Erfolgreiche Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften in multinationalen Unternehmen : eine agency-theoretisch fundierte empirische Analyse 9783835054370, 3835054376 [PDF]


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Erfolgreiche Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften in multinationalen Unternehmen : eine agency-theoretisch fundierte empirische Analyse
 9783835054370, 3835054376 [PDF]

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Zitiervorschau

Matthias Hansch Erfolgreiche Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften in multinationalen Unternehmen

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Matthias Hansch

Erfolgreiche Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften in multinationalen Unternehmen Eine agency-theoretisch fundierte empirische Analyse

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Michael Woywode

Deutscher Universitäts-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Dissertation RWTH Aachen, 2007

1. Auflage August 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler / Sabine Schöller Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0868-7

V

Geleitwort

Multinationale Unternehmen (MNUs) lassen sich heute in vielen Fällen als organisationale Netzwerke mit einer Muttergesellschaft und vielen ausländischen Tochtergesellschaften begreifen. Die Kontrolle der ausländischen Tochtergesellschaften stellt dabei für MNUs eine zentrale, managerielle Herausforderung dar. Die Suche nach einer geeigneten Vorgehensweise bei der Kontrolle ausländischer Aktivitäten ist für MNUs deshalb so wichtig, weil der finanzielle Erfolg der MNU und ihrer Tochtergesellschaften laut der einschlägigen Managementliteratur stark vom Kontrollverhalten eines MNU gegenüber seinen ausländischen Tochtergesellschaften abhängt. Die von Herrn Hansch vorgelegte Dissertation hat zum Ziel, den Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Kontrollstrategien und dem Erfolg empirisch abzuleiten. Die Arbeit von Herrn Hansch bereichert die Forschung des Internationalen Managements insbesondere um die detaillierte Untersuchung der möglichen Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften sowie um die empirische Identifikation positiv oder negativ auf den Erfolg wirkender Kontrollstrategien. In diesem Zusammenhang analysiert Herr Hansch auch mögliche Abhängigkeiten der Kontrollstrategien von externen Einflussfaktoren. Ausgehend von einer theoretischen Betrachtung der Kontrolle bildet Herr Hansch ein Framework von Kontrollstrategien, das als Grundlage für die empirische Untersuchung dient. Er erklärt weiterhin die Gestaltung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften agenturtheoretisch und leitet entsprechend Hypothesen über den Zusammenhang der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Gestaltung der Kontrolle ab. Im Rahmen der umfangreichen empirischen Untersuchung wurden 60 deutsche Großunternehmen über den Einsatz der Kontrollstrategien in Bezug auf 219 ihrer ausländischen Tochtergesellschaften befragt. Bei der Analyse der Ergebnisse kommen verschiedene statistische Schätzmethoden, wie z. B. Regressions-, Clusterund Pfadanalyse, sowie Verfahren zur Ermittlung von Interrater-Agreement und InterraterReliabilität der Antworten zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften zum Einsatz. Die Untersuchung der Auswirkung der Einflussfaktoren Umweltunsicherheit und Zentralisierung auf die acht unterschiedlichen Kontrollstrategien ergibt, dass die durch diese beiden Faktoren erfasste Informationsasymmetrie zwischen Zentrale und ihren ausländischen Tochterge-

VI

sellschaften, wie von der Agency Theorie vorausgesagt, einen wichtigen Bestimmungsfaktor für den Einsatz von Kontrollstrategien darstellt. Weiterhin zeigt sich, dass die branchenabhängige Prognoseunsicherheit einen deutlich höheren Beitrag als die kulturelle Distanz für die Erklärung von Kontrollstrategien liefert. Der Grund dafür ist - laut Herrn Hansch – darin zu sehen, dass die untersuchten Unternehmen einige Kontrollstrategien weitgehend standardisiert einsetzen und nicht an kulturelle Gegebenheiten anpassen. Bei der Analyse der Wirkung der Kontrollstrategien auf den Erfolg zeigt sich, dass offensichtliche und formale Kontrollstrategien, wie zum Beispiel Ergebnis- und Verfahrenskontrolle, negativ auf den Erfolg wirken, während informelle, weniger als Kontrolle wahrgenommene Kontrollstrategien, wie beispielsweise „Intensität der Prämissenkontrolle“, die Angleichung von Zielen“ und die „Unterstützung durch Informationstechnologie“, positiv auf den Erfolg wirken. Herr Hansch hat eine außergewöhnlich interessante Arbeit über ein Thema verfasst, das aktuell und zentral für das Forschungsgebiet des Internationalen Management ist. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden zudem von großem Interesse für Praktiker sein, die sich mit der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften beschäftigen.

Prof. Dr. Michael Woywode

VII

Vorwort Die vorliegene Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Internationales Management an der RWTH Aachen. An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen Menschen bedanken, die mich und mein Forschungsvorhaben unterstützt haben. Besonderen Dank für seine Unterstützung möchte ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Michael Woywode aussprechen. Seine Ideen und Hinweise haben diese Arbeit in entscheidender Art und Weise geformt. Weiterhin danke ich Prof. Dr. Kai Reimers für die Übernahme des Koreferats und den Kollegen am Lehrstuhl für ihre wertvollen Anmerkungen während der Verfassung der Dissertation. In diesem Zusammenhang möchte ich die Unterstützung von Dr. Garnet Kasperk herausheben, über deren Kontakt ich erst zu dem Lehrstuhl von Prof. Dr. Woywode gefunden habe. Ein weiterer Dank gilt Dr. Andreas Kirschkamp, der mir während der ganzen Zeit meiner Dissertation ein wertvoller Freund und Diskussionspartner war. Ebenso möchte ich meinen Freunden Frank Clar, Alex Michel und Anton Kelava sowie den Eltern meiner Frau, Charlotte und Wulf Wahlers, für das Korrekturlesen der fertigen Arbeit und ihre Hinweise danken. Fundament und Energiequelle für diese Arbeit war meine Familie. Ohne die fortwährende Unterstützung meiner Eltern, meiner Schwester Nicole, meiner Tante und meinem Onkel Monika und Wolfgang Lampert sowie meinen Großeltern wäre ich nie in der Lage gewesen, auch noch diesen Entwicklungsschritt zu machen. Allen voran danke ich zuletzt meiner Frau Julia, die immer für mich da war und mich in vielen eigentlich ihr gehörenden Stunden mit der Wissenschaft geteilt hat. Meiner Familie und meiner Frau widme ich diese Arbeit.

Matthias Hansch

IX

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................XIII Tabellenverzeichnis .............................................................................................................. XV Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................... XIX 1 Einleitung.............................................................................................................................. 1 1.1 Motivation und Zielsetzung ........................................................................................... 1 1.2 Aufbau der Arbeit........................................................................................................... 4 2 Begriffliche Grundlagen ...................................................................................................... 6 2.1 Multinationale Unternehmen.......................................................................................... 6 2.2 Kontrolle......................................................................................................................... 8 2.3 Abgrenzung des Begriffs Kontrolle ............................................................................. 10 3 Kontrollstrategien .............................................................................................................. 12 3.1 Ziele von Kontrollstrategien......................................................................................... 12 3.2 Parameter von Kontrollstrategien................................................................................. 16 3.2.1 Kontrollsubjekt .................................................................................................. 17 3.2.2 Kontrollobjekt .................................................................................................... 18 3.2.3 Verhältnis zwischen Kontrollsubjekt und -objekt ............................................. 24 3.2.3.1 Fremdkontrolle ..................................................................................... 24 3.2.3.2 Selbstkontrolle...................................................................................... 26 3.2.3.3 Gruppenkontrolle als Hybridform von Fremd- und Selbstkontrolle...................................................................................... 28 3.2.4 Kontrollintensität ............................................................................................... 30 3.2.5 Unterstützung durch Instrumente....................................................................... 32 3.3 Idealtypische Kontrollstrategien .................................................................................. 33 3.3.1 Kontrollstrategien zur Erhöhung des Kontrollertrags ........................................ 36 3.3.1.1 Kontrollstrategien zur Erhöhung der Kontrollintensität ...................... 36 3.3.1.2 Kontrollstrategien zur Erhöhung des Ertrags je Kontrollprozess ........ 38 3.3.2 Kontrollstrategien zur Verringerung der Kontrollkosten................................... 40 3.3.2.1 Kontrollstrategien zur Verringerung des Kontrollbedarfs ................... 40

X

3.3.2.2 Kontrollstrategien zur Verringerung der Kosten je Kontrollprozess .................................................................................... 43 3.4 Abhängigkeit der Kontrollstrategien von Einflussfaktoren ......................................... 46 3.5 Historische Entwicklung des Einsatzes der Kontrollstrategien.................................... 62 4 Die Agency-Theorie als Ansatz zur Erklärung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften in multinationalen Unternehmen ............................................... 68 4.1 Erkenntnisinteresse, Grundkonzepte und Hauptaussagen ............................................ 68 4.2 Erweiterung auf den Fall multipler Agenten ................................................................ 73 4.3 Kritik an der Agency-Theorie ...................................................................................... 78 4.3.1 Endogene Kritik ................................................................................................. 78 4.3.2 Exogene Kritik ................................................................................................... 80 4.4 Anwendung der Agency-Theorie auf die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften multinationaler Unternehmen................................................... 82 4.5 Stand der empirischen Forschung zu Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften ................................................................................................... 88 5 Bezugsrahmen der Untersuchung und Ableitung der Arbeitshypothesen ................... 93 5.1 Bezugsrahmen der Untersuchung................................................................................. 93 5.2 Ableitung der Arbeitshypothesen ................................................................................. 95 6 Darstellung der empirischen Untersuchung.................................................................. 105 6.1 Grundgesamtheit ........................................................................................................ 105 6.2 Konstruktion der Stichprobe ...................................................................................... 111 6.2.1 Datenerhebung ................................................................................................. 111 6.2.2 Resultierende Stichprobe ................................................................................. 114 6.2.3 Repräsentativität der Stichprobe ...................................................................... 117 6.3 Operationalisierung der Variablen ............................................................................. 120 6.3.1 Grundlagen und Gütekriterien der Konstruktmessung .................................... 121 6.3.2 Operationalisierung der Einflussfaktoren ........................................................ 126 6.3.3 Operationalisierung der Kontrollvariablen ...................................................... 133 6.3.3.1 Kontrollvariablen auf der Ebene des MNU ....................................... 133 6.3.3.2 Kontrollvariablen auf der Ebene der Tochtergesellschaft .................. 135 6.3.4 Operationalisierung der Kontrollstrategien ..................................................... 137

XI

6.3.5 Operationalisierung der Erfolgsgrößen ............................................................ 143 6.4 Deskriptive Statistiken ............................................................................................... 148 6.5 Analysemethoden ....................................................................................................... 152 6.5.1 Berechnung von Interrater-Agreement und Interrater-Reliabilität .................. 153 6.5.2 Multiple Regressionsanalyse ........................................................................... 157 6.5.3 Logistische Regression .................................................................................... 164 6.5.4 Prüfung moderierender Effekte........................................................................ 166 6.5.5 Clusteranalyse .................................................................................................. 168 7 Ergebnisse der empirischen Untersuchung ................................................................... 172 7.1 Reliabilität und Validität der Messungen ................................................................... 172 7.1.1 Güte der Konstruktmessung............................................................................. 172 7.1.2 Interrater-Agreement und Interrater-Reliabilität.............................................. 177 7.2 Deskriptive Ergebnisse zu der Gestaltung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften ................................................................................................. 181 7.3 Überprüfung der Arbeitshypothesen und explorative Erfolgsfaktorenuntersuchung ..................................................................................... 190 7.3.1 Wirkung der Einflussfaktoren auf die Kontrollstrategien................................ 190 7.3.2 Zusammenhang zwischen den Kontrollstrategien und dem Erfolg ................. 203 7.3.2.1 Kontrollerfolg ..................................................................................... 204 7.3.2.2 Finanzieller Erfolg der Tochtergesellschaft ....................................... 209 7.3.2.3 Unternehmenserfolg ........................................................................... 212 7.3.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Erfolgsfaktorenanalyse ......... 221 7.4 Gruppierung der Beziehungen zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften .......... 223 8 Fazit ................................................................................................................................... 229 8.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse ................................................... 229 8.2 Kritische Bewertung und weiterer Forschungsbedarf ................................................ 233 8.3 Implikationen für die Praxis ....................................................................................... 235 Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 237 Appendix A: Fragebogen in deutscher Sprache ................................................................ 277 Appendix B: Fragebogen in englischer Sprache................................................................ 285 Appendix C: Anonymisierter Benchmarking-Bericht ...................................................... 293

XIII

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Vereinfachter Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung ........................... 3 Abbildung 2: Merkmale von MNUs zur Abgrenzung von nationalen Unternehmen .............. 7 Abbildung 3: Arten von Vergleichen ..................................................................................... 20 Abbildung 4: Klassifikation idealtypischer Kontrollstrategien .............................................. 34 Abbildung 5: Kontrollstrategien eingeordnet in die Klassifikation idealtypischer Kontrollstrategien ............................................................................................ 36 Abbildung 6: Situative Faktoren für Kontrollstrategien ........................................................ 47 Abbildung 7: Kontrollstrategien in Abhängigkeit von der Kenntnis der UrsacheWirkungs-Zusammenhänge einer Technologie und der Messbarkeit der Ergebnisse ........................................................................................................ 51 Abbildung 8: Clusterung der in GLOBE untersuchten Länder .............................................. 58 Abbildung 9: Die Ausprägungen der Dimensionen Machtdistanz und Unsicherheitsvermeidung für ausgewählte Länder .......................................... 59 Abbildung 10: Die Ausprägungen der Dimensionen Individualismus und Leistungsorientierung für ausgewählte Länder ................................................ 61 Abbildung 11: Untersuchungsbereich multipler Agenten-Modelle ......................................... 74 Abbildung 12: Für MNUs besonders wichtige Kontrollstrategien (hervorgehoben)............... 85 Abbildung 13: Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung ................................................ 94 Abbildung 14: Übersicht über die Arbeitshypothesen ........................................................... 104 Abbildung 15: Bestimmung der Grundgesamtheit................................................................. 108 Abbildung 16: Anzahl der MNUs der Grundgesamtheit je Größenklasse ............................. 109 Abbildung 17: Anteil der MNUs der Grundgesamtheit je Branche (in Prozent, geordnet nach SIC-Gruppen) ......................................................................... 110 Abbildung 18: Börsennotierung der MNUs der Grundgesamtheit und entsprechende Aktienindizes (in Prozent) ............................................................................. 110 Abbildung 19: Stichprobe auf Unternehmensebene im Vergleich mit der Grundgesamtheit gruppiert nach Branche...................................................... 119 Abbildung 20: Stichprobe auf Ebene der Tochtergesellschaften im Vergleich zur Grundgesamtheit gruppiert nach Umsatz der Zentrale .................................. 120 Abbildung 21: Stichprobe auf Ebene der Tochtergesellschaften im Vergleich zur Grundgesamtheit gruppiert nach Region der Tochtergesellschaft ................. 121

XIV

Abbildung 22: Kulturelle Distanz verschiedener Regionen zu Deutschland laut der GLOBE-Studie (in Indexwerten) ................................................................... 131 Abbildung 23: Organisationsformen der MNUs zur Kontrolle ihrer ausländischen Tochtergesellschaften..................................................................................... 182 Abbildung 24: Berichtsfrequenz verschiedener Kennzahlen ................................................. 183 Abbildung 25: Frequenz verschiedener Verfahrenskontrollen .............................................. 184 Abbildung 26: Bewertung verschiedener Aspekte des kulturabhängigen Kontrollverhaltens.......................................................................................... 186 Abbildung 27: Bewertung verschiedener Aspekte der IT-Unterstützung der Berichtssysteme zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften .................... 188 Abbildung 28: Wichtigkeit verschiedener Kennzahlen bei der Steuerung und Erfolgskontrolle der Tochtergesellschaften ................................................... 189 Abbildung 29: Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle ..................................... 190 Abbildung 30: Modell der Pfadanalyse .................................................................................. 218 Abbildung 31: Elbow-Kriterium zur Bestimmung der Gruppenanzahl ................................. 224 Abbildung 32: t-Werte der einzelnen Gruppen für die Kontrollstrategien ............................ 225 Abbildung 33: Empirische Clusterung der Kontrollbeziehung zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften..................................................................................... 226 Abbildung 34: Durchschnittlicher Erfolg der Tochtergesellschaften in den einzelnen Gruppen.......................................................................................................... 228

XV

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Beschreibung der fünf kulturellen Dimensionen nach Hofstede .......................... 56 Tabelle 2: Empirische Studien über die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften ........................................................................................... 89 Tabelle 3: Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaften nach Befragungsart........... 115 Tabelle 4: Deskriptive Statistiken zu den antwortenden Personen ...................................... 118 Tabelle 5: Indikatoren des Konstrukts „Zentralisierung“ .................................................... 133 Tabelle 6: Indikatoren des Konstrukts „Bedeutung der Tochtergesellschaft (Markt)“ ....... 136 Tabelle 7: Indikatoren des Konstrukts „Ergebniskontrolle“ ................................................ 138 Tabelle 8: Indikatoren des Konstrukts „Verfahrenskontrolle“ ............................................ 139 Tabelle 9: Indikatoren des Konstrukts „Prämissenkontrolle“.............................................. 139 Tabelle 10: Indikatoren des Konstrukts „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ ................... 141 Tabelle 11: Indikatoren der Dimension Reisetätigkeit des Konstrukts „Angleichung von Zielen“ ......................................................................................................... 141 Tabelle 12: Indikatoren der Dimension Unternehmenskultur/Werte des Konstrukts „Angleichung von Zielen“ .................................................................................. 142 Tabelle 13: Indikatoren des Konstrukts „Unterstützung durch Informationstechnologie“ ................................................................................... 143 Tabelle 14: Indikatoren des Konstrukts „Kontrollerfolg“ ..................................................... 144 Tabelle 15: Indikatoren des Konstrukts „Einstellung der Tochtergesellschaft zur Kontrolle“ ........................................................................................................... 145 Tabelle 16: Indikatoren des Konstrukts „finanzieller Erfolg – Gewichtung Kennzahlen“ ....................................................................................................... 147 Tabelle 17: Indikatoren des Konstrukts „finanzieller Erfolg – Zielerreichung Kennzahlen“ ....................................................................................................... 147 Tabelle 18: Deskriptive Statistiken zu den Einflussfaktoren auf Kontrollstrategien............. 149 Tabelle 19: Deskriptive Statistiken zu den Kontrollvariablen auf Ebene der MNUs ............ 150 Tabelle 20: Deskriptive Statistiken zu den Kontrollvariablen auf Ebene der Tochtergesellschaften ......................................................................................... 150 Tabelle 21: Deskriptive Statistiken zu den nominal skalierten Kontrollvariablen ................ 151 Tabelle 22: Deskriptive Statistiken zu den Kontrollstrategien .............................................. 151 Tabelle 23: Deskriptive Statistiken zu den Erfolgsmaßen ..................................................... 152

XVI

Tabelle 24: Interne Konsistenz und Konvergenzvalidität reflektiver Konstrukte ................. 173 Tabelle 25: Korrelationen und Signifikanzniveaus zwischen den Einflussfaktoren ............. 175 Tabelle 26: Korrelationen und Signifikanzniveaus zwischen den Kontrollstrategien ........... 176 Tabelle 27: Korrelationen und Signifikanzniveaus zwischen den Erfolgsmaßen ................. 176 Tabelle 28: Maße zur Bestimmung des Interrater-Agreements für die nominal skalierten Variablen ............................................................................................ 178 Tabelle 29: Maße zur Bestimmung der Interrater-Reliabilität für die ordinal skalierten Variablen............................................................................................................. 178 Tabelle 30: Maße zur Bestimmung der Interrater-Reliabilität für die mindestens intervallskalierten Variablen ............................................................................... 180 Tabelle 31: Mittelwerte und signifikante Unterschiede zwischen den Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaften für ausgewählte Variablen ......................... 181 Tabelle 32: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse, jeweils mit „Ergebniskontrolle“ (Hypothese H1) und „Verfahrenskontrolle“ (Hypothese H2) als abhängiger Variablen ..................... 194 Tabelle 33: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse, jeweils mit „Prämissenkontrolle“ (Hypothese H3) und „Aggregation von Informationen“ (Hypothese H4) als abhängiger Variablen............................................................................................................. 196 Tabelle 34: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse, jeweils mit „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ (Hypothese H5) und „Angleichung von Zielen“ (Hypothese H6) als abhängiger Variablen .......................................................................................... 198 Tabelle 35: Regressionskoeffizienten der binären und der ordinalen logistischen Regression mit „Gruppenkontrolle“ als abhängiger Variablen (Hypothese H7) ...................................................................................................................... 200 Tabelle 36: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit „Unterstützung durch Informationstechnologie“ (Hypothese H8) als abhängiger Variablen .......................................................... 201 Tabelle 37: Zusammenfassung der Ergebnisse der Überprüfung der Hypothesen H1H8 über den Zusammenhang zwischen Einflussfaktoren und Kontrollstrategien ............................................................................................... 202

XVII

Tabelle 38: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit dem „Kontrollerfolg“ (Hypothese H9) als abhängiger Variablen .......................................................................................... 205 Tabelle 39: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe mit niedrigem und der Gruppe mit hohem Kontrollerfolg ........................................ 207 Tabelle 40: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit der „Einstellung der Tochtergesellschaft“ zur Kontrolle als abhängiger Variablen .................................................................... 208 Tabelle 41: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe der Tochtergesellschaften mit negativer und der Gruppe mit positiver Einstellung zur Kontrolle.................................................................................... 209 Tabelle 42: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit dem „finanziellen Erfolg der Tochtergesellschaft“ (Hypothese H10) als abhängiger Variablen ........................................................ 211 Tabelle 43: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe der Tochtergesellschaften mit niedrigem und mit hohem finanziellen Erfolg ......... 212 Tabelle 44: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit dem „RoA“ des gesamten MNU als abhängiger Variablen............................................................................................................. 214 Tabelle 45: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe der MNUs mit niedrigem und der Gruppe mit hohem RoA 2005 ........................................ 215 Tabelle 46: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit dem „RoE“ des gesamten MNU als abhängiger Variablen............................................................................................................. 217 Tabelle 47: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe der MNUs mit niedrigem und der Gruppe mit hohem RoE 2005 ........................................ 218 Tabelle 48: Pfadkoeffizienten der Pfadanalyse ..................................................................... 219 Tabelle 49: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit dem „Umsatzwachstum“ des gesamten MNU als abhängiger Variablen .......................................................................................... 220 Tabelle 50: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe der MNUs mit niedrigem und der Gruppe mit hohem Umsatzwachstum 2003-2005 .......... 221

XVIII

Tabelle 51: Vorzeichen der signifikanten Regressionskoeffizienten und ihre Signifikanzniveaus aus den multiplen Regressionen mit den Erfolgsmaßen als abhängigen Variablen .................................................................................... 222 Tabelle 52: Signifikanz der Mittelwertunterschiede der Kontrollstrategien in Abhängigkeit von der Gruppenanzahl ................................................................ 227

XIX

Abkürzungsverzeichnis CFO

Chief Financial Officer

GLOBE

Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness

ICC

Intra class correlation (Intraklassenkorrelation)

IT

Informationstechnologie

MNU

multinationales Unternehmen



Prozentuale Übereinstimmung

RoA

Return on Assets

RoE

Return on Equity

S.

Seite

SIC

Standard Industrial Classification

US

United States

1

1 Einleitung Die Einleitung hat das Ziel, die grundlegende Fragestellung dieser Arbeit zu motivieren und ihre Zielsetzung zu erklären. Zusätzlich dazu wird ein Überblick über den Aufbau dieser Arbeit gegeben.

1.1 Motivation und Zielsetzung Der bereits lang anhaltende Trend zur Internationalisierung von Großunternehmen weitet sich in zunehmendem Maße auch auf kleinere Unternehmen aus.1 So entstandene multinationale Unternehmen (MNUs) produzieren und vertreiben ihre Güter bzw. Dienstleistungen in mehreren Ländern über Tochtergesellschaften.2 Durch zunehmenden Wettbewerb zwischen den MNUs und ihre wachsende Internationalität wird es für sie immer wichtiger, Kontrolle über ihre internationalen Geschäfte zu behalten.3 Angesichts der steigenden Komplexität und Dynamik der Umwelt nimmt die Angst der Unternehmen vor Kontrollversagen zu.4 Die Suche nach einer geeigneten Vorgehensweise bei der Kontrolle ausländischer Aktivitäten ist für MNUs deshalb wichtig, weil der finanzielle Erfolg der Tochtergesellschaften stark vom Kontrollverhalten eines MNU gegenüber seinen ausländischen Tochtergesellschaften abhängt.5 Durch Kontrolle wird zum einen sichergestellt, dass die strategischen Ziele des MNU erreicht und Abweichungen von gewünschten Vorgaben korrigiert werden können.6 Zum anderen kann Kontrolle die Leistungsfähigkeit der ausländischen Tochtergesellschaften erhöhen. Allerdings wird die Kontrolle ausländischer gegenüber inländischer Tochtergesellschaften durch eine infolge kultureller Unterschiede und geografischer Distanz hohe Informationsasymmetrie zwischen der Zentrale des MNU und den ausländischen Tochtergesellschaften erschwert.7

1 2

3 4

5 6 7

Vgl. Etemad (2004), S. 1; Kabst (2004), S. 1. Im Folgenden wird ein einziges multinationales Unternehmen mit MNU und zur besseren Verdeutlichung des Plurals mehrere multinationale Unternehmen als MNUs bezeichnet. Vgl. zum Begriff des „multinationalen Unternehmens“ ausführlich Abschnitt 2.1. Vgl. Geringer/Hebert (1989), S. 236; Martinez/Jarillo (1989), S. 491 f. Vgl. Newman (1975), S. XIII. Unternehmenskrisen, die auf die mangelnde Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften zurückzuführen sind, sind z. B. die Öltermingeschäfte der US-amerikanischen Tochtergesellschaft der Metallgesellschaft im Jahr 1993 und die Krise der Barings Bank im Jahr 1995. Vgl. Luo (2003), S. 295. Vgl. Paik/Sohn (2004), S. 61. Vgl. Chang/Taylor (1999), S. 542. Im Folgenden wird der Einfachheit halber immer von Tochtergesellschaften gesprochen, obwohl damit auch Joint Ventures gemeint sind (vgl. Abschnitt 6.1).

2

Kontrolle wird als eine der wichtigsten Führungsaufgaben in Unternehmen gesehen.8 Trotzdem wird der Kontrolle sowohl in der Theorie als auch in der Praxis nicht die entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt. „Kontrollen finden in Organisationen selten Zuspruch. Sie werden meist als lästig, unerwünscht oder gar verhaßt [!] empfunden; Kontrollen sind unbeliebt.“9 In empirischen Arbeiten wird Kontrolle in der Regel nur am Rande bei der Bearbeitung des Themengebiets Koordination behandelt.10 Dies gilt in besonderem Maße für Fragestellungen der Kontrolle bei MNUs.11 Zum einen existiert bisher noch keine Arbeit, die ein umfassendes Bild über die von MNUs eingesetzten Kontrollstrategien und ihre Abhängigkeit von Einflussfaktoren gibt.12 Zweitens besteht Unklarheit über mögliche Erfolgsfaktoren bei der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften. Diese Defizite sollen in der vorliegenden Arbeit adressiert werden. Das Ziel dieser Arbeit ist die theoretisch basierte und hypothesengeleitete empirische Untersuchung der Erfolgsfaktoren der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften deutscher MNUs. Es stellt sich dabei die Frage, wie sich MNUs in der Kontrolle ihrer ausländischen Tochtergesellschaften unterscheiden und ob vorhandene theoretische Erkenntnisse zur Kontrolle auf MNUs übertragbar sind. Dabei hat die Arbeit drei Unterziele, die sie von vorhandenen Untersuchungen abgrenzen. Erstens fokussiert die Arbeit anders als ein Großteil der vorhandenen Studien auf Kontrolle, nicht aber auf die weiter gefassten Begriffe „Koordination“ und „control“, und soll so dazu beitragen, die lückenhaften empirischen Erkenntnisse der Kontrollforschung zu ergänzen. Zweitens soll die empirische Untersuchung unter Verwendung der Agency-Theorie theoretisch fundiert werden. Drittens hat die Arbeit zum Ziel, erfolgreiche Kontrollmuster zu identifizieren. Der Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung ist vereinfacht in Abbildung 1 dargestellt.

8 9 10 11 12

Vgl. z. B. Fayol (1925), S. 158; Nordsieck (1955), S. 26; Gutenberg (1958), S. 47 f.; Brech (1975), S. 12; Albach (2000), S. 12; Weber (2002), S. 32 f. Gabele (1982), S. VII. Deutlich mehr Erkenntnisse gibt es über die psychologischen Auswirkungen von Kontrollen auf die kontrollierten Individuen. Vgl. hierzu u. a. Abschnitt 3.1. Vgl. den Literaturüberblick von Martinez/Jarillo (1989), S. 494 f., und Ricks/Toyne/Martinez (1990), S. 229 f., sowie ausführlich Abschnitt 4.5. Es gibt einzelne Arbeiten, die Kontrollfragestellungen in MNUs behandeln, und dabei Teilaspekte beleuchten. Dabei geht es vor allem um Ergebnis- und Verhaltenskontrollen. Egelhoff (1984) untersucht den Einsatz von Verhaltens- bzw. Ergebniskontrollen, weitere Autoren konzentrieren sich in ihren Studien auf den Einsatz von Verhaltenskontrollen, so etwa Edström/Galbraith (1977); Delios/Björkman (2000); O’Donnell (2000); Harzing (2001a) und Harzing (2001b).

3

Einflussfaktoren

Kontrollstrategien

Kontrollerfolg

Unternehmenserfolg

Abbildung 1: Vereinfachter Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung Den genannten Zielen entsprechend sollen somit die folgenden drei Forschungsfragen adressiert werden: 1. Die erste Forschungsfrage hat die empirische Bestandsaufnahme der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften bei deutschen MNUs zum Ziel. Sie lautet folglich: Wie ist die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften bei MNUs gestaltet? 2. Ein MNU sieht sich bei voranschreitender Internationalisierung zunehmend dem Problem ausgesetzt, dass die für Kontrollen notwendige Informationsermittlung teurer und schwieriger wird. Die Tochtergesellschaften verfügen insbesondere in geografisch und kulturell weit von der Zentrale des MNU entfernt liegenden Regionen über einen Informationsvorsprung gegenüber der Zentrale des MNU. Daher müssen sich MNUs die Frage stellen, ob bzw. inwieweit sie kulturelle Unterschiede und andere Einflussfaktoren bei der Kontrolle ihrer ausländischen Tochtergesellschaften berücksichtigen sollen.13 Die Frage wird deshalb zunehmend relevant, da die größten Wachstumsregionen, insbesondere Asien, hohe kulturelle Unterschiede zu Deutschland aufweisen. In Bezug auf China stellen Yang et al. (1999) beispielsweise fest: „Many firms with operations in China question to what extent they must adapt, and whether there is some form of international ‚best practiceǥ that can be used to achieve success, regardless of local conditions.“14 Die dieser Problematik entsprechende Forschungsfrage ist also: Wie ist der Zusammenhang zwischen Einflussfaktoren, die die Informationsasymmetrie zwischen der Zentrale eines MNU und seinen ausländischen Tochtergesellschaften deter-

13

14

Vgl. z. B. Luo (2003), S. 295 f. Laut Emmerik/Sanders (2004), S. 41, hängt die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter von ihrer Einbettung in die Umgebung ab („social embeddedness“), d. h. eine nicht angepasste Kontrollkultur würde in dem Land einer Auslandsgesellschaft heimische Mitarbeiter in ihrer Leistungsfähigkeit möglicherweise beschränken. Yang/Farley/Hoenig (1999), S. 16.

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minieren, und der von der Zentrale des MNU gestalteten Kontrolle der ausländischen Tochtergesellschaften? 3. Der praktische Nutzen der Kontrolle wird durch ihren Erfolg bestimmt. Dabei kann der Beitrag der im Rahmen der Bearbeitung der zweiten Forschungsfrage identifizierten Gestaltungsparameter der Kontrolle sowohl zum Kontroll- als auch zum Unternehmenserfolg untersucht werden. In dieser Arbeit wird die Auswirkung auf beide Erfolgsarten untersucht. Die dritte Forschungsfrage lautet somit: Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Gestaltung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften und dem (Kontroll-)Erfolg?

1.2 Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit ist in acht Kapitel unterteilt. Nach der einleitenden Darstellung von Motivation, Zielsetzung und Forschungsfragen sowie der Vorstellung des Aufbaus dieser Arbeit in Kapitel eins werden in Kapitel zwei zunächst die für das weitere Verständnis nötigen Begriffe „multinationales Unternehmen“ und „Kontrolle“ definiert und der Begriff „Kontrolle“ von verwandten Begriffen abgegrenzt. In Kapitel drei werden theoretische und empirische Erkenntnisse zur Kontrolle beschrieben. Es dient dazu, Kontrollstrategien zu entwickeln, die in Kapitel vier agency-theoretisch beleuchtet werden. Zunächst stellt Abschnitt 3.1 die beiden Hauptziele von Kontrolle vor. Zur Erreichung dieser Ziele werden in Unternehmen Kontrollstrategien eingesetzt, deren mögliche Parameter in Abschnitt 3.2 beschrieben werden, bevor in Abschnitt 3.3 idealtypische Kontrollstrategien abgeleitet und konkrete Kontrollstrategien beschrieben werden. Da die Kontrollstrategien abhängig von situativen Faktoren eingesetzt werden können, wird die Auswirkung situativer Faktoren auf die Kontrollstrategien in Abschnitt 3.4 diskutiert, wobei besonders auf den situativen Faktor Kultur eingegangen wird. Eine historische Analyse der Veränderungen des Einsatzes der Kontrollstrategien im Zeitverlauf wird in Abschnitt 3.5 beschrieben. Kapitel vier stellt die Agency-Theorie als Ansatz zur Erklärung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften multinationaler Unternehmen dar. Zunächst werden allgemeine Aussagen über die Agency-Theorie getroffen. Dazu gehören ihr Erkenntnisinteresse, Grundkonzepte und Hauptaussagen (Abschnitt 4.1) und eine Erweiterung auf den Fall multipler

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Agenten (Abschnitt 4.2), mit denen der Fall mehrerer Tochtergesellschaften modelliert werden kann. Anschließend wird die Agency-Theorie in Abschnitt 4.3 einer Kritik unterzogen. Dann folgt in Abschnitt 4.4 die Anwendung der Agency-Theorie auf die Fragestellung der vorliegenden Arbeit. Dazu werden die für MNUs besonders wichtigen Kontrollstrategien und die Einflussfaktoren auf diese Kontrollstrategien vorgestellt und mittels der Agency-Theorie erklärt. Das Kapitel vier schließt mit einer Kurzbeschreibung der empirischen Studien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften in Abschnitt 4.5. Das Forschungsmodell der vorliegenden Arbeit wird in Kapitel fünf erklärt. Dazu wird in Abschnitt 5.1 zunächst der Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung vorgestellt, um diesem folgend in Abschnitt 5.2 Hypothesen gemäß den Forschungsfragen zwei und drei abzuleiten. Kapitel sechs enthält die Darstellung der Konzeption der empirischen Untersuchung. Zunächst wird in Abschnitt 6.1 die Grundgesamtheit vorgestellt und im Anschluss daran in Abschnitt 6.2 die Datenerhebung und die resultierende Stichprobe präsentiert. Um eine Replikation dieser Studie zu ermöglichen, werden in Abschnitt 6.3 die Definitionen und Operationalisierungen aller verwendeten Variablen ausführlich beschrieben. Die deskriptiven Statistiken zu diesen Variablen sind in Abschnitt 6.4 dargestellt. Als Abschluss dieses Kapitels wird in Abschnitt 6.5 auf die verwendeten Analysemethoden eingegangen. Nach der Darstellung der Konzeption der empirischen Untersuchung werden im Kapitel sieben die Ergebnisse der empirischen Untersuchung präsentiert. Zunächst werden in Abschnitt 7.1 grundlegende Analysen beschrieben, um die Reliabilität und die Validität der vorgenommenen Messungen zu bewerten, bevor in Abschnitt 7.2 der ersten Forschungsfrage entsprechend Antworten auf die Frage der Gestaltung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften bei MNUs gegeben werden. Die Prüfung der zuvor aufgestellten Arbeitshypothesen und die Untersuchung des Erfolgs der Kontrollstrategien erfolgt, gemäß den beiden anderen Forschungsfragen, in Abschnitt 7.3. Schließlich werden die Kontrollbeziehungen zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften in Abschnitt 7.4 in Gruppen eingeteilt. Die vorliegende Arbeit wird durch Kapitel acht, das eine Schlussbetrachtung enthält, abgerundet. Dazu werden in Abschnitt 8.1 zunächst die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zusammengefasst, bevor diese in Abschnitt 8.2 kritisch bewertet und in Abschnitt 8.3 die Implikationen dieser Arbeit für die Praxis beschrieben werden.

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2 Begriffliche Grundlagen In diesem Abschnitt wird zunächst das dieser Arbeit zugrunde liegende Verständnis der beiden Begriffe „multinationales Unternehmen“ und „Kontrolle“ vorgestellt (Abschnitte 2.1 und 2.2). Anschließend wird der Begriff „Kontrolle“ von ähnlichen Begriffen abgegrenzt, um eine Verwechslung zu verhindern (Abschnitt 2.3). Hauptziel dieses Kapitels ist es, das Kontrollverständnis dieser Arbeit zu präzisieren.

2.1 Multinationale Unternehmen Der Begriff des MNU wird sowohl in der deutschsprachigen als auch in der englischsprachigen Literatur sehr heterogen definiert.15 Im Folgenden sollen die Merkmale von MNUs, die diese Definitionen beschreiben, kurz vorgestellt werden, um die für diese Arbeit zugrunde gelegte Definition von MNUs zu fundieren.16 Die meisten Beiträge stellen die Eigenheiten von MNUs in Abgrenzung zu nur in einem Land tätigen, nationalen Unternehmen dar. Dabei unterscheiden sie MNUs nach quantitativen oder qualitativen Merkmalen. Bei den quantitativen Merkmalen werden weiterhin Strukturmerkmale und Leistungskennzahlen unterschieden, wie in Abbildung 2 zu erkennen ist. Strukturmerkmale werden sehr häufig zur Charakterisierung von MNUs herangezogen. Dabei stellen Art und Höhe der Geschäftstätigkeit im Ausland, gemessen durch die Investitionen im Ausland, das primäre Strukturmerkmal dar.17 Besteht die Geschäftstätigkeit im Ausland ausschließlich aus dem Absatz von im Heimatland des Unternehmens hergestellten Produkten oder der Beschaffung, kann noch nicht von einem MNU gesprochen werden. Erst wenn ein Unternehmen Produktionsstätten in mindestens zwei Ländern hat, kann es als MNU bezeichnet werden.18 Ein weiteres Merkmal für das Bestehen eines MNU sind die Eigentumsrechte an den ausländischen Tochtergesellschaften. Da aufgrund von lokalen Gegebenheiten eine hundertprozentige Eigentümerschaft an einer Tochtergesellschaft nicht möglich oder sinnvoll

15 16

17 18

Vgl. Welge (1980), S. 3; Dülfer (2001), S. 6-8. Der Versuch, eine Definition für MNUs herzuleiten, ist nicht mit der Klassifizierung verschiedener Arten von MNUs zu verwechseln. Einen Überblick über die wichtigsten Klassifikationsschemata von MNUs gibt Harzing (2000), S. 102-107. Vgl. Fischer (1967), S. 15-17. Vgl. Welge (1980), S. 4. Andere Autoren, wie z. B. Vernon (1971), S. 11, fordern eine Geschäftstätigkeit in mindestens sechs Ländern.

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sein kann, sind auch Beteiligungen und Joint Ventures ein Zeichen multinationaler Geschäftstätigkeit, sofern sie zu mindestens 50% im Besitz des MNU sind. Denkbar ist weiterhin, die Zusammensetzung des Top-Managements, und zwar die Besetzung mit Führungskräften verschiedener Nationalitäten, als Merkmal eines MNU heranzuziehen. Darauf wird jedoch von den meisten Autoren verzichtet, da dieses Merkmal sich nicht auf die Geschäftstätigkeit bezieht und stattdessen nur eine Vermutung über eine internationale Denkweise des TopManagements enthält. Hinsichtlich der Organisationsstruktur wird an MNUs die Anforderung gestellt, dass das Auslandsgeschäft nicht nur über eine Exportabteilung, gesteuert wird, sondern Inlands- und Auslandsgeschäft organisatorisch integriert sind.19 Merkmale von MNUs

Quantitative Merkmale

Strukturmerkmale

Leistungskennzahlen (relativ/absolut)

• Direktinvestitionen

• Investitionsvolumen



• •

im Ausland Eigentumsrechte an den ausländischen Tochtergesellschaften Zusammensetzung des Top-Managements Organisationsstruktur

im Ausland

• Umsatz im Ausland • Gewinn im Ausland • Anzahl der Mitarbeiter im Ausland

Qualitative Merkmale

Verhaltensmerkmale

• Denk- und Verhal•

tensweisen des TopManagements Auslandsorientierte Unternehmenskultur

Abbildung 2: Merkmale von MNUs zur Abgrenzung von nationalen Unternehmen20 Leistungskennzahlen bilden die zweite Gruppe von Merkmalen zur Abgrenzung nationaler Unternehmen von MNUs. Sie können absolut oder zur besseren Vergleichbarkeit relativ zu den jeweiligen Größen für das gesamte Unternehmen ausgedrückt werden. Hierzu gehören das Investitionsvolumen im Ausland, der Umsatz im Ausland, der Gewinn im Ausland oder die Anzahl der Mitarbeiter im Ausland. Überschreiten diese Kennzahlen einen gewissen Wert, sprechen einige Autoren von MNUs. Allerdings gibt es eine hohe Divergenz der von den Au-

19 20

Vgl. Perlitz (2000), S. 617 f. Nach Roessel (1988), S. 39, allerdings ohne die von ihm vorgenommene Unterscheidung in statische und dynamische Merkmale.

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toren vertretenen Schwellenwerte, die auf eine fehlende theoretische Fundierung zurückzuführen ist, wodurch eine solche Abgrenzung einen willkürlichen Charakter erhält. Neben quantitativen sind auch qualitative Abgrenzungsmerkmale für MNUs denkbar. Dazu gehören Denk- und Verhaltensweisen des Top-Managements und dabei insbesondere seine Einstellung zur Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit. Häufig wird in diesem Zusammenhang auf die Klassifikation von Perlmutter (1969) zurückgegriffen, der die Einstellungen von Führungskräften zur Internationalisierung in die Kategorien ethnozentrisch (Heimatland-orientiert), polyzentrisch (Gastland-orientiert) oder geozentrisch (Welt-orientiert) einteilt und darauf aufbauend Hypothesen über die Organisationsstruktur von Unternehmen aufstellt.21 Nur poly- und geozentrische Unternehmen bezeichnet er als MNUs. Derartige qualitative Abgrenzungen sind ebenso wie andere Definitionen, die MNUs z. B. ihrer Unternehmenskultur entsprechend von anderen Unternehmen unterscheiden, kaum zu operationalisieren.22 Da also Leistungskennzahlen völlig willkürlich und qualitative Merkmale schwer operationalisierbar sind, wird für diese Arbeit ein Strukturmerkmal zur Definition eines MNU zu Hilfe genommen. Von einem MNU soll gesprochen werden, wenn ein Unternehmen außerhalb der geografisch nahen Märkte über eigene Tochtergesellschaften verfügt. Für deutsche MNUs bedeutet dies, dass sie auch über außereuropäische Tochtergesellschaften verfügen müssen. Diese Definition ist anschlussfähig an existierende Definitionen und stellt die für die Problemstellung dieser Arbeit adäquate Selektion der Unternehmen sicher.23

2.2 Kontrolle Auch der Begriff „Kontrolle“ bedarf wegen der zentralen Bedeutung für diese Arbeit einer Definition. Das grundlegende Begriffsmerkmal der Kontrolle im betriebswirtschaftlichen Sinn ist dabei in der deutschsprachigen Literatur weitgehend unstrittig: der Vergleich zwischen

21

22 23

Vgl. Perlmutter (1969), S. 11-14. Ethnozentrische Unternehmen besetzen Schlüsselpositionen in ausländischen Tochtergesellschaften bevorzugt durch Angehörige aus dem Heimatland des Unternehmens, da angenommen wird, dass diese intelligenter, fähiger und zuverlässiger sind als solche aus den Gastländern. Polyzentrische Unternehmen sehen hingegen die Kultur jedes Landes als von Fremden schwer beherrschbaren Faktor an und besetzten daher Führungspositionen nur mit Angehörigen des jeweiligen Landes. In geozentrischen Unternehmen spielt die Nationalität bei der Besetzung von Positionen und der Bewertung der wirtschaftlichen Leistung keine Rolle mehr. Vgl. Welge (1980), S. 9. Für eine ähnliche Definition vgl. z. B. Vernon (1971), S. 11, Welge (1980), S. 4, und Phatak (1989), S. 4.

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mindestens zwei Größen.24 Dabei ist im Fall zweier Größen die eine Größe im Allgemeinen die zu prüfende Größe, die einer Maßstabs- oder Normgröße gegenübergestellt wird.25 In der englischsprachigen Literatur gibt es kein Wort, das eindeutig mit Kontrolle korrespondiert; stattdessen werden unter den Begriffen „control“ und „monitoring“ gleichzeitig Koordinations- und Kontrollaspekte diskutiert. Die Abgrenzung zwischen Kontrolle und diesen Begriffen ist Thema des nächsten Abschnitts 2.3. Unterschiede in den deutschsprachigen Kontrollverständnissen gibt es vor allem im Umfang der Kontrolldefinition. Es gibt Autoren, die nur die reine Gegenüberstellung von zwei (oder mehr) Werten zur Kontrolle zählen,26 und Autoren, die zusätzlich die Analyse der potenziellen Abweichungen27 oder die Erarbeitung der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen der Kontrolle zurechnen.28 Insgesamt überwiegt in der Literatur allerdings klar die engere Definition der Gegenüberstellung von mehreren Werten. Dieser Arbeit liegt das in der betriebswirtschaftlichen Literatur dominierende engere Kontrollverständnis, Kontrolle als Vergleich zwischen mindestens zwei Größen, exklusive eventuell folgender Abweichungsanalysen und Anpassungsmaßnahmen zugrunde. Obwohl die Abweichungsanalyse nicht zur Kontrolle gezählt wird, stellt diese ein die Kontrolle unterstützendes Kontrollinstrument dar.29 Ferner bedeutet die genannte Definition nicht, dass die Erarbeitung von Anpassungsmaßnahmen nicht Ziel der Kontrolle ist; sie wird nur nicht in die Definition integriert, um den Begriff möglichst spezifisch zu belassen.30

24

25 26

27 28 29 30

Vgl. Hasenack (1952), S. 339-341; Nordsieck (1955), S. 114; Kronester (1966), S. 16; Frese (1967), S. 53; Köhler (1976), S. 303; Höller (1978), S. 20; Laux (1979), S. 252; Gabele (1982), S. VIII; Thieme (1982), S. 9; Sjurts (1995), S. 14; Weber (2002), S. 226; Horváth (2003), S. 21. Vgl. Küpper (1994), S. 937. Vgl. Leitner (1917), S. 3-10; Danert (1952), S. 14 f.; Hasenack (1952), S. 339; Kronester (1966), S. 12 f.; Mellerowicz (1976), S. 323 f.; Köhler (1976), S. 303; Frese (1980), S. 210; Gabele (1982), S. VIII f.; Horváth (2003), S. 21. Vgl. Kosiol (1966), S. 188; Stomberg (1969), S. 45; Loth (1970), S. 10 f.; Osterloh (1974), S. 13; Thieme (1982), S. 10 f.; Schweitzer (2001), S. 73. Vgl. Grull (1921), S. 14 f.; Hax (1965), S. 202-204; Lindemann/Nagel (1968), S. 15; Lütke Schwienhorst (1989), S. 241. Vgl. Abschnitt 3.2.5. Vgl. dazu auch Frese (1967), S. 54: „Mit zunehmender Ausdehnung des Begriffsumfanges nimmt die spezifische Bedeutung des abgegrenzten Gegenstandsbereichs für die Fragestellung dieser Arbeit immer mehr ab. Ein Höhepunkt wird erreicht, wenn unter den Begriff [Kontrolle] jede Beeinflussung und Koordination der betrieblichen Elemente fällt. Jede betriebliche Aufgabe ist in diesem Sinne ‚Kontrolleǥ bzw. ‚Controlǥ.“

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2.3 Abgrenzung des Begriffs Kontrolle Neben der Definition von Kontrolle ist wegen der Verwechslungsgefahr noch eine Abgrenzung zu dem im englischen Sprachraum verbreiteten Begriff „control“ und dem auf denselben Wortstamm zurückzuführenden Begriff „Controlling“ wichtig. Zur Abgrenzung wird daher im Folgenden kurz die Beziehung von Kontrolle zu diesen beiden Begriffen skizziert. Zwar wird unter dem Begriff „control“ in der englischsprachigen Literatur vereinzelt ein Vergleich (also Kontrolle) verstanden,31 in der Regel wird der Terminus aber im Sinne von sozialer Beeinflussung oder von Koordination bzw. Unternehmenssteuerung verwendet.32 Dies schließt allerdings nicht aus, dass – wenn in der Regel auch nur am Rande – unter diesen Begriffen Kontrollfragestellungen behandelt werden.33 „Clearly, there is no consistent definition of the concept of control, leading inevitably to divergent approaches to the study of it.“34 Controlling hat ebenfalls verschiedene Bedeutungen. Neben der in deutschen Unternehmen weit verbreiteten betrieblichen Funktion wird unter Controlling die „informationelle Sicherung ergebnisorientierter Führung“ auf der Grundlage des „Zahlenwerk[s] des Rechnungsund Finanzwesens“ verstanden.35 Im Rahmen der theoretischen Diskussion über das Wesen des Controllings wird dann der Zusammenhang zwischen Kontrolle und Controlling erläutert: Der im deutschsprachigen Raum dominierende36 koordinationstheoretische Ansatz von Horváth sieht Kontrolle als eine von mehreren Funktionen, die durch das institutionalisierte

31 32

33

34 35 36

So z. B. bei Reeves/Woodward (1970), S. 38; Giglioni/Bedeian (1974), S. 2; Brech (1975), S. 12; Egelhoff (1984), S. 74, und Schreyögg/Steinmann (1987), S. 91 f. Prominente Definitionen sind z. B. Anthony (1965), S. 17: „The process by which managers assure that resources are obtained and used effectively and efficiently in the accomplishment of the organization’s objectives.“; Tannenbaum (1962), S. 239: „We shall use it [control] here in this broader way to refer to any process in which a person or group of persons or organization of persons determines, i.e., intentionally affects, what another person or group or organization will do.“; Daft/Macintosh (1984), S. 44: „Organizational control includes the activities used to achieve desired organizational goals and outcomes.“ Vgl. Tannenbaum (1962), S. 239: „Control has been variously defined, and different terms (e.g. power, authority, influence) are sometimes used synonymously with it.“ Dies führt auch dazu, dass häufig – zumindest am Rande – Kontrollaspekte bei Studien zum Thema control diskutiert werden. Flamholtz/Das/Tsui (1985), S. 37. Hahn/Hungenberg (2001), S. 265 und S. 272. Vgl. die Übersicht bei Küpper (2005), S. 5, die zeigt, dass 61% der deutschsprachigen Hochschullehrer in der Koordination von Führungsaufgaben die wichtigste Funktion des Controllings sieht. Einen umfangreichen Überblick über alternative theoretische Controllingkonzeptionen geben z. B. Sjurts (1995) und Becker (2004).

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Controlling koordiniert werden.37 Controlling ist also nicht mit Kontrolle gleichzusetzen, sondern Kontrolle ist nur eine Teilaufgabe des Controllings. In der vorliegenden Arbeit wird weder control noch Controlling untersucht, allerdings wird die Literatur zu diesen beiden Themengebieten herangezogen, sofern sie auch Aussagen über Kontrollfragestellungen macht.

37

Vgl. Horváth (2003), S. 148 f.

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3 Kontrollstrategien Nachdem die nötigen begrifflichen Grundlagen gelegt sind, werden nun theoretische und empirische Aussagen über die Kontrolle im Kontext von Unternehmen beschrieben. Ziel dieses Kapitels ist es, verschiedene Gestaltungen von Kontrolle in Form von idealtypischen Kontrollstrategien auf Unternehmensebene abzuleiten, die in weiteren Kapiteln theoretisch eingeordnet und empirisch untersucht werden. Dabei wird in einigen Fällen zur besseren Veranschaulichung der Wirkungen der Kontrollstrategien die Unternehmensebene verlassen und das Verhältnis zwischen kontrollierenden und kontrollierten Individuen beschrieben. Zunächst werden die beiden Hauptziele aller Kontrollstrategien dargelegt (Abschnitt 3.1). Dann folgt eine Beschreibung der Parameter von Kontrollstrategien (Abschnitt 3.2) und der sich daraus ergebenden sinnvollen Kontrollstrategien (Abschnitt 3.3). Anschließend wird die Abhängigkeit dieser Kontrollstrategien von Einflussfaktoren beleuchtet (Abschnitt 3.4) und die historische Entwicklung der Kontrollstrategien skizziert (Abschnitt 3.5).

3.1 Ziele von Kontrollstrategien „Strategy can be defined as the determination of the basic long-term goals and the objectives of an enterprise, and the adoption of courses of action and the allocation of resources necessary for carrying out these goals.“38 In Anlehnung an diese Strategiedefinition soll unter einer Kontrollstrategie die Art und Weise verstanden werden, wie Kontrolle zur Erreichung eines konkreten Ziels gestaltet wird. Kontrollstrategien haben im Wesentlichen zwei Ziele. Zum einen dienen sie der Informationsgewinnung und zum anderen können sie das Verhalten kontrollierter Individuen beeinflussen.39

38 39

Chandler (1962), S. 13. Hervorhebungen im Original gelöscht. Eine einheitliche Definition existiert in der Literatur nicht. Die Informationsgewinnungsfunktion unterteilen einige Autoren weiter. So unterscheidet z. B. Kronester (1966), S. 18 f., zwischen der Vermeidung von Vermögensverlusten und der Ertragssicherung; Freiling/Lück (1986), S. 998 f., unterteilen die Informationsgewinnungsfunktion in eine Rechenschafts- und eine Dokumentationsfunktion; Horváth (2003), S. 785 f., differenziert den Ausgleich von Informationsasymmetrien von der Sicherung der Zielerreichung. Baetge/Schuppert (1991a), S. 1047, geben als zusätzliche Ziele der Kontrolle eine Lernwirkung (Verhaltensänderung aufgrund festgestellter Abweichungen für

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Das Ziel der Informationsgewinnung begründet sich auf der Notwendigkeit, betriebliche Entscheidungen zu treffen. Die Verfügbarkeit hinreichend vieler, relevanter und richtiger Informationen kann die Qualität von Entscheidungen verbessern.40 Dazu können die aus Kontrollen gewonnenen Informationen beitragen, auch wenn sie häufig ohne Ergänzung durch auf andere Weise ermittelte Informationen nicht ausreichen, um Entscheidungen zu treffen. Dies liegt daran, dass Kontrollen einen Sollwert voraussetzen, der für viele Arten von Informationen in der Regel nicht existiert.41 Bei Kontrollen wird die Auswahl der ermittelten Informationen über die Art des Sollwertes gesteuert, der z. B. im Rahmen des betrieblichen Planungsprozesses ermittelt wird.42 Kontrollen werden also nur dann zur Informationsgewinnung eingesetzt, wenn bereits ein Sollwert als Referenzpunkt für die ermittelten Daten vorliegt, und ergänzen somit die Informationsgewinnung. Die positive Auswirkung von Kontrollen, die der Informationsgewinnung dienen, auf den Unternehmenserfolg wird in einigen empirischen Studien bestätigt. Hoque und James (2000) sowie Ittner et al. (2003) stellen fest, dass Unternehmen, die eine große Zahl finanzieller Kennzahlen periodisch kontrollieren, einen größeren Erfolg haben als Unternehmen, die vergleichsweise wenige Kennzahlen beachten.43 Dieses Ergebnis wird für die Kontrolle des Arbeitsergebnisses von Arbeitsgruppen bestätigt.44 Ittner und Larcker (1997) zeigen, dass Kontrollinformationen aus Betriebsvergleichen (Benchmarkings) eine positive Erfolgswirkung haben.45 Die Studie von Young et al. (1988) liefert weiterhin das Ergebnis, dass auch die Informationsgewinnung von Qualitätskontrollen den Erfolg eines Unternehmens erhöht.46 Das zweite Ziel von Kontrollstrategien ist die Verhaltensbeeinflussung von Individuen. Durch das bloße Bewusstsein von Kontrolle soll eine Leistungssteigerung bei den Kontrollierten er-

40 41 42

43 44 45 46

künftige Entscheidungssituationen), eine Sicherheitswirkung (bei zuverlässigen Kontrollinformationen) und eine Korrekturwirkung (Fehlersuche und Fehlerbeseitigung) an. Vgl. Laux (1979), S. 249 f.; Eisenhardt (1989b), S. 567-572. Dies kann z. B. bei Informationen über Wettbewerber oder über das historische Wachstum eines Marktes der Fall sein. Vgl. Frese (1967), S. 68. Der Sollwert übt so eine Auswahlfunktion aus. Zusätzlich dazu soll durch die Kontrolle die zukünftige Bestimmung des Sollwertes, z. B. für die Planung, verbessert werden. Vgl. Kromschröder (1972), S. 22; Wagenhofer (1992), S. 319; Kloock/Sieben/Schildbach (1999), S. 264; Weber (2002), S. 228. Vgl. Hoque/James (2000), S. 8 f.; Ittner/Larcker/Randall (2003), S. 727-738. Vgl. Scott/Tiessen (1999), S. 277-281. Vgl. Ittner/Larcker (1997), S. 305. Vgl. Young/Shields/Wolf (1988), S. 613-616.

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reicht werden.47 „Insoweit menschliche Arbeitskraft in Frage kommt, ergibt sich die Notwendigkeit der Beaufsichtigung und Kontrolle infolge eines psychischen Momentes: Arbeiten, die einer Kontrolle unterzogen werden, werden gewissenhafter, sorgfältiger, häufig auch schneller ausgeführt.“48 Dem Glauben an die Möglichkeit, das Verhalten von Individuen durch Kontrolle zu beeinflussen, liegen Hypothesen über die Gesetzmäßigkeiten im menschlichen Verhalten zugrunde. Diese können nur durch empirische Untersuchungen überprüft werden, die in großer Zahl durchgeführt wurden. Im Folgenden sollen einige grundlegende ältere Studien kurz beschrieben und neueren Studien gegenüber gestellt werden.49 Ein über mehrere Jahre durchgeführtes, groß angelegtes Forschungsprogramm sind die Hawthorne-Experimente, die zunächst feststellen, dass psychische Faktoren einen starken Einfluss auf die Arbeitsleistung haben.50 In weiteren Experimenten ergibt ein Vergleich zwischen zwei Arbeitsgruppen mit unterschiedlichem Lohnanreizsystem und Kontrollverhalten der Vorgesetzten, dass Lohnanreize in Verbindung mit Kontrollen zu einer Leistungssteigerung führen.51 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Blau (1955). Er stellt in einer Studie über die Auswirkung von Kontrollmaßnahmen in einer Behörde fest, dass kontrollierte gegenüber nicht kontrollierten Mitarbeitern eine höhere Leistung bringen. Allerdings zeigen sich vielfach Qualitätseinbußen, die sich jedoch durch die Ausweitung der Kontrollen auf Qualitätsmessgrößen beseitigen lassen.52 Zu einem anderen Schluss kommen Katz et al. (1950), die das Kontrollverhalten von Vorgesetzten in Bezug auf ihre Mitarbeiter in einer Lebensversicherung untersuchen und eine negative Korrelation zwischen der Kontrollintensität der Vorgesetzten und der Leistung ihrer Mitarbeiter ermitteln.53 In einer Studie mit der gleichen Fragestellung in einem Betrieb, in dem klarere, einfache Arbeitspakete definiert sind, kann er einen solchen Zusammenhang jedoch nicht feststellen.54 Churchill (1962) stellt fest, dass eine auto-

47 48 49

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Vgl. Frese (1967), S. 75; Kromschröder (1972), S. 23; Freiling/Lück (1986), S. 998; Baetge/Schuppert (1991a), S. 1047; Kloock/Sieben/Schildbach (1999), S. 264 f. Leitner (1917), S. 2. Im Rahmen dieser Arbeit soll kein vollständiger Überblick über die empirischen Studien zu Verhaltenswirkungen von Kontrollen gegeben werden; stattdessen erfolgt nur eine kurze Beschreibung besonders einflussreicher Studien. Vgl. Roethlisberger (1941), S. 15; Kieser (1999), S. 109. Vgl. Roethlisberger/Dickson (1939), S. 158-160; Carey (1967), S. 412-416; Kieser (1999), S. 110-113. Vgl. Blau (1955), S. 43. Vgl. Katz/Maccoby/Morse (1950), S. 17. Vgl. Katz (1951), S. 33 f. Es geht um die Arbeiter einer Eisenbahngesellschaft.

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nome Kontrollinstanz unabhängig von der tatsächlichen Durchführung von Kontrollen das Verhalten der Kontrollierten in Richtung erwünschter Kriterien beeinflussen kann.55 Die beschriebenen Erkenntnisse über die Wirkung von Kontrolle auf die menschliche Arbeitsleistung haben zur Entwicklung bzw. Verwendung von sozialpsychologischen Theorien geführt, die jeweils eine etwas unterschiedliche Erklärung für diese Kontrollwirkungen geben. Im Folgenden werden die Theorie der sozialen Erleichterung (social facilitation theory), die Theorie der operanten Konditionierung (operant conditioning theory), die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung (social information processing theory) und die Theorie der intrinsischen Motivation kurz beschrieben.56 Die Theorie der sozialen Erleichterung untersucht die Konsequenzen der bloßen Anwesenheit anderer Menschen auf das menschliche Verhalten.57 Die Anwesenheit einer Führungskraft, die ihre Mitarbeiter kontrolliert, führt demnach bei eingeübten Aufgaben zu erhöhter Leistungsfähigkeit und bei komplexen Aufgaben zu verminderter Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter.58 Die Theorie der operanten Konditionierung von Skinner besagt, dass ein Reiz bei Menschen zur unbewussten Erlernung eines Reaktionsmusters führen kann.59 Diese Theorie wenden beispielsweise Komaki et al. (1986) auf das Verhalten von Führungskräften an. Kontrolle wirkt in diesem Sinne als verstärkender Stimulus, der die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter erhöht.60 Eine empirische Überprüfung dieser Theorie ergibt, dass häufigere Kontrollen tatsächlich zu höherer Leistung von Mitarbeitern führen können.61 Die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung geht davon aus, dass Menschen aufgrund der begrenzten Informationsfähigkeit ihres Gehirns kognitive Schemata bilden, mit Hilfe de-

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Vgl. Churchill (1962), S. 141-159. Vgl. ausführlich z. B. Stanton (2000a), S. 98-100. Die Theorie der sozialen Erleichterung geht auf Zajonc (1965) zurück. Vgl. Cottrel (1972), S. 222-225; Cohen/Davis (1973), S 82; Cohen (1979), S. 29 f.; Cohen (1980), S. 29 f.; Aiello/Svec (1993), S. 543-545, Griffith (1993), S. 560-567; Aiello/Kolb (1995), S. 347. Vgl. Skinner (1938), S. 61-96. Vgl. Komaki/Zlotnick/Jensen (1986), S. 260 f. Vgl. Komaki (1986), S. 274 f.; Komaki/Desselles/Bowman (1989), S. 526 f.; Brewer/Wilson/Beck (1994), S. 75 f.

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rer Informationen beschleunigt ausgewertet werden können.62 Im Rahmen der Kontrolle heißt das, dass kontrollierte Individuen stärker kontrollierten Aufgaben aufgrund ihrer in Schemata festgelegten Erwartungshaltung in der Regel mehr Wichtigkeit zuordnen als weniger stark kontrollierten Aufgaben. Dieser Effekt ist durch empirische Studien bestätigt worden.63 Die Theorie der intrinsischen Motivation untersucht die Interaktion zwischen extrinsischer Motivation durch Belohnungen und intrinsischer Motivation, bei der keine besondere Belohnung, außer der Aktivität selbst, gegeben wird.64 Zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation besteht zumeist eine substitutive Beziehung, wobei intrinsische Motivation im Allgemeinen zu einer höheren Leistung führt.65 Die Ergebnisse empirischer Studien zu Auswirkungen von Kontrolle auf die intrinsische Motivation sind nicht eindeutig. Es gibt Arbeiten, die Kontrolle einen positiven Effekt auf intrinsische Motivation und Leistung zusprechen66 und Arbeiten, die das Gegenteil herausfinden.67 Insgesamt lässt sich feststellen, dass durch Kontrolle das Verhalten von Individuen beeinflusst werden kann. Der leistungssteigernde Effekt entsprechender Kontrollstrategien stellt sich allerdings nicht in jedem Fall ein. Die empirischen Erkenntnisse dazu sind in einigen Bereichen noch uneinheitlich.

3.2 Parameter von Kontrollstrategien Im Folgenden werden Parameter vorgestellt, die, in sinnvoller Weise kombiniert, eine Kontrollstrategie determinieren. Es handelt sich um Kontrollsubjekt (Abschnitt 3.2.1) und -objekt (Abschnitt 3.2.2), ihr Verhältnis zueinander (Abschnitt 3.2.3), die Kontrollintensität (Abschnitt 3.2.4) und die Unterstützung durch Instrumente (Abschnitt 3.2.5).

62 63 64 65 66 67

Vgl. Salancik/Pfeffer (1978), S. 226-233; Zalesny/Ford (1990), S. 206-208; Kleinmann/Frey (1995), S. 1928 f. Vgl. Larson/Callahan (1990), S. 533-535; Brewer (1995), S. 767-772. Vgl. Deci (1971), S. 105. Vgl. Bénabou/Tirole (2003), S. 504 f. Vgl. Deci/Connell/Ryan (1989), S. 587 f. Vgl. Lepper/Greene (1975), S. 483 f. Barkema (1995), S. 36, findet heraus, dass Kontrolle die intrinsische Motivation von Managern um so starker reduziert, je persönlicher die Beziehung des Managers zu dem Kontrollierenden ist.

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3.2.1 Kontrollsubjekt Kontrollsubjekte sind „Personen oder Personengruppen, die die Kontrolle durchführen.“68 Sie üben „die notwendigen Aktivitäten zur Kontrolle bestimmter Objekte mit Hilfe bestimmter Methoden aus.“69 Sie sind in vielen Fällen für Kontrollierte sichtbar, z. B. wenn ein Vorgesetzter seine Mitarbeiter persönlich kontrolliert. Sie können aber auch für die Kontrollierten unsichtbar sein; im Extremfall wissen die Kontrollierten nur, dass sie kontrolliert werden, nicht aber wer sie kontrolliert.70 Kontrollsubjekte im Kontext von Unternehmen lassen sich zunächst nach unternehmensinternen und unternehmensexternen Kontrollsubjekten unterscheiden. Grundsätzlich können alle Mitarbeiter eines Unternehmens Kontrollsubjekte sein; jedoch ist davon auszugehen, dass die Kontrollkompetenz mit steigender hierarchischer Position eines Mitarbeiters im Unternehmen zunimmt.71 In vielen Unternehmen sind darüber hinaus gesonderte organisatorische Einheiten mit dem Hauptziel der Kontrolle gebildet worden. Hier sind vor allem die interne Revision und das institutionalisierte Controlling zu nennen. Die interne Revision „überprüft .. im Auftrag der Unternehmungsleitung die übrigen Organisationseinheiten sowie die Prozessabläufe im Unternehmen und erstattet der Unternehmensführung Bericht“ und hat somit auch Kontrollaufgaben.72 Die interne Revision hat die Besonderheit, dass sie eine neutrale Instanz ist, d. h. in keiner persönlichen Beziehung zu den Kontrollierten steht, und ihre Kontrollen rückschauend sind.73 Auch das institutionalisierte Controlling tritt als gewichtiges Kontrollsubjekt auf. So zeigen empirische Studien, dass Kontrolle zu den wichtigsten Aufgaben des Controllings gehört.74

68

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74

Thieme (1982), S. 32. Kontrollsubjekte werden in der Literatur auch als Kontrollträger bezeichnet. Es gibt auch Definitionen, die nicht-personale Kontrollsubjekte, wie z. B. Maschinen, umfassen. Vgl. z. B. Kromschröder (1972), S. 17. Auf deren Betrachtung soll in dieser Arbeit verzichtet werden. Müller (1980), S. 1088. Ein Beispiel dazu ist die elektronische Überwachung mit Hilfe von Informationstechnologie. Vgl. z. B. Ball/Wilson (2000), S. 542; Stanton (2000a), S. 86; Alder (2001), S. 324. Das Idealbild des unsichtbaren Kontrollsubjekts kommt im Panopticon von Bentham zum Ausdruck. Vgl. Foucault (1977), S. 251-292; Bentham (1995), S. 35-37. Vgl. Pfohl/Stölzle (1997), S. 193. Horváth (2003), S. 777. Vgl. Hahn (1997), S. 433. In der Literatur werden Kontrolle und Revision häufig als gesonderte Formen unter dem Oberbegriff „Überwachung“ subsumiert. Vgl. z. B. Danert (1952), S. 8; Freiling/Lück (1986), S. 997. Vgl. Kosmider (1991), S. 94; Krystek (1991), S. 18; Amshoff (1994), S. 216; Stoffel (1995), S. 159.

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Zu den unternehmensexternen Kontrollsubjekten gehören insbesondere der Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer und die Eigentümer des Unternehmens.75 Bei deutschen Aktiengesellschaften hat der Aufsichtsrat die Aufgabe, die Geschäftsführung (Vorstand) zu wählen, abzuberufen und zu kontrollieren.76 Ähnliche Organe gibt es auch in ausländischen Aktiengesellschaften.77 Wirtschaftsprüfer kontrollieren u. a. die Übereinstimmung betrieblicher Jahresabschlüsse mit gesetzlichen Bestimmungen.78 Ist ein Unternehmen nicht Eigentum ihrer Manager, treten die Eigentümer als zusätzliches Kontrollsubjekt auf. Da die Ziele der Manager unabhängig von den Zielen der Eigentümer sein können, ist es sinnvoll für die Eigentümer, die Manager zu kontrollieren.79

3.2.2 Kontrollobjekt Nach den Kontrollsubjekten sollen nun Kontrollobjekte beschrieben werden. „Kontrollobjekte sind alle jene Objekte der Organisation, über deren reale Erscheinungen die Kontrolle Informationen gewinnen kann.“80 Zu beachten ist, dass diese Definition die Verhaltensbeeinflussungsfunktion der Kontrolle nicht ausschließt. So ist auch für den Fall, dass die Kontrolle ausschließlich der Verhaltensbeeinflussung von Individuen dient, die Informationsgewinnung nötige Voraussetzung für die Existenz einer solchen Kontrolle, da Kontrolle immer einen Vergleich darstellt. Kontrollobjekte lassen sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren. Im Folgenden werden zwei unterschiedliche Klassifizierungen vorgestellt, die für die weitere Untersuchung wichtig sind. Zum einen ist dies die Klassifizierung nach der Art der Vergleichswerte und zum anderen die Klassifizierung nach dem dominanten Bezug der Kontrolle, der Ergebnisse oder Verfahrensweisen betreffen kann.

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Neben den genannten gibt es noch zahlreiche weitere unternehmensexterne Kontrollsubjekte wie z. B. technische Überwachungsinstitute und Steuerprüfer. Vgl. Lütke Schwienhorst (1989), S. 39-41; Hager (2000), S. 42-44. Vgl. Fama/Jensen (1983), S. 311; Charkham (1994), S. 188-190. Vgl. Peemöller (2004), S. 3. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 312 f.; Werner/Tosi (1995), S. 673. Müller (1980), S. 1086. Ähnlich z. B. Kromschröder (1972), S. 17, „was/welche Gegebenheiten und/oder Tatbestände werden kontrolliert“ und Corsten (2000), S. 475, „alle personalen und sachlichen Objekte einer Organisation, über deren reale Erscheinungen die Kontrolle Informationen gewinnen kann“.

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Art der Vergleichswerte Wie bereits in Abschnitt 2.2 dargestellt, besteht eine Kontrolle immer aus einem Vergleich von (mindestens) zwei Größen. Diese Größen werden zunächst klassifiziert und anschließend mögliche Vergleichsarten unterschieden. Grundsätzlich kommen für die Kontrolle Soll-Größen, Wird-Größen und Ist-Größen in Frage. Soll-Größen stellen Zielwerte dar und werden häufig im Rahmen eines Planungsprozesses gewonnen.81 Wird-Größen sind Prognosewerte für die zukünftige Ausprägung einer Variablen.82 Ist-Größen sind „Maßausdrücke über tatsächlich realisierte Werte, Mengen, Zeiten usw.“83 Soll-Größen, Wird-Größen und Ist-Größen lassen sich bei einem Vergleich, wie in Abbildung 3 dargestellt, nun auf sechs verschiedene Arten kombinieren. Bei der Zielkontrolle (Soll-SollVergleich) werden verschiedene Planwerte auf ihre Sinnhaftigkeit und Realisierbarkeit überprüft.84 Die Planfortschrittskontrolle (Soll-Wird-Vergleich) vergleicht das Ziel mit Prognosen der späteren Zielerreichung, um Fehler frühzeitig erkennen und ggf. beheben zu können.85 Die Feedback-Kontrolle (Soll-Ist-Vergleich) ist die gebräuchlichste Kontrollart und stellt eine Zielgröße ihrer tatsächlichen Ausprägung, d. h. dem Grad der Zielerfüllung, gegenüber.86 Die Prognosekontrolle (Wird-Wird-Vergleich) dient der Konsistenzüberprüfung von Zielen und wird sinnvollerweise bei dem Vergleich verschiedener Alternativen eingesetzt, um diejenige mit dem höchsten erwarteten Zielwert zu wählen.87 Die Ex-post-Konrolle (Ist-Ist-Vergleich) ist ein Vergleich zwischen zwei Größen, deren Ausprägungen in der Vergangenheit realisiert wurden und sich daher nicht mehr ändern.88 Die Ex-post-Kontrolle wird vor allem bei der Kostenkontrolle mit Hilfe von Daten aus dem Rechnungswesen und bei Betriebsvergleichen

81 82 83 84 85 86

87 88

Vgl. Frese (1967), S. 59; Rahn (2000), S. 392. Vgl. Hahn (1997), S. 431. Schweitzer (2001), S. 73. Vgl. Fallgatter (2004), S. 671 f. Zielkontrollen werden auch als Feedforward-Kontrollen bezeichnet. Vgl. z. B. Weber (2002), S. 228. Vgl. Laux (1979), S. 261. Vgl. Schreyögg/Steinmann (1985), S. 392; Weber (2002), S. 228. Die Feedback-Kontrolle wird von vielen Autoren auch als Ergebniskontrolle bezeichnet. Dies erscheint hier nicht sinnvoll, da es auch andere Typen von Soll-Ist-Vergleichen, wie z. B. Verhaltenskontrollen, gibt. Vgl. Küpper (1994), S. 942. Vgl. Küpper (1994), S. 942. Viele Autoren sehen die Ex-post-Kontrolle nicht als Kontrollart an, obwohl ein Vergleich vorliegt. Vgl. z. B. Schweitzer (2001), S. 72-77; Fallgatter (2004), S. 671 f.

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eingesetzt.89 Sie hat den Vorteil der zumeist guten Datenverfügbarkeit. Dem steht allerdings als Nachteil im Vergleich zu anderen Kontrollarten die reine Vergangenheitsorientierung gegenüber. 2. Ver gleichsgröße

1. Vergleichsgröße

Soll

Wird

Ist

Soll

Zielkontrolle

Planfortschrittskontrolle

Feedback-Kontrolle

Wird



Prognosekontrolle

Prämissenkontrolle

Ist





Ex-post-Kontrolle

Abbildung 3: Arten von Vergleichen90 Von besonderer Bedeutung für Unternehmen ist neben der Feedback-Kontrolle die Prämissenkontrolle (Wird-Ist-Vergleich). Die Prämissenkontrolle unterzieht auch die bei der Planung gesetzten Prämissen einem Vergleich mit aktuellen Erkenntnissen und ermöglicht so eine Beurteilung der Richtigkeit der Prämissen.91 Dabei setzt die Prämissenkontrolle an einem gravierenden Defizit der Feedback-Kontrolle an: „Eine Kontrolle der strategischen Planung im Sinne des üblichen Soll/Ist-Vergleichs anhand einer Überwachung der späteren Zielerreichung nützt normalerweise nicht mehr viel. Sie bringt nur späte Erkenntnisse, wie man vorher

89 90 91

Vgl. Hahn (1997), S. 432. Nach Schweitzer (2001), S. 73, der allerdings keinen Ist-Ist-Vergleich aufführt. Vgl. Mitroff/Emshoff/Kilmann (1979), S. 586-589; Schreyögg/Steinmann (1985), S. 401; Hasselberg (1989), S. 134-137; Nuber (1995) S. 120-126; Ziegenbein (2002), S. 139. Beispiele für Planungsprämissen in Unternehmen sind z. B. „Der chinesische Markt wird in den nächsten fünf Jahren um 8% p. a. wachsen“ und „Der Ölpreis bleibt im nächsten Jahr konstant“. Bereits Kronester (1966), S. 29 f., hat den Wesenszug der Prämissenkontrolle erkannt: „Wie jede Tätigkeit innerhalb des Unternehmens bedarf auch die Kontrolle selbst der Kontrolle und Überwachung. Dies führt zu einem Kontrollaufbau innerhalb der Unternehmung mit Kontrollen verschiedener Ordnung. Die Kontrolle höherer Ordnung überwacht dabei die Kontrolle niederer Ordnung und die Hauptarbeit. Sie geht im Prinzip genauso vor wie die Kontrolle niederer Ordnung, mit dem Unterschied, daß [!] die zu kontrollierende Arbeit selbst eine Kontrolltätigkeit ist.“ Demnach wäre die Prämissenkontrolle eine Kontrolle höherer Ordnung, die die Feedback-Kontrolle kontrolliert.

