Online-Assessment: Grundlagen und Anwendung von Online-Tests in der Unternehmenspraxis (German Edition) [1 ed.] 3540789189, 9783540789185 [PDF]

Immer mehr Unternehmen nutzen Online-Assessments, um Potenziale von Bewerbern oder Mitarbeitern via Internet zu testen.

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German Pages 326 [308] Year 2009

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Table of contents :
Vorwort......Page 5
Inhaltsverzeichnis......Page 7
Autorenverzeichnis......Page 9
I Grundlagen......Page 10
Aktueller Stand zum Thema Online-Tests......Page 11
Einsatz webbasierter Instrumente in verschiedenen Bereichen der Personalarbeit......Page 12
Testverfahren in der Online-Anwendung......Page 14
Chancen und Grenzen von Online-Tests......Page 19
Fazit......Page 23
Ablauf eines online-basierten Assessments......Page 26
Verfahrenstypen des Online-Assessments......Page 28
Äquivalenzproblematik bei OnlineAssessments......Page 31
Vorteile und Potenziale des onlinebasierten Assessments aus diagnostisch-methodischer Sicht......Page 34
Nachteile und Probleme des online-basierten Assessments aus diagnostisch-methodischer Sicht......Page 37
Fazit und Gestaltungsanforderungen an online-basiertes Assessment......Page 41
Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht......Page 46
Technische Standards......Page 48
Datenschutz......Page 50
Technische Aspekte......Page 51
Ergebnisdarstellung und Auswertung......Page 57
Betrieb der Online-Tests......Page 58
Datensicherung......Page 59
Zusammenfassung und Ausblick......Page 60
II Einsatzbereich Personalmarketing......Page 63
Einführung: Online-Tests im Personalmarketing......Page 64
Rekrutierung von High Potentials......Page 65
Online-Self-Assessment......Page 69
Die Grundlage für das »Anlocken«: Nutzen für die Bewerber bieten......Page 72
Die Grundlage für das »Informieren«: Reaktanzfreie Vermittlung subjektiv dissonant erlebter Fakten......Page 74
Die Grundlage für »Informierte Selbstselektion«: Hilfen für berufliche Entscheidungen......Page 77
Beispiele aus der Praxis......Page 79
Unsere Erfahrungen: Was bei Online-Tools für das Personalmarketing besonders wichtig ist......Page 85
Nachteile für KMUs......Page 86
Ausblick: Grenzen von Online-Tools......Page 87
Einleitung......Page 90
Beispiel Ingenieure im Pharmabereich......Page 91
Online-Recruiting – Tipps für kleinere Budgets......Page 99
Ausblick......Page 100
III Einsatzbereich Personalauswahl......Page 103
Einführung: Online-Tests in der Personalauswahl......Page 104
Traditionelle Auswahlmethoden......Page 105
Online-Recruiting......Page 107
Die Auswahlphilosophie der Deutschen Lufthansa AG......Page 110
Das Bewerbermanagement der Deutschen Lufthansa AG......Page 114
Einstellung der HR-Mitarbeiter zum neuen System......Page 124
Die Verfälschbarkeit von Online-Testverfahren......Page 125
Kosten-Nutzen-Betrachtung......Page 127
Ausblick......Page 128
Die Conergy AG......Page 132
Predictive Index und PRO......Page 134
Conergy Gruppe......Page 136
Erfahrungen......Page 140
Kosten-Nutzen-Betrachtung......Page 142
Ausblick......Page 143
Managementdiagnostik als Teil der Geschäftseinheit Beratung bei DB Training, Learning & Consulting......Page 145
Ablauf eines klassischen Assessment-Centers......Page 146
Erfahrungen mit dem Einsatz eines Online-Postkorbs......Page 153
Ausblick......Page 159
IV Einsatzbereich Personalentwicklung......Page 161
Einführung: Online-Tests in der Personalentwicklung......Page 162
Personalentwicklung (PE) als strategischer Faktor......Page 163
Online-Tests in der Personalentwicklung......Page 165
Einsatz und Nutzen......Page 168
Selbstcoaching-Prozess......Page 169
Inhalte des Selbstcoaching-Prozesses......Page 171
Online Testverfahren – Zwei Beispiele (CAPTain und Fragebogen zur Beruflichen Motivation)......Page 172
Einsatz und Erfahrungen......Page 177
Regelmäßige Analyse des Führungsprozesses......Page 182
Einsatzgebiete und Zielsetzungen......Page 183
Günstige Rahmenbedingungen schaffen......Page 186
Befragung mit einem Online-Fragebogen......Page 189
Der Aufbau einer Feedback-Kultur im Unternehmen......Page 191
Ausblick......Page 193
Literatur......Page 194
Personalentwicklung in der Bremer Landesbank......Page 196
Potenzialdiagnostik in der Bremer Landesbank......Page 197
Verwendung von Online-Verfahren in der Bremer Landesbank......Page 201
Erfahrungen......Page 202
Ausblick......Page 204
V Weitere Einsatzbereiche......Page 206
Einführung: Weitere Einsatzbereiche von Online-Tests – Angebote für......Page 207
Self-Service bei Portalen......Page 208
Interkulturelles Training......Page 209
Was ist Karriereberatung?......Page 212
Ablauf einer Karriereberatung im Allgemeinen......Page 213
Praxisbeispiel: Karriereberatung bei beruflicher Neuorientierung......Page 214
Darstellung des »Personality and Preference Inventory« (PAPI)......Page 223
Wie hilfreich war der Einsatz des Testverfahrens? Eine KostenNutzen-Analyse......Page 226
Zusammenfassende Betrachtung......Page 227
Einleitung und Sendung ECO......Page 229
Karrierethemen im Internet......Page 230
Online-Tests beim Schweizer Fernsehen......Page 233
Nutzen für das Schweizer Fernsehen......Page 240
Ausblick......Page 241
Literatur......Page 242
Interkulturelle Kompetenz für eine globalisierte Welt......Page 244
Interkulturelle Trainings zur Sensibilisierung......Page 245
Inhalt und Einsatz des Online-Tests......Page 249
Erfahrungen mit Online-Tests im interkulturellen Training......Page 253
Ausblick in die globalisierte Welt......Page 255
Fazit und Ausblick......Page 258
Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests......Page 259
Talente finden......Page 260
Talente fördern – Kompetenzen managen......Page 263
Webbasiertes Kompetenzmanagement......Page 265
Integration von Onlineund O ineModulen......Page 269
Ausblick......Page 271
Der Siegeszug des Internets......Page 274
Die Digitalisierung vorhandener Testverfahren......Page 275
Tests im Internet und ihre Durchschaubarkeit......Page 276
Der Trend: Recruiting Games......Page 278
Erschließung neuer Branchen......Page 279
Fazit......Page 283
Einleitung......Page 287
Übersicht Testanbieter......Page 288
Herausgeber-und Autorenporträts......Page 293
Über die Herausgeberin......Page 294
Über die Autorinnen und Autoren......Page 295
Sachverzeichnis......Page 302
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Online-Assessment: Grundlagen und Anwendung von Online-Tests in der Unternehmenspraxis (German Edition) [1 ed.]
 3540789189, 9783540789185 [PDF]

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Zitiervorschau

Heinke Steiner (Hrsg.) Online-Assessment Grundlagen und Anwendung von Online-Tests in der Unternehmenspraxis

Heinke Steiner (Hrsg.)

OnlineAssessment Grundlagen und Anwendung von Online-Tests in der Unternehmenspraxis Mit 35 Abbildungen und 42 Tabellen

K

Dipl.-Psych. Heinke Steiner alpha-test GmbH Weinheimer Str. 64 68309 Mannheim

ISBN 978-3-540-78918-5 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2009 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz- Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf Ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dipl.-Psych. Joachim Coch Projektmanagement: Meike Seeker Lektorat: Dr. Karen Strehlow, Berlin Layout und Einbandgestaltung: deblik Berlin Einbandabbildung: Project Photos; Fotograf: Reinhard Eisele Satz: Crest Premedia Solutions (P) Ltd., Pune, India SPIN: 1205539 Gedruckt auf säurefreiem Papier

2126 – 5 4 3 2 1 0

V

Vorwort Die Auswahl der passenden Bewerber und die Entwicklung der Mitarbeiter sind für Unternehmen von fundamentaler Bedeutung. Die psychologische Forschung leistet ihren Beitrag zur Verbesserung von Personalentscheidungen, indem sie Instrumente entwickelt, mit deren Hilfe die Fähigkeiten und Potenziale von Personen festgestellt werden können. Obwohl der Bereich »Eignungsdiagnostik«, also der Forschungszweig der Psychologie, der sich mit dem Thema »Berufliche Kompetenz und Entwicklung von Testverfahren« befasst, schon sehr alt ist, werden die Erkenntnise in Unternehmen immer noch relativ selten als Basis für Personalentscheidungen genutzt. Es stellt sich die Frage, weshalb Organisationen, die von Psychologen entwickelten Methoden und Instrumente nicht einsetzen, obwohl der Nutzen vor allem auch in monetärer Hinsicht so offensichtlich ist. Psychologische Testverfahren reduzieren nicht nur die Zahl von personellen Fehlentscheidungen, sondern tragen auch zur Wertsteigerung im Unternehmen bei, wenn sie zum Beispiel als Analyse-Tools zur Identifikation von Potenzialen und Leistungsträgern eingesetzt werden. Ein Grund für den zögerlichen Einsatz von Testverfahren in deutschen Unternehmen ist die betriebliche Mitbestimmung in Form eines Betriebsrates. Einem Bewerber und einem Mitarbeiter dürfen keine Testverfahren vorgelegt werden, die nicht vorher vom Betriebsrat geprüft wurden. Das bedeutet einen hohen organisatorischen Aufwand, weshalb Personalleiter oft darauf verzichten. Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) könnte sich hier positiv auf den Einsatz von standardisierten Testverfahren auswirken, da Personalentscheidungen transparent gemacht werden müssen, um Diskriminierung zu verhindern. Ein weiterer Grund ist das Handling, der Ablauf beim Testeinsatz. Wird ein Test eingesetzt, so muss das Unternehmen dafür sorgen, dass der Bewerber oder auch Mitarbeiter in einem standardisierten Umfeld (ruhiger Raum ohne Störeinflüsse) den Test bearbeitet. Anschließend muss der Test ausgewertet werden. Manche Testanbieter und Verlage bieten einen Testauswerteservice an. Das bedeutet, dass die ausgefüllten Blätter an den Verlag geschickt werden. Dort findet die Auswertung statt und nach ein paar Tagen hält der Personalleiter die Ergebnisse in der Hand. Das ist unwirtschaftlich, denn bis der Kandidat eine Rückmeldung erhält, vergehen mehrere Tage, in denen die guten Bewerber eventuell bereits eine andere Stelle haben. Online-Tests setzen an diesem Punkt an und vereinfachen in erster Linie den Ablauf des Testeinsatzes für die Personalabteilung. Vernachlässigt man weitere Vorteile von Online-Tests, so ist bereits damit eine große organisatorische Hürde genommen und es zeigt sich, dass Tests nun häufiger eingesetzt werden. Online-Tests sind vielfältiger einsetzbar als Papier-Bleistift-Tests oder als Stand-alone-PC-Lösungen. Geht man von der Personalauswahl aus, bieten sich mehrere Einsatzfelder an: 5 Online-Tests auf der Homepage des Unternehmens führen zu einer Selbstselektion der Bewerber, damit erhöht sich prozentual der Anteil geeigneter Bewerber aus der Gesamtmenge. 5 Online-Tests zur Vorauswahl einzusetzen bedeutet, dass der Bewerber noch vor einem aufwendigen persönlichen Gespräch einen oder auch mehrere Tests durchführen kann.

VI

Vorwort

5 Online-Tests im Rahmen von Assessment-Centern vereinfachen die Datenverwaltung und den Ablauf, die automatisch generierten Ergebnisse können gleich vor Ort mit den Kandidaten besprochen werden. Last but not least werden Online-Tests im Rahmen der Personalentwicklung eingesetzt. Damit kann zum Beispiel der Schulungsbedarf der Mitarbeiter einer Abteilung festgestellt werden. Online-Tests können die Basis für Coaching-Maßnahmen darstellen. OnlineTests können zur Identifikation von Führungspotenzialen bei Mitarbeitern eingesetzt werden, um eine Rekrutierung von Führungsnachwuchs aus den eigenen Reihen zu unterstützen. Auf jeden Fall stellen sie einen Service der Personalabteilung an die Mitarbeiter dar, um die persönliche und berufliche Entwicklung zu fördern. Weitere Einsatzgebiete ergeben sich in der Karriereberatung, im Coaching oder als Zusatzservice von Medienportalen. Das vorliegende Buch ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil befasst sich mit wissenschaftlichen und technischen Grundlagen von Online-Tests. Der zweite und größte Teil umfasst Praxisbeispiele aus kleineren und größeren Unternehmen. Als erstes werden hier Anwendungen von Online-Tests im Personalmarketing beschrieben, die die Funktionen von Attraktion und Selbstselektion erfüllen. Es folgen Praxisbeiträge zu den Themen »Personalauswahl, Personalentwicklung, Coaching, Training und Self-Assessments«. In den einzelnen Kapiteln wird zuerst immer der Kontext vorgestellt, in welchem die Tests zum Einsatz kamen, dann werden die Verfahren und der Ablauf vorgestellt und zuletzt der Nutzen geschildert. Tipps, Tabellen und Abbildungen veranschaulichen das Beschriebene. Im letzten Teil geht es um Trends, wobei neuere Entwicklungen vorgestellt und Lösungswege für kleinere und mittlere Unternehmen aufgezeigt werden. Eine kommentierte Übersicht mit Anbieter-Links schließt das Buch ab. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen Autoren bedanken, die dieses Buch mit ihren Beiträgen bereichert haben. Zwei Menschen aber bin ich besonders zu Dank verpflichtet: erstens meinem Mann, Dr. Detlef Steiner, der mir vor zwei Jahren die rhetorische Frage stellte »Weshalb schreibst du nicht selber ein Buch zu dem Thema?« und zudem Herrn Coch, vom Springer-Verlag, der den Mut hatte, das Projekt mit mir zu starten, und der den gesamten Prozess intensiv betreut hat. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Frau Dr. Strehlow, der Lektorin, die sehr engagiert bei der Entstehung dieses Buches mitgewirkt hat. Meinen Töchtern Anna und Pia widme ich dieses Buch, weil sie mich im vergangenen Jahr vor allem am Laptop sitzend wahrgenommen haben, und ich hoffe, dass daraus keine bleibenden Schäden entstanden sind. Ihnen, meine lieben Leser, wünsche ich, dass Sie ein interessantes Buch in Ihren Händen halten, das Sie bei Ihrer Arbeit unterstützt, Ihnen Potenziale und Wege aufzeigt, wie Sie Ihren Mehrwert im Unternehmen steigern können, damit die Personalarbeit in Unternehmen den Platz einnimmt, den sie verdient ‒ nämlich als strategisch bedeutsame Funktion. Mannheim, im Frühjahr 2009 Heinke Steiner

VII

Inhaltsverzeichnis I

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1

Aktueller Stand zum Thema Online-Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

Susanne Geister, Daniela Rastetter 2

Online-Tests aus diagnostischmethodischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Interne Stellenbesetzung innerhalb der Conergy Gruppe mit dem verhaltensbasierten Fragebogen »Predictive Index« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

Anja Wurow

17

Niclas Schaper

10 Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG. . . . . . . . . . . . . . 141

Heike Mönig, Sabine Gröben 3

Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

IV Einsatzbereich

Wolfgang Laier

Personalentwicklung . . . . . . . . . . . . II Einsatzbereich

Personalmarketing . . . . . . . . . . . . . .

55

159

11 Einführung: Online-Tests in der Personalentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

Heinke Steiner 4

Einführung: Online-Tests im Personalmarketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

Heinke Steiner 5

Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Thomas Rak, Christoph Nagler

65

Christine Kirbach, Heinrich Wottawa 6

Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich . . . . . . . . . . . . . .

12 Online-Selbstcoaching . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

13 360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen . . . . . 181

Martin Irmler, Sandra Eggelhöfer

83

Heinke Steiner

14 Online-Tests in der Führungskräfteentwicklung der Bremer Landesbank . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

Heike Schirm

III Einsatzbereich

7

Personalauswahl . . . . . . . . . . . . . . . .

97

V Weitere Einsatzbereiche . . . . . . . . 207

Einführung: Online-Tests in der Personalauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

15 Einführung: Weitere Einsatzbereiche für Online-Test – Angebote für Privatkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

Heinke Steiner

Heinke Steiner 8

Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa . . 105

Jürgen Wiedmann

16 Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

Susanne Winkelmann, Ulla Britt Siebrecht

VIII

Inhaltsverzeichnis

17 Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

Daniela Spahr, Adela Burkhardt, Rahel Sahli 18 Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich . . . . . . . . . 247

Gesa Krämer

VI Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . 263 19 Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Heinke Steiner 20 Neuentwicklungen und Trends . . . . . . . . . . 279

Ulla Hospelt 21 Kommentierte Übersicht der Anbieter von Online-Tests. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

Meike Seiffert Herausgeber- und Autorenporträts. . . . . . . . . . 301 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311

IX

Autorenverzeichnis Burkhardt, Adela, cand. Psych.

Mönig, Heike, Dipl.-Psych.

Siebrecht, Ulla Britt, Dipl.-Psych.

Freiburger Landstr. 44 79112 Freiburg

DB Training, Learning & Consulting Geschäftseinheit Beratung Deutsche Bahn AG Solmsstr. 18 60486 Frankfurt/Main

Merck KGaA Frankfurter Str. 250 64293 Darmstadt

Eggelhöfer, Sandra, Dipl.-Betriebsw. Talent Management Service Rheinstr. 22 80803 München

Spahr, Daniela, Bahnhofplatz 1 3066 Stettlen, Schweiz

Argelanderstr. 42 53115 Bonn

Nagler, Christoph, Dipl.-Psych. CNT Gesellschaft für Personal- und Organisationsentwicklung GmbH Kleine Johannisstr. 20 20457 Hamburg

Gröben, Sabine, Dipl.-Psych.

Rak, Thomas,

Wiedmann, Jürgen, Dipl.-Psych.

DB Training, Learning & Consulting Geschäftseinheit Beratung Deutsche Bahn AG Solmsstr. 18 60486 Frankfurt/Main

topoi Consulting GmbH Georg-von-der-Vring-Str. 9 73614 Schorndorf

Deutsche Lufthansa AG FRA PL/A Airportring 60546 Frankfurt/Main

Rastetter, Daniela, Prof. Dr.

Winkelmann, Susanne,

Hospelt, Ulla, Dipl.-Päd. contact GmbH Sachsenring 2–4 50677 Köln

Universität Hamburg Fakultät Wirtschaftsund Sozialwissenschaften Fachbereich Sozialökonomie Von-Melle-Park 9 20146 Hamburg

Dipl.-Psych. Osterwaldstr. 10 Geb. 17 E 80805 München

Irmler, Martin,

Sahli, Rahel,

Result Learning and Transfer GmbH & Co. KG Westenriederstr. 19 80331 München

Wirtschaftsmagazin ECO Schweizer Fernsehen Fernsehstr. 1–4 8052 Zürich, Schweiz

Kirbach, Christine, Dipl.-Psych.

Schaper, Niclas, Univ.-Prof. Dr. Lehrstuhl für Arbeitsund Organisationspsychologie Fakultät für Kulturwissenschaften Universität Paderborn Warburger Str. 100 33098 Paderborn

Geister, Susanne, Dr.

DDI Deutschland Assessment, Training, Beratung GmbH Mollsfeld 3 40670 Meerbusch

Krämer, Gesa, M. A. Culture Coaching & Training Reinsburgstr. 160 70197 Stuttgart

Schirm, Heike, Dipl.-Sozialwirtin Bremer Landesbank Domshof 26 28195 Bremen

Laier, Wolfgang, Enterra Software GmbH Bunsenstr. 1 69190 Walldorf

Seiffert, Meike, M. A. Windeckstr. 8 68163 Mannheim

Steiner, Heinke, Dipl.-Psych. alpha-test GmbH Julius-Hatry-Str. 1 69163 Mannheim

Wottawa, Heinrich, Prof. Dr. Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Psychologie AE Methodenlehre, Diagnostik und Evaluation GAFO 04/619 44780 Bochum

Wurow, Anja, Dipl.-Betriebsw. Christian-Förster-Str. 1 20253 Hamburg

I

Grundlagen Kapitel 1

Aktueller Stand zum Thema Online-Tests – 3 Susanne Geister, Daniela Rastetter

Kapitel 2

Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht – 17 Niclas Schaper

Kapitel 3

Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht – 37 Wolfgang Laier

3

Aktueller Stand zum Thema Online-Tests Susanne Geister, Daniela Rastetter 1.1

Einleitung – 4

1.2

Einsatz webbasierter Instrumente in verschiedenen Bereichen der Personalarbeit – 4

1.3

Testverfahren in der Online-Anwendung – 6

1.4

Chancen und Grenzen von Online-Tests – 11

1.5

Fazit – 15 Literatur – 15

1

4

Kapitel 1 · Aktueller Stand zum Thema Online-Tests

1.1

1

eHRM nimmt zu

Vorteile des eHRM

Einleitung

In zunehmendem Maß setzen Unternehmen internetbasierte Dienste für verschiedene Aufgaben ein. E-Commerce, also der Austausch von Waren und Dienstleistungen über das Internet, und E-Business, der Einsatz von vernetzten Informations- und Kommunikationstechnologien zur effizienteren Geschäftsabwicklung erfreuen sich einer anhaltend steigenden Verbreitung (Graumann & Neinert, 2005). So verwundert es nicht, dass auch in der Personalarbeit verstärkt inter- und intranetbasierte Instrumente Verwendung finden. Unter »e-HR«, »webbased HR« oder »eHRM« (electronic Human Resource Management) wird die integrierte Optimierung der Personalprozesse unter konsequenter Nutzung neuer webbasierter Technologien für alle Personalbereiche verstanden (Wolff, 2002). Die Webbasierung ermöglicht mittels räumlicher und zeitlicher Entkoppelung den Schritt von der Funktionsorientierung zur Prozessorientierung und stellt damit mehr als lediglich eine elektronische Variante der bisherigen Personalarbeit dar. Mit eHRM können personalwirtschaftliche Funktionen miteinander gekoppelt und gesamte Prozessketten, angefangen vom Anwerben neuer Mitarbeiter über die Auswahl bis hin zur Einstellung und Personalverwaltung, abgebildet werden. Auf diese Weise sollen HRProzesse verbessert, die Kosten von HR-Transaktionen reduziert und die Mitarbeiter in Personalabteilungen von administrativen Aufgaben befreit werden, sodass sich diese verstärkt mit strategischen Personalfragen befassen können (Stone, Stone-Romero & Isenhour, 2004). In diesem Kapitel wird zunächst der Einsatz webbasierter Instrumente in der Personalarbeit überblicksartig beschrieben. Nach einer Abgrenzung des Einsatzes im Personalmarketing, der Personalauswahl und der Personalentwicklung erfolgt eine Konzentration auf den Bereich der Personalauswahl. Verschiedene Testverfahren der Personalauswahl werden vorgestellt, bevor deren Eignung für einen webbasierten Einsatz beleuchtet wird. Exemplarisch wird am Beispiel des Unternehmens Gruner + Jahr der mehrstufige Auswahlprozess geschildert. Abschließend werden die Vor- und Nachteile von OnlineTests und die damit verbundenen Herausforderungen beschrieben.

1.2

Einsatz webbasierter Instrumente in verschiedenen Bereichen der Personalarbeit

Webbasierte HR-Instrumente im Allgemeinen und Online-Tests im Besonderen gehören zur innovativsten Entwicklung computergestützter Personalarbeit, die in den 1970er Jahren mit Computerversionen von Papier-und-Bleistift-Verfahren begann. Drei hauptsächliche Einsatzbereiche zur Unterstützung der Personalarbeit bieten sich an:

5

1

1.2 · Einsatz webbasierter Instrumente

Einsatzbereich

Ziel

Personalmarketing

Aufmerksamkeit wecken, Informationen vermitteln

Angesprochene Personen

Personalauswahl

Vorauswahl (Screening) und Auswahl der Bewerber

Zeitverlauf

Bewerbung

Einstellung Personalentwicklung

Bedarfsermittlung und Evaluation der Maßnahmen

das Personalmarketing, die Personalauswahl und die Personalentwicklung (. Abb. 1.1). Im Bereich Personalmarketing dienen webbasierte Instrumente vor allem dazu, die Bewerber auf das Unternehmen aufmerksam zu machen und ihr Interesse zu wecken. Unter dem Begriff »E-Recruiting« werden verschiedene Methoden des Anlockens von potenziellen Bewerbern via Intra- und Internet verstanden (Konradt & Sarges, 2003). E-Recruiting oder auch e-Cruiting besitzt von allen Anwendungen des eHRM den längsten Erfahrungshintergrund und die größte Verbreitung (Staufenbiel & Giesen, 2000; Weitzel, König, Eckhardt & Laumer, 2008). So schalten 89% der deutschen Großunternehmen häufig oder sehr häufig Stellenanzeigen im Internet, und immer mehr Einstellungen kommen über webbasierte Kanäle zustande, während die Printmedien an Bedeutung verlieren (Weitzel et al., 2008). Auch von Seiten der Arbeitssuchenden wird das E-Recruiting-Angebot der Unternehmen zunehmend genutzt. In Nordamerika belegt die Jobsuche sogar den vierten Platz der getätigten Online-Aktivitäten, nach dem E-mailen, dem Lesen aktueller Nachrichten und der Wettervorhersage (Graumann & Neinert, 2005). Als Teil des E-Recruiting bieten Jobbörsen und einige große Unternehmen Online-Tests in Form von anonym durchführbaren Selbsttests (Self-Assessment) an. In diesen Tests sind Aufgaben und Anforderungen des jeweiligen Unternehmens enthalten, mit deren Hilfe der Nutzer seine persönliche Eignung prüfen kann. Ziel ist es, sowohl Unternehmen als auch Arbeitssuchenden ungeeignete Bewerbungen zu ersparen. Wenn Informationsvermittlung, Unterhaltung sowie Leistungs- oder Self-Assessment-Anteile kombiniert werden, wird von »Recruitainment« gesprochen. Recruitainment kann die Motivation für einen Besuch der Internetseite und die Durchführung

. Abb. 1.1. Einsatzbereiche und Ziele webbasierter Instrumente in der Personalarbeit

Einsatz im Personalmarketing

6

Kapitel 1 · Aktueller Stand zum Thema Online-Tests

der Tests erhöhen und einen Beitrag zur Selbstselektion der Bewerber leisten (Kirbach & Rothermel, 2005; 7 Einsatzbereich Personalmarketing).

1

> Self-Checks oder Self-Assessments erhöhen die Selbstselektionsrate bei potenziellen Bewerbern. Einsatz in der Personalauswahl und -vorauswahl

Einsatz in der Personalentwicklung

Ein zweiter Einsatzbereich von webbasierten Instrumenten besteht in der Personalauswahl und -vorauswahl. Personalvorauswahl bezieht sich vorwiegend auf ein »Screening« der Bewerber, während bei der Personalauswahl Diagnostik im engeren Sinne betrieben wird. Die Strategien und Methoden der Personal(vor)auswahl und der Personalplatzierung unter Nutzung des Internets werden auch als OnlineAssessment oder E-Assessment bezeichnet (Bartram, 2005; Hiltmann & Kirbach, 2006), die Überbegriffe für Online-Tests darstellen (▶ Einsatzbereich Personalauswahl). Im Rahmen der Personalentwicklung werden webbasierte Instrumente angewendet, um den Bedarf an Personalentwicklungsmaßnahmen abzuschätzen, deren Erfolg zu evaluieren oder Potenzialanalysen vorhandener Mitarbeiter durchzuführen. Zudem gibt es in steigendem Maß E-learning-Angebote, also elektronisch gestützte Formen des Lernens, die der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter dienen. Online-Tests können in diesem Bereich zur Auswahl oder Selbstselektion für Weiterbildungsangebote und Auslandsentsendungen oder als Teil von E-learning-Modulen genutzt werden (▶ Einsatzbereich Personalentwicklung). In diesem Beitrag erfolgt ein erster Überblick zur Verwendung und eignungsdiagnostischen Relevanz von Online-Tests am Beispiel des Einsatzbereiches Personalauswahl. Welche Verfahren existieren in diesem Feld und für welche bietet sich ein Einsatz im Inter- und Intranet an?

1.3 Eignung der Bewerber ermitteln

Von Offline- zu Online-Versionen

Testverfahren in der Online-Anwendung

Ziel der Personal(vor)auswahl ist es, aus den Bewerbern geeignete Kandidaten auszuwählen. Eignung bedeutet dabei, dass die Fähigkeiten und Kompetenzen eines Bewerbers zu den Anforderungen des Arbeitsplatzes passen, für den er sich bewirbt. Dabei dienen die jeweiligen Auswahlverfahren, ob online oder nicht, als Mittel zur Identifikation der Kompetenzen des Bewerbers, die sich prinzipiell erst nach der Einstellung im Arbeitsalltag manifestieren (Rastetter, 1996). Während in der Vorauswahl durch IT-Unterstützung hohe Bewerberzahlen bewältigt werden können, liegt ihr Potenzial bei der Personalauswahl in der schnellen und flexiblen Handhabung eignungsdiagnostischer Verfahren (. Abb. 1.2). In der ersten Generation der Computertechnik wurden viele Tests in eine Computerversion, jedoch in Offline-Anwendung, übertragen. Die IT-Form ermöglicht u. a. eine flexiblere Gestaltung der Tests so-

7

1

1.3 · Testverfahren in der Online-Anwendung

Einsatz von Online-Testverfahren im Bereich Personal(vor)auswahl Vorauswahl

Auswahl

Formularbewerbungen biografische Fragebögen

Intelligenztests & Leistungstests Fachspezifische Wissenstests Persönlichkeitsfragebögen Arbeitsproben Szenarios Assessment-Center

. Abb. 1.2. Einsatz von Online-Verfahren in der Personal(vor) auswahl

wie die Messung von Bearbeitungs- und Reaktionszeiten. Ein großer Pluspunkt ist die Möglichkeit interaktiver Formate, wenn der Teilnehmer beispielsweise bestimmte Informationen für die Lösung einer Aufgabe einholen muss oder wenn die Schwierigkeit der nächsten Aufgabe an die bisherige Testleistung angepasst wird (adaptives Testen). Online-Versionen stellen die neueste Generation computerisierter Testung dar. Es liegt auf der Hand, dass durch dieses Vorgehen erhebliche Ressourcen eingespart werden, da der zeit- und personalintensive persönliche Kontakt entfällt und nicht geeignete Bewerber schnell und unaufwändig verabschiedet werden können (Schuler, 2006). Im Folgenden sollen einzelne für die Online-Anwendung besonders geeignete Testverfahren vorgestellt werden: Testverfahren für die Online-Anwendung 5 Intelligenz- und Leistungstests (insbesondere spezifische kognitive Tests) 5 Fachspezifische Wissenstests 5 Persönlichkeitstests 5 Arbeitsproben 5 Szenarios 5 Assessment-Center

Intelligenz- und Leistungstests

Die Übertragung allgemeiner Intelligenztests und spezifischer Leistungstests in ein Webformat erweitert die Nutzungsmöglichkeiten hinsichtlich raum- und zeitunabhängiger Testung und hinsichtlich der Geschwindigkeit der Entscheidungsfindung. Die allgemeine Intelligenz erwies sich in unzähligen Studien als der Prädiktor mit der höchsten Validität für die zukünftige Leistung (Schmidt & Hunter, 2000). Der Intelligenztest wird hierzulande insbesondere für Auszubildende und Berufsanfänger mit keiner oder wenig Berufserfahrung eingesetzt. In der allgemeinen Personalauswahl ist er kaum etabliert, vermutlich weil der berufliche Bezug für die Beteiligten nicht direkt ersichtlich ist (Knoll & Preuss, 2003). In Bezug auf Intelligenz- und

Gute Vorhersagekraft von Intelligenz- und Leistungstests

8

Kapitel 1 · Aktueller Stand zum Thema Online-Tests

Leistungstests (vor allem kognitive Tests, die beispielsweise Konzentration oder Reaktionsschnelligkeit prüfen) sehen die Unternehmen ein großes Potenzial für zukünftige Vereinfachungen durch Informationstechnologien. Die Äquivalenz dieser Tests zur Papierform ist jedoch z. T. problematisch (Schuler, 2006), insbesondere wenn sie unter Zeitbegrenzung appliziert werden. Eine Überprüfung der Übertragbarkeit und Äquivalenz sowie ggf. eine Anpassung der Normen erscheint vor dem Einsatz webbasierter kognitiver Verfahren ratsam (Konradt, Lehmann, Böhm-Rupprecht & Hertel, 2003).

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Fachspezifische Wissenstests

Einen stärkeren Bezug zum jeweiligen Beruf bieten fachspezifische Fragebögen, die Fachwissen oder individuelle Potenziale abprüfen und von wesentlich mehr Unternehmen eingesetzt werden als Intelligenz- und Leistungstests. Persönlichkeitstests Big Five online

Eine weitere Möglichkeit eignungsdiagnostischer Online-Tests besteht darin, klassische papierbasierte Persönlichkeitsfragebögen in eine webbasierte Variante zu übertragen. Anhand von Persönlichkeitsfragebögen werden subjektive Einschätzungen der Bewerber über die eigene Person erfasst. Persönlichkeitsskalen wie die Big Five (Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Emotionale Stabilität, Liebenswürdigkeit, Offenheit) oder auch Skalen zur Motivation, zur Einstellung oder zu den Interessen der Bewerber können einfach und schnell erhoben, ausgewertet und für den Selektionsprozess zur Verfügung gestellt werden. Untersuchungen zeigen, dass webbasierte Persönlichkeitsfragebögen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit (Reliabilität) und Akzeptanz mit klassischen Papier-und-Bleistift-Fragebögen vergleichbar sind (Hertel, Naumann, Konradt & Batinic, 2002). Ihre Güte für die Berufseignungsdiagnostik – ob Papierform oder online – ist jedoch je nach Berufsgruppe differenziert zu betrachten (Schuler, 2006; ▶ Kap. 2 Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht). Kombination von Verfahren

In der Regel werden zur Erhöhung der Validität verschiedene Verfahren eingesetzt. Beispielsweise kombinierten Konradt, Hertel und Joder (2003) Persönlichkeitsskalen mit einem kurzen Konzentrations- und Aufmerksamkeitstest, bei dem in einer vorgegebenen Zeit Zeichen am PC-Bildschirm identifiziert werden müssen. Bei der Vorauswahl von Call-Center Agenten wies dieses Auswahlinstrument eine zufriedenstellende prognostische Validität und Akzeptanz auf. Auch in einer Untersuchung von Knoll und Preuss (2003) mit Hochschulabsolventen im Finanzdienstleistungsbereich führte die Verknüpfung von Verfahren zu einer besseren (Vor)Auswahl von Bewerbern. Anhand internetbasierter Persönlichkeitsfragebögen und Leistungstests konnte die Quote geeigneter Kandidaten, die für nachfolgende Assessments eingeladen wurden, von 30 auf 50% gestei-

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1

1.3 · Testverfahren in der Online-Anwendung

gert werden. Für den kombinierten Einsatz verschiedener Verfahren gibt es Testsysteme bzw. Testplattformen, die eine Zusammenstellung geeigneter Tests erlauben (Konradt & Hertel, 2004). Arbeitsproben

Neben konstruktorientierten Tests werden sog. simulationsorientierte Verfahren eingesetzt, die stärker auf die Beurteilung des konkreten Verhaltens eines Bewerbers abzielen. Sie zeichnen sich durch möglichst realitätsnahe Simulationen beruflicher Aufgaben aus und können schriftlich, mündlich, sozial-interaktiv oder multimedial durchgeführt werden. Ein Beispiel dafür ist die Arbeitsprobe. Sie wird entwickelt, indem Experten aus dem Unternehmen beispielsweise mit Hilfe der Methode der kritischen Ereignisse Situationen ihres beruflichen Alltags beschreiben und diesen mögliche Antworten bzw. Handlungsoptionen zuordnen, die unterschiedlich angemessen und Erfolg versprechend sind. Durch das Vorgeben der Antworten in einem Multiple-Choice-Format wird die Objektivität erhöht und die Auswertbarkeit erleichtert. In anderen Varianten kann auch das sequenzielle Vorgehen des Bewerbers während der Arbeitsprobe erfasst werden. Arbeitsproben erfreuen sich einer hohen Beliebtheit in Unternehmen, weil das Format speziell auf den Unternehmenskontext und die konkrete Arbeitssituation zugeschnitten werden kann (Hiltmann & Kirbach, 2006). Für Bewerber erhöhen sich Transparenz und Arbeitsbezogenheit des Verfahrens, zumeist kann es auch interessanter gestaltet werden als abstrakte Leistungstests. Die prognostische Güte der Arbeitsprobe hängt letztlich von der Sorgfalt ihrer Konstruktion ab.

Simulationen bilden den beruflichen Alltag ab

Szenarios

Aufwändiger sind computergestützte Szenarios, die offline oder online die Steuerung komplexer dynamischer Systeme oder Prozesse verlangen, welche mit einer mehr oder weniger realitätsnahen Rahmenhandlung versehen sind (Schuler, 2006). In Form von Unternehmensplanspielen sind sie auch für Personalmarketingzwecke einsetzbar. Ihr Potenzial für diagnostische Zwecke hängt auch hier von der Sorgfalt der Konstruktion des Verfahrens ab, da der Rückschluss auf »echtes« Problemlöseverhalten nicht immer legitim ist. Assessment-Center

Werden mehrere Auswahlverfahren in einem Assessment-Center (AC) kombiniert, können 6–12 Bewerber in einer Gruppe getestet werden. Instrumente eines Assessment-Centers sind typischerweise Fragebogenverfahren, Arbeitsproben wie z. B. Postkorbaufgaben, Interviews, Gruppendiskussionen oder Projektaufgaben. Fast ein

Viertel (23,8%) der größten deutschen Unternehmen setzt Assessment-Center zur Personalauswahl ein (Weitzel et al., 2008). Obwohl sich die Unternehmen auch hier eine stärkere IT-Unterstützung wünschen, wird das Potenzial für eine weitere Webbasierung als weniger

Assessment-Center erfreuen sich großer Beliebtheit

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Kapitel 1 · Aktueller Stand zum Thema Online-Tests

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Ein großes Potenzial besteht

hoch erachtet, weil beim AC der persönliche Kontakt eine große Rolle spielt. Jedoch können vor allem Postkorbaufgaben computerbasiert durchgeführt werden, was eine große organisatorische Entlastung gegenüber den Papierversionen darstellt. Bei diesen Aufgaben müssen die Bewerber in einer bestimmten Zeit verschiedene Anfragen, Termine und Informationen koordinieren, um ihre Arbeitseinteilung, Zielorientierung und Schnelligkeit zu erfassen (Konradt & Hertel, 2004). Kleinere Postkorbaufgaben können auch online einem ACVerfahren vorgeschaltet werden, um den Bewerberkreis für das teure AC zu verkleinern. Vor allem, wenn der spätere Arbeitsalltag durch IT geprägt ist, haben computerbasierte Postkorbaufgaben ihre Berechtigung. Denkbar ist auch, Kommunikationssituationen im Netz zu schaffen, bei denen die Bewerber eine gemeinsame Aufgabe lösen müssen (Kirbach, Montel, Oenning & Wottawa, 2004). Da hierbei weniger Informationskanäle zur Verfügung stehen als bei Face-toface-Diskussionen, ist die Äquivalenz solcher Gruppen-Chats zu herkömmlichen Gruppendiskussionen zu prüfen. Zur Zeit besteht der überwiegende Teil internetbasierter Verfahren aus fragebogenorientierten Verfahren, bei denen ‒ von Ausnahmen abgesehen ‒ die technischen Möglichkeiten der Interaktivität und Multimedialität nicht ausgeschöpft werden. Da die Praxis hier ein großes Potenzial sieht, wird die Entwicklung aber vermutlich rasant zu immer ausgefeilteren webbasierten Testformen fortschreiten.

Beispiel

Praxisbeispiel eines mehrstufigen Auswahlprozesses: Das Unternehmen Gruner + Jahr

Ein Beispiel für einen mehrstufigen Auswahlprozess mit hohen Online-Anteilen liefert das Unternehmen Gruner + Jahr (Weitzel et al., 2008): Im Rahmen des Internetauftritts des Unternehmens wird im ersten Schritt ein Self-Assessment angeboten, das sich an Studierende und Hochschulabsolventen wendet. Auf spielerische Art können die Interessenten Informationen über die Traineeprogramme erhalten und ihre Interessen und Qualifikationen mit den Berufsbildern des Unternehmens abgleichen. Das Self-Assessment ist als eine Art Rollenspiel konzipiert, bei dem sich der Interessent in der virtuellen Arbeitsumgebung des Unternehmens aufhält und dabei gleich einen realitätsnahen Einblick in den Berufsalltag erhält. Er bekommt Feedback über sein Abschneiden und kann selbst entscheiden, ob er sich bewirbt oder nicht. Dieses Angebot wird jeden Monat von mehr als 500 Teilnehmern genutzt. Im zweiten Schritt werden aus den über Online-Formulare eingegangenen Bewerbungen geeignete Kandidaten zum Online-Assessment eingeladen. Auch hier müssen die Bewerber in einer spielerischen virtuellen Umgebung Aufgaben lösen, z. B. das Analysieren von Tabellen, die Vorbereitung von Präsentatio6

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1.4 · Chancen und Grenzen von Online-Tests

nen oder das Bearbeiten der Personaleinsatzplanung, diesmal jedoch nicht mehr anonym. Nach Abschluss des Online-Assessments werden die Ergebnisse der Kandidaten direkt in das Bewerbermanagementsystem des Unternehmens gespielt und mit den übrigen Informationen (biografische Daten etc.) abgeglichen. Auf dieser Grundlage wird entschieden, wer im dritten Schritt zum Assessment-Center vor Ort und zu persönlichen Gesprächen eingeladen wird. So ermöglicht die E-RecruitingWertschöpfungskette bei Gruner + Jahr eine effiziente Personalauswahl, mit der eine Employer-Branding-Wirkung erzielt wird und die bei Bewerbern auf eine hohe Akzeptanz stößt.

1.4

Chancen und Grenzen von Online-Tests

Durch den Einsatz von Online-Tests wird eine Reihe von Chancen ermöglicht, die sich jedoch nur dann realisieren lassen, wenn die Grenzen von Online-Tests beachtet und angemessen auf die Herausforderungen reagiert wird. In . Tab. 1.1 werden die Vor- und Nachteile webbasierter Personalauswahlinstrumente überblicksartig dargestellt, bevor sie anschließend erläutert werden (vgl. Hiltmann & Kirbach, 2006; Konradt & Hertel, 2004; Tippins et al., 2006). Vorteile

Im Folgenden werden zunächst die Vorteile beim Einsatz von OnlineTests beschrieben. Einige davon entsprechen den allgemeinen Vorteilen durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien. So besitzen Online-Tests im Vergleich zu traditionellen Methoden eine hohe zeitliche und räumliche Reichweite. Der zunehmenden Globalisierung auf dem Arbeitsmarkt wird Rechnung getragen, indem die Nutzer die Tests zeit- und ortsunabhängig bearbeiten können und sich nicht an bestimmte Öffnungszeiten oder Termine halten müssen. Lange Anfahrtswege und hohe Reisekosten entfallen.

Hohe zeitliche und räumliche Reichweite

> Durch die Zeitersparnis, die sich aus der Automatisierung ergibt, können sich Mitarbeiter der Personalabteilungen verstärkt auf strategische Aufgaben konzentrieren.

