Preissetzungsmacht in lose gekoppelten Systemen : das Beispiel Konsumgütermärkte
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Zitiervorschau

Jarg Temme

Preissetzungsmacht in lose gekoppelten Systemen

Betriebswirtschaftliche Aspekte lose gekoppelter Systeme und Electronic Business Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. h.c. SSnke Albers, Prof. Dr. Birgit Friedl, Prof. Dr. Daniel Klapper, Prof. Dr. Achim Walter, Prof. Dr. Joachim Wolf, Institut fLir Betriebswirtschaftslehre, Christian-Albrechts-Universit~it zu Kiel Prof. Dr. Udo Konradt, Institut f~ir Psychologie, Christian-Albrechts-Universit~it zu Kiel

In der Schriftenreihe werden Ergebnisse von Forschungsarbeiten ver5ffentlicht, die sich in herausragender Weise mit Fragen des Managements lose gekoppelter Systeme, virtueller Unternehmen und elektronischer Gesch~iftsprozesse besch~iftigen. Die Reihe richtet sich an Leser in Wissenschaft und Praxis, die Anregungen f~ir die eigene Arbeit und ProblemlSsungen suchen. Sie ist nicht auf VerSffentlichungen aus den Instituten der Herausgeber beschr~inkt.

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Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet/Jber abrufbar.

Dissertation Universit~t zu Kiel, 2006

~

1. Auflage September 2006 Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universitiits-Verlag I GWV Fachverlage GmbH,Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/Britta GShrisch-Radmacher Der Deutsche UniversitiJts-Verlag ist ein Unternehmenvon Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschliel~lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch~itzt. Jede Verwertung aul~erhalbder engen Grenzendes Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.gs unzuliJssig und strafbar. Das gilt insbesondere ~r Vervielffiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten w~iren und daher yon jedermann benutzt werden diJrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, Schel~litz Gedruckt auf siiurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-IO 3-8350-0443-3 ISBN-13 978-3-8350-0443-6

Geleitwort Die Wettbewerbsinteraktionen von Herstellern und H~indlern in Konsumgiiterm~rkten sind seit vielen Jahren Gegenstand der Marketing'forschung. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Frage nach den Machtverh~iltnissen zwischen Herstellern und H~indlern. Im Fokus einschl~igiger Arbeiten geht es oft um die Frage, ob es im Untersuchungszeitraum zu Machtverschiebungen zwischen Herstellern und H~indlern, gemessen z.B. fiber die Gewinnaufteilung, gekommen ist. Ausgangspunkt dieser Diskussion sind die beobachteten Konzentrationsprozesse auf Seiten der Industrie und des Handels, wobei diese Konzentrationsprozesse mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten abliefen und auch heute noch ablaufen. Die dokumentierten Untersuchungsergebnisse sind nicht eindeutig und best~itigen keineswegs die in der Popul~rwissenschaft vertretene Auffassung einer Machtverschiebung vom Hersteller zum Handel. Eine Ursache ffir diesen Befund kann in der mangelhaften Eignung der den Untersuchungen h~iufig zu Grunde liegenden Querschnittsdaten liegen. Als weiterer mSglicher Grund wird h~iufig der Wettbewerb zwischen Lebensmitteleinzelh~indlern selber angeffihrt. Dieser sei so scharf, dass eine verbesserte Machtposition des Lebensmitteleinzelh~indlers gegenfiber seinen Lieferanten, der Konsumgfiterindustrie, nicht in gestiegenen Renditen sichtbar wiirde, da der Wettbewerb zwischen den einzelnen H~ndlern kaum Profite zulasse.

Temme stellt in seiner Arbeit ein Instrumentarium vor, welches die Machtbeziehungen zwischen Herstellern und H~indlern in Produktkategorien des Lebensmitteleinzelhandels identifiziert und auch Aussagen fiber mSgliche Machtver~inderungen zul~st. Er konzentriert sich bei seinen Untersuchungen auf Preissetzungsmacht, die er als F~ihigkeit eines Herstellers oder H~iaadlers versteht, die Verteilung des im Absatzkanal generierten Gesamtgewinns zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Gewinne oder Gewinnanteile sind i.d.R., nicht bekannt. Temme entwickelt daffir ein methodisch ~iugerst anspruchsvoUes

Instrumentarium, mit dem er die Gewinnanteile von Herstellern und H~ndlern aus dem beobachteten Nachfrageverhalten der Konsumenten auf der Grundlage theoretisch fundierter Annahmen fiber die Wettbewerbsinteraktionen herleiten kann. Er greift dazu auf die Modellklasse der sogenannten strukturellen Modelle des Wettbewerbs zuriick, in denen explizit das Wettbewerbsverhalten der Marktakteure spezifiziert wird. Diese Modellklasse findet aktuell sehr starke Beachtung in der internationalen Marketingforschung, da sie Theorie und Praxis verkniipft und sich insbesondere zur Simulation der Wirkungen von Marketingentscheidungen eignet. Temme 15st die ibm gestellte Aufgabe eindrucksvoll. Hierzu bedient er sich seiner 5konometrischen F~higkeiten und implementiert anspruchsvolle Nachfragesch~itzungen in der Statistiksoftware GAUSS. Er bewegt sich damit an vorderster Front der internationalen Marketingforschung. Das hebt seine Leistung deshalb weit von dem ab, was normalerweise in Dissertationen geleistet wird. Die Arbeit ist sowohl in ihrem Ansatz als auch vonder methodischen Herangehensweise von grogem innovativem Gehalt. Sie stellt damit einen bedeutenden Beitrag zur Messung der Wettbewerbsinteraktionen auf Konsumgfiterm~irkten dar und erSffnet somit die MSglichkeit, theoretisch fundierte Analysen zur Beantwortung der Frage nach der Macht im Absatzkanal von Gfitern des t~glichen Bedarfs durchzuffihren. Die h~iufig ge~iugerte These einer Machtverschiebung vom Hersteller zum H~indler l~st sich mit seinen Untersuchungsergebnissen nicht stfitzen.

Professor Dr. Daniel Klapper Johann Wolfgang Goethe-Universit~t Frankfurt

VI

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis einer mehrj~hrigen Forschungsarbeit, die Rahmen des Graduiertenkollegs "Betriebswirtschaftliche Aspekte lose gekoppelter me und Electronic Business" an der Christian-Albrechts-Universit~it zu Kiel durchl habe.

Mein aufrichtiger Dank gilt meinem Doktorvater und akademischen Lehrer, Herr Dr. D. Klapper, der die Anregung zu diesem Thema gab und die Fertigstellu Arbeit zu jeder Zeit durch seine kritischen und konstruktiven Anregungen, Hinwe! Verbesserungsvorschl~ge gefSrdert hat.

Wichtige Anregungen kamen auch von den Tr~igern des Graduiertenkollegs, zahlreichen Diskussionen die Entstehung dieser Arbeit gefSrdert haben. Be., hervorzuheben ist hierbei Herr Pros Dr. Dr. h.c. SSnke Albers, dem ich aW ffir die 0bernahme des Zweitgutachtens herzlich danke. Auch Frau Prof. Dr. M Draganska von der Standford University bin ich zu Dank verpflichtet. Sie inspirieri in zahlreichen Gespr~ichen w~ihrend meines Gastaufenthaltes an der Standford Uni

Danken mSchte ich auch meinen damaligen Kieler Kollegen, Christine Ebling, Maria Giinter, Marisa Schlichthorst und Ame SchrSder, die mich in vielf'gltiger unterstiitzt haben.

Die Arbeit wurde durch ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft gef6rdert, der ich sehr verbunden bin.

VII

An dieser Stelle mSchte ich mich bei meiner Familie, insbesondere bei meinen Eltern, bedanken, die mich nicht nur w~hrend meiner Dissertation unterstiitzt haben, sondern mir auch in den Jahren davor jederzeit mit Rat und Tat zur Seite standen.

Meiner Freundin Christiane, die gemeinsam mit mir alle HShen und Tiefen dieser Dissertation durchlebt und durchgestanden hat und mich immer wieder unterstfitzt hat, mSchte ich an dieser Stelle ganz besonders danken. Ohne ihre kritische und sorgf'dltige Durchsicht des Manuskriptes w~ire die Arbeit wohl gar nicht erst fertig geworden, sodass ich ihr diese Arbeit widmen mSchte.

Jarg Temme

VIII

Inh alt sverz ei chnis

XIII

Abbildungsverzeichnis

XV.

Tabellenverzeichnis Abkiirzungsverzeichnis

XIX

Symbolverzeichnis

XXI

1

Problemstellung und Aufbau der Arbeit

2

Grundlagen der Arbeit 2.1

2.2 3

7

Grundlagen zum Absatzkanal

.........................

7

2.1.1

Der Absatzkanal als lose gekoppeltes System

............

2.1.2

Okonomische Theorien zur Preissetzung im Absatzkanal

7 ......

11

2.1.2.1

Dezentralisierte Absatzkan~le . . . . . . . . . . . . . . . .

12

2.1.2.2

Vertikal integrierte Absatzkan~ile . . . . . . . . . . . . . .

15

2.1.2.3

Bewertung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16

Definition von Preissetzungsmacht

....

.

.. . . . . . . . . . . . . . . . .

17

Stand der empirischen Forschung zur Analyse yon Preissetzungsmacht im Absatzkanal

23

3.1

GenereUe Befunde

...............................

23

3.2

Zentrale industrieiibergreifende Analysen von Preissetzungsmacht

3.3

Zentrale industriespezifische Analysen von Preissetzungsmacht . . . . . . .

33

3.4

Zusammenfassende Bewertung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

.....

27

4 S t r u k t u r e l l e M o d e l l e des W e t t b e w e r b s z u r M e s s u n g y o n P r e i s s e t z u n g s 45

macht im A b s a t z k a n a l IX

4.1

Grundlagen und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

4.2

Festlegung der D a t e n g r u n d l a g e

49

4.3

G r u n d f o r m e n von Wettbewerbsbeziehungen

4.4

Ans~itze zur Messung des W e t t b e w e r b s und der Preissetzungsmacht

4.5 5

........................

4.4.1

Grundlagen...

4.4.2

Menii-Ansatz

4.4.3

Conjectural-Variations-Ansatz

4.4.4

Conduct-Parameter-Ansatz

.................

51 ....

............................

54

..............................

58

....................

62

......................

65

Bewertung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Der Conduct-Parameter-Ansatz

68

zur Messung

von Preissetzungsmacht

im Absatzkanal

71

5.1

Vorgehensweise des C o n d u c t - P a r a m e t e r - A n s a t z e s

5.2

Nachfragefunktionen

..............

72

..............................

74

5.2.1

Auswahl und B e w e r t u n g geeigneter Nachfragefunktionen

5.2.2

Discrete-Choice-Modelle

......

........................

74 78

5.2.2.1

Multinomial-Logit-Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

5.2.2.2

Genestete Logit-Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

5.2.2.3

Random-Coefficient-Logit-ModeUe

86

5.2.2.4

5.3

54

.............

5.2.2.3.1

Spezialfall: Latent-Class-Modelle

5.2.2.3.2

Parametersch~itzung

.........

................

Endogenit~it von M a r k e t i n g i n s t r u m e n t e n

89 90

.........

92

5.2.2.4.1

Endogenit~itsproblematik . . . . . . . . . . . . . .

92

5.2.2.4.2

Instrumentvariablen bei Preisendogenit~it . . . . .

95

Angebotsfunktionen

..........

...

.................

5.3.1

H~indlermarge

.............................

5.3.2

Herstellermarge

5.3.3

Kostenfunktion

5.3.4

Ansatz zur Berficksichtigung von Ver~inderungen im Z e i t a b l a u f . . .

101

............................

106

.............................

5.4

Sch~itzgleichung und Parametersch~itzung

5.5

Identifikation von Preissetzungsmacht

101

110

..................

112 113

....................

115

5.5.1

Darstellung des Machtindikators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115

5.5.2

Ansatz zur Identifikation von Einflussfaktoren

116

X

............

6

5.6

Alternative Sch~tzverfahren

5.7

Schwachstellen des Conduct-Parameter-Ansatzes

117 ..............

122

E m p i r i s c h e V a l i d i e r u n g des C o n d u c t - P a r a m e t e r - A n s a t z e s

127

6.1

Vorgehensweise und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

128

6.1.1

Daten der empirischen Analyse

129

6.1.2

Spezifikation der Nachfragefunktion

6.1.3

Spezifikation der Angebots- und Kostenfunktion

6.2

6.3

6.4 7

..........................

.................... .................

131

..........

133

Analyseergebnisse Geschirrspiilmittelkonzentrate . . . . . . . . . . . . . . .

135

6.2.1

Interpretation der Nachfrageparameter . . . . . . . . . . . . . . . .

135

6.2.2

Interpretation der Angebotsparameter

139

6.2.3

Analyse der Grof, handelspreise und Preissetzungsmacht . . . . . . .

................

142

Analyseergebnisse Dosenthunfisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145

6.3.1

Interpretation der Nachfrageparameter . . . . . . . . . . . . . . . .

145

6.3.2

Interpretation der Angebotsparameter

148

6.3.3

Analyse der Grof, handelspreise und Preissetzungsmacht . . . . . . .

................

151

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

153

E m p i r i s c h e A n a l y s e n zur P r e i s s e t z u n g s m a c h t i m d e u t s c h e n L E H

155

7.1

Daten der empirischen Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

155

7.2

Nachfragefunktion

159

7.3

Angebots- und Kostenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

162

7.4

Analyseergebnisse im Markt fiir Allzweckreiniger . . . . . . . . . . . . . . .

163

...............................

7.4.1

Interpretation der Nachfrageparameter

. . 164

7.4.2

Interpretation der Angebotsparameter

7.4.3

Analyse der Preissetzungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.4.4

Einflussfaktoren der Preissetzungsmacht und Implikationen fiir das

................

Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5

167 171

174

Analyseergebnisse im Markt fiir Geschirrspiilmittelkonzentrate . . . . . . .

179

7.5.1

Interpretation der Nachfrageparameter . . . . . . . . . . . . . . . .

180

7.5.2

Interpretation der Angebotsparameter

183

7.5.3

Analyse der Preissetzungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

................

187

7.5.4

7.6

Eiaflussfaktoren der Preissetzungsmacht und Implikationen fiir das Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

190

Vergleich der Analyseergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

193

8 Zusammenfassung und Ausblick

195

Anhang

199

A Ableitungen zur Berechnung der HersteUer- und Hfindlermargen bei Logitnachfragemodellen

199

A.1 Nutzenfunktion I: Linear in Preisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200

A.2 Nutzenfunktion II: Nichtlinear in Preisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

202

B Tabellenanhang

205

B.1 Konfidenzintervalle zu Kapitel 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

205

B.2 Konfidenzintervalle zu Kapitel 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

207

Literaturverzeichnis

211

XII

Abbildungsverzeichnis 1.1

Aufbau der Arbeit

...............................

4

2.1

Distributionssysteme

2.2

Absatzkanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10

2.3

Preissetzung im Absatzkanal

12

3.1

Handelsmarkenentwicklung

3.2

Konzentration Lebensmitteleinzelhandel Europa . . . . . . . . . . . . . . .

25

3.3

Konzentration Lebensmitteleinzelhandel Deutschland

26

3.4

Structure-Conduct-Performance-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

4.1

Zusammenfassung der Vorgehensweise

48

4.2

Wettbewerbsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

5.1

Wahlverhalten im NMML-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

A.1

Linearer vs. nichtlinearer Einfluss des Preises in der Nutzenfunktion . . . .

..............................

9

......................... ..........................

XIII

24

............

....................

203

Tabellenverzeichnis 2.1

Ausgew~ihlte verhaltenswissenschaftliche Machtdefinitionen . . . . . . . . .

20

3.1

Umfrageergebnisse: ' T h e Balance of Power Keeps Shifting ..."

24

3.2

Strukturelle Ver~nderungen, Verhaltens~inderungen und Performancever~nderungen yon Herstellern und H~indlern

.......

..................

30

3.3

Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4.1

Liste ausgew~ihlter Studien, die strukturelle Modelle des Wettbewerbs vero wenden

41

.....................................

46

4.2

Handelspanel- vs. Haushaltspaneldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

4.3

Wettbewerbsinteraktionen

53

4.4

Preissetzungsmacht im Bertrand-Nash-Gleichgewicht bei linearer Nachfragefunktion

...........................

...................................

60

5.1

Ausgew~ihlte Nachfragemodelle

........................

76

5.2

0bersicht fiber mSgliche Instrumentvariablen fiir endogene Preisvariablen

100

5.3

Ursachen fiir Conduct-Parameter ungleich eins

...............

105

5.4

Ursachen fiir Conduct-Parameter ungleich eins

...............

108

6.1

Deskriptiva Geschirrspiilmittelkonzentrate (USA)

6.2

Deskriptiva Dosenthunfisch (USA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

131

6.3

Spezifikation der Nutzenfunktionen

132

6.4

GiitemaSe der MMNL-Modelle fiir Geschirrspiilmittelkonzentrate

6.5

Nachfragesch~itzung fiir Geschirrspiilmittelkonzentrate

6.6

Preiselastizit~iten Geschirrspiilmittelkonzentrate . . . . . . . . . . . . . . .

6.7

Reale Margen vs. berechnete Margen (Geschirrspfilmittelkonzentrate) . . . 140

6.8

Angebot mit Gros

..............

...................... .....

...........

(Geschirrspiilmittelkonzentrate)

XV

130

136 137 139

.....

140

6.9

GMM Angebot ohne Gros

(Geschirrspiilmittelkonzentrate)

6.10 Gesch~tzte und reale Groghandelspreise (Geschirrspiilmittelkonzentrate) 6.11 Gewinnverteilung (Geschirrspiilmittelkonzentrate) . . . . . . . . . . . . 6.12 Gtitemaf, e der MMNL-Modelle fiir Dosenthunfisch . . . . . . . . . . . . 6.13 Nachfragesch~itzung ffir Dosenthunfisch 6.14 Preiselastizit~iten Dosenthunfisch

.................

.............

........ 9

.

6.15 Reale Margen vs. berechnete Margen (Dosenthunfisch) 6.16 Angebot mit Groghandelspreisen (Dosenthunfisch) 6.17 GMM Angebot ohne Gros

-

.........

. ..........

(Dosenthunfisch)

.......

6.18 Gesch~itzte und reale Groghandelspreise (Dosenthunfisch)

.......

6.19 Gewinnverteilung (Dosenthunfisch)

....................

7.1

Hersteller im Markt ffir Allzweckreiniger und Geschirrspiilmittel . . . .

7.2

Deskriptiva

7.3

Spezifikation der Nutzenfunktionen

7.4

Giitemage der MMNL-Modelle ftir Allzweckreiniger . . . . . . . . . . .

7.5

Nachfrageschiitzung ftir Allzweckreiniger . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.6

Preiselastizitgten AUzweckreiniger

7.7

GMM Angebot Allzweckreiniger (station~)

7.8

GMM Angebot Allzweckreiniger (dynamisch)

7.9

Brutto- und Nettogewinnspannen ausgew~hlter HersteUer

................................. ....................

.................... ............... ..............

7.10 Gewinnverteilung (Allzweckreiniger)

...................

7.11 Gewinnverteilung (Allzweckreiniger)

...................

.......

7.12 Preissetzungsmacht bei ver~inderten Rahmenbedingungen (Allzweckreini ger)

.....................................

7.13 Gfitemage Nachfragesch~tzung Geschirrspiilmittelkonzentrate 7.14 Nachfragesch~itzung Geschirrsptilmittelkonzentrate 7.15 Preiselastizit~ten Geschirrspiilmittelkonzentrate 7.16 GMM Angebot Geschirrspiilmittelkonzentrate

...........

............. ..............

7.17 GMM Angebot Geschirrspiilmittelkonzentrate (dynamisch)

7.18 Gewinnverteilung (Geschirrspiilmittelkonzentrate) . . . . . . . . . . . . 7.19 Gewinnverteilung (Geschirrspiilmittelkonzentrate) . . . . . . . . . . . . .

XVI

.....

......

7.20 Preissetzungsmacht bei ver~ialderten Rahmenbedingungen (Geschirrspfilmittel)

.....................................

B.1 Konfidenzintervalle Dosenthunfisch (USA)

191 ..................

205

B.2 Konfidenzintervalle Geschirrspiilmittel (USA)) . . . . . . . . . . . . . . . .

206

B.3 Konfidenzintervalle Allzweckreiniger (station~ir)

207

B.4 Konfidenzintervalle Allzweckreiniger (dynamisch)

............... ..............

208

B.5 Konfidenzintervalle Geschirrspiilmittelkonzentrate (stationer) . . . . . . . .

209

B.6 Konfidenzintervalle Geschirrspiilmittelkonzentrate (dynamisch) . . . . . . .

210

XVII

Abkiirzungsverzeichnis CCG

Centrale fiir Coorganisation

CV

Conjectural-Variations

ECR

Efficient-Consumer-Response

FIML

Full-Information-Maximum-Likelihood

GMM

Generalized-Method-of-Moments

IIA

Independence-of-Irrelevant-Alternatives

iid

identical and independent distributed

IO

Industrial-Organization

LA-AIDS

Linear-Approximate- Almost-Ideal- Demand-System

LC-Modell

Latent-Class-Modell

LEH

Lebensmitteleinzelhandel

MAC

Mean-Absolute-Error

ML

Maximum-Likelihood

MMNL-Modell

Mixed-Multinomial-Logit-Modell

MNL-Modell

Multinomial-Logit-Modell

MS

Manufacturer-Stackelberg

NMNL-Modell

Nested-Multinomial-Logit-Modell

OLS

Kleinste-Quadrate-Sch~tzung (ordinary least squares)

OZ

Ounce

Para.

Parameter

PPI

Producer- Price- Index

RMSE

Root-Mean-Square-Error

RS

Retail-Stackelberg

SCP-Ansatz

Structure-Conduct-Performance-Ansatz

SSE

Sum-of-Square-Error XIX

Std.

Standardabweichung

SUR

Seemingly Unrelated Regression

VN

Vertical-Nash

VSC

Vertical-Strategic-Complements

VSI

Vertical-Strategic-Independence

VSS

Vertical-Strategic-Substitutes

2SLS

Zweistufige Kleinste-Quadrate-Sch~tzung (two stage least squares)

3SLS

Dreistufige Kleinste-Quadrate-Sch~tzung (three stage least squares)

XX

S ymb o lverz ei chnis a

Responseparameter

b

Responseparameter

CF~

Fixe Kosten

C~

Choice-Set des Entscheidungstr~igers n

cR

marginale Kosten des H~indlers R

g

Gruppenindex

G

Matrix, Anzahl an Gruppen

i

Markenindex

j

Markenindex

J

Anzahl der Produkte

k

Markenindex

M

Herstellerindex

mc~

marginale Kosten der Marke i

mk R

H~ndlermarge

mk M

Herstellermarge

n

Konsumentenindex

Ns

Anzahl Zufallsziige

p~

Preis des Produkte i

Q

abgesetzte Menge

R

H~ndlerindex

s

Marktanteil

So

Marktanteil Outside-Good

SC

Channel-Profit

t

Zeitindex

U

Nutzen

XXI

W

Matrix von KosteneinflussgrSt~en

wp

Gros

X

Matrix exogener Variablen

Z

Instrumentvariable

Responseparameter Responseparameter Kosteneinflussparameter markenspezifische Nutzenkomponente StSrterm Conduct-Parameter, Parametervektor StSrterm Parametervektor, SegementgrSf,e Mittelwert, individuenspezifische Nutzenkomponente unbeobachtete Produkteigenschaften Gewinnfunktion Korrelationskoeffizient Standardabweichung, Korrelation zwischen Wahlalternativen Zufallszfige Zufallszfige

r

Dichtefunktion Gewichtungsmatrix

XXII

Kapitel 1 Problemstellung und Aufbau der Arbeit Aufgrund

eines

zunehmenden

Wettbewerbsdrucks,

der

z.B.

durch

verst~irkte

Globalisiemngs- und Konsolidierungstendenzen entsteht, sind Unternehmen gefordert, ihre WertschSpfungsprozesse zu optimieren. Eine MSglichkeit steUen WertschSpfungspartnerschaften dar, bei denen sich jeder Partner auf seine Kernkompetenzen konzentriert. Derartige WertschSpfungspartnerschaften werden auch als lose gekoppelte Systeme verstanden, wenn die Partner in einer nachhaltigen arbeitsteiligen Interaktion zueinander stehen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Hersteller von Giitern des t~glichen Bedarfs bilden mit Absatzmittlern, wie z.B. dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH), diese Form der WertschSpfungspartnerschaft.

