Anbieterzufriedenheit in industriellen Geschäftsbeziehungen : das Beispiel Automobilindustrie 9783835092624, 3835092626 [PDF]


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Anbieterzufriedenheit in industriellen Geschäftsbeziehungen : das Beispiel Automobilindustrie
 9783835092624, 3835092626 [PDF]

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Zitiervorschau

Axel Gawantka Anbieterzufriedenheit in industriellen Geschaftsbeziehungen

GABLER EDITION WISSENSCHAFT Business-to Business-Marketing Herausgeber: Professor Dr. Dr. h.c. Werner Hans Engelhardt, Universitat Bochum, Professor Dr. Michael Kleinaltenkamp, Freie Universitat Berlin (schriftfiihrend) Herausgeberbeirat: Professor Dr. Dr. h.c. Klaus Backhaus, Universitat Miinster, Professor Dr. Joachim Buschken, Katholische Universitat Eichstatt-ingolstadt, Professorin Dr. Sabine FlieU, Fernuniversitat Hagen, Professor Dr. Jorg Freiling, Universitat Bremen, Professor Dr. Bernd GiJnter, Universitat Diisseldorf, Professor Dr. Frank Jacob, ESCP-EAP Europaische Wirtschaftshochschule Berlin, Professor Dr. Wulff Plinke, Humboldt-Universitat zu Berlin, Professor Dr. Martin Reckenfelderbaumer, Wissenschaftliche Hochschule Lahr/AKAD Hochschule fur Berufstatige, Lahr/Schwarzwald, Professor Dr. Mario Rose, Universitat Bochum, Professor Dr. Albrecht Sollner, Europa-Universitat Viadrina Frankfurt/Oder, Professor Dr. Markus Voeth, Universitat Hohenheim, Professor Dr. Rolf Weiber, Universitat Trier

Das Business-to-Business-Marketing ist ein noch relativ junger Forschungszweig, der in Wissenschaft und Praxis standig an Bedeutung gewinnt. Die Schriftenreihe mochte dieser Entwicklung Rechnung tragen und ein Forum fur wissenschaftliche Beitrage aus dem Businessto-Business-Bereich schaffen. In der Reihe sollen aktuelle Forschungsergebnisse prasentiert und zur Diskussion gestellt werden.

Axel Gawantka

Anbieterzufriedenheit in industriellen Geschaftsbeziehungen Das Beispiel Automobilindustrie

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Markus Voeth

Deutscher Universitats-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.

Dissertation Universitat Hohenheim, 2006

D100

1. Auflage Juni2006 Alle Rechte vorbehaiten © Deutscher Universitats-Verlag I 6WV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siege! / Sabine Scholler Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, www.duv.de Das Werk einschlieSlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung aul^erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutzt werden diJrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0417-4 ISBN-13 978-3-8350-0417-7

Geleitwort

Die zunehmende Austauschbarkeit der von Wettbewerbem angebotenen Leistungen fiihrt in vielen industriellen Markten dazu, dass Anbieter entweder zu einen Preiswettbewerb gezwungen warden, weil Nachfrager ihre Kaufentscheidung allein anhand der geforderten Gegenleistung treffen, oder aber den Versuch untemehmen miissen, sich durch produktpolitische MaBnahmen vom Wettbewerb zu differenzieren. Neben dem Angebot produktbegleitender Dienstleistungen kommt in diesem Zusammenhang gerade der Leistungsindividualisierung eine besondere Bedeutung zu. Mit dem Angebot einer genau auf die individuellen Nachfragerbediirfnisse zugeschnittenen Leistung gehen allerdings auch fiir die Nachfrager grundsatzliche Veranderungen der Geschaftsbeziehungen einher. Indem sie Anbieter liber ihre speziellen Anforderungen und Bediirfhisse in Kenntnis setzen und ihre intemen Prozesse auf die von den Anbietem angebotenen individuahsierten Leistungen ausrichten, gehen sie eine in vielen Fallen nicht unerhebliche Bindung an den zuvor augewahlten Anbieter ein. Mit anderen Worten ist die seitens des Anbieters offerierte Leistungsindividualisierung auch fiir den Nachfrager mit spezifischen Investitionen verbunden. Vor diesem Hintergrund ist es zunachst fiir den Anbieter der Leistung entscheidend, die mit dem Nachfrager eingegangene Geschaftsbeziehung so zu steuem, dass dieser ein hohes, zumindest aber ein ausreichendes MaB an Zufriedenheit aufweist. Denn nur so wird der Nachfrager bereit sein, die Geschaftsbeziehung fortzufiihren oder diese langfristig zu intensivieren. Unter den Begriffen Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Kundenloyalitat wird diese Thematik auch im Zusammenhang mit Ijidustriegiitem bis heute ausfuhrlich diskutiert. Dariiber hinaus kommt aber auch der Zufriedenheit des Anbieters in einer solchen Marktsituation eine zentrale Bedeutung fiir die Fortfiihrung und Steuerung der Geschaftsbeziehung zu. Auf der einen Seite stellt das Konstrukt der Anbieterzufriedenheit fiir den Nachfrager eine wichtige SteuerungsgroBe dar, da eine Beendigung der Geschaftsbeziehung durch den Anbieter den Verlust der nachfragerseitigen spezifischen Investitionen zufolge haben wiirde. Daher muss es im Interesse des Nachfragers liegen, die Anbieterzufriedenheit sicher zu stellen. SchlieBlich stellt die Messung und Analyse der eigenen Zufriedenheit aber auch fiir den Anbieter eine wesentliche GroBe dar. So muss dieser permanent in der Geschaftsbeziehung priifen, ob eine Fortfiihrung derselbigen fiir ihn noch okonomisch sinnvoll ist. Trotz der offensichtlichen Bedeutung des Themas „Anbieterzufriedenheit" ist umso uberraschender, dass dieses Thema in der Literatur bislang noch nicht umfassend beleuchtet worden ist. Genau dies leistet die vorliegende Arbeit. In ihr wird nicht nur das im Mittelpunkt stehende Konstrukt grundlegend fundiert. Vielmehr geht der Verfasser dariiber hinaus auch theoretisch und empirisch der Frage nach, durch welche Einflussfaktoren die Anbieterzufrie-

denheit gepragt wird, so dass im Anschluss Handlungsimplikationen abgeleitet werden konnen. Dabei nimmt der Verfasser eine spezifische Perspektive ein: er analysiert das Thema aus Sicht des Anbieters. Als Referenzbranche dient ihm dabei die Automobilzuliefererindustrie, in der die Anbieterzufriedenheit bedingt durch die Branchencharakteristika von besonderem Gewicht ist. Angesichts des Innovationsgrades des Themas, der fundierten Bearbeitung und der interessanten empirischen Ergebnisse wtinsche ich der Arbeit, dass sie in Wissenschaft und Praxis besondere Beachtung finden wird.

Prof. Dr. Markus Voeth

VI

Vorwort

Entstanden ist die vorliegende Arbeit wahrend meiner Tatigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl fiir Marketing der Universitat Hohenheim. Sie wurde von der Fakultat Wirtschafts- und Sozialwissenschaften im Wintersemster 2005/2006 als Dissertation angenommen. Wahrend meiner Zeit als Lehrstuhlmitarbeiter und Doktorand haben mich viele Personen unterstiitzt, denen ich an dieser Stelle danken mochte. GroBer Dank geblihrt so zunachst meinem akademischen Lehrer, Herm Prof. Dr. Markus Voeth. Er hat daflir gesorgt, dass trotz der zwischenzeitlichen durch Umzug und Themenwechsel bedingten Irritationen weder der Mitarbeiter- noch der Anbieterzufriedenheit Schaden zukam. Prof. Voeth hat durch seine Ideen und seine stete Diskussionsbereitschaft maBgeblich zum erfolgreichen Abschluss des Projektes „Dissertation" beigetragen. Danken mochte ich ihm auch fiir die Gelegenheit, im lehrstuhleigenem „Dissertationskammerlein" eine Zeit lang zwar weniger aktiv am Lehrstuhlleben teilhaben zu konnen, andererseits aber die Arbeit ein entscheidendes Stiick voranzubringen. SchlieBlich hat die sehr schnelle Begutachtung dazu gefuhrt, die Dissertation auch in zeitlicher Hinsicht wunschgemaB fertig stellen zu konnen. Frau Prof. Dr. Mareike Schoop danke ich recht herzlich fur die Ubemahme des Zweitgutachtens, die ebenfalls zeitnahe Begutachtung, die hilfreichen Anmerkungen und Hinweise sowie die interessante Zeit als Mitarbeiter des Competence Centers industrielle Dienstleistungen (CCiD) an der Universitat Hohenheim. Herm Prof Dr. Helmut Kuhnle danke ich fur die Ubemahme des miindlichen Priifungsvorsitzes und die angenehme Priifungsatmosphare. GroBen Dank aussprechen mochte ich auch meinen Kollegen am Lehrstuhl fiir Marketing der Universitat Hohenheim: Zunachst danke ich Herm Dr. Marcus Liehr. Dass unser noch aus Duisburger Zeiten stammender Kontakt nie abgerissen ist und dass er mir wahrend der Leidenszeit des „Dissertierens" sowohl in fachlicher wie in personlicher Hinsicht beigestanden hat, hat mich stets sehr gefreut. Danken mochte ich auch Frau Dr. Kerstin Liehr-Gobbers: Ohne ihre Hilfe in PLS-Fragen wiirde ich wohl immer noch an der Fertigstellung der Arbeit werkeln. Die Zeit im Schwabenland halfen mir vor allem meine „Kollegen vor Ort" als angenehme in Erinnemng zu behalten: Einen besonders langen Zeitabschnitt durfle ich dabei Frau Prof Dr. Christina Sichtmann, Herm Dr. Dominik Wagemann sowie Herm Dipl.-Kfm. Stefan Sandulescu zu meinen Kollegen und Freunden zahlen. Wahrend letztere „Funktion" hoffentlich auch zukiinftig bestehen bleibt, mochte ich mich hier ganz herzlich sowohl fiir die stete Hilfsbereitschaft im Hinblick auf die Arbeit als auch fiir die zahlreichen gemeinsam verbrachten Stunden in der Freizeit bedanken. Frau Dr. Renate WeiBbacher mochte ich wie Herm Dipl.-Kfm. Jorg Brinkmann und Frau Dipl. rer. com. Uta Herbst ganz herzlich fiir ihre hilfreichen Anregungen und Anmerkungen danken. Mein Dank gilt auch der nachsten VII

„Lehrstuhlmitarbeiter-Generation": Frau Dipl. oec. Isabel Tobies, die mich bereits als studentische Hilfskraft bei Recherchen zum Dissertationsthema unterstiitzt hat, sowie Herr Dipl.-Kfm. Christian Niederauer und Herr Dipl. oec. Christoph Sandstede haben das Team verstarkt und dazu beigetragen, dass ich die Fertigstellung der Dissertation auch zeitlich wie erhofft bewaltigen konnte. Fur Ihre stete Unterstutzung und das eine oder andere aufmuntemde Wort will ich auch den beiden „guten Seelen" des Lehrstuhls, Frau Monika Fielk und Frau Herta Gehrung danken. SchlieBlich gilt mein Dank Frau Dipl. rer. com. Sina Barisch fiir die Unterstutzung bei der Datenerhebung und gemeinsam durchlittene empirische Durststrecken sowie Frau Dipl. oec. Steffi Balbach, die beim Korrekturlesen der Arbeit eine wichtige Unterstutzung war. Als mindestens ebenso wichtig wie die unmittelbare Begleitung bei der Erstellung der Arbeit envies sich die mittelbare: Neben meinen Freunden, die mich durch Doppelkopf-Runden und andere Aktivitaten auch an Zufriedenheiten jenseits der industriellen denken lieBen, mochte ich vor allem meinen Eltem Monika und Armin Gawantka danken. Die liebevolle Unterstutzung, die sie mir jederzeit zukommen lieBen, hat es mir erst ermoglicht, die Dissertation erfolgreich abzuschlieBen und dabei nicht zu vergessen, dass es auch ein Leben neben der Arbeit gibt. In letzterem spielt meine Freundin Anja Kipinski eine nicht ganz unwichtige RoUe. Sie musste sich oft Geschichten uber die verschiedenartigsten Probleme anhoren. Dafur, dass Du immer fiir mich da warst und mir schlieBlich geholfen hast, die Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter gut zu iiberstehen und immer optimistisch in die Zukunft zu schauen, vielen lieben Dank. Meinen Eltem und Anja ist diese Arbeit gewidmet.

Axel Gawantka

VIII

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

IX

Abbildungsverzeichnis

XIII

Tabellenverzeichnis

XV

Abkiirzungsverzeichnis

XVII

A. Einleitung

1

1.

Eine einfuhrende Fallstudie

1

2.

Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

7

B. Anbieterzufriedenheit als relevantes Konstrukt bei der Beurteilung industrieller Geschaftsbeziehungen

9

1.

9

Anbieterzufriedenheit: Eine Begriffskonkretisierung 1.1

Abgrenzung von anderen okonomischen Zufriedenheitsbegriffen

1.2

Einflussfaktoren auf die Relevanz der Anbieterzufriedenheit

13

1.2.1

Objekt der Austauschbeziehung

13

1.2.2

Transaktionsebene: Einzeltransaktion versus Geschaftsbeziehung

21

Konsequenz fiir die bereichsspezifische Relevanz

28

1.2.3 1.3

Besonderheiten der Anbieterzufriedenheit im industriellen Satisfaction Center 1.3.1 1.3.2

2.

9

31

Individuen versus Personengruppen als Trager der Zufriedenheit

31

Entstehungsprozess der Anbieterzufriedenheit

37

Die Transaktionskostentheorie als Ansatz zur Untersuchung der Zufriedenheit von Anbietem in Geschaftsbeziehungen 2.1

43

Ableitung einer geeigneten Theorie

43

2.2

Grundlagen der Transaktionskostentheorie

51

2.3

Erklarung marktlicher Koordinationsformen durch die Transaktionskostentheorie

55

IX

3.

Der Erklarungsbeitrag der Transaktionskostentheorie fiir die Zufriedenheit von Anbietem in Geschaftsbeziehungen 3.1

Relevante transaktionskostentheoretische Attribute 3.1.1 3.1.2

3.2

3.2.2

59

Wechselkosten als Konsequenz spezifischer Investitionen

61 64

Folgen opportunistischer Verhaltensweisen des Nachfragers bei der Integration in den Leistungserstellungsprozess

68

3.2.1.1

Integrationsbewusstsein

71

3.2.1.2

Integrationsbereitschaft

72

3.2.1.3

Integrationsfahigkeit

73

3.2.1.4

Interaktionsbereitschaft und -fahigkeit

74

Folgen der Bindung des Anbieters an den Nachfrager durch spezifische Investitionen

76

3.3

Konsequenzen der Unzufriedenheit des Anbieters

79

3.4

Inhaltliche Abgrenzung der relevanten Konstrukte

80

3.4.1

Einfluss durch die Integrationsleistung des Nachfragers

81

3.4.1.1

Integrationsfahigkeit

81

3.4.1.2

Integrationsbereitschaft

84

3.4.1.3

Interaktionsfahigkeit

85

3.4.1.4

Interaktionsbereitschaft

87

3.4.2

3.4.3

3.5 X

59

Unsicherheit des Anbieters und Opportunismus des Nachfragers

Wirkung der Attribute aus Anbietersicht 3.2.1

59

Einfluss der moglichen Ausbeutung durch den Nachfrager

88

3.4.2.1

Verteilungsgerechtigkeit

88

3.4.2.2

Flexibilitat

90

3.4.2.3

Beziehungsinteresse

91

3.4.2.4

Abhangigkeit

92

Beeinflusste Konstrukte

94

3.4.3.1

Anbieterzufriedenheit

94

3.4.3.2

Beziehungserfolg

96

Dimensionalitat und Modellspezifikation

98

C. Theoretische Grundlagen der empirischen Untersuchung

102

1.

Zielsetzung und Vorgehen

102

2.

Grundlegende Methodik: Strukturgleichungsmodelle als Analysemethode

103

2.1

Datenanalyse mit Strukturgleichungsmodellen

103

2.2

Vergleich der Ansatze zur Analyse von Strukturgleichungsmodellen

110

2.2.1

Theoretischer Vergleich von LISREL und PLS

110

2.2.2

Vergleich im Hinblick auf das Untersuchungsobjekt der Arbeit

115

2.3 3.

Der PLS-Schatzalgorithmus

Operationalisierung des Modells 3.1.

3.2

3.3

118 124

Operationalisierung der latenten exogenen Variablen

124

3.1.1

Integrationsfahigkeit

124

3.1.2

Integrationsbereitschaft

127

3.1.3

Interaktionsfahigkeit

129

3.1.4

Interaktionsbereitschaft

131

3.1.5

Verteilungsgerechtigkeit

132

3.1.6

Flexibilitat

134

3.1.7

Beziehungsinteresse

135

3.1.8

Abhangigkeit

136

Operationalisierung der latenten endogenen Variablen

139

3.2.1

Anbieterzufriedenheit

139

3.2.2

Beziehungserfolg

140

Darstellung des vollstandigen Modells

141

D. Empirische Untersuchung der Einflussfaktoren auf die Anbieterzufriedenheit

144

1.

144

Grundlagen der empirischen Untersuchung 1.1

Untersuchungsgegenstand

144

1.1.1

Auswahl einer geeigneten Branche

144

1.1.2

Ansatz zur Ermittlung der Anbieterzufriedenheit im Satisfaction Center

145 XI

2.

1.2

Untersuchungsvorgehen

148

1.3

Bereinigung des Datensatzes

151

1.4

Charakteristika der Stichprobe

152

GutemaBe und Ergebnisbeurteilung 2.1

2.2 3.

4.

Guteiiberpriifung der Messmodelle

159

2.1.1

Reflektive Messmodelle

159

2.1.2

Formative Messmodelle

170

Guteuberpriifung des Strukturmodells

Priifung der Hypothesen 3.1

158

174 181

Einfluss der Determinanten auf die Anbieterzufriedenheit

181

3.1.1

Integrationsfahigkeit

181

3.1.2

Integrationsbereitschaft

182

3.1.3

Interaktionsfahigkeit

183

3.1.4

Interaktionsbereitschaft

184

3.1.5

Verteilungsgerechtigkeit

185

3.1.6

Flexibilitat

186

3.1.7

Beziehungsinteresse

186

3.1.8

Abhangigkeit

187

3.2

Einfluss der Anbieterzufriedenheit auf den Beziehungserfolg

189

3.3

Beurteilung des Gesamtmodells

190

Marketingimplikationen der Ergebnisse

193

£. Schlussbetrachtung und Ausblick

200

Anhang

205

Literaturverzeichnis

223

XII

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abgrenzung okonomischer Zufriedenheitsarten

12

Abbildung 2: Leistungserstellungsprozess unter der Integration des Kunden

15

Abbildung 3: Transaktionsebenen und Zusammenhange

22

Abbildung 4: Relative Verteilung spezifischer Investitionen

26

Abbildung 5: Geschaftstypenansatz nach Backhaus (2003) und Relevanz der Anbieterzufriedenheit

28

Abbildung 6: Einflussfaktoren auf das Satisfaction Center

33

Abbildung 7: Beziehungen im Satisfaction Center

36

Abbildung 8: Verhaltensunsicherheiten und Informationsasymmetrien

60

Abbildung 9: Verteilung der Quasirente, Lock-In und Ausstieg bei Ausbeutung

63

Abbildung 10: Transaktionskostenarten mit Auswirkungen auf die Anbieterzufriedenheit

65

Abbildung 11: Potenzielle Auswirkungen der Theorieattribute in der Praxis

67

Abbildung 12: Einflussfaktoren auf die Integrationsunsicherheit des Anbieters

71

Abbildung 13: Folgen der Bindung des Anbieters an den Nachfrager

77

Abbildung 14: Dimensionalitat von Konstrukten

98

Abbildung 15: Uberblick iiber die Hypothesen im Hinblick auf die Determinanten der Anbieterzufriedenheit Abbildung 16: Vorlaufiges Modell zur Erlauterung der Einflusse auf die bzw. der Anbieterzufriedenheit

100 101

Abbildung 17: Vorgehen zur Konzeption und Analyse eines Strukturgleichungsmodells... 103 Abbildung 18: Vollstandiges Kausalmodell

104

Abbildung 19: Mode A, Mode B und Mode C als Auspragungen von Beziehungen zwischen Variablen und Indikatoren

106

Abbildung 20: Multiple Indicators and Multiple Causes (MIMIC)-Modell

114

Abbildung 21: Bestandteile und Ablauf des PLS-Schatzalgorithmus

119

Abbildung 22: Vollstandiges Strukturgleichungsmodell „Anbieterzufriedenheit" mit Messmodellen Abbildung 23: Umsatzanteile in der Automobilindustrie bei Tier 1- und Tier XZulieferem

142 155 XIII

Abbildung 24: Bisherige Dauer der Geschaftsbeziehung

156

Abbildung 25: Kooperationsbereiche in den Geschaftsbeziehungen von Tier 1- und Tier X-Zulieferem

156

Abbildung 26: Hohe und Signifikanz der Pfadkoeffizienten im Strukturmodell

175

Abbildung 27: Teilmodell mit fiir die Anbieterzufriedenheit relevanten Determinanten

194

Abbildung 28: Reduziertes Strukturgleichungsmodell zur Anbieterzufriedenheit

197

Abbildung 29: Vorgehen zur Problemerkennung bzw. -losung

199

XIV

Tabellenverzeichnis Tabelle 1:

Opportunismusformen in der Transaktionskostentheorie

53

Tabelle 2:

Auspragungen des nachfragerseitigen Opportunismus

75

Tabelle 3:

Vergleich von PLS-und LISREL-Ansatz

115

Tabelle 4:

Multi-Item-Skala zur Messung der latenten exogenen Variable „Integrationsfahigkeit"

126

Tabelle 5:

Tabelle 6:

Tabelle 7:

Tabelle 8:

Tabelle 9:

Priifung der Art des kausalen Zusammenhangs zwischen den Indikatoren und der latenten Variable Integrationsfahigkeit

127

Multi-Item-Skala zur Messung der latenten exogenen Variable „Integrationsbereitschaft"

128

Multi-Item-Skala zur Messung der latenten exogenen Variable „Interaktionsfahigkeit"

130

Multi-Item-Skala zur Messung der latenten exogenen Variable „Interaktionsbereitschaft"

132

Multi-Item-Skala zur Messung der latenten exogenen Variable „Verteilungsgerechtigkeit"

133

Tabelle 10: Multi-Item-Skala zur Messung der latenten exogenen Variable „Flexibilitat"

134

Tabelle 11: Multi-Item-Skala zur Messung der latenten exogenen Variable „Beziehungsinteresse"

136

Tabelle 12: Multi-Item-Skala zur Messung der latenten exogenen Variable „Abhangigkeit"

138

Tabelle 13: Multi-Item-Skala zur Messung der latenten endogenen Variable „Anbieterzufriedenheit"

140

Tabelle 14: Multi-Item-Skala zur Messung der latenten endogenen Variable „Beziehungserfolg"

141

Tabelle 15: Ergebnisse der Faktorenanalyse zur Ermittlung der Dimensionsanzahl der Konstrukte

162

Tabelle 16: Indikatorreliablitat der reflektiven Indikatoren

163

Tabelle 17: Bootstrapping-Ergebnisse fiirdie auBeren Ladungen

165

Tabelle 18: Cronbachs Alpha als GutemaB fiir die interne Konsistenz

167

Tabelle 19: Interne Konsistenz als GutemaB fiir die Konstruktreliabilitat

168 XV

Tabelle 20: Durchschnittliche erfasste Varianz als GiitemaB flir die Diskriminanzvaliditat

169

Tabelle 21: Quadrierte Korrelationen der latenten Variablen

170

Tabelle 22: Variance Inflation Index-Werte zur Feststellung von Multikollinearitat der formativen Indikatoren

174

Tabelle 23: Effektstarke f^ als BeurteilungsmaB zur Starke des Einflusses der latenten exogenen Variablen

176

Tabelle 24: Ergebnisse der Blindfolding-Prozedur und zur Prognoserelevanz Q^

180

Tabelle 25

Ergebnisse der Hypothesenpriifung des Gesamtmodells

192

Tabelle 26

Einfaches Scoring-Modell zur Identifikation von Ursachen einer optimierungsfahigen Anbieterzufriedenheit

198

XVI

Abkiirzungsverzeichnis Abb.

Abbildung

ADF

Asymptotically Distribution-Free

AMOS

Analysis of Moment Structures

ANZ

Anbieterzufriedenheit

BIN

Beziehungsinteresse

bzw.

beziehungsweise

DEV

durchschnittlich erfasste Varianz

d.h.

das heiBt

etal.

et alii

f.

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ff.

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F&E

Forschung und Entwicklung

FLX

Flexibilitat

i. e. S.

im engeren Sinn

lAB

Interaktionsbereitschaft

lAF

Interaktionsfahigkeit

IGB

Integrationsbereitschaft

i. w. S.

im weiteren Sinn

LISREL

Linear Structural Relationships

MIMIC

Multiple Indicators and Multiple Causes

OEM

Original Equipment Manufacturer

PC

Personal Computer

PLS

Partial Least Squares

Tab.