Aus Sicht des Unternehmens ergeben sich weitere Einsparpotenziale: Angefangen bei der Annahme von Bewerbungen, dem ersten Screenen der Bewerbungsunterlagen über die Vorauswahl und Auswahl geeigneter Bewerber bis hin zur Kommunikation mit den Bewerbern und der unternehmensinternen Weitergabe von Informationen können Geschwindigkeit und Genauigkeit des Prozesses insbesondere bei großen Bewerberzahlen erhöht werden. Es wird damit möglich, ein komplettes Auswahlverfahren auch für hohe Bewerberzahlen in

Hohe Geschwindigkeit und Genauigkeit

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1

Kapitel 1 · Aktueller Stand zum Thema Online-Tests

. Tabelle 1.1. Vor- und Nachteile webbasierter Personalauswahlinstrumente Vorteile

Nachteile

Hohe zeitliche und räumliche Reichweite

Hohe Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit der Systeme

Einsparpotenziale durch höhere Geschwindigkeit und Genauigkeit

Gewährleistung der Datensicherheit

Flexible Einsatzmöglichkeiten

Hoher Aufwand für Aufbau, Pflege und Administration

Objektive, homogene und transparente Überprüfung der Kriterien

Gezielte Verfälschbarkeit möglich

Explikation der Entscheidungsregeln

Persönlicher Kontakt wird reduziert

Systematische Überprüfbarkeit der Güte und langfristige Verbesserung möglich

Arbeitsrechtliche Anforderungen beachten

Trainingseffekte durch den wiederholten Einsatz

Anforderungen und Entscheidungsregeln

etwa 3 Wochen abzuschließen (Kirbach et al., 2004). Die Zeitspanne bis zur Entscheidung wird verkürzt und damit das Risiko verringert, attraktive Kandidaten zu verlieren. Mit den erweiterten Möglichkeiten der Datenauswertung können zudem mehr Informationen objektiv und homogen verarbeitet und damit die Auswahlentscheidungen verbessert werden. Die Genauigkeit der Vorauswahl nimmt zu, da die Kriterien standardisiert überprüft werden können, während das traditionelle Bewerbungsunterlagenscreening durch Sachbearbeiter häufig unsachgerecht und unter Zeitdruck erfolgt. Voraussetzung für die Realisierung dieser Vorteile ist die Güte der Verfahren (▶ Kap. 2 Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht). Schätzungen gehen davon aus, dass durch Online-Verfahren 500−1000 € weniger Kosten pro aussortiertem Bewerber anfallen (Schupelius, 2004). Ein weiterer Vorteil des Einsatzes von Online-Tests besteht darin, dass die Anforderungen an Bewerber und die Entscheidungsregeln zur Einstellung im Unternehmen diskutiert und genau festgelegt werden müssen und somit die Forderung nach Explikation der Entscheidungsregeln (gem. DIN 33430, s. Hornke & Winterfeld, 2003) erfüllt wird. Sind die Entscheidungsregeln festgelegt, erfolgt die Überprüfung der Auswahlkriterien für jeden Teilnehmer objektiv, homogen und transparent. Durch den wiederholten Einsatz wird darüber hinaus eine systematische Überprüfbarkeit der Güte des Verfahrens und langfristige Verbesserung ermöglicht. Redundante Verfahrensbestandteile, auch bei nachfolgenden traditionellen Verfahren, lassen sich anpassen oder reduzieren. Im Einzelfall können so z. B. zweitägige Assessment-Center auf einen Tag verkürzt werden (Konradt & Hertel, 2004).

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1

1.4 · Chancen und Grenzen von Online-Tests

Nachteile

Den vielfältigen Vorteilen webbasierter Personalauswahl steht eine Reihe von Nachteilen gegenüber, die spezifische Anforderungen an den Einsatz von Online-Tests stellen. Immanent ist die Forderung nach der Entwicklung gebrauchstauglicher Systeme. Die Navigation auf der Webseite des Unternehmens und insbesondere während des Online-Tests sollte leicht erlernbar, fehlertolerant, aufgabenangemessen und erwartungskonform sein, um eine unbeeinflusste und störungsfreie Bearbeitung zu gewährleisten (Konradt & Hertel, 2004). Bei der Programmierung sollte darauf geachtet werden, dass die Bearbeitung von allen gängigen PC-Arbeitsplätzen erfolgen kann und keine speziellen Anforderungen an die Hard- und Software bestehen. Lange Ladezeiten sind ebensowenig anwenderfreundlich wie die Gefahr von Systemabbrüchen. Darüber hinaus stellen sich erweiterte Anforderungen an die Datensicherheit der ausgetauschten Informationen. Es muss genau festgelegt werden, wer Informationen über die Bewerber und die Ergebnisse aus Online-Tests einsehen darf und wie die Datensicherheit gewährleistet wird. Insgesamt gesehen ergibt sich beim Einsatz von Online-Tests ein hoher Aufwand für den Aufbau, die Pflege und die Adminstration der webbasierten Personalauswahlsysteme, zumal permanente Innovationen zu erwarten sind. Die Abhängigkeit von IT-Spezialisten nimmt zu und Testgütekriterien müssen überprüft werden. Vor Einführung webbasierter Instrumente sollte deshalb eine Kosten-Nutzen-Analyse vorgenommen werden. In der Regel lohnen sich die erheblichen Investitionen eher für große Unternehmen und für große Bewerberzahlen. Für ein Online-Assessment muss mit Investitionen von 20.000−80.000 € gerechnet werden, für aufwändige Computerplanspiele ist man schnell im 6-stelligen Bereich (Schupelius, 2004). Problematisch sind die Gefährdungen durch eine gezielte Verfälschung der Testergebnisse (Testfaking). So ist es denkbar, dass sich Bewerber bei der Bearbeitung der Aufgaben Unterstützung holen oder dass eine andere Person die Testaufgaben bearbeitet. Empfohlen wird, dass in anschließenden Auswahlschritten vor Ort die Ergebnisse der Online-Tests anhand von Kurztests repliziert werden. Eine andere Möglichkeit sind regionale Assessment-Center, in denen die Online-Tests unter Aufsicht durchgeführt werden. Diese Aufgabe könnte auch von örtlichen Arbeitsagenturen oder zertifizierten Personaldienstleistern übernommen werden (Konradt & Hertel, 2004). > Um Täuschungen oder unzulässige Unterstützung der Kandidaten zu vermeiden, kann eine Ankündigung erfolgen, dass ein ähnlicher Test im Vorstellungsgespräch erneut durchgeführt werden muss.

In jedem Fall sollten die zu Testenden auf das Täuschungsverbot und die Überprüfung ihrer Angaben explizit hingewiesen oder zu einer Verpflichtungserklärung veranlasst werden. Ein weiteres Problem stellen Urheberrechtsverletzungen durch Itemdiebstahl oder die

Gebrauchstauglichkeit muss gegeben sein

Anforderungen an Hard- und Software

Datensicherheit muss gewährleistet sein

Hohe Aufwände und Kosten für die Programmierung

Maßnahmen gegen eine Verfälschung der Ergebnisse

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Kapitel 1 · Aktueller Stand zum Thema Online-Tests

1

Persönlicher Kontakt wird reduziert

Rechtliche Aspekte einbeziehen

Veröffentlichung von Richtiglösungen dar. Dagegen hilft die »halb geschützte« Testvorgabe, bei der nur die vorausgewählten Bewerber einen Zugangscode erhalten, der sie zur einmaligen Durchführung des Tests berechtigt. Sinnvoll ist es auch, die Testitems aus einem Itempool immer wieder neu zusammenzustellen. In sozialer Hinsicht kann es von Nachteil sein, dass durch OnlineVerfahren erst sehr spät im Auswahlprozess ein persönlicher Kontakt hergestellt wird. Zwar scheint die Akzeptanz von Online-Verfahren bei Bewerbern und Arbeitgebern wegen der geringen subjektiven Verzerrungsmöglichkeiten hoch zu sein, jedoch konzentriert sich dadurch der persönliche Kontakt zwischen Bewerber und Unternehmen auf wenige Face-to-face-Interaktionen, in denen dann von beiden Seiten sämtliche komplexeren zwischenmenschlichen Faktoren in kurzer Zeit erfasst werden müssen (Sympathie, soziale und emotionale Kompetenzen etc.). Arbeitsrechtlich müssen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats berücksichtigt werden, der schon bei der Planung neuer Verfahren eingeschaltet werden sollte, um Kontroversen bezüglich Zugriffsrechten oder Datenschutz zu vermeiden. Im Rahmen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes muss beachtet werden, dass niemand aufgrund Geschlecht, Alter, Religion, Ethnie, Behinderung oder sexueller Identität schlechtere Chancen hat, den Online-Test zu absolvieren. Prinzipiell liegen im internetbasierten Testen Chancen für verbesserte Fairness, weil Einflüsse durch äußere Erscheinung, Hautfarbe, Behinderung oder Mobilitätseinschränkungen verringert werden. Denkbar ist jedoch, dass bestimmte Gruppen (z. B. ältere Arbeitnehmer oder ethnische Minderheiten) aufgrund geringerer Vertrautheit mit dem Internet schlechter als bei Papier-und-BleistiftTests abschneiden. Möglich sind umgekehrt auch unfaire Vorteile für Personen, die sehr viel mit IT arbeiten oder häufig Online-Tests machen (Trainingseffekte). Freilich kann die Vertrautheit mit dem Internet ein gewünschtes Selektionskriterium des Unternehmens sein. Bei internationaler Rekrutierung sind interkulturelle Einflüsse, Sprachbarrieren und nationale Besonderheiten zu berücksichtigen. Insgesamt müssen Online-Tests neben den üblichen Gütekriterien eine Reihe weiterer Kriterien erfüllen, die in der folgenden Übersicht dargestellt werden (Preuss & Wehrmaker, 2007). Anforderungen an Online-Tests 5 Selbsterklärend: Da kein Testadministrator zur Verfügung steht, muss der Test leicht verständlich sein, klare Instruktionen haben und ggf. Beispielsequenzen enthalten, die vor dem Test durchgeführt werden. 5 Verfälschungssicher: Um Trainierbarkeit und kursierende Musterlösungen zu vermeiden, kann der Test jeweils durch Itemgeneratoren neu zusammengestellt werden. 5 6

15

1

Literatur

5 Hardware-unabhängig: Aus der Art der verwendeten Computer, Internetverbindungen oder der Prozessorleistung dürfen den Teilnehmern keine Vor- oder Nachteile entstehen. 5 Barrierefrei: Auch beeinträchtigte Personen müssen in der Lage sein, die Tests mit Hilfsmitteln zu bearbeiten. 5 Integrierbar: Die Module sollten in Workflow-Systeme eingebettet werden können.

1.5

Fazit

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Einsatz webbasierter Personalauswahlverfahren zwar eine Reihe von Herausforderungen birgt, diese jedoch nicht unlösbar erscheinen. Vielmehr ergeben sich spezifische Anforderungen an einen Einsatz, um objektive, reliable und valide Ergebnisse zu erhalten. Trotz der potenziellen Vorteile von Online-Assessments wird kein Unternehmen die Auswahl von Personal vollständig auf internetbasierte Verfahren umstellen, sondern diese in Kombination mit herkömmlichen Verfahren anwenden, die eine Präsenz der Bewerber erfordern.

Kombination webbasierter und herkömmlicher Verfahren

> Eine Kombination aus Online- und Offline-Modulen garantiert eine wirtschaftliche und fundierte Personalentscheidung.

Für die Zukunft gehen verschiedene Autoren von einer Zunahme webbasierter Personalauswahl aus. Es wird vermutet, dass sich internetbasiertes Recruiting und Assessment im Laufe der Zeit als Standardvorgehensweise in großen Unternehmen durchsetzen werden (Beck, 2002; Hertel, Konradt & Orlikowski, 2003; Kirbach et al., 2004). Während anfangs die Online-Präsentation des Unternehmens und das Posting von Job-Angeboten dominierten, stehen derzeit eine noch weitergehende Segmentierung und Individualisierung des Informations- und Kommunikationsangebots für einzelne Zielgruppen im Mittelpunkt (Frank & Giesen, 2004). Interaktion und Dialog treten immer mehr an die Stelle reiner Präsentation.

Zunahme webbasierter Personalauswahl

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16

1

Kapitel 1 · Aktueller Stand zum Thema Online-Tests

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17

Online-Tests aus diagnostischmethodischer Sicht Niclas Schaper 2.1

Ablauf eines online-basierten Assessments – 18

2.2

Verfahrenstypen des Online-Assessments – 20

2.3

Äquivalenzproblematik bei Online-Assessments – 23

2.4

Vorteile und Potenziale des online-basierten Assessments aus diagnostisch-methodischer Sicht – 26

2.4.1 2.4.2 2.4.3

Potenziale zur Optimierung von Testgütekriterien – 26 Ökonomiepotenziale bei Online-Assessments – 27 Potenziale zur Verwendung innovativer Testformate bei Online-Assessments – 27 Flexibilitätspotenziale bei Online-Assessments – 28 Funktion von Online-Assessments im Rahmen von Selbstselektions- und Vorauswahlschritten – 28 Modernitätsimage durch Nutzung von Online-Assessments – 29

2.4.4 2.4.5 2.4.6

2.5

Nachteile und Probleme des online-basierten Assessments aus diagnostisch-methodischer Sicht – 29

2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5

Manipulierbarkeit der Testsituation – 29 Probleme in Bezug auf Fairness und Gleichberechtigung – 30 Probleme der Globalisierung bei der Personalauswahl – 31 Testmotivation und Akzeptanz gegenüber Online-Assessments – 32 Nützlichkeit und Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Online-Assessments – 33

2.6

Fazit und Gestaltungsanforderungen an online-basiertes Assessment – 33 Literatur – 35

2

18

Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

2.1

2

Anforderungsanalyse

Online-basierte Assessment-Tools

Ablauf eines online-basierten Assessments

Im Folgenden wird zunächst ein fiktives Beispiel bzw. Szenario zur beruflichen Eignungsdiagnostik beschrieben, um zu verdeutlichen, wie der Einsatz von online-basierten Tests bzw. Assessments zukünftig aussehen kann oder teilweise auch schon realisiert wird (vgl. Bartram, 2000 oder Hertel, Konradt & Orlikowski, 2003). Auf der Basis einer Bedarfsfeststellung für neue Mitarbeiter und einer Anforderungsanalyse für die zu besetzende(n) Stelle(n) werden von der Personalabteilung eines Unternehmens Stellenangebote über die firmeneigene Internetseite veröffentlicht und online-bezogene Bewerbungsmöglichkeiten eingerichtet. Zusätzlich werden onlinebasierte Jobbörsen kontaktiert, die Jobsuchende bzw. Bewerber mit passenden Profilen für die Stelle(n) heraussuchen und diesen per EMail das Jobangebot offerieren. Denkbar ist auch, dass Mitarbeiter der Personalabteilung selbst in online-verfügbaren Datenbanken der Jobbörse nach geeigneten Bewerbern recherchieren und diese über das Jobangebot informieren. Diese Aktivitäten beschreiben die Phase der online-basierten Rekrutierung. In einem nächsten Schritt hat der Bewerber die Möglichkeit, mithilfe von online-basierten Assessmenttools, die auf der Homepage des Unternehmens bereitgestellt werden, seine Stärken und Schwächen in Bezug auf die Stellen- und Unternehmensanforderungen zu prüfen. Hierzu werden entsprechende Fähigkeits-, Wissens- und Persönlichkeitstests online zur Verfügung gestellt. Der Bewerber prüft dabei für sich, ob Anforderungen und Interessen des Unternehmens bzw. der Stelle einerseits und seiner Person andererseits zueinanderpassen. Die genannten Instrumente zur Selbsteinschätzung und -testung sowie die über die Stelle und das Unternehmen bereitgestellten Informationen dienen somit zur Selbstselektion. Auf dieser Assessment-Stufe werden keinerlei personenbezogene Informationen an das Unternehmen weitergeleitet. > Testverfahren zur Selbstselektion auf der Unternehmenshomepage führen zu einem frühen Ausscheiden von unpassenden Bewerbern und verursachen nur geringe Kosten für das Unternehmen.

Online-Bewerbung

Sofern der Bewerber überzeugt davon ist, dass sich eine Bewerbung für ihn lohnt, wird er im nächsten Schritt sein Bewerbungsinteresse per E-Mail oder anhand einer Internetschnittstelle bekunden. Daraufhin wird ihm per E-Mail ein persönliches Passwort für eine Online-Bewerbung zugesandt. Dieser Zugang ermöglicht es den Bewerbern, ihre biografischen Angaben und Bewerbungsunterlagen anhand von online-basierten Fragebögen und anderen Eingabemöglichkeiten einzustellen und sich so direkt beim Unternehmen zu bewerben. Darüber hinaus können an dieser Stelle auch weitere einstellungs-

19

2

2.1 · Ablauf eines online-basierten Assessments

und motivationsbezogene Fragebogenskalen abgefragt werden. Von Unternehmensseite werden relevante biografische Daten und weitere Musskriterien (z. B. bestimmte qualifikatorische Abschlüsse) der Bewerbung abgeprüft. Die Auswertung der in standardisierter Form eingereichten Bewerbungen und Fragebogedaten erfolgt in einer weitgehend automatisierten Form, sodass für diese Vorauswahlstufe ebenfalls kaum Personalressourcen benötigt werden. Anhand der vorliegenden Bewerbungsinformationen ist es möglich, eine erste Entscheidung zu treffen, ob der jeweilige Bewerber für weitere Auswahlschritte in Frage kommt. In einem nächsten Schritt werden mit den verbliebenen Bewerbern per E-Mail online-basierte Interviews vereinbart und durchgeführt. Zur Vorbereitung haben die Bewerber die Möglichkeit, sich per Internet über Produkte, Geschäftsfelder und Kunden sowie Unternehmensstruktur, Firmenphilosophie und Karrieremöglichkeiten zu informieren. Mittels bestimmter multimedialer Darstellungen kann auch ein erster Eindruck über die Tätigkeit selbst vermittelt werden. Im Interview werden weitere eignungsdiagnostische Informationen (z. B. zu kommunikativen Kompetenzen sowie zu motivationalen Voraussetzungen) über den Bewerber eingeholt und Fragen des Bewerbers zur zukünftigen Tätigkeit geklärt. Verläuft auch dieser Schritt erfolgreich, wird der Bewerber zu zusätzlichen Leistungstests und Arbeitsproben bzw. AssessmentCentern eingeladen. Hierzu vereinbart der Bewerber einen Termin in einem regionalen Test- bzw. Assessment-Center. Die Durchführung unter solchen kontrollierten Bedingungen ist notwendig, um die Identität des Bewerbers zu kontrollieren und um die Bearbeitung der online-basierten Auswahlverfahren zu überwachen. Um den Bewerbern faire Chancen zu gewähren und Übungseffekte auszugleichen, erhalten Sie vorher einen Online-Zugang zu verschiedenen Trainingstools im Internet, mit denen sie sich auf die Tests und Arbeitsproben vorbereiten können. Die Ergebnisse der verschiedenen Testverfahren werden sodann anhand festgelegter Entscheidungsalgorithmen verrechnet, sodass in kürzester Zeit eine Rangliste für die Einstellungsentscheidung zur Verfügung steht. Außerdem kann anhand der Assessmentergebnisse auch ein detailliertes Feedback an die Bewerber versandt werden. > Kein Bewerber wird nur auf der Basis von online-basierten Testverfahren eingestellt. Ausschlaggebend bleibt das Vorstellungsgespräch.

Im Folgenden werden die im Szenario angesprochenen Modalitäten, Potenziale, Anforderungen und offenen Fragen einer online-basierten Personalauswahl aus Sicht der einschlägigen eignungsdiagnostischen Forschung konkreter angesprochen und erläutert.

Online-basierte Interviews

Leistungstests und Arbeitsproben

20

Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

2.2

2

Voraussetzungen und Bedingungen

Verfahrenstypen des Online-Assessments

Um Personen für Berufe oder betriebliche Positionen valide auswählen zu können, sollten die dafür eingesetzten Verfahren empirisch nachgewiesene Zusammenhänge zwischen Eignungsmerkmalen einerseits und Erfolgsmaßnahmen andererseits aufweisen. Die methodischen Standards wie Objektivität, Reliabilität und Validität gelten auch für Online-Tests. Außerdem sollten bei der Anwendung der Verfahren bestimmte ethische Standards (z. B. Testfairness oder Schutz der Persönlichkeit) und weitere nicht-psychometrische Kriterien (z. B. Ökonomie, Nützlichkeit oder Akzeptanz) erfüllt werden. Unter der Lupe Allgemein versteht man unter Online-Assessments »computergestützte Verfahren zur Beurteilung und Vorhersage beruflich relevanter psychologischer Variablen zur Abschätzung der Eignung, die über Dienste des Internet bereitgestellt werden« (Konradt & Sarges, 2003, S. 7). Hiervon unterscheiden sich Formen des computerbasierten Assessments, die eine Vorgabe des Testmaterials sowie die Eingabe, Aufzeichnung und Auswertung der Reaktionen an einem einzelnen offline-geschalteten Computer beinhaltet, und Papier-Bleistift-Tests, die im Unterschied zu computerund online-basierten Verfahren die Vorgabe des Testmaterials auf einem gedruckten Medium (Fragebogen bzw. Testheft) sowie einer schriftlichen Beantwortung bezeichnet.

Auswertungsgeschwindigkeit und -zuverlässigkeit

Vorauswahl- und Selbstselektionsschritte

Die Vorzüge der Internetnutzung bei der Personalauswahl und Potenzialanalyse liegen nicht nur darin, dass die Auswertungsgeschwindigkeit und -zuverlässigkeit durch den Computereinsatz verbessert werden kann. Sie sind vor allem auch darin begründet, dass Kommunikations- und Informationsaustauschprozesse in diesem Kontext durch die zeit- und ortsunabhängige Vernetzung der Computer im Internet beschleunigt und vereinfacht werden können. Verfahren und Prozeduren des Online-Assessments werden vor allem dann eingesetzt, wenn es gilt, Vorauswahl- und Selbstselektionsschritte zu unterstützen, Bewerberzielgruppen im Ausland oder über große Distanzen anzusprechen und zu testen, die Informations- und Auswahlmodalitäten möglichst flexibel, d. h. auch permanent und global zur Verfügung zu stellen und um Kommunikations- und Informationsfunktionen im Auswahlprozess zu rationalisieren. Nicht zuletzt können mithilfe eines online-basierten Assessments auch adaptive Testverfahren, die sich an das individuelle Testverhalten der Bewerber anpassen und den Test im Bearbeitungsverlauf auf die Fähigkeiten des Probanden »zuschneiden«, oder online-basierte kooperative Testverfahren eingesetzt werden, bei denen Bewerber räumlich und/oder zeitlich getrennt eine Assessment-Aufgabe ge-

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2

2.2 · Verfahrenstypen des Online-Assessments

meinsam bewältigen (z. B. bei Gruppenaufgaben zur Auswahl von Teammitgliedern für virtuelle Teams). Vorteile von Online-Tests 5 5 5 5 5

Hohe Auswertungsgeschwindigkeit und -zuverlässigkeit Globale Einsatzmöglichkeit Einsatz realitätsnaher multimedialer Elemente Möglichkeit zur adaptiven Testung Kooperationsmöglichkeit der Bewerber in virtuellen Teams

In Anlehnung an die generelle Unterscheidung von Schuler (2006) in 3 Verfahrensgruppen der Berufseignungsdiagnostik lassen sich auch bei Online-Assessments biografie-, konstrukt- und simulationsorientierte Verfahren unterscheiden. Darüber hinaus können Differenzierungen der Verfahren danach vorgenommen werden, welche Internetdienste verwendet werden (z. B. E-Mail, Video- oder Audiokonferenzen, Application Sharing oder www-Funktionen) und in welchem Ausmaß Interaktionen zwischen Benutzer und Anwender erfolgen. Online-basierte biografieorientierte Verfahren sind beispielsweise webbasierte Fragebögen, die zur Erfassung von personenbezogenen biografischen Daten dienen. Hierüber kann z. B. ein Abgleich von Personenmerkmalen mit Stellenanforderungen vorgenommen werden und gegebenenfalls mit einer automatisierten Vorauswahl inklusive einer Rückmeldung an den Bewerber versehen werden. Darüber hinaus können die verschiedenen Internetdienste auch zur Informationsdistribution und zur Kommunikation (z. B. das Versenden von Arbeitszeugnissen und das Einholen von Referenzen per E-Mail) genutzt werden. Nicht zuletzt gehören zu dieser Verfahrensgruppe auch online-gestützte Einstellungsinterviews (z. B. unter Einsatz von Videokonferenztechnologien wie beispielsweise »Netmeeting«). Hierbei können Vorzüge von Telefoninterviews mit den Vorteilen einer größeren Informationsdichte und Interaktionsauthentizität durch die bildliche Darstellung verknüpft werden. Voraussetzung dafür ist allerdings eine stabile und unverzerrte Übertragung. Der Vorzug solcher online-basierten Auswahlgespräche liegt darin, dass materielle und zeitliche Kosten gegenüber herkömmlichen Einstellungsinterviews reduziert werden können. Zu den online-basierten konstruktorientierten Verfahren zählen unter anderem standardisierte Fragebögen in Form von Persönlichkeits-, Einstellungs-, Motivations- und Interessentests, die online-gestützt durchgeführt und meist auch in automatisierter Form ausgewertet und rückgemeldet werden. Durch eine automatische Antwortkontrolle kann die Vollständigkeit der Beantwortung optimiert werden. Es wäre darüber hinaus möglich, bei Online-Fragebogenverfahren auch die Antwortzeiten oder die Häufigkeit von Korrekturen zu erfassen, um zusätzliche diagnostische Hinweise über das Ant-

Drei Verfahrensgruppen

Online-basierte biografieorientierte Verfahren

Online-basierte konstruktorientierten Verfahren

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Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

2

Online-basierte simulationsorientierte Verfahren

Realitätsnähe, Komplexität und Plausibilität

wortverhalten der Bewerber zu erhalten. Soweit bekannt, werden solche Testparameter aber bisher kaum genutzt. Nicht zuletzt wird durch die automatisierte Auswertung und Rückmeldung die Testanwendung zusätzlich objektiviert und rationalisiert. Zu dieser Verfahrensgruppe gehören auch online-basierte Leistungstests z. B. zur Messung der Konzentrationsfähigkeit oder von bestimmten intellektuellen Fähigkeiten (Intelligenzleistungen). Insbesondere bei Leistungstests bietet sich die Einführung adaptiver Verfahren an, bei denen die Aufgaben an die jeweilige Fähigkeitsstufe des Bewerbers angepasst, und das Testverfahren damit effizienter und genauer gemacht werden kann. Bei der Anwendung zeitabhängiger Leistungstests gilt es allerdings zu beachten, dass Schwankungen der Übertragungszeiten oder der Verarbeitungsgeschwindigkeit der Hardware vor Ort die Ergebnisse beeinflussen können (Hertel, Konradt & Orlikowski, 2003). In diesem Kontext werden zunehmend Testsysteme bzw. Testplattformen eingesetzt, die eine Durchführung verschiedener Fragebogenverfahren und Leistungstests und damit eine profil- und positionsorientierte Auswahl und Auswertung solcher Tests erlauben. Beispiele für online-basierte simulationsorientierte Verfahren sind insbesondere videobasierte Tests, computerbasierte Postkorbaufgaben, PC-gestützte Simulationen von komplexen betriebswirtschaftlichen Prozessen und Online-Assessment-Center. In allen 4 Fällen wird versucht, Szenarien oder Situationen der Arbeitswelt zu simulieren, die von den Bewerbern allein oder gemeinsam zu bearbeiten sind. Bei den videobasierten Tests (vgl. Weekly & Jones, 1997) werden den Bewerbern berufsbezogene Situationen in Spielsituationen vorgestellt und sie werden gebeten zu antizipieren, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten würden. Gegenüber textbasierten »situativen Fragen«, die vergleichbare Szenarien nur verbalschriftlich wiedergeben, besitzen die Videoszenarien eine deutlich höhere Realitätsnähe, Komplexität und Plausibilität. Sie sind aber wesentlich aufwendiger und teurer in der Entwicklung. Bei computerbasierten Postkorbaufgaben (vgl. Riedinger & Rolfs, 1998) werden alltägliche Aufgaben simuliert, die Fähigkeiten der Arbeitsorganisation, Zielorientierung und des Erkennens von Zusammenhängen erfordert und über die beobachtbaren Arbeitshandlungen sowie Entscheidungen und Handlungsbegründungen erfasst werden können. Da mittlerweile die Mehrzahl der Arbeitshandlungen in vielen Arbeitskontexten computergestützt erfolgt, stellen auch computerbasierte Postkorbaufgaben kaum noch eine fremde Arbeitsumgebung dar. Beispiel Ein konkretes Beispiel für ein online-basiertes Assessment-Center ist »pro facts« (Etzel & Küppers, 2002). Hierbei handelt es sich um ein realitätsnah gestaltetes Online-Assessment, um unternehmerische, organisatorische und verkäuferische Kompetenzen 6

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2

2.3 · Äquivalenzproblematik bei Online-Assessments

handlungs- und situationsbezogen zu erfassen. Vergleichbar mit einem Plan- oder komplexen Rollenspiel sollen die Bewerber verschiedene Aufgaben eines Mitarbeiters in einem Versicherungs- bzw. Immobilienmaklerunternehmen übernehmen, wobei ihre Entscheidungen und ihr Handeln u. a. in Bezug auf Kundenorientierung, Planungskompetenz oder Eigenverantwortlichkeit beurteilt werden.

Bei PC-gestützten Simulationen komplexer betriebswirtschaftlicher Prozesse übernehmen die Bewerber die Rolle von Managern oder Führungskräften, die die Aufgabe erhalten, über einen bestimmten Zeitraum ein Unternehmen oder einen Geschäftsbereich unter Beachtung verschiedener dynamischer Einflussfaktoren zu steuern und dabei verschiedene Optimierungskriterien zu berücksichtigen. Solche Simulationen sind mittlerweile als multimedial gestaltete Spiele im Rahmen von Recruitainment-Anwendungen bekannt geworden. Die bislang entwickelten Verfahren sind allerdings trotz ihrer im ersten Eindruck hohen Augenscheinvalidität nicht sehr anforderungsbezogen. Es besteht somit noch erheblicher Forschungsbedarf in Bezug auf die kriteriums- und konstruktbezogene Validität solcher Verfahren (Kersting, 1999).

2.3

Äquivalenzproblematik bei OnlineAssessments

Die Äquivalenzproblematik betrifft die Frage, ob sich durch einen Wechsel des Testmodus, z. B. die Übertragung von Tests von einer Papier-Bleistift-Version in eine computer- oder online-basierte Form, sich die Natur des erfassten Konstrukts bzw. das Testverhalten verändert. Ist dies der Fall, würde es bedeuten, dass zwischen den beiden Testversionen keine Äquivalenz besteht und damit die diagnostischen Aussagen beider Testmodi nicht miteinander vergleichbar sind. Gemäß den Richtlinien der International Test Commission (2005) ist Äquivalenz von computerbasierten und Papier-Bleistift-Tests dann gegeben, wenn beide Versionen 5 vergleichbare Reliabilitäten besitzen, 5 ausreichend hoch miteinander korrelieren, 5 in ähnlicher Höhe mit anderen Testverfahren und externen Kriterien korrelieren, 5 vergleichbare Mittelwerte und Standardabweichungen aufweisen. Außerdem sollten beide Versionen ein vergleichbares Niveau in Bezug auf Flexibilität aufweisen (z. B. in Bezug auf die Möglichkeiten, Items korrigieren und überspringen zu können), und die Darbietung

Äquivalenzproblematik

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2

Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

Überblicksanalyse

der Items und Antwortmöglichkeiten sollte auf möglichst ähnliche Art und Weise erfolgen. In einer Überblicksanalyse von Konradt, Lehmann, Böhm-Rupprecht und Hertel (2003) wurden entsprechende Äquivalenzstudien in Bezug auf folgende Fragen ausgewertet: 5 Reliabilität: Ist mit dem Darbietungsmedium eine Beeinflussung der Messgenauigkeit gegeben? 5 Validität: Wie wirkt sich das Darbietungsmedium auf die Messgültigkeit eines Verfahrens aus? 5 Akzeptanz: Werden computergestützte Verfahren von Benutzern sozial akzeptiert? Insgesamt wurden hierzu 43 Studien ausgewertet und die Befunde differenziert nach offline- vs. online-basierten Verfahren und dem Testfokus (allgemeine und spezielle kognitive Leistungstests vs. Persönlichkeits-, Einstellungs- und Interessentests) vorgestellt. Unter der Lupe In Bezug auf die computer- bzw. offline-basierten kognitiven Leistungstests zeigten sich in den 12 analysierten Studien eher heterogene Ergebnisse. Auch wenn die Reliabilitätswerte relativ hohe Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen Darbietungsmodi aufwiesen, fielen die Testergebnisse in der Computerversion teilweise signifikant schlechter, teilweise signifikant besser aus. Die widersprüchlichen Befunde können durch unterschiedliche technische Ausstattungen der computerbasierten Tests (z. B. in Bezug auf Tastatur, Maus oder Monitorgröße), die je nach Form zusätzliche Fehlervarianz erzeugen, und verschiedene Möglichkeiten in Bezug auf die Bearbeitungsreihenfolge der Items sowie Einflussfaktoren auf die Geschwindigkeit der Testbearbeitung verursacht sein. Auch Mead und Drasgow (1993) stellten im Rahmen einer Metaanalyse zu Äquivalenzstudien fest, dass Tests, die unter einer Zeitbegrenzung durchgeführt werden (Speedtests), signifikant von der Art der Darbietung beeinflusst werden. Für Testverfahren zur nicht zeitbegrenzten Erfassung von Fähigkeiten (Powertests) konnten entsprechende Unterschiede nicht festgestellt werden. Bodmann und Robinson (2004) kamen außerdem auf der Basis mehrerer experimenteller Studien zu der Schlussfolgerung, dass Testmoduseffekte nicht zwingend dadurch zustande kommen, dass es sich um ein Computer- oder ein Papier-BleistiftFormat handelt, sondern diese sind eher von der »Flexibilität« des Tests abhängig. Unter Flexibilität ist hier beispielsweise zu verstehen, dass es auch bei einer computerbasierten Testform möglich ist, vor- und zurückzublättern sowie ein Item später oder auch erneut zu bearbeiten. Computer- und Papier-Bleistift-Tests sind somit dann vergleichbar, wenn bei der Bearbeitung beider Formen dieselben Bedingungen bezüglich der Items und der 6

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2

2.3 · Äquivalenzproblematik bei Online-Assessments

Testvorgabe gegeben sind. Nichtsdestotrotz ist es angesichts der berichteten Befunde dringend geboten, Anpassungen der Normwerte für computerbasierte, d. h. auch online-basierte kognitive Leistungstests vorzunehmen.

Hertel et al. (2003) berichten darüber hinaus für 12 Äquivalenzvergleiche bei offline-basierten, nicht-kognitiven Testverfahren – mit kleinen Ausnahmen – über keine entsprechenden Unterschiede in Bezug auf die verschiedenen Darbietungsmodi. Bei Persönlichkeits-, Motivations- und Interessentests kann somit Äquivalenz für zentrale testtheoretische Merkmale gezeigt werden. Insgesamt wiesen sowohl die computerbasierten kognitiven als auch nicht-kognitiven Verfahren – sofern untersucht – eine hohe Akzeptanz bei den Nutzern auf. > Kognitive Testverfahren sollten vor dem Einsatz hinsichtlich der Art der Erhebung und der Aktualiät der Normwerte geprüft werden.

Zur Wirkung online-basierter Testverfahren auf das Testverhalten wird nur von 1 Studie (Wilhelm, 1999) berichtet, die allerdings keinen signifikanten Einfluss auf die Antwortmuster der Probanden zeigt. In Bezug auf die Äquivalenz online-basierter nicht-kognitiver Verfahren wurden 10 Studien ausgewertet. Hierbei zeigten sich überwiegend gute Übereinstimmungen zwischen online-basierten Verfahren und Papier-Bleistift-Tests. Es wurden aber auch signifikante Unterschiede in Bezug auf die Einschätzung von Selbstvertrauen, sozialer Angst und sozialer Erwünschtheit sowie weiterer diagnostischer Daten ermittelt (z. B. Bogner, 1996 oder Joinson, 1999). In Bezug auf die Akzeptanzbewertungen zu online-basierten Tests ermittelten Hertel et al. (2003) durchgehend positive Werte in den Studien. Auch ein Selektionseffekt, d. h. die Befürchtung, dass durch den Einsatz von Online-Verfahren nur bestimmte Teilnehmergruppen erreicht werden, konnte nicht bestätigt werden. In Studien, in denen Teilnehmer im Internet und für eine Papier-Bleistift-Bedingung zufällig gesammelt wurden, fanden sich keine Unterschiede hinsichtlich zentraler demografischer Stichprobenmerkmale. Die Autoren resümieren allerdings, dass eine abschließende Bewertung des Forschungsstandes zur Äquivalenz von online-basierten Verfahren auf Grund der fragmentarischen Datenlage im Moment nicht möglich ist. > Online-Tests können bei allen Bewerbergruppen, mit denen auch sonst Tests durchgeführt werden, eingesetzt werden. Demografische Aspekte spielen keine Rolle bei der Art der Testdarbietung.

Abschließend ist zur Problematik der Äquivalenz anzumerken, dass diese selbstverständlich nur dann relevant ist, wenn ein Test dauerhaft in verschiedenen Modi verwendet werden soll oder bestehende

Akzeptanzbewertungen

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Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

Testnormen bzw. Validitätsbefunde, die auf einer Papier-BleistiftVersion beruhen, auf eine computer- bzw. online-basierte Version generalisiert werden sollen. Bei Neuentwicklungen von Tests ist der erstgenannte Fall mittlerweile eher die Ausnahme und für Verfahren, die von den spezifischen Möglichkeiten der Computer- bzw. OnlineMedien Gebrauch machen und daher nicht in ein gedrucktes Medium übertragbar sind, stellt sich die Äquivalenzfrage nicht.

2

2.4

Vorteile und Potenziale des onlinebasierten Assessments aus diagnostisch-methodischer Sicht

Die Vorteile der verschiedenen Formen des Online-Assessments sind in ▶ Kap. 1 schon erwähnt und erläutert worden. In den folgenden Ausführungen sollen diese Aspekte nochmals aufgegriffen und vertieft werden.

2.4.1

Verbesserung der Testgütekriterien

Potenziale zur Optimierung von Testgütekriterien

Kommen wir zunächst zu den Vorteilen und Potenzialen computerbzw. offline-basierter Testverfahren, die größtenteils auch für onlinebasierte Verfahren gelten: Zu den am häufigsten genannten Vorteilen computerbasierter Testverfahren gehören insbesondere Potenziale zur Verbesserung der Testgütekriterien (Jurecka & Hartig, 2007). So kann die Objektivität durch die Standardisierung der Testvorgabe, der Testinstruktion und der Auswertungsroutinen bzw. -algorithmen verbessert werden. Hierdurch werden insbesondere Situations- und Testleitereffekte verringert. Außerdem kann die Aufgabenvorgabe und -bearbeitung bei computerbasierten Tests besser kontrolliert werden. Hierdurch kann gewährleistet werden, dass ein Proband tatsächlich auch alle Items vorgegeben bekommt und beantwortet. Eine entsprechende Verringerung der Mess- und Auswertungsfehler kann schließlich auch zu einer Verbesserung der Testreliabilität führen (Ridgeway & McCusker, 2004). Darüber hinaus ermöglicht die Verwendung automatisierter Auswertungsprozesse während des Testens die Anwendung adaptiver Testverfahren (▶ Kap. 3). Durch die Möglichkeit, ein im Hinblick auf Schwierigkeit und diagnostische Information optimales Itemset für einen Probanden auszuwählen und bearbeiten zu lassen, verkürzt nicht nur die Bearbeitungszeit, ohne dass die Testreliabilität verringert wird, sondern kann auch zur Verbesserung der Testvalidität beitragen (vgl. Frey, 2006).

27

2

2.4 · Vorteile und Potenziale des online-basierten Assessments

2.4.2

Ökonomiepotenziale bei Online-Assessments

Computerbasierte Tests und somit auch Online-Assessments besitzen außerdem eine Reihe von ökonomischen Vorteilen gegenüber Papier-Bleistift-Verfahren (vgl. Jurecka & Hartig, 2007). Die Testvorgabe bzw. -durchführung erfolgt meist rationeller, was zu Zeitersparnissen sowohl für den Probanden als auch den Testleiter führt. Durch die automatische Testauswertung und möglicherweise auch automatisierte Rückmeldung werden ebenfalls Arbeitsaufwände und administrative Kosten des Testleiters reduziert. Die sofortige Verfügbarkeit der Testergebnisse bei einer automatisierten Auswertung ermöglicht es außerdem, dass auch der Proband nicht mehr auf die Ergebnisse zu warten braucht. Er kann das Ergebnis sowie weitere Interpretationen und Erläuterungen, sofern Sie automatisiert erstellt werden, sofort erhalten oder abrufen. Ein weiterer ökonomischer Vorteilsaspekt besteht darin, dass die Testdaten sofort in einem computerkompatiblen Format erzeugt und weiterverarbeitet werden. Hierdurch werden nicht nur bei der Dateneingabe und Testauswertung Fehlerquellen ausgeschlossen, sondern letztlich auch viel Arbeitsaufwand und -zeit gespart.

2.4.3

Potenziale zur Verwendung innovativer Testformate bei Online-Assessments

Besondere Potenziale computerbasierter Tests liegen insbesondere in der Verwendung neuer und innovativer Testmaterialien, die in dieser Form bei gedruckten Medien nicht möglich wären (vgl. Konradt & Hertel, 2004). Hierunter fällt der Einsatz von Audio- und Videomaterial oder Animationen wie beispielsweise bei den oben beschriebenen videobasierten Tests, Online-Assessment-Center oder PC-gestützten Simulationen komplexer betriebswirtschaftlicher Prozesse. Durch die Darbietung multimedialer und komplexerer Stimuli können die Testaufgaben realitätsnäher und dynamischer bezüglich ihrer Anforderungen gestaltet werden. Das ermöglicht es, die zu messenden Kompetenzen auch in höherem Maße handlungs- und situationsbezogen zu erfassen. Entsprechende dynamische und interaktive Programme werden z. B. in medizinischen Ausbildungsfeldern entwickelt und eingesetzt. Beispiel Der Test »Affective Virtual Patient« (Jung, Ahad & Weber, 2005) untersucht bei angehenden Medizinern, wie sie den Prozess der Neuaufnahme und Untersuchung eines unbekannten Patienten durch entsprechende Handlungen und Entscheidungen bewältigen. Je nach Entscheidungs- oder Handlungsalternative, die 6

Ökonomische Vorteile

Innovative Testmaterialien

Interaktive Programme

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2

Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

über Multiple-choice-Abfragen erfasst werden, ändert sich die folgende Situation bzw. passt sich an diese dynamisch an. Dabei werden die Patientenaktivitäten und diagnostischen Daten in authentischer Form mithilfe von Videosequenzen sowie bildlichen und grafischen Darstellungen wiedergegeben. Solche Testszenarien überprüfen somit nicht nur medizinisches Wissen, sondern testen facettenreiches Handeln in komplexen Situationen, die auch Anforderungen an die soziale Kompetenz stellen und Wissen um Routinen im Krankenhausalltag erfordern.

Entsprechende Simulationen berücksichtigen die Situationsgebundenheit von Kompetenzen und erhöhen somit auch die Testvalidität. Aktuelle Entwicklungen beschäftigen sich zudem mit der Gestaltung 3-dimensionaler »virtueller« Testumgebungen, in denen sich der Proband frei bewegen, Handlungen ausführen oder auch Gespräche mit simulierten oder echten Personen führen kann (Jude & Wirth, 2007). Diese Szenarien, die sehr realitätsnah und dynamisch gestaltet werden können, lassen sich in der Handhabung meist relativ schnell und intuitiv erlernen und können sowohl zur Diagnose individueller Kompetenzen als auch zur Aufzeichnung und Feinanalyse sozialer Interaktionen genutzt werden.

2.4.4

Flexibilitätspotenziale bei OnlineAssessments

Besondere Vorteile und Potenziale online-basierter Assessmentverfahren sind darüber hinaus in der hohen zeitlichen und räumlichen Flexibilität der Testanwendung zu sehen. Über das Internet sind Online-Assessments mehr oder weniger ständig, d. h. ohne zeitliche Einschränkungen und von fast überall auf der Welt zugänglich. Von Seiten des Probanden werden dazu lediglich ein Computer sowie ein für den jeweiligen Zweck ausreichender Internetzugang und -browser benötigt. Hierdurch kann ein »On-demand-Testing« ermöglicht werden; d. h. dass ein Proband eine Prüfung oder einen Test dann ablegen kann, wenn er sich dazu bereit fühlt bzw. ist und damit den für ihn geeignetsten bzw. optimalsten Zeitpunkt wählen (Jurecka & Hartig, 2007).