Hersteller und H~indler im LEH sehen sich seit Beginn der Neunzigerjahre einem steigenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Viele M~irkte stagnieren, da die Produkte von Konsumenten immer h~iufiger als ~ihnlich und austauschbar angesehen werden. Zudem werden Hersteller mit anhaltenden Konzentrationstendenzen im Handel, steigenden Werbekostenzuschiissen sowie der stark wachsenden Bedeutung von Handelsmarken konfrontiert. Der Handel hingegen ist durch ein anhaltend hohes Wachstum der Discounter sowie sinkender Fl~henproduktivit~ten gepr~gt. Fiir viele Unternehmen wird es folglich zunehmend schwieriger, sich in einer immer komplexer werdenden Umwelt und unter einem st~indig zunehmenden Wettbewerbsdruck am Markt zu behaupten und somit langfristig die Uberlebensfei~higkeit zu sichern. Deshalb ist es im Rahmen der Unternehmensfiihrung nicht nur erforderlich, dutch strategische Marketingpolitik Wettbewerbsvorteile und Kernkompetenzen zu erlangen, sondern auch dariiber hinaus

das Machtpotenzial des eigenen Unternehmens sowie konkurrierender Unternehmen zu erkennen, um es systematisch und zielorientiert im Rahmen der eigenen Wettbewerbsstrategie einzusetzen und zu nutzen (Miiller 1987, S. 2).

Der Einsatz von Macht ermSglicht es Unternehmen, Prozesse und Aufgaben zu koordinieren, die zum (erfolgreichen) Bestehen des Absatzkanals notwendig sind, sowie die Durchsetzung eigener Interessen zu f'Srdern. Der wichtigste Prozess im Absatzkanal, der einer Koordination bedarf, ist die Konditionengestaltung zwischen Herstellern und H~indlern. H~indler streben nach der Maximierung ihres Gewinns, wobei sie zum einen gewinnoptimale Verkaufspreise w~hlen und zum anderen versuchen, mSglichst niedrige Groghandelspreise zu realisieren, um ii~ren Deckungsbeitrag zu maximieren. Die Hersteller hingegen streben auch nach einer Gewinnmaximierung, wobei sie allerdings versuchen, einen gewinnoptimalen Gros

zu realisieren. Das bedeutet, dass bei

der Aufteilung des verfiigbaren Gesamtgewinns jeder Verhandlungserfolg der einen Seite nur zu Lasten der anderen Seite erzielt werden kann. In welchem Mas es Herstellern bzw. H~i~adlerngelingt, die eigenen Interessen wirkungsvoll durchzusetzen, h~tngt von dem jeweiligen Einsatz von Preissetzungsmacht ab. Preissetzungsmacht wird hierbei als die F~ihigkeit verstanden, die Verteilung des Gesamtgewinns zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Verschiedene Studien haben ergeben, dass der Preis die zentrale EntscheidungsgrSge im Absatzkanal darstellt. Der Preis und die mit ibm verbundene Preissetzungsmacht soUen daher den Schwerpunkt der Untersuchungen bilden.

Im Zentrum der vorliegenden Arbeit stehen Analysen zur Preissetzungsmacht im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Hierbei soU zum einen bestimmt werden, wer die Preissetzungsmacht im zu untersuchenden Absatzkanal besitzt. Die genaue Kenntnis der Preissetzungsmacht erleichtert die Bestimmung optimaler Preise bei ver~inderten Rahmenbedingungen, wie z.B. Kostenschwankungen. Zum anderen wird untersucht, mithilfe welcher Instrumente Hersteller und H~indler eine gegebene Machtsituation beeinflussen kSnnen. Hieraus lassen sich dann Implikationen fiir das Management ableiten.

Auf der Grundlage neuerer Entwicklungen der IndustrieSkonomik werden strukturelle Modelle des Wettbewerbs eingefiihrt, welche differenzierte industriespezifische Analysen

zur Preissetzungsmacht ermSghchen. Nach herrschender Meinung scheint die Frage der Machtverteilung zwischen Herstellern und H~indlern jedoch bereits gekl~t. Beispielsweise aufgrund anhaltender Konzentrationstendenzen im Handel, einer stark wachsenden Bedeutung von Handelsmarken, der Zunahme von Werbekostenzuschiissen sowie einer asymmetrischen Informationsverteilung wird h~ufig eine Machtverschiebung angenommen, die sich zu Lasten der Hersteller ausgewirkt haben soU. Allerdings sind die Befunde der Marketing~issenschaft zu den bestehenden Machtbeziehungen nicht eindeutig (z.B. Farris & Ailawadi 1992, Grant 1987, Messinger & Narasimhan 1995, Kadiyali et al. 2000). Bilanzkennziffern nach zu urteilen kann die Macht eher bei den einzelnen Herstellern gesehen werden, da diese oft hShere Umsatzrenditen als der Handel erzielen.

Den Kern der vorliegenden Arbeit bildet deshalb eine umfassende Diskussion von Ans~itzen, die eine differenzierte und fundierte Messung der Preissetzungsmacht im Absatzkanal ermSglichen. Die gewonnenen Erkenntnisse unterstiitzen dann die Herleitung eines strukturellen MehrgleichungsmodeUs, welches die Messung der Preissetzungsmacht im Absatzkanal auf Konsumgiiterm~rkten zul~st. Das entwickelte Modell ermSglicht zudem basierend auf der ermittelten Preissetzungsmacht eine schnelle und effiziente Preisfindung fiir Hersteller und H~indler bei ver~nderten Rahmenbedingungen, wie z.B. Kostenschwankungen. Es stellt somit die Basis f'fir mSgliche Entscheidungssupportsysteme dar. Schliet~hch lassen sich Instrumente identifizieren mit denen Hersteller und H~dler die bestehende Machtsituation ver~ndern kSnnen.

Mit Blick auf die empirischen Arbeiten zur Analyse von Preissetzungsmacht zwischen Herstellern und H~dlern sind drei mSgliche Ans~itze zu unterscheiden: der Menii-Ansatz, der Conjectural-Variations-Ansatz und der Conduct-Parameter-Ansatz. Alle drei Ans~itze sind der Klasse der strukturellen Modelle des Wettbewerbs zuzurechnen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden die dargelegten alternativen Ans~tze zur Messung von Macht in Hersteller-H~indler-Beziehungen in Konsumgiiterm~irkten differenziert erSrtert und bewertet. Ziel ist die Identifikation eines Ansatzes, der eine unternehmensspezifische Messung von Preissetzungsmacht im Absatzkanal ermSglicht. Hierbei gilt es, insbesondere Absatzkanalspezifika zu beriicksichtigen.

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(2.14)

Bei einem Vergleich der Gewinne wird deutlich, dass ein vertikal integrierter Absatzkanal unter den getroffenen Annahmen h5here Gewinne ermSglicht bei gleichzeitig geringeren Verkaufspreisen als im dezentral organisierten Absatzkanal. Ziel der vertikalen Integration ist die Vermeidung doppelter Margen, die bei dezentralisierten Absatzkan~len auftritt. AUerdings zeigen McGuire & Staelin (1983, 1986), dass vertikal integrierte Absatzkan~ile nicht zwangsl~iufig zu einem hSheren Gesamtgewinn fiihren mfissen.

Die Frage der Gewinnaufteilung zwischen Herstellern und H~indlern, die sich bei vertikal integrierten Absatzkan~ilen ergibt, wird im Rahmen der Bargaining-Theorie behandelt. Es wird an dieser Stelle auf die Arbeiten von Tirole (1988), Villas-Boas & Iyer (2003), Dukes et al. (2006) verwiesen, die Ans~itze der Bargaining-Theory darstellen. 2.1.2.3

Bewertung und Fazit

Die beiden dargestellten theoretischen Konzepte stellen Ans~itze zur Preisbildung im Absatzkanal dar. Vor dem Hintergrund der ProblemsteUung dieser Arbeit erscheint jedoch das Konzept integrierter Absatzkan~ile als ungeeignet. Bei den Mitgliedern eines Absatzkanals auf Konsumgiiterm~rkten handelt es sich in der Regel um selbstst~indige Unternehmungen, die eigenst~ndig Entscheidungen treffen. Ein vertikal integrierter Absatzkanal verlangt dariiber hinaus nach langfristigen Vertr~igen zwischen HersteUern und H~indlern, die die Vergiitung beider Partner absichern. Solche Vertr~ge existieren in der Regel jedoch nicht in Absatzkan~len auf Konsumgiiterm~irkten. Hinzu kommt die Existenz yon Netto-netto-Preisen, die den Einkaufspreis der H~indler darstellen (Capune & Crones 2003).

16

Coughlan & Wernerfelt (1989) zeigen aus

dass vertikal integrierte Absatzkan~le in

M~rkten mit perfekten Wettbewerbsbedingungen wahrscheinlicher sind. Im Absatzkanal auf Konsumgiiterm~kten befinden sich in der Regel nur sehr wenige HersteUer und H~indler, sodass nicht yon perfektem Wettbewerb auszugehen ist. Die Existenz dezentralisierter Absatzkan~ile ist daher wahrscheinlicher.

Es wird im Nachfolgenden angenommen, dass das Preissetzungsverhalten auf Konsumgiiterm~kten der Preistheorie dezentralisierter Absatzkan~ile entspricht. Bei der Bestimmung der zeitlichen Reihenfolge einzelner Aktionen scheint eine HerstellerFiihrer-Folger-Beziehung das Verhalten von HersteUern und H~ndlern am besten zu beschreiben (Simon 1992, S. 501). Empirische Untersuchungen, wie z.B. von Sudhir (2001b), unterstfitzen diese Vermutung.

Die Theorie der dezentralen Preissetzung gilt daher als Grundlage der weitereren Untersuchungen. Nachfolgend ist mit Absatzkanal daher immer ein dezentraler Absatzkanal gemeint. Der dezentrale Absatzkanal dient als Ausgangspunkt ffir die Entwicklung von strukturellen ModeUen des Wettbewerbs, die in Kapitel 4 eingehend diskutiert werden.

2.2

Definition von P r e i s s e t z u n g s m a c h t

In der Literatur ist eine Vielzahl von Machtdefinitionen anzutreffen. Allerdings fehlt es aufgrund der vielschichtigen Dimensionen an einer allgemeingiiltigen Definition (Ahlert 1996, S. 98). Unterschiedliche Forschungsdisziplinen liefern verschiedene Machtdefinitionen. Im Wesentlichen gilt es, Machtdefinitionen aus der 0konomie sowie aus verhaltenswissenschaftlichen Disziplinen, wie z.B. der Soziologie und Sozialpsychologie, zu unterscheiden (Sandner 1992, S. 4ft.).

In vielen 5konomischen Arbeiten findet zwar der Begriff Macht Verwendung, wie z.B. bei Bresnahan (1989), Nevo (2001a), jedoch ist oft unklar, was darunter zu verstehen ist, da auf eine theoretische Fundierung verzichtet wird. Vielmehr wird die Existenz yon Macht bereits vorausgesetzt bzw. per Definition ausgeblendet. Betrachtet man beispielsweise die neoklassische Theorie, fs

auf, dass diese als einzige Form der 5konomischen Macht

17

die Marktbeherrschung bzw. das Monopol behandelt. Weitere Formen der Macht werden durch aufgestellte Annahmen ausgeschlossen (Arndt 1973). Auch in der Neuen InstitutionenSkonomie treten Machtfiberlegungen oft in den Hintergrund und Verbindungen zu den jeweiligen Theorien lassen sich nur indirekt herstellen (Barlett 1989, S. 73ff.). Entsprechend h~ilt Barlett (1989) fest, dass sich die Analyse von Macht in der Okonomie in einem "prescientific state" befindet 2.

Ein weiteres Ph~inomen der 5konomischen Literatur ist die Verwendung unterschiedlicher Machtbegriffe. Neben dem Begriff Macht findet man oft das Wort Marktmacht. Nur selten kommt es zu einer angemessenen und einheitlichen Abgrenzung der Begriffe, sodass nachfolgend die Begriffe Macht und Marktmacht synonym verwendet werden. 3 In diesem Zusammenhang kann auch der Begriff wirtschaftliche Macht genannt werden. Der Bezug zur Wirtschaft spiegelt hier nut die zugrunde liegende Forschungsdisziplin wider. Arndt (1981) folgend wird unter wirtschaftlicher Macht eine wirtschaftliche Uberlegenheit verstanden. Nach Arndt ermSglicht diese Form der Macht die Einschr~inkung, Ausnutzung und Beeinflussung der Handlungsfdhigkeit anderer Wirtschaftssubjekte. Auch die Begriffe Angebots- und Nachfragemacht sind h~iufig in der Literatur zu finden (z.B. Amdt 1977, Lademann 1986). Angebotsmacht liegt vor, wenn ein Unternehmen in der Lage ist, einem Nachfrager Anweisungen zu erteilen, die fiir ihn selbst vorteilhaft, aber fiir die von ihm abh~ingigen Nachfrager nachteilig sind. Nachfragermacht ist hingegen gegeben, wenn ein Kunde in der Lage ist, seinem Lieferanten Anweisungen zu erteilen.

Neuere 5konomische Arbeiten greifen in der Regel auf die Industrial-Organization (IO)Forschung und deren Machtdefinition zuriick. Vorteile der IO-Forschung liegen in der Beriicksichtigung spieltheoretischer Uberlegungen, die erst in den sp~ten Sechzigerjahren erforscht wurden, sowie in der Analyse imperfekter M~rkte (Cabral 2000, S. XI). Die IO-Forschung setzt dabei eine Beziehung zwischen Ertrag und Macht voraus. Im Rahmen der IO-Forschung versteht man Macht als: "...market power is defined as pricing above marginal cost" (z.B. Cabral 2000, S. 6), d.h., es werden die Margen der Marktteilnehmer 2 Zur Vernactfl~sigungder theoretischenFundierungdes BegriffsMachtvgl. auch die Beitriigeim Journal of Economic Issues, Vol. 14, December1980. 3 Miiller (1987) beispielsweiseliefert eine Abgrenzung des Begriffs Marktmacht, jedoch hat sich eine derartige Abgrenzungin der Literatur nicht durchgesetzt. 18

verglichen. Diese Definition findet in vielen empirischen Arbeiten Zuspruch. Da die Machtdefinition explizit auf das Preissetzungsverhalten der Marktteilnehmer abzielt, wird diese Form der Macht oft auch als Preissetzungsmacht bezeichnet. Nach dieser Definition besitzt derjenige Marktteilnehmer mehr Macht bzw. Preissetzungsmacht, der die hSheren Margen erzielt.

Im Gegensatz zur Okonomie haben sich insbesondere die Verhaltenswissenschaften, wie z.B. die Soziologie oder die Sozialwissenschaft, sehr intensiv mit der Definition von Macht auseinander gesetzt. In diesen Disziplinen ist es zu einer schwer iiberschaubaren Vielzahl an Machtbegriffen und -definitionen gekommen, ohne sich auf eine einheitliche Definition zu einigen. Alle Ma~htdefinitionen weisen jedoch einen gemeinsamen Kern auf. Die bekannteste Definition von Macht diirfte von Weber (1922) aus der Soziologie stammen. Er defmiert Macht als Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen den Widerstand eines Dritten durchzusetzen. Definitionen, die inhaltlich vergleichbar sind, stammen z.B. von Simon (1953), Dahl (1957), Emerson (1962) und Cartwright (1965)(vgl. Tabelle 2.1).

In allen Definitionen wird Macht im Kern als die F~higkeit verstanden, eine Verhaltens~inderung hervorzurufen. Durch Macht bewegt man jemanden (aber auch sich selbst) dazu, etwas zu tun, das er (man) ansonsten nicht getan h~itte. Diese Kernaussage findet sich auch in marketing- bzw. absatzkanalspezifischen Machtdefinitionen wieder, wie z.B. bei Wilkinson (1974), E1-Ansary & Stern (1972). Der verhaltenswissenschaftlichen Literatur folgend ist Macht im Absatzkanal als die F~ihigkeit definiert, Entscheidungsvariablen (u.a. den Preis) eines anderen Absatzkanalmitgliedes zu beeinflussen.

Im Grof,en und Ganzen ist die Sichtweise der Verhaltenswissenschaft kongruent mit der der Okonomen. Auch in der Okonomie befahigt Macht jemanden, Verhalten bzw. Preissetzungsverhalten zu ver~ndern. Zum einen ermSglicht Macht einem Marktteilnehmer, hShere Margen zu erzielen. Macht fiihrt somit zu einer Verhaltens~inderung seinerseits. Zum anderen ver~indert Macht durch das Erzielen hSherer Margen das im Markt zugrunde liegende Wettbewerbsverhalten. Uber die Ver~inderung im Wettbewerbsverhalten wird somit indirekt auch Einfluss auf die Margen der anderen Wettbewerbsteilnehmer

19

Tabelle 2.1: Ausgew~ihlte verhaltens~[issenschaftliche Ma_chtdefinitionen Autoren

Definitionen

Simon (1953)

"... an asymmetrical relation between the behavior of two persons ... a change in the behavior of one (the influencer) alters the behavior of the other (the influencee)"

Dahl (1957)

"A has power over B to the extent that A can get B to

Emerson (1962)

'q~he power of actor A over B is the amount of resistance

do something that B would not otherwise do"

on the part of B which can be potentially overcome A" Cartwright (1965)

'~rhen an agent, O, performs an act resulting in some change in another agent, P, we say that O influences P. If O has the capability of influencing P, we say that O has power over P"

Wilkinson (1974)

"Power can be regarded as the ability of a firm to affect another's decision making/or overt behavior"

E1-Ansary & Stern (1972)

" ... the power of a channel member is his ability to control the decision variables in the marketing strategy of another member in a given channel at a different level of distribution"

genommen. Es zeigt sich, dass die 6konomische Machtdefinition mehr die Auswirkungen von Macht betrachtet, wohingegen die verhaltenswissenschaftliche, wie der Name bereits sagt, das Verhalten der Marktteilnehmer beschreibt. Nachfolgend liegt mit Hinblick auf die empirische Messung von Preissetzungsmacht der Schwerpunkt der Diskussion auf der 5konomischen Definition von Macht.

Um Aussagen zur Preissetzungsmacht und deren Verteilung im Absatzkanal zwischen Hersteller und H~indler treffen zu kSnnen, haben Kadiyali et al. (2000) die 5konomische Definition der IO-Forschung modifiziert. Sie definieren Preissetzungsmacht fiber die Margenverteilung zwischen Hersteller und Hfiadler. Bereits Peters (1980) weist darauf hin, dass die Verteilung des Gewinns zwischen Hersteller und H~ndler entscheidend von der Machtverteilung im Absatzkanal determiniert wird. Kadiyali et al. (2000) unterstellen

20

hierbei, dass hohe Margen mit Preissetzungsmacht gleichzusetzen sind. Erh/ilt ein Akteur mehr als 50 Prozent der Gesamtmarge, die erzielt wurde, dann besitzt dieser die Preissetzungsmacht. Grundlage der nachfolgenden empirischen Untersuchungen ist die Machtdefinition yon Kadiyali et al. (2000).

Es ist denkbar, dass beide Parteien eine annfiJaernd gleich hohe (niedrige) Marge erzielen. In einem solchen Fall wird von einer symmetrischen Machtverteilung gesprochen. Beide Parteien erhalten dann 50 Prozent der Gesamtmarge. Eine asymmetrische Machtverteilung liegt hingegen vor, wenn es bei der Gewinnverteilung einen 0berhang gibt. D.h., einer der Akteure erhiilt einen grSf,eren Anteil am Gewinn als das Gegenfiber. In einem solchen Fall besitzt einer der Akteure die Preissetzungsmacht. Die Extremfalle einer asymmetrischen Machtverteilung sind die Hersteller- bzw. H~indlerdominanz. Hierbei bekommt eine der Parteien nahezu den gesamten erzielten Gewinn.

Die in Kapitel 4 und 5 zu entwickelnden Modene basieren auf spieltheoretischen Erkenntnissen und verwenden das hier dargestellte Konzept der Preissetzungsmacht.

21

Kapitel 3 Stand der empirischen Forschung zur Analyse von Preissetzungsmacht im Absatzkanal Das nachfolgende Kapitel gibt einen 0berblick fiber den Stand der empirischen Forschung zur Analyse von Preissetzungsmacht im Absatzkanal. Hierbei kommt es zu einer Zweiteilung. Zum einen werden Ansgtze diskutiert, die industrieiibergreifende Analysen durchffihren, und zum anderen werden Studien erSrtert, die speziell die Preissetzungsmacht im Absatzkanal innerhalb einer spezifischen Industrie untersuchen. Vorweg werden generelle Befunde zur Preissetzungsmacht im Absatzkanal dargestellt.

3.1

Generelle Befunde

In den letzten beiden Dekaden kam es vermehrt zu der Aussage, dass eine Machtverschiebung im Lebensmitteleinzelhandel stattgefunden hat bzw. stattfindet. Hierbei werden jeweils die Hersteller als Verlierer der Machtverschiebung betrachtet. Umfragen zeigen, dass sowohl Manager auf Hersteller- als auch auf Handelsseite diese Machtverschiebung wahrnehmen (vgl. Tabene 3.1).

Als Ursache ffir diese wahrgenommene Machtverschiebung werden oft zwei Entwicklungen genannt. Zum einen ist ein konstantes Wachstum von Handelsmarken und zum anderen eine immer hShere Konzentration von Handelsunternehmen zu beobachten (z.B. Aiginger

23

Tabelle 3.1: Umfrageerl ebnisse: '~Fhe Balance of Power Keeps Shifting ..." Machtverschiebung?

Zum Vorteil der H~indler Hersteller

Nein

Ja

Handelsketten

39%

61%

65%

35%

Grot~h~indler

26%

74%

55%

45%

Hersteller

~5%

85%

87%

13%

Quelle: In Anlehnung an PG (1992) et al. 1999). Abbildung 3.1 zeigt die Entwicklung der Handelsmarken in den letzten Jahren. Bei Handelsmarken wird typischerweise unterstellt, dass die Margen fiir den Handel h6her sind als bei klassischen Markenprodukten (z.B. Messinger & Narasimhan 1995). Connor & Peterson (1992) und Ailawadi & Harlam (2004) begriinden die grSs

Marge der Handelsmarken dutch eine geringere Konzentration ihrer Hersteller.

Hinzu kommt, dass sie in M~irkten operieren, in denen nur ein geringer Grad der Produktdifferenzierung existiert (Ailawadi 2001). Als Ergebnis erzielen die Hersteller von Handelsmarken nur geringe Groi~handelspreise, die dicht an den marginalen Kosten liegen.

Abbildung 3.1: Handelsmarkenentwicklung Handelsmarkenanteile LEH z E

353025-

=

20-

i

15-

~ m

31.3 25.8

28

21

105-

2000

1995

2001

2002

Quelle: In Anlehnung an GfK (2004) Ailawadi & Harlam (2004) best~itigen in ihrer Untersuchung, dass die Margen von Handelsmarken auf Handelsseite signifikant gr6s

sind als Margen von Herstellermarken.