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hätte entscheiden und handeln müssen.“92 Prämissenkontrolle ist insbesondere dann sinnvoll, wenn es während der Umsetzung eines Plans zu bedeutenden Abweichungen kommen kann, die den Plan als Ganzes oder wesentliche Teile überarbeitungsbedürftig machen.93 Sie werden insbesondere bei der strategischen Kontrolle in Verbindung mit Feedback-Kontrollen eingesetzt.94 Feedback-Kontrollen haben dann die Aufgabe, den Fortschritt bei der Strategieimplementierung festzustellen.95 Verfahrenskontrolle und Ergebniskontrolle Eine weitere Möglichkeit der Klassifizierung der Kontrollobjekte sind Verfahrens- und Ergebniskontrolle.96 Im Folgenden werden diese kurz voneinander abgegrenzt, jeweils in ihrem Wesenszug beschrieben und ihre Vor- und Nachteile skizziert. Die Verfahrenskontrolle betrifft den Prozess, der einen gewünschten Zustand herbeiführen soll, während die Ergebniskontrolle den Zustand eines bestimmten Merkmals (Ergebnis eines Prozesses) betrifft.97 Somit bezieht sich die Verfahrenskontrolle auf einen Zeitraum und die Ergebniskontrolle auf einen Zeitpunkt. Die Verfahrenskontrolle lässt sich weiterhin in die beiden Arten Prozesskontrolle und Verhaltenskontrolle einteilen, je nachdem ob das Kontrollobjekt rein maschinell ausgeführte Prozesse oder die Handlungen bzw. die Verhaltensweisen von Individuen sind.98 „Transformationsvorgänge erfolgen allerdings nicht nur durch menschliches Arbeitsverhalten, vielmehr ermöglichen auch technische Prozesse eine Umwandlung von Inputs zu Outputs. Bei der Überprüfung der entsprechenden Prozessabläufe durch so genannte .. [Prozesskontrollen] stellt sich dann die Frage, ob die jeweiligen chemischen, physikalischen, informationsverarbeitenden

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Gälweiler (1981), S. 483 f. Vgl. Schreyögg/Steinmann (1985), S. 393. Vgl. Preble (1992), S. 394-396; Schweitzer (2001), S. 75. Vgl. Zettelmeyer (1984), S. 133. Vgl. Frese (1967), S. 61 f.; Müller (1980), S. 1086; Thieme (1982), S. 28; Anderson/Oliver (1987), S. 76; Reiß (1996), S. 425; Pfohl/Stölzle (1997), S. 245; Rahn (2000), S. 390; Olfert/Rahn (2001), S. 509; Lenz (2002), S. 978; Ziegenbein (2002), S. 137. Im Englischen werden Verfahrenskontrollen in Bezug auf Individuen als „behavior control“ und Ergebniskontrollen als „result control“ oder als „output control“ bezeichnet. Vgl. Müller (1980), S. 1086. In der Literatur sind diese Begriffe allerdings nicht in dieser Weise einheitlich belegt. Oft ist mit „Verfahrenskontrolle“ „Prozesskontrolle“ gemeint und umgekehrt. Laux (1979), S. 251, belegt die „Verfahrenskontrolle“ mit dem ganz anderen Begriff „Durchführungskontrolle“: „Die Kontrolle der Durchführung soll … verhindern, daß [!] die Durchführung vom vorgeschriebenen Plan abweicht, sowie Anpassungsentscheidungen vorbereiten helfen, wenn Soll-Ist-Abweichungen eingetreten sind.“

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o. a. Prozesse planmäßig durchgeführt werden.“99 Reine Prozesskontrollen sind jedoch selten und nur bei Produktionsprozessen anzutreffen, da Prozesse meistens von Individuen definiert und überwacht werden. Daher wird in der Literatur wegen ihres großen Wirkungsbereichs fast ausschließlich die Verhaltenskontrolle thematisiert. Aus diesem Grund werden im Folgenden auch nur Aussagen zur Verhaltenskontrolle vorgestellt. „Gegenstand der Verhaltenskontrolle ist das gesamte Verhalten eines Aufgabenträgers im Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft im Unternehmen.“100 Sie „richten sich unmittelbar auf einzelne Mitarbeiter, indem Führungskräfte die Ressourcentransformation mehr oder weniger laufend hinsichtlich der erwarteten Erfolgswirkungen analysieren“.101 Mit der Verhaltenskontrolle können die beiden beschriebenen Ziele der Kontrolle, Informationsversorgung und Verhaltensbeeinflussung, verfolgt werden. So gewinnt das Kontrollsubjekt einerseits Informationen über die Fähigkeiten und den Arbeitseinsatz des Individuums und kann andererseits ein regelkonformes Verhalten der kontrollierten Individuen sicherstellen.102 Verhaltenskontrolle ist allerdings nur sinnvoll, wenn ausreichendes Wissen über den Transformationsprozess vorliegt, den die kontrollierten Individuen durchführen, da sonst nicht genügend Vergleichswerte für die Kontrolle vorliegen.103 Auf der anderen Seite kann Verhaltenskontrolle auch unsicherheitsreduzierend wirken, da sie klare Vorgaben und Regeln voraussetzt.104 Verhaltenskontrolle kann neben diesen positiven Wirkungen allerdings auch einige negative Effekte haben. Erstens ist festzustellen, dass Verhaltenskontrolle durch ihre den Handlungsraum einschränkende Wirkung häufig Misstrauen bei den kontrollierten Individuen auslöst und so zu einer Verringerung der Motivation und folglich auch der Arbeitsleistung führen kann.105 Zweitens ist die Verhaltenskontrolle gegenüber anderen Kontrollformen mit ver-

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101

102 103 104 105

Betz (2002), S. 989. Pfohl/Stölzle (1997), S. 245. Ähnlich Betz (2002), S. 989: „Gegenstand dieser so genannten Verhaltenskontrolle ist der durch die Arbeitskraft vorgenommene Vollzug einer Transformation von Inputs zu Outputs.“ Fallgatter (2004), S. 672. Ähnlich Snell (1992), S. 294, als Vertreter der englischsprachigen Literatur: „formal behavior control regulates the actions subordinates exhibit on the job. More generally, it structures the transformation process of work“. Vgl. Snell (1992), S. 294. Vgl. Ouchi (1977), S. 97; Merchant (1985), S. 33. Vgl. Ouchi (1978), S. 175; Laux (1979), S. 251 f.; Snell/Youndt (1995), S. 713. Vgl. Thieme (1982), S. 182; Pfohl/Stölzle (1997), S. 245.

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gleichsweise hohen Kosten verbunden.106 Drittens kann Verhaltenskontrolle dem Kontrollsubjekt zur Verfolgung für nicht im Sinne des Unternehmens liegende Zwecke dienen, z. B. der Stabilisierung seiner Machtbasis.107 Die Ergebniskontrolle ist im Allgemeinen weniger aufwendig als die Verhaltenskontrolle. Bei der Ergebniskontrolle „wird nachträglich das mit der gewählten Handlungsalternative erzielte Ergebnis festgestellt und mit einem ‚Soll-Ergebnisǥ verglichen.“108 Die Ergebniskontrollen „können während der Ausführung (Zwischen- oder Fortschrittskontrollen) und/oder nach der Ausführung (Endergebniskontrollen) erfolgen.“109 Da bei der Ergebniskontrolle die Handlungen der Individuen nicht direkt kontrolliert werden, gibt sie ihnen Freiräume bei der Art und Weise der Zielerreichung: sie können ihre Handlungen im Prinzip frei wählen, wenn sie nur das Ziel erreichen.110 Dies führt zu einer Leistungssteigerung bei intrinsisch motivierten Individuen. Insgesamt sind der Aufwand und somit die Kosten bei Ergebniskontrollen niedriger als bei Verhaltenskontrollen.111 Jedoch können Ergebniskontrollen bei Individuen mit geringen Fähigkeiten und hoher Risikoaversion eine Leistungsverschlechterung im Vergleich zu Verhaltenskontrollen bewirken, da diese häufiges Feedback durch Verhaltenskontrollen bevorzugen.112 Außerdem ist der Informationsgehalt von Ergebniskontrollen deutlich geringer als bei Verhaltenskontrollen. Sie geben keinerlei Auskünfte darüber, wie eine mögliche Abweichung zustande kommt.113 Zudem ist bei einer Abweichung nicht klar, ob sie aus mangelndem Einsatz des Individuums oder aus nicht von ihm beeinflussbaren Umständen resultiert.114 Trotz der beschriebenen Unterschiede zwischen Ergebnis- und Verhaltenskontrolle kann kritisiert werden, dass der Übergang von einer reinen Ergebnis- zu einer Verhaltenskontrolle fließend ist. Es stellt sich die Frage, ob Verhaltens- und Ergebniskontrolle eindeutig voneinander abgrenzbar sind. Empirische Studien kommen dabei zu der Erkenntnis, dass diese beiden Ar-

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Vgl. Eisenhardt (1989a), S. 136 f.; Snell (1992), S. 295. Vgl. Thieme (1982), S. 182. Laux (1979), S. 251. Ziegenbein (2002), S. 137. Vgl. Pfohl/Stölzle (1997), S. 245. Vgl. Laux (1979), S. 251. Vgl. Thieme (1982), S. 182 f. Vgl. Laux (1979), S. 189 f. Vgl. Wagenhofer (1992), S. 322.

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ten der Kontrolle, tatsächlich eigenständige, voneinander abgrenzbare Phänomene sind.115 Situationsabhängig ist entweder Verhaltens- oder Ergebniskontrolle vorteilhafter.

3.2.3 Verhältnis zwischen Kontrollsubjekt und -objekt Ein weiterer Parameter einer Kontrollstrategie ist das Verhältnis zwischen Kontrollsubjekt und -objekt. Zu unterscheiden sind hier zunächst Selbst- und Fremdkontrolle. Bei der Selbstkontrolle ist das Kontrollobjekt eine Verhaltensweise oder ein Ergebnis von Handlungen des Kontrollsubjekts. Bei der Fremdkontrolle hingegen ist das Kontrollobjekt nicht im vollständigen Einflussbereich des Kontrollsubjekts.116 Dabei ist zu beachten, dass Fremdkontrolle und Selbstkontrolle Extrempunkte eines Kontinuums sind und in dieser Reinform selten vorkommen.117 Zusätzlich zu diesen beiden idealtypischen Kontrollformen gibt es die gegenseitige Kontrolle in autonomen Gruppen als hybride Form. Zwar übt die Gruppe als Untersuchungseinheit Selbstkontrolle aus, jedoch kommen unter den Mitgliedern der Gruppe gegenseitige Fremdkontrolle und Selbstkontrolle parallel vor. Die im Folgenden beschriebenen Aussagen über Fremdkontrolle (Abschnitt 3.2.3.1) und Selbstkontrolle (Abschnitt 3.2.3.2) betrachten diese in ihrer jeweiligen Reinform, um sie klar abgrenzen zu können. Es wird dabei nicht auf den Fall der rein maschinellen Kontrolle eingegangen, die nicht Thema dieser Arbeit ist. Im Anschluss daran wird die gegenseitige Kontrolle in Gruppen vorgestellt (Abschnitt 3.2.3.3). Nach einer Beschreibung der jeweiligen Charakteristika erfolgt eine Darstellung der Vor- und Nachteile jeder Kontrollform.

3.2.3.1 Fremdkontrolle Überprüft ein Kontrollsubjekt Kontrollobjekte aus dem Einflussbereich eines anderen Individuums, entsteht eine besondere Beziehung zwischen beiden. Neben dem Recht des Kontrollsubjekts Kontrollen durchzuführen, umfasst diese Beziehung in der Regel auch Möglichkei-

115

Vgl. Ouchi/Maguire (1975), S. 568, in Bezug auf Einzelhandelsunternehmen und Egelhoff (1984), S. 77, in Bezug auf MNUs. 116 Vgl. Siegwart/Menzl (1978), S. 194; Thieme (1982), S. 32 f.; Hahn (1997), S. 436; Rahn (2000), S. 390; Olfert/Rahn (2001), S. 509; Ziegenbein (2002), S. 139 f. 117 Vgl. Lütke Schwienhorst (1989), S. 156, und Manz/Sims (1980), S. 365 f.: „Also, it is incorrect to assume that self-management and external control are mutually exclusive. Even in the most intensive external control situations, employees always exercise some degree of self-management. Conversely, even when self-management is deliberately encouraged, some external control by management, primarily focused on output measures, or at the task boundary, is commonly found and is typically wanted by employees.“

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ten, die kontrollierten Individuen zu belohnen oder zu bestrafen. Somit sind Fremdkontrollen dann auch Ausdruck einer Machtbeziehung zwischen Kontrollsubjekt und -objekt.118 In einer hierarchischen Unternehmensorganisation üben Führungskräfte Fremdkontrolle über ihre Mitarbeiter aus. Neben der Informationsfunktion hat die Fremdkontrolle hier den Zweck, das Verhalten der Mitarbeiter zu steuern.119 Die erwarteten Kontrollen führen im Idealfall dann dazu, dass der Mitarbeiter sein Verhalten an das von ihm erwartete Verhalten anpasst. Er übt somit Selbstkontrolle aus.120 Gegenüber der Selbstkontrolle bietet die Fremdkontrolle den Vorteil der Neutralität des Kontrollsubjekts und der größeren Objektivität und verringert dadurch die Gefahr der Manipulation von bei der Kontrolle gewonnenen Informationen.121 Darüber hinaus hat sie eine besondere Funktion bei extrinsisch motivierten kontrollierten Individuen, die äußere Anreize zur Motivation benötigen. Werden diese kontrolliert, kann der (äußere) Anreiz darin bestehen, sich so zu verhalten, dass sie die bei den Kontrollen erwünschten Soll-Werte erfüllen. Selbstkontrollen würden extrinsisch motivierte kontrollierte Individuen hingegen nur in unzureichendem Maße durchführen.122 Diesen Vorteilen gegenüber der Selbstkontrolle stehen jedoch gewichtige Nachteile der Fremdkontrolle gegenüber. Es ist insbesondere problematisch, dass der Handlungsspielraum der kontrollierten Individuen durch die Festlegung erwünschter Verhaltensweisen oder Arbeitsergebnisse eingeschränkt wird. Dadurch wird ihnen die eigene Unmündigkeit vor Augen geführt, da im Rahmen der Kontrolle auf Fehler hingewiesen wird.123 Dies kann zu Unzufriedenheit führen, die sich auch für das Kontrollsubjekt negativ auswirken kann.124 „It is reasonable to assume, then, that if a person’s behavioral freedom is reduced or threatened with reduction, he will become motivationally aroused. [...] Since this hypothetical motivational state is in response to the reduction (or threatened reduction) of one’s potential for acting, and con-

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Vgl. Küpper (1994), S. 950; Ziegenbein (2002), S. 140. Vgl. Thieme (1982), S. 161. Vgl. Thieme (1982), S. 162. Vgl. Thieme (1982), S. 157; Lütke Schwienhorst (1989), S. 157; Küpper (1994), S. 949 f.; Hahn (1997), S. 436. Vgl. Thieme (1982), S. 157; Küpper (1994), S. 950; Pfohl/Stölzle (1997), S. 243 f. Auch bei intrinsisch motivierten Kontrollobjekten ist Fremdkontrolle notwendig, dort allerdings weniger zu ihrer Motivation als zu ihrer Information. Vgl. Steinle (1975), S. 116; Siegwart/Menzl (1978), S. 191; Thieme (1982), S. 153. Vgl. Müller-Böling (1979), S. 305 f.; Küpper (1994), S. 950; Hahn (1997), S. 436.

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ceptually may be considered a counterforce, it will be called ‚psychological reactanceǥ.“125 Psychologische Reaktanz ist also ein motivationaler Erregungszustand, der das Ziel hat, bedrohte oder verminderte Freiheit wieder herzustellen. Dieser Zustand kann bei Individuen durch Fremdkontrolle ausgelöst werden: sie können das Bestreben entwickeln, ihre Freiheit durch Ausführung vom Kontrollsubjekt unerwünschter Handlungen wiederzuerlangen.126 In diesem Fall besteht die Gefahr, dass das Kontrollsubjekt als Reaktion auf derartiges dysfunktionales Verhalten die Kontrollen ausweitet, damit statt größerem Nutzen aber nur eine noch höhere Reaktanz erreicht.127 Als Sonderform der Fremdkontrolle wird in der Literatur weiterhin Marktkontrolle diskutiert, auf die hier nur kurz eingegangen werden soll. Bei der Marktkontrolle übernimmt der Markt die Rolle des Kontrollsubjekts und ermöglicht Individuen über die Vorgabe von Preisen für bestimmte Eigenschaften oder Güter, sich mit Hilfe dieser Preise selbst zu kontrollieren.128 Als Beispiel kann der Arbeitsmarkt für Manager angeführt werden, der dazu beiträgt, dass diese ihre Reputation durch gute Erfolgskennzahlen und Vermeidung von Skandalen hoch halten, um nicht durch andere Manager ersetzt zu werden.129

3.2.3.2 Selbstkontrolle „Selbstkontrolle bedeutet im Gegensatz zur Fremdkontrolle, daß [!] der Mitarbeiter oder eine Gruppe ihre Tätigkeit selbst kontrolliert. Kontrollträger [Kontrollsubjekt] und Mitarbeiter sind dabei identisch.“130 Bei der Selbstkontrolle setzen sich Individuen selbständig Ziele und ver-

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Brehm (1966), S. 2. Vgl. Pfohl/Stölzle (1997), S. 243. Vgl. Thieme (1982), S. 153 f. Vgl. Ouchi (1979), S. 834 f.; Ouchi (1980), S. 132-134; Daft/Macintosh (1984), S. 45. Vgl. Fama (1980), S. 291-306. Thieme (1982), S. 33. Ähnlich z. B. schon Grull (1921), S. 24: „Bei der Selbstkontrolle wird als Kontrollperson der gleiche Mensch benutzt, welcher die zu überwachenden Arbeiten ursprünglich ausgeführt hat.“ oder Pfohl/Stölzle (1997), S. 244: „Im Gegensatz zu den bislang beschriebenen Trägern der Fremdkontrolle führt ein Aufgabenträger bei der Selbstkontrolle seine Aufgabe eigenverantwortlich durch und kontrolliert sich dabei selbst.“ In der englischsprachigen Literatur wird Selbstkontrolle unter den Begriffen „selfcontrol“ und „self-management“ diskutiert. Vgl. z. B. Hopwood (1974), S. 35: „the control which individuals exert over their own behaviour“; Sauers/Hunt/Bass (1990), S. 18: „Behavioral Self-Management is a process whereby a person actively implements specific procedures to control his or her behavior.“; Thoresen/Mahoney (1974), S. 12: „A person displays self-control when in the relative absence of immediate external constraints, he engages in behavior whose previous probability has been less than that of alternatively available behaviors“.

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gleichen ihre Leistung mit diesen Zielen.131 Entspricht die Leistung nicht den Zielen, geben sie sich selbst entsprechende Belohnungen bzw. Bestrafungen. Die Ziele legen Individuen typischerweise im Vergleich zu drei Referenzpunkten fest: dem vergangenen Leistungsniveau, der beobachteten Leistung anderer Individuen und sozial anerkannten Leistungskriterien.132 Durch die Möglichkeit, sich Ziele zu setzen, erhält das Individuum bei der Selbstkontrolle im Vergleich zur Fremdkontrolle einen erweiterten Handlungsraum.133 Weiterhin hat das Individuum bei der Selbstkontrolle Zugriff auf sein gesamtes Wissen, das dem Kontrollsubjekt bei der Fremdkontrolle im Allgemeinen nur teilweise bekannt wird.134 Zu den Vorteilen der Selbstkontrolle gehört die in der Regel höhere Leistungsbereitschaft der Individuen, die aus einem großen Handlungsspielraum und einer damit zusammenhängenden Möglichkeit zur Selbstentfaltung begründet sind.135 Dieser Vorteil ist allerdings größer bei intrinsischer als bei extrinsischer Motivation, da bei extrinsischer Motivation bei reiner Selbstkontrolle zumeist der notwendige äußere Anreiz fehlt.136 Der positive Erfolgsbeitrag von Selbstkontrolle ist auch empirisch gezeigt worden.137 Zusätzlich dazu ist Selbstkontrolle durch den verringerten Kontrollaufwand für eine Organisation kostengünstiger als Fremdkontrolle.138 Dies liegt daran, dass der zeitliche Aufwand, den Organisationsmitglieder für Kontrollen benötigen, wegfällt. Allerdings stehen den Vorteilen der Selbstkontrolle auch Nachteile gegenüber, die ihren Einsatz nicht in jeder Situation vorteilhaft erscheinen lassen. Erstens werden Fähigkeitsdefizite des sich selbst kontrollierenden Individuums ohne zusätzliche Fremdkontrolle in der Regel weder erkannt noch beseitigt.139 Zweitens kann es sein, dass das Selbstkontrolle ausübende Individuum seine Handlungsfreiheiten zur Verfolgung individueller Ziele, die nicht mit den Unternehmenszielen übereinstimmen, nutzt.140 Bewusste Manipulationen von Kontrollinfor-

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Denkbar ist auch die Selbstkontrolle bei Maschinen, die ohne menschliches Eingreifen arbeiten. Von dieser technischen Betrachtung wird im Folgenden wie schon bei der Fremdkontrolle abgesehen. Vgl. Mahoney (1974), S. 155; Manz/Sims (1980), S. 362. Vgl. Lütke Schwienhorst (1989), S. 157; Pfohl/Stölzle (1997), S. 25. Vgl. Küpper (1994), S. 949. Vgl. Steinle (1975), S. 116; Thieme (1982), S. 154; Pfohl/Stölzle (1997), S. 257. Vgl. Thieme (1982), S. 156 f.; Pfohl/Stölzle (1997), S. 257. Vgl. Frayne/Geringer (2000), S. 369. Vgl. Manz/Sims (1980), S. 363; Thieme (1982), S. 156; Lütke Schwienhorst (1989), S. 157; Hahn (1997), S. 437. Vgl. Küpper (1994), S. 949. Vgl. Lütke Schwienhorst (1989), S. 157; Pfohl/Stölzle (1997), S. 257.

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mationen werden durch reine Selbstkontrolle nicht aufgedeckt. Daher sollten insbesondere in für den Erfolg eines Unternehmens kritischen Bereichen die Mitarbeiter zusätzlich durch Fremdkontrolle überwacht werden. Drittens ist es insbesondere bei anspruchsvollen Tätigkeiten möglich, dass sich selbst kontrollierende Individuen überfordert sind und zusätzliche Informationen aus der Fremdkontrolle benötigen.141 Wie bereits erwähnt, brauchen weiterhin insbesondere extrinsisch motivierte Individuen äußere Anreize, die sie durch Selbstkontrolle nicht erhalten. Bekommen sie diese nicht, leidet ihre Leistung.

3.2.3.3 Gruppenkontrolle als Hybridform von Fremd- und Selbstkontrolle Eine Gruppe ist „a group of individuals who work interdependently to solve problems or carry out work“.142 Der Einsatz von Gruppen in Unternehmen hat in den letzten Jahren zugenommen und somit an Wichtigkeit gewonnen.143 Diese Gruppen zeichnen sich durch ein gewisses Maß an Autonomie aus. Autonomie ist bei Gruppen „the degree to which team members experience substantial freedom, independence, and discretion in their work“.144 Autonome Gruppen treffen wichtige Entscheidungen selbständig. Der Grund für die Einführung autonomer Gruppen ist die im Vergleich zu nicht-autonomen Gruppen höhere Produktivität.145 Hohe Gruppenautonomie kann allerdings zu geringer Autonomie der einzelnen Gruppenmitglieder führen, da Entscheidungen gemeinsam getroffen werden müssen. Zu den autonomen Gruppen innerhalb von Unternehmen gehören Arbeitsgruppen, Gruppen mit dem Ziel der Produktneuentwicklung und Management-Gruppen.146 Die Zusammenarbeit von Arbeitsgruppen ist prinzipiell nicht zeitlich begrenzt, wobei Gruppen mit dem Ziel der Produktneuentwicklung nach Abschluss der Entwicklungsarbeit aufgelöst werden.147 Management-Gruppen bestehen zumeist aus Führungskräften derselben Hierarchiestufe, die eine gemeinsame Aufgabe haben, wie z. B. im Falle einer mehrköpfigen Geschäftsführung.

141 142 143 144 145 146 147

Vgl. Anthony/Dearden/Govindarajan (1992), S. 56; Hahn (1997), S. 436. Kirkman/Rosen (1999), S. 58. Vgl. Osterman (1994), S. 186; Manz/Sims (1995), S. 19 f.; Kirkman/Shapiro (1997), S. 730 f. Kirkman/Rosen (1999), S. 59. Vgl. Patchen (1962), S. 290; Kirkman/Rosen (1999), S. 69. Vgl. Stock (2004), S. 276. Arbeitsgruppen werden vor allem in der Produktion eingesetzt, und dort häufig unter Einsatz neuer Produktionstechniken wie z. B. Total Quality Management, Just-in-time Produktion und KANBAN. Vgl. Woywode (2002), S. 499 f.

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Da eine autonome Gruppe an einem gemeinsamen Arbeitsergebnis gemessen wird, liegt es einerseits im Interesse eines jeden Gruppenmitglieds, den Arbeitseinsatz der anderen Gruppenmitglieder zu kontrollieren und dadurch Fremdkontrolle auszuüben.148 Andererseits kontrolliert sich jedes Gruppenmitglied unter den in Abschnitt 3.2.3.2 genannten Bedingungen selbst.149 Da die Kontrollmechanismen innerhalb von Gruppen, hier als Gruppenkontrolle bezeichnet, also aus Fremd- und Selbstkontrolle bestehen, kann Gruppenkontrolle als Hybridform aus diesen beiden Kontrollarten bezeichnet werden. Mit Gruppenkontrolle ist hingegen nicht die Beziehung zwischen einem Kontrolleur, der wiederum die Gruppe überwacht, und der Gruppe gemeint.150 Auf den ersten Blick kontraintuitiv ist, dass die gegenseitige Fremdkontrolle der Gruppenmitglieder häufig als stärker empfunden wird als die Kontrolle eines Mitarbeiters durch seinen Vorgesetzten. Dies illustriert die Aussage eines Arbeiters eines Maschinenbauunternehmens nach der Einführung von Arbeitsgruppen: „I don’t have to sit there and look for the boss to be around; and if the boss is not around, I can sit there and talk to my neighbor or do what I want. Now the whole team is around me and the whole team is observing what I’m doing.“151 Die Basis für eine solche starke Fremdkontrolle, bei der jedes Gruppenmitglied als Kontrollsubjekt auftreten kann, ist die Transformation von Werten in für jedes Gruppenmitglied sichtbare Regeln, deren Einhaltung kontrolliert werden kann.152 Der Einsatz von Gruppen und die damit einhergehende Gruppenkontrolle bieten wichtige Vorteile. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Gruppen eine hohe Produktivität aufweisen.153 Dies liegt vor allem an der hohen Zufriedenheit der Gruppenmitglieder.154 Zusätzlich dazu weisen Gruppen Kostenvorteile für ein Unternehmen auf, weil die Kosten für die Kon-

148 149 150 151 152 153

154

Vgl. Uhl-Bien/Graen (1998), S. 340; Rasker/Post/Schraagen (2000), S. 1170. Vgl. Pfohl/Stölzle (1997), S. 258 f.; Uhl-Bien/Graen (1998), S. 341. Zu dem Einsatz von Kontrolleuren zur Überwachung von Gruppen vgl. z. B. die Studie von Patchen (1962). Barker (1993), S. 408. Vgl. Barker (1993), S. 430. Vgl. Trist/Susman/Brown (1977), S. 219-223; Goodman/Devadas/Griffith Hughson (1988), S. 313; Wellins et al. (1990), S. 10; Campion/Medsker (1993), S. 838-840; Cohen/Ledford (1994), S. 28-32; Gupta/Dirsmith/Fogarty (1994), S. 275-277; Campion/Papper (1996), S. 446 f.; Tata/Prasad (2004), S. 255258. Vgl. Wall et al. (1986), S. 289-297; Cordery/Mueller/Smith (1991), S. 470-472.

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trolle der Gruppe weit geringer als die Kosten für die Kontrolle jedes einzelnen Gruppenmitglieds sind, falls diese nicht in einer Gruppe organisiert sind.155 Die Nachteile der Gruppenkontrolle sind Verzerrungen (biases) in den Entscheidungen der Gruppenmitglieder, die außerhalb von Gruppen nicht auftreten. Diese sind im Wesentlichen groupthink und Gruppenpolarisation.156 Groupthink bezeichnet einen Denkstil der Gruppenmitglieder, der wegen des Strebens nach Einmütigkeit zu Urteilsverzerrungen führt: „a quick and easy way to refer to a mode of thinking that people engage in when they are deeply involved in a cohesive ingroup, when the members’ strivings for unanimity override their motivation to realistically appraise alternative courses of action.“157 Beispiele für besonders folgenreiche Fehlentscheidungen durch groupthink sind die fehlenden Vorbereitungen für einen japanischen Angriff auf Pearl Harbour im Jahre 1941 und die Eskalation des Vietnamkrieges.158 Gruppenpolarisation liegt dann vor, wenn die Mehrheitsmeinung einer Gruppe während einer Gruppendiskussion intensiviert wird und ein Konsens extremer ausfällt als es die Einstellungen und Meinungen der Gruppenmitglieder erwarten lassen.159 Es gibt zwei Spezialfälle von Gruppenpolarisation. Wenn eine Gruppe mehr Risiko eingeht als ihre Mitglieder bei Individualentscheidungen eingehen würden, liegt risky shift vor; wenn sie weniger Risiko eingeht, cautious shift.160

3.2.4 Kontrollintensität Ein weiterer Parameter einer Kontrollstrategie ist die Intensität, mit der die Kontrolle durchgeführt wird. Dabei wird die Intensität der Kontrolle sowohl durch die temporalen Aspekte Frequenz, Dauer und Zeitpunkt als auch durch die Genauigkeit bestimmt.161 Ein Beispiel für

155 156

157 158 159 160 161

Vgl. Ma/Moore/Turnbull (1988), S. 361-368; Varian (1990), S. 154. Zusätzlich kann auch noch der „false consensus effect“ und „group escalation of commitment“ genannt werden. Jedoch treten diese Verzerrungen auch außerhalb von Gruppen auf. Vgl. Jones/Roelofsma (2000), S. 1134-1148. Janis (1982), S. 9. Für eine detaillierte Beschreibung von groupthink vgl. Neck/Manz (1994), S. 931-934. Vgl. Kim (2001), S. 170. Vgl. Hogg/Turner/Davidson (1990), S. 78. Vgl. Jones/Roelofsma (2000), S. 1144. Diejenigen Autoren, die Aussagen über die Kontrollintensität treffen, definieren diesen Begriff in der Regel nicht. In Anlehnung an Thieme (1982), S. 203 f., der die Kontrollintensität in Kontrollhäufigkeit und Kontrollgenauigkeit gliedert, wurde das genannte Verständnis gewählt.

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Kontrollen mit geringer Genauigkeit sind reine Zielkontrollen, wohingegen Zielkontrollen in Verbindung mit zusätzlichen Planfortschritts- und Feedback-Kontrollen im Allgemeinen eine höhere Genauigkeit aufweisen.162 Werden Kontrollen durchgeführt, so lassen sich als idealtypische Kontrollintensitäten vollständige von partiellen Kontrollen unterscheiden. Vollständige Kontrollen werden mit der maximalen Kontrollintensität durchgeführt, wohingegen partielle Kontrollen durch eine geringere Kontrollintensität gekennzeichnet sind.163 Ein Beispiel für partielle Kontrollen sind Stichprobenverfahren.164 Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten für die Wahl der Kontrollintensität stellt sich die Frage nach der optimalen Kontrollintensität. Jedoch gehen allgemein gültige Aussagen selten und nur für eng umgrenzte Problemstellungen über triviale Aussagen hinaus.165 Allgemein gilt, dass die optimale Kontrollintensität dann vorliegt, wenn die mit der Intensivierung der Kontrolle verbundenen zusätzlichen Kosten genau dem dadurch erzielten zusätzlichen Kontrollnutzen entsprechen.166 Kontrollkosten und -nutzen sind jedoch nur schwer oder gar nicht quantifizierbar. Kontrollkosten bestehen aus den Kosten der Informationsbeschaffung und bei Kontrollen von Individuen zusätzlich aus den negativen Wirkungen auf ihre Motivation. Der Kontrollnutzen ergibt sich aus der Reduktion der Kosten für potenzielle Fehler und den positiven Wirkungen auf die Motivation von Individuen. Da mit steigender Kontrollintensität die Kontrollkosten steigen, ist die optimale Kontrollintensität nur in seltenen Fällen die vollständige Kontrolle.167 Empirische Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass in vielen Fällen eine Erhöhung der Kontrollintensität positive Erfolgswirkungen haben kann.168

162 163 164 165

166 167 168

Vgl. Abschnitt 3.2.2 zu den Begriffen „Zielkontrolle“, „Planfortschrittskontrolle“ und „Feedback-Kontrolle“. Vgl. Laux (1979), S. 272; Hahn (1997), S. 440. Vgl. Laux (1979), S. 282; Weber (2002), S. 351-353. Ein Beispiel für ein quantitatives Modell zur Bestimmung der optimalen Kontrollintensität, allerdings beschränkt auf Routinetätigkeiten (z. B. das Buchen im Rechnungswesen oder Tätigkeiten bei Fertigungsprozessen), geben Baetge/Schuppert (1991a) und Baetge/Schuppert (1991b). Eine ähnliche Aussage treffen z. B. Kronester (1966), S. 21; Loth (1970), S. 35; Baetge/Schuppert (1991a), S. 1047, und Hahn (1997), S. 440. Vgl. Hahn/Hungenberg (2001), S. 84 f.; Betz (2002), S. 991. Vgl. Blau (1955), S. 43; Komaki (1986), S. 274 f.; Komaki/Desselles/Bowman (1989), S. 526 f.; Ittner/Larcker (1997), S. 304-308; Scott/Tiessen (1999), S. 277-281; Hoque/James (2000), S. 9-11; Ittner/Larcker/Randall (2003), S. 735-738.

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3.2.5 Unterstützung durch Instrumente „Ein Instrument ist ein Hilfsmittel bei der Erfüllung einer Aufgabe.“169 Somit sind Kontrollinstrumente Hilfsmittel zur Erfüllung der Kontrollaufgabe. Im Rahmen der Kontrolle kann sich ein Kontrollsubjekt optional der ihm zur Verfügung stehenden Kontrollinstrumente bedienen. Im Folgenden werden die wichtigen Kontrollinstrumente „Informationstechnologie“, „Abweichungsanalyse“, „ABC-Analyse“ und „Sensitivitätsanalyse“ kurz vorgestellt, ein vollständiger Überblick kann jedoch aus Platzgründen nicht gegeben werden.170 Der Einsatz der Kontrollinstrumente zur Verfolgung einer Kontrollstrategie wird in Abschnitt 3.3 diskutiert. Die Informationstechnologie wird in der Literatur sowohl als ein andere Kontrollinstrumente unterstützendes Instrument als auch ein, im Zusammenhang mit der Fremdkontrolle von Individuen, eigenständiges Kontrollinstrument diskutiert. Elektronische Kontrolle ist demnach „the continuous collection and analysis of management information about work performance and equipment use“.171 Beispiele sind die Kontrolle der Nutzung der elektronischen Kommunikationsmedien wie z. B. Internet und E-Mail und die Auswertung von Telefongesprächen. Mit der Abweichungsanalyse können zwei beliebige Größen verglichen werden; somit stellt sie ein reines Kontrollinstrument dar.172 Die Durchführung einer Abweichungsanalyse impliziert, dass Abweichungen erwartet werden oder bereits festgestellt wurden. Die Abweichungsanalyse soll dann dazu dienen, Einflussgrößen für Abweichungen zu bestimmen und so unerwünschte Abweichungen leichter beseitigen zu können.173 Bei der Kosten- und Leistungsrechnung können Abweichungen beispielsweise grundsätzlich auf eine Mengen- oder eine Preisabweichung (bzw. auf den Restposten Sekundärabweichung) zurückgeführt werden. Weitere Instrumente, mit denen sich die Bedeutung von Abweichungen einschätzen lässt, sind ABC-Analyse und Sensitivitätsanalyse. Der ursprünglich aus der Materialwirtschaft stam-

169

170

171 172 173

Horváth (1993), S. 670. Verschiedene Autoren grenzen die Begriffe „Instrument“, „Methode“, „Technik“ und „Verfahren“ unterschiedlich voneinander ab oder behandeln sie synonym. Für diese Arbeit soll daher wegen ihrer Allgemeinheit die genannte Definition gelten. Die dazu notwendigen Daten stammen häufig aus dem Rechnungswesen bzw. der Kostenrechnung. Somit kann bereits die Existenz des Rechnungswesens eine Kontrollwirkung haben, da Manager sich der darauf aufbauenden Kontrollen bewusst sind und ihr Verhalten entsprechend anpassen können. Vgl. ähnlich Hopwood (1987), S. 223. o. V. (1987) , S. 1. Dies ist die Definition des Office of Technology Assessment der USA. Vgl. zur Abweichungsanalyse ausführlich Kloock (1988), S. 423-434; Wagenhofer (1992), S. 319-338, und Weber (2002), S. 349-351. Vgl. Weber (2002), S. 351; Horváth (2003), S. 484 f.

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menden ABC-Analyse liegt die in vielen Fällen zutreffende Prämisse zugrunde, dass bereits ein kleiner Teil aller Einflussgrößen die Gesamtabweichung erklärt. Übertragen auf die Kontrolle bedeutet dies, dass es vielfach ausreicht, nur diese Einflussgrößen zu betrachten.174 Die Sensitivitätsanalyse dient dazu, modellhaft die Auswirkung von Abweichungen zu berechnen, um die Kontrolle auf die Bereiche mit einer besonders großen Auswirkung einer Abweichung fokussieren zu können.175

3.3 Idealtypische Kontrollstrategien Die beschriebenen Parameter von Kontrollstrategien lassen sich zu verschiedenen Kontrollstrategien kombinieren. Zunächst werden die im Kontext von Unternehmen relevanten Kontrollstrategien jedoch klassifiziert und in vier idealtypische Kontrollstrategien eingeordnet. Da in der Literatur kein derartiges Klassifikationsschema für Kontrollstrategien existiert, soll im Folgenden ein solches Klassifikationsschema entwickelt werden.176 Die Gliederung der verschiedenen Kontrollstrategien basiert auf der Idee der betriebswirtschaftlichen Gewinnfunktion. Die meisten Unternehmen verfolgen das Ziel der Gewinnmaximierung.177 Gleiches gilt in Bezug auf das Ziel ihrer Kontrollen: der „Gewinn“, d. h. der Nutzen aus den Kontrollen, soll maximiert werden. Um dieses Analogon verständlich zu machen, werden im Folgenden zunächst die betriebswirtschaftliche Gewinnfunktion vorgestellt und dann der Zusammenhang zu den entsprechenden Größen der Kontrolle hergestellt. Die betriebswirtschaftliche Gewinnfunktion stellt die Beziehung zwischen der Höhe des Gewinns G und den die Erträge und Kosten des Unternehmens beeinflussenden Größen her.178 Sie ergibt sich aus der Differenz zwischen der Ertragsfunktion E(x, p ) = x ⋅ p als dem Produkt aus der abgesetzten Menge x und dem Preis p eines Produkts und der Kostenfunktion

174

Vgl. Küpper (1994), S. 943. Vgl. Horváth (2003), S. 524. 176 In der englischsprachigen Literatur gibt es entsprechende Klassifikationsschemata, allerdings überwiegend zu Koordinationsinstrumenten. Vgl. z. B. strategic planning – management control – operational control (Anthony (1965), S. 15-19), behavioral control – output control (entspricht weitgehend Verhaltens- und Ergebniskontrolle, Ouchi/Maguire (1975), S. 559 f.), administrative controls – social controls – self controls (Hopwood (1974), S. 21-23), result controls – action controls – personnel controls (Merchant (1985), S. 17-46) und more organic – more mechanistic management control systems (Chenhall (2003), S. 131 f.). 177 Vgl. Bea/Dichtl/Schweitzer (1997), S. 48 f. 178 Vgl. Gutenberg (1963), S. 353 f.; Pohmer/Bea (1994), S. 245-247. 175

34

K (y, q ) = y ⋅ q als dem Produkt aus der produzierten Menge y und den Stückkosten q eines

Produkts und lautet somit:179 G (x, y, p, q ) = x ⋅ p − y ⋅ q

Auch bei der Kontrolle fallen Erträge und Kosten an. Erträge sind dabei der Beitrag der Kontrolle zu der Erreichung der beiden Ziele Informationsgewinnung und Verhaltensbeeinflussung von Individuen.180 Die Kosten sind sowohl die quantifizierbaren Kosten der Durchführung der Kontrolle als auch die negativen Auswirkungen auf die Motivation von kontrollierten Individuen. Wird analog zum betriebswirtschaftlichen Ziel der Gewinnmaximierung die Maximierung des Kontrollerfolgs unterstellt, ergeben sich vier idealtypische Kontrollstrategien, und zwar zwei zur Erhöhung des Kontrollertrags und zwei zur Verringerung der Kontrollkosten. Sie sind in Abbildung 4 dargestellt. Kontrollstrategien zur Erhöhung der Kontrollintensität Kontrollstrategien zur Erhöhung des Kontrollertrags

Kontrollstrategien zur Erhöhung des Ertrags je Kontrollprozess

Klassifikation von Kontrollstrategien Kontrollstrategien zur Verringerung des Kontrollbedarfs Kontrollstrategien zur Verringerung der Kontrollkosten

Kontrollstrategien zur Verringerung der Kosten je Kontrollprozess

Abbildung 4: Klassifikation idealtypischer Kontrollstrategien Zwei Vorbemerkungen sind zum Verständnis der weiteren Argumentation nötig. Erstens liegt den dargestellten idealtypischen Kontrollstrategien eine Relativbetrachtung zugrunde, d. h. sie wirken ausgehend von einem bestehenden Kontrollniveau. Diese Relativbetrachtung ist ledig-

179

Auf die Berücksichtigung von Fixkosten wurde hier verzichtet, da Fixkosten bei der Kontrolle eine untergeordnete Rolle spielen. 180 Vgl. dazu auch Abschnitt 3.1.

35

lich zur besseren Veranschaulichung gewählt. Ziel sind Vergleiche zwischen Unternehmen, bei denen ein unterschiedlich starker Einsatz der Kontrollstrategien sichtbar wird. Zweitens ist zu beachten, dass sich alternative Kontrollstrategien auf den gleichen Kontrollprozess beziehen, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. „Als Kontrollprozeß [!] wird der in bestimmter Weise fixierte zeitliche Einsatz eines Kontrollverfahrens bezeichnet (Prozeß [!] = zeitlicher Ablauf eines Verfahrens), wobei Verfahren als eine zweckbezogene und qualitativ festgelegte Kombination von Produktionsfaktoren definiert ist.“181 Ein solcher Kontrollprozess kann z. B. die regelmäßige Kontrolle von Geschäftszahlen einer Tochtergesellschaft sein. Die Erhöhung des Kontrollertrags kann zum einen durch die Erhöhung der Intensität der Kontrolle (analog der abgesetzten Menge eines Produkts) und zum anderen durch die Erhöhung des Ertrags je Kontrollprozess (als Gegenstück zum Preis eines Produkts, der den Wert des Produkts quantifiziert) geschehen.182 Dabei ist die Erhöhung der Kontrollintensität auf zwei grundlegende Arten möglich: zum einen kann die Frequenz und/oder die Dauer der Kontrolle eines einzelnen Kontrollprozesses erhöht werden und zum anderen kann die Kontrolle auf neue Kontrollprozesse ausgeweitet werden.183 Eine Verringerung der Kontrollkosten ist sowohl durch die Verringerung des Kontrollbedarfs (analog zu der produzierten Menge eines Produkts) als auch durch die Verringerung der (Stück-)Kosten je Kontrollprozess möglich.184 Die einzelnen Kontrollstrategien, die jeweils den vier idealtypischen Kontrollstrategien zugeordnet sind, sind in Abbildung 5 überblicksartig dargestellt und werden in den beiden folgenden Abschnitten 3.3.1 und 3.3.2 im Detail vorgestellt. Die Kontrollstrategien sind dabei nach ihrem dominanten Ziel klassifiziert. So kann z. B. der Einsatz der Informationstechnologie durch höheren Informationsgehalt der Kontrollen auch den Ertrag je Kontrollprozess steigern; dies stellt im Allgemeinen jedoch ein untergeordnetes Ziel für den Einsatz dieser Kontrollstrategie dar. Weiterhin kann es sein, dass es gegenläufige Effekte gibt, d. h. dass bei einer Ertragssteigerung der Kontrolle auch ihre Kosten steigen. Sinnvoll durchführbar ist eine solche

181

Kromschröder (1972), S. 38. Hervorhebungen im Original gelöscht. In beiden Fällen wird die Effektivität der Kontrolle gesteigert. Eine mögliche Verringerung des Kontrollnutzens durch negative Wirkungen der erhöhten Kontrollintensität, z. B. durch verringerte Motivation der kontrollierten Individuen, wird hier ausgeklammert. 183 Ähnliches gilt für die Verringerung des Kontrollbedarfs. Sie kann dazu führen, dass entweder Teile eines Kontrollprozesses oder ganze Kontrollprozesse wegfallen. 184 In beiden Fällen wird die Effizienz der Kontrolle gesteigert. 182

36

Kontrollstrategie daher nur, falls der Nettoeffekt positiv, also der Nutzen der Kontrolle immer noch vorhanden ist. Verfahrens- statt Ergebniskontrolle Kontrollstrategien zur Erhöhung der Kontrollintensität

Kontrollstrategien zur Erhöhung des Kontrollertrags

Erhöhung der Anzahl der Kontrollobjekte und -prozesse Erhöhung von Frequenz und/oder Dauer der Kontrolle

Kontrollstrategien zur Erhöhung des Ertrags je Kontrollprozess

Aggregation von Informationen Kulturabhängiges Kontrollverhalten Angleichung von Zielen

Kontrollstrategien

Kontrollstrategien zur Verringerung des Kontrollbedarfs

Unterstützung bei Selbstkontrolle Einsatz von Gruppenkontrolle Reduzierung der Freiheitsgrade

Kontrollstrategien zur Verringerung der Kontrollkosten

Unterstützung durch Informationstechnologie Kontrollstrategien zur Verringerung der Kosten je Kontrollprozess

Spezialisierung (z.B. Schaffung organisatorischer Einheiten mit dem Ziel Kontrollen durchzuführen) Stichprobenartige Kontrollen Schwerpunktbildung

Abbildung 5: Kontrollstrategien eingeordnet in die Klassifikation idealtypischer Kontrollstrategien

3.3.1 Kontrollstrategien zur Erhöhung des Kontrollertrags 3.3.1.1 Kontrollstrategien zur Erhöhung der Kontrollintensität Die wichtigsten Kontrollstrategien, die eine Erhöhung der Kontrollintensität zur Folge haben, sind der Einsatz von „Verfahrens- anstatt von Ergebniskontrolle“, die „Erhöhung der Anzahl der Kontrollobjekte und -prozesse“ sowie die „Erhöhung von Frequenz und/oder Dauer der Kontrolle“.

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Die Substitution von Ergebnis- durch Verfahrenskontrolle nutzt die im Allgemeinen höhere Kontrollintensität der Verfahrenskontrolle aus.185 Während bei der Ergebniskontrolle das Resultat einer Vielzahl von Handlungen gesamthaft mit einem gewünschten Ergebnis verglichen wird, wird bei der Verhaltenskontrolle (als Sonderfall der Verfahrenskontrolle) im Extremfall jede einzelne Handlung kontrolliert. Zu beachten ist allerdings, dass Verfahrenskontrollen im Allgemeinen höhere Kosten als Ergebniskontrollen verursachen und es zu negativen Auswirkungen auf die Motivation von Individuen kommen kann.186 Die Erhöhung der Anzahl der Kontrollobjekte und -prozesse kann ebenfalls die Kontrollintensität erhöhen. Dabei sollen durch Kontrollen möglichst viele Bereiche eines Unternehmens überwacht werden. In der Literatur wird dabei insbesondere diskutiert, inwieweit Unternehmen neben der operativen Kontrolle ein System der strategischen Kontrolle implementiert haben und wie umfassend dieses ist.187 Die strategische Kontrolle umfasst alle Kontrolltätigkeiten, die der strategischen Planung und der Implementierung von Strategien nachgelagert sind. Bei der Beschreibung der Arten strategischer Kontrolle wird häufig auf das Framework von Schreyögg und Steinmann (1985), (1987) zurückgegriffen, das im Folgenden vorgestellt wird. Zum System strategischer Kontrolle gehören die Durchführungskontrolle, die Prämissenkontrolle und die strategische Überwachung. Die Durchführungskontrolle ist eine FeedbackKontrolle oder eine Planfortschrittskontrolle und macht sich zunutze, dass üblicherweise Meilensteine als Ziele von Handlungen zur Erreichung einer Strategie definiert werden. Die Kontrolle der Wirkungen und unbeabsichtigten Nebenwirkungen dieser Handlungen ist Ziel der Durchführungskontrolle.188 Die Prämissenkontrolle ergänzt die Durchführungskontrolle und soll sich der Richtigkeit der gesetzten Planungsprämissen fortlaufend vergewissern.189 Prämissenkontrollen sind deshalb wichtig, weil Prämissen Erwartungen über unsichere Umweltzustände ausdrücken und daher bei Erhalt neuer Informationen unter Umständen angepasst werden müssen. Da sowohl die Durchführungskontrolle als auch die Prämissenkontrolle auf

185

Vgl. Thieme (1982), S. 196. Vgl. hierzu auch Abschnitt 3.2.2. 187 Vgl. insbesondere die Arbeiten von Köhler (1976); Horovitz (1979); Schreyögg/Steinmann (1985); Schreyögg/Steinmann (1987); Lütke Schwienhorst (1989); Goold/Quinn (1990); Preble (1992); Sjurts (1995); Ittner/Larcker (1997) und Ahrend (2002). 188 Vgl. Schreyögg/Steinmann (1985), S. 402 f.; Schreyögg/Steinmann (1987), S. 97; Preble (1992), S. 394396; Weber (2002), S. 394. 189 Vgl. Laux (1979), S. 251; Zettelmeyer (1984), S. 227 f.; Schreyögg/Steinmann (1985), S. 401 f.; Schreyögg/Steinmann (1987), S. 96 f.; Preble (1992), S. 394; Corsten (2000), S. 477; Schweitzer (2001), S. 75 f.; Ahrend (2002), S. 246-248; Lenz (2002), S. 979 f.; Fallgatter (2004), S. 672. 186

38

ein vorher festgelegtes Kontrollobjekt gerichtet sind, existiert ein daraus resultierendes Selektionsrisiko, das durch die strategische Überwachung aufgefangen werden soll. Sie stellt eine ungerichtete Beobachtungsaktivität dar, die das Ziel hat, für die Strategie wichtige Umweltveränderungen zu identifizieren.190 Verwenden Unternehmen ein solches umfangreiches System strategischer Kontrolle, haben sie die Anzahl der Kontrollobjekte und -prozesse gegenüber einem weniger intensiven Kontrollsystem erhöht. Zusätzlich dazu wenden sie verschiedenartige Vergleichstypen an (z. B. Soll-Ist-Vergleiche bei der Durchführungskontrolle und Wird-Ist-Vergleiche bei der Prämissenkontrolle). Weiterhin können Unternehmen die Intensität steigern, indem sie für einen gegebenen Kontrollprozess ein Kontrollverfahren häufiger und/oder länger anwenden.191

3.3.1.2 Kontrollstrategien zur Erhöhung des Ertrags je Kontrollprozess Die zweite Strategie zur Erhöhung des Kontrollertrags ist die Erhöhung des Ertrags je Kontrollprozess. Dies kann insbesondere durch die Aggregation von Informationen und ein kulturabhängiges Kontrollverhalten geschehen. Aggregation ist „the combining of a group of distinct elements“.192 Auch die in Kontrollen gewonnenen Informationen können entweder komplett oder in einer aggregierten Form dargestellt werden. Die Aggregation von Informationen hat drei wesentliche Vorteile. Erstens ergibt sich aus der beschränkten Rationalität (bounded rationality) von Individuen, dass die vereinfachte Darstellung von aggregierten Informationen ihren Informationsverarbeitungsprozess verbessern kann.193 Dadurch kann ein „information overload“ verhindert werden.194 Zweitens kann eine aggregierte Kontrollinformation ein geringeres Fehlerniveau aufweisen als die verschiedenen Einzelinformationen, falls die Kontrollinformationen mit Fehlern behaftet sind.195 Drittens kann das Kontrollsubjekt, das die Aggregation durchführt, das Kontrollergebnis so-

190 191 192 193 194 195

Vgl. Schreyögg/Steinmann (1985) S. 403-406; Schreyögg/Steinmann (1987), S. 97-99; Preble (1992), S. 396; Fallgatter (2004), S. 675. Vgl. Kromschröder (1972), S. 39. Feltham (1977), S. 42. Vgl. Arya/Fellingham/Schroeder (2000), S. 792. Vgl. Feltham (1977), S. 684-687. Vgl. die Modelle von Lim/Sunder (1991) und Datar/Gupta (1994). Der genannte Effekt ergibt sich beispielsweise durch die Anwendung geeigneter statistischer Verfahren.

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gar an Information bereichern.196 Allerdings müssen diese Vorteile gegenüber den beiden Nachteilen abgewogen werden, dass Aggregation mit Kosten verbunden ist und der Verlust von Informationen aus den Kontrollen in einigen Fällen zu suboptimalen Entscheidungen führen kann. Die empirische Forschung hat hierzu festgestellt, dass die Vorteilhaftigkeit der Aggregation von Informationen auch von der Persönlichkeit des Informationsempfängers abhängt.197 In Unternehmen findet die Aggregation von bei Kontrollen gewonnenen Informationen insbesondere bei Kosten- und Erlösdaten im Bereich des Rechnungswesens und bei der Bildung von Kennzahlen statt, die „relevante Zusammenhänge in verdichteter, quantitativ messbarer Form wiedergeben“.198 Sie dienen dazu, „schnell und prägnant über ein ökonomisches Aufgabenfeld zu berichten, für das prinzipiell eine Vielzahl relevanter Einzelinformationen vorliegt, deren Auswertung jedoch für bestimmte Informationsbedarfe zu zeitintensiv und aufwendig ist.“199 Kennzahlen werden üblicherweise in strukturierter Form als Kennzahlensysteme dargestellt. Als solches ist auch die in der Praxis von Unternehmen in den letzten Jahren erfolgreiche Balanced Scorecard zu verstehen, die als Hilfsmittel zur Kontrolle der Strategieumsetzung dienen kann.200 Die zweite genannte Kontrollstrategie zur Erhöhung des Ertrags je Kontrollprozess ist ein „kulturabhängiges Kontrollverhalten“. „Kulturabhängiges Kontrollverhalten“ bedeutet, dass bei der Kontrolle Unterschiede in der Landeskultur zwischen Kontrollsubjekt und kontrollierten Individuen berücksichtigt werden, indem beispielsweise eine Kontrollstrategie nicht in allen ausländischen Tochtergesellschaften in derselben Intensität eingesetzt wird. „The question of whether there is a need to modify control practices to better fit cultural values of a particular country is of interest to academics and practitioners alike.“201 Dafür sprechen vor allem zwei Gründe, die sich auf die Informationsversorgungs- und Verhaltenssteuerungsfunktion der Kontrolle beziehen. Erstens sind die in fremden Kulturen aus Kontrollen gewonnenen Informationen wegen sprachlicher und kultureller Unterschiede schwieriger zu interpretieren.

196 197 198 199 200 201

Vgl. Sunder (1997), S. 89. Dies ist beispielsweise bei Konsolidierung von Informationen aus dem Rechnungswesen der Fall, bei der häufig Expertenwissen zur Anwendung kommt. Vgl. Bariff/Lusk (1977), S. 824-827; Benbasat/Dexter (1979), S. 745-747; Lederer/Smith (1989), S. 63-66. Horváth (2003), S. 566. Weber (2002), S. 187. Vgl. für eine Beschreibung der Balanced Scorecard Kaplan/Norton (1992) und Kaplan/Norton (1993). Panina/Aiello (2005), S. 272.

40

Zweitens hat die empirische Forschung herausgefunden, dass die verhaltenssteuernde Wirkung von Kontrollstrategien kulturabhängig ist. Dieselbe Kontrollstrategie kann bei Mitgliedern einer Kultur zu positiven Wirkungen auf die Motivation führen, während sie in anderen Kulturen die Motivation der Individuen senkt.202 Somit kann davon ausgegangen werden, dass durch kulturabhängiges Kontrollverhalten der Ertrag je Kontrollprozess gesteigert wird.

3.3.2 Kontrollstrategien zur Verringerung der Kontrollkosten 3.3.2.1 Kontrollstrategien zur Verringerung des Kontrollbedarfs Die Reduzierung der mit der Kontrolle verbundenen Kosten und somit eine Erhöhung ihrer Effizienz kann durch eine Verringerung des Kontrollbedarfs erfolgen. Diese kann insbesondere auf vier Arten geschehen: die Angleichung der Ziele zwischen Kontrollsubjekt und kontrollierten Individuen, die Unterstützung von Individuen bei der Selbstkontrolle, den Einsatz von Gruppenkontrolle und eine Reduzierung der Freiheitsgrade. Wie bereits ausgeführt, hat Fremdkontrolle gegenüber Selbstkontrolle neben einer möglichen negativen Wirkung auf die Motivation der kontrollierten Individuen den Nachteil, Kosten zu verursachen.203 Gelingt es einem Kontrollsubjekt, dass die kontrollierten Individuen Selbstkontrolle ausüben, fallen aus Sicht des Kontrollsubjekts keine Kosten an. Dabei ist zu bemerken, dass sich bezogen auf ein Bündel von Aktivitäten Selbst- und Fremdkontrolle nicht gegenseitig ausschließen, sondern auch bereits ein gradueller Übergang von Fremd- zu Selbstkontrolle für gewisse Aktivitäten den genannten Kostenvorteil bringt.204 Voraussetzung zur Durchführung von Selbstkontrolle sind (aus Sicht des Kontrollsubjekts) allerdings gleiche Ziele bei Kontrollsubjekt und kontrollierten Individuen, da es sonst zu dysfunktionalem Verhalten der kontrollierten Individuen kommen kann.205 Daher lassen sich Strategien, die eine Angleichung der Ziele bewirken, von Strategien, die kontrollierte Individuen unter der Voraussetzung gleicher Ziele bei der Selbstkontrolle unterstützen, unterscheiden. Zur Angleichung der Ziele zwischen Kontrollsubjekt und kontrollierten Individuen ist die Vermittlung von Wertvorstellungen besonders geeignet. Wie Ouchi (1980) anmerkt, ist damit

202

Vgl. Chow/Kato/Merchant (1996), S. 179; Panina/Aiello (2005), S. 278, und Abschnitt 3.4. Vgl. Abschnitt 3.2.3.1 und 3.2.3.2. 204 Vgl. Lütke Schwienhorst (1989), S. 156. 205 Vgl. Lütke Schwienhorst (1989), S. 157; Pfohl/Stölzle (1997), S. 257. 203

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auch die Abnahme von opportunistischem Verhalten verbunden. „Common values and beliefs provide the harmony of interests that erase the possibility of opportunistic behavior.“206 Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Organisationsmitglieder also diese Wertvorstellungen verinnerlichen. Da dieser Prozess langwierig sein kann, spielt die Auswahl der Organisationsmitglieder eine herausragende Rolle. Ziel ist es, nur Individuen, von denen vermutet wird, dass sie sich mit den Werten der Organisation identifizieren, in die Organisation zu integrieren.207 Im Anschluss werden die Organisationsmitglieder durch Trainingsprogramme weiter sozialisiert.208 Sind hinreichend viele Organisationsmitglieder sozialisiert, stellen diese die Einhaltung der Werte durch Gruppenkontrolle selbständig sicher. Die Angleichung von Zielen ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn Arbeitsergebnisse schwer messbar und somit Ergebniskontrollen nicht durchführbar sind, da dann das Wissen des Kontrollsubjekts über den Transformationsprozess, den das kontrollierte Individuum durchführt, gering ist.209 In der Literatur wird diese Kontrollstrategie unter verschiedenen Begriffen diskutiert, wie soziale Kontrolle,210 shared values,211 clan control,212 cultural control,213 social control,214 control through organizational culture,215 belief systems,216 personnel controls217 und socio-ideological control.218 Wie diese Vorgehensweise konkret aussehen kann, beschreiben Alvesson und Kärreman (2004) in ihrer Fallstudie über eine weltweit tätige Unternehmensberatung.219 Diese legt bei der Einstellung neuer Mitarbeiter Wert auf eine homogene Gruppe, deren Mitglieder voraus-

206

207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219

Ouchi (1980), S. 138. Ähnlich z. B. auch Smircich (1983), S. 161: „They may attempt to define interpretations and meanings that can become widely understood and shared by organization members so that actions are guided by a common definition of the situation. Those with power are able to influence the course of organizational development through control over valued resources and through use of symbols by which organization members mediate their experience.“ Vgl. Jaeger (1983), S. 94; Snell (1992), S. 297 f.; Abernethy/Brownell (1997), S. 239. Vgl. Edström/Galbraith (1977), S. 251 f.; Jaeger (1982), S. 64 f.; Nohria/Ghoshal (1994), S. 494. Vgl. Flamholtz/Das/Tsui (1985), S. 45 f. Vgl. Thieme (1982), S. 13 f.; Treiber (1995), S. 368. Vgl. Barnard (1938), S. 114-123; Parsons (1956), S. 84 f.; Nohria/Ghoshal (1994), S. 493 f. Vgl. Ouchi/Jaeger (1978), S. 307-311; Ouchi/Johnson (1978), S. 309; Ouchi (1980), S. 134-139. Vgl. Jaeger (1982), S. 59-65; Jaeger (1983), S. 93 f. Vgl. Merchant (1985), S. 41 f.; Rockness/Shields (1988), S. 571 f.; Laufer/Robertson (1997), S. 10311040. Vgl. Flamholtz/Das/Tsui (1985), S. 45 f. Vgl. Simons (1994), S. 170-173. Vgl. Abernethy/Brownell (1997), S. 235-237. Vgl. Alvesson/Kärreman (2004), S. 425-427. Vgl. Alvesson/Kärreman (2004), S. 427-441.

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sichtlich bereits viele Gemeinsamkeiten aufweisen und daher die Werte der Unternehmensberatung leicht verinnerlichen können. Zu den wesentlichen Werten dieser Unternehmensberatung gehören die bestmögliche Unterstützung ihrer Klienten, Wachstum und ihr Markenname. Diese Werte werden bei der täglichen Arbeit vermittelt. So ist einem jungen Mitarbeiter immer ein „counsellor“ zur Seite gestellt, der ihm nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch die Werte vorleben und erläutern soll. Zu beachten ist allerdings, dass die Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ in der beschriebenen Unternehmensberatung als nicht ausreichend angesehen und daher durch andere Kontrollstrategien ergänzt wird. Die andere genannte Strategie ist es, die kontrollierten Individuen bei der Selbstkontrolle zu unterstützen. Die Voraussetzung für diese Strategie ist allerdings eine Übereinstimmung der Ziele von Kontrollsubjekt und kontrollierten Individuen, da es sonst zu dysfunktionalem Verhalten kommen kann.220 Liegt diese Voraussetzung vor, kann die Unterstützung bei der Selbstkontrolle z. B. mittels management by objectives geschehen, ein Konzept, das auf Drucker (1954) zurückgeht. Bei management by objectives vereinbart eine Führungskraft gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Ziele.221 Durch die Partizipation bei der Zielsetzung wird es wahrscheinlicher, dass die Mitarbeiter die Ziele akzeptieren.222 Statt die Mitarbeiter also ständig Verhaltenskontrollen zu unterziehen, wird ihre Leistung nur periodisch in Form einer Ergebniskontrolle gemessen. Innerhalb dieser Perioden übt der Mitarbeiter Selbstkontrolle aus. Weitere Instrumente zur Unterstützung der Individuen bei der Selbstkontrolle sind Regeln und Verfahrensanweisungen, die ein gewünschtes Verhalten bzw. Ergebnis und somit Vergleichswerte für die (Selbst-)Kontrolle vorgeben.223 Neben den beiden genannten Strategien kann schließlich auch der Einsatz von Gruppenkontrolle zur Verringerung des Kontrollbedarfs dienen, deren Vor- und Nachteile bereits in Abschnitt 3.2.3.3 beschrieben wurden. Vor allem in der Fertigung gibt es weiterhin Kontrollstrategien, die die Freiheitsgrade kontrollierter Individuen reduzieren und damit Kontrollen weitgehend überflüssig machen. Ein Bei-

220

Vgl. Dinesh/Palmer (1998), S. 366. Vgl. Levinson (1970), S. 126. Management by objectives wird in jüngerer Zeit zwar als überholt kritisiert, sein Grundgedanke findet aber dennoch (unter anderen Begriffen) breite Anwendung. Vgl. Dinesh/Palmer (1998), S. 365 f.; Gibson/Tesone/Blackwell (2003), S. 13 f. 222 Vgl. Nouri/Parker (1998), S. 477 f. 223 Vgl. Macintosh/Daft (1987), S. 51. 221

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spiel ist Poka-Yoke. Ausgangsbasis für Poka-Yoke ist die Erkenntnis, dass kein Mensch und auch kein System in der Lage sind, unbeabsichtigte Fehler vollständig zu vermeiden. Mit Hilfe von Poka-Yoke wird nun durch meist einfache, aber wirkungsvolle Systeme dafür gesorgt, dass derartige Fehlhandlungen im Fertigungsprozess nicht zu Fehlern am Endprodukt führen bzw. nicht unentdeckt bleiben.224

3.3.2.2 Kontrollstrategien zur Verringerung der Kosten je Kontrollprozess Die Kosten je Kontrollprozess können durch den Einsatz von Informationstechnologie, Spezialisierung, stichprobenartige Kontrollen und Schwerpunktbildung gesenkt werden. Zur Effizienzsteigerung der Kontrolle wird sowohl in nationalen als auch multinationalen Unternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend auf das Instrument Informationstechnologie zurückgegriffen.225 Das Besondere der Informationstechnologie ist, dass das Kontrollsubjekt für kontrollierte Individuen nicht sichtbar ist und stattdessen ein von kognitiven Verzerrungen freies Medium die Kontrolle ausführt. Weiterhin können mit Hilfe von Informationstechnologie weit größere Mengen an kontrollrelevanten Daten gesammelt und ausgewertet werden als durch Individuen.226 Daher ist der Einsatz der Informationstechnologie auch zur Erhöhung der Kontrollintensität bei gleichen Kosten geeignet. Wird die Informationstechnologie zur Kontrolle von Individuen eingesetzt, stellt sich die Frage, ob es neben den positiven Auswirkungen auf die Kosten der Kontrolle negative Effekte auf die Motivation gibt. Zu den negativen Auswirkungen gehören erhöhter Stress und damit einhergehende gesundheitliche Beschwerden.227 In Folge negativer Wirkungen auf die Motivation der elektronisch Kontrollierten sind dysfunktionale Effekte möglich, wie z. B. ein Sinken der Qualität bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.228 Wegen dieser möglichen negativen Auswirkungen, die den Kostenvorteil von elektronischer Kontrolle überkompensieren können, sind in der empirischen Forschung Erfolgsfaktoren für die elektronische Kontrolle ermittelt worden. Zu diesen Erfolgsfaktoren gehören die Klarheit

224

Vgl. Adam (1998), S. 150; Ghinato (1998), S. 474. Vgl. Panina/Aiello (2005), S. 270. 226 Vgl. Stanton (2000a), S. 86. 227 Vgl. Smith et al. (1992) S. 20-27; Aiello/Shao (1993), S. 1012 f.; Aiello/Kolb (1995), S. 347; Schleifer/Galinsky/Pan (1995), S. 200 f.; Henderson et al. (1998), S. 150-152. 228 Vgl. Grant/Higgins/Irving (1988), S. 41-43. 225

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der Kriterien, deren Einhaltung kontrolliert wird,229 die Beteiligung der kontrollierten Individuen bei der Entwicklung des elektronischen Kontrollsystems,230 die Aufklärung über die Vorteile des elektronischen Kontrollsystems,231 das Arbeiten der kontrollierten Individuen in einer sozial zusammenhängenden Gruppe232 und die Einschätzung der kontrollierten Individuen, dass die Kontrollen fair ablaufen.233 Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist sogar eine Leistungssteigerung von elektronisch kontrollierten Individuen möglich.234 Ihre Zufriedenheit steigt besonders dann an, wenn sie davon überzeugt sind, dass auf Basis der elektronischen Kontrollen eine objektivere Leistungsmessung erfolgt.235 Die Spezialisierung der Kontrolle durch beispielsweise die Schaffung organisatorischer Einheiten zur Durchführung von Kontrollen, also zusätzlicher Kontrollsubjekte, wie z. B. gesonderte Stabsstellen, hat verschiedene Gründe. Dazu gehören ihre hohe Unabhängigkeit und die Entlastung von Managern von Kontrollaufgaben.236 Durch die Spezialisierung können Stabsstellen die Kontrollaufgabe im Allgemeinen zu geringeren Kosten als nicht spezialisierte Kontrollsubjekte übernehmen. In der Praxis von Unternehmen spielen die interne Revision und das institutionalisierte Controlling die größte Rolle.237 Eine weitere Strategie zur Verringerung der Kontrollkosten ist die Durchführung von partiellen anstatt von vollständigen Kontrollen. Das gebräuchlichste partielle Kontrollverfahren sind Stichproben, bei denen nur ein Teil der möglichen Kontrollhandlungen ausgeführt wird. Der Unterschied zur Schwerpunktbildung ist, dass eine Stichprobe auf dasselbe Kontrollobjekt wie die Vollkontrolle bezogen ist, wohingegen bei der Schwerpunktbildung die Anzahl der Kontrollobjekte reduziert wird. Stichproben haben das Ziel, die bei der partiellen Kontrolle ermittelten Abweichungen auf die bei vollständigen Kontrollen überprüfbare Grundgesamtheit hochzurechnen. Je nach Art der Auswahl der durchgeführten Kontrollhandlungen lassen sich zwei Gruppen von Stichproben-

229 230 231 232 233 234 235 236 237

Vgl. Chalykoff/Kochan (1989), S. 821 f. Vgl. Westin (1992) S. 39-41. Vgl. Stanton (2000b), S. 139-141. Vgl. Aiello/Kolb (1995), S. 347 f. Vgl. Kidwell Jr./Bennett (1994), S. 210 f.; Stanton (2000b), S. 137-142; Alge (2001), S. 801 f. Vgl. Aiello (1993), S. 501 f.; Griffith (1993), S. 560-567; Nebeker/Tatum (1993), S. 525-528; Aiello/Kolb (1995), S. 343-348. Vgl. Angel (1989), S. 70 f. Vgl. Frese (1967), S. 133 f. Vgl. hierzu auch Abschnitt 3.2.1.

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verfahren unterscheiden.238 Zum einen kann die Auswahl der Kontrollhandlungen auf Basis subjektiver Erwägungen des Kontrollsubjekts, z. B. aufgrund seiner Erfahrung, erfolgen. Dieses Vorgehen wird als „Stichprobenprüfung mit bewusster Auswahl“ oder „Urteilsstichprobe“ bezeichnet.239 Zum anderen können die Kontrollhandlungen mittels statistischer Verfahren ausgewählt werden.240 Diese haben gegenüber Urteilsstichproben den Vorteil größerer Objektivität, setzen jedoch gleichartige Handlungen voraus (wie dies z. B. bei der Rechnungsprüfung gegeben ist).241 Eine weitere Strategie zur Verringerung der Kosten je Kontrollprozess ist die Kontrollschwerpunktbildung. Durch die Fokussierung der Kontrolle auf Bereiche eines Unternehmens von besonderer Bedeutung ist es in vielen Fällen ohne signifikanten Nachteil, dass andere Bereiche überhaupt nicht kontrolliert werden.242 Die Entscheidung, auf welche Bereiche fokussiert wird, sollte nach Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und strategischer Bedeutung getroffen werden. Ein Beispiel für die Kontrollschwerpunktbildung ist das Führungsprinzip management by exception. Dieses setzt an der Feststellung an, dass eine Führungskraft nicht alle möglichen Kontrollobjekte in voller Intensität kontrollieren kann und daher ihre (knappe) Kontrollkapazität fokussieren muss.243 Management by exception bedeutet nun, dass sie nur dann Kontrollinformationen auswertet, wenn Ausnahmesituationen eingetreten oder vorhersehbar sind.244 Jedoch ist die Einsetzbarkeit von management by exception begrenzt und auch mit Nachteilen verbunden. So ist es zumeist auf Routineaufgaben beschränkt und kann negative Wirkungen auf die Motivation kontrollierter Individuen haben. Dies liegt daran, dass vor allem negative Abweichungen kontrolliert werden und positiven Abweichungen nicht in gleichem Maße Aufmerksamkeit geschenkt wird.245

238 239 240 241 242

243 244 245

Vgl. Weber (2002), S. 352 f. Vgl. Hagest (1976), S. 114; Lanfermann (1992), S. 1855. Vgl. Hahn (1997), S. 438. Vgl. Weber (2002), S. 352 f. Vgl. Koontz (1959), S. 54; Loth (1970), S. 32-34. Diesem Gedankengang folgt auch das Konzept der „interactive control systems“ von Simons, bei denen Manager Bereiche von besonderer strategischer Bedeutung für das Unternehmen besonders kontrollieren. Vgl. Simons (1990), S. 136 f. Vgl. Siegwart/Menzl (1978), S. 136-139. Vgl. Ford (1981), S. 10; Liu/Shih/Kao (2001), S. 397 f. Vgl. Brownell (1983), S. 457.

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3.4 Abhängigkeit der Kontrollstrategien von Einflussfaktoren Nachdem verschiedene Kontrollstrategien beschrieben worden sind, stellt sich die Frage nach den Determinanten ihres Einsatzes. Es kann davon ausgegangen werden, dass nicht jede Kontrollstrategie unabhängig von gewissen Einflussfaktoren sinnvoll ist. Diese Einflussfaktoren (auch situative Faktoren genannt) sollen im Folgenden beschrieben und ihr Einfluss auf den Einsatz der Kontrollstrategien gekennzeichnet werden. Der Einfluss von situativen Faktoren auf die Organisationsstruktur wird theoretisch zumeist durch den situativen Ansatz fundiert.246 Zur Organisationsstruktur gehört auch die formale Gestaltung von Kontrolle. Der situative Ansatz geht von der Annahme aus, dass die Organisationsstruktur einen Einfluss auf Effizienz und Effektivität einer Organisation hat. Um erfolgreich zu sein, muss eine Organisation allerdings ihre Struktur an die jeweilige Situation anpassen. Situative Faktoren determinieren somit die Organisationsstruktur. Auf Basis empirischer Untersuchungen versucht der situative Ansatz, Unterschiede in Organisationsstrukturen zu erklären, indem diese auf situative Faktoren zurückgeführt werden. Zur Beschreibung der Organisationsstruktur gehen dabei nur Variablen ein, die die formale Struktur der Organisation kennzeichnen, nicht aber persönliche Eigenschaften der Organisationsmitglieder.247 Einige (wenige) Studien untersuchen zusätzlich die Auswirkung der von einer Organisation gewählten Organisationsstruktur auf den Erfolg.248 Zwar wird der situative Ansatz in wichtigen Punkten kritisiert, wird jedoch bis heute häufig zur theoretischen Fundierung empirischer Studien eingesetzt.249 Kontrollstrategien nehmen in diesem Zusammenhang eine Zwischenrolle ein: auf der einen Seite werden sie durch die sie gebrauchenden Individuen determiniert (z. B. die Intensität der Kontrolle von Mitarbeitern seitens ihrer Vorgesetzter), auf der anderen Seite sind Kontrollstrategien zumeist als Regeln auf der übergeordneten Ebene der Organisation definiert (z. B.

246

Im Englischen wird der situative Ansatz zumeist als contingency theory bezeichnet. In Anlehnung daran findet sich im Deutschen auch die Bezeichnung Kontingenztheorie oder -ansatz. 247 Vgl. Kieser (1999), S. 169-176; Schreyögg (2003), S. 331 f. 248 Diejenigen Studien, die die Auswirkung auf den Erfolg nicht untersuchen, argumentieren dies zumeist damit, dass nur erfolgreiche Organisationen dauerhaft überleben und daher ineffiziente Organisationsstrukturen gar nicht in größerer Zahl zu beobachten sind. Dem entgegen steht die Vorstellung, dass gleichzeitig verschiedene Organisationen unterschiedlich gut angepasste Organisationsstrukturen haben und somit unterschiedlich erfolgreich sein können. Vgl. Drazin/Van de Ven (1985), S. 514-523; Gerdin/Greve (2004), S. 304 f. 249 Die Kritik am situativen Ansatz ist in Kieser (1999), S. 183-191, und Schreyögg (2003), S. 355-370, zusammengefasst. Einwände gegen diese Vorwürfe führt z. B. Donaldson (2001), S. 125-159, auf.

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der Einsatz von Informationstechnologie oder die Kontrollintensität der Geschäftsentwicklung von Tochtergesellschaften) und somit personenunabhängig. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf den zweiten Aspekt, da nur dieser Thema der vorliegenden Arbeit ist. Die in empirischen Untersuchungen ermittelten situativen Faktoren, von denen der Einsatz von Kontrollstrategien abhängt, sind in Abbildung 6 dargestellt.250 Größe Alter Organisationsinterne Dimension

Zentralisierungsgrad Strategie

Technologie

Komplexität Allgemeine Fragestellungen Moderne Produktionsverfahren

Situative Faktoren für Kontrolle

Organisationsexterne Dimension

Kenntnis der UrsacheWirkungsZusammenhänge Interdependenz

Umwelt Kultur

Abbildung 6: Situative Faktoren für Kontrollstrategien251 Die für Kontrollstrategien relevanten situativen Faktoren beziehen sich entweder auf die organisationsinterne oder auf die organisationsexterne Dimension. Die organisationsinterne Dimension betreffende Faktoren sind Organisationsgröße, Alter, Zentralisierungsgrad, Technologie und Strategie; zur organisationsexternen Dimension gehören Umwelt und Kultur. Im Folgenden werden die Erkenntnisse zu jedem einzelnen Faktor dargestellt, wobei wegen des internationalen Bezugs dieser Arbeit besonderer Wert auf den Faktor Kultur gelegt wird.

250

Die meisten empirischen Untersuchungen, die auf dem situativen Ansatz basieren, beleuchten Aspekte der Koordination und nicht der Kontrolle. Trotzdem gehen auch diese Studien am Rande auf Kontrollstrategien ein; die in diesem Zusammenhang gewonnenen Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt. Da der situative Ansatz die situativen Faktoren nicht aus einer Theorie, sondern aufgrund von Plausibilitätsüberlegungen gewinnt, ist es möglich, dass es noch weitere situative Faktoren gibt. Beispielsweise ist die Branche denkbar, in der eine Organisation operiert. 251 Die Klassifikation erfolgt in Anlehnung an Chenhall (2003), S. 136-154, und Fisher (1995), S. 30-32.