Tabelle

usw.

und so weiter

u.v.a.

und viele andere

VDA

Verband der Automobilindustrie

vgl.

vergleiche XVII

VGK

Verteilungsgerechtigkeit

VIF

Variance Inflation Factor

z. B.

zum Beispiel

z. T.

zum Teil

XVIII

A.

Einleitung

1.

Eine einfiihrende Fallstudie

In industriellen Geschaftsbeziehungen spielt nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondem auch die Zufriedenheit des Anbieters im Hinblick auf eine fur beide Seiten zielflihrende Fortsetzung der Geschaftsbeziehung eine zentrale Rolle. Dies soil am Beispiel einer einfiihrenden verfremdeten Fallstudie aus der Automobilindustrie verdeutlicht werden. Die Kirchhellner AG wurde kurz nach dem Ende des 1. Weltkriegs im Jahr 1919 gegrUndet. Am 23. Januar wurde eine entsprechende Eintragung in das Handelsregister der Stadt Stuttgart vollzogen. Ihr ist zu entnehmen, dass der Gegenstand des Unternehmens die Herstellung von Zahnrddern, Bremsapparaturen und Beleuchtungsanlagen fur nicht-motorisierte und motorisierte Personen- und Frachtbeforderungsmittel gewesen ist. Die Kirchhellner AG erwarb sick im Laufe der Zeit durch ihre Prdzisionsarbeit einen exzellenten Ruf als Zulieferer fur Automobil- und Flugzeughersteller. 1928 wurde die erste Transaktion mit den Kraftwagenwerken (KWW) vollzogen, die von der Kirchhellner AG fur ihren Sportwagen „ Super Sport Kompressor" Telle des den Motor aufladenden Kompressors sowie das Getriebe bezogen. Hauptabnehmer der Kirchhellner AG waren aber immer noch Flugzeughersteller aus dem europdischen Raum. Nach dem Zweiten Weltkrieg gewdhrten die Alliierten der Kirchhellner AG 1948 die Genehmigung zur Produktion von Getrieben, Beleuchtungsanlagen und sonstigem elektrischen Zubehorfur Automobile. Die KWW traten daraufhin erneut mit der Kirchhellner AG in Verhandlungen und beschlossen im Anschluss hieran,fur den ersten nach dem Zweiten Weltkrieg komplett neu konstruierten KWW-PKW die Beleuchtungsanlagen und das Getriebe von diesem Zulieferer zu beziehen. Dies war der Beginn einer langandauernden Geschaftsbeziehung, die noch immer jfbrtbesteht. Dabei wurden die Vertrdge zwischen Zulieferer und Hersteller im Regelfall ilber die Dauer des Lebenszyklusses eines PKW-Modells geschlossen. Da es der Kirchhellner AG seit 1949 stetig gelang, von KWW als Zulieferer fUr mindestens eine der aktuellen Baureihen ausgewdhlt zu werden, bestand die Geschdftsbeziehung zwar aus zahlreichen (sich zum Teil iiberschneidenden) Episoden, war aber aus Sicht des Unternehmensvorstandes als kontinuierliche Beziehung zu betrachten. Wdhrend der einzelnen Episoden wurdeseit einigen Jahren regelmdfiig durch den Zulieferer die Zufriedenheit des Automobilherstellers erhoben. Zwar stand die Produktqualitdt bei den Zufriedenheitsbefragungen stets im Mittelpunkt, aber auch andere Aspekte (Piinktlichkeit der Lieferungen, Hoflichkeit der Mitarbeiter etc.) wurden betrachtet und analysiert. Regelmdfiig wurden diese Ergebnisse sowohl den eigenen Mitarbeitern als auch der KWW als Kunden zugdnglich gemacht. Dieses Prozedere hatte sich in den vergangenen Jahren bewdhrt und wurde von den MarketingVerantwortlichen der Kirchhellner AG in Zusammenarbeit mit der KWW stetig weiter entwickelt. Im Zeitablauf hatte sich die Kirchhellner AG nicht zuletzt wegen der hohen Kundenzufriedenheit zu einem der wichtigsten Zulieferer von KWW entwickelt. Neben den klassischen Produk-

ten wie Getrieben und Beleuchtungsanlagen wurden die Kernkompetenzen um die ein immer starkeres Gewicht einnehmenden Bereiche Sicherheit (Airbags, Uberrollsensoren usw.) und Elektronische Fahrhilfen (ESP, ABS etc.) erweitert. Mehr als 60 Prozent der Wertschopfung der von KWW hergestellten Fahrzeuge wurden inzwischen von den Zulieferern erbracht, bei manchen so genannten Nischenmodellen wie Cabrios oder Geldndewagen lag dieser Anteil sogar noch wesentlich hoher. Bei sdmtlichen Teilen und Komponenten, die von der Kirchhellner AGfUr KWW entwickelt wurden, handelte es sich um individuelle Anfertigungen, die nurfiir die PKWs dieses Herstellers geeignet waren und somit eine hohe Spezifitdt aufwiesen. Die Kirchhellner AG leistete dabei in hohem Mafi Entwicklungsarbeit flir KWW, da zahlreiche Neuerungen, die beispielsweise sicherheitsrelevante Aspekte betrafen und damit im Regelfall neben der Qualitdt und der Zuverldssigkeit eine der zentralen Vermarktungsdimension darstellten, inzwischen von ihr zugeliefert wurden. Zwar prdsentierte KWW diese Ausstattungsmerkmale gegeniiber den Endabnehmern als ihr Verdienst, faktisch war man in diesem Bereich allerdings vollstdndig von dem Zulieferer abhdngigAll dies interessierte Christoph Sacken, den fur die Mittelklassefahrzeuge der KWW zustdndigen Key Account-Manager bei der Kirchhellner AG, momentan wenig. Er war aufdem Weg zuriick in die Firmenzentrale, nachdem er mit den KWW-Projektverantwortlichen tiber die neue Version des Mittelklassemodells und die hierfUr durch den entsprechenden Zulieferer gegebenenfalls zu produzierenden Teile, Komponenten und Module gesprochen hatte. Sacken war nach einigen Minuten, in denen allgemeine Punkte besprochen worden waren, verstdrkt auf den Eindruck eingegangen, den er im Rahmen der jUngsten Zusammenarbeit mit KWW gewonnen hatte und den er insbesondere im Hinblick auf die weitere Zusammenarbeit der Unternehmen diskutieren wollte. So hatte er mehrmals daraufhingewiesen, dass sich aus Sicht der Kirchhellner AG die Geschdftsbeziehung mit der KWW in verschiedener Hinsicht nicht so entwickelt hatte, wie man dies ansonsten aus der Vergangenheit gewohnt war und auchfUr die Zukunft eigentlich erwartete. Sacken prdzisierte unter anderem, dass die Bereitschaft der KWW-Mitarbeiter zum Austausch mit den entsprechenden Mitarbeitern bei der Kirchhellner AG abgenommen hatte und dass auch die Einhaltung bzw. Anpassung von Vereinbarungen angesichts sich dndernder Rahmenbedingungen der KWW offensichtlich zunehmend schwerer falle. Schliefilich sei die Kirchhellner AG auch mit der Verteilung der Risiken nicht immer einverstanden. Unter anderen hdtten die sich dndernden Rahmenbedingungen dazu beigetragen, dass die Kosten - vor allem bedingt durch die hohen Aufwendungen fUr Forschung und Entwicklung -fast ausschliefilich aufSeiten des Zulieferers gestiegen seien, wdhrend sich die KWW geweigert habe, die Verteilung der Ertrdge entsprechend zu modifizieren. Die KWWVerantwortlichen horten sich Sackens Darstellung zwar hoflich an, stellten jedoch im Anschluss daran unmissverstdndlich ihren Standpunkt dar, wonach der steigende Wettbewerbsdruck auch der Kirchhellner AG Konsequenzen abverlange. Die Zeiten seien eben nicht mehr so wie friiher. Das habe sich auf die nun vergangene letzte Episode der Geschdftsbeziehung zwar kaum ausgewirkt, miisse aber zukiinftig in einem umso deutlicheren Ausmafi erfolgen.

Sacken war auch kurz vor seiner Ankunft in der Kirchhellner-Firmenzentrale noch verdrgert. Er hatte die Zahlen recht genau im Kopf und wusste, dass das unkooperative Verhalten der KWW in derjUngeren Vergangenheit dazu gefiihrt habe, dass im Rahmen vieler Projekte bei der Kirchhellner AG Verluste aufgetreten waren. Zudem deutete sich nunfiir die Zukunft offensichtlich keine Verbesserung, sondern im Gegenteil eher eine Verschdrfung dieser Situation an. Vor diesem Hintergrund riefer gleich nach seiner Riickkehr seine wichtigsten Mitarbeiter zusammen, um mit ihnen iiber die Situation zu sprechen. Da die KWW fur den Zulieferer ein wichtiger Kunde war, wurde zudem der Vertriebsvorstand der Kirchhellner AG Walter Schwarz zu dem Gesprdch hinzugezogen. Schnell stellte sich heraus, dass Sackens Eindruck iiber das Verhalten der KWW von den Ubrigen geteilt wurde. Sdmtliche Mitarbeiter bestdtigten, dass viele Aspekte der Zusammenarbeit im Rahmen der Geschdftsbeziehung nicht mehr so gut funktionierten, wie dies friiher einmal der Fall gewesen war. Vor allem handelte es sich dabei um Kritikpunkte, die sich auch okonomisch nachteilig auf die Situation des Zulieferers ausgewirkt hatten. Hierzu konnte Vertriebsvorstand Schwarz einige Fakten beitragen. Er hatte in der Vergangenheit bereits mehrmals mit Sacken iiber die steigenden Kosten in diesem Bereich diskutiert. Das Gesprdch verstdrkte nun den Eindruck. Zusdtzlich liefi ihn die Ankiindigung von KWW, fUr die neue Mittelklasse mehrprozentige Preisreduktionen von der Kirchhellner AG zu fordern und sich gleichzeitig nicht mehr mit einem fixen Betrag an den Forschungs- und Entwicklungskosten beteiligen zu wollen, aufhorchen. Unter diesen Umstdnden miissten alle weiteren Uberlegungen, die auf die zukiinftige Zusammenarbeit mit KWW gerichtet seien, genau iiberpriift werden, betonte Vertriebsvorstand Schwarz. Hierauf bestand das Vorstandsmitglied, dafiir ihn die Vorteilhaftigkeit einer weiteren Zusammenarbeit mit KWW nicht mehr zweifelsfrei sicher zu sein schien. Neben okonomischen Griinden hatte er auch im Hinblick auf die Stimmung der Mitarbeiter eine starke Unzufriedenheit bemerkt, die er bei den weiteren Schritten nicht vollstdndig auszuklammern gedachte. Schliefilich, so Uberlegte Vorstand Schwarz sich, gab es mehrere Moglichkeiten: Im Extremfall konnte die Kirchhellner AG eine WeiterfUhrung der Geschdftsbeziehung mit der KWW unter den angekiindigten neuen Konditionen kategorisch ablehnen. Alternativ wiirden Verhandlungen iiber die Konditionen moglich sein, die einen Kompromiss zufolge hdtten. Schliefilich wdre es auch moglich, die geschdftliche Zusammenarbeit so fortzusetzen, wie die KWW dies wiinschte. Hierfiir wiirde er sich aber, soviet war ihm nach dem Gesprdch mit seinen Mitarbeitern deutlich geworden, nicht ohne weiteres aussprechen. Er warjetzt schon gespannt auf die Reaktion der KWW-Verantwortlichen, die - in dieser Hinsicht war er sich sicher - bestimmt erwartet hatten, dass die Kirchhellner AG die Vorstellungen ihres Nachfragersvollstdndig akzeptieren wiirden. Die Fallstudie greift einige insbesondere im Hinblick auf Geschaftsbeziehungen wichtige Aspekte auf. So zahlt seit geraumer Zeit die Kundenzufriedenheit neben der Kundenbindung

zu den im Marketing am ausfuhrlichsten diskutierten Themenfeldem.' Der in nahezu alien Branchen zunehmende Wettbewerbsdruck, der oftmals auf die Sattigung der Markte und die steigenden Kosten der Neukundenakquise zuruckzufiihren ist,^ hat diesen Konstrukten nicht nur in der Wissenschaft, sondem vor allem in der Praxis zu einer hohen Bedeutung verholfen.^ Kaum thematisiert wurde allerdings bis zum heutigen Zeitpunkt die Frage, inwiefem die in der Fallstudie skizzierte (Un-)Zufriedenheit des Anbieters (hier des Automobilzulieferers) Folgen fiir eine Geschaftsbeziehung haben kann."^ Dies ist umso iiberraschender, wenn die in der Fallstudie geschilderte und fiir viele andere Branchen typische Situation betrachtet wird. Die dort angedeuteten moglichen Konsequenzen der Anbieterunzufriedenheit konnen sowohl fiir Anbieter als auch Nachfrager von groBer okonomischer Bedeutung sein.^ Daher erscheint eine genauere Betrachtung dieses Themenfeldes notwendig. Erste Ansatzpunkte hierzu ergeben sich aus den bereits in vielen Facetten untersuchten Erkenntnissen aus der Zufriedenheitsforschung. So kann in Anlehnung an die dort vorliegenden Forschungsergebnisse die Vermutung angestellt werden, dass auch Anbieter die tatsachliche Erfahrung mit dem individuellen Nachfrager im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses (Ist) mit einem Vergleichsstandard (Soil), der etwa aus den im Vorfeld aufgrund von Erfahrungen mit demselben oder auch anderen Kunden vorhandenen Erwartungen resultieren, vergleichen und etwaige Abweichungen bewerten.^ Hinsichtlich der Bedeutung der Zufriedenheit von Anbietem ist zu erwarten, dass diese vor allem dann groB ist, wenn zur Leistungserstellung Kooperationen zwischen den Geschaftsbeziehungspartnem erforderlich sind7 Kooperationen zwischen den Geschaftsbeziehungspartnem sind aus zwei zentralen Griinden von stetig steigender Bedeutung. Zum einen fiihrt die in der Wirtschaft in fast alien Bereichen beobachtbare Konzentration auf Kemkompetenzen dazu, dass immer hohere Wertschopfungsanteile outgesourct werden.^ Krcal (2005) gibt

Vgl. stellvertretend fiir den deutschen Sprachraum Kunzel (2005), Bruhn/Homburg (2003), Homburg (2003) sowie die dort angegebenen weiterfiihrenden Literaturhinweise. Vgl. fur den anglo-amerikanischen Raum insbesondere Fournier/Mick (1999), Oliver (1997) sowie Donovan/Brown/Mowen (2004). Vgl. in Bezug auf die Automobilindustrie z. B. Ilsarbe (2005), Bauer/Huber/Betz (1998) sowie Dichtl/Peter {\996). Vgl. Karsten/Sommerlatte (1999), Tietze (2003), S. 68ff. sowie Heise/Hunerberg (1995). Vgl. z. B. Marschner (2004), S. 140f. sowie Heinzelbecker/Gloggengiefier (2003). In Ansatzen geht Wong (2000) auf diese Problematik ein. Rust/ZeithamULemon (2000) stellen hierzu fest: „Not all customers are worth [..] keeping." Vgl. hierzu auch McCune{\9n). Vgl. z. B. Kotler/Keller (2006), S. 25f sowie Cadotte/Woodruff/Jenkins (1987). Vgl. zu Kooperationen und ihren unterschiedlichen Auspragungen z. B. Ringle (2005), S. 47ff. sowie Steinhorst{lQi(d5),S>AAfl Vgl. z. B. Pointner (2004), S. 126ff.

beispielsweise die Fertigungstiefe der deutschen Automobilhersteller mit ca. 25 Prozent an.^ Zwischen den Zulieferem, die in der Folge wesentliche Bestandteile des Endproduktes erstellen und den Herstellem, die zunehmend Koordinationsaufgaben iibemehmen, besteht daher ein enges Kooperationsverhaltnis.'^ Dabei ist regelmaBig eine Integration des Kunden (Hersteller) in die Leistungserstellung erforderlich. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn eine individuelle bzw. individualisierte Leistung erbracht werden soil. Als ursachlich fiir den Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit des Anbieters und der Kooperation in der Geschaftsbeziehung kann die Tatsache angesehen werden, dass das AusmaB des Engagements und die Qualitat der Mitwirkung in entscheidendem MaB die Giite der letztlich durch den Anbieter erstellten Leistung beeinflussen.'' So wurden im Rahmen einer der zahlreichen Rtickrufaktionen durch die Automobilhersteller wahrend der letzten Jahre beispielsweise in den USA klirzlich von Ford vier Millionen Fahrzeuge gleichzeitig zurtickgerufen, da ein Defekt am Tempomat befurchtet wurde.'^ Am selben Tag rief auch Toyota in den USA eine Million Fahrzeuge wegen eines moglichen Fehlers an der Lenkung zuriick. Diese Rtickrufaktionen schadeten allerdings nicht nur dem Image der Automobilhersteller, sondem auch dem der betroffenen Automobilzulieferer. Anbieter mussen daher bei derartigen Leistungserstellungsprozessen priifen, wie die Geschaftsbeziehung hinsichtlich der Mitwirkung des Nachfragers und anderer Einflussfaktoren, die die Qualitat der Kooperation beeinflussen, zu beurteilen ist. Nur wenn der Anbieter mit der Mitwirkung des Nachfragers zufrieden ist oder wenn andere Faktoren eine Unzufriedenheit kompensieren, lohnt sich weiteres Engagement bei diesen Kunden.'^ Hier zeigt sich, dass ein Schwerpunkt hinsichtlich der Bedeutung der Anbieterzufriedenheit in der Betrachtung von (potenziell) langerfristigen Geschaftsbeziehungen zu vermuten ist. Dies resultiert aus der Tatsache, dass sich Zufriedenheit immer auf zuvor vorhandene Erwartungen bezieht, die bei Anbietem in der Regel vor allem auf Erfahrungen aus bereits vollzogenen Transaktionen basieren.'"^ Auf der anderen Seite kann die Zufriedenheit des Anbieters auch aus Sicht des Kunden von Bedeutung sein.'^ Immer dann, wenn Kunden spezifisch in den Anbieter investieren, miissen sie sicherstellen, dass diese Investitionen nicht verloren gehen, well der Anbieter die Geschaftsbeziehung nicht fortsetzt. Zur Verdeutlichung kann wiederum das Eingangsbeispiel

Vgl./Crca/(2005), S. 503. Vgl. Wolff (2005), S. 64ff Die Rolle der PKW-Hersteller entwickelt sich so beispielsweise immer mehr zu der eines „Assemblers" von durch die ZuHeferer erbrachten Leistungen. Vgl. hierzu auch Wildemann (2004), S. 5. Vgl. hierzu und im Folgenden o. V. (2005b). Vgl. Alajoutsijarvi/Moller/Tahtinen (2000). Vgl. z. B. Stauss (1999). Fassnacht/Moller (2004), S. 389f stellen beispielsweise fest, dass bedingt durch die starkere Verbindung der Wertschopfungsketten ein Wechsel von der Konfrontation zur Kooperation mit den Zuliefem (ergo Anbietern) zu diagnostizieren ist.

5

aus der Automobilindustrie herangezogen werden: Der Automobilzulieferer - in diesem Fall Anbieter der Leistung - kann die Geschaftsbeziehung bei nicht ausreichender Zufriedenheit beenden. Auch wenn dies aus Sicht des Automobilherstellers - bedingt durch die im Regelfall vorliegenden Abhangigkeitsbeziehungen in der Automobilindustrie - bei lediglich geringer Unzufriedenheit des Zulieferers nicht zu befiirchten ist/^ so ist doch zu konstatieren, dass schwer wiegende okonomische Griinde dafiir verantwortlich sein konnen, dass der Zulieferer die „Exit"-Option im Hinblick auf die konkrete Geschaftsbeziehung wahlt.'^ Hierdurch werden allerdings oftmals umfangreiche spezifische Investitionen des Automobilherstellers gefahrdet: Dieser hat - hier in der RoUe des Nachfragers - vor allem am Anfang der Geschaftsbeziehung in der Kegel sowohl zahlreiche spezifische Informationen an den Anbieter ubergeben (z. B. Informationen iiber das neue Fahrzeugmodell, die erwarteten Absatzzahlen, uber sonstige Plane etc.) als auch Zeit in die Geschaftsbeziehung (z. B. im Rahmen gemeinsamer Forschungs- und Entwicklungsprojekte) investiert. In der Folge besteht daher auf Seiten des Nachfragers ein Interesse daran, dass diese Investitionen nicht verloren gehen. So entsteht etwa durch die Konzentration auf die eigenen Kemkompetenzen bei der Produktion letztlich fiir den Hersteller das Problem, dass er sich sowohl direkt (z. B. durch eingeschrankte Kontrollmoglichkeiten des Fertigungsprozesses) als auch indirekt (z. B. durch den Verlust von Know-how) in Abhangigkeit vom Zulieferer begibt.^^ Dudenhoffer (2003) beispielsweise betont, dass die Innovationen (im Automobilbereich) durch die Zulieferer generiert werden.^^ Eine Beendigung der Geschaftsbeziehung durch den OEM (Original Equipment Manufacturer) als Nachfrager konnte so fiir diesen mit erheblichen Konsequenzen verbunden sein.^^ Daher sollte auch der Nachfrager im Regelfall ein Interesse an der Weiterfiihrung der Geschaftsbeziehung mit dem Zulieferer und somit auch an der Ermittlung der Zufriedenheit des Zulieferers (als Anbieter) haben. Allerdings wurde die Zufriedenheit von Anbietem bislang keiner genaueren wissenschaftlich fundierten Untersuchung unterzogen. Daraus folgt, dass zentrale mit dem Konstrukt der Anbieterzufriedenheit verbundene Fragestellungen bislang noch nicht beantwortet worden sind. Hierin ist ein wesentliches Forschungsdefizit zu sehen, das mit der vorliegenden Arbeit in Teilen reduziert werden soil.

Vgl. hierzu Voeth/Gawantka (2005), S. 6ff. Vgl. z. B. Gunter/Helm (2003), McCune (1998) sowie Gunter/Helm (2003). Vgl. z. B. Pointner (2004), S. 254f., der auf die Angst vor einem Know-how-Verlust hinweist. Vgl. Dudenhoffer (2003). Die Bezeichung Original Equipment Manufacturer (OEM) wird oftmals an Stelle des Begriffs Automobilhersteller verwendet.

2.

Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Anknupfend an das aufgezeigte Forschungsdefizit wird in dieser Arbeit folgendes Forschungsziel verfolgt: Es gilt zu klaren, welche Determinanten die Anbieterzufriedenheit beeinflussen und welche Konsequenzen die Anbieter(un)zufriedenheit hat. Da kaum Vorarbeiten vorhegen, sind vier aufeinander aufbauende Fragestellungen zu beantworten: •

Wodurch ist die Zufriedenheit von Anbietem gekennzeichnet, wer empfindet sie und unter welchen (Rahmen-)Bedingungen ist sie von Relevanz?



Wie lasst sich die Zufriedenheit von Anbietem theoretisch fundieren?



Welche Determinanten beeinflussen die Zufriedenheit von Anbietem?



Hat die (Un-)Zufriedenheit der Anbieter Konsequenzen fiir den langfristigen Erfolg der Geschaftsbeziehung?