Zus~itzlich zu den hSheren Margen, die bei Handelsmaxken erzielt werden, fiihrt die 24

Einfiihrung yon Handelsmarken zu einer verbesserten Verhandlungsposition des Handels gegenfiber Herstellern yon Herstellermarken. H~ndler kSnnen durch die Einffihrung von Handelsmarken grSgere Margen bei den HersteUermarken erzielen. Mills (1995) beispielsweise zeigt, dass ein hoher Marktanteil bei Handelsmarken es dem H~ndler ermSglicht, grS~re Margen bei Herstellermarken zu erzielen. Laut seinem Modell sinken sowohl die Grof~handels- als auch die Verkaufspreise von Herstellermarken, wenn der Marktanteil der Handelsmarke sich erhSht. Allerdings fallen Groghandelspreise starker als Verkaufspreise, sodass die Margen sich vergrSgern.

Narasimhan & Wilcox (1998) und Morton & Zettelmeyer (2000) modellieren auch die Verhandlungsmacht von Handelsmarken. Sie argumentieren, dass die MSglichkeit des H~indlers, einen grSgeren Anteil am Gewinn zu erzielen, durch den potenziellen Marktanteil einer Handelsmarke kommt.

Abbildung 3.2: Konzentration Lebensmitteleinzelhandel Europa Marktkonzentration Europa

300~

36.80%

250

200.

28.30%

~

;

....

-]- 40.00% 35.00%

"

~ 30.00%

22.70% ~

+ 25.00% I 20.00%

9I~ 1 , 5 0 .

t:oo: 15.00%

1009 50.

J 0.00% 1997/98

2001102

2005/06

[ZZ~ Gr61~ter~Zweitgr~l~ter ~===aDrittgrSIMer r'--'-J7 N~chstgr61~te~ A n t e i l Top 10]

Quelle: In Anlehnung an KPMG (2004) Ailawadi & Harlam (2004) finden in ihrer Studie fiber zwei groge Handelsketten eine positive Beziehung zwischen dem Marktanteil einer Handelsmarke und den Margen des Handels bei den Herstellermarken in einer Produktkategorie. Ihr Fazit ist, dass ein hoher Marktanteil bei der Handelsmarke dem H~indler grS~,ere Margen bei den Herstellermarken ermSglicht. Demnach wiirde ein Wachstum der Handelsmarken eine Verschiebung der Gewinne vom Hersteller zum H~indler mit sich bringen. 25

Neben dem Handelsmarkenwachstum ist eine hohe Konzentration des Handels festzustellen. Der Grund ffir das Interesse an der Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel ist, dass iiblicherweise eine hShere Konzentration mit hSheren Margen einhergeht. Weiss (1974) gibt einen 0berblick fiber verschiedene Studien, die diese Beziehung best~itigen. Abbildung 3.2 stellt die Konzentration im europ~iischen Lebensmitteleinzelhandel dar. Die Grafik zeigt0 dass die Konzentration zunimmt und sich die Marktanteile der Marktfiihrer zu Lasten der fibrigen Anbieter ver~hadern. Durch die Biindelung der Nachfrageseite erarbeiten sich die Handelsunternehmen eine verbesserte Verhandlungsposition (Zentes 1996) und somit die M5glichkeit, hShere Maxgen zu erzielen. Verglichen mit dem europ~iischen Durchschnitt ist der Konzentrationsprozess in Deutschland bereits weit fortgeschritten (vgl. Abbildung 3.3).

Abbildung 3.3: Konzentration Lebensmitteleinzelhandel Deutschland

Quelle: In Anlehnung an ACNielsen (2004) Es wird deutlich, dass einige Indikatoren existieren, die die Vermutung einer Machtverschiebung zu Lasten der Hersteller zulassen. Jedoch ist ein deraxtiger Riickschluss nicht ohne weiteres mSglich. Beispielsweise ist es denkbar, dass diese Entwicklungen durch weitere Faktoren verursacht werden, die nicht im Zusammenhang mit der Machtsituation zwischen Herstellern und H~ndlern stehen. Auch die Riickschlfisse auf die Profitabilit~tsver~nderungen miissen genauer untersucht werden. Tedlow (1990) beispielsweise zeigt, dass Handelsmarken den Gewinn einer Produktkategorie schm~lern kSnnen. In diesem

26

Fall ist es unklar, ob es zu einer Machtverschiebung in Form einer Gewinnverschiebung zwischen Herstellern und H~indlern kommt. Es ist daher notwendig, weiterfiihrende Analysen durchzuffihren. Eine Diskussion dieser Studien erfolgt in den n~ichsten Abschnitten.

3.2

Zentrale industrieiibergreifende Analysen von Preissetzungsmacht

Die Entwicklung der Handelsmarken sowie die Konzentration im LEH unterstiitzen teilweise die Hypothese einer Machtverschiebung zu Lasten der Hersteller. Obwohl es sich hierbei um eine sehr weit reichende FeststeUung handelt, die nicht nur Hersteller und H~indler betrittt, sondern auch WettbewerbsbehSrden und Wissenschaft, existieren bisher nur sehr wenige Arbeiten, die eine systematische Untersuchung der Machtbeziehungen im Absatzkanal durchffihren. Lediglich die Arbeiten von Grant (1987), Farris & Ailawadi (1992), Messinger & Narasimhan (1995), Ailawadi et al. (1995) untersuchen empirisch eine mSgliche Machtverschiebung im Absatzkanal. Steiner (1973, 1978, 1991, 1993), Albion & Farris (1982) erforschen zwar nicht schwerpunktmfi$ig eine Machtverschiebung im Absatzkanal, sondern den Zusammenhang zwischen HersteUerwerbung und den Margen yon Herstellem und Hfiadlern in unterschiedlichen Industrien, aber aufgrund der Betrachtung der Margen ermSglichen auch diese Studien Aussagen zur Preissetzungsmacht.

Diese Arbeiten basieren auf dem Structure-Conduct-Performance (SCP)-Ansatz, der eiher der zentralen Bestandteile der IndustrieSkonomischen Theorie ist. Bei diesem Ansatz 9

.

steht die empirische Forschung im Vordergrund. Er basiert auf den Arbeiten von Mason (1939) und Bain (1951, 1968). Als Datengrundlage dienen in der Regel Informationen aus dem Rechnungswesen, wie z.B. der ROI. Ziel ist das Ableiten von Gesetzm~i~,igkeiten, die sich aus realen Mfirkten erkennen lassen. Folglich basiert diese Forschung iiberwiegend auf industrieiibergreifenden Querschnittsanalysen vieler Industrien. Beim SCP-Ansatz wird unterstellt, dass die in einer Branche vorliegende Marktstruktur das Verhalten von Unternehmen (z.B. Preissetzungsverhalten) determiniert, das wiederum den Erfolg bzw. das Marktergebnis bestimmt. Abbildung 3.4 verdeutlicht diesen Zusammenhang.

27

Abbildung 3.4: Structure-Conduct-Performance-Ansatz

:~!,'.ir':(Structure) ~ L~:~ ~!.!:ie.:!:i~:~::J (Performance) |~i.: .i.: iiii~i~ii"!iiii~,~iiii~i~i~ iii!i!i!ii'i~!il ~~ii!iii~iii~iiiiiiiiiii{ii~iiii{ii~ :; , ~ ~ ~ ~ : ! ' ! : ~ : ! ; . ~ : ~ ::::::::::::: N~i~~,iiii;?i::,,iii,,::??:;-:i:~ :::::!:~:::':~' ::~' J'~~' :::::~ :;"............~ i : ~ ; : k

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;i

:i QueUe: In Anlehnung an Kadiyali et al. (2001)

Die empirischen Arbeiten des SCP-Ansatzes verwenden Gewinnspannen oder Bilanzkennziffern des Rechnungswesens (z.B. ROS, ROI, ROA) als Mage ffir Erfolg und somit auch f'fir Macht (z.B. Marion et al. 1979, Farris & Ailawadi 1992). Wenn es zu einer Machtverschiebung zwischen Herstellern und H~indlern gekommen ist, wfirde man insbesondere erwarten, dass H~indler nach einer Verschiebung mehr und Hersteller weniger verdienen als vor einer Machtverschiebung. Die relevante Frage ist daher, ob es zu einer Ver~i~demng der Kennziffern gekommen ist.

Grant (1987) greift diese Fragestellung in seiner Analyse von Hersteller-H~ndlerBeziehungen im englischen Markt der Jahre 1975 bis 1983 auf. Hierzu ffihrt er Regressions- und deskriptive Analysen durch. Grant findet heraus, dass die Kapitalrenditen der Hersteller in diesem Zeitraum, sowohl in absoluten Werten als auch im Verh~iltnis zu den H~ndlern sinken. Die entstehende H~indlermacht begrfindet er nicht durch eine steigende Konzentration auf der Handelsseite, sondern durch einen Mangel an Konzentration auf der Herstellerseite.

Farris & Ailawadi (1992) untersuchen mithilfe von Zeitreihendaten der amerikanischen Lebeasmittelindustrie und des Handels Ver~inderungen der Rentabilit~tsma~e. Sie verwenden hierzu drei Maf, zahlen: Gross Margin/Sales, Net Return on Sales und Net Return on Assets. Als Datengrundlage dienen Informationen aus der COMPUSTAT28

Industriedatenbank fiber einen Zeitraum von 19 Jahren (1972-1990). Farris & Ailawadi wenden unterschiedliche deskriptive Verfahren und Trendregressionen an, um Veriinderungen der PerformancegrSgen aufzudecken. Sie stellen dabei lediglich geringe Anderungen bei den Profitabilit~itsgrSgen des Handels fest. Auf der Herstellerseite hingegen zeigt sich eine Zunahme der Profitabilit~it. Farris & Ailawadi stellen fest, dass insbesondere grot~e Hersteller durchweg profitabler sind als kleine Hersteller.

Zu ~hnlichen Ergebnissen kommen auch Bloom & Perry (2001), die Machtbeziehungen zwischen Herstellern und dem Handelsunternehmen Wal-Mart untersuchen. Bloom & Perry finden heraus, dass kleine Hersteller, die ihre Produkte fiber Wal-Mart ver~iuf,ern, schlechtere PerformancegrSf,en aufweisen als vergleichbare Hersteller, die nicht mit WalMart zusammenarbeiten. Groge Hersteller hingegen erzielen eine bessere Profitabilit~it bei einer Zusammenarbeit mit Wal-Mart. Bei der Betrachtung von Macht ist daher die GrSge der HersteUer ein wesentlicher Einflussfaktor, der bei industriefibergreifenden Analysen bisher vernachl~sigt wurde.

Die Ergebnisse von Farris & Ailawadi (1992) widerlegen ffir den amerikaaischen Markt die These einer Machtverschiebung, die sich zu Lasten der Hersteller auswirkt. Sie liefern drei mSgliche Interpretationen des Ergebnisses: 1. Es hat keine Machtverschiebung zu Lasten der Hersteller stattgefunden. MSglicherweise kam es sogar zu einer Machtverschiebung, von der die Hersteller profitieren. 2. Es hat eine Machtverschiebung stattgefunden, aber die H~indler sind nicht in der Lage diese Macht in wachsende Profitabilit~t zu verwandeln. MSgliche Griinde kSnnten z.B. mangelnde ManagementF~ihigkeiten oder Handelswettbewerb sein. 3. Macht spiegelt sich nicht in den untersuchten Profitabilit~itsgrSs

wider, sodass der

gew~hlte Ansatz zu fiberdenken ist. Auch Messinger & Narasimhan (1995) untersuchen den amerikanischen Lebensmitteleinzelhandel nach einer Machtverschiebung, die sich zu Lasten der Hersteller auswirkt. Hierzu geben sie einen umfassenden 0berblick fiber struktureUe Ver~derungen, J~nderungen im Verhalten von Herstellern und H~indlern und letztendlich Ver~inderungen der Profitabilit~it von HersteUern und Hiindlern. Die grSgten Veriinderungen in Hinblick auf 29

Struktur, Verhalten und Performance von HersteUern und H~indler in den letzten Jahren sind in Tabelle 3.2 zusammengefasst.

Tabelle 3.2: Strukturelle Ver~inderungen, Verhaltens~nderungen und Performancever~indemngen von HersteUern und H~indlern ,

,

,.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

-

,

,,

Strukturelle Verfinderungen

Verhaltens~inderungen

Performancever~inderungen

- Ver~inderungen der Laden-

-

-Abnahme der Herstellerpro-

grSge und des Formats bei

Produktneue'mfiihrungen

fitabilit~t

- Zunahme von Handelsmar-

- Abnahme der H~indlerprofi-

Produktdifferenzierung/

H~ndlern - Wunsch nach mehr Vielfalt bei den Konsumentea

ken

tabilit~it

- Zunahme der Hersteller- und

- Zunahme an Werbekosten-

- Verhfiltnis von Hersteller-

H~indlerkonzentration

zuschiissen

und H~i~dlerprofitabilit ~t

- Ver~i~derung des Zugangs zu

- Geringerer Anstieg der Ver-

Informationen bei Herstellern

kaufspreise als der Groghan-

und H~ndlern

delspreise

Quelle: In Anlehnung an Messinger & Naxasimhan (1995) Um die Frage einer Machtverschiebung zu beantworten, mfissen die Ver~inderungen der PerformancegrSgen n~iher betrachtet werden. Messinger & Narasimhan (1995) verwenden genau wie Farris & Ailawadi (1992) Daten des Rechnungswesens, aUerdings greifen sie auf Informationen der RMA Annum Statement Studies und der QFR Census Daten zuriick. Zus~itzlich zu den Performancemagzahlen betrachten sie Daten der Aktienm~rkte. Jedoch kSnnen auch Messinger & Narasimhan (1995) keine allgemeine Ver~inderung der Rentabilit~itsgrS~n feststellen, die auf eine Machtverschiebung zu Lasten der HersteUer hindeuten. Die Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass es zwischen ausgew~hlten Herstellern und H~i~dlern zu einer Machtverschiebung gekommen ist, jedoch findet eine n~here Betrachtung nicht statt.

In einem n~ichsten Schritt stellen Messinger & Narasimhan (1995) Verbindungen mittels Regressionsanalysen zwischen den Struktur- und Verhaltenss

und

den Rentabilit~tsgrSgen her. Sie zeigen, dass die Rentabilit~it der HersteUer signifikant negativ und die Rentabilit~t der H~ndler signifikant positiv durch die Zunahme der 30

Handelskonzentration beeiaflusst werden. Eine Zunahme der Herstellerkonzentration hingegen hat nur einen signifikant positiven Einfluss auf die Rentabilit~it der Hersteller, jedoch eine insignifikante Wirkung auf die Rentabilit~it der Hfia-ldler. Die Einfiihrung von Scannerkassen zur Informationsgewinnung hat erwartungsgem~it~ einen signifikanten negativen Einfluss auf die Rentabilit~t der Hersteller. Die Ergebnisse best~tigen die im SCP-Ansatz postulierten Hypothesen, jedoch unterstiitzen die Ergebnisse nicht die These einer Machtverschiebung zu Lasten der Hersteller, da es zu keinem Anstieg der Rentabilit~itskennziffern des Handels in Bezug auf die Rentabilit~it der HersteUer gekommen ist.

Eine weitere Studie, die die Fragestellung einer Machtverschiebung im amerikanischen Lebensmitteleinzelhandel aufgreift, stammt von Ailawadi et aJ. (1995). Auch hier kommt es zur Betrachtung von Rentabilit~itsgrSs

um die Fragestellung zu beantworten. Im

Gegensatz zu Messinger & Narasimhan (1995) betrachten sie nicht nur bereits ausgefibte Macht, sondern auch potenzielle Macht. Hierzu leiten Ailawadi et al. ErfolgsgrSf, en ab, die den so genannten Goodwill berficksichtigen. Goodwill stellt die Differenz aus Maxktwert und Buchwert eines Unternehmens dar. Grundlage der Untersuchung bilden Finanzdaten der COMPUSTAT-Datenbank auf Jahresbasis fiir den Zeitraum 1982-1992. Der Datensatz enth~ilt 909 Hersteller und 274 H~ndler aus jeweils unterschiedlichen Industrien. Analysiert werden verschiedene ErfolgsgrSs

u.a. auch GrSs

die Good-

will beriicksichtigen. Im Wesentlichen werden diese ErfolgsgrSf, en mit deskriptiven Verfahren und Trendregressionen untersucht. Bei einer Analyse fiber alle Industrien kommen Ailawadi et al. zu den gleichen Ergebnissen wie Farris & Ailawadi (1992) und Messinger & Narasimhan (1995). Es kommt zu keiner signifikanten Steigerung der PerformancegrSf,en der H~ndler in Bezug auf die Rentabilit~it der Hersteller und somit zu keiner Machtverschiebung, die sich in hSheren Gewinnen widerspiegelt. Vielmehr nimmt die Rentabilit~it der H~indler gegeniiber den Herstellern ab. Bei einer disaggregierten Betrachtung von ausgew~ihlten Herstellern und H~indlern zeigt sich allerdings, dass einige weaige H~indler, wie z.B. Wal-Mart, ihre Rentabilit~it im Verh~iltnis zu den Herstellern steigern konnten.

Studien, die Aussagen zur Preissetzungsmacht ermSglichen, obwohl sie diese nicht

31

explizit untersuchen, stammen von Steiner (1973, 1978, 1991, 1993). Steiner untersucht in einer Serie von Studien den amerikanischen Spielzeugmarkt. Es werden Margen yon Herstellern und H~indlern zwischen 1958 und 1972 betrachtet. Herstellermargen sind in diesem Zeitraum st~indig gestiegen. Im Jahr 1958 lagen sie noch bei 28 Prozent, im Jahr 1972 betrugen sie bereits 33 Prozent. Im gleichen Zeitraum sind die H~i~dlermargen jedoch dramatisch yon 49 Prozent auf 33 Prozent gefaUen. Diese Entwicklung der Margen deutet auf eine Machtverschiebung zugunsten der Hersteller hin, wobei jedoch keine endgiiltigen Aussagen zur Preissetzungsmacht getroffen werden kSnnen, da lediglich Informationen fiber relative GrSgen vorliegen. In einer weiteren Analyse des amerikanischen Kleidungsmarktes zeigt Steiner, dass die Margen der Hersteller weit unter dem Landesdurchschnitt liegen, wohingegen die Margen der H~indler yon 50 Prozent deutlich fiber dem Durchschnitt liegen. Es kann daher vermutet werden, dass im amerikanischen Kleidungsmarkt die Macht bei den H~indlern liegt. Ein umfassender 0berblick fiber weitere Studien ist Steiner (1993) zu entnehmen.

Die Arbeiten, die den amerikanischen Markt analysieren (Farris & Ailawadi 1992, Ailawadi et al. 1995, Messinger & Narasimhan 1995, Steiner 1993), haben gezeigt, dass mithilfe von Finanzdaten in den USA keine einheitliche Machtverschiebung festgestellt werden konnte, aus der hShere Gewinne der H~indler resultieren. Grant (1987) hingegen zeigt fiir den englischen Markt, dass es dort zu einer Ver~inderung der Gewinnmargen gekommen ist und somit auch zu einer Machtverschiebung zu Lasten der HersteUer. Auf der Basis der vorgestellten Arbeiten ist folglich keine allgemeingiiltige Aussage zu treffen.

Um Aussagen zu den Machtbeziehungen zwischen HersteUern und H~indlern abzuleiten, sind daher l~inderspezifische Analysen notwendig. Weiter zeigen insbesondere die Arbeiten von Farris & Ailawadi (1992), Ailawadi et al. (1995), Messinger & Narasimhan (1995), dass eine aggregierte Betrachtung der Machtverh~ltnisse zu unpr~izisen Aussagen ffihrt. Vor dem Hintergrund der ProblemsteUung scheint es daher angebracht, eine herstellerund h~dlerspezifische Analyse zur Untersuchung der Machtbeziehungen durchzufiihren. Augerdem ist die Messung yon Macht mittels Bilanzkennziffern zu fiberdenken, da unklar ist, ob hohe bilanzierte Gewinne ein gutes oder schlechtes Unternehmensergebnis widerspiegeln (z.B. Demsetz 1974, Schmalensee 1989). Im nachfolgenden Abschnitt wer-

32

den daher Arbeiten vorgestellt, die auf die Verwendung von Bilanzkennziffern verzichten. Augerdem fiihren die nachfolgend beschriebenen Arbeiten industriespezifische Analysen durch.

3.3

Zentrale industriespezifische Analysen von Preissetzungsmacht

Die Ergebnisse der industrieiibergreifenden Analysen von Farris & Ailawadi (1992), Ailawadi et al. (1995) und Messinger & Narasimhan (1995) deuten darauf hin, dass Preissetzungsmacht industriespezifisch zu betrachten ist. Es werden daher nachfolgend Ans~itze und Ergebnisse von Studien vorgestellt, die auf der Analyse einzelner Industrien/Branchen beruhen. Arbeiten, die die Preissetzungsmacht industriespezifisch betrachten, basieren in der Regel auf strukturellen Modellen des Wettbewerbs, die eingehend in Abschnitt 4 diskutiert werden.

Strukturelle Modelle des Wettbewerbs sind volkswirtschaftlich begriindet und wurden in den letzten Jahren verst~kt in der empirischen Marketingwissenschaft aufgegriffen (z.B. Klapper 2001b, 2003, Sudhir 2001a, Sudhir et al. 2005, Chintagunta 2002). Im Unterschied zum SCP-Ansatz werden bei strukturellen Ans~tzen nur einzelne Industrien bzw. Produktkategorien untersucht.

Strukturelle Modelle ermSglichen Analysen zur Preissetzungsmacht, zur Profitabilit~it von Marketingentscheidungen, zum Wettbewerbsverhalten und zu den durch Wettbewerbsverhalten ausgelSsten Gewinnwirkungen. Strukturelle Ans~itze basieren auf empirischen 5konometrischen Analysen, die in einzelnen Produktkategorien durchgefiihrt werden. Bestandteile eines solchen Modells sind Nachfrage-, Angebots- und Kostenfunktionen. Die Nachfragefunktionen messen die Marktreaktionen auf strategische Entscheidungen der HersteUer bzw. H~indler, w~hrend die Angebotsfunktion die strategischen Entscheidungen der Wettbewerber unter Beriicksichtigung der marginalen Kostenfunktion erfassen. Man spricht yon strategischen Entscheidungen, da sich die Entscheidungen der einzelnen Akteure gegenseitig beeinflussen. Folglich miissen diese bei der Strategiewahl mit beriicksichtigt werden. Zur Identifikation der Wettbewerbsinteraktionen innerhalb 33

eines Marktes und der daraus resultierenden Machtverh~ltnisse stehen verschiedene Ans~itze zur Verfiigung (Kadiyali et al. 2001, Bresnahan 1989, Nevo 1998): Menii-Ansatz, Conjectural-Variations (CV)-Ansatz und Conduct-Parameter-Ansatz.

Es existieren einige Arbeiten, die Interaktionen zwischen Herstellern und H~indlern mit strukturellen ModeUen des Wettbewerbs modeUieren und untersuchen (z.B. Besanko et al. 1998, Kadiyali et al. 2000, Cotterill & Putsis 2001, Sudhir 2001b, Chintagunta et al. 2002, ViUas-Boas 2005, Villas-Boas & Zhao 2005, Draganska & Klapper 2004). Allerdings lassen nur die Arbeiten yon Kadiyali et al. (2000), Sudhir (2001b), Chintagunta et al. (2002), ViUas-Boas & Zhao (2005) und Villas-Boas (2005) Riickschlfisse auf die Preissetzungsmacht zwischen Herstellern und H~ndlern zu. Eine explizite Messung der Preissetzungsmacht wird jedoch nur yon Kadiyali et al. (2000) durchgeffihrt. Nachfolgend kommt es zur DarsteUung und Diskussion dieser Arbeiten.