2.4.5

Funktion von Online-Assessments im Rahmen von Selbstselektionsund Vorauswahlschritten

Die oben beschriebene Rationalisierung der Testanwendung durch Computereinsatz und die hohe zeitliche und räumliche Verfügbarkeit

29

2

2.5 · Nachteile und Probleme des online-basierten Assessments

der Tests ermöglichen darüber hinaus, dass die Testanwender auch in die Lage versetzt werden, große Bewerberzahlen mit vertretbarem Aufwand zu bewältigen. Dies kann insbesondere durch die Bereitstellung hoch automatisierter Schritte der Testanwendung, -auswertung und -rückmeldung sowie entsprechender Zugriffskapazitäten der Server gewährleistet werden. Bedeutsam ist dies vor allem für große Organisationen oder Jobbörsen mit hohen Bewerberzahlen für ihre Stellen- bzw. Ausbildungsplatzangebote (z. B. auch Universitäten). Hierdurch können insbesondere bestimmte Schritte der Vorauswahl und Selbstselektion im Auswahlprozess rationell bearbeitet werden, um hohe Bewerberzahlen auf eine für die weiteren Auswahlschritte beherrschbare Zahl von geeigneten Bewerbern zu reduzieren. Ein bedeutsamer Baustein ist in diesen Zusammenhang beispielsweise auch die Möglichkeit, die mithilfe von Online-Assessments erhobenen Bewerberprofile mit den Anforderungsprofilen der Stellenangebote in einem automatisierten Prozess abzugleichen, um den Bewerbern eine direkte Rückmeldung zur Passung und Eignung sowie weitere Schritte der Bewerbung zu geben.

2.4.6

Modernitätsimage durch Nutzung von Online-Assessments

Nicht zuletzt vermittelt der Einsatz von Online Assessments im Kontext der Personalrekrutierung und -auswahl auch ein spezifisches Image einer zeitgemäßen und modernen Organisation gegenüber bestimmten Bewerberzielgruppen. Zur Gewinnung gut ausgebildeter akademischer Fachkräfte bzw. »Talente« ist dies mittlerweile ein bedeutsamer bzw. erfolgsentscheidender Aspekt im Rahmen der Rekrutierungsaktivitäten (Konradt & Hertel, 2004).

2.5

Nachteile und Probleme des online-basierten Assessments aus diagnostisch-methodischer Sicht

Der Einsatz online-basierter Assessment-Verfahren bringt je nach Ausgangssituation oder Rahmenbedingungen auch gewisse Probleme oder Nachteile mit sich. Anwender dieser Verfahren sollten sich solcher Risiken bewusst sein und wenn möglich Maßnahmen ergreifen, um die entsprechenden Risiken oder Nachteile zu begrenzen oder auszuschalten.

2.5.1

Große Bewerberzahlen

Manipulierbarkeit der Testsituation

Werden online-basierte Assessment-Verfahren ohne Anwesenheit von Testleitern durchgeführt – was der Regelfall ist –, dann ist die

Imagegewinn

30

Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

2 Restriktive Zugangsvorkehrungen

Testsituation nur bedingt kontrollierbar. Hierdurch kann insbesondere die Durchführungsobjektivität von Online-Assessments erheblich gefährdet bzw. eingeschränkt werden. So kann es z. B. zu mehrfachen Bearbeitungen eines Tests durch eine Person kommen. Hierdurch treten – insbesondere bei Leistungstests – Trainingseffekte auf, die die Testergebnisse verfälschen. Einerseits ist in diesem Fall zu überlegen, wie entsprechende multiple Eingaben durch restriktive Zugangsvorkehrungen (z. B. Authentifizierungsverfahren bzw. passwortgeschützter Zugang) verhindert werden können. > Erhält der Kandidat ein Einmalpasswort für den Testzugang, kann er den Test nur einmal aufrufen und muss ihn ohne Unterbrechung durchführen.

Übungseffekte

Manipulationsgefahr

Alternativ ist aber auch zu erwägen, wie interessierten Bewerbern vor der eigentlichen Testung Trainingsmöglichkeiten anhand ähnlicher Verfahren eingeräumt werden können. Hierdurch können auch Testverzerrungen durch eine unterschiedliche Vertrautheit der Zielpopulation mit dem Testmaterial reduziert werden. Neben Übungseffekten können online-basierte Assessments auch gezielt verfälscht werden, indem sich beispielsweise Bewerber von anderen bei der Testbearbeitung helfen lassen oder eine andere Person statt des Bewerbers den Test bearbeitet. Bisher gibt es kaum realistische Möglichkeiten einen solchen Missbrauch ohne persönliche Kontrolle durch einen Testleiter zu unterbinden (Hertel et al., 2003). Wie im Eingangsbeispiel geschildert, sind regionale Testzentren eine Alternative zu langwierigen Anreisen zu einem Unternehmen. Allerdings existieren solche regionalen Testzentren bisher nur als Pilotprojekte (Fontaine & Wild, 2001). Durch die erhöhte Zugänglichkeit des Testmaterials bei Online-Assessment-Verfahren wird außerdem befürchtet, dass Foren entstehen, in denen »richtige« oder Musterantworten ausgetauscht werden und damit die Tests »entschlüsselt« werden. Eine Vorsichtsmaßnahme gegen diese Art der Manipulation besteht in der zufälligen Anordnung und Auswahl von Testitems, die anhand einer Itemdatenbank generiert wird. Um die Auftretensrate von Manipulationen zu reduzieren, werden im angloamerikanischen Kontext auch sogenannte »Ehrenwortverträge« abgeschlossen, in denen der Bewerber versichert, keine unzulässigen Hilfsmittel oder andere Personen heranzuziehen. Ein Nachweis für die Effektivität solcher Verträge wurde bisher jedoch noch nicht erbracht (Konradt & Hertel, 2004).

2.5.2

Fairness und Gleichberechtigung

Probleme in Bezug auf Fairness und Gleichberechtigung

Ein zentraler Grundsatz psychologischer Personalauswahl beinhaltet, dass es zu keinen Benachteiligungen der Bewerber hinsichtlich Ge-

31

2

2.5 · Nachteile und Probleme des online-basierten Assessments

schlecht, Religion oder ökonomischem Hintergrund kommen darf (Westhoff et al., 2004). In diesem Zusammenhang gewährleisten online-basierte Assessments einerseits, dass eine entsprechende gleichberechtigte Behandlung von Bewerbern eingehalten wird, da auch Teilnehmer mit eingeschränkter Mobilität oder aus entfernten Regionen unproblematisch am Auswahlverfahren teilnehmen können, und die Beurteilung unabhängig von der äußeren Erscheinung erfolgt. Der Einsatz von Online-Assessments kann aber andererseits auch zu Ungleichheiten führen, wenn Personen der Zielgruppe nicht über eine geeignete EDV-Ausstattung oder nur geringe Internetkenntnisse verfügen. Selektive Zugangsmöglichkeiten und Medienpräferenzen wirken sich möglicherweise auch negativ für das suchende Unternehmen aus, da hierdurch gegebenenfalls die Bewerbergruppe deutlich eingeschränkt wird und dadurch eine suboptimale Besetzung der Stelle resultieren könnte. Außerdem gilt es im Zusammenhang mit der Verfahrensfairness zu prüfen, ob die Ergebnisse der verfahrensbezogenen Validierung und Normierung auf alle Bewerber generalisierbar sind und insbesondere Nutzer von Online-Assessments sich nicht systematisch von Bewerbern, die solche Zugänge nicht verwenden können, unterscheiden. Sind diesbezüglich Zweifel angebracht, sollten entsprechende Vergleichsstudien durchgeführt werden. Brenner (2002) gibt die Diskussion zu möglichen Verzerrungen durch den Einsatz von Online-Assessment-Tools ausführlich wieder.

2.5.3

Probleme der Globalisierung bei der Personalauswahl

Der potenziell weltweit mögliche Zugang zu Online-Assessments erlaubt eine internationale Suche nach Bewerbern mit nur geringem Mehraufwand. Eine entsprechende Globalisierung des Stellenmarktes bzw. der Bewerberrekrutierung wirft jedoch eine Reihe zusätzlicher Fragen in Bezug auf die Sprache des Auswahlinstruments, die Berücksichtigung nationaler Teststandards, Normen und Rechtsvorschriften sowie die Beachtung kultureller Unterschiede bei der Konstruktion des Testmaterials auf. Erste Erfahrungen in diesem Kontext legen nahe, dass die Auswahlverfahren möglichst in der Muttersprache der Bewerber bearbeitet und die Ergebnisse mit den jeweiligen nationalen Referenzgruppen verglichen und die Auswahlkriterien länderspezifisch angepasst werden sollten (vgl. Konradt & Hertel, 2004). Zu berücksichtigen ist darüber hinaus in diesem Zusammenhang, dass es länderspezifische Präferenzen in Bezug auf Personalauswahlverfahren gibt (so ist z. B. der Einsatz von Persönlichkeitstests in Deutschland deutlich weniger verbreitet als in anderen europäischen und angloamerikanischen Ländern).

Kulturelle Unterschiede

32

Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

2.5.4

2

Infos über den Auswahlprozess

Testmotivation und Akzeptanz gegenüber Online-Assessments

Die Motivation von Benutzern, an eignungsdiagnostischen Verfahren im Netz teilzunehmen, kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und damit auch einen differenziellen Einfluss auf das Testverhalten und die Verfahrensakzeptanz ausüben. Mögliche Gründe, an Online-Tests teilzunehmen, können sein, dass man Informationen über Testmodalitäten und -anforderungen sucht, die Person an einer Selbstbewertung der eigenen Leistungsvoraussetzungen interessiert ist oder tatsächlich eine neue Stelle gesucht wird. Die Testmotivation, d. h. die Verhaltenstendenz bei einem Test Einsatz zu zeigen und gut abzuschneiden, kann je nach motivationaler Ausgangslage und Intensität unterschiedlich ausfallen und mit divergierenden Präferenzen für unterschiedliche Verfahrenstypen verbunden sein. Personen mit hoher Testmotivation präferieren beispielsweise eher Persönlichkeitsund Leistungstests als biografische Fragebögen, während es bei Personen mit niedriger Testmotivation umgekehrt ist (Konradt & Hertel, 2004). Dies sollte bei der Auswahl entsprechender Online-Verfahren je nach Zielgruppe und Assessment-Absicht berücksichtigt werden. Die Akzeptanz von Online-Assessments (ähnlich wie bei herkömmlichen Auswahlverfahren) hängt darüber hinaus auch davon ab, wie ausführlich und transparent die Bewerber über die Stellenanforderungen sowie das Ziel und Prozedere des Auswahlverfahrens informiert werden. Um die Akzeptanz der Bewerber gegenüber OnlineAssessments zu steigern, sollten entsprechende Informationen im Vorfeld des Assessments auf den Webseiten gegeben und insbesondere »realistische vorausschauende Informationen« über die Stelle und das Unternehmen vermittelt werden. Dies führt schließlich auch zu einer sorgfältigeren und zuverlässigeren Abwägung der Bewerbungsabsicht und einer Selbstselektion der Bewerber. Abschließend ist zu erwähnen, dass auch die »wahrgenommene Fairness« als Teilaspekt der Akzeptanz gegenüber Auswahlverfahren durch in nachfolgender Übersicht dargestellte Aspekte positiv beeinflusst werden kann (vgl. Hough, Oswald & Ployhart, 2001).

Checkliste: Aspekte der Fairness 5 Hoher Anforderungsbezug des Verfahrens zum Stellenprofil 5 Möglichkeit, eigene Fähigkeiten und Kenntnisse im Verfahren einbringen zu können 5 Konsistenz der Testdurchführung 5 Informationen über den Auswahlprozess und Feedback über die erzielte Leistung sowie die Auswahlentscheidung 5 Respektvoller Umgang mit den Bewerbern von Seiten des Unternehmens

33

2

2.6 · Fazit und Gestaltungsanforderungen an online-basiertes Assessment

2.5.5

Nützlichkeit und Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Online-Assessments

Generell kann man davon ausgehen, dass online-basierte Assessments immer dann relativ kostengünstig realisiert werden können, wenn bereits computergestützte (Offline-)Versionen der in Frage kommenden Auswahlverfahren zur Verfügung stehen. Die Eigenentwicklung von online-basierten Assessment-Verfahren ist im Unterschied dazu aber meist sehr aufwands- und kostenintensiv. Solche Eigenentwicklungen lohnen sich meist erst dann, wenn hohe Bewerberzahlen zu bearbeiten oder mehrfache bzw. multiple Einsatzmöglichkeiten für das Instrument zu erwarten sind. Ein Vorteil von Eigenentwicklungen stellt insbesondere die Möglichkeit dar, solche Verfahren besser auf die Anforderungen des Unternehmens bzw. des Stellenprofils zuschneiden zu können. Bei geringen Bewerberzahlen kann man alternativ auch auf Angebote von Dienstleistungsanbietern in diesem Bereich zurückgreifen, die bereits fertige und in der Regel gut überprüfte Online-Auswahlverfahren zur Verfügung stellen, wobei sich die Preise zurzeit zwischen 25‒150€ pro Einzeltestung bewegen (Hertel et al., 2003). Den Kosten der Verfahren sind in diesem Zusammenhang nicht nur der direkte Gewinn durch qualitativ bessere Personalentscheidungen gegenüberzustellen, sondern auch die Auswirkungen, die durch den Einsatz von Online-Assessments bei der Rekrutierung qualifizierter Nachwuchskräfte im Kontext einer innovationsorientierten Firmenkultur erzielt werden.

2.6

Fazit und Gestaltungsanforderungen an online-basiertes Assessment

Insgesamt sollte deutlich geworden sein, dass online-basierte Assessments beträchtliche Potenziale besitzen, um die Wirtschaftlichkeit und Qualität von Personalauswahlprozessen und -verfahren zu verbessern. Ein adäquater und zuverlässiger Einsatz von Online-Assessments im Kontext der Personalauswahl erfordert es aber auch, dass angemessen mit den spezifischen Problemen und Grenzen dieser Verfahrensformen umgegangen wird. Hierzu besteht teilweise noch erheblicher Forschungsbedarf. Insgesamt ist es vor dem geschilderten Hintergrund auch wenig realistisch, in absehbarer Zukunft davon auszugehen, dass konventionelle Auswahlinstrumente und -formen vollständig durch online-basierte Verfahren ersetzt werden. Realistische Einsatzmöglichkeiten sind vielmehr in der sinnvollen und praktikablen Ergänzung konventioneller Verfahren beispielsweise bei der Vor- und Selbstselektion von Bewerbern zu sehen. Die vorangegangenen Darstellungen dürften angesichts der Vielschichtigkeit der angesprochenen Aspekte darüber hinaus verdeutlicht haben, dass die Gestaltung von Online-Assessments anspruchsvolle Aufgaben beinhaltet.

Unternehmensspezifische Testentwicklungen

34

Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

Gestaltungsaspekte

2

Gestaltungsaspekte von Online-Assessment nach Konradt und Hertel (2004) Kommunikation Bei jedem Online-Assessment sollten Informationen und Erläuterungen über Ziel und Vorgehen des Auswahlverfahrens sowie über den Datenschutz gegeben werden. Außerdem sollte in Bezug auf die jeweilige Zielgruppe des Verfahrens die Zugänglichkeit zum Online-Assessment geprüft werden sowie Anspracheformen und Instruktionen auf die Zielgruppe abgestimmt werden.

Gebrauchstauglichkeit Online-Assessment-Verfahren sollten – wie andere Software auch – ergonomische Kriterien für Benutzeroberflächen und Dialogführung erfüllen (Booth, 1998). Sie sollten somit einen klaren und übersichtlichen Aufbau besitzen, einfach und intuitiv bedienbar sein und sich bei Fehlbedienungen fehlertolerant verhalten bzw. Möglichkeiten zur Fehlerkorrektur aufweisen.

Informationsgehalt Bei der Gestaltung von Online-Assessments sollten Inhalte Priorität vor dem Design haben. Wichtige Informationen stellen im Rahmen der Assessments z. B. auch Erläuterungen zur Unternehmens- und Kommunikationskultur, zur Personalpolitik des Unternehmens, zu Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten sowie zu Arbeitsplätzen und zum Arbeitsumfeld dar (SteffensDuch, 2003).

Kontrollierbarkeit Um die Bedingungen der Testsituation expliziter zu kontrollieren und das Risiko von Verfälschungen zu mindern, sollten die Bewerber aufgefordert werden, offen und ehrlich zu antworten oder auch eine Versicherung zu wahrheitsgemäßen Antworten vor dem Testen eingeholt werden. Denkbar ist auch, dass bestimmte Umgebungsbedingungen wie z. B. Anzahl der anwesenden Personen, Ort und Zeit der Testung sowie Art der Störungen per Abfrage erfasst werden und als Moderatoren der Testleistung berücksichtigt werden.

Nicht zuletzt ist nochmals darauf hinzuweisen, dass in Bezug auf den Einsatz von Online-Assessments im Rahmen eignungsdiagnostischer Prozesse – speziell der Personalauswahl – noch erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht. Offene Fragen betreffen insbesondere den verstärkten Einsatz von interaktiven und multimedialen Testformaten, die Erfassung zusätzlicher Verhaltensparameter bzw. Testkennwerte, Möglichkeiten zur Individualisierung und Adaptivitätsgestaltung der Verfahren, die Optimierung des Dialogs zwi-

35

2

Literatur

schen Unternehmen und Bewerbern, Fragen der Prozessoptimierung im Bereich der Bewerberadministration sowie die Untersuchung des Einflusses von moderierenden Personen- und Situationsmerkmalen. In Bezug auf den letzten Punkt ist insbesondere die Entwicklung evidenzbasierter psychologischer Modelle zu personalen und situativen Bedingungen gefordert, die in der Lage sind, die Teilnahmemotivation und das Testverhalten in Situationen des online-basierten Assessments vorherzusagen. Dies ist insbesondere für nicht vollständig kontrollierte Testsituationen, in denen Betreuer fehlen und die daher eher der Regelfall für Online-Assessments sind, von Interesse.

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2

Kapitel 2 · Online-Tests aus diagnostisch-methodischer Sicht

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Ziele, Strategien, Praktiken und Erfahrungen. In U. Konradt & W. Sarges (Hrsg.), E-Recruitment und E-Assessment (S. 19–36). Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. Ridgeway, J. & McCusker, S. (2004). Literature review of e-assessment. Bristol, NESTA. Riedinger, M. & Rolfs, H. (1998). Computergestützte Postkorbaufgaben: Mailbox‚ 90, PC-Office und PC-Postkorb »Seeblick«. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 42, 43–50. Schuler, H. (2006). Lehrbuch Personalpsychologie. Göttingen: Hogrefe Steffens-Duch, S. (2003). Human Resources im Internet – das Beispiel der Deutschen Bank. In U. Konradt & W. Sarges (Hrsg.), E-Recruitment

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37

Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht Wolfgang Laier 3.1

Allgemeines – 38

3.2 3.2.1

Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht – 38 Vergleich von Papier-Bleistift-Verfahren und Online-Tests – 38

3.3

Technische Standards – 40

3.4

Datenschutz – 42

3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3

Technische Aspekte – 43 Technische Maßnahmen – 44 Gestaltungsvorgaben – 46 Benutzerführung – 46

3.6

Ergebnisdarstellung und Auswertung – 49

3.7

Betrieb der Online-Tests – 50

3.8

Datensicherung – 51

3.9

Schnittstellen – 52

3.10

Zusammenfassung und Ausblick – 52 Weiterführende Literatur/Quellen – 54

3

38

Kapitel 3 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

Allgemeines

3.1 Verbreitung des Internets

3

Die Nutzung des Internets hat sich in allen Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten rasant entwickelt. Lag die Verbreitung in der Altersgruppe von über 16 -Jährigen im Jahre 1999 in Europa gerade einmal bei 19%, so ist diese bis 2006 auf schätzungsweise 67% angestiegen. Bereits im Jahre 2010 wird die Verfügbarkeit des Internets in der westlichen Welt nach verschiedenen Schätzungen bei ca. 90% liegen. Betrachtet man diese Entwicklung, so gewinnt der Einsatz von Online-Tests mit zunehmender Verbreitung von Internetzugängen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer mehr an Bedeutung.

Zahlreiche Faktoren bewirken zukünftig eine starke Nachfrage nach Online-Assessment-Methoden: 5 5 5 5

3.2

Globalisierung Allgemeines Gleichstellungsgesetz Weite Verbreitung des Internets Einheitliche technische Standards

Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

Beim Einsatz von Online-Tests in Unternehmen muss berücksichtigt werden, dass zusätzliche Kompetenzen zur Umsetzung benötigt werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Papier-und Bleistift-Verfahren müssen mehrere Fachbereiche bei der Gestaltung und Umsetzung eines Online-Tests zusammenarbeiten. So müssen im Gegensatz zu herkömmlichen Papier-und-Bleistift-Verfahren auch technische Fragenstellungen bei der Einführung eines Online-Tests berücksichtigt werden. Abhängig von dem Einsatzgebiet werden unterschiedliche Anforderungen an die Technik gestellt.

3.2.1

Ergebnisse bewerten und verarbeiten

Vergleich von Papier-Bleistift-Verfahren und Online-Tests

Ein zentraler Punkt beim Einsatz von Online-Tests ist die Kostensenkung gegenüber herkömmlichen Assessment-Centern. Dabei darf allerdings nicht vernachlässigt werden, dass bei den beiden Verfahren unterschiedliche Methoden mit unterschiedlichen Ausprägungen und Zielsetzungen zum Einsatz kommen. Während bei einem Assessment-Center eine Bewertung und Weiterverarbeitung der Ergebnisse durch Personen stattfindet, können die

39

3

3.2 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

Ergebnisse eines Online-Tests elektronisch weiterverarbeitet werden. Dieser Aspekt ist besonders dann interessant, wenn Unternehmen ganzheitliche Lösungen für die Abwicklung von Bewerbungsprozessen einführen, dem sog. »E-Recruiting«, was heute durch den Einsatz von elektronischen Personalsystemen durchgeführt wird. Während beim herkömmlichen Bewerbungsprozess per Internet, vorwiegend demografische Daten erfasst werden, können durch Online-Assessment auch Soft Skills erfasst werden, welche einem Entscheider als Grundlage für die Vorauswahl geeigneter Bewerber dienen. Diese müssen jedoch in einer geeigneten Form verarbeitet und dargestellt werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Online-Assessment nicht die herkömmlichen Assessments ablösen kann und soll, sondern lediglich als eine Art Vorfilter angesehen werden darf. Der wesentliche Vorteil des Online-Assessments besteht jedoch darin, dass die ermittelten Daten für eine zumindest teilweise automatisierte Auswertung herangezogen werden können. Darüber hinaus können die Daten auf elektronischem Wege weiterverarbeitet werden. Dies ist besonders dann von Vorteil, wenn es sich um große Datenmengen handelt. Generell können zahlreiche Faktoren festgehalten werden, die einen Vorteil von Online-Tests gegenüber anderen Verfahren deutlich werden lassen.

Vorteile von Online-Tests 5 Hohe Erreichbarkeit bei der Zielgruppe. 5 Einfache Verteilung der Tests über das Internet: Online-Tests bieten die Möglichkeit, einen Test auch über große Distanzen durchzuführen. 5 Die Durchführung ist ort- und zeitunabhängig: Jede Testperson kann den Online-Test ausführen wann und wo es ihm am besten passt. 5 Einsparung von Kosten: Die Testpersonen müssen nicht anreisen und es können alle Personen gleichzeitig den Online-Test durchführen. 5 Automatisierung der Auswertung: Die Testergebnisse können mittels Auswertungstools automatisch ausgewertet und gegeneinander verglichen werden. Ausgehend davon, dass der Auswertealgorithmus korrekt programmiert wurde, treten bei der Online-Auswertung, im Gegensatz zur manuellen Auswertung von Testergebnissen, keine Fehler auf. 5 Automatische Übernahme der Ergebnisse in andere Systeme: Da alle aufgenommenen Daten typischerweise in Datenbanken erfasst und verwaltet werden, stehen diese zur weiteren Verarbeitung durch andere Systeme zur Verfügung. 6

Bewerbung im Internet

Online-Assessment als Vorfilter

40

Kapitel 3 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

5 Eine rasche und fehlerfreie Auswertung und Ausgabe der Testergebnisse. 5 Ein Maximum an Objektivität in der Testdurchführung. 5 Möglichkeit zur Vorgabe adaptiver Testverfahren. 5 Ein Einsatz von multimedialen Komponenten wird ermöglicht. 5 Mehrere Tests können automatisiert aufeinanderfolgend in Form einer Testbatterie dem Probanden vorgegeben werden. 5 Durch die Vernetzung mehrere Testplätze (lokal oder über das Internet) unter einer zentralen Auswertung wird die Diagnostik auch bei lokaler Trennung von Diagnostizierten und Diagnostikern ermöglicht. 5 Der Einsatz neuronaler Netzwerke bietet die Möglichkeit einer Klassifikation und Mustererkennung von Testergebnissen anhand eines Kriteriums.

3

Bei den vielen Vorteilen, die Online-Tests haben, sollte man die Nachteile nicht außer Acht lassen.

Nachteile von Online-Tests gegenüber Papier-Bleistift-Verfahren 5 5 5 5 5

3.3 Qualitätssicherung

Allgemeingültige Qualitätsstandards

Online-Tests brauchen viel Vorbereitungszeit Bei Online-Tests findet kein direkter Kontakt statt Verhalten der Testpersonen kann nicht beobachtet werden Es findet keine Kontrolle der Testperson statt Testpersonen können die Tests auch mit Hilfe von verschiedenen Materialien durchführen

Technische Standards

Zwar existieren bis heute verschiedene Empfehlungen zur Qualitätssicherung und Durchführung von internetbasierten Tests, allerdings gibt es noch keine übergreifenden einheitlichen technischen Standards zur Durchführung von Online-Tests und für den Austausch der gewonnen Daten. Grundsätzlich sollten für Online-Tests allgemeingültige Qualitätsstandards eingehalten werden, wie diese auch für andere Bereiche der psychologischen Diagnostik gelten. Eine der ersten konkreten Ansätze zur Standardisierung von psychologischen Testverfahren wurde durch die ITC − International Test

41

3

3.3 · Technische Standards

Commission (www.intestcom.org) ausgearbeitet. Die ITC, als inter-

nationale Vereinigung mit vielen nationalen psychologischen Vereinigungen und Fachgesellschaften, arbeitet gemeinsam an dem Ziel der Schaffung eines einheitlichen Qualitätsstandards auf dem Gebiet der psychologischen Diagnostik. Hierbei stehen die Schaffung von Qualitätsrichtlinien für psychologische Testverfahren sowie die Ausarbeitung von Richtlinien für computer- und internetgestützte Testverfahren im Vordergrund. Durch das ITC wurden bisher die »Internationale Richtlinien für die Testanwendung« (ITC, 2000; www.intest.com) herausgegeben, welche sich jedoch hauptsächlich auf die fachgerechte, angemessene und ethisch korrekte Durchführung von Tests bezieht und auf technische Aspekte nicht direkt eingeht. Zur Umsetzung von Online-Tests können jedoch die in der Richtlinie definierten Anforderungen als Grundlage herangezogen werden. Im Jahre 2005 wurden durch die ITC die »Internationale Richtlinien für computer- und internetgestützte Testverfahren« (ITC 2005) veröffentlicht, welche sich gleichzeitig an Entwickler, Betreiber und Benutzer von internetbasierten Online-Testverfahren richtet und konkretere Angaben zur Durchführung von computer- bzw. internetgestützten Testverfahren macht. Darüber hinaus wurden fachspezifische Richtlinien im Jahre 2003 durch die SIOP − Society for Industrial and Organizational Psychology (www.siop.org) ausgearbeitet und veröffentlicht. Diese beziehen sich jedoch ebenfalls nicht auf die technischen Aspekte, sondern konzentrieren sich ausschließlich auf die Personalauswahl und auf die in diesem Kontext relevanten Themen, wie z. B. Anforderungsorientierung sowie Selektions- und Entscheidungsstrategien. Auf nationaler Ebene wurde im Jahre 2002 durch das Deutsche Institut für Normung (www.din.de) die Norm DIN 33430 veröffentlicht, welche »Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen« formuliert. Die Norm DIN 33430 dient der Festlegung von Qualitätsstandards für diagnostische Verfahren und Instrumente und beschreibt darüber hinaus den gesamten Personalauswahlprozess, von der Planung der Eignungsbeurteilungen über die Durchführung von Auswahlverfahren bis hin zur Interpretation der Testergebnisse. Dabei geht es in der Norm DIN 33430 nicht nur darum, Qualitätsstandards für diagnostische Verfahren und Instrumente festzulegen, sondern um Anforderungen an die Qualifikation der an der Eignungsbeurteilung beteiligten Personen. Weitere konkrete Bemühungen zur technischen Standardisierung von onlinebasierten Testverfahren gibt es im auch Bereich des E-Learning, bei welchem vermehrt Online-Tests zum Einsatz kommen. Hierzu wurde durch das IMS Global Learning Consortium (www. imsglobal.org) unter anderem ein standardisiertes Datenformat mit der Bezeichnung IMS QTI − Question & Test Interoperability entwickelt, welches Test- und Quizinhalte wie Fragen, Antworten oder

Internationale Richtlinien für die Testanwendung

DIN 33430

42

Kapitel 3 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

3 Fachabteilungen einbinden

deren Ergebnisse einheitlich beschreibt und somit zwischen verschiedenen Anwendungen austauschbar macht. Allerdings eignet sich ein solcher Standard nur bedingt für den Einsatz von psychologischen Testverfahren, da es sich um eine andere Zielgruppe handelt und eine Entwicklung auf Basis dieses Standards ein hohes technisches Wissen voraussetzt und häufig in der Anwendung zu komplex ist. Auch wenn es sich bei den bestehenden Richtlinien und Normen vorrangig um eine Betrachtung der diagnostischen Prozesse handelt, sind die existierenden Richtlinien und Normen aus technischer Sicht insoweit von Bedeutung, dass die darin gestellten Anforderungen in technische Systeme umgesetzt werden müssen, um die Anforderungen aus diagnostischer Sicht zu erfüllen. Hierzu sollten entsprechende Fachabteilungen bereits frühzeitig eingebunden werden.

3.4 Missbrauch vorbeugen

Datenschutz

Der Datenschutz sollte eine zentrale Rolle bei der Durchführung von Online-Tests spielen. Da die gewonnenen Daten oftmals viele Aussagen über eine Person erlauben, muss gewährleistet sein, dass diese Daten keinem Missbrauch durch Dritte unterliegen. Grundsätzlich sollte der Grundsatz gelten, das jeder Mensch selbstständig darüber entscheiden kann, wem welche persönlichen Daten übergeben werden. Hierzu sollte einem Online-Test eine rechtliche verbindende Datenschutzerklärung beigefügt werden, welche die Testperson darüber informiert, in welchem Zusammenhang die Daten verwendet werden. Als Kunde bzw. Anwender sollte man darauf achten, welche Daten der Betreiber erfasst und wie diese Daten weiterverarbeitet werden. Es gelten die in der folgenden Übersicht dargestellten Datenschutzanforderungen. Checkliste: Datenschutzanforderungen 5 Datenvermeidung und Datensparsamkeit: Es sollten ausschließlich solche personenbezogene Daten erfasst werden, die für die jeweilige Anwendung benötigt werden. 5 Erforderlichkeit: Es sollten ausschließlich solche Daten erfasst werden, mit denen man den angestrebten Zweck erreichen kann. 5 Zweckbindung: Die erfassten Daten dürfen ausschließlich für den Zweck verwendet werden, welcher im Zusammenhang mit der Anwendung steht.

43

3

3.5 · Technische Aspekte

Technische Aspekte

3.5

Je nach Anwendung eines Online-Tests sind folgende technische Aspekte zu beachten und entsprechend in der technischen Realisierung zu berücksichtigen. Vor der Einführung eines E-Recruiting-Systems oder Online-Test-Systems im Unternehmen sollten die in der folgenden Übersicht genannten Fragenstellungen beantwortet werden.

Checkliste: Fragestellungen vor der Einführung eines Online-Test-Systems 5 5 5 5 5 5 5 5

Was sind die Ziele und was sind die Ergebnisse? Wie werden die Daten gesammelt? Welche Daten werden gesammelt? Wer verwendet die gesammelten Daten? Wie oft werden die gesammelten Daten verwendet? Welche Instrumente werden benötigt? Wer kontrolliert die Daten? Wie werden die Daten kontrolliert?

Hierbei ist zu beachten, welche Ziele durch den Einsatz der OnlineTests verfolgt werden. So können diese zur Ermittlung von Persönlichkeitsmerkmalen oder zur Durchführung einer Prüfung genutzt werden. Hierbei sind sicherlich unterschiedliche Maßstäbe an die technischen Anforderungen zu stellen. Ein häufiges Problem bei Online-Anwendungen ist die Selektion bzw. der Verlust von Daten aufgrund unterschiedlicher technischer Randbedingungen. Grundsätzlich sollten alle technischen Anforderungen an die Umgebung vor Start des Online-Tests selbstständig durch die Anwendung geprüft werden. Auch haben verschiedene Studien ergeben, dass bei der Implementierung von Online-Tests verschiedene demografische Einflussfaktoren beachtet werden sollen. So konnte z. B. festgestellt werden, dass in Abhängigkeit des Bildungsgrads bestimmte Browsertypen und Browserkonfigurationen genutzt werden. So wurde beispielsweise in Studien aufgezeigt, dass Testpersonen in Abhängigkeit vom Bildungsgrad Umsetzungen mit oder ohne JavaScript bevorzugen oder PCund Mac-Nutzer sich in bestimmten Persönlichkeitseigenschaften (z. B. Offenheit) voneinander unterscheiden. Aus teilweise falsch verstandenem Sicherheitsbedürfnis werden diese beiden Funktionen − die standardmäßig in allen Browsern aktiviert sind − von unerfahrenen Benutzern deaktiviert. Zwar wird durch eine Abfrage und eine danach folgende Anleitung am Beginn des Tests versucht, bei abgeschaltetem Javascript diese Ausfallquote zu reduzieren, doch überlesen einige diese Warnungen, was dazu führt, dass

Zielsetzungen/Ziele von Online-Tests

Demografische Einflussfaktoren beachten

Technische Randbedingungen

44

Kapitel 3 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

. Tabelle 3.1. Fokus der 3 Interessengruppen

3

Einheitliche Testbedingungen wichtig

Anwender

Personaler

Betreiber/IT-Abteilung

Einfache und intuitive Bedienung

Valide Ergebnisse; einfache Weiterverarbeitung

Stabile Funktion; einheitliche IT-Umgebung

z. B. beim Ergebnisabruf keine Rückmeldung erfolgt bzw. in manchen Fällen nur ein unvollständiger Datensatz übertragen wird. Das Abschalten von Session-Cookies führt zwar nur zu einem Verlust der automatischen Datenweitergabe an die Ergebnis- bzw. Vergleichsseiten der Testverfahren, was durch einen Hinweis, sich bei der Ergebnisausgabe die Daten zu notieren, versucht wird abzufangen, jedoch geht hier ein wesentlicher Aspekt der Interaktivität und damit der Vorteile von Online-Tests verloren. Ein weiterer Aspekt, der beim Einsatz von Online-Tests zu beachten ist, gilt der Restriktion von Zugriffen auf Internetseiten in Firmennetzwerken. Vor der Freigabe eines Online-Tests sollte ein umfangreiches Testprogramm durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass Anwender, die verschiedene Computer, Browser oder Konfigurationen verwenden, dieselben Testbedingungen vorfinden. Die nachfolgende . Tab. 3.1 stellt kurz den Fokus der verschiedenen Interessengruppen zusammen.

3.5.1 Unterstützung aller Computertypen

Technische Maßnahmen

Die Umsetzung von Online-Tests ist so zu gestalten, dass keine Anforderungen gestellt werden, die handelsübliche Computer nicht erfüllen können; z. B. die Ladezeiten oder die grafische Aufbereitung betreffend. Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis darauf, dass bei der Testentwicklung bedacht werden muss, dass Nutzer der Webseite an Computern mit unterschiedlichen Verbindungsgeschwindigkeiten (z. B. Modem, Breitband, usw.) arbeiten. Deswegen ist zu fordern, dass die Webseite so zu gestalten ist, dass sie auch mit einer langsamen Internetverbindung noch gut zu bearbeiten ist (z. B. was die Ladezeiten für den Seitenaufbau betrifft). Gemäss ITC-Richtlinien ist weiter darauf zu achten, dass die Testperson in der Internetversion die gleiche Kontrolle über den Test ausüben kann wie in der Papier-Bleistift-Version (z. B. »Zurückblättern«, Auslassen von Fragen) und, dass Übereinstimmung hinsichtlich der Vorgabebedingungen und des Antwortformats bestehen soll.

45 3.5 · Technische Aspekte

Checkliste: Datensicherheit 1. Es müssen Maßnahmen getroffen werden, dass im Fall eines Systemabsturzes oder z. B. Stromausfalls keine Daten verloren gehen bzw. der Anwender nach Wiederaufnahme des Tests alle bisher eingegebenen Daten wieder erhält. 2. Die zu übermittelnden Daten sollten über ein sicheres Protokoll übertragen werden (z. B. https). Durch die Übertragung über ein sicheres Protokoll werden alle Daten, im Besonderen personenbezogene Daten wie Passwörter, verschlüsselt übertragen, d. h. diese können nicht »ausspioniert« werden. 3. Bei der Nutzung von drahtlosen Verbindungen sind entsprechende Sicherheitsmaßnahmen zu gewährleisten wie Verschlüsselung des drahtlosen Netzwerks. 4. Es sollten ausreichend Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, um die gespeicherten Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Dies gilt gleichzeitig für interne und externe Speichermedien sowie für Backup-Medien. 5. Verwendung einer Firewall zur Überwachung des Datenverkehrs in einem Netzwerk und Schutz vor unberechtigten Zugriffen. 6. Daten, die nicht länger verwendet werden, sollten vernichtet werden, solange dies nicht irgendwelchen anderen Regeln widerspricht. 7. In E-Mails sollten keine vertraulichen Daten versendet werden. 8. Während der Durchführung eines Assessments sollte verhindert werden, dass andere Personen mitlesen können. 9. Der Einsatz von Technologien, die bestimmte Systemvoraussetzungen erfordern, sollte vermieden werden, um eine möglichst breite Nutzerzahl zu erreichen. Der Zugang zu den Tests muss mit einfachen Mitteln erfolgen. 10. Als Ausgabeformat sollte ein konventionelles Format, wie z. B. HTML, eingesetzt werden und auf multimediale Elemente verzichtet werden. 11. Die Befragung sollte auf möglichst allen Systemen (PC, Apple und andere) und allen vorhandenen Browsern getestet werden. 12. Ladezeiten müssen gering sein, sodass die Tests auch mit langsamen Internetverbindungen ausführbar sind. 13. Die Testbearbeitungsdauer sollte unabhängig von der zur Verfügung stehenden Bandbreite des Netzwerks oder der Internetverbindung immer gleich sein. 14. Verschlüsselung der Tests bzw. Testdateien, wenn diese Online versendet werden.

3

46

Kapitel 3 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

3.5.2

Gestaltungsvorgaben

Neben den rein technischen Anforderungen sollten auch verschiedene Anforderungen an die Gestaltung eines Online-Tests berücksichtigt werden.

3

Checkliste: Gestaltung eines Online-Tests 1. Auf die Verwendung von zu vielen Farben soll verzichtet werden, damit die Lesbarkeit und Navigation nicht beeinträchtigt wird. 2. Aufbau einer motivierenden Startseite, welche alle wesentlichen Informationen auf einen Blick darstellt. 3. Verwendung eines einfachen Formats, welches einem Papier-Test ähnlich ist. 4. Die Befragung sollten möglichst einfach aufgebaut sein, damit diese für jede Alterszielgruppe geeignet ist. 5. Eine Frage sollte, wenn möglich, die Größe einer Standardbildschirmseite nicht überschreiten. Scrollbalken sollen, soweit möglich, vermieden werden. 6. Informationen, wie z. B. der Testname, Nummer der Frage und Eingaben, sollten immer an der gleichen Stelle positioniert sein. 7. Es sollen nur relevante Informationen auf dem Bildschirm angezeigt werden. 8. Eine Hilfefunktion bzw. Testinstruktionen sollen immer auf einfache Weise aufrufbar sein.

3.5.3 Interaktionen zwischen Mensch und Maschine

Benutzerführung

Grundsätzlich gelten für Online-Tests die gleichen Kriterien wie für andere Online-Systeme wie Webseiten. Hierzu sollte man sich an den 7 Grundsätzen orientieren, welche die Interaktion zwischen Mensch und Computer beschreiben. Diese sind in der Norm DIN EN ISO 9241, Teil 110 (Grundsätze der Dialoggestaltung) festgelegt. Wie bei den 3 Kriterien effektiv, effizient und zufriedenstellend für gebrauchstaugliche Webseiten, gilt auch bei den 7 Grundsätzen der Dialoggestaltung, dass nicht alle 7 auf einmal erfüllt sein müssen. Je nachdem, welche Aufgaben Besucher auf einer Webseite erledigen sollen, kann hier eine Gewichtung der einzelnen Regeln vorgenommen werden. Grundsätzlich sollten jedoch bei der Entwicklung von Online-Testsystemen die Anforderungen bzgl. Aufgabenangemessenheit, Steuerbarkeit, Erwartungskonformität und Fehlertoleranz genauer analysiert werden.

47

3

3.5 · Technische Aspekte

Unter der Lupe Aufgabenangemessenheit Ein Online-Auftritt gilt als aufgabenangemessen, wenn der Besucher effektiv und effizient zum Ziel gelangt. Dies kann dadurch erreicht werden, indem man beispielsweise in Formularen bei falscher Eingabe durch den Benutzer, die Fehler farblich kennzeichnet und das Formular im Vordergrund auf dem Bildschirm darstellt. Selbstbeschreibend Ein Online-Auftritt ist selbstbeschreibend, wenn alle durchzuführenden Schritte dem Benutzer verständlich dargestellt werden. Dies erfordert, dass alle Elemente der Benutzerführung intuitiv und selbsterklärend bedienbar sein sollen. Der Benutzer sollte stets erkennen, wo er sich gerade befindet und wie er dort hingekommen ist. Hierzu müssen insbesondere alle Navigationselemente aussagekräftig und eindeutig als solche erkennbar sein. Steuerbarkeit Ein Online-Auftritt gilt als steuerbar, wenn der Benutzer den Ablauf stets verfolgen kann. Hierzu muss der Benutzer immer die Kontrolle über den Ablauf haben und nicht das System. In jedem Ablauf sollte der Benutzer vorwärts und rückwärts springen können um Korrekturen durchzuführen. Erwartungskonformität Eine Webseite ist erwartungskonform, wenn sie in sich konsistent ist und sich an allgemeine Konventionen hält. Eine Webseite sollte sich stets so verhalten, wie es der Besucher erwartet, also wie es seinen Gewohnheiten entspricht. Allgemeine Gewohnheiten können beispielsweise das Drücken der Tabulator-Taste sein, um ins nächste Eingabefeld eines Formulars zu springen. Eine Webseite sollte sich zusätzlich bei ähnlichen Vorgängen auch ähnlich verhalten, also in sich selbst konsistent sein. Das erreicht man, indem man etwa Informationen wie einen Hilfetext oder Rückmeldungen stets an der gleichen Stelle platziert. Vor allem sollte darauf geachtet werden, dass das Interaktionsverhalten innerhalb der Webseite einheitlich ist. Fehlertoleranz Eine Webseite ist fehlertolerant, wenn der Benutzer sein Ziel trotz fehlerhafter Eingaben erreichen kann. Fehler sollten von einer Webseite vermieden oder behoben werden, indem fehlerhafte Formulareingaben angezeigt und eventuell Korrekturvorschläge gegeben werden. Vor allem Aktionen, die sich nicht rückgängig machen lassen, dürfen erst nach Bestätigung durch den Benutzer durchgeführt werden. Fehlermeldungen sollten in einer für den Besucher verständlichen Sprache formuliert sein und Hilfestellung zur Problemlösung geben, statt nur einen Fehlerhinweis zu beinhalten. 6

Grundsätze der Dialoggestaltung

48

Kapitel 3 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

Individualisierbarkeit Eine Webseite ist individualisierbar, wenn sie vom Besucher an dessen Fähigkeiten und Vorlieben angepasst werden kann. Individualisierbare Webseiten sollen Benutzer beim alltäglichen Umgang unterstützen, meist setzen sie einen Benutzerzugang oder wenigstens Cookies voraus. So können zum Beispiel auf Portalseiten Nachrichten oder Informationen ein- oder ausgeblendet werden und auch bei einem späteren Besuch sind diese Einstellungen noch vorhanden.