Aufbauend auf diese Fragestellungen soil im Kapitel B zunachst hergeleitet werden, was unter dem Begriff Anbieterzufriedenheit konkret zu verstehen ist. Hierzu wird einleitend eine Abgrenzung von anderen Zufriedenheitskonstmkten vorgenommen, urn im Anschluss zentrale Faktoren zu beschreiben, die als Rahmenbedingungen bestimmen, in welchen Situationen bzw. Branchen die Zufriedenheit von Anbietem uberhaupt von Relevanz ist. Dabei soil auch die Frage diskutiert werden, wer die Anbieterzufriedenheit empfmdet (Individuen versus Gmppen) und wie die Anbieterzufriedenheit entsteht, um Erkenntnisse uber ihre gmndlegende Stmktur zu erlangen. Nachdem im ersten Schritt Informationen uber die Anbieterzufriedenheit zusammengetragen worden sind und der Begriff klarer gefasst wird, soil eine geeignete Theorie zur Fundiemng dieses Konstmkts abgeleitet werden. Dabei erscheint ein Vergleich der im Marketing iiblicherweise zur theoretischen Fundiemng herangezogenen Paradigmen - des neoklassischen Ansatzes, des neobehavioristischen Ansatzes und der Neuen Instititutionenokonomik als sinnvoll. Im Anschluss an den Theorienvergleich wird im folgenden Kapitel der Erklamngsbeitrag der ausgewahlten Theorie flir die Zufriedenheit von Anbietem in Geschaftsbeziehungen detailliert untersucht. Im Einzelnen erfolgt eine Betrachtung der flir das Untersuchungsobjekt zentralen Elemente: der Erklamng marktlicher Transaktionsformen und des Zusammenhangs zwischen der Theorie und der Zufriedenheit von Anbietem. In der Folge konnen theoriegestlitzt die Determinanten der Anbieterzufriedenheit abgeleitet werden, um schlieBlich die Spezifikation des Modells, in dem samtliche Hypothesen zu den Wirkungszusammenhangen enthalten sind, vorzunehmen. Aufbauend auf die theoretische Fundiemng und die Konzeptuahsiemng des Modells soil im Kapitel C die Operationalisiemng des Modells vorgenommen werden, um die erforderlichen Voraussetzungen fur die empirische Untersuchung zu schaffen. Die empirische Untersuchung

dient der Uberpriifung der zuvor theoretisch hergeleiteten Hypothesen. Bevor die eigentliche Datenerhebung und Ergebnisanalyse erfolgen kann, muss allerdings das zu verwendende Analyseverfahren festgelegt werden. Da auf die Verfahrensauswahl auch die mit der empirischen Untersuchung verfolgten Ziele Einfluss haben, werden diese zu Beginn des Kapitels prazisiert und das weitere Vorgehen geschildert. Aus der Betrachtung wird deutlich, dass eine Kausalanalyse anderen zur Verfugung stehenden Analyseverfahren im Hinblick auf das mit der vorliegenden Arbeit verfolgte Ziel iiberlegen ist. Im Rahmen der Analyse von Strukturgleichungsmodellen konkurrieren allerdings mit dem kovarianz- und dem varianzbasierten Ansatzen zwei grundlegend unterschiedliche Vorgehensweisen miteinander, so dass diese zunachst vorgestellt und im Anschluss daran in Bezug auf das Untersuchungsziel verglichen werden konnen. Der Vergleich wird dabei nicht nur in theoretischer Hinsicht, sondem auch im Hinblick auf das Untersuchungsobjekt der Arbeit vorgenommen. Der Auswahl des Verfahrens folgt schlieBlich die Operationalisierung des Modells bzw. der darin enthaltenen latenten Variablen. AbschlieBend wird das vollstandige Strukturgleichungsmodell dargestellt. Hierauf aufbauend wird im Anschluss im Kapitel D die empirische Untersuchung vorgestellt. Zu Beginn des Kapitels wird mit der Automobilbranche der Untersuchungsgegenstand charakterisiert, um in der Folge auf das weitere Vorgehen im Rahmen der empirischen Erhebung einzugehen. Nach diesen einleitenden Anmerkungen wird die Uberpriifung der GiitemaBe des Modells vorgenommen. Hierbei erfolgt sowohl die Beurteilung der formativen und reflektiven Messmodelle als auch die des gesamten Strukturmodells. Mit Vorliegen der empirischen Analyseergebnisse kann nun die Prtifung der im Kapitel B theoretisch abgeleiteten Hypothesen vorgenommen werden. Dabei werden sowohl die Hypothesen gepriift, die im Hinblick auf den Einfluss der verschiedenen Determinanten auf die Anbieterzufriedenheit formuliert worden sind als auch die Frage beantwortet, ob die Anbieterzufriedenheit tatsachlich einen Einfluss auf den langfristigen Beziehungserfolg besitzt. SchlieBlich wird eine Beurteilung des Gesamtmodells vorgenommen. Nachdem samtliche Untersuchungsergebnisse vorliegen, werden Marketingimplikationen abgeleitet. Dabei soil sowohl die Perspektive der Anbieter als auch die der Nachfrager eingenommen werden, um darzustellen, inwiefem die gewonnenen Erkenntnisse zur Zufriedenheit von Anbietem in Geschaftsbeziehungen Relevanz fiir beide Marktseiten aufweisen. Die Arbeit wird abgeschlossen durch das Kapitel E, in welchem die Ergebnisse in einer Schlussbetrachtung zusammengefasst werden und das zudem einen Ausblick auf weitergehenden Forschungsbedarf enthalt.

B.

Anbieterzufriedenheit als relevantes Konstrukt bei der Beurteilung industrieller Geschaftsbeziehungen

1.

Anbieterzufriedenheit: Eine Begriffskonkretisierung

1.1

Abgrenzung von anderen okonomischen Zufriedenheitsbegriffen

Im okonomischen Kontext sind Aspekte der Zufriedenheit bislang vor allem aus zwei Perspektiven untersucht worden. Dabei wird die Zufriedenheit von Kunden primar im Bereich des Marketing thematisiert und analysiert, ^' wahrend die Zufriedenheit von Mitarbeitern im personal- bzw. organisationspsychologischen Bereich auf umfangreiches Forschungsinteresse gestoBen ist.^^ Gemein ist diesen Ansatzen meist, dass die Entstehung von (Un-)Zufriedenheit als das Ergebnis eines umfassenden Informationsverarbeitungsprozesses verstanden wird.^^ hn Rahmen dieses Prozesses erfolgt ein Abgleich der mit einem Bezugsobjekt gesammelten Eindnicken (z. B. mit einem Produkt oder einem Vorgesetzten), die den Ist-Wert reprasentieren, mit den Erwartungen, die das individuelle Anspruchsniveau des hidividuums (Soll-Wert) darstellen. Werden die Erwartungen (liber-) erfiillt, so stellt sich bei dem Individuum Zufriedenheit ein.^"^ Andemfalls ist Unzufriedenheit die Konsequenz einer aus Sicht des Individuums nicht befriedigenden Leistung. Bei einer genaueren Betrachtung der beiden Perspektiven ist zunachst im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit festzustellen, dass die Ursache fiir ihren groBen Stellenwert in der Annahme begriindet ist, dass Kundenzufriedenheit zur Kundenloyalitat fiihrt.^^ Zwar herrscht hierbei noch keine Einigkeit im Hinblick auf die Art des Zusammenhangs zwischen der Kundenzufriedenheit und der Kundenloyalitat; dass dieser besteht und positiv ist, gih allerdings als gesichert.'^^ Zugleich konnte gezeigt werden, dass sich Kundenzufriedenheit positiv auf die Preisbereitschaft auswirkt und oftmals zu flir den Anbieter ntitzlicher „Mund zu Mund-Propaganda" fiihren kann.^"^ Da zudem nachgewiesen wurde, dass die Bindung von

Vgl. Jeschke (2001) S. 1938-1940. Vgl. z. B. Berthel/Becker (2003), S. 53ff sowie Fischer/Luck (1972), die die in Deutschland weit verbreitete „Skala zur Messung von Arbeitszufriedenheit" entwickelt haben. Oftmals findet auch der Begriff Arbeitszufriedenheit Verwendung. Vgl. auch den Uberblick bei Stock (2003), S. 12ff Vgl. hierzu und im Folgenden unter anderem Bauer (2000), S. 19f, Koschate (2002), S. 12f, van Doom (2004), S. 16ff sowie ChurchillJr./Surprenant{\9%l). Vgl. z. B. Cadotte/Woodruff/Jenkins (1987). Vgl. van Doom (2004), S. 9ff, Giering (2000), Koschate (2002), Siebrecht (2004), S. 23ff u. v. a. Zugleich konnte empirisch nachgewiesen werden, dass sich die Kundenzufriedenheit unter anderem positiv auf die Preisbereitschaft auswirkt. Vgl. unter anderem Homburg/Becker/Hentschel (2005) sowie Giering (2000). Empirische Untersuchungen unterstiitzen diese Erkenntnis flir zahlreiche Branchen. Vgl. z. B. Siebrecht (2004), S. 27f Vgl. Homburg/Bucerius (2003), Hamburg/Koschate (2003) und Homburg/Rudolph (2001).

Kunden weitaus effizienter durchgefiihrt werden kann als eine Neugewinnung,^^ hat sich die Messung und Untersuchung der Kundenzufriedenheit von Individuen als auch die Aggregation ihrer Zufriedenheiten zu einem wichtigen Bereich des Marketing entwickelt."^^ Neben der individuellen wird mitunter auch eine globale Betrachtung der Kundenzufriedenheit vorgenommen. Diese Perspektive wird dann verfolgt, wenn die Zufriedenheit aller Konsumenten in einem bestimmten Bereich wie z. B. durch den American Customer Satisfaction Index (ACSI) ermittelt werden soU.^^ Primares Ziel dieser Kundenzufriedenheitsindizes ist es, die auch aus den Erfahrungen mit anderen Branchen resultierenden Erwartungen der Kunden besser erfassen und damit einschatzen zu kdnnen. Die Zufriedenheit von Kunden ist allerdings nicht nur im Zusammenhang mit Konsumgutem, sondem auch mit Industriegutem von Bedeutung, wurde dort bislang allerdings im Vergleich seltener untersucht.^^ Bedingt durch die Besonderheiten industrieller Geschaftsbeziehungen, die sich z. B. darin widerspiegeln, dass dort in der Regel mehrere Personen an der Entstehung eines Zufriedenheitsurteils beteiligt sind (Multipersonalitat) und dass die Geschaftsbeziehung meist eine Langzeitorientierung sowie einen hohen Komplexitatsgrad aufweisen,^^ fmdet hier meist eine Aggregation von Einzelzufriedenheiten zur Ermittlung der Gesamtkundenzufriedenheit statt.^^ Somit handelt es sich bei dem Trager der Zufriedenheit nicht um ein Lidividuum, sondem um ein Untemehmen. In gewisser Weise ist demnach die Ermittlung der industriellen Kundenzufriedenheit mit dem Aggregationsprozess bei der Erhebung der Kundenzufriedenheitsindices im konsumtiven Bereich vergleichbar. Allerdings ist zu beachten, dass bei der industriellen Kundenzufriedenheit einige Mitarbeiter die Zufriedenheit maBgeblich beeinflussen bzw. wahmehmen, die daher identifiziert werden miissen und aus deren Einschatzungen sich letztlich die industrielle Kundenzufriedenheit ableiten lasst.^"* Ahnlich wie die Uberlegungen zur industriellen Kundenzufriedenheit sind Ansatze einzuordnen, in denen die Zufriedenheit der industriellen Abnehmer mit ihren Lieferanten untersucht wird.^^ Hierbei nimmt allerdings die Zufriedenheit i. e. S. oftmals im Vergleich zur Bewertung von Leistungskriterien eine untergeordnete Rolle ein.^^

Vgl. Reichheld/Sasser (2003) sowie Stahl {\996). Vgl. z.B. 0//ver(1997). Vgl. z. B. Fornell/Johnson/Andreson et al. (1996) und Bruhn (2003). Vgl. z. B. Bauer (2000), S. 5 sowie Rudolph (1998), S. 2. Vgl. hierzu auch die Uberlegungen zu Buying-Centem in der Beschaffungsphase, z. B. bei Backhaus (2003), S. 71 sowie Homburg/Rudolph (2001), S. 16. Vgl. zu industriellen Geschaftsbeziehungen unter anderem Ford (1997) sowie Hakansson/Snehota (1997) und Stauss (1997), S. 509ff Vgl. Bauer (2000), S. 38ff. Vgl. Bauer (2000), S. 39. Vgl. z. B. Cannon/Perreault (1999), S. 444 sowie S. 454, Gierl/Gehrke (2004) und Butzer-Strothmann (1998). Vgl. z. B. die Vorgehensweisen zur Lieferantenbewertung bei Hoffmann/Lumbe (2000).

10

Neben der Kundenzufriedenheit findet die Beziehungszufriedenheit vor allem bei der Betrachtung von Geschaftsbeziehungen Berlicksichtigung.^^ Dabei resultiert die Beziehungszufriedenheit unter anderem aus der vom Nachfrager empfundenen Beziehungs- bzw. Interaktionsquahtat und ist im Gegensatz zur Kundenzufriedenheit exphzit auf eine auf langfristigere Geschaftsbeziehungen bzw. Partnerschaften bezogen, wohingegen sich die Kundenzufriedenheit auch auf Einzeltransaktionen beziehen kann. Der Anbieter strebt an, durch Messung und Analyse der Beziehungszufriedenheit Informationen zu gewinnen, die neben der Sicherstellung der Kundenzufriedenheit dazu beitragen, Kundenbeziehungen erfolgreich aufrechterhalten zu konnen. In Anbetracht der Perspektive bzw. des Ziels (Anbieter versucht, Kundenbindung zu erreichen und so den Untemehmenserfolg zu sichem) sind deuthche Parailelen zur Kundenzufriedenheit erkennbar. Im Zusammenhang mit der Mitarbeiterzufriedenheit wird dagegen untersucht, v/ie zufrieden die Mitarbeiter mit dem betriebhchen Arbeitsverhaltnis sind.^^ Oftmals werden dabei die Beziehungen zwischen Mitarbeitem unterschiedhcher Abteilungen als interne Kunden-Lieferantenbeziehungen verstanden, so dass auch der Begriff der intemen Kundenzufriedenheit Verbreitung gefunden hat.^^ Dabei tragt eine Vielzahl von Determinanten bzw. Einzelzufriedenheiten zur Gesamtzufriedenheit des Mitarbeiters bei.^^ Von Interesse ist die Mitarbeiterzufriedenheit bislang vor allem aus Arbeitgeberperspektive gewesen, da ein Zusammenhang mit zahlreichen fiir das Untemehmensergebnis bedeutsamen GroBen wie z. B. der Produktivitat und der Fluktuation nachgewiesen werden konnte."^' Zudem konnte gezeigt werden, dass die Mitarbeiterzufriedenheit auch auf die Zufriedenheit der Kunden Wirkung haben kann, so dass die Ermittlung (und Sicherstellung) der Mitarbeiterzufriedenheit fur den Arbeitgeber aus mehreren Griinden, die letztlich den Untemehmenserfolg beeinflussen, von Bedeutung ist."^^ Daneben wird auch die Mitarbeiterzufriedenheit z. B. im Rahmen des Sozio-okonomischen Panel (SOEP) auf stark aggregierten Niveaus ermittelt, um gesamtwirtschaftliche Fragestellungen beantworten zu konnen.

Vgl. hierzu Hadwich (2003), S. 1 ff. so wie zur Partnership-Satisfaction Walton (1996). Vgl. zum Zusammenhang zwischen Qualitat und Zufriedenheit auch Gobi (2003), S. 31 sowie Schiitze (1994), S. 3f Zum Begriff Beziehungszufriedenheit vgl. Bauer (2000), S. 32f Vgl. Bruggemann/Groskurth/Vlich (1975), S. 19. Vgl. z. B. Bruhn (2004) und Stauss/Schulze (1990). Vgl. zur Ubersicht Schwetje (1999), S. 60. Es existieren auch Ansatze, die die Mitarbeiterzufriedenheit lediglich als Gesamtzufriedenheit erheben. Diese soUen hier aber wegen der Vorteile der muhiattributiven Ermittlung nicht weiter betrachtet werden. Vgl. Schwetje (1999), S. 58. Vgl. Meffert/Bruhn (2003), S. 188ff sowie Bruggemann/Groskurth/Vlich (1975). Vgl. z. B. Schwetje (1999), Stock (2003) und Homburg/Stock (2004). Vgl. Matiaske/Mellewigt (2001), S. 13ff

Was nimmt der Kunde wahr?

Globale konsumtive Industrielle KundenKundenzufriedenheit zufriedenheit (multipersonal) (multipersonal) (von Unternehmens- bis zu branchenObergreifender Ebene)

(auf Abteilungs- bzw, Unternehmensebene)

Was nimmt der Mitarbeiter wahr? Was nimmt derAnbieter wahr? Globale Mitarbeiterzufriedenheit Anbieter(multipersonal) zufriedenheit (z. B auf Abteilungs- Oder Unternehmensebene)

Individuelle Kundenzufriedenheit

Individuelle Mitarbeiterzufriedenheit

Verschiedene Teilzufriedenheiten, z. B. Beschwerdezufriedenheit

Verschiedene Teilzufriedenheiten, z. B. Zufriedenheit mit Kollegen

Beziehungszufriedenheit (z. B. durch die Qualitat der lnteral\'$>. 140. Vgl. hierzu und im Folgenden Patchen (1974). Moon/Gupta {\991),S.1>\. 31

aufweisen, die ermittelt werden miissen.''^ Dabei gilt, dass zwar das Untemehmen als Trager der industriellen Kundenzufriedenheit angesehen werden kann. Allerdings schlagt sich die industrielle Kundenzufriedenheit auch im Verhalten der Individuen nieder, die zur industriellen Kundenzufriedenheit auf der aggregierten Untemehmensebene beitragen.'^^ Daher ist Bonoma (1982) zuzustimmen, der feststellte:^^"^ „ Companies don 7 buy, people do. " Analog hierzu kann die Vermutung getroffen werden, dass es sich bei dem Trager der Anbieterzufriedenheit im Fall von Transaktionen zwischen Untemehmen nur in Ausnahmefallen um eine Person handelt, sondem dass vielmehr in der Regel mehrere beteiligte Mitarbeiter des Untemehmens (Un-)Zufiiedenheit empfmden. Um die Einflussfaktoren auf die Entstehung der Zufriedenheit des Anbieters strukturiert darstellen zu konnen, ist dabei die Erstellung eines Strukturmodells sinnvoll.'^^ Dabei kann in Anlehnung an die Forschungsergebnisse zum organisationalen Beschaffungsverhalten bzw. der Analyse von Selling Centem, im Rahmen derer unter anderem die auf das Buying- bzw. Selling Center sowie auf die Center-intemen Abstimmungsprozesse einwirkenden Faktoren analysiert werden, die Bezeichnung Satisfaction Center verwendet werden.^^^ Als Satisfaction Center wird dabei im Folgenden eine Gruppe von Mitarbeitem des Anbieters bezeichnet, die eine konkreten Geschaflsbeziehung, an der sie beteiligt ist, im Hinblick auf ihre Zufriedenheit mit dem Nachfrager beurteilen und hieraus gegebenenfalls hnplikationen fiir das zukiinftige Verhalten gegeniiber diesem ableiten. Die am Satisfaction Center beteiligten Personen konnen somit deckungsgleich mit den im Selling Center aktiven Mitarbeitem sein, verfolgen jedoch mit dem Verkauf von Leistungen an den Nachfrager bzw. der Beurteilung des Nachfragers voneinander divergierende Ziele. Auch im Hinblick auf das Modell des Satisfaction Centers erscheint die Ubertragung von Gmndideen aus den Erkenntnissen zu organisationalen Verhaltensweisen zweckmaBig, da hier ahnliche Voraussetzungen und Ziele vorliegen. Hierbei nehmen im Modell von Webster/Wind (1972), das einen der in diesem Bereich am weitesten verbreiteten Ansatze

Vgl. Bauer (2000), S. 38ff sowie Beutin (2003), S. 126. Vg\. Meffert {\99%). Vgl. hierzu auch Bauer (2000), S. 38f. 5o«owa(1982),S. 112. Vgl. zu einem ahnlichen Vorgehen im Hinblick auf Buying Center z. B. Backhaus (2003), S. 122ff sowie zu Selling CQntQm Moon/Gupta (1997). Meffert (1998), S. 90 flihrt zwar den Begriff des „Satisfaction oder Experience Center" ein, thematisiert in der Folge allerdings primar das Experience Center. Zudem betrachtet Meffert (1998) die Zufriedenheit von industriellen Nachfragem. Vgl. zum Experience Center auch Schutze (1994), S. 26Iff. Weitere in diesem Zusammenhang diskutierte Termini sind unter anderem der des „Transaction Centers" und des „Integration Centers". Vgl. Schwaner (1996), S. 124.

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darstellt, vier Variablenklassen auf die Entscheidungen der Mitglieder des Buying Centers Einfluss.^^^ Die Analyse der auf das Satisfaction Center wirkenden Einflusse zeigt, dass trotz aller bestehenden Parallelen einige wesentliche Unterschiede zu den Prozessen im Rahmen von Selling- bzw. Buying Centers vorliegen. So wirken zunachst allgemeine Umwelteinfliisse nur indirekt auf das Satisfaction Center und dessen Zufriedenheitsempfindungen ein (vgl. hierzu und im Folgenden Abbildung 6). Unter den allgemeinen umweltbezogenen Determinanten sind im hier relevanten Kontext vor allem okonomische Einfltisse zu beriicksichtigen.'*^ Die okonomischen Rahmenbedingungen wirken sich auf den Wettbewerbsdruck aus [la], der auf den Untemehmen lastet und konnen die Nachfrager beispielsweise bei einer schlechten allgemeinen Wirtschaftslage dazu veranlassen, Abhangigkeitssituationen der Anbieter starker auszunutzen, den Druck bei Verhandlungen zu erhohen oder getroffene Vereinbarungen im Nachhinein zu brechen.'^^ Umwelteinflusse (v. a. Okonomische Rahmenbedingungen u. Erfahrungen mit anderen Nachfragem)

Entscheider Administration Kontaktpersonen

Abbildung 6: Einflussfaktoren auf das Satisfaction Center Dabei kann dieses Verhalten durch die Organisation vorgegeben sein oder aber aus individuellen Motiven der Mitarbeiter des Nachfragers (z. B. Hoffnung auf personliche

Vgl. Webster/Wind (1972) sowie z. B. Backhaus (2003), S. 122ff. Hierbei handelt es sich urn umweltbedingte, organisationsbedingte, interpersonale und intrapersonale Determinanten. Vgl. 5ac)t/zaw5 (2003), S. 124. Zu den Abhangigkeitssituationen bzw. den Ursachen der Abhangigkeit vgl. Kapitel A 1. Die im Fliefitext von eckigen Klammera umfassten Zahlen beziehen sich Siuf Abbildung 6.

33

okonomische Vorteile) resultieren [lb]. Des Weiteren wirken sich die okonomischen Umwelteinflusse auf die Organisation des Anbieters aus. Die okonomischen Rahmenbedingungen werden beispielsweise bei der Formulierung von organisationalen Zielen beriicksichtigt [2a], wirken sich auf die Organisationskultur aus und spiegeln sich letztlich auch in den Verhaltensvorgaben der Anbieterorganisation wider [2b].^^^ Umwelteinflusse wirken allerdings nicht nur mittelbar auf das Satisfaction Center. So sind direkte Einfliisse der okonomischen Rahmenbedingungen auf die Mitglieder des Satisfaction Centers vorhanden, wenn diese ihr individuelles Entscheidungsverhalten beispielsweise von den erfolgsabhangigen extrinsischen Reizen abhangig machen [3]. ZusatzUch zu den allgemeinen umweltbezogenen Determinanten, die ahnlich auch von Webster/Wind (1972) thematisiert werden, nehmen bei der Untersuchung der Anbieterzufriedenheit auch die mit der Umwelt und hier insbesondere mit anderen Nachfragem gewonnene Erfahrungen einen hohen Stellenwert ein. Diese bilden fur das Satisfaction Center einen VergleichsmaBstab, mit Hilfe dessen das Verhalten individueller Nachfrager beurteilt und durch entsprechende (Un)ZufriedenheitsauBerungen bewertet werden kann. Neben den Umwelteinfliissen, die mittelbar oder direkt auf das Satisfaction Center wirken, wirken sich auch die individuellen Merkmale und Empfmdungen jedes Mitglieds des Satisfaction Centers (intrapersonale Determinanten) und die Zusammensetzung sowie Rollenverhaltnisse innerhalb des Centers (interpersonal Determinanten) auf die Entstehung der Anbieterzufriedenheit aus. Dabei gilt es im Hinblick auf die intrapersonalen Determinanten [4] zu beachten, dass die Anbieterzufriedenheit zwar eine organisational ZufHedenheit ist, diese sich jedoch maBgeblich aus den individuellen Zufriedenheiten der Mitglieder des Satisfaction Centers zusammensetzt. Diese personenspezifischen Zufriedenheitsempfmdungen konnen erheblich voneinander abweichen, da beispielsweise unterschiedliche Erfahrungen mit anderen Nachfragem vorliegen, die wiederum zu voneinander differierenden Erwartungen fuhren. Ebenso zeichnen sich Individuen durch unterschiedliche Wertevorstellungen aus. Hinsichtlich der interpersonalen Determinanten [5] gilt es die verschiedenen Rollen, die die Mitglieder des Satisfaction Centers beim Entstehungsprozess der Anbieterzufriedenheit einnehmen, zu beachten. Dabei konnen drei unterschiedliche Rollen identifiziert werden: •

Die Kontaktpersonen (K) stehen iiber einen langeren Zeitraum in unmittelbarem Kontakt mit dem Nachfrager bzw. mit den Mitarbeitem des Nachfrageruntemehmens. Je nach Leistungsart kann es sich hierbei um die mit der Erstellung beschaftigten Mitarbeiter (z. B. bei Dienstleistungen) und/oder um das Vertriebspersonal (z. B. Vertre-

Vgl. Webster/Wind (1972) sowie Backhaus (2003), S. 124.