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Der Einfluss der Organisationsgröße wird selten gesondert, sondern im Allgemeinen im Zusammenhang mit anderen situativen Faktoren untersucht. In ihrer Studie über den Einfluss einiger situativer Faktoren auf Variablen im Zusammenhang mit der Budgetsteuerung in USamerikanischen Unternehmen stellen Bruns und Waterhouse (1975) fest, dass ihre Größe positiv mit der Komplexität der Kontrollsystems korreliert.252 Hingegen findet Youssef (1975) bei MNUs keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Organisationsgröße und dem Einsatz von Verhaltenskontrollen sowie der gesamten Kontrollintensität.253 Dies steht im Widerspruch zur Studie von Merchant (1981), der eine positive Korrelation der Organisationsgröße mit der Kontrollintensität bei der Budgetkontrolle feststellt.254 Zu dem gleichen Ergebnis kommt Egelhoff (1984) in einer Studie über die Kontrolle von ausländischen Tochtergesellschaften von MNUs für die Ergebniskontrolle im Produktionsbereich; für die Bereiche Marketing und Rechnungswesen kann er einen solchen Zusammenhang allerdings auch nicht ermitteln.255 Weiterhin findet Merchant (1981), dass größere Organisationen weniger Gebrauch von einer aggregierten Darstellung der bei den Kontrollen gewonnenen Informationen machen als kleinere.256 Auch das Alter einer Organisation kann einen Einfluss auf die Kontrollstrategie haben, da mit zunehmendem Alter ihre Erfahrung zunimmt. So ermittelt Youssef (1975) eine negative Korrelation zwischen dem Alter und der allgemeinen Kontrollintensität sowie eine positive Korrelation zwischen dem Alter und dem Einsatz von Verhaltenskontrollen.257 Ein weiterer situativer Faktor ist der Zentralisierungsgrad. Je zentralisierter eine Organisation aufgebaut ist, desto weniger Entscheidungsfreiheit gewährt sie ihren Mitgliedern und desto mehr Informationen über die Leistung von Organisationseinheiten werden zentral gesammelt.258 In einer stark zentralisierten Organisation ist die Delegation von Aufgaben an die Erfüllung von klaren Regeln und Vorschriften gebunden. Bruns und Waterhouse (1975) ermitteln eine negative Korrelation zwischen dem Zentralisierungsgrad und der Komplexität des Kontrollsystems. Dies erklären sie damit, dass eine dezentrale Struktur vielschichtigere Kon-

252 253 254 255 256 257 258

Vgl. Bruns/Waterhouse (1975), S. 190-197. Vgl. Youssef (1975), S. 139 f. Vgl. Merchant (1981), S. 823. Vgl. Egelhoff (1984), S. 79. Vgl. Merchant (1981), S. 823. Vgl. Youssef (1975), S. 139-141. Vgl. Waterhouse/Tiessen (1978), S. 69-71.

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trollen erfordert.259 Weiterhin assoziieren Chenhall und Morris (1986) eher dezentral aufgebaute Organisationen mit einer Präferenz für aggregierte Informationen, wobei Chia (1995) diesen Zusammenhang bestätigt und zusätzlich eine positive Wirkung auf den Organisationserfolg nachweist.260 Unterschiedliche Ergebnisse weisen diese beiden Studien bei dem Einfluss des Zentralisierungsgrads auf die Kontrollintensität auf: Während Chenhall und Morris (1986) keinen statistisch signifikanten Zusammenhang finden, ermittelt Chia (1995) für dezentralisierte Organisationen einen Trend zu höherer Kontrollintensität und eine positive Auswirkung auf den Erfolg. Gupta et al. (1999) argumentieren, dass eine starke Dezentralisierung im Verhältnis zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften tendenziell mit der Kontrollstrategie zusammenhängt, die Manager der Tochtergesellschaften bei der Selbstkontrolle zu unterstützen. Diesen Zusammenhang können sie in ihrer Studie allerdings nicht bestätigen.261 Die Strategie einer Organisation unterscheidet sich von den anderen situativen Faktoren, weil sie nicht festes Merkmal der Organisationsstruktur ist, sondern durch das Management der Organisation bestimmt wird. Trotzdem wird die Strategie als wichtiger Einflussfaktor auf Kontrollstrategien in der Literatur untersucht und soll daher an dieser Stelle diskutiert werden.262 Es existieren mehrere konkurrierende Klassifikationsschemata, die in diesen Studien verwendet werden, um die Strategie zu operationalisieren: dies sind die Art der Absatzmarktbearbeitung (Ausprägungen „prospector“, „analyzer“, „defender“ und „reactor“),263 strategisches Zielobjekt und strategischer Vorteil (Ausprägungen „differentiation“, „overall cost leadership“ und „focus“)264 und die Innovationskultur (Ausprägungen „conservative“ und

259 260 261 262

263

264

Vgl. Bruns/Waterhouse (1975), S. 191 f. Vgl. Chenhall/Morris (1986), S. 27 f.; Chia (1995), S. 824-826. Vgl. Gupta/Govindarajan/Malhotra (1999), S. 216 f. Eine ähnliche Argumentation verfolgt z. B. Chenhall (2003), S. 150. Für einen ausführlichen Literaturüberblick über Studien über den Zusammenhang zwischen der Strategie einer Organisation und der Art von management control, die sie verwendet (teilweise auch über Kontrolle), vgl. Langfield-Smith (1997). Vgl. Miles/Snow (1978), S. 29. „Prospectors“ suchen ständig nach neuen Produkten und Absatzmärkten, „analyzers“ sind vorsichtiger und betreten neue Absatzmärkte erst nach sorgfältiger Analyse, „defenders“ verfolgen eine einfache Strategie (z. B. Kosten- oder Qualitätsführerschaft) mit einem begrenzten Produktspektrum und „reactors“ fehlt schließlich eine klare Strategie, wodurch sich ihr Misserfolg erklärt. Vgl. Porter (1980), S. 35-41. Organisationen mit der Strategie „differentiation“ versuchen ihre Kunden durch einzigartige Produkte zu überzeugen und legen daher besonderen Wert auf Forschung und Entwicklung sowie Marketing. „Overall cost leadership“ bedeutet, dass eine Organisation niedrigpreisige Produkte mit Ziel anbietet, hohe Marktanteile zu gewinnen, und strikte Kostenkontrolle in allen Stufen der Wertschöpfungskette vornimmt. „Focus“ bezeichnet eine Nischenstrategie, die sich z. B. auf eine bestimmte Käuferschicht oder einen lokalen Absatzmarkt richten kann.

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„entrepreneurial“).265 Simons (1987) untersucht den Einfluss der Strategie von strategischen Geschäftseinheiten auf unterschiedliche Dimensionen der Kontrollintensität und findet dabei keinen eindeutigen Zusammenhang bei „prospectors“ und „defenders“.266 In einem weiteren, theoretischen Beitrag argumentiert er, dass „prospectors“ strategische Pläne häufiger überprüfen als „defenders“, was auf eine höherer Intensität der strategischen Kontrolle bei „prospectors“ schließen lässt.267 Einen Zusammenhang zwischen der Strategie des „focus“, in Form von kundenbezogenenen Fertigungsstrategien, und einer Erhöhung der Kontrollintensität untersuchen schließlich Perera et al. (1997). Sie finden heraus, dass diese Strategie verfolgende Unternehmen bei Kontrollen des Geschäftserfolgs neben finanziellen Kennzahlen auch starken Gebrauch von nichtfinanziellen Kennzahlen, z. B. Kundenzufriedenheit, machen und somit intensiver kontrollieren.268 Chenhall und Morris (1995) untersuchen die Innovationskultur von Unternehmen und finden heraus, dass eine hohe Kontrollintensität sowohl bei „conservative“ als auch bei „entrepreneurial“ Strategien zu höherem Erfolg führt, bei „entrepreneurial“ Strategien allerdings nur unter der Voraussetzung, dass auf eine hohe Formalisierung der mit den Kontrollen einhergehenden Informations- und Kommunikationsprozesse verzichtet wird.269 Ein weiterer, häufig untersuchter situativer Faktor ist die Technologie im Sinne der Fertigungstechnik. „At a general level, technology refers to how the organization’s work processes operate (the way tasks transform inputs into outputs) and includes hardware (such as machines and tools), materials, people, software and knowledge.“270 Es lassen sich zunächst Studien, die allgemeine Fragestellungen zu Produktionsverfahren untersuchen von solchen, die den Einfluss moderner Produktionsverfahren, wie z. B. Just in Time (JIT) und Total Quality Management (TQM), untersuchen, unterscheiden.271 Die betrachteten allgemeinen Frage-

265

266 267 268 269 270 271

Vgl. Miller/Friesen (1982), S. 3-7. Der Unterschied zwischen den beiden Strategietypen ist die Rolle von Innovationen. Organisationen, die „conservative“ Strategien verfolgen, legen keinen besonderen Wert auf Innovationen, wohingegen „entrepreneurial“ Strategien sich bei Organisationen finden, die Innovationen aggressiv vorantreiben. Vgl. Simons (1987), S. 366-368. Vgl. Simons (1990), S. 133-135. Vgl. Perera/Harrison/Poole (1997), S. 563-568. Vgl. Chenhall/Morris (1995), S. 490-494. Chenhall (2003), S. 139. Für einen Überblick über moderne Produktionsverfahren vgl. z. B den Literaturüberblick von Young/Selto (1991).

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stellungen zu Produktionsverfahren sind die Komplexität, die Kenntnis der UrsacheWirkungs-Zusammenhänge und die Interdependenz. Bezüglich der technologischen Komplexität kommt Merchant (1984) in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass standardisierte und automatisierte Produktionsverfahren eine höhere Kontrollintensität bei der Budgetkontrolle mit sich bringen.272 Scott und Tiessen (1999) kommen zu demselben Ergebnis in Bezug auf die Intensität der Gruppenkontrolle und weisen zusätzlich eine positive Erfolgsauswirkung dieser Kontrollstrategie nach.273 Ein weiterer situativer Faktor ist die Kenntnis der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge einer Technologie. Beispielsweise ist davon auszugehen, dass ein Maschinenbau-Ingenieur eine gute Kenntnis der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge einer Werkzeugmaschine hat. Ouchi (1979) entwickelt dazu ein theoretisches Konzept, das verschiedene Kontrollstrategien als hauptsächlich von zwei Faktoren abhängig darstellt. Dies sind die Kenntnis der UrsacheWirkungs-Zusammenhänge einer Technologie, die ein Kontrollsubjekt hat, und die Messbarkeit der gewünschten Ergebnisse eines technologischen Prozesses. Die sich so ergebenden vier Fälle von Kontrollstrategien sind in Abbildung 7 in Form einer Matrix dargestellt. Kenntnis der UrsacheWirkungs-Zusammenhänge Messbarkeit der Ergebnisse

Vollständig

Unvollständig

Hoch

Ergebniskontrolle oder Verhaltenskontrolle

Ergebniskontrolle

Niedrig

Verhaltenskontrolle

Angleichung von Zielen

Abbildung 7: Kontrollstrategien in Abhängigkeit von der Kenntnis der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge einer Technologie und der Messbarkeit der Ergebnisse274

272

Vgl. Merchant (1984), S. 300. Vgl. Scott/Tiessen (1999), S. 276 und S. 278. 274 Nach Ouchi (1979), S. 843; Rockness/Shields (1984), S. 168; Eisenhardt (1985), S. 135; Govindarajan/ Fisher (1990), S. 261; Snell (1992), S. 295. 273

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Der einfachste Fall ergibt sich, wenn die Kenntnis der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge vollständig und die Messbarkeit der Ergebnisse hoch ist. Dann hat das Kontrollsubjekt die Wahl zwischen Ergebnis- und Verhaltenskontrolle. Sind die Ergebnisse eines Transformationsprozesses hingegen schwer definierbar, stellt der Einsatz von Verhaltenskontrolle eine sinnvolle Kontrollstrategie dar. Dies ist z. B. bei den Arbeitern in einer Fabrik der Fall, die einfache Tätigkeiten durchführen, deren Kontrolle leicht durchführbar ist, die jedoch keinerlei oder nur sehr aufwendig messbare Ergebnisse bringen. Ist die Kenntnis der UrsacheWirkungs-Zusammenhänge unvollständig und sind die Ergebnisse klar messbar, ist wiederum Ergebniskontrolle sinnvoll. Der schwierigste Fall ergibt sich, wenn zusätzlich das Kontrollsubjekt keine gewünschten Zustände (Ergebnisse) für den Transformationsprozess angeben kann wie es z. B. bei der Grundlagenforschung der Fall ist. Dann wären sowohl Verhaltensals auch Ergebniskontrolle zwecklos, so dass sich der Einsatz der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ zwischen Kontrollsubjekt und kontrollierten Individuen als Lösung anbietet. Diese theoretischen Aussagen werden auch von empirischen Untersuchungen belegt.275 Als weiterer situativer Faktor der Technologie wird die Abhängigkeit zwischen Organisationseinheiten, die Interdependenz, untersucht. „Interdependence is defined as the extent to which departments depend upon each other to accomplish their tasks“.276 Empirische Studien, die die Abhängigkeit der Kontrollstrategien von der Interdependenz untersuchen, verwenden das Framework von Thompson (1967), das zwischen Interdependenz in den Ausprägungen „pooled“ (gebündelt), „sequential“ (sequenziell) und „reciprocal“ (gegenseitig) unterscheidet.277 Im Fall von gebündelter Interdependenz arbeiten die Organisationseinheiten weitgehend autonom, während bei sequenzieller Interdependenz zweier Organisationseinheiten der Output einer Organisationseinheit zum Input der anderen wird. Der höchste Grad von Interdependenz ist schließlich die gegenseitige Interdependenz, die von mehrfacher Interaktion der Organisationseinheiten gekennzeichnet ist, z. B. bei der Produktentwicklung. Die empirischen Erkenntnisse zum Einfluss der Interdependenz auf Kontrollstrategien sind uneinheitlich. Macintosh und Daft (1987) stellen die höchste Kontrollintensität bei mittlerer Interdependenz fest, wobei die Kontrollintensität mit zunehmender Interdependenz ab-

275

Vgl. Ouchi/Maguire (1975), S. 564-567; Rockness/Shields (1984), S. 171-174; Eisenhardt (1985), S. 145 f. Bouwens/Abernethy (2000), S. 223. 277 Vgl. Thompson (1967), S. 54 f. 276

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nimmt.278 Im Gegensatz dazu stellen Chenhall und Morris (1986) sowie Bouwens und Abernethy (2000) eine positive Korrelation zwischen der Interdependenz und der Kontrollintensität fest. Zusätzlich dazu finden beide Studien bei höherer Interdependenz den Trend hin zu aggregierten Informationen.279 Scott und Tiessen (1999) untersuchen den Einfluss der Interdependenz bei der Gruppenarbeit auf die Kontrollintensität in Form einer Vielzahl von Indikatoren für die Messung der Leistung der Gruppe und stellen eine positive Korrelation fest.280 Snell (1992) untersucht den Einfluss der Interdependenz auf den Einsatz von Ergebnis- und Verhaltenskontrolle, findet aber keinen direkten Zusammenhang zwischen den Variablen.281 Weitere Studien untersuchen den Einfluss moderner Produktionsverfahren auf Kontrollstrategien. Wie Banker et al. (1993) herausfinden, korreliert der Einsatz von JIT und TQM positiv mit der Bereitstellung einer Vielzahl von Informationen, um den Arbeitern Selbstkontrolle zu ermöglichen.282 Darin wird ein wesentlicher Vorteil und Erklärungsbeitrag für den Erfolg dieser neuen Produktionsverfahren gesehen. Allerdings können Sim und Killough (1998) einen solchen Zusammenhang in ihrer Studie nicht finden.283 Für diejenigen Unternehmen, die JIT einsetzen, stellt Mia (2000) einen positiven Zusammenhang zwischen der Kontrollintensität bei der Leistungsmessung und dem Erfolg der Unternehmen fest.284 Zu den organisationsexternen situativen Faktoren, die untersucht worden sind, gehört zunächst die Umwelt. Der einzige für Unternehmen wichtige Aspekt der Umwelt, der im Zusammenhang mit Kontrollstrategien untersucht wurde, ist die Unsicherheit. Mit Unsicherheit ist hier die von Entscheidungsträgern empfundene Unvorhersehbarkeit des Eintretens von Umweltzuständen gemeint.285 Übereinstimmend kommen mehrere Studien zu dem Ergebnis, dass eine steigende Unsicherheit eine höhere Kontrollintensität mit sich bringt.286 Chenhall und Morris (1986) vermuten zusätzlich eine positive Korrelation zwischen der Unsicherheit

278 279 280 281 282 283 284 285 286

Vgl. Macintosh/Daft (1987), S. 53-56. Vgl. Chenhall/Morris (1986), S. 27 f.; Bouwens/Abernethy (2000), S. 233 f. Vgl. Scott/Tiessen (1999), S. 279. Vgl. Snell (1992), S. 316. Vgl. Banker/Potter/Schroeder (1993), S. 49-52. Ähnlich Daniel/Reitsperger (1991), S. 613, für „continuous improvement“. Vgl. Sim/Killough (1998), S. 340. Vgl. Mia (2000), S. 146, und Banker/Potter/Schroeder (1993), S. 52, in Bezug auf die Motivation der Arbeiter. Vgl. Miles/Snow (1978), S. 195. Vgl. Chenhall/Morris (1986), S. 27; Gul/Chia (1994), S. 421-423; Chong/Chong (1997), S. 271-273.

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und der Aggregation von Informationen, finden einen solchen Zusammenhang allerdings nicht.287 Auf den zweiten organisationsexternen situativen Faktor, die Kultur, wird wegen der besonderen Bedeutung für diese Arbeit mit ihrem internationalen Fokus im Folgenden näher eingegangen. Zunächst wird dazu ein Überblick über die beiden wichtigsten kulturvergleichenden Studien von Hofstede und GLOBE gegeben, und im Anschluss daran wird der Einfluss der in diesen Studien ermittelten kulturellen Dimensionen auf Kontrollstrategien beschrieben. Definitorisch ist Kultur schwer fassbar, da sehr unterschiedliche Forschungsgebiete sie in ihre Betrachtung einbeziehen.288 Mit Kultur ist die Gesamtheit von Werten, Verhaltensweisen und Einstellungen gemeint, die eine Gesellschaft von einer anderen abgrenzen.289 Sie ist „the collective programming of the mind that distinguishes the members of one group or category of people from another.“290 Mit Kultur ist hier also nicht die Kultur einzelner Organisationen, sondern die Landeskultur gemeint; diese spielt allerdings auch in Organisationen eine Rolle. Vereinfachend wird im Folgenden trotzdem weiter von Kultur gesprochen, auch wenn die Landeskultur gemeint ist. MNUs sind durch ihre internationale Tätigkeit vielen verschiedenen Ausprägungen des situativen Faktors Kultur ausgesetzt. Es stellt sich also die Frage, worin der kulturelle Unterschied in verschiedenen Ländern besteht und wie groß er ist. Diese Frage versucht die interkulturelle Organisationsforschung zu beantworten.291 Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Studien verwenden unterschiedliche Klassifikationsschemata, um kulturelle Unterschiede zu erfassen. Zwar gibt es zahlreiche derartige Studien,292 jedoch dienen ihre Ergebnisse vergleichsweise selten zur Operationalisierung von Konstrukten in empirischen Untersuchungen. Mit Abstand am häufigsten wird die lange Zeit umfassendste Klassifikation von Hofstede

287 288 289 290 291

292

Vgl. Chenhall/Morris (1986), S. 27 f. Vgl. Perlitz (2000), S. 280. Vgl. Kroeber/Parsons (1958), S. 583; Hofstede (2001), S. 9; Chenhall (2003), S. 152 f.; Panina/Aiello (2005), S. 272. Hofstede (2001), S. 9. Vgl. Sorge (2002), S. 717-719. Die interkulturelle Organisationsforschung besteht aus mehreren Richtungen, wie dem Kulturalismus, dem symbolischen Interaktionismus und dem Institutionalismus, auf deren Unterscheidung hier nicht näher eingegangen werden soll. Vgl. z. B. die Studien von Haire/Ghiselli/Porter (1966); Ronen (1986); Schwartz (1994); Smith/Dugan/ Trompenaars (1996) und Trompenaars/Hampden-Turner (2004).

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(2001) verwendet, die wegen ihrer Bedeutung für die empirische Forschung im Folgenden kurz vorgestellt und kritisch gewürdigt wird.293 Hofstede analysiert in seiner Studie 116.000 Fragebögen aus 50 Ländern und 3 Regionen, ausgefüllt von Mitarbeitern des US-amerikanischen MNU IBM. Mit Hilfe einer Faktoranalyse findet er vier Dimensionen, anhand derer sich die verschiedenen Länder unterscheiden.294 Dadurch ist es möglich, die Ausprägung der Werte der Länder für eine Dimension miteinander zu vergleichen. Die Dimensionen sind Machtdistanz, Unsicherheitsvermeidung, Individualismus und Maskulinität. Die ursprüngliche Untersuchung von Hofstede ist von westlichem Gedankengut geprägt und erfasst die Eigenarten der asiatischen Kulturen nicht in ausreichendem Maße.295 Dieses Defizit versucht die darauf aufbauende Studie der Chinese Culture Connection (1987) zu beheben, indem sie eine fünfte Dimension, den Grad der Langfristorientierung, einführt.296 Diese Dimension hat Hofstede anschließend in sein Framework integriert. Die Definitionen der fünf Dimensionen sind in Tabelle 1 aufgelistet. Hofstedes Studie ist genau wie andere kulturvergleichende Untersuchungen vielfach kritisiert worden. Die Hauptkritikpunkte sind dreierlei. Erstens wird von einigen Autoren die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse in Zweifel gezogen, da sie nur von einem einzigen MNU stammen.297 Zweitens bestehen Bedenken bezüglich der Aktualität der Daten, die zwischen 1968 und 1973 erhoben worden sind.298 Drittens wird bezweifelt, dass Kultur durch die Beschränkung auf vier bzw. fünf Dimensionen vollständig erfasst werden kann.299 Trotzdem ist Hofstedes Studie in vielen Fällen validiert300 und bis vor kurzem mangels einer besseren Alternative in der kulturvergleichenden Organisationsforschung immer noch häufig angewandt worden.301

293 294 295 296 297 298 299 300 301

Die Dimensionen anderer Studien lassen sich in vielen Fällen zudem in Hofstedes Dimensionen überführen. Vgl. Richards (2000), S. 107. Vgl. die Beschreibung der empirischen Untersuchung in Hofstede (2001). Vgl. Hofstede (2001), S. 351. Diese Dimension wird auch als Konfuzianischer Dynamismus (confucian dynamism) bezeichnet. Vgl. Banai (1982), S. 354; Triandis (1982), S. 89; Robinson (1983), S. 112; Sorge (1983), S. 628; Rose (1986), S. 250; Søndergaard (1994), S. 449. Vgl. Warner (1981), S. 76; Smith (1992), S. 41. Vgl. Smith (1992), S. 41. Vgl. Søndergaard (1994), S. 450-453, für einen umfassenden Überblick über die Hofstede (2001) replizierenden Studien. Vgl. Harrison/McKinnon (1999), S. 486 f.

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Dimension

Beschreibung

Machtdistanz302

Misst, inwieweit Mitglieder einer Gesellschaft akzeptieren, dass Macht ungleich verteilt ist. Ein hoher Machtdistanzindex besagt eine hohe Toleranz bezüglich ungleich verteilter Macht.

Unsicherheitsvermeidung303 Ausmaß, in dem die Mitglieder einer Gesellschaft sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen. Individualismus304

Misst, in wieweit sich die Mitglieder einer Gesellschaft eher als Individuen oder als Mitglieder einer Gruppe verstehen.

Maskulinität305

Misst, inwieweit eine Gesellschaft von als maskulin bezeichneten Werten, wie z. B. materialistischen Zielen und Leistungsbereitschaft, oder als feminin bezeichneten Werten, wie z. B. Fürsorge für Andere, geprägt ist.

Langfristorientierung306

Kulturen, die hohe Werte bei dem entsprechenden Langfristorientierungsindex erzielen, zeichnen sich durch Beharrlichkeit, Sparsamkeit und ein Statusdenken bei sozialen Kontakten aus. Diese Kulturen befürworten harte Arbeit und haben Respekt vor Wissen. Hohe Werte werden außerdem mit Zukunftsorientierung, niedrige Werte mit einer traditionellen Mentalität assoziiert. Niedrige Werte weisen Kulturen auf, die persönliche Stabilität, die Beibehaltung von Traditionen und schnelle Arbeitsergebnisse Wert schätzen.

Tabelle 1: Beschreibung der fünf kulturellen Dimensionen nach Hofstede Erst die von über 150 internationalen Wissenschaftlern im Zeitraum von 1993 bis 2003 durchgeführte kulturvergleichende Studie GLOBE greift die Kritikpunkte an Hofstedes Studie auf

302 303

304

305

306

Vgl. Hofstede (1980), S. 45: „It indicates the extent to which a society accepts the fact that power in institutions and organizations is distributed unequally.“ Vgl. Hofstede (1980), S. 45: Unsicherheitsvermeidung „indicates the extent to which a society feels threatened by uncertain and ambiguous situations and tries to avoid these situations by providing greater career stability, establishing more formal rules, not tolerating deviant ideas and behaviors, and believing in absolute truths and the attainment of expertise.“ Vgl. Hofstede (1980), S. 45: „Individualism implies a loosely knit social framework in which people are supposed to take care of themselves and of their immediate families only, while collectivism is characterized by a tight social framework in which people distinguish between in-groups and out-groups; they expect their in-group (relatives, clan, organizations) to look after them, and in exchange for that they feel they owe absolute loyalty to it.“ Vgl. Hofstede (1980), S. 46: „Measurements in terms of this dimension express the extent to which the dominant values in society are „masculine“ – that is, assertiveness, the acquisition of money and things, and not caring for others, the quality of life, or people.“ Hervorhebung im Original gelöscht. Vgl. Hofstede (2001), S. 359: „Long Term Orientation stands for the fostering of virtues oriented towards future rewards, in particular, perseverance and thrift. Its opposite pole, Short Term Orientation, stands for the fostering of virtues related to the past and present, in particular, respect for tradition, preservation of ‚faceǥ and fulfilling social obligations.“ Hervorhebung im Original gelöscht.

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und kann sie in drei wesentlichen Punkten verbessern.307 Erstens ist die Untersuchung nicht nur in einem weltweit tätigen Unternehmen, sondern in einer Vielzahl von Organisationen durchgeführt worden.308 Zweitens sind die Daten um etwa 30 Jahre aktueller als Hofstedes Daten. Unter den 62 in GLOBE untersuchten Ländern sind auch zahlreiche Länder enthalten, die es in dieser Form vor 30 Jahren noch gar nicht gab, insbesondere in osteuropäischen Ländern. Drittens wird Kultur durch neun Dimensionen gemessen und somit genauer erfasst als in Hofstedes Studie. Demgegenüber steht der Nachteil, dass mit 17.000 Befragten bisher nur ca. 15% der Stichprobengröße von Hofstedes Untersuchung erreicht wird. Von den neun kulturellen Dimensionen von GLOBE lehnen sich sechs an Hofstedes Dimensionen an und drei sind völlig neu. Machtdistanz (Korrelation ȡ zwischen Hofstede und GLOBE 0,61; Signifikanzniveau p < 0,001), Unsicherheitsvermeidung (ȡ = 0,65; p < 0,001) und Individualismus (ȡ = 0,18; nicht signifikant) sind inhaltlich identisch, während Maskulinität in die beiden Dimensionen Geschlechtergleichstellung und Durchsetzungsvermögen aufgeteilt wird. Der Dimension Langfristorientierung bei Hofstede entspricht weitgehend die Dimension Leistungsorientierung bei GLOBE (ȡ = 0,32; nicht signifikant).309 Zusätzlich zu den genannten Dimensionen ermittelt GLOBE die drei neuen Dimensionen Gruppenkollektivismus, Zukunftsorientierung und Gutherzigkeit. Gruppenkollektivismus misst das Ausmaß, in dem Individuen Stolz und Treue in ihren Organisationen oder Familien ausdrücken.310 Zukunftsorientierung bezeichnet den Umfang zukunftsorientierter Verhaltensweisen wie z. B. Planen und Investieren von Individuen einer Gesellschaft.311 Gutherzigkeit ist schließlich das Ausmaß, in dem Individuen in Organisationen oder Gesellschaften sich gegenseitig dafür belohnen, ehrlich, freundlich und altruistisch gegenüber anderen zu sein.312

307

308 309 310 311

312

Vgl. für eine ausführliche Beschreibung von GLOBE House (2004). Neben dem Vergleich verschiedener Kulturen hat GLOBE das zweite Ziel, erfolgreiche Eigenschaften von Führungskräften in Abhängigkeit von der Landeskultur zu identifizieren. Insgesamt wurden Mitarbeiter in 951 Organisationen befragt. Die Angaben zu den Korrelationen basieren auf eigenen Berechnungen. Vgl. House et al. (2002), S. 5: „In-Group Collectivism reflects the degree to which individuals express pride, loyalty and cohesiveness in their organizations and families.“ Hervorhebung im Original gelöscht. Vgl. House et al. (2002), S. 6: „Future Orientation is the degree to which individuals in organizations or societies engage in future-oriented behaviors such as planning, investing in the future, and delaying gratification.“ Hervorhebung im Original gelöscht. Vgl. House et al. (2002), S. 6: „Finally, Humane Orientation is the degree to which individuals in organizations or societies encourage and reward individuals for being fair, altruistic, friendly, generous, caring, and kind to others.“ Hervorhebung im Original gelöscht.

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Die in GLOBE untersuchten Länder sind durch eine Clusteranalyse gruppiert worden. Das Ergebnis dieser Analyse sind zehn Gruppen, die in Abbildung 8 dargestellt sind.

Australien England Irland Argentinien Kanada Bolivien Neuseeland Brasilien Südafrika Costa Rica USA Ecuador El Salvador Guatemala Indien Kolumbien Indonesien Venezuela Iran Mexiko Malaysia Philippinen Thailand

China Hong Kong Japan Singapur Südkorea Taiwan Ägypten Kuwait Marokko Qatar Türkei

Frankreich Israel Italien Portugal Schweiz* Spanien Deutschland Niederlande Österreich Schweiz

Dänemark Finnland Schweden

Namibia Nigeria Südafrika** Zambia Zimbabwe

Albanien Georgien Griechenland Kasachstan Polen Russland Slowenien Ungarn

* nur französischsprachiger Bevölkerungsteil ** nur schwarzer Bevölkerungsteil

Abbildung 8: Clusterung der in GLOBE untersuchten Länder313 Im Folgenden werden die empirischen Erkenntnisse für einzelne kulturelle Dimensionen vorgestellt, die den Einfluss von Kultur auf Kontrollstrategien betreffen. Ein hoher Machtdistanzindex besagt eine hohe Toleranz bezüglich ungleich verteilter Macht. Deutschland und einige andere west- und mitteleuropäischen Länder weisen eine überdurchschnittliche hohe Machtdistanz auf, wohingegen angelsächsische Länder eine unterdurchschnittliche Machtdistanz zeigen. In Abbildung 9 ist der Machtdistanzindex für ausgewählte Länder dargestellt. Wie bereits ausgeführt, kommt durch das Recht, (Fremd-)Kontrollen durchzuführen, eine Machtbeziehung zum Ausdruck.314 Daher ist zu erwarten, dass Kontrollstrategien, die ein vergleichsweise hohes Maß an Fremdkontrolle mit sich bringen, in Kulturen mit niedrigem Machtdistanzindex bei den kontrollierten Individuen negative Auswirkun-

313 314

Vgl. House (2004), S. 190. Vgl. Abschnitt 3.2.3.1.

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gen auf die Motivation zur Folge haben.315 Dieser Zusammenhang gilt jedoch nicht für Kulturen mit hohen Werten beim Machtdistanzindex, da diese ungleiche Machtverteilung eher tolerieren. Machtdistanzindex Thailand Ecuador Ungarn Deutschland Iran Italien Brasilien Zambia Frankreich Mexiko Taiwan Polen Großbritannien China Hong Kong Österreich USA Australien

5,63 5,60 5,56 5,43 5,43 5,43 5,33 5,31 5,28 5,22 5,18 5,15 5,10 5,04 4,96 4,95 4,88 4,74 Mittelwert = 5,17

Unsicherheitsvermeidungsindex Österreich China Italien Frankreich Australien Deutschland Taiwan Hong Kong Mexiko USA Zambia Thailand Großbritannien Ecuador Iran Polen Brasilien Ungarn

5,16 4,94 4,65 4,43 4,39 4,35 4,34 4,32 4,18 4,15 4,10 3,93 3,79 3,68 3,67 3,62 3,60 3,12 Mittelwert = 4,16

Abbildung 9: Die Ausprägungen der Dimensionen Machtdistanz und Unsicherheitsvermeidung für ausgewählte Länder316 Unsicherheitsvermeidung ist das Ausmaß, in dem die Mitglieder einer Gesellschaft sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen. Zwar hat jede Gesellschaft Verfahren entwickelt, mit Unsicherheit umzugehen, jedoch gibt es hierbei beträchtliche Unterschiede. Eine Gesellschaft mit starkem Hang zur Unsicherheitsvermeidung versucht, die Zukunft durch den Einsatz von Regeln und Gesetzen und die Sanktion abweichender Verhaltensweisen kontrollierbar zu machen.317 Gesellschaften mit geringer Unsicherheitsvermeidung können Unsicherheit besser ertragen und erziehen ihre Mitglieder tendenziell zu mehr Toleranz gegenüber anderen Meinungen. Der Unsicherheitsvermeidungsindex ist in Abbildung 9 für

315

Vgl. Chow/Kato/Merchant (1996), S. 179; Panina/Aiello (2005), S. 278 f. Die Mitglieder solcher Kulturen erwarten stattdessen ein stärkeres Vertrauen der Kontrollsubjekte wie z. B. in der Theory Y beschrieben. Vgl. MacGregor (1960), S. 45-53. 316 Eigene Darstellung mit Daten aus House (2004), S. 539 und S. 622. Die Werte beziehen sich auf die heutige Einstellung der Befragten (society practices), nicht aber auf die Werte der Befragten (society values). 317 Vgl. Hofstede (2001), S. 146.

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ausgewählte Länder dargestellt. Auch für unterschiedliche Unsicherheitsvermeidungsindizes kann ein Einfluss auf Kontrollstrategien vermutet werden. So kann eine mögliche Strategie zur Reduzierung der Unsicherheit die Ausweitung der strategischen Überwachung im Rahmen der strategischen Kontrolle sein, die systematisch die für ein Unternehmen relevante Umwelt nach strategisch wichtigen Abweichungen untersucht.318 Insgesamt ist zu erwarten, dass Kulturen mit steigendem Unsicherheitsvermeidungsindex eine höhere Kontrollintensität verwenden und auch mehr Verhaltenskontrolle einsetzen.319 So ist zu erklären, dass Horovitz (1978) in seiner kulturvergleichenden Studie in Unternehmen aus Frankreich und Deutschland (Länder mit hohem Unsicherheitsvermeidungsindex) eine höhere Kontrollintensität feststellt als in Großbritannien (niedriger Unsicherheitsvermeidungsindex).320 Dazu passt, dass Snodgrass und Grant (1986) bei einem Vergleich der strategischen Kontrollpraktiken von USamerikanischen und japanischen Unternehmen nur sehr wenige signifikante Unterschiede finden, denn die USA und Japan weisen einen sehr ähnlichen Unsicherheitsvermeidungsindex auf.321 Die dritte vorgestellte Dimension ist der Grad des Individualismus. Individualistische Gesellschaften erreichen hohe Werte beim Individualismusindex, während kollektivistische Gesellschaften niedrige Werte aufweisen. Wie in Abbildung 10 zu sehen, weisen deutschsprachige Länder und China höhere Werte auf als westeuropäische und lateinamerikanische Länder. Mitglieder kollektivistischer Gesellschaften stellen im Vergleich zu individualistischen Gesellschaften die Interessen von Gruppen eher über ihre individuellen Interessen.322 Daher ist zu erwarten, dass der Einsatz von Arbeitsgruppen und Gruppenkontrolle in kollektivistischen Gesellschaften erfolgreicher ist als in individualistischen Gesellschaften.

318

Vgl. Schreyögg/Steinmann (1985) S. 403-406; Schreyögg/Steinmann (1987), S. 97-99; Preble (1992), S. 396; Fallgatter (2004), S. 675. Vgl. Chow/Kato/Merchant (1996), S. 179. 320 Vgl. Horovitz (1978), S. 17 f. 321 Vgl. Snodgrass/Grant (1986), S. 218-220. 322 Vgl. Earley (1989), S. 568; Moorman/Blakely (1995), S. 128 f. Beispielhaft wird dies in der Studie von Sullivan/Suzuki/Kondo (1985) deutlich, die kulturelle bedingte Unterschiede im Verhalten von Mitgliedern von Arbeitsgruppen zeigt. Erfolgreiche japanische Arbeitsgruppen (kollektiv geprägt) betonen, dass der Erfolg der Verdienst der gesamten Gruppe ist, während US-amerikanische Arbeitsgruppen ihre individuelle Leistung hervorheben. Vgl. Sullivan/Suzuki/Kondo (1985), S. 101 f. 319

61

Individualismusindex China Zambia Taiwan Polen Deutschland Österreich Australien Großbritannien USA Hong Kong Mexiko Thailand Frankreich Ecuador Iran Brasilien Italien Ungarn

4,77 4,61 4,59 4,53 4,50 4,30 4,29 4,27 4,20 4,13 4,06 4,03 3,93 3,90 3,88 3,83 3,68 3,53 Mittelwert = 4,25

Leistungsorientierungsindex Hong Kong Iran Taiwan USA China Österreich Australien Deutschland Ecuador Zambia Frankreich Mexiko Großbritannien Brasilien Thailand Polen Italien Ungarn

4,80 4,58 4,56 4,49 4,45 4,44 4,36 4,28 4,20 4,16 4,11 4,10 4,08 4,04 3,93 3,89 3,58 3,43 Mittelwert = 4,10

Abbildung 10: Die Ausprägungen der Dimensionen Individualismus und Leistungsorientierung für ausgewählte Länder323 Wie in Abbildung 10 zu sehen, weisen lateinamerikanische und osteuropäische Kulturen weit niedrigere Werte als asiatische Länder in der Dimension Leistungsorientierung auf. Auch abhängig von der Leistungsorientierung von Kulturen werden unterschiedliche Kontrollstrategien erwartet. Weiterhin wird wegen der Leistungsorientierung der asiatischen Kulturen erwartet, dass diese längerfristig planen und daher auch bei der Kontrolle längerfristige und detailliertere Messgrößen verwenden.324 Weiterhin wird argumentiert, dass leistungsorientierte Gesellschaften neuen Technologien gegenüber aufgeschlossener sind und sie schneller implementieren.325 Daher ist der Einsatz von Instrumenten bei der Kontrolle wie z. B. der Informationstechnologie womöglich in leistungsorientierten Gesellschaften erfolgreicher als in weniger leistungsorientierten Gesellschaften.

323

Eigene Darstellung mit Daten aus Hofstede (2001), S. 215 und S. 286. In seiner Studie werden die Indizes für insgesamt 53 Länder berechnet. 324 Vgl. Harrison et al. (1994), S. 251; Panina/Aiello (2005), S. 285. 325 Vgl. Kedia/Bhagat (1988), S. 565. Sie sprechen von maskulinen, beschreiben jedoch leistungsorientierte Gesellschaften.

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Insgesamt lässt sich feststellen, dass der situative Faktor Kultur einen Einfluss auf Kontrollstrategien hat. Es ist davon auszugehen, dass auch die fünf nicht näher beschriebenen kulturellen Dimensionen aus GLOBE diesen Einfluss aufweisen, jedoch liegen derzeit noch keine empirischen Erkenntnisse zu ihrem Einfluss auf Kontrollstrategien vor.

3.5 Historische Entwicklung des Einsatzes der Kontrollstrategien Im Folgenden soll kurz der Einsatz der beschriebenen Kontrollstrategien in Unternehmen seit der industriellen Revolution im Zeitverlauf betrachtet werden. Der unterschiedliche Einsatz der Kontrollstrategien spiegelt sich auch in der Entwicklung betriebswirtschaftlicher Theorien wieder, die deshalb zusätzlich zu den Kontrollstrategien kurz beschrieben werden. Dabei wird auch auf die Gedanken von Foucault eingegangen, dessen besonderes Verständnis von Kontrolle als Methode zur Disziplinierung von Individuen sich auf Entwicklungen von Kontrollstrategien anwenden lässt.326 Vor der Entstehung der Fabrik ist die industrielle Produktion in der Rangfolge MeisterGeselle-Lehrling organisiert, wobei der Meister an der Produktion der Güter beteiligt ist.327 Die Entstehung der Fabrik Ende des 18. Jahrhunderts verändert die hierarchische Produktion insofern, als die Besitzer der Produktionsfaktoren nicht mehr zusammen mit den Arbeitern an der Produktion beteiligt sind. „Kontrolle und Disziplin waren in der Fabrik weitgehend identisch. Unter dem wachsamen Auge des Vorarbeiters wurde dem einfachen Arbeiter die Möglichkeit geraubt, die Geschwindigkeit des Produktionsprozesses nach eigenem Gutdünken zu bemessen.“328 Im Vergleich zu heute haben die Fabriken noch einen sehr hohen Anteil einfacher, produktiver Tätigkeiten. Daher werden bereits früh die Vorteile der Arbeitsteilung, einer

326

Foucaults Erkenntnisse werden auf zwei Arten auf den Kontext von Unternehmen angewandt. Zum einen gibt es Arbeiten, die die Geschichte von Kontrollinstrumenten und Techniken des Rechnungswesens mit Foucaults Forschungsmethoden, Archäologie und Genealogie, und unter Berücksichtigung seines oben beschriebenen Verständnisses von Disziplinierung untersucht haben. Vgl. Hoskin/Macve (1986); Loft (1986); Hopwood (1987); Miller/O’Leary (1987); Hoskin/Macve (1988); Preston (1992); Walsh/Stewart (1993); Bhimani (1994); Kieser (1998); Lemarchand (1999); Espejo/Sánchez-Matamoros/Fenech (2002). Zum anderen untersuchen einige Autoren die Ausprägung der von Foucault beschriebenen Disziplinierungstechniken in modernen Unternehmen, denn „the application of Foucault’s insights into the functioning of modern societies is not limited to forays into the past.“ Covaleski/Dirsmith/Samuel (1996), S. 23. Zu letzterem Typ gehören die Arbeiten von Rose (1991); Sewell/Wilkinson (1992); Hopper/Macintosh (1993); Townley (1993); Ball/Wilson (2000); Munro (2000) und Cowton/Dopson (2002). 327 Vgl. Marglin (1977), S. 152. 328 Marglin (1977), S. 178.

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hohen Spezialisierung der Aufgaben, erkannt.329 Die Arbeitsteilung begünstigt Formen der Verfahrenskontrolle gegenüber der Ergebniskontrolle, da jeder Arbeiter nur wenige Aufgaben hat, deren ordnungsgemäße Durchführung einfach zu kontrollieren ist. Die zunehmende Technisierung der produzierenden Unternehmen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lässt die Organisation der menschlichen Arbeit immer wichtiger werden, da nur durch eine optimale Organisation die hohe Produktivität der Maschinen erreicht werden kann.330 Besonders einflussreich in der Praxis von Unternehmen sind die Gedanken von Taylor, die als Scientific Management und Taylorismus bekannt geworden sind. Taylor integriert das Verfahren des Experiments aus den Naturwissenschaften in die Managementlehre und hat das Ziel einer Rationalisierung der Betriebsorganisation, um eine höhere Produktivität zu erreichen.331 Dabei sind sowohl einfache Tätigkeiten als auch anspruchsvollere Verwaltungstätigkeiten betroffen. An den Erfolgen der Rationalisierung sollen auch die Arbeiter durch Lohnsteigerungen partizipieren. Der Taylorismus hat durch seine Verbreitung in der Praxis das Wirtschafts- und Alltagsleben nachhaltig verändert.332 Der Taylorismus kombiniert dabei verschiedene Kontrollstrategien und erhöht insgesamt die Kontrollintensität. Von einigen Autoren wird die Ausweitung der Macht durch die stärkere Disziplinierung und die bessere Kontrollierbarkeit der Arbeiter sogar als Hauptzweck des Taylorismus gesehen.333 Die Tätigkeit der Arbeiter wird durch eine starke Form der Arbeitsteilung weiter spezialisiert, weshalb weiterhin Verhaltenskontrollen leicht durchführbar sind. Umfangreiche schriftliche Verfahrensanweisungen als erwünschte Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder stellen die Vergleichswerte für Kontrollen im Verwaltungsbereich dar.

329 330 331 332

333

Bereits im antiken Griechenland und im Mittelalter gibt es Leitfäden, die die Vorteile der Arbeitsteilung beschreiben. Vgl. Kieser (1999), S. 65-67. Vgl. Berghoff (2004), S. 275-277. Vgl. Cooper/Taylor (2000), S. 559. Der Taylorismus wird jedoch nicht als eigenständige Theorie angesehen. Vgl. Wrege/Perroni (1974), S. 26; Merkle (1980), S. 9-11; Kieser (1999), S. 90-95. Bezogen auf die Gesamtzahl der Unternehmen hat der Taylorismus keinen hohen Anteil erreicht; dies liegt allerdings auch daran, dass er vor allem für größere Unternehmen mit Serienproduktion in Frage kommt. In das Alltagsleben hat die Idee des Taylorismus z. B. über Produktdesign und Architektur Einzug gehalten, indem es Designer und Architekten wie Walter Gropius und Le Corbusier inspiriert hat. Vgl. Kieser (1999), S. 90. Weiterhin werden einige der Methoden Taylors in modifizierter Form bei der modernen Betriebsorganisation abgewandt. Vgl. z. B. Bain et al. (2002), S. 183 f., für die Beschreibung ihrer Anwendungen in Call-Centern. Vgl. Edwards (1981), S. 114, Cooper/Taylor (2000), S. 559, und auch die Aussage von Stinchcombe (1990), S. 60 f., über das Produktionssystem bei Ford Anfang des 20. Jahrhunderts: „one could not tie hundreds of jobs to an assembly line without controlling all the workers in considerable detail. So the Ford management controlled them, science or not, and made a lot of cars – and that, not scientific management, justified their authority.“

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Weiterhin sieht der Taylorismus die Spezialisierung der Kontrolle durch das Funktionsmeistersystem vor.334 Dabei werden die Aufgaben zunächst so auf die Meister verteilt, dass jeder Meister nur für einen Teil der Aufgaben verantwortlich ist. Die Meister spezialisieren sich dann auf die Kontrolle ihres Aufgabenbereichs. So ist z. B. ein Prüfmeister für die Qualität und Kontrolle der Arbeitsprodukte verantwortlich und ein Instandhaltungsmeister für die Sicherstellung der korrekten Wartung der Maschinen.335 Das Konzept des Taylorismus weist bereits alle drei wesentlichen Instrumente der Disziplinierung auf, die Foucault in einer Analyse der Geschichte des Gefängnisses beschreibt. Dies sind die hierarchische Überwachung, die normierende Sanktion und die Prüfung. Durch die hierarchische Überwachung soll jeder Aspekt des Lebens erfasst werden, wobei der Überwacher im Extremfall gar nicht sichtbar ist. Die Komplexität dieser Überwachung erfordert eine hierarchische Struktur, in der spezielle Kontrolleure überwacht werden und ihrerseits überwachen.336 Die Überwachung soll durch ihre Machtwirkungen das Verhalten von Individuen beeinflussbar machen, damit diese sich auch ohne überwacht zu werden so verhalten, als würden sie überwacht (Verhaltensbeeinflussungsfunktion der Kontrolle). Im Taylorismus spiegelt sich die hierarchische Überwachung in der stark hierarchischen Struktur der Unternehmensorganisation und dem Einsatz spezieller Kontrolleure beim Funktionsmeistersystem wider.337 Die normierende Sanktion legt zunächst erwünschte Eigenschaften und Verhaltensweisen für Individuen fest. Daraufhin werden Kontrollen durchgeführt; wird eine Abweichung vom SollZustand festgestellt, wird das Individuum je nach Art der Abweichung belohnt oder bestraft. Das Ziel der normierenden Sanktion ist zweierlei: sie motiviert Individuen einerseits dazu, die Norm zu erreichen und ermöglicht andererseits ihre Klassifizierung nach ihrer Leistungsfähigkeit.338 Diese Art der Disziplinierung wird im Taylorismus über leistungsabhängige Bezahlung der Arbeiter und ihre Bestrafung bei Nichterreichung eines festgelegten Leistungsniveaus umgesetzt.339

334 335 336 337 338 339

Vgl. Taylor (1920), S. 44-58. In der Praxis ist das Funktionsmeistersystem allerdings weniger als andere Gedanken des Taylorismus umgesetzt worden. Vgl. Chandler (1977), S. 276 f. Vgl. Foucault (1977), S. 221-229. Vgl. Kieser (1999), S. 80. Vgl. Foucault (1977), S. 229-238. Vgl. Taylor (1920), S. 115 f.

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Die Prüfung kombiniert schließlich die hierarchische Überwachung mit der normierenden Sanktion. Sie ermöglicht es dem Kontrollsubjekt unsichtbar zu bleiben und dokumentiert trotzdem die Leistungsfähigkeit von Individuen, um Vergleiche zu ermöglichen; jedes Individuum wird zu einem „Fall“.340 Das Konzept der Prüfung setzt der Taylorismus bei der Auslese der Arbeiter ein, um die leistungsfähigsten Arbeiter für jede Arbeit zu ermitteln.341 Etwa seit Mitte des 20. Jahrhundert setzt sich vermehrt die Erkenntnis durch, dass durch den Taylorismus zwar Produktivitätsgewinne erzielt werden, er aber auch zu niedriger Motivation bei den Kontrollierten führen kann.342 Weiterhin verfolgen insbesondere Gewerkschaften Forderungen zur Humanisierung der Arbeit. Diesen soll mit der Anwendung psychologischer Erkenntnisse und einer vorgegebenen geringeren Kontrollintensität begegnet werden. Zusätzlich dazu sinkt der Anteil der einfachen Tätigkeiten in einer Organisation, so dass für komplexere Tätigkeiten die Vorgabe erwünschter Verhaltensweisen und somit die Verhaltenskontrolle kaum noch möglich ist. An ihre Stelle muss für derartige Tätigkeiten die Ergebniskontrolle treten. Weitere nun häufig verwendete Kontrollstrategien, die zusätzlich positive motivationale Wirkungen haben, sind die „Unterstützung bei der Selbstkontrolle“ und die „Angleichung von Zielen“. In der jüngsten Diskussion, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis, ist sogar von einer Vertrauensorganisation als Ersatz für die „Misstrauensorganisation“ die Rede, in der auf Kontrollen weitgehend verzichtet werden kann und so die Kontrollkosten deutlich reduziert werden. Eine Vertrauensorganisation hat eine hohe soziale Verantwortung für ihre Mitarbeiter und weist eine Unternehmenskultur mit nur wenigen formalen Regelungen auf.343 Der Vertrauensorganisation werden wichtige Vorteile zugesprochen: Dies sind neben den genannten Kostenvorteilen durch eine Verringerung des Kontrollbedarfs vor allem die Förderung von kooperativem Verhalten und die schnelle Reaktion auf Krisen.344 Wird der Begriff „Vertrauen“ allerdings näher betrachtet, ist fraglich, ob so eine Kontrollreduzierung möglich ist. Eine Handlung wird dann als Vertrauen bezeichnet, „wenn in einer so-

340

Vgl. Foucault (1977), S. 238-250. Vgl. Taylor (1913), S. 93 f. 342 Vgl. Sewell/Wilkinson (1992), S. 276, und auch Abschnitt 3.1 über die psychologischen Wirkungen von Kontrollen. 343 Vgl. Bleicher (1982), S. 400 f.; Walgenbach (2000), S. 708 f. 344 Vgl. Rousseau et al. (1998), S. 394. 341

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zialen Beziehung zwischen eigennutzorientierten Individuen ein Partner (Vertrauender) eine einseitige Vorleistung erbringt.“345 Vertrauen ohne jegliche Kontrolle ist allerdings in einer mehrere Perioden umfassenden Beziehung zwischen zwei Individuen ökonomisch sinnlos: der Vertrauende wird das Verhalten des anderen Individuums regelmäßig mit vorab festgelegten Sollwerten vergleichen und bei zu großen Abweichungen das Vertrauen zurücknehmen.346 Auch andere Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit sprechen für eine Erhöhung der von Unternehmen ausgeübten Kontrollintensität. Zum einen erfreut sich in der Unternehmenspraxis das Controlling anhaltend großer Beliebtheit,347 dessen wichtigste Aufgabe in der Kontrolle und der Bereitstellung kontrollrelevanter Daten gesehen wird.348 Zum anderen wird die Arbeit in Gruppen immer wichtiger.349 Die in diesen Gruppen auftretende Gruppenkontrolle führt in vielen Fällen zu einer Erhöhung der Kontrollintensität, aber auch zu einer Reduzierung der Kontrollkosten.350 Gleichzeitig wird die Kontrolle sprachlich kaschiert: Kontrollen werden z. B. oft mit Begriffen wie „Abweichungsanalyse“, „Audit“ oder „Review“ bezeichnet. Durch größere technische Möglichkeiten wird in den letzten Jahren mit Hilfe des Kontrollinstruments Informationstechnologie eine neue Form der Kontrolle möglich, die wegen ihrer geringen Kosten eine Erhöhung der Kontrollintensität zur Folge haben kann.351 Der Einsatz der Informationstechnologie ermöglicht die Unsichtbarkeit des Kontrollsubjekts und dauernde, kostengünstige Kontrollen und ähnelt damit dem von Foucault als Idealform der Disziplinarmacht angesehenen Panoptismus, das sich aller Instrumente der Disziplinierung bedient.352

345 346 347 348 349 350

351 352

Sjurts (1998), S. 285 f. Hervorhebungen im Original gelöscht. Die genannte Definition stellt eine Darstellung des Kerns der verschiedenen heterogenen Begriffsdefinitionen dar. Vgl. Luhmann (1989), S. 31 f.; Sjurts (1998), S. 289. Vgl. Kieser (1997), S. 597. Vgl. Krystek (1991), S. 18; Amshoff (1994), S. 216; Kosmider (1991), S. 94; Stoffel (1995), S. 159. Vgl. Walgenbach (2000), S. 716. Vgl. hierzu Abschnitt 3.2.3.3. Ein weiteres Beispiel ist die Einführung der „Vertrauensarbeitszeit“. Dies bedeutet, dass Mitarbeitern keine feste Arbeitszeit vorgegeben wird, sondern nur ein Richtwert. Die Kontrolle durch andere Mitarbeiter sorgt dafür, dass die Arbeitszeit auch ohne Kontrolle durch das Unternehmen eingehalten wird. Vgl. Panina/Aiello (2005), S. 270. „Both [electronic surveillance systems and the Panopticon] allow one party to observe another unseen; both arguably need the observed to act in a way congruent with the wishes and interests of the observers; the one-way architecture of both systems infers both a high degree of compliance and self discipline among the observed.“ Ball/Wilson (2000), S. 562. In die gleiche Richtung argumentieren Cowton/Dopson (2002) in einer Fallstudie, in der sie das Steuerungs- und Kontrollsystem eines Automobilzulieferers untersuchen. Sie heben die Kontrollfunktion der Informationstechnologie heraus, die disziplinierend auf die Mitarbeiter

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Seine architektonische Gestalt ist das Panopticon von Bentham, das sich dadurch auszeichnet, dass die kontrollierten Individuen das Kontrollsubjekt nicht erkennen können und somit sporadische Kontrollen dieselbe Wirkung wie ständige Kontrollen haben, wodurch die Kontrollen ökonomisch werden:353 „an der Peripherie ein ringförmiges Gebäude; in der Mitte ein Turm, der von breiten Fenstern durchbrochen ist, welche sich nach der Innenseite des Ringes öffnen; das Ringgebäude ist in Zellen unterteilt … Es genügt demnach, einen Aufseher im Turm aufzustellen … [der Zelleninsasse] wird gesehen, ohne selber zu sehen; er ist Objekt einer Information, niemals Subjekt einer Kommunikation.“354 Die disziplinierende Wirkung des Panopticons ist nicht auf Ausnahmesituationen beschränkt, sondern existiert ständig. Als Gegenstück zum Panopticon wird in modernen Unternehmen nicht nur die Kontrolle mittels Informationstechnologie, sondern auch durch das Rechnungswesen gesehen, das leistungsbezogene Daten aufzeichnet und somit die Basis für Kontrollen bildet, ohne dass das Kontrollsubjekt sichtbar wird.355 Insgesamt ist also im Zeitverlauf keine grundlegende Veränderung der Kontrollintensität zu beobachten. Stattdessen werden statt sehr gut sichtbaren, formalen Kontrollstrategien zunehmend weniger sichtbare Kontrollstrategien wie die „Unterstützung durch Informationstechnologie“ und Kontrollstrategien zur Verringerung des Kontrollbedarfs wie die „Angleichung von Zielen“ eingesetzt.

des Automobilzulieferers wirkt. „The computer significantly increased the visibility of operations and exposed to routine surveillance many previously dealt with in predominantly physical terms.“ Cowton/Dopson (2002), S. 205. Zur Beschreibung des Panoptismus vgl. Foucault (1977), S. 256-269. 353 Vgl. Bentham (1995), S. 45-48. 354 Foucault (1977), S. 256 f. 355 Die Zentrale von ITT, die vor allem durch jederzeitigen Zugriff auf Daten des Rechnungswesens die Profit Center kontrollieren konnte, ohne dass diese es bemerken konnten, ähnelt dem von Foucault beschriebenen Panopticon. „From the central headquarters office, the accounting system cast its constant normalizing gaze into every responsibility center throughout the organization. At a glance, it could monitor any part of ITT.“ Hopper/Macintosh (1993), S. 208.

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4 Die Agency-Theorie als Ansatz zur Erklärung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften in multinationalen Unternehmen Aspekte der Gestaltung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften lassen sich mit Hilfe der Agency-Theorie erklären, die zur theoretischen Fundierung der anschließenden empirischen Untersuchung dient. Ziel dieses Kapitel ist es, die Agency-Theorie sowohl allgemein als auch auf das Problemfeld der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften bezogen vorzustellen. Zuerst werden Erkenntnisinteresse sowie Grundkonzepte und Hauptaussagen der AgencyTheorie dargestellt (Abschnitt 4.1). Dann werden Aussagen zu multiplen Agenten-Modellen beschrieben, da die Tochtergesellschaften eines MNU agency-theoretisch als multiple Agenten modelliert werden können (Abschnitt 4.2). Anschließend wird die Agency-Theorie einer Kritik unterzogen (Abschnitt 4.3). Das Kapitel schließt mit der Übertragung der Agency-Theorie auf die Situation einer Muttergesellschaft, die ihre ausländischen Tochtergesellschaften kontrolliert (Abschnitt 4.4). Ein Literaturüberblick über die empirischen Erkenntnisse zu Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften schließt das Kapitel ab (Abschnitt 4.5).

4.1 Erkenntnisinteresse, Grundkonzepte und Hauptaussagen Gegenstand der Agency-Theorie ist die Beziehung zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und einem Auftragnehmer (Agent).356 In der Terminologie der Agency-Theorie kommt dadurch, dass der Prinzipal Aufgaben an den Agenten delegiert, ein Vertrag zwischen beiden Parteien zustande (Agency-Beziehung).357 In dem Vertrag sind die Rechte und Pflichten von Prinzipal und Agent bestimmt. Das Erkenntnisinteresse der Agency-Theorie ist dabei die Bestimmung des für den Prinzipal besten Vertrags.358 Im Kontext von Unternehmen gibt es zahlreiche Beispiele für Agency-Beziehungen zwischen Individuen (z. B. Eigentümer und

356

Dies gilt für das Grundmodell der Agency-Theorie. Erweiterungen auf den Fall multipler Agenten werden in Abschnitt 4.2 beschrieben. 357 Vgl. Pratt/Zeckhauser (1985), S. 2: „Whenever one individual depends on the action of another, an agency relationship arises.“ 358 Vgl. Eisenhardt (1989a), S. 58.

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Geschäftsführer, Führungskraft und Mitarbeiter) und Organisationseinheiten (z. B. Aufsichtsrat und Vorstand, Mutter- und Tochtergesellschaft).359 Innerhalb der Agency-Theorie gibt es zwei Richtungen: eine normative und eine positive.360 Die normative Richtung bedient sich einer formal mathematischen Darstellung, um den effizienten Vertrag unter verschiedenen Bedingungen zu bestimmen und zielt dabei nicht auf die empirische Überprüfbarkeit ab.361 Die positive Richtung hingegen versucht empirisch beobachtete Phänomene der Vertragsgestaltung zu erklären und geht dabei weniger formal mathematisch vor.362 Oft verwendet sie theoretische Überlegungen als Grundlage zur Herleitung von Hypothesen für eine anschließende empirische Untersuchung. Trotz dieser Unterschiede in der Zielsetzung behandeln beide Richtungen dieselbe Agency-Beziehung und dieselben dabei auftretenden Probleme.363 Zudem kann ein überwiegender Teil der Ergebnisse der normativen Richtung auch positiv interpretiert werden.364 Daher sollen im Folgenden die Erkenntnisse aus beiden Richtungen betrachtet werden. Nach einer Schilderung der in der Agency-Beziehung auftretenden Probleme und der dadurch entstehenden Kosten werden im weiteren Verlauf die zu ihrer Bekämpfung eingesetzten Instrumente, Anreiz- und Kontrollmechanismen, beschrieben. Grundlage der Agency-Theorie ist der methodologische Individualismus.365 Das Verhalten von Individuen in einer Vertragsbeziehung wird als Ausgangspunkt der Analyse gewählt. Organisationen sind dabei ein bloßes Netzwerk von Verträgen, ein „nexus of contracts“.366 Die Agency-Theorie trifft klare Verhaltensannahmen für Prinzipal und Agent. Beide haben Willens- und Handlungsfreiheit und können somit zwischen verschiedenen Handlungsalternativen wählen.367 Durch die von ihnen gewählte Handlungsalternative streben sie nach der Maximierung ihres individuellen Nutzens, der aus monetären und nichtmonetären Zielen

359 360

361 362 363 364 365 366 367

Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 309. Vgl. Jensen (1983), S. 334-336; Arrow (1985), S. 38. Eisenhardt (1989a), S. 59-61, nennt die positive Richtung „positivist agency theory“ und die normative Richtung „principal-agent research“. Es gibt aber keine allgemein gebräuchlichen Bezeichnungen für die beiden Richtungen. Vgl. z. B. die Modelle von Demski/Feltham (1978) und Holmstrom (1979). Vgl. z. B. die konzeptionellen Arbeiten von Fama (1980); Fama/Jensen (1983) und Fama/Jensen (1983). Vgl. Eisenhardt (1989a), S. 60. Vgl. Jensen (1983), S. 335. Vgl. Picot/Dietl/Franck (1999), S. 55. Jensen/Meckling (1976), S. 310. Vgl. Arrow (1985), S. 37; Laux (1990), S. 11.

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bestehen kann.368 Dabei kann es auch zu opportunistischen Handlungen wie Leistungsverweigerung (shirking) und Täuschung kommen, bei denen die mögliche Schädigung anderer Vertragsteilnehmer bewusst in Kauf genommen wird.369 In der Agency-Beziehung treten zwei Arten von Problemen auf. Erstens existiert das so genannte Agency-Problem, wenn Prinzipal und Agent nicht dieselben Ziele verfolgen und der Prinzipal das Verhalten des Agenten nicht vollständig beobachten kann.370 Unterschieden werden entsprechend dem Zeitpunkt des Auftretens drei Arten von Informationsasymmetrie: hidden characteristics, hidden information und hidden action.371 Hidden characteristics sind dem Prinzipal vor Vertragsabschluss unbekannte Eigenschaften des Agenten. Der Prinzipal erfährt die genaue Ausprägung dieser Eigenschaften erst nach Vertragsabschluss. Daher besteht die Gefahr der Fehlauswahl von Vertragspartnern (adverse Selektion). Besitzt der Agent zwischen Vertragsabschluss und Beginn der Vertragsausführung einen Informationsvorsprung, wird dieser als hidden information bezeichnet; tritt dieser erst nach Vertragsausführung auf, ist von hidden action die Rede. Dabei kann diese Informationsasymmetrie zu opportunistischen Handlungen führen (moral hazard).372 Erschwerend kommt hinzu, dass der Prinzipal dieses aus seiner Sicht entstandene Fehlverhalten des Agenten nicht kostenlos beobachten und somit nicht feststellen kann, inwieweit das Arbeitsergebnis des Agenten Folge ungünstiger Umwelteinflüsse ist.373 Das zweite Problem in der Agency-Beziehung ist die Risikoverteilung, falls Prinzipal und Agent unterschiedliche Risikoeinstellungen haben (zumeist wird dem Prinzipal Risikoneutralität und dem Agenten Risikoaversion unterstellt).374 Problematisch ist die sich daraus ergebende unterschiedliche Präferenzordnung zwischen Prinzipal und Agent, die ein Zustande-

368 369 370 371

372 373 374

Vgl. Ross (1973), S. 134; Jensen/Meckling (1976), S. 308. Vgl. Levinthal (1988), S. 157; Picot/Dietl/Franck (1999), S. 38. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 309. Vgl. Picot/Dietl/Franck (1999), S. 88; Jost (2001), S. 28; Schreyögg (2003), S. 445 f. Einige Autoren unterscheiden von den genannten Informationsasymmetrien auch noch hidden intention. Hidden intention bezeichnet unbekannte Absichten von Vertragspartnern, die den anderen Vertragspartnern nicht bekannt sind. Vgl. z. B. Picot/Dietl/Franck (1999), S. 89-91. Vgl. Holmstrom (1979), S. 74; Baiman/Rajan (1994), S. 218; Lambert (2001), S. 8. Vgl. Ross (1973), S. 134 f. Der Grund für die unterstellte Risikoaversion des Agenten ist, dass er an eine Beschäftigung gebunden ist und somit nicht diversifizieren kann; der Prinzipal hingegen kann seine Investitionen diversifizieren. Vgl. Eisenhardt (1989a), S. 60 f.

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kommen eines Vertrags erschwert.375 Dies liegt daran, dass der Agent zum Ausgleich seines Risikos eine höhere finanzielle Kompensation fordert oder sogar den Vertrag direkt ablehnt. Die beiden beschriebenen Probleme sind der Grund dafür, dass zusätzliche Kosten entstehen, um die Arbeitskraft des Agenten optimal zu nutzen. Anders dargestellt sind die so entstehenden Agency-Kosten die in Kosten ausgedrückte Differenz zwischen der Leistungserstellung des Agenten bei vollständiger Information von Prinzipal und Agent ohne ein AgencyProblem und der Leistungserstellung bei asymmetrischer Informationsverteilung. Sie setzen sich aus drei Komponenten zusammen: den Steuerungs- und Kontrollkosten des Prinzipals für die Verhaltensbeeinflussung und Kontrolle des Agenten, den Garantiekosten des Agenten für die vertragliche Zusicherung (gegen eine Konventionalstrafe), im Sinne des Prinzipals zu handeln, und den Kosten für den verbleibenden Wohlfahrtsverlust des Prinzipals (verglichen mit dem Nutzenmaximum).376 Das Ziel des Prinzipals ist die Minimierung der Agency-Kosten. Dazu muss er allerdings erst die beiden folgenden, ihm zur Verfügung stehenden Instrumente einsetzen: Anreiz- und Kontroll- bzw. Informationsmechanismen. Anreizmechanismen sind insofern sinnvoll, als sie eine Reduzierung des Zielkonflikts der Agency-Beziehung bewirken können. Die Anreize sollten so gesetzt werden, dass die Ziele des Agenten sich denen des Prinzipals angleichen. Grundsätzlich kann ein solches Ziel entweder ein erwünschtes Ergebnis oder die Einhaltung eines bestimmten Verhaltens sein.377 Aufgrund seiner im Vergleich mit dem Prinzipal stärkeren Risikoaversion bevorzugt der Agent einen verhaltensabhängigen Vertrag. Bei einem ergebnisabhängigen Vertrag ist der Agent einem höheren Risiko ausgesetzt, weil das Ergebnis seines Arbeitseinsatzes nicht nur von seiner Leistung, sondern auch von einer von Umwelteinflüssen abhängigen Zufallsvariablen abhängt. Verhaltensabhängige Verträge haben dagegen den Nachteil, dass sie im Vergleich zu ergebnisabhängigen Verträgen hohe Kontrollkosten aufweisen. Diese entstehen dadurch, dass jede Handlung des Agenten auf Einhaltung der festgelegten Verhaltensregeln geprüft werden muss. Bei ergebnisabhängigen Verträgen muss hingegen nur das Ergebnis der Handlungen des Agenten periodisch kontrolliert werden. Über die Vorteilhaftigkeit von verhaltens- bzw.

375

Vgl. Harris/Raviv (1979), S. 232; Nalebuff/Stiglitz (1983), S. 22; Eisenhardt (1989a), S. 58. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 208. 377 Vgl. Shavell (1979), S. 55-57; Eisenhardt (1985), S. 136-139; Lassar/Kerr (1996), S. 614 f. 376

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ergebnisabgängigen Verträgen ist daher keine absolute Aussage möglich. Es gilt aber tendenziell: Die Vorteilhaftigkeit von ergebnisabhängigen gegenüber verhaltensabhängigen Verträgen korreliert positiv mit dem Ausmaß der Risikoaversion des Prinzipals, der Stärke des Zielkonflikts in der Agency-Beziehung und der Komplexität der Aufgaben des Agenten sowie negativ mit der Stärke der Umwelteinflüsse, der Risikoaversion des Agenten und der Länge der Agency-Beziehung.378 Anreizmechanismen sind ohne anschließende Kontrollen wirkungslos. Kontrollen haben im Zusammenhang mit Anreizmechanismen den Zweck, dem Prinzipal Informationen über die Vertragserfüllung des Agenten zur Verfügung zu stellen und bilden somit die Basis für die Bezahlung des Agenten (ex post Wirkung der Kontrollen). Kontrollen haben aber noch eine weitere wichtige Funktion: Bereits das Wissen um die Existenz von Kontrollen bringt den Agenten dazu, sein Verhalten dem vom Prinzipal gewünschten Verhalten anzunähern, um nicht eine Vertragsstrafe leisten zu müssen. Kontrollen haben also auch das Ziel einer ex ante Verhaltenssteuerung des Agenten (Verhaltenssteuerungsfunktion der Kontrolle), so dass der Agent Selbstkontrolle ausübt. Für die Kontrollen ist es notwendig, dass der Prinzipal sich zusätzliche Informationen über das Verhalten des Agenten (Verhaltenskontrolle) und das Ergebnis seiner Handlungen (Ergebniskontrolle) beschafft, wobei Kosten anfallen. Sind Verhalten und Arbeitsergebnisse des Agenten nicht direkt beobachtbar, kann der Prinzipal ersatzweise Signale heranziehen, die mit diesen beiden Größen stark korrelieren.379 Dabei gilt, dass die Verfügbarkeit von Informationen positiv mit Verhaltenskontrollen, aber negativ mit Ergebniskontrollen korreliert.380 Dies liegt daran, dass das Verhalten des Agenten mehr über den Grad der Erfüllung des Vertrages aussagt als das reine Ergebnis der Handlungen des Agenten. Allgemein ist der Zusammenhang gültig, dass der erwartete Nutzen der Kontrollen größer als die

378

Vgl. Eisenhardt (1989a), S. 61-63. Die Intuition hinter der Aussage ist die folgende: Je risikoaverserver der Prinzipal ist, desto mehr Risiko versucht er auf den Agenten zu übertragen und bevorzugt daher eher einen ergebnisabhängigen Vertrag. Ist der Zielkonflikt zwischen Agent und Prinzipal stark, wird der Prinzipal einen ergebnisabhängigen Vertrag wegen seiner motivierenden Wirkung durchsetzen. Bei komplexen Aufgaben ist wegen der hohen Kosten der Informationsermittlung ebenfalls ein ergebnisabhängiger Vertrag für den Prinzipal vorteilhafter. Haben vom Agenten unbeeinflussbare Umwelteinflüsse hingegen eine große Auswirkung auf sein Arbeitsergebnis, ist ein verhaltensabhängiger Vertrag vorteilhafter, da dann von ihm beeinflussbare Sachverhalte die vertraglich festgelegte Belohnung determinieren. Gleiches gilt bei hoher Risikoaversion des Agenten. Besteht die Agency-Beziehung bereits länger, kann der Prinzipal die Leistung des Agenten besser beurteilen und wird daher eher einen verhaltensabhängigen Vertrag anbieten. 379 Vgl. Prendergast (1999), S. 12. 380 Vgl. Eisenhardt (1989a), S. 61.

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dadurch entstehenden Kosten sein muss.381 Ferner leiten Baiman und Rajan (1994) theoretisch ab, dass mit steigendem Kosten (und somit auch steigendem Umfang) eines Kontrollsystems die Wahrscheinlichkeit dafür steigt, dass den Agenten fälschlicherweise Fehler unterstellt werden, wodurch deren Motivation reduziert werden kann.382

4.2 Erweiterung auf den Fall multipler Agenten Das Grundmodell der Agency-Theorie umfasst nur die Beziehung zwischen dem Prinzipal und einem Agenten. Viele Agency-Beziehungen bestehen jedoch aus einem Prinzipal und mehreren Agenten.383 Dieser Sachverhalt wird in multiplen Agenten-Modellen, einer Erweiterung des in Abschnitt 4.1 beschriebenen Grundmodells, untersucht. In Abbildung 11 ist der Untersuchungsbereich multipler Agenten-Modelle vereinfacht dargestellt. Zunächst können multiple Agenten-Modelle danach unterschieden werden, ob der Arbeitseinsatz der Agenten voneinander abhängig ist, die Arbeit also in Arbeitsgruppen erbracht wird.384 Ist dies nicht der Fall, gibt es wiederum zwei Arten von Agency-Modellen: Zum einen ist es möglich, dass die Agenten gemeinsamen Unsicherheiten wie z. B. Umweltzuständen unterliegen. Dieser Fall wurde bisher am häufigsten untersucht und umfasst Arbeiten zu den Themenbereichen Formulierung von Anreizmechanismen bzw. Art der Leistungsmessung bei Agenten,385 Kontrollmechanismen,386 Organisationsstruktur387 und Neuverhandlung von Verträgen.388 Zum anderen wurde der Fall untersucht, dass die Agenten keinen gemeinsamen Unsicherheiten unterliegen.389 Im Folgenden sollen die wichtigsten Ergebnisse der einzelnen Arten der multiplen Agenten-Modelle beschrieben, und dabei soll ausführlich auf die Erkenntnisse über Kontrollmechanismen eingegangen werden.

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Vgl. Wagenhofer (1992), S. 329-331. Vgl. Baiman/Rajan (1994), S. 223 f. Beispiele dafür sind das Verhältnis einer Führungskraft zu ihren Mitarbeitern oder einer Konzernzentrale zu ihren Tochtergesellschaften. Vgl. z. B. Park (1996), S. 59. Holmstrom (1982), S. 324 f., definiert Gruppen im agency-theoretischen Sinn folgendermaßen: „By a team I mean rather loosely a group of individuals who are organized so that their productive inputs are related.“ Weitere Arbeiten zur Gruppenarbeit sind de Meza/Southey (1999), Che/Yoo (2001) und Towry (2003). Vgl. Lazear/Rosen (1981); Harris/Kriebel/Raviv (1982); Green/Stokey (1983); Nalebuff/Stiglitz (1983); Demski/Sappington (1984); Mookherjee (1984); Malcomson (1986); Suh (1987); Demski/Sappington/ Spiller (1988); Ma (1988); Lazear (1989); Itoh (1991); Rajan (1992); Glover (1994); Faulí-Oller/Giralt (1995); Yun (1997); Gupta/Romano (1998). Vgl. Singh (1985); Ma/Moore/Turnbull (1988); Varian (1990); Baldenius/Melumad/Ziv (2002). Vgl. Macho-Stadler/Perez-Castrillo (1998). Vgl. Ishiguro/Itoh (2001). Vgl. Al-Najjar (1997).

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Arbeitseinsatz der Agenten voneinander abhängig (Gruppenarbeit)

Multiple AgentenModelle

Anreizmechanismen/Leistungsmessung Agenten unterliegen gemeinsamen Unsicherheiten Arbeitseinsatz der Agenten voneinander unabhängig

Kontrollmechanismen Organisationsstruktur Neuverhandlung von Verträgen

Agenten unterliegen keinen gemeinsamen Unsicherheiten

Abbildung 11: Untersuchungsbereich multipler Agenten-Modelle390 Bei Gruppenarbeit der (multiplen) Agenten gibt es eine Form des moral hazard, die bei Modellen mit nur einem Agenten nicht auftritt. Wenn nur ein gemeinsames Arbeitsergebnis gemessen wird, kann der Prinzipal Agenten mit schwachem Arbeitseinsatz nicht identifizieren; Agenten können „Trittbrettfahren“.391 Für den einfachen Fall, dass das Arbeitsergebnis der Gruppe sicher feststellbar ist, zeigt Holmstrom (1982), dass ein an dieses Arbeitsergebnis anknüpfender Anreizmechanismus den moral hazard beseitigen kann. Der Grund dafür ist, dass es zu einer wirksamen gegenseitigen Kontrolle der Agenten kommt (Selbstkontrolle der Gruppe). Ist das Arbeitsergebnis der Gruppe hingegen nicht mit Sicherheit feststellbar, muss der Prinzipal das Arbeitsergebnis jedes einzelnen Gruppenmitglieds kontrollieren, damit der Anreizmechanismus wirksam ist. Wenn der Arbeitseinsatz der Agenten einzeln messbar ist, kann der Prinzipal die Leistungen der Agenten in einem Verhältnis zueinander darstellen. Diese relative Leistungsmessung ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn das Arbeitsergebnis eines Agenten Informationen über die Unsicherheiten gibt, denen die anderen Agenten der Arbeitsgruppe unterliegen, d. h. alle Agenten der Gruppe gemeinsamen Unsicherheiten unterliegen. Che und Yoo (2001) leiten ab, dass mit zunehmender Dauer der Agency-Beziehung auf das

390

Eigene Darstellung. Nur der mittlere Ast des Baums ist näher untergliedert; da die anderen Fälle deutlich weniger untersucht wurden, wurde hier auf eine weitere Differenzierung verzichtet. 391 Vgl. Holmstrom (1982), S. 325. Statt Trittbrettfahren finden sich in der Literatur auch die Begriffe „shirking“ und „free-riding“.

