informationsbeschaffung und -verarbeitung auf den Kapitalmärkten; ihre Empfehlungen bilden vielfach eine wesentliche Grundlage für die Investitionsentscheidung von Investoren (siehe auch KOM 2006/789 endg. Punkt 2.1., wonach Finanzanalysten eine wichtige Rolle im „Ökosystem für Finanzinformationen“ spielen; siehe auch Möllers/Lebherz, BKR 2007, 350). 14 Das große Vertrauen, das Finanzanalysten entgegengebracht wird, ist mit einem hohem Maß an Verantwortung verbunden (Lucius/Resch, ÖBA 2005, 587; Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach 372
Finanzanalysen
§ 36
MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 241). Diesem Umstand tragen verschiedene internationale Regulierungsvorhaben Rechnung (siehe dazu Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 241 ff), von denen auf europarechtlicher Ebene jene der Marktmissbrauchsrichtlinie bzw der MiFID von Bedeutung sind. Entscheidendes Augenmerk liegt dabei auf der Sicherstellung der Objektivität und Unabhängigkeit von Finanzanalysten und der von ihnen erstellten Finanzanalysen. Zentrale Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Implementierung hinreichender Maßnahmen und Vorkehrungen zur Bewältigung potenzieller Interessenkonflikte zu, die aus der Erstellung und Weitergabe von Finanzanalysen entstehen können (siehe Erwägungsgrund 29 MiFID-DRL). So kann etwa eine Investmentbank ein Interesse daran haben, Aktien, an deren Erstemission sie mitgewirkt hat, in einem besonders vorteilhaften Licht erscheinen zu lassen (vgl Oppitz, Das Spannungsfeld Finanzanalysten – Medien im Lichte des Anlegerschutzes, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 268). Auch mag im Einzelfall eine besonders enge Beziehung des Analysten zu einem Unternehmen (etwa ein Beratervertrag) oder das Vorliegen beträchtlicher Eigenbestände an den analysierten Finanzinstrumenten zu einem Interessenkonflikt führen (vgl auch Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 8 Rz 6). Die Bedeutung der Finanzanalyse als Regelungsgegenstand des europäischen Richtliniengebers wird bereits dadurch dokumentiert, dass sich nicht weniger als elf Erwägungsgründe der MiFID-DRL, und zwar die Erwägungsgründe 28 bis 38, mit der Tätigkeit von Finanzanalysten und der Regelung von Interessenkonflikten beschäftigen (vgl Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 250). Für die Tätigkeit von Finanzanalysten in Österreich sind – neben den 15 „formellen Rechtsquellen“ – die Instrumente der Selbstregulierung von besonderer Bedeutung. Hier sind insb die „Österreichischen Analysestandards“ bestehend aus den „Grundsätzen ordnungsgemäßer Finanzanalyse“ sowie den „Mindeststandards für Finanzanalysen“ zu nennen, die vor dem Hintergrund der Vorschriften der Marktmissbrauchsrichtlinie durch die Österreichische Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (ÖVFA) in enger Zusammenarbeit mit der FMA erarbeitet wurden (vgl Lucius/Resch, ÖBA 2005, 589; Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 250; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 8 Rz 3; die genannten Dokumente sind verfügbar unter www.ovfa.at). Diese Dokumente wurden nunmehr in den SCC als Modul 6 – Österreichische Analysestandards aufgenommen. 373
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Zusätzliche organisatorische Anforderungen für die Erstellung von Finanzanalysen § 37. (1) Ein Rechtsträger, der im eigenen Namen oder im Namen eines Mitglieds seiner Gruppe Finanzanalysen erstellt oder erstellen lässt, die unter seinen Kunden oder in der Öffentlichkeit verbreitet werden sollen oder aller Wahrscheinlichkeit nach verbreitet werden, hat dafür zu sorgen, dass in Bezug auf die an der Erstellung dieser Analysen beteiligten Finanzanalysten sowie in Bezug auf andere relevante Personen, deren Aufgaben oder Geschäftsinteressen mit den Interessen der Personen, an die die Finanzanalysen weitergegeben werden, kollidieren könnten, allen aufgrund von § 35 Abs. 4 mittels Verordnung der FMA erlassenen Standards entsprochen wird. (2) Zusätzlich zu Abs. 1 hat der Rechtsträger, der im Sinne des Abs. 1 Finanzanalysen erstellt und verbreitet, Vorkehrungen zu treffen, die die Erfüllung der folgenden Bedingungen gewährleisten: 1. Finanzanalysten und andere relevante Personen, die den wahrscheinlichen Zeitplan oder Inhalt einer Finanzanalyse kennen, die für die Öffentlichkeit oder für Kunden nicht zugänglich ist und deren Inhalt aus den öffentlich verfügbaren Informationen nicht ohne Weiteres abgeleitet werden kann, dürfen persönliche oder im Namen einer anderen Person, einschließlich des Rechtsträgers, zu tätigende Geschäfte mit Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht, nur a) als Market Maker in gutem Glauben, b) im normalen Verlauf des Market Making oder c) in Ausführung eines unaufgeforderten Kundenauftrags tätigen; dies jeweils erst dann, wenn die Empfänger der Finanzanalyse ausreichend Gelegenheit hatten, auf diese zu reagieren; 2. in den von Z 1 nicht abgedeckten Fällen dürfen Finanzanalysten und alle anderen an der Erstellung von Finanzanalysen beteiligten relevanten Personen nur unter außergewöhnlichen Umständen und mit vorheriger Genehmigung jener Person, die mit der Ausübung der Compliance-Funktion des Rechtsträgers betraut ist, ein den aktuellen Empfehlungen zuwiderlaufendes persönliches Geschäft mit den Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht, tätigen; 3. der Rechtsträger, Finanzanalysten und andere an der Erstellung von Finanzanalysen beteiligte relevante Personen dürfen keine Vorteile gemäß § 39 von Personen annehmen, die ein wesentliches Interesse am Gegenstand der Finanzanalysen haben; 374
Zusätzl. organ. Anforderungen f. d. Erstellung v. Finanzanalysen
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4. der Rechtsträger, Finanzanalysten und andere an der Erstellung von Finanzanalysen beteiligte relevante Personen dürfen Emittenten keine für sie günstige Analyse versprechen; 5. der Entwurf einer Finanzanalyse darf nur von Finanzanalysten vor deren Weitergabe auf die Korrektheit der darin dargestellten Sachverhalte oder einen anderen Zweck hin überprüft werden, sofern der Entwurf eine Empfehlung oder einen Zielpreis enthält; davon ausgenommen ist die Kontrolle der Einhaltung der rechtlichen Pflichten durch den Rechtsträger. Die Z 1 bis 5 gelten auch für verbundene Finanzinstrumente. Darunter ist ein Finanzinstrument zu verstehen, dessen Preis stark durch Preisbewegungen bei einem anderen Finanzinstrument, das Gegenstand der Finanzanalyse ist, beeinflusst wird; dies umfasst auch ein Derivat dieses anderen Finanzinstruments. (3) Ein Rechtsträger, der von Dritten erstellte Finanzanalysen an die Öffentlichkeit oder seine Kunden weitergibt, ist von den Anforderungen des Abs. 1 ausgenommen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: 1. Die Person, die die Finanzanalyse erstellt, gehört nicht derselben Gruppe an wie der Rechtsträger; 2. der Rechtsträger ändert die in der Finanzanalyse enthaltenen Empfehlungen nicht wesentlich ab; 3. der Rechtsträger stellt die Finanzanalyse nicht als von ihm erstellt dar und 4. der Rechtsträger vergewissert sich, dass für den Ersteller der Finanzanalyse Bestimmungen gelten, die den Anforderungen dieses Bundesgesetzes für die Erstellung von Finanzanalysen gleichwertig sind, oder dass der Ersteller interne Vorschriften festgelegt hat, die diesen Anforderungen entsprechen. Schrifttum: Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Lucius/Resch, Die Umsetzung von Analysestandards in Österreich – Ein Regelungsmodell für Europa?, ÖBA 2005, 587; Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 234; Oppitz, Das Spannungsfeld Finanzanalysten – Medien im Lichte des Anlegerschutzes, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 267; Oppitz, Noch Journalist oder schon Analyst? Zu den Tücken einer „Empfehlung“ nach der Börsegesetznovelle 2004, ÖBA 2005, 459; Schlicht, Compliance nach Umsetzung der MiFIDRichtlinien, BKR 2006, 469.
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Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 37): „Abs. 1 setzt Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Gemäß Z 2 ist jene Person für die Genehmigung zuständig, welche die Compliance-Funktion ausübt, gleichgültig ob eine eigene unabhängige Compliance-Funktion eingerichtet ist oder ob diese Funktion von der Rechtsabteilung wahrgenommen wird. Aus Z 5 ergibt sich, dass insbesondere Emittenten und relevante Personen den Entwurf einer Finanzanalyse im Sinne dieser Ziffer nicht überprüfen dürfen. Abs. 3 setzt Art. 25 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Grundsätzlich fallen Finanzanalysen, die ein in § 15 genannter Rechtsträger von einem Dritten erstellen lässt, der nicht zum ihm oder zur selben Gruppe gehört, unter Abs. 1. Bei Erfüllung der in Z 1 bis 4 genannten Bedingungen sind nur noch die Voraussetzungen des Abs. 2 und nicht mehr die Standards betreffend der Interessenkonflikten des Abs. 1 anwendbar.“
Übersicht I. A. B. C. D. E. II.
Management von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbot der Annahme von Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbot des Versprechens einer günstigen Analyse. . . . . . . . . . . . . . Unternehmensinterne Überprüfung von Analyseentwürfen. . „Verbundene Finanzinstrumente“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Unveränderte) Weitergabe von Finanzanalysen . . . . . . . . . . . . . . .