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ter) handeln.'^^ Diese Mitarbeiter des Anbieters haben Einfluss auf die organisationale Anbieterzufriedenheit, da sie durch ihre personlichen direkten Erfahrungen mit den Mitarbeitem des Nachfragers zur detaillierten Einschatzung des Transaktionspartners beitragen konnen.^^^ Hier nimmt das individuelle Empfinden hinsichtlich personlicher Eigenschaften des Gegenlibers, das maBgeblich aus den Interaktionen resultiert, eine zentrale Rolle ein. Ebenso beeinflussen personliche Interessen der Kontaktpersonen die Eindriicke. Festzuhalten ist zudem, dass sich auch die Eindrucke des Kontaktpersonals nachhaltig voneinander unterscheiden konnen. So ist beispielsweise denkbar, dass die verhandelnde Kontaktperson mit der die Leistung erstellenden Kontaktperson zum einen nicht identisch ist und zum anderen abweichende Erfahrungen mit dem Nachfrager sammelt. Dahingegen haben die der Administration zuzuordnenden Mitarbeiter (A) des Anbieters im Regelfall keinen regelmaBigen Kontakt zu den Nachfragem. In Einzelfallen konnen jedoch Mitarbeiter bestimmter Bereiche ahnlich intensive Eindriicke iiber den Nachfrager sammeln, wie es fiir die Kontaktpersonen iibUch ist. Beispielsweise ist dies der Fall, wenn es zu Problemen mit der fmanziellen Abwicklung kommt, die gegebenenfalls aus der Nichteinhaltung von Zahlungsfristen durch den Nachfrager resultieren. Mitarbeiter des Marketing-Bereichs konnen (Un-)Zufriedenheit mit einem Nachfrager empfmden, wenn dieser sich gegeniiber anderen Nachfragem positiv oder negativ liber den Anbieter auBert (Mund-zu-Mund-Propaganda)^^"* und auf diesem Weg ihre Bemlihungen unterstiitzt bzw. erschwert. Auch wenn diese Mitarbeiter ein geringeres AusmaB an direktem Kontakt zum Nachfrager aufsveisen und hier bereits okonomische Faktoren (Einhaltung von Zahlungsfristen, Ausfall von Zinserlosen etc.) eine Rolle spielen, sind personliche Eindrucke von groBer Bedeutung. Die Entscheider (E) verfolgen primar okonomische Interessen.'^^ So wird ihre Zufriedenheit mit dem Nachfrager z. B. maBgeblich von der aktuellen und zukiinftigen okonomische Bedeutung des Kunden (z. B. Gewinnanteil) und anderen Determinanten, die auch im Zusammenhang mit der Ermittlung des Kundenwertes diskutiert werden,'^^ bestimmt. Personliche Motive oder Erfahrungen sind dagegen nur von geringem Gewicht. Allerdings sammeln die Entscheider die Impressionen, die ihnen durch

Vgl. z. B. Otto (1999), Grund {199S), Moller (2004) sowie Schwaner (1996) und Kleinaltenkamp (2000), S. 207ff. Vgl. hierzu und im Folgenden auch Bitner/Booms/Mohr (1994), S. 96. Vgl. Christiansen/Tax (2000). Die Tatsache, dass bislang insgesamt vor allem direkte und indirekte okonomische Grofien als entscheidend angesehen wurden, lasst sich auch anhand der Einflussfaktoren erkennen, die in der Literatur als entscheidend fiir den Kundenwert angesehen werden. Vgl. z. B. Vgl. Tomczak/Rudolf-Sipotz (2003). Vgl. Tomczak/Rudolf-Sipotz (2003), S. 136ff. sowie Cornelsen (2000), S. 99ff.

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das Kontaktpersonal und die in der Administration tatigen Mitarbeiter zugetragen werden und aggregieren diese zu einer Gesamteinschatzung, die in bestimmten Fallen noch durch eigene Eindriicke, die hinsichtlich ihres Umfangs allerdings nicht den Detaillierungsgrad des Wissens vom Kontaktpersonal erreichen, erganzt werden. Daher flieBen in die Anbieterzufriedenheit auch bei den Entscheidem nicht ausschlieBlich direkte okonomische Determinanten ein. Mitunter kommt es allerdings zu Uberschneidungen zwischen den einzelnen im Satisfaction Center zu identifizierenden RoUentypen. Auch hier ist in Analogic zu den Erkenntnissen tiber Buying Center zu konstatieren, dass eine Person mehrere RoUen ausflillen kann. Beispielsweise sind Key-Account-Manager zum einen als Kontaktpersonal zu klassifizieren, da sie unmittelbar mit den Mitarbeitem des Nachfragers in einer engen Beziehung stehen und somit auch personliche Eindriircke in ihre Zufriedenheit einflieBen.^^^ Zum anderen sind Key-Account-Manager auch in der Lage, eigenstandig Entscheidungen zu treffen, so dass sie zudem die Rolle von Entscheidem einnehmen.'^^ Nachfrager

C

Kontaktpersonal • PersOnliche Erfahrungen mit dem Nachfrager bzw. dessen Mitarbeitem

0) c

(0

V)

0)

Administration O • PersOnliche Erfahrungen mit dem c .Q— bzw. dessen Mitarbeitem

o LL

Nachfrager

• Bewertung Okonomischer Parameter, z. B. Zahlungs- oder Termintreue

C

o 2 (0

CO

Entscheider

w c

• Okonomische Bewertung des Nachfragers • Berucksichtigung aggregierter personlicher EinschStzungen eigener Mitarbeiter • Ggf. pers6nliche Erfahrung mit Nachfrager

O LL

CD

D

Anbieterzufriedenheit

Abbildung 7: Beziehungen im Satisfaction Center Wie bereits im Zusammenhang mit der Charakterisierung des Entstehungsprozesses der Zufriedenheit von Entscheidem angedeutet ist davon auszugehen, dass sich die Mitglieder des

Vgl. z. B. Arnett/Macy/Wilcox (2005) sowie Zupancic/Belz (2004). Vgl. McDonald/Millman/Rogers (1997), S. 748ff.

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Satisfaction Centers in ihren Eindriicken zum Teil gegenseitig beeinflussen (vgl. Abbildung 7). So werden die Beurteilungen des Nachfragers durch die Entscheider neben eigenen okonomischen Uberlegungen primar durch das Kundenpersonal und die Administration gepragt, wohingegen direkte Eindrticke vom Nachfrager als eher unbedeutend einzustufen sind. Zudem ist festzuhalten, dass die Entscheider durch das Erlassen von die Nachfrager betreffenden Verhahensregeln die Erwartungen des Kontaktpersonals und somit auch indirekt deren Zufriedenheit mit dem Nachfrager beeinflussen. Bezogen auf die Ursache der Anbieterzufriedenheit kann fiir die einzelnen Rollen im Satisfaction Center zusammenfassend zwischen einem primar auf die hiteraktion mit dem Nachfrager zurtickzufuhrenden Zufriedenheitsurteil des Kontaktpersonals (Fokus hiteraktion), einer vor allem auf der okonomischen Bewertung basierenden Zufriedenheit der Entscheider (Fokus Transaktion) sowie einer Kombination der beiden Faktoren im Bereich der Administration unterschieden werden, so dass den Entscheidem in ihren Urteilen zunachst ein hoheres MaB an Objektivitat unterstellt werden kann. Da die Beurteilung der Entscheider fiir die empfundene Anbieterzufriedenheit und die gegebenenfalls hieraus resuhierenden Handlungen letzthch von entscheidender Bedeutung ist, lasst sich die Anbieterzufriedenheit stark auf den aus der Geschaftsbeziehung resuhierenden okonomischen Nutzen zuriickfiihren.^^^

1.3.2

Entstehungsprozess der Anbieterzufriedenheit

Bei der Darstellung der Besonderheiten der Anbieterzufriedenheit ist bislang unklar gebUeben, ob die im Zusammenhang mit der Entstehung von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit diskutierten Modelle auf die Analyse der Zufriedenheit von Anbietem tibertragen werden konnen. Um dies zu priifen, ist eine Untersuchung der Eigenstandigkeit von Merkmalen und Rahmenbedingungen der Anbieterzufriedenheit erforderlich. Konkret handelt es sich hierbei anknupfend an die im Rahmen dieser Arbeit bislang gewonnenen Erkenntnisse um •

die Multipersonalitat der Zufriedenheitsbildung,



die Individualitat der Leistung sowie



die Geschaftsbeziehung als Transaktionstyp.

Wahrend die konsumtive Kundenzufriedenheit wegen der im Regelfall nicht vorhandenen Multipersonalitat der Zufriedenheitsbildung im Folgenden nicht weiter betrachtet wird, weist die industrielle Kundenzufriedenheit im Hinblick auf die identifizierten Merkmale deutliche Parallelen auf

Vgl. hierzu ahnlich auch Homburg/Jensen (2004), S. 494.

37

Konkret zeigt sich dies zunachst im Hinblick auf die Multipersonalitat der Zufriedenheitsbildung. Der Entstehungsprozess der organisationalen Zufriedenheit ist dabei insbesondere im Industrieguterbereich detailliert analysiert worden.^^^ Hier wurden Aspekte wie die aus der Multipersonalitat folgende Aggregation von Einzelzufriedenheiten zu einer Gesamtzufriedenheit sowie die Tatsache, dass diese Einzelzufriedenheiten je nach eingenommener Rolle voneinander abweichen konnen, thematisiert.'^^ Bedingt durch die Ahnlichkeit zwischen Buying-, Selling- und Satisfaction Centem lassen sich die diesbeziiglichen im Zusammenhang mit der industriellen Kundenzufriedenheit angestellten Uberlegungen auf die Anbieterzufriedenheit tibertragen. Neben der Multipersonalitat nimmt auch die Individualitat der Leistungen, die der Austauschbeziehung zugrunde liegen, bei der Betrachtung der Anbieterzufriedenheit eine zentrale Bedeutung ein.'^^ Diese Eigenschaft ist bei der Ermittlung der industriellen Kundenzufriedenheit oftmals ebenfalls gegeben. Zwar zeichnen sich nur zwei der vier im Geschaftstypenansatz von Backhaus (2003) enthaltenen Geschaftstypen dadurch aus, dass sie einen Einzelkundenfokus einnehmen - mithin durch indviduelle Leistungen charakterisiert sind.^^^ AUerdings ist zu konstatieren, dass auch bei denjenigen Geschaftstypen, in denen der anonyme Markt im Mittelpunkt steht, mittlerweile eine Entwicklung zur Individualisierung von Leistungen (z. B. im Zusammenhang mit Mass Customization) festzustellen ist, um so den Nachfragerbedtirfhissen trotz prinzipieller Einheitlichkeit der Leistungen moglichst weit entgegen zu kommen.^^"^ Vor diesem Hintergrund ist auch hinsichtlich der Leistungsindividualitat eine Vergleichbarkeit der industriellen Kundenzufriedenheit und der Anbieterzufriedenheit zu konstatieren. Der Transaktionstyp wurde schlieBlich als dritte Voraussetzung identifiziert, die erfullt sein muss, damit die Zufriedenheit der Anbieter von Relevanz ist. Geschaftsbeziehungen im Industrieguterbereich liegen wie die Individualitat von Leistungen zwei Geschaftstypen des Ansatzes von Backhaus (2003) zugrunde. Hier wird eine Fokussierung auf den Kaufverbund bzw. Transaktionsprozesse, zwischen denen ein innerer Zusammenhang besteht, vorgenommen.^^^ Somit bestehen auch in diesem Fall eindeutige Parallelen zu den Bedingungen, die gegeben sein miissen, damit die Anbieterzufriedenheit bedeutsam ist. In der Summe ist so

Vgl. van Doom (2004), Backhaus/Bauer (2003) sowie Bauer (2000), Meyer (1997), Ghosh/Joseph/Gardner et al (2001), Homburg/Rudolph (2001), Homburg/Krohmer/Cannon et al. (2002), Soetanto/Proverbs (2002), Walton (1996), fFo«g(2000). Vgl. z. B. Homburg/Rudolph (2001). Vgl. KapitelB 1.2.1. Vgl. Backhaus (2003), S. 322ff. Vgl. P///er (2000), S. 164ff. Vgl. Backhaus (2003), S. 322ff. sowie Bauer (2000), S. 32ff. und Meyer (1997).

38

festzustellen, dass zwischen der industriellen Kundenzufriedenheit und der Anbieterzufriedenheit in wesentlichen Punkten groBe Ahnlichkeiten vorliegen. Auch die Mitarbeiterzufriedenheit wird sowohl auf individueller als auch auf aggregierter Ebene ermittelt.^^^ Der Aggregationsprozess wird dabei allerdings weit weniger intensiv diskutiert als im Zusammenhang mit der Ermittlung der industriellen Kundenzufriedenheit. Die Individualitat der das Bezugsobjekt der Mitarbeiterzufriedenheit bildenden Prozesse ist oftmals, allerdings nicht immer gegeben. Hier besteht eine starke Abhangigkeit vom ausgeiibten Beruf, da sich der Individualitatsgrad der Tatigkeiten stark voneinander unterscheiden kann. SchlieBlich lasst sich die zeitliche Perspektive der Mitarbeiterzufriedenheit (Beziehung unter anderem zum Arbeitgeber) als langfristig klassifizieren, so dass ein der Betrachtung von Geschaftsbeziehungen ahnlicher Blickwinkel eingenommen wird. In der Summe wird so deutlich, dass auch zwischen Anbieter- und Mitarbeiterzufriedenheit Parallelen vorzufinden sind. Diese Tatsache verwundert insofem nicht, als dass Untersuchungen, in denen sowohl Mitarbeiter- als auch Kundenzufriedenheit thematisiert warden, enge Parallelen zwischen diesen beiden Konstrukten konstatieren.'^^ Vor diesem Hintergrund konnen bei der Ableitung des Entstehungsprozesses der Anbieterzufriedenheit Anlehnungen an die bereits vorhandenen Erkenntnisse aus den beiden Betrachtungsperspektiven okonomischer Zufriedenheit vorgenommen werden. Die wenigen im Zusammenhang mit der Zufriedenheit von Anbietem bereits vorliegenden Erkenntnisse unterstutzen ebenfalls die Annahme, dass ein Transfer moglich ist.'"^^ Zur Modellierung der als vergleichbar kategorisierten industriellen Zufriedenheit hat sich das ConfirmationyDisconfirmation-(C/D)-Paradigma durchgesetzt, dass gemeinhin als leistungsfahigster Ansatz eingestuft wird.^"'^ Das C/D-Paradigma geht dabei von der Grundannahme aus, dass (Un-)Zufriedenheit das Ergebnis eines Abgleichs von Erwartungen i. w. S. als SoU-Zustand und der erfahrenen, subjektiv wahrgenommenen Realitat (IstZustand) ist.''^^ Hinsichtlich der Erwartungen wird in der Regel davon ausgegangen, dass sich

Vgl. z. B. Winter (2005), S. 65ff. Vgl. unter anderem Stock (2003), S. 12ff. sowie Winter (2005), S. 13f. Vgl. Wong (2000) sowie Soetanto/Proverbs (2002). Vgl. z. B. Bauer (2000), S. 19ff., Vollmer (2002), S. 17 sowie Homburg/Krohmer/Cannon et al. (2002), S. 2 und Ghosh/Joseph/Gardner et al. (2001). Vgl. zur Kundenzufriedenheit z. B. Hahn (2002), S. 80ff., zur Mitarbeiterzufriedenheit z. B. Bruggemann/Groskurth/Ulich (1975) und Oechsler (2000) S. 153ff Zur Parallelitat der Konstrukte vgl. Hamburg/Stock (2001), S. 378ff Urn Verwechslungen zu verhindem, wird hier zwischen Erwartungen i. w. S. als Soll-Wert im Vergleich zum Ist-Wert und den Erwartungen i. e. S. als einem Einflussfaktor des SollWertes unterschieden. Im Folgenden wird auf die Erganzung dann verzichtet, wenn von Erwartungen i. w. S. die Rede ist.

39

diese aus mehreren Dimensionen zusammensetzen.^'^' Oftmals werden Erwartungen i. e. S., Ideale sowie Erfahrungen als ursachliche GroBen genannt, die in Kombination miteinander flir den Erwartungswert verantwortlich sein konnen.^"^^ Ubertragen auf die Anbieterzufriedenheit bedeutet dies: •

Erwartungen i. e. S. beziehen sich auf das angenommene Leistungsniveau, das unter anderem aus dem Image des Nachfragers, seinen Versprechungen, individuellen Anspriichen und dem Wissen um Altemativen resultiert.'"^^ Dabei wird davon ausgegangen, dass die Erwartungen gleichsam einen Mittelwert der fruheren Erfahrungen mit diesem Nachfrager darstellen.



Ideale stellen fur den Anbieter das optimale erreichbare Leistungsergebnis dar.^'^'^ Hier kann konstatiert werden, dass Ideale wie die Erwartungen aus vergangenheitsbasiertem Wissen abgeleitet werden, zusatzlich aber die Frage gestellt wird, welche Leistung, Qualitat etc. maximal erreichbar ist.^"^^



Erfahrungen resultieren aus den Erlebnissen des Anbieters mit anderen Nachfragem.'"^^ Hier nimmt der Vergleich mit den Altemativen eine entscheidende Bedeutung ein. So wird unterstellt, dass der Anbieter konkrete Erfahrungen mit real existierenden Nachfragem als Mafistab fiir die Sollwerte heranzieht.'"^^

Bei den tatsachlichen Leistungen („Ist"-Komponente) handelt es sich um vom Anbieter subjektiv wahrgenommene GroBen.^"^^ Diese GroBen beziehen sich auf die wahrgenommene Leistung bzw. die Erfahrung mit dem betrachteten Objekt, die wiederum in Hinblick auf verschiedene Bewertungsdimensionen erfasst werden, welche vom Beurteilenden als relevant erachtet werden.'^^ So konnen beispielsweise die wahrgenommenen Leistungen des Nachfragers bei der Interaktion vom Anbieter als relevante Bewertungsdimension klassifiziert werden. In der Folge nimmt der Anbieter subjektiv wahr, welche Interaktionsleistung der Nachfrager erbringt.

Vgl. grundlegend Tse/Wihon (1988), S. 210 und Burmann (1991), S. 250, Koschate (2002), S. 14 sowie zu den unterschiedlichen Komponenten exemplarisch Scharnbacher/Kiefer (2003), S. 7ff., Hinterhuber/Handlbauer/Matzler (2003), S. 14 sowie Schutze (1994), S. 157ff Vgl. Fournier/Mick (1999), S. 6. Vgl. Dittrich (2002), S. 75f. Vgl. z. B.5/aM55(1999), S. 7. Vgl. Schutze (1994), S. 157. Vgl. hierzu auch das Vorgehen bei Verfahren zur Einstellungsmessung, so z. B. dem Trommsdorff-ModtW. Vgl. hierzu Trommsdorff (1975) sowie Kroeber-Riel/Weinberg (2003), S. 202f. Vgl. Woodruff/Cadotte/Jenkins (1983) sowie Cadotte/Woodruff/Jenkins (1987), S. 306. Vgl. Cadotte/Woodruff/Jenkins (1987), S. 306. Vgl. z. B. van Doom (2004), S. 17 sowie Stauss (1999), S. 7. Wg\. Schutze {\99^\S.

40

160f.

Der eigentliche durch den Beurteiler vorzunehmende Vergleichsprozess bezieht sich auf samtliche im Lauf der Geschaftsbeziehung gesammelten Erfahrungen.'^^ Dabei werden die Erfahrungen aus den einzelnen Transaktionen aggregiert betrachtet und im Anschluss beurteilt. Im Rahmen des Beurteilungsprozesses werden die Erwartungen und die tatsachlichen (subjektiv wahrgenommenen) Leistungen verglichen. Der Vergleich kann dabei zum einen zur Konfirmation fiihren.'^' In diesem Fall wurden die Erwartungen durch die Leistungen erflillt, wodurch sich in der Folge Zufriedenheit beim Anbieter einsteUt. Zufriedenheit ist ebenfalls die Konsequenz einer positiven Diskonfirmation der Erwartungen des Anbieters - mithin eines Ubertreffens der Erwartungen.*^^ Hingegen folgt einer negativen Diskonfirmation die Unzufriedenheit des Anbieters.'^^ Diese Vergleichsprozesse werden vom Anbieter im Hinblick auf verschiedene Aspekte vorgenommen. Dies kann auf die Tatsache zuriickgefuhrt werden, dass die Gesamtzufriedenheit mit einem Produkt, einer Leistung oder einem Nachfrager aus verschiedenen Variablen bzw. Dimensionen besteht.*^'^ Dabei ist die Auswahl der relevanten Dimensionen bzw. Determinanten von dem Untersuchungsobjekt sowie von den Rahmenbedingungen abhangig. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass eine umfassende Betrachtung der fiir das Zustandekommen der Gesamtzufriedenheit relevanten Dimensionen (und damit der Teilzufriedenheiten) als entscheidend fiir die Ermittlung eines validen Wertes fiir die Gesamtzufriedenheit anzusehen ist. SchlieBlich soil auf eine weitere Parallele, allerdings auch auf einen Unterschied zwischen der Kundenzufriedenheit und der Anbieterzufriedenheit hingewiesen werden: In beiden Fallen wird als Ziel die Konfirmation der Erwartungen angestrebt, so dass sich im Anschluss Zufriedenheit einstellt.'^^ Eine Ubererfiillung dieses Erwartungswertes wird im Regelfall sowohl bei der Anbieter- als auch bei der Kundenzufriedenheit nicht angestrebt, da dies eine „Anspruchsinflation" zufolge haben konnte, vor allem aber eine ineffiziente Vorgehensweise

Vgl. KapitelB 1.2.2. Vgl. hierzu und im Folgenden Homburg/Becker/Hentschel (2005), S. 94f. sowie Churchill Jr./Surprenant (1982). Positive Diskonfirmation kann genau wie ein unrealistisches Erwartungsmanagement des Anbieters zu einer „Erwartungsinflation" des Nachfragers fiihren, die es dem Anbieter im Zeitablauf immer schwerer macht, eine negative Diskonfirmation beim Nachfrager zu verhindem. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Erwartungsmanagement an Bedeutung. Vgl. unter anderem Schneider (2000), S. 29 sowie Stianson/Davidow (1990). Durch Uber- bzw. Untertreffen der Erwartungen erfolgt eine Modifikation des Soll-Wertes beim Nachfrager, so dass sich die Erwartungen im Zeitablauf verandem konnen. Hierzu Bauer (2000), S. 154ff Vgl. z. B. Homburg/Stock (2003), S. 34ff, Homburg/Rudolph (2001), Fornell/Johnson/Andreson et al (1996), Tse/Wilton (1988) sowie Schutze (1994), S. 171ff Schutze (1994) weist darauf hin, dass auch so genannte Ein-Item-Befragungen („Wie zufrieden sind Sie mit dem Produkt XY?") durchgefiihrt werden. Eine direkte Abfrage der Gesamtzufriedenheit wird aber in der Regel lediglich als erganzende Validierungsmethode genutzt. Vgl. hierzu das Vorgehen bei Strukturgleichungsmodellen, z. B. bei Fornell/Johnson/Andreson et al. (1996) sowie hierauf aufbauend 5/em5 (2003), S. 204ff. Vgl. hierzu und im Folgenden auch Kapitel B 1.3.2.

41

ware. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Zufriedenheitskonstrukten ist in der Tatsache zu sehen, dass bei der Kundenzufriedenheit im Regelfall eine Betrachtung der positiven Konsequenzen (Kundenloyalitat etc.) vorgenommen wird, so dass im Kern MaBnahmen zur Erhohung der Zufriedenheit durch den Anbieter betrachtet werden.^^^ Im Gegensatz dazu steht bei der Untersuchung der Zufriedenheit von Anbietem die Identifikation von gegebenenfalls bestehender Unzufriedenheit im Mittelpunkt. Das Auftreten dieser Anbieterunzufriedeheit soil verhindert bzw. abgestellt werden.

Vgl. stellvertretend Homburg/Bucerius (2003).

42

2.