3

Lernförderlichkeit Eine Webseite ist lernförderlich, wenn der Besucher bei Bedarf unterstützt und angeleitet wird. Im Gegensatz zur Selbstbeschreibungsfähigkeit wird bei der Lernförderlichkeit das Langzeitgedächtnis angesprochen. Schrittweise Anleitungen oder eine geführte Tour machen beispielsweise bei einer komplexen Webseite Anfänger mit den Funktionen vertraut. In einem Forum kann durch eine Vorschaufunktion von Forumsbeiträgen die Lernstrategie »Learning by Doing« realisiert werden, da Benutzer vorab das Aussehen ihres Eintrags überprüfen und ggf. korrigieren können.

Usability-Kriterien

Auf Basis der vorgenannten Regeln können zusammenfassend folgende Usability-Kriterien aufgestellt werden. Checkliste: Kriterien der Bedienbarkeit eines Online-Tests 1. Zu Beginn eines Tests sollten klare Instruktionen gegeben werden, damit dem Benutzer verständlich gemacht wird, wie dieser in dem Test navigieren kann und wie die Antworten einzugeben sind. Die Funktionen des Fragebogens sollten detailliert erklärt werden. 2. Vor Beginn eines Tests sollten die technischen Anforderungen an die Systemumgebung angezeigt und geprüft werden, wie z. B. empfohlene Browser. 3. Dem Anwender sollte deutlich dargestellt werden, dass dessen Daten hinreichend geschützt sind. So sollten folgende Hinweise zum Datenschutz gegeben werden, wie Angaben über den technischen Betreiber des Systems, z. B. wenn extern betrieben wird, oder eine Erklärung der getroffenen Sicherheitsvorkehrungen, z. B. wenn SSL verwendet wird, dann auch erklären, was das ist. 4. Die Startseite sollte motivierend gestaltet sein. Die Informationen sollen leicht verständlich und deutlich formuliert sein. 5. Eine Kontaktseite einbauen, welche den Namen und evtl. Telefon oder E-Mail-Adresse einer natürlichen Kontaktperson enthält. 6

49

3

3.6 · Ergebnisdarstellung und Auswertung

6. Der Benutzer sollte Information zum Fortschritt der Befragung erhalten, z. B. in Form einer Prozentanzeige, Fortschrittsbalken oder sonstige Anzeige des Fortschritts, wie z. B. Seite X von Y bzw. Frage X von Y. 7. Wenn ein Test zeitüberwacht ist, dann sollte der Befragte jederzeit sehen, wie viel Zeit bereits verstrichen ist und wie viel Zeit ihm noch zur Verfügung steht. 8. Die Ausgabe sollte ohne Scrollbalken funktionieren. Besonders horizontale Scrollbalken sind bei dem Aufruf von Online-Angeboten sehr störend. 9. Während der Ausführung sollte nicht für jede Frage die Angabe einer Antwort als Pflicht eingefordert werden, bevor die Testperson weiterklicken kann. 10. Auf den Einsatz von Antwortformaten, die auch bei PapierBleistift-Fragebögen Schwierigkeiten machen, sollte, wenn möglich, verzichtet werden. So sollten keine freien Antwortformate oder Drop-Down-Boxen eingesetzt werden, da es sich in Versuchen gezeigt hat, dass diese in der Verwendung nicht den Erwartungen der Anwender entsprechen. 11. Bei länger andauernden Befragungen sollte diese in verschiedene Teilblöcke bzw. einzelne Abschnitte unterteilt werden. 12. Je nach Art des Online-Tests, sollte eine Übersicht vorhanden sein, mittels welcher die Testperson angezeigt bekommt, welche Fragen bzw. Teile noch bearbeitet werden müssen. 13. Hinweise und Fehlermeldungen sollten klar und verständlich formuliert sein. Hierzu sollten Idealerweise immer Handlungsempfehlungen ausgegeben werden, um eine evtl. Fehlerquelle zu eliminieren.

3.6

Ergebnisdarstellung und Auswertung

Bei Papier-und-Bleistift-Tests, die in der Regel manuell ausgewertet werden, können aufgrund verschiedener Faktoren wie mangelnde Konzentration, mehrdeutige Antworten durch die Testpersonen, abgenutzte Schablonen oder andere Einflüssen verschiedene Fehlerquellen auftreten. Bei einer automatisierten Auswertung ist höchstmögliche Objektivität und Präzision der Auswertung gegeben. Vorausgesetzt, dass alle Auswertealgorithmen richtig programmiert sind, tritt bei einer maschinellen Auswertung praktisch kein Fehler auf. Alle Ergebnisse werden exakt nach dem gleichen Vorgehen ausgewertet. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass bei der automatisierten Darstellung und Auswertung von Testergebnissen

Objektivität und Präzision der Auswertung

50

3

Kapitel 3 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

Vergleich zu Referenzgruppen

eine grafische Ergebnisdarstellung die Verständlichkeit der Ergebnisse erhöht. Die einzelnen Ergebnisse sollten, wenn notwendig, mit entsprechenden Texten und notwendigen Hintergrundinformationen erläutert werden. Wenn Normierungen eingesetzt werden, sollten diese verständlich erklärt werden. Je nach Anforderung ist es sinnvoll, die einzelnen Ergebnisse im Vergleich zu Referenzgruppen darzustellen. Hierdurch besteht die Möglichkeit, auf einfache Weise eine qualifizierte Aussage über die Testergebnisse eines Probanden zu machen. Damit ein System bestmögliche Flexibilität in der Auswertung von Testdaten bietet, sollte ein System die Möglichkeit geben, verschiedene Auswertealgorithmen auf Basis der gewonnen Daten zu implementieren. Ist dies gewünscht bzw. notwendig, sollten entsprechende technische Schnittstellen gestaltet werden. Hierdurch ist sichergestellt, dass die gewonnen Daten je nach Bedarf in verschiedenen Zusammenhängen ausgewertet werden können.

3.7

Externer Provider

Failover-Konzept

Betrieb der Online-Tests

Neben einer rein wirtschaftlichen und technischen Betrachtung sollten beim Betrieb der Online-Tests auch Argumente der Vertraulichkeit berücksichtigt werden. So beeinflussen Anforderungen aus Sicht des Datenschutzes oder der Datensicherung den Betrieb von Online-Tests. Je nach Anwendung des Online-Tests bestehen persönliche Hemmnisse der Testpersonen gegenüber der Datensicherheit und der Verwendung der erfassten Daten. Hier ist es möglicherweise für Unternehmen ratsam, einen Online-Test bei einem externen Provider zu betreiben (dies kann auch eine Fachabteilung innerhalb eines Unternehmens sein). Durch Auslagerung des Online-Tests zu einem externen Dienstleister, können verschiedene datenschutzrechtliche Anforderungen anders gestaltet werden. Auch bieten externe Provider bereits Verfahren zur Datensicherung von onlinebasierten Systemen an. Grundsätzlich kann ein Online-Test in verschiedenen Umgebungen betrieben werden: 5 Internet: Das Internet ist ein öffentlich zugängliches Netzwerk und stellt Informationen dar, die für alle zugänglich sind. 5 Intranet: Ein Intranet ist ein internes Netzwerk und ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. 5 Extranet: Ein Extranet dient der Bereitstellung von Informationen, die zum Beispiel im Unternehmen oder für Kunden bzw. Partnern zugänglich gemacht werden, nicht aber der Öffentlichkeit. Je nach Bedarf sollte für den Betrieb eines Online-Tests auch über ein geeignetes sog. Failover-Konzept nachgedacht werden, d. h. was

51

3

3.8 · Datensicherung

geschieht im Fall eines Systemausfalls. Welche Maßnahmen müssen dann eingeleitet werden. Evtl. ist es sinnvoll ein Standby-System bereitzuhalten, welches im Fehlerfall den Betrieb übernehmen kann. Grundsätzlich sollte das Unternehmen einen Wartungsvertrag bzw. ein Service-Level-Agreement (SLA) mit dem Test-Anbieter abschließen, welcher die vorgenannten Fälle betrachtet und entsprechende Maßnahmen beschreibt.

Datensicherung

3.8

Die Datensicherung sollte in der Form erfolgen, dass alle erfassten Daten im Falle eines Datenverlustes vollständig wiederhergestellt werden können. Eine geeignete Datensicherungsstrategie sollte immer ein WorstCase-Szenario betrachten und darauf ausgerichtet sein, genau in diesem Falle alle notwendigen Daten wiederherzustellen. Hierzu sind geeignete Notfallstrategien zu definieren, insbesondere müssen Zeitintervalle definiert werden, innerhalb welcher eine Datensicherung eingespielt werden kann. Ebenso sollten Checklisten vorhanden sein, um im Ernstfall entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Je nach Anwendung sollte gemeinsam zwischen den beteiligten Personenkreisen ein geeignetes Datensicherungskonzept gewählt werden, welches den folgenden Kriterien gerecht wird.

Checkliste: Anforderungen an eine Datensicherung 5 Automatisch Eine Datensicherung sollte automatisch erfolgen, ohne dass ein Benutzer hierzu eingreifen muss.

5 Regelmäßig D. h. alle Daten müssen in regelmäßigen Abständen gesichert werden, sodass bis zum Zeitpunkt der letzen Datensicherung alle Daten wieder korrekt hergestellt werden können.

5 Aktuell Die Aktualität der Datensicherung ist abhängig von der Anzahl der Datenänderungen. Je öfter wichtige Daten verändert werden, desto häufiger sollten diese gesichert werden.

5 Wiederherstellbar Das Rückspielen einer Datensicherung muss jederzeit innerhalb eines festgelegten Zeitraums möglich sein. Dies sollte regelmäßig überprüft werden.

5 Vollständig Datensicherungen sollten regelmäßig überprüft werden um sicherzustellen, dass diese vollständig sind. Es sollte geprüft werden ob die Datensicherung ohne Fehler erfolgt.

5 6

Worst-Case-Szenario

52

Kapitel 3 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

5 Sicher verwahrt Datensicherungen sollten sicher verwahrt werden und vor Zugriff durch unbefugte Personen geschützt werden. Je nach Wichtigkeit der Daten sollte die Verwahrung räumlich getrennt von dem Produktivsystem aufbewahrt werden.

3

3.9 Schnittstellenmanagement

Weiterverarbeitung von Daten

Schnittstellen

In Bezug auf die Schnittstellen eines Online-Testsystems sollte zunächst der langfristige Einsatz eines solchen Systems betrachtet werden. Wenn ein System lediglich für eine abgegrenzte Anwendung eingesetzt wird, so sind Anforderungen an Schnittstellen bei der Entwicklung bzw. Auswahl von Online-Testsystemen sicherlich nicht von so großer Bedeutung, als wenn ein solches System in einen Prozess integriert wird. Hier ist häufig eine Weiterverarbeitung der erfassten Daten und Ergebnisse in anderen Systemen notwendig, sodass das System über die geeignete Schnittstellen verfügen muss, z. B. zur Übernahme von Daten in Bewerbermanagementsysteme oder zur weiteren Verarbeitung durch externe Statistik oder ERP-Systeme (. Abb. 3.1). Bei einer abgeschlossenen Anwendung ist es meistens ausreichend, die erfassten Daten per Exportfunktion in ein allgemeines Format zu überführen, damit diese dann in einem externen Programm ausgewertet werden können. Ist jedoch die Integration eines Testsystems in einen Prozess vorgesehen, so müssen hier genaue Schnittstellendefinitionen erfolgen, die von Fall zu Fall zu analysieren sind. Grundsätzlich sollte jedoch hierbei darauf geachtet werden, dass allgemeine Standards zum Einsatz kommen. In Bezug auf die Schnittstellen sollte besonders das Einsatzgebiet dieser analysiert werden, sodass diese entsprechend den Anforderungen implementiert werden.

3.10

Zusammenfassung und Ausblick

Im Unterschied zum herkömmlichen Assessment-Center steht beim Online-Assessment nicht die Beobachtung durch Assessoren im Mittelpunkt der Beurteilung (weshalb ein Assessment-Center auch immer ein physisches Zusammenkommen von Prüfer und Kandidat voraussetzt). Vielmehr versteht man unter Online-Assessment ein internetgestütztes Instrument zur Beurteilung und Vorhersage beruflich relevanter biografischer und psychologischer Variablen zur Abschätzung der Eignung. Sowohl die Durchführung als auch die Rückmeldungen verlaufen dabei komplett online.

53

3

3.10 · Zusammenfassung und Ausblick

BewerberZugang

Personalmanager

HR-Portal (Hard Facts, Soft Skills etc.)

ERPSystem (z.B. SAP)

Import/ Export (CSV, XML...)

Datenbank

Sonstige Schnittstellen

. Abb. 3.1. Architektur eines E-Assessment-Systems

Auch wenn Online-Assessments schnell und kostengünstig sind und viele Kandidaten erreichen können, ergeben sich 2 Hauptprobleme bei der Durchführung dieser Tests: 1. Das Problem der Identifizierung und 2. das Problem der Bedingungskontrolle. Man wird in absehbarer Zeit nicht kontrollieren können, dass der Proband auch wirklich derjenige ist, der den Test bearbeitet hat. Zum anderen muss man sicherstellen, dass alle Probanden den Test unter gleichen Bedingungen absolvieren können. Aus diesen Gründern werden Online-Assessments meist nur als 1. Stufe einer sequenziellen Bewerberauswahl eingesetzt, welche einem Assessment-Center und dem persönlichen Gespräch vorgeschaltet werden. In der Personalarbeit ist der Einsatz von Online-Tests insbesondere unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung mit sinkenden Geburtenraten und der Internationalisierung der Personalsuche nach geeigneten Potenzialträgern sinnvoll, zumal die Not, eine Stelle zu finden, im Bewerberpool mitunter gewaltige Kreativitätspotenziale freisetzt. Hier bieten sich viele Vorteile gegenüber herkömmlichen Assessment-Centern, jedoch muss stets eine sinnvolle Kombination der Möglichkeiten gewählt werden. Grundsätzlich gilt hier im Besonderen, dass ein Online-Testsystem immer von der Anwendung her betrachtet werden muss und nicht von der Technik. Berücksichtigt man diese Faktoren, so können Online-Tests ein geeignetes Mittel in der Personalarbeit sein.

Demografische Entwicklung

54

Kapitel 3 · Einsatz von Online-Tests aus technischer Sicht

Weiterführende Literatur/Quellen

3

DIN Deutsches Institut für Normung (www.din.de) 5 DIN 33430 (2002). Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen 5 DIN EN ISO 9241: Ergonomie der Mensch-System-Interaktion 5 DIN EN ISO 9241-110 (2006). Grundsätze der Dialoggestaltung (DIN Normen können bei dem Beuth Verlag [www.beuth.de] gekauft werden) ITC International Test Commission (www.intestcom.org)

5 ITC (2000). International Guidelines on Computer-Based and Internet Delivered Testing 5 ITC (2000). Internationale Richtlinien für die Testanwendung (http://www.intestcom.org/guidelines) IMS Global Learning Consortium (www.imsproject.org) 5 IMS-QTI (2006). IMS Question and Test Interoperability (http://www.imsglobal.org/ question/index.html) International Congress of Assessment Center Methods (www.assessmentcenters.org)

5

Guidelines and Ethical Considerations for Assessment Center Operations, International Task Force on Assessment Center Guidelines (http://www.assessmentcenters. org/pdf/00guidelines.pdf) SIOP Society for Industrial and Organizational Psychology (www.siop. org) 5 Principles for the validation and use of personnel selection Procedures (http://siop.org/_principles/ principles.pdf)

II

Einsatzbereich Personalmarketing Kapitel 4

Einführung: Online-Tests im Personalmarketing – 57 Heinke Steiner

Kapitel 5

Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter – 65 Christine Kirbach, Heinrich Wottawa

Kapitel 6

Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich – 83 Heinke Steiner

Einführung: Online-Tests im Personalmarketing Heinke Steiner 4.1

Rekrutierung von High Potentials – 58

4.1.1 4.1.2 4.1.3

Karriereseiten im Internet – 58 Employer Branding – Unternehmen als Marke – 59 Bewerbersicht – Mehrwert anbieten – 60

4.2

Online-Self-Assessment – 62 Zitierte und weiterführende Literatur – 63

58

Kapitel 4 · Einführung: Online-Tests im Personalmarketing

4.1

4 Human Capital

Rekrutierung von High Potentials

»Die Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital eines Unternehmens«. Diesen Satz liest und hört man immer wieder, wenn es um hoch qualifizierte Menschen geht. Vor allem vor dem Hintergrund einer Verknappung der Ressource »hoch qualifizierter Mitarbeiter« durch die gestiegene Nachfrage und den demografischen Wandel, erhält der gut ausgebildete Mitarbeiter im Unternehmen einen höheren Stellenwert. Auf der einen Seite bemüht sich das Unternehmen verstärkt um die vorhandenen Mitarbeiter, indem die Personalentwicklung eine neue Bedeutung erhält. Auf der anderen Seite investieren Unternehmen in die Gewinnung neuer Mitarbeiter. Betrachtet man den Bereich der Fachkräfte, insbesondere Ingenieure und Naturwissenschaftler, wird der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern sehr deutlich. Es ist also nicht verwunderlich, dass gerade im Bereich der hoch qualifizierten Kräfte, der sogenannten High Potentials, in den letzten Jahren verstärkt vom Human Capital die Rede ist. Um die High Potentials zu rekrutieren, die das Unternehmen voranbringen, müssen sich Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt attraktiv darstellen. Zahlreiche Kanäle und Methoden werden von Unternehmen dazu genutzt.

4.1.1 Karriereseiten der Unternehmen im Internet, digitale Bewerbung

HR-Seiten der 100 größten Unternehmen

Rekrutierung von High Potentials

Karriereseiten im Internet

Seit Ende der 1990er Jahre hat sich ein Kommunikationskanal im Personalmarketing besonders herausgestellt: die Karriereseiten des Unternehmens im Internet. Während der Anfänge des Internets begnügte man sich damit, die Stellen auf der eigenen Homepage auszuschreiben. Bewerbungen wurden lieber mit der Post erhalten. Innovative Unternehmen gaben auch E-Mail-Adressen an, an die Bewerber ihr Anschreiben mit vielen Dateianhängen senden konnten. Inzwischen sind Bewerbungsformulare auf Unternehmenshomepages nicht mehr wegzudenken, und die meisten Unternehmen bieten eine Fülle von Informationen an, damit sich Bewerber vorab ein genaues Bild über das Unternehmen machen können. Vor allem im Bereich der Hochqualifizierten stellt die Homepage eines Unternehmens seine Visitenkarte dar. Bewerbungen von Hochschulabsolventen laufen fast ausschliesslich online ab. Wer dabei einen guten Eindruck macht, kann die Bewerber für sich gewinnen. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2002 zeigte, dass die besten Karrierewebseiten bei den größten Unternehmen zu finden sind. Göritz und Moser (2002) untersuchten die Human-Ressource-Seiten (HRSeiten) der 100 größten Unternehmen nach zahlreichen Kriterien, die sich auf Inhalt, Handling, Layout und Interaktionsmöglichkeiten bezogen. Beim Inhalt kam es darauf an, wie ausführlich die bewerbungsrelevanten Informationen dargestellt sind, z. B. Branchenin-

59

4

4.1 · Rekrutierung von High Potentials

formationen, Zahl der Mitarbeiter, Standorte, Personalstruktur, Bewerberprofil, Gehaltsstruktur, Traineeprogramme, Stellenanzeigen. Beim Handling ging es darum, wie schnell man zu den wichtigen Informationen kommt, z. B. Direktverlinkung von der Startseite, eigene Rubriken für verschiedene Zielgruppen. Die Fragen zum Layout betrafen unter anderem die Übersichtlichkeit und Multimediaeffekte. Bei dem Kriterieum Interaktion wurden z. B. die Akualität der Informationen, das Bewerbungsformular, Möglichkeiten der unverbindlichen Kontaktaufnahme bewertet. Auf den ersten 3 Plätzen finden sich die Lufthansa, Bertelsmann und Siemens wieder. Alle 3 Unternehmen zeichnen sich durch eine starke Präsenz im Bewusstsein von Bewerbern aus und waren schon öfter als »Arbeitgeber des Jahres« ausgezeichnet worden.

4.1.2

Employer Branding – Unternehmen als Marke

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2004 zeigte, dass die Bekanntheit einer Unternehmensmarke die Entscheidung, sich bei einem Unternehmen zu bewerben, positiv beeinflusst. Die Unternehmensmarke hat dabei die Funktion, die Informationsfülle zu reduzieren und das Risiko einer Fehlentscheidung zu minimieren. Im späteren Verlauf einer Bewerbung, sprich im Falle eines erfolgten Vorstellungsgespräches, spielen die erfahrenen Interaktionen mit Mitarbeitern sowie die konkreten Informationen über den Arbeitsplatz eine stärkere Rolle bei der Entscheidung für die Annahme eines Angebotes als das Markenbild. In der Praxis zeigt sich, dass vor allem große Unternehmen mit bekannten Produktmarken in Employer Branding investieren. Legt man aber die gewonnenen Erkenntnisse zugrunde, erzielen Unternehmen, die bereits stark im öffentlichen Bewusstsein und damit auch im Bewusstsein potenzieller Bewerber verankert sind, nur geringe Zusatzeffekte. Der inkrementelle Mehrwert bei weiteren Investitionen ist eher gering. Im Bericht »Employer Branding 2006« wurde von der Firma TNS Infratest untersucht, welche Arbeitgeber von High Potentials als besonders attraktiv eingestuft werden. An der Online-Befragung nahmen 2009 Stipendiaten des Online-Netzwerkes »e-fellows« teil, vor allem Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieure und Naturwissenschaftler. Zuerst wurden die gewünschten Anforderungen an den Arbeitgeber bzw. den Arbeitsplatz erhoben. Dabei zeigte sich, dass vor allem das Arbeitsklima wichtig ist, gefolgt von herausfordernden Aufgaben, guten Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen. Am wenigsten wichtig erschien den Stipendiaten die Zahl der Urlaubstage, die Zusatzleistungen oder der Börsenerfolg des Unternehmens. Die Bekanntheit der Produkte und das Unternehmensimage spielten in der bewussten Bewertung der Befragten keine Rolle. Allerdings zeigte sich, dass diese Faktoren bei der Auswahl der Top-Arbeitgeber einen

Unternehmensmarke als Bewerbermagnet

Investitionen in Employer Branding

60

Kapitel 4 · Einführung: Online-Tests im Personalmarketing

großen unbewussten Einfluss haben. Unternehmen mit bekannten Produktmarken werden häufiger als Wunscharbeitgeber genannt. Bekannte Unternehmen müssen weniger in die Stärkung der Unternehmensmarke nach Außen investieren, als vielmehr im tatsächlichen Umgang mit Bewerbern ihre Vorteile gegenüber der Konkurrenz herausstellen und dabei die für Bewerber wichtigen Kriterien berücksichtigen. Anders sieht es aus, wenn man als bekanntes Unternehmen eine neue Zielgruppe ansprechen möchte, weil ein neues Geschäftsfeld hinzugekommen ist, oder wenn das Unternehmen keine bekannten Konsumentenmarken hat. Dann müssen sich die Unternehmen verstärkt ins Blickfled der potenziellen Bewerber rücken, um überhaupt in die Selekstionsphase zu gelangen.

4

4.1.3 Unternehmen aus Bewerbersicht

Auswahlkriterien der Bewerber

Bewerbersicht – Mehrwert anbieten

Unternehmen müssen verstärkt die Bewerbersicht einnehmen, sich mit den Bedürfnissen und Alternativen der Bewerber auseinandersetzen. Die Angebote der Unternehmen werden dann bedürfnisspezifisch gestaltet. Das beinhaltet, dass einerseits die Arbeitsplätze umgestaltet werden (z. B. flexible Arbeitszeiten, leistungsabhängige Belohnung, differenzierte Sozialleistungen, freundliche Bürogestaltung) und andererseits die Ansprache zielgruppengerecht erfolgt. Eine Umfrage der Firma access unter Hochschulabsolventen zeigt auf, welches die Kriterien sind, nach denen ein Bewerber seinen Arbeitgeber aussucht. Das Betriebsklima wird hier als wesentlicher Einflussfaktor aufgeführt. Aufgabenvielfalt, Einkommen, Einarbeitung und Entfaltungsmöglichkeiten werden ebenfalls unter den wichtigsten Faktoren genannt. Eine Umfrage des Forschungsinstitutes Trendence (. Abb. 4.1) weist in die gleiche Richtung. Hier werden abwechslungsreiche und herausfordernde Aufgaben als bei Weitem wichtigstes Kriterium für die Wahl eines Arbeitgebers genannt. Es folgen Weiterbildung und die Möglichkeiten, eine Balance zwischen Arbeit und Beruf zu finden. Trendence unterscheidet dabei zwischen Ingenieuren und Wirtschaftswissenschaftlern. Die Bedürfnisse der beiden Zielgruppen unterscheiden sich in einigen Punkten und darauf müssen Unternehmen bei ihrer Ansprache Rücksicht nehmen. Das bedeutet nicht, dass die Unternehmensmarke verwässert wird, sondern der individuelle Arbeitsplatz rückt stärker in den Fokus. Will ein Unternehmen gute Bewerber für sich gewinnen und die leistungsstarken Mitarbeiter behalten, muss es diese Bedürfnisse kennen und berücksichtigen. Für Bewerber muss frühzeitig deutlich werden, in welcher Form das Unternehmen auf seine Wünsche eingeht. Bei der Präsentation des Unternehmens im Internet oder im Rahmen von Stellenanzeigen sollte das Unternehmen genau diese Aspekte her-

61

4

4.1 · Rekrutierung von High Potentials

Berufliche Ziele

Ideen entwickeln

Ideen verwirklichen

Unternehm ensextern arbeiten

Unternehmensintern arbeiten

Strikte Trennung von Privat- und Berufsleben

Herausfordernde Arbeitsaufgaben

Hohes Einstiegsgehalt

Langfristiges Verdienstpotential

Weiterbildung durch praktische Tätigkeit

Theoretische Weiterbildung

Arbeiten, woich die besten Chancen habe

Arbeitgeber in meiner Region finden

Operativ arbeiten

Strategisch arbeiten

Direkteinstieg

Trainee-Programm

Im Inland arbeiten

Erfahrungen im Ausland sammeln

Generalistische Fähigkeiten erwerben

Spezialisierung

Sichere Anstellung

Schneller Aufstieg

Führungsaufgaben übernehmen

Verantwortung im Team teilen -1

-0,5 Business

0

0,5

1

Engineering

. Abb. 4.1. Erhebung der Firma Trendence (trendence Institut GmbH)

vorheben und zeigen, wie es sich darin von anderen Unternehmen unterscheidet. Da das Internet der bedeutendste Kanal für die Informationsbeschaffung in der Bewerbungsphase ist, müssen Unternehmen ihre Internetauftritte an der Zielgruppe der Bewerber orientieren. Es reicht nicht mehr, unter dem Link »Karriere« nur offene Stellen auszuschreiben. Der Bewerber muss durch einen Klick auf diese Seite erfahren, welche Weiterbildungsmöglichkeiten vorhanden sind, welche Unterstützung das Unternehmen zum Thema »Work-Life-Balance« anbietet und welche Einkommensstrukturen vorhanden sind (vor allem Sozialleistungen, Firmenwagen etc.). Manche Unternehmen stellen dazu Interviews mit Mitarbeitern ins Internet oder beschreiben ihre Traineeprogramme. Teilweise werden Kurzfilme über die Arbeitsplätze gezeigt. Eine wichtige Information, die auch auf vielen Karriereseiten nicht fehlt, ist eine Beschreibung des Bewerbungsverfahrens in

Informationsbeschaffung im Internet

62

Kapitel 4 · Einführung: Online-Tests im Personalmarketing

dem Unternehmen. Den Bewerbern wird gezeigt, welche Unterlagen eingereicht werden müssen, welches die Kriterien für die Vorauswahl sind und wie ein Vorstellungsgespräch oder ein Assessment-Center aussehen. Was vielerorts noch in den Anfängen steckt, jedoch für Bewerber einen weiteren Mehrwert darstellen würde, sind interaktive Angebote im Internet z. B. in Form von Blogs, Bewerberchats oder Self-Assessments.

4

Online-Self-Assessment

4.2 Nutzen von OnlineSelf-Assessments

Definition OnlineSelf-Assessment

7 Kapitelübersicht

Nicht nur Bewerber haben einen Nutzen von Self-Assessments, sondern auch die Unternehmen. Fundierte Persönlichkeitstests, die ein Stärken-Schwächen-Profil erzeugen, dienen den Bewerbern dazu, ihre Fähigkeiten mit den Anforderungen des Unternehmens abzugleichen. Bei Übereinstimmung sind die Bewerber bereit, sich dem Bewerbungsprozess zu unterziehen und die Bewerbung hat eher Chancen auf Erfolg. Bei geringer Übereinstimmung von Anforderung und Fähigkeiten wird der Internet-User von einer Bewerbung wahrscheinlich absehen. Die dadurch erfolgte (negative) Selbstselektion erspart dem Unternehmen erhebliche Kosten. Unter Online-Self-Assessments sind Persönlichkeitstests im Internet zu verstehen, die den Internetnutzer nach Beantwortung zahlreicher Fragen eine Stärken-Schwächen-Analyse aufzeigen. Das Ergebnis kann dem Bewerber bei der Entscheidung für einen Karriereweg helfen. Teilweise werden die Ergebnisse automatisch mit dem Stellenprofil verglichen, für das der Nutzer sich interessiert. Aus dem Ergebnis wird dann schnell ersichtlich, ob der Bewerber Chancen auf die Stelle hat, oder ob alternative Angebote des Unternehmens in Frage kommen. Online-Assessments sind auf dem Vormarsch und werden bislang vor allem als Auswahlinstrumente genutzt. Davon handeln die weiteren Kapitel dieses Buches. Als Personalmarketinginstrument werden Online-Assessments vereinzelt und in höchst unterschiedlicher Art und Weise eingesetzt. In den folgenden beiden Kapiteln werden Praxisbeispiele vorgestellt, in denen der Einsatz von Online-Tests als Self-AssessmentTools einen positiven Effekt auf die Anzahl von Bewerbungen hatte. Dabei stellen die Autoren in 7 Kap. 5 beispielhaft vor, wie man bestimmte Zielgruppen erreicht, wenn man ein Gesamtkonzept verfolgt, in dem Informieren über die Stellen und Analyse der Bewerberpotenziale miteinander einhergehen. Unter anderem werden Praxisbeispiele aus den Unternehmen Siemens, Allianz und Deutsche Post World Net vorgestellt, bei 6

63

4

Zitierte und weiterführende Literatur

denen Online-Tests zum Einsatz kamen. Außerdem werden onlinegestützte Lösungsansätze für die Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern für bestimmte Tätigkeiten wie Vertrieb oder Handwerk, die nicht im Fokus von Abiturienten oder Hochschulabsolventen stehen, aufgezeigt. In 7 Kap. 6 wird das Thema »Gewinnung von High Potentials für Nischenbereiche« vertieft. Anhand eines Praxisbeispiels wird verdeutlicht, wie die Pharmabranche Ingenieure für sich begeistern möchte. Welche Rolle dabei dem Einsatz eines spielerischen Online-Assessments zukam, wird verdeutlicht. Zusätzlich enthält der Beitrag Tipps für den Einsatz von Online-Recruiting-Tools speziell für kleinere Budgets.

Zitierte und weiterführende Literatur Göritz, A. S. & Moser, K. (2002). Personalmarketing im Internet – Eine Untersuchung des Auftritts der 100 größten deutschen Unternehmen. Zeitschrift für Personalpsychologie, 3, 141–148. HHL, e-Fellows.net, tnsinfratest, Die Zeit (2006). Employer Branding, http://apollo.zeit.de/chaka/pdf/ Employer_Branding_2006_Summary.pdf

Hünninghausen, L. (Hrsg.). (2002). Die besten gehen ins Netz. Düsseldorf: Symposium Publ. Trendence Institut für Personalmarketing (2006). Trendence-Studie. Berlin: Trendence Institut für Personalmarketing. Ridder, H.-G., Bruns, H.-J. & Brünn, S. (2004): Online- und Multimediainstrumente zur Kompetenzerfas-

sung, QUEM-Report. Schriften zur beruflichen Weiterbildung, 86. Wiese, D. (2005). Employer Branding. Saarbrücken: Verlag Müller. Wottawa, H., Kirbach, C., Montel, C. & Oenning, S. (2004). Recruiting und Assessment im Internet. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

65

Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter Christine Kirbach, Heinrich Wottawa 5.1

Einleitung – 66

5.2

Die Grundlage für das »Anlocken«: Nutzen für die Bewerber bieten – 66

5.3

Die Grundlage für das »Informieren«: Reaktanzfreie Vermittlung subjektiv dissonant erlebter Fakten – 68

5.4

Die Grundlage für »Informierte Selbstselektion«: Hilfen für berufliche Entscheidungen – 71

5.5

Beispiele aus der Praxis – 73

5.5.1 5.5.2 5.5.3

Der »Allianz Voyager« – 73 Das »BORAKEL« der Ruhr-Universität Bochum – 75 Die »Explorer« der DPWN – 79

5.6

Unsere Erfahrungen: Was bei Online-Tools für das Personalmarketing besonders wichtig ist – 79

5.7

Nachteile für KMUs – 80

5.8

Ausblick: Grenzen von Online-Tools – 81 Literatur – 82

5

66

Kapitel 5 · Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter

5.1

5

Vorteile von Online-Tools für das Personalmarketing

In der internetlosen Zeit standen für das Personalmarketing im Wesentlichen nur 2 Informationsquellen zur Verfügung. Man konnte die relativ günstigen Printmedien nehmen, die allerdings mit dem erheblichen Nachteil der Ein-Weg-Kommunikation verbunden sind, oder die in vieler Hinsicht optimale, aber äußerst kostenaufwendige persönliche Kommunikation nutzen. Online-Tools bieten unvergleichlich bessere Kommunikationsmöglichkeiten mit den Bewerbern als die herkömmliche Papierform. Schon mit sehr einfachen Mitteln können gegenüber der konventionellen Vorgehensweise im Recruiting erhebliche Vorteile bei der Gewinnung von Personal erzielt werden (ein Beispiel geben Kanak, 2005), vor allem dann, wenn Standards der Benutzerfreundlichkeikt dabei eingehalten werden (Braddey, Thompson, Wuensch & Grossnicke, 2003). Moderne Tools bieten aber noch ganz andere Chancen für das Personalmarketing (für einen Überblick s. Hertel & Konradt, 2004). Mit diesen Instrumenten können Unternehmen ihren Bewerbern echten und positiv erlebten Nutzen zu ihrer beruflichen Orientierung bieten. Dafür gibt es vor allem 2 Wege. In Form von »Wettbewerben« kann man in einer reaktanzfreien Weise wichtige Informationen über den Arbeitgeber vermitteln, eine testgestützte Rückmeldung über die beruflich relevanten persönlichen Stärken und Schwächen verbessert die richtige Einschätzung der eigenen Kompetenzen und Potenziale. In der Kombination dieser beiden Ansätze wird der Teilnehmer zu einer informierten Selbstselektion (Entscheidung gegen eine Abgabe einer Bewerbung bei fehlender Passung) befähigt. Auf Basis dieser konzeptuellen Grundlage gibt es inzwischen mehrere sehr leistungsfähige Tools, die sich reger Nachfrage erfreuen. Wegen ihrer hohen Effizienz ist davon auszugehen, dass sich diese gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von wirkungsvollen Personalmarketing-Maßnahmen bei ausgewählten Zielgruppen schnell weiterverbreiten werden. Allerdings bringen diese Tools auch medienbedingte systematische Probleme mit sich, insbesondere eine, verglichen mit den klassischen Printmedien, weiter zunehmende strukturelle Benachteiligung von kleinen und mittelständigen Unternehmen.

5.2

Print- vs. OnlineBewerbungen

Einleitung

Die Grundlage für das »Anlocken«: Nutzen für die Bewerber bieten

Herkömmliche Print-Kommunikationsmittel wie Stellenanzeigen, Unternehmensbroschüren und dergleichen können eine Vielzahl von interessanten Informationen beinhalten. Der vom potenziellen Interessenten beim Lesen solcher Materialien subjektiv erlebte Nutzen ist aber relativ gering. Nur dann, wenn er schon ernsthaft eine Bewerbung überlegt, kann er daraus eventuell Gründe für oder gegen diesen Schritt ableiten. Dabei fällt aber oft das Herstellen eines Bezuges

67

5

5.2 · Die Grundlage für das »Anlocken«: Nutzen für die Bewerber bieten

zwischen den Informationen über die Stelle und der eigenen Person schwer. Aber nicht nur Berufsanfängern fällt es oft außerordentlich schwer, die allgemeine Beschreibung von Stellen oder Unternehmen in eine Passungsaussage gemäß ihrem Wissen, Wollen und Können zu übertragen. Der Nutzen der Unternehmensdarstellungen im Internet auf den Homepages ist im Prinzip ähnlich, wenn auch oft gegenüber klassischen Printmedien mit größerer Animation verbunden und damit stärker zum Lesen anregend. Ein weiterer Vorteil ist, dass hier auch gleich der Link zur Abgabe einer Bewerbung geboten werden kann. Der dadurch geförderte »Ersatz des Postwegs durch E-mails« mit all den Problemen der Bearbeitung von Anhängen etc. ist für den Recruiter aber eher eine zunehmende Belastung, keine Effizienzsteigerung seiner Arbeit. Im Gegensatz zu E-Mails bieten moderne Online-Tools für das Recruiting aber viel mehr als den Ersatz des Postweges. Im Personalmarketing können sie dem Interessenten echten Nutzen bieten, viel mehr als das Lesen von animierten Texten. In der Anfangszeit solcher Tools (in Deutschland der im Jahr 2000 sehr erfolgreiche Wettbewerb »Challenge Unlimited« von Siemens, s. Wild & Schafstetter, 2001) stand als Nutzen die »anregende Unterhaltung« im Zentrum, ergänzt durch eine psychologiegestützte Rückmeldung über ausgewählte Potenzialdimension. Dies war damals für die junge, hoch gebildete Zielgruppe auch vollkommen passend, heute wäre ein solches »Nutzenangebot« aber emotional nicht mehr angemessen. Im Gegensatz zum Jahr 2000 ist der ganze Bereich »Stellensuche« eine sehr ernsthafte, nicht unbedingt mit »Spaß« zu verbindende Angelegenheit. Die Bewerber suchen und erwarten fundierte Informationen über ihre eigenen Potenziale und konkrete Unterstützung bei ihrer beruflichen Orientierung, nicht »Unterhaltung« als Selbstzweck. > Das Nutzenangebot von Online-Tools immer auf den Zeitgeist abstellen!

Moderne Online-Tools für das Personalmarketing sind in der Lage, in qualitativ hochstehender Weise alles gemeinsam anzubieten: 5 Passende Informationen über das Unternehmen, 5 die Rückmeldung über Kompetenzen und Potenziale des einzelnen Bewerbers, 5 konkrete Entscheidungshilfen für oder gegen bestimmte Berufsrichtungen oder berufliche Positionen, 5 und das alles auch noch in einer sehr »unterhaltenden« Form. Allerdings können diese Tools ihre optimale Wirkung nur dann entfalten, wenn man vor ihrer Erstellung genaue Zielvorgaben hat, welche »Botschaften« über den Arbeitgeber übermittelt werden sollen, und wenn man die üblichen, fast allgemein gültigen Forderungen an die Bewerber (einsatzbereit, motiviert, aufgeschlossen, teamfähig etc.) durch fundierte Aussagen zu konkreten Anforderungen der in Frage stehenden Position(en) ersetzt.

Inhalte der Online-Tools

68

Kapitel 5 · Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter

5.3

Vorurteile gegenüber einigen Tätigkeiten

5

Beispiel: »Abiturienten im Handwerk«

Lösungsvorschläge

Die Grundlage für das »Informieren«: Reaktanzfreie Vermittlung subjektiv dissonant erlebter Fakten

Viele Branchen (in Deutschland etwa die meisten Vertriebstätigkeiten) und manche Arbeitgeber haben erhebliche Imageprobleme gerade in interessanten Bewerbergruppen. Manche dieser negativen Einschätzungen können durchaus fundiert sein, z. B. wenn die Anforderungen, Arbeitsbedingungen oder Einkommensmöglichkeiten tatsächlich für den einzelnen Bewerber weniger attraktiv sind als für ihn verfügbare Alternativen. In vielen Fällen bestehen aber gerade bei jungen Bewerbern Vorurteile, die keineswegs den tatsächlichen Fakten entsprechen. Fehlende Informationen, verzerrte Darstellungen in der eigenen sozialen Bezugsgruppe und den verfügbaren persönlichen Kontakten oder auch die Überinterpretation von Darstellungen von Problembereichen in den Massenmedien führen dazu, dass persönlich im hohen Maße passende berufliche Wege nicht beschritten werden und damit sowohl dem Unternehmen als auch dem einzelnen Bewerber Nachteile entstehen. Wenn aber eine bestimmte Tätigkeit oder Position für den Einzelnen subjektiv unattraktiv ist, dann ist seine Offenheit, über die klassischen Medien aktiv weitere Informationen einzuholen, deutlich eingeschränkt. Nehmen wir als Beispiel das gesellschaftlich sehr relevante Problemfeld »Abiturienten im Handwerk«. Für die selbstständige Leitung großer Handwerksbetriebe werden Personen mit Fähigkeiten benötigt, die voll vergleichbar mit den Anforderungen einer z. B. betriebswirtschaftlichen Ausbildung an einer Hochschule sein können. Die Leitung eines größeren Handwerksbetriebes stellt aber nicht nur im Niveau vergleichbare Anforderungen, sondern bietet sowohl in den Arbeitsinhalten (schon in jungen Jahren erreichbare Selbstständigkeit und Entscheidungsfreiräume, fachlich herausfordernde Aufgaben) als auch bezüglich des erreichbaren Einkommens eine hochinteressante Alternative für dazu persönlich gut passende und potenzialstarke Personen. Trotz vieler Bemühungen hat sich aber gezeigt, dass dieser Sachverhalt mit herkömmlichen Informationsmitteln wegen seiner subjektiven Unglaubwürdigkeit in z. B. der Zielgruppe »Abiturienten« kaum zu vermitteln ist. Die Aussage (um es plakativ zu formulieren) »Abiturient, deine große Chance ist eine Ausbildung im Handwerk«, wirkt ganz einfach unglaubwürdig, sie stößt auf massive Dissonanz zu den bei vielen Abiturienten vorhandenen Vorurteilen und wird daher von vielen Angehörigen der Zielgruppe überhaupt nicht rezipiert. Es müssen daher Wege gefunden werden, wie die sachlich zutreffenden, für die Entscheidung für das Handwerk relevanten »Botschaften« (eine Auswahl findet sich im vorangehenden Beispiel) in der Zielgruppe verankert werden können. Geht man von den Prinzipien der Informationsabwehr aufgrund der kognitiven Dissonanz aus, bietet es sich dafür an, statt dem Senden dieser »Botschaften« mit

69

5

5.3 · Die Grundlage für das »Informieren«

Beispiel

Ziel: Für viele Handwerksbetriebe ist es ein großes Problem, geeignete Nachfolger für die Geschäftsführung bei Ausscheiden des Inhabers zu finden. Einer der Lösungsansätze dazu ist es, verstärkt Abiturienten für eine Ausbildung im Handwerk zu gewinnen und langfristig für eine solche Leitungsfunktion vorzubereiten. Zahlreiche Bemühungen der zuständigen Stellen sind daran gescheitert, dass übliche Maßnahmen auf der Basis von »Werbedruck« in der Zielgruppe sehr wenig Resonanz finden. Plakative Aussagen wie »Abiturient, deine große Chance ist eine Ausbildung im Handwerk« wirken nicht.