Kadiyali et al. (2000) greifen den Ansatz der strukturellen ModeUe des Wettbewerbs auf und entwickeln einen Indikator zur Messung yon Macht im Absatzkanal. Kadiyali et al. (2000) definieren Macht als die Ffiahigkeit, einen grSgeren Antefl des Gesamtgewinns im Absatzkanal zu erhalten als ein anderer Akteur. Zur Messung yon Preissetzungsmacht leiten sie ein Conjectural-Variations-Modell her, das vielf~iltige Interaktionen zwischen Herstellern und zwischen Herstellem und H~indlern zul~isst. Das entwickelte Modell ermSglicht neben der Sch~itzung der Interaktionsbeziehungen auch die Sch~itzung der marginalen Kosten. Mithilfe der gesch~itzten Kosten und der beobachteten Verkaufsund Groghandelspreise sind Kadiyali et al. (2000) in der Lage, die Aufteilung des Gesamtgewinns zwischen Herstellern und H~indlern zu betrachten und kSnnen somit Aussagen zur Preissetzungsmacht zwischen Herstellern und H~indlern ableiten.

Kadiyali et al. (2000) wenden das hergeleitete ModeU in zwei Produktkategorien des amerikanischen Lebensmitteleinzelhandels an (gekiihlte S~ifte und Dosenthunfisch). Als Datengrundlage dienen wSchentliche Scannerdaten der Handelskette Dominick's Finer Foods. Die Daten enthalten Informationen fiber die Abverkaufsmenge, Preise, Groghandelspreise und VerkaufsfSrderungsmagnahmen aUer HersteUer in einer untersuchten Produktkategorie. Als Nachfragefunktionen werden lineare, Log-log- und

34

Semi-log-Funktionen mit Scannerpaneldaten des Handels spezifiziert. Die gesch~tzten CV-Parameter zeigen, dass der H~ndler gegenfiber einzelnen Herstellern eine gewisse Preissetzungsmacht besitzt. Beispielsweise sch~,tzen Kadiyali et al. im Markt ffir gekfihlte S~fte einen positiven signifikanten CV-Parameter, der das Interaktionsverhalten zwischen dem H~ndler und einem der Hersteller anzeigt. Der Hiindler verh~ilt sich bei der Preissetzung aggressiver als im Nash-Fall, was als Indiz ffir Preissetzungsmacht des H~ndlers angesehen werden kann.

Neben der Schiitzung des Wettbewerbsverhaltens und der daraus resultierenden Machtbeziehungen berechnen Kadiyali et al. mithilfe yon vorliegenden Grof~handelspreisen und den gesch~tzten marginalen Kosten die Gewinnaufteilung zwischen Herstellern und H~indler. Im Markt ffir gekfihlte S~fte erh~lt der H~ndler bei allen Marken einen grSf,eren Anteil am Gewinn als die Hersteller. Der H~ndler bekommt 66 Prozent des Gewinns bei der Marke MinuteMaid und 59 Prozent bei der Marke Tropicana. Entsprechend der Machtdefinition liegt die Preissetzungsmacht im Markt fiir gekiihlte Siifte beim Hiindler. Auch im Markt ffir Dosenthunfisch verfiigt der H~indler bei allen Marken fiber die Preissetzungsmacht. Der H~indler erh~lt 72 Prozent des Gesamtgewinns bei der Marke Chicken of the Sea, 61 Prozent bei StarKist und 57 Prozent bei BumbleBee.

Im Gegensatz zu Kadiyali et al. (2000) untersuchen Chintagunta et al. (2002) nur die Handelsmarge. Hierbei werden insbesondere Auswirkungen auf die Handelsmarge bei Einf'fihrung einer Handelsmarke untersucht. Sie leiten hierzu auch ein Conjectural-VariationsModell her. Zur Schiitzung der Nachfrageseite verwenden sie ein Random-CoefficientLogit-ModeU. Es wird der Markt ffir Haferflocken und Nudeln untersucht. Die empirischen Ergebnisse im Haferflockenmarkt weisen signifikante Anderungen der Handelsmargen auf, die durch die Einffihrung der Handelsmarke hervorgerufen werden. Vor Einffihrung der Handelsmarke liegt die Marge der Marke Quaker deutlich unter der Marge im NashGleichgewicht, d.h., es liegt ein aggressiver Preiswettbewerb vor. Nach Einffihrung der Handelsmarke schw~cht sich der Preiswettbewerb ab und die Handelsmarge der Marke Quaker n~hert sich der Marge im Nash-Gleichgewicht an. Der H~ndler hat somit durch die Einffihrung der Handelsmarke an Preissetzungsmacht gegenfiber dem Hersteller der Marke Quaker gewonnen.

35

Im Nudelmarkt liegt die Handelsmarge bereits vor Einfiihrung der Handelsmarke ffir alle Marken fiber der Marge im Nash-Gleichgewicht. Durch die Einffihrung der Handelsmarke wird dieser Effekt jedoch verst~irkt, sodass es nach der Einfiihrung der Handelsmarken zu hSheren Handelsmargen fiir fast alle Marken kommt. Lediglich eine Marke (Floresta) konnte die Handelsmarge durch die Einfiihrung der Handelsmarke verringern. D.h., auch im Nudelmarkt gewinnt der Handel durch die Einfiihrung einer Handelsmarke an Preissetzungsmacht. Meza & Sudhir (2005) fiihren eine vergleichbare Studie zur Wirkung einer Handelsmarkeneinffihrung im Markt fiir Cornflakes durch und kommen zu ~ihnlichen Ergebnissen. Jedoch lassen sich in beiden Studien keine absoluten Aussagen zur Preissetzungsmacht treffen, da die HShe der HersteUermargen unbekannt ist.

Auch Villas-Boas & Zhao (2005) verwenden den Ansatz der strukturellen Modelle des Wettbewerbs zur Messung von Preissetzungsmacht im Absatzkanal. Das Ziel ihrer Arbeit liegt primfix in der Entwicklung eines Modells, das Hersteller-, H~indler- und Konsumentenreaktionen simultan modelliert. Allerdings ermSglicht diese Vorgehensweise auch die Messung von Preissetzungsmacht zwischen Herstellern und H~ndlern, da auch hier die Margen von Herstellern und H~indlern gesch~itzt werden. Villas-Boas & Zhao (2005) wfiahlen hierzu als Modellansatz den Conduct-Parameter-Ansatz. Sie wenden das hergeleitete Modell auf den amerikanischen Ketchupmarkt an. Im Gegensatz zu den meisten anderen Studien, die strukturelle Modelle des Wettbewerbs verwenden, greifen Villas-Boas & Zhao (2005) auf disaggregierte Haushaltspaneldaten zuriick. Der Nachfragesch~itzung liegt ein Random-Coefficient-Logit-Modell zugrunde. Die Sch~itzwerte der Conduct-Parameter der vertikalen Beziehung lassen auf eine aggressivere Preissetzung als im Ausgangsgleichgewicht schlie~n. Die Herstellermargen aller Hersteller, aber auch die Hihldlermargen aller Marken liegen unter der Marge bei Nash-Verhalten. Mithilfe der durchschnittlich geschiitzten Margen, die in der Studie angegeben sind, l~st sich die Gewinnverteilung nach Kadiyali et al. (2000) berechnen. Der H~indler erh~lt bei der Marke DelMonte 50 Prozent des Gewinns, bei der Marke Hunts 51 Prozent und bei der Marke Heinz nur 40 Prozent. D.h., bei den Marken Hunts und DelMonte ist die Preissetzungsmacht zwischen Herstellern und H~indler nahezu ausgeglichen, wohingegen der Hersteller von Heinz Ketchup die Preissetzungsmacht gegenfiber dem H~indler besitzt. Eine Erkliirung ffir die Preissetzungsmacht von Heinz Ketchup ist der

36

Markenname, der von Konsumenten mit positiven Eigenschaften belegt ist. Diese hohe intrinsische Markenpr~ferenz der Konsumenten findet sich auch im Nachfragemodell wieder.

Die Studie von Sudhir (2001b) zur Preissetzung im Absatzkanal, die auch auf strukturelle Modelle des Wettbewerbs zuriickgreift, ermSglicht eine indirekte Messung der Preissetzungsmacht. Sudhir (2001b) untersucht in seiner Studie das Preissetzungsverhalten im amerikanischen Markt ffir Erdnussbutter und Jogurt. Hierzu verwendet er einen Menii-Ansatz, d.h., er leitet unterschiedliche Wettbewerbsgleichgewichte her und sch~tzt diese simultanen Mehrgleichungssysteme mithilfe yon Handelspaneldaten. Anschlies wird mittels geeigneter Testverfahren bestimmt, welches der hergeleiteten Wettbewerbsszenarien die Daten am besten beschreibt.

Seine Ergebnisse zeigen, dass zwischen Herstellern und H~indlern eine Hersteller-FiihrerFolger-Beziehung vorliegt. Das Verhalten der H~ndler untereinander kann am besten durch eine Kollusion beschrieben werden. Sudhir (2001b) schlussfolgert, dass die HersteUer fiber die Preissetzungsmacht im Absatzkanal verfiigen, da sie als Preisfiihrer agieren. Die H~ndler setzen ihre Abverkaufspreise auf der Grundlage der von Herstellern festgelegten Groghandelspreise. Die Hersteller selber wissen um dieses Preisverhalten und w~hlen dementsprechend ihre gewinnmaximierenden Groghandelspreise. Sudhir (2001b) folgt mit dieser Schlussfolgerung den Ausfiihrungen yon Choi (1991). Choi argumentiert in seiner theoretischen Arbeit zum Preiswettbewerb im Absatzkanal, dass eine Preisfiihrerschaft bei linearer Nachfrage vorteilhaft ist, sodass das m~ichtigere Unternehmen sich diesen Vorteil sichert. Diese Sichtweise ist jedoch kritisch zu betrachten. Zum einen zeigen Lee & Staelin (1997), dass die Vorteilhaftigkeit der Preisffihrerschaft im Absatzkanal durch die Wahl der Nachfragefunktion determiniert ist. Eine Preisffihrerschaft kann bei nichtlinearen Nachfragefunktionen daher auch nachteilige Auswirkungen auf den Gewinn haben. Zum anderen ist die Wahl der Preisffihrerschaft n~iher zu betrachten. Die Interpretationen von Choi (1991) und Sudhir (2001b) unterstellen, dass eine Preisfiihrerschaft frei w~ihlbar ist. Im Absatzkanal auf Konsumgiiterm~irkten ist jedoch in der Regel eine natiirliche Handlungssequenz vorgegeben, sodass keine Wahl der Preisfiihrerschaft mSglich ist (McGuire & Staelin 1983, Shugan 1985, Moorthy & Fader 1990, Kim & Staelin 1999, Villas-Boas & Zhao 2005, Villas-Boas 2005).

37

Wendet man auf die Ergebnisse von Sudhir (2001b) die Preissetzungsmachtdefinition von Kadiyali et al. (2000) an, zeigt sich, dass auch dann die Preissetzungsmacht in beiden Produktkategorien bei den HersteUern liegt, da diese einen grSgeren Anteil am Gesamtgewinn bekommen. Diese Schlussfolgerung kann aus der differenzierten Wahl der Nachfragefunktion geschlossen werden. Sudhir (2001b) testet verschiedene Nachfragefunktionen und ws

eine Logit-Nachfragefunktion, die das Verhalten vertikal

strategischer Substitute (VSS) unterstfitzt. Lee & Staelin (1997) zeigen, dass im Falle einer VSS-Nachfrage der Hersteller einen grSgeren Anteil am Gesamtgewinn erzielen kann als der H/indler.

Eine weitere Arbeit, die sich mit vertikalen Beziehungen zwischen Herstellern und H/indlern auseinander setzt und somit auch Aussagen zur Preissetzungsmacht ermSglicht, stammt von Villas-Boas (2005). Auch Villas-Boas verwendet einen Menii-Ansatz. Ziel der Arbeit ist die empirische Bestimmung der vertikalen Interaktion zwischen Herstellern und H/indlern mithilfe struktureller Modelle des Wettbewerbs, d.h., es wird untersucht ob, es sich um zentralisierte oder dezentralisierte Absatzkan/ile handelt (vgl. Kapitel 2.1.2). Aussagen zur Preissetzungsmacht leitet Villas-Boas (2005) aus den gewonnenen Erkenntnissen ab. Villas-Boas (2005) untersucht den amerikanischen Jogurtmarkt und testet hier die folgenden sieben alternativen Interaktionsbeziehungen (vgl. Kapitel 2.1.2): 1. Szenario: Simple-Linear-Pricing-ModeU

Hierbei handelt es sich um eine Hersteller-Fiihrer-Folger-Beziehung, d.h., H/indler setzen ihre Preise auf der Grundlage der vom Hersteller bestimmten Groghandelspreise. Der Hersteller weig um dieses Preissetzungsverhalten und wfihlt dementsprechend seinen gewinnoptimalen Groghandelspreis. Die resultierenden Margen entsprechen den Margen bei "double marginalization". 2. Szenario: Non-Linear-Pricing-ModeU (Fall I)

Hierbei handelt es sich um einen vertikal integrierten Absatzkanal, bei dem der H/indler die Preissetzung iibernimmt. In diesem Fall werden die Grof,handelspreise gleich den marginalen Kosten gesetzt, d.h., die Herstellermargen sind null. 3. Szenario: Non-Linear-Pricing-Model (Fall II)

38

Im Gegensatz zu Szenario 2 iibernimmt hier der Hersteller die Preissetzung im Absatzkanal. D.h., die Groghandelspreise entsprechen den Verkaufspreisen. Die Handelsmargen sind somit null. 4. Szenario: Hybrid-Modell

Es wird unterstellt, dass die H~ndler sich mit der Handelsmarke wie im vertikal integrierten Absatzkanal verhalten. Mit den fibrigen Marken verh~lt sich der H~indler wie bei Szenario 1. Dieses Szenario ist eine Kombination der Szenarien 1 und 2. Die Handelsmarge entspricht der von Szenario 1. Durch die vertikale Integration bei den Handelsmarken wird die Herstellermarge eliminiert, sodass der Verkaufspreis der Handelsmarken sinkt. Dutch diese Senkung der Preise werden auch die HersteUer gezwungen, ihre Preise zu senken. Dies ffihrt zu Herstellermargen, die unter denen yon Szenario 1 liegen. 5. Szenario: Hersteller-Kollusion

Dieses Szenario untersteUt, dass Hersteller gemeinsam ihre Groghandelspreise festlegen, um so den Gewinn aller HersteUer zu maximieren. Die H~indlermarge bleibt unver~indert zu Szenario 1. Die Herstellermargen hingegen liegen fiber denen im Szenario 1. 6. Szenario: H~indler-Kollusion

Bei diesem Szenario ~ird unterstellt, dass H~indler ihre Preise gemeinsam festlegen, um den gemeinsamen Gewinn zu maximieren.In diesem Fall liegen die H~ndlermargen fiber denen von Szenario 1, wohingegen die Herstenermargen identisch sind. 7. Szenario: Monopolist-ModeU

In diesem Fall wird sowohl horizontal als auch vertikal eine gemeinsame Preissetzung unterstellt, d.h., es liegt ein vertikal und horizontal integrierter Absatzkanal vor. Als Datengrundlage zur Identifikation eines dieser Szenarien verwendet ViUas-Boas (2005) wSchentliche Scannerdaten aus drei Superm~kten. Die Sch~itzung der Nachfragefunktion erfolgt mithilfe eines Random-Coefficient-Logit-ModeUs. Ein Vergleich aller Szenarien zeigt an, dass Szenario 2 die Daten am besten beschreibt. Villas-Boas (2005) schl~igt zwei mSgliche Interpretationen vor:

39

1. Das Ergebnis kann zum einen als Preissetzungsmacht des H~ndlers interpretiert werden. In diesem Fall w~ren H~indler in der Lage, den Groghandelspreis so stark zu beeinflussen, dass er sich in der Nfiahe der marginalen Kosten befindet. Der H~ndler erzielt somit einen grSgeren Anteil als der Hersteller an der Gesamtmarge. Die Preissetzungsmacht liegt daher beim H~indler. 2. Das Ergebnis kann aber auch als zweiteiliger Tarif zwischen Herstellern und H~ndlern interpretiert werden, bei dem Hersteller eine fixe Zahlung vom H~indler erhalten. Es ist zwar bekannt, dass es auf Konsumgfiterm~irkten zu Seitenzahlungen kommt, allerdings in der Regel vom Hersteller an den H/indler und nicht umgekehrt. Seitenzahlungen des H~ndlers erscheinen daher untypisch und nicht plausibel. Da keine Informationen fiber mSgliche Seitenzahlungen vorliegen, kann keine endgiiltige Interpretation erfolgen. Die dargestellten Ergebnisse zeigen, dass der Ansatz zur Messung von Preissetzungsmacht mit strukturellen Modellen des Wettbewerbs zu differenzierten Aussagen beziiglich der Preissetzungsmacht ffihrt (vgl. Tabelle 3.3). Im Gegensatz zu den Verfahren in Abschnitt 3.2 betrachten diese Verfahren Preissetzungsmacht industriespezifisch und ermSglichen somit eine weitaus differenziertere Analyse der Preissetzungsmachtstrukturen. Industriespezifische Charakteristika kSnnen berficksichtigt werden. Dariiber hinaus lassen sich unternehmensspezifische Aussagen zur Preissetzungsmacht ableiten. Die Ergebnisse beispielsweise von ViUas-Boas & Zhao (2005) zeigen, dass Preissetzungsmacht unternehmensspezifische Unterschiede aufweist. Eine aggregierte Betrachtung kann daher zu verzerrten Ergebnissen fiihren.

3.4

Zusammenfassende Bewertung und Fazit

In diesem Kapitel wurde ein 0berblick fiber den Stand der Forschung zur Analyse von Preissetzungsmacht im Absatzkanal gegeben.

Zun~ichst wurden generelle Befunde daxgestellt, die die Vermutung einer Machtverschiebung im Absatzkanal zulassen. Sie belegen, dass Untersuchungen zu Machtbeziehungen aktueller Natur sind und weiterer Forschung bediirfen. Anschliegend wurden Studien pr~entiert, die diese generellen Befunde aufgreifen und analysieren. Es wurden Arbeiten 40

Tabelle 3.3: Zusammenfassung der Ergebnisse Autor

Preissetzungsmacht

Produktkategorie

Kadiyali et al. ( 2 0 0 0 )

Preissetzungsmacht liegt in den un-

Dosenthunfisch,

tersuchten Produktkategorien ffir al-

(beide USA)

Siifte

le Marken beim Handel. Chintagunta et al. (2002)

Durch Einffihnmg yon Handelsmar-

Haferflocken,

ken Ver~indertmg der Preissetzungs-

(beide USA)

Nudeln

macht zugunsten des Handels. Villas-Boas & Zhao (2005) Preissetzungsmacht fiir zwei yon Ketchup (USA) drei Marken symmetrisch. Fiir die dritte Marke liegt die Preissetzungsmacht beim Hersteller. Sudhir (2001b)

Villas-Boas (2005)

Preissetzungsmacht liegt bei den

Jogurt,

Erdnussbutter

Herstellern.

(beide USA)

Preissetzungsmacht liegt bei den

Jogurt (USA)

H~indlern.

vorgestellt, die eine Machtverschiebung im Absatzkanal mithilfe des SCP-Ansatzes untersuchen. Hierbei erfolgt die Untersuchung der Preissetzungsmacht in der Regel durch eine Querschnittsanalyse fiber mehrere Industrien. Datengrundlage dieser Studien entstammen in der Regel dem Rechnungswesen und mfissen daher kritisch hinterfragt werden, da sie h/iufig durch bilanzpolitische Magnahmen verzerrt sind. Die Ergebnisse der Studien haben gezeigt, dass eine einheitliche Machtverschiebung nicht nachgewiesen werden konnte. Vielmehr lassen sie vermuten, dass Preissetzungsmacht industrieoder sogar unternehmensspezifisch ist. Eine deraxt differenzierte Analyse findet in den diskutierten Studien jedoch nicht statt. Die Betrachtung der SCP-Ans~tze belegt, dass die Verwendung von Bilanzdaten fiber mehrere Industrien kritisch zu betrachten ist und dass eine industriespezifische Analyse von Preissetzungsmacht sinnvoll erscheint.

Neben den industriefibergreifenden Ans/itzen zur Analyse von Preissetzungsmacht kam es zur Diskussion yon Ans/itzen, die eine industriespezifische Betrachtung zulassen. Es hat sich gezeigt, dass alle industriespezifischen Ans/itze zur Messung von Preissetzungsmacht im Absatzkanal auf Konsumgfiterm/irkten struktureUe Modelle des Wettbewerbs 41

verwenden.

Bresnahan (1989) folgend zeichnen sich strukture!le Modelle des Wettbewerbs durch drei Eigenschaften aus, die sie gegenfiber anderen Ans~itzen zur Messung von Preissetzungsmacht als vorteilhaft erscheinen lassen: 1. Strukturelle Modelle stehen in einer sehr engen Beziehung zu 5konomisch begriindeten Theorien, wie z.B. der Spieltheorie. Diese Beziehung erm6glicht eine 5konomische Interpretation aller Parameter eines Modells. 2. Es besteht die MSglichkeit der Identifikation von Macht- und Wettbewerbsszenarien, die den zu untersuchenden M~kten am n~ichsten kommen. Hierdurch lassen sich alternative Theorien im Hinblick auf ihren Erkl~irungsgehalt fiir die zu analysierenden M~irkte bewerten. 3. Mithilfe der gesch~tzten Parameter lassen sich Wenn-dann-Analysen durchfiihren, die Entscheidungen bei Marketingproblemen unter Beriicksichtigung der Macht- und Wettbewerbsbeziehungen unterstiitzen kSnnen. Kadiyali et al. (2000) entwickeln basierend auf den Ergebnissen ihres strukturellen ModeUansatzes einen Machtindikator zur Messung der Preissetzungsmacht zwischen Herstellern und H~indlern. Dieser Indikator ermSglicht die Messung der Preissetzungsmacht und leitet Aussagen zu den von der Preissetzungsmacht ausgehenden Gewinnwirkungen ab.

Vor dem Hintergrund der problemstellung dieser Arbeit kann insbesondere der Ansatz der struktureUen Modelle des Wettbewerbs als sehr vielversprechend angesehen werden, da dieser zum einen industriespezifische Charakteristika beriicksichtigt und zum anderen Aussagen beziiglich der Preissetzungsmacht auf Unternehmensebene ermSglicht.

Als Fazit kann festgehalten werden, dass die Frage nach dem Machtinhaber in Absatzkan~ilen auf Konsumgiiterm~kten sowie die Frage nach einer Machtverschiebung bisher ungeklLrt ist. Insbesondere f'tir Deutschland liegen bisher keine aktuellen Befunde zur Preissetzungsmacht im Lebensmitteleinzelhandel vor. Es bedarf daher weiterfiihrender Analysen, die eine differenzierte Betrachtung ermSglichen. Hierfiir scheint insbesondere 42

der Ansatz struktureller Modelle des Wettbewerbs hoffnungsvoll, da er auf industriespezifischen Analysen basiert, die unternehmensspezifische Aussagen ermSglichen.