1–11 3–7 8 9 10 11 12–14
I. Management von Interessenkonflikten 1 Die Erstellung, Verbreitung oder Weitergabe von Wertpapier- oder
Finanzanalysen ist eine Wertpapiernebendienstleistung iSd § 1 Abs 1 Z 3 lit e, weshalb Rechtsträger nach §§ 34 f (siehe insb § 34 Abs 1) angemessene Vorkehrungen zum Management von Interessenkonflikten zu treffen haben, die bei ihrer Erbringung entstehen können (vgl KOM 2006/789 endg., Punkt 3.2.2.). Der demonstrative Verweis in Art 37 Abs 1 auf die Verpflichtung zur Einhaltung der Vorschriften, der auf Grundlage von § 35 Abs 4 erlassenen DurchführungsVO der FMA, der IIKV, dient vor diesem Hintergrund lediglich der Klarstellung. 2 Die in Bezug auf die Erstellung von Finanzanalysen zu treffenden Maßnahmen und Vorkehrungen sollen generell für eine ausreichende Objektivität und Unabhängigkeit der Finanzanalysten sorgen (siehe Erwägungsgrund 29 MiFID-DRL; vgl auch Schlicht, BKR 2006, 473). Um dem besonderen Konfliktpotenzial, das der Erstellung und Weiterleitung von Finanzanalysen immanent ist (vgl Assmann, ÖBA 2007, 376
Zusätzl. organ. Anforderungen f. d. Erstellung v. Finanzanalysen
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47), zu begegnen, enthält Abs 2 über die allgemeinen Vorschriften hinaus folgende weitere Regelungen:
A. Handelsbeschränkungen Als leges speciales zu den §§ 23 f und 34 f sehen Abs 2 Z 1 und 2 3 bestimmte Handelsbeschränkungen iZm der Erstellung von Finanzanalysen vor. Der persönliche Anwendungsbereich bezieht sich auf Finanzanalysten, dh Personen, die den wesentlichen Teil einer Finanzanalyse erstellen (siehe § 1 Rz 33), sowie auf andere relevante Personen (iSd § 1 Z 29), die entweder Kenntnis vom wahrscheinlichen Zeitplan oder vom Inhalt einer Finanzanalyse haben. Für die Aktualisierung dieser Handelsbeschränkungen genügt somit, dass lediglich eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). Die gegenständlichen Handelsbeschränkungen beziehen sich nicht nur auf Finanzinstrumente, „auf die sich die Finanzanalyse bezieht“, sondern nach Maßgabe von § 37 Abs 2 zweiter Unterabsatz auch auf „verbundene Finanzinstrumente“ (siehe Rz 11). Die erste Handelseinschränkung (§ 37 Abs 2 Z 1) untersagt den vom 4 persönlichen Anwendungsbereich erfassten Personen (siehe Rz 3) prinzipiell sämtliche Wertpapiertransaktionen in die von einer Finanzanalyse betroffenen Titel (dies ist die wesentliche normative Anordnung der sprachlich verunglückten Formulierung: „ … dürfen persönliche oder im Namen einer anderen Person, einschließlich des Rechtsträgers, zu tätigende Geschäfte mit Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht …“; vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). Bestehen keine hinreichenden unternehmensinternen Vorkehrungen, die eine Weitergabe des Inhalts von Finanzanalysen im Unternehmen verhindern, so ergibt sich damit auch ein generelles Handelsverbot des Rechtsträgers mit diesen Finanzinstrumenten (abgesehen von den in lit a bis c genannten Ausnahmen). Das „absolute Handelsverbot“ des § 37 Abs 2 Z 1 gilt jedoch nicht für 5 den Fall, dass die Empfehlungen einer Finanzanalyse keinen Neuigkeitswert besitzen. Es endet darüber hinaus nach Veröffentlichung der Finanzanalyse, und zwar mit jenem Zeitpunkt, in dem die Empfänger der Finanzanalyse ausreichend Gelegenheit hatten, darauf zu reagieren, dh ein Geschäft in den analysierten Finanzinstrumenten zu tätigen (siehe Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7; vgl Art 25 Abs 2 li a MiFID-DRL [engl Fassung]: „until the recipients of the investment research have had a reasonable opportunity to act on it“). Es ist zu befürchten, dass diese wenig präzise Definition erhebliche Rechtsunsicherheit in Bezug auf das Ende der Periode für diese Han377
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delseinschränkung schaffen wird (vgl Assmann, ÖBA 2007, 48). Eine weitere Konkretisierung im Rahmen von Instrumenten der Selbstregulierung erscheint daher wünschenswert. Die genannten Einschränkungen des Handelsverbots erscheinen gerechtfertigt, da unter den bezeichneten Umständen eine Beeinträchtigung von Anlegerinteressen nicht zu befürchten sein wird (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). 6 Darüber hinaus ordnen Abs 2 Z 1 lit a bis c (sprachlich verunglückt) zwei Ausnahmen vom Handelsverbot des § 37 Abs 2 Z 1 an. Die Erste (unsinniger Weise auf die lit a und b verteilte) Ausnahme bezieht sich auf Geschäfte, die in der Eigenschaft als Market-Maker (vgl § 1 Z 11) in gutem Glauben getätigt werden (lit a), sofern diese Geschäfte im „normalen Verlauf des Market Making“ stattfinden (lit b). Damit dürfte gemeint sein, dass es nicht auf die formale Deklaration eines Geschäfts ankommen soll, sondern nur solche Geschäfte erfasst sind, bei denen es sich auch materiell (zumindest für den gutgläubig Handelnden) um „Market-Making-Geschäfte“ handelt (vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). Die zweite Ausnahme (lit c) erfasst die „Ausführung eines unaufgeforderten Kundenauftrags“. Ein solcher wird dann vorliegen, wenn einer Kundenorder weder eine Empfehlung, noch eine sonstige Anregung seitens des Rechtsträgers vorangegangen ist (idS auch die – sprachlich weitaus gelungenere – Umsetzung im dt Recht: Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). 7 Auch für den Fall, dass die oben angeführten Voraussetzungen für ein Handelsverbot nicht bestehen, dürfen Finanzanalysten und andere, an der Erstellung von Finanzanalysen beteiligte relevante Personen ein persönliches Geschäft, das den aktuellen Empfehlungen zuwiderläuft, in jenen Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht, nur unter außergewöhnlichen Umständen und mit vorheriger Genehmigung des Compliance-Verantwortlichen tätigen (zweite Handelseinschränkung: § 37 Abs 2 Z 2; siehe Assmann, ÖBA 2007, 48). Erwägungsgrund 31 MiFID-DRL hält dazu fest, dass solche außergewöhnlichen Umstände insb „auch persönliche finanzielle Härtefälle umfassen, in denen ein Finanzanalyst oder eine andere Person eine Position schließen muss.“
B. Verbot der Annahme von Zuwendungen 8 Abs 2 Z 3 verbietet Rechtsträgern, Finanzanalysten und anderen an
der Erstellung von Finanzanalysen beteiligten relevanten Personen Vorteile gemäß § 39 von Personen anzunehmen, die ein wesentliches Interesse am Gegenstand der Finanzanalyse haben. Damit wird ein 378
Zusätzl. organ. Anforderungen f. d. Erstellung v. Finanzanalysen
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„absolutes Verbot“ statuiert, das in einem gewissen Widerspruch zu Erwägungsgrund 32 MiFID-DRL gerät, der offenbar von der Zulässigkeit kleinerer Geschenke oder Einladungen ausgeht („Small gifts or minor hospitality below a level specified in the firm's conflicts of interest policy and mentioned in the summary description of that policy that is made available to clients should not be considered as inducements for the purposes of the provisions relating to investment research“). In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzanalyse, Punkt 4 offenbar von der Zulässigkeit der Annahme von Vorteilen „bis zu einem Gesamtwert von € 100,00 p.a.“ ausgehen.
C. Verbot des Versprechens einer günstigen Analyse Abs 2 Z 4 enthält ein generelles Verbot, einem Emittenten eine „güns- 9 tige Analyse“ zu versprechen. Es ist dem Wesen einer unabhängigen und objektiven Analyse immanent, dass über deren Ausgang vor Ihrer Durchführung (ex ante) eben keine Aussage getroffen werden kann.
D. Unternehmensinterne Überprüfung von Analyseentwürfen Der Entwurf einer Finanzanalyse darf nach Maßgabe von Abs 2 Z 5 10 vor der Veröffentlichung prinzipiell nur vom Finanzanalysten inhaltlich überprüft werden. Ausgenommen davon ist jedoch eine Prüfung nach rechtlichen Gesichtspunkten.
E. „Verbundene Finanzinstrumente“ Nach § 37 Abs 2 zweiter Unterabsatz sollen sich die Vorkehrungen 11 der Z 1 bis 5 auch auf „verbundene Finanzinstrumente“ beziehen, worunter Finanzinstrumente zu verstehen sind, deren Preis stark durch Preisbewegungen bei einem anderen Finanzinstrument, das Gegenstand einer Finanzanalyse ist, beeinflusst wird, wie insb bei Derivativen. Vgl dazu Art 25 Abs 2 lit a DRL („ … Geschäfte mit Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht, oder mit damit verbundenen Finanzinstrumenten … “) iVm Art 25 Abs 2 zweiter Unterabs DRL („ … bedeutet damit verbundenes Finanzinstrument ein Finanzinstrument, dessen Preis stark durch Preisbewegungen bei einem anderen Finanzinstrument, das Gegenstand der Finanzanalyse ist, beeinflusst wird; diese Bedeutung schließt ein Derivat dieses anderen Finanzinstruments ein“); siehe auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7. Verlangt wird somit, dass die Preisbewegung eines Instruments 379
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unmittelbar (und kausal) von der Preisbewegung eines anderen Instruments abhängt, wie dies etwa bei Kauf- oder Verkaufsoptionen auf ein Instrument der Fall ist. Allein die Tatsache, dass Instrumente eine (allenfalls hohe) positive oder negative Korrelation miteinander aufweisen, wird vor diesem Hintergrund noch nicht zur Annahme eines verbundenen Instruments ausreichen.