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Gruppenergebnis zielende Anreizmechanismen gegenüber relativer Leistungsmessung vorteilhafter werden.392 Dies liegt zum einen daran, dass die Arbeitsgruppe mit zunehmender Dauer der Zusammenarbeit immer wirkungsvoller gegenseitige Kontrolle ausübt. Zum anderen nähert sich die motivierende Wirkung von Anreizmechanismen, die auf das Gruppenergebnis zielen, derjenigen bei (mit höheren Kosten verbundener) relativer Leistungsmessung an. Neben Anreizmechanismen für Gruppen werden politische Maßnahmen eines Staates zur Förderung von Gruppenarbeit untersucht. Wie de Meza und Southey (1999) zeigen, kann durch geeignete staatliche Eingriffe zur Förderung der Gruppenarbeit eine Pareto-Verbesserung erreicht werden.393 Im Folgenden soll der Fall diskutiert werden, dass die Agenten nicht in Gruppen arbeiten, aber gemeinsamen Unsicherheiten unterliegen. Auch dann stellt sich dem Prinzipal die Frage nach dem optimalen Anreizmechanismus. Diskutiert wird in der Literatur vor allem die Vorteilhaftigkeit von absoluter bzw. relativer Leistungsmessung, wobei die Bezahlung der Agenten bei relativer Leistungsmessung auf Basis einer Ordinalskala (rank order tournament) oder mit einer metrischen Skala mit höherem Informationsgehalt erfolgen kann. Wenn die Agenten gemeinsamen Unsicherheiten unterliegen, hat die relative Leistungsmessung gegenüber der absoluten die beiden Vorteile, dass sie kostengünstiger ist und das von den Agenten zu tragende Risiko reduziert. Dies liegt daran, dass der Einfluss der Unsicherheit, z. B. eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, alle Agenten gleichermaßen trifft.394 Ist der Einfluss der gemeinsamen Unsicherheit jedoch gering, stellt sich der risikoverringernde Effekt nicht ein, und die absolute Leistungsmessung ist vorzuziehen.395 Ein weiterer Nachteil der relativen Leistungsmessung ist die Möglichkeit für die Agenten, sich auf ein einheitliches, geringes Leistungsniveau zu verständigen (Kollusion).396 Neben der relativen und absoluten Leistungsmessung werden in der Literatur auch andere Anreizmechanismen diskutiert. Dies sind Transferpreise,397 die Allokation von Gemeinkosten an dezentrale Einheiten eines Unter-

392 393 394 395 396 397

Vgl. Che/Yoo (2001), S. 527. Vgl. de Meza/Southey (1999), S. C128. Vgl. Lazear/Rosen (1981), S. 863; Green/Stokey (1983), S. 351; Levinthal (1988), S. 174. Vgl. Green/Stokey (1983), S. 351 und S. 363 f.; Alewell (1994), S. 71. Vgl. Demski/Sappington (1984), S. 169; Suh (1987), S. 23; Ma/Moore/Turnbull (1988), S. 356. Vgl. Harris/Kriebel/Raviv (1982); Göx/Schöndube (2004).

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nehmens398 und die geeignete Anreizsetzung für Divisionen als Agenten eines multidivisionalen Unternehmens, um sie zu Wettbewerb oder zu Kooperation zu bewegen.399 Neben Anreizmechanismen stellen Kontrollmechanismen eine weitere Strategie zur Verminderung von moral hazard dar. Als Kontrollmechanismen im Fall, dass die Agenten ihren Arbeitseinsatz unabhängig voneinander wählen können, aber gemeinsamen Unsicherheiten unterliegen, werden der Einsatz von Kontrolleuren, stichprobenartige Kontrollen und die gegenseitige Kontrolle der Agenten diskutiert. Singh (1985) kommt zu dem Ergebnis, dass es für den Prinzipal sinnvoll ist, einige Agenten ausschließlich als Kontrolleure einzusetzen, die dem Prinzipal Informationen über Arbeitseinsatz und -ergebnis der Agenten geben. Der Prinzipal kontrolliert nicht alle Agenten selbst, sondern nur noch diese Kontrolleure. Richtet sich die Bezahlung der Kontrolleure dann nach ihrer, vom Prinzipal beobachteten, Anstrengung und dem Arbeitsergebnis der von den Kontrolleuren überwachten Arbeiter, haben die Kontrolleure keinen Anreiz, dem Prinzipal falsche Informationen aus ihren Kontrollen zu geben.400 Unterschiedliche Strategien für den Einsatz dieser Kontrolleure diskutieren Baldenius et al. (2002). Sie betrachten eine Organisation, die verschiedene Güter und Dienstleistungen herstellt, die in verschiedenen Regionen und von verschiedenen Produktmanagern (Agenten) verkauft werden. Die Agenten werden von Kontrolleuren mit begrenzter Kontrollkapazität beobachtet. Unternehmen können in diesem Fall nun zwei grundlegende Kontrollstrategien einsetzen: (1) Jeder Kontrolleur kann genau einen Agenten in allen Regionen beobachten oder (2) jeder Kontrolleur beobachtet die Ergebnisse aller Agenten in einer bestimmten Region. Wenn die bei den Kontrollen gewonnenen Informationen negativ miteinander korrelieren (d. h. kein klares Bild über den Agenten ergeben), ist Strategie (1) zu wählen, bei positiver Korrelation Strategie (2). Dies liegt daran, dass nur bei klaren Kontrollergebnissen die effiziente Durchführung relativer Leistungsmessung gewährleistet ist, die sich nutzensteigernd für den Prinzipal auswirken kann.401 Baldenius et al. (2002) untersuchen weiterhin den Zusammenhang zwischen der Aggregationsform der von den Kontrolleuren gewonnenen Informationen und den beiden genannten Kontrollstrategien. Entweder können die Informationen aller Kontrolleure über einen Agenten aggregiert werden (Aggregation je Agent) oder die Informationen eines Kon-

398

Vgl. Rajan (1992); Suh (1987). Vgl. Faulí-Oller/Giralt (1995). 400 Vgl. Singh (1985), S. 607 f. 401 Die Beobachtung eines Agenten hat das Ziel, die Informationslage so zu verbessern, dass die Signale ein klares Bild über den Agenten liefern. 399

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trolleurs zu allen von ihm kontrollierten Agenten (Aggregation je Kontrolleur). Werden die Informationen je Kontrolleur aggregiert, so ist unabhängig von der Korrelation zwischen den von den Kontrolleuren gewonnenen Daten Kontrollstrategie (1) optimal, da dann der Hauptvorteil von Kontrollstrategie (2), die effiziente Durchführbarkeit von relativer Leistungsmessung, wegfällt. Neben dem Einsatz von Kontrolleuren ist der Einsatz von zufallsgesteuerten, stichprobenartigen Kontrollen untersucht worden. Die Durchführung stichprobenartiger Kontrollen (und eine Bezahlung der Agenten auf Basis der gewonnenen Informationen) sind für den Prinzipal im Allgemeinen besser als dauerhafte und vollständige Kontrollen.402 Als dritter Kontrollmechanismus wird die gegenseitige Kontrolle der Agenten diskutiert. Diese ist auch möglich, wenn die Agenten nicht in Gruppen, sondern unabhängig voneinander arbeiten. Der Prinzipal muss ihnen dann einen Vertrag anbieten, so dass die Bezahlung jedes Agenten von der Leistung eines anderen abhängt. Dies ist zum Beispiel bei einem mehrere Personen umfassenden Führungsgremium einer Tochtergesellschaft eines Unternehmens der Fall, bei dem die Bezahlung auch von dem Geschäftsergebnis der Tochtergesellschaft abhängt. Der Gefahr der Kollusion begegnet der Prinzipal laut Ma et al. (1988), indem er einen Agenten durch einen geeigneten Anreizmechanismus zur Kontrolle der anderen nutzt.403 Die gegenseitige Kontrolle der Agenten hat für den Prinzipal den Hauptvorteil, dass sie kostengünstiger als die Kontrolle jedes einzelnen Agenten ist.404 Auch über Fragen zur Organisationsstruktur und Neuverhandlung von Verträgen geben multiple Agenten-Modelle Auskunft. Macho-Stadler und Perez-Castrillo (1998) zeigen, dass die Neueinstellung von Mitarbeitern an dezentrale Einheiten eines Unternehmens delegiert werden sollte, wenn die Kollusion von Agenten nicht oder nur durch sehr teure Kontrollen aufgedeckt werden kann.405 Tendenziell gilt, dass der Grad der organisatorischen Dezentralisierung mit sinkender Risikoaversion der Agenten zunimmt. Ishiguro und Itoh (2001) erweitern multiple Agency-Modelle schließlich um die Situation, dass die Agenten den Vertrag neu verhan-

402

Vgl. Baldenius/Melumad/Ziv (2002), S. 488 f. Vgl. Ma/Moore/Turnbull (1988), S. 361-368. 404 Vgl. Varian (1990), S. 169 f. 405 Vgl. Macho-Stadler/Perez-Castrillo (1998), S. 490-492. 403

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deln können. Diese Situation ergibt sich beispielsweise bei der Verhandlung von Unternehmen mit einer Gewerkschaft.406 Zuletzt soll noch der Fall beschrieben werden, dass die Agenten ihren Arbeitseinsatz unabhängig voneinander wählen können, aber keinen gemeinsamen Unsicherheiten unterliegen. In diesem Fall könnte der Prinzipal aufgrund der gleichartigen Agency-Beziehungen mit jedem Agenten einen einzelnen Vertrag schließen. Dies ist jedoch im Allgemeinen, d. h. wenn auch moral hazard des Prinzipals möglich ist, nicht optimal. Besser ist es, in den Vertrag mit allen Agenten das gesamte Arbeitsergebnis von Prinzipal und Agenten aufzunehmen, da so die Gefahr des moral hazard reduziert wird, denn der Prinzipal verliert so den Anreiz, sich dysfunktional zu verhalten. Ein solcher Vertrag ist umso vorteilhafter, je größer die Anzahl der Agenten ist, da dann Skaleneffekte bei der Informationsgewinnung immer stärker zum Tragen kommen.407

4.3 Kritik an der Agency-Theorie Das dargestellte Grundmodell der Agency-Theorie (und seine Erweiterung um multiple Agenten) ergänzt die Organisationstheorie um das Phänomen der Abhängigkeit der Leistungserstellung von einer effizienten vertraglichen Gestaltung von Agency-Beziehungen, gibt aber auch Anlass zur Kritik.408 Diese wird im Folgenden vorgestellt und dabei zwischen endogener und exogener Kritik unterschieden. Endogene Kritik weist auf methodische Mängel der AgencyTheorie hin, stellt sie aber nicht generell in Frage, wohingegen exogene Kritik die grundlegenden Annahmen der Agency-Theorie bezweifelt.409

4.3.1 Endogene Kritik Alle fünf folgenden Kritikpunkte betreffen insbesondere das in Abschnitt 4.1 beschriebene Grundmodell der Agency-Theorie (ohne den Fall multipler Agenten). Wie gezeigt wird, können die kritisierten Schwachpunkte durch eine Erweiterung dieser als zu realitätsfern kritisierten Agency-Modelle behoben werden.

406

Vgl. Ishiguro/Itoh (2001), S. 2. Vgl. Al-Najjar (1997), S. 176. 408 Vgl. Kieser (1999), S. 221. 409 Vgl. zu dieser Logik der Aufteilung von Kritik an einer Organisationstheorie Kieser (1999), S. 183 und S. 185. 407

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(1) Gewöhnlich wird nur dem Agenten, nicht aber dem Prinzipal, opportunistisches Verhalten unterstellt. Dabei können sich auch Prinzipale in vielen Situationen opportunistisch verhalten und die Agency-Beziehung erschweren. Beispielsweise kann ein Franchisegeber nach erfolgtem Abschluss eines Vertrags mit einem Franchisenehmer die Marketingausgaben reduzieren.410 Für Fragestellungen, die opportunistisches Verhalten des Prinzipals besonders wahrscheinlich erscheinen lassen, wurde dieses Phänomen bereits in einigen Agency-Modellen unter dem Begriff „doppelter moral hazard“ untersucht.411 (2) Das Grundmodell der Agency-Theorie umfasst weiterhin nur die Beziehung zwischen einem Prinzipal und einem einzigen Agenten. In der Realität sieht sich der Prinzipal allerdings in vielen Situationen, z. B. Arbeitsbeziehungen in Unternehmen, einer Vielzahl von Agenten gegenüber. Das Problem des moral hazard ist gegenüber dem Einagentenfall noch größer, da für den Prinzipal nicht beobachtbares „Trittbrettfahren“ und Kollusion zwischen den Agenten auftreten können.412 Dieser Sachverhalt wird, wie bereits in Abschnitt 4.2 beschrieben, in multiplen Agenten-Modellen thematisiert. (3) Kritisiert wird außerdem, dass die Agency-Theorie keine dynamische Sichtweise einnimmt. Die Agency-Beziehung ist üblicherweise auf eine Periode beschränkt. Dies ist in Situationen kritisch, wo Verträge auf langfristigen Beziehungen beruhen.413 Bei langfristigen Beziehungen wird die Unsicherheit über Eigenschaften des Agenten reduziert und opportunistisches Verhalten besser als im Einperiodenfall aufgedeckt. Eine Erweiterung des einperiodigen Agency-Modells auf mehrere Perioden liegt bereits in zahlreichen Arbeiten vor, verkompliziert die formale Darstellung allerdings beträchtlich und schränkt die Allgemeingültigkeit der Aussagen durch zusätzlich nötige Annahmen weiter ein.414 (4) Die Agency-Theorie setzt voraus, dass der zwischen Prinzipal und Agent zustande kommende Vertrag vollkommen spezifiziert ist.415 Alle auftretenden Vertragsprobleme werden ex ante gelöst. Mit dem Vertragsabschluss ist damit der gesamte Verlauf der

410 411 412 413 414 415

Vgl. Gupta/Romano (1998), S. 427. Vgl. z. B. Cooper/Ross (1985); Demski/Sappington (1991); Al-Najjar (1997); Gupta/Romano (1998); Agrawal (2002). Vgl. Holmstrom (1982), S. 325. Vgl. Holmstrom (1979), S. 89 f. Vgl. z. B. die Modelle von Radner (1981); Lambert (1983); Rubinstein/Yaari (1983); Spear/Srivastava (1987) und Che/Yoo (2001). Vgl. Kieser (1999), S. 222.

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Agency-Beziehung festgelegt. Dadurch werden alle vertraglichen Probleme vernachlässigt, die sich erst bei der Vertragserfüllung ergeben können. Dazu gehören Streitfragen zur Auslegung oder zur nachträglichen Anpassung von Verträgen, die auftreten können, da ein Vertrag nur unter sehr hohen Kosten vollständig spezifizierbar ist.416 (5) Die Agency-Theorie berücksichtigt nur frei ausgehandelte Individualverträge. Die Rolle „regulativer Dritter“, also vor allem der Gesetze, der Rechtsprechung und Kollektivvertragssysteme (z. B. Tarifverträge) wird dabei nicht beachtet.417 Dies ist besonders problematisch, wenn stark regulierte Agency-Beziehungen betrachtet werden. Einen Vorschlag zur Integration institutioneller Einflüsse der Rechtsordnung in die Agency-Theorie macht z. B. Meinhövel (1999).418

4.3.2 Exogene Kritik Durch die folgenden fünf Kritikpunkte wird die Agency-Theorie grundsätzlich in Frage gestellt. Es handelt sich um Einschränkungen der Agency-Theorie, die durch eine Erweiterung des Grundmodells nicht beseitigt werden können. (1) Die Agency-Theorie ist auf solche Situationen beschränkt, in denen die Präferenzen bzw. Ziele von Prinzipal und Agent bekannt sind.419 Die Verhaltensannahmen der AgencyTheorie, insbesondere die Möglichkeit von für die Vertragspartner unbeobachtbaren opportunistischen Handlungen, gelten nicht für die Zielfestlegung. Daher kann die AgencyTheorie keine Aussagen über Agency-Beziehungen bei unklaren Präferenzen der Beteiligten machen. Die Konsequenzen privater Information über die Präferenzen des Agenten wurden bisher nur in Ansätzen für den Fall privater Risikoneigung untersucht.420 (2) Grundsätzlich in Frage gestellt wird auch die Richtigkeit der Verhaltensannahmen der Agency-Theorie. Dabei wird vor allem die Annahme, der Agent würde sich immer, wenn es für ihn vorteilhaft ist, opportunistisch verhalten, bezweifelt.421 Denn dies würde die Möglichkeit intrinsischer Motivation des Agenten, d. h. das Arbeiten aus eigenem, in-

416 417 418 419 420 421

Vgl. Müller (1995), S. 64-66. Vgl. Kieser (1999), S. 221 f.; Meinhövel (1999), S. 172. Vgl. Meinhövel (1999), S. 171-212. Vgl. Levinthal (1988), S. 154 f.; Müller (1995), S. 66-68. Vgl. Spremann (1989); Velthuis (1998); Göx/Budde/Schöndube (2002). Vgl. Levinthal (1988), S. 154; Müller (1995), S. 69.

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nerem Antrieb, wobei die Belohnung eine untergeordnete Rolle spielt, ausschließen.422 Sharp und Salter (1997) hingegen gehen davon aus, dass die Verhaltensannahmen der Agency-Theorie zwar für einen Großteil der westlichen Kulturen gelten, nicht aber in weniger individualistischen Gesellschaften wie z. B. in asiatischen Ländern.423 (3) Eingeschränkte Gültigkeit werfen die Kritiker der Agency-Theorie bei Fragestellungen vor, bei denen nicht die mangelnde Bereitschaft zur Anstrengung, sondern mangelnde Fähigkeiten (also die Qualität der vom Agenten getroffenen Entscheidungen) das Hauptproblem der Agency-Beziehung sind.424 (4) Meinhövel (1999) kritisiert, dass die Agency-Theorie nicht wie in der Betriebswirtschaftslehre üblich, die Vor- und die Nachteile einer Kooperation von Prinzipal und Agent, sondern nur die Nachteile betrachtet.425 Die Nachteile einer Agency-Beziehung werden in Agency-Kosten ausgedrückt. Durch die Beschränkung der Agency-Theorie auf die Kosten einer Agency-Beziehung ist es möglich, dass nicht der optimale Vertrag gewählt wird. Ein von der Agency-Theorie empfohlener Vertrag könnte bei Beachtung des Nutzens aus diesem und alternativen Verträgen nicht optimal sein. (5) Zuletzt kritisieren manche Autoren die empirische Überprüfbarkeit der Agency-Theorie. Insbesondere die normativen Agency-Modelle, die exakte Aussagen über optimale Verträge zum Ziel haben, sind empirisch kaum überprüfbar. Zu den Hauptproblemen wird die Operationalisierung der Agency-Kosten gezählt.426 Besser empirisch überprüfbar sind Tendenzaussagen, die eher bei der positiven Richtung der Agency-Theorie zu finden sind und als Grundlage für die Hypothesengenerierung für anschließende empirische Studien verwendet werden. So kommt Eisenhardt (1989a) in ihrem umfangreichen Literaturüberblick über empirische Studien auf Basis der Agency-Theorie zum Ergebnis, „agency

422

Vgl. Fischer/Wiswede (1997), S. 96. Sharp/Salter (1997) überprüfen die Anwendbarkeit der Agency-Theorie in verschiedenen Kulturkreisen, und zwar für die Fragestellung, ob hochriskante und unsichere Projekte weitergeführt werden. Dabei kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Agency-Theorie den erwünschten Erklärungswert in Nordamerika, nicht aber in Asien aufweist. Vgl. Sharp/Salter (1997), S. 115 f. 424 Vgl. Müller (1995), S. 70 f. 425 Vgl. Meinhövel (1999), S. 108-113. 426 Vgl. Kieser (1999), S. 224; Meinhövel (1999), S. 143-165. 423

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theory makes contributions to organization theory, is testable, and has empirical support.“427

4.4 Anwendung der Agency-Theorie auf die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften multinationaler Unternehmen Nun sollen die Aussagen der Agency-Theorie auf Fragestellungen der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften von MNUs angewandt werden.428 Dazu wird zunächst das AgencyProblem zwischen der Zentrale eines MNU und seinen ausländischen Tochtergesellschaften erläutert und darauf aufbauend die beiden wichtigsten Einflussfaktoren auf den Einsatz von Kontrollstrategien aus der Agency-Theorie abgeleitet. Abschließend werden die für MNUs besonders wichtigen Kontrollstrategien agency-theoretisch fundiert und die Erkenntnisse aus multiplen Agenten-Modellen auf die Fragestellung dieser Arbeit übertragen. Auch bei einem MNU gibt es eine Reihe von Agency-Beziehungen. Betrachtet werden soll hier die Agency-Beziehung zwischen der Zentrale eines MNU als Prinzipal und ihren Tochtergesellschaften als multiplen Agenten, denen die Zentrale des MNU Verantwortlichkeiten und Entscheidungsgewalt überträgt. Es besteht Informationsasymmetrie zugunsten der Tochtergesellschaften, da diese über ihre wirtschaftliche Situation, den Markt, in dem sie operieren, und ihre Wettbewerber besser informiert sind als die Zentrale des MNU. Somit zeigt sich das grundlegende Agency-Problem: Das Management der Tochtergesellschaften kann eigene Interessen verfolgen, die in vielen Fällen nicht mit den Zielen der Zentrale des MNU übereinstimmen; es besteht die Gefahr des moral hazard. Ein Beispiel hierfür ist der Fall eines Managers einer Tochtergesellschaft, der freie Managementpositionen mit Mitarbeitern seines Vertrauens, nicht aber mit den am besten geeigneten Mitarbeitern (wie von der Zentrale des MNU gewünscht) besetzt.429 Es ist allerdings fraglich, ob, wie im Grundmodell der Agency-Theorie angenommen, neben dem Agency-Problem als zweites Problem eine höhere Risikoaversion der Tochtergesellschaften im Vergleich zur Zentrale auftritt. Dies liegt daran, dass es sich bei der Tochtergesellschaft als Agenten nicht um ein Individuum, sondern um ein Unternehmen

427

Eisenhardt (1989a), S. 70. Doz/Prahalad (1991), S. 148 f., stellen fest, dass die Agency-Theorie in besonderem Maße dazu geeignet ist, Aussagen über die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften zu treffen: „Agency theory … makes a useful contribution to the study of DNMC [diversified multi national company] management. Agency theory does raise relevant managerial issues by casting issues in ‚outcomeǥ or ‚behavioralǥ terms.“ 429 Vgl. Chang/Taylor (1999), S. 543. 428

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handelt, das nicht die Möglichkeit hat, den Vertrag mit dem Prinzipal zu kündigen und zudem zwischen Prinzipal und Agent gegenseitige Abhängigkeiten bestehen. Daher wird im Folgenden von der gleichen Risikoeinstellung von Zentrale und Tochtergesellschaften ausgegangen. Der Einsatz von Kontrollstrategien hängt gemäß der Agency-Theorie von der Höhe des Agency-Problems ab. Stimmen die Ziele der Tochtergesellschaften im Extremfall mit denen der Zentrale des MNU vollständig überein, existiert trotz möglicher Informationsasymmetrie gar kein Agency-Problem.430 In diesem Fall braucht die Zentrale des MNU die Tochtergesellschaften gar nicht zu kontrollieren. Im Allgemeinen ist allerdings von einem Zielkonflikt zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften und somit auch von der Existenz des Agency-Problems auszugehen. Dann wird die Zentrale des MNU versuchen, Kontrollstrategien und Anreizmechanismen einzusetzen, um die Folgen des Agency-Problems zu lindern. Im Rahmen dieser Arbeit werden nur Kontrollstrategien betrachtet. Vereinfacht gilt, dass die Zentrale des MNU die ihr zur Verfügung stehenden Kontrollstrategien umso intensiver einsetzen wird, je größer das Agency-Problem ist. Das Ausmaß des Agency-Problems wird von der Höhe der Informationsasymmetrie zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften und der Bedeutung dieser Informationsasymmetrie bestimmt. Ein besonders intensiver Einsatz der Kontrollstrategien ist nur dann zu erwarten, wenn sowohl Höhe als auch Bedeutung der Informationsasymmetrie hoch sind. So wäre beispielsweise keine maximale Kontrollintensität bei dem Fall einer ausländischen Tochtergesellschaft zu erwarten, die zwar über weit mehr Informationen als die Zentrale verfügt, aber aus Sicht der Zentrale strategisch unbedeutend ist.431 „Unless the external events are considered important to organizational performance, managers may have little interest in them.”432 Die Höhe der Informationsasymmetrie hängt von der Umweltunsicherheit ab, der die Tochtergesellschaft ausgesetzt ist. Die Umweltunsicherheit hat zwei wichtige Komponenten. Die erste Komponente ist das Ausmaß der kulturellen Distanz, bestimmt durch den Umfang der kulturellen Unterschiede zwischen den Märkten, in denen die Zentrale des MNU und die Tochtergesellschaften agieren. Je höher die kulturelle Distanz, desto schwieriger und teu-

430

Vgl. Eisenhardt (1989a), S. 62: „If there is no goal conflict, the agent will behave as the principal would like, regardless of whether his or her behavior is monitored.“ 431 Vgl. Chang/Taylor (1999), S. 548. 432 Daft/Sormunen/Parks (1988), S. 125.

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rer wird die Informationsermittlung für die Zentrale des MNU.433 Die zweite Komponente ist die branchenabhängige Prognoseunsicherheit, „[that] refers to the degree to which conditions fluctuate within the foreign subsidiary’s industry.“434 Sie macht ebenfalls eine stärkere Informationsermittlung nötig, um fundierte Entscheidung treffen zu können. Die Bedeutung der Informationsasymmetrie für die Zentrale in Bezug auf ihre ausländischen Tochtergesellschaften wird in erster Linie von dem Zentralisierungsgrad wichtiger Entscheidungen über das Geschäft der Tochtergesellschaft bestimmt. Ist der Zentralisierungsgrad hoch, werden alle wichtigen Entscheidungen, die z. B. die Produktentwicklung oder die Strategie der Tochtergesellschaft betreffen, in der Zentrale getroffen. Für diese Entscheidungen wird eine große Menge an Informationen benötigt, so dass die Bedeutung der Informationsasymmetrie für die Zentrale groß ist. Trifft hingegen die Tochtergesellschaft einen Großteil der wichtigen Entscheidungen, hat eine hohe Informationsasymmetrie zwischen Zentrale und Tochtergesellschaft eine geringere Auswirkung auf die Stärke des Agency-Problems. Es stellt sich die Frage, welche der in Abschnitt 3.3 vorgestellten Kontrollstrategien für die Zentrale eines MNU bei der Kontrolle ihrer ausländischen Tochtergesellschaften von besonderer Bedeutung und empirisch überprüfbar sind.435 Diese sind in Abbildung 12 hervorgehoben dargestellt. Bei den Kontrollstrategien zur Erhöhung der Kontrollintensität haben MNUs zunächst die Wahl zwischen drei verschiedenen Arten der Kontrolle: Ergebnis-, Verfahrens- und Prämissenkontrolle. Bezüglich der Kontrolle der Mitarbeiter der Tochtergesellschaft ist die intensivste Kontrollstrategie der Einsatz von ständiger Verhaltenskontrolle (als Sonderfall der Verfahrenskontrolle), d. h. die persönliche Überwachung der Handlungen aller Mitarbeiter der Tochtergesellschaft, die von Mitarbeitern der Zentrale des MNU durchgeführt wird. Dies ist aufgrund der großen räumlichen Entfernung allerdings mit hohen Kosten verbunden und daher von keiner praktischen Bedeutung.436 Daher bezeichnet die Verfahrenskontrolle die Intensität prozessualer Kontrollen wie z. B. Konferenzen, die die Zentrale des MNU in die Lage versetzen, geschäftliche Entscheidungen einer Tochtergesellschaft inhaltlich zu verstehen und

433

Vgl. Roth/O’Donnell (1996), S. 680. O’Donnell (2000), S. 529. 435 Die Auswahl spiegelt bereits das Ergebnis des Literaturstudiums und von Experteninterviews wider. Eine weitere Voraussetzung für die Bewertung der Wichtigkeit einer Kontrollstrategie für MNUs ist die Operationalisierbarkeit der entsprechenden Konstrukte bei einer großzahligen Untersuchung. 436 Vgl. O’Donnell (2000), S. 526. 434

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beeinflussen zu können. Spezifisch für die Ergebniskontrolle ausländischer Tochtergesellschaften ist die Frequenz, mit der die Tochtergesellschaften Kennzahlen über ihre Geschäftsentwicklung an die Zentrale des MNU liefern müssen.437 Eine weitere Strategie zur Erhöhung der Kontrollintensität ist die „Erhöhung der Anzahl der Kontrollobjekte- bzw. -prozesse“. Hier ist für MNUs insbesondere die Erweiterung der strategischen Kontrolle um die regelmäßige Prämissenkontrolle wichtig.438 Sie haben neben der Informationsfunktion für die Zentrale des MNU die Funktion, die Ergebnisse verschiedener Tochtergesellschaften besser vergleichbar zu machen, indem die Wirkung nicht von den Tochtergesellschaften zu beeinflussender Größen auf das Ergebnis der Tochtergesellschaften durch realistische Planungsprämissen möglichst klein gehalten wird. Dadurch können die Vorteile relativer Leistungsmessung genutzt werden. Zuletzt hat das MNU die Möglichkeit, alle genannten Kontrollstrategien in unterschiedlicher Frequenz und Dauer einzusetzen. Intensivierung der Ergebniskontrolle Kontrollstrategien zur Erhöhung der Kontrollintensität

Intensivierung der Verfahrenskontrolle Prämissenkontrolle bei der strategischen Kontrolle

Kontrollstrategien zur Erhöhung des Kontrollertrags

Kontrollstrategien zur Erhöhung des Ertrags je Kontrollprozess

Aggregation von Informationen Kulturabhängiges Kontrollverhalten Angleichung von Zielen

Kontrollstrategien

Kontrollstrategien zur Verringerung des Kontrollbedarfs

Unterstützung bei Selbstkontrolle Einsatz von Gruppenkontrolle Reduzierung der Freiheitsgrade

Kontrollstrategien zur Verringerung der Kontrollkosten

Unterstützung durch Informationstechnologie Kontrollstrategien zur Verringerung der Kosten je Kontrollprozess

Spezialisierung (z.B. Schaffung organisatorischer Einheiten mit dem Ziel Kontrollen durchzuführen) Stichprobenartige Kontrollen Schwerpunktbildung

Abbildung 12: Für MNUs besonders wichtige Kontrollstrategien (hervorgehoben)

437 438

Vgl. Herzig/Watrin/Ruppert (1997), S. 769 f. Vgl. auch Abschnitt 3.3.1.1.

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Der Ertrag je Kontrollprozess kann durch die Aggregation von Informationen und ein kulturabhängiges Kontrollverhalten erhöht werden. Die Aggregation von Information erfolgt in Bezug auf ausländische Tochtergesellschaften insbesondere bei der kondensierten Weitergabe der Informationen über ihre Geschäftsentwicklung an Führungskräfte der Zentrale, die Verantwortung für das Ergebnis dieser ausländischen Tochtergesellschaften haben. Kulturabhängiges Kontrollverhalten ist vor allem bei der Interaktion des Controllings der Zentrale mit Führungskräften ausländischer Tochtergesellschaften beobachtbar, falls die Controller der Zentrale über interkulturelle Kompetenzen verfügen. Bei den Kontrollstrategien zur Verringerung des Kontrollbedarfs spielen die „Angleichung von Zielen“, der „Einsatz von Gruppenkontrolle“ und die „Reduzierung der Freiheitsgrade“ die größte Rolle. Die „Angleichung von Zielen“ kann über die Sozialisierung der Mitarbeiter der Tochtergesellschaft im Sinne der Zentrale und die Reisetätigkeit von Führungskräften geschehen. Die Reisetätigkeit von Führungskräften hat „the goal of creating a shared understanding between subsidiary and headquarters management regarding the interests of the overall corporation and the role of the subsidiary.“439 Eine weitere Strategie zur Verringerung des Kontrollbedarfs ist der „Einsatz von Gruppenkontrolle“. In Bezug auf ausländische Tochtergesellschaften tritt diese Kontrollstrategie in Management-Gruppen, insbesondere im Führungsgremium der Tochtergesellschaften, auf. Die Zentrale des MNU kann im Führungsgremium anspruchsvolle Positionen durch Entsandte besetzen, die Kollusion zwischen den Mitgliedern der Management-Gruppe verhindern können.440 Dann sind gemäß der Agency-Theorie die Vorteile der Gruppenkontrolle nutzbar: da davon ausgegangen werden kann, dass die Gruppenkontrolle der Gruppenmitglieder einen Anreiz für einen hohen Arbeitseinsatz gibt, muss nicht mehr jedes einzelne Gruppenmitglied kontrolliert werden, sondern es genügt, das Gruppenergebnis zu kontrollieren. Die Kontrollstrategie „Reduzierung der Freiheitsgrade“ äußert sich über die Zentralisierung wichtiger Entscheidungen, wodurch eine ausländische Tochtergesellschaft den Geschäftsverlauf nur zu einem geringen Teil beeinflussen kann. Da

439 440

O’Donnell (2000), S. 532. Vgl. Edström/Galbraith (1977), S. 250 f.; Egelhoff (1984), S. 74; Roth/O’Donnell (1996), S. 700; O’Donnell (2000), S. 526 f.; Harzing (2001b), S. 142-144; Harzing (2001a), S. 369 (dort „’bear’ role of expatriates“ genannt). Die empirische Studie von Stahl et al. (2000) über die Entsendungspraxis von Mitarbeitern bei deutschen Unternehmungen findet heraus, dass die Kontrolle der Auslandsaktivitäten zu den wichtigsten Zielen der Entsendung von Mitarbeitern gehört. Vgl. Stahl et al. (2000), S. 340. Neben der Kontrollfunktion haben Expatriates allerdings auch noch andere Funktionen wie z. B. den Wissenstransfer von der Zentrale zu den Tochtergesellschaften.

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diese Kontrollstrategie zeitlich sehr stabil ist und eine wesentliche Änderung kurzfristig zudem kaum umsetzbar ist, wird die „Reduzierung der Freiheitsgrade“, wie bereits beschrieben, als Einflussfaktor auf Kontrollstrategien (Zentralisierungsgrad) untersucht.441 Von den denkbaren Kontrollstrategien zur Verringerung der Kosten je Kontrollprozess ist vor allem die „Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie“ wichtig. Diese wird von der Zentrale des MNU dann besonders stark verfolgt, wenn sie Angaben über die Geschäftsentwicklung der Tochtergesellschaft jederzeit und ohne das Wissen der Tochtergesellschaft abrufen kann. Da die Tochtergesellschaften aus Sicht der Zentrale des MNU aus agency-theoretischer Sicht multiple Agenten darstellen, lassen sich auch Ergebnisse aus multiplen Agenten-Modellen auf diese Agency-Beziehung übertragen. Hier stellt sich zunächst die Frage, welcher Typ von Agency-Modellen gemäß der Darstellung in Abbildung 11 passend ist. Im Allgemeinen werden die Tochtergesellschaften eines MNU unabhängig voneinander arbeiten und können demnach ihren Arbeitseinsatz selbständig wählen. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob die Tochtergesellschaften gemeinsamen Unsicherheiten unterliegen. Im Allgemeinen wird dies wenigstens zum Teil der Fall sein, da zumindest die weltwirtschaftliche Entwicklung alle Tochtergesellschaften beeinflusst. Tochtergesellschaften, die in einem Land oder einer wirtschaftlich zusammenhängenden Region (z. B. Europäische Union) operieren, unterliegen tendenziell mehr gemeinsamen Unsicherheiten. Im Folgenden sollen abschließend kurz die Erkenntnisse multipler Agenten-Modelle zu Kontrollmechanismen für den genannten Fall, dass der Arbeitseinsatz der Agenten voneinander unabhängig ist und die Agenten gemeinsamen Unsicherheiten unterliegen, auf MNUs angewandt werden. Zunächst ist festzustellen, dass der Einsatz von Kontrolleuren für die Zentrale des MNU lohnend ist.442 Dies kann beispielsweise durch die Entsendung von loyalen Mitarbeitern in die ausländische Tochtergesellschaft oder Schaffung spezieller organisatorischer Kontrolleinheiten geschehen.443 Die Erkenntnisse von Baldenius et al. (2002) legen nahe, dass die Leistung der Tochtergesellschaften auf Ebene der einzelnen Tochtergesellschaften

441

Vgl. z. B. Chenhall (2003), S. 144-148, der in seinem Literaturüberblick Zentralisierung als (konstanten) situativen Faktor darstellt. 442 Vgl. Singh (1985), S. 605-608; Baldenius/Melumad/Ziv (2002), S. 486-488. 443 Denkbar ist auch die Besetzung der kaufmännischen Leitungsfunktion mit einem Manager aus der Zentrale des MNU.

88

aggregiert werden sollte, um die relative Leistungsmessung zu ermöglichen und den Wettbewerb zwischen den Tochtergesellschaften zu fördern.444 Weiterhin sollte die Zentrale des MNU die gegenseitige Kontrolle der Manager der Tochtergesellschaften durch geeignete Anreizmechanismen fördern und so Kollusion weitgehend ausschließen.445 Bei solchen Anreizmechanismen hängt die Bezahlung eines Managers von der Leistung der anderen Manager ab, wenn z. B. die Bezahlung der Manager auch als variablen Anteil das Geschäftsergebnis der Tochtergesellschaft enthält. Für die wirksame Umsetzung der Anreizmechanismen muss die Erreichung der vertraglich festgelegten Ziele durch entsprechende Ergebniskontrollen überprüft werden.

4.5 Stand der empirischen Forschung zu Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften Als Abschluss dieses Kapitels werden in diesem Abschnitt nun in kondensierter Form diejenigen empirischen Studien vorgestellt, die sich mit Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften befassen, um vor der Beschreibung der empirischen Untersuchung einen Überblick über die bereits untersuchten Zusammenhänge zu geben. In Tabelle 2 sind somit diejenigen empirischen Studien verzeichnet, die Aussagen über die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften treffen. Dem Thema dieser Arbeit entsprechend fehlen diejenigen Studien, die nur auf die Steuerung (control) eingehen. Im Kern lassen sich drei Aussagen daraus ableiten. Erstens sind viele empirische Studien bisher nicht oder nur durch organisationstheoretische Plausibilitätsüberlegungen fundiert. Zweitens sind bisher nur die Kontrollstrategien „Ergebniskontrolle“, „Gruppenkontrolle“ und „Angleichung von Zielen“ in Bezug auf die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften untersucht worden. Eine empirische Analyse der Kontrollstrategien „Verfahrenskontrolle“, „Prämissenkontrolle“, „Aggregation von Informationen“, „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ und „Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie“ steht noch aus. Drittens treffen nur drei empirische Studien Aussagen zum Erfolgsbeitrag der Kontrollstrategien, die zudem auf die beiden Kontrollstrategien „Angleichung von Zielen“ und „Gruppenkontrolle“ beschränkt sind.446

444

Vgl. Baldenius/Melumad/Ziv (2002), S. 495-501. Vgl. Ma/Moore/Turnbull (1988), S. 358-368. 446 Es handelt sich dabei um die Studien von Roth/Nigh (1992); Nohria/Ghoshal (1994) und Gong (2003). 445

Determinanten der Entsendung von Mitarbeitern der Zentrale in ausländische Tochtergesellschaften

Einfluss der Internationalisierungsstrategie auf die Organisationsstruktur und den Erfolg von Geschäftseinheiten

Boyacigiller (1990)

Roth et al. (1991)

Durch die Landeskultur Keine der Zentrale bedingte Unterschiede in der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften

Egelhoff (1984)

Organisationstheoretische Plausibilisierung

Organisationstheoretische Plausibilisierung

Keine

Aufbau des finanziellen Berichtswesen ausländischer Tochtergesellschaften an ihre Zentrale

Leksell (1981)

Theoretische Fundierung

Thema

Empirische Studie

Angleichung von Zielen

Gruppenkontrolle

Intensität der Ergebniskontrolle, Gruppenkontrolle

Intensität der Ergebniskontrolle

Untersuchte Kontrollstrategien

82 Geschäftseinheiten US-amerikanischer Maschinenbau-Unternehmen

84 ausländische Tochtergesellschaften in 43 Ländern einer US-amerikanischen Bank

94 ausländische Tochtergesellschaften von 50 US-amerikanischen und europäischen MNUs

27 ausländische Tochtergesellschaften von sechs schwedischen MNUs

Grundgesamtheit

• MNUs mit einer Stammhausorganisation standardisieren die Intensität der Ergebniskontrolle weitgehend, während MNUs mit einer divisionalen Struktur die Intensität bei verschiedenen Tochtergesellschaften variieren. • Die Intensität der Ergebniskontrolle ist zeitlich stabil.

Wichtigstes Ergebnis

Multiple Regression

Multiple Regression, logistische Regression

• Das Verfolgen einer globalen Strategie wirkt positiv auf den Einsatz der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“.

• Organisatorische Komplexität und Größe eines MNU, kulturelle Distanz zwischen der Zentrale eines MNU und einer Tochtergesellschaft, politisches Risiko des Landes der Tochtergesellschaft und Wettbewerbsintensität wirken positiv auf den Einsatz von Gruppenkontrolle.

Korrela• US-amerikanische MNUs setzen Ergebtionsanalyse niskontrolle intensiver und Verfahrenskontrolle weniger intensiv ein als deutsche MNUs. • In brasilianischen Tochtergesellschaften wird Gruppenkontrolle häufiger als in europäischen eingesetzt.

Deskriptive Statistiken

Auswertungsmethoden

89

Tabelle 2: Empirische Studien über die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften

(fortgesetzt) Intensität der Ergebniskontrolle, Gruppenkontrolle

AgencyTheorie

Einfluss der Intensität des Kaufs und Verkaufs von Beteiligungen auf die interne Steuerung der Beteiligungen und die dort erreichten Innovationen

Determinanten der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften

Hitt et al. (1996)

Chang und Taylor (1999)

Ausmaß der Erweiterung der Kontrolle um die strategische Durchführungskontrolle

Organisationstheoretische Plausibilisierung

Erfolgsbeitrag der Anpassung der Organisationsstruktur ausländischer Tochtergesellschaften an lokale Gegebenheiten und der Angleichung der Ziele zwischen Zentrale und ausländischen Tochtergesellschaften Organisationstheoretische Plausibilisierung

Angleichung von Zielen

Angleichung von Zielen

Nohria und Ghoshal (1994)

Organisationstheoretische Plausibilisierung

Einfluss von Konflikten, Steuerung und Kontrolle auf den Erfolg ausländischer Tochtergesellschaften

Untersuchte Kontrollstrategien

Roth und Nigh (1992)

Theoretische Fundierung

Thema

Empirische Studie

Auswertungsmethoden

107 koreanische Tochtergesellschaften US-amerikanischer und japanischer MNUs

250 US-amerikanische MNUs mit in- und ausländischen Beteiligungen

• Die Intensität des Kaufs und Verkaufs von Beteiligungen wirkt negativ auf den Einsatz der strategischen Durchführungskontrolle.

• Die Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ wirkt positiv auf den ökonomischen Erfolg von MNUs.

• Die Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ wirkt positiv auf die Effektivität der Beziehung zwischen Zentrale und ausländischen Tochtergesellschaften.

Wichtigstes Ergebnis

Multiple li- • Die Beteiligungsquote wirkt positiv auf neare und die Intensität der Ergebniskontrolle und logistische den Einsatz von Gruppenkontrolle. (moderierte) • Die relative Bedeutung einer auslänRegression dischen Tochtergesellschaft moderiert den Zusammenhang zwischen der Beteiligungsquote und der Kontrollintensität positiv.

Strukturglei chungsmodelle

Multiple TochtergesellRegression schaften von 54 US-amerikanischen und europäischen MNUs

105 US-amerika- Multiple nische Tochterge- Regression sellschaften von MNUs aus 14 Ländern

Grundgesamtheit

90

Tabelle 2: Empirische Studien über die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften

Determinanten der Steuerung und Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften

Determinanten der Entsendung von Mitarbeitern der Zentrale in ausländische Tochtergesellschaften

Determinanten der Ent- Agencysendung von Mitarbei- Theorie tern der Zentrale in ausländische Tochtergesellschaften

O’Donnell (2000)

(fortgesetzt)

Harzing (2001b)

Gong (2003)

Organisationstheoretische Plausibilisierung

AgencyTheorie, organisationstheoretische Plausibilisierung

Organisationstheoretische Plausibilisierung

Determinanten des Einsatzes von Führungskräften in ausländischen Tochtergesellschaften

Delios und Björkman (2000)

Theoretische Fundierung

Thema

Empirische Studie

• Der Unsicherheitsvermeidungsgrad des Heimatlandes des MNU, die Größe des MNU, die kulturelle Distanz zwischen dem Heimatland des MNU und dem Land einer ausländischen Tochtergesellschaft und das politische Risiko in dem Land einer ausländischen Tochtergesellschaft wirken positiv auf den Einsatz von Gruppenkontrolle. • Die kulturelle Distanz zwischen dem Heimatland des MNU und dem Land einer ausländischen Tochtergesellschaft wirkt positiv auf den Einsatz von Gruppenkontrolle. • Dieser Zusammenhang wird mit der Zeit schwächer. • Der Einsatz von Gruppenkontrolle hat einen positiven Erfolgsbeitrag.

Logistische Regression

Multiple Regression

Gruppenkontrolle

Gruppenkontrolle

• Der Zentralisierungsgrad wirkt positiv auf die Intensität der Ergebniskontrolle und den Einsatz von Gruppenkontrolle.

Multiple Regression

400 Tochtergesellschaften von 28 japanischen MNUs

2.689 Tochtergesellschaften von über 200 MNUs aus elf verschiedenen Ländern

98 Tochtergesellschaften USamerikanischer MNUs

• Die Beteiligungsquote wirkt positiv auf den Einsatz von Gruppenkontrolle.

Wichtigstes Ergebnis

Intensität der Ergebniskontrolle, Gruppenkontrolle

Auswertungsmethoden

797 chinesische Multiple und US-amerika- Regression nische Tochtergesellschaften japanischer MNUs

Grundgesamtheit

Gruppenkontrolle

Untersuchte Kontrollstrategien

91

Tabelle 2: Empirische Studien über die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften

(fortgesetzt)

Steuerung und Kontrol- Organisationstheorele in Joint Ventures tische Plausibilisierung

Empirische Typologie von Steuerungs- und Kontrollmechanismen

Chalos und O’Connor (2004)

Jaussaud und Schaaper (2006) Organisationstheoretische Plausibilisierung

Organisationstheoretische Plausibilisierung

Einfluss des Heimatlands auf Internationalisierungsstrategien sowie die Steuerung und Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften

Harzing und Sorge (2003)

Theoretische Fundierung

Thema

Empirische Studie

Angleichung von Zielen, Gruppenkontrolle

Angleichung von Zielen, Gruppenkontrolle

Angleichung von Zielen, Gruppenkontrolle

Untersuchte Kontrollstrategien

• Die Kontrollstrategien „Angleichung von Zielen“ und „Gruppenkontrolle“ bilden zwei der vier Dimensionen einer empirisch ermittelten Typologie von Steuerungs- und Kontrollmechanismen.

316 chinesische Tochtergesellschaften ausländischer MNUs

Faktoranalyse, t-Test

• MNUs aus verschiedenen Ländern unterscheiden sich in ihrem Einsatz der Kontrollstrategien „Angleichung von Zielen“ und „Gruppenkontrolle“ signifikant voneinander.

Wichtigstes Ergebnis

• Die Beteiligungsquote und die Investitionshöhe wirkt positiv auf den Einsatz von Gruppenkontrolle. • Bei US-amerikanischen, nicht aber chinesischen MNUs wirkt das Wissen eines Joint-Venture-Partners relativ zu dem anderen Partner positiv auf seinen Einsatz der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“.

Faktoranalyse, t-Test

Auswertungsmethoden

145 US-amerika- Multiple Regression nische und 117 chinesische JointVenture-Partner

287 ausländische Tochtergesellschaften von 104 MNUs

Grundgesamtheit

92

Tabelle 2: Empirische Studien über die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften

93

5 Bezugsrahmen der Untersuchung und Ableitung der Arbeitshypothesen Nachdem die Kontrollstrategien agency-theoretisch fundiert wurden, werden in diesem Kapitel zunächst der Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung (Abschnitt 5.1) und im Anschluss daran Hypothesen über die dargestellten Wirkungszusammenhänge zwischen Variablen vorgestellt (Abschnitt 5.2). Das Ziel dieses Kapitels ist, die untersuchten Variablen und grundlegenden Wirkungszusammenhänge zu verdeutlichen.

5.1 Bezugsrahmen der Untersuchung Im Folgenden werden die Verwendung der einzelnen Variablen und die grundlegenden Wirkungszusammenhänge zwischen den Variablen beschrieben und begründet. Es werden vier Arten von Variablen untersucht: Variablen, die das Agency-Problem bestimmen, Kontrollstrategien, Erfolgsgrößen und Kontrollvariablen. Die beiden Variablen, die das Agency-Problem bestimmen, sind wie in Abschnitt 4.4 beschrieben, die Umweltunsicherheit und der Zentralisierungsgrad. Die Umweltunsicherheit hat die beiden Dimensionen branchenabhängige Prognoseunsicherheit sowie die kulturelle Distanz zwischen Zentrale und Tochtergesellschaft. Neben der kulturellen Distanz wird ersatzweise noch die politische Unsicherheit ermittelt, von der allerdings ausgegangen werden kann, dass sie hoch mit der kulturellen Distanz korreliert. Weiterhin werden diejenigen Kontrollstrategien untersucht, die für MNUs bei der Kontrolle ihrer ausländischen Tochtergesellschaften, wie in Abschnitt 4.4 beschrieben, besonders wichtig sind. Dies sind die „Frequenz der Ergebniskontrolle“, „Intensität der Verfahrenskontrolle“, die „Intensität der Prämissenkontrolle“, das Niveau der „Aggregation von Informationen“ über die Tochtergesellschaft in der Zentrale, das Ausmaß des „kulturabhängigen Kontrollverhaltens“, der Umfang der „Angleichung von Zielen“, der Einsatz von „Gruppenkontrolle“ im Führungsgremium der Tochtergesellschaft und das Ausmaß der „Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie“. Grundsätzlich wird die Auswirkung dieser Kontrollstrategien auf zwei Arten von Erfolgsgrößen untersucht. Zum einen ist dies der Kontrollerfolg, d. h. das Ausmaß, in dem die Befragten die durchgeführten Kontrollen als erfolgreich einstufen. Zum anderen ist dies der Unterneh-

94

menserfolg einer ausländischen Tochtergesellschaft und des gesamten MNU. Der daraus resultierende Bezugsrahmen ist in Abbildung 13 dargestellt. Er bezieht sich auf die Kontrollbeziehung der Zentrale eines MNU und eine seiner ausländischen Tochtergesellschaften.

Einflussfaktoren/ Agency-Problem • Umweltunsicherheit – Branchenabhängige Prognoseunsicherheit – Kulturelle Distanz/ politische Unsicherheit • Zentralisierung

Kontrollstrategien • • • • • • • •

Ergebniskontrolle Verfahrenskontrolle Prämissenkontrolle Aggregation von Informationen Kulturabhängiges Kontrollverhalten Angleichung von Zielen Gruppenkontrolle IT-Unterstützung

Kontrollerfolg

Unternehmenserfolg • Tochtergesellschaft • MNU

Kontrollvariablen • MNU – Größe – Internationalisierungsgrad – Börsennotierung – Familienunternehmen – Komplexität Beteiligungscontrolling – Controlling-Organisation – Branche – RoE 2004 • Tochtergesellschaft – Relative Bedeutung (Größe, Markt) – Alter – Beteiligungsquote – Entstehungsart – Betriebliche Funktionen – Branche

Vermuteter Zusammenhang Kontrollierter Zusammenhang

Abbildung 13: Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung In Abbildung 13 sind weiterhin die vermuteten Wirkungszusammenhänge zwischen den Variablen dargestellt. Es wird davon ausgegangen, dass die das Agency-Problem bestimmenden Variablen einen Einfluss auf die Verwendung der Kontrollstrategien durch die Zentrale eines MNU haben. Von den Kontrollstrategien wird sowohl ein Einfluss auf den Kontrollerfolg als auch auf den Unternehmenserfolg erwartet. Weiterhin kann es einen indirekten Wirkungszusammenhang von den Kontrollstrategien über den Kontrollerfolg auf den Unternehmenserfolg geben, so dass der Kontrollerfolg eine mediierende Variable sein könnte.447 Neben den genannten Variablen wird noch eine Reihe von Kontrollvariablen ermittelt. Diese stehen nicht im Zentrum des Forschungsinteresses und werden im Modell kontrolliert, um si-

447

Vgl. für eine Beschreibung mediierender Variablen Gerdin/Greve (2004), S. 310.

95

cherzustellen, dass es sich bei dem Zusammenhang von abhängiger und unabhängiger Variable nicht um einen Scheinzusammenhang handelt, der eigentlich auf andere Faktoren (z. B. die Kontrollvariablen) zurückzuführen ist.448 Für jede der Kontrollvariablen wird untersucht, ob es einen Wirkungszusammenhang auf die Kontrollstrategien, den Kontrollerfolg oder den Unternehmenserfolg gibt. Die ermittelten Kontrollvariablen betreffen entweder die Ebene des gesamten MNU oder die Ebene einer ausländischen Tochtergesellschaft. Auf der Ebene des gesamten MNU werden die Größe, der Internationalisierungsgrad, die Komplexität des Beteiligungscontrollings, die Controlling-Organisation, die Branche, der Return on Equity (RoE) im Jahr 2004 sowie die beiden binären Variablen Börsennotierung und Familienunternehmen kontrolliert. Kontrollvariablen auf der Ebene einer ausländischen Tochtergesellschaft sind ihre relative Bedeutung für das MNU, ihr Alter, die Beteiligungsquote der Zentrale an der Tochtergesellschaft, die Entstehungsart der Tochtergesellschaft, die Existenz der betrieblichen Funktionen Forschung und Entwicklung, Produktion bzw. Marketing und Vertrieb sowie ihre Branche.449

5.2 Ableitung der Arbeitshypothesen In Abschnitt 4.4 wurden die beiden wichtigsten Bestimmungsfaktoren des Agency-Problems, Umweltunsicherheit und Zentralisierung, und ihr Einfluss auf die Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften agency-theoretisch eingeordnet. Allgemein wurde der Zusammenhang abgeleitet, dass mit steigendem Agency-Problem die Kontrollintensität steigt. In diesem Abschnitt werden auf diesem Gedanken aufbauend Arbeitshypothesen für die anschließende empirische Untersuchung abgeleitet. Sowohl Ergebnis-, Verfahrens- als auch Prämissenkontrolle sind in erster Linie Kontrollstrategien zur Erhöhung der Kontrollintensität. Dabei bedeutet Verfahrens- gegenüber Ergebniskontrolle zwar eine intensivere Kontrolle, jedoch kann auch die Intensität der Ergebniskontrolle durch eine Erhöhung ihrer Frequenz gesteigert werden.450 Laut der Agency-Theorie hängt die Kontrollintensität von der Stärke des Agency-Problems ab. Mit steigendem Agency-

448

Vgl. Bortz (1989), S. 350. Die relative Bedeutung einer ausländischen Tochtergesellschaft wird dabei über die beiden Dimensionen relative Größe und relative Wichtigkeit des Absatzmarktes erfasst. 450 Vgl. Abschnitt 3.3.1.1. 449

96

Problem nimmt somit der Einsatz der genannten Kontrollstrategien zur Erhöhung der Kontrollintensität zu. Das Agency-Problem besteht in erster Linie aus der Umweltunsicherheit, der die Geschäftsentwicklung der Tochtergesellschaft unterliegt, und der Zentralisierung von Entscheidungen. Bei größerer Umweltunsicherheit ist die Informationsasymmetrie zwischen der Zentrale eines MNU und ihren ausländischen Tochtergesellschaften größer, da die Tochtergesellschaften über bessere Informationen über die eigene Geschäftsentwicklung verfügen. Dieses Defizit kann die Zentrale durch eine Erhöhung der Frequenz der Ergebniskontrolle und der Intensität der Verfahrenskontrolle mildern. Die empirische Studie von O’Donnell (2000), die 98 ausländische Tochtergesellschaften US-amerikanischer MNUs in 13 verschiedenen Branchen untersucht, findet einen solchen positiven Zusammenhang zwischen Umweltunsicherheit und Ergebniskontrolle allerdings nicht.451 Weiterhin kann eine Veränderung der Planungsprämissen aus der strategischen Planung in einer unsicheren Branche nötig werden, da sich diese auch innerhalb eines Geschäftsjahres ändern können.452 Dazu dient die strategische Prämissenkontrolle, dessen Intensität also ebenfalls bei steigender Unsicherheit erhöht werden muss. Die zweite Komponente des Agency-Problems, Zentralisierung, wirkt ebenfalls auf den Einsatz der Kontrollstrategien Ergebnis-, Verfahrens- und Prämissenkontrolle. Die Wirkungen dieser Kontrollstrategien steigen mit dem Zentralisierungsgrad. Bei hohem Zentralisierungsgrad werden wichtige Entscheidungen in der Zentrale des MNU getroffen. Dazu benötigt diese ein großes Maß an Informationen, die auch aus Ergebnis-, Verfahrens- und Prämissenkontrollen stammen. Die empirische Studie von Chang und Taylor (1999), die 128 koreanische Tochtergesellschaften japanischer und US-amerikanischer MNUs in verschiedenen Branchen untersuchen, bestätigt den positiven Zusammenhang zwischen Zentralisierung und Ergebniskontrolle.453 Zu diesem Ergebnis kommt später auch O’Donnell (2000).454 Somit lassen sich in Bezug auf den Zusammenhang zwischen Umweltunsicherheit und Zentralisierung sowie den Kontrollstrategien Ergebnis-, Verfahrens- und Prämissenkontrolle die folgenden Hypothesen aufstellen:

451

Vgl. O’Donnell (2000), S. 538. Vgl. Schreyögg/Steinmann (1985), S. 401 f.; Schreyögg/Steinmann (1987), S. 96 f. 453 Vgl. Chang/Taylor (1999), S. 558; O’Donnell (2000), S. 537. 454 Vgl. O’Donnell (2000), S. 537-539. In dieser Studie wird das Gegenteil von Zentralisierung, die Autonomie der Tochtergesellschaft, untersucht. 452

97

Hypothese H1a: Mit zunehmender Umweltunsicherheit steigt die Frequenz der Ergebniskontrolle. Hypothese H1b: Mit zunehmender Zentralisierung steigt die Frequenz der Ergebniskontrolle. Hypothese H2a: Mit zunehmender Umweltunsicherheit steigt die Intensität der Verfahrenskontrolle. Hypothese H2b: Mit zunehmender Zentralisierung steigt die Intensität der Verfahrenskontrolle. Hypothese H3a: Mit zunehmender Umweltunsicherheit steigt die Intensität der strategischen Prämissenkontrolle. Hypothese H3b: Mit zunehmender Zentralisierung steigt die Intensität der strategischen Prämissenkontrolle. Neben der Erhöhung der Kontrollintensität kann mit Kontrollstrategien auch der Ertrag je Kontrollprozess gesteigert werden. Eine derartige Kontrollstrategie ist die „Aggregation von Informationen“ für Führungskräfte der Zentrale, die Entscheidungen über die Geschäftstätigkeit einer ausländischen Tochtergesellschaft treffen. Die Aggregation von aus Kontrollen gewonnenen Informationen hat den Vorteil, durch die vereinfachte Darstellung den Informationsverarbeitungsprozess von Individuen zu erleichtern.455 Bei einem zu hohen Aggregationsniveau kann jedoch der mit der Aggregation einhergehende Informationsverlust zu suboptimalen Entscheidungen führen. Aus agency-theoretischer Sicht hängt das optimale Aggregationsniveau wiederum von der Stärke des Agency-Problems ab. Wenn die Umweltunsicherheit hoch ist, benötigen Führungskräfte der Zentrale verhältnismäßig viele Informationen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Bei einem hohen Zentralisierungsgrad werden viele strategische Entscheidung in der Zentrale getroffen, für die ebenfalls eine detailliertere Darstellung der aus Kontrollen gewonnenen Informationen benötigt wird. Diese theoretische Sichtweise wird in der empirischen Studie von Gordon und Narayanan (1984) bestätigt. Sie finden bei der Analyse von 34 US-amerikanischen Unternehmen heraus,

455

Vgl. Feltham (1977), S. 684-687; Arya/Fellingham/Schroeder (2000), S. 792.

98

dass empfundene Umweltunsicherheit (perceived environmental uncertainty) positiv mit dem Informationsbedarf von Führungskräften zusammenhängt.456 Auch Gul und Chia (1994) fundieren diesen Zusammenhang. Sie untersuchen die Antworten von 48 Führungskräften von Unternehmen in Singapur und finden heraus, dass die Leistungsfähigkeit von Führungskräften steigt, wenn sie bei steigender empfundener Umweltunsicherheit mit weniger aggregierten Informationen versorgt werden.457 Dieses Ergebnis können Chenhall und Morris (1986) in ihrer Studie mit der Befragung von 68 Führungskräften aus 36 australischen MaschinenbauUnternehmen allerdings nicht bestätigen.458 Auch der Zusammenhang zwischen Zentralisierung und der Aggregation von Informationen ist bereits empirisch untersucht worden. Chang et al. (2003) finden bei der Analyse von 126 Fragebögen taiwanesischer Unternehmen heraus, dass bei hoher Dezentralisierung die Bereitstellung aggregierter Informationen einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit der Informationsempfänger hat.459 Dieses Ergebnis hat zuvor bereits die Studie von Chenhall und Morris (1986) herausgefunden.460 Somit lauten die Hypothesen bezüglich des Einsatzes der Kontrollstrategie „Aggregation von Informationen“ wie folgt: Hypothese H4a: Mit zunehmender Umweltunsicherheit sinkt das Niveau der Aggregation von Informationen. Hypothese H4b: Mit zunehmender Zentralisierung sinkt das Niveau der Aggregation von Informationen. Neben der „Aggregation von Informationen“ kann auch die Kontrollstrategie „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ den Ertrag je Kontrollprozess steigern. Ein kulturabhängiges Kontrollverhalten dient weniger der Gewinnung zusätzlicher Informationen als vielmehr ihrer besseren Interpretation.461 Ein kulturabhängiges Kontrollverhalten wird mit zunehmender kulturel-

456 457 458 459 460 461

Vgl. Gordon/Narayanan (1984), S. 40. Vgl. Gul/Chia (1994), S. 421 f. Vgl. Chenhall/Morris (1986), S. 27 f. Vgl. Chang/Chang/Paper (2003), S. 701. Vgl. Chenhall/Morris (1986), S. 27 f. Hirsch/Schumacher (2004), S. 568, bringen dies zum Ausdruck: „Bei den Beteiligungscontrollern verlagern sich die Anforderungen von den quantitativ-methodischen Fähigkeiten in Richtung Kommunikationsbzw. Interaktionsfähigkeiten: Durch die zunehmende Dezentralisierung von Informationen nimmt die Ab-

99

ler Distanz zwischen der Zentrale und einer ausländischen Tochtergesellschaft wichtiger, da die von einer solchen Tochtergesellschaft übermittelten Informationen durch eine Berücksichtigung kultureller Eigenheiten mehr Ausdruckskraft bekommen. Weiterhin ist ein kulturabhängiges Kontrollverhalten umso wichtiger, je mehr Entscheidungen die Zentrale in Bezug auf das Geschäft der Tochtergesellschaft treffen muss. Daher ergeben sich die folgenden Hypothesen:462 Hypothese H5a: Mit zunehmender Umweltunsicherheit steigt der Umfang des kulturabhängigen Kontrollverhaltens. Hypothese H5b: Mit zunehmender Zentralisierung steigt der Umfang des kulturabhängigen Kontrollverhaltens. Die Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ dient in erster Linie der Verringerung des Kontrollbedarfs und somit der Senkung der Kontrollkosten. Aus agency-theoretischer Sicht setzt sie damit an der Ursache des Agency-Problems, dem Zielkonflikt zwischen der Zentrale des MNU und seinen ausländischen Tochtergesellschaften, an. Dies ist umso wichtiger, je mehr Entscheidungen von der Zentrale getroffen werden, weil dann die ausländischen Tochtergesellschaften eher in die Rolle des ausführenden Organs gelangen, das die Vorgaben der Zentrale erfüllen muss. Dazu ist es erforderlich, die Ziele zwischen Zentrale und ausländischen Tochtergesellschaften anzugleichen. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Umweltunsicherheit und der Angleichung von Zielen ist hingegen nicht zu erwarten, da eine Verringerung des Zielkonflikts zwischen Zentrale und ausländischen Tochtergesellschaften nicht die negativen Folgen der Umweltunsicherheit mildert. Die empirischen Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Zentralisierung und der Angleichung von Zielen sind nicht eindeutig. O’Donnell (2000) weist den positiven Zusammenhang zwischen dem Zentralisierungsgrad für eine Dimension der Kontrollstrategie „An-

hängigkeit der Konzernspitze von dezentralen Informationsträgern zu. Für den in der Zentrale angesiedelten Controller gewinnt daher die Interaktion mit den dezentralen Controllern an Bedeutung. Um an die notwendigen Informationen zu gelangen, sind weniger die Fähigkeiten der ‚Berechnungǥ als die der ‚Überzeugungǥ notwendig, um die Vorteilhaftigkeit einer Zusammenarbeit mit der Konzernspitze für den dezentralen Controller zu verdeutlichen.“ Hervorhebung im Original gelöscht. 462 Es existiert derzeit noch keine empirische Studie, die Determinanten der Kontrollstrategie „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ untersucht.

100

gleichung von Zielen“, die Reisetätigkeit der Führungskräfte, nach.463 Dagegen können Roth et al. (1991) in ihrer Analyse von 82 strategischen Geschäftseinheiten US-amerikanischer Unternehmen einen derartigen Zusammenhang zwar feststellen, jedoch ist er nicht statistisch signifikant.464 Die entsprechende Hypothese lautet: Hypothese H6: Mit zunehmender Zentralisierung steigt das Ausmaß der Angleichung von Zielen. Eine weitere Kontrollstrategie zur Verringerung des Kontrollbedarfs aus Sicht der Zentrale eines MNU ist der „Einsatz von Gruppenkontrolle“ im Führungsgremium der Tochtergesellschaft durch einen oder mehrere aus der Zentrale entsandte Mitarbeiter. Es wird davon ausgegangen, dass entsandte Mitarbeiter eine Kontrollfunktion ausüben und dadurch die Kollusion zwischen den Mitgliedern des Führungsgremiums der Tochtergesellschaft verhindern können.465 Die Ausübung der Kontrollfunktion ist deshalb gewährleistet, weil davon ausgegangen werden kann, dass die Zentrale solche Mitarbeiter entsendet, die bereits die Ziele der Zentrale des MNU internalisiert haben.466 Dadurch wird aus theoretischer Sicht das AgencyProblem verringert. Der Einsatz von Gruppenkontrolle ist allerdings wegen der knappen Management-Ressourcen nur begrenzt möglich. Daher werden MNUs nur in denjenigen ausländischen Tochtergesellschaften Gruppenkontrolle einsetzen, wo das Agency-Problem besonders hoch ist. Dies ist insbesondere bei hoher Umweltunsicherheit der Fall, denn dann ist die Leistung der Mitglieder des Führungsgremiums der Tochtergesellschaft besonders schwer messbar.467 Der Vorteil von Gruppenkontrolle für die Zentrale ist weiterhin ein verringerter Kontrollbedarf, da durch ein Fehlen von Kollusion nicht jedes Gruppenmitglied einzeln, sondern nur noch das Gruppenergebnis, d. h. das Ergebnis der Tochtergesellschaft, kontrolliert werden muss. Dieser Vorteil fällt bei einem steigenden Zentralisierungsgrad zunehmend ins Gewicht, da die Zentrale dann mehr Informationen benötigt. Bei einem hohen Zentralisierungsgrad gewinnt weiterhin die Informationsversorgungsfunktion der entsandten Führungs-

463

Vgl. O’Donnell (2000), S. 538. Er bezeichnet die Reisetätigkeit der Führungskräfte als „vertical integrating mechanisms“. Vgl. Roth/Schweiger/Morrison (1991), S. 385. 465 Vgl. Abschnitt 4.4. 466 Vgl. Gong (2003), S. 729. 467 Vgl. Gregersen/Hite/Black (1996), S. 712. 464

101

kräfte an Bedeutung, von denen erwartet wird, dass sie auch für die Tochtergesellschaft nachteilige Informationen direkt an die Zentrale melden.468 Auch empirische Studien haben einheitlich einen positiven Zusammenhang zwischen Umweltunsicherheit und dem Einsatz von Gruppenkontrolle gezeigt.469 Dabei wird zur Messung der Umweltunsicherheit zumeist die kulturelle Distanz zwischen der Zentrale und einer ausländischen Tochtergesellschaft verwendet. Boyacigiller (1990) findet in ihrer empirischen Studie von 84 ausländischen Tochtergesellschaften aus 43 verschiedenen Ländern eines USamerikanischen MNU einen positiven Zusammenhang zwischen der kulturellen Distanz und dem Einsatz von Gruppenkontrolle.470 Diesen Zusammenhang bestätigen O’Donnell (2000)471, Harzing (2001b)472 und Gong (2003).473 Gong (2003) weist in seiner Studie von 400 ausländischen Tochtergesellschaften japanischer MNUs weiterhin nach, dass Gruppenkontrolle einen umso größeren Beitrag zum Erfolg der Tochtergesellschaft hat, je höher die kulturelle Distanz ist.474 Die einzige empirische Studie, die auch den Einfluss von Zentralisierung auf Gruppenkontrolle untersucht, ist O’Donnell (2000). Sie kommt zu dem Ergebnis, dass Zentralisierung positiv auf Gruppenkontrolle wirkt.475 Somit können die beiden folgenden Hypothesen formuliert werden: Hypothese H7a: Mit zunehmender Umweltunsicherheit steigt die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes von Gruppenkontrolle.

468 469

470 471 472 473 474 475

Vgl. Harzing (2001a), S. 369 f. Zum Teil wird in diesen empirischen Studien aufgrund einer anderen theoretischen Fundierung nicht von Gruppenkontrolle gesprochen. Außerdem messen einige Studien den Anteil von entsandten Mitarbeitern im Führungsgremium der Tochtergesellschaft. Aus agency-theoretischer Sicht führt ein größerer Anteil entsandter Mitarbeiter allerdings nicht zu einem höheren Niveau von Gruppenkontrolle; das maximale Niveau der Gruppenkontrolle ist bereits dann erreicht, wenn mindestens ein Mitglied des Führungsgremiums der ausländischen Tochtergesellschaft ein von der Zentrale entsandter Mitarbeiter ist. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Unterschiede in der Messung die Ergebnisse nicht maßgeblich beeinflussen. Vgl. Boyacigiller (1990), S. 368 f. Vgl. O’Donnell (2000), S. 538, in Bezug auf die branchenabhängige Prognoseunsicherheit (industry volatility). Vgl. Harzing (2001b), S. 151 f. Vgl. Gong (2003), S. 733 f. Vgl. Gong (2003), S. 735. Vgl. O’Donnell (2000), S. 537-539.

102

Hypothese H7b: Mit zunehmender Zentralisierung steigt die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes von Gruppenkontrolle. Die Kontrollkosten können nicht nur durch eine Verringerung des Kontrollbedarfs, sondern auch durch die Verringerung der Kosten je Kontrollprozess reduziert werden. MNUs können dazu die Kontrolle ihrer ausländischen Tochtergesellschaften durch den Einsatz von Informationstechnologie unterstützen. Diese Kontrollstrategie zeigt sich vor allem in der Qualität der Anbindung des Berichtswesens der Tochtergesellschaft an die Zentrale. Dazu sind jedoch hohe Anfangsinvestitionen erforderlich. Da diese Kosten niedriger als der aus den Kontrollen gezogene Nutzen sein müssen, lohnt diese Kontrollstrategie nicht für alle MNUs gleichermaßen.476 Der Nutzen wird die Kosten vor allem dann übersteigen, wenn der Informationsbedarf durch einen hohen Zentralisierungsgrad hoch ist. Somit lässt sich die folgende Hypothese aufstellen:477 Hypothese H8: Mit zunehmender Zentralisierung steigt der Umfang der Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie. Nach der Ableitung von Hypothesen zwischen den Determinanten des Agency-Problems und den Kontrollstrategien stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang zwischen den Kontrollstrategien und den Erfolgsmaßen. Bei der bisherigen Ableitung der Hypothesen fällt die starke Abhängigkeit von sechs der acht Kontrollstrategien von der Umweltunsicherheit und dem Zentralisierungsgrad auf. Nur von den beiden Kontrollstrategien „Angleichung von Zielen“ und „Unterstützung durch Informationstechnologie“ wird angenommen, dass sie lediglich vom Zentralisierungsgrad signifikant abhängen. Daher werden auch nur für diese beiden Kontrollstrategien Hypothesen über die Wirkung auf den Erfolg formuliert, die unabhängig von Einflussfaktoren gelten. Die Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ setzt direkt an der Ursache des AgencyProblems, des Zielkonflikts zwischen Zentrale und Tochtergesellschaft, an und kann es somit reduzieren. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Motivation der kontrollierten

476 477

Vgl. Wagenhofer (1992), S. 329-331. Es existiert derzeit noch keine empirische Studie, die Determinanten der Kontrollstrategie „Unterstützung durch Informationstechnologie“ untersucht.

103

Individuen nicht verringert, sondern sogar erhöht.478 Daher wird vermutet, dass die Angleichung von Zielen einen positiven Erfolgsbeitrag hat. Dies gilt sowohl für den Kontrollerfolg als auch für den Unternehmenserfolg. Diesen Zusammenhang bestätigen zwei empirische Studien. Zum einen ist dies die Studie von Roth und Nigh (1992), die einige Aspekte der Angleichung von Zielen, wie z. B. die Reisetätigkeit von Führungskräften und internationale Arbeitsgruppen, in 105 US-amerikanischen Tochtergesellschaften von MNUs aus 14 Ländern untersuchen.479 Zum anderen kommt die Studie von Nohria und Ghoshal (1994) bei der Analyse von Tochtergesellschaften von 54 USamerikanischen und europäischen MNUs zu dem genannten Ergebnis.480 Die „Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie“ ist die zweite Kontrollstrategie, von der ein Erfolgsbeitrag unabhängig von der Stärke des Agency-Problems erwartet wird. Der positive Beitrag zum Erfolg ist durch die Möglichkeit der schnelleren und mit weniger Fehlern behafteten Übertragung der für die Kontrolle notwendigen Informationen von den ausländischen Tochtergesellschaften in die Zentrale begründet. Daher wird neben dem Einfluss der beiden Kontrollstrategien auf den Unternehmenserfolg noch ein positiver Einfluss des Kontrollerfolgs auf den Unternehmenserfolg erwartet. Im Hinblick auf den Erfolgsbeitrag von Kontrollstrategien und Kontrollerfolg ergeben sich also die folgenden Hypothesen: Hypothese H9a: Mit zunehmendem Einsatz der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ steigt der Kontrollerfolg. Hypothese H9b: Mit zunehmendem Einsatz der Kontrollstrategie „Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie“ steigt der Kontrollerfolg. Hypothese H10a: Mit zunehmendem Einsatz der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ steigt der Unternehmenserfolg der Tochtergesellschaft.

478

Vgl. Steinle (1975), S. 116; Thieme (1982), S. 154; Pfohl/Stölzle (1997), S. 257. Vgl. Roth/Nigh (1992), S. 292 f. Sie nennen die Angleichung von Zielen „personal integrating mechanisms“. 480 Vgl. Nohria/Ghoshal (1994), S. 497 f. Sie nennen die Angleichung von Zielen „shared values“. 479

104

Hypothese H10b: Mit zunehmendem Einsatz der Kontrollstrategie „Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie“ steigt der Unternehmenserfolg der Tochtergesellschaft. Hypothese H10c: Mit zunehmendem Kontrollerfolg steigt der Unternehmenserfolg der Tochtergesellschaft. In Abbildung 14 sind die Arbeitshypothesen noch einmal im Überblick grafisch dargestellt. a)+ b)+

Frequenz der Ergebniskontrolle

a)+ b)+

Intensität der Verfahrenskontrolle a)+ b)+

Agency-Problem a) Umweltunsicherheit b) Zentralisierung

a)+ b)+

b)+

Prämissenkontrolle

a)- b)-

Aggregation von Informationen

a)+ b)+

Kulturabhängiges Kontrollverhalten

b)+

Angleichung von Zielen

+

Gruppenkontrolle

IT-Unterstützung

Abbildung 14: Übersicht über die Arbeitshypothesen

Kontrollerfolg +

+ Unternehmenserfolg

105

6 Darstellung der empirischen Untersuchung In diesem Kapitel wird die Vorgehensweise bei der empirischen Untersuchung beschrieben. Die Beschreibung umfasst Grundgesamtheit und Stichprobe (Abschnitte 6.1 und 6.2), die Operationalisierung der Variablen (Abschnitt 6.3), deskriptive Statistiken zu den gemessenen Variablen (Abschnitt 6.4) und die verwendeten Analysemethoden (Abschnitt 6.5). Ziel dieses Kapitels ist es, die Vorgehensweise bei der empirischen Untersuchung zu erläutern.

6.1 Grundgesamtheit In diesem Abschnitt werden die Auswahl der Grundgesamtheit für die empirische Untersuchung begründet, die resultierende Grundgesamtheit definiert und ihre wichtigsten Merkmale beschrieben. Die Untersuchungseinheit ist bei der gewählten Themenstellung die Beziehung zwischen der Zentrale eines MNU und einer seiner ausländischen Tochtergesellschaften. Eine Tochtergesellschaft in diesem Sinne ist ein rechtlich eigenständiges Unternehmen, an der die Zentrale einen Besitzanteil hält.481 Nicht betrachtet werden daher Vertriebspartner, die Produkte oder Dienstleistungen des MNU in einem ausländischen Markt vertreiben, und Empfänger von Exporten in ein Land. Da in einigen Ländern die Gründung eigener Tochtergesellschaften erschwert oder unmöglich ist, werden auch Joint Ventures betrachtet. Da die vorliegende Arbeit über die kulturelle Distanz auch den Einfluss der Landeskultur der ausländischen Tochtergesellschaft auf die von der Zentrale eingesetzten Kontrollstrategien untersuchen will, ist es wichtig, eine Variationsbreite bei der Landeskultur der Tochtergesellschaften zu erhalten. Dies kann grundsätzlich auf zwei Arten geschehen: Erstens können Unternehmen, deren Hauptsitze sich in verschiedenen Ländern befinden, untersucht werden. In diesem Fall sollten entsprechend der Größe der Stichprobe nur Tochtergesellschaften in einem Land oder sehr wenigen Ländern betrachtet werden, um nicht zu viele Variablen gleichzeitig analysieren zu müssen. Zweitens kann sich die Untersuchung auf Unternehmen, die ihren Hauptsitz alle in demselben Land haben, und ihre Beziehung zu ihren Tochtergesellschaften in verschiedenen Ländern erstrecken. Dadurch wird die Variable Landeskultur der Zentrale

481

Vgl. o. V. (1999), S. 76.