Angestrebte Botschaften (Auswahl): Der Leiter eines Handwerksbetriebes 5 hat viel zu entscheiden, auch über große Geldsummen und über Mitarbeiter, er hat große Verantwortung und eine sehr wichtige Position; 5 muss etwas von Technik verstehen, aber dabei immer auch betriebswirtschaftlich denken; 5 muss Menschen führen, auch in schwierigen Situationen; 5 hat Verantwortung für jeden einzelnen Mitarbeiter, muss aber auch die Rentabilität des Betriebes sichern; 5 kann manche Arbeiten an andere delegieren, muss aber die Kontrolle behalten; 5 hat viele anspruchsvolle Fachaufgaben zu lösen (Investitionsentscheidungen, Kostenberechnungen, Erstellen von Angeboten usw.); 5 muss auch Risiken eingehen. Es ist offensichtlich, dass die hier beispielhaft skizzierten Aufgaben eine für viele Abiturienten sehr interessante und fordernde berufliche Position beschreiben, die von ihnen aber meist nicht mit einer Ausbildung im Handwerk in Verbindung gebracht wird.

entsprechenden Werbedruck, also dem »Verkünden« von Vorteilen, lieber die Angehörigen der Zielgruppen diese Fakten selbst »erleben« zu lassen, möglichst verbunden mit relativ großer Mühe oder gegen Widerstände, was die Glaubwürdigkeit dieser Informationen deutlich erhöht. Zur Demonstration dieser grundlegenden Idee wird im nächsten Beispiel das Konzept eines (noch nicht realisierten) »Wettbewerbs« dargestellt, der die im vorangehenden Beispiel dargestellten Botschaften an die Zielgruppe transportieren kann. Die Grundlage bildet die Einladung an die Teilnehmer, dem sympathisch dargestellten »Handwerkermeister Herr Kersten« (z. B. Inhaber eines großen Dachde-

Zielsetzung des Projektes »Abiturienten im Handwerk«

70

Kapitel 5 · Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter

ckerbetriebes) an mehreren schwierigen Arbeitstagen zu helfen. Eine grobe Skizzierung von 3 »Arbeitstagen« findet sich nachfolgend. Beispiel

Aufgaben des Wettbewerbs »Helfen Sie Herrn Kersten an schwierigen Arbeitstagen«

5

Die reaktanzfreie Vermittlung der im vorherigen Beispiel genannten Ziele kann durch das »Erleben« von Aufgaben des Leiters eines Handwerksbetriebes im Rahmen eines Wettbewerbs im Internet erreicht werden. Die Teilnehmer müssen einer sympathisch dargestellten Person (Herrn Kersten, Inhaber eines Dacheckerbetriebes mit 15 Mitarbeitern) an mehreren schwierigen Arbeitstagen helfen. Im Folgenden sind 3 Tage beispielhaft beschrieben:

1. Tag: Messebesuch Herr Kersten erwägt Neuanschaffungen von Maschinen und Werkzeugen und besucht dazu eine Messe in Düsseldorf. Seine Investitionsmittel dafür sind zwar beachtlich, aber natürlich begrenzt. Welche Angebote sind für ihn die besten? Was muss man alles an Informationen erhalten und beachten, um diese Frage beantworten zu können? Wie kann/muss man ihm bei der Entscheidung auch durch Berechnungen, Abschätzungen etc. helfen?

2. Tag: Der in seiner Leistung nachlassende Mitarbeiter Der Mitarbeiter Herr Schulte zeigt seit einigen Wochen ganz im Gegensatz zu früher schlechte Leistungen, vor kurzem ist ihm bei einem Kunden ein ganz peinlicher Fehler passiert. Was kann Herr Kersten tun, um herauszufinden, woran es liegt? Wie kann er dem Mitarbeiter helfen, wieder seine volle Arbeitsleistung zu erbringen oder welche Maßnahmen sind im Interesse des Betriebes zu ergreifen? Wie kann/soll er die Kollegen von Herrn Schulte dabei mit einbeziehen? Was macht er mit dem verärgerten Kunden?

3. Tag: Ein wichtiges Angebot Herr Kersten beteiligt sich an der Ausschreibung für die Dachdeckerarbeiten bei der Renovierung eines Wohnblocks. Was muss man dabei tun, woran muss man alles denken? Wie schätzt man die dabei bestehenden Risiken ab? Wieweit spielt die aktuelle wirtschaftliche Lage des Betriebes dabei eine Rolle? Wo und wie lernt man all das, was Herr Kersten dabei können muss? Die Vorgabe der »Tage« und die entsprechenden Aufgaben für die Teilnehmer können je nach möglichem Aufwand von technisch sehr einfach bis stark animiert (bis hin zu Videosequenzen) erfolgen. Die Antworten der Teilnehmer werden automatisch ausgewertet und sind die Grundlage für die Bewertung der Leistung im Wettbewerb und die Ermittlung der Gewinner.

71

5

5.4 · Die Grundlage für »Informierte Selbstselektion«

Bei der Gestaltung solcher Wettbewerbe ist besonders darauf zu achten, dass die Inhalte der Botschaften genau auf die Zielgruppe abgestellt werden. So würden etwa bei dem hier dargestellten Konzept vor allem Personen mit technischem Interesse angesprochen werden, weil viel gerechnet bzw. abgeschätzt werden muss. Würde man im Gegensatz dazu vor allem an der Gewinnung von Personen mit einer sehr hohen verbalen Kompetenz interessiert sein, wären entsprechend andere Aufgaben bei den »Arbeitstagen« sinnvoll, z. B. die Darstellung von wichtigen Verhandlungssituationen oder schwierige Kundengespräche. Ziel ist es, nicht »irgendeinen« Wettbewerb mit spannenden Aufgaben für die Zielgruppe zu erstellen, sondern die einzelnen Bestandteile sorgfältig auf das zu erreichende kommunikative Ziel abzustellen. > Zuerst die Zielgruppe nach psychologischen Kriterien definieren und alle »Botschaften« festlegen, erst dann die Aufgaben des Wettbewerbs gestalten!

5.4

Die Grundlage für »Informierte Selbstselektion«: Hilfen für berufliche Entscheidungen

Viele Bewerber haben falsche positive Vorstellungen über ihre Potenziale und damit verbunden auch von ihrer persönlichen Eignung für interessante Positionen. Das führt zu einer großen Anzahl von absolut unpassenden Bewerbungen, die mit entsprechenden Methoden im Recruiting erkannt und ausgeschieden werden müssen. Dies bringt eine Reihe von Problemen mit sich, schon wegen der von Grund- und Selektionsquote abhängigen Trefferquote bei der Bewerberauswahl. In gleicher Weise gibt es aber auch viele Personen, die eine falsche negative Einstellung zu ihren Bewerbungschancen auf herausfordernde Positionen haben. Neben den oben dargestellten unzutreffenden Vermutungen über bestimmte Positionen ist vor allem eine falsche Selbsteinschätzung in Form eines zu geringen Vertrauens auf die eigenen Kompetenzen und Potenziale die Ursache dafür. Aufgrund dieser falschen Selbsteinschätzung fehlen dann interessante Bewerber mit den entsprechenden Schwierigkeiten für die qualifizierte Stellenbesetzung. Es müssen daher Wege gefunden werden, wie mit geeigneten Online-Tools sehr niedrigschwellig, ohne dass vorher bereits ein ernsthafter Beschluss zu einer Bewerbung für eine bestimmte Position gefallen sein muss, und ohne Risiko für den Einzelnen (am Besten daher z. B. anonym), eine fundierte Beratung über die persönliche Passung zu verfügbaren Stellen geleistet werden kann. Wird einem Angehörigen der Zielgruppe mit entsprechenden Instrumenten fachlich zutreffend und subjektiv glaubwürdig vermittelt, dass er im Prinzip für

Falsche Selbsteinschätzung bei der Stellensuche

Entscheidungshilfen

72

Kapitel 5 · Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter

Angebote zum Selbsttest

5

Einsatz psychologischer Testverfahren beim Recruiting

»Streaming« von Bewerbern

eine bestimmte Position in Frage kommt, auch wenn er diese zuerst für sich ausschloss, ist mit einer entsprechenden Steigerung seiner Bereitschaft zu einer Bewerbung zu rechnen. Es gibt inzwischen vor allem für Berufsanfänger und Young Professionals gute Internetangebote, die auf der Basis psychologischer Testverfahren und der Angaben von Hard Facts Aussagen über berufsrelevante Stärken und Schwächen machen, oft auch verbunden mit konkreten Passungsaussagen zu Berufsrichtungen oder sogar einzelnen Berufen. Diese Angebote haben inzwischen auch eine gute Qualität erreicht, wie etwa die Untersuchung der Stiftung Warentest im Frühjahr 2007 zeigt. Für manche Teilnehmer ist die Hemmschwelle zur Nutzung dieser Tools höher als bei der Teilnahme an einem Wettbewerb. Dies gilt vor allem dann, wenn die Befürchtung besteht, dass solche Angebote von Unternehmen eher die Interessen dieses Unternehmens als die des einzelnen Teilnehmers optimieren und im Zweifel zu einer »Falschberatung« führen, also z. B. die vom Unternehmen benötigten Berufe empfehlen und nicht die tatsächlich zum Teilnehmer passenden. Dieser Reaktanz kann ein wenig entgegengewirkt werden, wenn man eine solche Art der »Beratung« mit einem »Wettbewerb« kombiniert. Dies ist durchaus möglich, wie die Beispiele in ▶ Abschn. 5.4 zeigen. Dieses Angebot einer auf der Basis von psychologischen Testverfahren auf die eigene Person zugeschnittenen informierten Entscheidung vor Abgabe einer Bewerbung ist im Recruiting besonders für jene Unternehmen interessant, die aufgrund des Bewerberüberhangs sehr vielen Bewerbern absagen müssen und damit das Risiko eingehen, spätere Kunden zu verärgern. Dies ist etwa der Fall, wenn Finanzdienstleister viele Kundenkinder nicht als Azubis akzeptieren können oder Unternehmen z. B. Betriebswirte und Ingenieure ablehnen, die später in anderen Unternehmen auch für den Einkauf verantwortliche Positionen erreichen. Die Verärgerung von Interessenten mag zwar auch gegeben sein, wenn eine solche »Selbsttestung« ein entsprechend negatives Ergebnis erbringt, ist aber mit Sicherheit um vieles weniger frustrierend als die Absage nach einem langen und mit großem Engagement und Hoffnungen betriebenen Bewerbungsprozess. In besonderem Maße ist diese Art von Information über die persönliche berufliche Passung auch für das »Streaming« (Erkennen der jeweils besonders passenden Ausbildungs- bzw. Berufsrichtungen) von Bewerbungen wichtig. Viele Bewerber gerade für Ausbildungsberufe oder etwa für die vielen verschiedenen Angebote für Hochschulabsolventen in großen Konzernen können keinen aussagekräftigen Überblick über die genauen Anforderungen dieser vielen Möglichkeiten und den dort erforderlichen Kompetenzen haben. Erst entsprechend auf die individuellen Fähigkeiten zugeschnittene Empfehlungen für den Einzelnen können die Grundlage für eine fundierte Entscheidung zur Bewerbung für eine bestimmte dieser Richtungen bieten.

73 5.5 · Beispiele aus der Praxis

Zu beachten ist dabei, dass eine solche risikolose »Selbsttestung« der persönlichen Passung zu bestimmten Positionen auch für das interne Personalmarketing (interne Stellenausschreibungen oder die Gewinnung von Teilnehmern für besonders anspruchsvolle Personalentwicklungsmaßnahmen) gerade wegen des dadurch möglichen Vermeidens von Gesichtsverlust im Kollegenkreis eine sehr große Bedeutung haben kann. Ist ein interner Bewerber von seinen testmäßig erfassbaren Potenzialen geeignet, kann er aus vielen Gründen trotzdem abgelehnt werden (z. B. weil es zu viele geeignete Bewerber gibt). Es besteht dann aber kein Zweifel an seiner prinzipiellen Eignung dafür, er ist weder »dumm« noch »übertrieben ehrgeizig«. Das zweckmäßige Vorgehen bei einer solchen Anwendung ist, allen Interessierten im Unternehmen den Zugang zu einer solchen »Selbsttestung« zu ermöglichen, die eine klare Empfehlung für oder gegen die Bewerbung enthält. Im positiven Fall bewirbt sich der Interessent unter Beifügung dieses Ergebnisses bei der zuständigen Stelle, im negativen Fall kann er den ganzen Vorgang vergessen – und niemand im Unternehmen erfährt, dass er überhaupt an diesem Test teilgenommen hat. Ein Beispiel für ein solches Internet-Tool (die Unterstützung der Entscheidung für die Meldung zu einer sehr anspruchsvollen Weiterbildung bei der Deutschen Bank) findet sich bei Kirbach, Montel, Oenning und Wottawa (2004, S.199 ff). Dieses Konzept wird inzwischen auch von anderen Unternehmen bei internen Stellenbesetzungen aufgegriffen.

5.5

Beispiele aus der Praxis

Im Folgenden werden 3 Projektbeispiele dargestellt, die die in den vorhergehenden Abschnitten beschriebene Konzeption in die Praxis umsetzen.

5.5.1

Der »Allianz Voyager«

Die Konzeption dieses Wettbewerbs ist im nachfolgenden Beispiel dargestellt. Es ist ein klassisches Beispiel für die Kombination von Wettbewerben mit hohem Anregungswert, konzeptuell sorgfältig überlegter Informationsübermittlung und einer Rückmeldung für die Teilnehmer, die auch zur eigenen Selbsterkenntnis bezüglich der beruflichen Stärken und Schwächen beiträgt. Der »Allianz Voyager« wurde ohne gezielte Recruiting-Absicht für die Besetzung bestimmter Positionen erstellt, er hatte insbesondere das Ziel, das Arbeitgeberimage langfristig zu optimieren. Dass dies gelungen ist, konnte durch eine umfangreiche empirische Evaluation nachgewiesen werden (s. Kirbach & Rothermel, 2005, S. 261ff).

5

74

Kapitel 5 · Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter

Beispiel

Der Allianz Voyager

5

Die Ziele Dieses Tool dient dazu, bei Studenten, Hochschulabsolventen und Young Professionals die vielen Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens »Allianz« aufzuzeigen und in diesen Kernzielgruppen das traditionelle Branchenimage »Versicherung« durch das eines modernen international agierenden Finanzdienstleisters zu ersetzen und langfristig das Image der Allianz als attraktive Arbeitgeberin zu etablieren. Daneben wird den Teilnehmern auch ein Self-Assessment mit einer detaillierten Rückmeldung zu den eigenen Stärken und Schwächen geboten. Sie erhalten damit wesentliche Informationen, um sich bereits vor einer Bewerbung ein Bild davon machen zu können, ob sie persönlich zu diesem Unternehmen passen. Darüber hinaus ermöglicht die Potenzialeinschätzung die Bewertung der eigenen Person im Vergleich zur relevanten Peergroup.

Die Durchführung Der »Allianz Voyager« ist ein Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer als stellvertretende Leiter eines interdisziplinären Projektteams verschiedene Events im Umfeld des Formel-1-Sponsorings planen und budgetieren. Die Zielvorgabe ist die abschließende Erstellung eines Budgetplans. Um das zu erreichen, muss der Teilnehmer im Lauf des Spiels detaillierte Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen, zu wirtschaftlichen, juristischen und sicherheitstechnischen Rahmenbedingungen sowie zu IT-Hintergründen zusammentragen und hinterfragen. Dabei lernt er reale Mitarbeiter und Führungskräfte der Allianz Group und deren Arbeitswelten kennen. Zusätzlich kann er auf die Voyager-Informationsdatenbank sowie weitere Informationsangebote zugreifen. Die Bewältigung der Aufgaben erfordert keine fachlichen Vorkenntnisse, sondern die Fähigkeit zu logischem Denken, ein Gespür für Zahlen, aber auch soziales Geschick. Die Teilnehmer erhalten auf diese Weise nicht nur einen intensiven Einblick in die reale »Allianz Welt«, sondern auch die Möglichkeit, im Rahmen eines Self-Assessments ihre sozialen Kompetenzen analysieren zu lassen. Besonderer Wert wurde dabei auf analytisches Denkvermögen, Leistungsmotivation, Konfliktfähigkeit und Risikobereitschaft gelegt. Jeder Teilnehmer von »Allianz Voyager« erhält am Ende eine umfassende Auswertung seines persönlichen Profils. Diesem liegen Testverfahren zugrunde, die in den konkreten Handlungsablauf eingebunden sind. 6

75

5

5.5 · Beispiele aus der Praxis

Die Ergebnisse Die Marktforschung zur Überprüfung der Wirkung des »Allianz Voyagers« erbrachte den Nachweis, dass das Ziel einer Verbesserung des Arbeitergeber-Images in mehreren wichtigen Dimensionen voll erreicht wurde. Überdies erhielt der »Allianz Voyager 2004« den Monsters Award in der Kategorie »Best Creative e-Branding Campaign«.

5.5.2

Das »BORAKEL« der Ruhr-Universität Bochum

Personalmarketing ist nicht nur für Unternehmen, sondern in zunehmendem Maß auch für Hochschulen interessant. Hier ist der Beratungsbedarf der Abiturienten in einem ganz besonderem Maß gegeben, da als Folge der Einführung neuer Bachelor- und Masterstudiengänge eine gegenüber den bisher schon komplexen Verhältnissen wesentlich gesteigerte Angebotsvielfalt entstanden ist (es dürfte inzwischen schon etwa 12.000 Studiengänge geben). Neben den persönlichen Bedürfnissen der Abiturienten nach einer leicht zugänglichen Aufbereitung der für sie diesbezüglichen Informationen ist es auch für die Hochschule wichtig, möglichst zu den einzelnen Studiengängen passende und in diesem Sinne geeignete Bewerber zu bekommen, da als Folge der in vielen Bundesländern eingeführten »leistungsabhängigen Mittelzuweisung« sowohl zu wenige als auch »falsche« Studenten negativ sanktioniert werden. Ein dritter bei BORAKEL relevanter Gesichtspunkt war, dass mehr Abiturienten aufgrund unzureichender Beratung durch Schule und privates Umfeld ihre Studienwahl nicht unter Beachtung ihrer beruflichen Perspektiven treffen, sondern z. B. nur oder in zu großem Ausmaß nach den in der Schule geprägten fachlichen Interessen. Ein Mensch studiert etwa 5 Jahre, ist danach aber ca. 40 Jahre berufstätig, sodass die Passung zu den späteren beruflichen Möglichkeiten eine ganz entscheidende Bedeutung für eine insgesamt erfüllende berufliche Lebensplanung ist. Aus diesem Grund wurden im Rahmen von BORAKEL 2 Module entwickelt. Modul A gibt den Teilnehmern die Möglichkeit, sich auf der Basis von Tests über ihre Passung zu 12 großen beruflichen Richtungen zu informieren, außerdem lernen sie auch die Beziehungen dieser Berufswege zu einzelnen Studiengängen kennen. Im Modul B, das davon unabhängig bearbeitet werden kann, erhalten die Teilnehmer Rückmeldung über ihre Passung zu 61 Studiengängen der RuhrUniversität. Basis dieser Rückmeldung sind die von den für den jeweiligen Studiengang Verantwortlichen genannten Erwartungen an den Studienanfänger, sowohl bezüglich gewünschter Hard Facts als auch als wünschenswert angesehener Kompetenzen. Diese werden mit den

Personalmarketing an Hochschulen

Studienwahl unter Beachtung der beruflichen Perspektiven

Module zur beruflichen Lebensplanung

76

Kapitel 5 · Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter

. Tabelle 5.1. Evaluationsergebnisse von BORAKEL, Modul A (Berufsweg); N = 326 A1. Bewertung der Rückmeldung von Modul A

5

Item

Prozent

Beachtung der Ergebnisse bei der Lebensplanung: eher sehr

72

Beachtung der Ergebnisse bei der Wahl des Studiengangs: eher sehr

70

Eine Hochschule soll so etwas anbieten: eher ja

98

. Tabelle 5.2. Evaluationergebnisse von Borakel A2. Veränderung der Bewertung der Ruhr-Universität durch die Bearbeitung von Modul A Item

Prozent

Ruhr-Uni eher leistungsstark, vorher

54

Ruhr-Uni eher leistungsstark, nachher

79

Ruhr-Uni eher zum Wohlfühlen, vorher

39

Ruhr-Uni eher zum Wohlfühlen, nachher

70

entsprechenden Angaben der dieses Modul bearbeitenden Personen abgeglichen und daraus Passungsaussagen des Teilnehmers zu jedem der Studiengänge errechnet. Davon werden dann für die Rückmeldung die 5 besonders passenden ausgewählt und ausführlicher beschrieben, die anderen werden tabellarisch bezüglich der erzielten Passung vorgestellt. Alle Rückmeldungen sind mit zahlreichen Links zu weiteren Informationsangeboten verbunden, auch zu 20 kurzen Videos, mit denen die Teilnehmer die Besonderheiten der Ruhr-Universität Bochum auch in einer sehr anschaulichen Weise betrachten können. BORAKEL fand erwartungsgemäß ein sehr großes Interesse. Nach dem »going life« im April 2006 wurde der 50.000ste Teilnehmer im November 2007 erreicht. Somit haben jeden Monat durchschnittlich 2.500 Personen dieses Tool genutzt. Für die Bewertung der vorgestellten Konzeption von testgestützter Internet-»Beratung« für das Image des anbietenden Unternehmens bzw. in diesem Fall der Hochschule, sind die Evaluationsergebnisse aufschlussreich, die auf den Angaben von insgesamt 670 Personen beruhen (. Tab. 5.1–5.4). Besonders interessant ist dabei das Ergebnis zur Frage, ob die RuhrUniversität Bochum eher zum »Wohlfühlen« oder eher »abwesend« sei. Hier konnten besonders starke, für die Entwicklung der RuhrUniversität Bochum positive Effekte gezeigt werden.

77

5

5.5 · Beispiele aus der Praxis

. Tabelle 5.3. Evaluationsergebnisse von Borakel, Modul B (Studiengang); N = 344 B1. Bewertung der Rückmeldung von Modul B Item

Prozent

Hinweise auf Neues bei der Passung zu Studiengängen: eher selten

74

Beachtung der Ergebnisse bei der Wahl des Studienganges: eher selten

73

Entscheidung für ein Studium in der RUB hat sich erhöht

26

Entscheidung für ein Studium an der RUB hat sich verringert

6

Eine Hochschule soll so etwas anbieten

98

. Tabelle 5.4. Evaluationsergebnisse von BORAKEL B2. Veränderung der Bewertung der Ruhr-Universität durch die Bearbeitung von Modul B Item

Prozent

Ruhr-Uni eher leistungsstark, vorher

67

Ruhr-Uni eher leistungsstark, nachher

84

Ruhr-Uni eher zum Wohlfühlen, vorher

30

Ruhr-Uni eher zum Wohlfühlen, nachher

70

Beispiel

Die Ziele Zur weiteren Verbesserung des Arbeitgeber-Images der »Deutsche Post World Net« (DPWN) sollen potenzielle Bewerber erfahren, dass DPWN ein modernes, internationales und leistungsstarkes Dienstleistungsunternehmen ist, das seine Mitarbeiter fordert und fördert. Dazu werden im Rahmen einer Gesamtstrategie auch die modernen Möglichkeiten des Internets genutzt, um diese Informationen in einer indirekten, reaktanzfreien Form zu vermitteln. Die Teilnehmer sollen durch die Bearbeitung dieser Internet-Tools auch einen unmittelbaren individuellen Nutzen erleben. Dieser hängt von der jeweiligen Zielgruppe ab. In der Zielgruppe »Hochschulabsolventen und (junge) Berufstätige« werden dazu vor allem Hinweise über die persönlich passende berufliche Orientierung geboten. Für Schulabgänger steht die verbesserte Information über die persönliche Passung zu den bei der DPWN angebotenen Ausbildungsberufen im Zentrum. 6

Der »Explorer« der Deutschen Post World Net

78

Kapitel 5 · Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter

Die Durchführung

5

Entsprechend den beiden Zielgruppen werden 2 unterschiedlich konzipierte Tools angeboten: 5 Für Hochschulabsolventen und junge Berufstätige bieten die »Self-Explorer«-Module eine unterhaltsame Kombination aus Information und Interaktion. Zu den Themen »interkulturelle Kompetenz«, »Führungslaufbahn oder herausfordernde Fachkarriere, was passt zu mir?« können interessierte User wichtige Erkenntnisse über sich sammeln und damit ihre eigene Passung zu einer evtl. auch internationalen Führungslaufbahn prüfen. Das 3. Modul »Work-Life-Balance« hilft dann zu erkennen, wie es um die persönliche Haltung zu diesem für die Karriereaspiration wichtigen Bereich bestellt ist, und wie diese sich über die Lebensspanne hinweg verändern kann. 5 Im »Ausbildungsexplorer« erhalten die Schüler neben einem Überblick über die Ausbildungsberufe bei der Deutsche Post World Net die Möglichkeit zu einem Self-Assessment, in dem die diagnostisch relevante Informationserhebung mit spielerischen, bei der Bearbeitung Spaß machenden Elementen verknüpft ist. Auf dieser Basis können sie anschließend besser beurteilen, welche dieser Berufe besonders gut zu ihren Interessen, Neigungen und Fähigkeiten passen. Die Teilnehmer an diesen Tools sollen sich auch emotional angesprochen fühlen, und es war daher wichtig, den Tools auch einen persönlichen Touch zu geben, um damit die Übermittlung der relevanten Botschaften über die Deutsche Post World Net als Arbeitgeber zu unterstützen.

Die Ergebnisse In einer umfangreichen Evaluationsstudie hat sich gezeigt, dass die »Explorer«-Module die jeweils intendierte Zielgruppe optimal ansprechen. Insbesondere die mit Infotainment-Tools oft nicht leicht zu erreichende und für die DPWN sehr interessante Gruppe der »Professionals« konnte gut erreicht werden. Bei etwas mehr als der Hälfte der Nutzer dieser »Explorer«-Module handelt es sich um Personen, die sich aktuell auf Jobsuche befinden und einen für die Deutsche Post World Net sehr interessanten Ausbildungshintergrund haben.

79 5.6 · Unsere Erfahrungen

5.5.3

Die »Explorer« der DPWN

Die »Explorer«-Module der Deutschen Post World Net, die im nächsten Beispiel näher vorgestellt werden, wurden als Employer-Branding-Maßnahme konzipiert. Sie dienen der Optimierung des Arbeitgeberimages und sprechen vor allem junge Berufstätige, Hochschulabsolventen und angehende Auszubildende an, drei für die Deutsche Post World Net besonders interessante Zielgruppen. Dass die positive Ansprache genau dieser Zielgruppen gut gelungen ist, konnte im Rahmen einer Evaluation nachgewiesen werden.

5.6

Unsere Erfahrungen: Was bei Online-Tools für das Personalmarketing besonders wichtig ist

Wenn man gemäß der hier dargestellten Konzeption aktiv Personalmarketing gestalten möchte, empfehlen wir die besondere Beachtung folgender Punkte: 5 Die Ziele sind ganz genau zu klären, viel präziser als man das bei klassischen Personalmarketingmaßnahmen im Internet üblicherweise tut; vor allem darf die »Schönheit« oder Eleganz von Wettbewerbsaufgaben nicht die eigentlich mit minimaler Reaktanz zu übermittelnden Botschaften überdecken. > Bei Anbietern immer auf Kompetenz in »Sonderanfertigungen« achten!

5 Wir empfehlen bei Einführung von Online-Recruitingtools den bisherigen Recruiting-Prozess insgesamt mit zu berücksichtigen und bei Bedarf zu überdenken. Es ist oft nicht optimal, auf den alten Prozess an irgendeiner Stelle moderne Online-Tools aufzusetzen. Die heute verfügbaren Möglichkeiten solcher OnlineTools ermöglichen eine geschlossene Gestaltung des gesamten Prozesses vom Anlocken über Vor-, Zwischen- und Endauswahl bis hin zur Fundierung effizienter Personalentwicklung (s. dazu Kirbach et al., 2004). Die systematische Abstimmung aller Teilschritte ermöglicht die besten Resultate. 5 Die Kooperation der Recruiter muss sichergestellt sein; hier kann es emotionale Probleme geben, weil manche Recruiter, die in der »alten« Welt des Anlockens und Auswählens von Personen erfolgreich tätig sind, bei Nutzung neuer Technologien mit ganz anderen Vorgehensweisen Bedenken haben können. Nach unseren Erfahrungen ist hier durch eine sachgerechte Aufklärung aber sehr viel an Unterstützung zu gewinnen. Dies trifft vor allem dann zu, wenn die Recruiter aus solchen Tools echten Nutzen für ihre Arbeit ziehen können, wie sie etwa durch die automatische Erstellung individualisierter Interviewleitfäden, die

5

80

Kapitel 5 · Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter

auf den im Internet gemachten Angaben der Bewerber aufbauen, gegeben werden können (s. Kirbach et al., 2004). > Die IT-Tools müssen sich an die Bedarfe des Recruitings anpassen, nicht umgekehrt!

Die besten Lösungen gelingen, wenn die manches Mal in Großunternehmen an ganz unterschiedlichen Stellen verteilten Verantwortlichkeiten für Employerbranding, Personalmarketing, -auswahl und -entwicklung für die Gestaltung eines solchen Tools kooperieren.

5 5.7 Nachteile des Internetrecruitings

Probleme für kleine und mittelständische Unternehmen

Nachteile für KMUs

Bei all diesen Vorteilen darf aber auch nicht übersehen werden, dass das Internetrecruiting auch ein erhebliches Problem mit sich bringt. Die hier beschriebenen Tools für das Personalmarketing setzen voraus, dass der Interessent überhaupt erfährt, dass ein bestimmtes Unternehmen ein entsprechendes Informations- oder Beratungstool im Netz anbietet. Die »Großen« haben damit keine Probleme. Sie sind als potenzielle Arbeitgeber bestens bekannt, und jeder Stellensuchende wird von sich aus die Homepage dieser Unternehmen aufsuchen und damit auch die dort angebotenen Beratungstools kennenlernen. Sofern es darum geht, unabhängig von diesem aus Sicht des Unternehmens »passiven« Weg neue Zielgruppen zu erschließen, haben die »Großen« auch dafür die entsprechenden Möglichkeiten, um z. B. »Wettbewerbe« mit geeigneten Werbeinstrumenten vielen Personen der Zielgruppe bekannt zu machen. Werden diese Tools zum »Anlocken« mit entsprechend leistungsfähigen Online-Auswahlverfahren mit schnellen Entscheidungszeiten kombiniert, sind die »Großen« in der Lage, sich die besonders interessanten Bewerber sehr schnell zu sichern. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) haben demgegenüber erhebliche Nachteile. Das aktive Aufsuchen ihrer Homepage durch Bewerber ist im Allgemeinen wegen ihrer nur geringen Bekanntheit nicht gegeben, sodass ihre Angebote dieser Art im Netz nicht gefunden werden. In Anbetracht der für das einzelne Unternehmen nur geringen Einstellungszahlen macht es auch betriebswirtschaftlich keinen Sinn, elaborierte Tools zum »Anlocken« zu entwickeln, und noch weniger können sie aus diesem Grund die dafür notwendige Werbung in vergleichbar effektiver Weise machen wie Großunternehmen. Daraus wird sich zunehmend das Problem ergeben, dass die »Kleinen« bezüglich der Gewinnung begehrter Bewerberteilgruppen (z. B. Ingenieure oder bestimmte Spezialisierungen von Betriebswirtschaftlern) noch weiter als bisher ins Hintertreffen geraten. Hier liegt ein noch ungelöstes Problem vor, obwohl gerade Online-Tools die Möglichkeit bieten würden, besonders für kleine und mittlere Unternehmen geeignete Bewerber »anzulocken« (vgl. auch

81

5

5.8 · Ausblick: Grenzen von Online-Tools

Beispiel zu »Aufgaben des Wettbewerbs«). Auch ist keineswegs jeder hochleistungsfähige Ingenieur von seiner Persönlichkeit her in einem Großunternehmen besser aufgehoben als im Mittelstand mit einem ganz anderen Aufgabengebiet, und für viele Personen mit Führungsaspiration kann es viel befriedigender sein, in einem kleinen Unternehmen schnell eine breite Verantwortung zu übernehmen, anstatt lange Jahre oder vielleicht auch für immer in ganz kleinen Teilen eines großen Unternehmens tätig zu sein. Es wäre wünschenswert, dass hier, vielleicht auch unterstützt durch die öffentliche Hand, ein Ausgleich für den Mittelstand erfolgt. > Sinnvoll für kleinere Unternehmen: Verbünde für Personalmarketing bilden!

5.8

Ausblick: Grenzen von Online-Tools

Die allgemeinen Vorteile solcher Tools für das Personalmarketing sind offensichtlich. Allerdings gibt es nach den bisherigen Erfahrungen einige Zielgruppen, die sich in dieser Form nicht erreichen lassen. Eine davon ist die typische Headhunter-Klientel. Wer als erfolgreiche Führungskraft oder herausragender Spezialist gewohnt ist, dass er um sein Interesse an einer Position gebeten wird, wird im Allgemeinen nicht dazu neigen, sich an irgendeiner Art von »Massenmarketingmaßnahme« im Internet zu beteiligen. Diese Vermutung wird dadurch gestützt, dass bei den bisher von uns durchgeführten Projekten ein deutlicher Abfall der Beteiligung zwischen dem 40. und dem 45. Lebensjahr festzustellen ist. Eine andere, nur bedingt durch diese Tools erreichbare Zielgruppe, sind Bewerber für sehr einfache Tätigkeiten, da hier meist nur im unmittelbaren lokalen Umfeld gesucht wird und die für diese Zielgruppen übliche und zum Teil sicher oft auch angemessene Art einer sehr verhaltensnahen Eignungsdiagnostik weniger auf mit Internettools erfassbaren psychologischen Konstrukten aufbaut. Eine Voraussetzung für die weitere Verbreitung wird allerdings sein, dass die Unternehmen sorgfältiger als bisher die zu sendenden »Botschaften« und die damit angestrebten Ziele definieren, was entsprechende maßgeschneiderte Lösungen voraussetzt. Es wird daher vermutlich im Bereich des Personalmarketings immer weniger Standard-Tools geben, sondern Sonderentwicklungen speziell für ein einzelnes Unternehmen. Aufgrund der nachweisbaren positiven Wirkungen der hier vorgestellten Konzeption für das Personalmarketing (und die ebenfalls nachweisbaren Steigerungen der Effizienz und Treffsicherheit integrierter Personalgewinnungsprozesse mit Online-Tools) besteht kein Zweifel, dass sich diese Formen des Personalmarketings in Zukunft verstärkt durchsetzen werden. Die inzwischen fast vollständig er-

Wer wird nicht erreicht?

Verstärkte Durchsetzung von Online-Tools in der Zukunft

82

Kapitel 5 · Online-Tools zur Gewinnung passender Mitarbeiter

reichte Verbreitung der Internetnutzung in den dafür interessanten Zielgruppen schafft die noch vor wenigen Jahren problematische technische Voraussetzung dafür, sodass heute einer breiten Anwendung nichts mehr im Wege steht.

Literatur

5

Braddy, Ph. W., Thompson, L.F., Wuensch, K. L. & Grossnickle, W. F. (2003). Internet Recruiting. The Effects of Web Page Design Features. Social Science Computer Review, 21(3), 374–385. Hertel, G. & Jonradt, U. (Hrsg). (2004). Human Resource Management im Inter- und Intranet. Göttingen: Hogrefe. Kanak, G. S. (2005). Summation of Online Recruiting Practices for Health Care Organizations. The Health Care Manager, 24(3), 257–267. Kirbach, C. & Montel, C. (2002). PERLS – Ein neues System für das InternetRecruiting und -Assessment. Wirtschaftspsychologie, 9(1), 39–43. Kirbach, C. & Montel, C. (2003). Das Internetrecruitingtool PERLS. In: John Erpenbeck & Lutz von Rosenstiel (Hrsg.). Handbuch Kompetenzmessung (S. 460–470). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Kirbach, C. & Montel, C. (2005). Die Internetplattform PERLS. In: W. Sarges & H. Wottawa (Hrsg.). Handbuch wirtschaftspsychologischer Testverfahren, 2. Aufl. (S. 879–892). Lengerich: Pabst. Kirbach, C. & Rothermel, K. (2005). Nachwuchs quo vadis? In: A. Gourmelon, C. Kirbach & S. Etzel (Hrsg). Personalauswahl für den öffentlichen Sektor. Baden-Baden: Nomos. Kirbach, C., Montel, C., Oenning, S. & Wottawa, H. (2004). Recruiting und Assessment im Internet. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Montel, C. (2003). gep - Der Kommunikationsmanager. Bochum: Eligo. Montel, C. (2006). Empirische Fundierung eignungsdiagnostischer Entscheidungen: Multiple Cutoffs als Basis einer lernfähigen Diagnostik. Bochum: Ruhr-Universität, Fakultät für Psychologie.

Montel, C., Debo, S. & Steinweg, S. (2005). Persönlichkeitstestung und automatisierte Beratung im Internet. In: K.-H. Renner, A. Schütz, A. & F. Machilek (Hrsg.). Internet und Persönlichkeit (S. 284–297). Göttingen: Hogrefe. Stiftung Warentest (2007, März). Eignungsprüfung im Netz, Weiterbildungstest ONLINE, http://www. test.de/themen/bildung-soziales/weiterbildung/test/-Onlinetests-zur-Selbsteinschaetzung/1493119/1493119/1496244/ Wild, B., Fontaine, A. de la & Schafsteller, C. (2001). Fishing for Talents: Internet- Recruiting auf neuen Wegen. Personalführung, 34(1), 66–70.

83

Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich Heinke Steiner 6.1

Einleitung – 84

6.2

Beispiel Ingenieure im Pharmabereich – 85

6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4

Personalmarketingaktivitäten bei der Firma Roche – 85 Anwerben von Ingenieurstudenten – 86 Auswahl mit »Recruitainer« – 87 Kosten-Nutzen-Betrachtung – 92

6.3

Online-Recruiting – Tipps für kleinere Budgets – 93

6.3.1 6.3.2 6.3.3

Einsatz von Online-Bewerbungsformularen – 93 ASP-Lösung – 94 Self-Assessments – 94

6.4

Ausblick – 94 Weiterführende Literatur – 96

6

84

Kapitel 6 · Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich

Einleitung

6.1

Rekrutierung von High Potentials

6

Employer Branding

Auf dem Arbeitsmarkt tobt wieder der »War for talents« (Michaels, Handfield-Jones & Beth Axelrod, 2001). Genauso wie Ende der 1990er Jahre Unternehmen um Informatiker konkurrierten, sind es diesmal Ingenieure, um die es geht. Laut VDI verzeichnet der Arbeitsmarkt momentan 24.000 offene Stellen für Ingenieure. Tendenz steigend. Seit Jahren stagniert die Absolventenzahl und es gibt mehr Ingenieure, die bereits über 50 Jahre alt sind als Ingenieure unter 35. Das bedeutet, dass sich die Lage in Zukunft, wenn man die aktuelle Situation fortschreibt, weiter verschärfen wird. Um die High Potentials zu rekrutieren, die das Unternehmen voranbringen, müssen sich Arbeitgeber ins Blickfeld der Bewerber rücken. Damit die gesamten Aktivitäten eines Unternehmens ein einheitliches Gesicht erhalten und dadurch im Gedächtnis der Zielgruppe verhaftet bleiben, wurde in den letzten Jahren der Fokus auf das sog. Employer Branding gelegt. Unter der Lupe Employer Branding befast sich damit, Unternehmen zu einer Marke auszubilden. Viele Unternehmen z. B. im Consumer Bereich produzieren bekannte Markenprodukte, die jedoch beim Konsumenten nicht mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht werden. Damit das Unternehmen stärker ins Blickfeld von Bewerbern rückt, werden Strategien erarbeitet, die unter dem Stichwort »Employer Branding« zusammengefasst werden.

Unternehmensmarke als Bewerbermagnet

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2004 zeigte, dass die Bekanntheit einer Unternehmensmarke die Entscheidung, sich bei einem Unternehmen zu bewerben, positiv beeinflusst. Die Unternehmensmarke hat dabei die Funktion, die Informationsfülle zu reduzieren und das Risiko einer Fehlentscheidung zu minimieren. Wenn Bewerber sich auf dem Arbeitsmarkt orientieren, haben sie in der Anfangsphase die bekannten Marken vor Augen. Erst im späteren Verlauf der Arbeitsuche wenden sie sich auch Unternehmen zu, die keine bekannten Produktmarken haben, kleiner oder in Nischen aktiv sind. Beispiel Im Bericht »Employer Branding 2006« wurde von der Firma TNS Infratest untersucht, welche Arbeitgeber von High Potentials als besonders attraktiv eingestuft werden. An der Online-Befragung nahmen 2009 Stipendiaten des Online-Netzwerkes »e-fellows.net« teil, vor allem Studierende der Wirtschaftswissenschaften, der Naturwissenschaften und des Ingenieurwesens. Zuerst wurden die gewünschten Anforderungen an den Arbeitgeber bzw. den Arbeitsplatz erhoben. Dabei zeigte sich, 6

85

6

6.2 · Beispiel Ingenieure im Pharmabereich

dass vor allem das Arbeitsklima wichtig ist, gefolgt von herausfordernden Aufgaben, guten Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen. Am wenigsten wichtig erschien den Stipendiaten die Zahl der Urlaubstage, die Zusatzleistungen oder der Börsenerfolg des Unternehmens. Die Bekanntheit der Produkte und das Unternehmensimage spielten in der bewussten Bewertung der Befragten keine Rolle. Allerdings zeigte sich, dass diese Faktoren bei der Auswahl der Top-Arbeitgeber einen großen unbewussten Einfluss haben. Unternehmen mit bekannten Produktmarken werden häufiger als Wunscharbeitgeber genannt. Porsche liegt beispielsweise bei allen Befragten bereits zum 2. Mal an der Spitze der Top-Arbeitgeber.

6.2

Arbeitsklima herausfordernde Aufgaben gute Weiterbildungsmöglichkeiten Aufstiegschancen

Top-Arbeitgeber

Beispiel Ingenieure im Pharmabereich

Ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wie sehr Produktmarken die Wahl des Arbeitgebers beeinflussen, stellen Ingenieure dar. Welcher Maschinenbauingenieur aus Bayern möchte nicht gerne bei BMW arbeiten? Genauso denken Studenten im Fach Elektroingenieurwesen als erstes an Siemens, wenn sie sich ihren Wunscharbeitgeber vorstellen. Unternehmen, die nicht typischerweise mit Ingenieurberufen assoziiert werden, haben es da schwer, diese Zielgruppe zu erreichen. In der Pharmabranche, die sich in den letzten Jahren immer mehr technologisch ausgerichtet hat und neben der reinen Arzneimittelherstellung auch verstärkt in den Bereichen Diagnostik, und Medizingeräte aktiv ist, kann man erkennen, wie schwierig es ist, als Außenseiter in den Fokus von Ingenieuren zu gelangen.

6.2.1

Personalmarketingaktivitäten bei der Firma Roche

Seit Ende der 1990er Jahre hat sich ein Kommunikationskanal im Personalmarketing besonders herausgestellt: die Karriereseiten des Unternehmens im Internet. In den Anfängen des Internets begnügte man sich damit, die Stellen auf der eigenen Homepage auszuschreiben. Bewerbungen wurden lieber mit der Post erhalten. Innovative Unternehmen gaben auch E-Mail-Adressen an, an die Bewerber ihr Anschreiben mit vielen Dateianhängen senden konnten. Inzwischen sind Bewerbungsformulare auf Unternehmenshomepages nicht mehr wegzudenken, und die meisten Unternehmen bieten eine Fülle von Informationen an, damit sich Bewerber vorab ein genaues Bild über das Unternehmen machen können. Vor allem im Bereich der Hochqualifizierten stellt die Homepage eines Unternehmens seine Visiten-

Karriereseiten der Unternehmen im Internet, digitale Bewerbung

86

Kapitel 6 · Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich

karte dar. Bewerbungen von Hochschulabsolventen laufen fast ausschließlich online ab. Wer dabei einen guten Eindruck macht, kann die Bewerber für sich gewinnen. > Große Bewerbermessen haben nur noch wenig Zulauf von guten Studenten. Unternehmen sind gut beraten, wenn sie individuelle Veranstaltungen für ihre Zielgruppe organisieren.