II. (Unveränderte) Weitergabe von Finanzanalysen 12 Keine Verpflichtung zur Implementierung von besonderen Maßnahmen
und Verfahren zum Management von Interessenkonflikten besteht nach Abs 3 für die Weitergabe einer von Dritten erstellten Finanzanalyse, sofern sämtliche der nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt werden: – Der Finanzanalyst gehört nicht derselben Gruppe wie der Rechtsträger (Z 1) an; – der Rechtsträger ändert die in der Finanzanalyse enthaltenen Empfehlungen nicht wesentlich ab (Z 2) und – stellt die Finanzanalyse nicht als von ihm erstellt dar (Z 3) sowie – vergewissert sich, dass für den Ersteller der Finanzanalyse Bestimmungen gelten, die den Anforderungen dieses Bundesgesetzes für die Erstellung von Finanzanalysen gleichwertig sind, oder dass der Ersteller interne Vorschriften festgelegt hat, die diesen Anforderungen entsprechen (Z 4). 13 Als „wesentlich abgeändert“ wird eine Empfehlung dann gelten, wenn sie in ihr Gegenteil verkehrt wird (etwa „Kaufen“ in „Verkaufen“ oder „Halten“), dh die Veränderung einer neuen Erstellung gleichkommt (vgl Oppitz, ÖBA 2005, 463 f). 14 Der Rechtsträger hat sich nach Maßgabe von § 37 Abs 3 Z 4 zu vergewissern, dass die mit der Erstellung einer Finanzanalyse betrauten Personen Bestimmungen für die Erstellung von Finanzanalysen unterliegen, die jenen des WAG 2007 gleichwertig sind, bzw dass der Ersteller entsprechende interne Vorschriften festgelegt hat. Der Maßstab für eine Gleichwertigkeit solcher Vorschriften wird vom Gesetz nicht weiter konkretisiert. Es ist jedoch jedenfalls anzunehmen, dass europäische Wertpapierfirmen und Kreditinstitute gleichwertigen Bestimmungen unterliegen. Für inländische Anbieter von Finanzanalysen, die nicht den Bestimmungen des WAG 2007 unterliegen, dürfte die Implementierung der „Österreichischen Analysestandards“ (siehe dazu § 36 Rz 15) als eine Festlegung gleichwertiger interner Vorschriften anzusehen sein. Im Interesse der Rechtssicherheit wäre zu diesen Fragen eine Klarstellung durch die FMA jedenfalls wünschenswert. 380
Allgemeine Pflichten
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5. Abschnitt Verpflichtung zum Handeln im besten Interesse des Kunden Allgemeine Pflichten § 38. Ein Rechtsträger hat bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse seiner Kunden zu handeln und den §§ 36 bis 51 zu entsprechen; beim Handel sowie der Annahme und Übermittlung von Aufträgen im Zusammenhang mit Veranlagungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 Kapitalmarktgesetz – KMG, BGBl. Nr. 625/ 1991, ist insbesondere den §§ 39, 40, 41, 42, 47 und 48 zu entsprechen. Schrifttum: Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; Brandl/Saria, Aufklärungspflichten – Organisationspflichten – Prospekthaftung; Band I von Brandl/Kalss/Lucius/Saria, Handbuch Kapitalmarktrecht (2005); Brandl/Klausberger, Ausstrahlungstheorie – Zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Zivilrecht nach MiFID und WAG, in ZFR 2009, 131; P. Bydlinski, Aufklärungspflichten der Bank bei Geschäften mit Wertpapieren und Derivaten nach österreichischem Recht, RIW 1996, 290; P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding (2004) 759; P. Bydlinski, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung: Schaden und Schadenersatz, ÖBA 2008, 159; Ferrarini, Contract Standards and the Markets in Financial Instruments Directive (MiFID): An Assessment of the Lamfalussy Regulatory Architecture, ERCL 2005, 19; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das FinanzmarktRichtlinie-Umsetzungsgesetz; BKR 2006, 389; Forstinger/Pradler, Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (ISD2), ÖBA 2004, 329; Graf, Anlageberaterhaftung – quo vadis?, ZFR 2009, 82; Gruber, Rechtsfolgen der Verletzung von Wohlverhaltenspflichten im WAG 2007, ecolex 2008, 7; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/ Raschuer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Haghofer/Mayer, Die Wohlverhaltensregeln des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) aus der Sicht des Konsumentenschutzes, ÖBA 1997, 583; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Honsell, Aufklärungsund Beratungspflichten der Banken bei der Vermögensanlage, ÖBA 1999, 593; Horn, Der Ausschluss von Aufklärung und Beratung im Anlegerschutzrecht, in FS Schimansky (1999) 653; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Karpf, Wertpapieraufsichtsgesetz und Verbraucherschutz (2000); Knobl, Wohlverhaltensregeln und Anlageberatung, ÖBA 1995, 741; Knobl, Die Wohlverhaltensregeln der §§ 11 bis 18 des österreichischen Wertpapieraufsichtsgesetzes, ÖBA
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§ 38
Brandl/Klausberger
1997, 3, 125; Knobl, Wieviel Beratung braucht der österreichische Wertpapierkunde?, ÖBA 1997, 783; Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), DB 2006, 1714; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Möllers, Effizienz als Maßstab des Kapitalmarktrechts, AcP 2008, 1; Podewils/Reisich, Haftung für „Schrott“-Zertifikate? – Aufklärungs- und Beratungspflichten nach BGB und WpHG beim Erwerb von Zertifikaten, NJW 2009, 116; Reinelt, Haftung aus Prospekt und Anlageberatung bei Kapitalanlagefonds, NJW 2009, 1; Ruhm, Hedge Fonds – Struktur, Risiko und Anlegerschutz in Österreich, ZFR 2008, 21; Schenk/Linder, Anwendung der Wohlverhaltensregeln bei Veranlagungen, ecolex 2008, 4; Schopper, Informationspflichten der Bank bei Online – Brokerage, in FS Krejci (2001) 1295; Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung (2005); Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Stackmann, Grundsatzprobleme im Anlegerschutzprozess, NJW 2008, 1345; Tutsch, Umfang der Aufklärungs- und Beratungspflicht, ecolex 1995, 84; Vogel, Vom Anlegerschutz zum Verbraucherschutz (2005); Vortmann, Anlegergerechte Beratung und Maßnahmen zur Reduzierung des Haftungsrisikos, ÖBA 1994, 579; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken8 (2006); Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID – unter besonderer Berücksichtigung des WAG 2007 (2008); Welser, Rechtsgrundlagen des Anlegerschutzes; ecolex 1995, 79; Witte/Mehrbrey, Haftung für den Verkauf wertlos gewordener Zertifikate – der Fall Lehman Brothers, ZIP 2009, 744. Erl RV GP XXIII RV 143 (Allgemeiner Teil): „Ein erhöhter Kundenschutz soll durch detaillierte Wohlverhaltensregeln erreicht werden. Diese Regelungen sollen in erster Linie besondere Informationspflichten der Dienstleistungserbringer über die Art der zu erbringenden Dienstleistungen, die Finanzinstrumente sowie über anfallende Kosten und Nebenkosten beinhalten. Ein wesentlicher Punkt dabei werden auch besondere Prüfungen der Angemessenheit oder der Eignung bestimmter Wertpapierdienstleistungen durch die Dienstleistungserbringer sein. Diese Prüfungen können je nach Wertpapierdienstleistung einen unterschiedlichen Umfang haben und sich in ihrer Funktion und ihren Merkmalen unterscheiden. Wesentlich dabei soll sein, dass ein Geschäft im bestmöglichen Interesse des Kunden durchgeführt wird. Als eigene Dienstleistungsart wird es jedoch weiterhin das sogenannte ‚execution only‘ Service für nicht komplexe Finanzinstrumente geben, bei dem keine Beratung stattfindet. Österreich hat sich in den Richtlinienverhandlungen auf Ratsebene dafür eingesetzt, dass diese für Kunden kostengünstige Dienstleistung auf Basis reiner Auftragsausführung weiterhin möglich ist.“ Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 54): „Diese Bestimmung setzt Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Im Sinne des bisherigen § 11 Abs. 1 Z 3 lit. c WAG soll der Anlegerschutz im Bereich der sonstigen Veranlagungen gewährleistet bleiben. Aufgrund der erheblichen Spezifizierung der Wohlverhaltensregeln muss in der Anwendung differenziert werden.“
382
Allgemeine Pflichten
§ 38
Übersicht I. II. A. B. III. A. B. IV. A. B. C. V. A. B. 1. 2. C. D. E. VI. A. B. C. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schutzausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrecht und Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Generalklausel und Sonderbestimmungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur der Wohlverhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion der Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elemente der Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht über die einzelnen Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interessenwahrungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflicht zur Übermittlung von Information. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflicht zum Einholen von Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschulden und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang des Ersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitverschulden und Schadensminderungsobliegenheit . . . . . . . . Haftungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–10 2–6 7–10 11–14 11–12 13–14 15–22 15–18 19 20–22 23–32 23 24–26 24–25 26 27–30 31 32 33–47 33 34 35–38 35–38 39 40–42 43–44 45–46 47
I. Entstehungsgeschichte § 38 verpflichtet Rechtsträger iZm dem Erbringen von Wertpapier- 1 dienstleistungen und Nebendienstleistungen, die Interessen des Kunden umfassend zu wahren; die Rechtsträger haben dabei ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden zu handeln. Die entsprechenden europarechtlichen Vorgaben dazu finden sich in Art 19 Abs 1 MiFID. In diese Richtung zielte bereits die Vorgängerbestimmung des § 11 Abs 1 WAG aF, der – zurückgehend auf Art 11 Abs 1 1. Spiegelstrich ISD – bei der Erbringung von gewerblichen Dienstleistungen, die mit Wertpapieren oder der sonstigen Veranlagung des Vermögens von Kunden im Zusammenhang stehen, ein bestmögliches Wahren der Kundeninteressen vorschrieb (vgl Harrer, 383
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ÖBA 2007, 99). Das WAG 2007 intensiviert den Kundenschutz durch detailliertere Wohlverhaltensregeln (Erl RV 6 f), die sich insb in den auf § 38 folgenden Bestimmungen über das Gewähren und die Annahme von Vorteilen (§ 39), die Information für Kunden (§§ 40 ff), die Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen (§§ 43 ff), die Berichtspflicht gegenüber den Kunden (§§ 48 ff) und die bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen (§§ 52 ff) finden. IZm der Kategorisierung der Kunden in Privatkunden, professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien soll das Schutzniveau an die Bedürfnisse der jeweiligen Kundengruppe angepasst werden (Harrer, ÖBA 2007, 99 ff).