106

konstant gehalten. Beide Vorgehensweisen sind bereits in empirischen Studien zu Fragestellungen von Kontrolle und Koordination angewandt worden.482 In der vorliegenden Arbeit wird die zweite Vorgehensweise gewählt. Da, wie gerade beschrieben, nur Unternehmen mit dem Hauptsitz in ein und demselben Land untersucht werden sollen, stellt sich die Frage nach der Auswahl dieses Landes. Für die vorliegende Arbeit ist dies Deutschland. Dafür sprechen im Wesentlichen drei Gründe. Erstens zeichnen sich die großen deutschen Unternehmen durch einen hohen Internationalisierungsgrad aus.483 Zweitens kann davon ausgegangen werden, dass die bei der Untersuchung deutscher Unternehmen gewonnenen Erkenntnisse gut auf (ähnlich stark internationalisierte) Unternehmen in anderen Industrieländern übertragbar sind, da diese bei der Kontrolle vor ähnlichen Herausforderungen wie z. B. kulturellen Unterschieden zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften stehen. Zuletzt ist Deutschland das Heimatland des Autors, so dass aufgrund von persönlichen Kontakten sowohl der Pretest des Fragebogens als auch die Durchführung der empirischen Untersuchung ein weit besseres Antwortverhalten ermöglicht als in anderen Ländern. Die Untersuchung von Strategien zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften auf Unternehmensebene erfordert zunächst einmal das Vorhandensein ausländischer Tochtergesellschaften. Um die Wirkungen der kulturellen Distanz zwischen der Zentrale der Unternehmen und ihren ausländischen Tochtergesellschaften untersuchen zu können, muss die kulturelle Distanz hinreichend variieren, d. h. die Unternehmen müssen Tochtergesellschaften in verschiedenen Regionen besitzen. Dies ist nur bei größeren Unternehmen der Fall. Daher betrachtet diese Untersuchung nur die 500 größten deutschen Unternehmen.484 Dabei werden wie üblich Banken und Versicherungen nicht zu diesen Unternehmen gezählt, da diese beson-

482

Empirische Studien der ersten Kategorie sind z. B. Horovitz (1980); Egelhoff (1984); Chow/Kato/ Merchant (1996); Ittner/Larcker (1997); Chang/Taylor (1999) und Chow/Shields/Wu (1999); der zweiten Kategorie gehören z. B. Cray (1984); Boyacigiller (1990); Roth/O’Donnell (1996); Delios/Björkman (2000); O’Donnell (2000) und Gong (2003) an. 483 Vgl. Hassel et al. (2003), S. 703. 484 Die Messung der Größe der Unternehmen erfolgt anhand des Netto-Außenumsatzes (Umsatz mit Konzernexternen ohne eingenommene Steuern) im Geschäftsjahr 2004. Zur Ermittlung der 500 größten Unternehmen wird auf die Daten aus WELT.de (2005) zurück gegriffen, die eine Liste u. a. der Mitarbeiter- und Umsatzzahlen der Unternehmen auf Basis ihrer Geschäftsberichte und, wenn kein Geschäftsbericht veröffentlicht wird, Befragungen der Unternehmen erstellt. Die Datenbasis ist als sehr gut zu bezeichnen, da die Autoren bereits seit 30 Jahren eine solche Liste veröffentlichen und daher über genügend Erfahrung verfügen. Die Daten sind zusätzlich mit anderen Quellen (z. B. o. V. (2004b)) auf Übereinstimmung geprüft worden.

107

deren rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegen, die für die anderen Unternehmen nicht gelten. Das Kriterium „deutsches Unternehmen“ ist nicht eindeutig und muss präzisiert werden. Zunächst muss der Hauptsitz eines Unternehmens in Deutschland sein. Dies ist jedoch auch bei zwei Arten von Unternehmen der Fall, die aus inhaltlichen Gründen nicht in die Grundgesamtheit aufgenommen wurden. Zum einen sind dies 128 Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen. Diese würden die Ergebnisse verzerren, da Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen in der Regel selbst wenig Auslandsaktivität zeigen und daher, wenn überhaupt, nur über wenige eigene Tochtergesellschaften verfügen.485 Außerdem können sie ihre Kontrollstrategien in der Regel nicht unabhängig von der ausländischen Muttergesellschaft wählen, so dass das Land der Muttergesellschaft als neue Einflussgröße untersucht werden müsste.486 Zum anderen wurden 144 Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen ausgeschlossen, um nicht einige Unternehmen durch die mehrfache Analyse stärker zu gewichten. Da ein Ziel der empirischen Erhebung die Untersuchung des Einflusses der Landeskultur der Tochtergesellschaft auf Kontrollstrategien ist, werden zur Erreichung einer Variation für jedes MNU die Kontrollstrategien in Bezug auf je eine Tochtergesellschaft in verschiedenen Regionen abgefragt, die sich durch unterschiedliche kulturelle Distanz auszeichnen. Dies sind wegen der besonderen Bedeutung als Produktion- und Absatzstandorte Westeuropa, Osteuropa, Nordamerika, Lateinamerika und Asien.487 Bei der Zuordnung der Länder zu den genannten Regionen wird auf die kulturvergleichende Studie GLOBE zurückgegriffen.488 Um die Grundgesamtheit zu erhalten, werden von den übrig gebliebenen 228 deutschen Unternehmen noch diejenigen 80 ausgeschlossen, die nur in Europa über Tochtergesellschaften verfügen, um eine zu starke Verzerrung durch die stärkere Befragung der anderen, in bis zu fünf Regionen mit Tochtergesellschaften vertretenen deutschen MNUs, zu verhindern. Somit bleiben 148 MNUs mit außereuropäischen Tochtergesellschaften übrig, von denen 25 in einer,

485

Vgl. Hassel et al. (2003), S. 711. Ausgenommen von dieser Regel sind MNUs, die in den letzten 5 Jahren von anderen Unternehmen aufgekauft wurden, da angenommen wird, dass diese ihre Kontrollstrategien noch weitgehend autonom bestimmen können. Dies betraf sechs Fälle. 487 Dabei wurden wegen starker kultureller Ähnlichkeit Länder des deutschsprachigen und nordischen Auslands und wegen der geringen Bedeutung für deutsche MNUs Afrika, der mittlere Osten und Australien ausgeschlossen. 488 Vgl. Abschnitt 3.4. 486

108

30 in zwei und 93 in drei betrachteten Regionen außerhalb Europas mit Tochtergesellschaften vertreten sind.489 Der beschriebene Prozess der Bestimmung der Grundgesamtheit ist überblicksartig in Abbildung 15 dargestellt. Die zu untersuchende Grundgesamtheit beträgt 645 untersuchbare Beziehungen zwischen der Zentrale der MNUs und einer ihrer Tochtergesellschaften in den genannten Regionen.490 Davon entfallen 148 Tochtergesellschaften auf Westeuropa, 133 auf Osteuropa, 137 auf Nordamerika, 100 auf Lateinamerika und 127 auf Asien. 128

Grundgesamtheit

144

53

500

27

25

30

228 148

500 größte deutsche* Unternehmen

Beispiele

Töchter ausl. Unternehmen

Deutsche BP, Opel

Töchter deutscher Unternehmen

T-Mobile, Audi

Maximale potenzielle Grundgesamtheit

Nur in Westeuropa

Nur in Westund Osteuropa

Europa + außerhalb

93

In Europa + 1 Region**

In Europa + 2 Regionen**

In Europa + 3 Regionen**

Tengelmann, Haniel

Lufthansa, Hochtief

Tochtergesellschaften Stadtwerke Köln, Hagebau

Rewe, Edeka

Metro, Eon

* Auswahlkriterium: rechtlich eigenständige Gesellschaften mit Hauptsitz in Deutschland, ohne Banken und Versicherungen; Ordnungskriterium: Nettoumsatz ** Regionen: Nordamerika, Lateinamerika, Asien

Abbildung 15: Bestimmung der Grundgesamtheit Im Folgenden werden Aussagen über die Struktur der Grundgesamtheit getroffen. Dabei wird zur besseren Veranschaulichung die Ebene der MNUs betrachtet. Das kleinste MNU in der Grundgesamtheit hat im Geschäftsjahr 2004 einen Umsatz von 1,019 Mrd. Euro, während das größte MNU einen Umsatz von über 142 Mrd. Euro erzielt hat.

489

Wenn ein MNU über mehrere Subeinheiten wie z. B. Geschäftsbereiche verfügt, wird der größte bzw. der am stärksten internationalisierte Bereich befragt. 490 MNUs mit außereuropäischen Tochtergesellschaften wurden auch dann in die Grundgesamtheit einbezogen, wenn sie nicht in beiden europäischen Regionen mit Tochtergesellschaften vertreten sind. Dies war bei 15 MNUs der Fall.

109

Bei der in Abbildung 16 gezeigten Einteilung der Grundgesamtheit in Größenklassen zeigt sich, dass die Mehrzahl der MNUs einen Umsatz von unter 5 Mrd. Euro aufweist. 61

37 22 14

Umsatz ]1;2[ in Mrd. Euro

[2;5[

[5;10[ [10-25[

14

• 25

Abbildung 16: Anzahl der MNUs der Grundgesamtheit je Größenklasse Die Branchenverteilung repräsentiert die deutsche Industriestruktur, die stark vom verarbeitenden Gewerbe geprägt ist. Von den MNUs der Grundgesamtheit gehören 72% zum verarbeitenden Gewerbe, wobei dort Maschinenbau, Automobil und Chemie die stärksten Branchen sind. Die Branchenzugehörigkeit der MNUs der Grundgesamtheit zeigt Abbildung 17. Ein weiteres Merkmal deutscher Unternehmen ist im Vergleich zu anderen Ländern, dass sie zu einem großen Teil nicht börsennotiert sind. Wie in Abbildung 18 erkennbar, sind von den MNUs der Grundgesamtheit 57% nicht börsennotiert und nur 43% börsennotiert. Dabei sind alle im Dax 30 geführten Unternehmen außer fünf Banken und Versicherungen enthalten.491 Ein weiteres Merkmal der Grundgesamtheit ist ein hoher Anteil von Familienunternehmen. Familienunternehmen werden in der Literatur zwar auf verschiedene Arten definiert, gemeinsam ist den meisten Definitionen jedoch, dass die Kapitalmehrheit im Besitz einer Familie sein muss.492 Gemäß dieser Definition sind in der Grundgesamtheit 47% Familienunternehmen und 53% Nicht-Familienunternehmen enthalten.

491

Die Banken und Versicherungen sind die Allianz AG, Commerzbank AG, Deutsche Bank AG, Hypo Real Estate Bank AG und die Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft AG. 492 Diese Feststellung machen Chua/Chrisman/Sharma (1999) in ihrer Analyse von über 250 wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Vgl. Chua/Chrisman/Sharma (1999), S. 20-22. Für eine detaillierte Übersicht über verschiedene Definitionen von Familienunternehmen vgl. Klein (2004), S. 12-18.

110

100% = 148 MNUs

Verarbeitendes Gewerbe

Bergbau und Dienst- Energiegewinnung leistung Baugewerbe Einzelhandel Lebensmittel Großhandel 5 3 12 4 Chemie 5 10 Transport und MetallLogistik 11 5 verarbeitung

Sonstiges verarbeitende Gewerbe*

17

26 Maschinenbau 11 Automobil

* Stoffprodukte; Möbel; Druckereien und Verlage; Erdölindustrie; Gummi- und Plastikprodukte; Stein-, Ton-, Glas- und Betonprodukte; Metallwaren (ohne Maschinen); spezielle Instrumente

Abbildung 17: Anteil der MNUs der Grundgesamtheit je Branche (in Prozent, geordnet nach SIC-Gruppen) Börsennotiert

100% = 148 MNUs Dax 30 17

15 MDAX nicht börsennotiert 57 5

SDAX CDAX TecDAX kein Index

12

3

Abbildung 18: Börsennotierung der MNUs der Grundgesamtheit und entsprechende Aktienindizes (in Prozent)

111

6.2 Konstruktion der Stichprobe Nachdem die Grundgesamtheit definiert ist, werden in diesem Abschnitt die Durchführung der Datenerhebung und die resultierende Stichprobe beschrieben. Die Stichprobe wird anschließend auf Repräsentativität überprüft.

6.2.1 Datenerhebung Als Datenerhebungsmethode wurde eine schriftliche Erhebung auf Basis eines standardisierten Fragebogens gewählt. Diese eignet sich besonders, wenn ein hohes Interesse der Befragten am Untersuchungsgegenstand vermutet wird, eine relativ homogene Zielgruppe angesprochen wird, eine große Menge von Personen befragt werden soll und eine hohe Standardisierbarkeit der Fragen erreicht werden kann.493 Alle diese Voraussetzungen sind in der vorliegenden empirischen Untersuchung erfüllt. Als Nachteile schriftlicher Befragungen werden die im Vergleich zu mündlichen Befragungen höhere Ausfallquote und die unkontrollierte Erhebungssituation genannt.494 Bei dem Thema der vorliegenden empirischen Untersuchungen war zudem damit zu rechnen, dass viele Unternehmen die anzugebenden Informationen als kritisch ansehen und bei einer reinen schriftlichen Erhebung die Teilnahme verweigert hätten. Daher wurde den befragten Zentralbereichen der Unternehmen angeboten, den Fragebogen in einer mündlichen Befragung in der Form eines strukturierten Interviews zu beantworten. Die Interviews erfolgten, indem den Befragten der schriftliche Fragebogen vorgelegt wurde und diese die Fragen auf Basis der angegebenen Skalen beantwortet haben. Auf diese Weise konnten viele Unternehmen befragt werden, die nach ihrer Aussage grundsätzlich nicht an schriftlichen Befragungen teilnehmen. Die Ausfallquote konnte somit deutlich reduziert werden. Die Entwicklung des Fragebogens erfolgte in einem mehrstufigen Prozess. Zunächst wurde auf Basis von theoretischen Überlegungen und den Erkenntnissen aus der Literatur eine frühe Version des Fragebogens erstellt. Dabei wurden nach Möglichkeit vorhandene Messinstrumente verwendet, um die Anschlussfähigkeit der Ergebnisse der empirischen Untersuchung zu gewährleisten. Dieser Fragebogen diente als Grundlage einer qualitativen Vorstudie.495 Dabei wurden semistrukturierte Interviews mit mehr als zehn Fach- und Führungskräften aus

493

Vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder (2001), S. 98 f. Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 256 f. 495 Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 359 f. 494

112

Industrieunternehmen sowie Unternehmensberatungen geführt.496 Diese dienten zur Prüfung und Weiterentwicklung der Messinstrumente sowie der Diskussion des Untersuchungsdesigns. Im Anschluss daran wurde der so entwickelte Fragebogen einem Pretest mit Mitarbeitern aus dem Controlling von deutschen MNUs unterzogen und auf Basis ihrer Kommentare in Bezug auf Klarheit und Verständlichkeit der Fragen noch einmal im Detail verbessert. Insgesamt wurden zwei Versionen des Fragebogens erstellt: eine für die befragten Zentralbereiche und eine für die Tochtergesellschaften.497 Beide Versionen waren inhaltlich weitgehend identisch. Lediglich die beiden Konstrukte „Aggregation von Informationen“ sowie „Prämissenkontrolle“ konnten in den Tochtergesellschaften nicht abgefragt werden, da die Tochtergesellschaften diese inhaltlich nicht beurteilen konnten, und der Kontrollerfolg anders als im Fragebogen für die Zentrale operationalisiert wurde. Der Grund für die Befragung von zwei Unternehmenseinheiten ist die Vermeidung eines Key Informant Bias: „Ein schwerwiegendes methodisches Problem für die Erfolgsfaktorenforschung entsteht, wenn die Erfolgsforscher zur abhängigen wie zur unabhängigen Variable ein und dieselbe Person befragen beziehungsweise wenn die Befragungsperson nicht nur für sich, sondern auch für andere Personen im Unternehmen generelle Einschätzungen vornehmen muss.“498 Die Befragung von Zentrale und Tochtergesellschaft ermöglicht die Ermittlung der Höhe der Übereinstimmung und der Reliabilität ihrer Antworten mit den in Abschnitt 6.5.1 beschriebenen Verfahren. Da die Befragten in den ausländischen Tochtergesellschaften im Allgemeinen über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügen, wurde der Fragebogen für die Tochtergesellschaften ins Englische übersetzt. Dabei wurde die Translation-Backtranslation-Methode eingesetzt.499 Bei dieser Methode wird der deutschsprachige Fragebogen einer Person zur Übersetzung gegeben, die beide Sprachen beherrscht und die Zielsprache als Muttersprache hat. Eine andere zweisprachige Person übersetzt den Fragebogen dann aus der Zielsprache wiederum in die

496

In diesem Zusammenhang sei insbesondere Mark Breitenfelder (BASF AG), Dr. Martin von HoyningenHuene (Freudenberg IT KG), Dr. Andreas Kirschkamp (Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH), Alexandra Lenartz (MAN Nutzfahrzeuge AG), Stefanie Lietz (Robert Bosch GmbH), Dr. Alex Michel (McKinsey & Company, Inc.), Markus Pfister (Bosch Rexroth AG), Christiane Schmid (Lufthansa AG), Axel Schünecke (BMW AG, interne Unternehmensberatung), Alexander Winkelmann (Deutsche Bahn AG), sowie den Mitarbeitern des Lehrstuhls für Internationales Management von Prof. Dr. Woywode für wertvolle Anregungen und Hinweise gedankt. 497 Die beiden Versionen der Fragebögen sind in den Appendizes A und B abgebildet. 498 Woywode (2004), S. 39. 499 Vgl. Mullen (1995), S. 575.

113

Originalsprache.500 Jegliche Differenzen in der Übersetzung deuten auf Diskrepanzen in der Bedeutung der verschiedenen Sprachversionen des Fragebogens hin und müssen daher genauestens untersucht werden. Beide Versionen des Fragebogens wurden den Befragten wahlweise in einer gedruckten oder einer elektronischen Version zur Verfügung gestellt.501 Reine elektronische Befragungen wiesen in der Regel eine niedrigere Teilnehmerquote als schriftliche Befragungen auf,502 jedoch zeigten die Kommentare der Teilnehmer der qualitativen Vorstudie, dass gerade die Befragten in den Tochtergesellschaften die Möglichkeit zur Beantwortung des Fragebogens in einer elektronischen Version schätzen. Bei einem Angebot beider Varianten war somit sogar eine höhere Teilnahmequote zu erwarten als bei einer rein schriftlichen Befragung.503 Technisch umgesetzt wurde die elektronische Version des Fragebogens über die OnlineUmfragesoftware „Umfragecenter“ der Globalpark GmbH. Die Globalpark GmbH ist einer der weltweit führenden Anbieter von professioneller Befragungssoftware für OnlineUmfragen. Die Software besteht aus einem Fragebogengenerator, der sich über eine Internetbasierte Benutzeroberfläche bedienen lässt. Er verfügt über verschiedene Fragetypen und umfangreiche Layoutfunktionen.504 Dabei liegen die Daten auf dem Server der Globalpark GmbH, so dass eine ständige Erreichbarkeit und professionelle Wartung garantiert werden.505 Der resultierende Fragebogen war im Layout ein nahezu identisches Abbild des schriftlichen Fragebogens, aufgeteilt auf 14 bzw. 13 Bildschirmseiten in der Version für die Zentrale bzw. die Tochtergesellschaften. Das positive Feedback zahlreicher Teilnehmer an der elektronischen Version des Fragebogens bezüglich Präsentation und Bedienbarkeit bestätigte die Bemühungen, den Fragebogen auch elektronisch umzusetzen.

500 501 502 503

504 505

Für die Unterstützung bei dieser Arbeit sei Sue Kreider und Vicky Marshall gedankt. Vgl. Schaefer/Dillman (1998), S. 381. Sie nennen dieses Verfahren „Mixed Mode Methodology“. Vgl. Schuldt/Totten (1994), S. 38 f.; Tse (1998), S. 356 f.; Boyer et al. (2002), S. 359. Vgl. Bauer/Wölfer (2001), S. 15 f. Außerdem haben elektronische Befragungen Vorteile gegenüber rein schriftlichen Befragungen. Dazu gehören vor allem kürzere Antwortzeiten, bessere Datenqualität und eine automatische Datenerfassung. Vgl. Ilieva/Baron/Healey (2002), S. 373 f. Bei der Umsetzung des elektronischen Fragebogens sind die Anforderungen von Welker/Werner/Scholz (2005), S. 75-97, an ein benutzerfreundliches Design des Fragebogens berücksichtigt worden. Für Details vgl. o. V. (2004c).

114

Nachdem der Fragebogen in verschiedenen Medien, Sprachen und Versionen vorlag, wurde von November 2005 bis April 2006 die Erhebung durchgeführt. Der Ablauf war wie folgt:506 Zunächst wurde in der Zentrale der befragten Unternehmen der geeignete Ansprechpartner für die Befragung, zumeist der Leiter Beteiligungscontrolling oder zentrales Controlling identifiziert. Dies geschah vorzugsweise aufgrund von persönlichen Kontakten in den Unternehmen oder aufgrund von Mitarbeitern im Controlling, die über ein Internet-basiertes BusinessNetzwerk gefunden wurden. Wo diese Möglichkeiten nicht gegeben waren, wurde über die Telefonzentrale der Unternehmen der Name des Controlling-Leiters erfragt. Diesen Personen wurde zunächst eine schriftliche Einladung mit einer Kurzbeschreibung des Forschungsprojekts zugestellt. Im Anschluss daran erfolgte eine telefonische Kontaktaufnahme mit der Bitte um einen Interviewtermin oder um eine schriftliche Bearbeitung des Fragebogens. Erst nach der Befragung der Teilnehmer über das Kontrollverhalten der Zentrale wurden diese gebeten, die Fragebögen an die Tochtergesellschaften, über die sie Auskunft gegeben haben, zu verteilen. Als Anreiz zur Teilnahme an der empirischen Untersuchung wurde allen Teilnehmern ein unternehmensspezifischer Benchmarking-Bericht in Aussicht gestellt. Die BenchmarkingBerichte waren aufwendig gestaltet, indem die individuellen Antworten eines Unternehmens in aggregierter Form den Durchschnittswerten über alle antwortenden Unternehmen gegenübergestellt wurden. Ein solcher anonymisierter Benchmarking-Bericht ist in Appendix C dargestellt. Der hohe Anteil der Befragten, die von dem Angebot der Zusendung des Benchmarking-Berichts Gebrauch machte (97,3% der Befragten in der Zentrale und 69,1% in den Tochtergesellschaften) bestätigt die Wirksamkeit dieses Anreizes. Sowohl in der Zentrale als auch bei den Tochtergesellschaften wurde telefonisch oder in Einzelfällen auch schriftlich nachgefasst, um die Ansprechpartner zur Teilnahme an der Studie zu bewegen. Bei einigen Unternehmen fanden auf Wunsch auch individuelle Ergebnispräsentationen statt.

6.2.2 Resultierende Stichprobe Mit der beschriebenen Datenerhebungsmethode konnten von den 148 Unternehmen der Grundgesamtheit 60 befragt werden, was einer Teilnahmequote von 40,5% entspricht. Diese Unternehmen gaben insgesamt Auskunft über 219 Tochtergesellschaften. Da diese Unter-

506

Der Ablauf orientierte sich an den Empfehlungen von Diamantopoulos/Schlegelmilch (1996), S. 525-527, und Mitchell/Brown (1997), S. 858-861, die empirisch verschiedene Vorgehensweisen bei schriftlichen Erhebungen untersuchen.

115

nehmen, wie in Abschnitt 6.1 erläutert, über je eine Tochtergesellschaft in bis zu fünf Regionen befragt werden sollten und die daraus resultierende Grundgesamtheit 645 Tochtergesellschaften beträgt, entspricht dies einer Rücklaufquote von 34,0%. Von diesen 219 Tochtergesellschaften konnte nur 125 der Fragebogen zugestellt werden, da viele Unternehmen die Teilnahme der Tochtergesellschaften nicht erlaubten. Von diesen 125 Tochtergesellschaften sandten 68 vollständige Fragebögen zurück, was einer Rücklaufquote von 31,1% bezogen auf das theoretische Maximum und 54,4% auf die tatsächlich angeschriebenen Tochtergesellschaften entspricht.507 Die Rücklaufquoten sind insgesamt für eine derartige Studie sehr erfreulich und überdurchschnittlich hoch.508 Zurückzuführen sind sie auf den großen Aufwand, der bei der empirischen Erhebung betrieben wurde und das Interesse der Unternehmen an dem Thema der Untersuchung. In Tabelle 3 sind die Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaften getrennt nach der Befragungsart dargestellt. Es ist ersichtlich, dass in der Zentrale hauptsächlich mündliche Befragungen auf Basis des Fragebogens stattfanden und die Tochtergesellschaften sich hauptsächlich für eine elektronische Befragung entschieden.

Mündliche Befragung Schriftliche Befragung Elektronische Befragung

Zentrale 161 (74%) 40 (18%) 18 (8%)

Gesamt

219

Tochtergesellschaften 2 (3%) 29 (43%) 37 (54%) 68

Tabelle 3: Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaften nach Befragungsart Zwar haben aktuelle empirische Studien herausgefunden, dass das Antwortverhalten bei elektronischen und schriftlichen Befragungen generell vergleichbar ist,509 jedoch sollen diesbezügliche Bedenken durch einen Vergleich der Stichprobenteile der mündlichen, schriftlichen und elektronischen Befragung ausgeräumt werden. Dazu wurden zunächst aus den schriftlichen und elektronischen Antworten zwei Teilstichproben aus der Gesamtstichprobe extrahiert und dann ein t-Test für unabhängige Stichproben durchgeführt. Dieser zeigte für die

507

Ein Fragebogen musste aus der Analyse ausgeschlossen werden, da er von einer deutschen Tochtergesellschaft kam. 508 Vgl. z. B. die Rücklaufquoten von 15% bzw. 8% der beiden folgenden viel zitierten empirischen Untersuchungen, die ebenfalls die Zentrale und Tochtergesellschaften eines Unternehmens befragen: Ghoshal/Nohria (1989), S. 330, bzw. O’Donnell (2000), S. 534 (20 Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaft gegenüber der Grundgesamtheit von 255). 509 Vgl. Boyer et al. (2002), S. 366-371; Ilieva/Baron/Healey (2002), S. 370-373.

116

Kontrollstrategien und das Erfolgsmaß „Erfolg der Tochtergesellschaften“ keine signifikanten Unterschiede zum 5%-Niveau.510 Eine weitere Voraussetzung einer unverzerrten Stichprobe und der Durchführbarkeit statistischer Tests ist die Unabhängigkeit der Beobachtungen. Bei abhängigen Beobachtungen sind die geschätzten Standardfehler bei Regressionen zu klein, wodurch sich pseudo-signifikante Zusammenhänge ergeben können.511 Im Allgemeinen kann von unabhängigen Beobachtungen ausgegangen werden, wenn das Urteil eines Beobachters nicht von dem Urteil anderer Beobachter beeinflusst ist. Dies war in der vorliegenden Untersuchung jedoch nicht zu gewährleisten. Zwar kamen alle 68 Urteile aus den befragten Tochtergesellschaften durch unterschiedliche Beobachter zustande, jedoch haben nur 84 Personen Auskunft über die insgesamt 219 Tochtergesellschaften in der Stichprobe gegeben. Da für die Datenanalyse beide Datensätze verwendet wurden, stellt sich die Frage, ob eine problematische Abhängigkeit der Beobachtungen im Datensatz der Antworten der Zentrale vorliegt. Bei einer ausreichenden Stichprobengröße könnte die Multilevel-Analyse angewendet werden, die eine Unabhängigkeit der Beobachtungen nicht voraussetzt.512 Die Multilevel-Analyse berücksichtigt, dass die Beobachtungen innerhalb einer Gruppe, wie z. B. eines Unternehmens, ähnlicher sind als zwischen verschiedenen Gruppen. Die Multilevel-Analyse kann dadurch eine hierarchische Datenstruktur modellieren und Auswertungen auf mehreren Ebenen gleichzeitig ermöglichen. Die Anforderungen an die Stichprobengröße sind in der vorliegenden Untersuchung jedoch nicht erfüllt: „researchers should strive for a sample of at least 30 groups with at least 30 individuals per group“.513 Eine weitere Vorgehensweise zur Prüfung der Unabhängigkeit der Beobachtungen kann in der vorliegenden Untersuchung ebenfalls nicht angewendet werden. Dazu würde die Intraklassenkorrelation der Gruppen mit nur einem Beobachter mit der Intraklassenkorrelation der Gruppen mit mehreren Beobachtern verglichen und auf statistische Signifikanz überprüft.

510

Der Vergleich zwischen der mündlichen und der schriftlichen bzw. elektronischen Befragung ergab ebenfalls keine signifikanten Mittelwertunterschiede für die Antworten. 511 Vgl. Hox (2002), S. 3 512 Vgl. Hox (2002). 513 Hox (2002), S. 175.

117

Wäre das Ergebnis statistisch nicht signifikant, könnte von einer Unabhängigkeit der Beobachtungen ausgegangen werden.514 In Ermangelung der Anwendbarkeit der dargestellten Verfahren wird in der vorliegenden Untersuchung auf die Unabhängigkeit der Beobachtungen geschlossen, wenn die Übereinstimmung und Reliabilität der Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaften zufrieden stellende Werte aufweisen.515 Dies ist insofern berechtigt, als alle Antworten der Tochtergesellschaften von verschiedenen Beobachtern gegeben wurden und eine hohe Reliabilität der Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaften somit auch auf eine Unabhängigkeit der Beobachter aus der Zentrale hinweist. In Tabelle 4 sind deskriptive Statistiken zu den antwortenden Personen dargestellt. Verzeichnet sind hierarchische Position, betriebliche Funktion, Nationalität, Alter, Unternehmenszugehörigkeit und die Länge der Tätigkeit der Befragten in der aktuellen Position. Zu erkennen ist, dass die meisten Befragten leitende Angestellte sind. Sie sind seit durchschnittlich 7,6 Jahren (Zentrale) bzw. 8,3 Jahren (Tochtergesellschaft) in ihrem Unternehmen, und zwar überwiegend im Controlling, tätig und haben ihre aktuelle Position seit durchschnittlich 3,2 Jahren (Zentrale) bzw. 4,7 Jahren (Tochtergesellschaften) inne.

6.2.3 Repräsentativität der Stichprobe Im Folgenden wird die Repräsentativität der Stichprobe ausführlich diskutiert, und zwar insbesondere in Bezug auf Antwortende und nicht Antwortende, Branche und Größe der Unternehmen sowie die regionale Verteilung der Tochtergesellschaften. Zunächst wurde untersucht, ob es systematische Unterschiede zwischen den antwortenden und nicht antwortenden Personen gibt. Diese Unterschiede werden Non-Response-Bias genannt. Um einen möglichen Non-Response-Bias festzustellen, wurde das von Armstrong und Overton (1977) vorgeschlagene Verfahren gewählt, das sich in der Literatur einer breiten Anwendung erfreut.516 Die Grundidee des Verfahrens ist, dass sehr spät antwortende Befragte Nicht-Antwortenden sehr ähnlich sind. Daher wurde die Stichprobe abhängig von der Ant-

514

Hierzu müsste eine Gruppe mindestens 15-20 Beobachtungen umfassen; in der vorliegenden Untersuchung liegen jedoch maximal fünf Beobachtungen (kontrollierte Tochtergesellschaften) je Gruppe (MNU) vor. 515 Vgl. Abschnitt 6.5.1. 516 Vgl. Armstrong/Overton (1977), S. 397-401.

118

wortzeit, definiert als Differenz zwischen der ersten Anfrage in Tagen und dem Eingang des Fragebogens (bzw. dem Termin des Interviews), in drei gleich große Teile geteilt. Anschließend wurden die Mittelwerte der gemessenen Variablen der ersten Gruppe der Frühantworter mit der dritten Gruppe der Spätantworter über einen t-Test auf signifikante Unterschiede überprüft. Bei keiner der gemessenen Variablen fand sich ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen zum 5%-Niveau, so dass darauf geschlossen werden kann, dass die Stichprobe nicht durch einen Non-Response-Bias beeinträchtigt ist. Zentrale Position Geschäftsführer Bereichsleiter Abteilungsleiter Gruppenleiter Sachbearbeiter Sonstige

0 38 72 40 40 29

(0%) (18%) (33%) (18%) (18%) (13%)

Tochtergesellschaften 22 10 15 2 4 15

(32%) (15%) (22%) (3%) (6%) (22%)

Betriebliche Funktion Controlling Funktionsübergreifendes Management Sonstige

210 (96%) 8 (3%) 1 (1%)

47 (69%) 14 (21%) 7 (10%)

Nationalität Deutsch Sonstige

217 (99%) 2 (1%)

27 (40%) 41 (60%)

Alter Unter 25 Jahre 25-35 Jahre 36-45 Jahre Über 45 Jahre

1 (1%) 101 (46%) 87 (39%) 30 (14%)

0 (0%) 16 (24%) 34 (50%) 18 (26%)

Unternehmenszugehörigkeit Mittelwert in Jahren Median in Jahren

7,6 5,0

8,3 6,5

Tätigkeit in aktueller Position Mittelwert in Jahren Median in Jahren

3,2 2,0

4,7 3,3

Tabelle 4: Deskriptive Statistiken zu den antwortenden Personen Bei der in Abbildung 19 dargestellten Branchenverteilung der befragten Unternehmen fällt auf, dass die Verteilung der Stichprobe sehr gut mit der Verteilung der Grundgesamtheit übereinstimmt. Die Zuordnung der Unternehmen zu Branchen erfolgte auf Basis des zweistelligen

119

SIC-Codes der Branche, in der ein Unternehmen hauptsächlich tätig ist.517 Die Repräsentativität der Stichprobe für die Grundgesamtheit bestätigt ein Ȥ2-Test, der einen Ȥ2-Wert von 1,08 ergibt, der weit unter dem Ablehnungsbereich der Nullhypothese liegt, die erwarteten Häufigkeiten auf Basis der Grundgesamtheit würden nicht mit der Stichprobe übereinstimmen.518 Die Nullhypothese würde erst ab einem Ȥ2-Wert von 12,59 zum 5%-Niveau abgelehnt. 43

15 6

1

1

1

Erwartet laut Grundgesamtheit Stichprobe

44

11

Sonstige Chemie

9

7

9

15

15

Automobil Maschinenbau 7

8 3

1

Bergbau Baugewerbe Verarbeiund Energietendes gewinnung Gewerbe

Transport und Logistik

2

Großhandel

3

2

Einzelhandel

2

2

Dienstleistung

Abbildung 19: Stichprobe auf Unternehmensebene im Vergleich mit der Grundgesamtheit gruppiert nach Branche Ein weiterer Vergleich der Stichprobe mit der Grundgesamtheit, der in Abbildung 20 abgebildet ist, betrifft die Größe des Gesamtunternehmens, zu dem die befragten Tochtergesellschaften gehören. Es ist zu erkennen, dass große Unternehmen leicht übergewichtet und kleine Unternehmen untergewichtet sind. Jedoch liefert ein Ȥ2-Test keinen Hinweis darauf, dass sich Stichprobe und Grundgesamtheit in Bezug auf die Größe der Unternehmen signifikant unterscheiden (der Ȥ2-Wert von 9,23 liegt unter dem Ablehnungsbereich von über 9,49 bei einem 5%-Niveau).

517

Die Darstellung erfolgt auf Basis der befragten Unternehmen und nicht der Tochtergesellschaften, da ein Unternehmen in einer Region über Tochtergesellschaften in ganz verschiedenen Branchen verfügen kann und somit eine Zuordnung der Tochtergesellschaften zu der Grundgesamtheit nicht eindeutig möglich ist. 518 Vgl. zum Ȥ2-Test z. B. Schaich (1990), S. 221-226.

120

Erwartet laut Grundgesamtheit Stichprobe

90 69 54

58 42 34 20

Umsatz in Mio. Euro

]1;2[

[2;5[

[5;10[

23

[10;25[

21

27

>= 25

Abbildung 20: Stichprobe auf Ebene der Tochtergesellschaften im Vergleich zur Grundgesamtheit gruppiert nach Umsatz der Zentrale Bezüglich der Regionen, in denen sich die aus Sicht der Zentrale betrachteten Tochtergesellschaften befinden, ist, wie in Abbildung 21 dargestellt, ebenfalls von einer Repräsentativität der Stichprobe für die Grundgesamtheit auszugehen. Der Ȥ2-Wert von 0,46 liegt weit unter dem Ablehnungsbereich von über 9,49 zum 5%-Niveau. Gleiches gilt für die Antworten, die zusätzlich direkt von den Tochtergesellschaften kamen, wobei der Ȥ2-Wert dann bei 1,49 liegt. Wie erwartet ist der Anteil der 23 teilnehmenden Familienunternehmen mit 38% etwas geringer und der Anteil der 31 teilnehmenden börsennotierten Unternehmen mit 52% etwas höher als in der Grundgesamtheit (Anteile 47% bzw. 43%). Dies liegt daran, dass Familienunternehmen und nicht börsennotierte Unternehmen die abgefragten Informationen tendenziell als kritischer in Bezug auf die Vertraulichkeit eingeschätzt haben. Jedoch liefert ein Ȥ2-Test auch hier keine signifikante Verzerrung zum 5%-Niveau (Ȥ2-Werte 3,25 bzw. 3,31 gegenüber dem Ablehnungsbereich von über 3,84).

6.3 Operationalisierung der Variablen In diesem Abschnitt werden zunächst Gütekriterien für die Konstruktmessung vorgestellt, die im nächsten Kapitel angewandt werden. Anschließend werden die verwendeten Variablen, getrennt nach Einflussfaktoren, Kontrollvariablen, Kontrollstrategien und Erfolgsgrößen operationalisiert.

121

Westeuropa 53 50

Nordamerika 47

45

Erwartet laut Grundgesamtheit

Osteuropa 45

Antwort nur von der Zentrale

44

Antwort von Zentrale + Tochtergesellschaft

35 28

31

18

16

14

Lateinamerika

Asien 43

34

41

36 29 28

8

12

Abbildung 21: Stichprobe auf Ebene der Tochtergesellschaften im Vergleich zur Grundgesamtheit gruppiert nach Region der Tochtergesellschaft

6.3.1 Grundlagen und Gütekriterien der Konstruktmessung Bevor die bei der empirischen Untersuchung verwendeten Variablen definiert werden und ihre Messung beschrieben wird, enthält dieser Abschnitt zunächst Grundlagen und Gütekriterien der Messung der zugehörigen Konstrukte. Ein Konstrukt ist ein nicht direkt beobachtbarer Sachverhalt innerhalb einer wissenschaftlichen Theorie.519 Auch die im Rahmen dieser Arbeit zu messenden Variablen sind zu einem Großteil Konstrukte, die sich einer direkten Messung entziehen, wie z. B. die Kontrollstrategien. Ziel der Konstruktmessung ist es, das Konstrukt indirekt, unter Zuhilfenahme empirisch erfassbarer Größen, den Indikatoren, zu messen. Konstrukte lassen sich grundsätzlich in ein- und mehrfaktorielle Konstrukte einteilen. Bei einem einfaktoriellen Konstrukt entspricht das Konstrukt genau einem Faktor, während ein

519

Vgl. Backhaus (2003), S. 335.

122

mehrfaktorielles Konstrukt aus zwei oder mehr Faktoren besteht.520 Wenn jeder Faktor eines mehrfaktoriellen Konstrukts zu derselben theoretischen Dimension des Konstrukts gehört, liegt ein eindimensionales Konstrukt vor, andernfalls ist es mehrdimensional.521 Jedes Konstrukt besteht weiterhin aus mindestens einem Indikator. Indikatoren lassen sich in reflektive und formative Indikatoren einteilen. Formative Indikatoren messen Aspekte der hinter dem Konstrukt liegenden theoretischen Struktur, während reflektive Indikatoren die hinter dem Konstrukt stehenden Maßnahmen erfassen.522 Formative Indikatoren können korreliert sein, müssen es aber nicht. Reflektive Indikatoren hingegen müssen immer korreliert sein.523 Die wichtigsten Qualitätskriterien zur Beurteilung der Güte der Messung von Konstrukten sind Reliabilität (Zuverlässigkeit der Messung) und Validität (Gültigkeit der Messung). Bei perfekter Reliabilität erreichen die Konstrukte bei wiederholter Messung unter gleichen Bedingungen das gleiche Ergebnis, sind also frei von zufälligen Fehlern.524 Noch wichtiger als die Reliabilität ist die Validität. Die Validität gibt an, inwieweit ein Konstrukt das misst, was es messen soll.525 Reliabilität stellt eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Validität dar.526 Reliabilität und Validität haben verschiedene Dimensionen, die im Folgenden vorgestellt werden sollen. Bei der Reliabilität werden üblicherweise Retest-Reliabilität, Paralleltest-Reliabilität, Testhalbierungs-Reliabilität und interne Konsistenz unterschieden. Für diese Untersuchung ist zusätzlich die Interrater-Reliabilität bedeutsam. Die Retest-Reliabilität beschreibt die zeitliche Stabilität einer Messung durch die Korrelation zweier Messwertreihen. Bei der Paralleltest-Reliabilität wird die Korrelation einer Messung mit einer Vergleichsmessung bestimmt. Retest-Reliabilität und Paralleltest-Reliabilität sind

520 521 522 523 524 525 526

Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6. Vgl. Anderson/Gerbing/Hunter (1987), S. 435: „unidimensionality can be defined as the existence of one latent trait or construct underlying a set of measures.“ Vgl. Jarvis/Mackenzie/Podsakoff (2003), S. 200-202. Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 12. Vgl. Churchill (1979), S. 65. Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 199. Vgl. Peter (1979), S. 6.

123

mit hohem Erhebungsaufwand verbunden und vor allem bei psychologischen Tests interessant.527 Bei der vorliegenden Fragestellung kommen sie daher nicht zum Einsatz. Wird ein Konstrukt, das aus mehreren Indikatoren besteht, in zwei Hälften geteilt, kann die Testhalbierungs-Reliabilität berechnet werden. Sie ist das Ausmaß der Übereinstimmung der beiden Hälften. Jedoch ist diese Form der Reliabilität stark abhängig von der Art der durchgeführten Halbierung. Daher wird bei empirischen Untersuchungen statt der TesthalbierungsReliabilität üblicherweise die interne Konsistenz betrachtet, die als Erweiterung der Testhalbierungsreliabilität zu stabileren Schätzungen der Reliabilität führt. Das gebräuchlichste Maß zur Berechnung der internen Konsistenz eines aus mehreren Indikatoren zusammengesetzten Konstrukts ist Cronbachs Alpha.528 Cronbachs Alpha entspricht der mittleren Testhalbierungs-Reliabiltät für ein Konstrukt für alle möglichen Testhalbierungen. Cronbachs Alpha berechnet sich wie folgt, wobei k die Anzahl der Indikatoren des Konstrukts, ı i2 die Varianz des Indikators i und ı 2t die gesamte Varianz des Konstrukts bezeichnet:529 k § ¨ ¦ ı i2 k ¨ Į= 1 − i =1 2 k −1¨ ıt ¨ ©

· ¸ ¸ ¸ ¸ ¹

Hohe Werte von Cronbachs Alpha deuten auf eine hohe interne Konsistenz hin; maximal kann es einen Wert von Eins annehmen.530 Es gibt in der Literatur unterschiedliche Meinungen darüber, ab welchem Wert für Cronbachs Alpha eine hinreichende interne Konsistenz eines Konstrukts vorliegt. Zumeist wird ein Wert von 0,7 für etablierte und eine Wert von 0,6 für neu entwickelte Konstrukte gefordert.531 Diese Kriterien sollen auch für die vorliegende empirische Untersuchung gelten.

527

Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 195-198. Vgl. Peterson (1994), S. 382. 529 Vgl. Cronbach (1951), S. 299. 530 Dabei ist allerdings eine Balance zwischen hohen Werten von Cronbachs Alpha und einer Erfassung verschiedener Facetten eines Konstrukts zu wahren. Daher deuten Werte von über 0,9 häufig auf eine sehr einseitige Messung hin. Vgl. Streiner (2003), S. 102. 531 Für eine Übersicht über empfohlene Mindestwerte für Cronbachs Alpha vgl. Peterson (1994), S. 381 f. 528

124

Liegt Cronbachs Alpha für ein Konstrukt unter dem geforderten Wert, wird der Indikator mit der geringsten Item-To-Total-Korrelation eliminiert.532 Die Item-To-Total-Korrelation eines Indikators gibt an, wie stark die Korrelation zwischen diesem Indikator und der Summe der restlichen Indikatoren ist. Reicht die Eliminierung eines Indikators nicht aus, kann der Prozess wiederholt werden. Es ist allerdings zu beachten, dass die Berechnung der internen Konsistenz über Cronbachs Alpha nur dann sinnvoll ist, wenn reflektive Konstrukte vorliegen.533 Dies liegt daran, dass formative Konstrukte sehr verschiedene Facetten eines Konstrukts messen können. Somit ist es möglich, dass sie unkorreliert, aber trotzdem reliabel sind. Dieser Aspekt wird häufig nicht beachtet, wie eine Analyse der über einen Zeitraum von 24 Jahren in den vier führenden Marketing-Fachzeitschriften veröffentlichten empirischen Studien zeigt. Von den dargestellten Konstrukten sind 28% der formativen Konstrukte fälschlicherweise als reflektiv gekennzeichnet.534 Weiterhin wird Cronbachs Alpha dafür kritisiert, dass seine Höhe positiv mit der Anzahl der Indikatoren eines Konstrukts korreliert ist. Dies kann dazu führen, dass unnötig viele Indikatoren verwendet werden, um hohe Werte für Cronbachs Alpha zu erreichen.535 Wichtiger noch als die Reliabilität ist die Validität eines Konstrukts. Ein reliables Konstrukt wäre dann unbrauchbar, wenn es nicht valide ist, also nicht das misst, was es messen soll. Bei der Validität werden Inhaltsvalidität und Konstruktvalidität unterschieden. Inhaltsvalidität liegt dann vor, wenn ein Konstrukt durch die zugehörigen Indikatoren den zu messenden Sachverhalt in seinen wichtigsten Aspekten repräsentativ erfasst.536 Die Inhaltsvalidität wird in der Regel nicht numerisch bestimmt, sondern aufgrund inhaltlicher Überlegungen. Um die Inhaltsvalidität sicherzustellen, erfolgte die Entwicklung der Konstrukte durch ein gründliches Literaturstudium sowie Experteninterviews mit Vertretern aus Unternehmen.537 Wo immer möglich, wurde nach sorgfältiger Prüfung auf bewährte Konstrukte zu-

532 533 534 535 536 537

Vgl. Churchill (1979), S. 68 f. Vgl. Jarvis/Mackenzie/Podsakoff (2003), S. 202; Albers/Hildebrandt (2006), S. 14. Vgl. Jarvis/Mackenzie/Podsakoff (2003), S. 206. Vgl. Albers/Hildebrandt (2006), S. 6 f. Vgl. Kwok/Sharp (1998), S. 142; Bortz/Döring (2002), S. 199. Vgl. Churchill (1979), S. 67.

125

rückgegriffen, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse dieser Studie mit früheren Studien sicherzustellen. Da die Inhaltsvalidität jedoch nicht objektivierbar ist, kommt der Konstruktvalidität besondere Bedeutung zu. Zur Bestimmung der Konstruktvalidität werden Hypothesen aufgestellt, die sich auf ein Konstrukt beziehen. Danach wird das Konstrukt empirisch mit anderen Konstrukten hinsichtlich Ähnlichkeit bzw. Unähnlichkeit verglichen, wobei zwischen Konvergenzvalidität und diskriminanter Validität unterschieden wird. Um Konvergenzvalidität zu zeigen, kann die Übereinstimmung mit Ergebnissen aus Konstrukten für gleiche oder ähnliche Merkmale ermittelt werden. Dies geschieht in der vorliegenden empirischen Untersuchung auf zwei verschiedene Arten. Zum einen werden alle Konstrukte bis auf zwei Ausnahmen nicht nur in der Zentrale der befragten MNUs, sondern auch in den Tochtergesellschaften gemessen.538 Die Interrater-Reliabilität, das Ausmaß der Übereinstimmung der Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaft, kann dann als Indikator für das Vorliegen von Konvergenzvalidität gewertet werden.539 Zum anderen werden einige Konstrukte, wie z. B. die „strategische Bedeutung der Tochtergesellschaft“ und die Kontrollstrategie „Unterstützung durch Informationstechnologie“ auf mehrfache Art und Weise gemessen. Die verschiedenen Messverfahren sollten eine hohe Korrelation aufweisen. Um zu zeigen, dass ein Konstrukt tatsächlich das zu messende Konstrukt misst und nicht irgendein anderes, muss es von anderen Konstrukten abgrenzbar sein. Nur in diesem Fall würde das Konstrukt eine hohe diskriminante Validität aufweisen. Wünschenswert sind deshalb niedrige korrelative Zusammenhänge zwischen wesensfremden Konstrukten. Bei der Beurteilung der Konvergenzvalidität und diskriminanter Validität kommt weiterhin das Verfahren der exploratorischen Faktorenanalyse zum Einsatz. Die exploratorische Faktorenanalyse hat die Aufgabe, die Indikatoren eines reflektiven Konstrukts im Hinblick über die ihnen zugrunde liegende Faktorenstruktur zu untersuchen.540 Dabei brauchen noch keine Hypothesen bezüglich der Faktorenstruktur zu bestehen.541 Bei der exploratorischen Fakto-

538

Die einzigen nicht in der Tochtergesellschaft gemessenen Konstrukte sind die Kontrollstrategien „Prämissenkontrolle“ und „Aggregation von Informationen“, da sie nicht von den Befragten in der Tochtergesellschaft beurteilt werden können. Vgl. Abschnitt 6.3.4. 539 Vgl. zu den Verfahren zur Bestimmung der Interrater-Reliabilität Abschnitt 6.5.1. 540 Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 8. 541 Vgl. Gerbing/Anderson (1988), S. 189 f.

126

renanalyse wird in dieser Arbeit das Kaiser-Kriterium verwendet. Dieses besagt, dass so viele Faktoren extrahiert werden sollten wie es Faktoren mit Eigenwerten größer als eins gibt.542 In Anlehnung an Homburg und Giering (1996) werden in dieser Arbeit drei Anforderungen an reflektive Konstrukte gestellt, die im Rahmen einer exploratorischen Faktorenanalyse geprüft werden.543 Erstens müssen sich die Indikatoren eines Konstrukts für jeden theoretischen Faktor eindeutig einem empirisch ermittelten Faktor zuordnen lassen, damit Konvergenzvalidität vorliegt. Zweitens sollte dieser Faktor mindestens 50% der Varianz der Indikatoren erklären. Drittens sollten alle Indikatoren eines Konstrukts auf denselben Faktor mit einer Faktorladung von mindestens 0,4 laden und gleichzeitig auf alle anderen Faktoren mit einer Faktorladung von weniger als 0,4 laden, damit diskriminante Validität vermutet werden kann.544 Als Faktorladung wird dabei die Korrelation zwischen einem Indikator und einem Faktor bezeichnet. Trotz aller statistischen Verfahren können auch die Kriterien Konvergenzvalidität und diskriminante Validität nicht zweifelsfrei sicherstellen, dass ein Konstrukt valide ist, da alle gemessenen Konstrukte grundsätzlich verzerrt sein können.545 Daher bleibt trotz statistischer Methoden die Bedeutung von inhaltlichen Überlegungen hoch. Churchill und Peter (1984) merken hierzu an, „it should be clear that construct validity is not solely an empirical question but is a matter of inferences and judgments.“546

6.3.2 Operationalisierung der Einflussfaktoren In diesem Abschnitt werden die untersuchten Einflussfaktoren auf Kontrollstrategien, Umweltunsicherheit und Zentralisierung, beschrieben. Die Umweltunsicherheit wird entweder auf Branchenebene (branchenabhängige Prognoseunsicherheit) oder auf Länderebene (kulturelle Distanz und politische Unsicherheit) gemessen.

542

543 544 545 546

Für eine genaue Beschreibung der Vorgehensweise vgl. Kaiser/Rice (1974), S. 112-116. „Die Eigenwerte (Eigenvalues) werden berechnet als Summe der quadrierten Faktorladungen eines Faktors über alle Variablen.“ Backhaus (2003), S. 295. Hervorhebung im Original gelöscht. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 8. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 8. Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 205. Churchill/Peter (1984), S. 370.

127

Umweltunsicherheit: branchenabhängige Prognoseunsicherheit

„Perhaps the most widely researched aspect of the environment is uncertainty.“547 Mit der starken Berücksichtigung bei der empirischen Forschung einher geht die große Zahl an verschiedenen Operationalisierungen von Umweltunsicherheit. Grundsätzlich wird Umweltunsicherheit entweder subjektiv oder objektiv gemessen. Es ist unklar, ob diese beiden Messverfahren zu konsistenten Ergebnissen führen. Empirische Studien haben sowohl negative bzw. schwache548 als auch hohe Korrelationen549 zwischen den beiden Messverfahren ergeben. Subjektive Messungen werden in der Regel perceived environmental uncertainty genannt, da sie auf dem persönlichen Urteil einer Person basieren und verschiedene Personen eine unterschiedliche Auffassung von Umweltunsicherheit haben können.550 Bei den subjektiven Messungen können die Daten mit Hilfe von Befragten innerhalb551 oder außerhalb552 eines Unternehmens durchgeführt werden. Sie werden vor allem dann angewandt, wenn der Einfluss der Perzeption einer oder sehr weniger Personen auf die Organisationsstruktur eines Unternehmens untersucht werden soll.553 Da diese Personen über die Maßnahmen zur Reaktion auf die Umweltunsicherheit direkt entscheiden, haben subjektive Messungen den Vorteil, eine Verbindung zwischen der empfundenen Umweltunsicherheit und den darauf folgenden Reaktionen der Personen herzustellen.554 Außerdem können subjektive Messungen eine sehr aktuelle Einschätzung der Umweltunsicherheit geben.555 Diesen Vorteilen stehen allerdings gewichtige Nachteile gegenüber. Die psychologische Forschung hat herausgefunden, dass die Informationsverarbeitung stark personenabhängig ist und somit auch die empfundene Umweltunsicherheit der Mitarbeiter eines Unternehmens stark divergiert.556 Daher sind die bei Befragung weniger Personen gewonnenen Ergebnisse nicht auf das gesamte Unternehmen zu verallge-

547 548 549 550 551 552 553 554 555 556

Chenhall (2003), S. 137. Vgl. z. B. Tosi/Aldag/Storey (1973), S. 31-33. Vgl. z. B. Snyder/Glueck (1982), S. 190 f.; Keats/Hitt (1988), S. 579 f. Vgl. Lawrence/Lorsch (1967), S. 24; Duncan (1972), S. 318 f.; Gordon/Narayanan (1984), S. 34; Govindarajan (1984), S. 129. Vgl. Duncan (1972), S: 318 f. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die hierarchische Position der Befragten im Unternehmen. Vgl. Snyder/Glueck (1982), S. 189 f., die Analysten in Bezug auf ihre Einschätzung der Umweltunsicherheit in einzelnen Branchen befragen. Vgl. Yasai-Ardekani (1986), S. 10. Vgl. Anderson/Paine (1975), S. 813. Vgl. Boyd/Dess/Rasheed (1993), S. 209. Vgl. Yasai-Ardekani (1986), S. 12.

128

meinern und verschiedene Unternehmen schlecht zu vergleichen.557 Hinzu kommt, dass subjektive Messungen über Zeit im Allgemeinen nicht stabil sind und Personen dieselbe Situation bereits nach kurzer Zeit ganz anders einschätzen können.558 Im Gegensatz dazu verwenden objektive Verfahren personenunabhängige Daten wie z. B. Umsatzreihen oder Variationen im Produktionsvolumen, um die Umweltunsicherheit zu messen.559 Objektive Messungen werden entweder auf der Ebene von Unternehmen,560 Branchen561 oder Ländern562 vorgenommen. Sie haben drei wichtige Vorteile gegenüber subjektiven Verfahren.563 Erstens ist die Vergleichbarkeit der durch sie vorgenommenen Messungen durch die öffentliche Verfügbarkeit der Daten gegeben. Zweitens existieren keine Probleme durch Verzerrungen auf der Ebene der Befragten oder durch den Non-Response-Bias. Zuletzt erlauben nur objektive Messungen die Einschätzung von Faktoren der Umweltunsicherheit, die auf eine ganze Branche wirken. Die Kritik an objektiven Messungen ist entweder grundsätzlicher Art oder bezieht sich auf methodische Fragestellungen. Grundsätzlich wird kritisiert, dass Unternehmen die Umwelt nur über die Wahrnehmungen ihrer Mitarbeiter erfassen, so dass vorhandene, aber nicht von den Mitarbeitern erkannte Umweltunsicherheit nicht zu Reaktionen des Unternehmens führt.564 Methodisch wird kritisiert, dass sich bei branchenbezogenen objektiven Messverfahren Abgrenzungsprobleme bei der Zuordnung von Unternehmen zu Branchen ergeben, bei Durchschnittsbildung bei Zeitreihendaten zeitlich weiter entfernt liegende Daten zu stark berücksichtigt werden und die bloße Varianzbestimmung bei Zeitreihen Trends außer Acht lässt.565 Trotz der genannten Kritik an objektiven Messverfahren wird Umweltunsicherheit in der vorgestellten empirischen Untersuchung objektiv gemessen, und zwar vor allem aus zwei Gründen: Zum einen soll ein Zusammenhang zwischen Umweltunsicherheit und Kontrollstrategien hergestellt werden, über die nicht eine oder wenige, sondern eine Vielzahl von Personen auf

557 558 559 560 561 562 563 564 565

Vgl. Boyd/Dess/Rasheed (1993), S. 209 f. Vgl. Golden (1992), S. 851-856. Natürlich haben auch objektive Messungen eine subjektive Komponente, z. B. bei der Auswahl des richtigen Messverfahrens. Vgl. Boyd/Dess/Rasheed (1993), S. 205 f. Vgl. Tosi/Aldag/Storey (1973), S. 30 f.; Snyder/Glueck (1982), S. 187 f.; Prescott (1986), S. 335 f. Vgl. Dess/Beard (1984), S. 55-57; Rasheed/Prescott (1992), S. 199-202; Kren (2003), S. 154. Vgl. O’Donnell (2000), S. 535. Vgl. Boyd/Dess/Rasheed (1993), S. 206. Vgl. Miles/Snow/Pfeffer (1974), S. 256 f.; Yasai-Ardekani (1986), S. 10. Boyd/Dess/Rasheed (1993), S. 206-208.

129

verschiedenen Hierarchieebenen entscheidet.566 Somit ist eine subjektive Messung durch Befragung aller dieser Personen nicht praktikabel. Zum anderen lassen sich die methodischen Bedenken an objektiven Verfahren durch eine geschickte Operationalisierung ausräumen. Daher wird Umweltunsicherheit als zweidimensionales Konstrukt auf Branchen- und Landesebene operationalisiert. Die Branchenebene wird gemessen, indem eine Regressionsanalyse mit der Produktionsmenge P in der Branche, in der die Tochtergesellschaft hauptsächlich tätig ist, als abhängiger und der Zeit t als unabhängiger Variable über einen Zeitraum von zehn Jahren durchgeführt wird.567 Dabei wird die Branche der Tochtergesellschaft auf Basis des entsprechenden vierstelligen SIC-Codes zugeordnet. Als Datenquelle dient das Industrial Commodity Statistics Yearbook der Vereinten Nationen.568 Das Maß für die Umweltunsicherheit auf Branchenebene (im Folgenden branchenabhängige Prognoseunsicherheit genannt) lautet dann unter Berücksichtigung des Standardfehlers s der im Rahmen der Regressionsanalyse durchgeführten Schätzung wie folgt:569 UNSICHERHEIT_BRANCHE =

s 1 10 ¦ Pt 10 t =1

Dieses Maß hat gegenüber der bereits häufiger verwendeten Berechnung der Varianz der Produktionsmengen Pt den Vorteil, dass es auch Trends in der Zeitreihe berücksichtigt.570 Umweltunsicherheit: kulturelle Distanz sowie politische Unsicherheit

Im Gegensatz zu der branchenabhängigen Prognoseunsicherheit beziehen sich kulturelle Distanz und politische Unsicherheit auf einzelne Länder. Kulturelle Distanz wird grundsätzlich auf zwei Arten gemessen. Erstens kann sie durch eigene Konstrukte operationalisiert und im Rahmen einer Befragung erhoben werden. Jedoch wird von dieser Möglichkeit eher selten Gebrauch gemacht, da wegen der Mehrdimensionalität des Konstrukts „kulturelle Distanz“

566

567 568 569 570

Beispielsweise wird über die Kontrollstrategie „Gruppenkontrolle“, d. h. den Einsatz von Führungskräften im Vorstand einer Tochtergesellschaften nicht von einer Person zentral entschieden, sondern dies erfolgt in der Regel auf verschiedenen Hierarchieebenen, wie der Geschäftsbereichsleitung, dem Gesamtvorstand oder sogar der Tochtergesellschaft. Vgl. zur Methodik der Regressionsanalyse Abschnitt 6.5.2. Vgl. o. V. (2003). Das gleiche Maß verwenden Child (1975), S. 14; Dess/Beard (1984), S. 58; Buchko (1994), S. 416; Li/Simerly (2002), S. 163, und Kor/Watson/Mahoney (2004), S. 20. Empirische Studien, die Umweltunsicherheit über die Varianz der Produktionsmengen operationalisiert haben, sind beispielsweise O’Donnell (2000), S. 535, und Kren (2003), S. 154.

130

valide Erhebungsinstrumente sehr umfangreich sein müssen.571 Zweitens kann auf vorhandene kulturvergleichende Untersuchungen zurückgegriffen werden. Von dieser Möglichkeit machen die meisten empirischen Studien Gebrauch. Am häufigsten wird dabei auf die Untersuchung von Hofstede (1980), (2001) zurückgegriffen. Diese wird zwar, wie bereits in Abschnitt 3.4 ausgeführt, aus diversen Gründen kritisiert. Mangels einer besseren Alternative haben empirische Studien, die die kulturelle Distanz messen, jedoch trotzdem die Ergebnisse von Hofstedes Untersuchung verwendet. Zur Operationalisierung der kulturellen Distanz wird in der Regel auf die Formel von Kogut und Singh (1988) zurückgegriffen.572 Damit berechnet sich die Höhe der kulturellen Distanz KD Hj zwischen Deutschland und einem Land j, ausgedrückt als Indexwert, wie folgt:573

1 4 (I ij − I id ) ¦ V 4 i =1 i

2

KD Hj =

Dabei bezeichnet I ij den Index aus Hofstedes Studie für die i-te kulturelle Dimension und das j-te Land, Vi ist die Varianz des Index der i-ten kulturellen Dimension, und d bezeichnet Deutschland. Im Rahmen der vorliegenden empirischen Untersuchung wird allerdings angesichts der Kritik an Hofstedes Studie eine aktuellere Studie verwendet. Hier bietet sich die bereits in Abschnitt 3.5 beschriebene Studie GLOBE an, die gegenüber Hofstede die Hauptvorteile größerer Aktualität und einer größeren Anzahl untersuchter Länder aufweist.574 Da GLOBE neun Dimensionen möglicher kultureller Unterschiede berücksichtigt, muss die oben vorgestellte Berechnungsvorschrift wie folgt angepasst werden, wobei Iij nun den Index aus GLOBE für die i-te kulturelle Dimension und das j-te Land darstellt:

571

Vgl. Boyacigiller (1990), S. 377, und Simonin (1999), S. 478, die beide ein einfaktorielles Konstrukt verwenden. 572 Vgl. für einen Überblick über Studien, die die Formel von Kogut/Singh (1988) verwenden, Shenkar (2001). Auch die Formel von Kogut und Singh (1988) wird trotz ihrer häufigen Verwendung in der Literatur kritisiert. Vgl. dazu Shenkar (2001), S. 523-526. 573 Vgl. Kogut/Singh (1988), S. 422. Kogut/Singh (1988) verwenden statt Deutschland als Referenzland die USA. 574 Vgl. House (2004).

131

1 9 (Iij − Iid ) ¦ V 9 i =1 i

2

KD j =

Trotz der Zahl von 62 in GLOBE untersuchter Länder, ist es möglich, dass die kulturelle Distanz zwischen Deutschland und einem Land bestimmt werden muss, das nicht in GLOBE untersucht wurde. In diesem Fall wird der Durchschnittswert für die entsprechenden Indizes der Region verwendet, zu dem dieses Land gehört. Die durchschnittliche kulturelle Distanz aller Länder aus den fünf Regionen, in denen in der vorliegenden empirischen Untersuchung Tochtergesellschaften untersucht wurden, zu Deutschland ist in Abbildung 22 dargestellt. Dabei bezeichnet Lateineuropa überwiegend Länder aus dem westeuropäischen Kulturraum. Es ist zu erkennen, dass Nationen aus Osteuropa, Asien und Lateinamerika im Durchschnitt eine deutlich höhere kulturelle Distanz zu Deutschland als Lateineuropa und Nordamerika aufweisen. Lateineuropa

1,1 2,5

Osteuropa Nordamerika Lateinamerika Asien

1,3 2,1 2,3

Abbildung 22: Kulturelle Distanz verschiedener Regionen zu Deutschland laut der GLOBE-Studie (in Indexwerten)575

Die Umweltunsicherheit auf Länderebene wird weiterhin über die ökonomische und politische Stabilität eines Landes gemessen. Da eine fundierte Messung sehr aufwendig ist, gibt es Forschungsinstitute und Unternehmen, die sich dieser Aufgabe annehmen. In der vorliegenden Studie werden die Daten der Fachzeitschrift Euromoney verwendet, die halbjährlich veröffentlicht werden.576 Euromoney verwendet neun verschiedene, unterschiedlich gewichtete Kategorien, aus denen ein Indexwert für ein Land auf einer Skala von 0 bis 100 berechnet wird. Die Kategorien für den Indexwert eines Landes sind politisches Risiko, ökonomische Leistungsfähigkeit, zwei Arten von Schuldenvolumen, Kreditratings, und vier Arten des Zu-

575 576

Eigene Darstellung mit den Daten aus House (2004). Berücksichtigt wurden die Daten der Studie vom März 2005, die sich auf das Jahr 2004 beziehen. Vgl. Pedzinski (2005), S. 137-143.

132

gangs zu den internationalen Kapitalmärkten.577 Höhere Werte des Index bedeuten niedrigere Unsicherheit in einem Land. Da dies wenig anschaulich ist, wird der Indexwert revers kodiert, so dass höhere Unsicherheit mit höheren Werten einhergeht. Zentralisierung

Die Kontrollstrategie „Reduzierung der Freiheitsgrade“ ist in empirischen Untersuchungen bereits auf zahlreiche Art und Weise unter dem Begriff „Zentralisierung“ in Bezug auf das Verhältnis zwischen der Zentrale und einer Tochtergesellschaft untersucht worden.578 Im Rahmen der vorliegenden empirischen Untersuchung wird auf das Konstrukt von Ghoshal und Bartlett (1988) zurückgegriffen,579 weil es bereits häufig in empirischen Studien verwendet wurde und dabei eine hohe interne Konsistenz aufgewiesen hat.580 Dieses Konstrukt misst den Einfluss einer Tochtergesellschaft auf sechs Arten von Entscheidungen. Diese beziehen sich, wie in Tabelle 5 sichtbar, auf drei produktbezogene (Indikatoren 1-3) und drei auf die interne Struktur und Personalentwicklung bezogene Entscheidungen (Indikatoren 4-6). Dabei rangiert die Skala von „Zentrale entscheidet allein“ (Kodierung 1) bis „Tochtergesellschaft entscheidet allein“ (Kodierung 5) mit den Zwischenstufen „Zentrale entscheidet, aber Tochtergesellschaft kann Vorschläge machen“ (Kodierung 2), „Zentrale und Tochtergesellschaft haben gleichermaßen Einfluss“ (Kodierung 3) und „Tochtergesellschaft entscheidet, aber Zentrale kann Vorschläge machen“ (Kodierung 4). Der Zentralisierungsgrad entspricht dem arithmetischen Mittel der revers kodierten Indikatoren, so dass eine höhere Zentralisierung mit höheren Werten der Variable Zentralisierung einhergeht.

577

Vgl. Pedzinski (2005), S. 143, für eine genaue Beschreibung der Kategorien und ihrer Messung. Vgl. z. B. Inkson/Pugh/Hickson (1970), S. 328; Nohria/Ghoshal (1994), S. 500; Gupta/Govindarajan/ Malhotra (1999), S. 213 f. Für das Verhältnis zwischen der Zentrale und einem Geschäftsbereich vgl. z. B. Govindarajan (1988), S. 839 und S. 851 f.; Jermias/Gani (2004), S. 190 f. 579 Vgl. Ghoshal/Bartlett (1988), S. 375. Die Entwicklung des Konstrukts basiert auf Vancil/Buddrus (1980), S. 285 f. 580 Vgl. Bartlett/Ghoshal (1989), S. 221; Ghoshal/Nohria (1989), S. 336; Ghoshal/Korine/Szulanski (1994), S. 103; Nohria/Gulati (1996), S. 1254 f. 578

133

Wie viel Einfluss hat die Tochtergesellschaft auf die folgenden Entscheidungen? 1. Einführung eines neuen Produkts 2. Veränderungen eines Produkts 3. Veränderung eines Produktionsprozesses 4. Bildung oder Auflösung von Abteilungen 5. Besetzung von Positionen höherer Führungskräfte (ab Bereichsleiter) 6. Entwicklungspläne für höhere Führungskräfte (ab Bereichsleiter) Tabelle 5: Indikatoren des Konstrukts „Zentralisierung“

6.3.3 Operationalisierung der Kontrollvariablen In diesem Abschnitt werden die Kontrollvariablen definiert und beschrieben, wobei zwischen Kontrollvariablen auf der Ebene des gesamten MNU und Kontrollvariablen auf der Ebene einzelner Tochtergesellschaften unterschieden wird.

6.3.3.1 Kontrollvariablen auf der Ebene des MNU Größe des MNU

Die Größe des MNU wird über den Nettoumsatz im Geschäftsjahr 2004 gemessen. Internationalisierungsgrad

Der Internationalisierungsgrad bezieht sich auf die realwirtschaftliche Internationalisierung eines MNU. Damit ist die „produktions- und güterwirtschaftliche Ausbreitung der Unternehmen“ gemeint.581 Sie ist von der kapitalmarktbezogenen Internationalisierung abzugrenzen, die sich auf die Ausrichtung eines MNU auf internationale Kapitalmärkte bezieht. Der Internationalisierungsgrad wird Hassel et al. (2003) folgend auf zwei Arten gemessen.582 Zum einen wird der Auslandsanteil des Gesamtumsatzes des MNU berechnet. Dies ist das in empirischen Studien am häufigsten verwendete Maß.583 Des Weiteren wird die regionale Streuung der Auslandsaktivitäten über die Anzahl der Länder, in denen ein MNU über Betei-

581

Hassel et al. (2000), S. 506. Hassel et al. (2003), S. 709 f. 583 Vgl. den umfangreichen Literaturüberblick von Sullivan (1994), S. 327-330. 582

134

ligungen verfügt, erfasst. Dabei werden alle Beteiligungen, unabhängig von ihrer Größe und ihrem Status, wie z. B. der Art der Konsolidierung, gezählt. Börsennotierung

Börsennotierung ist als Dummy-Variable kodiert, die den Wert Eins annimmt, wenn das betrachtete MNU eine Aktiengesellschaft ist, die an der Börse notiert ist (anderenfalls Null). Zu rein informativen Zwecken wird auch der Aktienindex aufgenommen, in dem entsprechende Aktien an deutschen Börsen geführt sind. Familienunternehmen

Familienunternehmen ist eine Dummy-Variable, die den Wert Eins annimmt, wenn die Kapitalmehrheit an einem MNU im Besitz einer Familie ist, und ansonsten den Wert Null hat.584 Komplexität des Beteiligungscontrollings

Die Komplexität des Beteiligungscontrollings steigt mit der Anzahl der ausländischen Tochtergesellschaften an. Als Näherungswert für diese Komplexität wird daher die Anzahl der ausländischen Tochtergesellschaften ermittelt.585 Controlling-Organisation

Die dominierenden Organisationsformen von MNUs sind die Geschäftsbereichorganisation, der Stammhauskonzern und die Holding.586 Ein in einer Geschäftsbereichsorganisation geführtes MNU wird auf der zweiten Hierarchieebene nach Produkten, Technologien, Absatzgebieten oder Kundengruppen in weitgehend autonome Geschäftsbereiche unterteilt, während diese Untergliederung bei einem Stammhauskonzern unterbleibt. Eine Holding ist dadurch charakterisiert, dass eine Muttergesellschaft eine Kapitalbeteiligung an rechtlich und organisatorisch selbständigen Tochtergesellschaften hält. Da diese Organisationsformen Rückwirkungen auf die Organisation des Controllings haben, werden diese drei Ausprägungen als Dummy-Variablen erhoben.

584

Vgl. zur Abgrenzung von Familienunternehmen Chua/Chrisman/Sharma (1999), S. 22. Dies schlagen auch Lu/Beamish (2004), S. 603, vor, allerdings als Maß für den Internationalisierungsgrad. 586 Vgl. Picot/Dietl/Franck (1999), S. 288-315. 585

135

Branche des MNU

Die Branche des MNU repräsentiert der zweistellige SIC-Code für diejenige Branche, in der das MNU hauptsächlich tätig ist. Return on Equity (RoE) 2004

Die Variable RoE 2004 misst den Erfolg des gesamten MNU in dem Geschäftsjahr, das der Untersuchung vorausgeht.587 Die Variable wird erhoben, da es möglich ist, dass der Einsatz der Kontrollstrategien auch von dem Erfolg im Vorjahr abhängt.

6.3.3.2 Kontrollvariablen auf der Ebene der Tochtergesellschaft Relative Bedeutung der Tochtergesellschaft

Die relative Bedeutung RB der Tochtergesellschaft TG wird auf zwei Arten, sowohl objektiv als auch subjektiv, gemessen. Erstens werden Außenumsatz UTG und Mitarbeiteranteil MTG der Tochtergesellschaft wie folgt in Beziehung zum gesamten Außenumsatz Uges und der gesamten Mitarbeiterzahl Mges des MNU gesetzt und mit der Beteiligungsquote B des untersuchten MNU an der Tochtergesellschaft multipliziert:

§ 1 M TG 1 U TG + RB = ¨ ¨2 M 2 U ges ges ©

· ¸B ¸ ¹

Die einfache Durchschnittsbildung von Umsatz- und Mitarbeiteranteil ist dadurch motiviert, dass auf diese Weise ausschließlich produzierende Tochtergesellschaften (mit relativ hohem Mitarbeiter- und geringem Außenumsatzanteil) und ausschließlich im Vertrieb tätige Tochtergesellschaften (mit relativ geringem Mitarbeiter- und hohem Außenumsatzanteil) in ihrer Bedeutung beide erfasst werden können. Die höchste relative Bedeutung liegt vor, wenn sowohl der Mitarbeiter- als auch der Umsatzanteil hoch sind. Wenn im Rahmen der empirischen Untersuchung eine Subeinheit, wie z. B. ein selbständiger Geschäftsbereich eines MNU betrachtet wird, werden zur Messung von Uges und Mges die entsprechenden Werte für diese Subeinheit eingesetzt.

587

Der RoE ist als der Quotient aus dem Ergebnis vor Steuern und dem bilanziellen Eigenkapital definiert.

136

Zusätzlich wird über ein subjektives Messverfahren die Bedeutung des lokalen Marktes der Tochtergesellschaft durch die in Tabelle 6 dargestellten Fragen ermittelt. Vier Indikatoren betreffen dabei die derzeitige und zukünftige Bedeutung des Absatzmarktes für das befragte MNU und deren Wettbewerber (Indikatoren 1-4). Ein Indikator fragt nach der möglichen Bedeutung der Tochtergesellschaft für das Beziehen von Rohstoffen (Indikator 5). Die Messung erfolgt über eine Sieben-Punkt-Likert-Skala. Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen über den Markt des Landes, in dem sich die Tochtergesellschaft befindet, im Vergleich zu anderen Märkten, auf denen Ihr Unternehmen vertreten ist? 1. Der Markt stellt für uns derzeit einen wichtigen Absatzmarkt dar. 2. Der Markt stellt für unsere Wettbewerber einen wichtigen Absatzmarkt dar. 3. Wir erwarten, dass der Markt für uns in 5 Jahren einen wichtigen Absatzmarkt darstellen wird. 4. Wir erwarten, dass der Markt für unsere Wettbewerber in 5 Jahren einen wichtigen Absatzmarkt darstellen wird. 5. Wir müssen auf dem Markt vor Ort vertreten sein, weil dort wichtige Rohstoffe vorhanden sind. Tabelle 6: Indikatoren des Konstrukts „Bedeutung der Tochtergesellschaft (Markt)“ Alter der Tochtergesellschaft

Das Alter der Tochtergesellschaft wird als der Zeitraum in Jahren definiert, der zwischen der Gründung der Tochtergesellschaft und dem Jahr 2005 liegt. Beteiligungsquote

"Beteiligungen sind Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen."588 Dementsprechend misst die Beteiligungsquote den prozentualen Anteil der Beteiligung des untersuchten MNU an der betrachteten Tochtergesellschaft im Verhältnis zu der maximalen Beteiligungshöhe.

588

o. V. (1999), S. 66.

137

Entstehungsart

Die Entstehungsart einer Tochtergesellschaft bezieht sich auf die Art und Weise, wie das MNU in den Besitz der Anteile an der Tochtergesellschaft gekommen ist. Die drei DummyVariablen Eigengründung, Joint Venture und Akquisition erfassen die möglichen Entstehungsarten der Tochtergesellschaft. Betriebliche Funktionen

Die in der betrachteten Tochtergesellschaft vorhandenen betrieblichen Funktionen werden über drei Dummy-Variablen erfasst, deren Ausprägung von der Existenz von Forschung und/oder Entwicklung, Produktion sowie Marketing und/oder Vertrieb in der Tochtergesellschaft abhängt. Branche der Tochtergesellschaft

Die Branche der Tochtergesellschaft wird über den zweistelligen SIC-Code dargestellt, der die Branche repräsentiert, in der die Tochtergesellschaft hauptsächlich tätig ist. Um ausreichend große Branchengruppen zu erhalten, werden die Branchen wie folgt zusammengefasst: Chemie (SIC-Code 28), Maschinenbau (SIC-Code 35-36), Automobil (SIC-Code 37), sonstiges verarbeitendes Gewerbe (SIC-Codes 10-27, 29-34 und 38-39), Transport und Logistik (SIC-Codes 40-49), Handel (SIC-Codes 50-59) sowie Dienstleistung (SIC-Codes 70-79).