43

Kapitel 4 Strukturelle Modelle des Wettbewerbs zur Messung von Preissetzungsmacht im Absatzkanal Im vorangegangenen Kapitel hat sich gezeigt, dass insbesondere strukturelle ModeUe des Wettbewerbs zur Messung von Preissetzungsmacht geeignet sind. In diesem Kapitel kommt es daher zur ErSrterung dieser Modellklasse, urn Preissetzungsmacht im Absatzkanal auf Konsumgfiterm~irkten zu messen. Es werden die Grundlagen und die Vorgehensweise struktureller Modelle des Wettbewerbs, das den Ans~tzen zugrunde liegende Datenmaterial so~4e Grundtypen des Wettbewerbs beschrieben, die wichtig sind ffir das weitere Verst~indnis der Ausffihrungen. Im Zentrum dieser Diskussion stehen drei Ans~tze, die alle der Klasse der strukturellen ModeUe zuzuordnen sind: Menii-Ansatz, ConjecturalVariations-Ansatz und Conduct-Parameter-Ansatz. Abschliegend erfolgt eine Bewertung der betrachteten Ans~tze.

4.1

Grundlagen und Vorgehensweise

Eine der zentralen Marketingaufgaben ist zu verstehen, welche Faktoren die Profitabilit~t eines Unternehmens in einem Wettbewerbsumfeld beeinflussen (Chintagunta et al. 2004). Diese Faktoren lassen sich in drei Gruppen einteilen: 9 Nachfrage, 9 Kosten, 45

9 Wettbewerbsinteraktionen. Das Ziel struktureller Modelle des Wettbewerbs besteht darin, zu untersuchen, wie sich diese drei Faktoren auf die Profitabilit/it eines Unternehmens auswirken. Derartige Modelle wurden bisher vielfach im Marketing eingesetzt, um z.B. die Profitabilit/it von Preisen, Produktlinienl~ingen, Werbestrategien, Neuprodukteinffihrungen, etc. zu analysieren. Tabelle 4.1 gibt einen Uberblick fiber ausgew~hlte Arbeiten und deren FragesteUung.

Tabelle 4.1: Liste ausgew~ihlter Studien, die strukturelle ModeUe des Wettbewerbs verwendea ..... Autor

Behandelte Fragestellung

Horsky & Nelson (1992)

Neuproduktpositionierung und Preissetzung

Erickson (1992)

Dynamische Werbestrategien

Roy et al. (1994)

Preissetzung

in

einem

Ffihrer-Folger-

Wettbewerb Kadiyali (1996)

Produktlinienwettbewerb

Shankar (1997)

Pionierverhalten

Besanko et al. (1998)

Preissetzungsverhalten bei Wettbewerb

Kadiyali et al. (2000)

Preissetzungsmacht zwischen HersteUern und H~ndlem

Cotterill et al. (2000)

Wettbewerb zwischen Markenartikeln und Handelsmarken

Klapper (2001b)

Wettbewerbsverhalten und Produktlinienwettbewerb

Sudhir (2001a)

Preissetzung

Besanko et al. (2003)

Preisdiskriminierung

Doganoglu & Klapper (2006) Goodwill und dynamische Werbestrategien Quelle: In Anlehnung an Chintagunta et al. (2004) Neben diesen Einsatzfeldern ist der Ansatz insbesondere auch zur Messung von Preissetzungsmacht geeignet. Ein Bestandteil struktureller Modelle des Wettbewerbs ist die Sch~tzung marginaler Kosten, die in der Regel nicht beobachtet werden. Mithilfe dieser Kosten lassen sich dann Aussagen zur Preissetzungsmacht ableiten. Dies wurde bereits 46

in verschiedenen Studien ffir horizontale Interaktionen durchgeffihrt (z.B. CotteriU 1999, Steen & Salvanes 1999, Nevo 2001a, Hodge 2003). Die Arbeiten, die sich auf vertikaler Ebene mit Preissetzungsmacht zwischen Herstellern und H~indlern auseinander setzen, wurden in Abschnitt 3.3 vorgestellt. Zur Identifikation der Wettbewerbsinteraktionen innerhalb eines Marktes und der daraus resultierenden Machtverh~ltnisse existieren verschiedene Ans~tze (Kadiyali et al. 2001, Bresnahan 1989, Nevo 1998): Menii-Ansatz, Conjectural-Variations (CV)-Ansatz und Conduct-Parameter-Ansatz.

Um das Wettbewerbsverhalten in einem Markt abzubilden, verlangen strukturelle Modelle des Wettbewerbs nach Annahmen beziiglich des Verhaltens der Akteure sowie statistischer Annahmen, um aus Marktdaten Informationen fiber die obigen Faktoren zu gewinnen. Die Grundannahmen dieser Ans~itze lassen sich wie folgt zusammenfassen (Bresnahan 1989): 9 Spezifische Industrien sind durch wichtige Charakteristika gekennzeichnet, die das Verhalten der Marktteilnehmer beeinflussen, und miissen daher Berficksichtigung finden. 9

Aussagen bezfiglich der Profitabilit~it zu treffen, ist es unerl~slich, die firmenspezifischen Gewinnmargen zu kennen. Diese sind jedoch nicht beobachtbar, d.h., die Grenzkosten kSnnen nur aus dem Verhalten der Marktteilnehmer bestimmt werden.

9 Das Verhalten von Unternehmen ist unbekannt, es l~st sich aber fiber Parameter und Funktionen modellieren. Nachdem kurz die Grundlagen struktureller Modelle vorgestellt wurden, kommt es nachfolgend zur Darstellung der Vorgehensweise, die in Abbildung 4.1 zusammeagefasst ist. Der erste Schritt ist die Festlegung der zu untersuchenden Warengruppe bzw. Industrie. Hierbei mfissen der Markt abgegrenzt und mSgliche Wettbewerber identifiziert werden.

Nach der Bestimmung einer Warengruppe erfolgt die Auswahl der Datengrundlage. Das ffir strukturelle Modelle des Wettbewerbs benStigte Datenmaterial wird eingehend in Abschnitt 4.2 diskutiert.

47

Abbildung 4.1: Zusammenfassung der Vorgehensweise

i

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~

...................................................................

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Quelle: In Im n ~ h s t e n

Anlehnung an Kadiyali et al. (2001)

Schritt gilt es, eine Nachfragefunktion zu spezifizieren. Die Nachfrage-

funktion misst Marktreaktionen auf strategische Entscheidungsvariablen, wie z.B. den Preis. Bei der Auswahl einer geeigneten Nachfragefunktion sollten die Besonderheiten von K o n s u m g i i t e r m ~ k t e n ,

die im Zentrum der Untersuchung stehen, berficksichtigt

werden. In Abschnitt 5.2 kommt es zur Diskussion geeigneter Nachfragefunktionen auf Konsumgiiterm~rkten. In diesem Kapitel wird eine klassische lineare Nachfragefunktion unterstellt, u m die Komplexit~t der Darstellungen zu reduzieren.

Der n~ichste Schritt sieht die Wahl eines Ansatzes zur Spezifikation der Wettbewerbsinteraktionen vor. Hierbei unterscheidet man zwischen dem Menii-Ansatz, dem CV-Ansatz und dem Conduct-Parameter-Ansatz.

Die Unterschiede der Ans~itze werden in den 48

Abschnitten 4.4.2 bis 4.4.4 beschrieben. Gleichzeitig kommt es zur Spezifikation der Angebotsfunktion, die sich aus dem gew~hlten Ansatz ergibt.

Nachdem Angebots- und Nachfragefunktionen spezifiziert wurden, werden die Parameter gesch~itzt und anschlief,end die Ergebnisse ausgewertet und interpretiert. In diesem Schritt lassen sich dann Aussagen bezfiglich der Preissetzungsmacht zwischen Herstellern und H~indlern ableiten.

4.2

Festlegung der Datengrundlage

Im vorangegangenen Abschnitt wurde deutlich, dass Aussagen zur Preissetzungsmacht auf Basis yon strukturellen ModeUen des Wettbewerbs mSglich sind. Hierzu ist die Sch~tzung einer Nachfrage- und Angebotsfunktion notwendig. Um eine valide Sch~itzung dieser Funktionen durchzuffihren, werden Abverkaufsinformationen benStigt. Die Sch~tzung einer Nachfragefunktion eines Marktes setzt Kenntnisse fiber die Absatzmengen aller Wettbewerber voraus, sowie aller Informationen fiber absatzpolitische Matgnahmen, die diese abgesetzten Mengen beeinflusst haben. Hierzu z~hlen die Preise, aber auch VerkaufsfSrderungs- und Werbemaf,nahmen aller Marktteilnehmer. Zur Sch~tzung der Angebotsfunktionen, die im Rahmen dieser Arbeit als Preisgleichungen zu untersuchen sind, werden Informationen fiber die Verkaufs- und Gros

aller Konkurrenten

benStigt. Diese Informationen kSnnen sowohl ffir unterschiedliche Zeitpunkte als auch fiir unterschiedliche M~irkte vorliegen.

Eine Differenzierung des Datenmaterials kann anhand der Aggregationsebene erfolgen. Hierbei unterscheidet man zwischen disaggregierten und aggregierten Daten. Disaggregierte Daten bestehen aus Informationen fiber haushaltspezifische Kaufakte, wohingegen aggregierte Daten eine Aggregation fiber verschiedene Haushalte vornehmen. Die aktuelle Marketingforschung unter Verwendung struktureller Modelle des Wettbewerbs basiert dabei in der Regel auf elektronisch erfassten Absatzdaten in Form von Handels- oder Haushaltspanels. Tabelle 4.2 fasst Vor- und Nachteile von Handels- und Haushaltspanel zusammen.

49

Tabene 4.2: Handelspanel- vs. Haushaltspaneldaten Handelspanel (aggregiert)

Haushaltspanel (disaggregiert)

Pro 9 leichter Zugang fiir Herstel-

Aussagen

zum

Nachfrageverhalten

ler und H~indler 9 keine

9 genauere

Repr~entati~it~its-

problematik

9 Enthalten fiber

EinsteUungen

PrMerenzen

9 giinstige Beschaffung

Informationen

yon

und

Konsu-

menten 9 grSf, ere Genauigkeit als bei Haushaltspaneldaten, da eine automatische Erfassung erfolgt 9 wSchentlich verfiigbar f'fir HersteUer und H~indler

Contra 9 mSglicher Informationsver-

9 Repr~entationsprobleme

lust durch Aggregation 9 teure Beschaffung 9 Verwendung alter EAN Codes bei Promotionaktionen und somit unsaubere Pro-

9 Falscheingaben durch untrainierte bzw. unmotivierte Konsumenten

motionabbildung 9 Probleme bei der Erfassung von Promotionaktivit~iten 9 Wettbewerbspreise werden nicht mit erfasst

Quelle: In Anlehnung an Hanssens et al. (2000)

50

Eine Sch~tzung der Modelle ist sowohl mit aggregierten als auch mit disaggregierten Daten mSglich (siehe z.B. Villas-Boas & Zhao 2005, Villas-Boas 2005). Aufgrund der guten Verfiigbarkeit von aggregierten Daten, der geringeren Anschaffungskosten und der guten Reprfisentativit~it bauen die nachfolgenden Modelle jedoch auf aggregierten Daten auf. Vorteilhaft ist hierbei auch die praxisnahe Umsetzbarkeit.

Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass Informationen fiber die Absatzmengen, Preise und Marketingaktivit~iten aller im Markt existierenden Produkte ffir jede Periode bzw. jeden Markt vorhanden sind.

4.3

Grundformen von W e t t b e w e r b s b e z i e h u n g e n

Wettbewerbsbeziehungen sind zentraler Bestandteil des strukturellen Modellansatzes. Bevor es zur Diskussion der strukturellen Ans~tze kommt, wird deshalb eine kurze Einfiihrung in die Grundformen mSglicher Wettbewerbsbeziehungen gegeben. Weitergehende 0bersichten und Diskussionen sind z.B. der Arbeit von Tirole (1988) zu entnehmen.

Raju & Roy (1998) diskutieren drei grundlegende und wichtige Wettbewerbsbeziehungen ffir empirische Analysen des Wettbewerbs auf Konsumgiiterm~irkten: unabh~ingiges Wettbewerbsverhalten, das oft auch als Nash-Verhalten bezeichnet wird, Ffihrer-FolgerVerhalten und Kollusion. Zus~tzlich zu diesen Wettbewerbsformen schlagen Kadiyali et al. (1999) die Betrachtung yon (nicht-)kooperativem Wettbewerbsverhalten vor. Die Zusammenh~nge der Wettbewerbsbeziehungen lassen sich am besten mithilfe von Abbildung 4.2 verdeutlichen, wobei die Pfeile in der Grafik das Interakti0nsverhalten der Unternehmen abbilden. Die Bezeichnungen Unternehmen A bzw. B kSnnen sowohl durch HersteUer als auch durch H~i~dler ersetzt werden.

Um die Unterschiede zwischen den Beziehungen herauszuarbeiten, wird vereinfachend von einem Duopol ausgegangen. Zus~itzlich wird angenommen, dass beide Wettbewerber ihren Gewinn maximieren wollen. Weiterhin ist den Akteuren bekannt, dass die Nachfrage im Markt und die Marktanteile (und damit die Gewinne) nicht nut vom eigenen Verhalten, sondern auch yore Verhalten des Wettbewerbers abh~ngen. Ffir die folgende

51

Abbildung 4.2: Wettbewerbsbeziehungen :iii~.

:,!!!i!,'i!iiiiii~i:!ii;!i~;: ~i:.;:i;iiiii::i2~i:i:: ~!ii!iiii!!!i!i iiiii~!!i

, . . . . . . ,o,,.~ (Stackelbee)

iiii~ijiiii.i!::::!::!~ Unabhingigkeit

I

.

l

i!iiiiii!i

i! iiiiiii %i!!!~i!i!ii!i:'

Quelle: In Anlehnung an Raju & Roy (1998) Diskussion der Wettbewerbsbeziehungen wird als strategische Marketingvariable der Preis ausgew~khlt. Die Ausffihrungen lassen sich aber ohne weiteres auf andere Marketingvariablen fibertragen. Die nachfolgende ErSrterung ist an Klapper (2001b, S. 58f.) angelehnt.

Liegt Kollusion in einem Markt vor, dann setzen die Akteure zur Maximierung ihres gemeinsamen Gewinns die Preise gemeinsam. Die Akteure richten ihr gesamtes Verhalten an der Maximierung des Gesamtgewinns aus. Kollusion kommt in der Realit~t selten vor, sie ermSglicht jedoch die grSgten Gewinne ffir alle Akteure (Raju & Roy 1998). Die Entwicklung eines solchen Beziehungssystems ist mSglich, wenn sich die Akteure stillschweigend fiber die gemeinsamen Vorteile einer Kollusion einigen. Dies tritt vor allem in M~kten mit wenigen, aber dominanten Unternehmen auf.

Eine abgeschw~ichte Form der KoUusion stellt der kooperative Wettbewerb dar. Bei kooperativem Wettbewerb stimmen die Akteure ihre Marketingentscheidungen aufeinander ab. Ffir den Duopolfall bedeutet dies, dass z.B. bei einer Preissenkung eines Akteurs der andere unmittelbar folgt. Man spricht daher von koordiaierten Entscheidungen, wobei allerdings bei kooperativem Wettbewerbsverhalten nicht die gemeinsame Gewinnmaxi-

52

mierung im Vordergrund steht. Daher lassen sich bei kooperativem Wettbewerbsverhalten nicht zwangsl/iufig h5here Gewinne erzielen.

Eine Fiihrer-Folger (auch Stackelberg-Ffihrer-Folger)-Beziehung ist in gewissem Maf, e auch als kooperativer Wettbewerb zu verstehen, aUerdings liegt hier eine feste Handlungsreihenfolge vor. Ein Akteur A setzt seinen Preis fest und kiindigt seine P1/ine an. Basierend auf diesen Informationen bildet der zweite Akteur B den ffir sich optimalen Preis. Bei diesem Wettbewerbsverhalten hat man einen Marktffihrer A und eine Gefolgschaft B. Je nachdem, wie intensiv A die Fiihrungsrolle fibernimmt und B ihm folgt, kann das Verhalten zwischen Koexistenz und Kooperation variieren.

Kommt es zu einer Koexistenz, bei der ein Marktteilnehmer simultan und unabh/ingig yon der Entscheidung der Konkurrenz seinen Preis festsetzt, spricht man von unabh/ingigem Wettbewerbsverhalten, welches in der Literatur auch als Nash-Verhalten oder Bertrand-Nash-Wettbewerb bezeichnet ~4rd. Da die Marktnachfrage von den Preisen beider Akteure abh/ingt, bestimmen die Preise, wie sich die nachgefragte Menge zwischen beiden Marktteilnehmern aufteilt. Die eigene Preisstrategie wird so gew/ihlt, dass der eigene Gewinn maximiert wird. Implizit unterstellen die Akteure, dass sich die Konkurrenten genauso verhalten. Die Preise der Wettbewerber sind sozusagen exogen gegeben, und eine Einflussnahme der Wettbewerber findet nicht statt.

Tabelle 4.3: Wettbewerbsinteraktionen .Wettbewerbstyp

Preisinteraktion

Kollusion

op2 ~

Kooperativer Wettbewerb

o_~ ow > 0

~1'

< 0; o_2a ~

OqPl ' oqP2

>0

Opl ' Op2

OPFo,~er # 0; O~o,~er

Stackelberg-Fiihrer-Folger

OqPFiihrer

ow o_~ __ 0

Unabh/ingigkeit (Nash)

ore, Op2

Nicht-kooperativer Wettbewerb Quelle:

oqP2

or1, Op2

In Anlehnung an Klapper (2001b, S. 59)

Bei nicht-kooperativem Wettbewerbsverhalten reagieren die Akteure auf das Verhalten 53

der anderen gegens~itzlich, z.B. bei einer PreiserhShung von A senkt B seinen Preis, um den eigenen Gewinn zu maximieren. Ramaswamy et al. (1994) weisen daraufhin, dass es sich bei diesem Verhalten um eine Vergeltung handeln kann, es aber auch Ausdruck von kooperativem Verhalten sein kann. Zur genaueren Betrachtung muss die Steigung der Reaktionsfunktion betrachtet werden.

Es gilt festzuhalten, dass das Mat~ an Koordination von nicht-kooperativem Wettbewerb hin zur Kollusion zunimmt. Man muss davon ausgehen, dass die Wettbewerbsszenarien in der beschriebenen Form in der Regel nicht auftreten. Sie sollen daher nicht die realen komplexen Wettbewerbssituationen darstellen, sondern Messpunkte, anhand derer sich reale M/irkte vergleichen lassen (Raju & Roy 1998). Es gilt, zu bestimmen, welchem Szenario ein Markt am n/ichsten kommt.

Die beschriebenen Szenarien lassen sich z.B. Ffir die Marketingvariable Preis auch wie in TabeUe 4.3 darstellen. Es wird hierbei jeweils von einer Wettbewerbssituation zwischen zwei Akteuren ausgegangen, die Preise Pl bzw. p2 als Marketing~riablen verwenden. Auf eine weiterffihrende Erl~iuterung der partiellen Ableitungen wird an dieser Stelle verzichtet und auf Putsis & Dhar (1998) verwiesen. Die Kenntnis der Zusammenh~nge zwischen paxtiellen Ableitungen und Wettbewerbsinteraktion erleichtert jedoch das Verst~dnis der nachfolgenden Modellans~itze.

4.4

Ans~itze zur Messung des Wettbewerbs und der Preissetzungsmacht

4.4.1

Grundlagen

StruktureUe Modelle ermSglichen die Durchfiihrung von Analysen zur Preissetzungsmacht. Sie basieren dabei auf empirischen 5konometrischen Analysen, die in einzelnen Produktkategorien durchgefiihrt werden. Bestandteile eines solchen ModeUs sind Nachfrage-, Angebots- und Kostenfunktionen. Die Nachfragefunktionen messen die Marktreaktionen auf strategische Entscheidungen der Hersteller bzw. H/indler, w/ihrend

54

die Angebotsfunktion die strategischen Entscheidungen der Wettbewerber unter Berficksichtigung der marginalen Kostenfunktion erfassen. Man spricht von strategischen Entscheidungen, da sich die Entscheidungen der einzelnen Akteure gegenseitig beeinflussen. Folglich miissen diese bei der Strategiewahl mit beriicksichtigt werden.

Da das Ziel dieser Arbeit die Betrachtung der vertikalen Preissetzungsmacht im Absatzkanal ist, beschr~i~kt sich die Beschreibung der strukturellen Modelle in diesem Abschnitt auf die vertikalen Beziehungen.

Ausgangspunkt aUer Ans~itze ist eine Nachfragefunktion innerhalb eines definierten Maxktes mit J differenzierten Produkten:

Q~= f(pl,...,pj, X~,~),

i= l,...,J,

(4.1)

mit Q als abgesetzte Menge, p l , . . . , pJ Ms Preise der J Produkte, X~ als Matrix exogener Variablen und ~ als der zu sch~tzende Parametervektor. Entsprechend den vorangegangenen Ausfiihrungen misst die Nachfragefunktion Reaktionen yon Konsumenten auf strategische Entscheidungen von Herstellern und H~indlern. Es wird an dieser Stelle angenommen, dass alle J Produkte von unterschiedlichen HersteUern produziert werden. Diese Annahme ist nicht zwingend notwendig, erleichtert jedoch die nachfolgende DarsteUung der Modelle.

Choi (1991) folgend wird unterstellt, dass H~ndler als Monopolisten an ihrem Standort agieren. Um eine verst~indliche Darstellung der Modelle zu gew~hrleisten, wird zus~tzlich angenommen, dass nur zwei Hersteller existieren, die ihre Produkte fiber einen H~indler ver~iugern.

Um eine Messung der Preissetzungsmacht durchzufiihren, werden die Angebotsfunktionen von Herstellern und H~indlern in Form von Preisgleichungen hergeleitet. Es gilt die marginalen Kosten der Marktteilnehmer zu bestimmen, um dann die Margenverteilung und somit die Preissetzungsmacht zu untersuchen.

Das Ziel ist daher die Herleitung von Angebotsfunktionen in Form von Preisgleichungen. Es werden Verkaufs- und Gros

unterschieden. Zur Herleitung der 55

Verkaufspreisgleichung wird zuerst das Preissetzungsverhalten des H~indlers betrachtet, der die Verkaufspreise p~ festlegt. Es wird angenommen, dass der H/indler den Gewinn innerhalb einer Produktkategorie maximiert. Diese Annahme ist konform mit den Entwicklungen im ECR-Bereich. Es ergibt sich folgende Gewinnfunktion fiir den H~indler R:

2

II" = Z ( p , - wp, - cR)Q, - CF,X,

(4.2)

i=1

mit p~ als Verkaufspreis des Produkts i, wpi als Gros

c~i als marginale

Kosten des H~indlers und CFIXR als fixe Kosten des H~ndlers. An dieser Stelle sind auch andere Gewinnfunktionen denkbar. Beispielsweise zeigt Chintagunta (2002), dass der von ihm untersuchte H~indler ein st~irkeres Gewicht auf die Maximierung des Handelsmarkenmarktanteils legt als auf die Gewinnmaximierung innerhalb einer Produktkategorie. Meza & Sudhir (2005) fiihren zus~itzlich zur Gewinnmaximierung innerhalb der Produktkategorie einen Faktor ein, mit dem der H~indler bei der Maximierung des Gewinns einzelne Marken favorisieren bzw. missbiUigen kann. Auch Sudhir (2001b) stellt weitere Gewinnfunktionen und Verhaltensannahmen der H~indler dar. Die Wahl der Gewinnfunktion ist daher nicht eindeutig. In der Literatur findet man fiberwiegend die Annahme der Gewinnmaximierung innerhalb einer Produktkategorie (z.B. Cotterill & Putsis 2001, Villas-Boas 2005, Besanko et al. 2003). Da diese Annahme bisher nicht widerlegt werden konnte, wird sie den nachfolgenden Analysen zugrunde gelegt. Auch die Ergebnisse von Sudhir, der unterschiedliche Gewinnfunktionen empirisch vergleicht, favorisieren die Gewinnmaximierungsannahme innerhalb einer Warengruppe.