II. Normzweck und leitende Grundsätze A. Schutzausrichtung 2 Aus den Erl geht klar hervor, dass die Wohlverhaltensregeln dem
Kundenschutz dienen sollen (Erl RV 6 f). Der individuelle Anleger steht sowohl nach dem Wortlaut der einzelnen Bestimmungen als auch nach ihrem Zweck im Zentrum des Schutzkonzepts (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 53; Möllers in Kölner Kommentar § 31 WpHG Rz 4). Sie legen fest, welches Verhalten ein auf dem Kapitalmarkt tätiger Rechtsträger seinen Kunden gegenüber redlicherweise an den Tag legen muss und setzen damit den Maßstab für das kapitalmarktrechtliche Wohlverhalten des Anbieters. 3 Strittig war bislang, ob die Wohlverhaltensregeln in Art 11 ISD auch einen Verbraucherschutz bezweckt haben (siehe Koller in Assmann/ Schneider, WpHG4 Vor § 31 Rz 12 ff). Gegen eine Verbraucherschutzorientierung wurde insb vorgebracht, das Schutzkonzept des EGRechts differenziere nicht zwischen Verbrauchern und Unternehmern, sondern stelle auf die jeweilige Professionalität des Anlegers ab, weshalb eine rein verbraucherschutzrechtlich orientierte Auslegung, die einen schematischen Schutz des Nichtunternehmers unabhängig von dessen individueller Schutzbedürftigkeit mit sich bringen würde, nicht anzunehmen sei (Knobl, ÖBA 1997, 7 f). Darüber hinaus gebe es für eine verbraucherschutzrechtlich orientierte Auslegung weder eine Stütze im Gesetz noch im Gemeinschaftsrecht (Winternitz, WAG Vor § 11 Rz 19 f). Dies trifft jedenfalls insofern zu, als in den Rechtstexten der Verbraucherschutz nicht eigens artikuliert ist. Darüber hinaus ist der von der Richtlinie etablierte Anlegerschutz nicht iS einer Bevormun384
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dung der betroffenen Anleger zu verstehen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG4 Vor § 31 Rz 15). Es ist allerdings bemerkenswert, dass der Europäische Wirtschafts- und 4 Sozialausschuss sowie der Ausschuss für Recht und Bürgerrechte des Europäischen Parlaments die Wohlverhaltensregeln der ISD in den Kontext des Verbraucherschutzes gestellt haben (Koller in Assmann/ Schneider, WpHG4 Vor § 31 Rz 13 f). Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Instrumente, mit denen der Anlegerschutz im Bereich der Wertpapiergeschäfte bewerkstelligt wird, teils jenen Instrumenten gleichen, die uns im Verbraucherschutzrecht begegnen. Insb die Regeln über die Informationspflichten des WAG haben Parallelen im Verbraucherrecht (Karpf, Verbraucherschutz 131 f): Durch diese Informationspflichten wird angestrebt, das Anleger- bzw Verbraucherverhalten insofern zu rationalisieren, als ein möglicherweise bestehendes Informationsdefizit beseitigt wird (dazu Rösler, Europäisches Konsumentenvertragsrecht 142 ff; vgl auch Balzer, ZBB 2003, 186 f). Zudem besteht zwischen einem (weniger erfahrenen) Anleger und einem auf die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen spezialisierten Unternehmer oft eine situative Ungleichgewichtslage, die auch auf der vergleichsweise schwächeren Vertragsposition des Anlegers beruht (vgl Winternitz, WAG Vor § 11 Rz 15). Insofern verschwimmen die Grenzen zwischen Anleger- und Verbraucherschutz, wobei allerdings das System der MiFID mit ihrer Kundenklassifizierung vergleichsweise flexibler als das zuweilen starre, nur zwischen Verbrauchern und Unternehmern unterscheidende europäische Verbraucherrecht ist. Neben dieser auf Individualschutz ausgelegten Komponente bewirken 5 die Wohlverhaltensregeln auch einen Schutz der Wertpapiermärkte. Diese Schutzausrichtung steht freilich nicht isoliert neben dem Individualschutz, sondern es bestehen Zusammenhänge zwischen den beiden Bereichen (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 54). Mit dem Schutz des Anlegerpublikums wird nämlich insofern auch das ordnungsgemäße Funktionieren der Wertpapiermärkte gewährleistet, als durch das Statuieren von Wohlverhaltensregeln das Vertrauen der Anleger in den Wertpapiermarkt an sich gestärkt wird (Winternitz, WAG Vor § 11 Rz 15). IdS benennt Erwägungsgrund 44 MiFID das zweifache Ziel, die Anleger zu schützen und gleichzeitig ein reibungsloses Funktionieren der Wertpapiermärkte zu gewährleisten. Der Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts hat dabei institu- 6 tionelle, operationale und allokative Gesichtspunkte: Es sollen zum einen jene Rahmenbedingungen geschaffen werden, die für die Kapitalbildung sorgen und verhindern, dass Einkommen nicht sofort in den Konsum fließt oder anderen Zwecken zugeführt wird (Koller in Ass385
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mann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 1). Dies wird insb durch die Stärkung des Vertrauens des Anlegerpublikums in Stabilität und Zuverlässigkeit der Märkte bewerkstelligt (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 52). Andererseits gilt es, jene Kosten zu minimieren, die das Funktionieren der Kapitalmärkte hemmen, und die der Wettbewerbsfähigkeit des Gutes „Kapital“ abträglich sind (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 1). Darüber hinaus sollen mithilfe von Information und Markttransparenz Bedingungen geschaffen werden, die dazu führen, dass Kapital dorthin fließt, wo es gebraucht wird und für den Anleger die beste Rendite erzielt (Koller in Assmann/ Schneider, WpHG5 § 31 Rz 1; Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 52).