6.3.4 Operationalisierung der Kontrollstrategien Im Folgenden werden die acht Kontrollstrategien operationalisiert, für die im Abschnitt 5.2 Arbeitshypothesen abgeleitet worden sind. Bei den aufgeführten Indikatoren sind in eckigen Klammern eventuelle Unterschiede zwischen den Konstrukten für Zentrale und für Tochtergesellschaften genannt. Frequenz der Ergebniskontrolle

Das einzige bekannte Konstrukt zur Messung des Niveaus der Ergebniskontrolle zwischen der Zentrale eines Unternehmens und ihren Tochtergesellschaften stammt von Egelhoff (1984).589

589

Vgl. Egelhoff (1984), S. 75 f. Verwendet haben dieses Konstrukt auch Egelhoff (1988), S. 158 f., und Chang/Taylor (1999), S. 554. Bello/Gilliland (1997) messen Ergebniskontrolle in einer ähnlichen Konstellation beim Verhältnis zwischen einem Produzenten, der die Ergebnisse seines Lieferanten kontrolliert –

138

Es misst Ergebniskontrolle auf Basis der Frequenz der regelmäßigen Berichterstattung zwischen Tochtergesellschaft und Zentrale und unterscheidet dabei zwischen Kennzahlen aus den Bereichen Marketing, Produktion und Finanzen. Mit 16 Indikatoren misst er pro Bereich die Frequenz verschiedener Kennzahlen mit verschieden großem Detailniveau. Für die vorliegende empirische Untersuchung wird das Konstrukt von Egelhoff (1984), wie in Tabelle 7 dargestellt, in modifizierter Form verwendet. Die Modifikation ist notwendig, weil Egelhoff durch sein Konstrukt auch Aspekte der Verfahrenskontrolle misst, da er Kennzahlen mit unterschiedlichem Detailniveau erfasst.590 In der vorliegenden Arbeit sollen Ergebnisund Verfahrenskontrolle hingegen als getrennte Konstrukte untersucht werden. Die verwendete Skala ist analog zu Egelhoff „täglich“, „wöchentlich“, „monatlich“, „quartalsweise“, „halbjährlich“, „jährlich“ und „nie“. Wie häufig berichtet die Tochtergesellschaft die folgenden Kennzahlen an die Zentrale? 1. Umsatz 2. Auftragsbestand 3. Unternehmensergebnis 4. Materialkosten 5. Personalkosten 6. Komplette Ergebnisrechnung Tabelle 7: Indikatoren des Konstrukts „Ergebniskontrolle“ Intensität der Verfahrenskontrolle

Da Verfahrenskontrolle bislang noch nicht als Konstrukt untersucht wurde, musste zur Messung ein neues Konstrukt entwickelt werden.591 Dieses bezieht sich, wie in Tabelle 8 gezeigt, auf Berichte, Analysen und Konferenzen auf Veranlassung der Zentrale, die der Zentrale durch ihren prozessualen Charakter eine Kontrolle von Verfahrensweisen einer Tochtergesell-

allerdings sehr spezifisch und nur mit drei Indikatoren. Vgl. Bello/Gilliland (1997), S. 30. In einem anderem Zusammenhang steht das Konstrukt „output control“ von Ouchi/Maguire (1975), S. 561, welches das Ausmaß der Ergebniskontrolle im Zweipersonenfall misst. 590 Kennzahlen mit hohem Detailniveau, wie z. B. die Umsätze einzelner Kunden, dienen der Zentrale in erster Linie zur Verfahrenskontrolle, da sie die Zentrale in die Lage versetzen, Verfahrensweisen der Führungskräfte einer Tochtergesellschaft zu hinterfragen. 591 Vorhandene Konstrukte unter dem Namen „behavior control“ untersuchen nicht die Kontrolle von Verfahrensweisen, sondern Aspekte der Steuerung, wie z. B. das Bekannteste von Ouchi/Maguire (1975), S. 561. Für Modifikationen des Konstrukts vgl. Rockness/Shields (1984), S. 170; Snell (1992), S. 305, und Abernethy/Brownell (1997) S. 239.

139

schaft ermöglichen. Dabei wird von derselben Skala wie bei dem Konstrukt „Frequenz der Ergebniskontrolle“ Gebrauch gemacht. Wie häufig führen Sie [führt die Zentrale] die folgenden Maßnahmen in Bezug auf die Tochtergesellschaft durch? 1. Anforderung von ausführlichen Hintergrundinformationen zu Kennzahlen (z. B. Beschreibung wichtiger Geschäftsabschlüsse) 2. Anforderung von Prognosewerten 3. Erstellung von Abweichungsanalysen [nur Zentrale] 4. Konferenzen (auch per Video, Telefon, etc.) mit Verantwortlichen der Tochtergesellschaft, um die Geschäftsentwicklung der Tochtergesellschaft zu diskutieren Tabelle 8: Indikatoren des Konstrukts „Verfahrenskontrolle“ Intensität der Prämissenkontrolle bei der strategischen Kontrolle

Das Konstrukt „Intensität der Prämissenkontrolle“ misst das Ausmaß, mit dem Prämissen aus der strategischen Planung, welche die Tochtergesellschaft betreffen, durch die Zentrale eines MNU kontrolliert werden. In der Regel erfolgt diese Arbeit durch das zentrale Controlling bzw. Beteiligungscontrolling. Daher wird das Konstrukt auch nur bei der Zentrale, nicht aber in den Tochtergesellschaften gemessen. Die Entwicklung des in Tabelle 9 dargestellten Konstrukts erfolgt auf der Basis der theoretischen Aussagen von Schreyögg und Steinmann (1985), (1986), (1987).592 Es wird auf einer Sieben-Punkt-Likert-Skala gemessen. Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen über die Überprüfung der im Rahmen der strategischen Planung gesetzten Annahmen (Prämissen)? 1. Wir kontrollieren die im Rahmen der strategischen Planung gesetzten Prämissen regelmäßig auf ihre Gültigkeit. [nur Zentrale] 2. Wir überprüfen auch innerhalb eines Geschäftsjahres regelmäßig, ob die Strategie der Tochtergesellschaft weiterhin begründet ist. [nur Zentrale] 3. Wir überprüfen die im Rahmen der strategischen Planung gesetzten Prämissen nur während der jährlichen Neuplanung der Strategie. [revers kodiert] [nur Zentrale] Tabelle 9: Indikatoren des Konstrukts „Prämissenkontrolle“

592

Vgl. Schreyögg/Steinmann (1985) S. 401 f.; Schreyögg/Steinmann (1986), S. 44-46; Schreyögg/Steinmann (1987), S. 96 f.

140

Aggregation von Informationen

Die Kontrollstrategie „Aggregation von Informationen“ über eine Tochtergesellschaft wird über das Aggregationsniveau von Berichten des zentralen Controllings gemessen. Das zentrale Controlling bereitet regelmäßig Berichte über die Geschäftsentwicklung einer Tochtergesellschaft für die Geschäftsleitung oder andere höhere Führungskräfte auf. Gemessen wird die Aggregation der Informationen in Bezug auf eine Tochtergesellschaft über die Anzahl der Seiten, die ein derartiger Bericht über eine Tochtergesellschaft umfasst.593 Da nur das zentrale Controlling mit dieser Aufgabe betraut ist und die Tochtergesellschaft im Allgemeinen keine Auskunft darüber geben kann, wird das Konstrukt nur bei der Befragung der Zentrale verwendet. Durch eine lineare Transformation wird der Wertebereich der Variablen von Null bis Eins normiert, so dass für das höchste gemessene Aggregationsniveau der Wert Eins vergeben wird. Kulturabhängiges Kontrollverhalten

Mit dem Konstrukt „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ wird gemessen, inwieweit die Zentrale sicherstellt, dass bei der Kontrolle der Tochtergesellschaft durch das Controlling kulturelle Unterschiede zwischen Zentrale und Tochtergesellschaft berücksichtigt werden. Hierzu werden Fragen zu dem Controller in der Zentrale, der die betreffende Tochtergesellschaft hauptsächlich betreut, gestellt und um eine Bewertung auf einer Sieben-Punkt-Likert-Skala gebeten. Diese betreffen, wie in Tabelle 10 dargestellt, Sprachkenntnisse (Indikator 1), Maßnahmen zum Kennenlernen der Landeskultur der Tochtergesellschaft (Indikatoren 2-3) und berufliche Erfahrung (Indikator 4).

593

Wenn mehrere Tochtergesellschaften in einem Bericht beschrieben werden, wird nur der Anteil berücksichtigt, der die betrachtete Tochtergesellschaft betrifft.

141

Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen über den für die Tochtergesellschaft in der Zentrale verantwortlichen Controller? 1. Der für die Tochtergesellschaft verantwortliche Controller in der Zentrale hat ausgezeichnete Kenntnisse der Landessprache der Tochtergesellschaft. 2. Der Controller lernt regelmäßig durch geeignete Maßnahmen (z. B. interkulturelle Trainings) die Kultur des Landes, in der die Tochtergesellschaft sich befindet, kennen. [nur Zentrale] 3. Der für die Tochtergesellschaft verantwortliche Controller in der Zentrale kann kulturell bedingte Unterschiede im Verhalten der Mitarbeiter der Tochtergesellschaft identifizieren. 4. Der für die Tochtergesellschaft verantwortliche Controller in der Zentrale war bereits mehrere Jahre beruflich in dem Land, in dem die Tochtergesellschaft sich befindet, tätig. [nur Zentrale] Tabelle 10: Indikatoren des Konstrukts „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ Angleichung von Zielen

Die Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ wird in zwei Dimensionen untersucht. Zum einen wird die persönliche Interaktion zwischen höheren Führungskräften der Zentrale und der betreffenden Tochtergesellschaft objektiv gemessen. Dies geschieht über das Ausmaß der Reisetätigkeit dieser Führungskräfte, das auf einer siebenstufigen Skala in Tagen gemessen wird.594 Die einzelnen Indikatoren, die in Tabelle 11 dargestellt sind, sind eine geringfügige Modifikation des Konstrukts „vertical integrating mechanisms“ von O’Donnell (2000).595 Für die Beantwortung der folgenden Fragen über die Reisetätigkeit von Managern sind Schätzungen ausreichend. Zählen Sie zum Führungsgremium der Tochtergesellschaft bitte nur den Gesamt-Geschäftsführer und den kaufmännischen Geschäftsführer. 1. Wie viele Tage pro Jahr verbringen Mitglieder des Führungsgremiums der Tochtergesellschaft in der Zentrale? 2. Wie viele Tage pro Jahr verbringen Mitglieder des Führungsgremiums der Tochtergesellschaft bei Trainingsprogrammen, an denen auch Vertreter der Zentrale teil3. Wie viele Tage pro Jahr verbringen höhere Führungskräfte der Zentrale in der Tochtergesellschaft? Tabelle 11: Indikatoren der Dimension Reisetätigkeit des Konstrukts „Angleichung von Zielen“

594 595

Die sieben Bereiche sind 0, 1-2, 3-4, 5-6, 7-8, 9-10 und mehr als 10 Tage. Vgl. O’Donnell (2000), S. 536 und S. 548.

142

Zum anderen wird die Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ durch Maßnahmen der Zentrale gemessen, auch in der Tochtergesellschaft unternehmensweit eine einheitliche Unternehmenskultur und ein Wertesystem sicherzustellen. Die zugehörigen Indikatoren, die auf einer Sieben-Punkt-Likert-Skala gemessenen werden, sind in Tabelle 11 dargestellt. Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen? 1. Neue Mitarbeiter der Tochtergesellschaft erhalten eine von der Zentrale festgelegte Einführung. 2. Wir haben eine weltweit einheitliche Unternehmenskultur, die auch in der Tochtergesellschaft gelebt wird. 3. Vorhandene Mitarbeiter der Tochtergesellschaft werden in regelmäßigen Trainingsprogrammen in den Werten unseres Unternehmens unterrichtet. 4. Die Zentrale stellt durch geeignete Maßnahmen sicher, dass die Mitarbeiter der Tochtergesellschaft die Werte unseres Unternehmens leben. Tabelle 12: Indikatoren der Dimension Unternehmenskultur/Werte des Konstrukts „Angleichung von Zielen“ Einsatz von Gruppenkontrolle

Gruppenkontrolle wird auf der Ebene des Vorstandes der Tochtergesellschaft betrachtet. Dies ist deshalb sinnvoll, weil Gruppenkontrolle auf der höchsten Hierarchieebene die größte Wirkung erzielt.596 Zudem sind bei kleineren Tochtergesellschaften niedrigere Hierarchieebenen teilweise gar nicht vorhanden. Andere Vorstandsmitglieder, die ebenfalls Gruppenkontrolle auf die restlichen Vorstände ausüben könnten, werden nicht berücksichtigt, da in vielen (kleineren) Tochtergesellschaften nicht mehr als zwei Vorstände existieren und somit die Messung zugunsten größerer Tochtergesellschaften verzerrt würde. Zur Messung der Gruppenkontrolle in der Tochtergesellschaft werden zwei Fragen zur Nationalität des Gesamt-Geschäftsführers und des kaufmännischen Geschäftsführers (falls vorhanden) gestellt. Die zugehörige Skala lautet „deutsch“, „nicht deutsch, aber bereits mindestens zweijährige Tätigkeit in der Zentrale“ und „nicht deutsch, weniger als zweijährige Tätigkeit in der Zentrale“. Das höchste Niveau der Variablen Gruppenkontrolle liegt dann vor, wenn mindestens einer der beiden genannten Vorstände deutsch ist. Sind beide nicht deutsch, hat aber

596

Vgl. analog Chang/Taylor (1999), S. 554, und O’Donnell (2000), S. 535 f.

143

einer der beiden mehr als zwei Jahre in der Zentrale gearbeitet, liegt ein mittleres Niveau von Gruppenkontrolle vor. Trifft auch das nicht zu, liegt keine Gruppenkontrolle vor. Unterstützung durch Informationstechnologie (IT)

Das Konstrukt „Unterstützung durch Informationstechnologie“ misst die Qualität der ITUnterstützung des regelmäßigen Berichtswesens zwischen Zentrale und Tochtergesellschaft auf einer Sieben-Punkt-Likert-Skala. Der Idealfall wären vollständig kompatible und integrierte IT-Systeme in Zentrale und Tochtergesellschaft mit der technischen Möglichkeit für die Zentrale, auf das IT-System der Tochtergesellschaft direkt zuzugreifen. Entsprechend sind die in Tabelle 13 dargestellten Indikatoren des selbst entwickelten Konstrukts formuliert.597 Im Folgenden geht es um das IT-System, das für die Berichterstattung verwendet wird. Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen zum IT-System der Tochtergesellschaft und seine Anbindung an das IT-System der Zentrale? 1. Das IT-System der Tochtergesellschaft ist vollständig zu dem in der Zentrale verwendeten IT-System kompatibel. 2. Im Rahmen der regelmäßigen Berichterstattung fallen bei der Tochtergesellschaft ständig Zusatzarbeiten (z. B. Überleitungsrechnungen in Excel) an. [revers kodiert] 3. Die Zentrale hat einen direkten Zugriff auf das IT-System der Tochtergesellschaft. 4. Es gibt eine Schnittstelle, mit der die IT-Systeme von Zentrale und Tochtergesellschaft verknüpft werden. 5. Insgesamt wird das Berichtswesen zwischen Tochtergesellschaft und Zentrale perfekt durch IT-Systeme unterstützt. Tabelle 13: Indikatoren des Konstrukts „Unterstützung durch Informationstechnologie“

6.3.5 Operationalisierung der Erfolgsgrößen Kontrollerfolg

Da für den Kontrollerfolg kein Konstrukt in der Literatur existiert, muss dieses neu entwickelt werden. Der Kontrollerfolg hat die beiden Dimensionen Informationsversorgung und Verhaltenssteuerung, die den in Abschnitt 3.1 beschriebenen Hauptzielen der Kontrolle entsprechen. Da der Erfolg der Kontrolle der ausländischen Tochtergesellschaften nur sinnvoll aus Sicht

597

Ein vergleichbares Konstrukt existiert noch nicht.

144

der Zentrale angegeben werden kann, wird in den befragten Tochtergesellschaften stattdessen deren Einstellung zur Kontrolle gemessen. Wie schätzen Sie die folgenden Aussagen in Bezug auf die Tochtergesellschaft ein? 1. Im Rahmen der Berichterstattung erhalten wir die Kennzahlen der Tochtergesellschaft stets pünktlich bis zum vorgegebenen Termin. 2. Die Tochtergesellschaft liefert angeforderte Prognosewerte für wichtige Kennzahlen stets pünktlich bis zum vorgegebenen Termin. 3. Die von der Tochtergesellschaft gelieferten Kennzahlen sind bereits im ersten Anlauf stets korrekt. 4. Es kommt häufig vor, dass die Tochtergesellschaft fehlerhafte Kennzahlen liefert. [revers kodiert] 5. Die von der Tochtergesellschaft gelieferten Prognosewerte erweisen sich stets als plausibel. 6. Die vom Controlling erstellten Prognosewerte für wichtige Kennzahlen erlauben stets eine gute Abschätzung der endgültigen Zielerreichung. 7. Die Tochtergesellschaft berechnet die berichteten Kennzahlen stets auf der Basis der vorgegebenen Definitionen und Verfahrensanweisungen. 8. Die Struktur der Berichte der Tochtergesellschaft entspricht der erwünschten Struktur. 9. Unsere Kontrollmechanismen führen dazu, dass das Management der Tochtergesellschaft sich den bei der Planung vereinbarten Zielen verpflichtet fühlt. 10. Eine andere Gestaltung der Kontrolle würde eine schlechtere Zielerreichung bei der Tochtergesellschaft zur Folge haben. 11. Das Management der Tochtergesellschaft verfolgt neben den vereinbarten Zielen auch dazu nicht konforme Eigeninteressen. [revers kodiert] Tabelle 14: Indikatoren des Konstrukts „Kontrollerfolg“

Die Dimension Informationsversorgung des in Tabelle 14 dargestellten Konstrukts „Kontrollerfolg“ misst im Wesentlichen die pünktliche Abgabe (Indikatoren 1-3) sowie die Korrektheit (Indikatoren 4-7) der von der Tochtergesellschaft an die Zentrale berichteten Kennzahlen und Prognosewerte. Die Dimension Verhaltenssteuerung wird durch drei Indikatoren zu den verwendeten Kontrollmechanismen erfasst (Indikatoren 8-11). Einstellung der Tochtergesellschaft zur Kontrolle

Die Einstellung der Tochtergesellschaft zur Kontrolle bezieht sich wieder auf Maßnahmen der Zentrale zur Informationsversorgung und zur Verhaltenssteuerung. Die Fragen zu der Informationsversorgung betreffen die Meinung der Tochtergesellschaft zu der Angemessenheit der

145

Berichtsanforderungen der Zentrale (Indikatoren 1-4) und der möglichen Verwendung der an die Zentrale gelieferten Berichte für interne Zwecke (Indikator 5). Die Wirkung verhaltenssteuernder Maßnahmen auf die Tochtergesellschaft wird mit drei Indikatoren gemessen, die sich ebenfalls auf das Berichtswesen zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften beziehen. Diese betreffen die Verwendung der Kennzahlen zur internen Steuerung der Tochtergesellschaft, die Auswirkungen des Berichtswesens auf die Motivation und den Handlungsspielraum der Mitarbeiter der Tochtergesellschaft (Indikatoren 6-8). Die genannten Indikatoren sind überblicksartig in Tabelle 15 aufgelistet. Sowohl der Kontrollerfolg als auch die Einstellung der Tochtergesellschaft zur Kontrolle werden auf einer Sieben-Punkt-Likert-Skala gemessen. Wie schätzen Sie die folgenden Aussagen zu den Berichtsanforderungen der Zentrale ein? 1. Die Frequenz der für die Zentrale zu erstellenden Berichte ist angemessen. 2. Der Umfang der für die Zentrale zu erstellenden Berichte ist angemessen. 3. Das Detailniveau der für die Zentrale zu erstellenden Berichte ist angemessen. 4. Das Berichtswesen an die Zentrale ist sehr aufwendig. [revers kodiert] 5. Die Manager der Tochtergesellschaft verwenden die für die Zentrale angefertigten Berichte, ohne dass diese geändert werden müssen. 6. Die an die Zentrale berichteten Kennzahlen sind auch die wichtigsten Kennzahlen bei der internen Steuerung der Tochtergesellschaft. 7. Die von der Zentrale ausgehenden Berichtsanforderungen haben negative Wirkungen auf unsere Motivation. [revers kodiert] 8. Die von der Zentrale ausgehenden Berichtsanforderungen engen den Handlungsspielraum unserer Tochtergesellschaft ein. [revers kodiert] Tabelle 15: Indikatoren des Konstrukts „Einstellung der Tochtergesellschaft zur Kontrolle“ Finanzieller Erfolg der Tochtergesellschaft

Der Erfolg eines Unternehmens kann grundsätzlich auf subjektive oder objektive Weise gemessen werden. Bei der subjektiven Messung wird ein Befragter um seine Einschätzung des Erfolgs gebeten, während bei der objektiven Messung Daten aus dem Rechnungswesen herangezogen werden. Die Vorgespräche zur Entwicklung haben ergeben, dass die meisten Unternehmen nicht bereit wären, objektive Daten über den Erfolg einer Tochtergesellschaft zur

146

Verfügung zu stellen.598 Diese objektiven Daten sind zudem nur in wenigen Fällen in öffentlich verfügbaren Quellen, wie z. B. Geschäftsberichten, zu finden. Daher wird der finanzielle Erfolg der Tochtergesellschaft subjektiv gemessen. Die subjektive Erfolgsmessung wird häufig kritisiert. Als Argument wird dann genannt, dass die Befragten zu einer Überschätzung ihres eigenen Erfolgs neigen.599 Dagegen spricht, dass Studien hohe korrelative Zusammenhänge zwischen subjektiven und objektiven Messverfahren ermittelt haben.600 Um diese Erkenntnis für die vorliegende empirische Untersuchung zu überprüfen, wird in Abschnitt 7.1.1 eine Überprüfung der Korrelation zwischen dem subjektiven und dem objektiven Messverfahren für diejenigen Tochtergesellschaften durchgeführt, für die objektive Erfolgsgrößen verfügbar sind. Ein wichtiger Vorteil der subjektiven gegenüber der objektiven Messung ist die automatische Berücksichtigung branchenbezogener Unterschiede in Bezug auf das Erfolgsniveau und somit die Herstellung der Vergleichbarkeit der Messwerte zwischen Unternehmen verschiedener Branchen.601 Als Konstrukt wurde das Erfolgsmaß von Govindarajan (1984) in einer etwas verkürzten Form verwendet.602 Dieses Konstrukt misst zunächst, wie in Tabelle 16 gezeigt, die Wichtigkeit von acht verschiedenen Kennzahlen bei der Festlegung von Zielen einer Tochtergesellschaft auf einer Sieben-Punkt-Likert-Skala.603 Diese dienen dann als Gewichte für die Bewertung der nachfolgenden Antworten zu der Zielerreichung der Tochtergesellschaft bei diesen in Tabelle 17 dargestellten Kennzahlen. Das Konstrukt hat den Vorteil, dass es zu den am häufigsten in empirischen Studien verwendeten Konstrukten zur subjektiven Erfolgsmessung gehört.604

598 599 600 601 602 603 604

Dieses Problem ist aus anderen empirischen Studien, die sich mit sensiblen Themen befassen, bekannt. Vgl. z. B. Garg/Walters/Priem (2003), S. 733, und Panayides (2004), S. 4. Vgl. z. B. Weber (2001), S. 534 f. Vgl. Dess/Robinson (1984), S. 279 f.; Venkatraman/Ramanujam (1986), S. 812; Covin/Slevin/Schultz (1994), S. 493. Vgl. Sapienza/Smith/Gannon (1988), S. 49-52. Vgl. Govindarajan (1984), S. 130. Govindarajan (1984) verwendet eine Fünf-Punkt-Likert-Skala. Beispiele für empirische Studien, die das Konstrukt verwenden, sind Gupta/Govindarajan (1984), S. 34; Gupta/Govindarajan (1986), S. 704; Govindarajan (1988), S. 836-838; Govindarajan/Fisher (1990), S. 269 f.; Covin/Slevin/Schultz (1994), S. 492, und Hassel/Cunningham (1996), S. 256.

147

Wie wichtig sind die folgenden Kennzahlen bei der Festlegung von Zielen für die Tochtergesellschaft (z. B. im Rahmen einer Budgetplanung)? 1. Return on Investment 2. Gewinn 3. Kostenentwicklung 4. Operativer Cash Flow 5. Entwicklung neuer Produkte 6. Umsatz 7. Marktanteil 8. Neukundengewinnung Tabelle 16: Indikatoren des Konstrukts „finanzieller Erfolg – Gewichtung Kennzahlen“

Wie war die Zielerreichung der Tochtergesellschaft im letzten Geschäftsjahr in den nachstehenden Dimensionen im Verhältnis zum unternehmensweiten Standard? 1. Return on Investment 2. Gewinn 3. Kostenentwicklung 4. Operativer Cash Flow 5. Entwicklung neuer Produkte 6. Umsatz 7. Marktanteil 8. Neukundengewinnung Tabelle 17: Indikatoren des Konstrukts „finanzieller Erfolg – Zielerreichung Kennzahlen“ Finanzieller Erfolg des gesamten MNU

Der finanzielle Erfolg des gesamten MNU wird über Größen aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung gemessen. Dies sind der Return on Assets 2005 (RoA), der durchschnittliche RoA von 2003-2005,605 der Return on Equity 2005 (RoE), der durchschnittliche RoE von 2003-2005 sowie das geometrische Mittel des Umsatzwachstums von 2003-2005 und von

605

Der RoA ist als der Quotient aus dem Ergebnis vor Steuern zuzüglich der Fremdkapitalzinsen und den Aktiva definiert.

148

2000-2005.606 Diese Maße erfassen sowohl die Ertragssituation (RoA und RoE) als auch die Wachstumsrate eines Unternehmens (Umsatzwachstum). Alle diese Maße zeichnet eine hohe praktische Relevanz aus: „they form a fairly comprehensive set of measures that companies pay considerable attention to and often serve as key performance indicators for top managers.“607 Bei der in Abschnitt 7.3.2 durchgeführten Erfolgsfaktorenanalyse wird den kurzfristigen Maßen jeweils das entsprechende längerfristige Maß gegenübergestellt (z. B. RoA 2005 und durchschnittlicher RoA von 2003-2005), da vermutet werden kann, dass viele der verwendeten Kontrollstrategien in unveränderter Form bereits seit längerem im Einsatz sind. Für diejenigen MNUs, für die diese Daten nicht vorlagen, konnte der finanzielle Erfolg hingegen nicht bestimmt werden, so dass diese bei den Schätzungen nicht berücksichtigt werden konnten.

6.4 Deskriptive Statistiken In diesem Abschnitt werden die deskriptiven Statistiken zu den gemessenen Variablen vorgestellt, und zwar getrennt nach der Art der Variablen, d. h. Einflussfaktoren, Kontrollvariablen, Kontrollstrategien und Erfolgsmaßen. Zu allen Variablen werden die Anzahl n der Elemente in der Stichprobe, das theoretische und das tatsächliche Minimum und Maximum, der Mittelwert, der Median und die Standardabweichung dargestellt. Die Bestandsaufnahme der Kontrollstrategien folgt dann in Abschnitt 7.2. In Tabelle 18 sind die deskriptiven Statistiken zu den Einflussfaktoren auf Kontrollstrategien dargestellt. Interessant ist der Vergleich des Durchschnittswerts von 3,3 für Zentralisierung der befragten deutschen MNUs mit den Ergebnissen aus anderen Studien, die Unternehmen aus anderen Ländern unter Verwendung desselben Konstrukts befragt haben. Ghoshal und Bartlett (1988) ermitteln für die Tochtergesellschaften eines japanischen Unternehmens einen Wert von 1,5,608 während Nohria und Gulati (1996) einen Wert von 2,7 für die befragten japanischen und europäischen Unternehmen feststellen.609 Demgegenüber zentralisieren deut-

606

Der RoE ist als der Quotient aus dem Ergebnis vor Steuern und dem bilanziellen Eigenkapital definiert. Nohria/Ghoshal (1994), S. 495 f. 608 Vgl. Ghoshal/Bartlett (1988), S. 380. 609 Vgl. Nohria/Gulati (1996), S. 1256. In dieser Studie werden nicht ausländische, sondern nationale Tochtergesellschaften der untersuchten MNUs befragt. 607

149

sche MNUs Entscheidungen, die ihre ausländischen Tochtergesellschaften betreffen, deutlich stärker als MNUs aus anderen Ländern. Theoretisch Variable

Tatsächlich Mittel- Median wert

Standardabweichung

1,00

0,2

0,1

0,20

0,9

5,6

2,0

1,5

1,05

100

0,9

68,0

24,5

30,6

18,27

5

1,2

5,0

3,3

3,3

0,84

N

Min

Max

Min

Branchenabhängige Prognoseunsicherheit

219

0

3,3

0,0

Kulturelle Distanz

219

0

5,6

Politische Unsicherheit

219

0

219

1

Max

Umweltunsicherheit:

Zentralisierung

Tabelle 18: Deskriptive Statistiken zu den Einflussfaktoren auf Kontrollstrategien

In Tabelle 19 ist ersichtlich, dass die befragten MNUs alle einen jährlichen Umsatz von über 1 Mrd. Euro haben und einen Großteil ihres Umsatzes im Ausland erwirtschaften (Mittelwert: 65%, Median: 72%). Im Durchschnitt verfügen sie in über 30 Ländern über Tochtergesellschaften und haben ein überwiegend sehr komplexes Geflecht von bis zu 394 ausländischen Tochtergesellschaften. Die Tochtergesellschaften, über die die MNUs Auskunft gegeben haben, sind durch eine stark unterschiedliche Größe gekennzeichnet. Wie in Tabelle 20 dargestellt, rangiert die Größe der Tochtergesellschaften bis zu einem Außenumsatz von 9,8 Mrd. Euro und von 10 bis 10.000 Mitarbeitern. Die meisten (188 der 219) Tochtergesellschaften sind hundertprozentige Beteiligungen, wodurch der hohe Mittelwert für die Beteiligungsquote von 95% zustande kommt. Insgesamt ist die relative Bedeutung der Tochtergesellschaften mit im Durchschnitt 4,3% Anteil an Umsatz und Mitarbeiterzahl hoch; sie beträgt im Maximum sogar 35,6%.

150

Theoretisch Variable

Tatsächlich Min

Max

Mittel- Median wert

Standardabweichung

N

Min

Max

Umsatz (in Mrd. Euro)

219

0

’

1,0

142,1

11,0

3,5

48,94

Mitarbeiter (in Tsd.)

219

0

’

3,1

384,7

44,9

24,2

62,27

Anteil Auslandsumsatz

219

0%

100%

4%

95%

Anzahl Länder mit Tochtergesellschaften

219

0

192

4

90

Komplexität Beteiligungscontrolling

219

0

’

4

394

RoE 2004

179



’

-33%

Größe:

Internationalisierungsgrad:

48%

65%

72%

18,17%

31,1

21

22,41

69,1

45

72,34

20%

11,97%

19%

Tabelle 19: Deskriptive Statistiken zu den Kontrollvariablen auf Ebene der MNUs Theoretisch Variable

Tatsächlich Min

Max

Mittel- Median wert

N

Min

Max

Außenumsatz (in Mrd. Euro)

214

0

’

0

9.800 229

56

Mitarbeiter

214

0

’

10

10.000 767

300

Größe

219

0%

100%

0,1%

Markt

219

1

Standardabweichung

Größe: 762,68 1.334,86

Relative Bedeutung:

Alter

219

0

Beteiligungsquote

219

0%

4,3%

2,1%

5,79%

7

1,8

7,0

4,6

4,6

1,20

’

0,5

84,0

16,2

10,0

15,20

50%

100%

100%

14,06%

100%

35,6%

95%

Tabelle 20: Deskriptive Statistiken zu den Kontrollvariablen auf Ebene der Tochtergesellschaften

Tabelle 21 zeigt, dass etwa die Hälfte der Tochtergesellschaften Muttergesellschaften haben, die börsennotiert sind; 43,4% gehören zu Familienunternehmen. Die Tochtergesellschaften haben überwiegend (91,8%) einen eigenen Marketing/Vertrieb und eigene Produktionsanlagen (61,6%), jedoch sind nur in 30,1% der Tochtergesellschaften Forschung bzw. Entwicklung vorhanden. Es handelt sich bei den Tochtergesellschaften überwiegend um Eigengrün-

151

dungen der betrachteten MNUs (55,3%), sie sind aber auch zu einem großen Teil akquiriert worden (33,3%) oder als Joint Venture entstanden (11,4%). Der größte Teil der Tochtergesellschaften gehört zu einem MNU, das in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (61,2%) organisiert ist.610 Variable

N

Merkmal vorhanden

Anteil Merkmal nicht vorhanden

Anteil

MNU: Börsennotierung

219

109

49,8%

110

50,2%

Familienunternehmen

219

95

43,4%

124

56,6%

Tochtergesellschaft: Forschung/Entwicklung

219

66

30,1%

153

69,9%

Produktion

219

135

61,6%

84

38,4%

Marketing/Vertrieb

219

201

91,8%

18

8,2%

Tabelle 21: Deskriptive Statistiken zu den nominal skalierten Kontrollvariablen

Da eine detaillierte Bestandaufnahme der zur Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften verwendeten Kontrollstrategien in Abschnitt 7.2 erfolgt, sind in Tabelle 22 lediglich die deskriptiven Statistiken verzeichnet. Theoretisch Variable

Tatsächlich Mittel- Median wert

Standardabweichung

6,0

4,9

5,0

0,48

5,5

4,6

4,8

0,50

1,0

7,0

5,0

5,3

1,80

1

0,0

1,0

0,9

0,9

0,22

1

7

1,0

7,0

3,0

2,8

1,40

219

1

7

1,7

6,0

3,9

3,9

0,96

219

1

3

1,0

3,0

2,0

2,0

0,96

219

1

7

1,0

7,0

3,9

3,6

1,81

N

Min

Max

Min

Ergebniskontrolle

219

1

7

3,5

Verfahrenskontrolle

219

1

7

3,0

Prämissenkontrolle

219

1

7

Aggregation von Informationen

219

0

Kulturabhängiges Kontrollverhalten

219

Angleichung von Zielen Gruppenkontrolle IT-Unterstützung

Max

Tabelle 22: Deskriptive Statistiken zu den Kontrollstrategien

610

Die GmbH macht einen Anteil von 10,5%, die GmbH & Co. KG einen Anteil von 12,3%, die KG einen Anteil von 9,1% und die KGaA einen Anteil von 6,9% aus.

152

Bei der Betrachtung der deskriptiven Statistiken zu den Erfolgsmaßen in Tabelle 23 fällt auf, dass es eine große Streuung beim Unternehmenserfolg der MNUs gibt. Zwar sind die Mittelwerte aller Erfolgsmaße positiv, jedoch gibt es auch Unternehmen, die deutlich negative Erfolgskennziffern aufweisen. Theoretisch Variable

Tatsächlich

Max

219

1

7

3,5

7,0

5,5

5,5

0,71

68

1

7

2,1

7,0

4,9

5,1

1,17

219

1

7

1,0

7,0

4,5

4,6

1,36

RoA 2005

178



’

-9,1%

19,9%

7,4%

7,6%

6,19%

Durchschnittlicher RoA von 2003-2005

178



’

-10,2%

18,6%

6,7%

6,1%

5,42%

RoE 2005

179



’

-36,6%

41,4%

16,4%

18,4%

15,86%

Durchschnittlicher RoE von 2003-2005

179



’

-37,1%

38,6%

14,4%

15,1%

14,01%

Durchschnittliches Umsatzwachstum von 2003-2005

209



’

-11,5%

26,8%

5,0%

4,4%

6,94%

Durchschnittliches Umsatzwachstum von 2000-2005

209



’

-17,0%

20,6%

6,3%

6,7%

6,59%

Einstellung der Tochtergesellschaft zur Kontrolle Unternehmenserfolg Tochtergesellschaft

Max

Standardabweichung

Min

Kontrollerfolg

Min

Mittel- Median wert

N

Unternehmenserfolg MNU:

Tabelle 23: Deskriptive Statistiken zu den Erfolgsmaßen

6.5 Analysemethoden In den folgenden Abschnitten werden die Analysemethoden beschrieben, die in Kapitel sieben für die Bestimmung der Ergebnisse der empirischen Untersuchung verwendet werden. Dies sind die verschiedenen Verfahren zur Berechnung des Interrater-Agreements und der Interrater-Reliabilität, die multiple Regressionsanalyse, die logistische Regression, die Prüfung moderierender Effekte im Rahmen der Regressionsanalyse und die Bestimmung von Gruppen über die Clusteranalyse. Dabei liegt das Augenmerk nicht nur auf einer Beschreibung der Verfahren, sondern auch auf der Art und Weise, wie sie in der vorliegenden Arbeit angewandt werden.

153

6.5.1 Berechnung von Interrater-Agreement und Interrater-Reliabilität Bewerten zwei oder mehr Personen (Rater) denselben Sachverhalt, stellt sich die Frage nach der Übereinstimmung und der Reliabilität ihrer Bewertungen. Hierfür wurden Maße entwickelt, die im Folgenden vorgestellt werden und im Rahmen dieser Arbeit für die Beurteilung der Antworten der Zentrale und den Tochtergesellschaften eingesetzt werden. Grundsätzlich können Inkongruenzen zwischen den Urteilen von Ratern zwei Ursachen haben. Zum einen ist es möglich, dass die Rater nicht genau dasselbe Merkmal bewerten. Zum anderen können unterschiedliche Urteile zustande kommen, weil die Rater denselben Sachverhalt auf einem unterschiedlich hohen Skalenniveau bewerten. Beispielsweise wäre es möglich, dass ein Lehrer systematisch höhere Noten vergibt als ein anderer. Außer Acht gelassen werden dabei andere Gründe mangelnder Übereinstimmung und Reliabilität, wie z. B. schwache interne Konsistenz einer Skala, die nicht spezifisch für den Fall mehrerer Rater sind. Maße zur Messung des Interrater-Agreements zwischen Ratern „machen eine Aussage darüber, inwieweit verschiedene Rater verschiedene Objekte jeweils exakt gleich beurteilen“; sie können für beliebige Skalen berechnet werden.611 Einen anderen Sachverhalt fangen Maße der Interrater-Reliabilität ein, die nur für mindestens ordinal skalierte Variablen definiert sind. Sie „quantifizieren das Ausmaß, in dem jede einzelne Person von den verschiedenen Ratern ähnlich weit unter beziehungsweise über dem Durchschnitt der untersuchten Stichprobe liegend eingeschätzt wird.“612 Da die Wahl des Maßes von der Skala, mit der eine Variable gemessen wird, abhängt, werden die Maße im Folgenden getrennt für Nominal-, Ordinal- und Intervall-Skalen beschrieben. Für nominale Skalen werden die beiden Maße prozentuale Übereinstimmung und Cohens Kappa verwendet. Die prozentuale Übereinstimmung (PÜ) gibt den prozentualen Anteil der Fälle an, in denen mehrere Rater genau das gleiche Urteil abgeben.613 Sie hat zwar den Vorteil der Anschaulichkeit, ist allerdings nur beschränkt aussagekräftig, da ihr nicht zu entnehmen ist, um wie viel größer die Übereinstimmung der Rater ist, als sie bei rein zufälligem Raterverhalten zu erwarten wäre. Die Anzahl der zu erwartenden Zufallsübereinstimmungen

611

Wirtz/Caspar (2002), S. 34. Hervorhebung im Original gelöscht. Wirtz/Caspar (2002), S. 36. Hervorhebung im Original gelöscht. 613 Jones et al. (1983), S. 510. Die paarweise prozentuale Übereinstimmung für den Fall mehrerer Rater wird hier nicht behandelt, da in der vorliegenden Arbeit nur zwei Rater befragt wurden. 612

154

hängt von der Anzahl der Kategorien, der Anzahl der Rater sowie der Häufigkeit, mit der die einzelnen Kategorien gewählt werden, ab.614 Somit sind PÜs aus verschiedenen Untersuchungen nicht miteinander vergleichbar. Diesem Nachteil begegnet das in empirischen Untersuchungen häufig verwendete zufallskorrigierte Übereinstimmungsmaß Cohens Kappa (ț). Es ist für den Fall zweier Rater wie folgt definiert:615 ț=

P0 − Pe , 1 − Pe

wobei P0 den relativen Anteil der Fälle, in denen beide Rater identische Urteile abgegeben haben und Pe den relativen Anteil der Übereinstimmungen bei zufälligem Raterverhalten bezeichnen. Die Schwellenwerte für Cohens Kappa, ab denen von einer guten Übereinstimmung der Rater gesprochen werden kann, hängen vom gemessenen Sachverhalt und Merkmalen des Raterverhaltens und der Datenverteilung ab. Trotzdem geben einige Autoren Richtwerte an; zumeist wird angegeben, dass ein ț von mindestens 0,75 auf eine sehr gute, ein ț größer als 0,6 und kleiner als 0,75 auf eine gute sowie ein ț zwischen 0,4 und 0,6 auf eine akzeptable Übereinstimmung hindeuten.616 Dieser Faustregel wird in der vorliegenden Arbeit gefolgt. Wegen ihrer hohen Anschaulichkeit wird auch stets die PÜ angegeben. Für ordinal skalierte Variablen kann anders als bei nominal skalierten Variablen neben dem Interrater-Agreement auch die Interrater-Reliabilität bestimmt werden. In der Regel wird bei Ordinalskalen allerdings kein hohes Interrater-Agreement, sondern es werden lediglich relativ ähnliche Urteile durch die Rater gefordert.617 Daher beschränkt sich diese Arbeit auf die Berechnung von Maßen zur Bestimmung der Interrater-Reliabilität. Es gibt zwei Ursachen mangelnder Interrater-Reliabilität, die beide überprüft werden. Erstens können die Rater grundsätzlich unterschiedliche Ausprägungen einer Skala bevorzugen. Zweitens ist es möglich, dass die Urteile der Rater trotz gleicher Verwendung der Skalen aus anderen Gründen, z. B. aufgrund fehlerhafter Urteile, divergieren.

614

Vgl. Wirtz/Caspar (2002), S. 50f. Vgl. Cohen (1960), S. 40. 616 Vgl. Fleiss/Cohen (1973), S. 618. 617 Vgl. Wirtz/Caspar (2002), S. 127 f. 615

155

Um den ersten Effekt unterschiedlicher Skalenpräferenzen zu untersuchen, wird der Wilcoxon-Test verwendet.618 Er prüft, ob die Werte, die von zwei Ratern vergeben werden, im Durchschnitt systematisch voneinander abweichen. Somit kann also ermittelt werden, ob ein Rater grundsätzlich höhere oder niedrigere Werte einer Skala präferiert. Die Quantifizierung des zweiten Effekts, also mangelnder Konsistenz, erfolgt über die Berechnung des Korrelationsmaßes Spearmans ȡ. Es berechnet sich wie folgt:619 n

ȡ = 1−

6¦ [Rg (x i ) − Rg (y i )] i =1

2

n (n 2 − 1)

,

wobei Rg(xi) bzw. Rg(yi) der Rang der Ausprägung xi bzw. yi nach der Anordnung aller n xWerte bzw. y-Werte der Größe nach ist. Spearmans ȡ hat einen Wertebereich von -1 bis 1, wobei höhere Werte auf eine höhere Interrater-Reliabilität hindeuten. Zur Bestimmung der Interrater-Reliabilität intervallskalierter Variablen werden wiederum eigene Verfahren eingesetzt. Im Rahmen dieser Arbeit wird die Intraklassenkorrelation (ICC) in Verbindung mit geeigneten statistischen Tests eingesetzt. Sie bietet gegenüber der ProduktMoment-Korrelation, dem am weitesten verbreiteten statistischen Zusammenhangsmaß, den Vorteil, dass flexibel entschieden werden kann, ob Mittelwertsunterschiede zwischen mehreren Ratern zu Lasten der Güte des Zusammenhangs (unjustierte Maße) gehen sollen, oder ob Mittelwertsunterschiede die Korrelationsschätzung nicht beeinträchtigen sollen (justierte Maße).620 Mittelwertsunterschiede zwischen Ratern sind, wie oben beschrieben, einer von zwei Gründen für mangelnde Reliabilität und sollten daher aufgedeckt werden. Die ProduktMoment-Korrelation ist hingegen immer ein justiertes Maß und kann keine Mittelwertunterschiede berücksichtigen.621

618

Vgl. Bortz (1989), S. 183-186. Vgl. Schaich (1990), S. 284. Falls innerhalb der x-Werte oder innerhalb der y-Werte identische Werte auftreten, wird die Formel in modifizierter Form verwendet. 620 Vgl. Shrout/Fleiss (1979), S. 420; Wirtz/Caspar (2002), S. 168-172. 621 Justierte Maße sind dann sinnvoll einsetzbar, wenn Mittelwertsunterschiede der Rater nicht ins Gewicht fallen, weil die Rangfolge getrennt für die Rater bestimmt und auf Basis dieser Rangfolgen eine Auswahl getroffen wird. Dies ist beispielsweise bei der Förderung von Sportlern auf Basis der in ihrer Region erzielten Ergebnisse der Fall. 619

156

Für diese Arbeit ist es bedeutsam, wenn eine Tochtergesellschaft für die Variablen systematisch höhere oder niedrigere Werte vergibt. Daher wird zur Reliabilitätsbeurteilung die strengere unjustierte ICC verwendet. Sie kann wie folgt geschätzt werden:622 ICC unjust =

ıˆ s2 MSs − MS e = , ıˆ + ıˆ 2r MSs + (k − 1)MS e 2 s

wobei ıˆ s2 die Schätzung für die Varianz der wahren Werte, ıˆ 2r die Schätzung der Varianz der Abweichungen der Ratingwerte vom personenspezifischen wahren Wert, MSs den Erwartungswert der in einer Varianzanalyse berechneten Schätzungen für die Varianz (Mean Square) zwischen verschiedenen ermittelten Werten, MSe den Erwartungswert der Schätzung der Varianz der Ratingwerte und k die Anzahl der Rater bezeichnet. Die ICC kann Werte von Null bis Eins annehmen, wobei höhere Werte eine höhere Reliabilität angeben.623 Voraussetzung zur Verwendung der ICCunjust als Reliablilitätsmaß ist, dass die Rater eine repräsentative Stichprobe aller Rater darstellen, für die die Reliabilitätsaussage gelten soll. Diese Voraussetzung ist in der vorliegenden Arbeit erfüllt, da die antwortenden Tochtergesellschaften eine zufällig gezogene Stichprobe aus der Gesamtheit der möglichen Tochtergesellschaften sind. Varianzunterschiede zwischen den Verteilungen der von den Ratern vergebenen Ratings werden als die ICC verringernd gewertet. In der Literatur wird daher vorgeschlagen, die Varianzhomogenität der Rater mit dem Levene-Test zu überprüfen, um den Einfluss dieser Fehlerquelle abschätzen zu können.624 In der vorliegenden Untersuchung ist von einem großen Einfluss dieser Fehlerquelle auszugehen, da jedes Rating der Tochtergesellschaft von einer anderen Person vorgenommen wurde. Trotzdem ist der Levene-Test nicht sinnvoll anwendbar, da jede antwortende Tochtergesellschaft als einzelner Rater anzusehen ist und somit die Anzahl der Rater exorbitant hoch ist. Daher wird auf die Anwendung des Levene-Tests verzichtet. Ein weiterer Einflussfaktor, der sich verringernd auf die Interrater-Reliabilität auswirkt, ist, wie bereits beschrieben, ein Mittelwertunterschied zwischen den Ratern. Um Mittelwertunterschiede festzustellen, wird über eine zweifaktorielle Varianzanalyse die Signifikanz der Mittelwertunterschiede überprüft. Sind die Mittelwertunterschiede signifikant, wirken sich diese

622

Vgl. Rousson/Gasser/Seifert (2003), S. 18. Negative Werte für die ICC sind zwar auch möglich, diese sind aber als ICC von Null zu interpretieren. 624 Vgl. Wirtz/Caspar (2002), S. 180. Für eine detaillierte Beschreibung des Levene-Tests vgl. Büning (2002), S. 915 f. 623

157

negativ auf die Interrater-Reliabilität aus.625 Bei der vorliegenden Untersuchung ist auch die Interpretation der Mittelwertunterschiede interessant, wenn beispielsweise die ausländischen Tochtergesellschaften das Ausmaß der Anwendung einer Kontrollstrategie anders als die Zentrale einschätzen. In der vorliegenden Arbeit werden vier Maße verwendet, die nur annährend intervallskaliert sind. Daher wird der Empfehlung von Wirtz und Caspar (2002) gefolgt, die fordern, in diesem Fall die Interrater-Reliabilität mit den vorgestellten Maßen für ordinal skalierte und intervallskalierte Variablen zu berechnen und die Ergebnisse zu vergleichen.626 Deuten die Reliabilitätsmaße sowohl für ordinal skalierte als auch für intervallskalierte Variablen auf eine zufrieden stellende Reliabilität hin, ist das Skalenniveau nicht kritisch, so dass von einer Intervallskalierung ausgegangen werden kann. Weisen nur die Maße für ordinal skalierte Variablen zufrieden stellende Werte auf, wird hingegen von einer Ordinalskalierung der Variablen ausgegangen.

6.5.2 Multiple Regressionsanalyse Die Regressionsanalyse hat das Ziel, eine abhängige Variable durch eine oder mehrere unabhängige Variablen zu erklären bzw. zu prognostizieren. Im Falle einer unabhängigen Variablen wird von einer einfachen, bei mehreren unabhängigen Variablen von einer multiplen Regressionsanalyse gesprochen. Neben dem einfachsten Fall eines linearen Zusammenhangs zwischen den unabhängigen und der abhängigen Variablen sind auch nichtlineare Zusammenhänge denkbar, wie z. B. konkave, logarithmische oder logistische Zusammenhänge.627 Da die einfache auch als Sonderfall der multiplen Regressionsanalyse zu betrachten ist und keine nichtlinearen Zusammenhänge untersucht werden sollen, wird im Folgenden nur auf die multiple lineare Regressionsanalyse eingegangen. Grundlegende Voraussetzung zur Anwendung der Regressionsanalyse ist eine metrische Skalierung der abhängigen Variablen. Ist die abhängige Variable nicht metrisch skaliert, wird das Verfahren der logistischen Regression angewandt, das in Abschnitt 6.5.3 beschrieben wird.

625

Vgl. McGraw/Wong (1996), S. 31-33. Vgl. Wirtz/Caspar (2002), S. 126 f. 627 Nichtlineare Zusammenhänge lassen sich durch geeignete Transformationen häufig in lineare Zusammenhänge verwandeln. 626

158

Für die Durchführung der Regressionsanalyse wird ein fünfstufiges Vorgehen empfohlen:628 (1) Zunächst wird das sachlich zugrunde liegende Ursache-Wirkungs-Modell in Form einer linearen Regressionsbeziehung formuliert. (2) Im Anschluss an die Modellformulierung wird die Regressionsfunktion geschätzt. (3) In einem dritten Schritt ist die Güte der Regressionsfunktion zu kontrollieren. (4) Wird ein signifikanter Zusammenhang zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen gefunden, ist jeder Regressionskoeffizient noch einzeln zu überprüfen. (5) Zuletzt müssen die Prämissen des Regressionsmodells überprüft werden. Formulierung der Regressionsbeziehung

Im ersten Schritt, der Formulierung der Regressionsbeziehung, treten methodische Fragen zugunsten von inhaltlichen Gesichtspunkten in den Hintergrund. Es sollte dasjenige Modell gewählt werden, das die vermutete Ursache-Wirkungs-Beziehung am besten beschreibt. Hierzu ist es ratsam, theoretische Überlegungen anzustellen. Schätzung der Regressionsfunktion

Nach seiner Formulierung wird das lineare Regressionsmodell geschätzt. Die Schätzung der

ˆ in folgender Funktion:629 abhängigen Variablen Y erfolgt dabei über die Variable Y n

ˆ = b + ¦b x Y 0 i i i =1

Hierbei bezeichnet b0 ein konstantes Glied, bi die Regressionskoeffizienten und xi die n unabhängigen Variablen. Im Falle nur einer unabhängigen Variablen bildet die Funktion eine Gerade und wird dann als Regressionsgerade bezeichnet. Sie ist durch das konstante Glied und

ˆ an, wenn die Regressionskoeffizienten bestimmt. Das konstante Glied gibt den Wert von Y alle xi den Wert Null annehmen. Die Regressionskoeffizienten spezifizieren den Verlauf der Regressionsfunktion. Die Schätzung des konstanten Glieds und der Regressionskoeffizienten

628 629

Vgl. Backhaus (2003), S. 51-93. Vgl. Cohen (2003), S. 79.

159

erfolgt auf der Basis von K Beobachtungen.630 Zur Schätzung wird das Modell wie folgt formuliert:631 n

y k = b 0 + ¦ b i x ik + e k i =1

Dabei stellt yk den k-ten Beobachtungswert der abhängigen Variablen und xik die zugehörige Ausprägung der unabhängigen Variablen i bei der k-ten Beobachtung dar. Die im Regressionsmodell nicht erfassten Einflussgrößen haben Abweichungen von der Regressionsfunktion zur Folge. Diese Abweichungen repräsentiert die Variable ek für die k-te Beobachtung. Somit lässt sich die Residualgröße ek also als Differenz zwischen dem Beobachtungswert der abhänˆ für xk darstellen: gigen Variablen Yk für xk und dem Schätzwert Y k e k = y k − yˆ k

Die Zielsetzung der Regressionsanalyse besteht darin, die Residualgröße bei der Schätzung des konstanten Glieds und der Regressionskoeffizienten möglichst klein zu halten, um die Variation der abhängigen Variablen möglichst vollständig auf Variationen der unabhängigen Variablen zurückführen zu können. Diese Zielsetzung stellt ein Minimierungsproblem dar, das wie folgt formuliert werden kann:632 K

¦e k =1

2

2 k

K n ª º = ¦ « y k − (b 0 + ¦ b i x ik )» → min! k =1 ¬ i =1 ¼

Die Schätzung des konstanten Glieds b0 und der Regressionskoeffizienten bi erfolgt somit, indem die quadrierten Residuen minimiert werden. Dieses Verfahren wird daher auch als „Methode der kleinsten Quadrate“ bezeichnet. Die Regressionskoeffizienten sind direkt zu interpretieren, und zwar als der marginale Effekt der Änderung der zugehörigen unabhängigen Variablen. Sollen allerdings Aussagen über die Stärke des Einflusses einer unabhängigen Variablen xi im Verhältnis zu den anderen unabhängigen Variablen getroffen werden, ist dies erst möglich, wenn die Regressionskoeffizienten bi wie folgt standardisiert werden:

630

Dabei muss die Anzahl der Beobachtungen K größer als die Anzahl der unabhängigen Variablen sein. Vgl. Backhaus (2003), S. 58. 632 Vgl. Backhaus (2003), S. 58. 631

160

b ȕi = b i

ı xi ıy

Hierbei bezeichnet ı x i die Standardabweichung der unabhängigen Variablen xi und ı y die Standardabweichung der abhängigen Variablen y. Die standardisierten Regressionskoeffizienten b ȕi werden auch Beta-Werte genannt. Überprüfung der Güte der Regressionsfunktion

Der anschließende dritte Schritt der Durchführung der Regressionsanalyse umfasst die Prüfung der Güte der Regressionsfunktion. Hierzu gehören zwei Vorgänge: Zum einen ist die Regressionsfunktion als Ganzes zu prüfen, um festzustellen, wie gut die abhängige Variable Y durch das Regressionsmodell erklärt wird. Zum anderen muss ermittelt werden, inwieweit jeder einzelne Regressionskoeffizient bi für sich genommen zur Erklärung der abhängigen Variablen Y beiträgt.633 Nachfolgend werden zu den beiden Vorgängen gehörende Prüfverfahren beschrieben. Die Prüfung der Regressionsfunktion als Ganzes kann durch das Bestimmtheitsmaß, die FStatistik und den Standardfehler erfolgen. Das Bestimmtheitsmaß gibt die Güte der Anpassung der Regression an die empirischen Daten an. Es zerlegt die Gesamtstreuung der Regressionsfunktion in einen erklärten und einen nicht erklärten Anteil. Hierzu wird die Streuung der Beobachtungswerte yk um den Mittelwert y in einen Schätzwert für die erklärte Streuung und einen Schätzwert für die nicht erklärte Streuung zerlegt, wobei yˆ k den Prognosewert von yk gemäß der Regressionsfunktion angibt:634 K

¦ (y k =1

K

K

− y ) = ¦ (yˆ k − y ) + ¦ (y k − yˆ k ) 2

k

2

k =1

2

k =1

Das Bestimmtheitsmaß r2 ist nun der Quotient aus der erklärten Streuung und der Gesamtstreuung:

633 634

Vgl. Backhaus (2003), S. 63. Vgl. Cohen (2003), S. 71.

161

K

2

r =

¦ (yˆ

− y)

2

k

¦ (y

− y)

2

k

k =1 K k =1

Das Bestimmtheitsmaß ist auf einen Wertebereich zwischen Null und Eins normiert. Ein möglichst hoher Wert des Bestimmtheitsmaßes ist wünschenswert, da die nicht erklärte Varianz mit steigendem Bestimmtheitsmaß sinkt. Jedoch ist das Bestimmtheitsmaß sowohl von der Zahl N der unabhängigen Variablen als auch von der Anzahl der Beobachtungen K abhängig. Bei steigender Anzahl der unabhängigen Variablen und bei abnehmender Anzahl der Beobachtungen nimmt das Bestimmtheitsmaß zu. Dies ist dann kritisch, wenn irrelevante Variablen in das Regressionsmodell aufgenommen werden, da in diesem Fall das Bestimmtheitsmaß 2 trotzdem steigt. Das adjustierte Bestimmtheitsmaß radj berücksichtigt diesen Effekt, so dass es

bei der Aufnahme weiterer Variablen in die Regressionsgleichung auch abnehmen kann. Es wird wie folgt berechnet:635 N · K −1 § 2 radj = ¨r2 − ¸ K −1¹ K − N −1 © Um festzustellen, ob das auf Basis der Stichprobe geschätzte Regressionsmodell auch Gültigkeit für die Grundgesamtheit besitzt, wird die F-Statistik eingesetzt. Hierbei wird die gesamte Regressionsfunktion auf Signifikanz überprüft, indem die Gegenhypothese H0 formuliert wird, dass die wahren Regressionskoeffizienten ȕi alle gleich Null sind und somit auch das Regressionsmodell ungültig ist. Diese Hypothese wird durch einen F-Test getestet. Zu diesem Zweck wird ein empirischer F-Wert Femp berechnet und dem entsprechenden theoretischen FWert gegenübergestellt. Femp ist wie folgt zu ermitteln:636

Femp

r2 N = 1− r2 K − N −1

Nur wenn der empirische F-Wert Femp den theoretischen F-Wert übersteigt, kann die Nullhypothese verworfen werden, d. h. die Regressionsbeziehung ist signifikant.

635 636

Vgl. Backhaus (2003), S. 68. Vgl. Cohen (2003), S. 175.

162

Überprüfung der Regressionskoeffizienten

Im Anschluss an die Überprüfung der Güte der gesamten Regressionsfunktion ist die Güte jedes einzelnen Regressionskoeffizienten zu überprüfen. Hierzu wird für jeden Regressionskoeffizienten bi die Nullhypothese getestet, dass der wahre Regressionskoeffizient ȕi gleich Null ist. Analog zum oben beschriebenen F-Test wird zunächst der folgende empirische t-Wert ti,emp für die i-te unabhängige Variable berechnet, wobei s bi den Standardfehler des Regressi-

onskoeffizienten bi bezeichnet:637 t i,emp =

bi s bi

Die Nullhypothese kann für einen Regressionskoeffizienten bi verworfen werden, wenn der Absolutbetrag des empirischen t-Werts ti,emp größer als der entsprechende theoretische t-Wert ist. Nur in diesem Falle ist von einem signifikanten Einfluss der unabhängigen Variablen xi auszugehen. Überprüfung der Prämissen des Regressionsmodells

Das Regressionsmodell lässt sich auch als stochastisches Modell auffassen, bei dem alle zufälligen Einflüsse, die neben dem systematischen Einfluss der unabhängigen Variablen Xi auf die abhängige Variable Y wirken, in einer Störgröße u erfasst werden: n

Y = ȕ0 + ¦ȕiXi + u i =1

Die Existenz der Störgröße u ist insbesondere durch unberücksichtigte Einflussgrößen und Messfehler begründet. Sie ist bei empirischen Untersuchungen immer vorhanden. Die Regressionsanalyse basiert auf wichtigen Prämissen, die auf Verletzung geprüft werden müssen. Bei der hier beschriebenen linearen Regressionsanalyse sind dies eine richtige Spezifikation des Regressionsmodells,638 ein Erwartungswert von Null und Normalverteilung für alle Störgrößen. Weiterhin darf weder eine Korrelation zwischen den erklärenden Variablen

637

Im Falle eines zweiseitigen Tests kann alternativ auch der F-Test eingesetzt werden, jedoch hat der t-Test den Vorteil, einfacher anwendbar zu sein. 638 Zur richtigen Spezifikation des Regressionsmodells gehört, dass es die relevanten Variablen enthält, linear in den Parametern ȕ0 und ȕi ist und dass die Zahl der zu schätzenden Parameter N+1 kleiner als die Zahl der vorliegenden Beobachtungen K ist. Vgl. Backhaus (2003), S. 78.

163

und der Störgröße, hohe Multikollinearität, Heteroskedastizität noch Autokorrelation auftreten. Im Folgenden soll auf die Probleme der Multikollinearität, Heteroskedastizität und Autokorrelation wegen ihres vergleichsweise häufigen Auftretens bei empirischen Studien näher eingegangen werden. Multikollinearität bezeichnet die wechselseitige Abhängigkeit der unabhängigen Variablen in einem Regressionsmodell und führt zu ungenauen Schätzungen der Regressionsparameter. Perfekte Multikollinearität liegt vor, wenn sich eine unabhängige Variable als lineare Funktion der übrigen unabhängigen Variablen darstellen lässt. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Multikollinearität liefern die Toleranz Ti einer unabhängigen Variablen Xi und der Varianzinflationsfaktor, der den Kehrwert der Toleranz darstellt:639 VIFi =

1 1 = Ti 1 − ri2

Er gibt an, um welchen Faktor sich die Varianzen des Regressionskoeffizienten bei zunehmender Multikollinearität vergrößern. Hohe Werte des Varianzinflationsfaktors deuten auf das Vorliegen von Multikollinearität hin.640 Eine weitere Voraussetzung für die Durchführung der Regressionsanalyse ist Homoskedastizität, d. h. eine konstante Varianz aller Störgrößen. Ist diese Bedingung verletzt, liegt Heteroskedasitizität vor. Sie kann z. B. durch den Goldfeld-Quandt-Test aufgedeckt werden.641 Das Regressionsmodell fußt weiterhin auf der Annahme, dass die Störgrößen in der Grundgesamtheit unkorreliert sind. Eine Verletzung dieser Voraussetzung wird als Autokorrelation bezeichnet. Sie kommt am häufigsten bei Zeitreihen vor. Eine Prüfung der Beobachtungswerte auf Autokorrelation kann entweder visuell durch eine Inspektion der Störgrößen im Vergleich zu den geschätzten Werten von Y oder rechnerisch durch den Durbin-Watson-Test erfolgen.642 Alle genannten Prämissen des Regressionsmodells werden bei Anwendung der Regressionsanalyse in Abschnitt 7.3 geprüft, um eine ordnungsgemäße Durchführung zu gewährleisten.

639

Vgl. Backhaus (2003), S. 90. Als Schwellenwert des Varianzinflationsfaktors, bei dem ein kritisches Niveau von Multikollinearität erreicht ist, wird in der Literatur der Wert zehn angesehen. Vgl. Cohen (2003), S. 423. 641 Für eine ausführliche Beschreibung des Goldfeld-Quandt-Tests vgl. Goldfeld/Quandt (1965). 642 Vgl. Durbin/Watson (1950). 640

164

6.5.3 Logistische Regression In diesem Abschnitt werden die binäre, die multinomiale und die ordinale logistische Regression beschrieben. Alle diese Verfahren werden bei der Hypothesenprüfung mit nominal oder ordinal skalierten abhängigen Variablen eingesetzt, da für diese die zur Anwendung der linearen Regressionsanalyse notwendige Voraussetzung der metrischen Skalierung der abhängigen Variablen nicht gegeben ist. Die logistische Regression bestimmt über einen Regressionsansatz, mit welcher Wahrscheinlichkeit das durch die abhängige Variable gemessene Ereignis in Abhängigkeit von verschiedenen Einflussgrößen zu erwarten ist.643 Die logistische Regression gehört ebenso wie die lineare Regressionsanalyse zu den Struktur prüfenden Verfahren. Die Ähnlichkeit zur linearen Regressionsanalyse zeigt sich auch darin, dass über einen Regressionsansatz die Gewichte ermittelt werden, mit denen die einzelnen Einflussgrößen als unabhängige Variablen die Wahrscheinlichkeit dafür beeinflussen, dass das Ereignis eintritt. Die Wahrscheinlichkeit für den Nichteintritt des Ereignisses ist damit ebenfalls bereits bestimmt. Im Folgenden werden binäre und multinomiale logistische Regression wegen ihrer ähnlichen Vorgehensweise zunächst gemeinsam beschrieben; im Anschluss daran wird die ordinale logistische Regression kurz vorgestellt. Die binäre unterscheidet sich von der multinomialen Regression dadurch, dass die abhängige Variable nur zwei Ausprägungen annehmen kann. Der Ablauf der logistischen Regression erfolgt ähnlich wie bei der linearen Regressionsanalyse im Wesentlichen in drei Schritten. Nach der Modellformulierung wird zunächst die logistische Regressionsfunktion geschätzt und im Anschluss daran sowohl das Gesamtmodell als auch die einzelnen unabhängigen Variablen geprüft. Die Schätzung der Modellparameter der logistischen Regressionsfunktion erfolgt in dieser Arbeit über die Maximum Likelihood-Methode. Dadurch sollen die Einflussgewichte für die unabhängigen Variablen des logistischen Regressionsmodells so geschätzt werden, dass die Wahrscheinlichkeit, die beobachteten Werte für die abhängige Variable zu erhalten, maximiert wird. Dies erfolgt über die Maximierung der LogLikelihood-Funktion LL:644

643 644

Vgl. Backhaus (2003), S. 418. Vgl. Backhaus (2003), S. 429.

165

K ª § 1 ·º ª § 1 ·º LL = ¦ « y k ⋅ ln¨ + «(1 − y k ) ⋅ ln¨ − z ¸» − z ¸» © 1 + e k ¹¼ ¬ © 1 + e k ¹¼ k =1 ¬ J

mit z k = ȕ 0 + ¦ ȕ j ⋅ x jk + u k . j=1

Dabei stellt K die Anzahl der Beobachtungen, yk die Ausprägungen der abhängigen Variablen, J die Anzahl der unabhängigen Variablen, ȕj die Regressionskoeffizienten, xjk die Ausprägungen der unabhängigen Variablen und uk die Störgröße dar. Im Anschluss an die Schätzung der logistischen Funktion wird das Gesamtmodell durch Gütekriterien auf Basis der LogLikelihood-Funktion, der Pseudo-R2-Statistiken und der Klassifikationsergebnisse überprüft. Mit Hilfe des -2-fachen der LogLikelihood-Funktion wird über einen Chi-Quadrat-Test zum einen die Nullhypothese geprüft, dass das Gesamtmodell eine gute Anpassung besitzt. Zum anderen wird der Likelihood-Ratio-Test durchgeführt, der mit dem F-Test der linearen Regressionsanalyse vergleichbar ist. Dieser prüft die Nullhypothese, dass alle Regressionskoeffizienten gleich Null sind. Er hat den Vorteil, dass er die Verteilung der Beobachtungen auf die Gruppen berücksichtigt. Die Pseudo-R2-Statistiken sind insofern mit dem Bestimmtheitsmaß r2 der linearen Regressionsanalyse vergleichbar, als sie den Anteil der erklärten Variation des logistischen Regressionsmodells zu erklären versuchen. Prominente Pseudo-R2-Statistiken sind diejenigen von Cox und Snell sowie Nagelkerke, wobei das R2 von Cox und Snell nur Werte kleiner Eins annehmen und daher schlechter interpretiert werden kann als das Nagelkerke-R2, das den Maximalwert Eins erreichen kann.645 Die Klassifikationsergebnisse werden über den Hosmer-Lemeshow-Test überprüft. Dieser Test prüft die Nullhypothese, dass die Differenz zwischen den durch die Regressionsfunktion vorhergesagten und den beobachteten Werten gleich Null ist. Kann die Nullhypothese nicht abgelehnt werden, so ist davon auszugehen, dass Abweichungen zwischen den beobachteten und den errechneten Häufigkeiten für ein Eintreffen des Ereignisses, das die abhängige Variable misst, nicht häufiger als dem Zufall entsprechend auftreten.646

645 646

Vgl. Cohen (2003), S. 502 f. Vgl. Backhaus (2003), S. 446.

166

Abschließend muss noch jede einzelne unabhängige Variable auf ihren Einfluss auf die abhängige Variable geprüft werden, um das Regressionsmodell durch die Integration zu vieler unabhängiger Variablen nicht überzuspezifizieren. Dies erfolgt über die Wald-Statistik, mit Hilfe derer die Nullhypothese getestet wird, dass ein bestimmter Regressionskoeffizient bj Null ist. Dies würde bedeuten, dass die zugehörige unabhängige Variable keinen Einfluss auf die Trennung der Gruppen hat, die durch die Werte bestimmt wird, die die abhängige Variable annehmen kann. Die Wald-Statistik ist asymptotisch Ȥ2-verteilt. Die Vorgehensweise ähnelt der Signifikanzprüfung einzelner Regressionskoeffizienten bei der linearen Regressionsanalyse. Ist die abhängige Variable ordinal skaliert und besitzt mehr als zwei Ausprägungen, kann grundsätzlich entweder die multinomiale logistische Regression oder die ordinale logistische Regression zum Einsatz kommen. Die ordinale logistische Regression hat in diesem Fall den Vorteil, dass die Ergebnisse leichter zu interpretieren sind und die Hypothesentests eine größere Teststärke besitzen.647 In dieser Arbeit wird bei einer ordinal skalierten abhängigen Variablen die Schätzung über das binäre bzw. multinomiale mit der Schätzung des ordinalen logistischen Regressionsmodells verglichen, um das beste Modell auszuwählen. Für die Schätzung des ordinalen Regressionsmodells wird das kumulative Logit-Modell verwendet, das in McCullagh (1980) näher beschrieben wird.648

6.5.4 Prüfung moderierender Effekte Ein moderierender Effekt liegt vor, wenn der Einfluss einer unabhängigen auf die abhängige Variable von einer dritten Variablen, die auch Moderator genannt wird, abhängt.649 Der Moderator interagiert also mit der unabhängigen und der abhängigen Variablen. Interaktionseffekte kommen nicht selten vor, sondern sind „at the very heart of theory testing in the social sciences“.650 Die Prüfung moderierter Effekte erfolgt üblicherweise, wie auch in dieser Arbeit, mit dem Verfahren der moderierten Regression. Trotz der Wichtigkeit moderierender Effekte wird die moderierte Regression häufig falsch angewandt. So zeigen Hartmann und Moers (1999) in ihrer Analyse der 28 wichtigsten Veröffentlichungen in Fachzeitschriften

647

Vgl. McCullagh (1980), S. 110. Vgl. McCullagh (1980), S. 110-115. 649 Vgl. Gerdin/Greve (2004), S. 309. 650 Cohen (2003), S. 255. 648

167

zum Thema Budgetierung, dass 27 davon die moderierte Regression falsch anwenden und zwölf dieser Veröffentlichungen sogar derart gravierende Fehler machen, dass die Interpretierbarkeit der Ergebnisse nicht gewährleistet ist.651 Um dieser Gefahr zu begegnen, wird die gewählte Vorgehensweise bei der moderierten Regression im Folgenden kurz vorgestellt. Die moderierte Regression basiert auf dem Modellierungsansatz, dass das Produkt der interagierenden Variablen, also das Produkt der unabhängigen Variablen x und des Moderators z, als zusätzlicher Regressor in das in Abschnitt 6.5.2 beschriebene Regressionsmodell aufgenommen wird. Für den Fall einer unabhängigen Variablen und eines Moderators ergibt sich das folgende Regressionsmodell:652 ˆ = b + b x + b z + b xz Y 0 1 2 3

Da der zusätzliche Regressor xz linear aus den anderen beiden Regressoren x und z erzeugt wird, tritt gewöhnlich das Problem hoher Multikollinearität zwischen den Regressoren auf, das die Durchführbarkeit der Regressionsanalyse gefährdet. Als Abhilfe werden in dieser Arbeit alle Regressoren zentriert, bevor sie in das Regressionsmodell aufgenommen werden. Eine Variable wird zentriert, indem von ihr der Erwartungswert subtrahiert wird.653 Analog zur multiplen Regressionsanalyse wird die Güte des Regressionskoeffizienten des Regressors xz über die Nullhypothese getestet, dass der wahre Regressionskoeffizient b3 gleich Null ist. Kann die Nullhypothese verworfen werden, ist von einem moderierenden Effekt der Variable z auszugehen. Selbstverständlich müssen dann noch die anderen Gütekriterien für eine Regressionsanalyse, die in Abschnitt 6.5.2 beschrieben werden, überprüft werden. Die bisherigen Ausführungen gelten für mindestens ordinal skalierte Moderatoren. Ist ein Moderator nominal skaliert, wird die folgende Vorgehensweise gewählt. Zunächst wird die Moderatorvariable dummy-kodiert, d. h. bei k verschiedenen Ausprägungen werden k-1 Dummy-Variablen gk erzeugt. Diese werden anschließend wie folgt in das Regressionsmodell aufgenommen:

651

Vgl. Hartmann/Moers (1999), S. 307 f. Vgl. Dunk (2003), S. 794. 653 Vgl. Jaccard/Turrisi/Wan (1990), S. 31. 652

168

k −1

k −1

i =1

i =1

ˆ = b + b x + b ¦g + b ¦g x Y 0 1 2 i 3 i Abschließend wird noch der Fall mehrerer (mindestens ordinal skalierter) Moderatoren Z und W betrachtet. In diesem werden alle Zweifach-Produkte der unabhängigen Variablen (xz, xw und zw) sowie das Dreifach-Produkt xzw in das Regressionsmodell wie folgt aufgenommen:654 Yˆ = b0 + b1 x + b2 z + b3 w + b4 xz + b5 xw + b6 zw + b7 xzw

Das Vorhandensein des moderierenden Effekts der beiden Variablen z und w wird über die Nullhypothese getestet, dass der wahre Regressionskoeffizient b7 gleich Null ist. Wichtig ist, dass in ein Regressionsmodell zu einem Interaktionsterm immer auch alle Komponenten niedrigerer Ordnung aufgenommen werden.655

6.5.5 Clusteranalyse Die Clusteranalyse ist ein exploratives Verfahren zur Einstufung von Untersuchungsobjekten hinsichtlich ihrer Ähnlichkeit, um Gruppen möglichst ähnlicher Fälle zu bilden.656 In dieser Arbeit soll mit der Clusteranalyse das Ziel verfolgt werden, die von der Zentrale der MNUs in Bezug auf ihre Tochtergesellschaften verfolgten Kontrollstrategien in Gruppen einzuteilen und so eine Realtypologie von Kontrollstrategien zu ermitteln. Die Clusteranalyse geht in einem dreistufigen Prozess vor. Zunächst werden für Paare von Untersuchungsobjekten die Unterschiede bzw. Ähnlichkeiten in den Ausprägungen einzelner Variablen durch ein Proximitätsmaß gemessen. Anschließend werden die Untersuchungsobjekte gemäß der Ausprägung des Proximitätsmaßes so zu Gruppen zusammengefasst, dass sich in einer Gruppe möglichst nur Untersuchungsobjekte mit weitgehend übereinstimmenden Merkmalen befinden. Zuletzt ist über die Anzahl der Gruppen zu entscheiden. Die im Folgenden beschriebene Vorgehensweise bei der Clusteranalyse orientiert sich an den Empfehlungen von Backhaus (2003).657

654

Vgl. Jaccard/Turrisi/Wan (1990), S. 40. Vgl. Hartmann/Moers (1999), S. 299 f. 656 Vgl. Bortz (1989), S. 684. 657 Vgl. Backhaus (2003), S. 537-541. 655

169

Beim ersten Schritt gibt es die Möglichkeit, entweder Distanz- oder Ähnlichkeitsmaße als Proximitätsmaße zu verwenden. Während Distanzmaße die Unähnlichkeit zwischen zwei Untersuchungsobjekten messen, geben Ähnlichkeitsmaße die Ähnlichkeit zwischen zwei Untersuchungsobjekten an. Je größer der Wert eines Distanz- bzw. Ähnlichkeitsmaßes ist, desto größer ist die Distanz bzw. Ähnlichkeit zweier Untersuchungsobjekte. Distanzmaße sind dann geeignet, wenn der absolute Abstand zwischen verschiedenen Untersuchungsobjekten von Interesse ist. Ähnlichkeitsmaße sind hingegen anzuwenden, wenn Ähnlichkeit auch durch den Gleichlauf zweier Profile gegeben ist, ungeachtet möglicher Niveauunterschiede. In der vorliegenden Untersuchung werden Distanzmaße verwendet, da das absolute Niveau, nicht aber der Verlauf der Profile von Kontrollstrategien, wichtig ist. Es existieren zahlreiche Distanzmaße, die abhängig von der Skalierung einer Variablen sind. Für intervallskalierte Variablen wird üblicherweise die Minkowski-Metrik verwendet, die sich wie folgt berechnen lässt:658 1 k ·k § T d ij = ¨ ¦ x it − x jt ¸ , ¹ © t =0

wobei dij die Distanz der Untersuchungsobjekte i und j, xit bzw. xjt die Werte der Variablen t bei Objekt i bzw. j und k • 1 die Minkowski-Konstante darstellen. In dieser Arbeit wird die für k = 2 entstehende Euklidische Distanz gebraucht. Im zweiten Schritt der Clusteranalyse muss ein Fusionierungsalgorithmus ausgewählt werden. Hierbei gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Verfahren, wobei die beiden wichtigsten partitionierende und hierarchische Verfahren sind.659 Partitionierende Verfahren starten mit einer Zuweisung der Untersuchungsobjekte zu Gruppen und schieben die einzelnen Elemente mit Hilfe eines Austauschalgorithmus so lange zwischen den Gruppen hin und her, bis eine optimale Einteilung getroffen wird. Bei den hierarchischen Algorithmen werden agglomerative und divisive Verfahren unterschieden. Während agglomerative Verfahren am Anfang jedes Untersuchungsobjekt als eigene Gruppe auffassen und eine stufenweise Zusammenfassung vornehmen, wählen divisive Verfahren genau den entgegengesetzten Weg.