Zur Bestimmung der gewinnoptimalen Preise bildet man die Ableitung erster Ordnung nach dem Preis p~ und setzt diese gleich null. Fiir einen H~indler und zwei Hersteller ergibt sich: OIIR

\ op, + N op,]

Op,

OQj +(PJ -

- r

oOj O p ~ +

op, ] = o,

i,j-1,2

i~j.

(4.3)

Durch Umformen und AuflSsen nach p~ erh~ilt man die gewinnoptimalen Preise.

Gleichung 4.3 liegt allen zu diskutierenden Ans~itzen zugrunde. Die Ans~itze unterscheiden 56

sich im Wesentlichen durch die Berficksichtigung der Terme ~ und ~ . Der Menii-Ansatz leitet fiir unterschiedliche Wettbewerbsszenarien die jeweils benStigten Ableitungen her (vgl. Tabelle 4.3). Man erh/ilt daher pro Wettbewerbsszenario ein Mehrgleichungssystem, das es zu sch~tzen gilt. Die Identifikation des Mehrgleichungsmodells, das die Daten am besten beschreibt, erfolgt mithilfe nicht-genesteter Testverfahren. Der ConjecturalVariations- und der Conduct-Parameter-Ansatz hingegen fassen diese Terme zu einzelnen Parametern zusammen. Es muss daher nur jeweils ein Gleichungssystem gesch/itzt werden.

Zur Herleitung der Gros

wird das Verhalten der Hersteller be-

trachtet. Man nimmt an, dass diese sich ebenfalls gewinnmaximierend verhalten. Es gilt:

rl M = (wp~ - mc~)Q~ - CF~X~,

(4.4)

i = 1, 2

mit mc~ als marginale Kosten und CFIX M als fixe Kosten des Herstellers i. Zur Herleitung der gewinnoptimalen Grof~handelspreise bildet man die Ableitung erster Ordnung der Gewinnfunktion: J--2 ~-'~[ OQi Opk

OyIM

J-2

Owp, = Q' + (wp, - m~) kz~=l,Opk Owp, ~- Z

OQk Owpj Owpj Owp, ] = 0,

i = 1, e.

(4.5)

j--1;j•k

Es wird an dieser Stelle vereinfachend angenommen, dass sich die Hersteller untereinander in einem Bertrand-Nash-Gleichgewicht befinden, d.h., die Hersteller nehmen die Grof~handelspreise der Konkurrenten als exogen gegeben an. Es gilt: ~Owp~ = 0. Unter Zugrundelegung dieser Annahme ergibt sich folgende Ableitung erster Ordnung:

on," Owp,

= Q' + (wp, - mc~) ~ OQ, Op3 j Opj Owp~

O,

i , j = 1, 2,

i # j.

(4.6)

Durch AuflSsen nach wpi erhiilt man die gewinnoptimalen Gr0t~handelspreise. Als Handlungssequenz zwischen Herstellern und H/indlern wird nachfolgend ein vertikales Nash-Gleichgewicht unterstellt, d.h., Hersteller und H/indler treffen ihre Entscheidungen simultan (vgl. Abschnitt 2.1.2), dies vereinfacht die Herleitung der Preisgleichungen. Hierbei muss beachtet werden, dass eine simultane Preissetzung von Herstellern und H/indlern im Absatzkanal auf Konsumgiiterm/irkten in der Regel unrealistisch ist, da sie nicht die natfirliche Handlungssequenz widerspiegelt.

Um die Preisgleichungen zu bestimmen, muss die Nachfragefunktion aus Gleichung 4.1 genauer spezifiziert werden. Eine einfache und an dieser Stelle ausreichende Funktion ist 57

eine lineare Nachfragefunktion. Eine ausfiihriiche Diskussion unterschiedlicher Nachfragefunktionen erfolgt in Abschnitt 5.2. Es gilt: Q~ = al + b~lpl + b12p2,

(4.7)

Q2 -- a2 -t- b21pl + b22p2.

(4.8)

Q1 und Q2 stellen die nachgefragte Menge dar, pi und P2 die korrespondierenden Preise. al und a2 sind zu sch~itzende Parameter. Die Parameter bll, b12, b21, b22 sind zu sch~tzende Preis- und Kreuzpreiseffekte. Nachfolgend werden mithilfe der Nachfragefunktionen 4.7, 4.8 und der Ableitung erster Ordnung der Gewinnfunktionen (Gleichung 4.3 und 4.6) die verschiedenen Modellans/itze hergeleitet. Anschlief, end wird ihre Eignung zur Machtmessung erSrtert und diskutiert. Es wird davon ausgegangen, dass neben der abverkauften Menge pro Marke auch Informationen fiber Verkaufs- und Gro~handelspreise vorliegen. Diese Voraussetzung ist kritisch, da Grof,handelspreise Marketingforschern in der Regel nicht vorliegen. Die Problematik fehlender Grof,handelspreise wird ausfiihrlich in Kapitel 5.3.2 diskutiert und erSrtert. Ziel der nachfolgenden Ausffihrungen ist die Darstellung und Bewertung der Verfahren.

4.4.2

Menii-Ansatz

Der Menii-Ansatz leitet verschiedene Formen des Wettbewerbs aus den Gewinnfunktionen der HersteUer und H/indler ab (z.B. Bresnahan 1989, Kadiyali 1996). Es entstehen mehrere Mehrgleichungsmodelle, die mithilfe von nicht-genesteten Testverfahren verglichen werden. Der ModeUvergleich identifiziert das Wettbewerbsverhalten, das die Daten am besten beschreibt. Aussagen fiber Machtbeziehungen kSnnen erst in einem zweiten Schritt aus dem identifizierten Wettbewerbsverhalten abgeleitet werden.

Um die Herangehensweise des Menfi-Ansatzes zu verdeutlichen, ~4rd nachfolgend die Herleitung von drei Wettbewerbsszenarien und deren Sch/itzgleichungen exemplarisch dargestellt. Villas-Boas (2005) folgend werden Preisgleichungen ffir drei extreme Preissetzungsmachtszenarien ausgew/ihlt: Bertrand-Nash-Verhalten (Unabh/ingigkeit), H/indlerdominanz und HersteUerdominanz. Das Bertrand-Nash-Verhalten ist durch die in Kapitel 2.1.2 beschriebene doppelte Margenbildung gekennzeichnet und vergleichbar mit Szenario 1 von Villas-Boas (2005). Bei der H~indlerdominanz bestimmt der H~i~dler den 58

Groghandels- und Verkaufspreis. Da Hiindler gewinnmaximierend handeln, entsprechen die Groghandelspreise in diesem Fall den marginalen Kosten. Die Vergiitung der Hersteller erfolgt fiber eine vom H~dler festgelegte Extrazahlung. Dieser Fall ist mit Szenario 2 von Villas-Boas vergMchbar. Bei der Herstellerdominanz ist dies genau umgekehrt. I n diesem Fall entsprechen die Grotghandelspreise den Verkaufspreisen und der H/indler wird fiber eine vom HersteUer bestimmte Vergfitung bezahlt (vgl. Szenario 3 von Vii!as-Boas).

Bei dem vertikalen Bertr.and-Nash-Gleichgewicht gehen die Marktteilnehmer, d.h. die Hersteller und die H~indler, bei der Preissetzung davon aus, dass die Preise der anderen Akteure gegeben sind. Die Preisstrategien der Wettbewerber sind sozusagen exogen und fliegen nicht mit in die Preisgestaltung ein (vgl. Abschnitt 4.3). Formal betrachtet bedeutet dieses Verhalten, dass die Kreuzpreisableitungen null sind, d.h. ~Owpj = 0. Die Ableitung erster Ordnung fiir den H~iadler lautet dann: OH R OQi c~ ) OQj Op, = O' + (P' - wp' - c R ) ~ p i + (Pj - wP3 - J -~pi = 0 '

i,j=l,2,

iCY.

(4.9)

Dureh Einsetzen der Ableitungen der linearen Naehfragefunktionen ergibt sich: 0II R

op,

= Q, + ( p i - wp, - c~n)b, + (p~ - wp~ - cn)b~, = O,

i = 1, 2,

i r j.

(4.10)

LSst man diese Gleichung nach den Preisen auf, ergeben sich die gewinnoptimalen Preise ffir den H~indler unter den getroffenen Annahmen. Es gilt: p, = c~ + wp, -

Qib~i + Qib3,

i, j = 1, 2,

b,2,bjj-bj,b,~"

i r j.

(4.11)

Hg~ndlermarge = m k R Im Falle eines vertikalen Bertrand-Nash-Gleichgewichts treffen Hersteller und Hitndler ihre Entscheidungen simultan, sodass beide jeweils nur direkte Effekte einer Preis~inderung beriicksichtigen. Indirekte Effekte durch die Wahl der Hiindlermargen werden nicht betrachtet (Sudhir 2001b). Daher gilt: o_at. Owpi = 1 und ~ Owpj = 0 fiir i , j = 1, 2 mit i -fl j. Gleichung 4.6 reduziert sich zu:

ony

Owp~ = Q' + (wp, - mc,)

,

i = 1, 2.

(4.12)

Das Einsetzen der Ableitungen der linearen Nachfragefunktion ergibt:

on~ Owpi

= a~ + bqp~ + b,,(p, + (wp, - mc,)) = O,

59

i, j = 1, 2,

i r j.

(4.13)

Durch AuflSsen nach

ergibt sich der gewinnoptimale Grof, handelspreis ffir einen Her-

wpi

steller i. Es gilt: wpi = mci

-

Q_2

i = 1, 2.

(4.14)

bii '

Herstellermarge =

mk M

Die Preisgleichungen der HersteUer und H~tndler bestehen aus zwei Komponengen: einer Kostenkomponente

mci

bzw. ( ~ +

wp~)

und einem Gewinnaufschlag ffir die Hersteller

bzw. H~i~adler. Das zu sch~itzende Mehrgleichungssystem ergibt sich dann aus den Gleichungen 4.7, 4.8, 4.11 und 4.14.

Aussagen zur Preissetzungsmacht kSnnen anhand der Margen gewonnen werden. Hierbei entscheiden die gesch~itzten Kreuzpreiseffekte der Nachfragefunktion fiber die Preissetzungsmacht. Liegen keine Kreuzpreiseffekte vor, d.h., b~i = 0 und b~i = 0, dann sind die Hersteller- und Hfiaadlermargen identisch. In diesem Fall liegt eine symmetrische Machtverteilung vor, da beide Parteien einen gleich grof,en Anteil der Gesamtmarge bekommen. Liegen jedoch positive Kreuzpreiseffekte vor, ist die Marge der Hersteller grSger als die des H~hadlers. Die Preissetzungsmacht wfirde dann bei dem Hersteller liegen. Tabelle 4.4 fasst die mSglichen Szenarien ffir das Bertrand-Nash-Gleichgewicht zusammen.

Tabene 4.4: Preissetzungsmacht im Bertrand-Nash-Gleichgewicht bei linearer Nachfragefllaktion" Kreuzpreis-

bij und bji < 0

bij und bji > 0

b~j oder bj~ > 0

bij oder bji < 0

bij, bji = 0

effekt Margen

mk R >mk M

mk M > mk n

m k rt > m k M

mk M >mk n

mkM = mk n

Preissetzungs- H~h-adler macht

aUe HersteUer H~hadler

Hersteller der symmetrisch Marke i bei bij < 0

Ffir den Fall einer H~indlerdominanz wird unterstellt, dass der Groghandelspreis gleich den marginalen Kosten ist. In diesem Fall ergibt sich aus Gleichung 4.11: p , = c~R + m c , -

Q,b~j + Qjbj, ~ r

H~ndlermarge 60

i, j =

1,2,

i ~ j.

(4.15)

Eine Groghandelspreisgleichung existiert nicht. Das zu sch~itzende Mehrgleichungssystem ergibt sich dann aus den Gleichungen 4.7, 4.8 und 4.15. Die Preissetzungsmacht liegt beim Hfiaadler, da dieser die komplette Marge bekommt.

Die Preissetzung in Form einer Herstellerdominanz ist hingegen durch das Fehlen einer H~hadlermarge gekennzeichnet. In diesem Fall entspricht der Groghandelspreis dem Verkaufspreis. Aus Gleichung 4.14 ergibt sich dann folgende Preisgleichung: pi = mc~ -

--,Q~

4.

i = 1, 2.

(4.16)

Herstellermarge Das zu sch~itzende Mehrgleichungssystem wird bei Herstellerdominanz durch die Gleichungen 4.7, 4.8 und 4.16 repr~entiert. Die Preissetzungsmacht liegt beim HersteUer. Dieser bekommt die komplette Marge.

Im Beispiel des vertikalen Bertrand-Nash-Gleichgewichts werden sechs Gleichungen gesch~itzt: zwei Nachfragegleichungen 4.7 und 4.8, zwei Preisgleichungen 4.11 und zwei Groghandelspreisgleichungen 4.14. Im Fall der Hiindler- und Herstellerdominanz werden hingegen nur vier Gleichungen gesch~itzt. Nach der Sch~itzung der Mehrgleichungssysteme erfolgt ein Modellvergleich, wobei ein Mehrgleichungssystem identifiziert wird, das die Daten am besten beschreibt. Hierzu stehen je nach verwendetem Sch~itzverfahten unterschiedliche nicht-genestete Testveffahren zur Auswahl (Vuong 1989, Smith 1992).

Eine Machtmessung mit dem Menii-Ansatz ist bisher nut bedingt mSglich. Um Aussagen fiber Machtbeziehungen treffen zu kSnnen, miissen die Margen so exakt wie mSghch bestimmt werden. Die beschriebenen Szenarien stellen jedoch jeweils nur extreme Formen dar. Die gesch~itzten Margen kSnnen daher nur als g'robe Approximation an die wahren Margen verstanden werden. Um genauere Sch~itzungen der Margen zu erhalten, ist die Entwicklung weiterer Szenarien notwendig. Bisher wurden jedoch noch keine weiteren Szenarien hergeleitet, sodass nur ungenaue Aussagen zur Preissetzungsmacht mSglich sind. Diese Tatsache spiegelt sich auch in der Arbeit yon Villas-Boas (2005) wider, die keine klaren Aussagen zur Preissetzungsmacht treffen kann.

Ein zentrales Problem des Menii-Ansatzes steUt augerdem die nicht eindeutige Identifi61

kation des zugrunde liegenden Wettbewerbsmodells dar. Beispielsweise kann Villas-Boas (2005) kein eindeutig iiberlegenes Modell identifizieren. Ihre Sch~tzungen basieren auf einer generalisierten Momentensch~itzung (GMM). Villas-Boas verwendet eine Spezifikation eines nicht-genesteten Cox Tests, der yon Smith (1992) vorgeschlagen wurde. Jedoch fiihrt das von ihr vorgeschlagene nicht-genestete Testverfahren zu keiner eindeutigen Identifikation eines Modells. Neben der Modellselektion ist auch die Festlegung der Zahl an Wettbewerbsszenarien kritisch zu bewerten. Theoretisch ist eine Vielzahl von zu sch~itzenden Szenarien denkbar, was jedoch zu einer ErhShung der zu sch~itzenden Modelle fiihrt. Bisher ist noch nicht festgestellt worden, wie viele verschiedene Szenarien untersucht werden miissen, um das reale Wettbewerbsverhalten widerzuspiegeln.

4.4.3

Conj ectural-Variations-Ansat

z

Der Conjectural-Variations-Ansatz, der von Iwata (1974) eingeffihrt wurde, ist ein Modell, das unterschiedliche Wettbewerbsszenarien mithilfe von Parametern zusammenfasst. Das Modell unterstellt, dass die Unternehmen eine gewisse Vorstellung fiber das Verhalten der Wettbewerber haben, die sie in ihre Preisgestaltung mit einbeziehen (Kadiyali et al. 2001). Diese Vorstellung fiber das Verhalten der Wettbewerber spiegelt sich in den Kreuzableitungen --~ und ~

aus Gleichung 4.3 wider. Diese Kreuzableitungen werden als stetige

Parameter spezifiziert und gesch~itzt (z.B. Bresnahan 1989, Klapper 2001b, Iwata 1974). Bresnahan (1989) folgend kann man den Wettbewerb in einem Markt fiber die kontinuierliche Auspr~gung der Parameter identifizieren und beriicksichtigen. Die Parameter, die implizit die Conjectures ~Op~ der Marktteilnehmer auf eine Preis~nderung der Konkurrenten sch~itzen, werden als Conjectural-Variation (CV)-Parameter bezeichnet (Iwata 1974). . .

Je nach Auspr~gung der gesch~itzten Parameter lfisst sich das den Daten zugrunde liegende Wettbewerbsverhalten identifizieren. Fiir den H~indler ergibt sich folgende Ableitung erster Ordnung:

OII~ op, =

Q' +

(p'

-

-

I\ OQ'+ oj,-ROQ') p +

(oo ROQj) mit 0.~sn. - - --~ 0p~"

62

(4.17)

i,j-1,2, i~j

Durch Einsetzen der Ableitungen der linearen Nachfragefunktion ergibt sich: 0n,R

Op,

=

Q,+(p,-wp,-C)(b.+e~b,~)+(p.-~p~-~,')(bj,+e~b.)

= 0

~.j = 1.2.

~ # j.

(4.1s)

Dutch AufiSsen nach dem Preis erh~lt man die Verkaufspreisgleichung ffir den H~ndler:

p, = c~ + wp, -

-biib~

R n

bi~b~i

rt n

'

i, j = 1, 2 i 5r J.

(4.19)

Hg~ndlermarge Ffir die Hersteller ergibt sich aus Gleichung 4.6 durch Einsetzen der CV-Parameter folgende Ableitung erster Ordnung:

OHMowp,= q i + ( w p i - m c i ) [ - ~ p.oo, iOiM+

~OQ'oM 9 ] =0,

i,j=1,2,

icy

(4.20)

mit 0iM = o_~ o~p, bzw. 0~M = ~o~p, als CV-Parameter. Durch Einsetzen der Ableitungen der linearen Nachfragefunktion und AuflSsen nach wp~ ergeben sich die gewinnoptimalen Grotghandelspreise der Hersteller:

wpi = mc, +

Q~ b,,o~, + t,,joj~ '

i, j = 1, 2,

i r j.

(4.21)

J -',,r

Herstellermarge Das zu schiitzende Mehrgleichungssystem besteht beim Conjectural-Variations-Ansatz aus Gleichung 4.7, 4.8, 4.19 und 4.21. Die Parameter 0 werden neben den Nachfrageparametern geschiitzt. Mithilfe der geschiitzten Parameter liisst sich dann die zugrunde liegende Machtbeziehung identifizieren. Im Gegeasatz zum Menfi-Ansatz wird beim CV-Ansatz nur ein Mehrgleichungssystem spezifiziert und gesch/itzt.

Die gesch~itzten CV-Parameter spiegeln das Wettbewerbsverhalten der HersteUer und Hiindler wider. Gleichung 4.19 zeigt, dass die H5he der Gewinnaufschliige des H/indlers dutch die Parameter 0 bestimmt wird. Shad z.B. die Parameter 0iR und 0~ aus Gleichung 4.19 kleiner null, dann sind die Gewinnaufschl/ige der H/indler geringer als in einem vertikalen Bertrand-Nash-Gleichgewicht. Sind die Parameter 0 gleich null, liegt ein vertikales und horizontales Bertrand-Nash-Gleichgewicht vor. Sind die CV-Parameter allerdings ungleich NuU, kommt es zu Abweichungen vom vertikalen bzw. horizontalen Bertrand-Nash-Gleichgewicht. Je nach Auspr/igung der CV-Parameter kSnnen andere Wettbewerbsszenarien identifiziert werden.

63

Die Messung der Preissetzungsmacht erfolgt fiber die Margen, die mithilfe der gesch~itzten Parameter berechnet werden kSnnen. Neben den gesch~itzten Parametern der Nachfragefunktion bestimmen die Parameter/~ die HShe der Margen.

Im Gegensatz zum Menii-Ansatz benStigt der CV-Ansatz keine ModeUvergleiche mehr, da nur ein Mehrgleichungssystem gesch~itzt wird. Das Wettbewerbsverhalten wird durch einzelne stetige Parameter.gemessen, die das Verhalten der Konkurrenten ~4derspiegeln. Dadurch ist es mSglich, Aussagen fiber die St~irke einer Beziehung zu treffen. Der CV-Ansatz ermSglicht somit eine direkte Sch/itzung der Preissetzungsmacht.

AUerdings weist der CV-Ansatz auch einige Schwachstellen auf. In der Literatur findet sich eine Vielzahl von Arbeiten, die die Eignung des stetigen Parameters zur Bewertung des Wettbewerbsverhaltens bzw. zur Identifikation von Machtstrukturen diskutieren (z.B. Bresnahan 1981, 1982, 1983, Lindh 1992, Nevo 1998, Corts 1999). Klapper (2003) liefert eine umfassende Bewertung und Zusammenfassung der Kritikpunkte des CV-Ansatzes. Zentrale Kritikpunkte liegen unter anderem beim Konzept der konsistenten Conjectures und der Interpretation der CV-Parameter. Die Arbeit yon Kamien & Schwartz (1983) beispielsweise problematisiert, dass in Abh~ingigkeit von den postulierten CV-Parametern jedes Marktgleichgewicht zwischen perfektem Wettbewerb und Monopol mSglich ist. Daher ist der CV-Ansatz um die Bedingung der Konsistenz der Conjectures zu erg~inzen (vgl. Bresnahan 1981, 1982, 1983). Liegen konsistente Conjectural-Variations vor, stimmen die Annahmen fiber die Reaktion der Wettbewerber mit der Realit~it iiberein. Dennoch existieren Arbeiten, die die Eignung des CV-Ansatzes zur Identifikation einer Wettbewerbsbeziehung kritisch sehen. Lindh (1992) schl~igt vor, die Ergebnisse des CV-Ansatzes nicht als spezielles Wettbewerbsverhalten zu interpretieren, sondern sie lediglich als Abweichungen von einem gegebenen Gleichgewicht zu betrachten.

Ein weiteres Problem, das insbesondere bei differenzierten Produktm~kten zum Tragen kommt, ist die grof,e Anzahl der zu sch~itzenden CV-Parameter. Mit der Anzahl der Markteilnehmer und Produkte in einem Markt w~ichst auch die Anzahl der zu sch~itzenden CV-Parameter. Bei J Produkten in einem Markt, mfissen

J(J-

1) CV-Parameter

gesch~itzt werden. Da nur J Parameter identifiziert sind, miissen a priori Restriktionen

64

getroffen werden (Nevo 1998). Corts (1999) zeigt augerdem, dass in Mfirkten mit starken saisonalen Effekten das Wettbewerbsverhalten nur schwer mit dem CV-Ansatz zu identifizieren ist.

Verschiedene empirische Arbeiten weisen jedoch die Eignung des CV-Ansatzes fiir horizontale Wettbewerbsbeziehungen nach. Mithilfe von exakten KostengrSgen zeigen Genesove & Mullin (1998)und Wolfram (1999), dass die gesch~itzten CV-Paramet~r nut unwesentlich von den wahren Parametern abweichen, die mithilfe yon Kosteninformationen be~ rechnet werden. Bei diesen Arbeiten wurden jedoch keine differenzierten Produktm~rkte betrachtet, sodass es nicht zu Identifikationsproblemen kommt.