Bei der Firma Roche Diagnostics kann man sich nicht nur online bewerben, sondern sich auch erkundigen, bei welchen Anlässen sich das Unternehmen vorstellt, wo man die Mitarbeitenden direkt ansprechen kann.

6

Personalmarketingaktivitäten 5 5 5 5 5 5

Karrieremessen Hochschulevents Seminare für Studierende Tag der offenen Tür Nacht der Ausbildung Exkursionen

Speziell für Ingenieurstudierende wurden und werden von Roche Diagnostics Seminare durchgeführt, bei denen Kontakte zu potenziellen Praktikanten/Diplomanden und späteren Mitarbeitenden geknüpft werden. Recruiting-Game

Im Folgenden soll ein Seminarprojekt vorgestellt werden, bei dem die Vorauswahl der Teilnehmer/-innen seitens HR-Marketing im Jahr 2004 über einen spielerischen Online-Test, ein sog. Recruiting Game, erfolgte.

6.2.2

Anwerben von Ingenieurstudenten

Um für ein geplantes Seminar zum Thema »Marketing« Ingenieurstudierende zu rekrutieren, entschied sich Roche Diagnostics für den Einsatz eines innovativen Online-Assessments. Die alpha-test GmbH war Partner dieses Projektes und betreute alle Aktivitäten rund um die Auswahl der Seminarteilnehmer. Im ersten Schritt wurde eine Seminarhomepage im »look and feel« von Roche Diagnostics entwickelt. Die Homepage war sowohl über die Karriereseiten des Unternehmens als auch über einen extra Link aufrufbar. Sie enthielt Informationen zu den Seminaren, allgemeine Informationen zu Roche und Informationen über Stellen und Bewerbungsablauf.

87

6

6.2 · Beispiel Ingenieure im Pharmabereich

Über das Studentennetzwerk e-fellows.net wurden Ingenieurstudierende angeschrieben und auf das Seminarangebot aufmerksam gemacht.

Studentennetzwerk e-fellows.net

> Bei dem Studentennetzwerk »e-fellows.net« können Unternehmen Partner werden und davon profitieren, dass Informationen, z. B. Events oder Stellenausschreibungen, zielgruppengerecht verteilt werden.

Die Bewerbung für das Seminar erfolgte über das Online-Assessment »Recruitainer«. Bei dem Tool »Recruitainer«, sind die Tests und die Abfrage der Lebenslaufdaten in eine Story eingebettet. Beispiel »Sie befinden sich im Anflug auf New York…«. So beginnt die Geschichte, die das Online-Assessment »Recruitainer« umspannt. Der Kandidat sieht beim Start des Tools die Erde aus der Perspektive eines Flugzeugpassagiers, die Erde kommt immer näher und schließlich erfolgt die Landung auf dem New Yorker Flughafen... Bei der Landung muss der Passagier sich registrieren und kann dann den Weg forsetzen. Er stellt fest, dass er seinen Geldbeutel mit Geld und der Adresse fürs Hotel verloren hat und muss nun anhand von Erinnerungsstücken sein Hotel finden. Es geht weiter mit Sehenswürdigkeiten von New York wie dem Central Park, dem Guggenheim Museum etc. An allen Stationen löst der Kandidat Aufgaben und beantwortet Fragen (7 Abb. 6.1). Am Ende des ereignisreichen Tages geht der Kandidat in sein Hotel zurück, das Spiel ist zu Ende. Der Kandidat erhält eine Kurzauswertung der psychologischen Tests und ein Ranking hinsichtlich der Aufgaben, bei denen die Richtigkeit der Antworten ausschlaggebend war.

Für Ingenieurstudierende stellt Recruitainer ein realitätsnahes Szenario dar, das mit abwechslungsreichen Aufgaben einen positiven Eindruck von dem Unternehmen Roche vermittelt. Das Anwerben mit diesem Ansatz war gelungen, denn statt der erwarteten 50‒100 Bewerbungen lagen letztendlich 350 »auf dem Tisch« bzw. in der Datenbank. Die galt es, im nächsten Schritt zu bewerten und daraus die Seminarteilnehmer auszuwählen.

6.2.3

Auswahl mit »Recruitainer«

Das Online-Assessment »Recruitainer« vereint Selbstbeschreibungsbögen und Leistungstests. Dabei werden Dimensionen aus den Be-

Recruitainer

88

Kapitel 6 · Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich

6

. Abb. 6.1. Beispiel einer Aufgabe aus »Recruitainer«

reichen Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz (. Tab. 6.1) berücksichtigt, die bei Hochschulabsolventen relevant sind. Zusätzlich zu den Standardtests, die in das Tool integriert sind, hatte das Unternehmen die Möglichkeit, eigene Schwerpunkte zu setzen, dargestellt in nachfolgender Übersicht.

Veränderbare Aspekte aus Recruitainer 5 Lebenslaufabfragen wurden auf die Bedürfnisse von Roche Diagnostics zugeschnitten 5 Offene Fragen an die Kandidaten wurden in Form von EMails in die Story integriert 5 Über einen Chat konnten Nachfragen erfolgen

89 6.2 · Beispiel Ingenieure im Pharmabereich

. Tabelle 6.1. Online-Assessment »Recruitainer« Kompetenz-

Kompetenz

Beschreibung

Planung und Organisation

Planungskompetenz bedeutet, darauf zu achten, dass in dem erstellten Plan auch alle wichtigen Vorbedingungen und notwendigen Teilschritte berücksichtigt werden.

Analytisches Denken

Dieses Merkmal beschreibt, inwieweit Personen in der Lage sind, komplexe Aufgaben sinnvoll in Teile zu gliedern, d. h. so zu strukturieren, dass aus den erkannten Zusammenhängen und Unterschieden der Elemente zielführende Handlungsschritte abgeleitet werden können.

Entscheidungssicherheit

Diese Skala befasst sich mit dem Selbstmanagement des Kandidaten, speziell mit der Art und Weise, wie der Kandidat sich in Entscheidungssituationen verhält.

Kontaktaufnahme

Dieses Merkmal beschreibt die Fähigkeit und Präferenz des Zugehens auf bekannte und unbekannte Menschen.

Kommunikationsvermögen

Dieses Merkmal beschreibt die Fähigkeit, auch in unerwarteten Situationen flexibel reagieren zu können. Dies umfasst auch, auf neue Interaktionspartner schnell und angemessen eingehen zu können und unterschiedliche Einstellungen und Meinungen des Gesprächspartners zu berücksichtigen.

Durchsetzungsstärke

Diese Kompetenz erfasst das Bemühen, eigene Ansichten und Standpunkte mit Engagement gegenüber anderen zu vertreten, um sie in der Praxis tatsächlich zu verwirklichen. Eigene Zielstellung wird beharrlich vorangetrieben, mit treffenden Argumenten werden andere von der eigenen Position überzeugt und deren Unterstützung erzielt.

Konzentration

Personen mit einer hohen Ausprägung auf dieser Skala erweisen sich bei der Planung und Durchführung von Tätigkeiten als höchst gewissenhaft und verlässlich. Sie versuchen, jede begonne Arbeit so gründlich und präzise wie möglich zu bearbeiten. Störeinflüsse werden ausgeschaltet und alle verfügbaren Ressourcen auf die zu bearbeitende Aufgabe fokussiert.

Kreativität

Kreativität bezeichnet die Fähigkeit, vorhandene Informationen und Komponenten in neuartiger Weise zu verarbeiten, sodass neue, ungewöhnliche, aber angemessene und nützliche Produkte oder Lösungsvarianten entstehen.

Stressresistenz

Diese Eigenschaft beschreibt den Grad der Empfindlichkeit gegenüber Leistungsdruck und Stress. Personen mit hoher Stressresistenz sind auch großen Belastungen gegenüber sehr unempfindlich. Sie haben Strategien entwickelt, um auch bei höchsten Anforderungen und unter Zeitdruck gute Leistungen zu erbringen.

Internale Kontrollüberzeugung

Diese Disposition beschreibt die Neigung, sich als Initiator zu erleben. Personen mit ausgeprägten Neigungen in dieser Richtung zeichnen sich durch starke Machbarkeitsüberzeugungen aus. Sie tendieren dazu, das Zustandekommen von Vorgängen und Handlungsresultaten eher eigenen Initiativen, Kompetenzen oder Fähigkeiten zuzuschreiben als äußeren Umständen oder dem Dazutun anderer Personen. Internale Kontrollüberzeugung macht Menschen zu Akteuren, die nach Selbstständigkeit und Verantwortung in ihrem Beruf streben.

bereich Methodenkompetenz

Sozialkompetenz

Persönliche Kompetenz

6

90

Kapitel 6 · Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich

. Tabelle 6.1. Fortsetzung Kompetenzbereich

Kompetenz

Beschreibung

Motivationsbereich

Leistungsmotivation

Hierunter versteht man die Bereitschaft, sich bevorzugt mit solchen Aufgaben des Arbeitslebens auseinanderzusetzen, die für eigene Fähigkeiten und Kompetenzen eine Herausforderung darstellen und gute Realisierungschancen besitzen.

Anforderungen definieren Hard Facts, Soft Skills

6

Es wurden Kriterien festgelegt, nach denen die Auswahl zu erfolgen hatte. In erster Linie wurden Anforderungen an die sog. Hard Facts, also den Lebenslauf, festgelegt. Berücksichtigt wurden dabei 5 Hauptstudium, 5 Vordiplomsnoten, 5 Semesterzahl. Im zweiten Schritt wurden die Anforderungen bei den Soft Skills festgelegt. Anhand der Dimensionen, die mit Recruitainer erfasst werden, wurden die Mindest- und Höchstwerte festgelegt. > Die Anforderungen an einen Bewerber noch vor dem Eingang der ersten Bewerbung genau definieren und Verfahren festlegen, mit denen man das Erfüllen der Anforderungen zuverlässig prüfen kann.

Das Gesamtprofil, das sowohl Hard Facts als auch Soft Skills umfasste, wurde im Testsystem hinterlegt (. Abb. 6.2). Eine automatische Matching-Funktion wurde aktiviert, sodass die Kandidaten, sobald sie den Test durchlaufen hatten, mit dem Anforderungsprofil verglichen wurden. Schaute ein Mitarbeitender des Unternehmens in die Datenbank, konnte er wählen, ob er sich alle Bewerberprofile anschauen möchte oder sich auf die passenden beschränkt. Aufgrund der hohen Bewerberzahl mussten die Anforderungen im Verlauf des Auswahlprozesses strenger formuliert werden. Nach Ablauf der Bewerbungsphase wurden 50 Bewerberprofile, die am besten zu dem vorgegebenen Profil passten, genauer ausgewertet. Zur endgültigen Auswahl wurden weitere Informationen wie Telefongespräche und Informationen, die das Online-Netzwerk e-fellows seinen Partnerunternehmen bereitstellt, verwertet. Da es sich um Teilnehmer eines Seminars handelte, wurde bei der Auswahl auch Wert auf eine gewisse Vielfalt hinsichtlich Fachrichtungen, Hobbies, Engagement und so weiter gelegt. Dies jedoch im Rahmen der vorher festgelegten Kriterien.

91 6.2 · Beispiel Ingenieure im Pharmabereich

. Abb. 6.2. Anforderungsprofil

Beispiel Testimonien von Bewerbern »… eines Online-Assessment-Centers finde ich super! Ich kann mir vorstellen, dass diese Form der Bewerbung Zukunft hat und bin dankbar dafür, dass ich es ausprobieren durfte!« (Heike K.) »Ich habe vorher noch nie an einem solchen Online-Assessment teilgenommen und war positiv überrascht.« (Martin B.) »Ihr neues Konzept, online ein Assessment zu organisieren, war sehr spannend und die Bewerbung hat mir sehr viel Spaß gemacht.« (Christoph P.) »Bis dato habe ich noch an keinem Online-Testverfahren teilgenommen. Die Idee und die Umsetzung finde ich sehr gut.« (Ferdinand B.) »Ich habe das Bewerbungsspiel durchlaufen und finde es im Ganzen mal eine nette Alternative zum üblichen CV/Bewerbungsbrief-Ablauf. Es ist durchaus gelungen und stellt Anforderungen an verschiedene Fähigkeiten. Besonders der Stressresistenztest hat mir sehr gut gefallen.« (Matthias K.) »Ich habe heute an dem Online-Test teilgenommen und fand die Realisierung sehr gelungen. Mit Sicherheit hat bei mir der »Recruitainer« Vorurteile gegenüber Online-Tests abgebaut. Die Bedienbarkeit des Programms kann ich nur als hervorragend 6

6

92

Kapitel 6 · Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich

bezeichnen, es ergaben sich trotz zahlreicher verschiedener zu bearbeitender Aufgaben an keiner Stelle Probleme. Ebenfalls als sehr positiv bewerte ich, dass das Programm nicht ein einziges mal Fehler anzeigte, Eingaben zurückgewiesen hat oder gar abstürzte – obwohl man dieses als selbstverständlich erwartet, macht man leider sehr oft bei den einfachsten Online-Formularen mit dem Gegenteil Erfahrung.« (Michael K.) »Ich habe vor kurzem am Bewerbungsverfahren teilgenommen und fand die Idee wirklich witzig … zumindest um einiges unterhaltsamer und kurzweiliger als die endlosen Fragebögen mancher Firmen, bei denen man 100-mal gefragt wird, ob man nun ein kommunikationsfähiger oder ein teamfähiger oder doch eher ein leistungsorientier Mensch ist (trifft nämlich eigentlich immer alles zu …).« (Isabelle G.)

6

6.2.4 Werbeeffekt spielerischer Recruiting-Tools

Kosten-Nutzen-Betrachtung

Oft wird der Einsatz von Online-Tests und anderen Recruiting-Tools von Mitarbeitern eines Unternehmens skeptisch betrachtet. In dem beschriebenen Praxisbeispiel war das anfangs genauso. Es zeigte sich jedoch, dass die Entscheidung für ein spielerisches Assessment-Tool für die Zielgruppe Ingenieurstudierende genau passend war. Ähnliche Erfahrungen wurden auch von der Firma Siemens gemacht, die mit dem Recruiting Game »Challenge Unlimited« über die Erwartung weit hinausgehende Bewerberzahlen erreicht haben (s. Wottawa et al., 2004). Erstens wurde ein großer Werbeeffekt erzielt. Statt der erwarteten 50–100 Bewerbungsunterlagen, die bei einem traditionellen Verfahren mit Papierbewerbung eingegangen wären, erhielt das Unternhemen rund 350 elektronische Bewerbungen. Da es sich bei dem Seminar um eine Maßnahme handelte, die das Ziel verfolgte, das Unternehmen bei Ingenieurstudierenden bekannt zu machen, wurde das Ziel erreicht. Um einen vergleicharen Werbeeffekt durch Anzeigen in der Presse zu erhalten, müsste man 10-mal mehr finanzielle Mittel investieren. > Es hat sich herumgesprochen, dass es günstiger und trotzdem genauso wirksam ist, statt einer Stellenanzeige nur einen Link auf die Karriereseite des Unterhmens in der Tageszeitung zu schalten.

Kosteneinsparung durch automatisierte Abläufe

Der Einsatz des Tools als Auswahlinstrument hat einen weiteren finanziellen Nutzen gebracht. Bei herkömmlichen E-Mail- oder Papierbewerbungen wird jede einzelne Bewerbung gesichtet und nach den festgelegten Kriterien sortiert. Damit steigt der Aufwand mit jeder zusätzlichen Bewerbung. Das bedeutet auch, dass viele Bewerbende zwar für das Image des Unternehmens positiv sind, aber auf der

93

6

6.3 · Online-Recruiting – Tipps für kleinere Budgets

anderen Seite hohe Kosten bei der Auswahl produzieren. Mit einem Online-Tool, das über ein eingebautes Abgleichsystem (Matching) verfügt, bleiben die Kosten gleich, unabhängig davon, wie viele Bewerbungen eingegangen sind. Auch in diesem Fall überwog der Nutzenaspekt und die Kosten konnten gesenkt werden. Trotzdem darf nicht übersehen werden, dass die Schulung von in diesem Fall einem Mitarbeiter und dessen Einarbeitung in das System ebenfalls mit Kosten verbunden war. Es war jedoch nur ein einziger Mitarbeiter erforderlich, um die Auswahl der Seminarteilnehmer innerhalb kurzer Zeit vorzunehmen. Da das System auf dem Server des Dienstleisters liegt und als Mietlösung genutzt wurde, entstanden keine Kosten für die Integration in die vorhandene IT-Landschaft des Unternehmens. Je nach Zielsetzung und Strategie des Unternehmens ist es überlegenswert, ein Online-Test-System in die IT-Architektur zu integrieren. Miet-KaufEntscheidungen sind individuell zu treffen. Welche Lösung für kleine Budgets günstiger ist, soll im nächsten Punkt besprochen werden.

6.3

Online-Recruiting – Tipps für kleinere Budgets

Zahlreiche Beispiele in diesem Buch zeigen, wie Online-Assessments in großen Unternehmen eingesetzt werden. Das liegt daran, dass diese Unternehmen über Ressourcen in den Personalabteilungen verfügen, die sich mit neuen Trends und Methoden auseinandersetzen und größere Budgets für ausgefeilte Lösungen einsetzen können. Online-Recruiting im Allgemeinen und Online-Assessments im Speziellen bieten für alle Unternehmensgrößen Vorteile. Der wichtigste Vorteil ist zweifellos die Kostenersparnis durch ein vereinfachtes Handling der Bewerbungen. Große Unternehmen verknüpfen ihre Recruiting-Systeme mit zahlreichen anderen Anwendungen im Unternehmen, z. B. mit dem SAP-HR-Modul oder anderen Systemen. Wie auch bei geringerem Budget Vorteile durch Online-Systeme erzielt werden, soll im Folgenden aufgezeigt werden.

6.3.1

Einsatz von Online-Bewerbungsformularen

In kleinen Unternehmen, die keinen kontinuierlichen Personalbedarf haben, reicht es vielfach aus, einfache Online-Recruiting-Systeme zu installieren. Diese beinhalten zum Beispiel ein Bewerbungsformular und eine Datenbank, in der die Daten abgespeichert werden. Ist die Bewerberzahl bei jeder Stelle sehr hoch, kann eine automatische Matching-Funktion hinzugefügt werden. Die Personalabteilung kann für jede Stelle ein Profil anlegen, sodass nur die passenden Kandidaten angezeigt werden.

Mitarbeiterschulung

94

Kapitel 6 · Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich

6.3.2 Mietlösung

ASP-Lösung

Eine andere Möglichkeit, die sich kleineren Unternehmen anbietet, ist die zeitlich begrenzte Nutzung von Recruiting-Systemen als ASPLösungen (Application Service Provider = Anwendungsdienstleister). Dabei wird das System nicht auf dem Server des Unternehmens installiert, sondern bei einem Serviceanbieter gehostet. Das Unternehmen kann das System für einen bestimmten Zeitraum mieten und dabei alle Funktionen nutzen. > Mieten statt kaufen ist auch in diesem Fall günstiger, da Unternehmen flexibler bleiben und auf einen reduzierten Personalbedarf reagieren können.

6

Pay-per-use-Verfahren

Sowohl einfache Bewerbungsformulare als auch Online-Tests lassen sich als ASP-Versionen günstig mieten. Mehrere Anbieter von OnlineTests geben kleineren Unternehmen die Möglichkeit im Pay-per-useModus (Bezahlung pro Testdurchführung) bedarfsspezifisch Tests zu nutzen. Dabei steht den Nutzern eine breite Palette an Verfahren zur Verfügung. Sowohl Tests für Auszubildende als auch für Hochschulabsolventen und Führungskräfte befinden sich im Angebot. In . Tab. 6.2 werden ein paar Beispiele für Tests, die im Pay-peruse-Verfahren eingsetzt werden können, vorgestellt. Eine ausführliche Übersicht über die Anbieter von Online-Tests ist in ▶ Kap. 21 zu finden.

6.3.3

Self-Assessments

Um die Bekanntheit des Unternehmens bei potenziellen Bewerbern zu steigern, bietet sich der Einsatz von kurzen kostenlosen Self-Assessments an. Die Erfahrungen diverser Portale mit kostenlosen Online-Tests sind durchweg positiv (Dick, 2002; Steiner 2003). Die Tests sind interaktiv, liefern einen Erkenntniswert, sind unterhaltsam und bewirken, dass sich User mehr mit der Seite/dem Unternehmen befassen. Zudem erhöhen sie durch den Selbstselektionsaspekt die Anzahl der Bewerber, die mit größerer Wahrscheinlichkeit zur ausgeschriebenen Stelle passt. Potenzielle Bewerber, die erkennen müssen, dass sie den Anforderungen nicht genügen, nehmen von einer Bewerbung Abstand. > 7 Kap. 21 liefert eine Übersicht über Portale, die kostenlose Self-Assessments anbieten.

6.4 Vorteile für kleine und große Unternehmen

Ausblick

Der Einsatz von Online-Assessments bereits in der Phase der Bewerberansprache bietet zahlreiche Vorteile für kleine und große Unter-

95 6.4 · Ausblick

. Tabelle 6.2. Beispiele für Tests, die im Pay-per-use-Verfahren eingesetzt werden können Zielgruppe

Testname

Anbieter/Autor

Auszubildende

Wortschatztest Call Center

Harcourt Test Services Eligo GmbH

Hochschulabsolventen

Pro facts IQ BIP Management Case Studies

Pro facts GdbR Hogrefe Verlag Alpha-test GmbH

Führungskräfte

Postkorb ComNET CASA Arbeits- und Führungsstil CASA Simulation CaptainOnline

Alpha-test GmbH E.M. Media E.M. Media CNT Gesellschaften mbH

Vertriebsprofis

Sales and Communications Fragebogen zur beruflichen Motivation

Pro facts GdbR

nehmen. In den letzten 2 Jahren hat sich eine große Nachfrage von Unternehmensseite nach besseren und effizienteren Beurteilungssystemen entwickelt. Die Zahl der Anbieter von Testverfahren geht über die traditionellen Verlage hinaus und steigt ständig. Dabei muss man zwischen Anbietern von wissenschaftlich fundierten Tests und eher technisch orientierten Anbietern unterscheiden. Dabei können manchmal eine technische Sichtweise und ein vereinfachtes Handling einen größeren Beitrag zur Verbesserung der Auswahl darstellen als ein psychologisch fundiertes Testverfahren. Unternehmen sollten sich genau überlegen, welches ihr Schwerpunkt ist und das System danach auswählen. Im Personalmarketing geht es hauptsächlich darum, die Aufmerksamkeit potenzieller Bewerber in positiver Weise auf das Unternehmen zu richten. Werden hier Online-Tests eingesetzt, wird größerer Wert auf grafische Elemente, auf einen gewissen Unterhaltungswert und die persönliche Weiterentwicklung des Users gelegt. Die automatische Rückmeldung wird positiv im Hinblick auf Entwicklungsperspektiven formuliert. Vorteile beim Einsatz von Online-Assessments 5 Unternehmen erreichen eine größere Bewerberzahl, was gerade bei High Potentials wichtig ist. 5 Unternehmen zeigen, dass sie die Interessen der Bewerber ernst nehmen, und ihnen einen Mehrwert anbieten wollen. 5 Unternehmen stellen sich auf dem Bewerbermarkt als attraktiver Arbeitgeber dar. 5 Unternehmen senken ihre Rekrutierungskosten, weil die Zahl der ungeeigneten Bewerber durch die Selbstselektion abnimmt. 6

CNT Gesellschaften mbH

6

96

Kapitel 6 · Anwerben von Ingenieuren im pharmazeutischen Bereich

5 Unternehmen straffen ihren Auswahlprozess und senken dadurch Rekrutierungskosten. 5 Unternehmen haben aufschlussreiche Informationen über ihre Kandidaten und einen Leitfaden für das Vorstellungsgespräch. 5 Last but not least profitieren auch die Bewerber davon, weil sie ihre eigenen Stärken und Entwicklungspotenziale besser einschätzen können. Dadurch sehen sie evtl. von aussichtslosen Bewerbungen ab und konzentrieren sich auf Stellen, die zu ihnen passen. Letztlich gehen sie besser vorbereitet in die Vorstellungsgespräche hinein und erhöhen dadurch die Chance, ihre Wunschstelle zu finden.

6

Zahlreiche technische Möglichkeiten wurden in den letzten Jahren entwickelt, um die weltweite Kommunikation so einfach wie möglich zu machen, um dem Gespräch, der Face-to-face-Kommunikation möglichst nahezukommen. Unternehmen können diese Tools in Form von Chats, Foren oder Internetblogs nutzen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

Weiterführende Literatur Employer Branding (2006), Kooperationsprojekt von HHL, e-Fellows. net, tnsinfratest, Die Zeit. http:// apollo.zeit.de/chaka/pdf/Employer_Branding_2006_Summary.pdf Dick, J. (2002). Online-Assessment als Personalmarktinginstrument.

In L. Hünninghausen (Hrsg.). Die besten gehen ins Netz. Düsseldorf: Symposium Publ. Michaels, E., Handfield-Jones, H. & Beth Axelrod, B. (2001): The war for talent. Harvard: Harvard Business School Press.

Steiner, H. (2003). Online-Assessments im Personalmarketing, Wirtschaftspsychologie 2, 73–75 Wottawa, H., Kirbach, C., Montel, C. & Oenning, S. (2004). Recruiting und Assessment im Internet. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

III

Einsatzbereich Personalauswahl Kapitel 7

Einführung: Online-Tests in der Personalauswahl – 99 Heinke Steiner

Kapitel 8

Mehrstufiges Auswahlverfahren mit OnlineAssessments bei der Lufthansa – 105 Jürgen Wiedmann

Kapitel 9

Interne Stellenbesetzung innerhalb der Conergy Gruppe mit dem verhaltensbasierten Fragebogen »Predictive Index« – 127 Anja Wurow

Kapitel 10

Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG – 141 Heike Mönig, Sabine Gröben

99

Einführung: Online-Tests in der Personalauswahl Heinke Steiner 7.1

Traditionelle Auswahlmethoden – 100

7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4

Vorstellungsgespräch – 100 Assessment-Center – 100 Persönlichkeitsfragebogen – 101 Biografisches Inventar – 102

7.2

Online-Recruiting – 102 Weiterführende Literatur – 103

7

100

Kapitel 7 · Einführung: Online-Tests in der Personalauswahl

7.1

Auswahlmethoden

7

Traditionelle Auswahlmethoden

Vor nicht allzu langer Zeit gab es noch kein Internet. Und trotzdem kam es zu erfolgreichen Stellenbesetzungen. Wer mit dem Internet groß geworden ist, kann sich das Leben ohne »Google und Co.« gar nicht vorstellen. Wie funktionieren Unternehmen, wie funktioniert Personalauswahl ohne technische Unterstützung? Bevor im nächsten Absatz die Möglichkeiten besprochen werden, die sich durch das Internet ergeben, soll hier der traditionelle Weg bei der Auswahl von Bewerbern (. Abb. 7.1) kurz dargestellt werden. Verschiedene Methoden für eine valide Auswahl wurden und werden eingesetzt. Die gängigste Methode ist nach wie vor das Vorstellungsgespräch. Auch wenn beim Vorstellungsgespräch viele »Bauchfaktoren« die Entscheidung beeinflussen, ist die Methode die einzige, die auch im Internetzeitalter nicht ersetzt werden kann. . Abb. 7.2 zeigt die Häufigkeit, mit der die einzelnen Methoden zum Einsatz kommen. Kurze Erläuterungen der einzelnen Methoden sollen helfen, die weiteren Kapitel besser zu verstehen.

7.1.1

Vorstellungsgespräch

Das Vorstellungsgespräch ist neben der Auswertung der Bewerbungsunterlagen die am weitesten verbreitete Methode der Bewerberauswahl. Dabei unterscheiden sich die Gespräche in dem Grad der Strukturierung: von freien Gesprächen ohne direkte Vergleichbarkeit zwischen den Bewerbern bis hin zu strukturierten Interviews mit gleichen Fragen für alle Bewerber. Die Fragen beziehen sich auf den Lebenslauf, auf Einstellungen und Fähigkeiten des Bewerbers sowie das familiäre Umfeld. Die Antworten der Bewerber werden meistens intuitiv bewertet, was bekanntermaßen zu Urteilsfehlern wie Dominanz eines Merkmals, erster Eindruck oder letzter Eindruck, Dissonanzvermeidung bei divergierenden Eindrücken u. v. m. führt.

7.1.2 Rollenspiel, Präsentation, Gruppenübung

Assessment-Center

Unter dem Begriff »Assessment-Center« werden unterschiedliche Methoden zusammengefasst, deren gemeinsame Basis arbeitsplatznahe Szenarien sind. Die Bewerber durchlaufen im Laufe eines oder zweier Tage zahlreiche Übungen wie Rollenspiele, Präsentationen, Gruppendiskussionen u. v. m. und werden dabei von sogenannten »Beobachtern« hinsichtlich festgelegter Kriterien bewertet. Die einzelnen Übungen werden immer speziell für einen Arbeitsplatz entwickelt, wodurch eine hohe Akzeptanz bei den Bewerbern gegeben ist. Zusätzlich wird dadurch die Vorhersagekraft des Assessment-Centers für den Berufserfolg gesteigert.

7

101 7.1 · Traditionelle Auswahlmethoden

Ablaufschema Bewerberauswahl

Bewerbungseingang

Zentrale Datenerfassung (manuelle Eingabe)

Einladung zum Vorstellungsgespräch

Bewerbungsprüfung

Einladung zum Vorstellungsgespräch oder Ablehung per Post versenden

Vorauswahl anhand formaler Krierien (Bewerbungsunterlagen)

Vorstellungsgespräch

Vorstellungsgespräch mit Fachund Personalabteilung; Durchführung Tests, AC

Einstellungsentscheidung

Mitteilung der Entscheidung per Post oder Telefon, Vertragszusendung

. Abb. 7.1. Ablaufschema Bewerberauswahl Einsatzhäufigkeit von Verfahren bei der Auswahl von Trainees Assessment Center

Verfahrer

Persönlichkeitstest Gruppengespräch unstrukturiertes Interview strukturiertes Interview Analyse der Bewerbungsunterlagen 0

20

40

60

80

100

Anzahl (%)

. Abb. 7.2. Nutzungshäufigkeit der Auswahlmethoden

7.1.3

Persönlichkeitsfragebogen

Der Persönlichkeitsfragebogen oder Persönlichkeitstest (im Folgenden wird häufig nur von »Test« die Rede sein) stellt ein ökonomisches standardisiertes Verfahren dar, mit dessen Hilfe sogenannte Soft Skills, also Eigenschaften, Interessen, Werte eines Bewerbers, systematisch erfasst werden. Die Ergebnisse eines Fragebogens oder Tests sind zwischen Bewerbern vergleichbar. Bei sorgfältig auf wissenschaftlicher Basis entwickelten Tests lassen sich Prognosen über den zukünftigen Berufserfolg des Bewerbers ableiten.

Standardisierte Verfahren

102

Kapitel 7 · Einführung: Online-Tests in der Personalauswahl

7.1.4

Biografisches Inventar

Das biografische Inventar oder der biografische Fragebogen erfassen mit einem systematischen Ansatz Aspekte aus dem Lebenslauf des Bewerbers. Dabei stehen leistungsbezogene Themen im Vordergrund. Es geht dabei um vorausgegangene Tätigkeiten, um Bewältigung von Konflikten, um Vorgehensweisen bei der Zielerreichung, um berufliche Zielsetzung, um Interessen u. a. Häufig werden auch noch Fragen nach der familiären und finanziellen Situation erhoben, die jedoch eine geringe Akzeptanz besitzen und zunehmend aus den Fragebögen entfernt werden.

7.2

7

Online-Recruiting, E-Recruiting

Online-Recruiting

Eine allgemein akzeptierte Definition von Online-Recruiting hat sich noch nicht durchgesetzt. Kann man von Online-Recruiting sprechen, wenn ein Unternehmen eine Stellenanzeige im Internet, sei es auf der eigenen Homepage oder bei einer Jobbörse, veröffentlicht? Oder fängt Online-Recruiting erst dort an, wo Bewerber ein Online-Bewerbungsformular ausfüllen, statt eine Bewerbungsmappe per Post zu versenden? Oder kann man von Online-Recruiting erst sprechen, wenn ein Unternehmen den gesamten Prozess der Bewerberauswahl über ein internetgestütztes System abwickelt? Da wir uns bereits in den vorangegangenen Kapiteln mit Personalmarketing im Online-Zeitalter befasst haben, soll an dieser Stelle der Recruiting-Prozess ab Bewerbungseingang betrachtet werden. Vergleicht man den traditionellen Weg der Personalauswahl mit einem internetbasierten Verfahren, stellt man in erster Linie fest, an welchen Stellen Einsparungen erzielt werden können. Der Einsatz von internetbasierten Methoden verschlankt den Auswahlprozess. Es sind weniger Handgriffe nötig, um zum gleichen Ergebnis zu kommen. Bei Papierbewerbungen wurde beispielsweise eine Bewerbungsmappe nach dem Eingang kopiert und allen an dem Auswahlverfahren beteiligten Mitarbeitern per Hauspost zugeschickt. Bei Internetbewerbungen haben alle berechtigten Mitarbeiter über ihren Browser Zugriff auf die Bewerbung. Statt einer Sekretärin, die bei Papierbewerbungen eine Vorauswahl anhand ihr aufgegebenen Faktoren trifft, kann ein Online-Bewerbungssystem aufgrund eines eingestellten Filters die Vorauswahl vornehmen. Die Entscheidung, welche Faktoren K.o.-Kriterien sind, obliegt dem Personalmanager. Ein System kann ihn aber dabei unterstützen, sich die einzelnen Faktoren systematisch vor Augen zu führen und dann festzulegen, was wirklich wichtig ist. Es ist aus vielen Untersuchungen bekannt, dass psychologische Testverfahren die Güte der Auswahlentscheidung steigern. Bisher wurden die Tests in Unternehmen vereinzelt als Papier-Bleistift-Tests eingesetzt. Durch die Entwicklung von Online-Tests konnte eine star-

103

7

Weiterführende Literatur

ke Zunahme des Einsatzes von Testverfahren in der Personalauswahl beobachtet werden. Online-Tests können Teil des Online-RecruitingProzesses sein oder einen einzelnen Baustein bei ansonsten traditionell ablaufendem Bewerbungsverfahren darstellen.

7 Kap. 8 beschreibt, wie der Online-Recruiting-Prozess bei dem Vorreiter in Sachen Internettechnologie, der Deutschen Lufthansa AG, aussieht. Nach einer allgemeinen Darstellung des zweistufigen-Online-Assessments im Unternehmen, geht der Autor detailliert auf die Auswahl von Nachwuchsführungskräften mit Hilfe von Online-Tests ein. Die Vor- und Nachteile sowie spezifische Fragen, denen sich ein Unternehmen bei der Entscheidung für Online-Tests stellen muss, werden erläutert. 7 Kap. 9 stellt ein Praxisbeipiel aus einem jungen Technologieunternehmen dar. Man kann erwarten, dass die Akzeptanz von Internet-Verfahren sowohl bei den Bewerbern als auch bei den an den Auswahlverfahren beteiligten Mitarbeitern größer ist als in traditionellen Unternehmen. Die Autorin erläutert, welches Verfahren bei der Conergy AG eingesetzt wurde und stellt eine Kosten-Nutzen-Betrachtung an, die den Leser bei seiner Entscheidung für oder gegen Online-Tests unterstützen soll. Der Ablauf des Testeinsatzes wird anhand einer internen Stellenausschreibung erläutert. 7 Kap. 10 beschreibt die Anwendung eines Online-Postkorbs im Rahmen eines Assessment-Centers zur internen Führungskräfteauswahl bei der Bahn AG. Die Autorinnen erläutern den Rahmen, in welchem der Einsatz eines Online-Postkorbs erfolgte. Sie zeigen auch auf, weshalb sich das Unternehmen vorerst für eine feste Installation des Tests auf UnternehmensLaptops entschieden hat, statt die rechnerunabhängige Variante des Online-Tests zu wählen. Zudem wird in dem Beitrag auch die Zufriedenheit der AC-Teilnehmer mit dem Assessment-Center als Ganzes dargestellt.

Weiterführende Literatur Jetter, W. (2003). Effiziente Personalauswahl. Stuttgart: Schäffer Poeschel Verlag.

Schuler, H. (1998). Psychologische Personalauswahl. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie.

7 Kapitelübersicht

Beispiele

105

Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa Jürgen Wiedmann 8.1

Die Auswahlphilosophie der Deutschen Lufthansa AG – 106

8.1.1 8.1.2

Anforderungsprofil – 107 Auswahlmethoden – 108

8.2

Das Bewerbermanagement der Deutschen Lufthansa AG – 110

8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.2.5 8.2.6

Das Filtermodell – 110 Beispiel aus der Praxis (»ProTeam«) – 110 Die eingesetzten Testverfahren – 113 Die Ermittlung der Ergebnisse – 115 Abschluss der Vorauswahl – 117 Evaluation – 117

8.3

Neunormierung und Anpassung der Cut-Off-Werte – 120

8.4

Einstellung der HR-Mitarbeiter zum neuen System – 120

8.5

Die Verfälschbarkeit von Online-Testverfahren – 121

8.6

Kosten-Nutzen-Betrachtung – 123

8.7

Ausblick – 124 Literatur – 125

8

106

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

8.1

DIN 33430

8

Fehlentscheidungen

Die Auswahlphilosophie der Deutschen Lufthansa AG

Die Deutsche Lufthansa AG, eine der weltweit führenden Fluggesellschaften, ist um die Kernkompetenzen ihrer 5 Geschäftsfelder konzentriert, der Passage, Logistik, Technik, dem Catering und den IT-Services. Die im Geschäftsbericht für das Jahr 2006 angegebene Anzahl der Mitarbeiter umfasste 93.541 Mitarbeiter gegenüber 90.811 im Jahr 2005, ein Nettozuwachs von 2.730 Mitarbeitern bezogen auf den Jahresdurchschnitt. Die Durchführung von Personalauswahlentscheidungen ist bei der Deutschen Lufthansa AG traditionell wissenschaftlich fundierten Vorgehensweisen verpflichtet. Schon lange Zeit vor Einführung der DIN 33430, durch die berufsbezogene Eignungsbeurteilungen geregelt werden (s. hierzu: Westhoff et al., 2005), wurde dies mit Erfolg im Unternehmen praktiziert. Die Vorteile einer sich nach wissenschaftlichen Standards ausrichtenden Personalauswahl liegen in der Minimierung von Fehlentscheidungen, wie sie stattfinden, wenn für eine bestimmte Stelle geeignete Bewerber nicht genommen werden oder stattdessen ungeeignete Bewerber eingestellt werden. Beide Fehler verursachen beim Unternehmen Kosten und lösen bei den Bewerbern und Mitarbeitern Unzufriedenheit aus. Diese prinzipiell niemals ganz auszuschließenden Fehler können durch die Anwendung wissenschaftlich abgesicherter Verfahren deutlich reduziert werden. Die Effekte sind durch wissenschaftliche Studien hinreichend belegt (s. Schmidt & Hunter, 2000). Es existieren zudem Kostenmodelle, die den durch die Anwendung geeigneter Verfahren zur Personalauswahl einzusparenden Betrag quantifizieren (Schuler, 2002). Unter der Lupe Die für die Auswahlentscheidung zentralen Begriffe der Grund-, Selektions- und Trefferquote sollen anhand der . Abb. 8.1 veranschaulicht werden. Darin sind auch die beiden Fehlerarten kenntlich gemacht. Die Grundquote ist der Anteil aller Geeigneten in der Gesamtmenge aller Bewerber. Die Selektionsquote gibt den Anteil aller Ausgewählten in der Gesamtmenge aller Bewerber an. Die Trefferquote sagt, wie viele der Angenommen auch wirklich geeignet sind. Der Fehler 1. Art ist die Menge aller fälschlicherweise nicht angenommenen (aber in Wahrheit geeigneten) Bewerber. Der Fehler 2. Art ist die Menge aller fälschlicherweise angenommenen (aber eigentlich nicht geeigneten) Bewerber.

107

8

8.1 · Die Auswahlphilosophie der Deutschen Lufthansa AG

Angenommen

Abgelehnt

A

B

C

D

Geeignet

Ungeeignet

8.1.1

. Abb. 8.1. Grundquote, Selektionsquote, Trefferquote, Fehler 1. und 2. Art bezogen auf die Gesamtmenge aller Bewerber

Anforderungsprofil

Am Anfang der Personalauswahl steht ein definiertes und durch Fachvertreter abgestimmtes Anforderungsprofil, das eine quantifizierte Abstufung definierter fachlicher und überfachlicher Qualifikationen enthält und Stellen, beziehungsweise ganze Bündel von Stellen, unter ein von anderen abgrenzbares Anforderungsprofil stellt. Die Bündelung der Stellenanforderungen zu sogenannten Jobfamilien erfolgt getrennt für die fachlichen Anforderungen und die überfachlichen Kompetenzen. Dadurch können viele verschiedene Stellen fachlich auf eine überschaubare Anzahl abgrenzbarer Jobfamilien und überfachlich auf wenige Kompetenz-Familien reduziert werden. Zuerst wird gefragt, welche Kompetenzen sich bereits durch den Einsatz von Online-Testverfahren bestimmen lassen und welche Art von Testverfahren hierfür geeignet ist. Dabei gibt es unter anderem die Möglichkeit, Persönlichkeitsfragebögen oder kognitive Leistungstestverfahren einzusetzen oder beide Vorgehensweisen zu kombinieren. Wir beschränken uns bei der Personalauswahl auf Leistungstestverfahren, deren Ergebnisse sich als trennscharf erwiesen haben, während Persönlichkeitsfragebögen beim praktischen Einsatz nicht so leicht zu interpretieren sind. Möglicherweise wirken sich die Tendenzen zur sozialen Erwünschtheit beim Einsatz der Persönlichkeitsverfahren in der Personalauswahl validitätsmindernd aus (s. hierzu Ones & Viswesvaran, 1998). Leistungstestverfahren weisen zudem nach den Arbeitsproben die höchste prognostische Validität auf (. Tab. 8.1). Das heißt jedoch nicht, dass man eine Auswahlentscheidung allein auf die Ergebnisse von Testwerten aufbauen sollte. Wer dies macht, unterschätzt den Einfluss anderer Faktoren, wie man sie beispielsweise nur durch ein persönliches Gespräch mit den Kandidaten feststellen kann.

Anforderungsprofil

Jobfamilien

Kompetenz-Familien

Leistungstestverfahren

Prognostische Validität

108

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

. Tabelle 8.1. Online-Testverfahren bei der Deutschen Lufthansa AG Beschreibung des Tests

Gemessene Anforderung

Zeitlicher Aufwand

Rechenaufgabe

Numerisches Denken

15 min

Analytisches Denken

Analytisches Denken

12 min

Logisches Denken

Analytisches Denken (schwer)

15 min

Zuverlässigkeit und Sorgfalt (schwer) Konzentrationsvermögen

Konzentration – numerisch

3 min

Konzentration – figural E-Mail Aufgaben

Komplexes Denken

15 min

Entscheidungs- und Risikobereitschaft Simulationsaufgabe

Komplexes Denken (schwer)

30 min

Kundenorientierung im Wettbewerb

8

Gewinnorientierung Verantwortungsübernahme Entscheidungs- und Risikobereitschaft Management von Innovation und Wandel Mitarbeiterorientierung in der Führung Englischtest

Fremdsprachenkenntnisse – Englisch

15 min

Arbeitssituationen

Serviceorientierung

7 min

Wortschatztest

Sprachliches Denken

15 min

Mathematiktest

Numerisches Denken (schwer)

30 min

> Prognostische Validitäten von 0.2–0.3 können bereits als gut bezeichnet werden. Die praktische Obergrenze einzelner Verfahren liegt bei zirka 0.5. Achtung ist bei Verfahren geboten, die eine prognostische Validität von über 0.5 angeben.

Die prognostische Validität verschiedener Auswahlmethoden wurde in den Metaanalysen von Schmidt und Hunter untersucht. In . Tab. 8.2 sind die ermittelten Werte anhand einer Studie aus dem Jahr 2000 aufgelistet.