B. Aufsichtsrecht und Zivilrecht 7 Die Wohlverhaltensregeln sind an der Schnittstelle von Aufsichts-
und Zivilrecht angesiedelt (ausführlich Sethe, Anlegerschutz 747 ff); von der systematischen Verortung sind sie dem Aufsichtsrecht zuzuordnen, doch kommt es auf der Pflichtenebene insofern zu einem Ineinandergreifen von Zivil- und Aufsichtsrecht, als eine Verletzung der Wohlverhaltensregeln gegenüber einem Kunden den Dienstleistungserbringer schadenersatzpflichtig machen kann (Haghofer/Mayer, ÖBA 1997, 585). Kalss/Oppitz/Zollner sprechen illustrativ vom „janusköpfigen Charakter“ der Wohlverhaltensregeln (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 5). Dieser Umstand kommt auch darin zum Ausdruck, dass die §§ 38 bis 54 nach § 107 Z 2 vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz zu vollziehen sind. 8 Über die Natur der zivilrechtlichen Implikationen aufsichtsrechtlicher Pflichten herrscht indes Streit. Ein Teil der Lehre meint, die primär aufsichtsrechtlichen Wohlverhaltensregeln entfalten Ausstrahlungswirkungen auf das Zivilrecht (Fuchs in Fuchs Vor §§ 31 bis 37 a WpHG Rz 60 ff; Koller in Assmann/Schneider WpHG4 Vor § 31 Rz 17 ff und WpHG5 Vor § 31 Rz 3; Sethe, Anlegerschutz 749 ff). Aufsichtsrechtliche und zivilrechtliche Pflichten bleiben dabei grundsätzlich selbstständig, es kann aber über weite Strecken zu einem Gleichlauf der Pflichten kommen, was im Hinblick auf das Vertrauen der Kapitalanleger auch wünschenswert ist (Sethe, Anlegerschutz 749). Eine Gegenmeinung tritt dafür ein, dass die Wohlverhaltensregeln im vertraglichen Bereich unmittelbare Geltung erlangen und dabei insbesondere vorvertragliche Pflichten konkretisieren (Möllers in Kölner Kommentar § 31 WpHG Rz 6). Die Judikatur nahm zur aF des WAG den Standpunkt ein, § 13 Z 3 und 4 WAG aF schreibe die schon bisher 386
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von Rsp und Lehre zu Effektengeschäften insbesondere aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung und dem Beratungsvertrag abgeleiteten Aufklärungspflichten und Beratungspflichten fest (OGH 20. 01. 2005, 2 Ob 236/04 a, ÖBA 2005, 635 [Oppitz]; OGH 20. 04. 2005, 7 Ob 64/04 v, ÖBA 2005/1304; OGH 04. 11. 2005, 5 Ob 106/05 g, ÖBA 2006/1343 ua). Die Differenzen zwischen diesen Standpunkten werden oft als unüberbrückbar angenommen (vgl Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 153). Es ist freilich weithin anerkannt, dass die Bestimmungen des WAG 9 auch für die zivilrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts – in welcher Form auch immer – herangezogen werden müssen. Maßstab für die zivilrechtliche Beurteilung zB einer Anlageberatung ist die Figur des sorgfältigen und gewissenhaften Anlageberaters. Diese Maßfigur ist mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vertraut und befolgt sie ohne Einschränkung. Insofern spielen die aufsichtsrechtlichen Wohlverhaltensregeln in die zivilrechtliche Komponente der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen hinein (vgl Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 131 f). Damit reduziert sich der Streit allerdings auf die Frage, ob es zu einem zwingenden Gleichlauf von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Pflichten oder zu einer bloßen Ausstrahlung ohne wechselseitige Bindung kommt. Gegen eine unmittelbare Wirkung der aufsichtsrechtlichen Pflichten auf das Zivilrecht als „Ausfüllungsnormen“ (so Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 153) spricht, dass ein Gericht formell nicht an die aufsichtsrechtliche Praxis der FMA gebunden sein kann, weil eine derartige Bindungswirkung der Verwaltungspraxis im Hinblick auf gerichtliche Entscheidungen unserem Rechtssystem fremd ist (vgl Sethe, Anlegerschutz 748). Dies folgt auch aus der systematischen Verortung im öffentlichen Wirtschaftsrecht, zumal das WAG primär das Verhältnis zwischen der Aufsichtsbehörde und den beaufsichtigten Rechtsträgern regelt (Brandl/ Klausberger, ZFR 2009, 131). Die Wohlverhaltensregeln sind daher insbesondere im Rahmen der Auslegung zivilrechtlicher Pflichten zur Konkretisierung heranzuziehen, wobei tunlichst ein Einklang aufsichtsrechtlicher und zivilrechtlicher Pflichten herzustellen ist (Brandl/ Klausberger, ZFR 2009, 132). Es kommt dann zu einem Gleichlauf der Pflichten, ohne dass eine Bindung der Gerichte an die Praxis der Aufsichtsbehörde oder umgekehrt besteht (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 61; Sethe, Anlegerschutz 749). Die im Bereich des Aufsichtsrechts entwickelten Rechtsgedanken lassen 10 sich daher im Wege der Ausstrahlung auch auf die Beurteilung gleich gelagerter zivilrechtlicher Sachverhalte übertragen (vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 Vor § 31 Rz 3 FN 5 mit Hinweis auf den 387
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Transfergedanken in der Rechtsvergleichung). Die Regelungen des Aufsichtsrechts können etwa zur Konkretisierung zivilrechtlicher Generalklauseln herangezogen werden (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 60; vgl auch Ekkenga in MünKom HGB V² Effektengeschäft Rz 74). Zu einer „Ausstrahlung“ aufsichtsrechtlicher Pflichten kommt es insb dann, wenn das Aufsichtsrecht detailliertere Vorgaben als das Zivilrecht macht (Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 136; siehe dort auch zum umgekehrten Fall einer „Ausstrahlung“ des Zivilrechts auf das Aufsichtsrecht).
III. Anwendungsbereich A. Persönlicher Anwendungsbereich 11 Die Verhaltenspflichten treffen nach der gesetzlichen Anordnung den
bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen tätig werdenden Rechtsträger; dies sind nach § 15 WAG Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Versicherungsunternehmen nach Maßgabe von § 2 Abs 2 WAG sowie ferner Zweigstellen von Wertpapierfirmen bzw Kreditinstituten aus anderen Mitgliedstaaten nach Maßgabe von § 12 Abs 4 WAG bzw § 9 Abs 7 BWG. Für eine direkte Anwendung der Wohlverhaltensregeln auf Marktakteure, die nicht unter den Begriff des Rechtsträgers fallen, lässt das Gesetz keinen Raum. Nach § 11 Abs 1 Z 3 lit c iVm § 11 Abs 2 WAG 1997 waren auch natürliche und juristische Personen umfasst, die gewerblich Handel bzw Vermittlung von Veranlagungen iSd § 1 Abs 1 Z 3 KMG betrieben. Verglichen mit der alten Rechtslage wäre daher zB ein gewerblicher Vermögensberater nach § 136 a GewO bei der Vermittlung von Veranlagungen nicht mehr an die Wohlverhaltensregeln des WAG gebunden. Im Lichte des Zwecks der Verhaltenspflichten und der erklärten Absicht des Gesetzgebers, den Anlegerschutz bei Dienstleistungen iZm Veranlagungen aufrecht zu erhalten, scheint eine analoge Anwendung geboten (dafür Schenk/Linder, ecolex 2008, 5). 12 Nicht erfasst sind die für den jeweiligen Rechtsträger tätig werdende Personen, sofern sie nicht selbst gegenüber dem Kunden als Rechtsträger iSd § 15 WAG gelten. Angestellte oder Gehilfen des Rechtsträgers sind damit idR nicht in eigener Person zur Einhaltung der Wohlverhaltensregeln verpflichtet. Das bedeutet allerdings nicht, dass Verstöße gegen die Wohlverhaltensregeln, die von Angestellten oder Gehilfen des Rechtsträgers begangen werden, immer folgenlos bleiben. 388
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Auf zivilrechtlicher Ebene kann bei Vorliegen der Voraussetzungen der Gehilfenhaftung (§§ 1313 ff ABGB) deren Schaden stiftendes Verhalten dem Rechtsträger zugerechnet werden (Winternitz/Aigner, Haftung des Anlageberaters 22). Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Willen des Geschäftsherrn im Rahmen der Erfüllung von dessen Vertragspflichten gegenüber dem Geschädigten tätig wird und dabei die Interessen des Geschäftsherrn gegenüber dem (späteren) Geschädigten vertritt (OGH 14. 09. 1982, 4 Ob 578/81, SZ 55/123; OGH 03. 09. 1986, 1 Ob 23/86, JBl 1986, 789; siehe auch Reischauer in Rummel ABGB3 § 1313 a Rz 1, 8). Grundgedanke dieser Erfüllungsgehilfenhaftung ist der Umstand, dass ein Vertragspartner (zB ein geschädigter Kunde) nicht dadurch haftungsmäßig schlechter gestellt werden soll, dass sich der andere Vertragsteil zu seinem eigenen Nutzen eines Gehilfen bedient. Der Geschäftsherr zieht ja auch den Nutzen aus dem Verhalten des Gehilfen, weshalb ihm die Zurechnung auch des schädigenden Gehilfenverhaltens zugemutet werden kann (zB OGH 21. 03. 1985, 8 Ob 76/84, JBl 1985, 748 = SZ 58/47; OGH 28. 03. 1990, 3 Ob 614/89, SZ 63/50). Die Erfüllungsgehilfenhaftung ist unabhängig davon, ob es sich beim Gehilfen um eine natürliche oder eine juristische Person handelt; auch selbstständige Unternehmer können Erfüllungsgehilfen sein, wobei nach einem Teil der Lehre und Rsp nicht einmal eine Weisungsbefugnis des Geschäftsherren gegenüber dem Gehilfen bestehen muss, sondern es lediglich darauf ankommt, dass der Gehilfe vom Geschäftsherrn zur Erfüllung herangezogen wurde (siehe nur Karner in KBB, ABGB2 § 1313 a Rz 4 mwN). Ausschlaggebend ist, ob der Gehilfe vom Geschäftsherren in sein Interessenerfüllungsprogramm mit einbezogen worden ist und der Gehilfe dabei für den Geschäftsherrn tätig geworden ist (Reischauer in Rummel ABGB3 § 1313 a Rz 8). Umgekehrt haftet der Rechtsträger nicht gemäß § 1313 a für seinen Gehilfen, wenn der Gehilfe im eigenen Namen mit dem Kunden kontrahiert, weil in diesem Fall der Gehilfe nicht die Interessen des Rechtsträgers, sondern seine eigenen Interessen verfolgt und darüber hinaus auch keine Verbindlichkeit zwischen dem Rechtsträger und dem Kunden entsteht, an deren Erfüllung der Gehilfe mitwirkt.
B. Sachlicher Anwendungsbereich § 38 bezieht sich auf Wertpapierdienstleistungen und Nebendienst- 13 leistungen iSd § 1 Z 2 und 3. Die generelle Pflicht zum Handeln im besten Interesse des Kunden besteht somit unterschiedslos bei jedweder Dienstleistung, gleichgültig, ob es sich zB um Anlagevermittlung, Anlageberatung oder Vermögensverwaltung handelt (krit dazu Honsell, ÖBA 1997, 597 f). Einzelne Ausführungsbestimmungen wie jene über 389
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Eignung und Angemessenheit (§§ 43 ff) oder jene über die Berichtspflichten (§§ 48 ff) differenzieren allerdings nach Dienstleistungssparten. 14 Beim Handel sowie der Annahme und Übermittlung von Aufträgen im Zusammenhang mit Veranlagungen gemäß § 1 Abs 1 Z 3 KMG sieht das Gesetz ein eingeschränktes Pflichtenprofil vor, indem es hier nur die Vorschriften über Gewährung und Annahme von Vorteilen (§ 39), die Informationspflichten der §§ 40 bis 42 sowie die Dokumentationsund Berichtspflichten der §§ 47 und 48 nennt. Die gesetzliche Wendung „insbesondere“ bringt dabei deutlich die Regelungstechnik der Generalklausel mit Sonderbestimmungen zum Ausdruck (unten Rz 15 ff). Neben den explizit aufgeführten Bestimmungen besteht die allgemeine Verpflichtung, ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse des Kunden zu agieren. Eine (analoge) Anwendung von nicht aufgezählten Bestimmungen ist indes problematisch, weil damit die in der Aufzählung vom Gesetzgeber vorgenommene Einschränkung letztlich bedeutungslos würde (in diese Richtung aber Schenk/Linder, ecolex 2008, 5 f).