Die Transaktionskostentheorie als Ansatz zur Untersuchung der Zufriedenheit von Anbietern in Geschaftsbeziehungen

2.1

Ableitung einer geeigneten Theorie

Angekniipft werden soil bei der Ableitung einer geeigneten Theorie zunachst an die bereits vorliegenden Ansatze zum Geschaftsbeziehungsmanagement, zum Relationship-Marketing^^^ und zur Zufriedenheit in industriellen Geschaftsbeziehungen, da sich hier die deutlichsten Parallelen zu dem Themenfeld der Anbieterzufriedenheit feststellen lassen. In diesen Bereichen werden zahlreiche Theorien angefuhrt, die sich zur theoretischen Fundierung der in wesentlichen Aspekten ahnlichen Gebiete eignen (soUen). Eine zusammenhangende Theorie des Geschaftsbeziehungsmanagements existiert allerdings ebenso wie im Zusammenhang mit der Untersuchung der Zufriedenheit im Industriegiiterbereich bislang noch nicht.'^^ Vielmehr wird deutlich, dass sich bereits das Geschaftsbeziehungsmanagement an der Schnittstelle mehrerer Teildisziplinen befmdet und daher ein heterogenes Konstrukt darstellt.^^^ Um eine geeignete Theorie zur Fundierung der Anbieterzufriedenheit abzuleiten, muss zunachst die zentrale der Arbeit zugrunde liegende Fragestellung formuliert werden, um aufbauend hierauf eine Entscheidung treffen zu konnen, welcher der zur Verfligung stehenden theoretischen Zugange zur wissenschaftlichen Erorterung optimal geeignet ist. Hinsichtlich der Fragestellung steht die Zufriedenheit der Anbieter in Geschaftsbeziehungen im Mittelpunkt. Dabei konnten wesentliche Fragen zum Entstehungsprozess der Zufriedenheit bereits im Vorfeld erlautert werden.'^^ Der theoretischen Fundierung bedarf allerdings die zentrale dieser Arbeit zugrunde liegende Fragestellung, welche Einflussfaktoren auf die Zufriedenheit der Anbieter in Geschaftsbeziehungen einwirken. Hierzu gilt es, vorab mit Hilfe der Theorie mogliche Determinanten herzuleiten, um diese im weiteren Verlauf

Fur die im Zusammenhang mit Geschaftsbeziehungen relevanten Prozesse hat sich im deutschen Sprachraum noch kein einheitUcher Terminus gefunden. Vgl. z. B. Blois (1996), Bruhn (2001), Hadwich (2003), Sollner (2004) und Rese/Utzig/Sollner (2003), die den Begriff „Relationship Marketing" verwenden, Kleinaltenkamp/Plinke (1997) sowie Plinke (1997) fur den Begriff „Geschaftsbeziehungsmanagement" und Backhaus/Diller (1993), die die Bezeichnung „Beziehungsmanagement" wahlen. Schliefilich wird auch der Begriff „Beziehungsorientiertes Marketing" bzw. „Beziehungsmarketing" in der Literatur verwendet. Vgl. z. B. Klee (2000), S. 34 bzw. Hennig-Thurau (1998), S. 20ff. Auch wenn diese Bereiche nicht vollkommen deckungsgleich sind - so betont beispielsweise Backhaus (1998) fur das Relationship-Marketing den Aspekt der „Entwicklung dauerhafter Kundenbeziehungen" als ZielgroCe - soil in dieser Arbeit einheitlich der Begriff „Geschaftsbeziehungsmanagement" verwendet werden. Vgl. hierzu auch Klee (2000), der die Marketingwissenschaft als „Keimzelle und nach wie vor [die] Hauptarena fiir die Diskussion um die Relevanz und Umsetzung einer Beziehungsorientierung [..]" bezeichnet. Ebenda, S. 25. Vgl. zu der Diskussion auch Bruhn/Bunge (1996), S. 177 sowie Hippner (2005), S. 116f. Vgl. z. B. Klee (2000). Vgl. hierzu unter anderem Diller (1993), S. 2ff. Vgl. KapitelB 1.3.2.

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empirisch uberprufen zu konnen. Zur theoretischen Fundierung ist zunachst einmal allgemein festzustellen, dass eine Vielzahl von Theorien aus unterschiedlichen Bereichen zur Fundierung des Geschaftsbeziehungsmanagements herangezogen wird,'^"^ die oft in Kombination miteinander genutzt werden.^^"^ Aufderheide (2004) beklagt im Zusammenhang mit der theoretischen Fundierung des Marketing die „scheinbare[n] BeUebigkeit in der Anwendung verschiedener Ansatze", die er auch als „Theorieeklektizismus" bezeichnet.'^^ Bruhn (2001) vergleicht das Untersuchungsobjekt mit der Interdisziphnaritat des Marketing und nennt hierauf aufbauend die drei Paradigmen der Marketingforschung, deren Theorien als Erklarungsansatze fiir die theoretische Untermauerung von Geschaftsbeziehungen dienen konnen.'^^ Zwei der drei Paradigmen - das neoklassische und das neoinstitutionelle - sind als okonomische Ansatze zu klassifizieren, wahrend dem neobehavioristische Paradigma ein verhaltenswissenschaftlicher Ansatz zugrunde liegt. Der neobehavioristische Ansatz wird vor allem im Konsumgiitermarketing und hier insbesondere im Zusammenhang mit der Konsumenten- bzw. Kauferverhaltensforschung verwendet.'^^ Gekennzeichnet ist der Ansatz dadurch, dass Theorien aus zahlreichen unterschiedlichen Disziplinen herangezogen werden.^^^ Als Starke des neobehavioristischen Ansatzes ist vor allem das Potenzial zur Erklarung des Kauferverhaltens zu sehen, wobei insbesondere der Erforschung von intervenierenden Variablen eine groBe Bedeutung

Vgl. z. B. Bruhn/Bunge (1996) und Backhaus (1998). Diese vertreten die Auffassung, dass das RelationshipMarketing kein grundlegend neuer theoretischer Ansatz, sondem vielmehr ein Konglomerat mehrerer Theorien ist. Kaas (2000), S. 59 urteih ahnlich iiber das Relationship-Marketing: „Das Besondere dieses zweifelsohne bedeutsamen Ansatzes ist seine Aktualitat und Relevanz fiir die Praxis, nicht seine Theorieverankerung." * Vgl. beispielsweise die Arbeiten von Keller (2002), Giering (2000), Grund (1998), Schwaner (1996), Klee (2000), Hadwich (2003), Ivens (2002) sowie viele andere. Die Verwendung der Theorien ahnelt dabei mitunter dem pragmatischen Prozedere beim entscheidungsorientierten Ansatz, in dessen Rahmen auf geeignete Theorien ohne Beachtung ihres Ursprungs zuriickgegriffen wird. Vgl. Kaas (2000), S. 60. ' Vgl. Aufderheide (2004), S. 51. ' Vgl. Bruhn (2001), S. 17ff. Zum Begriff Paradigma vgl. Kuhn (1989), zur Verwendung dieses Begriffs im Zusammenhang mit dem Marketing Backhaus (1998). ' Vgl. z. B. Kotler (2003), Nieschlag/Dichtl/Horschgen (2002) sowie Meffert (2000). Lange Zeit hatte dieser Ansatz in der deutschsprachigen Marketingforschung eine beherrschende Stellung inne, so dass z. B. der institutionenokonomische Ansatz eine eher unbedeutende Rolle spielte. Vgl. Max (1991). * Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg (2003), S. 8ff.

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zukommt.'^^ Die wesentliche Schwache des neobehavioristischen Ansatzes ist in den durch die Interdisziplinaritat bedingten Integrationsschwierigkeiten der Theorien untereinander zu sehen. Eine schliissige, auch auf formal-mathematischen Weg zu iiberprufende theoretische Basis bietet dagegen das neoklassische Paradigma. Es basiert auf der mikrookonomischen Theorie und setzt im Vergleich zur Realitat stark vereinfachte Rahmenbedingungen.'^^ So wird hier unter anderem von vollstandig informierten und deshalb auch rational handelnden Konsumenten ebenso ausgegangen wie von einer symmetrischen (weil fiir alle voUstandigen) Informationsverteilung zwischen den Marktakteuren. In den restriktiven Annahmen ist zugleich die wesentliche Schwache des neoklassischen Ansatzes zu sehen, da sie in der Realitat oftmals nicht erfullt werden.'^^ Vor diesem Hintergrund ist eine empirische Uberprtifung meist nicht moglich. Aus der Kritik an dem neoklassischen Ansatz entwickelte sich - bei identischen mikrookonomischen Wurzeln - der neoinstitutionelle Ansatz.^^^ Die Neue Institutionenokonomik zeichnet sich dabei im Wesentlichen dadurch aus, dass versucht wird, die Existenz von Institutionen zu erklaren, die in der reibungslosen neoklassischen Theorie keine Existenzberechtigung haben.'''^ Die restriktiven Aimahmen der Neoklassik wurden dabei zum Teil aufgegeben bzw. gelockert. Elemente des neoinstitutionellen Paradigmas, die somit eine gemeinsame theoretische Basis besitzen,'^"^ sind die Informationsokonomik, der Property Rights-Ansatz, der Principal Agent-Ansatz, und der Transaktionskostenansatz.^^^ Die groBe Vielfalt der in der Literatur diskutierten und den drei Paradigmata zuzuordnenden theoretischen Zugange zum Geschaftsbeziehungsmanagement deutet bereits darauf hin, dass eine unreflektierte Kombination von Theorien, deren Kemaussagen einander widersprechen.

' Vgl. hierzu und im Folgenden Kaas (2000), S. 64f. ' Vgl. hierzu und im Folgenden z. B. Mankiw (2004), Waldman (2004) und Bofinger (2003). Vgl. z. B. Haase (2004) und Voeth (2000), S. 16. Vgl. Fischer (1993), S. 30ff. sowie Wolff (2000). Max (1991) weist darauf hin, dass eine allgemeine Charakterisierung des neoinstitutionellen Ansatzes schwer faUt, da in ihm unterschiedliche Forschungsrichtungen, Fragestellungen und methodische Ansatze enthalten sind. Vgl. Hax (1991), S. 55. Als Beispiele fiir Institutionen sind unter anderem (Staats-)Verfassungen und Gesetze, Untemehmensrichtlinien und Verhaltensregeln zu nennen. Sie legen das Fundament fur die Organisationen wie z. B. Untemehmen oder Staaten. Vgl. z. B. Gobi (2002), S. Iff. und Erlei/Leschke/Sauerland (1999), S. 23ff Gobi (2002), S. 1 formuliert hierzu kurz: „Institutionen schaffen Ordnung im Bereich des Sozialen [..]." Dies ist insbesondere im Gegensatz zum neobehavioristischen Ansatz zu betonen, der keinen theoretischen Kern besitzt, sondem vielmehr durch das Bestreben zur Losung praktischer Probleme gekennzeichnet ist, wozu Erkenntnisse aus zahlreichen Disziplinen (z. B. der Psychologic, der Soziologie oder der Biologic) entnommen werden. Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg (2003), S. 8ff. Vgl. z. B. Richter/Furubotn (2003). Hierbei liegen unterschiedliche Auffassungen dariiber vor, ob hier tatsachlich vier eigenstandige Forschungsrichtungen zu unterscheiden sind (vgl. z. B. Hax (1991)) oder ob derer vielmehr drei vorliegen (vgl. z. B. Erlei/Leschke/Sauerland (1999)). Vgl. hierzu auch Schade (1996), S. 19.

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nicht moglich ist.^^^ Zudem besteht bei der Verwendung mehrerer Theorien die Gefahr, dass sich in der Folge inhaltliche Schnittmengen bilden, was es zu verhindem gilt. Dies wird beispielsweise von Jacob (2002a) kritisiert, der seine Kritik insbesondere auf die Formulierung von Hypothesen bezieht und feststellt, dass hierbei „[..] selten grofier Wert auf eine theoretische Eindeutigkeit gelegt [wird]. Vielmehr ist es durchaus ublich, die Auswahl mehr oder weniger wahlfrei vorzunehmen. Oftmals erfolgt die Hypothesenbildung sogar intuitiv, jedenfalls ohne Bezug zu einer bestimmten Theorie. " SchlieBlich ist die Komplexitat der theoretischen Fundierung moglichst gering zu halten, um eine moglichst hohe Forschungseffizienz zu erreichen,^^^ Auch diese Tatsache deutet darauf hin, dass die Fokussierung auf einen theoretischen Ansatz als sinnvoll zu bewerten ist. Anders stellt sich die Situation allenfalls dann dar, wenn verschiedene Forscher unterschiedliche Theorien zur Untersuchung ein und desselben Themengebietes einsetzen. Dieses Vorgehen ist zu begrtiBen, da es zur Risikostreuung beitragt^^^ und so letztlich auch aus okonomischer Sicht als vorteilhaft bewertet werden kann.'^^ Kuhn (1974) betont in diesem Kontext, dass Theoriewahlentscheidungen bedingt durch den Zeitpunkt, an dem sie im Rahmen eines innovativen Forschungsvorhabens getroffen werden mtissen, stets sehr riskant sind und sich oftmals als falsch erweisen.'^^ Da durch den Theorienpluralismus verhindert werden kann, dass die Wissenschaft sich gleichermaBen in eine „Sackgasse" begibt, ist er in dieser Form ausdrticklich als positiv zu bewerten. ^^^ Allerdings bedeutet dies nicht, dass in einem bestimmten Forschungsprojekt verschiedene Theorien zur Fundierung verwendet werden sollten, sondem dass ein Forschungsgebiet in separaten Arbeiten aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven betrachtet werden soUte. Im Rahmen dieser Arbeit soil daher die Beschrankung auf ein Paradigma vorgenommen werden. Aus den zuvor aufgezeigten Charakteristika der vorgestellten Ansatze lasst sich zunachst ableiten, dass der neoklassische Ansatz vor allem bedingt durch die restriktiven Annahmen nicht bzw. nur unzureichend in der Lage ist, das Verhalten von Kaufem zu erklaren.^^^ Hier liegen die Starken des neobehavioristischen Ansatzes, der durch die Zuhilfenahme von Erkenntnissen aus zahlreichen Disziplinen - z. B. der Psychologic und der

Vgl. Spiller/Schramm (2000), S. 11. JacoZ)(2002a), S. 31. Vgl. auch Foster (2000). Vgl. hierzu Kuhn (1989), S. 194. Kuhn (1989) verwendet allerdings nicht den Begriff Paradigma, da er ihn als nicht eindeutig kritisiert. Vgl. zum Begriff Paradigma auch Graumann (2004), S. 45ff. Vgl. Pa/z/er (1986), S. 153f Vgl. hierzu und im Folgenden Kuhn (1974), S. 254. Vgl. auch Lutge (2001), S. 198. Vgl. auch//a;c (1991), S. 54.

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Soziologie - umfassende Handlungsempfehlungen gibt. Dennoch wiegen die aus dieser Theorienvielfalt resultierenden Nachteile schwer:'^"^ So kann vor allem die Forderung nach Zusammenhang (Koharenz) und Parsimony der Theorien nicht immer erflillt werden.'^^ Daher soil fiir diese Arbeit der neoinstitutionelle Ansatz zur theoretischen Fundierung gewahlt werden.'^^ Hierbei ist von besonderer Bedeutung, dass neben der Relativierung der strengen neoklassischen Annahmen auch die Einbindung verhaltenswissenschaftlicher Elemente in diese okonomische Theorie dazu beitragt, sie zur wissenschaftlichen Fundierung von Geschaftsbeziehungen als gut geeignet erscheinen zu lassen.'^^ Hax (1991) betont dies, indem er als eines der drei wesentlichen Merkmale dieses Ansatzes die Analyse von auf Dauer angelegten Vertragen nennt.^^^ AUerdings muss noch festgelegt werden, welcher der Ansatze des neoinstitutionellen Paradigmas als theoretischer Bezugsrahmen zu wahlen ist. •

Die Informationsokonomie untersucht die Unsicherheit von Personen, die aus unvollkommenen (und unter Umstanden asymmetrisch verteilten) Informationen resultiert.^^^ Im Rahmen der Informationsokonomie erfolgt eine Kategorisierung von Gutem anhand ihrer Eigenschaften, wobei hier der Zeitpunkt der Beurteilbarkeit ihrer Qualitat entscheidend ist.^^° Da die Eigenschaften der Giiter entscheidend fur die Kaufentscheidung des Nachfragers sein konnen, werden Vorgehensweisen vorgestellt, mit Hilfe derer die Unsicherheit reduziert werden kann.^^^



Der Property Rights-Ansatz thematisiert die Ubertragung von Verfiigungsrechten sowie die Folgen fiir das Verhalten okonomischer Akteure.'^^ Unterstellt wird, dass Akteure sich eigennutzmaximierend verhalten. Vor diesem Hintergrund werden die Property Rights betrachtet. Hierunter sind die mit dem betrachteten Gut im Zusammenhang stehenden und der Marktpartei durch Vertrage zustehenden Rechte zu fassen. Ziel ist es, eine Verteilung der Handlungs- und Verfugungsrechte zu erreichen, die die Summe aus den angefallenen Transaktionskosten und durch exteme Effekte

Vgl. die vorangegangenen Ausfiihrungen in diesem Kapitel. Unter der Parsimony einer Theorie ist die Forderung zu verstehen, dass diese „sparsam" sein soil. Eine sparsame Theorie liegt dann vor, wenn sie verhaltnismaBig wenige Erklarungsprinzipien gebraucht, urn eine umfangreiche Zusammenstellung von Beobachtungen zu erklaren. Vgl. hierzu Foster (2000). Kuhn (1977) schlagt zur Uberpriifung der Eignung von Theorien neben der Sparsamkeit (Parsimony) die Kriterien Tatsachenkonformitat, Widerspruchsfreiheit, Reichweite und Fruchtbarkeit vor. Vgl. Kuhn (1977), S. 423. Vgl. auch zu einem ahnlichen Vorgehen Muhlfeld (2004). Vgl. z. B. Krdkel (2004), S. 6ff, Butzer-Strothmann (1999), S. 44, Backhaus/Aufderheide/Spdth (1994), S. 14f sowie Sollner (1993), S. 83 und die Folgekapitel in dieser Arbeit. Vgl.//ajc(1991),S. 56. Vgl. hierzu und im Folgenden Adler (1996). Vgl. z. B. Schade/Schott (1993), S. 17. Konkret sind hier v. a. Signaling und Screening zu nennen. Vgl. z. B. Kaas (1990), S. 541. Vgl. hierzu und im Folgenden Picot (1991).

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verursachten Wohlfahrtsverlusten minimiert und so die effizienteste Losung darstellt. Im Gegensatz zu den anderen Theorien der Neuen Institutionenokonomie untersucht der Property Rights-Ansatz nicht die Gestaltung der Leistungsbeziehungen selbst, sondem vielmehr deren Umfeld. Sie nimmt hier insofem eine Sonderstellung ein.'^^ Die Principal Agent-Theorie analysiert das Verhalten und die Konsequenzen eines Zusammenwirkens zweier oder mehr Personen, zwischen denen eine Informationsasymmetrie vorliegt.'^"^ Dabei wird davon ausgegangen, dass sich in dieser Beziehung ein Prinzipal (starker von der anderen Partei abhangig, in der Kegel der Auftraggeber) und ein Agent (schwacher von der anderen Partei abhangig, in der Kegel der Auftragnehmer) gegeniiberstehen, die sich beide eigennutzmaximierend verhalten, wodurch

Die Transaktionskostentheorie untersucht im Kern die Ausgestaltung der Arbeitsteilung und Kooperationen zwischen Marktakteuren, wobei vor allem die „drei Grundformen von Beherrschung und Uberwachung"'^^ - der Markt, die Hierarchic und der Hybridfall - im Mittelpunkt stehen.^^^ Hierbei werden die auftretenden Transaktionskosten als die GroBe betrachtet, die es bei der Wahl der Austauschform (neben den Produktionskosten) zu minimieren gilt.'^^ Die Transaktionskosten werden durch verschiedene Faktoren determiniert: Sie sind unter anderem abhangig von der Spezifitat der zu tatigenden Investitionen, der Unsicherheit sowie der Haufigkeit der Transakti-

Bedingt durch die konstitutiven Merkmale ist die Transaktionskostentheorie gut als Analyserahmen zur Untersuchung von Geschaftsbeziehungen geeignet.^^^ Wahrend die

Vgl.//omZ)Mrg(1995),S.33. Vgl. z. B. Schulz-Eickhorst (2002), S. 104ff., Spremann (1990), Holler (1999), S. 83ff. sowie Fischer (1995). Wg\.z.B.Kaas{\991). Williamson {\99U),S. 14. Vgl. hierzu und im Folgenden Coase (1937), Williamson (1975) und Jost (2001) sowie Kaas (1990). Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 182. Hier wird bereits im Ansatz deutlich, dass zwischen den Theorien zum Teil enge Zusammenhange bestehen. Dies gilt allerdings nicht nur fur Principal Agent- und Informationsokonomie (wobei letztere in einigen Fallen als Bestandteil der Principal Agent-Theorie angesehen wird), sondem auch fur Principal Agent- und Transaktionskostentheorie. So wird die Anreizstruktur von der Principal Agent-Theorie ausfiihrlich behandelt, wohingegen die Kosten der Speziflkation umfangreicher Anreiz- und Kontrollmechanismen etc. bei der Transaktionskostentheorie unter anderem im Vordergrund stehen. Dabei werden die Themen jeweils auch in der anderen Theorie thematisiert, jedoch geschieht dies weniger umfangreich. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal des Transaktionskostenansatzes gegenuber der Principal Agent-Theorie ist somit die Tatsache, dass hier der Leistungsaustausch und nicht die diesen durchfuhrenden Wirtschaftssubjekte im Mittelpunkt stehen. Vgl. Fischer (1993), S. 122. Vgl. z. B. Sollner (1993), S. 83ff., Bauer/Bayon (2001) und Romer (2004), S. 2. Kaas (2001), S. 229 stelh fest, dass die Eignung der Transaktionskostentheorie im Marketing wesentlich von der Auspragung der

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Informationsokonomie zwar mit der Analyse der Unsicherheit der an Markttransaktionen beteiligten Parteien wichtige Aspekte aufgreift, die auch in anderen Bereichen der Neuen Institutionenokonomik Anwendung fmden, ist ihr Erklarungsgehalt im Hinblick auf das Verhalten der die Transaktion durchfuhrenden Wirtschaftssubjekte als eher gering zu bewerten. Gleiches gilt fiir den Property Rights-Ansatz, der sich vielmehr zur Untersuchung der Rahmenbedingungen von Transaktionen eignet.^^' Principal Agent-Ansatz und Transaktionskostentheorie ahneln sich dagegen in vielen wichtigen Aspekten, so z. B. hinsichtlich einiger zentraler Annahmen hinsichtlich der Verhaltensweisen der Marktteilnehmer (z. B. Opportunismus).^^^ Hierin ist auch der Grund fiir die regelmaBige Anwendung dieser Theorien fiir ahnliche Untersuchungsobjekte - oftmals auch im Zusammenhang mit Geschaftsbeziehungen - zu sehen.^^^ Beispielsweise wird mit Hilfe der Principal Agent-Theorie die Wirkung von Reputation untersucht, wobei Reputation als typischer in mehrperiodigen Beziehungen relevanter Einflussfaktor zu klassifizieren ist."^^"^ Kritisch ist im Hinblick auf die Eignung des normativen Zweigs der Principal Agent-Theorie zur Analyse von Geschaftsbeziehungen die Tatsache anzusehen, dass den Akteuren eine unbeschrankte individuelle Rationalitat zugebilligt wird.^^^ Dies steht im Gegensatz zu den Annahmen in der Transaktionskostentheorie, die von einer „bounded rationality" ausgeht. Bezogen auf Geschaftsbeziehungen wiirde dies bedeuten, dass alle Vertragsprobleme gemaB der normativen Agencytheorie ex ante von den Akteuren gelost werden konnen. Dies ist allerdings eine realitatsfeme Annahme: Insbesondere im Zusammenhang mit Geschaftsbeziehungen sind die zahlreichen gegebenenfalls auftretenden Situationen durch Vertrage (zumindest zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) nicht zu erfassen.^^^ Zudem verursachen die in der Transaktionskostentheorie iiblichen unvoUstandigen Vertrage im Gegensatz zu den vollstandigen Vertragen im Principal Agent-Ansatz oftmals Ex postKosten, die mit der Durchsetzung und/oder Anpassung von Vertragen in Zusammenhang stehen.^^^ Diese Kosten werden im Rahmen des Principal Agent-Ansatzes nicht umfassend

Informations- und Unsicherheitsprobleme abhangt. So stuft er den Einsatz der Transaktionskostentheorie unter anderem im Beziehungsmarketing als sinnvoll ein. Vgl. auch Kaas (2001), S. 234ff. Vgl. z. B. Erlei/Leschke/Sauerland (1999), S. 271ff. Hiermit steht der Property Rights-Ansatz allerdings auch in engem Zusammenhang mit der Transaktionskostentheorie. Vgl. Jacob/Kleinaltenkamp (2004), S. 219. So gehen beide Theorien davon aus, dass der Mensch sich als „Homo Oeconomicus" verhalt, wobei opportunistisches Verhalten moglich ist. Vgl. z. B. Voigt (2002), S. 27ff. Vgl. unter anderem Stump/Heide (1996), S. 431, Keller (2002), Butzer-Strothmann (1999), S. 47 sowie Grund {\99%\ S. 84ff. Vgl. m^trd^m Aufderheide (2004), S. 59. Vgl. unter anderem Gobi (2002), S. 108 sowie Rabe (2005), S. 9 und S. 192f Vgl. hierzu z. B. Richter/Furubotn (2003), S. 4 sowie Gobi (2002), S. 109. Vgl. GoZ)/(2002), S. 109. Vgl. Fliefi (2001), S. 112 sowie Williamson (1985), S. 21

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beriicksichtigt, da hier eine Fokussierung auf die Ex ante-Perspektive vorliegt."^^^ Da aber in der Realitat vor allem bei komplexen Geschaftsbeziehungen davon auszugehen ist, dass Anpassungen der Vertrage ex post erforderlich sein werden, vermag die Transaktionskostentheorie die wirklichen Gegebenheiten besser abzubilden als der Principal Agent-Ansatz. SchlieBlich messen beide Theorien der Informationsasymmetrie als potenzielle Ursache fiir Probleme im Rahmen der Transaktionen eine hohe Bedeutung zu.^^^ Hierin ist eine zentrale Voraussetzung fiir die Anwendbarkeit im Zusammenhang mit der Untersuchung von Geschaftsbeziehungen zu sehen, die somit von beiden Theorien erfiillt wird. Allerdings ist festzustellen, dass die Transaktionskostentheorie im Gegensatz zur Principal Agent-Theorie noch weitere Ursachen fiir Transaktionsprobleme nennt. Dabei ist inbesondere die Spezifitat von Leistungen zu nennen, die auch unabhangig von einer Informationsasymmetrie zum Auftreten von Transaktionsproblemen fuhren kann.^'^ Der Spezifitat von Leistungen kommt in Geschaftsbeziehungen oflmals eine hohe Bedeutung zu,^" so dass auch diese Tatsache darauf hindeutet, dass der Transaktionskostenansatz zur theoretischen Uberprufung der mit Transaktionen verbundenen und somit in dieser Arbeit relevanten Problemstellungen besser geeignet ist als der Principal Agent-Ansatz.^*^ Diese Auffassung wird auch durch Forschungsvorhaben, die mit Geschaftsbeziehungen im Zusammenhang stehen, bestatigt. In zahlreichen Fallen wird hier die Transaktionskostentheorie zur theoretischen Fundierung der Analyse eingesetzt.^^^ Diese Tatsache ist neben den bereits erwahnten Charakteristika der Transaktionskostentheorie vor allem darauf zurtickzufiihren, dass im Rahmen der Transaktionskostentheorie nach anfanglicher Unterscheidung von Markt und Hierarchic im weiteren Verlauf auch hybride Formen (Geschaftsbeziehungen) einen Schwerpunkt im Rahmen der Untersuchungen eingenommen haben.^^"^ Auch aus diesem Grund soil die

Vgl.//o//er(1999), S. 99. Vgl. hierzu und im Folgenden Gobi (2002), S. 134. 210

Vgl. GoW(2002),S. 134. Vgl. Backhaus (2003), S. 706ff

212

Vgl. Miihlfeld (2004), S. 29 sowie Gobi (2002), S. 134. Vgl. z. B. Rindfleisch/Heide (1997) und die dort angegebenen weiterfiihrenden Quellen sowie Shelanski/Klein (1995), die eine Zusammenstellung empirischer Analysen auf Basis der Transaktionskostentheorie liefem und zu dem Schluss kommen, dass „[..] studies that examine [..] the structure of long-term contracts, in particular, overwhelmingly confirm transaction cost economic predictions." Ebenda, S. 352. Einen hohen Bewahrungsgrad im (Beziehungs-)Marketing spricht auch Bayon (1997), S. 161ff. der Transaktionskostentheorie zu. Vgl. Miihlfeld (2004), S. 19, Heide (1994), S. 74 und Baysinger/Butler (1983). Vgl. ebenso Williamson (1990), S. 77ff. Festzustellen ist hier ein starker Einfluss der Relational Contracting Theorie auf die Transaktionskostentheorie, der unter anderem auch direkt im Titel des Werkes „The Economic Institutions of Capitalism: Firms, Markets, Relational Contracting" deutlich wird: Zunachst hatte sich Williamson vor allem mit „Market and Hierarchies" beschaftigt. Vgl. Williamson (1985) und Williamson (1975) sowie Rindfleisch/Heide (1997). Zur Relational Contracting Theory vgl. z. B. MacNeil (1978) und MacNeil (1980b).