8.1.2

Auswahlmethoden

Nach der Online-Bewerbung über die Firmenhomepage sind, abgestimmt auf die Anforderungen der Stelle, für die man sich beworben

109

8

8.1 · Die Auswahlphilosophie der Deutschen Lufthansa AG

. Tabelle 8.2. Die prognostische Validität von Auswahlverfahren in der Eingungsdiagnostik (Quelle: Schmidt & Hunter, 2000) Auswahlverfahren

Validität

Validität plus Leistungstest

Leistungstest

.51

Interview (unstrukturiert)

.38

.58

Interview (strukturiert)

.51

.65

Persönlichkeitstest

.31

.60

Biograf. Fragebogen

.35

.52

Berufserfahrung

.18

.54

Arbeitsproben

.54

.63

Assessment-Center

.36

.52

hat, verschiedenen Auswahlverfahren und -methoden vorgesehen. Hier ist erst einmal ein Call-Center zu erwähnen, bei dem Kompetenzen überprüft werden, die über ein Online-Testsystem nicht erhoben werden können, wie beispielsweise das Sprachverhalten, die persönliche Beteiligung der Bewerber und die Fremdsprachenkenntnisse. Danach sind für nahezu alle bei uns angebotenen Stellen noch einmal Inhouse-Testverfahren vorgesehen. Obwohl es verlockend klingt, auf eine Inhouse-Testung zu verzichten, wenn doch bereits Online-Testwerte vorliegen, erscheint es dringend geraten, Inhouse-Testverfahren anzuwenden. Zum einen ist die diagnostische Fragestellung bei der InhouseTestung eine andere, als im Online-Testverfahren. Beim Online-Testen liegt der Schwerpunkt der Untersuchung darauf, eindeutig ungeignetete Bewerber frühzeitig im Prozess zu identifizieren. Bei der Inhouse-Testung ist man zusätzlich an einer zuverlässigen Rangreihenbildung der Kandidaten interessiert. Zum anderen ist bei den Online-Testverfahren des ungeschützten Testumfeldes wegen nicht auszuschließen, dass eine andere als die vorgesehene Person an der Bearbeitung der Testaufgaben beteiligt war. Diese Fehlerquelle bei der Beurteilung der Bewerber kann dadurch verringert werden, dass man die Testteilnehmer bereits vor der Durchführung der Online-Tests darauf hinweist, dass alle Kompetenzen in der geschützten Umgebung noch einmal überprüft werden. Eine Täuschung kann dadurch nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, man behält jedoch ein Stück Kontrolle über die Konsequenzen derselben und sendet den Teilnehmern ein entsprechendes Signal aus.

Inhouse-Testverfahren

110

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

Sukzessives Filtermodell

8

8.2

Das Bewerbermanagement der Deutschen Lufthansa AG

8.2.1

Das Filtermodell

Die Online-Testverfahren sind nur ein Teil im Prozess einer Bewerbung bei der Deutschen Lufthansa AG. Wir haben bereits erwähnt, dass fachliche Qualifikationen und überfachliche Kompetenzen separat erhoben und zu einer gesamten Empfehlung hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Bewerbung kombiniert werden. Das funktioniert in der Praxis durch ein sukzessives Filtermodell, bei dem im ersten Schritt die fachlichen Qualifikationen mit den unverzichtbaren Anforderungen eines bestimmten Jobfamilienprofils verglichen und bewertet werden. Dies kann simultan für alle vorhandenen Anforderungsprofile berechnet werden, und so ist es in vielen Fällen möglich, bei Nichteignung eines Bewerbers für ein Anforderungsprofil, alternativ die Eignung für ein anderes Anforderungsprofil festzustellen. Ist dieser erste Filter durchlaufen, wird ein Resutat in der Form geeigneter und nicht geeigneter Profile ausgegeben. Hinter allen geigneten Profilen werden nun die hierfür vorgesehenen Online-Testverfahren gesammelt und den Bewerbern zur schrittweisen Abarbeitung vorgelegt (. Abb. 8.2). Bei der Eigung für eine Vielzahl von Stellen kann es vorkommen, dass Interessenten für viele unterschiedliche überfachliche Profile geeignet sind. Die anstehenden Tests können schrittweise absolviert werden. Selbstverständlich werden Tests, die für verschiedene Profile vorgesehen sind, nur einmal absolviert. Die Cut-Off-Werte sind auf die jeweiligen Anforderungen abgestimmt. Nachdem alle Testverfahren durchgeführt wurden, wird verglichen, inwieweit die Mindestanforderungen der jeweiligen Profile erfüllt worden sind. Das System ermöglicht es hierbei, Empfehlungen auszusprechen, die tatsächliche Entscheidung über den weiteren Verlauf der Bewerbung liegt jedoch in den Händen des Personal- und Fachbereiches. Alle erfüllten Anforderungen werden anhand des maximal möglichen Gesamtwertes zu einem Prozentrang verrechnet. Das Filtermodell prüft somit in 2 Schritten (fachlich und überfachlich) auf das Vorhandensein von Mindestanforderungen und bringt danach alle positiven Bewerber in eine Rangreihe.

8.2.2

Beispiel aus der Praxis (»ProTeam«)

Am Beispiel der Auswahl für das Führungskräftenachwuchsprogramm der Deutschen Lufthansa AG (»ProTeam«) soll gezeigt werden, wie die Vorauswahl im Internet über die fachlichen Grundvoraussetzungen bis hin zu den eingesetzten Online-Testverfahren aussehen kann.

111

8

8.2 · Das Bewerbermanagement der Deutschen Lufthansa AG

Bewerbung auf Stelle

Registrierung als Interessent

Eingabe der fachlichen Qualifikationen durch den Bewerber

Bewertung der fachlichen Qualifikationen

1. Filter: Zuteilung zu den Anforderungsprofilen (fachlich)

OnlineTestset 1

OnlineTestset 2

OnlineTestset 3

OnlineTestset n

Bewertung der überfachlichen Qualifikationen

2. Filter: Zuteilung zu den Anforderungsprofilen (überfachlich) . Abb. 8.2. Der Prozessablauf des Bewerbermanagements der Deutschen Lufthansa AG (schematische Darstellung)

Die Gruppe der Nachwuchskräfte für den Führungsbereich rekrutiert sich aus Hochschulabsolventen mit überdurchschnittlich guten Leistungen, die sich zum einen aus den biografischen Daten ablesen lassen. Hierzu gehören einerseits ein sehr guter Abiturschnitt, Studienabschlüsse, die im Bereich der besten 10% aller Absolventen liegen, nachweisbare Aktivitäten im außeruniversitären Bereich, fließende Englischkenntnisse, Auslandsaufenthalte und Praktika von mindestens 4 Monaten Dauer. Bestimmte Studienkombinationen sind nicht vorgeschrieben. Bei Studiengängen aus anderen Fachbereichen als denen der Wirtschaftswissenschaften müssen allerdings Kenntnisse der Betriebswirtschaft auf andere Weise nachgewiesen werden. Alle diese eindeutig überprüfbaren Voraussetzungen können über Pull-down-Auswahlboxen im Online-Bewerberbogen auf Vorhandensein geprüft werden. Hier können auch darüber hinausgehende Merkmale verzeichnet werden, die nicht notwendigerweise vorliegen müssen, jedoch zu Zusatzpunkten führen können. Das sind beispielsweise weitere Fremdsprachenkenntnissen oder neben dem Studium erworbenen andere Qualifikationen. Eine Promotion ist ebenfalls nicht vorgeschrieben, führt aber auch zu einer höheren Gesamtbewertung. Außeruniversitäres Engagement wird gerne gesehen, Auslandsaufenthalte sind zudem Pflicht. Alle fachlichen Qualifikationen

Rekrutierung der Nachwuchskräfte aus Hochschulabsolventen

Fachliche Vorraussetzungen

112

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

8

. Abb. 8.3. Anzeige der zu absolvierenden Online-Testverfahren

Online-Assessment

Ablauf des Testverfahrens

werden registriert und bewertet, wobei es in dieser Auswahlstufe allerdings noch nicht darum geht, die Besten zu identifizieren, sondern nur darum, die den Anforderungen für dieses Profil eindeutig nicht Genügenden zu identifizieren. Ist diese Hürde überwunden ‒ sind die minimalen fachlichen Voraussetzungen allesamt erfüllt ‒ so gelangen die Bewerber im nächsten Schritt zum Online-Assessment, das im Fall des ProTeam-Profils jeweils einen Online-Test zum numerischen und dem analytischen Denken vorsieht sowie eine komplexe Management-Simulationsaufgabe. Dies stellt sich in der Online-Bewerbung folgendermaßen dar (. Abb. 8.3): Die Testverfahren werden nacheinander in der angegebenen Reihenfolge absolviert. Haben die Bewerber die Interessentenoption gewählt, werden sie also auch auf andere als das hier betrachtete Profil geprüft, können auch weitere Testverfahren in der Liste stehen, die jedoch für andere Jobfamilien relevant sind, für die ebenfalls die fachlichen Grundvoraussetzungen erfüllt wurden. Wird ein Testverfahren aktiviert, so erhalten die Bewerber zuerst eine allgemeine Einführung in den Test, Hinweise zur Durchführung und 1‒2 Beispielaufgaben. Wie bei Leistungstestverfahren üblich, unterliegen die Tests einer zeitlichen Begrenzung, die den Bewerben angekündigt wird. Ist ein Test einmal gestartet, kann er nicht mehr gestoppt werden. Auch hierauf wird hingewiesen. Die Online-Test-

113

8

8.2 · Das Bewerbermanagement der Deutschen Lufthansa AG

verfahren dauern maximal 30 min. Für die meisten sind sogar nur 7‒15 min vorgesehen. Ist ein Testverfahren beendet, muss nicht gleich im Anschluss daran der nächste Test aus der Liste bearbeitet werden. Die Bewerber können selbst entscheiden, wann sie den nächsten Test durchführen möchten. Insgesamt haben die Bewerber nicht weniger als 30 Tage Zeit, die Tests durchzuführen. Es wird nicht gemessen, wieviel Zeit man sich für die Bearbeitung aller Testverfahren genommen hat. Allgemein ist es bei Leistungstestverfahren sehr unwahrscheinlich, dass Bewerber alle Aufgaben in der vorgegebenen Zeit lösen können. Der Schwerpunkt bei den Tests der Vorauswahl besteht eindeutig darin, Mindestgrenzen zu überschreiten. Wieweit man dann darüber hinausgekommen ist, ist in dieser Phase der Bewerbung von sekundärer Bedeutung. Für ein positives Gesamtergebnis ist es niemals nötig, alle Aufgaben zu lösen. Als Richtwert kann man annehmen, dass bereits eine Anzahl von weniger als der Hälfte reicht, um den Anforderungen zu genügen. Hingewiesen wird auch darauf, dass wir uns in keinem Fall auf die Ergebnisse der Online-Testverfahren verlassen werden. Alle im Online-Bereich überprüften Gebiete werden im Falle einer Einladung Inhouse noch einmal mit anderen Testverfahren erneut erhoben. Auffällig hohe Abweichungen der Ergebnisse in den beiden Prozessschritten können an die Recruiter zurückgemeldet werden. Den Bewerbern wird deshalb bereits bei der Online-Bewerbung empfohlen, auf die Möglichkeiten zur Manipulation des Online-Assessments zu verzichten. Es gibt, von Ausnahmen abgesehen, bislang keine Anzeichen dafür, dass dieser Empfehlung nicht entsprochen würde.

8.2.3

Die eingesetzten Testverfahren

Bei den eingesetzten Testverfahren handelt es sich um angepasste Versionen externer Testanbieter, die allesamt auf einem gemeinsamen Testsystem verwaltet werden. Das hat den Vorteil, bei der Erhebung der jeweils interessierenden Anforderungen die maximale Flexibiltät bei der Testauswahl zu haben und sich nicht von einem Anbieter abhängig zu machen. Die oben aufgelisteten Testverfahren sind, wie bereits angesprochen, adaptiv auf die fachlichen Voraussetzungen der Bewerber abgestimmt, sodass man nur jeweils die Testverfahren absolvieren muss, die vom jeweiligen Anforderungsprofil vorgesehen sind. Wir haben bei der Zusammenstellung der sich daraus ergebenden Testbatterien darauf geachtet, dass eine Bearbeitungszeit von zirka einer Stunde nicht überschritten ist. Eine Ausnahme stellt die Initiativbewerbung eines Interessenten dar, der fachlich für eine Vielzahl verschiedener Jobfamilien geeignet erscheint. Aber auch hier können die Testverfahren Stück für Stück absolviert werden. Es wird lediglich darauf geachtet, dass ein einmal begonnenes Testverfahren nicht zwischen-

Testverfahren

114

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

8

. Abb. 8.4. Der Test zum analytischen Denken. (Vertrieb und Lizenzrechte durch die Cut-e GmbH)

Test zum numerischen Denken

Test zum analytischen Denkvermögen

durch unterbrochen wird. Man hat zum Absolvieren der gesamten Testbatterie 30 Tage Zeit zur Verfügung. Das erste Testverfahren, das die Bewerber bei der Jobfamilie »ProTeam« durchführen müssen, besteht aus einem Test zum numerischen Denken. Die Testdauer ist mit 15 min angegeben. Da es sich bei diesem Verfahren um einen adaptiven Test handelt, kann diese Zeit auch deutlich unterschritten werden. Bei dem Test müssen die 4 Grundrechenarten so angewandt werden, dass die Gleichungen aufgehen. Bei allen Aufgaben gibt es nur eine Lösung. Der Test wird bei Profilen mit mittleren bis hohen Anforderungen an die numerischen Denkfähigkeiten angewandt. Das Verfahren wird von der Schuhfried GmbH vertrieben. Als nächstes folgt ein Test zum analytischen Denkvermögen. Hier hat man maximal 12 min Zeit, von den insgesamt 12 Aufgaben eine höchstmögliche Anzahl zu lösen. Die Aufgabenschwierigkeit wächst bei diesem Test kontinuierlich an. Auch hier gilt, dass bei Weitem nicht alle Aufgaben gelöst werden müssen, um den Mindestanforderungen zu genügen. Eine Besonderheit dieses Tests besteht darin, dass die Aufgaben über einen Itemgenerator bei jeder Testdurchführung neu erstellt werden, sodass bei vergleichbarer Schwierigkeit unterschiedliche Darstellungen zur Anwendung kommen. Auch dieser Test ist für mittlere bis hohe Anforderungen an das analytische Denkver-

115

8

8.2 · Das Bewerbermanagement der Deutschen Lufthansa AG

mögen vorgesehen. Der Test wird über die Cut-e GmbH angeboten (. Abb. 8.4). Abschließend sieht die Online-Bewerbung noch eine Management-Simulationsaufgabe vor. Diese Anwendung ist mit 30 min Durchführungsdauer nicht nur zeitlich am aufwändigsten, sie setzt auch relativ hohe Anforderungen an das unternehmerische, organisatorische und komplexe Denkvermögen der Bewerber. Die Aufgabe beginnt mit einer Einführung in eine fiktive Firma mit der Beschreibung eines anstehenden Projekts und einer Kurzdarstellung der Mitarbeiter mit ihren Kernfähigkeiten. Der eigentliche Test besteht dann darin, 20 eingehende E-Mails zu bearbeiten. Dabei muss aus einer Liste möglicher Maßnahmen entschieden werden, welche der Mitarbeiter man mit welchen Aufgaben betreuen möchte. Die jeweiligen Maßnahmen sind auf die Besonderheiten der E-Mails abgestimmt. Dabei kann es durchaus zu Konflikten kommen, wenn beispielsweise ein und dieselbe Person nicht gleichzeitig mehrere Aufgaben erledigen kann und man dann nach Wichtigkeit und Schwerpunktsetzung priorisieren muss. Dieses Testverfahren gibt simultan Testwerte zu gleich mehreren unternehmerisch relevanten Dimensionen aus. Neben einem Gesamtwert zum komplexen Denken lassen sich beispielsweise Aussagen zur Gewinnorientierung, der Verantwortungsübernahme, Risikobereitschaft und Kundenorientierung treffen. Dieses Testverfahren wird von der Firma Scharley & Partner vertrieben.

8.2.4

ManagementSimulationsaufgabe

Die Ermittlung der Ergebnisse

Nach Beendigung der jeweiligen Testverfahren werden die Rohwerte berechnet und an das Programm übergeben, in dem die diagnostischen Berechnungen durchgeführt werden. Hier findet dann auch die Beurteilung der Testwerte für die jeweils zum Vergleich anstehende Jobfamilie statt. Die Einzelwerte werden dann auf Über- oder Unterschreiten der vorgesehenen Cut-Off-Werte überprüft.

Rohwerte als Grundlage für diagnostische Berechnungen

Unter der Lupe Die Bedeutung der Cut-Off-Werte wurde bereits angesprochen. Sind sie zu niedrig, dann werden im weiteren Verlauf ungeeignete Bewerber nicht rechtzeitig identifiziert, sind sie zu hoch, dann wird man eigentlich geeignete Kandidaten nie kennenlernen. Die Frage nach den optimalen Cut-Off-Einstellungen soll deshalb noch einmal aufgegriffen werden. Zur Bestimmung der Cut-OffWerte scheint es auf den ersten Blick ideal, sich an den Testwerten von bereits eingestellten Mitarbeitern zu orientieren, die man bestenfalls auch noch nach ihren Qualifikationen geordnet hat. 6

Cut-Off-Werte

116

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

Man überprüft dann, in welcher Weise sich »gute« Mitarbeiter von »nicht so guten« Mitarbeitern unterscheiden. Dieser Weg weist jedoch einige Tücken auf. Da ist einmal die Frage nach einer validen Abgrenzung der »guten« und »weniger guten« Mitarbeiter. Auch Vorgesetztenbeurteilungen unterliegen den klassischen Fehlertendenzen bei der Urteilsbildung. Zudem wird man auf diese Weise nur die im Unternehmen bereits beschäftigten Mitarbeiter untersuchen, nicht aber die zu unrecht abgelehnten Bewerber der Vergangenheit. Zudem wirft die Unterscheidung der Mitarbeiter in »gute« und »weniger gute« ethische und arbeitsrechtliche Probleme auf und ist aus diesen Gründen in vielen Unternehmungen von vornherein nicht gestattet. Auch Veränderungen in den Eignungsvoraussetzungen anhand veränderter Anforderungen werden so nicht erfasst.

Entscheidungsregeln geben auf der Grundlage des Zusammenhangs der Online-Testwerte mit dem Gesamtabschneiden in den späteren Auswahlschritten eine Empfehlung, ob eingeladen oder abgesagt werden sollte. Die letztendliche Entscheidung hierüber ist aber in jedem Fall den Beurteilern in den Fachbereichen überlassen.

8

> Dafür ist es sinnvoll, die Online-Testverfahren erst einmal »außer Konkurrenz« einzusetzen. Erst wenn eine genügend große Datenmenge vorliegt, werden die Tests so eingestellt, dass nur solche Bewerber abgelehnt werden, die mit großer Sicherheit den Anforderungen der weiteren Auswahlschritte nicht genügen würden. Zielvorgabe bei der Bewerberauswahl Anforderungen an Jobfamilie

Die Zielvorgabe bei der Vorauswahl besteht immer darin, nur solche Bewerber aus dem Prozess zu selektieren, die den Anforderungen der Jobfamilie eindeutig nicht entsprechen und im Zweifel eher zugunsten der Bewerber zu entscheiden. Dies setzt eine Einführungsphase voraus, in der die Testverfahren ohne Selektionskonsequenzen eingesetzt und anhand der Ergebnisse der später Inhouse durchgeführten Leistungstestverfahren und dem Gesamtabschneiden in den Interviews oder Assessment-Centern justiert werden, bevor man sie zu Auswahlzwecken einsetzt. In dieser Phase können dann auch die Normen der Testverfahren auf die besonderen Bedingungen des Anforderungsprofils des Unternehmens und der beworbenen Zielgruppe optimiert werden. Entscheiden sich die Bewerber in einem späteren Schritt dafür, sich auch für Positionen anderer Jobfamilien bewerben zu wollen, müssen möglicherweise einige Testverfahren zusätzlich gemacht werden, die für die zuerst beworbene Jobfamilie nicht notwendig gewesen sind. Das System erkennt in diesen Fällen, welche der Testverfahren bereits gemacht wurden. Die Ergebnisse werden für jede Jobfamilie nach hierfür ermittelten Regeln berechnet, sodass im Falle der In-

117

8

8.2 · Das Bewerbermanagement der Deutschen Lufthansa AG

teressentenbewerbung für jede vorhandene Jobfamile ein separates Ergebnis erzeugt wird. So kann es sein, dass Bewerber für bestimmte Jobfamilien empfohlen werden, für andere jedoch nicht.

8.2.5

Abschluss der Vorauswahl

Die Vorauswahl ist damit abgeschlossen und die Bewerber werden im positven Fall zu den nächsten Schritten eingeladen. Diese bestehen bei der hier besprochenen Gruppe aus einem Assessment-Center inklusive einer Inhouse-Testung zentraler Leistungsanforderungen. Die hier anfallenden Ergebnisse sind gleichzeitig die Vergleichsbasis für die kontinuierliche Anpassung der Einstellungen im Vorauswahlbereich, um auf Veränderungen der Zielgruppe reagieren zu können, die sich beispielsweise durch differenzierte Zielansprachen des Personalmarketings ergeben können oder sich durch Veränderungen in der Zusammensetzung der Zielgruppe ergeben. Damit soll verhindert werden, dass die Testverfahren zu schwer oder zu leicht werden, was die Erfolgsquote der Auswahl einschränken würde. Über diese Erfolgsvalidierung lässt sich zudem genau berechnen, welchen Beitrag die im Online-Bereich eingesetzten Testverfahren zum Erfolg der Vorauswahl leisten. Dieser Anteil variiert von Jobfamilie zu Jobfamilie. Online-Testverfahren, die für eine Gruppe einen hohen Erklärungswert haben, sind vielleicht für eine andere Gruppe völlig untauglich. Bei der im Beispiel betrachteten Jobfamilie leisten alle Online-Testverfahren einen signifikanten Erklärungsbeitrag.

8.2.6

Abgeschlossene Vorauswahl

Erfolgsvalidierung

Evaluation

Bewertung des Gesamtsystems Zwei Jahre nach der Einführung des gesamten Online-Bewerbermanagements der Deutschen Lufthansa AG wurden für die jeweiligen Jobfamilien die Selektionsquoten berechnet, Folgen der veränderten Prozesse bewertet und Vergleiche zwischen den Ergebnissen vor und nach Einführung der Online-Testverfahren gerechnet. Für alle betrachteten Jobfamilien fielen die Ergebnisse ausgesprochen positiv aus. Die an die Einführung der Testverfahren geknüpften Erwartungen konnten eindeutig als erfüllt angesehen werden. Die berechneten Einsparungen aufgrund verminderter Aufkommen der personalintensiven Auswahlschritte nach der Vorauswahlphase waren durchweg bedeutsam. Für die hier betrachtete Gruppe der Führungsnachwuchskräfte konnten beispielsweise 51% aller Bewerber wegen fachlicher Gründe aus dem Prozess selektiert werden. Da es sich bei den hier geprüften fachlichen Anforderungen insgesamt nur um unverzichtbare Kriterien handelt, hätten diese Bewerber in den folgenden Auswahlschritten mit Sicherheit eine Absage erhalten. Von den fachlich positiven Bewerbern konnten dann im nächsten Schritt noch einmal 39% der

Positive Auswertung der Selektionsquoten der Jobfamilien

Erfolgreiche Selektion durch Online-Tests

118

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

100% Bewerber mit Online-Vorauswahl Bewerber ohne Online-Vorauswahl 80%

60%

94%

75%

40% 42% 20%

8

. Abb. 8.5. Veränderung des Anteils positiver Bewerbungen vor und nach Einführung der Online-Vorauswahl

35%

0% Inhouse Testing (Anteil positiv)

AC-Ergebnis (Anteil positiv)

Personen identifiziert werden, bei denen die getesteten Kernkompetenzen nicht der Anforderung der Jobfamilie entsprochen hatten. Gemäß den Untersuchungen der Vortestungen hätten diese Personen mit einer nahezu 100%igen Wahrscheinlichkeit die personal- und kostenintensiven Testungen der nächsten Auswahlphase nicht bestanden. > Eine frühzeitige Vorselektion erhöht die Grundquote für die nachfolgenden teureren Auswahlschritte und somit auch die Trefferquote.

Bewerberauswahl als komplexer Beurteilungsprozess

Der durch die frühzeitige Vorselektion eingesparte Betrag belief sich allein für diese Gruppe (fachlich und überfachlich inklusive) auf einen fünfstelligen Eurobetrag. Zudem erhöhte sich die Quote derer, die in den nachgelagerten Inhouse-Testungen erfolgreich waren von 75% bei Bewerbern nach dem alten Verfahren (ohne Online-Vortestung) auf nicht weniger als 94% bei Bewerbern des neuen Prozesses mit Online-Vortestung! Auch der Anteil der letztendlich im Assessment-Center Positiven erhöhte sich von 35% der Bewerber nach altem Verfahren auf 42% Bewerber nach neuem Verfahren. Der Bedarf aller Fachbereiche, für die nach dem Online-Bewerbungsmanagement vorausgewählt wurde, konnte gedeckt werden. Es wurde kein Rückgang im Bewerberaufkommen beobachtet (. Abb. 8.5). Wie bereits angesprochen, sind Fehler bei Auswahlentscheidungen prinzipiell nicht auszuschließen. Es handelt sich bei der Auswahl von Menschen nicht nur um einen komplexen Beurteilungsprozess, bei dem die verschiedensten Aspekte miteinander in Verrechnung gebracht werden müssen, das Objekt der Betrachtung ist selbst den vielfältigsten Veränderungen unterworfen, die leicht dazu führen kön-

119 8.2 · Das Bewerbermanagement der Deutschen Lufthansa AG

nen, dass eine an sich richtige Beurteilung nicht mehr zutreffend ist, weil sich die Motivation, die Leistungsfähigkeit oder die Einstellung der Beurteilten geändert haben. Außerdem ist das Verhältnis der beiden bereits zu Beginn erwähnten Auswahlfehlentscheidungen durch ein Dilemma gekennzeichnet, demzufolge die Minimierung des einen Fehlers eine Erhöhung des anderen Fehlers zur Folge hat und umgekehrt. Es muss also erst einmal entschieden werden, welchen Fehler man in erster Linie vermeiden möchte, was letztlich die Auswahl und die Justierung der gewählten Cut-Off-Methode bedingt. Dies kann an einem Beispiel erläutert werden. Beispiel Nehmen wir an, Sie suchen viele Personen für Stellen, von denen Sie aus der Erfahrung früherer Bewerbungen wissen, dass es in der Bevölkerung wenige dafür geeignete Kandidaten gibt. Sie werden dann über geeignete Marketingmaßnahmen versuchen, dass sich möglichst viele Menschen aus dieser Population bei Ihnen bewerben, weil das die Grundquote, den Anteil der Geeigneten an der Gesamtzahl der Bewerber, erhöht. Sie haben zudem eine hohe Selektionsquote (das ist der Anteil der tatsächlich Genommenen bezogen auf die Gesamtzahl der Bewerber), damit sie alle vakanten Stellen besetzen können. Bezogen auf die Online-Vorauswahl im Internet können Sie es sich dabei gar nicht leisten, geeignete Bewerber zu übersehen. Das bedeutet, dass Sie versuchen sollten, den Fehler erster Art, Geeignete abzulehnen, zu minimieren. Sie sollten den Cut-Off so einstellen, dass nur eindeutig Ungeeignete an ihren Online-Testverfahren scheitern werden und im Zweifel eher zugunsten des Bewerbers entscheiden, ihn zumindest zum nächsten Auswahlschritt zuzulassen. Allerdings erhöht sich mit dieser Strategie auch der Anteil ungeeigneter Bewerber bei der späteren Auswahl. Das ist sozusagen die Kehrseite der Medaille. Anders sieht Ihre Strategie aus, wenn Sie viele Bewerbungen für eine Stelle haben, wo Sie sich keine Fehlbesetzung erlauben dürfen, beispielsweise bei der Besetzung einer Führungsposition. Selbst wenn die Grundquote trotz der Vielzahl an Bewerbern gering sein sollte, die Selektionsquote ist ebenso gering, sie besteht vielleicht nur aus einem einzigen Fall. Hier versucht man, den Fehler zweiter Art, das fälschliche Annehmen eines eigentlich ungeeigneten Bewerbers, zu minimieren. Man entscheidet sich im Zweifelsfall eher gegen einen »Wackelkandidaten« und geht »auf Nummer sicher«! Hier können die Cut-Off-Werte vergleichsweise hoch angesetzt werden. Damit erhöht sich aber auch zwangsläufig der andere Fehler, weil die Wahrscheinlichkeit wächst, einen eigentlich geeigneten Bewerber abzulehnen. Ist der Cut-Off zu hoch angesetzt, bleibt die Stelle vielleicht sogar unbesetzt.

8

120

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

8.3

Cut-Off-Strategie

Normwerte

Neunormierung und Anpassung der Cut-Off-Werte

Hat man sich für eine Cut-Off-Strategie entschieden, müssen die gewählten Cut-Off-Werte anhand der tatsächlichen Auswahlentscheidungen permanent neu validiert und abgesichert werden, wobei eine oder mehrere der oben erwähnten Methoden zum Einsatz kommen können. Veränderungen an den Anforderungsprofilen oder den Schwerpunkten der Auswahlentscheidungen durch die Auswähler machen eine Anpassung der Cut-Off-Werte notwendig. Im Laufe der Zeit entwickeln sich dadurch immer zutreffendere Normwerte für die auf die jeweiligen Jobund Competence-Familien abgestimmt Online-Testverfahren, was die Güte der Auswahlentscheidungen noch einmal erhöht. Unter der Lupe Normierungen machen eine Aussage darüber, wie bestimmte Testwerte in Relation zu einer Vergleichsgruppe zu interpretieren sind. Dadurch kann man ein einzelnes Testergebnis bewerten und sagen, ob es relativ zur Vergleichsgruppe eher gut oder schlecht zu beurteilen ist. Für eine vertiefende Betrachtung der Grundbegriffe des Testens kann zudem auf die Literatur verwiesen werden (z. B. Lienert & Raatz, 1998).

8

Klassische Kennwerte

Welche Testverfahren zur Leistungsfähigkeit eingesetzt werden, sollte von den Fähigkeiten abhängig gemacht werden, die in den Anforderungsprofilen definiert wurden. Die auf dem Markt angebotenen Testverfahren weisen unterschiedliche Leistungsmerkmale auf, die bewertet und eingeschätzt werden müssen. Von besonderer Wichtigkeit sind hierbei natürlich die klassischen Kennwerte, wie sie von jedem seriösen Testanbieter zur Verfügung gestellt werden. Die wichtigsten dieser Kennwerte (z. B. die Objektivität, die Reliabilität und die Validität) werden in jedem Handbuch der Diagnostik abgehandelt (zu einer Einführung in die Begrifflichkeiten s. z. B. Kubinger & Jäger, 2003; Kanning, 2004). Hier sollten auf jeden Fall Fachleute zu Rate gezogen werden, da in der Regel nur diese beurteilen können, wie die von den Testautoren veröffentlichten Werte einzuschätzen sind. Allein die Angabe eines Wertes reicht meistens nicht aus, da diese auf ganz verschiedene Weise ermittelt werden können und dann auch unterschiedlich interpretiert werden müssen.

8.4

Einstellung der HR-Mitarbeiter zum neuen System

Bei der Einführung des Online-Bewerbungssystems wurde von den Mitarbeitern im Unternehmen die Möglichkeit vermisst, sich einen

121

8

8.5 · Die Verfälschbarkeit von Online-Testverfahren

persönlichen Eindruck zu verschaffen, beispielsweise durch eine Beurteilung der Sorgfalt der Bewerber bei der Erstellung ihrer Mappen, der Rechtschreibung und dem Stil des Anschreibens, sowie die Anmutung der beigefügten Fotos. Unserer Einschätzung nach sind das aber auch gleichzeitig die stärksten Argumente für eine systemunterstützte Vorauswahl. Gerade die Leidenschaftslosigkeit eines Abgleichs von Anforderungen der Stelle und Eignungen der Bewerber minimiert Fehler, wie sie bei einer persönlichen Beurteilung immer wieder auftreten, wenn beispielsweise für die Auswahl nicht valide Kriterien, sogenannte Pseudokriterien, übergewichtet werden. Tatsächlich wird die prognostische Validität von Bewerbungsunterlagen durch wissenschaftliche Untersuchungen niedrig eingeschätzt, inklusive der gern begutachteten Arbeitszeugnisse, den Schulnoten, dem Alter und den Referenzen (s. hierzu Schuler, 2002). Wer erliegt nicht dem Reiz, in der Bewerbungsmappe die Seite mit dem Foto aufzuschlagen? Die Versuchung, vom optischen Eindruck auf die Person zu schließen ist groß, der diagnostische Wert aber mindestens zweifelhaft und für die meisten Anforderungsprofile irrelevant. Schöne Menschen werden zwar von den meisten Personen als intelligenter und kompetenter eingeschätzt, müssen es aber keineswegs sein. Eine Auswahl nach dem optischen Eindruck ist somit nicht nur diskriminierend, sondern kann auch kontraproduktiv sein. Das Online-Verfahren behandelt dagegen alle Bewerber gleich, die ihrer Entscheidung zugrunde liegenden Regeln sind eindeutig definiert und können in jedem Fall rekonstruiert oder angepasst werden.

8.5

Validität von Bewerbungsunterlagen

Die Verfälschbarkeit von Online-Testverfahren

Prinzipiell kann nicht ausgeschlossen werden, dass einige Bewerber versuchen, sich durch den Einsatz von Hilfsmitteln einen Vorsprung vor ihren Mitbewerbern zu verschaffen. Natürlich kann man versuchen, den Missbrauch durch die Vergabe von Kennwörtern einzuschränken, aber man kann nie völlig ausschließen, dass eine völlig andere Person die Testverfahren absolviert hat, als vorgesehen war. Hier können wir auf die bereits erwähnten Inhouse-Testungen verweisen.

Verfälschbarkeit

> Weisen Sie Ihre Bewerber bereits vor der Online-Testdurchführung darauf hin, dass die erhobenen Fähigkeiten bei einem Vorstellungstermin wiederholt werden. Das schließt einen Betrugversuch nicht aus, stellt ihn aber auf relativ kurze Beine.

Beachtet werden sollte auch die durch den unkontrollierten Einsatz sogenannter Testknacker zu erwartenden Unterschiede der Vertrautheit verschiedener Bewerber mit den zur Bearbeitung anstehenden Testverfahren, wenn nicht sogar mit einigen der dargebotenen Items. Prinzipiell sorgen Übungseffekte bei Leistungstestverfahren für einen

Testknacker

122

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

8 Adaptive Testverfahren

Anstieg der erwarteten Ergebnisse, die, abhängig von den jeweiligen Testverfahren, unterschiedlich ausfallen, aber nicht zu einer Nivellierung der Leistungsunterschiede führen, sondern sogar eher zu einer Akzentuierung derselben (s. hierzu Fay, 1992; Wottawa & Amelang, 1985). Das allein wäre ein zu verschmerzendes Problem, dem man leicht durch eine Nachnormierung der Testkennwerte oder ein Heraufsetzen der Cut-Off-Werte begegnen könnte. Schwieriger wird es, wenn man nicht davon ausgehen kann, dass alle Bewerber im gleichen Ausmaß geübt haben und man deshalb nicht weiß, welche der Bewerber sich durch Übungseffekte verbessert haben und welche das nicht getan haben. Die Gefahr besteht für das Unternehmen darin, eigentlich schlechtere Bewerber zum Auswahlgespräch einzuladen, nur weil sie sich durch Übungseffekte eine bessere Ausgangsposition verschafft hatten. Hierbei kann man zum einen versuchen, die Übungsmöglichkeiten der Bewerber durch den Einsatz von Testverfahren zu erschweren, die aus einem großen Itempool Items vergleichbarer Schwierigkeit und Trennschärfe bereit haben, um die Abfolge der Aufgaben ständig verändern zu können. Ein ähnlicher Effekt wird auch durch den Einsatz adaptiver Testverfahren erzielt, bei denen die Abfolge der Aufgaben vom Lösungsverhalten der Kandidaten abhängig ist. Diese Testverfahren beruhen auf einem anderen theoretischen Ansatz als die Tests der Klassischen Testtheorie (KTT) und ermöglichen bereits bei sehr kurzer Testanwendung zuverlässige Aussagen über die Ausprägung bestimmter Fähigkeiten oder Dispositionen (s. für eine Einführung und Darstellung das Kapitel von H. Moosbrugger bei Amelang & Zielinski, 2004). Nach diesem Prinzip hergestellte Testverfahren sind allerdings noch recht selten und bedürfen eines höheren Rechenaufwandes der hierfür eingesetzen Rechner. Unter der Lupe Ein Charakteristikum adaptiver Testverfahren besteht darin, dass sich die Schwierigkeit der präsentierten Items danach richtet, ob das vorhergehende Item gelöst oder nicht gelöst wurde, wobei der gesamte Test mit einem Item mittlerer Schwierigkeit gestartet wurde. Das wird im praktischen Einsatz bei leistungsstarken Bewerbern dazu führen, dass diese relativ früh mit schweren, wenn nicht gar schwersten Items konfrontiert werden. Dieses Phänomen muss in der Instruktion erklärt werden, damit diese Bewerber nicht unnötig frustriert sind oder fälschlicherweise annehmen, den Anforderungen des Tests nicht genügt zu haben, nur weil sie es von den klassischen Testverfahren vielleicht so gewohnt sind, dass man mit relativ einfachen Items startet, um sich dann schrittweise zu den schwereren Aufgaben zu steigern.

Der Testparcours

Man kann sich auch überlegen, einen eigenen Testparcours für die eingesetzten Online-Testverfahren anzubieten, auf dem die Bewer-

123

8

8.6 · Kosten-Nutzen-Betrachtung

ber die Tests üben können! Dadurch können die oben genannten Übungsunterschiede ebenfalls egalisiert werden, wenn die Bewerber die Option auch tatsächlich nutzen. Eine Konsequenz ist dann ein Anstieg der durchschnittlichen Testergebnisse, was eine Neunormierung oder Neuorientierung der Cut-Off-Werte nötig macht. Zudem muss darauf geachtet werden, dass die Testverfahren insgesamt nicht zu leicht sind, um statistische Deckeneffekte zu vermeiden. Es wäre nicht nützlich, wenn nach der Übungsrunde auf einmal alle Bewerber die Tests bestehen würden und man keine Unterschiede mehr zwischen ihnen ausmachen könnte.

8.6

Kosten-Nutzen-Betrachtung

Eine Evaluation des gesamten Bewerbermanagements bei der Deutschen Lufthansa AG zeigte, dass die erwarteten Kosteneinsparungen eingetroffen sind. Gerade in Zeiten großen Bewerberaufkommens stellt das Online-Bewerbermanagement ein ideales Instrument zur Vorauswahl dar. Effizient ist das Verfahren einmal, weil nach dem Initialisierungsaufwand mit überschaubaren Betriebskosten zu rechnen ist. Eine angemessene Bearbeitung großer Mengen eingehender Bewerbungen mit den klassischen Methoden einer händischen Inspektion von Bewerbungsmappen ist, wie gezeigt wurde, nicht nur fehleranfällig, sondern zudem auch noch sehr viel teurer und bietet nicht den qualitativen Mehrwert, den die Durchführung der OnlineTests mit sich bringt und der ebenfalls zu bewertbaren Kostenvorteilen führt. Durch die Verrechnung auf alle vorhandenen Anforderungsprofile können nämlich im Fall der Interessentenbewerbung nahezu immer Alternativen zu anderen Stellen aufgezeigt werden. Die Interessenten gehen so für das Unternehmen nicht verloren. Waren sie für eine Stelle nicht geeignet, gibt es andere Profile, für die sie geeignet sind. Wurden sie nicht eingestellt, weil andere besser waren oder sie zum falschen Zeitpunkt kamen, können sie auf eigenen Wunsch im Pool der jeweiligen Anforderung bleiben, bis neuer Bedarf besteht und ein Personalbereich auf sie aufmerksam wird. Da für diese Kandidaten bereits geprüft wurde, dass sie den grundsätzlichen Voraussetzungen der Profile entsprechen, befinden sich diese Kandidaten zudem automatisch bereits auf der nächsten Stufe des Bewerbungsprozesses. Auch das spart Kosten. Im besten Fall erübrigt sich damit sogar der teure Aufwand einer Rekrutierungsmaßnahme. Wir konnten bei der Analyse der Bewerberdaten für das Jahr 2006 zudem zeigen, dass die Vorauswahl nach fachlichen und überfachlichen Kriterien zu einer Erhöhung der Qualität bei der InhouseTestung geführt hatte (signifikanter Zuwachs der mittleren Werte) und dass insgesamt weniger Auswahlverfahren durchgeführt werden mussten, um eine Stelle zu besetzen. Die Zahlen wurden für unterschiedliche Bewerbergruppen (zum Beispiel Flugbegleiter, Fluggast-

Qualitätserhöhung bei der Inhouse-Testung

124

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

dienste, Auszubildende, Studenten und Hochschulnachwuchskräfte) getrennt ausgewertet und die Zuwachsraten waren in allen Fällen hoch signifikant. Damit reduzieren sich aber auch die Kosten für die Durchführung der späteren Auswahlschritte. Diese Kostenvorteile konnten belegt werden und fallen entsprechend den Selektionsquoten der Maßnahmen unterschiedlich hoch aus.

8.7

Ausblick

Abschließend kann gesagt werden, dass der Nutzen von Online-Testverfahren zur Vorauswahl für das Bewerberverfahren unbestreitbar ist, sowohl vom Gesichtspunkt der Qualität als auch vom ökonomischen Standpunkt. Zur Bestimmung der langfristigen Validität bezüglich des späteren Berufserfolges liegen noch keine Daten vor. Der Einsatz von Leistungstestverfahren macht dies jedoch sehr wahrscheinlich, ist der Zusammenhang hoch valider Testverfahren und dem zu erwartenden Nutzen doch seit langer Zeit gut belegt (s. hierzu Taylor & Russel, 1939).

8

Unter der Lupe Insgesamt betrachtet erhöht die hohe Validität von Testverfahren in Abhängigkeit von Grund- und Selektionsquote den Anteil der Geeigneten an der Gesamtheit der ausgewählten Bewerber und hilft damit, Kosten zu senken. Die Taylor-Russel-Tafeln geben diese Abhängigkeiten an. Die . Abb. 8.6 veranschaulicht den Zusammenhang. Dabei verändert sich der gefärbte Innenbereich der Punktewolke in Abhängigkeit von der Validität der Verfahren. Je valider das Verfahren ist, desto schmaler wird die Fläche. Damit sinkt aber auch der Flächenanteil der beiden Fehlerformen erster und zweiter Art (das sind die mit B und C bezeichneten Bereiche).

Datenschutz

Den Diagnostikern auf dem Gebiet der Personalauswahl ist mit der Online-Testung die Gelegenheit gegeben, die Errungenschaften des Internets konsequent für die Ziele der Unternehmen, geeignete Mitarbeiter aus den Bewerbungen zu selektieren, nutzbar zu machen. Es ist anzunehmen, dass hierbei noch lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Dabei kann beispielsweise an interaktive Testverfahren gedacht werden, die über die heute praktizierte einseitige Testung hinausgehen und die Möglichkeiten ausschöpfen, komplexe Simulationsübungen durchzuführen, wie man sie bereits von einigen Programmen zur Erfassung des strategischen Denkens kennt (s. hierzu Dörner, 2005). Dass bei aller Begeisterung über die technischen Möglichkeiten die grundsätzlichen Bestimmungen des Datenschutzes nicht verletzt werden dürfen, versteht sich von selbst. Die Verträglichkeit der angestrebten Verfahren mit der diesbezüglichen Gesetzeslage

125

8

Literatur

x´(Selektionsquote) geeignet

y = bx + c A B

nicht geeignet

y´(Grundquote) C D

abgelehnt

angenommen

. Abb. 8.6. Der Einfluss der Validität von Testverfahren auf die Fehleranteile erster und zweiter Art

im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG; s. hierzu Gola & Jaspers, 2005) muss unbedingt sichergestellt sein. Es bleibt abzuwarten, ob das hinsichtlich des Einsatzes und der Verbreitung von Testverfahren zur Personalauswahl im europäischen Vergleich etwas rückständige Deutschland auf diesem Gebiet aufholen wird (s. auch Ryan et al., 1999). Die Online-Testverfahren stellen eine gute Möglichkeit dar, Vorbehalte zu überdenken und Erfahrungen hinsichtlich des Einsatzes dieser Verfahren zu sammeln. Da auch das Angebot guter Testverfahren und Anbieter diagnostischer Leistungen ständig wächst, besteht die berechtigte Hoffnung, dass sich in den nächsten Jahren der Einsatz von Testverfahren in der Bewerberauswahl erhöhen wird. Sowohl die Bewerber als auch die Unternehmen sollten davon profitieren.