IV. Generalklausel und Sonderbestimmungen A. Struktur der Wohlverhaltenspflichten 15 Das Gesetz wählt – freilich zum Teil vom Europarecht vorbestimmt –
die auch in anderen Rechtsgebieten anzutreffende Regelungstechnik der Generalklausel mit diese weiter konkretisierenden Sondertatbeständen (so auch Arnold, GesRZ 2008, 256; Burkowski in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Kapitalmarktrecht 18 Ruhm, ZFR 2008, 24 f, Vogel, Anlegerschutz 180; Winternitz, ZFR 2008, 158; vgl auch Fuchs in Fuchs Vor §§ 31–37 a WpHG Rz 32 f; Koller in Assmann/Schneider WpHG5 § 31 Rz 3; Zuffer, ecolex 2008, 10; aA Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 98 f; Ilg, Wohlverhaltensregeln 53 ff; Wasserer, Neuordnung 94 f). Dafür sprechen insb Wortlaut und Systematik des Gesetzes: So knüpft etwa der unmittelbar nachfolgende § 39 an die Generalklausel an, indem dort festgehalten wird, dass ein Rechtsträger grundsätzlich dann nicht ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse seiner Kunden gemäß § 38 handelt, wenn er iZm der Erbringung von Wertpapier- oder Nebendienstleistungen einen Vorteil gewährt oder annimmt. Weiters führt § 38 demonstrativ eine Reihe von Bestimmungen an, denen ein Rechtsträger bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen nachzukommen hat. 390
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Einzelne Stimmen in der Lit sprechen sich indes gegen die Einordnung 16 dieser Norm als Generalklausel aus. Die Bestimmung normiere eine eigenständige Pflicht, die neben den Pflichten der §§ 39 ff stehe und daher nur solche Pflichten betreffe, die in den §§ 39 ff nicht explizit behandelt würden (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 98 f; vgl auch Ilg, Wohlverhaltensregeln 53 ff). Darüber hinaus sei der eigenständige Normgehalt des § 38 insofern beschränkt, als ein Teil jenes Pflichteninhalts, der von den Generalklauseln der ISD umfasst war, nunmehr außerhalb des Kernbereichs der Wohlverhaltensregeln angesiedelt sei (Wasserer, Neuordnung 94 f). Auch spreche die Struktur der zugrunde liegenden Rechtstexte des Europarechts gegen die Annahme einer Generalklausel, weil die MiIFD als Rahmenrichtlinie durch eigene Durchführungsbestimmungen ausgeführt werden müsse (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 98 f; Wasserer, Neuordnung 94 f). Wohl aber wird eingeräumt, dass § 38 „funktional doch […] einer Generalklausel ähnlich“ sei (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 99), was der Unterscheidung viel von ihrer Schärfe nimmt. Die Einwände überzeugen freilich nicht. Dem Einwand, wonach § 38 18 keine Generalklausel sei, weil dort eine eigenständige Pflicht normiert werde, ist entgegenzuhalten, dass Generalklauseln anerkanntermaßen auch eigenständige Pflichten enthalten können (vgl Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 134 f). Die Struktur der europarechtlichen Vorgaben ist für dieses Problem irrelevant, zumal die MiFID als Richtlinie die Mitgliedstaaten nach Art 249 EGV nur in ihrem Ziel binden kann. Die Organisation des europäischen Rechtsetzungsprozesses auf mehreren Stufen beinhaltet aber gerade kein finales Element hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinie. Dass die Vorgaben MiFID durch eine Durchführungsrichtlinie näher konkretisiert werden, sagt im Übrigen auch nichts darüber aus, ob eine bestimmte Vorschrift der MiFID (nämlich Art 19 Abs 1) als Generalklausel begriffen werden kann, zumal die Konkretisierung einer Generalklausel durch den Gesetzgeber selbst nichts Ungewöhnliches ist.
B. Funktion der Generalklausel Die Generalklausel des § 38 bildet damit die allgemeine Richtschnur 19 für das Verhalten des Rechtsträgers gegenüber seinen Kunden und dient bei Auslegungs- und Anwendungsproblemen als Entscheidungsmaßstab (Haghofer/Mayer, ÖBA 1997, 586). Sie markiert die Pflicht des Rechtsträgers, für seinen Kunden zu sorgen, also fremdnützig zu handeln; der Rechtsträger muss auch dann loyal sein, wenn ihm dadurch finanzielle Vorteile entgehen könnten (Koller in Assmann/ 391
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Schneider, WpHG4 § 31 Rz 6 f). Der Rechtsträger als besonders zur Interessenwahrung verpflichteter Unternehmer darf somit nicht wie ein Unternehmer handeln, der sich in einem natürlichen Interessenkonflikt zu seinem Gegenüber befindet und davon ausgehen kann, dass sein Gegenüber selbst für die Durchsetzung seiner Interessen sorgen wird (Koller in Assmann/Schneider, WpHG4 § 31 Rz 8).
C. Elemente der Generalklausel 20 Die Elemente ehrlich und redlich setzen einen Verhaltensmaßstab, der
den Rechtsträger dazu verpflichtet, sich dem Kunden gegenüber loyal und integer zu verhalten (vgl auch oben Rz 19). Der Rechtsträger muss dabei die Interessen den Kunden wahren und eigene Interessen den Kundeninteressen hintanstellen (Wasserer, Neuordnung 96). Damit geht das Verbot einher, den Kunden zu täuschen oder erkannte Schwächen des Kunden auszunützen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 3). 21 Mit dem Attribut professionell wird zum einen die für die jeweilige Dienstleistung erforderliche Sachkenntnis, zum anderen der dabei anzuwendende Sorgfaltsmaßstab eingeführt (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 4; Wasserer, Neuordnung 97). Das Ausmaß an Sachkenntnis bestimmt sich nach dem normativen Maßstab eines ordentlichen Rechtsträgers im Hinblick auf die gebotene Wahrung der Kundeninteressen (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 23; vgl auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 4). Bei der anzuwendenden Sorgfalt ist somit iSd § 1299 ABGB auf jene Sorgfalt abzustellen, die von einem sorgfältigen Marktteilnehmer des jeweiligen Geschäftszweigs erwartet wird (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 4; Wasserer, Neuodnung 97 f). Die erforderliche Sorgfalt bemisst sich nicht anhand des ohnehin wohl kaum feststellbaren realen Durchschnitts der Marktteilnehmer, sondern nach objektiven Gesichtspunkten (Wasserer, Neuordnung 98). 22 Die Verpflichtung zum Handeln im bestmöglichen Interesse des Kunden statuiert eine umfassende Interessenwahrungspflicht (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 102). Ausschlaggebend sind dabei die individuellen Interessen des konkreten Kunden und nicht etwa das objektivierte Interesse von Kundengruppen oder der Kundengesamtheit (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 35; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 6). Dies bedeutet zB, dass ein Wertpapierdienstleister anhand der Angaben des Kunden diesem jene Instrumente empfehlen muss, die am besten den Interessen des Kunden entsprechen (Karpf, Verbraucherschutz 134). Damit vergleichbar ist die Interessenwahrungspflicht des Versicherungsmaklers, der neben umfas392
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senden Erkundigungs- und Beratungspflichten zur Vermittlung des nach den Umständen des Einzelfalls bestmöglichen Versicherungsschutzes verbunden ist (Haghofer/Mayer, ÖBA 1997, 586). Es ist allerdings zu betonen, dass es sich dabei nicht um den absolut besten Versicherungsschutz handeln muss, sondern bloß um jenen Versicherungsschutz, dessen Vermittlung mit einem zumutbaren Mitteleinsatz vernünftigerweise erwartet werden kann (Fenyves in Fenyves/Koban [Hrsg], Die Haftung des Versicherungsmaklers [1993] 17). Gesetzeskonforme Interessenwahrung wird daher nicht notwendigerweise zu einem „einzig richtigen“ Produkt führen. In diesem Zusammenhang ist ferner von Bedeutung, dass sich nach § 28 Z 3 MaklerG die Interessenwahrung aus sachlich gerechtfertigten Gründen auf bestimmte örtliche Märkte oder bestimmte Versicherungsprodukte beschränken kann, sofern der Versicherungsmakler dies dem Versicherungskunden ausdrücklich bekannt gibt. Die Möglichkeit einer vertraglichen Einschränkung der Interessenwahrung nach dem MaklerG (dazu Werber, VR 2003, 143) wird im Bereich der Wertpapierdienstleistungen umso mehr gegeben sein (aA Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 102). Immerhin handelt es sich bei den vom WAG betroffenen Produkten noch weniger als bei Versicherungsprodukten um solche, bei denen man nach objektiven Kriterien ex ante feststellen kann, welches von ihnen das für den Kunden beste Produkt ist. Darüber hinaus richtet sich das relevante Interesse nach den Bedürfnissen des konkreten Kunden und kann daher durch die Parteien im Einzelfall festgelegt werden (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 35). Der Wertpapierdienstleister kann daher dem Kunden bekannt geben, dass er sich bei den in Betracht kommenden Instrumenten auf einzelne Märkte, Anbieter oder Produktgruppen beschränken wird. Kontrahiert der Kunde dennoch mit dem Rechtsträger, so ist diese Erklärung dahingehend zu verstehen, dass eben vereinbart wurde, ein umfassender Marktvergleich sei nicht geschuldet (vgl auch Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 135). Insb ist auch die ausschließliche Vermittlung konzerneigener Produkte möglich; läuft der Dienstleister Gefahr, dadurch einem Interessenkonflikt ausgesetzt zu sein, so hat er die §§ 34 ff zu beachten.