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Transaktionskostentheorie als Ansatz des neoinstitutionellen Paradigmas zur theoretischen Fundierung verwendet werden.

2.2

Grundlagen der Transaktionskostentheorie

Als Ausgangspunkt fiir die Transaktionskostentheorie ist das Werk „The Nature of the Firm" von Coase (1937) zu sehen. Coase kritisiert darin das bislang vorherrschende Verstandnis vom Preis als einzigem Koordinationsmechanismus am Markt. Er dagegen versteht den Markt und die Untemehmung als miteinander konkurrierende Institutionen. In diesem Zusammenhang werden die im Rahmen der notwendigen marktlichen Koordination auftretenden Kosten als Marketing Costs bezeichnet, denen untemehmensinteme Koordinationskosten gegeniiberstehen. So lasst sich auch die Existenz von Untemehmen begriinden: Solange die intemen Koordinationskosten niedriger als die Marketing Costs sind, werden Prozesse untemehmensintem durchgefiihrt. Auf diesem Weg kann zudem erklart werden, dass Markttransaktionen mit einem Untemehmen gegeniiber Markttransaktionen mit einer Vielzahl von hidividuen deshalb effizient sind, da auf diesem Wege wesentlich geringere Transaktionskosten anfallen.^'^ Neben den Uberlegungen von Coase sind auch die Werke von Commons, der sich vor allem mit der Transaktion als Gegenstand okonomischer Betrachtungen beschaftigte, als grundlegend fiir die spateren Ausgestaltungen zu sehen.^'^ Williamson griff die Ansatze von Coase und Commons auf und erweiterte diese zur Transaktionskostentheorie.^'^ Er versteht dabei die Transaktionskosten in Anlehnung an Arrow (1969) als Reibung, die die okonomischen Prozesse als Widerstand behindert bzw. deren Ablauf erschwert.^'^ Diese Transaktionskosten werden dabei in Ex ante- und Ex postKosten unterteilt.^'^ Dabei umfassen die Ex ante-Transaktionskosten all diejenigen Kosten, die zeitlich vor der eigentlichen Leistungserstellung anfallen und die mit den die Transaktion vorbereitenden Handlungen zusammenhangen. Daher sind hierunter vor allem Informations-, Verhandlungs- und Vertragskosten zu fassen."^^^ Die Ex post-Kosten, die im Rahmen der Transaktionskostentheorie vor allem im Vergleich zu den anderen institutionenokonomischen

Vgl. auch Slater/Spencer (2000), S. 62f. Vg\. Commons {\9'iA). Vgl. stellvertretend Williamson (1985). „Transaction costs are the economic equivalent of friction in physical systems." Williamson (1985), S. 19. Im Vergleich hierzu Arrow (1969), S. 48: „[Transaction costs are] the costs of running the economic system." Vgl. hierzu Williamson (1985), S. 20ff. Vgl. Ebers/Gotsch (2002), S. 225. In der Literatur werden hier oftmals unterschiedliche Auspragungen der Transaktionskosten genannt, wobei in vielen Fallen lediglich die Begrifflichkeiten voneinander abweichen, inhaltlich jedoch keine wesentlichen Unterschiede vorliegen. Vgl. z. B. Beutin (2000), S. 52 sowie Haase (2000), S. 77 und Neus (2003), S. 91f.

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Ansatzen einen hohen Stellenwert besitzen,^^' fallen dagegen wahrend und nach der Leistungserstellung an und umfassen Durchsetzungs- und Kontrollkosten.^^^ Zudem konnen Kosten im Zusammenhang mit der Auflosung von Vertragen anfallen.^^^ Fiir die Anwendung des Konzepts der Transaktionskostentheorie ist daher von Interesse, welche Faktoren die Transaktionskosten in ihrer Hohe beeinflussen. Dabei sind zunachst einmal die im Rahmen der Transaktionskostentheorie getroffenen Verhaltensannahmen von Bedeutung.^^"^ Die begrenzte Rationalitat besagt dabei nicht, dass sich menschliche Individuen irrational verhalten, sondem dass vielmehr kognitive Beschrankungen die Moglichkeiten zur Informationsaufhahme und -verarbeitung begrenzen."^^^ In Verbindung mit den gegebenen Unsicherheiten im Hinblick auf Umwelt, Verhalten etc. resultiert hieraus die Tatsache, dass es nahezu unmoglich ist, vollstandige Vertrage abzuschlieBen, da nicht alle moglichen Entwicklungen vorhergesehen werden konnen. "^^^ Aus diesen durch die begrenzte Rationalitat begriindeten Vertrags- bzw. Regelungsliicken, die gleichzeitig Ausdruck der Informationsasymmetrie zwischen Anbieter und Nachfrager sind, resultieren Moglichkeiten, opportunistisches Verhalten zu zeigen. In der Transaktionskostentheorie wird davon ausgegangen, dass sich Individuen - so ihnen dies moglich ist eigenniitzig verhalten und in diesem Zusammenhang List und Tauschung einsetzen sowie Informationen zurtickhalten.^^^ Opportunismus bedingt dabei, dass eine Partei gegeniiber dem Transaktionspartner im Rahmen strategischer Uberlegungen seine Interessen zu dessen Lasten durchsetzt."^^^ Dabei kann zwischen Ex ante-Opportunismus und Ex post-Opportunismus unterschieden werden."^^^ Williamson (1990) greift hierbei zur Prazisierung der unterschiedlichen Opportunismusformen auf die aus der Versicherungswissenschaft bzw. Principal AgentTheorie bekannten Annahmen zur „Adverse Selection" und zur „Moral Hazard" zuruck.'^^^

' Vgl. z. B. Whinston (2001), S. 184 und Williamson (1985), S. 28f. • Vgl. Williamson

{\9%5),S.2\.

' Vgl. unter anderem Beutin (2000), S. 53. Zu beachten ist die Tatsache, dass zwischen Ex ante- und Ex postTransaktionskosten Zusammenhange bestehen bzw. dass diese voneinander abhangig sind. Vgl. Williamson (1985), S. 21. * Vgl. hierzu und im Folgenden Williamson (1985), S. 44ff. sowie Romer (2004), S. 18ff. ' Vgl. zu den Urspriingen dieser Verhaltensannahme Simon (1957) sowie Simon (1961). ^ Jost (2001), S. 16 bezeichnet die Unsicherheit iiber das Verhalten des Transaktionspartners als strategische Unsicherheit, da die vermuteten Aktionen der anderen Marktpartei bei den Planungen des eigenen Verhaltens beriicksichtigt werden miissen. ^ Williamson (1985) definiert Opportunismus als „[..] self-interest seeking with guile." Vgl. auch Ebers/Gotsch (2002), S. 226f. und Williamson (1991a), S. 34. * Vgl. 705/(2001), S. 17. ' Vgl. hierzu und im Folgenden Williamson (1990), S. 54. Den zeitlichen Bezugspunkt fiir diese Bezeichnung bildet dabei der Vertragsabschluss. ^ Vgl. auch Williamson (1996), S. 6f. und Wolff {\999), S. 142f.

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Zudem ist vor allem im Zusammenhang mit der Transaktionskostentheorie die Gefahr des HoldUpbedeutsam.^^^ Vor dem Vertragsabschluss (Ex ante-Opportunismus) bestehen oftmals Informationsasymmetrien, die die Eigenschaften des Vertragspartners und/oder der Leistung betreffen. Mit anderen Worten bestehen Unsicherheiten beziiglich der Leistungsfahigkeit der anderen Marktpartei, die auch als Hidden Characteristics bezeichnet werden.^^^ Eine Auspragung des Ex post-Opportunismus stellt Moral Hazard dar. Hier hegen Unsicherheiten in HinbUck auf die Handlungen der anderen Partei vor, wobei insbesondere der Umfang und die Quahtat des Arbeitseinsatzes eine wichtige Rolle spielen. Konkret handelt es sich urn Verhaltensweisen, die die Rendite des Auftraggebers (bzw. Auftragnehmers) aus der Geschaftsbeziehung direkt beeinflussen, aber von ihm nicht zu beobachten sind.^^^ Opportunismus

ex ante (vor Vertragsschluss)

Ursache(n)

Informationsasymmetrie

Unsicherheit hinsichtArt der Unsicherheit lich der Leistungsgegenuber dem fahigkeit (Hidden Transaktionspartner Characteristics) Auspragung

Adverse Selection

ex post (nach Vertragsschluss)

Informationsasymmetrie

Einseitige spezifische Investitionen und Informationsasymmetrie

Unsicherheit hinsichtUnsicherheit hinsichtlich des Leistungslich der Handlungen willens (Hidden (Hidden Action) Intention) Moral Hazard

Hold up

Tabelle 1: Opportunismusformen in der Transaktionskostentheorie Opportunismus stellt auch dann ein Problem dar, wenn spezifische Investitionen von einer Marktpartei getatigt worden sind, so dass sie in einem Abhangigkeitsverhaltnis zu der anderen Marktpartei steht. Die abhangige Partei kann ex ante hinsichtlich des tatsachlichen Leistungsverhaltens des Transaktionspartners nicht sicher sein, ob ihr die Amortisation der von ihr getatigten spezifischen Investitionen gelingt oder die Gefahr der Ausbeutung droht.'^^'* Diese Auspragung des Ex post-Opportunismus wird als Hold Up bezeichnet.^^^ Neben den vorgestellten Opportunismusauspragungen kann zudem zwischen passivem und aktivem

Vgl. Wolff {\999), S. 143 und Rofil (1996), S. 316ff. Vgl. zum Hold Up Muhlfeld (2004), S. 40ff., Backhaus/Buschken (1999), S. 249f. sowie Bayon (1997), S. 38. Siehe auch Tabelle 1. Vgl. z. B. Holler (1999), S. 95f. sowie Schulz-Eickhorst (2002), S. 115ff. und Gobi (2002), S. lOOff. Insofern liegt hier primar eine Mess- bzw. Zurechnungsproblematik vor. Vgl. Erlei/Jost (2001), S. 59, Simon (1991), S. 33 und Anderson/Schmittlein (1984), S. 387f. Relevant ist hier die Verteilung der Quasirente zwischen den beiden Akteuren. Vgl. hierzu MUhlfeld (2004), S. 38ff. und Aufderheide (2004), S. 67ff. Urspriinglich geht dieser Begriff auf Goldberg (1976) zuriick. Vgl. auBerdem Alchian/Woodward (1988), S. 67f sowie Adolphs (1997), S. 133f.

53

Opportunismus unterschieden werden.^^^ So liegt passiver Opportunismus z. B. dann vor, wenn die eine Partei der anderen Informationen vorenthalt.^^^ Im Gegensatz hierzu liegt dann aktiver Opportunismus vor, wenn absichtlich falsche Angaben gemacht werden.^^^ Des Weiteren werden die Transaktionskosten durch die Dimensionen der Transaktion beeinflusst, wobei Williamson (1985) hier drei wesentliche unterscheidet.^^^ Im Einzelnen nennt er hier die Spezifltat der Investitionen, die Unsicherheit bzw. Komplexitat der Transaktion und die Transaktionshaufigkeit.'^'*^ Mitunter werden neben den auch im Organizational Framework integrierten „Human Factors" und den „Environmental Factors""^^^ noch zwei weitere Dimensionen genannt, die ebenso auf die Hohe der mit der Transaktion verbundenen Kosten wirken. So ist die Unsicherheit stark davon abhangig, inwieweit Leistungen bewertet bzw. gemessen werden konnen."^"*^ Als problematisch ist hier insbesondere die Tatsache anzusehen, dass mitunter Zurechnungsprobleme hinsichtlich der erbrachten Leistungen bzw. deren Wirkungen bestehen konnen. Konkret ist beispielsweise die Frage, ob sich eine Erhohung des Untemehmensgewinns nach Implementierung eines durch eine Untemehmensberatung erarbeiteten Restrukturierungskonzeptes auf eben dieses Konzept oder vielmehr auf verbesserte wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder untemehmensinteme Verbesserungen an anderer Stelle (z. B. anderes Personal) zurtickfiihren lasst, nicht eindeutig zu beantworten. Aus diesem Grund kann es schwierig sein, wirkungsvolle Anreize im Hinblick auf die Leistungserbringung zu setzen. Zudem konnen die hier oftmals vorliegenden Informationsasymmetrien ausgenutzt werden, da die Kontrollmoglichkeiten (Messung der Leistung) oftmals mit prohibitiv hohen Kosten verbunden sind. Je eher also eine eindeutige Zurechenbarkeit gegeben ist, desto geringer ist der Kontroll- bzw. Messaufwand und desto starker wirkt sich dies auf die Art der Leistungserbringung und somit indirekt auch auf die Ergebnisse dieses Prozesses aus.

Vgl. Feirud/Bell/Widing et al. (2001), S. 2 sowie Wathne/Heide (2000). Vgl. Kreps (2004) sowie Feirud/Bell/Widing et al. (2001). Konkret ist denkbar, dass der Anbieter einen Auftrag des Nachfragers aimimmt, obwohl ihm bewusst ist, dass er nicht die Fahigkeiten besitzt, die notwendig sind, um ihn zu erfullen. Vgl. Wathne/Heide (2000), S. 38. Vgl. Williamson (1985), S. 52ff. Vgl. zu den hier aufgefiihrten Determinanten ausfiihrlich z. B. Picot/Dietl/Franck (2002) sowie Fischer (1993), S. 93ff. Williamson (1975). Zum Organizational Framework vgl. auch Williamson (1996), Neus (2003) und Klein (2004). Vgl. hierzu und im Folgenden Milgrom/Roberts (1992), S. 32.

54

Als zweite erganzende Dimension werden Interdependenzen mit anderen Transaktionen genannt."^"^ Diese weisen vor allem dann Relevanz auf, wenn die individuelle Transaktion nicht von anderen Transaktionen getrennt betrachtet werden kann. So miissen z. B. oft Standards berticksichtigt werden, die wie andere Faktoren die Komplexitat der Umwelt erhohen, so dass letztlich Koordinations- und Motivationsaufwand steigen.^"^"*

2.3

Erklarung marktiicher Koordinationsformen durch die Transaktionskostentheorie

Die Erklarung marktiicher Transaktionsformen bzw. von deren moglichst effizienten Einsatz stellt seit jeher eines der zentralen Ziele der Transaktionskostentheorie dar."^"^^ Damit wird im Rahmen der Transaktionskostentheorie im Regelfall eine Betrachtung vertikaler Verhaltnisse zwischen Marktparteien vorgenommen.^"^^ Grundsatzlich ist dabei die Betrachtung der Transaktionen und der gegebenenfalls in deren Zusammenhang entstehenden Transaktionskosten sowohl aus der Perspektive des Anbieters als auch aus der des Nachfragers denkbar: So konnen beispielsweise beim Nachfrager Transaktionskosten durch die Suche nach einem den eigenen Erwartungen entsprechenden Anbieter, beim Anbieter in der Folge Transaktionskosten bei der Uberwachung der Nachfragerpflichten (z. B. fristgerichte Zahlungen) anfallen.^^^ Von entscheidender Bedeutung ist die Transaktionskostentheorie fiir die Frage, welche Koordinationsform am besten zur Abwicklung des Leistungsaustausches geeignet ist."^"^^ Bereits Coase (1937) zeigte, dass das Untemehmen und der Markt unterschiedliche „Govemance Structures" darstellen, die sich im Hinblick auf ihre Transaktionskosten unterscheiden, wobei unter bestimmten Umstanden die marktlichen Transaktionskosten die Kosten der innerbetrieblichen Abwicklung der Transaktion iibersteigen konnen. Williamson (1975) integrierte in der Folge wesentliche Elemente der Vertragstheorie in die Transaktionskostentheorie, die zur besseren Erklarung der unterschiedlichen Koordinationsinstitutionen dienen sollen.^"^^ Hierbei wurden vor allem auf die Relational Contracting Theory zuriickge-

Vgl. hierzu und im Folgenden Jo^r (2001), S. 45f. Vgl. fiir beispielhafte Erlauterungen auch Milgrom/Roberts (1992), S. 32. Vgl. Williamson (1975), Williamson (1985), Low (1996) sowie fur einen Uberblick Rindfleisch/Heide (1997). Vgl. z. B. Richter/Furubotn (2003), S. 55ff. In einigen Fallen wird die Transaktionskostentheorie allerdings auch im Zusammenhang mit horizontal gelagerten Problemstellungen verwendet, so z. B. von Klein (2004), S. 11 Iff. bei der Fundierung verschiedener Arten Biindelungskosten. Vgl. z. B. Gobi (2002), S. 129f sowie Romer (2004), S. 17 und Williamson (1985), S. 20f Vgl. z. B. Luthardt (2002), S. 81. Vgl. Williamson

{\nS).

55

griffen, die zunachst zwischen zwei grundsatzlichen Arten von Vertragen unterscheidet. Lassen sich Transaktionen uberwiegend oder ausschliefilich durch fixierte Regelungen begrtinden, so werden sie als diskrete Transaktionen bezeichnet.^^^ Diskrete Transaktionen zeichnen sich primar dadurch aus, dass sie zufallig zustande gekommen sind und dass die Identitat der Beteiligten irrelevant ist. Innerhalb der diskreten Transaktionen liegen wiederum verschiedene Vertragsauspragungen vor. So differenziert MacNeil (1978) hier zwischen klassischen und neoklassischen Vertragsformen. •

Klassische Vertrage zeichnen sich dadurch aus, dass samthche Details vertraglich geregelt sind.^^^ Somit handelt es sich hier um vollstandige Vertrage, die die Beziehung ausschlieBlich durch die getroffenen und fixierten Vereinbarungen begriinden.^^^ Sie werden in der Kegel dann verwendet, wenn keine Unsicherheit vorliegt.



Dagegen sind neoklassische Vertrage unvollstandig. Durch diese Tatsache erkennen sie die Unsicherheit im Hinblick auf Entwicklungen in der Umwelt an und implementieren flexible Mechanismen zur Konfliktlosung. Das Einbeziehen von nicht an dem Vertrag beteiligten Dritten kann beispielsweise zur Schlichtung oder Bereinigung von Konflikten dienen.

Relationale Vertrage weisen im Gegensatz zu (neo-)klassischen Vertragen, die bei diskreten Transaktionen Anwendung finden, ein anderes Bezugsobjekt auf.^^^ „In the neoclassical system, the reference point [..] tends to be the original agreement. In a truly relational approach, the reference point is the entire relation [..]. This may or may not include an "original agreement" [..]."'^^'^ •

Demnach werden in relationalen Vertragen langfHstige und so auch sich verandemde Geschaftsbeziehungen betrachtet, die bedingt durch die Komplexitat und Dynamik auf lediglich unvollkommenen schriftlichen Vertragen basieren.^^^ In diesen unvoUkommenen Vertragen werden z. B. Ziele der Zusammenarbeit der Parteien sowie grundlegende Vertragsbestimmungen festgelegt, die lediglich die Rahmenbedingungen fixieren, unter denen die Beziehung zwischen den Untemehmen durchgefiihrt wird. Auf diese Weise wird den beteiligten Untemehmen ein flexibles Reagieren auf eine Vielzahl moglicherweise eintretender Situationen ermoglicht. Eine mit zuneh-

^^° Vgl. MacNeil (1980a), S. lOff sowie MacNeil {191S), S. 856. ^^' Vgl. MacNeil {\97S), S. 862ff sowie Williamson (1985), S. 69f ^" Hierunter fallen unter anderem die durch die AGB begriindeten kurzfristigen Vertrage. Vgl. Williamson (1991a), S. 36. Derartige Vertrage werden in der Regel als „Spot Markef'-Vertrage bezeichnet. "^ Vgl. MacNeil {197S), S. 890 und MacNeil (1980a), S. lOff. ^^"^ MacNeil

{191S),S.S90.

^^^ Hier verhindert bereits die begrenzte Rationalitat der Individuen eine vollstandige Erfassung aller Eventualitaten.

56

mender Komplexitat wichtigere RoUe als die explizit formulierten schriftlichen Bestandteile des Vertrags nehmen im relationalen Vertragsrecht miindliche Abmachungen und implizite Vertragsnormen ein.^^^ Die beteiligten Untemehmen miissen oftmals bedingt durch wahrend der Dauer ihrer Beziehung auftretende Veranderungen liber Anpassungen entscheiden. Wegen der in relationalen Vertragen enthaltenen marktlichen und hierarchischen Elemente wird diese Transaktionsart, die Williamson (1985) erst in seinen spateren Werken zur Transaktionskostentheorie einfuhrt,^^^ auch als Hybridform bezeichnet.^^^ Exemplarisch lassen sich als unter diesen Transaktionstyp fallende Praxissituationen „various forms of longterm contracting, reciprocal trading, regulation, franchising and the like" nennen.^^^ Unter die Hybridform fallen also alle Koordinationsformen, die zwischen den beiden Extrema Markt und Hierarchic angesiedelt sind.^^^ Eine Geschaftsbeziehung ist demzufolge als Auspragung der Hybridform zu sehen.^^' Ab einer gewissen Spezifitat der betrachteten Leistung bzw. ab einem bestimmten Unsicherheitsniveau erweist sich die Geschaftsbeziehung als im Vergleich zum reinen Markt vorteilhafter, da die Transaktionskosten, deren Hohe aus den verschiedenen Determinanten resultiert, hier niedriger sind.^^^ Neben der Analyse der Transaktionskosten, die bei der Nutzung unterschiedlicher Institutionen entstehen, wurde in einer Weiterfuhrung dieser Uberlegungen die These aufgestellt, dass durch eine Transaktion auch Nutzen entstehen kann.^^^ So konnte belegt werden, dass neben dem Nutzen der primaren Leistung bzw. Gegenleistung, die der Geschaftsbeziehung zugrunde liegen, beispielsweise Lemeffekte zum Entstehen separater Nutzenbestandteile beitragen. Demnach kann das Vorliegen einer Geschaftsbeziehung auf folgende Ursachen zuriickgeftihrt werden: •

Niedrigere Transaktionskosten als bei der Wahl von Markt oder Hierarchie,^^"^

Vgl. MacNeil (1980a), S. 36ff. sowie Giering (2000), S. 52ff. Vgl. Werani (2004), S. 146f. Vgl. hierzu Williamson (1991b), Rofil (1996), S. 320 sowie Sydow (2001), S. 244. Williamson

{\99\h),S.l%0.