4.4.4

Conduct-Paxameter-Ansatz

Der Conduct-Parameter-Ansatz, der auch als gewichteter Gewinn-Ansatz bezeichnet wird, ist sehr eng mit dem CV-Ansatz verwandt. Er wurde von Porter (1983) fiir den Mengenwettbewerb eingefiihrt. Kadiyali et al. (2001) und Villas-Boas & Hellerstein (2006) zeigen beispielhaft die theoretische Anwendung des Conduct-Parameter-.4msatzes ffir den Preiswettbewerb. Sudhir et al. (2005), ViUas-Boas & Zhao (2005) und Draganska & Klapper (2004) wenden den Conduct-Parameter-Ansatz zur empirischen Untersuchung des Preiswettbewerbs an. Bei diesem Ansatz wird das Wettbewerbsverhalten genau wie beim CV-Ansatz fiber stetige Parameter modelliert, die jedoch nicht die Conjectures der Marktteilnehmer messen, sondern lediglich Abweichungen von einer zuvor untersteUten Gleichgewichtssituation. Die Parameter kSnnen dennoch genau wie beim CV-Ansatz als Verhaltensparameter verstanden werden, die eine Beeinflussung bei der Preissetzung abbilden.

In der Literatur kommt es oft nicht zu einer klaren Abgrenzung des Conduct-ParameterAnsatzes und des CV-Ansatzes, sodass CV-Parameter h~iufig auch als Conduct-Parameter bezeichnet werden. Im Rahmen dieser Arbeit werden CV-Parameter lediglich Ms Approximation der Kreuzpreisableitungen -~ Op~ verstanden. Als Conduct-Parameter werden alle Parameter betrachtet, die Abweichungen yon einer vorgegebenen Gleichgewichtssituation messen.

65

Ein Hauptproblem des CV-Ansatzes bei differenzierten Produktm/irkten stellen neben der Interpretation der zu sch~tzenden Parameter ihre Anzahl und Identifikation dar. Der Conduct-Parameter-Ansatz umgeht diese Problematik, indem maximal J anstatt

J(J-

1) Parameter gesch/itzt werden mfissen. Das Wettbewerbsverhalten wird genau

wie im Conjectural-Variations-Ansatz fiber stetige Parameter gemessen. D.h., auch bier muss nur ein Mehrgleichungssystem spezifiziert und gesch/itzt werden. Die kritische Modellselektion entf~llt. Zur Herleitung des Conduct-Parameter-Ansatzes wird eine Gleichgewichtssituation unterstellt, wie z.B. das vertikale Bertrand-Nash-Gleichgewicht. Aus Gleichung 4.3 ergibt sich dann ffir den H/indler folgende Ableitung erster Ordnung: Opi = Qi + (Pi - Wpi - c~) k ~ p i

+ (p~ - w;~ -

k-~p~ ] = o,

i , j = l,2,

i e j.

(4.22) Durch Einsetzen der Ableitungen der linearen Nachfragefunktion und Umformen erh/ilt man die gewinnoptimale Verkaufspreisgleichung. Unter der Annahme eines vertikalen Bertrand-Nash-Gleichgewichts gilt: P i - - r R "]- w p i

--

Q,b~ - Q~b~, biibjj

-

bjibij

'

i, j = 1, 2,

i ~ j.

(4.23)

In einem zweiten Schritt fiigt man einen Parameter 0 ein, der die Abweichungen vonder untersteUten Gleichgewichtssituation messen soll. Die Verkaufspreisgleichung des H/indlers lautet in diesem Fall wie folgt: q i b ~ - Q~b~i p, = c R + wp, - Off b,,b~ - b~,b,~ '

i, j = 1, 2,

i ~ j.

(4.24)

H/i~dlermarge Der Parameter 0n subsummiert alle Ableitungen, die bei der Herleitung durch die Annahmen von Wettbewerbsbeziehungen nicht weiter betrachtet wurden bzw. weggefallen sind. Aus Gleichung 4.3 ergibt sich dann folgende Funktion: 0R=

1 1 + OQ,O_tp' opj op~

i=1,2

i#j.

(4.25)

Bei 0R > 1 ist der vertikale Wettbewerb kooperativer als im Bertrand-Nash-Gleichgewicht. In dem Fall handelt es sich um einen weniger aggressiven Preiswettbewerb, der hShere H/indlermargen zul/isst als im Nash-Gleichgewicht. Diese kooperative Form des Wettbewerbs deutet zus/itzlich auf eine Machtbeziehung zugunsten des H/indlers hin, da dessen Margen hSher ausfaUen als im Fall der unabh~ingigen Preissetzung. Liegen hingegen 66

Parameter 0R kleiner eins vor, ist der vertikale Wettbewerb aggressiver als im BertrandNash-Gleichgewicht, d.h., es liegt eine Form von nicht-kooperativem Wettbewerb vor.

Aquivalent zur Verkaufspreisgleichung ergibt sich aus Gleichung 4.6 und der Annahme eines vertikalen Bertrand-Nash-Gleichgewichts folgende Ableitung erster Ordnung:

on~ Owp~

OQ,

= Q, + ( w p , - mc~)--~p~ = 0,

i = 1, 2.

(4.26)

Durch Einsetzen der Ableitungen der linearen Nachfragefunktion und AuflSsen nach wp~ ergeben sich die gewinnoptimalen Groghandelspreise:

wp~ -- mci - Q' bi"~'

i = 1, 2.

(4.27)

Im n~hsten Schritt wird ein Conduct-Parameter oM eingeffigt, der Abweichungen von der unterstellten Gleichgewichtssituation misst.

wpi = mc~ -

oMQ i - - i,

i = 1, 2.

(4.28)

Herstellermarge Genau wie bei der Preisgleichung des H~ndlers kann auch hier 0M als eine Funktion der Ableitungen verstanden werden. Die sich aus Gleichung 4.5 ergebende Funktion lautet:

O~ -- 1 +

~ ._.

Os,/Owpj~ O~pjt ( Os,t/Owp,t ) Owp,t'

i # k.

(4.29)

Gilt 0M > 1, dann liegt eine kooperativere Form des Wettbewerbs vor, d.h., Hersteller sind in der Lage, grSf,ere Margen zu erzielen als im unterstellten Gleichgewicht. Bei Parametern kleiner eins kommt es hingegen zu aggressiverem Wettbewerbsverhalten als im Gleichgewicht.

Die Identifikation der Machtbeziehung erfolgt vergleichbar zum CV-Ansatz. Mithilfe der gesch~tzten Parameter der Angebots- und Nachfragefunktion werden die Maxgen von Hersteller und H~ndler berechnet. Anschlief, end erfolgt die Analyse der Margenverteilung. Dies soll vereinfazht an einem Beispiel dargestellt werden. Hierzu wird unterstellt, dass die gesch~tzten Kreuzeffekte b~, b~ gleich null sind. In diesem Fall entscheidet lediglich der gesch~tzte Conduct-Parameter 0R bzw. 0M, ob der Hersteller oder der H~i~dler fiber die Preissetzungsmacht verfiigt. Gilt OR > 0M, dann liegt die Preissetzungsmacht beim 67

H~ndler. Bei OR < OM liegt die Preissetzungsmacht hingegen beim Hersteller.

Neben dem CV-Ansatz ist auch der Conduct-Parameter-Ansatz gut zur Machtmessung fiber die Gewinnmargen im Absatzkanal geeignet. Genau wie beim CV-Ansatz wird das Verhalten der Wettbewerber durch stetige Parameter gemessen. Dadurch ist es mSglich, Aussagen zur St~rke und Richtung von Machtbeziehungen zu treffen. Im Gegensatz zum CV-Ansatz ist der Conduct-Parameter-Ansatz auch fiir die Anwendung auf differenzierten Produktm~irkten geeiguet, da maximal nur so viele Conduct-Parameter wie HersteUer in einem Markt gesch~tzt werden. Das Modell ist somit immer identifiziert.

Als problematisch zu betrachten ist weiterhin die Sch~tzung der marginalen Kosten. Es ist bisher ungekl~irt, ob die gesch~itzten KostengrSf,en mit realen Werten fibereinstimmen. An dieser Stelle besteht noch erheblicher Forschungsbedarf (vgl. Kapitel 5.3.3).

4.5

Bewertung und Fazit

Ans~itze auf der Basis struktureller Modelle des Wettbewerbs ermSglichen die Identifikation von Preissetzungsmachtbeziehungen zwischen Herstellern und H~ndlem im Absatzkanal. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich weiterfiihrende Analysen durchffihren, wie z.B. die Identifikation von Faktoren, mit denen Hersteller bzw. H~ndler die bestehende Machtsituation beeinflussen kSnnen, oder wie sich bestehende Machtbeziehungen auf die Gewinne des Absatzkanals und der Teilnehmer auswirken.

Eine allgemeine Bewertung der Ans~itze erfolgte bereits in Abschnitt 3.4, sodass an dieser Stelle nur eine weitergehende Bewertung vorgenommen wird, die sich insbesondere auf eine Bewertung der drei vorgestellten Ans~itze zur Messung der Preissetzungsmacht auf Konsumgiiterm~rkten konzentriert.

Nach dem bisherigen Stand der Forschung ermSglicht der Menii-Ansatz bisher nur eine sehr ungenaue Bestimmung der Preissetzungsmachtbeziehungen. Urs~chlich hierfiir sind bisher unzureichend entwickelte Wettbewerbsszenarien. Ein weiterer Kritikpunkt des Menfi-Ansatzes liegt in der Modellselektion. Die bisherigen Methoden liefern nicht

68

zwangsl~ufig eindeutige Ergebnisse, sodass es an dieser Stelle noch erheblicher Forschung bedarf. Aufgrund der Schw~chen bei der Identifikation der Preissetzungsmacht ist der Menfi-Ansatz daher ffir die Zielsetzung dieser Arbeit nur unzureichend geeignet.

Der CV-Ansatz und der Conduct-Parameter-Ansatz hingegen ermSglichen eine direkte Messung der Preissetzungsmacht fiber stetige Parameter. Die ModeUselektion, die beim Menfi-Ansatz problematisch ist, entftillt bei diesen Ans~itzen. Ziel dieser Arbeit ist die Messung von der Preissetzungsmacht in ausgew~ihlten M~irkten der Konsumgiiterindustrie. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei M~rkten der Konsumgfiterindustrie in der Regel um hochgradig differenzierte Produktm~rkte handelt. Differenzierte Produktm~irkte fiihren beim CV-Ansatz jedoch zu Identifikationsproblemen, die nur durch A-priori-Informationen gelSst werden kSnnen. Die Verwendung des CV-Ansatzes fiir die Messung der Preissetzungsmacht auf Konsumgfiterm~irkten erscheint daher nicht sinnvoll. Der Conduct-Parameter-Ansatz greift diesen Kritikpunkt des CV-Ansatzes auf und bietet eine MSglichkeit, auch differenzierte Produktm~kte zu untersuchen.

Es zeigt sich, dass der Conduct-Parameter-Ansatz die besten Voraussetzungen der drei vorgestellten Verfahren ffir eine valide Messung der Preissetzungsmacht im Absatzkanal auf Konsumgiiterm~irkten besitzt und daher fiir die weitere Betrachtung ausgewfiahlt wird. Im nachfolgenden Kapitel kommt es zu einer ausfiihrlichen Diskussion des ConductParameter-Ansatzes zur Messung der Preissetzungsmacht im Absatzkanal.

69

Kapitel 5 Der Conduct-Parameter-Ansatz zur Messung von Preissetzungsmacht im Absatzkanal In Kapitel 4 wurden verschiedene Verfahren zur Messung von Preissetzungsmacht mit strukturellen Modellen des Wettbewerbs diskutiert. Eine Bewertung hat ergeben, dass der Conduct-Parameter-Ansatz sich am besten zur Erreichung der Ziele dieser Arbeit eignet. Daher kommt es nachfolgend zu einer ausfiihrlichen Darstellung und Diskussion des Conduct-Parameter-Ansatzes, der die Messung von Macht in Hersteller-H~ndlerBeziehungen auf Konsumgiiterm~irkten ermSglicht. Beziehungen zwischen Herstellern und H~ndlern kSnnen hierbei auch als lose gekoppelte Systeme verstanden werden (vgl. Abschnitt 2.1.1).

Nachdem bereits in Kapitel 4 die Vorteile von strukturellen ModeUen des Wettbewerbs erSrtert wurden, wird an dieser Stelle auf eine weitere Bewertung verzichtet und direkt mit der Erls

des Conduct-Parameter-Ansatzes begonnen. Zun~chst wird kurz die

Vorgehensweise erkl~rt, um anschlies

auf die einzelnen Bestandteile des Conduct-

Parameter-Ansatzes n~iher einzugehen. Hierbei liegt das besondere Augenmerk auf der Identitikation von Preissetzungsmacht und mSglicher Machteinflussfaktoren. Abschlies kommt es zur Diskussion von Schwachstellen und bisher nur unzureichend gekl~irten Problemen des Conduct-Parameter-Ansatzes.

71

5.1

Vorgehensweise des Conduct-Parameter-Ansatzes

Bevor es in den nachfolgenden Abschnitten zu einer detaiUierten Beschreibung einzelner Bestandteile des Conduct-Parameter-Ansatzes kommt, wird an dieser Stelle ein allgemeiner 0berblick fiber die Vorgehensweise gegeben. Bereits in Abschnitt 4.4.4 erfolgte eine kurze Darstellung des Conduct-Parameter-Ansatzes. Es hat sich gezeigt, dass sich die Vorgehensweise in mehrere Schritte untergliedert. Nachfolgend sind diese chronologisch dargestellt: 1. Identifikation einer zu untersuchenden Produktkategorie 2. Wahl geeigneter Daten (aggregierte Daten vs. disaggregierte Daten) 3. Nachfrageseite (Abschnitt 5.2) 3.1. Spezifikation einer Nachfragefunktion 3.2. Sch~tzung einer Nachfragefunktion 4. Angebotsseite (Abschnitt 5.3) 4.1. Herleitung von H~indlermargen 4.2. Herleitung yon Herstellermargen 4.3. Wahl einer geeigneten Kostenfunktion 5. Sch~itzung der Preisgleichungen, die sich aus der Kostenfunktion sowie Herstellerund H~indlermargen zusammensetzen (Abschnitt 5.4) 6. Identifikation von Preissetzungsmacht (Abschnitt 5.5) 6.1. Identifikation von Preissetzungsmacht 6.2. Identitikation von mSglichen Machteinflussfaktoren Den ersten Schritt stellt die Auswahl einer Produktkategorie dar, in der die Machtbeziehungen analysiert werden sollen. Hierbei muss der zu untersuchende Markt abgegrenzt und mSgliche Wettbewerber identifiziert werden.

72

Nach der Wahl einer Produktkategorie kommt es zur Auswahl und Beschaffung von Daten. Hierbei unterscheidet man im Wesentlichen zwei Arten: disaggregierte und aggregierte Paneldaten (vgl. Abschnitt 4.2), wobei den nachfolgenden Ausffihrungen aggregierte Scannerpaneldaten zugrunde liegen.

Im dritten Schritt wird eine Nachfragefunktion spezifiziert und gesch~itzt. Die Nachfragefunktion misst Marktreaktionen auf strategische Entscheidungsvariablen der Hersteller bzw. H~indler. Bei der Auswahl einer geeigneten Nachfragefunktion gilt es, die Besonderheiten yon Konsumgfiterm~irkten zu beriicksichtigen, die im Zentrum der Untersuchung stehen. Abschnitt 5.2 beschreibt zuerst die allgemeine Problematik der Nachfragesch~itzung auf Konsumgfiterm~rkten. Anschlief,end kommt es zur Selektion eines geeigneten Modells zur Nachfragesch~tzung sowie deren Diskussion.

Die Angebotsfunktion erfasst die strategischen Entscheidungen der Wettbewerber unter Berficksichtigung der marginalen Kosten. Zur Herleitung der Angebotsfunktion wird eine Gewinnfunktion ffir die H~ndler aufgestellt, die unter Berficksichtigung des Wettbewerbsverhaltens optimiert wird. Es ergibt sich eine Preisgleichung fiir gewinnoptimale Verkaufspreise, die aus einer Kostenkomponente, einem Herstelleraufschlag und einem H~ndleraufschlag besteht. In der Regel liegt in dem zu untersuchenden Markt allerdings keine reine Gleichgewichtssituation vor, sodass man Conduct-Parameter einffigt, um mSgliche Abweichungen yon der unterstellten Gleichgewichtssituation zu beriicksichtigen. Sollten keine Beobachtungen fiber Grot~handelspreise vorhanden sein, die Bestandteil der Preisgleichung sind, miissen diese approximiert werden. Anschliei~end kommt es zur Sch~tzung der Preisgleichungen (vgl. Abschnitt 5.4). Eine genaue Herleitung der Angebotsfunktionen erfolgt in Abschnitt 5.3.

Nach der Sch~tzung der Angebotsfunktion werden die Ergebnisse interpretiert. Mithilfe der gesch~tzten Conduct-Parameter lassen sich Aussagen zur Machtstruktur treffen (vgl. Abschnitt 5.5). Auf,erdem sollen Faktoren identifiziert werden, mit denen Hersteller bzw. H~indler auf die Machtstruktur einwirken kSnnen. Hierzu wird eine Parametrisierung der Conduct-Parameter durch handels- bzw. hersteUerspezifische Faktoren vorgenommen (siehe hierzu Abschnitt 5.5.2).

73

5.2

Nachfragefunktionen

5.2.1

Auswahl und Bewertung

geeigneter Nachfragefunktionen

Bei den bisherigen ErSrterungen zu strukturellen Modellen des Wettbewerbs wurde von einer linearen Nachfragefunktion im DuopolfaU mit relativ homogenen Produkten ausgegangen. Diese Annahme liegt den meisten empirischen und theoretischen Studien zugrunde (z.B. Choi 1991, Kadiyali 1996, Klapper 2001a). Neben der klassischen linearen Nachfragefunktion sind auch modifizierte lineare Nachfragefunktionen zu finden.

Kadiyali et al. (2000) beispielsweise verwenden eine logarithmierte Spezifikation der linearen Nachfragefunktion, bei der nicht der Preis als erkl/irende GrSf,e des Absatzes verwendet wird, sondern der logarithmierte Preis. Bei der Sch/itzung des log-linearen Modells ergeben sich vergleichbare Ergebnisse wie bei einer Sch/itzung eines linearen oder eines multiplikativen Nachfragemodells. Auch Genesove & Mullin (1998) verwenden unterschiedliche Nachfragefunktionen, wie z.B. quadratische, lineare, log-lineare oder exponentielle. Jedoch zeigen sich nur marginale Unterschiede zwischen den Modellen. Zusammenfassend kann man festhalten, dass in der Empirie keine Dominanz eines Nachfragemodells hinsichtlich der Sch/itzgiite zu erkennen ist.

Auf der anderen Seite zeigen theoretische Arbeiten von Lee & Staelin (1997), Tyagi (1999) und Gal-Or (1985), dass die Wahl der Nachfragefunktion erhebliche Auswirkungen auf das gesch/itzte strategische Verhalten und die Gewinnaufschl/ige der Marktteilnehmer hat. Bei strategischem Verhalten gilt es, zwischen drei verschiedenen vertikalen strategischen Interaktionen zu unterscheiden (Lee & Staelin 1997): Vertical-Strategic-Substitutes (VSS), Vertical-Strategic-Complements (VSC) und Vertical-Strategic-Independence (VSI). VSS beschreibt eine Situation, bei der ein H/indler seine Marge als Reaktion auf eine Senkung (ErhShung) der Margen des Herstellers erhSht (senkt). Der H~indler gibt eine Preissenkung des Herstellers nicht komplett an seine Kunden weiter. In diesem Fall liegt eine Retail-Passthrough-Rate 1 von unter 100 Prozent vor. Formal gilt: ~Owp~ < 1. 1 Retail-Passthroughwird als Reaktion der H~adler auf Ver/inderungender Grot~handelspreiseverstanden. Formal werden Retail Passtroughs durch o_~ Owp~ dargestellt (Anderson & Vilcassim 2001). Dies entspricht den CV-Parametemder Herstelleraus Kapitel 4.4.3. 74

VSC hingegen beschreibt eine Situation, bei der ein H~ndler auf eine Senkung der Margen des Herstellers fiberm~f~ig mit einer Senkung seiner Margen reagiert. Er gibt somit die Preissenkung des HersteUers zu mehr als 100 Prozent an die Konsumenten welter (_o~ > 1) VSI hingegen stellt eine Situation dar, bei der der H~ndler keine Owpi Ver~inderung seiner Marge vornimmt, obwohl der Hersteller seine Marge ge~ndert hat. In diesem Fall wird eine Preissenkung des Herstellers zu 100 Prozent an den Konsumenten weitergeleitet ( Owp~ op, =1). Ein Beispiel soll nachfolgend die Auswirkungen unterschiedlicher Nachfragefunktionen auf die strategische Interaktion zwischen Herstellern und H~ndlern verdeutlichen. Hierzu wird angenommen, dass es nur einen Hersteller und einen H~indler gibt, die sich jeweils gewinnmaximierend verhalten (vgl. Kapitel 2.1.2.1). Zuerst wird eine lineare Nachfragefunktion q unterstellt: q - a - ~p,

(5.1)

mit a als Konstante, f~ als Preisresponseparameter und pals Verkaufspreis. Da gewinnmaximierendes Verhalten unterstellt wird, ergibt sich folgende Zielfunktion fiir den H~indler: max[(p- wp)q], p

(5.2)

wobei wp den Grof,handelspreis angibt. Eine Optimierung der Zielhmktion ergibt den gewinnoptimalen Verkaufspreis: p

+ . wp~

--.. ~

(5.3)

2Z

Zur Bestimmung der Retail-Passthrough-Rate wird die Verkaufspreisgleichung nach dem Grof,handelspreis abgeleitet:

op Owp

1

=-

2

< 1

(5.4)

Es zeigt sich, dass eine lineare Nachfragefunktion nur Passthrough-Raten von unter 100 Prozent zul~st. Fiir den Fall einer multiplikativen Nachfragefunktion q = ~p-~

(5.~)

ergibt sich folgende Passthrough-Rate:

,,o? =

Owp

~

~ - 1"

75

(5.6)

Bei einer multiplikativen Nachfragefunktion gibt fl die Preiselastizit~it an. Es gilt in der Regel ~ > 1 und somit o_~ cOwp > 1 Das Beispiel zeigt, dass die Wahl der Nachfragefunktion die strategische Interaktion zwischen Herstellern und H/indlern determiniert.

Besanko et al. (2005) zeigen in einer Querschnittsanalyse, dass Retail Passthroughs in verschiedenen Produktkategorien sehr unterschiedlich ausfaUen kSnnen. Dieser Aspekt muss bei der Wahl einer geeigneten Nachfragefunktion beriicksichtigt werden. Die zu verwendende Nachfragefunktion sollte nicht bereits vorab das vertikale strategische Verhalten determinieren. Vielmehr sollte dies empirisch bestimmt werden. Tabelle 5.1 fasst die g~ingigen Nachfragefunktionen zusammen und klassifiziert sie nach der Art der vertikalen strategischen Interaktion, die die jeweiligen Nachfragefunktionen unterstiitzen.

Tabelle 5.1: Ausgew~ihlte Nachfragemodelle VSS

VSC

Multiplikativ

VSI ausgew/ihlteQuellen:

X

Sudhir (2001b)

Linear

X

Lee & Staelin (1997)

Log-Linear

X

Lee & Staelin (1997)

Multinomial-Logit

X

Sudhir (2001b)

Random-Coefficient-Logit

X

X

X

Kadiyali et al. (2001)

LA-AIDS

X

X

X

Putsis (1998)

vss =Vertical-Strategic-Substitutes VSC=Vertical-Strategic-Complements VSI=Vertical-Strategic-Independence

Sudhir (2001b) zeigt beispielsweise, dass bei der im Marketing h~iufig verwendeten multiplikativen Nachfragefunktion das VSC-Verhalten bereits vorab determiniert ist. Diese Nachfragefunktion eignet sich daher nur fiir Ms

bei denen diese Bedingung erfiillt ist.