V. Übersicht über die einzelnen Verpflichtungen A. Interessenwahrungspflichten Neben der allgemeinen Verpflichtung zur Interessenwahrung nach § 38 23 enthält das WAG auch Bestimmungen, die den Schutz der Kunden393
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interessen in besonderen Situationen im Auge haben. Dazu zählen die Vorschriften über die für Kunden potenziell nachteiligen Interessenkonflikte nach §§ 34 ff. Ein typischer Sonderfall des Interessenkonflikts besteht beim Gewähren und bei der Annahme von Vorteilen iZm der Erbringung von Dienstleistungen (vgl Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1718), worauf § 39 eingeht.
B. Informationspflichten 1. Pflicht zur Übermittlung von Information 24 Damit der Kunde seine Anlageentscheidung auf fundierter Basis tref-
fen kann, muss er ausreichend informiert sein. Da insb zwischen einem kommerziellen Dienstleistungsanbieter und einem Privatkunden typischerweise ein besonderes Informationsgefälle besteht, sieht das Gesetz eine in den §§ 40 ff näher ausgeführte Pflicht zur Informationsübermittlung vor. Zudem muss ein Rechtsträger seine Kunden gemäß § 53 Abs 1 in geeigneter Form über die Durchführungspolitik sowie nach § 61 über die Einstufung als Privatkunde, professioneller Kunde oder geeignete Gegenpartei informieren. Gehört eine Wertpapierfirma oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen keiner Entschädigungseinrichtung an, so müssen die Kunden nach § 75 Abs 5 spätestens bei Vertragsabschluss schriftlich darauf hingewiesen werden sowie gegebenenfalls durch Aushang in den Geschäftsräumen informiert werden. 25 Neben den gesetzlichen Pflichten können aber auch vertragliche Pflichten des Rechtsträgers gegenüber dem Kunden bestehen, die den Rechtsträger zu Aufklärung, Offenlegung und Information verhalten. Diese Pflichten ergeben sich aus dem (uU vorvertraglichen) Schuldverhältnis und zielen darauf ab, mögliche Wissensdefizite zu beseitigen (vgl P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 764). Der konkrete Inhalt und Umfang solcher Aufklärungspflichten richtet sich – wie die Rsp betont – nach der erkennbaren Aufklärungsnotwendigkeit im Einzelfall (P. Bydlinski, RIW 1996, 292; zur Übersicht über die Rsp siehe Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz A1 ff; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten8 Rz 275 ff). Derartige Aufklärungspflichten dürfen allerdings – auch bei zu Spekulationsgeschäften entschlossenen Kunden – nicht überspannt werden (OGH 29. 01. 2003, 7 Ob 267/02 v, ÖBA 2003, 697). Einem versierten und schon aufgeklärten Bankkunden kann es nämlich zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen selbst ausreichend zu wahren. Die Bank ist nicht dazu verpflichtet, einen spekulierenden Kunden zu bevormunden. Insb bei risikoträchtigen Anlagen kann 394
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einem in Bankangelegenheiten erfahrenen Kunden daher selbst zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen als Anleger ausreichend zu wahren (OGH 22. 11. 2007, 8 Ob 104/07 p, ÖBA 2008/1487). Kaufte ein Bankkunde in wirtschaftlicher Eigenständigkeit Optionen beziehungsweise Optionsscheine an, und machte selbst er der Bank wegen der einzelnen Geschäfte keinen Vorwurf dahin, dass ihm von diesen hätte abgeraten werden müssen, ist die Bank ihrer Warnpflicht und Aufklärungspflicht schon dadurch nachgekommen, dass sie ganz allgemein auf die Risikoträchtigkeit von Optionsgeschäften hingewiesen und die Durchführung solcher Geschäfte in nur geringem Ausmaß empfohlen hat (OGH 23. 11. 1994, 1 Ob 632/94, ÖBA 1995, 317 = ecolex 1995, 171 = wbl 1995, 207; OGH 08. 11. 2000, 9 Ob 219/00 x; OGH 17. 03. 2004, 7 Ob 37/04 y, ÖBA 2004, 881 = ecolex 2004, 701); eine andere Vorgangsweise käme einer Bevormundung des spekulierenden Kunden gleich (OGH 17. 03. 1998, 10 Ob 54/97 g, ÖBA 1998, 720). In der jüngeren Rsp ist freilich die Tendenz erkennbar, durch eine im Einzelfall besonders strenge Auslegung der Informationspflichten das Spekulationsrisiko letztlich vom Anleger auf den Berater zu überwälzen (siehe dazu bei § 40 Rz 18); dies steht freilich in einem Spannungsverhältnis zum in der Rsp bislang anerkannten Grundsatz, wonach ein spekulierender Kunde nicht zu bevormunden sei, und ist daher abzulehnen.
2. Pflicht zum Einholen von Information Neben der Pflicht zur Übermittlung von Informationen an den Kun- 26 den kennt das Gesetz auch eine den Rechtsträger treffende Pflicht, vom Kunden bestimmte Informationen einzuholen. Diese Pflicht zur Informationseinholung soll es dem Rechtsträger ermöglichen, Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen nach den §§ 43 ff beurteilen zu können.
C. Beratungspflichten Unter Beratung ist im Rechtssinne die mit entsprechender Informati- 27 on einhergehende Verhaltensempfehlung (P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 764; siehe auch Lang, Informationspflichten § 3 Rz 1 ff) zu verstehen. Das WAG stellt keine expliziten Anforderungen an die Beratung des Kunden, zumal es den Terminus Beratung nicht idS gebraucht. Lediglich die Vorschriften über Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen (§§ 43 ff) sind in diesem Zusammenhang beachtlich, weil sie festschreiben, welche Verhaltensempfehlungen ein Rechtsträger 395
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seinen Kunden geben darf. Ansonsten richtet sich in Ermangelung von Sondervorschriften die Beratungspflicht nach dem (vor)vertraglichen Verhältnis des Rechtsträgers zu seinem Kunden (vgl auch Welser, ecolex 1995, 79 ff). Die Beratung kann dabei bereits im Zuge der Anbahnung des Vertragsverhältnisses geschuldet sein; im Rahmen des Vertrages kann sie wiederum Haupt- oder Nebenpflicht sein (P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 768 ff). Der konkrete Umfang der Beratungspflicht wird von der Rsp eher kasuistisch festgelegt, weshalb Vieles eine Frage des Einzelfalls ist (Welser, ecolex 1995, 81; zur Übersicht über die Judikatur Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz K92 ff; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten8 Rz 275 ff). 28 Für die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten nennt die
Jud als entscheidende Faktoren die Person des Kunden einerseits sowie das Anlageprojekt andererseits (OGH 26. 05. 2004, 3 Ob 13/04 i, ÖBA 2005, 57). Zu den für den Umfang der Beratungspflicht maßgebenden Faktoren zählen somit auch die Erfahrenheit oder Unerfahrenheit des konkreten Kunden, seine Sachkundigkeit und der konkrete Umfang der erteilten Information (OGH 14. 02. 2008, 4 Ob 2/08 k). Der Kunde muss so vollständig, richtig und rechtzeitig beraten werden, dass er in der Lage ist, die Auswirkungen seiner Anlageentscheidung zu erkennen (OGH 07. 11. 2007, 6 Ob 110/07 f, ÖBA 2008, 505). Wenn ein Kunde bei Anbahnung des Wertpapiergeschäfts schon entschlossen ist, das Geschäft zu tätigen, indem er einen bestimmten Auftrag erteilt, ist die Bank nur in beschränktem Umfang zur Aufklärung und Beratung verpflichtet. Die Bank treffen Aufklärungspflichten und Beratungspflichten, wenn aus den Umständen ein Mangel an einschlägigen Kenntnissen oder eine Fehlentscheidung offenkundig wird (OGH 23. 11. 2000, 6 Ob 268/00 f, ÖBA 2001, 723). 29 Ein Anlage- oder Vermögensberater ist zu bestmöglicher Beratung
verpflichtet (OGH 29. 04. 1997, 1 Ob 2389/96 x). Die Beratung muss besonders differenziert und fundiert sein, weil vom Berater häufig eine auf die persönlichen Verhältnisse des Anlageinteressenten zugeschnittene Bewertung und Beurteilung der Kapitalanlage erwartet wird und der Kunde ihm weitreichendes persönliches Vertrauen entgegenbringt (OGH 15. 07. 1997, 1 Ob 182/97 i, SZ 70/147 = ÖBA 1998, 230 = RdW 1997, 718). Die Richtigkeit des im Rahmen einer Anlageberatung erteilten Rats ermittelt man nach der Rsp auf Grund einer ex-anteBeurteilung von Tatsachen und der aus ihnen zu ziehenden Schlussfolgerungen; unrichtig ist ein Rat oder eine Empfehlung jedenfalls dann, wenn dabei unrichtige Tatsachen zugrunde gelegt worden sind oder nicht alle erforderlichen Tatsachen ermittelt oder mitgeteilt wor396
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den sind (OGH 08. 06. 1993, 4 Ob 516/93, ÖBA 1993, 987 = RdW 1993, 331 = ecolex 1993, 669). Der Vermögensverwalter muss allgemein über die Risken aufklären, zu einer Beratung über einzelne Anlagegeschäfte ist er idR nicht verpflichtet (OGH 25. 09. 1997, 6 Ob 272/97 m). Ein strenger Maßstab ist nach der Rsp an die Sorgfalt anzulegen, die eine Bank bei Effektengeschäften gegenüber ihrem Kunden anzuwenden hat, darf doch der Kunde darauf vertrauen, dass die Bank über spezifisches Fachwissen im Wertpapierhandel verfügt, aber auch darauf, dass sie ihn bei Abschluss und Durchführung solcher Geschäfte umfassend berät (OGH 15. 07. 1993, 7 Ob 575/93, ÖBA 1994,156 [Iro] = wbl 1994, 28 = ecolex 1994, 15; OGH 23. 11. 1994, 1 Ob 632/94, ÖBA 1995, 317 = RdW 1995, 217 = ecolex 1995, 171; OGH 28. 04. 1999, 7 Ob 177/98 z, ÖBA 1999, 900 = ecolex 1999, 617). Die Rsp nimmt zuweilen einen (stillschweigend geschlossenen) Aus- 30 kunfts- oder Beratungsvertrag als Grundlage einer Auskunfts- oder Beratungspflicht an (dazu Schobel, ÖBA 2001, 752 ff). Ein solcher Auskunfts- oder Beratungsvertrag erscheint allerdings gekünstelt, wenn er – wie in der Rsp häufig der Fall – als von den Parteien konkludent geschlossen angesehen wird. In aller Regel werden die Parteien von einem dementsprechenden Vertragsschluss nichts gewusst haben und auch nicht daran gedacht haben, einen derartigen Vertrag abzuschließen (Schobel, ÖBA 2001, 753; P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 769). Man sollte daher die Konstruktion stillschweigend geschlossener Auskunfts- und Beratungsverträge wieder aufgeben, zumal die Rechtsfigur der culpa in contrahendo für die Bewältigung dieser Sachprobleme ausreicht (Schobel, ÖBA 2001, 754; P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 769).