658 659

Vgl. Lissitz/Robinson (1977), S. 69. Eine detaillierte Beschreibung der existierenden Fusionsalgorithmen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Vgl. dafür z. B. Bortz (1989), S. 692-705.

170

In der vorliegenden Arbeit werden der Empfehlung von Backhaus (2003) folgend die zwei agglomerativen Verfahren Single-Linkage und Ward angewandt. Zunächst werden über das Single-Linkage-Verfahren jene Untersuchungsobjekte identifiziert, die eine besonders hohe Distanz zu den übrigen Untersuchungsobjekten aufweisen („Ausreißer“). Diese werden für die folgende Analyse eliminiert, um Verzerrungen zu vermeiden. Dann wird das Verfahren von Ward angewandt, das als ein sehr guter und häufig verwendeter Fusionierungsalgorithmus gilt.660 Ein Nachteil des Ward-Verfahrens ist allerdings die Tendenz, möglichst gleich große Gruppen zu bilden. Daher ist es nicht in der Lage, Gruppen mit kleiner Elementzahl zu erkennen.661 Der letzte Schritt der Clusteranalyse ist schließlich die Bestimmung der Gruppenanzahl. Diese ist nötig, da die gewählten agglomerativen Verfahren nicht selbständig die optimale Gruppenanzahl bestimmen, sondern schrittweise die Anzahl der Gruppen von der maximal möglichen Zahl auf Eins reduzieren. Die Bestimmung der Gruppenanzahl sollte nicht aufgrund von sachlogischen Überlegungen, sondern basierend auf statistischen Kriterien erfolgen. Hierzu wird das Elbow-Kriterium als Entscheidungshilfe verwendet, dessen Anwendung im Folgenden erläutert wird. Das Elbow-Kriterium besagt, dass solange Gruppen gebildet werden, bis die Fehlerquadratsumme bei weiterer Reduktion der Gruppenanzahl überproportional ansteigt, d. h. eine Knickstelle („Elbow“) entsteht. Die Fehlerquadratsumme Vg ist für eine Gruppe g wie folgt zu ermitteln:662 Kg

J

Vg = ¦¦ (x kjg − x jg ) , 2

k =1 j=1

wobei xkjg der Beobachtungswert der Variablen j bei Untersuchungsobjekt k für alle Untersuchungsobjekte in Gruppe g, x jg der Mittelwert über die Beobachtungswerte der Variablen j in Gruppe g, J die Anzahl der Variablen und Kg die Anzahl der Untersuchungsobjekte in Gruppe g ist. Die Gruppenanzahl, an der die ermittelte Knickstelle auftritt, ist optimal. Zur grafischen

660

Vgl. Bergs (1981), S. 96 f.; Punj/Stewart (1983), S. 137-143. Vgl. Backhaus (2003), S. 517. 662 Vgl. Backhaus (2003), S. 511. 661

171

Veranschaulichung werden dazu die über das Ward-Verfahren ermittelten Fehlerquadratsummen über der Gruppenanzahl aufgetragen. Abschließend werden zur Interpretation der Gruppen die t-Werte angegeben. Der t-Wert einer Variablen j in einer Gruppe g berechnet sich wie folgt:663 t=

X ( j, g ) − X(j) , ı( j)

wobei X ( j, g ) der Mittelwert der Variablen j über die Objekte in Gruppe g, X ( j) der Gesamtmittelwert der Variablen j in der Stichprobe und ı( j) die Standardabweichung der Variablen J in der Stichprobe darstellen. Negative t-Werte deuten auf eine Unterrepräsentierung der Variablen in der betrachteten Gruppe im Vergleich zur Stichprobe und positive t-Werte entsprechend auf eine Überrepräsentierung hin.

663

Vgl. Backhaus (2003), S. 534.

172

7 Ergebnisse der empirischen Untersuchung Ziel dieses Kapitels ist es, die Ergebnisse der empirischen Untersuchung vorzustellen. Dazu werden zunächst Reliabilität und Validität der Messungen überprüft (Abschnitt 7.1). Anschließend wird den drei Forschungsfragen entsprechend erstens eine Bestandsaufnahme der Gestaltung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften gegeben (Abschnitt 7.2), zweitens werden die Arbeitshypothesen zu den Zusammenhängen zwischen Einflussfaktoren und Kontrollstrategien überprüft und zuletzt eine Analyse der Erfolgsfaktoren der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften durchgeführt (Abschnitt 7.3). Eine Einteilung der Beziehungen der Zentrale zu ihren Tochtergesellschaften gemäß den verwendeten Kontrollstrategien rundet das Kapitel ab (Abschnitt 7.4).

7.1 Reliabilität und Validität der Messungen Eine wichtige Analyse vor der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen den Variablen ist die Bestimmung der Reliabilität ihrer Messungen. Diese umfasst zum einen die Bestimmung der Güte der Konstruktmessung, von der abhängt, welche Modifikationen an den Indikatoren zur Erreichung einer ausreichenden Reliabilität durchgeführt werden müssen. Zum anderen werden Interrater-Agreement und Interrater-Reliabilität der Antworten von der Zentrale und den ausländischen Tochtergesellschaften bestimmt.

7.1.1 Güte der Konstruktmessung Zur Einschätzung der Güte der Konstruktmessung kommen, wie in Abschnitt 6.3.1 beschrieben, Maße zur Bestimmung von interner Konsistenz und Konvergenzvalidität zum Einsatz. Die interne Konsistenz wird bei reflektiven Konstrukten über Cronbachs Alpha gemessen. Hierbei wird ein Anspruchsniveau von mindestens 0,6 für neu entwickelte und mindestens 0,7 für in der Literatur etablierte Konstrukte gefordert. Wie in Tabelle 24 dargestellt, liegen die Werte von Cronbachs Alpha ausschließlich bei 0,7 oder mehr, so dass von einer guten internen Konsistenz der Konstrukte ausgegangen werden kann.664 Bei dem Konstrukt „relative Bedeutung Tochtergesellschaft (Markt)“ wurde zur Erreichung des Schwellenwerts einer der fünf Indikatoren eliminiert, weil er eine sehr geringe korrigierte Item-to-Total-Korrelation von

664

Vgl. Peterson (1994), S. 382.

173

0,01 mit den anderen Indikatoren aufweist. Dies betrifft den Indikator „Wir müssen auf dem Markt vor Ort vertreten sein, weil dort wichtige Rohstoffe vorhanden sind.“ In Tabelle 24 sind diejenigen Konstrukte verzeichnet, die über mehrere Indikatoren gemessen wurden und die reflektiv sind, da nur für diese die interne Konsistenz sinnvoll bestimmt werden kann. Aufbau des Konstrukts

Interne Konvergenzvalidität Konsistenz

Anzahl Indikatoren

Gelöschte Indikatoren

Faktoren

6

-

2

0,80

n/a

73,4%

5

1

1

0,91

n/a

79,9%

Ergebniskontrolle

6

-

1

0,75

n/a

63,1%

Verfahrenskontrolle

4

-

1

0,70

n/a

61,6%

Prämissenkontrolle

3

-

1

0,90

n/a

83,5%

Kulturabhängiges Kontrollverhalten

4

-

1

0,71

n/a

53,8%

Angleichung von Zielen

7

-

2

0,70

n/a

55,9%

Unterstützung durch Informationstechnologie

5

-

1

0,84

0,77***

62,4%

11

-

2

0,80

n/a

51,6%

8

-

2

0,83

n/a

63,9%

8

-

1

0,91

0,64***

65,7%

Cronbachs Alpha

Vergleich (ȡ) mit ähnlichem Konstrukt

Anteil erklärter Varianz

Einflussfaktor: Zentralisierung

Kontrollvariable: Relative Bedeutung Tochtergesellschaft (Markt) Kontrollstrategien:

Erfolgsmaße: Kontrollerfolg Einstellung der Tochtergesellschaft zur Kontrolle Erfolg Tochtergesellschaft (Zielerreichung) *** p < 0,001

Tabelle 24: Interne Konsistenz und Konvergenzvalidität reflektiver Konstrukte

174

Neben der internen Konsistenz wird die Güte der Konstruktmessung im Folgenden über die Konstruktvalidität bestimmt, die sich in Konvergenzvalidität und diskriminante Validität gliedern lässt. Die Beurteilung der Konvergenzvalidität der Konstrukte erfolgt zum einen über das Ergebnis einer exploratorischen Faktorenanalyse und zum anderen über den Vergleich mit ähnlichen Konstrukten. An das Ergebnis der explorativen Faktorenanalyse wird die Anforderung gestellt, dass die Indikatoren sich eindeutig den theoretischen Faktoren zuordnen lassen. Diese Bedingung ist für die vorliegenden Konstrukte erfüllt. Weiterhin sollen diese theoretischen Faktoren mehr als 50% der gesamten Varianz der Indikatoren erklären. Auch diese Bedingung erfüllen alle Konstrukte, wie in Tabelle 24 zu sehen ist. Für die Konstrukte „Alter der Tochtergesellschaft“, „Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie“ und „Erfolg der Tochtergesellschaft“ wurde zusätzlich zu der beschriebenen exploratorischen Faktorenanalyse die Korrelation des Konstrukts mit anderen Konstrukten oder objektiven Daten überprüft. Das von den Befragten angegebene Alter der Tochtergesellschaft wurde mit Informationen aus öffentlich verfügbaren Quellen, wie z. B. Internetseiten der Unternehmen und Geschäftsberichten, verglichen. Die Korrelation der beiden Größen ist mit 0,80 (p < 0,001) als sehr hoch zu bezeichnen, was auf eine gute Messung schließen lässt. Gleiches gilt für die Unterstützung durch Informationstechnologie, bei der die objektive Sachverhalte betreffenden Indikatoren des Konstrukts mit der Antwort auf die Frage, wie nah das IT-System einer perfekten Unterstützung der Kontrolle kommt, in Beziehung gesetzt wurden und sich ebenfalls eine hohe Korrelation (ȡ = 0,77; p < 0,001) ergab. Der Erfolg der Tochtergesellschaft konnte für eine Auswahl von 37 der 219 Tochtergesellschaften mit Informationen über die Umsatzrendite verglichen werden. Dabei ergab sich eine Korrelation von 0,64 (p < 0,001), die insbesondere deshalb als sehr hoch zu beurteilen ist, da nicht nach der absoluten Umsatzrendite, sondern nach der Leistung einer Tochtergesellschaft im Verhältnis zum unternehmensweiten Standard gefragt wurde. Die diskriminante Validität wird durch das Ergebnis der exploratorischen Faktorenanalyse und die Korrelationen zwischen den Konstrukten überprüft. An das Ergebnis der exploratorischen Faktorenanalyse wird die Anforderung gestellt, dass alle Indikatoren eines Konstrukts auf die theoretischen Faktoren mit einer Faktorladung von mehr als 0,4 hochladen, während sie für alle anderen Faktoren eine Faktorladung von weniger als 0,4 aufweisen. Dieses Ergebnis konnte bei fast allen Konstrukten ermittelt werden.

175

Eine andere Methode zur Bestimmung der diskriminanten Validität ist die Untersuchung der Korrelationen zwischen den Konstrukten. Hierzu werden alle möglichen Korrelationen zwischen den Konstrukten, die im Bezugsrahmen auf einer Stufe der Wirkungszusammenhänge stehen, berechnet. Dies erfolgt getrennt für die Einflussfaktoren, Kontrollstrategien und die Erfolgsmaße. Ein Indikator für das Vorliegen diskriminanter Validität sind niedrige korrelative Zusammenhänge zwischen wesensfremden Konstrukten. Wie aus Tabelle 25 ersichtlich ist, ist nur die Korrelation zwischen den beiden Einflussfaktoren „Kulturelle Distanz“ und „politischer Unsicherheit“ bedeutend (ȡ = 0,52; p < 0,001). Diese würde bei einer multiplen Regression Multikollinearität zur Folge haben und die Anwendung des Regressionsmodells verbieten. Daher wird die politische Unsicherheit bei den Regressionsmodellen im Folgenden nicht berücksichtigt. Inhaltlich ist die hohe Korrelation zwischen kultureller Distanz und politischer Unsicherheit dadurch begründet, dass diejenigen Länder, die eine hohe kulturelle Distanz zu Deutschland aufweisen, zumeist auch politisch sehr unsicher sind. 1

2

3

1. Branchenabhängige Prognoseunsicherheit

1,00

2. Politische Unsicherheit

-0,01

1,00

3. Kulturelle Distanz

-0,04

0,52***

1,00

4. Zentralisierung

0,22**

0,14*

0,13†



p < 0,10

* p < 0,05

** p < 0,01

4

1,00

*** p < 0,001

Tabelle 25: Korrelationen und Signifikanzniveaus zwischen den Einflussfaktoren

Bei den Kontrollstrategien gibt es hingegen keine Bedenken bei der diskriminanten Validität. Alle Konstrukte weisen Korrelationen von 0,35 oder überwiegend noch deutlich weniger mit anderen Konstrukten auf, wie in Tabelle 26 dargestellt ist. Tabelle 27 zeigt die Korrelationen zwischen den Erfolgsmaßen. Hier ist zunächst zu erkennen, dass der Erfolg der Tochtergesellschaft nur sehr schwach mit den Erfolgsmaßen auf Ebene des gesamten MNU korreliert. Die Erfolgsmaße auf Ebene des MNU weisen hingegen teilweise starke Korrelationen zueinander auf. Hierbei fallen zwei Blöcke ins Auge. Zum einen korrelieren die Renditekennziffern RoA und RoE (für 2005 und 2003-2005) stark miteinander. Zum anderen weisen die beiden Kennzahlen zum Umsatzwachstum hohe Korrelationen auf. Bei den Regressionsanalysen in Abschnitt 7.3 werden trotzdem alle Rendite- und Um-

176

satzkennzahlen (in getrennten Regressionsmodellen) verwendet, um den Erfolgsbeitrag der Kontrollstrategien möglichst umfassend zu untersuchen. Die Korrelation zwischen den Renditekennzahlen und den Wachstumskennzahlen ist so gering, dass Rendite und Wachstum als zwei völlig verschiedene Konstrukte zur Messung des Unternehmenserfolgs aufgefasst werden können. 1

2

3

4

5

6

7

1. Ergebniskontrolle

1,00

2. Verfahrenskontrolle

0,35*** 1,00

3. Prämissenkontrolle

0,07

0,14*

1,00

4. Aggregation von Informationen

-0,09

-0,11

-0,02

5. Kulturabhängiges Kon-0,01 trollverhalten

0,11

0,25*** 0,10

1,00

6. Angleichung von Zielen 0,10

0,22**

0,28*** -0,21**

0,21**

1,00

0,16*

0,05

0,04

0,09

1,00

0,05

0,26*** 0,02

0,23**

0,20**

0,13†

7. Gruppenkontrolle

-0,07

8. Unterstützung durch -0,06 Informationstechnologie †

p < 0,10

* p < 0,05

** p < 0,01

8

1,00

-0,06

1,00

*** p < 0,001

Tabelle 26: Korrelationen und Signifikanzniveaus zwischen den Kontrollstrategien 1

2

3

4

5

6

7

1. Finanzieller Erfolg Tochtergesellschaft

1,00

2. RoA 2005

-0,04

1,00

3. Durchschnittlicher RoA von 2003-2005

-0,07

0,83*** 1,00

4. RoE 2005

-0,01

0,90*** 0,71*** 1,00

5. Durchschnittlicher RoE von 2003-2005

-0,05

0,70*** 0,90*** 0,74*** 1,00

6. Durchschnittliches Umsatzwachstum von 2003-2005

-0,06

-0,07

0,00

-0,11

0,02

1,00

0,07

0,07

0,01

0,02

0,53*** 1,00

7. Durchschnittliches Umsatzwachstum von 2000-2005 †

p < 0,10

* p < 0,05

0,07 ** p < 0,01

*** p < 0,001

Tabelle 27: Korrelationen und Signifikanzniveaus zwischen den Erfolgsmaßen

177

7.1.2 Interrater-Agreement und Interrater-Reliabilität Wie in Abschnitt 6.5.1 beschrieben, werden im Folgenden die Übereinstimmung und die Reliabilität der Antworten aus der Zentrale und den Tochtergesellschaften ermittelt. Dies ist für die vorliegende Untersuchung wichtig, da nicht in allen Fällen die Antworten der Tochtergesellschaften vorliegen und trotzdem alle Antworten der Zentrale für die Analyse verwendet werden sollen. Dies wäre nur dann gerechtfertigt, wenn Interrater-Agreement und InterraterReliabilität ausreichend hoch sind. Die Maße zur Bestimmung von Interrater-Agreement und Interrater-Reliabilität werden im Folgenden getrennt für nominal, ordinal und mindestens intervallskalierte Variablen berechnet. Die Maße des Interrater-Agreements für nominal skalierte Variablen sind in Tabelle 28 dargestellt. Gezeigt werden zur besseren Veranschaulichung die prozentuale Übereinstimmung mitsamt dem Ȥ2-Wert und dem Signifikanzniveau als nicht zufallskorrigierte Maße und Cohens Kappa als zufallskorrigiertes Maß. Die Werte von Cohens Kappa liegen für die drei Variablen „Nationalität Gesamt-Geschäftsführer“, „Nationalität kaufmännischer Geschäftsführer“ und „Produktion“ mit 0,75 oder mehr im sehr guten und für die beiden Variablen „Entstehungsart Tochtergesellschaft“ und „Forschung/Entwicklung“ mit über 0,60 im guten Bereich. Nur die Variable „Marketing/Vertrieb“ liegt mit 0,51 unter diesen Werten, aber auch noch in einem akzeptablen Bereich.665 Das geringere Cohens Kappa ist trotz der hohen prozentualen Übereinstimmung auf die Verteilung der Variablen zurückzuführen. Da fast alle Tochtergesellschaften über Marketing bzw. Vertrieb verfügen, ist bei rein zufälligen Urteilen auch schon eine hohe Übereinstimmung zu erwarten und Cohens Kappa auch bei einer geringen Diskrepanz zwischen den Ratern verhältnismäßig niedrig. Da die Berechnung von Maßen des Interrater-Agreements für ordinal skalierte Variablen nicht aussagekräftig ist, ist in Tabelle 29 stattdessen Spearmans ȡ als Maß zur Bestimmung der Interrater-Reliabilität dargestellt. Zusätzlich dazu wird über den Wilcoxon-Test ermittelt, ob die Mittelwerte der Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaft sich signifikant unterscheiden. Es ist zu beachten, dass bei dem Wilcoxon-Test die Nullhypothese, es gebe keine Mittelwertunterschiede zwischen den Ratern, der Wunschhypothese entspricht. Der WilcoxonTest wird bei nicht signifikanter Teststatistik also so interpretiert, dass es keine signifikanten

665

Vgl. Fleiss/Cohen (1973), S. 618, zur Diskussion der Qualität verschiedener Werte für Cohens Kappa.

178

Mittelwertunterschiede zwischen den Ratern gibt. Deswegen wird, wie in der Literatur empfohlen, ein progressives Signifikanzniveau von 0,25 gewählt, um die Wahrscheinlichkeit eines ȕ-Fehlers möglichst klein zu halten.666 Nicht zufallskorrigiert Variable

Prozentuale Übereinstimmung

ȋ2-Wert

Zufallskorrigiert Cohens Kappa

Entstehungsart Tochtergesellschaft

82,4%

66,41***

Nationalität Gesamt-Geschäftsführer

85,3%

80,94***

0,75***

Nationalität kaufmännischer Geschäftsführer

89,2%

89,25***

0,82***

Forschung/Entwicklung

88,2%

35,13***

0,72***

Produktion

88,2%

39,37***

0,76***

Marketing/Vertrieb

92,6%

17,57***

0,51***

0,71***

*** p < 0,001

Tabelle 28: Maße zur Bestimmung des Interrater-Agreements für die nominal skalierten Variablen Wilcoxon-Test Variable

Spearmans ȡ

Teststatistik z

Signifikanzniveau

Mittelwertunterschiede

0,86***

-0,29

0,77

Nicht signifikant

Zentralisierung

0,55***

-2,91

0,00

Signifikant

Ergebniskontrolle

0,52***

-0,50

0,61

Nicht signifikant

Verfahrenskontrolle

0,58***

-0,01

0,99

Nicht signifikant

0,51***

-1,63

0,10

Signifikant

Ordinal skaliert: Gruppenkontrolle Ordinal oder auch intervallskaliert:

Angleichung von Zielen *** p < 0,001

Tabelle 29: Maße zur Bestimmung der Interrater-Reliabilität für die ordinal skalierten Variablen

Die einzige ordinal skalierte Variable, „Gruppenkontrolle“, weist einen sehr hohen Wert für Spearmans ȡ auf, wobei die Mittelwertunterschiede der Antworten von Zentrale und Tochter-

666

Vgl. Wirtz/Caspar (2002), S. 133.

179

gesellschaften nicht signifikant sind. Als zusätzliche Information sind die Werte für die Variablen „Zentralisierung“, „Ergebniskontrolle“, „Verfahrenskontrolle“ und „Angleichung von Zielen“ angegeben, bei denen aufgrund der verwendeten Skala nicht sicher geschlossen werden kann, dass sie intervallskaliert sind. In Anlehnung an Wirtz und Caspar (2002) wird die folgende Vorgehensweise gewählt:667 Liefern die Maße für die Interrater-Reliabilität für ordinale und intervallskalierte Variablen beide oder nur diejenigen für intervallskalierte Variablen zufriedenstellende Werte, wird die betreffende Variable als intervallskaliert angesehen, und es werden dem entsprechend parametrische Analyseverfahren verwendet. Sind hingegen nur die Maße für ordinal skalierte Variablen zufrieden stellend, werden auch nur nichtparametrische Analyseverfahren angewandt. Die Maße für mindestens intervallskalierte Variablen sind in Tabelle 30 dargestellt. Dies sind zum einen die unjustierte Intraklassenkorrelation ICCunjust, das 95%-Konfidenzintervall für die ICCunjust, der F-Wert und das entsprechende Signifikanzniveau. Zum anderen wird über das Ergebnis der zweifaktoriellen Varianzanalyse festgestellt, ob die Mittelwertunterschiede zwischen den Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaften signifikant sind. Aus Tabelle 30 ist erstens ersichtlich, dass alle Variablen Werte für die ICCunjust von 0,50 oder mehr aufweisen. Zwar existieren in der Literatur keine allgemein gültigen Schwellenwerte für die ICCunjust, jedoch ist bei derartigen Werten angesichts der konservativen Reliabilitätsschätzung der ICCunjust von einer ausreichend hohen Interrater-Reliabilität auszugehen.668 Zweitens fällt auf, dass Variablen, die objektive Sachverhalte messen, wie z. B. die Beteiligungsquote oder das Alter der Tochtergesellschaft, deutlich höhere Interrater-Reliabilitäten als andere Variablen haben. Drittens ist festzustellen, dass die Interrater-Reliabilität nur bei drei Variablen durch signifikante Mittelwertunterschiede zwischen den Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaften verschlechtert wird. Dies ist bei den Variablen „Zentralisierung“, „Alter Tochtergesellschaft“ und „Angleichung von Zielen“ der Fall. Wie in Tabelle 31 zu erkennen ist, weisen die Antworten der Zentrale für alle drei Variablen höhere Werte auf, wobei ein tTest nur für die Variable „Zentralisierung“ einen zum 5%-Niveau signifikanten Mittelwertunterschied ergibt. Dies bedeutet, dass die befragten Tochtergesellschaften der Meinung sind, mehr Kompetenzen bei Entscheidungen zu haben als dies die Zentrale glaubt.

667 668

Vgl. Wirtz/Caspar (2002), S. 126 f. Vgl. Wirtz/Caspar (2002), S. 160.

180

Intraklassenkorrelation Variable

Zweifaktorielle Varianzanalyse

ICCunjust

95%F-Wert Konfidenzintervall

0,50***

[0,30; 0,66] 3,02

9,96

0,00

Signifikant

Relative Bedeutung (Größe)

0,96***

[0,93; 0,97] 47,33

0,83

0,37

Nicht signifikant

Relative Bedeutung (Markt)

0,59***

[0,41; 0,73] 3,90

0,45

0,51

Nicht signifikant

Alter Tochtergesellschaft

0,77***

[0,65; 0,85] 7,60

1,41

0,24

Signifikant

Beteiligungsquote

0,80***

[0,70; 0,87] 9,12

0,50

0,48

Nicht signifikant

Ergebniskontrolle

0,57***

[0,39; 0,71] 3,68

0,71

0,40

Nicht signifikant

Verfahrenskontrolle

0,59***

[0,41; 0,72] 3,84

0,03

0,85

Nicht signifikant

Kulturabhängiges Kontrollverhalten

0,50***

[0,30; 0,66] 3,36

0,85

0,36

Nicht signifikant

Angleichung von Zielen

0,50***

[0,30; 0,66] 3,01

2,94

0,09

Signifikant

Unterstützung durch Informationstechnologie

0,63***

[0,46; 0,75] 4,41

0,00

0,99

Nicht signifikant

0,57***

[0,39; 0,72] 3,69

1,07

0,30

Nicht signifikant

F-Wert

Signifikanzniveau

Mittelwertunterschiede

Einflussfaktor: Zentralisierung

Kontrollvariablen:

Kontrollstrategien:

Erfolgsmaß: Finanzieller Erfolg Tochtergesellschaft *** p < 0,001

Tabelle 30: Maße zur Bestimmung der Interrater-Reliabilität für die mindestens intervallskalierten Variablen

181

Mittelwert Variable

Zentrale

Zentralisierung

Tochtergesellschaft

t-Test Teststatistik t

3,35

3,04

Alter Tochtergesellschaft

15,62

14,21

-1,19

Angleichung von Zielen

4,10

3,91

-1,71†



p < 0,10

-3,16**

** p < 0,01

Tabelle 31: Mittelwerte und signifikante Unterschiede zwischen den Antworten von Zentrale und Tochtergesellschaften für ausgewählte Variablen

Ein Vergleich der Werte von Spearmans ȡ mit der Intraklassenkorrelation für die Variablen „Zentralisierung“, „Ergebniskontrolle“, „Verfahrenskontrolle“ und „Angleichung von Zielen“, die nicht eindeutig intervallskaliert sind, ergibt vergleichbare Interrater-Reliabilitäten. Somit können diese Variablen als intervallskaliert aufgefasst und mit parametrischen Verfahren analysiert werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die berechneten Maße für Interrater-Agreement und Interrater-Reliabilität durchweg mindestens zufrieden stellende Werte aufweisen. Dies kann als Beleg dafür dienen, dass kein großer Key Informant Bias vorliegt, wenn für den Großteil der folgenden Analysen nur die Antworten der Zentrale betrachtet werden.

7.2 Deskriptive Ergebnisse zu der Gestaltung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften In diesem Abschnitt wird, entsprechend der ersten Forschungsfrage, eine Bestandsaufnahme der Gestaltung der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften bei den befragten Unternehmen vorgenommen. Dazu werden zunächst die verschiedenen Organisationsformen für die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften erklärt und anschließend die Anwendung der verschiedenen Kontrollstrategien im Detail beleuchtet. Diese Betrachtung ist nicht auf die Angaben aus den ausgefüllten Fragebögen beschränkt, sondern es werden auch Informationen aus den Gesprächen mit den Befragten genutzt. Die Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften kann, wie in Abschnitt 6.3.3.1 dargestellt, in der Organisationsform eines Stammhauskonzerns, einer Geschäftsbereichsorganisation oder einer Holding erfolgen. In Abbildung 23 sind die Organisationsformen der in der Stichprobe enthaltenen MNUs aufgeführt. Es zeigt sich, dass mehr als die Hälfte der MNUs als Ge-

182

schäftsbereichsorganisation organisiert sind, d. h. weitgehend autonome Geschäftsbereiche kontrollieren operativ jeweils einen Teil der ausländischen Tochtergesellschaften. Holding 8%

Geschäftsbereichs- 57% organisation

35% Stammhauskonzern

Abbildung 23: Organisationsformen der MNUs zur Kontrolle ihrer ausländischen Tochtergesellschaften

Das Ausmaß der eingesetzten Ergebniskontrolle wurde über die Frequenz gemessen, mit der die Tochtergesellschaften verschiedene Kennzahlen an die Zentrale berichten müssen. Insgesamt zeigte die empirische Untersuchung, dass das Berichtswesen der ausländischen Tochtergesellschaften hoch standardisiert ist. Die meisten MNUs stellten an alle ausländischen Tochtergesellschaften die gleichen Berichtsanforderungen, ungeachtet eventueller Unterschiede in der strategischen Bedeutung.669 Als Grund für die Standardisierung wurden vor allem die Aggregationsanforderungen der Geschäftsleitung genannt, die regelmäßige Kennzahlen für eine Region oder einen Geschäftsbereich verlangt. Von der Möglichkeit, die Berichtsfrequenz unwichtigerer Gesellschaften zu reduzieren und stattdessen die Kennzahlen zu schätzen, machen nur wenige der befragten MNUs Gebrauch. Die Berichtsfrequenz verschiedener Kennzahlen ist in Abbildung 24 dargestellt. Es ist ersichtlich, dass die meisten Tochtergesellschaften in ein monatliches Berichtswesen eingebunden sind, insbesondere für die Kennzahlen Unternehmensergebnis, Materialkosten, Personalkosten und die komplette Ergebnisrechnung. Die Kennzahlen Umsatz bzw. Auftragsbestand, die für viele MNUs besondere Bedeutung haben, müssen hingegen 10% bzw. 6% der Tochtergesellschaften täglich und 13% bzw. 10% der Tochtergesellschaften wöchentlich berichten. Bei der Kennzahl Auftragsbestand ist bemerkenswert, dass 24% der Tochtergesellschaften diese

669

Eine ähnliches Ergebnis stellt Leksell (1981), S. 215-218, fest.

183

Kennzahl überhaupt nicht berichten müssen. Dafür werden vor allem zwei Gründe genannt. Erstens sind dies Tochtergesellschaften, die keine eigenen Auftragsbestände verwalten, weil sie keinen eigenen Vertrieb aufweisen. Zweitens sind es Tochtergesellschaften, die zwar einen eigenen Auftragsbestand verwalten, dieser aber ausschließlich für die Produktion konzerninterner Güter genutzt wird. 100% = 10

Umsatz

13

2 219

75

Täglich Wöchentlich Monatlich

Auftragsbestand

6 10

55

1 4

219

24

96

Unternehmensergebnis Materialkosten

1

Personalkosten

1

Komplette Ergebnisrechnung

90 93 91

4 219 6

Quartalsweise Halbjährlich/ jährlich Nie

219 2 1 6 219

6 3 219

Abbildung 24: Berichtsfrequenz verschiedener Kennzahlen

Da es bereits mehrere empirische Studien gibt, GLHGDV.RQVWUXNWÄ(UJHEQLVNRQWUROOH³DXIHLQH ähnliche Weise wie in der vorliegenden Untersuchung operationalisieren, ist ein Vergleich PLW GLHVHQ 6WXGLHQ P|JOLFK 2¶'RQQHOO 2000) stellt bei seiner Untersuchung von 98 USamerikanischen Tochtergesellschaften ebenfalls fest, dass diese die wichtigsten Kennzahlen an die Zentrale überwiegend in monatlicher Frequenz berichten.670&KDQJXQG7D\ORU   kommen zu einem ähnlichen Ergebnis bei ihrer Untersuchung koreanischer Tochtergesellschaften von US-amerikanischen und japanischen MNUs.671 Eine ältere Untersuchung von /HNVHOO  HUPLWWHOWKLQJHJHQHLQDQGHUHV(Ugebnis: Er untersucht europäische Tochtergesellschaften schwedischer MNUs und findet heraus, dass die meisten Berichte quartalsweise an die Zentrale zu liefern sind.672 Auf Basis dieser beschränkten Evidenz lässt sich vermuten,

670 9JO2¶'RQQHOO  6'LH9DULDEOHÄ%XUHDXFUDWLF0RQLWRULQJ³KDWHLQHQ0LWWHOZHUWYRQ 671 9JO&KDQJ7D\ORU  6 672 9JO/HNVHOO  6

184

dass die Ergebniskontrollen in den letzten 25 Jahren intensiviert wurden, möglicherweise, weil die Kosten von Ergebniskontrollen durch IT-Systeme gesunken sind.673 Weniger standardisiert als Ergebniskontrollen sind die Verfahrenskontrollen, denen die Zentrale ihre Tochtergesellschaft unterzieht. Untersucht wurde die Frequenz, mit der die Zentrale von der Tochtergesellschaft qualitative Hintergrundinformationen zu Kennzahlen und Prognosewerte anfordert, die Zentrale Abweichungsanalysen durchführt und Konferenzen mit Vertretern von Zentrale und Tochtergesellschaften regelmäßig stattfinden. Das Ergebnis der Untersuchung ist in Abbildung 25 dargestellt. 100% = Hintergrundinformationen

5 1

Prognosewerte

7 219

47 79

1 16

7 219

16

Täglich Wöchentlich Monatlich

46

Abweichungsanalysen Konferenzen

71

54

12

5 4 219

21

Quartalsweise Halbjährlich/ jährlich Nie

8 219

Abbildung 25: Frequenz verschiedener Verfahrenskontrollen

Es zeigt sich, dass 77% der Tochtergesellschaften Hintergrundinformationen zu Kennzahlen monatlich oder häufiger liefern müssen, aber nur 46% zukunftsgerichtete Prognosewerte in dieser Frequenz an die Zentrale melden. Konferenzen dienen den MNUs in allen Tochtergesellschaften als wichtige Verfahrenskontrollen, die in 17% der Tochtergesellschaften sogar wöchentlich oder täglich durchgeführt werden. Dies ist ein angesichts des dazu nicht nur in der Tochtergesellschaft, sondern auch in der Zentrale notwendigen Aufwands mit der Teilnahme hochrangiger Manager erstaunliches Ergebnis. Fast alle Tochtergesellschaften müssen sich allen genannten Verfahrenskontrollen mindestens jährlich unterziehen; nur für 4% der Tochtergesellschaften werden keine Abweichungsanalysen erstellt. Die damit einhergehende hohe Kontrollintensität wird von den befragten MNUs bewusst in Kauf genommen. Der folgende Auszug aus dem Geschäftsbericht der Deutz AG, die Bestandteil der Grundgesamtheit ist, unWHUVWUHLFKWGLHVÄ$OOHRSHUDWLYen Einheiten einschließlich der

673

Selbstverständlich sind auch andere Erklärungsmöglichkeiten, wie z. B. die unterschiedliche Unternehmens- oder Landeskultur der Zentrale, denkbar.

185

ausländischen Tochtergesellschaften sind in ein detaillierten Planungs-, Controlling- und Reporting-System eingebunden. Kernelemente dieses Systems sind revolvierende Kurz- und Mittelfristplanungen, monatliche Plan/Ist-Analysen, vierteljährliche Vorschauen und regelmäßige Review-/Planungs-Gespräche. Dabei werden alle wesentlichen eingetretenen oder erwarteten geschäftsrelevanten Vorgänge berücksichtigt und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen zeitnah eingeleitet.“674 Die dritte untersuchte Kontrollstrategie ist die strategische „Prämissenkontrolle“. Noch vor 20 Jahren spielte diese Kontrollstrategie eine untergeordnete Rolle, wie die explorative Untersuchung von Schreyögg und Steinmann (1986) zeigte. „Insgesamt haben die Interviews ergeben, daß [!] in keinem der acht untersuchten Unternehmen ein formal geregeltes System zur Kontrolle strategischer Pläne Verwendung findet.“ 675 Allerdings war auch zu dieser Zeit der Nutzen strategischer Prämissenkontrolle in der Praxis anerkannt: „Die interviewten Praktiker stimmten fast ausnahmslos der These von der hohen Bedeutung strategischer Kontrollmaßnahmen zu und interpretierten den geringen Entwicklungsstand denn auch eher als ein Versäumnis.“676 Ein ganz anderes Bild zeigt sich in der empirischen Untersuchung dieser Arbeit. Für 58% der Tochtergesellschaften untersuchen die befragten MNUs die Planungsprämissen regelmäßig und immerhin für 41% der Tochtergesellschaften prüfen sie auch unterjährig regelmäßig die Strategie dieser Tochtergesellschaften.677 Nur für 16% bzw. 13% der Tochtergesellschaften werden Planungsprämissen bzw. Strategie nicht und in immerhin 26% bzw. 46% ansatzweise regelmäßig überprüft.678 Die vierte untersuchte Kontrollstrategie ist die „Aggregation von Informationen“. Hierbei zeigen sich große Unterschiede bei dem Aggregationsniveau der Berichte, die die Geschäftsleitung der Zentrale über die Geschäftsentwicklung einer Tochtergesellschaft erhält. Die Berichte über eine Tochtergesellschaft haben einen Umfang von weniger als einer Seite (im Extrem-

674

o. V. (2004a), S. 42. Schreyögg/Steinmann (1986), S. 41. Ähnlich Horovitz (1979), S. 105. 676 Schreyögg/Steinmann (1986), S. 47. 677 Dabei wurde eine Antwort von sechs oder sieben auf der Sieben-Punkt-Likert-Skala so interpretiert, dass der beschriebene Sachverhalt zutrifft. 678 Dabei wurde eine Antwort von eins oder zwei auf der Sieben-Punkt-Likert-Skala so interpretiert, dass der beschriebene Sachverhalt nicht zutrifft. Bei einer Antwort von drei, vier oder fünf wird davon ausgegangen, dass der Sachverhalt zum Teil gegeben ist. 675

186

fall nur eine Zeile) bis zu 50 Seiten. Ein Unternehmen aus der Maschinenbau-Branche setzt für diese Berichte sogar ein hierarchisch organisiertes Management Information System ein, bei dem die Kennzahlen zu den Tochtergesellschaften auf der ersten Ebene hoch aggregiert sind und die Mitglieder der Geschäftsleitung selbständig ein niedrigeres Aggregationsniveau wählen können. Individuelle Benutzerrechte stellen die Vertraulichkeit der Informationen sicher. Weniger stark als die Aggregation von Informationen setzten die befragten MNUs die Kontrollstrategie „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ ein. Wie in Abbildung 26 ersichtlich, verfügen die Controller in der Zentrale, die die Tochtergesellschaften betreuen, nur zu einem geringen Teil über die interkulturellen Voraussetzungen dazu. Von den Controllern in der Zentrale besitzen 57% keine Kenntnisse in der Sprache des Landes, in dem sich die Tochtergesellschaft befindet, 58% erhalten keine interkulturellen Trainings, um die Kultur dieses Landes kennen zu lernen, und 79% der Controller haben dieses Land noch nicht durch eine längere berufliche Tätigkeit kennen gelernt. Trotzdem beurteilten die Befragten die kulturelle Kompetenz der Controller überwiegend als mittel (56%) oder hoch (30%). Als Grund für diese Diskrepanz wurden vor allem ein längeres Bestehen der Beziehung zwischen Controller in der Zentrale und einer Tochtergesellschaft und ein häufiger Austausch, auch durch Reisen, zwischen den Controllern von Zentrale und Tochtergesellschaften genannt. Nichtsdestotrotz finden sich einige Fälle, wo die MNUs für ihre Zentrale gezielt mehrsprachige Mitarbeiter einsetzen, die zum Teil auch die Nationalität des Landes besitzen, in dem sich die Tochtergesellschaft befindet, und somit in der Regel auch über eine hohe kulturelle Kompetenz verfügen.

Sprachkenntnisse

27

16

57

100% =

Hoch (6-7)

219

Mittel (3-5) Niedrig (1-2)

Interkulturelle Trainings 6 Kulturelle Kompetenz Auslandstätigkeit

36

30 10

11

219

58 56 79

14

219 219

Abbildung 26: Bewertung verschiedener Aspekte des kulturabhängigen Kontrollverhaltens

187

Bemerkenswert ist ferner, dass viele Unternehmen das Problem der in fremden Kulturen schwierigeren Informationsermittlung und -interpretation auf eine andere Weise zu lösen versuchen. In 32% der Tochtergesellschaften verfügt der Hauptansprechpartner der Zentrale über sehr gute Deutschkenntnisse und kann so ohne sprachliche Schwierigkeiten mit Mitarbeitern der Zentrale kommunizieren. Dieser Hauptansprechpartner ist bei kleineren Tochtergesellschaften zumeist der Finanzvorstand (CFO) und bei größeren Gesellschaften der Leiter des lokalen Controllings. Bei dem Einsatz der fünften Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ fallen große Unterschiede zwischen verschiedenen MNUs auf. Während einige MNUs den Einsatz von Werten und einer einheitlichen Unternehmenskultur in Zentrale und Tochtergesellschaften für wichtig erachten, bezeichnete ein Unternehmen der Energiebranche Werte als „angelsächsischen Schnickschnack“. Diejenigen MNUs, die einheitlichen Vorstellungen in Zentrale und Tochtergesellschaften große Wichtigkeit beimessen, nutzen dazu vor allem Trainingsprogramme für Mitarbeiter der Tochtergesellschaften, an denen auch Vertreter der Zentrale teilnehmen. Zu diesem Zweck haben diese Unternehmen international einheitliche Fortbildungsprogramme für Führungskräfte oder mindestens eine Sitzung jährlich mit allen Geschäftsführern der Tochtergesellschaften, um die Strategie für das nächste Geschäftsjahr zu diskutieren. Weiterhin werden die Werte des Gesamtunternehmens in den Tochtergesellschaften durch Mitarbeiterzeitungen, das Intranet und durch in der Zentrale ausgebildete Führungskräfte vermittelt. Bei der Kontrollstrategie „Gruppenkontrolle“ zeigte sich innerhalb der MNUs kein einfaches Muster. Zwar gaben einige Unternehmen an, als kaufmännischen Geschäftsführer immer einen Deutschen und als Gesamt-Geschäftsführer immer einen Mitarbeiter aus dem Land der Tochtergesellschaft einzusetzen, jedoch wurde dieses Muster auch in diesen Unternehmen nicht bestätigt. Auch die Kontrollstrategie „Unterstützung durch Informationstechnologie“ wird von den MNUs sehr unterschiedlich verfolgt, wie in Abbildung 27 dargestellt ist. Zunächst zeigt die Antwort auf die Frage nach dem Gesamteindruck der IT-Unterstützung des Berichtswesens, bei der nur 27% der Befragten eine hohe Zufriedenheit, 52% eine mittlere und 21% sogar eine niedrige Zufriedenheit mit dem IT-System äußern, dass viele Unternehmen noch keine zufrieden stellende IT-Unterstützung für ihr Berichtswesen aufgebaut haben. Dies wird dadurch illustriert, dass in 45% der Tochtergesellschaften in hohem und in 32% der Tochtergesellschaften in mittlerem Maße Zusatzarbeiten beim Berichtswesen anfallen, die durch eine bessere IT-

188

Unterstützung unnötig würden. Bemerkenswert ist, dass die MNUs bereits auf 30% der ITSysteme der Tochtergesellschaften einen direkten Zugriff haben, so dass sie ohne Kenntnis der Tochtergesellschaft auf alle wichtigen Kennzahlen zugreifen können.

Kompatibilität

34

41

25

100% =

Hoch (6-7)

219

Mittel (3-5) Niedrig (1-2)

Zusatzarbeiten

45

Direkter Zugriff

30

Schnittstelle Gesamteindruck

56

14 23

49 27

23

32

52

219 219

28 21

219 219

Abbildung 27: Bewertung verschiedener Aspekte der IT-Unterstützung der Berichtssysteme zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften

Die Befragten nannten insbesondere zwei Barrieren, die eine gute IT-Anbindung verhindern. Erstens sind dies die hohen Kosten für ein einheitliches IT-System, die vor allem bei einer sehr hohen Zahl ausländischer Tochtergesellschaften mit jeweils geringer Bedeutung die Vorteile einer kompatiblen IT-Lösung aufwiegen können. Zweitens lohne sich eine gute ITUnterstützung bei geringer Haltedauer einer Beteiligung nicht. Hierzu ist allerdings anzumerken, dass einige Unternehmen in diesem Fall zwar verschiedene (inkompatible) IT-Systeme haben, aber diesen Nachteil durch schnell implementierbare Schnittstellen zwischen den ITSystemen von Zentrale und Tochtergesellschaften ausgleichen. Weiterhin soll noch beleuchtet werden, welche Kennzahlen bei der Erfolgskontrolle der ausländischen Tochtergesellschaften verwendet werden. Wie in Abbildung 28 dargestellt, sind die wichtigsten Kennzahlen bei der Erfolgskontrolle für die Mehrzahl der Unternehmen mit dem Umsatz und der Kostenentwicklung zwei direkte Treiber des Erfolgs sowie mit dem Gewinn eine derivative Kennzahl. Die in der aktuellen Controllingforschung vorgeschlagenen Steuerungsgrößen „Operativer Cashflow“ und „Return on Investment“ spielen hingegen nur eine untergeordnete Rolle.679

679

Vgl. Küpper (2005), S. 247-249, zur Bedeutung dieser Kennzahlen für die Steuerung.

189

Entwicklung neuer Produkte Neukundengewinnung Marktanteil

9

21

70

25

30

Mittel (3-5)

Kostenentwicklung

71

Gewinn

219

45 32

37 72

Return on Investment

Hoch (6-7)

219

Niedrig (1-2)

Umsatz

Operativer Cashflow

100% =

31 22 17

6 219 12 219

4 9 219

87 45 35

219

19

36 34

31

219 219

Abbildung 28: Wichtigkeit verschiedener Kennzahlen bei der Steuerung und Erfolgskontrolle der Tochtergesellschaften

Zuletzt wird die Wirkung der Kontrollstrategien auf die befragten ausländischen Tochtergesellschaften in Abbildung 29 gezeigt. Es ist erkennbar, dass die meisten Befragten die Frequenz der zu erstellenden Berichte für angemessen halten, jedoch die Zustimmung zu Umfang und Detailniveau der Berichte deutlich niedriger ausfällt. Dies liegt daran, dass 43% der Befragten das Berichtswesen insgesamt für sehr aufwendig und weitere 47% für mittelmäßig aufwendig halten. Ein Grund dafür kann sein, dass nur 40% der Befragten die Berichte an die Zentrale in hohem Maße auch für interne Zwecke nutzen können. Negative Wirkungen auf die Motivation oder eine Einengung des Handlungsspielraums der Tochtergesellschaften treten hingegen bei den meisten Befragten nicht in hohem Maße auf.

190

100% = Angemessenheit Frequenz Berichte

72

Hoch (6-7) Mittel (3-5) Niedrig (1-2)

Angemessenheit Umfang Berichte

52

Angemessenheit Detailniveau Berichte

52

Aufwändigkeit Berichtswesen

35 29

9 6

19

68 68

10 68

35

40

Interne Steuerung über berichtete Kennzahlen

13

47

43

Interne Verwendung der Berichte an Zentrale

Negative Wirkungen auf die Motivation Einengung Handlungsspielraum durch Berichtswesen

3 68

25

25

68

54

37

35

56

68

59

68

35

9

68

Abbildung 29: Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle

7.3 Überprüfung der Arbeitshypothesen und explorative Erfolgsfaktorenuntersuchung Dieser Abschnitt enthält die Überprüfung der Arbeitshypothesen über den Zusammenhang zwischen Einflussfaktoren, Kontrollstrategien und dem Erfolg sowie die explorative Untersuchung der Erfolgsfaktoren der Kontrolle ausländischer Tochtergesellschaften. Nur für diejenigen beiden Kontrollstrategien, für die in Abschnitt 5.2 Hypothesen abgeleitet worden sind, erfolgt eine (konfirmative) Überprüfung dieser Hypothesen; der Erfolgsbeitrag aller anderen Kontrollstrategien wird durch ihre Aufnahme in die Regressionsmodelle geprüft.

7.3.1 Wirkung der Einflussfaktoren auf die Kontrollstrategien Die zweite Forschungsfrage dieser Arbeit betrifft den Einfluss verschiedener Faktoren auf Kontrollstrategien. In diesem Abschnitt werden die zur Bearbeitung dieser Forschungsfrage in Abschnitt 5.2 abgeleiteten Arbeitshypothesen auf ihre Gültigkeit hin untersucht. Die Hypothesentests erfolgen mit der Ausnahme von Hypothese sieben über multiple Regressionsanalysen nach der in Abschnitt 6.5.2 beschriebenen Vorgehensweise. Hypothese sieben betrifft eine nominal bzw. ordinal skalierte abhängige Variable und kann daher nicht mit einer

191

Regressionsanalyse überprüft werden. Stattdessen werden, wie in Abschnitt 6.5.3 beschrieben, Verfahren der logistischen Regression angewandt. Für die Überprüfung aller Hypothesen werden drei Modelle angegeben. Das erste Modell (1) enthält nur die beiden Einflussfaktoren auf Kontrollstrategien, Umweltunsicherheit und Zentralisierung. Für die Umweltunsicherheit ist neben der branchenabhängigen Prognoseunsicherheit auch die kulturelle Distanz angegeben, die ein zweites Maß der Umweltunsicherheit darstellt. In das zweite Modell (2) werden zusätzlich alle diejenigen Kontrollvariablen aufgenommen, die nach Abschluss einer schrittweisen Durchführung der Regressionsanalyse signifikant sind. Dazu werden nacheinander alle Kontrollvariablen in die Regressionsgleichung integriert, wobei zunächst diejenige Kontrollvariable ausgewählt wird, die mit der abhängigen Variablen den höchsten partiellen Korrelationskoeffizienten aufweist. Eine Kontrollvariable wird allerdings nur dann in die Regressionsgleichung aufgenommen, wenn das Signifikanzniveau der F-Statistik des partiellen Korrelationskoeffizienten über 5% liegt. Wenn das Signifikanzniveau der F-Statistik einer Kontrollvariablen über 10% liegt, wird sie wieder aus der Regressionsgleichung entfernt.680 Das für jede Hypothesenprüfung angegebene dritte Modell (3) enthält schließlich alle Kontrollvariablen, wie in Beiträgen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften üblich.681 Aus allen Regressionsmodellen mussten die Kontrollvariablen Geschäftsbereichorganisation (Organisation Controlling), Eigengründung (Entstehungsart) und sonstiges verarbeitendes Gewerbe (Branche) entfernt werden, da sie linear aus anderen Variablen der jeweiligen Gruppe erzeugbar sind und bei ihrer Aufnahme in das Regressionsmodell perfekte Multikollinearität vorläge. Alle Voraussetzungen des Regressionsmodells sind für alle im Folgenden vorgestellten Regressionsanalysen erfüllt. Die Varianzinflationsfaktoren der Einflussfaktoren liegen zwischen 1,02 und 2,32 und diejenigen der Kontrollvariablen zwischen 1,29 und 3,76 und damit weit unter dem als kritisch angesehenen Schwellenwert Zehn.682 Eine visuelle Inspektion der Residuen liefert weiterhin keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Heteroskedastizität. Auto-

680

Vgl. zu dieser Vorgehensweise Backhaus (2003), S. 105-110. Vgl. z. B. Gupta/Govindarajan/Malhotra (1999), S. 216, und Gong (2003), S. 734-736. 682 Vgl. Cohen (2003), S. 423. 681

192

korrelation ist bei den vorliegenden Daten nicht zu erwarten, da es sich nicht um Zeitreihendaten, sondern um Querschnittsdaten handelt. Bei der folgenden Beschreibung der Ergebnisse der Hypothesentests wird jeweils der standardisierte Regressionskoeffizient bi des Einflussfaktors i aus Modell 3 sowie sein Signifikanzniveau angegeben; auf den Index i wird der Einfachheit halber jedoch verzichtet. Zusätzlich dazu wird der Einfluss wichtiger Kontrollvariablen diskutiert. Die Hypothesen H1a bzw. H1b sagen einen positiven Zusammenhang zwischen Umweltunsicherheit bzw. Zentralisierung und der Frequenz der Ergebniskontrolle voraus. In Tabelle 32 sind dazu die einzelnen standardisierten Regressionskoeffizienten für die drei verschiedenen Regressionsmodelle, ihre Signifikanzniveaus sowie der F-Wert, das Bestimmtheitsmaß und das adjustierte Bestimmtheitsmaß für das Gesamtmodell dargestellt. Es ist ersichtlich, dass sowohl Hypothese H1a für die branchenabhängige Prognoseunsicherheit (b = 0,39; p < 0,001) als auch H1b für Zentralisierung (b = 0,28; p < 0,01) in allen Modellen bestätigt werden kann. Die kulturelle Distanz (b = -0,08) weist hingegen keinen weiteren signifikanten Erklärungsbeitrag auf. Das Ergebnis der Überprüfung von Hypothese H1b ist konsistent zu den Ergebnissen der beiden empirischen Studien von Chang und Taylor (1999) und O’Donnell (2000).683 Börsennotierte Unternehmen haben eine signifikant höhere Frequenz der Ergebniskontrolle (b = 0,42; p < 0,001). Dies kann daran liegen, dass börsennotierte Unternehmen Publizitätspflichten unterliegen, die eine häufigere Berichterstattung der Tochtergesellschaften im Verhältnis zu anderen Unternehmen erzwingen. Für Familienunternehmen gilt ein ähnlicher signifikant positiver Zusammenhang (b = 0,23; p < 0,05), der durch erhöhte Informationsanforderungen der Anteilseigner begründet sein kann, die in Familienunternehmen häufig eine sehr aktive Rolle bei wichtigen Entscheidungen spielen.684 Der RoE 2004 wirkt hingegen signifikant negativ auf die Frequenz der Ergebniskontrolle (b = -0,31; p < 0,001). Dies ist plausibel, da davon auszugehen ist, dass die MNUs die Kontrollintensität im Sinne des management by exception anpassen und daher der Kontrollbedarf mit steigendem Erfolg im Vorjahr sinkt.685 Dadurch sind sie in der Lage, die Kontrollkosten zu senken. Konsistent zu den beiden Studien

683

Vgl. Chang/Taylor (1999), S. 556-558; O’Donnell (2000), S. 537 f. Vgl. Klein (2004), S. 133-140, die in ihrer empirischen Untersuchung feststellt, dass Familienunternehmen über signifikant mehr Kontrollgremien als Nicht-Familienunternehmen verfügen. 685 Vgl. zum management by exception Abschnitt 3.3.2.2. 684

193

von Youssef (1975) und Egelhoff (1984) findet sich ein negativer Einfluss des Alters der Tochtergesellschaft auf die Frequenz der Ergebniskontrolle (b = -0,16; p < 0,05), der sich mit sinkender Informationsasymmetrie durch die gegenseitigen Erfahrungen erklären lässt.686 Ein positiver Einfluss der Beteiligungsquote auf die Frequenz der Ergebniskontrolle, wie ihn Chang und Taylor (1999) feststellen, kann zwar gefunden werden (b = 0,06), jedoch erweist er sich im vorliegenden Regressionsmodell als nicht signifikant.687 Der Grund dafür kann sein, dass die meisten Tochtergesellschaften hundertprozentige Beteiligungen der befragten Unternehmen sind und daher die Variable Beteiligungsquote nur eine geringe Variationsbreite aufweist. Weiterhin hat die Zugehörigkeit einer Tochtergesellschaft zu den Branchen Chemie (b = -0,28; p < 0,01), Transport und Logistik (b = -0,29; p < 0,001), Handel (b = 0,16; p < 0,05) sowie Dienstleistung (b = -0,19; p < 0,01) einen signifikanten Einfluss auf die Frequenz der Ergebniskontrolle. Die zweite Hypothese sagt einen positiven Einfluss der Umweltunsicherheit (H2a) und der Zentralisierung (H2b) auf die Intensität der Verfahrenskontrolle voraus. Wie in Tabelle 32 dargestellt, kann dieser Zusammenhang für beide Arten von Umweltunsicherheit, branchenabhängige Prognoseunsicherheit (b = 0,31; p < 0,05) und kulturelle Distanz (b = 0,12; p < 0,10) Hypothese H2a entsprechend bestätigt werden. Dieser Zusammenhang wird auch für Zentralisierung (b = 0,19; p < 0,05), wie in Hypothese H2b postuliert, ermittelt. In die gleiche Richtung wie bei dem Regressionsmodell mit der Frequenz der Ergebniskontrolle als abhängiger Variablen wirken die Kontrollvariablen „Börsennotierung“ (b = 0,47; p < 0,01), „Familienunternehmen“ (b = 0,40; p < 0,01) und „RoE 2004“ (b = -0,40; p < 0,001).688 Auch der Brancheneinfluss ist ähnlich; die beiden Variablen „Transport und Logistik“ (b = -0,19; p < 0,05) und „Dienstleistung“ (b = -0,16; p < 0,05) wirken negativ auf die Intensität der Verfahrenskontrolle. Außerdem hängt die Variable „Stammhauskonzern“ positiv mit der Intensität der Verfahrenskontrolle zusammen (b = 0,19; p < 0,05). Der Grund dafür könnte der gegenüber Holdings und Geschäftsbereichsorganisationen höhere Informationsbedarf von Stammhauskonzernen sein.

686

Vgl. Youssef (1975), S. 141; Egelhoff (1984), S. 75. Vgl. Chang/Taylor (1999), S. 556. 688 Die starke positive Wirkung der Variable „Börsennotierung“ auf den Einsatz der Kontrollstrategien kann mit der Theorie des Neoinstitutionalismus als eine Antwort auf die Anforderung von Institutionen, die bei börsennotierten Unternehmen einen besonders starken Einfluss auf das Unternehmen ausüben (z. B. Investoren), erklärt werden. Vgl. North (1990). 687

194

Ergebniskontrolle (H1) Modell 1 Modell 2 Modell 3 Einflussfaktoren: a) Umweltunsicherheit: Branchenabh. Prognoseunsicherheit Kulturelle Distanz b) Zentralisierung Kontrollvariablen: Umsatz Gesamtunternehmen Internationalisierungsgrad: Umsatz Länder Börsennotiert Familienunternehmen Komplexität Beteiligungscontrolling Organisation Controlling: Stammhauskonzern Holding RoE 2004 Relative Bedeutung Tochtergesellschaft: Größe Markt Alter Tochtergesellschaft Beteiligungsquote Entstehungsart: Joint Venture Akquisition Betriebliche Funktionen: Forschung/Entwicklung Produktion Marketing/Vertrieb Branche Tochtergesellschaft: Automobil Maschinenbau Chemie Transport und Logistik Handel Dienstleistung F r2 r2 adjustiert † p < 0,10

* p < 0,05

0,21** -0,07 0,26***

0,35*** -0,11 0,20**

-0,13* 0,29***

0,39*** -0,08 0,28**

Verfahrenskontrolle (H2) Modell 1 Modell 2 Modell 3 0,18** 0,08 0,21**

0,31* 0,12† 0,19*

0,10

0,03

-0,11 -0,13 0,42*** 0,23* -0,02

-0,15† 0,27* 0,47** 0,40** -0,42**

-0,22**

-0,04 -0,05 -0,25*** -0,31***

-0,16**

0,14* 0,12† 0,07

0,19* 0,07 -0,27*** -0,40***

-0,03 0,03 -0,16* 0,06

0,02 0,03 -0,04 -0,02

0,01 0,08

-0,04 0,10

-0,03 0,13 0,07

0,16* -0,16*

0,06 -0,23** -0,14 -0,33*** -0,28** -0,36*** -0,29*** 0,16* -0,19** -0,19**

11,27*** 17,44*** 7,73*** 0,14 0,54 0,58 0,12 0,50 0,51 ** p < 0,01 *** p < 0,001

0,24** -0,15*

8,10*** 0,10 0,09

8,65*** 0,32 0,28

0,17† 0,06 -0,13† 0,14 -0,13 -0,16 -0,19* -0,06 -0,16* 3,84*** 0,41 0,30

Tabelle 32: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse, jeweils mit „Ergebniskontrolle“ (Hypothese H1) und „Verfahrenskontrolle“ (Hypothese H2) als abhängiger Variablen

Im Rahmen von Hypothese drei wird ein positiver Einfluss von Umweltunsicherheit (H3a) und Zentralisierung (H3b) auf die Intensität der Prämissenkontrolle vermutet. Dieser Zusammenhang kann sowohl für Umweltunsicherheit (b = 0,31; p < 0,01) als auch für Zentralisierung (b = 0,18; p < 0,05) bestätigt werden, wie in Tabelle 33 ersichtlich ist. Die kulturelle

195

Distanz zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften liefert keinen weiteren signifikanten Erklärungsbeitrag (b = -0,06). Eine Reihe von Kontrollvariablen beeinflusst die Intensität der Prämissenkontrolle zu einem Niveau von 5% oder weniger signifikant. Der Umsatz des Gesamtunternehmens hat einen negativen Einfluss auf die Intensität der Prämissenkontrolle (b = -0,28; p < 0,01). Dies kann durch die mit steigendem Umsatz höhere Komplexität der zu untersuchenden Prämissen begründet sein. Die Zugehörigkeit eines MNU zu der Gruppe der Familienunternehmen wirkt hingegen signifikant positiv auf die Intensität der Prämissenkontrolle (b = 0,30; p < 0,05). Es zeigt sich hier wiederum, dass Familienunternehmen eine höhere Kontrollintensität aufweisen; möglicherweise, weil ihre Anteilseigner das Geschäft des MNU stärker beeinflussen wollen. Die Organisation des Controllings in einem Stammhauskonzern hat einen negativen Einfluss auf die Intensität der Prämissenkontrolle (b = -0,25; p < 0,01). Dies ist erstaunlich, da davon ausgegangen werden kann, dass Stammhauskonzerne in der Zentrale mehr wichtige Entscheidungen bzgl. ausländischer Tochtergesellschaften treffen als Holdings und Geschäftsbereichsorganisationen.689 Es zeigt sich weiterhin ein starker Brancheneinfluss. Die Zugehörigkeit der Tochtergesellschaft zu den Branchen Automobil (b = 0,33; p < 0,01), Maschinenbau (b = 0,35; p < 0,01), Chemie (b = 0,36; p < 0,01), Transport und Logistik (b = 0,24; p < 0,05) sowie Dienstleistung (b = 0,26; p < 0,01) hat einen positiven Einfluss auf die Intensität der Prämissenkontrolle. Hypothese vier postuliert einen negativen Einfluss von Umweltunsicherheit und Zentralisierung auf die Aggregation von Informationen. Dieser Zusammenhang kann nur für Hypothese H4b in Bezug auf Zentralisierung bestätigt werden (b = -0,22; p < 0,05), nicht aber für Hypothese H4a im Bezug auf Umweltunsicherheit (b = -0,07 für branchenabhängige Prognoseunsicherheit und b = -0,02 für kulturelle Distanz). Tabelle 33 enthält die zugehörigen Ergebnisse der multiplen Regressionsanalyse. Die bei einem Signifikanzniveau von unter 5% gültigen Regressionskoeffizienten für die Kontrollvariablen in Modell 3 sind Familienunternehmen (b = 0,34; p < 0,05), die Organisation des Controllings als Stammhauskonzern (b = 0,34; p < 0,05) sowie die Branchenzugehörigkeit der Tochtergesellschaft zum Handel (b = -0,22; p < 0,05).

689

Vgl. Picot/Dietl/Franck (1999), S. 288-315.

196

Prämissenkontrolle (H3) Modell 1 Modell 2 Modell 3 Einflussfaktoren: a) Umweltunsicherheit: Branchenabh. Prognoseunsicherheit Kulturelle Distanz b) Zentralisierung Kontrollvariablen: Umsatz Gesamtunternehmen Internationalisierungsgrad: Umsatz Länder Börsennotiert Familienunternehmen Komplexität Beteiligungscontrolling Organisation Controlling: Stammhauskonzern Holding RoE 2004 Relative Bedeutung Tochtergesellschaft: Größe Markt Alter Tochtergesellschaft Beteiligungsquote Entstehungsart: Joint Venture Akquisition Betriebliche Funktionen: Forschung/Entwicklung Produktion Marketing/Vertrieb Branche Tochtergesellschaft: Automobil Maschinenbau Chemie Transport und Logistik Handel Dienstleistung F r2 r2 adjustiert † p < 0,10

* p < 0,05

0,27** -0,10 0,24***

0,22*** -0,06 0,18**

0,31** -0,06 0,18*

Aggregation von Informationen (H4) Modell 1 Modell 2 Modell 3 -0,15* 0,05 -0,20**

-0,01 0,05 -0,20**

-0,24*** -0,28**

-0,07 -0,02 -0,22* 0,13

0,09 0,12 0,24† 0,30* -0,06

0,23**

-0,27*** -0,25** 0,08 -0,06

0,19* 0,20**

0,16† -0,01 0,34* 0,16 0,15 0,19* 0,15† 0,02

0,07 0,07 0,05 0,00

-0,04 0,08 -0,11 0,07

0,14 -0,02

0,10 0,13

0,18**

0,10 -0,02 -0,11

-0,12 -0,04 -0,07

0,18** 0,27*** 0,29*** 0,17**

0,33** 0,35** 0,36** 0,24* 0,13 0,26**

-0,04 -0,13 0,19† -0,05 -0,22* 0,08

-0,11†

0,12*

14,32*** 11,36*** 3,85*** 0,17 0,40 0,41 0,16 0,36 0,30 ** p < 0,01 *** p < 0,001

0,27***

5,86** 0,08 0,06

7,15*** 0,19 0,17

3,44*** 0,38 0,27

Tabelle 33: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse, jeweils mit „Prämissenkontrolle“ (Hypothese H3) und „Aggregation von Informationen“ (Hypothese H4) als abhängiger Variablen

In Rahmen von Hypothese fünf wird der positive Einfluss von Umweltunsicherheit (H5a) und Zentralisierung (H5b) auf den Einsatz der Kontrollstrategie „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ untersucht. Wie in Tabelle 34 erkennbar, kann nur Hypothese H5a für branchenabhängige Prognoseunsicherheit schwach bestätigt werden (b = 0,16; p < 0,10), wohingegen sich für

197

kulturelle Distanz sogar ein negativer, wenn auch nicht signifikanter, Zusammenhang ergibt (b = -0,07). Dies kann daran liegen, dass bei hoher kultureller Distanz in dem Land einer Tochtergesellschaft zumeist eine Sprache gesprochen wird, die nur wenige potenzielle Mitarbeiter in der Zentrale beherrschen und somit ein hohes Niveau an kulturabhängigem Kontrollverhalten so teuer wird, dass die Kosten die für die Zentrale erwarteten vorteilhaften Effekte übersteigen. Hypothese H5b bzgl. Zentralisierung kann nicht bestätigt werden (b = -0,13). Die Kontrollvariablen geben Aufschluss darüber, dass die relative Bedeutung (Größe) der Tochtergesellschaft für das gesamte MNU einen positiven Einfluss auf den Einsatz eines kulturabhängigen Kontrollverhaltens aufweist (b = 0,25; p < 0,01). Dies ist auch agencytheoretisch erklärbar. Ist eine Tochtergesellschaft von besonderer Wichtigkeit, haben Informationsasymmetrien einen größeren wirtschaftlichen Nachteil für die Zentrale zur Folge. Die Zentrale kann darauf reagieren, indem sie die Kontrolle intensiviert.690 Die einzigen beiden weiteren Regressionskoeffizienten, die zu einem Signifikanzniveau von unter 5% gültig sind, sind die Zugehörigkeit der Tochtergesellschaft zu den Branchen Automobil (b = 0,25; p < 0,05) und Chemie (b = 0,29; p < 0,05). Hypothese sechs betrifft den Zusammenhang zwischen Zentralisierung und dem Einsatz der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“, der in Tabelle 34 dargestellt ist. Der vermutete positiven Zusammenhang kann bestätigt werden (b = 0,42; p < 0,001). Ein signifikanter Einfluss der Umweltunsicherheit auf die Angleichung von Zielen besteht nicht. Hypothese sieben postuliert eine positive Wirkung von Umweltunsicherheit (H7a) und Zentralisierung (H7b) auf Gruppenkontrolle. Da die Variable Gruppenkontrolle ordinal skaliert ist, kann die lineare Regressionsanalyse nicht angewandt werden; stattdessen werden Verfahren der logistischen Regression gebraucht. Tabelle 35 zeigt die Ergebnisse der binären und der ordinalen logistischen Regression im Vergleich, um das beste Modell auszuwählen. Für die binäre logistische Regression wurde die abhängige Variable Gruppenkontrolle in eine binäre Variable umgewandelt. Dies erfolgte, indem sie so definiert wurde, dass Gruppenkontrolle genau dann vorliegt, wenn der Gesamt-Geschäftsführer oder der kaufmännische Geschäftsführer entweder Deutsche sind oder mehr als zwei Jahre in der Zentrale gearbeitet haben.

690

Vgl. Chang/Taylor (1999), S. 548-550.

198

Kulturabhängiges Kontrollverhalten (H5) Modell 1 Modell 2 Modell 3 Einflussfaktoren: a) Umweltunsicherheit: Branchenabh. Prognoseunsicherheit Kulturelle Distanz b) Zentralisierung Kontrollvariablen: Umsatz Gesamtunternehmen Internationalisierungsgrad: Umsatz Länder Börsennotiert Familienunternehmen Komplexität Beteiligungscontrolling Organisation Controlling: Stammhauskonzern Holding RoE 2004 Relative Bedeutung Tochtergesellschaft: Größe Markt Alter Tochtergesellschaft Beteiligungsquote Entstehungsart: Joint Venture Akquisition Betriebliche Funktionen: Forschung/Entwicklung Produktion Marketing/Vertrieb Branche Tochtergesellschaft: Automobil Maschinenbau Chemie Transport und Logistik Handel Dienstleistung F r2 r2 adjustiert † p < 0,10

* p < 0,05

0,13 -0,21** -0,02

0,13* -0,16* -0,10

0,16† -0,07 -0,13

Angleichung von Zielen (H6) Modell 1 Modell 2 Modell 3 0,12† -0,09 0,32***

0,09 -0,01 0,32***

-0,09 -0,02 -0,22 0,01 0,11 0,05

0,16** 0,19**

-0,15* 0,20** 0,16* 0,29***

4,72** 6,00*** 0,06 0,21 0,05 0,17 ** p < 0,01 *** p < 0,001

0,06 0,04 0,42*** -0,06

-0,16* 0,21** 0,28**

-0,03 -0,28* -0,05 0,08 0,35**

-0,18† -0,12 0,06

-0,19** -0,14† -0,34*** -0,40*** 0,12

0,25** 0,14† 0,11 0,03

0,26***

0,21** 0,10 0,14† 0,02

-0,05 0,11

0,06 -0,04

-0,14 -0,18† 0,01

0,01 0,00 0,09

0,25* 0,12 0,29* 0,00 -0,04 0,11

-0,26† -0,13 -0,17† 0,02 0,00 -0,02

2,39*** 0,30 0,17

10,75*** 13,13*** 4,16*** 0,13 0,36 0,43 0,12 0,33 0,32

Tabelle 34: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse, jeweils mit „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ (Hypothese H5) und „Angleichung von Zielen“ (Hypothese H6) als abhängiger Variablen

Ein Vergleich des binär logistischen mit dem ordinal logistischen Regressionsmodell zeigt, dass beide Modelle eine sehr ähnliche erklärte Varianz, gemessen über das Pseudo-r2, aufwei-

199

sen.691 Daher wird das einfachere binär logistische Regressionsmodel für die Hypothesenprüfung verwendet und die Variable Gruppenkontrolle auch für alle weiteren Analysen als binär skaliert betrachtet. Wie in Tabelle 35 zu erkennen ist, kann Hypothese H7a für die kulturelle Distanz bestätigt werden (ȕ = 0,92; p < 0,001); für die Zentralisierung allerdings nur zum 10%-Signifikanzniveau (ȕ = 0,53, p < 0,10). Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Variable politische Unsicherheit, die wegen hoher Korrelation mit der Variablen kulturelle Distanz nicht gleichzeitig in das logistische Regressionsmodell aufgenommen werden kann, ebenfalls die Existenz von Gruppenkontrolle signifikant beeinflusst. Wird die politische Unsicherheit statt der kulturellen Distanz als unabhängige Variable aufgenommen, ergeben sich allerdings etwas geringere Pseudo-r2-Werte (für Modell 3 ist das Pseudo r2 nach Cox and Snell 0,20 und nach Nagelkerke 0,27). Somit ist davon auszugehen, dass die kulturelle Distanz eine bessere Vorhersage der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Gruppenkontrolle als die politische Unsicherheit ermöglicht. Keine der Kontrollvariablen ist im binär logistischen Regressionsmodell signifikant. Hypothese H8 postuliert einen positiven Zusammenhang zwischen Zentralisierung und der Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie, der zwar besteht, jedoch nicht signifikant ist (b = 0,14). Trotzdem zeigt das in Tabelle 36 dargestellte Regressionsmodell einen signifikant positiven Einfluss des Agency-Problems in Form der Umweltunsicherheit auf die Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie, und zwar bei der branchenabhängigen Prognoseunsicherheit (b = 0,28; p < 0,01). Dieses Ergebnis legt nahe, dass, anders als in der Hypothese H8 formuliert, die Umweltunsicherheit der Haupteinflussfaktor für die Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie ist und die MNUs auf diese Weise die Informationsasymmetrie zwischen Zentrale und ausländischen Tochtergesellschaften zu verringern versuchen.

691

Das multinomiale logistische Modell liefert deutlich niedrigere Pseudo-r2-Werte und weist somit darauf hin, dass die Daten in einer ordinalen Struktur vorliegen.

200

Einflussfaktoren: a) Umweltunsicherheit: Branchenabh. Prognoseunsicherheit Kulturelle Distanz b) Zentralisierung Kontrollvariablen: Umsatz Gesamtunternehmen Internationalisierungsgrad: Umsatz Länder Börsennotiert Familienunternehmen Komplexität Beteiligungscontrolling Organisation Controlling: Stammhauskonzern Holding RoE 2004 Relative Bedeutung Tochtergesellschaft: Größe Markt Alter Tochtergesellschaft Beteiligungsquote Entstehungsart: Joint Venture Akquisition Betriebliche Funktionen: Forschung/Entwicklung Produktion Marketing/Vertrieb Branche Tochtergesellschaft: Automobil Maschinenbau Chemie Transport und Logistik Handel Dienstleistung -2 Log Likelihood Chi2-Statistik Pseudo r2 Cox and Snell Pseudo r2 Nagelkerke † p < 0,10 * p < 0,05

Gruppenkontrolle (H7): binäre logistische Regression Modell 1 Modell 2 Modell 3

Gruppenkontrolle (H7): ordinale logistische Regression Modell 1 Modell 2 Modell 3

0,92 0,74*** 0,05

1,15† 0,69*** 0,02

1,02 0,88*** -0,02

0,02*

1,58 0,92*** 0,53†

0,00

-2,16 -0,02 0,97 0,92 0,00

-2,16† -0,01 0,74 0,81 0,00

0,70 -0,26 -0,26

0,53 -0,29

5,64 0,22 0,02 -2,44

6,43 0,16 0,02 -3,23* -0,74*

0,30 0,75 0,65

276,16 260,64 25,78*** 41,31*** 0,11 0,17 0,15 0,23 ** p < 0,01 *** p < 0,001

1,54 0,83*** 0,37

0,00

-0,32 -0,65

1,72**

1,12 0,70*** -0,01

0,76*

1,04 0,32 0,65 0,78 -0,26 -1,91 196,49 50,71** 0,25 0,33

371,69 26,48* 0,11 0,14

-0,57 -0,44 0,16 0,52 0,56

1,40**

1,05 0,62 0,42 0,67 -0,35 -1,72

352,85 46,71*** 0,19 0,23

277,83 49,13** 0,24 0,29

Tabelle 35: Regressionskoeffizienten der binären und der ordinalen logistischen Regression mit „Gruppenkontrolle“ als abhängiger Variablen (Hypothese H7)

201

Unterstützung durch Informationstechnologie (H8) Modell 1 Modell 2 Modell 3 Einflussfaktoren: a) Umweltunsicherheit: Branchenabh. Prognoseunsicherheit Kulturelle Distanz b) Zentralisierung Kontrollvariablen: Umsatz Gesamtunternehmen Internationalisierungsgrad: Umsatz Länder Börsennotiert Familienunternehmen Komplexität Beteiligungscontrolling Organisation Controlling: Stammhauskonzern Holding RoE 2004 Relative Bedeutung Tochtergesellschaft: Größe Markt Alter Tochtergesellschaft Beteiligungsquote Entstehungsart: Joint Venture Akquisition Betriebliche Funktionen: Forschung/Entwicklung Produktion Marketing/Vertrieb Branche Tochtergesellschaft: Automobil Maschinenbau Chemie Transport und Logistik Handel Dienstleistung F r2 r2 adjustiert † p < 0,10

* p < 0,05

0,18** -0,10 0,01

0,31*** -0,04 0,00

0,28** -0,05 0,14 0,02

0,38*** 0,43***

-0,19* -0,13 0,43** 0,48** -0,05 0,11 -0,03 0,05

0,14* 0,21**

0,14† 0,11 0,20* 0,23* 0,10 -0,04 -0,05 -0,10 -0,03

0,12† 0,28*** 0,15* 0,24***

3,46* 7,88*** 0,05 0,30 0,03 0,26 ** p < 0,01 *** p < 0,001

-0,06 0,19† 0,21† 0,12 0,01 0,02 3,30*** 0,37 0,26

Tabelle 36: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit „Unterstützung durch Informationstechnologie“ (Hypothese H8) als abhängiger Variablen

Bei den Kontrollvariablen wirkt zunächst der Internationalisierungsgrad negativ auf die Unterstützung der Kontrolle durch Informationstechnologie (b = -0,19; p < 0,05). Dies kann daran liegen, dass die Kosten für die gute informationstechnologische Verbindung einer weit entfernt liegenden Tochtergesellschaft steigen und den Nutzen überschreiten können. Bei

202

stärkerer Internationalisierung gibt es allerdings mehr von der Zentrale weit entfernte Tochtergesellschaften. Börsennotierte Unternehmen (b = 0,43; p < 0,01) bzw. Familienunternehmen (b = 0,48; p < 0,01) weisen tendenziell eine stärkere Unterstützung durch Informationstechnologie auf. Die Gründe dafür können, wie bereits bei den anderen Kontrollstrategien ausgeführt, die stärkeren Publizitätspflichten börsennotierter Unternehmen bzw. die stärkeren Informationsanforderungen der Eigentümer bei Familienunternehmen sein. Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen dem Alter der Tochtergesellschaft und der Unterstützung der Kontrolle durch durch Informationstechnologie (b = 0,20; p < 0,51). Ursache dafür wird der Zeitbedarf für die Implementierung von Informationssystemen sein. Zuletzt beeinflusst die

Beteiligungsquote

die

Kontrollstrategie

„Unterstützung

der

Kontrolle

durch

Informationstechnologie“ positiv (b = 0,23; p < 0,05). Dies ist dadurch erklärbar, dass sich die Anteilseigner bei Minderheitsbeteiligungen unter Umständen nicht auf ein einheitliches ITSystem einigen können. Unabhängige Variable

Abhängige Variable

Wirkungszusammenhang

Erwartet

Tatsächlich

Ergebnis

H1a H1b

Umweltunsicherheit Zentralisierung

Ergebniskontrolle

+ +

+*** +**

Bestätigt Bestätigt

H2a H2b

Umweltunsicherheit Zentralisierung

Verfahrenskontrolle

+ +

+* +*

Bestätigt Bestätigt

H3a H3b

Umweltunsicherheit Zentralisierung

Prämissenkontrolle

+ +

+** +*

Bestätigt Bestätigt

H4a H4b

Umweltunsicherheit Zentralisierung

Aggregation von Informationen

-

-*

Verworfen Bestätigt

H5a H5b

Umweltunsicherheit Zentralisierung

Kulturabhängiges Kontrollverhalten

+ +

+† -

Verworfen Verworfen

H6

Zentralisierung

Angleichung von Zielen

+

+***

Bestätigt

H7a H7b

Umweltunsicherheit Zentralisierung

Gruppenkontrolle

+ +

+*** +†

Bestätigt Verworfen

H8

Zentralisierung

Unterstützung durch + Informationstechnologie

+

Verworfen



p < 0,10

* p < 0,05

** p < 0,01

*** p < 0,001

Tabelle 37: Zusammenfassung der Ergebnisse der Überprüfung der Hypothesen H1-H8 über den Zusammenhang zwischen Einflussfaktoren und Kontrollstrategien

203

In Tabelle 37 sind die Ergebnisse der in diesem Abschnitt durchgeführten Überprüfung der Hypothesen zu dem Einfluss der beiden Faktoren, die das Agency-Problem hauptsächlich bestimmen, und den untersuchten Kontrollstrategien dargestellt. Insgesamt lässt sich feststellen, dass ein Großteil der Hypothesen bestätigt werden konnte.