Klassische Nachfragefunktionen, wie z.B. die lineare oder log-lineare Nachfragefunktion, ermSglichen hingegen nur die Betrachtung von VSS-Interaktionen.

Es zeigt sich, dass insbesondere das Linear-Approximate-Almost-Ideal-Demand-System (LA-AIDS) und das Random-Coefficient-Logit-ModeU besonders geeignet fiir die Sch~t76

zung der Nachfrage sind, wenn vorab keine Informationen fiber die vertikale strategische Interaktion zwischen Herstellern und H~ndlern innerhalb einer Produktkategorie vorliegen.

Neben den Restriktionen, die mit der Wahl einer Nachfragefunktion einhergehen und das gesch~itzte Verhalten der Marktteilnehmer determinieren, mfissen auch die Besonderheiten von Konsumgiiterm~rkten beriicksichtigt werden, da diese im Zentrum der Untersuchung stehen. Konsumgfiterm~kte unterscheiden sich im Allgemeinen durch zwei wesentliche Merkmale gegeniiber herkSmmlichen M~irkten: 1. Produktdifferenzierung und 2. Konsumentenheterogenit~it. Eine Vielzahl der bisherigen Studien beschr~i~kt sich bei ihren Analysen auf einige wenige Produkte. Kadiyali (1996) untersucht z.B. den amerikanischen Fotofilmmarkt, wobei der Schwerpunkt der Analyse auf den Marken Fuji und Kodak liegt. In der Studie von Kadiyali et al. (2000) werden die M~kte ffir gekfihlte S~fte und Dosenthunfisch untersucht. Im Saftmarkt wird der Schwerpunkt auf zwei Produkte und im Markt ffir Dosenthunfisch auf drei Produkte gelegt. Konsumgfiterm~irkte zeichnen sich aber in der Regel durch einen hohen Grad an Produktdifferenzierung sowie durch heterogene Konsumenten aus. Zudem operieren Hersteller und H~indler auf diesen M~kten gleichzeitig mit mehreren Marketinginstrumenten (z.B. Preisaktionen, Display etc.), sodass eine Analyse mit herkSmmlichen Nachfragemodellen schwer durchfiihrbar ist.

Der hohe Grad an Produktdifferenzierung ffihrt zu einer grof,en Anzahl von Produkten innerhalb einer zu untersuchenden Produktkategorie. Bekannterma/,en kommt es in einem Markt mit J Produkten zu einer Sch~tzung von j2 Elastizit~iten fiir eine Marketing~riable. Bei z.B. zwei Marketingvariablen existieren bereits 2J 2 direkte und indirekte Effekte. Es ist offensichtlich, dass eine valide Parametersch~itzung von direkten und indirekten Effekten in M~irkten mit einer hohen Anzahl an Produkten mit herkSmmlichen NachfragemodeUen (z.B. linear, multiplikativ, LA-AIDS) nicht mSglich ist. Das Problem der grogen Zahl zu sch~tzender Parameter wird auch als Dimensionalits bezeiclmet. Zur LSsung mfissen h~iufig a priori Restriktionen getroffen werden, d.h., bei 77

Analysen mit klassischen Nachfragemodellen in differenzierten Produktm~rkten mfissen viele Kreuzelastizit~ten vorab auf null restringiert werden. Es ist daher erstrebenswert, ein Nachfragemodell zu w~ihlen, das implizit eine Struktur auf die Kreuzelastizit~ten legt. Modelle, die auf eine explizite Sch~tzung der Kreuzeffekte verzichten und dadurch die Anzahl der zu sch~itzenden Parameter reduzieren, sind Discrete-Choice-Modelle. Hierzu z~hlen u.a. das Multinomial-Logit-Modell und das Random-Coefficient-Logit-Modell.

Ein weiteres Problem auf Konsumgiiterm~kten ist die Existenz von Konsumentenheterogenit~it. Verschiedene Arbeiten zeigen, dass Konsumenten z.B. nicht einheitlich auf J~nderungen bei Marketinginstrumenten reagieren, Produkte anders wahrnehmen und unterschiedlich loyal Produkten gegeniiber sind (z.B. Chintagunta et al. 1991). HerkSmmliche Nachfragemodelle sind nicht in der Lage, Formen von Konsumentenheterogenit~it ad~iquat abzubilden. Vielmehr unterstellt man mit diesen Modellen allen Konsumenten die gleiche Reaktion auf Ver~inderungen bei den exogenen Variablen, wie z.B. dem Marketing-Mix. Die Nichtberiicksichtigung von existierender Konsumentenheterogenit~it hat verzerrte Parametersch~tzer zur Folge (z.B. Hsiao 1986). Die Klasse der DiscreteChoice-Modelle basiert auf der Theorie des nutzenmaximierenden Konsumenten. Sie unterstellt konsumentenspezifische Nutzenfunktionen, die eine explizite Beriicksichtigung von heterogenem Verhalten ermSglichen.

Es zeigt sich, dass Discrete-Choice-Modelle nicht nur den theoretischen Anforderungen gerecht werden, sondern auch die auf Konsumgfiterm~irkten herrschenden Besonderheiten ad~quat beriicksichtigen kSnnen. Daher kommt es nachfolgend zu einer ausffihrlichen Diskussion der Discrete-Choice-Theorie. Diese beginnt mit der ErSrterung des MultinomialLogit-Modells. Darauf aufbauend werden Erweiterungen vorgestellt, wie z.B. RandomCoefficient-Logit-ModeUe.

5.2.2

Discrete- Choice-Modelle

Vor dem Hintergrund der beschriebenen Problematiken werden in neueren Arbeiten Discrete-Choice-ModeUe zur Sch~tzung der Nachfrage aufgegriffen (z.B. Berry 1994, Berry et al. 1995, Sudhir 2001a, b). Basierend auf einem ZufaUsnutzenkonzept legen diese Modelle zus~tzliche Strukturen bei der Nachfragefunktion fest, sodass die Anzahl der zu 78

sch~tzenden Parameter deutlich reduziert werden kann. Diese Modellklasse geht davon aus, dass die beobachteten Absatzzahlen eine Aggregation des individuenspezifischen Wahlverhaltens sind. Ziel ist daher die ErklLrung der Nachfrage dutch individuelles Wahlverhalten mithilfe eines Zufallsnutzenkonzepts. Discrete-Choice-Modelle kommen auch bei disaggregierten Daten zur Anwendung, allerdings wird diese Anwendung aufgrund des dieser Arbeit zugrunde liegencLen aggregierten Datenmaterials nicht weiter diskutiert (vgl. Abschnitt 4.2).

Zur Operationalisierung des Nutzenkonzeptes wird davon ausgegangen, dass ein Entscheidungstr~iger n (n = 1,..., N) aus einer begrenzten Menge (7, yon Wahlalternativen (z.B. Produkten) ausw~iahlt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Entscheidungstr~iger9 neine Alternative i (i = 1 , . . . , J) zum Zeitpunkt t (t = 1,..., T) w~ahlt, h~agt von dem personenspezifischen Nutzen U~nt der einzelnen Alternativen ab. Der Nutzen, den eine bestimmte Alternative fiir einen Entscheidungstr~iger hat, h~ingt yon den Produkteigenschaften sowie von den Pr'dferenzen und Charakteristika des Entscheidungstr~gers ab. Der Nutzen einer Alternative i fiir einen Entscheidungstr~iger n zum Zeitpunkt t kann z.B. durch folgende Nutzenfunkti0n ausgedriickt werden: v,,,~

=

~, + x . Z

:

~it -4- gint~

+ ~,~ + c,,~,

v i ~ c.,,

(5.7)

wobei c~ eine markenspezifische Konstaaate ist, fl ist ein Koeffizientenvektor der beobachteten alternativenspezifischen Variablen X~t (z.B. Marketing-Mix-Variablen), ~it ist eine (fiir den Okonometriker) unbeobachtete markenspezifische Komp0nente des Nutzens und E~,t ist eine unbeobachtbare individuenspezifische Variable, die nachfolgend als StSrterm betrachtet wird. ~t stellt den durchschnittlichen Nutzen tiber alle Konsumenten fiir Marke i zum Zeitpunkt t dar. Linearit~it in den Parametern ist keine zwingende Annahme, sie wird aber in der Regel verwendet, da dies die Optimierung der Zielfunktion erleichtert.

Discrete-Choice-Modelle basieren auf der Annahme von nutzenmaximierendem Verhalten

2 Im Folgenden werden die Begriffe Entscheidungstr~iger, Haushalt, Individuum mad Konsument synonym verwendet.

79

der einzelnen Entscheidungstr~iger. Es ergibt sich folgende Entscheidungsregel: max

ie[0 ..... J]

U~nt = 5it + ~int,

Vi, j E Cn.

(5.8)

Je nach Spezifikation des StSrterms erh~ilt man durch Integration fiber c das entsprechende Discrete-Choice-ModeU. Bei Annahme einer Normalverteilung ergibt sich beispielsweise ein Probit-Modell. In der Praxis hat sich jedoch die Annahme einer Extremwertverteilunga durchgesetzt, die zum Multinomial-Logit (MNL)-Modell fiihrt. Vorteil dieser Verteilungsannahme ist eine geschlossene FormlSsung der Wahlwahrscheinlichkeiten und der damit einhergehende geringere Rechenaufwand (Train 2002). Hinzu kommt, dass das Mixed-Multinomial-Logit (MMNL)-Modell, eine Erweiterung des MNL-Modells, alle anderen Discrete-Choice-Modelle beliebig genau approximieren kann (McFadden & Train 2000). Im Folgenden wird daher nur auf das MNL-Modell und dessen Erweiterung - das MMNL-Modell - eingegangen. 5.2.2.1

Multinomial-Logit-Modelle

Das Multinomial-Logit (MNL)-Modell wurde von Theft (1969) und McFadden (1973) entwickelt. Seitdem hat sich das MNL-Modell als das meist verbreitete Discrete-ChoiceModell im Marketing durchgesetzt. Datengrundlage einzelner Anwendungen sind sowohl Haushaltspaneldaten (z.B. Guadagni &: Little 1983) als auch Handelspaneldaten (z.B. Allenby 1989, Berry 1994, Sudhir 2001b). Gupta et al. (1996) zeigen, dass das MNL-Modell bei aggregierten und disaggregierten Daten die gleichen wertvollen Implikationen liefert. Die folgenden Ausfiihrungen und Diskussionen gelten daher ebenso fiir disaggregierte Daten.

Ziel des MNL-Modells ist die Erkl~irung des individuellen Wahlverhaltens unter Zugrundelegung nutzenmaximierenden Verhaltens der Entscheidungstr~iger (vgl. Gleichung 5.8) sowie einer iid Extremwertverteilung des StSrterms. Fiir den Fall, dass Konsumenten nicht in der untersuchten Produktkategorie kaufen, spezifiziert man das sog. OutsideGood (i = 0). Ohne die Einfiihrung dieser Nichtkaufoption wiirde eine homogene Preissteigerung in einer Produktkategorie nicht zu Anderungen der Absatzmengen fiihren. Das Outside-Good beriicksichtigt den Nutzen anderer Produkte und Kategorien, welche nicht a Diese Verteilung firmiert in der Literatur h~iufigauch unter dem Begriif Gumbelverteilung. 80

beobachtet werden. Es ergibt sich die folgende Nutzenfunktion fiir das Outside-Good: Uo, t = ~o + Xot3 + ~ot + eo,,t.

(5.9)

In der Regel werden keine Faktoren X0 beobachtet, die den Nutzen der OutsideGood-Option beeinflussen. Der Term Xot~ entfiillt daher in der Nutzenfunktion des Outside-Good. Die Variablen ao und ~0t sind nicht identifiziert (Nevo 2000). Eine giingige Methode, dieses Identifikationsproblem zu 15sen, ist die Restriktion auf null. In diesem Fall gilt: (f0t = 0.

Die Nutzenfunktion kann wie in Gleichung 5.7 in einen produktspezifischen Nutzen 5it und einen individuenspezifischen StSrterm ~int zerlegt werden. Durch die Annahme der iid Extremwertverteilung ffir eint und der Integration fiber diese Verteilung ergibt sich der Marktanteil s einer Alternative i zum Zeitpunkt t (McFadden 1973)" exp((fit)

sit =

1 + E j ~ exp(~j,)'

i = 0 , . . . , J.

(5.10)

Es ergeben sich Marktanteile, da fiber die entscheidungstr~igerspezifische Komponente eint integriert wurde. Kommt es zu einer Preisreduktion der Marken 1 bis J, steigt ihr Marktanteil und der Anteil des Outside-Good sinkt. Um dieses Modell in eine schiitzbare Form zu bringen, schliigt Berry (1994) eine einfache Transformation vor, die zu folgender Schiitzgleichung fiihrt:

ln(s,t/Sot)

=

~,t,

(5.11)

=

ai+Xit~+~it,

i=l,...,J,

wobei die unbeobachtbaren Produkteigenschaften ~it, als StSrterm der Schiitzgleichung angesehen werden. Nimmt man an, dass ~it z.B. einer Normalverteilung folgt, ist die Anwendung klassischer Schiitzverfahren, wie z.B. Kleinste-Quadrate (OLS)-Schiitzung, mSglich. Um unter anderem diese restriktive Annahme zu vermeiden, wird hiiufig eine generalisierte Momentenschiitzung (GMM) verwendet (Berry et al. 1997). Eine GMMSchiitzung erfordert die Verwendung von Instrumentvariablen. Dabei wird unterstellt, dass der StSrterm ~it mit den Instrumenten Z 4 unkorreliert ist. Diese Annahme entspricht jener bei OLS-Schiitzungen, dass Xit unkorreliert mit ~it ist. Problematisch bei beiden a Zur Erl~iuterung dieser Schiitzverfahren siehe z.B. Greene (2000). 81

Sch~itzverfahren ist daher eine mSgliche Korrelation zwischen ~it und Xit bzw. Z~t.

Berry et al. (1995) interpretieren die unbeobachtete Komponente ~t als "...the difficulty to quantify aspects of style, prestige, reputation, and past experience that affects the demand of different products...". Die unbeobachteten Produkteigenschaften ~t kSnnen ein Identifikationsproblem bei der Sch~itzung hervorrufen. Sowohl die Hersteller als auch r die Konsumenten kennen ~it. Es ist davon auszugehen, dass der StSrterm ~it "in die Preisgestaltung der Hersteller eirdliegt. Folglich ist der Preis mit ~it korreliert. Preise sind daher als endogen zu betrachten. Dies wird speziell yon Villas-Boas & Winer (1999) und Besanko et al. (1998) gezeigt. Die Nichtberficksichtigung der Endogenit~it einzelner Variablen fiihrt zu verzerrten Parametersch~tzern. Diese Korrelation kann auch fiir weitere Marketinginstrumente gelten. Zur Vermeidung der Problematik kann Gleichung 5.11 durch ein Instrumentvariablenverfahren gesch~itzt werden. Es kann sowohl eine zweistufige Kleinste-Quadrate (2SLS)-Methode als auch die generalisierte Momentenmethode sein. Ein zentrales Problem der Instrumentvariablensch~itzung liegt in der Auswahl der geeigneten Instrumente. Weitere Ausfiihrungen zur Endogenit~t von Marketinginstrumenten sind in Abschnitt 5.2.2.4 zu finden.

Nachdem in Abschnitt 5.2.1 bereits die Vorzfige von MNL-ModeUen erSrtert wurden, werden im Folgenden die SchwachsteUen aufgezeigt. Wie in Abschnitt 5.2.1 dargestellt, erlauben nicht alle Nachfragefunktionen VSC- bzw. VSS-Szenarien. Sudhir (2001b) zeigt, dass MNL-Modelle nut VSS-Szenarien zulassen, da o_~ = 1 - si < 1. Bei der Owpi Verwendung von MNL-Modellen muss daher diese Einschr~inkung beriicksichtigt werden.

Eine weitere Schw~che liegt in der iid-Annahme der StSrterme. Die Unabh~ngigkeit besagt, dass der unbeobachtete Teil des Nutzens ffir eine Alternative unabh~ngig von dem unbeobachteten Nutzen einer anderen Alternative ist. Das MNL-Modell unterstent somit ein festes Substitutionsmuster zwischen den einzelnen Alternativen. Dieses Muster wird in der Literatur als IIA-Annahme (Independence of Irrelevant Alternatives) bezeichnet. Die Annahme unterstellt, dass der relative Nutzen einer Alternative gegenfiber einer anderen unabh~ingig von der Existenz einer dritten Alternative sein sollte (z.B. McFadden 1973).

82

Das Nutzenverh/iltnis von zwei Alternativen i und k hgngt somit nur von ihnen selbst ab. Pn(i) Pn(k)

=

e '5~n e 6k"

= e6'"-6~

(5.12)

Das Verh~ltnis 5.12 soll sich auch dann nicht ver~ndern, wenn weitere Alternativen zur Auswahl stehen. Diese Annahme ist allerdings in vielen F~illen anzuzweifeln. Ursachen fiir die Verletzung der IIA-Annahme kSnnen z.B. vorliegende Korrelationen von StSrtermen und die damit verbundene Abh~i~gigkeit von Variablen sein. Diese Form der Korrelation ist jedoch durch die iid-Annahme nicht gestattet. Das Vorliegen der IIA-Annahme fiihrt bei strukturellen Modellen des Wettbewerbs zu zwei wesentlichen Einschr~nkungen. Zum einen kann gezeigt werden, dass die IIA-Annahme zu Kreuzelastizit~ten fiihrt, die sich nur durch Marktanteile differenzieren. Produkte mit ~ihnlichen Marktanteilen werden automatisch als Substitute betrachtet (Berry et al. 1995). Zum anderen fiihrt die IIA-Annahme zu konstanten H~indleraufschl~gen im Marktgleichgewicht. Bei der Modellierung einer vertikalen Wettbewerbsbeziehung w~ihlt der Hfi~udler ffir alle Produkte den gleichen Gewinnaufschlag.

Eine weitere Schwachstelle, die sehr ausffihrlich in der Literatur diskutiert wird, ist die nur unzureichende Beriicksichtigung von Konsumentenheterogenit~it (z.B. Chintagunta et al. 1991, GSnfil & Srinivasan 1993). Das MNL-Modell unterstellt identische Responseparameter der Konsumenten. Das wiirde bedeuten, dass z.B. beim Kauf eines Autos die GrSge des Autos fiir einen Haushalt mit fiinf Personen genauso wichtig ist wie fiir einen Singlehaushalt. Dies muss angezweifelt werden. Selbst wenn zwei Individuen z.B. das gleiche Einkommen, die gleiche Bildung, etc. haben, kSnnen sie trotzdem eine andere Wahlentscheidung treffen, da sie individuelle Pr~iferenzen und Wiinsche besitzen, die fiir den Marktforscher nicht beobachtbar sind. Individuen sind z.B. unterschiedlich loyal Marken gegeniiber. Das MNL-ModeU kann diese Geschmacksunterschiede nur begrenzt modellieren. Man ist nur in der Lage, beobachtbare Unterschiede, ~ie z.B. soziodemografische Unterschiede, unter den Entscheidungstr~gern in das Modell zu integrieren. Kommt es zu Unterschieden in den Pr~ferenzen, die nicht beobachtbar sind oder zuFeillig vorkommen, kann das MNL-ModeU diese nicht mit beriicksichtigen. Train (2002) hat diese Problematik des MNL-Modells aufgezeigt. Bei der Sch~itzung fiihrt die Vernachl~sigung von unbeobachtbarer Heterogenit~t zu verzerrten Parametern (Hsiao 1986, S. 5). Insbesondere auf Konsumgiiterm~kten verhalten sich Konsumenten nut sehr selten homogen, sodass 83

die Verwendung yon Logit-Modellen zu verzerrten Parametersch~itzern fiihrt. Aussagen, die basierend auf den verzerrten Parametern getroffen werden, sind daher mSglicherweise falsch. In den n~hsten Abschnitten kommt es neben ErSrterungen zum genesteten LogitModell, das die restriktive IIA-Annahme aufhebt, zur Beschreibung des MMNL-Modells, das die Schwachstellen des MNL-Modens aufgreift und iiberwindet. 5.2.2.2

Genestete Logit-ModeUe

Wie zuvor erl~iutert stellt die IIA-Annahme eine wesentliche Schwachstene des MNLModells dar. Diese Annahme unterstellt, dass die zugrunde liegenden Wahlalternativen unkorreliert zueinander shad. Insbesondere ffir differenzierte Produktm~rkte, in denen einzelne Produkte stiixker miteinander korrelieren als andere, gilt die IIA-Annahme als unrealistisch. Das genestete Multinomial-Logit (NMNL)-Modell hebt diese Annahme auf, weil es durch eine Varianzzerlegung des StSrterms die Berficksichtigung yon Korrelationen zwischen einzelnen Wahlalternativen ermSglicht.

Abbildung 5.1: Wahlverhalten im NMML-Modell Wahlaltemativen

Produktkategorie

Marke 1

Marke 2

Outside Good

Marke J

Innerhalb d e s N e s t e s gilt die I I A - A n n a h m e .

Das NMNL-Modell unterstellt die Existenz von g -

0,1,..., G Gruppen 5 innerhalb

der Wahlalternativen, die untereinander korrelieren diirfen. Innerhalb einer Gruppe gilt jedoch die IIA-Annahme. ~g stellt die Menge von Produkten dar, die zu einer Gruppe g gehSren. Im Folgenden wird angenommen, dass es zwei Gruppen gibt. In diesem Beispiel ist das Outside-Good das einzige Mitglied der ersten Gruppe und die 5 Nadffolgend werden die Begriffe Gruppe und Nest synonymverwendet. 84

Produkte der zu untersuchenden Produktkategorie stellen die zweite Gruppe dar (siehe Abbildung 5.1). Die Verwendung mehrerer Stufen ist/iquivalent zu dem bier gezeigten Beispiel. Beispielsweise w/ire es denkbar, dass die Marken in Abbildung 5.1 untereinander korrelieren. Dann mfisste eine weitere Stufe hinzuffigt werden, die wiederum verschiedene Gruppen zul/isst, bei denen innerhalb einer Gruppe die IIA-Annahme gilt. Es wird an dieser Stelle auf Verboven (1996) verwiesen, der NMNL-Modelle fiir mehrere Stufen implementiert. Ffir eine einfachere und fibersichtlichere Darstellung wird im Folgenden der Zeitindex t vernachl/issigt.

Ffir ein Produkt i gilt die Nutzenfunktion U eines Konsumenten n: U~n -- 6~ § ~in,

Vi E C~,

wobei ~i = ai + Xi/3+ ~i gilt. Cardell (1997) folgend kann der StSrterm r

(5.13) wie folgt zerlegt

werden: ~

= ~

+ (1 - o ) ~ ,

(5.14)

wobei v extremwertverteilt ist und (~g ein Geschmacksparameter der Gruppe g, der ffir alle Produkte innerhalb eines Nestes identisch ist. CardeU zeigt, dass bei einer Extremwertverteilung yon v auch (~g + (1 - a)v~n extremwertverteilt ist. Die Zerlegung des StSrterms ermSglicht die Berficksichtigung von Korrelationen zwischen den einzelnen Wahlalternativen. Der Parameter a misst diese Korrelationen. In dem Beispiel gibt a die Korrelationen der Marken innerhalb der Produktkategorie an, wobei 0