D. Berichtspflichten Nach den §§ 48 ff hat ein Rechtsträger seinem Kunden in geeigneter 31 Form über die für den Kunden erbrachten Dienstleistungen zu berichten. Das Gesetz differenziert in der Folge zwischen den Berichtspflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung und jenen außerhalb der Portfolioverwaltung sowie den Berichtspflichten jener Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten.
E. Dokumentationspflichten Nach § 22 hat ein Rechtsträger Aufzeichnungen über alle seine Dienst- 32 leistungen und Geschäfte zu führen, damit die FMA die Einhaltung der Anforderungen des WAG überprüfen und sich vor allem vergewissern 397
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kann, ob der Rechtsträger sämtliche Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden eingehalten hat. Nach § 47 hat ein Rechtsträger zudem Aufzeichnungen in Bezug auf die Vereinbarungen zwischen dem Rechtsträger und seinem Kunden zu erstellen.
IV. Sanktionen A. Aufsichtsrecht 33 Aus der Verortung an der Schnittstelle von Aufsichts- und Zivilrecht
(vgl Rz 5) folgend können Verstöße gegen die Wohlverhaltensregeln sowohl aufsichtsrechtliche als auch zivilrechtliche Sanktionen auslösen. Auf der Ebene des Aufsichtsrechts sind die Wohlverhaltensregeln Gegenstand der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des WAG durch die FMA nach § 91. Bei schwerwiegenden und systematischen Verstößen gegen die Wohlverhaltensregeln ist zudem der obligatorische Konzessionsrücknahmetatbestand des § 5 Abs 2 Z 3 erfüllt (siehe dazu § 5 Rz 7).
B. Verwaltungsstrafrecht 34 Wer als Verantwortlicher eines Rechtsträgers iSd § 9 VStG gegen eine
Verpflichtung gemäß §§ 28 bis 59 WAG (und damit gegen die Wohlverhaltenspflichten) verstößt, begeht nach § 95 Abs 2 Z 1 eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis € 50.000,– zu bestrafen.
C. Zivilrecht 1. Haftungsgrundlagen 35 Anders als § 15 WAG aF enthält das WAG 2007 keine Bestimmung,
wonach bei Verletzung der Wohlverhaltenspflichten Schadenersatz begehrt werden kann. § 62 enthielt ursprünglich eine Regelung, die einzelnen Paragraphen ausdrücklich den Charakter von Schutzgesetzen beigemessen hat; diese Bestimmung wurde indes fallengelassen, weil man mit dem allgemeinen Schadenersatzregime des ABGB das Auslangen finden kann und eine eigene Anordnung im WAG überflüssig wäre (vgl die Stellungnahme der WKÖ zum WAG-E 2007, 16/SN-45/ME [XXIII. GP]). Nach allgemeinem Schadenersatzrecht kann sowohl ein Verstoß gegen vertragliche als auch ein Verstoß gegen gesetzliche Pflichten eine Ersatzpflicht des Schädigers auslösen: Verstöße gegen allgemeine Verhaltensnormen, die jedermann unter gleichen Voraussetzungen treffen, werden zu den Delikten gezählt; zu den Schuldverletzungen 398
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gehören die Verletzung von Pflichten aus einer Sonderverbindung, somit neben der Vertragsverletzung insb auch Verstöße gegen vorvertragliche Pflichten (culpa in contrahendo; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 266 f). Zwischen den beiden Haftungssystemen bestehen Unterschiede vornehmlich im Bereich der Beweislast und der Zurechnung des Gehilfenverhaltens (Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 267). Die Einordnung der Wohlverhaltensregeln in dieses Haftungssystem 36 ist schwierig. In der Praxis wird die Haftung bei Verletzung der Wohlverhaltenspflichten über die Schuldverletzung (Vertragsverletzung bzw culpa in contrahendo) gestützt (Graf, ZFR 2009, 84; Gruber, ecolex 2008, 8; ders in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 153 f; Winternitz/Aigner, Haftung des Anlageberaters 11 f; vgl auch Fuchs in Fuchs Vor §§ 31–37 a WpHG Rz 77). Daneben ist es aber auch denkbar, einen Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflichten als Verstoß gegen deliktische Pflichten aufzufassen (Winternitz/Aigner, Haftung des Anlageberaters 11 f; anders offenbar Winternitz, WAG § 13 Rz 58, § 15 Rz 1 sowie Karpf, Verbraucherschutz 149; zum Meinungsstand in Dtld Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 78 ff; Koller in Assmann/Schneider, WpHG4 Vor § 31 Rz 17 und Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 Vor § 31 Rz 6). Insofern die Wohlverhaltenspflichten ein abstrakt gefährliches Verhalten verbieten und damit bezwecken, dass Einzelpersonen oder bestimmte Personenkreise vor der Verletzung ihrer Güter bewahrt werden (dazu Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 102), erscheint eine Charakterisierung der Wohlverhaltenspflichten als Schutzgesetz zutreffend. Daraus ergeben sich einige Besonderheiten: Bei der Verletzung von Schutzgesetzen muss sich das Verschulden des Schädigers nur auf die Übertretung des Schutzgesetzes, nicht aber auch auf den Eintritt des Schadens beziehen; damit sind auch unvorhergesehene Schäden von der Ersatzpflicht umfasst (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 103, 110). Ereignet sich der Schaden, den das Schutzgesetz gerade hintanhalten wollte, so kommt nach hL und der jüngeren Rsp dem Geschädigten ein primafacie-Beweis hinsichtlich der Kausalität zugute (dazu Karner in KBB, ABGB2 § 1311 Rz 6). Die Rsp und mit ihr ein Teil der Lehre wendet bei der Verletzung von Schutzgesetzen § 1298 ABGB mit der Konsequenz an, dass der Schädiger beweisen muss, dass ihn kein Verschulden trifft (zum Meinungsstand vgl Karner in KBB, ABGB2 § 1298 Rz 4). Dies trifft allerdings dann nicht zu, wenn zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten zum Zeitpunkt der Übertretung des Schutzgesetzes noch keine Sonderverbindung bestanden hat (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 16/40; siehe auch Reischauer in Rummel ABGB2 § 1311 Rz 17). 399
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37 Bei genauerer Betrachtung ergibt sich freilich, dass die Verletzung von
Wohlverhaltensregeln weder in die Kategorie der Vertragshaftung noch in die Kategorie des Delitktsrechts passt, sondern vielmehr einen „Zwischenbereich“ zwischen diesen beiden Haftungssystemen bildet. Zwischen dem Rechtsträger und dem Kunden mag bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen bzw -nebendienstleistungen ein Vertragsverhältnis bestehen; es ist aber nicht anzunehmen, dass die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln dabei von den Parteien in die vertragliche Vereinbarung aufgenommen worden ist (vgl allgemein Canaris, Schutzgesetze – Verkehrspflichten – Schutzpflichten, in 2. FS Larenz [1983] 27 [34, 102 ff]; Picker, Vertragliche und deliktische Schadenshaftung, JZ 1987, 1041 [1044]; Koziol, Delikt, Verletzung von Schuldverhältnissen und Zwischenbereich, JBl 1994, 209 [217 f]). Die Anwendbarkeit der Wohlverhaltensregeln setzt freilich weder voraus, dass ein Vertrag zwischen den Parteien zustande kommt, noch, dass die Parteien die Geltung der Wohlverhaltensregeln im Einzelfall vereinbaren. Es handelt sich dabei vielmehr um Pflichten, die ähnlich der culpa in contrahendo die sorgfältige Erbringung der Wertpapierdienstleistung regeln. Im Rahmen der zivilrechtlichen Beachtlichkeit der Wohlverhaltensregeln (dazu oben Rz 7 ff) kann man diese daher als Schutzpflichten begreifen, die aus der Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr erwachsen und dogmatisch zwischen Vertrags- und Deliktshaftung angesiedelt sind (vgl dazu allgemein Canaris, Schutzgesetze – Verkehrspflichten – Schutzpflichten, in 2. FS Larenz [1983] 27 [34]; ders, Täterschaft und Teilnahme bei culpa in contrahendo, in FS Giger [1989] 91 [96 f]). 38 Mit der Qualifikation der Verletzung von Wohlverhaltensregeln als Schutzpflichtverletzung ist freilich noch nicht gesagt, dass der Geschädigte damit nicht in den Genuss der Vorzüge der Vertragshaftung kommen kann; es wird vielmehr auch für solch eine Schutzpflichtverletzung das Greifen der Regeln über die