Kaas (1993), S. 41 weist darauf hin, dass es sich bei Markt und Hierarchic lediglich urn idealtypische Institutionen handelt. Vielmehr sind nahezu alle in der Praxis existierenden Formen in unterschiedlichem Ausmafi als Hybridformen zu klassifizieren. Vgl.//ow^wrg(1995),S.40. Eine ausfiihrliche Betrachtung der Vor- und Nachteile marktlicher bzw. hierarchischer Koordination bietet Jo^r(2001), S.49ff. Vgl. z. B. Kleinaltenkamp/Kuhne (2003), Plinke (1997), Prefi (1997), S. 66f. sowie Sollner (1999), S. 223, Sollner (1993), S. 197ff. Es ist davon auszugehen, dass Informations-, Verhandlungs-, Vereinbarungs- und Kontrollkosten bei einer hohen Komplexitat der der Transaktion zugrunde liegenden Leistung niedriger sind als bei der Wahl anderer

57



niedrigere Risiken im Zusammenhang mit der Transaktion, ^^



hoherer Transaktionsnutzen als bei einmaliger Transaktion. ^

Werden diese positiven Folgewirkungen einer Geschaftsbeziehung erfiillt bzw. wird die Erfullung erwartet, so kann davon ausgegangen werden, dass sie von den Marktparteien als praferierte Koordinationsform gewahlt wird."^^^ Allerdings gilt es hier zu beachten, dass die Entscheidung, eine Geschaftsbeziehung abzuschlieBen, wie zuvor dargestellt maBgeblich von den Erwartungen an die Geschaftsbeziehung abhangt. Sollten bereits Erfahrungen mit dem Beziehungspartner vorliegen, bilden diese die Grundlage fiir die Erwartungen, die mit zukiinftigen Geschaftbeziehungen bezogen auf diesen Beziehungspartner verbunden werden. Diese Erwartungen sind nach einem Abgleich mit den verfiigbaren Altemativen in entscheidendem MaB dafiir verantwortlich, ob die Geschaftsbeziehung fortgesetzt wird. Vor diesem Hintergrund kann die Annahme gesetzt werden, dass Transaktionskosten und Transaktionsnutzen einer Geschaftsbeziehung auch Auswirkungen auf die Zufriedenheit der beteiligten Parteien mit der Geschaftsbeziehung haben.

Koordinationsformen. Zudem lassen sich Anbahnungs- und Vereinbarungskosten bei hoher Transaktionsfrequenz bzw. langer Beziehungsdauer stark reduzieren. Vgl. Rofil (1996), S. 314f. Da sich die Risiken auf die Transaktionskosten auswirken, werden diese in der Folge nicht einzeln betrachtet. Vgl. in diesem Zusammenhang Jost (2001), S. 57. Beispielsweise sind hier der Aufbau von Informations- und Kooperationspotenzialen zu nennen. Vgl. insbesondere Prefi (1997), S. 67. Vgl. zum Begriff Transaktionsnutzen ausfuhrlich Bergmann (2003). Vgl. ahnlich Kleinaltenkamp (1993), S. 21.

58

3.

Der Erklarungsbeitrag der Transaktionskostentheorie fiir die Zufriedenheit von Anbietern in Geschaftsbeziehungen

3.1

Relevante transaktionskostentheoretische Attribute

3.1.1

Unsicherheit des Anbieters und Opportunismus des Nachfragers

In der Transaktionskostentheorie sind die Annahmen iiber das Verhalten der Wirtschaftsakteure in Verbindung mit der gegebenenfalls daraus resultierenden Informationsasymmetrie sowie der Faktorspezifitat von wesentlichem Einfluss auf die Transaktionskosten. Dem opportunistischen Verhalten kommt hier eine besondere Bedeutung zu,"^^^ wobei beachtet werden muss, dass diese Verhaltensweise nicht nur auf Seiten der Anbieter vorzufinden ist.^^^ Vielmehr verhalten sich auch Nachfrager opportunistisch."^^^ Opportunistische Verhaltensweisen wiederum beeinflussen die Hohe der Transaktionskosten und reduzieren den Transaktionsnutzen. Dabei ist es zunachst einmal unerheblich, ob diese Verhaltensweisen aufgetreten sind. Die Moglichkeit des Auftretens von Opportunismus tragt bereits dazu bei, dass Systeme bzw. Prozesse etabliert werden, die dies verhindem sollen bzw. die Uberwachung des Transaktionspartners zum Ziel haben.^^^ Eine Systematisierung dieser (potenziellen) Opportunismusauspragungen kann anhand zweier Fragestellungen vorgenommen werden: ^^^ •

Ist der Nachfrager in der Lage seine Verhaltensweisen unmittelbar zu beeinflussen?



Werden die Verhaltensweisen des Nachfragers dem Anbieter ex post bekannt?

Nach dieser Systematisierung konnen insgesamt vier Typen der Verhaltensunsicherheit unterschieden werden, wobei der Typ, der durch die Merkmalsauspragungen „Verhalten nicht zu beeinflussen/ex post nicht bekannt" gekennzeichnet ist, nicht weiter betrachtet werden soll?^^

Vgl. Gobi (2002), S. 137f. Vgl. Williamson (1985), S. 47f. Die Betrachtung des opportunistischen Verhaltens von Anbietern und moglicher Konsequenzen erfolgte bereits ausfuhrlich. Vgl. unter anderem Kleinaltenkamp (1992), S. 814ff., Kleinaltenkamp/Marra (1995), S. 106f u.v.a. Vgl. zur oftmals gewahlten Perspektive auch Gobi (2002), S. 99. Vgl. z. B. Gierl (2004) und Kaas (2001) sowie die Anmerkungen bei Gobi (2002), S. 104. Hierunter fallen vor allem, allerdings nicht ausschlieBlich, die ex post-Transaktionskosten. Vgl. hierzu ausfuhrlich Erlei/Jost (2001), S. 38f. Vgl. zum Vorgehen Spremann (1990). Vgl. Abbildung 8. Vgl. auch Spremann (1990), S. 566.

59

Verhalten aus Sicht des Anbieters ex post... bekannt

c

B

to o

Beurteilungskosten Wie sicher sind die Fahigll X

r-

0

UJ -g CO

^

TO

Wie intensiv muss der Nachfrager hinsichtlich der von ihm zu erbringenden Integrationsleistungen sowie potenzieller opportunistischer Verhaltensweisen kontrolliert werden?

Anpassungskosten Wie wahrscheinlich und umfangreich sind gegebenenfalls bei Vertrcigen etc. durchzufijhrende Anpassungen, die durch das Nachfragerverhalten bedingt sind?

Beendigungskosten Wie wahrscheinlich ist eine auf den Nachfrager zurOckzufuhrende Beendigung der Beziehung, wie hoch sind die hieraus resultierenden Kosten und wie hoch ist der Nutzenentgang?

Abbildung 10: Transaktionskostenarten mit Auswirkungen auf die Anbieterzufriedenheit Unter Beziehungspflegekosten werden dabei solche Kosten verstanden, die von den Parteien getragen werden miissen, damit die Geschaftbeziehung auch zukunftig aufrechterhalten wird.

Weitere Transaktionskostenarten, die vor Vertragsabschluss bedeutsam sein konnen, sind die Such- und Anbahnungskosten sowie verschiedene mit dem Verhandlungsgsprozess in Zusammenhang stehende Transaktionskosten. Vgl. z. B. Rotering (1993), S. 104. Diese werden hier und im Folgenden allerdings nicht waiter beriicksichtigt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass sich nur solche Transaktionskosten auf die Zufriedenheit des Anbieters auswirken, die ex post anfallen. Eine Ausnahme stellen hierbei die Beurteilungskosten dar, da diese im Kontext mit den Fahigkeiten des Nachfragers betrachtet werden: Wurden die Fahigkeiten des Nachfragers ex ante - unter Umstanden bedingt durch opportunistische Verhaltensweisen des Nachfragers - falsch eingeschatzt, so wirkt sich dies gegebenenfalls ex post negativ auf seine Zufriedenheit aus. Vgl. Rotering (1993), S. 104. Vgl. hierzu und im Folgenden auch Abbildung 10.

65

Sie sind daher der Abwicklungsphase zuzuordnen.^^' Beziehungspflegekosten muss im Regelfall primar diejenige Partei tragen, die im Rahmen der Geschafsbeziehung von der anderen Partei in hoherer Abhangigkeit steht. Konkret kann diese Transaktionskostenart in Form von Opportunitatskosten auftreten, die entstehen, wenn beispielsweise ein Geschaftsbeziehungspartner Zeit in Gesprache zur Pflege der Beziehung investiert, die zur unmittelbaren Leistungserstellung nicht erforderlich sind, sondem vielmehr der Verbesserung des Vertrauensverhaltnisses sowie der Bindung der anderen Partei an diese Geschaftsbeziehung dienen.^^^ Neben der Interaktion mit dem Geschaftsbeziehungspartner nehmen im Zusammenhang mit der Beziehungspflege auch der Aufbau und die Pflege der Beziehungskultur z. B. in Form von Ritualen einen hohen Stellenwert ein,^^^ wobei sich auch diese Bestrebungen auf die Beziehungspflegekosten auswirken. SchHeBhch sollen auch jene Kosten, die auftreten, wenn der Anbieter kompensatorisch Nachfragerleistungen erbringt, den Beziehungspflegekosten zugerechnet werden. Allgemein sind somit dieser Transaktionskostenart all jene Kosten zuzuordnen, die im Zusammenhang mit dem Ziel der Weiterflihrung der Geschaftsbeziehung entstehen. Kontrollkosten fallen an, wenn die Einhaltung von Fristen oder Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Geschaftsbeziehung von Bedeutung sind, (iberpnift werden muss.''^'^ Folglich gewinnen diese Kosten immer dann an Bedeutung, wenn es sich um komplexe Transaktionen handelt und/oder wenn bereits eine Unsicherheit im Hinblick auf die Verhaltensweisen des Nachfragers besteht, die den Anbieter zwingt, intensive Kontrollen der Nachfragertatigkeiten vorzunehmen, um hierdurch opportunistischen Verhaltensweisen vorzubeugen. Anpassungskosten fallen an, wenn sich fiir den Anbieter wahrend der Geschaftsbeziehung bedingt durch das Verhalten des Nachfragers die Notwendigkeit ergeben sollte, die vorab vereinbarten Vertragskonditionen zu modifizieren, da sich im Zeitablauf herausgestellt hat, dass der Nachfrager offene Formulierungen opportunistisch ausnutzt und fiir den Anbieter in diesem Zusammenhang keine unmittelbaren Sanktionsmoglichkeiten vorhanden sind. Beendigungskosten treten dann auf, wenn die anderen hier relevanten Transaktionskostenarten ein vom Anbieter als kritisch bewertetes AusmaB tiberschritten haben - wenn also die Erlose des Anbieters gefahrdet sind, die aus nicht-spezifischen Investitionen resultieren.^^^ Beendigungskosten konnen dabei beispielsweise aus Konventionalstrafen resultieren, die sich aus einer vorzeitigen Beendigung der okonomischen Austauschbeziehung ergeben. Wesentlich kann zu den Beendigungskosten allerdings auch der entgangene Nutzen des Anbieters

Vgl. zu den unterschiedlichen Phasen, in denen Transaktionskosten von Bedeutung sein konnen, z. B. Adam (1996), S. 3Iff. Vgl. ahnlich Klee (2000), S. 145. Vgl. Klee (2000), S. 146. Vgl. Williamson (1975), S. 22f. Vgl. KapitelB 3.1.2.

66

beitragen, der diesem entstanden ware, wenn die Geschaftsbeziehung wie zu deren Beginn antizipiert abgelaufen ware. Des Weiteren stellt sich aus Anbietersicht die Frage, inwiefem der Nachfrager die aus den spezifischen Investitionen bzw. aus den hieraus resultierenden Wechselkosten entstehende Bindung des Anbieters an die Geschaftsbeziehung zu seinen Gunsten ausnutzen wird. Auch hier hegt in Bezug auf die Verhaltensweisen des Nachfragers eine groBe Unsicherheit des Anbieters vor, die wiederum wie bereits dargestellt dazu fiihrt, dass Transaktionskosten in Form von Kontroll-, Anpassungs- oder Beendigungskosten auftreten konnen. CD O

0)

Opportunistische Verhaltensweisen des Nachfragers

I X

Haufigkeit der Transaktionen

Bindung des Anbieters an den Nachfrager durch spezifische Investitionen

^^^^-—4-^^__

Ungenugende Integration in den Leistungserstellungsprozess



~~^

1

Ausbeutung des Anbieters

Abbildung 11: Potenzielle Auswirkungen der Theorieattribute in der Praxis Neben den beiden zentralen Attributen der Transaktionskostentheorie wirkt sich die Haufigkeit der Transaktionen (bzw. die Dauer der Geschaftsbeziehung) auf die Einschatzung der Geschaftsbeziehung aus Sicht des Anbieters aus.^^^ Diese Determinante vermag die Unsicherheit des Anbieters im HinbUck auf die in der Praxis relevanten Verhaltensweisen des Nachfragers (Integration in den Leistungserstellungsprozess und Wahrscheinlichkeit der Ausbeutung des Anbieters) insofem zu reduzieren, als dass er diese im Zeitablauf basierend auf in der Vergangenheit mit diesem Nachfrager gesammelten Erfahrungen besser einschatzen kann. Daher geht eine zunehmende Dauer der Geschaftsbeziehung im Regelfall mit einer Abnahme der Kontrollkosten einher; zudem sinkt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Anpassungs- und Beendigungskosten, da der Anbieter die Verhaltensweisen des Nachfragers bereits ex ante besser einschatzen kann. Auch die Beziehungspflegekosten sinken oftmals tendenziell, da bereits in der Vergangenheit ein vertrauensvolles Verhaltnis aufgebaut wurde. Somit ist in der Summe festzuhalten, dass sich die theoretisch fundierten Attribute in unterschiedlicher Art auf die konkreten Verhaltensweisen des Nachfragers im Rahmen der

^^^ Mitunter wird in der Literatur hier nicht ausschlieBlich die Transaktionshaufigkeit, sondem zusatzlich auch die Transaktionsdauer der Beziehung als Dimension benannt, urn die sich hieraus ergebenden Konsequenzen („These practices can sometimes eliminate the need for formal, detailed agreements, both because the parties understand what is expected of them and because they have no need to document those understandings for outsiders to enforce. The cost savings that resuU can be considerable.") besser illustrieren zu konnen. Vgl. Milgrom/Roberts (1992), S. 31.

67

Geschaftsbeziehung auswirken. Allerdings sind die bisher abgeleiteten Konsequenzen fur das Nachfragerverhalten („Ungenugende Integration in den Leistungserstellungsprozess" bzw. „Ausbeutung des Anbieters") lediglich als ubergeordnete Bereiche zu verstehen, die einer weiteren Ausgestaltung bediirfen. Konkret stellt sich die Frage, in welcher Form sich der Nachfrager im Rahmen der Integration in den Leistungserstellungsprozess opportunistisch verhalten bzw. wie er die Bindung des Anbieters opportunistisch ausnutzen kann.

3.2.1

Folgen opportunistischer Verhaltensweisen Integration in den Leistungserstellungsprozess

des Nachfragers

bei der

Der Nachfrager beeinflusst durch die „Customer Performance" komplexe Leistungserstellungsprozesse in vielen Fallen erheblich.^^^ Dies gilt insbesondere, da die Nachfrager durch ihre Integration Einfluss auf die Effektivitat und die Effizienz der Leistungserstellung ausuben konnen.^^^ Negative Einfliisse konnen durch vom Nachfrager zu verantwortende Storungen der betrieblichen Ablaufe eintreten.^^^ Diese negativen Einfliisse erhohen die Integrationsunsicherheit des Anbieters/^^ welche als endogene (Verhaltens-) Unsicherheit nach Williamson (1990) zu kategorisieren ist.^'^ Der Anbieter ist nun bestrebt, die Integrationsunsicherheit zu reduzieren, wobei dies mit dem Einsatz von Beherrschungsund Uberwachungssystemen verbunden ist, die Transaktionskosten in Form von Kontrollkosten verursachen. Um erfolgreich die eigene Unsicherheit abzubauen, ist eine Analyse der Ursachen zweckmaBig. So ist die anbieterseitige Unsicherheit auf •

Probleme mit dem Kunden in seiner Rolle als Co-Produzent und



Probleme mit dem Kunden in seiner Rolle als Co-Interaktor

Vgl, zum Begriff (Service) Customer Performance Gouthier (2003), S. 37ff. Vgl. hierzu und im Folgenden Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbdumer (1993), S. 422f. Engelhardt/Paul (1998), S. 1332 bezeichnen dies als Einfluss auf die „Einhaltung wichtiger Ergebnisparameter" und nennen als Auspragungen die Zeitkomponente (Piinktlichkeit), die Qualitatskomponente und die Gegenleistungskomponente (Preis). Vgl. auch Langeard {\9U), S. 236f und Moller (2004), S. 36f Moglich sind hierbei positive und negative Beeinflussungen des Leistungserstellungsprozesses. Einen positiven Einfluss kann die Integration des Nachfragers auf die Leistungserstellung haben, wenn sich durch seine Mitarbeit Effizienzsteigerungen erreichen lassen bzw. der Anbieter allgemein zusatzliches Know How erhalt. Vgl. z. B. Bettencourt/Ostrom/Brown et al. (2002). Daher wird empfohlen, Leistungserstellungsprozesse, die keine Kundenintegration erfordem, in einem far Kunden nicht zuganglichen Bereich durchzufiihren. Je weniger direkter Kontakt zwischen Nachfrager und Dienstleister bestehe, desto grofier sei die Wahrscheinlichkeit, dass die Prozesse mit der hochstmoglichen Effizienz ablaufen. Vgl. Chase (1978), S. 141f. Vgl./:z^/mg (1999), S. 48. Vgl. Williamson (1990), S. 66f, Williamson (1996), S. 15f. sowie Gobi (2002), S. 142 und Rofil (1996), S. 317f

68

zuriickzufiihren.^'^ Dies wird deutlich, wenn wiederum dem Verstandnis der Leistungserstellung als Produktionsprozess gefolgt und die Aufgabe des Nachfragers als „Co-Produzent" (und im weiteren Verlauf als „Co-Interaktor") interpretiert wird.^'^ Erbringt dieser CoProduzent seine Leistung nicht, scheitert die Erstellung.^^"^ Das Scheitem allerdings ist fur den Anbieter mit erheblichen Konsequenzen verbunden,^'^ da er vor allem mit einer Schadigung seines Images als kompetenter Ansprechpartner rechnen muss, weil die Ursache fiir den Misserfolg meist ihm zugeschrieben wird: „From a customer's perspective, a service failure is any situation where something has gone wrong, irrespective of responsibility. " ^^ Das Vertrauen in die Leistung des Anbieters ist jedoch fur den Markterfolg von elementarer Bedeutung.^^^ Daher wird der Anbieter meist versuchen, die Minderleistung des Nachfragers durch eigene Leistungen zu kompensieren.^^^ Mit Hilfe der zusatzlich durch den Anbieter erbrachten Leistungen (beispielsweise ist es dem Anbieter moglich, Informationen tiber die Konkurrenz des Nachfragers selbst zu recherchieren) kann oftmals das Ziel der Effektivitat noch erreicht werden, so dass keine negative „Word of Mouth"-Propaganda oder ahnliche Gefahren fiir den Anbieter drohen."^^^ Allerdings geht dieser zusatzliche Einsatz mit einem hoheren Aufwand einher, der in Form von Beziehungspflegekosten auftritt und oft nicht an den Nachfi-ager weitergegeben werden kann. Demzufolge ist es moglich, dass die vorab erstellten Kalkulationen im Zusammenhang mit dem Leistungserstellungsprozess fiir den Anbieter hinfallig sind und dass ein vormals als effizient bewertetes Projekt bedingt durch die mangelhafte Integration des Nachfi-agers in die

Vgl. dazu unter anderemy^coZ? (2003), S. 3 sowie Gouthier/Schmid (2001), S. 225. Gouthier (2003), S. 52ff. fasst auch die Mitwirkung des Kunden als Co-Interaktor unter den Uberbegriff der „Co-Prodiizenten-Rolle" des Kunden. Vgl. hierzu stellvertretend Gouthier/Schmid (2001) sowie Gouthier (2003), S. 57 und Corsten/Stuhlmann (2001), S. 227, der den extemen Faktor als „Produktionsfaktor sui generis" bezeichnet. Siehe auch Abbildung 2. Vgl. Fitzsimmons (1985), Bendapudi/Leone (2003), S. 14, sowie Nerdinger (1994), S. 50. Beispielsweise kann die rechtzeitige Erbringung einer Beratungsdienstleistung, die durch eine Abschlussprasentation und eine entsprechende Dokumentation der Ergebnisse an einem bestimmten Termin abgeschlossen sein soil, dadurch scheitem, dass der Nachfrager bestimmte Informationen nicht liefert. Das Scheitem ist in diesem Fall durch eine zeitliche Verzogemng, die auf die unzureichende Partizipation des Nachfragers am Leistungserstellungsprozess zuriickzufiihren ist und die Einhaltung des angekiindigten Abschlusstermins unmoglich macht, zu begriinden. Vgl. hierzu und im Folgenden Kleinaltenkamp (1996), S. 30 sowie Jeschke (2004), S. 165. Pa/mer(2005), S. 89. Vgl. z. B. Voeth/Gawantka/Rabe (2004), S. 13 sowie S. 16f, Axelsson/Wynstra (2002), S. 165ff. und Bouncken (2000). Zu komplexen Dienstleistungen als Giiter mit Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften vgl. z. B. Adler (1996) sowie Weiber/Adler (1995a) und Weiber/Adler (1995b) sowie in Anlehnung hieran Meffert/Bruhn (2003), S. 80ff Vgl. auBerdem Woratschek (1996), S. 62ff Vgl. Gunter (2002), S. 296 sowie insbesondere Helm (2000) und Christiansen/Tax (2000).

69

Leistungserstellung und die dadurch erforderlichen Kompensationsleistungen nunmehr ineffizient wird.^^° So besteht die Gefahr, dass zwar der Nachfrager insofem zufrieden gestellt wird, als dass er die erwartete Leistung erhalt (Effektivitat), aus Sicht des Anbieters aber gleichzeitig gegen die von Jones (1990) genannten Bedingungen eines erfolgreichen Kundenintegrationsprozesses verstoBen wird: „A successful transaction is one that simultaneously allows the firm to efficiently manage the exchange so as to reduce the costs of exchange and, hence, increase efficiency,

1st allerdings die Effizienz der Leistungserstellung nicht mehr gewahrleistet, so weichen die tatsachlichen Erfahrungen des Anbieters mit dem betreffenden Nachfrager von den Erwartungen ab. Dabei ist die Integrationsleistung, die der Nachfrager in der Rolle des CoProduzenten erbringt, wiederum abhangig von seiner Integrationsbereitschaft und seiner Intergrationsfahigkeit.^^^ Die Leistungen des Nachfragers in der Rolle als Co-Interaktor hangen von seiner Interaktionsbereitschaft und von seiner Literaktionsfahigkeit ab {vgl Abbildung 12)?^^ Die Erfahrungen mit den dargestellten Bereitschaften und Fahigkeiten des Nachfragers flieBen in die Beurteilung des Nachfragers durch den Anbieter ein.^^"^ Werden hier die Erwartungen des Anbieters an den Nachfrager in der Summe maBgeblich unterschritten,^^^ so stellt sich bei ihm Unzufriedenheit ein.