7.3.2 Zusammenhang zwischen den Kontrollstrategien und dem Erfolg Der dritten Forschungsfrage entsprechend wird in diesem Abschnitt die Auswirkung der untersuchten Kontrollstrategien auf den Erfolg ermittelt. Dieses erfolgt getrennt für den Kontrollerfolg, den finanziellen Erfolg der Tochtergesellschaft und den finanziellen Erfolg des MNU. Dazu wird sowohl konfirmatorisch als auch explorativ vorgegangen. Der Erfolgsbeitrag der Kontrollstrategien „Angleichung von Zielen“ und „Unterstützung durch Informationstechnologie“ wird den Hypothesen H9 und H10 entsprechend konfirmatorisch untersucht, während die Auswirkung der anderen Kontrollstrategien auf den Erfolg explorativ ermittelt wird. Für alle Erfolgsmaße werden zusätzlich moderierende Effekte der Einflussfaktoren Umweltunsicherheit und Zentralisierung auf den Zusammenhang zwischen Kontrollstrategien und Erfolg untersucht. Wie im vorigen Abschnitt werden für jede abhängige Variable wieder drei Regressionsmodelle aufgeführt, und zwar eines nur mit den Kontrollstrategien als abhängige Variablen (Modell 1), eines mit den Kontrollstrategien und der zusätzlichen Aufnahme von Kontrollvariablen über eine schrittweise Regression (Modell 2) und zuletzt eines nach Aufnahme aller Kontrollstrategien und Kontrollvariablen (Modell 3). Bei den Kontrollvariablen befindet sich bei allen Regressionen außer bei derjenigen mit dem Umsatzwachstum als abhängiger Variablen wiederum der RoE 2004.692 Durch die Aufnahme dieser Variablen in die Regressionsmodelle soll die Stichprobe auf die Existenz des Endogenitätsproblems getestet werden. Dieses tritt auf, wenn zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen eine Simultanitätsbeziehung besteht.693 Es wäre in dieser Untersuchung möglich, dass nicht die Kontrollstrategien den Erfolg beeinflussen, sondern der Erfolg die Kontrollstrategien beeinflusst. In diesem Fall könnten keine Erfolgsfaktoren für den Einsatz der Kontrollstrategien ermittelt werden.

692

Da das Umsatzwachstum Daten aus den vergangenen zwei bzw. vier Jahren enthält, wird hier auf die Aufnahme des RoE 2004 in das entsprechende Regressionsmodell verzichtet. 693 Vgl. Woywode (2004), S. 33.

204

7.3.2.1 Kontrollerfolg In diesem Abschnitt wird zum einen die Auswirkung der Kontrollstrategien auf den Kontrollerfolg, wie er durch Befragung der Zentrale ermittelt wurde, überprüft und zum anderen die Einstellung der befragten Tochtergesellschaften zur Kontrolle in Abhängigkeit der Kontrollstrategien dargestellt. Dies erfolgt durch multiple Regression und einen Zweigruppenvergleich der Tochtergesellschaften mit besonders hohem und besonders niedrigem Kontrollerfolg. Hypothese neun postuliert eine positive Wirkung zwischen der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ und dem Kontrollerfolg (Hypothese H9a) und zwischen der Kontrollstrategie „Unterstützung durch Informationstechnologie“ und dem Kontrollerfolg (Hypothese H9b). Wie in Tabelle 38 zu erkennen ist, kann dieser Zusammenhang für alle drei Modelle bestätigt werden. Somit werden sowohl Hypothese H9a (b = 0,37; p < 0,001) als auch Hypothese H9b (b = 0,21; p < 0,01) bestätigt. Die explorative Analyse der Auswirkung der anderen Kontrollstrategien auf den Kontrollerfolg ergibt weitere signifikante Zusammenhänge zwischen den Kontrollstrategien und dem Kontrollerfolg. Die Frequenz der Ergebniskontrolle wirkt negativ auf den Kontrollerfolg (b = -0,23; p < 0,05). Dies wird daran liegen, dass es mit steigender Kontrollfrequenz schwieriger wird, die angeforderten Kennzahlen pünktlich und korrekt zu erhalten. Auch die Intensität der Verfahrenskontrolle hängt signifikant negativ mit dem Kontrollerfolg zusammen (b = -0,20; p < 0,05). Die nahe liegendste Erklärung hierfür ist, dass häufige Verfahrenskontrollen die ausländischen Tochtergesellschaften demotivieren und diese unter anderem durch verspätete und/oder fehlerhafte Lieferung kontrollrelevanter Informationen an die Zentrale reagieren. Zuletzt wirkt die Kontrollstrategie „Intensität der Prämissenkontrolle“ positiv auf den Kontrollerfolg (b = 0,24; p < 0,01). Dies kann auch agency-theoretisch erklärt werden. Die Tochtergesellschaften werden zumeist an ihrem Geschäftsergebnis gemessen. Daher haben sie das Bestreben, für sie unbeeinflussbare Größen, wie z. B. wirtschaftliche Rahmendaten, aus dieser Leistungsmessung auszuschließen. Dies kann die Zentrale nur über regelmäßige Prämissenkontrollen gewährleisten, die somit zu einer höheren Motivation der Tochtergesellschaften und auch einem höheren Kontrollerfolg führen. Die anderen Kontrollstrategien haben keinen signifikanten Einfluss auf den Kontrollerfolg. Weiterhin haben die Einflussfaktoren keinen moderierenden Effekt auf den Zusammenhang zwischen Kontrollstrategien und Kontrollerfolg.

205

Kontrollerfolg (H9) Modell 1 Modell 2 Modell 3 Kontrollstrategien: Ergebniskontrolle Verfahrenskontrolle Prämissenkontrolle Aggregation von Informationen Kulturabhängiges Kontrollverhalten Angleichung von Zielen Gruppenkontrolle Unterstütz. durch Informationstechnologie Kontrollvariablen: Umweltunsicherheit: Branchenabh. Prognoseunsicherheit Kulturelle Distanz Zentralisierung Umsatz Gesamtunternehmen Internationalisierungsgrad: Umsatz Länder Börsennotiert Familienunternehmen Komplexität Beteiligungscontrolling Organisation Controlling: Stammhauskonzern Holding RoE 2004 Relative Bedeutung Tochtergesellschaft: Größe Markt Alter Tochtergesellschaft Beteiligungsquote Entstehungsart: Joint Venture Akquisition Betriebliche Funktionen: Forschung/Entwicklung Produktion Marketing/Vertrieb Branche Tochtergesellschaft: Automobil Maschinenbau Chemie Transport und Logistik Handel Dienstleistung F r2 r2 adjustiert † p < 0,10

* p < 0,05

-0,10 -0,09 0,23*** 0,03 -0,13* 0,22** -0,01 0,32***

-0,09 -0,23* -0,04 -0,20* 0,21*** 0,24** -0,08 -0,10 -0,12* -0,08 0,20** 0,37*** 0,01 0,05 0,29*** 0,21**

0,21* -0,13† 0,08 0,12 -0,26** 0,46*** 0,31*** 0,19*

0,03 -0,18 0,67*** 0,37** 0,04 0,34*** 0,17* -0,15† -0,15† -0,07 -0,14† 0,02 -0,08 0,07 0,12 0,02 -0,06

-0,19**

-0,15 -0,05 0,07 0,07 0,07 -0,18*

9,88*** 12,22*** 4,92*** 0,27 0,44 0,55 0,25 0,40 0,44 ** p < 0,01 *** p < 0,001

Tabelle 38: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit dem „Kontrollerfolg“ (Hypothese H9) als abhängiger Variablen

206

Auch einige Kontrollvariablen beeinflussen den Kontrollerfolg. Die branchenabhängige Prognoseunsicherheit hat einen schwach positiven Einfluss auf den Kontrollerfolg (b = 0,21; p < 0,05). Auch die Organisation des Controllings als Stammhauskonzern (b = 0,34; p < 0,001) und als Holding (b = 0,17; p < 0,01) beeinflussen den Kontrollerfolg positiv. Dies ist verständlich, da diese Organisationsformen zumeist mit der direkten Kommunikation des zentralen Controllings mit den Tochtergesellschaften verbunden sind. Auch die Zugehörigkeit eines MNU zu der Gruppe der börsennotierten Unternehmen (b = 0,67; p < 0,001) und der Familienunternehmen (b = 0,37; p < 0,01) wirken positiv auf den Kontrollerfolg. Hier zeigt sich zum einen, dass die größere Wichtigkeit, die börsennotierte Unternehmen der pünktlichen und korrekten Informationsübermittlung von ihren ausländischen Tochtergesellschaften in ihre Zentrale beimessen, zu erhöhtem Kontrollerfolg im Verhältnis zu nicht börsennotierten Unternehmen führt. Zum anderen wird die Überlegenheit von Familienunternehmen deutlich. Ferner hat die Zugehörigkeit des MNU zur Dienstleistungsbranche eine negative Wirkung auf den Kontrollerfolg (b = -0,18; p < 0,05). Über einen Zweigruppenvergleich werden im Folgenden die von der Zentrale verwendeten Kontrollstrategien für die Beziehungen zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften mit niedrigem und mit hohem Kontrollerfolg einander gegenüber gestellt. Die Schwellenwerte für niedrigen bzw. hohen Kontrollerfolg sind das erste bzw. dritte Quartil, so dass sich in beiden Gruppen jeweils ein Viertel der Stichprobe befindet. Tabelle 39 zeigt das Ergebnis des Zweigruppenvergleichs. Konsistent zu dem Resultat der multiplen Regressionsanalyse ist der Mittelwertunterschied für die Kontrollstrategien „Frequenz der Ergebniskontrolle“, „Intensität der Prämissenkontrolle“, „Angleichung von Zielen“ und „Unterstützung durch Informationstechnologie“ signifikant. Darüber hinaus ergibt sich, dass die Gruppe mit hohem Kontrollerfolg signifikant mehr die Kontrollstrategie „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ einsetzt.

207

Kontrollerfolg

Mittelwerte Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 2 Signifikanz(niedriger (hoher Kon- relativ zu niveau Kontroller- trollerfolg) Gruppe 1 folg) 4,57 6,43 + < 0,001

Kontrollstrategien: 4,99 4,79 < 0,05 Ergebniskontrolle Verfahrenskontrolle 4,56 4,61 + nicht sign. Prämissenkontrolle 4,17 6,22 + < 0,001 0,88 0,92 + nicht sign. Aggregation von Informationen 2,89 3,55 + < 0,05 Kulturabhängiges Kontrollverhalten Angleichung von Zielen 3,55 4,24 + < 0,01 Gruppenkontrolle 0,56 0,64 + nicht sign. Unterstützung durch Informationstechnologie 3,13 5,34 + < 0,001 + (-) bedeutet, dass eine Kontrollstrategie in Gruppe 2 stärker (schwächer) als in Gruppe 1 verfolgt wird

Tabelle 39: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe mit niedrigem und der Gruppe mit hohem Kontrollerfolg

Weiterhin wird die Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle untersucht. Dies erfolgt mittels der Stichprobe der 68 antwortenden Tochtergesellschaften. Die in Tabelle 40 dargestellte multiple Regressionsanalyse zeigt, dass die „Intensität der Verfahrenskontrolle“ einen negativen Einfluss (b = -0,58; p < 0,05) auf die Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle hat, während die Kontrollstrategien „Intensität der Ergebniskontrolle“ (b = 0,60; p < 0,01), „Aggregation von Informationen“ (b = 0,82; p < 0,10) und „Unterstützung durch Informationstechnologie“ (b = 0,85; p < 0,01) einen positiven Einfluss aufweisen. Es zeigt sich also zum einen, dass diejenigen Kontrollstrategien die Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle positiv beeinflussen, die die Belange der Tochtergesellschaften berücksichtigen und nicht wie Verfahrenskontrolle meist zu einem Eingriff in die Geschäfte der Tochtergesellschaft führen:694 So bewirkt die Aggregation der von den Tochtergesellschaften gelieferten Informationen eine bessere Interpretierbarkeit des Geschäftsergebnisses, und eine gute IT-Unterstützung führt zu weniger manuellen, repetitiven Tätigkeiten in der Tochtergesellschaft. Zu der gleichen Kategorie gehören offenbar Ergebniskontrollen. Häufigere Ergebniskontrollen scheinen wegen ihres objektiven Charakters sogar zu einer besseren Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle zu führen. Verfahrenskontrollen werden von den Tochtergesellschaften hingegen offenbar als Eingriff in ihre Autonomie aufgefasst und führen zu Unzufriedenheit.

694

Vgl. Roth/Nigh (1992), S. 280.

208

Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle Modell 1 Modell 2 Modell 3 Kontrollstrategien: Ergebniskontrolle Verfahrenskontrolle Prämissenkontrolle Aggregation von Informationen Kulturabhängiges Kontrollverhalten Angleichung von Zielen Gruppenkontrolle Unterstütz. durch Informationstechnologie Kontrollvariablen: Umweltunsicherheit: Branchenabh. Prognoseunsicherheit Kulturelle Distanz Zentralisierung Umsatz Gesamtunternehmen Internationalisierungsgrad: Umsatz Länder Börsennotiert Familienunternehmen Komplexität Beteiligungscontrolling Organisation Controlling: Stammhauskonzern Holding RoE 2004 Relative Bedeutung Tochtergesellschaft: Größe Markt Alter Tochtergesellschaft Beteiligungsquote Entstehungsart: Joint Venture Akquisition Betriebliche Funktionen: Forschung/Entwicklung Produktion Marketing/Vertrieb Branche Tochtergesellschaft: Automobil Maschinenbau Chemie Transport und Logistik Handel Dienstleistung F r2 r2 adjustiert † p < 0,10

* p < 0,05

-0,04 -0,45*** 0,17 0,32** 0,25* 0,25* 0,00 0,24*

0,02 -0,49*** 0,24* 0,33** 0,22* 0,28** 0,01 0,34**

0,60** -0,58* 0,00 0,82† 0,20 0,37 0,09 0,85**

-0,46 -0,14 0,29 -0,13 -0,36**

-0,61** 1,65** 0,13 0,14 -1,06* -0,38 -0,42† -0,31 0,25 -0,44† 0,29 -0,29 0,60* 0,04

-0,27**

4,20** 6,54*** 0,36 0,53 0,28 0,45 ** p < 0,01 *** p < 0,001

0,40 -0,06 -0,15 0,00 0,08 -0,46† 0,00 0,13 0,00 2,35* 0,83 0,47

Tabelle 40: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit der „Einstellung der Tochtergesellschaft“ zur Kontrolle als abhängiger Variablen

209

Bei den Kontrollvariablen hat der Internationalisierungsgrad eine unklare Wirkung auf die Einstellung der Tochtergesellschaft zur Kontrolle, da die beiden Dimensionen der Internationalisierung, „Umsatz“ bzw. „Länder“, entgegengesetzt (b = -0,61; p < 0,01 bzw. b = 1,65; p < 0,01) wirken. Eine steigende Komplexität des Beteiligungscontrollings führt, möglicherweise wegen mangelnder Unterstützung der Tochtergesellschaften durch die Zentrale, zu einer schlechteren Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle (b = -1,06; p < 0,05). Positiv wirkt hingegen die Entstehungsart „Joint Venture“ auf die Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle. Weitergehende moderierende Effekte der Einflussfaktoren bestehen nicht. Die Mittelwertunterschiede der Gruppen mit einer besonders negativen Einstellung zur Kontrolle (mit einem Wert von kleiner oder gleich dem 1. Quartil) und einer besonders positiven Einstellung zur Kontrolle (mit einem Wert von größer oder gleich dem 3. Quartil) werden in einem Zweigruppenvergleich in Tabelle 41 verglichen. Es zeigt sich neben den durch die multiple Regressionsanalyse bereits ermittelten Zusammenhängen als weiteres Ergebnis, dass die Zentrale bei der Gruppe mit einer besonders positiven Einstellung zur Kontrolle signifikant mehr die Kontrollstrategie „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ einsetzt. Mittelwerte Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 2 (negative (positive Ein- relativ zu Einstellung) stellung) Gruppe 1 Einstellung der Tochtergesellschaften zur Kontrolle

3,27

6,31

+

Signifikanzniveau < 0,001

Kontrollstrategien: 4,91 4,69 nicht sign. Ergebniskontrolle Verfahrenskontrolle 4,84 4,29 < 0,05 Prämissenkontrolle 5,29 5,55 + nicht sign. 0,76 0,97 + < 0,05 Aggregation von Informationen 2,85 3,64 + < 0,10 Kulturabhängiges Kontrollverhalten 3,82 3,71 nicht sign. Angleichung von Zielen Gruppenkontrolle 0,65 0,64 nicht sign. Unterstützung durch Informationstechnologie 2,67 3,93 + < 0,05 + (-) bedeutet, dass eine Kontrollstrategie in Gruppe 2 stärker (schwächer) als in Gruppe 1 verfolgt wird

Tabelle 41: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe der Tochtergesellschaften mit negativer und der Gruppe mit positiver Einstellung zur Kontrolle

7.3.2.2 Finanzieller Erfolg der Tochtergesellschaft In diesem Abschnitt wird der Zusammenhang zwischen den untersuchten Kontrollstrategien und dem finanziellen Erfolg einer Tochtergesellschaft untersucht. Dabei wird sowohl Hypo-

210

these zehn konfirmativ überprüft als auch die Wirkung der nicht in dieser Hypothese betrachteten Kontrollstrategien explorativ untersucht. Hypothese zehn postuliert eine positive Wirkung der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ (H10a), „Unterstützung durch Informationstechnologie“ (H10b) und dem Kontrollerfolg (H10c) auf den finanziellen Erfolg einer Tochtergesellschaft. Wie in Tabelle 42 zu erkennen ist, können die Hypothesen H10b (b = 0,26; p < 0,05) und H10c (b = 0,23; p < 0,05) bestätigt werden. Hypothese H10a (b = -0,01) muss hingegen verworfen werden. Dies steht im Widerspruch zu den empirischen Studien von Roth und Nigh (1992) sowie Nohria und Ghoshal (1994), die einen solchen Zusammenhang finden, allerdings mit anderen Konstrukten.695 Die Wirkung der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ wird weiterhin in Abschnitt 7.3.2.3 auf ihre Wirkung auf den Unternehmenserfolg untersucht. Bei den Kontrollvariablen wirken der Internationalisierungsgrad (b = -0,46; p < 0,01) negativ auf den finanziellen Erfolg der Tochtergesellschaft, während das Alter der Tochtergesellschaft (b = 0,23; p < 0,05) und die Entstehungsart „Akquisition“ positiv (b = 0,24; p < 0,05) wirken.696 Die zusätzlich durchgeführte moderierte Regression ergibt zwei weitere signifikante Zusammenhänge. Erstens moderieren die Einflussfaktoren den Zusammenhang zwischen der Aggregation von Informationen und dem finanziellen Erfolg der Tochtergesellschaft negativ (p < 0,01). Dies bedeutet, dass mit einem größer werdenden Agency-Problem die Aggregation der Informationen über die Geschäftsentwicklung der Tochtergesellschaft einen negativen Effekt auf den Erfolg der Tochtergesellschaft hat. Dies ist verständlich, da bei einem verhältnismäßig schwerwiegenden Agency-Problem die Zentrale über eine Vielzahl von Informationen verfügen sollte. Zweitens moderieren die Einflussfaktoren den Zusammenhang zwischen der Unterstützung durch Informationstechnologie und dem finanziellen Erfolg der Tochtergesellschaft positiv (p < 0,01). Somit hat die Unterstützung durch Informationstechnologie einen umso größeren Erfolgsbeitrag, je stärker das Agency-Problem ist.

695 696

Vgl. Roth/Nigh (1992), S. 29 f.; Nohria/Ghoshal (1994), S. 497 f. Die Wirkungsrichtung der Kontrollvariable Internationalisierungsgrad auf den finanziellen Erfolg der Tochtergesellschaft ist unklar. Wird der Internationalisierungsgrad durch die Anzahl der Länder gemessen, in der ein MNU Tochtergesellschaft hat, ergibt sich ein negativer Zusammenhang (b = -0,28; p < 0,01). Bei einer Messung des Internationalisierungsgrads über den Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz eines MNU ergibt sich stattdessen ein positiver Zusammenhang (b = 0,21; p < 0,05). Hier wird der erste genannte Zusammenhang wegen seiner größeren Stärke zugrunde gelegt.

211

Finanzieller Erfolg der Tochtergesellschaft (H10) Modell 1 Modell 2 Modell 3 Kontrollstrategien: Ergebniskontrolle Verfahrenskontrolle Prämissenkontrolle Aggregation von Informationen Kulturabhängiges Kontrollverhalten Angleichung von Zielen Gruppenkontrolle Unterstütz. durch Informationstechnologie Kontrollerfolg Kontrollvariablen: Umweltunsicherheit: Branchenabh. Prognoseunsicherheit Kulturelle Distanz Zentralisierung Umsatz Gesamtunternehmen Internationalisierungsgrad: Umsatz Länder Börsennotiert Familienunternehmen Komplexität Beteiligungscontrolling Organisation Controlling: Stammhauskonzern Holding RoE 2004 Relative Bedeutung Tochtergesellschaft: Größe Markt Alter Tochtergesellschaft Beteiligungsquote Entstehungsart: Joint Venture Akquisition Betriebliche Funktionen: Forschung/Entwicklung Produktion Marketing/Vertrieb Branche Tochtergesellschaft: Automobil Maschinenbau Chemie Transport und Logistik Handel Dienstleistung F r2 r2 adjustiert † p < 0,10

* p < 0,05

0,16* -0,06 -0,02 0,01 0,09 0,10 0,02 0,10 0,18*

0,10 -0,07 0,02 -0,04 0,07 0,08 0,03 0,16* 0,14†

0,12 0,03 -0,05 0,03 0,05 -0,01 -0,01 0,26* 0,23*

0,02 0,21* 0,07 -0,05 0,20** -0,17*

0,15 -0,46** -0,33† -0,09 0,24 -0,21† -0,04 0,05 0,02 -0,04 0,23* -0,14

0,17*

0,01 0,24* 0,18† -0,18† 0,02

-0,15*

2,83** 3,52*** 0,11 0,18 0,07 0,13 ** p < 0,01 *** p < 0,001

0,15 0,05 0,18 0,05 0,11 0,15 1,96** 0,33 0,16

Tabelle 42: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit dem „finanziellen Erfolg der Tochtergesellschaft“ (Hypothese H10) als abhängiger Variablen

212

Der Mittelwertvergleich der beiden Gruppen mit niedrigem finanziellem Erfolg (Viertel der Tochtergesellschaften der Stichprobe mit dem geringsten finanziellen Erfolg) und hohem finanziellem Erfolg (Viertel der Stichprobe mit dem höchsten finanziellen Erfolg) ist in Tabelle 43 dargestellt. Hier zeigt sich, dass die Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ der Hypothese 10a entsprechend bei den Tochtergesellschaften mit hohem finanziellem Erfolg stärker angewandt wird. Weiterhin wird bei Tochtergesellschaften mit hohem finanziellem Erfolg neben der „Unterstützung durch Informationstechnologie“ die Kontrollstrategie „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ signifikant stärker verwendet.

Finanzieller Erfolg der Tochtergesellschaft

Mittelwerte Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 2 Signifikanz(niedriger (hoher finan- relativ zu niveau finanzieller zieller Erfolg) Gruppe 1 Erfolg) 2,63 6,13 + < 0,001

Kontrollstrategien: 4,89 4,93 + nicht sign. Ergebniskontrolle Verfahrenskontrolle 4,66 4,63 nicht sign. Prämissenkontrolle 5,05 5,41 + nicht sign. 0,85 0,88 + nicht sign. Aggregation von Informationen 2,86 3,48 + < 0,05 Kulturabhängiges Kontrollverhalten 3,64 4,10 + < 0,05 Angleichung von Zielen Gruppenkontrolle 0,53 0,57 + nicht sign. Unterstützung durch Informationstechnologie 3,43 4,15 + < 0,05 + (-) bedeutet, dass eine Kontrollstrategie in Gruppe 2 stärker (schwächer) als in Gruppe 1 verfolgt wird

Tabelle 43: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe der Tochtergesellschaften mit niedrigem und mit hohem finanziellen Erfolg

7.3.2.3 Unternehmenserfolg Dieser Abschnitt beschreibt den Einfluss der untersuchten Kontrollstrategien auf den Unternehmenserfolg. Der Unternehmenserfolg wird sowohl mit zwei Ertragskennzahlen, RoA und RoE, als auch mit einer Wachstumskennzahl, dem Umsatzwachstum, gemessen. Jede dieser Kennzahlen wird auf einen kurzen und auf einen längeren Zeitraum bezogen berechnet, um die zeitliche Stabilität der Ergebnisse zu überprüfen. Dies setzt voraus, dass die Kontrollstrategien nicht ständig verändert werden, wovon nach den Gesprächen mit den Befragten auszugehen ist.

213

Return on Assets

Diverse Kontrollstrategien haben einen signifikanten Einfluss auf den RoA. Bei der Betrachtung der Werte für das adjustierte Bestimmtheitsmaß fällt zunächst auf, dass das kurzfristige Messverfahren für den RoA, bezogen auf das Jahr 2005, im Modell 1 eine deutlich bessere Erklärung des Einflusses der Kontrollstrategien als das längerfristige Messverfahren aufweist (adjustiertes Bestimmtheitsmaß von 0,29 gegenüber 0,16). Die Kontrollstrategie „Intensität der Verfahrenskontrolle“ (b = -0,25; p < 0,001 bzw. b = -0,34; p < 0,001) zeigt bei beiden Messverfahren des RoA einen signifikant negativen Einfluss. Dies bedeutet, dass profitablere Unternehmen sich tendenziell weniger auf prozessuale Kontrollen verlassen. Positiv auf den RoA wirkt hingegen die Kontrollstrategie „Intensität der Prämissenkontrolle“ (b = 0,33; p < 0,001 bzw. b = 0,37; p < 0,001). Im längerfristigen RoA-Messmodell ist weiterhin der Regressionskoeffizient für die Kontrollstrategie „kulturabhängiges Kontrollverhalten“ (b = 0,13; p < 0,05) signifikant positiv. Moderierende Einflüsse der Einflussfaktoren bestehen nicht. Die Aufnahme der Kontrollvariablen in das Regressionsmodell zeigt eine Reihe von Zusammenhängen, die zu einem Niveau von 5% oder weniger signifikant sind. Die Variable Internationalisierungsgrad (b = 0,74; p < 0,001 bzw. b = 0,88; p < 0,001) wirkt positiv auf den RoA. Dieses Ergebnis ist konsistent zu einigen empirischen Studien, die einen linearen697 oder Uförmigen698 Verlauf der Beziehung zwischen der Internationalisierung und dem Erfolg nachweisen. Weiterhin wirkt die Variable „Familienunternehmen“ im langfristigen RoAMessmodell positiv auf den RoA (b = 0,34; p < 0,001); ein Ergebnis, das ebenfall konsistent zu vorhergehenden empirischen Studien ist.699 Die Komplexität des Beteiligungscontrollings hängt hingegen negativ mit dem RoA zusammen (b = -0,40; p < 0,001 bzw. b = -0,59; p < 0,001). Als Grund dafür sind die mit zunehmender Komplexität steigenden Kontrollkosten denkbar. Die Organisation des Controllings als Stammhauskonzern wirkt positiv (b = 0,28; p < 0,001 bzw. b = 0,36; p < 0,001) und als Holding negativ auf den RoA (b = -0,19; p < 0,01 bzw. b = -0,12; p < 0,10).

697

Vgl. Delios/Beamish (1999), S. 720; Hitt/Hoskisson/Kim (1997), S. 781-783. Hitt/Hoskisson/Kim (1997) finden zwar in der weiteren Analyse auch einen umgekehrt U-förmigen Verlauf der Beziehung zwischen der Internationalisierung und dem Erfolg, dies steht jedoch nicht im Widerspruch zu dem linearen Ergebnis. 698 Vgl. Lu/Beamish (2001), S. 575-580. Es ist davon auszugehen, dass sich die untersuchten (großen) MNUs in der rechten Hälfte der U-förmigen Kurve befinden. 699 Vgl. Thomsen/Pedersen (2000), S. 699, für die positive Wirkung auf das Umsatzwachstum, und Anderson/ Reeb (2003), S. 1315-1317, für die positive Wirkung auf den RoA.

214

RoA 2005 Modell 1 Modell 2 Modell 3 Kontrollstrategien: Ergebniskontrolle Verfahrenskontrolle Prämissenkontrolle Aggregation von Informationen Kulturabhängiges Kontrollverhalten Angleichung von Zielen Gruppenkontrolle Unterstütz. durch Informationstechnologie Kontrollerfolg Kontrollvariablen MNU: Umweltunsicherheit: Branchenabh. Prognoseunsicherheit Kulturelle Distanz Zentralisierung Umsatz Gesamtunternehmen Internationalisierungsgrad: Umsatz Länder Börsennotiert Familienunternehmen Komplexität Beteiligungscontrolling Organisation Controlling: Stammhauskonzern Holding RoE 2004 Relative Bedeutung Tochtergesellschaft: Größe Markt Alter Tochtergesellschaft Beteiligungsquote Entstehungsart: Joint Venture Akquisition Betriebliche Funktionen: Forschung/Entwicklung Produktion Marketing/Vertrieb Branche Tochtergesellschaft: Automobil Maschinenbau Chemie Transport und Logistik Handel Dienstleistung F r2 r2 adjustiert † p < 0,10

* p < 0,05

-0,18* -0,32*** 0,34*** 0,05 0,01 0,21** 0,02 0,07 -0,07

-0,02 -0,25*** 0,33*** 0,08 0,05 0,04 0,02 -0,02 0,07

-0,06 -0,25*** 0,33*** 0,06 0,09 -0,01 0,02 -0,02 0,04

-0,15**

0,06 0,01 0,13 -0,11†

∅RoA 2003-2005 Modell 1 Modell 2 Modell 3 -0,19* -0,27** 0,22** 0,07 -0,02 0,21* 0,01 -0,04 -0,08

-0,05 -0,32*** 0,36*** 0,05 0,12* 0,10 0,00 -0,04 0,12†

-0,13† -0,34*** 0,37*** 0,04 0,13* 0,07 0,01 -0,08 0,01

-0,19** 0,11*

0,00 0,05 0,13 0,02

0,03 0,74*** 0,30* 0,14 -0,39*** -0,40***

-0,05 0,88*** 0,43*** 0,34*** -0,55*** -0,59***

0,25*** -0,17** 0,22***

0,29***

0,75*** 0,17**

-0,13**

0,85***

0,28*** -0,19** 0,20**

0,36*** -0,12† í

0,04 -0,04 -0,01 0,02

-0,02 -0,06 -0,06 -0,02

0,07 -0,11†

-0,02 -0,06

0,02 0,09 0,02

0,05 0,06 -0,03

-0,10 -0,01 -0,24*** -0,26** 0,05 0,10 -0,03

9,15*** 21,70*** 10,73*** 0,33 0,72 0,74 0,29 0,68 0,67 ** p < 0,01 *** p < 0,001

-0,20* -0,20** -0,31*** -0,41*** -0,57*** -0,13* -0,13† 0,02 -0,15* 4,72*** 0,20 0,16

14,34*** 8,18*** 0,60 0,67 0,56 0,59

Tabelle 44: Standardisierte Regressionskoeffizienten der multiplen Regressionsanalyse mit dem „RoA“ des gesamten MNU als abhängiger Variablen

215

Weiterhin hat der RoE 2004 einen positiven Effekt auf den RoA 2005 (b = 0,20; p < 0,01), allerdings ist dieser von eher untergeordneter Stärke. Bei den Branchenvariablen wirkt nur Chemie signifikant auf den RoA 2005, und zwar negativ (b = -0,26; p < 0,01). Insgesamt ist der Erklärungsbeitrag aller Variablen sehr hoch, was durch ein adjustiertes r2 von 0,67 für das Regressionsmodell mit dem RoA für 2005 als abhängiger Variablen zum Ausdruck kommt. Der Mittelwertvergleich zwischen der Gruppe mit einem extrem niedrigem (25% der Stichprobe) und einem extrem hohen (25% der Stichprobe) RoA im Jahr 2005 bestätigt die in der Regressionsanalyse gefundenen Ergebnisse. Wie in Tabelle 45 ersichtlich, ergibt sich zusätzlich dazu, dass die MNUs in der erfolgreicheren Gruppe eine signifikant geringere Frequenz der Ergebniskontrolle haben und mehr Gebrauch von der Kontrollstrategie „Angleichung von Zielen“ machen.

RoA 2005

Gruppe 1 (niedriger RoA 2005) 0,00

Mittelwerte Gruppe 2 Gruppe 2 Signifikanz(hoher RoA relativ zu niveau 2005) Gruppe 1 0,15 + < 0,001

Kontrollstrategien: 4,91 4,59 < 0,01 Ergebniskontrolle Verfahrenskontrolle 4,71 4,27 < 0,001 Prämissenkontrolle 3,97 5,26 + < 0,01 0,84 0,90 + nicht sign. Aggregation von Informationen 2,76 2,88 + nicht sign. Kulturabhängiges Kontrollverhalten 3,43 4,01 + < 0,01 Angleichung von Zielen Gruppenkontrolle 0,57 0,52 nicht sign. Unterstützung durch Informationstechnologie 3,55 3,98 + nicht sign. + (-) bedeutet, dass eine Kontrollstrategie in Gruppe 2 stärker (schwächer) als in Gruppe 1 verfolgt wird

Tabelle 45: Mittelwerte der Kontrollstrategien beim Vergleich der Gruppe der MNUs mit niedrigem und der Gruppe mit hohem RoA 2005 Return on Equity

Da verschiedene Branchen unterschiedliche durchschnittliche RoA haben können, wird zusätzlich der RoE als abhängige Variable untersucht.700 Auch beim RoE ist der isolierte Erklärungsbeitrag der Kontrollstrategien bei der kurzfristigen Messung (adjustiertes r2 = 0,25) höher als bei der langfristigen Messung (adjustiertes r2 = 0,10). Eine weitere Gemeinsamkeit ist die negative Wirkung der Kontrollstrategien „Frequenz der Ergebniskontrolle“ (b = -0,15; p
10

282

21. Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen? trifft gar nicht zu

trifft voll zu

a. Neue Mitarbeiter der Tochtergesellschaft erhalten eine von der Zentrale festgelegte Einführung. b. Wir haben eine weltweit einheitliche Unternehmenskultur, die auch in der Tochtergesellschaft gelebt wird. c. Vorhandene Mitarbeiter der Tochtergesellschaft werden in regelmäßigen Trainingsprogrammen in den Werten unseres Unternehmens unterrichtet. d. Die Zentrale stellt durch geeignete Maßnahmen sicher, dass die Mitarbeiter der Tochtergesellschaft die Werte unseres Unternehmens leben.

4. ZUFRIEDENHEIT MIT DEM BERICHTSVERHALTEN UND DER ZIELERREICHUNG DER TOCHTERGESELLSCHAFT Dieser Abschnitt ist Ihrer Zufriedenheit mit dem Berichtsverhalten der Tochtergesellschaft sowie der Zielerreichung der Tochtergesellschaft gewidmet. 22. Wie schätzen Sie die folgenden Aussagen in Bezug auf die Tochtergesellschaft ein? trifft gar nicht zu

trifft voll zu

a. Im Rahmen der Berichterstattung erhalten wir die Kennzahlen der Tochtergesellschaft stets pünktlich bis zum vorgegebenen Termin. b. Die von der Tochtergesellschaft gelieferten Kennzahlen sind bereits im ersten Anlauf stets korrekt. c. Die Tochtergesellschaft liefert angeforderte Prognosewerte für wichtige Kennzahlen stets pünktlich bis zum vorgegebenen Termin. d. Die von der Tochtergesellschaft gelieferten Prognosewerte erweisen sich stets als plausibel. e. Die Tochtergesellschaft berechnet die berichteten Kennzahlen stets auf der Basis der vorgegebenen Definitionen und Verfahrensanweisungen. f. Die vom Controlling erstellten Prognosewerte für wichtige Kennzahlen erlauben stets eine gute Abschätzung der endgültigen Zielerreichung. g. Es kommt häufig vor, dass die Tochtergesellschaft fehlerhafte Kennzahlen liefert. h. Die Struktur der Berichte der Tochtergesellschaft entspricht der erwünschten Struktur. i. Unsere Kontrollmechanismen führen dazu, dass das Management der Tochtergesellschaft sich den bei der Planung vereinbarten Zielen verpflichtet fühlt. j. Eine andere Gestaltung der Kontrolle würde eine schlechtere Zielerreichung bei der Tochtergesellschaft zur Folge haben. k. Das Management der Tochtergesellschaft verfolgt neben den vereinbarten Zielen auch dazu nicht konforme Eigeninteressen. 23. Wie wichtig sind die folgenden Kennzahlen bei der Festlegung von Zielen für die Tochtergesellschaft (z.B. im Rahmen einer Budgetplanung)? vollkommen unwichtig

a. b. c. d. e. f. g. h.

Return on Investment Gewinn Kostenentwicklung Operativer Cash Flow Entwicklung neuer Produkte Umsatz Marktanteil Neukundengewinnung

extrem wichtig

283

24. Wie war die Zielerreichung der Tochtergesellschaft im letzten Geschäftsjahr in den nachstehenden Dimensionen im Verhältnis zum unternehmensweiten Standard? stark unterdurchschnittlich

a. b. c. d. e. f. g. h.

stark überdurchschnittlich

Return on Investment Gewinn Kostenentwicklung Operativer Cash Flow Entwicklung neuer Produkte Umsatz Marktanteil Neukundengewinnung

5. ANGABEN ZU IHRER PERSON Abschließend möchten wir Ihnen ein paar allgemeine Fragen hinsichtlich Ihrer eigenen Person stellen. 25. Welche Position bekleiden Sie in Ihrem Unternehmen? Geschäftsführer Sachbearbeiter

Bereichsleiter Abteilungsleiter Sonstige, und zwar ________________________

Gruppenleiter

26. In welcher betrieblichen Funktion sind Sie tätig? Produktion Marketing Funktionsübergreifendes Management

Vertrieb Controlling Sonstige, und zwar ________________________

27. Wie alt sind sie? Unter 25 Jahre

25-35 Jahre

36-45 Jahre

28. Welche Nationalität haben Sie? Deutsch

Sonstige, und zwar ________________________

29. Wie lange sind Sie schon für Ihr Unternehmen tätig? __________ (in Jahren) 30. Wie lange sind Sie schon in der aktuellen Position tätig? __________ (in Jahren)

Dies war die letzte Frage. Herzlichen Dank für Ihre Teilnahme!

Über 45 Jahre

284

Wir bieten Ihnen an, Ihnen eine individuelle Auswertung der Ergebnisse der Studie als unternehmensspezifischen Benchmarking-Bericht zu senden. Hierzu ist es erforderlich, Ihre Anschrift zu erhalten. Die Angabe der Adresse wird - ebenso wie die übrigen Daten - streng vertraulich behandelt und keinesfalls an Dritte weitergegeben. Name, Vorname

_______________________________

Unternehmen

_______________________________

Funktion

_______________________________

Straße/Postfach

_______________________________

PLZ

____________

Ort

_______________________________

E-Mail

_______________________________

Vielen Dank für die Beantwortung des Fragebogens! Bitte senden Sie uns den ausgefüllten Fragebogen an folgende Adresse zurück: Postanschrift: RWTH Aachen Lehrstuhl für Internationales Management Templergraben 64 52056 Aachen Fax: 0241-80-92348 Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Matthias Hansch, Telefon: 0175-3185186, E-Mail: [email protected]

285

Appendix B: Fragebogen in englischer Sprache

286

SURVEY REPORTING OF FOREIGN SUBSIDIARIES IN MULTINATIONAL CORPORATIONS

In the scope of a research project at the Chair of International Management of RWTH Aachen University we are conducting a survey about the design of the reporting of foreign subsidiaries in multinational corporations. The survey is about both the formal and informal reporting between the subsidiary and headquarters. Informal reporting can, for example, be performed by subsidiary managers who are confidants of headquarters. For participation in the study we selected among the largest 500 German corporations the ones with a particular comprehensive network of foreign subsidiaries. Please consider the following instructions when answering the questions:



The survey is for scientific purposes only. We assure you that we shall treat all answers in strict confidence.



It will take approximately 15 minutes to complete the survey.



It is of great importance to us that your answers are complete. Please answer all questions even if you can only estimate the answers to some questions.



We would like to offer you an individual analysis of the results of the survey as a company-specific benchmarking report. If you are interested in receiving a copy, please fill in your address on the last page of the survey.



Please direct all enquiries to Matthias Hansch by phone +49-175-3185186 or by e-mail [email protected].

Thank you very much for your cooperation. Best regards, Prof. Dr. Michael Woywode

287

1. GENERAL INFORMATION ABOUT THE PARENT COMPANY In order to estimate the size of your parent company, please indicate first of all its number of employees and its revenue. By parent company we mean the largest structure, such as a holding and all its sub units. 1. How many employees did the parent company have in the last financial year? __________ (employees) 2. What were the external sales of the parent company in the last financial year? __________ (million Euro)

2. GENERAL INFORMATION ABOUT THE SUBSIDIARY The survey continues with questions about general characteristics of the subsidiary for which you answer this survey. You will be asked questions about its foundation, age and size. The goal is to get to know the subsidiary on a general level. 3. In which country is the foreign subsidiary located? a. b. c. d. e. f.

Western Europe Eastern Europe North America Latin America Asia

France Italy Poland Russia USA Argentina Brazil China Hong Kong South Korea Taiwan Other country, namely ___________________________

Portugal Czechia

Spain Hungary

Mexico Japan

Venezuela Singapore

4. In which industry does the subsidiary mainly operate? Agriculture, forestry, fishing Construction Manufacturing of investment goods Wholesale trade Services

Mining Manufacturing of consumer goods Transport und logistics Retail trade Other, namely _______________________________

5. How has the subsidiary been integrated into the parent company? Self-foundation Foundation with partners (e.g. joint venture) Other, namely ___________________________

Acquisition

6. What is the stake that the parent company is holding in the subsidiary? 100%

Less than 100%, namely ______ (%)

7. How long has the subsidiary belonged to the parent company or has the joint venture been in existence? A rough estimate will be sufficient. __________ (years) 8. Which corporate functions does the subsidiary perform? Research Marketing

Development Sales

Purchasing Service

9. How many employees did the subsidiary have in the last financial year? Please count only permanent employees. __________ (employees) 10. What were the external sales of the subsidiary in the last financial year? __________ (million Euro)

Production Accounting

288

11. What is the nationality of the managing directors of the subsidiary?

German

not German but at least two years of professional experience in headquarters

not German, less than two years of professional experience in headquarters

a. CEO b. CFO 12. To what extent does the subsidiary have an influence on the following decisions? (1 = headquarters decide alone; 2 = headquarters decide but subsidiary can provide suggestions; 3 = both headquarters and subsidiary have roughly equal influence; 4 = subsidiary decides but headquarters can provide suggestions; 5 = subsidiary decides alone) 1

a. b. c. d. e. f.

2

3

4

5

Introduction of a new product Changes in product design Changes in manufacturing process Creation or elimination of departments Occupation of positions of senior managers Career development plans for senior managers

13. How do you judge the following statements about the market of the subsidiary's country compared to other markets in which your company is present? strongly disagree

strongly agree

a. The market represents an important selling market for us at present. b. We have to be present in the market because important raw materials are available there. c. The market represents an important selling market for our competitors. d. We expect the market to represent an important selling market for us in five years. e. We expect the market to represent an important selling market for our competitors in five years.

3. DESIGN OF THE REPORTING SYSTEM The following section concerns the design of the financial reporting system, including informal reporting paths. 14. Please consider the financial reporting system of the subsidiary. How often does the subsidiary report the following figures to headquarters? daily

a. b. c. d. e. f.

weekly

monthly

quarterly semi-yearly

yearly

never

yearly

never

Revenue Order backlog Operating result Material costs Personnel costs Complete profitability analysis

15. How often do headquarters take the following measures regarding the subsidiary? daily

a. Request of detailed background information regarding figures (e.g. description of important business transactions) b. Request of forecasts c. Conferences (also by video, telephone, etc.) with managers of the subsidiary in order to discuss the business development of the subsidiary

weekly

monthly

quarterly semi-yearly

289

16. The following questions concern the IT system used for reporting. How do you assess the following statements about the IT system of the subsidiary and its connection to the IT system of headquarters? strongly disagree

strongly agree

a. The IT system of the subsidiary is fully compatible with the one used in headquarters. b. Within the scope of the periodical reporting the subsidiary always has to perform additional work (e.g. transitional calculations in Excel). c. Headquarters have direct access to the IT system of the subsidiary. d. There is an interface connecting the IT systems of headquarters and the subsidiary. e. Overall, the reporting between the subsidiary and headquarters is being perfectly supported by IT systems. 17. How do you assess the following statements about the accountant (controller) in headquarters who is responsible for the subsidiary and his/her contact person in the subsidiary? strongly disagree

strongly agree

a. The accountant in headquarters responsible for the subsidiary has an excellent knowledge of the local language of the subsidiary. b. The accountant in headquarters responsible for the subsidiary is able to identify differences in the behavior of the employees of the subsidiary due to cultural differences. c. The accountant in headquarters responsible for the subsidiary has a main contact person in the subsidiary. d. This contact person speaks the same native language as the accountant in headquarters. 18. For answering the following questions about the traveling of managers estimates will be sufficient. 0

1-2

3-4

5-6

7-8

9-10 >10

a. How many days per year do the CEO and the CFO of the subsidiary spend at headquarters? b. How many days per year do the CEO and the CFO of the subsidiary participate in executive development programs involving participants from headquarters? c. How many days per year do headquarters-based senior managers spend at the subsidiary? 19. How do you evaluate the following statements? strongly disagree

a. New employees of the subsidiary receive an introduction defined by headquarters. b. We have a uniform worldwide corporate culture, which is carried out in the subsidiary as well. c. Employees of the subsidiary are being instructed about the values of our company in regular training sessions. d. Headquarters assure through adequate measures that the employees of the subsidiary behave according to the values of the parent company.

strongly agree

290

4. ASSESSMENT OF THE REPORTING REQUIREMENTS OF HEADQUARTERS AND THE ACHIEVEMENT OF OBJECTIVES OF THE SUBSIDIARY The following section deals with your satisfaction with the reporting requirements and the achievement of objectives of the subsidiary. 20. How do you assess the following statements regarding the reporting requirements of headquarters? strongly disagree

strongly agree

a. b. c. d. e.

The frequency of the reports for headquarters is adequate. The size of the reports for headquarters is adequate. The level of detail of the reports for headquarters is adequate. Reporting to headquarters is very time-consuming. Subsidiary managers use the reports sent to headquarters without amending them. f. The figures reported to headquarters are the most important figures used for the internal controlling of the subsidiary. g. The reporting requirements of headquarters have negative effects on our motivation. h. The reporting requirements of headquarters restrict the scope of action of our subsidiary. 21. How important are the following performance dimensions when setting the targets for the subsidiary (e.g. in budget planning)? not important

a. b. c. d. e. f. g. h.

extremely important

Return on Investment Profit Cost development Cash flow from operations Development of new products Sales volume Market share Market development

22. Please rate the subsidiary in each of the following performance dimensions relative to corporate standards for the last financial year. significantly below average

a. b. c. d. e. f. g. h.

Return on Investment Profit Cost development Cash flow from operations Development of new products Sales volume Market share Market development

significantly above average

291

5. PERSONAL INFORMATION Finally, we would like to ask you a few general questions about yourself. 23. Which position do you fill in your company? Managing director Associate

Divisional director Head of department Other, namely ________________________

Team leader

24. In which corporate function do you work? Production General management

Marketing Sales Other, namely ________________________

Accounting/Controlling

25-35 years

Over 45 years

25. How old are you? Under 25 years

36-45 years

26. What is your nationality? German

Other, namely ________________________

27. How long have you been working for your company? __________ (years) 28. How long have you been working in your current position? __________ (years)

This was the last question. Thank you very much for your participation!

292

We would like to offer a summary of the results of the survey. If you are interested in receiving a copy, please fill in your address in the form below. The address - as well as all other data - will be treated as strictly confidential and will not be passed on to any third parties. Name

_______________________________

Company name

_______________________________

Job title

_______________________________

Street/P.O. Box

_______________________________

ZIP code

____________

City

_______________________________

E-Mail address

_______________________________

Thank you very much for completing the questionnaire! Please send the completed questionnaire back to: RWTH Aachen University Chair of International Management Templergraben 64 52056 Aachen Germany Fax: +49-241-80-92348 Please direct all enquiries to: Matthias Hansch, phone: +49-175-3185186, e-mail: [email protected]

293

Appendix C: Anonymisierter Benchmarking-Bericht

294

Successful control of foreign subsidiaries An empirical examination of the success factors for the reporting and the controlling of foreign subsidiaries in German multinational corporations

Benchmarking report for: Anonymous

Chair of International Management Prof. Dr. Michael Woywode Dipl.-Kfm. Matthias Hansch Templergraben 64 52062 Aachen

295

Executive summary This study examines both formal and informal reporting and control practices of German multinational corporations regarding their foreign subsidiaries to determine their impact on multiple measures of performance. Formal reporting practices include regular reporting and additional information requests mainly for the benefit of headquarters whereas informal reporting practices can be of use for both headquarters and subsidiaries. Results, based on the analysis of 219 headquarters-subsidiary relations in 60 corporations, indicate that an extensive use of formal reporting practices can have a negative effect on success. The key success factors are instead a good quality of the information technology system used for reporting, a high use of socialization practices and a good intercultural education of headquarters' controllers. An empirical cluster analysis results in a matrix with four different clusters of headquarters-subsidiaries relations with the extent of headquarters using formal and informal practices as dimensions. The clusters are labeled as follows: holding relationship, formalistic control relationship, apparent trust relationship and control-maximizing relationship.

Contents 1 Introduction...................................................................................................................... 2 2 Results of the empirical examination ............................................................................. 3

2.1 2.2 2.3 2.4

Sample ........................................................................................................................ 3 Design of reporting..................................................................................................... 4 Relation between influencing factors and the design of reporting ............................. 8 Success factors of control and reporting .................................................................... 8 2.4.1 Introduction to the success measures and to the benchmarking tables ............ 8 2.4.2 Influences on the success of the headquarters-subsidiary relation .................. 9 2.4.2.1 Attitude of subsidiaries towards reporting ......................................... 9 2.4.2.2 Reporting success from headquarters' perspective........................... 11 2.4.3 Influences on corporate success ..................................................................... 12 2.4.3.1 Impact of reporting practices on profitability .................................. 12 2.4.3.2 Impact of reporting practices on growth .......................................... 13 2.4.4 Summary of success factors ........................................................................... 14 2.5 Empirical clustering of control strategies................................................................. 15 3 Conclusion and implications for the practice .............................................................. 17

296

1 Introduction This benchmarking report is on the results of the empirical study regarding success factors of the design of the reporting of foreign subsidiaries. It includes both the overall result of the study and your answers compared to other corporations. Being part of scientific research, this report is shortened in order to suit the needs of practitioners. The goal of this research is to explore the control of foreign subsidiaries. Although there is a strong trend towards the internationalization of corporations, there is still no extensive empirical study focusing on control in a narrow sense (German: Kontrolle/control=comparing actual to desired results). Since control of subsidiaries can mainly be observed in reporting practices, the study focuses on exploring the reporting of foreign subsidiaries to their headquarters. Specifically, this study aims at answering the following research questions: 1. How is the reporting of foreign subsidiaries designed? (see section 2.2) 2. What is the interrelation between influencing factors and the design of the reporting of foreign subsidiaries? (see section 2.3) 3. What are the success factors of reporting? (see section 2.4) This report is structured as follows. After describing the sample in section 2.1 used for analysis, the reporting practices of the examined corporations are described in section 2.2, followed by a brief characterization of factors influencing the design of reporting in section 2.3. The largest section, 2.4, explains success factors for reporting separately for the success of the headquarters-subsidiary relation and corporate success. The result of the empirical clustering of headquarters-subsidiary relations (according to reporting and control practices used by headquarters) in section 2.5 closes chapter 2. Conclusions and implications for the practice are drawn in the final chapter 3.

297

2 Results of the empirical examination 2.1 Sample Data were collected from German multinational corporations with an annual revenue of more than € 1 billion. As criterion for qualifying as a multinational corporation, the selected corporations had to have at least one subsidiary outside of Europe. The corporations had to be headquartered in Germany and not be subsidiaries of foreign companies. These criteria were met by 148 German corporations. In these corporations the key informant was a headquarters-based executive responsible for controlling one or more foreign subsidiaries. This executive was asked to give information as to a maximum of five subsidiaries, one each in Western Europe, Eastern Europe, Northern America, Latin America and Asia, if existing. If the key informant agreed, the survey was also sent to these subsidiaries. The responses of these subsidiaries were used to validate the responses of the key informant and to capture the subsidiaries' attitude towards reporting (see section 2.4.2.1). The overall level of interrater reliability between headquarters and subsidiaries' respondents was satisfactory. Data collection occurred over a six month period (November 2005 – April 2006). A total of 219 surveys regarding the relationship between headquarters and subsidiaries were received from 60 corporations. The response rate for our study, 40.5% of the corporations, is extraordinary, making this study the largest study regarding foreign subsidiary control and reporting. The sample consists of a wide range of industries that is representative of the population of large German multinationals. Figure 1 shows the sample by industry indicating that manufacturing companies have the largest share. Services Energy Retail Construction Wholesale 2 2 11 Chemicals 2 9 Transport and logistics 8

Other engineering*

15

11

Manufacturing

Engineering

9 Automotive * Food; textile; plastics products; stone, concrete and glass products; measuring, analyzing and controlling instruments; photographic, medical and optical goods

Figure 1: Sample by industry

298

Figure 2 shows the distribution of the 219 surveys by region. Among these surveys from headquarters we received 68 responses from both headquarters and subsidiaries.

North America

Eastern Europe

Survey received from headquarters only

53

44

Survey received from both headquarters and subsidiaries

35

28

Western Europe

45 31 18

14

Latin America 36

16

Asia 41 29

28 12 8

Figure 2: Sample of subsidiaries by region

2.2 Design of reporting This section explains the design of the reporting between headquarters and subsidiaries of the examined corporations. Information regarding reporting frequency, additional information requests, the intercultural education of headquarters' controllers, the level of detail of top management reports, socialization practices, the quality of the information technology (IT) system for the reporting between subsidiaries and headquarters and the importance of different figures for controlling the subsidiaries are given. In each of the following figures the answers of all the corporations in the sample are compared to the average answer of your corporation. If your corporation has provided information regarding more than one subsidiary, the answer for each subsidiary is given. Reporting frequency

Figure 3 displays the reporting frequency regarding selected figures of the surveyed subsidiaries to headquarters compared to your corporation. It is evident that the majority of the subsidiaries report most figures monthly. Only one energy corporation has their subsidiaries report quarterly due to the predictable industry environment. The second insight from the analysis of the reporting frequency is that almost all corporations have a standardized reporting system regardless of the size or importance of the subsidiaries.

299

Percent of subsidiaries

Revenue

10

Order backlog

6 10

Daily

Weekly

Monthly

Quarterly

Semi-yearly/ yearly

Never

13

Your answers (based 100% = on 5 subsidiaries):

2 219

5 sub.: monthly

219

5 sub.: monthly

4 219

5 sub.: monthly

219 1 2 6 219

5 sub.: monthly 5 sub.: monthly

6 3 219

5 sub.: monthly

75

55

1 4

24

96

Operating result Material costs

1

Personnel costs

1

90

6

93

Complete profitability analysis

91

Figure 3: Reporting frequency of examined subsidiaries to headquarters Frequency of additional information requests

The analysis revealed a greater variance between the answers relating to the frequency of additional information requests and analyses as shown in Figure 4, whereas a monthly frequency dominates except for the request of forecasts. Percent of subsidiaries

Daily

Weekly

Monthly

Quarterly

Semi-yearly/ yearly

Never

100% = Request of background information

5 1

Request of forecasts Conduction of deviation analyses

71 46

16 47

79

Conferences with 1 16 subsidiary managers

54

12 21

Your answers (based on 5 subsidiaries):

7 219

5 sub.: monthly

7 219

5 sub.: quarterly

5 4 219

5 sub.: monthly

8 219

5 sub.: monthly

Figure 4: Frequency of additional information requests and analyses Intensity of strategic premise control

An additional three survey questions were asked to see if headquarters check the assumptions made during strategic planning regularly. Answers were measured on a 7 point scale from 1 (not at all) to 7 (regularly). About half of the respondents highly agreed with an average index of 5.0. The average for your corporation is 4.0.

300

Intercultural education of headquarters' controllers

The next questions were about the intercultural education of the controllers in headquarters who are responsible for communicating with one or more subsidiaries. The reason for asking these questions is that research has shown that understanding a subsidiary's local culture can prevent misunderstandings in interpreting figures and can lead to a better working relationship with the subsidiaries. The answers, as displayed in Figure 5, indicate that the majority of the controllers in headquarters have a rather low cultural competence.

Percent of subsidiaries

High*

Medium*

Low*

100% = Knowledge of local language of subsidiary Competence through intercultural trainings

27

Professional experience in country of subsidiary

36

6

Competence in identification of cultural differences

16

30 10

11

56 79

Your answers (based on 5 HQsubsidiary relations): 2 rel.: medium; 3 rel.: low

57

219

58

219

5 rel.: low

219

3 rel.: high; 1 rel.: medium; 1 rel.: low

219

5 rel.: low

14

* High are percent of 6‘s and 7‘s as responses; medium are 3‘s, 4‘s and 5‘s as responses; low are 1‘s and 2‘s as responses

Figure 5: Intercultural education of headquarters' controllers for communicating with subsidiaries Level of detail of top management reports

Another question concerned the aggregation level of the reports about one subsidiary that headquarters prepare for senior management. The answers, ranging from 0 pages (no information about one subsidiary, only about one business unit) to 50 pages, showed a large variance. The average (median) size of the reports is 7 (3) pages. The average for your corporation is 5.0 pages. Socialization practices

Socialization practices can be considered as a substitute for reporting. They consist of travel of managers between headquarters and the subsidiary in both directions, worldwide training programs for managers and measures to establish headquarters' corporate culture in the subsidiary. Measures for establishing a uniform corporate culture range from employee magazines to introductions for new employees defined by headquarters and regular instruction in the values of the overall corporation. The goal of socialization practices is to align the targets of a subsidiary's employees with headquarters' targets. This could lead to lower reporting and control requirements due to the subsidiary acting on behalf of headquarters in the ideal case. We formed an index, with a theoretical range from 1 (low) to 7 (high), based on the survey answers for the two dimensions travel and corporate culture. The average value for travel is 4.1 (your average: 4.0) and for corporate culture 3.7 (your average: 3.0). Quality of the IT system

As shown in Figure 6 the quality of the IT system is still unsatisfactory in most corporations. Headquarters reported a high satisfaction with the IT system only for 27% of the subsidiaries,

301

52% are moderately satisfied and 21% even completely unsatisfied. The main reason is missing compatibility. About half of the headquarters-subsidiary pairs have an interface between their IT systems. Interestingly, headquarters have a direct access to the IT systems of 30% of the subsidiaries, facilitating reporting and allowing headquarters access to the subsidiaries' figures at any time. Percent of subsidiaries

High*

Medium*

Low*

100% = Compatibility

34

Additional work in subsidiary

25 32

45

Direct access to subsidiary’s IT system

30

23

49

Overall evaluation

23 56

14

Interface between IT systems

219

41

27

28 21

52

Your answers (based on 5 subsidiaries): 3 sub.: high; 2 sub.: low

219

5 sub.: high

219

3 sub.: medium; 2 sub.: low

219

3 sub.: high; 2 sub.: low

219

3 sub.: high; 2 sub.: low

* High are percent of 6‘s and 7‘s as responses; medium are 3‘s, 4‘s and 5‘s as responses; low are 1‘s and 2‘s as responses

Figure 6: Factors influencing the quality of the IT system used for reporting Figures for subsidiary control

Concluding this section Figure 7 shows the importance of selected financial figures for controlling the subsidiaries. As indicated revenue, cost development and profit (or derivatives of these figures) are by far the most important figures. Percent of subsidiaries Development of new products Market development Market share

High*

9

Medium*

70

21

45

30

25

Revenue

72

Cost development

71

Profit

31

32

37

17

Return on Investment

45 35

36 34

219

5 sub.: low

219

5 sub.: medium

219

5 sub.: medium

6 219

5 sub.: high

12 219

5 sub.: high

4 9 219

5 sub.: high

19

219

5 sub.: high

219

5 sub.: medium

22

87

Cash flow from operations

100% =

Your answers (based on 5 subsidiaries):

Low*

31

* High are percent of 6‘s and 7‘s as responses; medium are 3‘s, 4‘s and 5‘s as responses; low are 1‘s and 2‘s as responses

Figure 7: Importance of financial figures for controlling the subsidiaries

302

2.3 Relation between influencing factors and the design of reporting This empirical study is theoretically based on agency theory. It is about the problem of inducing an "agent" to behave as if he were maximizing the "principal's" welfare. In the context of a multinational corporation, headquarters, as the principal, delegate responsibilities and decision-making authority to the management of a foreign subsidiary. An agency problem exists if subsidiary management makes decisions that are not congruent with those desired by headquarters, due to goal incongruence between headquarters and the subsidiary and selfinterested behavior on the part of subsidiary management. According to agency theory, the principal can, to resolve the agency problem, use monitoring, which hinders the agent in engaging in self-interested behavior, or incentives, which serve to align the goals of the principal and agent. This study focuses on monitoring only and specifically examines reporting as a means of monitoring. Environmental uncertainty and centralization

Based on agency theory the two most important influencing factors for the design of reporting are environmental uncertainty and centralization. Environmental uncertainty is dependent on a foreign subsidiary's market and industry factors. Centralization means the degree to which decisions regarding a subsidiary are made by headquarters (average index value: 3.3, your answer: 4.2). Since both factors are increasing the agency problem, they are expected to be positively related to more extensive information requirements by headquarters to their subsidiaries. We found support for our hypotheses regarding the connection between these influencing factors and the design of reporting for most reporting and control practices, i.e. for the reporting frequency, the frequency of additional information requests, the intensity of strategic premise control, socialization practices and the quality of the IT system used for reporting. Industry

The automotive, engineering, chemical as well as transport and logistics industries show a slightly lower reporting frequency and a higher intensity of strategic premise control compared to average. Furthermore, the quality of the IT system used for reporting is slightly better in engineering as well as in transport and logistics than in the sample. Overall, the industry effect is rather low, making the results comparable between different industries. Other influencing factors

The other two strongest influencing factors are stock exchange quotation and family ownership. Corporations listed on a stock exchange are found to aggregate information about subsidiaries for senior management more than unlisted corporations. The IT systems used for reporting are better in listed corporations and in family-owned corporations.

2.4 Success factors of control and reporting 2.4.1 Introduction to the success measures and to the benchmarking tables In order to distinguish successful from unsuccessful reporting practices this study uses a multi-dimensional scaling of success. Success is measured at the level of the headquarters-

303

subsidiary-relation and the overall corporation. The success measures used in this study are briefly explained in Table 1. Measurement level

Success measure

Description

Analysis in section

Headquarterssubsidiary relation

Attitude of subsidiary towards reporting

Attitude of subsidiary regarding the adequacy of the reporting requirements

2.4.2.1

Headquarterssubsidiary relation

Reporting success

Timeliness, correctness of the reporting of the subsidiaries and degree to which reporting influences the behavior of subsidiary management for headquarters' purposes

2.4.2.2

Corporation

Corporation's profitability

Average corporate return on assets between 2002 and 2004 (if publicly available)

2.4.3.1

Corporation

Corporation's growth

Average annual revenue growth from 2000 to 2004

2.4.3.2

Table 1: Description of success measures

In the following sections, for each success factor 25% of the units with the lowest success are compared to the 25% of the units with the highest success. Units are either headquarterssubsidiary relations or corporations. The type (positive, neutral or negative) and the strength of the effect of different reporting practices on the five success measures are given. Unless otherwise indicated, the following tables present index values for the answers to different survey questions. The theoretical range for the answers is from 1 (strongly disagree) to 7 (strongly agree). Whereas a higher index number indicates stronger agreement for a specific issue, it is not necessarily the case that higher index numbers indicate better practices.

2.4.2 Influences on the success of the headquarters-subsidiary relation 2.4.2.1 Attitude of subsidiaries towards reporting Figure 8 shows the attitude of subsidiaries regarding the reporting requirements of headquarters. The column "Your subsidiaries" contains the average index value of the answers of your subsidiaries. The values are computed based on answers from 5 of your subsidiaries.

304

Percent of subsidiaries

High*

Medium*

The frequency of the reports for headquarters is adequate.

52

The level of detail of the reports for headquarters is adequate.

52

Reporting to headquarters is very time-consuming.

29

9 6

68

Average: medium (score 3.2 out of 7)

68

Average: medium (score 3.0 out of 7)

10 68

Average: high (score 6.2 out of 7)

68

Average: medium (score 4.6 out of 7)

68

Average: medium (score 5.0 out of 7)

13 19

47 35

40

The figures reported to headquarters are the most important figures used for the internal controlling of the subsidiary.

The reporting requirements of headquarters restrict the scope of action of our subsidiary.

35

43

Subsidiary managers use the reports sent to headquarters without amending them.

The reporting requirements of headquarters have negative effects on our motivation.

25

72

The size of the reports for headquarters is adequate.

Your subsidiaries (based on 5 subsid100% = iaries): Average: medium 3 68 (score 4.6 out of 7)

Low*

25

54

37

35

56

68

Average: medium (score 3.2 out of 7)

59

68

Average: low (score 2.6 out of 7)

35

9

* High are percent of 6‘s and 7‘s as responses; medium are 3‘s, 4‘s and 5‘s as responses; low are 1‘s and 2‘s as responses

Figure 8: Attitude of subsidiaries towards reporting

Table 2 presents the measured reporting practices and their influence on the attitude of subsidiaries towards reporting. A high reporting frequency and the frequency of additional information requests have a negative effect on the subsidiaries' motivation, whereas the intensity of strategic premise control and the intercultural education of headquarters' controllers have a positive effect. The positive effect of strategic premise control on subsidiaries' motivation is probably due to perceived fairness because checking strategic planning assumptions regularly enables headquarters to adjust a subsidiary's targets that have become unrealistic. However, the main success factor for achieving a positive attitude of subsidiaries towards reporting is the quality of the IT system used for reporting.

305

Effect on attitude towards reporting

Subsidiaries Subsidiaries with negative with positive attitude toattitude towards repor- wards reporting (average) ting (average)

Your subsidiaries (average)

Attitude of subsidiaries regarding reporting

n/a

3.4

6.3

4.1

Reporting frequency

-

4.9

4.7

5.0

Frequency of additional information requests

---

4.8

4.3

4.8

Intensity of strategic premise control

+

5.1

5.6

4.0

Intercultural education of headquarters' controllers

+

2.8

3.6

2.4

Socialization practices

O

3.8

3.7

3.4

Quality of IT system

+++

2.8

3.9

3.8

+: positive effect, O: no significant effect, -: negative effect Strength of effect is indicated by number of signs Theoretical range for average is based on survey answers from 1 (strongly disagree) to 7 (strongly agree) Table 2: Factors influencing the attitude of subsidiaries regarding reporting (numbers are indices)

2.4.2.2 Reporting success from headquarters' perspective Table 3 presents the effects of different reporting practices on the reporting success from headquarters' perspective, i.e. mainly the punctuality and correctness of the received information. It shows that the intensity of strategic premise control, the intercultural education of headquarters' controllers, socialization practices and the quality of the IT system used for reporting have a positive effect on reporting success. An increase in the reporting frequency has a negative effect on reporting success.

306

Effect on reporting success

Reporting success

Headquarters- Headquarters- Your headsubsidiary subsidiary quartersrelations with relations with subsidiary relow reporting high reporting lations success success (average) (average) (average)

n/a

4.6

6.4

5.7

Reporting frequency

--

5.0

4.8

5.0

Frequency of additional information requests

O

4.6

4.6

4.8

Intensity of strategic premise control

+++

4.2

6.2

4.0

Intercultural education of headquarters' controllers

++

2.9

3.6

2.4

Level of detail of top management reports [pages]

O

6.3

4.1

5.0

Socialization practices

+++

3.6

4.2

3.4

Quality of IT system

+++

3.1

5.3

3.8

+: positive effect, O: no significant effect, -: negative effect Strength of effect is indicated by number of signs Theoretical range for average is based on survey answers from 1 (strongly disagree) to 7 (strongly agree) Table 3: Comparison of reporting practices of corporations with high and low reporting success (numbers are indices, unless otherwise indicated)

Family-owned corporations show a much higher average reporting success than other corporations. The chemicals and the transport and logistics industries are the only industries to differ from the average, showing a slightly higher average reporting success.

2.4.3 Influences on corporate success 2.4.3.1 Impact of reporting practices on profitability Table 4 presents a comparison of the reporting practices between very successful corporations and those with a corporate success below average, measured in terms of the average return on sales from 2002-2004. The analysis includes only those corporations for which public data were available. It shows that profitable corporations have a lower reporting frequency and a lower frequency of additional information requests. They make intensive use of socialization practices instead, yielding in higher reporting success. The corporate success is comparable

307

among the different industries of the corporations in the sample with the exception of the engineering industry, having a slightly lower average corporate success. Effect on corporate success (return on sales)

Corporations with low success (average)

Corporations with high success (average)

Corporate success [average return on sales from 20022004]

n/a

-1.5%

12.1%

-4.7%

Reporting success

++

5.5

5.8

5.7

Reporting frequency

---

5.0

4.6

5.0

Frequency of additional information requests

---

4.7

4.5

4.8

Intensity of strategic premise control

O

4.9

5.2

4.0

Intercultural education of headquarters' controllers

O

3.0

2.9

2.4

Level of detail of top management reports [pages]

O

7.7

8.0

5.0

+++

3.4

3.9

3.4

O

4.1

4.4

3.8

Socialization practices Quality of IT system

Your corporation (average)

+: positive effect, O: no significant effect, -: negative effect Strength of effect is indicated by number of signs Theoretical range for average is based on survey answers from 1 (strongly disagree) to 7 (strongly agree) Table 4: Comparison of reporting practices regarding subsidiaries in highly and little successful corporations (numbers are indices, unless otherwise indicated)

2.4.3.2 Impact of reporting practices on growth As displayed in Table 5, fast growing corporations have a higher frequency of additional information requests, a higher level of detail in top management reports and better IT systems for reporting than slow growing corporations. They show a lower reporting frequency and lower intensity of strategic premise control. Among the different industries, retail and services are slightly faster growing than the other industries.

308

Effect on corporate growth (revenue)

Low-growth corporations (average)

High-growth corporations (average)

n/a

-3.5%

15.9%

-11.1%

Corporate success [average return on sales from 2002-2004]

+

3.1%

5.7%

-4.7%

Reporting success

O

5.8

5.5

5.7

Reporting frequency

--

4.9

4.7

5.0

Frequency of additional information requests

+++

4.6

4.9

4.8

Intensity of strategic premise control

-

5.8

5.2

4.0

Intercultural education of headquarters' controllers

O

3.3

3.2

2.4

Level of detail of top management reports [pages]

+

5.0

7.0

5.0

Socialization practices

O

3.8

3.9

3.4

Quality of IT system

++

3.7

4.5

3.8

Corporate growth [average revenue growth from 20002004]

Your corporation (average)

+: positive effect, O: no significant effect, -: negative effect Strength of effect is indicated by number of signs Theoretical range for average is based on survey answers from 1 (strongly disagree) to 7 (strongly agree) Table 5: Comparison of reporting practices regarding subsidiaries in fast growing and slow growing corporations (numbers are indices, unless otherwise indicated)

2.4.4 Summary of success factors The success factors regarding the five success measures are summarized in Table 6. Socialization practices and the quality of the IT system used for reporting are the key overall success factors, whereas the successful corporations predominantly have a lower reporting frequency and lower frequency of additional information requests. The intensity of strategic premise control and the intercultural education of headquarters' controllers can positively influence the headquarters-subsidiary relation, leading to higher subsidiary motivation and reporting success.

309

Effect on … Subsidiaries' motivation

Reporting success

Corporate success

Corporate growth

-

--

---

--

Frequency of additional information requests

---

O

---

+++

Intensity of strategic premise control

+

+++

O

-

Intercultural education of headquarters' controllers

+

++

O

O

Level of detail of top management reports

n/a

O

O

+

Socialization practices

O

+++

+++

O

+++

+++

O

++

Reporting frequency

Quality of IT system

+: positive effect, O: no significant effect, -: negative effect Strength of effect is indicated by number of signs Table 6: Summary of success factors for reporting

2.5 Empirical clustering of control strategies In order to group headquarters-subsidiary relations by the reporting and control practices used by headquarters we used cluster analysis. Cluster analysis is a classification method that is used to arrange a set of cases (here: headquarters-subsidiary relations) into clusters. The aim is to establish a set of clusters in order to assemble cases with a higher similarity and to distinguish them from cases in other clusters. Cluster analysis resulted in four different clusters. They are visualized in a matrix as shown in Figure 9 with the two dimensions of first, more formal reporting/control practices and second, more informal reporting/control practices.

310

Highest success

Controlmaximizing relationship

∅Att.sub.=5.7 ∅Att.sub.=4.9 ∅Rep.suc.=5.9 ∅Rep.suc.=5.0 ∅RoS=7.8% ∅RoS=3.9% (n=91) ∅Growth=3.6% (n=13) ∅Growth=3.7%

Holding relationship Low

More formal reporting/control practices: • Reporting frequency • Frequency of additional information requests • Intensity of strategic premise control

High

Formalistic control relationship

Your headquarters-subsidiary relations: 2 HQ-sub.-rel.: formalistic control relationship; 3 HQsub.-rel.: apparent trust relationship

Apparent trust relationship

∅Att.sub.=4.8 ∅Att.sub.=5.0 ∅Rep.suc.=5.3 ∅Rep.suc.=5.9 ∅RoS=4.3% ∅RoS=5.5% (n=31) ∅Growth=5.5% (n=84) ∅Growth=6.5%

Low

High

More informal reporting/control practices: • Quality of IT system • Socialization practices • Intercultural education of headquarters‘ controllers

Figure 9: Empirical clustering of headquarters-subsidiary relations

In addition to the clustering, Figure 9 presents the average success of four success measures: attitude of the subsidiary regarding reporting (att.sub.), reporting success (rep.suc.), corporate return on sales (RoS) and average yearly corporate growth from 2000-2004 (growth). In general headquarters-subsidiary relations that are characterized by good IT systems and intensive socialization practices by headquarters have a higher success in all these four measures. The control-maximizing relationship has the highest success but this result is based on very small number of headquarter-subsidiary relations.

311

3 Conclusion and implications for the practice 1) An intensive use of formal reporting practices can have a negative effect on success, except for strategic premise control (see Table 6). a) A higher frequency of regularly reporting or of additional information requests has a detrimental effect on subsidiaries' motivation. Thus subsidiaries are likely to react to such a high frequency by sending incorrect information and/or exceeding deadlines. Successful corporations have a lower frequency of these information requests than unsuccessful corporations. Only high-growth corporations fulfill their information needs through more frequent additional information requests. b) The only formal reporting practice that is positively related with success is strategic premise control, probably because the subsidiaries associate it with increased fairness in performance evaluation. 2) The key success factors are three more informal reporting and control practices: a good quality of the IT system used for reporting, a high use of socialization practices and a good intercultural education of headquarters' controllers (see Table 6). a) Successful subsidiaries are more likely to report via an IT system that minimizes manual interference. Good IT systems are the main driver of subsidiaries' motivation regarding reporting and thus lead to higher reporting success. It is not necessary to have fully compatible IT systems; interfaces are almost just as good. b) Socialization practices have a strong positive effect on reporting success and subsidiaries' success and are used more frequently by successful than by unsuccessful corporations. They are not limited to the controlling department, but include the frequent travel of managers from headquarters to the subsidiary and vice versa and the setup of a strong corporate culture not only in headquarters, but also in the subsidiaries. c) If the intercultural education of headquarters' controllers is such that they are able to deal with the foreign culture of the subsidiary they are working with, this can have a positive effect on the subsidiaries' motivation and the reporting success. This can for example be achieved by intercultural trainings for controllers (not just for those being transferred abroad), travel of headquarters' controllers to the subsidiary and vice versa or selecting controllers with foreign language skills. 3) Headquarters-subsidiary relationships can be empirically clustered into four distinct clusters based on the design of the reporting by headquarters. The two dimensions of the resulting matrix are the extent to which headquarters use more formal and more informal reporting practices (see Figure 9). a) In holding relationships headquarters make relatively low use of both formal and informal reporting practices. In formalistic control relationships headquarters use only formal reporting practices to a large extent. Apparent trust relationships are characterized by headquarters substituting formal reporting practices for more informal reporting and control practices. In control-maximizing relationships headquarters use all reporting practices to a large extent. b) In general control-maximizing relationships and apparent trust relationships have a higher success than formalistic control relationships and holding relationship