Kelley/Donnelly/Skinner (1990), S. 327f. imterscheiden hier als Folgen unzureichender Kundenintegration negative Auswirkungen auf die Gesamteffizienz und die Qualitat der Leistung sowie negative emotionale Reaktionen der Mitarbeiter des Anbieters, die auf das Nachfragerverhalten zuriickzufuhren sind. Vgl. zur Effizienzproblematik auch Fliefi (2001), S. 87f, Corsten/Stuhlmann (2001) weisen beispielsweise explizit auf die Problematik des Kapazitatsmanagements hin, die durch die Unsicherheit beziiglich der Qualitat der Integrationsleistung weiter verscharft wird. Jonej(1990),S.24. Vgl. z. B. Klinkers (2001), S. 18f sowie Fliefi (2001), S. 69ff undi Abbildung 12. Vgl. z. B. Gouthier/Schmid (2001). So ist unter anderem zu vermuten, dass die Verteilung der Quasirente Einfluss auf die Zufriedenheit des Anbieters hat. Vgl. hierzu beispielsweise Backhaus/BUschken (1999), Kaas (1995), S. 37f, Kaufmann/Stern (1988) sowie MacNeil (1980b). Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass der Anbieter eine langfristige Beziehung erwartet, so dass er seine spezifischen Investitionen im Zeitablauf amortisieren kann. Dazu ist allerdings auch ein Interesse des Nachfragers an der Bewahrung der Beziehung erforderlich. Steht dem in der Realitat aber vielmehr ein opportunistisches und vom Anbieter als unsolidarisch empfundenes Verhalten des Nachfragers gegeniiber, so kann dies ebenfalls zur Unzufriedenheit des Anbieters beitragen. Vgl. unter anderem Plinke/Sollner (2005), Williamson (1985) und Heide/John (1992). Hier erfolgt der Riickgriff auf das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma, um das Entstehen von (Un-)Zufriedenheit beim Anbieter zu erklaren. Vgl. dazu Kapitel B 1.3.2.

70

1 ntegrationsbewusstsein

Q) CD

2 o cu

z

Interaktionsbereitschaft

Integrationsbereitschaft

Integrationsfahigkeit

i I

Interaktionsfahigkeit

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Integrationsunsicherheit Production-End-Input

i

Production-End-Throughput

1

Abbildung 12: Einflussfaktoren aufdie Integrationsunsicherheit des Anhieters

3.2.1.1

Integrationsbewusstsein

Eine groBe Bedeutung nimmt fiir die Integration des Nachfragers in den Leistungserstellungsprozess das Integrationsbewusstsein ein, da es in der Regel die notwendige Bedingung und Voraussetzung fur die im Folgenden genannten Faktoren darstellt.^^^ Dies gilt, da durch das Integrationsbewusstsein die grundsatzliche Erkenntnis des Nachfragers beschrieben wird, dass dieser sich am Leistungserstellungsprozess beteiligen muss, um die von ihm gewunschte Leistung zu erhalten.^^'' 1st beim Nachfrager also kein Integrationsbewusstsein vorhanden, so wird er auch keine Notwendigkeit erkennen, seine gegebenenfalls vorhandenen Fahigkeiten einzusetzen.^^^ Dies kann auf zwei Ursachen zuriickgefiihrt werden. Moglich ist so z. B., dass der Nachfrager zwar tiber seine Integrationsaufgaben ausfiihrlich informiert wurde, er sich aber dennoch seiner konkreten Pflichten nicht bewusst ist. Altemativ ist denkbar, dass der Anbieter den Nachfrager nicht ausdriicklich oder nicht umfassend auf die von ihm zu erbringenden Integrationsleistungen aufmerksam gemacht hat. An dieser Stelle wird deutlich, dass eine Differenzierung zwischen solchen Mangeln vorzunehmen ist, die vom Nachfi-ager nicht zu verantworten sind und solchen, auf die der Nachfrager unmittelbaren Einfluss hatte nehmen konnen. Dennoch sind dem Nachfrager hier - losgelost von der Ursache, die dazu

^^^ Vgl. hierzu und im Folgenden auch Abbildung 12. Einschrankend ist anzumerken, dass eine Fahigkeit des Nachfragers auch vorhanden sein kann, ohne dass das entsprechende Problembewusstsein vorhanden ist. ^^^ Vgl. Fliefi (2001), S. 69 sowie Milker (1993), S. 12ff und Klinkers (2001), S. 18f ^^^ Vgl. hierzu und im Folgenden Fliefi (1996), S. 92f.

71

gefuhrt hat, dass bei diesem kein Integrationsbewusstsein vorhanden gewesen ist - keine opportunistischen Verhaltensweisen zu unterstellen.^^^ Dies kann auf die Tatsache zuriickgefiihrt werden, dass die Verantwortung fiir das Informationsdefizit dem Anbieter zuzuweisen ist, der an dieser Stelle die Steuerung des Integrationsprozesses iibemehmen muss. Dem Anbieter kommt hier namlich die oft auch von der Legislative vorgeschriebene Pflicht zu, den Nachfrager uber seine Integrationsaufgaben aufzuklaren. Beispielsweise schreibt das Dritte Finanzmarktforderungsgesetz eine der Risikoneigung angepasste Beratung bzw. Empfehlung vor und sieht bei nachweislichen Abweichungen hiervon Beraterhaftung

3.2.1.2

Integrationsbereitschaft

Ist sich der Nachfrager der Tatsache bewusst, dass zur Leistungserstellung seine Mitwirkung erforderUch ist, kann zwar die notwendige Bedingung fiir eine erfolgreiche hitegration in die Leistungserstellung als erfiillt angesehen werden. Von groBer Bedeutung ist aber im weiteren Prozessverlauf fiir den Anbieter die Frage, ob beim Nachfrager auch die erforderliche Integrationsbereitschaft vorhanden ist.^^^ Im hier betrachteten Fall stehen die Nachfrager hinsichtlich ihrer Aufgaben in Bezug auf die Leistungserstellung unter standiger Beobachtung. Zwar erbringen auch die Nachfrager zunehmend komplexe Integrationsleistungen, der Anbieter hat aber im Vergleich zu anderen Situationen wesentlich bessere Moglichkeiten, die Leistungsbereitschaft des Nachfragers zu bewerten. Bereits die enge Zusammenarbeit ftihrt dazu, dass die Plastizitat hoch ist. Zudem ist es verhaltnismaBig gut moglich, vom Leistungsergebnis auf die Integrationsbereitschaft zu schlieBen. Somit bleiben den Nachfragem kaum Moglichkeiten, Hidden Actions umzusetzen. Fiir den hier zugrunde gelegten Fall - der Integrationsleistung von Nachfragem in einer Geschaftsbeziehung zu Zulieferem - kann wie in dem von Holler (1999) angeflihrten Beispiel vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Zulieferer als Anbieter in der Lage ist, die Bereitschaft der Nachfrager hinsichtlich der Mitwirkung an dem Leistungserstellungsprozess einzuschatzen und zu bewerten.^^^ Die

Hier wird durch Tausch der ublicherweise verwendeten RoUenverteilung zwischen Nachfrager und Anbieter eine Anwendung der in der Transaktionskostentheorie relevanten Opportunismus-Annahmen auf die betrachtete Situation bzw. eine Unterscheidungen zwischen opportunistischem und nicht opportunistischem Nachfragerverhalten ermoghcht. Vgl. zu diesem Vorgehen Butzer-Strothmann (1999), S. 83 sowie Kleinaltenkamp (1992), S. 814 und Kaas (1991), S. 10. Vgl. a K (1998). Vgl. Fliefi (1996), S. 93f. Im Zusammenhang mit der Integration in die Leismngserstellung wahlt auch Tollin (2002), S. 430 eine Unterscheidung zwischen „Motivation" und ..Capability", wobei Tollin (2002) die Neuproduktentwicklung betrachtet. Vgl./:/Mm(2001),S.20.

72

Integrationsbereitschaft ist vom Willen des Nachfragers abhangig."^ Hat der Anbieter dem Nachfrager seine Integrationsaufgaben nachvollziehbar vermittelt (und somit das erforderliche Integrationsbewusstsein sichergestellt) und zeigt der Nachfrager nach Vertragsschluss trotzdem keine Bereitschaft, an der Leistungserstellung mitzuwirken, so liegt opportunistisches Verhalten vor, da der Nachfrager bewusst die Einhaltung der Voraussetzungen zur effizienten Erstellung der Leistung verweigert.^^"^ Die Integrationsbereitschaft kann beispielsweise im Hinbhck auf Parameter wie den hitegrationszeitpunkt oder die Bereitschaft, die Leistungen in der spezifizierten Form in den Prozess einzubringen, bezogen werden. Ist der Nachfrager nicht bereit, die durch ihn zu erbringenden Leistungsbestandteile zu erbringen, so droht ein Scheitem der Erstellung.^^^ Der Nachfrager kann allerdings hoffen, dass der Anbieter die zur erfolgreichen Erbringung der Leistung benotigten Aufgaben kompensatorisch iibemimmt, da dieser sich auch insofem in einer Abhangigkeitsposition vom Nachfrager befmdet, als dass bei einem Scheitem der Leistungserstellung der Misserfolg des gesamten Prozesses dem Anbietenden zugeschrieben werden konnte.^^^ In diesem Fall tritt der zusatzliche Aufwand fiir den Anbieter in Gestalt von Beziehungspflegekosten auf Opportunismus hinsichtlich der Integrationsbereitschaft tritt im Regelfall nach Vertragsschluss auf. Vor Vertragsschluss kann der Nachfrager dem Anbieter beispielsweise seine Bereitschaft an der Integration am Leistungserstellungsprozess zugesagt haben, nach dem Vertragsabschluss allerdings wird wie dargestellt die Abhangigkeit des Anbieters ausgenutzt.^^^ Somit liegt in diesem Fall eine Hidden Intention des Nachfragers vor, die sich in einem Hold Up auBem kann.

3.2.1.3

Integrationsfahigkeit

Die mangelnde Integrationsfahigkeit kann vom Nachfrager zu verantworten sein, wenn zwar das Integrationsbewusstsein vorhanden ist, die erforderlichen Fahigkeiten aber nicht augepragt sind und keine Anstrengungen untemommen werden, diese zu erlangen. Konkret muss der Nachfrager im Zusammenhang mit der Integrationsfahigkeit in der Lage sein, die

Die Trennung zwischen der Potenzialqualitat (Bewusstsein bzw. Bereitschaft) und der Prozessqualitat ist bereits bei Meyer/Mattmuller (1987), S. 361ff. zu finden. Vgl. hierzu auch Kelley/Donnelly/Skinner (1990). Vgl. Fitzsimmons (1985), Bendapudi/Leone (2003), S. 14, sowie Nerdinger (1994), S. 50. Beispielsweise kann die rechtzeitige Erbringung einer Beratungsdienstleistung, die durch eine Abschlussprasentation und eine entsprechende Dokumentation der Ergebnisse an einem bestimmten Termin abgeschlossen sein soil, dadurch scheitem, dass der Nachfrager bestimmte Informationen nicht liefert. Das Scheitem ist in diesem Fall durch eine zeitliche Verzogemng, die auf die unzureichende Partizipation des Nachfragers am Leistungserstellungsprozess zuriickzufiihren ist und die Einhaltung des angekiindigten Abschlusstermins urmioglich macht, zu begriinden. Vgl. hierzu auch die Ausflihmngen in Kapitel C 3.2.1. Vgl. z. B. GoW (2002), S. 103.

73

von ihm zu erbringenden Leistungen den Anforderungen des Anbieters gemaB in den Gesamtprozess zu integrieren.^^^ Hier ist es entscheidend, ob der Nachfrager weiB, welche Leistung zu welchem Zeitpunkt an welcher Stelle integriert werden muss.^^^ AuBerdem sind die Vorgaben zur Quantitat sowie die Erwartungen des Anbieters an Qualitat bzw. die Qualifikation der durch den Nachfrager in den Leistungserstellungsprozess einzubringenden Faktoren zu berucksichtigen.^"^^ Lasst sich durch den Anbieter vor Beginn der Leistungserstellung nicht zweifelsfrei feststellen, welche Integrationsfahigkeiten der Nachfrager besitzt bzw. welche Integrationsleistungen er erbringen kann, so liegen hier Hidden Characteristics vor. Klassifizieren lasst sich die daraus entstehende Problematik als Adverse Selection: Fiir den Anbieter besteht das Risiko, „schlechte" Vertragspartner auszuwahlen. Der nachfragerseitige Opportunismus ist hierbei primar in solchen Verhaltensweisen zu sehen, durch die eigene Fahigkeiten moglichst positiv dargestellt werden bzw. durch die Fehler und Schwachen verdeckt werden. ^"^^

3.2.1.4

Interaktionsbereitschaft und -fahigkeit

Wahrend Integrationsbereitschaft und Integrationsfahigkeit primar der Production-Pre-InputPhase der Leistungserstellung zuzuordnen sind,^"^^ nehmen im Gegensatz hierzu Faktoren, die sich auf das Interaktionsverhalten beziehen, vor allem auf die Phase Production-EndThroughput und somit einen spateren Abschnitt der Leistungserstellung Einfluss.^"^^ Ist die notwendige Bedingung „Integrationsbewusstsein" erfiillt, muss zwischen der Interaktionsbereitschaft und der Interaktionsfahigkeit unterscheiden werden. Dabei bezieht sich die Interaktionsbereitschaft auf das Verhalten des Nachfragers wahrend der Endkombination im Leistungserstellungsprozess:^^"^ Die Interaktion des Nachfragers mit dem Anbieter wahrend des Leistungserstellungsprozesses soil dazu beitragen, dass dieser Vorgang ohne Probleme ablauft und soil zudem „fur eine bessere Qualitat des Leistungsprozesses sowie ergebnisses, niedrigere Kosten bei der Leistungserstellung und schlieBlich flir eine steigende

Vgl. Salman (2002), S. 48, der allerdings den Begriff „Integrationswissen" verwendet. Vgl. zum Begriff Integrationsfahigkeit Klinkers (2001), S. 19f., der den Terminus weiter fasst. Vgl. z. B. Fliefi (2001), S. 70f., die zur Erhohung der Transparenz der Prozesse die Nutzung von Blueprints empfiehlt. Vgl. Salman (2002), S. 48 und Klinkers (2001). Vgl. GoZ?/(2002), S. 101. Vgl. Gouthier/Schmid (2001), S. 224ff. Zudem kann der Nachfrager auch als Co-Designer in die Leistungserstellung eingebunden werden. Vgl. hierzu auch Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbdumer (1993). Vgl. Jacob (2002b), S. 3 sowie Jacob (2003) und Gouthier/Schmid (2001), S. 226. Informationen des Nachfragers konnen auch in anderen Phasen der Leistungserstellung in den Prozess integriert werden. Vgl. hierzu ausfiihrlich Gouthier (2003), S. 52ff.

74

Produktivitat" sorgen. ^^ Hier ist es also die Aufgabe des Nachfragers, die Interaktion mit anderen intemen und gegebenenfalls extemen Produktionsfaktoren so zu fiihren, dass der Prozess moglichst effizient ablauft.^"^^ Wie bei der Integrationsbereitschaft ist bei der Interaktionsbereitschaft davon auszugehen, dass die potenziellen opportunistischen Verhaltensweisen der Nachfrager als Hidden Intentions zu klassifizieren sind, welche schlieBlich zur Ausbeutung des Anbieters (Hold Up) fiihren konnen. SchlieBlich nimmt die Interaktionsfahigkeit Einfluss auf die Integrationsleistung des Nachfragers. Auch wenn Bereitschaft zur Interaktion besteht, ist es moglich, dass der Nachfrager die Anforderungen an seine Interaktionsfahigkeit (z. B. das Bereitstellen von Informationen, die dem Anbieter zur Leistungskoordination dienen) nicht zu erfiillen in der Lage ist.^'*^ Insbesondere bei der Beschreibung komplexer technischer Zusammenhange oder in Situationen, in denen dem Nachfrager die Funktion einer Informationsquelle fiir den Leistungskoordinationsprozess des Anbieters zukommt, kann hinsichtlich der Interaktionsfahigkeit eine Uberforderung des Nachfragers auftreten,^"^^ so dass bei unzureichender Interaktionsfahigkeit nicht zwangsweise auf opportunistische Absichten des Nachfragers zu schlieBen ist. In anderen Situationen dagegen sind bewusste Tauschungen durch den Nachfrager im Hinblick auf seine fur den Leistungserstellungsprozess relevante Interaktionsfahigkeit denkbar. Die wahren Fahigkeiten bleiben hierdurch dem Anbieter verborgen (Hidden Characteristics), so dass es auch hier zur adversen Selektion kommen kann. Zusammenfassend konnen die opportunistischen Verhaltensweisen der Nachfrager wie in Tabelle 2 dargestellt charakterisiert werden. Opportunismus

ex ante (vor Vertragsschluss)

ex post (nach Vertragsschluss) Mangelnde Integrationsbereitschaft

Mangelnde Integrationsfahigkeit Problem Mangelnde Interaktionsfahigkeit Bezeichnung

Adverse Selection

/ Shirking

Mangelnde Interaktionsbereitschaft Hold up

Tabelle 2: Ausprdgungen des nachfragerseitigen Opportunismus

^'^ Gouthier/Schmid (2001), S. 231. ^^^ Vgl. Gouthier (2003), S. 57f. ^^'' Vgl. zu moglichen Aufgaben des Nachfragers im Hinblick auf die Interaktion mit dem Anbieter Gouthier (2003), S. 57. ^^^ Vgl. Bowen (1986). Vgl. ahnlich auch die mit der Automatisierung im Zusammenhang stehenden Probleme, z. B. bei Zeithaml/Bitner/Gremler (2006), S. 402. So lassen sich beispielsweise im Bankenbereich zahlreiche Felder fmden, in denen eine weitgehende Ubertragung der urspriinglich von dem Anbieter erbrachten Leistungen auf den Nachfrager stattgefunden hat.

75

3.2.2

Folgen der Bindung des Anbieters an den Nachfrager durch spezifische Investitionen

Spezifische Investitionen und die hieraus resultierenden Wechselkosten werden vor allem im Zusammenhang mit der Stabilitat von Geschaftsbeziehungen diskutiert.^"^^ Mit anderen Worten wird davon ausgegangen, dass getatigte spezifische Investitionen eine Partei davon abhalten, eine Geschaftsbeziehung vorschnell zu beenden und die Investitionen somit letztlich zur Stabihtat von Geschaftsbeziehungen beitragen.^^^ Dies gilt insbesondere dann, wenn die durch spezifische Investitionen (starker) gebundene Partei mit der Geschaftsbeziehung unzufrieden ist. Beispielsweise empfmdet so der Anbieter ein Nicht-Einhalten von zuvor getroffenen Abmachungen, das letzthch zu einer anderen Verteilung der Erlose fiihrt, als Ausbeutung seiner Abhangigkeitssituation durch den Nachfrager.^^' Eine derartige Ausbeutung des Anbieters durch den Nachfrager ist als „Hold Up" zu klassifizieren^^^ und erzeugt beim Anbieter Unzufriedenheit.^^^ Die Unzufriedenheit wiederum senkt die empfundenen Wechselkosten, so dass es bei einer vom Anbieter als kritisch empfundenen Ungleichverteilung zum Abbruch der Geschaftsbeziehung kommen musste.^^"^ Hier aber entfalten die spezifischen Investitionen trotz Unzufriedenheit eine Bindungswirkung, so dass es letztlich zu „unsatisfying but stable relationships" kommen kann.^^^ Der Lock In-Effekt fiihrt also dazu, dass mit der Geschaftsbeziehung unzufriedene Parteien an dieser festhalten (mtissen), da sie spezifische Investitionen getatigt haben, die andemfalls verloren gehen wiirden. Die Konsequenzen spezifischer Investitionen lassen sich dabei detailliert aufschliisseln (vgl. auch Abbildung 13). Hierbei konnen die Konsequenzen die Handlungsspielraume des Anbieters indirekt beeinflussen - mit anderen Worten die Flexibilitat des Anbieters in seinen Handlungen einschranken oder erweitem. So fiihrt beispielsweise die Abhangigkeit vom Nachfrager beim Anbieter allgemein dazu, dass diesem eine hohe okonomische Bedeutung zukommt und eine Beendigung der Geschaftsbeziehung zu nicht kompensierbaren UmsatzeinbuBen fiihren wiirde (vgl. [1] m Abbildung 13).

Vgl. z. B. Backhaus/Adolphs/Buschken (1996). Vgl. Riordan/Williamson (1985), S. 367. Vgl. Rokkan/Heide/Wathne (2003). Vgl. hierzu auch Abbildung 12. Vgl, Kleinaltenkamp/Kuhne (2003), S. 24. Vgl. hierzu Kleinaltenkamp/Kiihne (2003), S. TI\„Es bleibt festzuhalten, dass die Bedeutung von Zufriedenheit fiir die Bewertung von Bindungen in Geschaftsbeziehungen sich aus ihrer Einwirkung aufdie Wechselkosten ergibt. [...] Die Existenz von Zufriedenheit in einer Geschaftsbeziehung erhoht den Nutzenentgang bei der Beendigung der bisherigen zufrieden stellenden Beziehung." Vgl. Backhaus/Buschken (1999).

76

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Abhangigkeit hinsichtlicli Handlungsspielraum: Eigene Flexibilitat eingeschrankt

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Riiflektives Messmodell

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Formatives Messmodell

Abbildung 18: Vollstandiges Kausalmodell

Vgl. hierzu z. B. Backhaus/Erichson/Plinke et al. (2005), S. 348ff., Gotz/Liehr-Gobbers (2004b), S. 7f., Henseler (2004), S. 6f. sowie Wrobbel/Tietz (1998), S. 25ff. Vgl. Abbildung 18. Messmodelle werden auch als „auCere Modelle" bezeichnet.

104

Im Messmodell nehmen die Indikatoren (manifeste Variablen) eine zentrale Stellung ein. Durch sie werden die Werte flir die latenten Variablen gemessen. Daher kommt der Auswahl und/oder Formulierung von Indikatoren - der Operationalisierung - eine hohe Bedeutung zu."^^"^ Andemfalls droht die Messung irrelevanter oder anderen Variablen zuzuordnender Indikatoren, worauf unter anderem Anderson/Gerbing (1991) hinweisen: „[..] because they are found to either not tap their intended constructs or also tap other, unintended constructs in the set. " Neben der Formulierung bzw. der Auswahl der Indikatoren kommt auch der unterstellten Richtung der Beziehung zwischen latenter Variable und Indikator eine zentrale Bedeutung zu. Hierbei ist zwischen reflektiven und formativen Messmodellen sowie Messmodellen, die sowohl formative als auch reflektive Indikatoren beinhalten, zu unterscheiden."^^^ Die unterschiedlichen Auspragungen der Messmodelle werden auch als Mode A, B und C bezeichnet.'^^'^

Vgl. Eggert/Fassott (2003) sowie ChurchillJr. (1979), S. 67f. Anderson/Gerbing (1991), S. 732. Vgl. Fornell/Bookstein (1982b), S. 441f. Vgl. Abbildung 19 sowie Fornell/Bookstein (1982a), S. 292ff.

105

Mode A: Reflektive Indikatoren

Mode B: Formative Indikatoren

Mode C: Formative Indikatoren beiderexogenen Variable, reflektive Indikatoren beiderendogenen Variable

Abbildung 19: Mode A, Mode B und Mode C als Ausprdgungen von Beziehungen zwischen Variablen und Indikatoren Primar sollte die Entscheidung zwischen den unterschiedlichen Modi auf Basis inhaltlicher Uberlegungen getroffen werden."^^^ So kann es sich in bestimmten Situationen als sinnvoll erweisen, die latenten Variablen als „ underlying factors" (reflektiv) zu betrachten;"^^^ in anderen Fallen dagegen ist es zweckmaBig, die latenten Variablen als „ indices produced by the observable variables " (formativ) zu interpretieren."^^^ Jarvis/Mackenzie/Podsakoff (2003) haben zur Auswahl der korrekten Indikatorenwahl einen Kriterienkatalog erstellt, an dem zwar im Hinblick auf die Kriterienauswahl Kritik geiibt werden kann, der aber dennoch eine Hilfestellung im Zusammenhang mit der korrekten Modellspezifikation liefert."^^' Der Kriterienkatalog beinhaltet vier Fragestellungen:"*^^

Vgl. Ringle (2004b), Jarvis/Mackenzie/Podsakoff Fornell/Bookstein (1982a), S. 292.

(2003) und Eggert/Fassott

(2003). Vgl. auch

Fornell/Bookstein (1982b), S. 441. Fornell/Bookstein (1982b), S. 441. Der Kritik von Herrmann/Huber/Kressmann (2004), dass die Beantwortung aller anderen Fragestellungen mit der ersten in Zusammenhang steht, ist zuzustimmen. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann (2004), S. 13f.

106

i. Sind die Indikatoren definierende Charakteristika oder vielmehr Auspragungen des Konstrukts? ii. Sollten die Indikatoren denselben oder zumindest einen sehr ahnlichen Inhalt haben? Wiirde das Eliminieren eines Indikators den Charakter des theoretischen Konstrukts verandem? iii. Sollte eine Veranderung bei einem der Indikatoren mit einer Veranderung der anderen Indikatoren einhergehen? iv. Wird davon ausgegangen, dass die Indikatoren dieselben Urspriinge bzw. Konsequenzen haben? Die erste Frage thematisiert die Wirkungsrichtung des Zusammenhangs. So muss bei der Spezifikation des Modells auf Basis sachlogischer Uberlegungen deutlich werden, ob die Indikatoren die „Ursache" der latenten Variable oder vielmehr deren „Ausdruck" darstellen. Welcher Art Messmodell die beiden Auspragungen zuzuordnen sind, wird durch die formale Gestaltung deutlich: (2) exogenes reflektives Messmodell: x = A^