Literatur Ahlenfelder, K. M. (2006). Diskriminierungsschutz im Arbeitsrecht. Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Köln: Deubner-Verlag. Amelang, M., Zielinski, W. (2004). Psychologische Diagnostik und Intervention, 3. Aufl. Heidelberg: Springer. Dörner, D. (2005). Die Logik des Misslingens: strategisches Denken in komplexen Situationen. Reinbek: Rowohlt. Fay, E. (1992). Über die Übbarkeit der Leistung in einem Durchstreichverfahren zur Messung der Kon-

zentrationsfähigkeit. Diagnostica, 38, 301–311. Gola, P., Jaspers, A. (2005). Das neue BDSG im Überblick. Frechen: Datakontext. Kanning, U. P. (2004). Standards der Personaldiagnostik. Göttingen: Hogrefe. Kubinger, K. D., Jäger, R. S. (2003). Schlüsselbegriffe der Psychologischen Diagnostik. Weinheim: Beltz. Lienert, G., Raatz, U. (1998). Testaufbau und Testanalyse, 6. Aufl. Weinheim: Beltz. Montel, C. (2006): Empirische Fundierung eignungsdiagnostischer Entscheidungen: Multiple Cutoffs als

Basis einer lernfähigen Diagnostik. Bochum: Ruhr-Universität, Department of Psychology. Ones, D. S., Viswesvaran, C. (1998). The effects of social desirability and faking on personality and integrity assessment for personnel selection. Human Performance, 41, 180–195. Ryan, A. M., McFarland, L., Baron, H., Page, R. (1999). An international look alt selection practices: Nation and culture as explanations for variability in practice. Personnel Psychology 52: 359–391. Schmidt, F. L., Hunter, J. E. (2000). Messbare Personenmerkmale:

126

Kapitel 8 · Mehrstufiges Auswahlverfahren mit Online-Assessments bei der Lufthansa

Stabilität, Variabilität und Validität zur Vorhersage zukünftiger Berufsleistung und berufsbezogenen Lernens. In: M. Kleinmann, B. Strauß (Hrsg.), Potentialfeststellung und Personalentwicklung (S. 15–43). Göttingen: Hogrefe. Schuler, H. (2002). Das Einstellungsinterview. Göttingen: Hogrefe. Taylor, H. C., Russel, J. F. (1939). The relationship of validity coefficients to the practical effectiveness of

8

tests in selection: Discussion and tables. Journal of Applied Psychology, 23, 565–578. Westhoff, K., Hellfritsch, L. J., Hornke, L. F., Kubinger, K. D.; Lang, F., Moosbrugger, H., Püschel, G. & Reimann, G. (2005). Grundwissen für die berufsbezogene Eignungsbeurteilung nach DIN 33430. Lengerich: Pabst. Wottawa, H. (1987). Hypothesis Agglutination (HYPAG): A Method

for Configuration-based Analysis of Multivariate Data. Methodika, 1, 68–92. Wottawa, H., Amelang, M. (1985). Testknacker. Report Psychologie, 10, 6–9.

127

Interne Stellenbesetzung innerhalb der Conergy Gruppe mit dem verhaltensbasierten Fragebogen »Predictive Index« Anja Wurow 9.1

Die Conergy AG – 128

9.1.1 9.1.2

Unternehmensbeschreibung – 128 Personalentwicklung und Karriereplanung in der Conergy Gruppe – 128 Interne Personalauswahl mit Unterstützung des Predictive Index – 128

9.1.3

9.2

Predictive Index und PRO – 130

9.2.1 9.2.2

Beschreibung Predictive Index (PI) – 130 Stellenanforderungsprofil PRO – 131

9.3

Praktischer Einsatz des PI und PRO in der Conergy Gruppe – 132

9.3.1

9.3.3

Beschreibung des Einsatzes PI und PRO im Rahmen einer internen Stellenbesetzung – 132 Internes Ausschreibungsverfahren zur Besetzung einer Vertriebsleitungsposition – 133 Anwendung des Tools im Assessment – 136

9.4

Erfahrungen – 136

9.5

Kosten-Nutzen-Betrachtung – 138

9.6

Ausblick – 139

9.3.2

Weiterführende Literatur – 139

9

128

Kapitel 9 · Interne Stellenbesetzung innerhalb der Conergy Gruppe

9.1

Die Conergy AG

9.1.1

Unternehmensbeschreibung

Die Conergy AG gilt als das umsatzstärkste Solarunternehmen Europas und als weltweiter Marktführer in der solaren Systemintegration. Die Unternehmensgruppe verfolgt eine globale Wachstumsstrategie: Für seine Kunden produziert, installiert und projektiert der Konzern Solarsysteme oder auch Windkraftanlagen in über 20 Ländern. Die Conergy Gruppe ist inzwischen auf 5 Kontinenten mit eigenen Niederlassungen vertreten. In 3 eigenständig operierenden Sparten »Components«, »Sales & Systems« und »Projects« sind in der Conergy Gruppe Spezialisten aus den Bereichen »Entwicklung, Vertrieb und Projektmanagement« beschäftigt.

9.1.2

Personalentwicklung und Karriereplanung in der Conergy Gruppe

9

Personalentwicklung bei der Conergy AG

Der Bereich der erneuerbaren Energien ist ein innovativer und schnell wachsender Markt; Spezialisten sind stark nachgefragt und deshalb ist es wichtig, Mitarbeiter durch geeignete Personalentwicklungsmaßnahmen zu binden und im Rahmen einer Karriereplanung Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Die Personalentwicklung ist in die strategische Gesamtplanung des Unternehmens eingebettet mit dem Ziel, durch Steigerung der Qualifikation der Mitarbeiter die bestmögliche Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Darüber hinaus soll sie ermöglichen, dass die Mitarbeiter im Wege der Förderung, Motivation und Einbeziehung für einen Prozess notwendiger Veränderung gewonnen werden. Die dazu erforderlichen Qualifizierungen orientieren sich an der aufgabenbezogenen Eignung der Mitarbeiter sowie ihren Erwartungen an die eigene berufliche Weiterentwicklung. Sie sind mit einer Karriereplanung verknüpft, durch die sich die Fähigkeiten und Neigungen des Einzelnen, sein Engagement und seine Kreativität optimal entfalten können. Interne Stellenbewerbungen sind Teil der Karriereentwicklung. Jeder Mitarbeiter hat die Möglichkeit, in andere Fach- oder Funktionsbereiche zu wechseln.

9.1.3

Interne Personalauswahl mit Unterstützung des Predictive Index

Im Rahmen der internen sowie externen Personalauswahl haben wir uns entschieden, das Auswahlverfahren mit einem verhaltensbasier-

129

9

9.1 · Die Conergy AG

ten Fragebogen zu unterstützen. Dabei war es das Ziel, die Stellenbesetzung zu optimieren, d. h. begleitend zu den eingesetzten Auswahlmethoden »strukturiertes Interview« und »Assessment-Übungen« ein Instrument zu nutzen, mit dem wir neben der fachlichen Prüfung eine zusätzliche Bewertung auf verhaltensbasierter Ebene durchführen konnten. Nach umfangreichem Testen verschiedenster Instrumente haben wir uns für den Predictive Index (PI) entschieden. Der Predictive Index ist online-basiert. Dadurch ist eine schnelle Versendung und Auswertung möglich. Den weiteren Vorteil des PI haben wir darin gesehen, dass wir über einen eigenen Datenbankzugang selber die Tests an die Bewerber versenden sowie die Auswertung durch eigene Analysten vornehmen lassen können. Die Analysten sind Personalentwickler der Conergy AG, die durch den Betreiber des PI (PI Europe Ltd) ausgebildet wurden. Bezüglich der Validität hat uns überzeugt, dass es sich um ein Freiwahlverfahren handelt. Das offene Frageformat ermöglicht im Unterschied zu den geschlossenen Frageformaten, dass ein Durchführender die Möglichkeit hat, genau das anzugeben, was er für sich als zutreffend erkannt hat. Dadurch werden Verfälschungen vermieden, die zwangsläufig entstehen, wenn Kandidaten sich für eine Antwort entscheiden müssen, obwohl mehrere oder gar keine zutreffen könnten. Der Kandidat bearbeitet dadurch das Verfahren mit einer höheren inneren Motivation, was letztlich der Aussagekraft der Selbstbeschreibung zugute kommt. Außerdem kann der Kandidat durch diese Methodik nicht schon an der Fragestellung erkennen, wie er günstigerweise antworten sollte, was große Vorteile im Hinblick auf Verfälschungstendenzen bietet. Dieser Aspekt ist gerade bei onlinebasierten Verfahren von besonderer Bedeutung. In nachfolgender Übersicht sind die Gründe für die Wahl des Predictive Index noch einmal zusammenfassend dargestellt.

Gründe für den Predictive Index 5 Einfaches und schnelles Ausfüllen des Fragebogens für den Bewerber 5 Geringe Beeinflussbarkeit durch den Bewerber 5 Hohe Validität 5 Eigenständige Versendung und Auswertung durch ein Online-Tool 5 Gutes Preis-/Leistungsverhältnis

Durch umfangreiche interne Tests wurden im Vorfeld verschiedene Testanbieter geprüft und sich von der inhaltlichen Aussagekraft des Instruments überzeugt.

Predictive Index als Testinstrument

130

Kapitel 9 · Interne Stellenbesetzung innerhalb der Conergy Gruppe

. Tabelle 9.1. Persönlichkeitskonstrukte PI (4 primäre Faktoren) Faktor

Beschreibung

Dominanz

Der Antrieb, Einfluss auf andere Personen oder auf Ereignisse auszuüben

Extraversion

Der Antrieb nach sozialer Interaktion mit anderen Menschen

Geduld

Das Maß an Anspannung, den Sinn für Dringlichkeit

Formalität

Der Antrieb nach Übereinstimmung mit formalen Richtlinien und Strukturen

. Tabelle 9.2. Persönlichkeitskonstrukte PI (2 resultierende Faktoren)

9

Faktor

Beschreibung

Entscheidungs-/ Urteilverhalten

Der Grad des rationalen Denkens und Handelns (rational – emotional/objektiv – subjektiv)

Energie und Durchhaltevermögen

Gibt einen Hinweis zum Stehvermögen

9.2

Predictive Index und PRO

9.2.1

Beschreibung Predictive Index (PI)

Der PI ist ein Freiwahlinventar von Adjektiven zur objektivierenden Erfassung von arbeitsbezogenem Verhalten, Potenzial, Motivation und Arbeitszufriedenheit. Er unterscheidet zwischen dem natürlichen Verhalten, dem Rollenverhalten und dem Leistungsverhalten und ermöglicht den Vergleich mit einem entsprechenden Anforderungsprofil.

Inhalte Persönlichkeitskonstrukte des PI

Der PI misst 4 primäre Faktoren (Persönlichkeitskonstrukte; . Tab. 9.1) und 2 resultierende Faktoren (. Tab. 9.2).

Frage- und Antwortformate Der PI besteht aus einer Freiwahl-Adjektiv-Checkliste, zusammengestellt aus 2×86 Wörtern (Items). In freier Wahl ist das Zutreffen jeden Items für die eigene Person anzugeben.

131

9

9.2 · Predictive Index und PRO

Ergebnisrückmeldungen Die PI-Daten eines Probanden werden vom Nutzer (Kunde) in den Computer eingegeben und automatisch ausgewertet (ca. 2 min) bzw.: Nutzer, die mit der PI Web-Lösung »AccessPITM« arbeiten, erhalten die tabellarische Auswertung unmittelbar nach dem Ausfüllen durch den Probanden via Internet. Für die Interpretation brauchen geübte Anwender ca. 5 min. Das PI-Persönlichkeitsprofil wird auf einem einseitigen Datenblatt grafisch und numerisch dargestellt. Diese Grafik beinhaltet 3 Verhaltensmuster (Selbst, Selbst-Konzept, Synthese) und erlaubt, Aussagen über das »natürliche« Verhalten, das Anpassungsverhalten sowie das »tatsächliche« Verhalten zu machen. Sie erlaubt ebenfalls Aussagen mit Bezug auf diverse berufliche Situationen und deren Anforderungen, wie z. B. Matching mit einer definierten Stelle oder einem bestimmten Arbeitsumfeld; Führungsverhalten und Führungspotenzial; Teamverhalten; aber auch Aussagen mit Bezug auf Entwicklungsbedürfnisse sowie Arbeitsmoral(-zufriedenheit) und -motivation. Das Ergebnis ist stets wertneutral; die eruierten Qualitäten sind situations- und stellenspezifisch. Die Ergebnisrückmeldung an den Probanden erfolgt immer im Rahmen eines persönlichen Gespräches mit einem zertifizierten Anwender. Die mündliche Rückmeldung erlaubt eine nuancierte und vor allem faire und akzeptable Behandlung der Person und fördert den offenen und konstruktiven Dialog. > Bereits bei solch einem Gespräch kann früh herausgefunden werden, wie der Proband auf Feedback/Kritik reagiert, und wie seine Selbstwahrnehmung im Abgleich mit der Fremdwahrnehmung durch Personal und/oder Kollegen ist.

9.2.2

Stellenanforderungsprofil PRO

Mit dem PROTM (Performance Requirement Options) wird ein auf den 4 Primärfaktoren des PI basierendes Stellenanforderungsprofil erstellt. Dies ermöglicht 5 den Abgleich verschiedener Ansichten bezüglich den Anforderungen an eine Stelle, 5 den Vergleich der mit dem PI ermittelten individuellen Verhaltensmuster einzelner Personen und dieser Stelle. PROTM ist als 3-seitiger Freiwahlfragebogen in Papierform, aber auch elektronisch auf PC oder via Internet erhältlich. Ausfüllzeit ca. 12 min, Auswertung am Computer oder via Internet.

Performance Requirement Options

132

Kapitel 9 · Interne Stellenbesetzung innerhalb der Conergy Gruppe

Das »Eisbergmodell«

Der Einsatz des PI-Systems (PI-Persönlichkeitsanalyse und PROStellenprofil) verhilft zu einem disziplinierten, methodischen und objektiven Prozess auf dem Weg zur Kandidatenauswahl und zum Entscheid. Das Eisbergmodell veranschaulicht dies auf ideale Weise: Wie viel wissen wir über einen Kandidaten? Wie viel von dem, was wir wissen sollten oder möchten, ist »sichtbar« (1/11 des Eisbergs); und wie viel ist uns mehr oder weniger verborgen (10/11 des Eisbergs). Wir wissen vieles von unseren Bewerbern (aber auch von Mitarbeitern). Aber wissen wir: Was ihn motiviert, wie er Probleme löst, kommuniziert, entscheidet, zuhört, mit anderen zusammenarbeitet? Wie er lernt: Ob rasch oder bedächtig, ob in die Tiefe oder oberflächlich? Aber auch: Wissen wir wirklich, wie er sich an seinem Arbeitsplatz fühlt? Ober er innerlich schon gekündigt hat? Ob er gerne etwas anderes tun würde? Ob er motiviert ist. Fragen hierzu alleine geben kaum eine genügende Antwort, denn Fragen sind da, um hinterfragt zu werden.

9.3

Praktischer Einsatz des PI und PRO in der Conergy Gruppe

9.3.1

Beschreibung des Einsatzes PI und PRO im Rahmen einer internen Stellenbesetzung

9

PI zur optimalen Stellenbesetzung

Beginnen wir mit 2 Aussagen, die jeweils aus der Sicht des Bewerbers und aus Sicht des Unternehmens dafür sprechen, neben den fachlichen auch noch verstärkt die Verhaltensanforderungen zu prüfen: Sicht des Bewerbers: »Wer möchte schon die nächsten 10, 20, 30 Jahre damit verbringen eine Arbeit zu verrichten, welche nicht zu seiner Natur passt. Und doch müssen viele da durch!« Sicht des Unternehmens: »Die häufigsten Fehler bei Personalentscheidungen sind auf Nichtbeachten oder Fehleinschätzungen der Persönlichkeit zurückzuführen, nicht auf mangelhafte Kenntnisse oder Erfahrung.« Die optimale Stellenbesetzung hängt also auch von den persönlichen Neigungen und Verhaltensweisen der Person ab, die später eine Stelle ausfüllt. Daher wird in Kauf genommen, mehr Zeit für das Auswahlverfahren zu verwenden, als in vielen anderen Unternehmen üblich. Jedoch sind die Kosten einer nicht optimalen Besetzung wesentlich höher, sei es, dass die Position erneut ausgeschrieben werden muss oder der Stelleninhaber einfach nicht die bestmöglichen Ergebnisse erzielt. In der Vergangenheit konnte durch das sehr schnelle Wachstum der Conergy AG dieser Prozess nicht durchgehend eingehalten werden. Jedoch wird angestrebt, diesen Prozess zukünftig bei allen Stellenbesetzungen ab der Karrierestufe L3 innerhalb des konzerneigenen Karrieremodells anzuwenden.

133

9

9.3 · Praktischer Einsatz des PI und PRO in der Conergy Gruppe

9.3.2

Internes Ausschreibungsverfahren zur Besetzung einer Vertriebsleitungsposition

Anhand der internen Stellenbesetzung einer Vertriebsleitungsposition möchten wir die Nutzung und Vorgehensweise des PI/PRO schildern. Dabei gehen wir in folgenden Etappen vor. Nutzung und Vorgehensweise des PI/PRO 1. 2. 3. 4. 5.

Schilderung des Gesamtprozesses Erstellung eines Stellenprofils Pro durch 2 Personen Ausfüllen des PI durch die Bewerber Abgleich der PI-Ergebnisse mit dem Pro Nutzung der PI-Ergebnisse beim strukturierten Interview

Das Stellenbesetzungsverfahren läuft im Rahmen einer internen Stellenausschreibung. Dabei sind fachliche Anforderungen definiert (Stellenprofil), anhand derer die Vorselektion stattfindet (Abgleich fachliche Kompetenzen, Führungserfahrung, etc.). Die Bewerber, die sich in der engeren Auswahl befinden, werden in einem internen Assessment-Center folgende Verfahren/Übungen durchlaufen: 5 Übung Mitarbeitergespräch, 5 Übung Kundengespräch, 5 strukturiertes Interview mit Einbezug der PI-Ergebnisse.

Stellenbesetzungsverfahren

Die Conergy AG hat Mitarbeiterkompetenzen definiert, anhand derer die Kriterien für die Übungen im AC definiert werden in Bezug auf z. B. unternehmerisches Denken und Handeln, Kundenorientierung und Führung. Es werden Beobachtungsbögen genutzt, die eine objektive Beurteilung der Bewerber gewährleisten. Das Verfahren moderieren geschulte Mitarbeiter im Bereich Diagnostik innerhalb der Personalentwicklung. Mit Hilfe des Online-PRO wird von mindestens 2 Personen eine Stellenbeschreibung erstellt. Dabei gleicht die PI-Datenbank die erstellten Profile miteinander ab und konsolidiert diese. Dadurch entsteht ein Gesamtprofil für die ausgeschriebene Position, in die die Anforderungen an die zu besetzende Position von mehreren Personen einfließen können.

Definition Mitarbeiterkompetenzen

PRO-Profil für eine Vertriebsleitungsposition Die . Abb. 9.1 zeigt in den 4 Verhaltensausprägungen folgende Ergebnisse: 5 Formalismus: keine starke Ausprägung notwendig, 5 Geduld: antreibende Ausprägung = hoher Ungeduldswert, 5 Extraversion: hohe Kommunikations- und Kontaktfreudigkeit gewünscht,

Erstellung Stellenprofil mit Hilfe des Online-PRO

134

Kapitel 9 · Interne Stellenbesetzung innerhalb der Conergy Gruppe

Formalismus

Geduld

Extraversion

Dominanz . Abb. 9.1. PRO-Profil für eine Vertriebsleitungsposition

-6

-4

-2

0

2

4

6

5 Dominanz: ein »Macher-Persönlichkeit«, die Einfluss nehmen

will und entscheidungsfreudig ist, wird gesucht. Daraus ergibt sich die nachfolgend geschilderte Stellenbeschreibung (wird anhand der Verhaltensausprägungen und deren Kombinationen untereinander von der Online Datenbank erstellt).

9 Stellenbeschreibung Teamleiter Vertrieb Inhalte Stellenbeschreibung Teamleiter Vertrieb

Der Schwerpunkt dieser Stelle liegt auf dem Erreichen von Ergebnissen, die dem Gesamtbild des Unternehmens und seinen strategischen Zielen entsprechen. Initiative zusammen mit einem Sinn für Wettbewerb und der Fähigkeit, sich trotz veränderlicher Bedingungen auf Ergebnisse zu konzentrieren, ist für das Erreichen der Leistungsziele dieser Stelle wesentlich. Weil sich Umgebungs- und organisatorische Bedingungen schnell verändern, beinhaltet die Arbeit Innovation und Kreativität beim Erzeugen von Ideen für schnelle Reaktionen. Die Entscheidungsfindung konzentriert sich auf die Implementierung praktischer, rechtzeitiger Lösungen. Die Stelle verlangt, dass die Arbeit schnell erledigt und eine Vielzahl von verschiedenen Aktivitäten bearbeitet wird. Selbstsicherheit und das Selbstvertrauen, gezielt auf Ergebnisse hinzuarbeiten, und andere Mitarbeitende bei Problemlösung und Entscheidungsprozessen einbeziehen, sind entscheidend. Es ist ein bestimmter und zielorientierter Führungsstil wichtig, der gleichzeitig motiviert, schult und andere auf begeisternde Weise engagiert. Die Betonung auf dem Aufbau von engen Beziehungen mit Einzelpersonen und Gruppen erfordert einen offenen, ausgeglichenen und überzeugenden Kommunikationsstil. Das Arbeitsumfeld ist schnelllebig, flexibel und verändert sich ständig und so ist die Fähigkeit entscheidend, schnell und gründlich zu lernen, während gleichzeitig kontinuierlich sich verändernde Bedingungen erkannt und entsprechende Anpassungen vorgenommen werden. Der Arbeitsumfang der Stelle kann effektives Übertragen von Aufgaben und zum Teil auch von Befugnissen an bewährte Mitarbei-

135

9

9.3 · Praktischer Einsatz des PI und PRO in der Conergy Gruppe

tende erfordern. Insbesondere alltägliche und sich wiederholende Details müssen delegiert werden. Dies muss jedoch mit der Verantwortung für die Überprüfung und Rechenschaft für rechtzeitige Ergebnisse geschehen. Während die Stelle die Fähigkeit zum unabhängigen Handeln, einen Sinn für Dringlichkeit und das Vertrauen verlangt, eine Vielzahl an Herausforderungen anzunehmen, werden gleichzeitig in dieser Position ein volles Engagement für den Erfolg des Geschäfts und hohe Leistungsstandards erwartet. Die Betonung liegt auf dem Erreichen herausfordernder Ziele, mit und durch Menschen. Nachstehend folgt eine in Kernkompetenzen gegliederte Zusammenfassung dieser Stellenbeschreibung. Idealerweise sollten für diese Stelle Kandidaten/-innen gefunden werden, die im nachfolgend beschriebenen Umfeld optimale Arbeitsmotivation finden. Zusammenfassung der Stellenbeschreibung 5 Tempo und Art der Aktivitäten 5 5 5 5

Sinn für Dringlichkeit bezüglich des Erreichens von Zielen Unterschiedliche Aktivitäten Mehrere gleichzeitig laufende Projekte Arbeitsumfeld mit schnellem Arbeitsrhythmus

5 Fokus 5 Ergebnisorientiert 5 Ideenerzeugung, innovative und kreative Problemlösung 5 Beziehungen werden mehrheitlich im Hinblick auf das Erzielen von Ergebnissen geknüpft 5 Andere Mitarbeitende müssen einbezogen und engagiert werden

5 Entscheidungsfindung 5 Problemlösungsorientierung 5 Eingehen von Risiken 5 Handlungsorientiert und teilweise gemeinsame Entscheidungsfindung 5 Schnelle Entscheidungsfindung als Reaktion auf sich ändernde Umstände

5 Kommunikation und Mitarbeit 5 Extrovertiert, selbstbewusst, enthusiastisch, überzeugend 5 Beeinflusst und stimuliert andere zum Handeln 5 Zusammenarbeit zielt auf das Erreichen der Ziele ab

5 Übertragung und Leitung 5 Autoritative und teilweise partizipative Führung auf der Grundlage von Generalistenkönnen 5 Fachkenntnis von Systemen 5 Charismatische Führung zur Gewährleistung des Erreichens der Geschäftsergebnisse 5 Delegieren von Einzelheiten nach Bedarf, mit Überprüfung von Rechtzeitigkeit und Qualität 5 Verantwortlichkeit für Ergebnisse

Zusammenfassung Stellenbeschreibung

136

Kapitel 9 · Interne Stellenbesetzung innerhalb der Conergy Gruppe

In Bezug auf die Verhaltensebenen des PI: Dominanz, Extraversion, Geduld, Formalismus

Selbst So beschreibt der Bewerber sein natürliches Verhalten

Selbst-Konzept So beschreibt der Bewerber seine Sicht auf sein berfliches Umfeld und die Erwartungen, die dort an ihn gestellt werden

Synthese So beschreibt der Bewerber sein gezeigtes, wahrnehmbares Verhalten im beruflichen Umfeld

9

. Abb. 9.2. Wahrnehmungsebenen des Bewerbers

> Je detaillierter die Stellenbeschreibung, desto einfacher lässt sich ein wirklich guter und passender Kandidat finden.

9.3.3

Anwendung des Tools im Assessment

Die Bewerber erhalten per E-Mail den Zugang zu dem PI-Fragebogen. Anhand der Ergebnisse kann ein erster Abgleich zu dem erstellten Jobprofil erfolgen. Da es sich bei dem Bogen um eine Selbsteinschätzung (. Abb. 9.2) handelt, kann es immer zu leichten Ergebnisverzerrungen kommen, da ein Bewerber meinen könnte, bestimmte Adjektive ankreuzen zu müssen, um eine besondere Passgenauigkeit zu erlangen. Daher wird das PI-Gutachten auch nicht zur Vorauswahl genutzt, sondern es werden die Ergebnisse ins strukturierte Interview eingearbeitet, d. h. Hinterfragung bestimmter Verhaltensweisen in Bezug auf Praxisbeispiele. Außerdem werden die AC-Übungen doppelt getestet und ermöglichen somit eine höhere Validität der Ergebnisse. Zur Verdeutlichung wird ein Beispiel aufgeführt:

9.4

Erfahrungen

Die Verwendung des PI erfolgte bisher in den firmeninternen Talenteprogrammen, stets kombiniert mit Assessment-Center-Übungen zur Auswahl der Bewerber, sowie bei internen und extenen Stellenausschreibungen.

137 9.4 · Erfahrungen

Beispiel Das erstellte Stellenprofil PRO zeigt auf, dass eine Person gesucht wird, die proaktiv Prozesse steuert, Mitarbeiter begeistern kann und sich in einem schnelllebigen Umfeld zurechtfindet. Sollte der Bewerber in seinem PI-Ergebnis ein weniger stark proaktives Verhalten aufzeigen, werden gerade diese Faktoren in dem strukturierten Interview noch stärker hinterfragt. Folgender Fragenkatalog ist dafür einsetzbar: 5 Wenn Sie könnten, wie Sie wollten – was würden Sie am liebsten umsetzen? Was bremst Sie in der Realität? 5 Gibt es Projekte, die speziell mit Ihnen in Verbindung gebracht werden, da Sie sie maßgeblich geprägt haben? 5 Gibt es eine Aufgabe, von der Sie sich im Nachhinein gewünscht hätten, sie konsequenter zu Ende gebracht zu haben? Oder der Bewerber zeigt im Bereich der Komponente »Sozialverhalten« (Verbindung Dominanzwert mit den Werten Geduld und Extravertiertheit) eine Ausprägung an, die eher auf einen sehr harmoniebedürftigen Menschen hinweist. In der Stellenbeschreibung wird eine Persönlichkeit gesucht, die ein Team zwar motivierend aber auch zielstrebig führen soll – gerade in Zeiten starker Veränderungen innerhalb der Unternehmensgruppe. Dieses Verhalten wird in der AC-Übung »Mitarbeitergespräch« geprüft. In dieser Übung muss die Führungskraft (der Bewerber) den Mitarbeiter von der neuen Strategieausrichtung des Unternehmens überzeugen und motivieren, diese mit seinem Team umzusetzen. Dabei soll sich die Führungskraft auch nicht durch die vielfältigen Argumente des Mitarbeiters abbringen lassen. Zusätzlich könnten folgende Fragen im strukturierten Interview angewendet werden: 5 Wie vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern Ziele? Wie stellen Sie sicher, dass bereichsspezifische Ziele erreicht werden? Inwieweit müssen Sie von Zielen, von denen Sie Ihre Mitarbeiter überzeugen wollen, selbst überzeugt sein (Beispiel)? 5 Wie gehen Sie vor, um ein Projekt, von dessen Richtigkeit Sie überzeugt sind, auch gegen die ursprüngliche Ablehnung des Managements weiter zu verfolgen? Erzählen Sie von einem konkreten Beispiel. 5 Wie ist es Ihnen bei Veränderungen in der Organisation in der Vergangenheit gelungen, die Mitarbeiter »ins Boot zu holen«? Beschreiben Sie bitte eine konkrete Situation. Wie sind Sie vorgegangen? Was war das Ergebnis? Was hat nicht geklappt?

9

138

Kapitel 9 · Interne Stellenbesetzung innerhalb der Conergy Gruppe

Aufgrund der schnellen und praktikablen Handhabbarkeit für den Bewerber (Ausfüllzeit ca. 10‒15 min) und den Analysten (Auswertung per Online-Tool ca. 5 min Bearbeitungszeit) ist das Instrument sehr gut anwendbar. Da viele Unternehmen mit Persönlichkeitsfragebögen arbeiten ist für die meisten Bewerber das Ausfüllen des Tools nichts Außergewöhnliches, und wir treffen selten auf Widerstände. Der Vorteil des Instruments liegt darin, dass es weiterhin zur Persönlichkeitsentwicklung genutzt werden kann. Der Bewerber bekommt ein detailliertes Feedback über seine Verhaltensausprägungen und wie er diese im beruflichen Alltag zeigt. Dadurch ist die Person in der Lage, stärker das eigene Verhalten zu reflektieren und auch das Verhalten von Kollegen, Mitarbeitern und Kunden besser zu verstehen und einzuschätzen. > Es kann aber auch vorkommen, dass sich ein Bewerber besonders sicher fühlt, da er vielleicht schon mehrmals Persönlichkeitsfragebögen bearbeitet hat oder die Sinnhaftigkeit dieses Instrumentes in Frage stellt. Diesen Kandidaten sollte man dann im etwaig folgenden Gespräch noch detaillierter befragen.

9

9.5

Kosten-Nutzen-Betrachtung

Eine Optimierung des Auswahlverfahrens mit dem zusätzlichen Nutzen, das Instrument auch zur Personalenwicklung einzusetzen, ist erreicht worden. Dadurch, dass nur eine Jahresgebühr (abhängig von der Unternehmensgröße) anfällt, ist das Instrument somit zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis international nutzbar. In den asiatischen Niederlassungen wird das Instrument genauso genutzt wie im europäischen Raum. 5 Durch die Einbeziehung des PI in die Auswahlverfahren ist eine höhere Validität der Ergebnisse erreicht worden und dadurch eine Kostenersparnis durch verbesserte Stellenbesetzung. 5 Die Führungskräfte im Unternehmen werden durch die Anwendung des Instrumentes im Stellenbesetzungsverfahren gleichzeitig geschult, inwieweit menschliches Verhalten in Zusammenhang zu motivierenden Bedürnissen steht, und können somit optimaler ihre Mitarbeiter einsetzen und entwickeln. Kontinuierlich hohe Qualität der Auswertungen

Da im Rahmen der Jahresgebühr auch eine kontinuierliche Betreuung durch den Verantwortlichen PI Deutschland gewährleistet ist, können die Analysten jederzeit Unterstützung bei Fragen bekommen, wodurch eine kontinuierlich hohe Qualität der Auswertungen gewährleistet wurde. Dies war gerade am Anfang der Analystentätigkeit sehr wichtig, denn nur professionell ausgewertete Profile mit entsprechenden Feedbackgesprächen an Bewerber oder Mitarbeiter gewährleisten die Akzeptanz des Instruments im Unternehmen. Auch die regelmäßigen Netzwerktreffen der Unternehmen, die mit dem PI

139

9

Weiterführende Literatur

arbeiten (Regionalgruppe Hamburg), wurden von den Analysten als sehr wertvoll erachtet, da hier ca. alle 2 Monate ein Erfahrungsaustausch mit Begleitung des PI-Verantwortlichen stattfindet, der abwechselnd von den Unternehmen ausgerichtet wird.

9.6

Ausblick

Durch das starke Wachstum des Unternehmens wurde in der Vergangenheit die externe Stellenauswahl i. d. R. durch strukturierte Interviews durchgeführt ‒ bei Leitungspositionen teilweise durch das Hinzuziehen des PI oder von AC-Übungen. Interne Stellen wurden eher durch das Erbringen der entsprechenden fachlichen Leistungen besetzt. Durch die Konsolidierung des Unternehmens wird die Optimierung von Stellenbesetzungen intern wie extern angestrebt: 5 Transparente Aufstiegsmöglichkeiten: Im Karrieremodell wird zwischen 5 verschiedenen Management-Leveln unterschieden; ab Level 3 muss sich jeder interne Bewerber einem AC unterziehen. Dabei wird auch der PI angewendet und zusätzlich als Entwicklungsinstrument für die spätere Stellenausübung genutzt. 5 Führungskräfteentwicklung: Der PI wird jetzt in Führungskräfteschulungen eingesetzt, um eine bestmögliche Information über die Anwendbarkeit des Instrumentes zu gewährleisten und ein höheres Bewusstsein der Führungskräfte für die Zusammenhänge zwischen menschlichem Verhalten zu motivierenden Bedürfnissen zu erreichen.

Weiterführende Literatur Predictive Index: Informationen zum PI sind zu finden unter: http://www.praendexeurope. com/deutschland/?page=micro/ deutschland/intro Runde, B: Gastbeitrag zum Thema »Persönlichkeitstests im Kontext von Management Audits« unter:

http://www.managementaudit. de/web/gastbeitraege/gastbeitraegedetail.php?id=5 Stracke, F. (2007). Menschen verstehen – Potenzial erkennen (2. Aufl.). Leonberg: Rosenberger Fachverlag.

Zimbardo, G, P., Gerrig, R. J, Hoppe-Graf & S., Engel, I. (2003). Psychologie (7. Aufl.). Heidelberg: Springer-Verlag.

141

10

Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG Heike Mönig, Sabine Gröben 10.1

DB Training, Learning & Consulting, Bildungsanbieter und Inhouse Consultants bei der DB AG – 142

10.2

Managementdiagnostik als Teil der Geschäftseinheit Beratung bei DB Training, Learning & Consulting – 142

10.3

Ablauf eines klassischen Assessment-Centers – 143

10.3.1 10.3.2 10.3.3 10.3.4 10.3.5

Das Assessment-Center als eignungsdiagnostisches Verfahren – 143 Anforderungsprofil – 144 Auswahl der Übungen – 146 Auswahl der Beobachter – 148 Zeitlicher Ablauf am Auswahltag – 149

10.4

Erfahrungen mit dem Einsatz eines Online-Postkorbs – 150

10.4.1 10.4.2 10.4.3 10.4.4

Wie kam es zu der Entscheidung, einen Online-Postkorb im Assessment-Center zu nutzen? – 150 Das Verfahren – 151 Entwicklungs- und Durchführungsphase – 153 Rückmeldung der Teilnehmer – 154

10.5

Ausblick – 156 Zitierte und weiterführende Literatur – 156

142

Kapitel 10 · Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG

10.1

DB Training

Neue Konzepte und Trainings

10

DB Training hat sich in den vergangenen Jahren zum führenden europäischen Bildungsanbieter für die Verkehrsbranche entwickelt. Ein breites Portfolio an Qualifizierungsmaßnahmen und Trainings mit insgesamt über 1.500 Seminarthemen bildet hierfür die Basis. Von bahnspezifischen, technischen Themen, über allgemeine Themen des Verkehrsmarktes bis hin zu Management und Führungstrainings, Beratung sowie klassischer Berufsausbildung reicht das vielfältige Portfolio, das mittlerweile international angeboten wird. Stetiger gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technischer Wandel stellen hohe Anforderungen an heutige Bildungsangebote. Um diesen Anforderungen zu genügen und um den Kunden (alle Geschäftsfelder der DB AG sowie Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen) die notwendigen Qualifikationen für ihren Arbeitsalltag zu vermitteln, arbeiten die Bildungsexperten von DB Training permanent an neuen Konzepten und Trainings. Heute arbeiten über 800 Mitarbeiter an 70 Standorten, in 4 Gästehäusern und einem Seminarhotel kontinuierlich daran, die Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie die Beratung für die Kunden zu optimieren. Die Zusammenarbeit mit den Kunden basiert dabei auf einer engen und kooperativen Wertschöpfungspartnerschaft, beginnend bei der Beratung über die Bildungsbedarfsanalyse und Bildungsplanung bis hin zur Durchführung, Evaluation, Nachbereitung und zum Bildungscontrolling. Der Kunde und seine Bedürfnisse stehen bei jedem Schritt im Vordergrund. Eine Optimierung der Schnittstelle vom Kunden zu DB Training, die Konzentration auf Kernkompetenzen zur Synergieerzielung sowie die Schaffung einer Win-Win-Situation sind dabei elementare Punkte. Eine enge Absprache mit dem Kunden ist ebenfalls selbstverständlich.

10.2

Veränderungsprozesse begleiten

DB Training, Learning & Consulting, Bildungsanbieter und Inhouse Consultants bei der DB AG

Managementdiagnostik als Teil der Geschäftseinheit Beratung bei DB Training, Learning & Consulting

DB Training, Learning Consulting umfasst 13 Geschäftseinheiten mit unterschiedlichen Dienstleistungen und Themen, die je nach Kundenanforderungen entsprechend eng miteinander kooperieren. Die Geschäftseinheit Beratung kann auf mehr als 12 Jahre Erfahrung und Expertise in der aktiven Begleitung von Veränderungsprozessen – von der Prozessberatung und Diagnostik über die Or-

143

10

10.3 · Ablauf eines klassischen Assessment-Centers

ganisationsentwicklung und Qualifizierung bis zum kompletten Outsourcing – zurückblicken. Im Rahmen des Human Resource Management (HRM) unterstützen wir Unternehmen bei der Personalauswahl und -entwicklung, denn die Menschen sind die entscheidende Ressource im Unternehmen! Besonders vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung beraten wir rund um das Thema Employability, flankiert von maßgeschneiderten Trainings. Wesentliche Themen im Bereich HRM sind: 5 Managementdiagnostik 5 Betriebliche Gesundheitsförderung 5 Kompetenzmanagement

Zu den besonderen Leistungsmerkmalen der Managementdiagnostik der Geschäftseinheit »Beratung« zählen langjährige konzerninterne Erfahrungen sowie Erfahrungen bei Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen in der Personalentwicklung und Diagnostik für verschiedene Zielgruppen und Hierarchieebenen. Wir konzipieren wissenschaftlich fundierte Verfahren, verfügen über klar definierte Qualitätskriterien und in Arbeitskreisen findet ein steter Austausch über Kundenanforderungen und Neuentwicklungen statt. Von unseren Kunden werden besonders das umfassende strategische Wissen über die Ausrichtung des DB-Konzerns sowie die Kenntnis des Marktes geschätzt. Zu den Auswahl- und Diagnoseinstrumenten, die wir für unsere Kunden konzipieren und einsetzen, gehören Assessment-Center (AC) zur Auswahl, zur Potenzialanalyse, zur Bildungsbedarfsanalyse, strukturierte Interviews, Managementaudits und Entwicklungsworkshops. Insgesamt begleiteten wir im Jahr 2006 rund 3.200 Teilnehmer in Auswahl- bzw. Potentialanalyseverfahren. Dazu gehörten Standardprodukte (z. B. die Begleitung von ACs zur Auswahl von Berufsakademiestudenten und Trainees) sowie die Durchführung zuvor individuell konzipierter Verfahren für die Managementebene.

10.3

Ablauf eines klassischen Assessment-Centers

10.3.1

Das Assessment-Center als eignungsdiagnostisches Verfahren

Nach Thornton & Byham (1982) lässt sich das Assessment-Center (AC) als ein multimodales Verfahren beschreiben, das von einer starken Verhaltensorientierung der Eignungsdiagnose ausgeht. Der Begriff »Assessment-Center« bezieht sich auf zahlreiche Verfahren, die sich nach Unternehmen, Funktionen, Hierarchieebenen

Wissenschaftlich fundierte Verfahren

multimodales Verfahren

144

Kapitel 10 · Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG

und anderen Kriterien unterscheiden. Dennoch lassen sich nach Sünderhauf, Stumpf und Höft (2005) 4 zentrale Komponenten benennen, die allen Assessment-Centern gemeinsam sein sollen: 5 Das Anforderungsprofil bezieht sich auf die Identifikation der für eine zu besetzende Position erfolgskritischen Anforderungen sowie der für die erfolgreiche Bewältigung der Arbeitsanforderungen relevanten Kompetenzen, Eigenschaften sowie Verhaltensweisen. 5 Simulationsübungen sind beispielsweise Präsentationen, Gruppendiskussionen sowie Rollenspiele und Fallstudien. In zunehmendem Maße kommen außerdem computer- oder internetgestützte Leistungstests und Persönlichkeitsfragebögen zum Einsatz. 5 Beobachtungs- und Beurteilungsverfahren illustrieren die Verhaltensorientierung. Das Verhalten der Teilnehmer in den unterschiedlichen Übungssituationen ist anhand einer Beurteilungsskala von geschulten Beobachtern zu bewerten und zu protokollieren. Abschließend wird ein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt, der die Basis für die Auswahlentscheidung bildet. 5 Rückmeldungsverfahren beziehen sich auf das Feedback, d. h. auf die Information der Teilnehmer über individuelle Stärken und Schwächen, ihre AC-Leistungen sowie ihre Position im Bewerberfeld.

10 Rekrutierung von Hochschulabsolventen

In der Personalauswahl wird das Assessment-Center zur Rekrutierung von Hochschulabsolventen oder externen Führungskräften/ gewerblichen Mitarbeitern sowie intern beispielsweise bei der Beförderung in Führungsebenen eingesetzt, während es in der Personalentwicklung bei der Trainingsbedarfs- und der Potenzialanalyse sowie als Personalaudit und Development-Center Anwendung

findet (Obermann, 2006). Somit umfasst die Zielgruppe neben Führungskräften auch Mitarbeiter anderer Unternehmensebenen sowie Hochschulabsolventen.

10.3.2

Anforderungsanalyse

Anforderungsprofil

Das Ziel des Assessment-Centers ist, die Passung zwischen der Person einerseits und der beruflichen Tätigkeit andererseits zu überprüfen. Eine wichtige Basis für das Erreichen dieser Zielsetzung stellt das Anforderungsprofil dar, das die erfolgsrelevanten Aspekte einer Tätigkeit – von relevanten Verhaltensweisen über Fertigkeiten, Fähigkeiten sowie Wissensbereiche bis hin zu den Mindestanforderungen für die erfolgreiche Bewältigung von Arbeitssituationen – zusammenfasst. (Arbeitskreis Assessment Center e. V., 2004). Ausgangspunkt für ein Anforderungsprofil ist die Durchführung einer Anforderungsanalyse, in deren Rahmen erfolgskritische Arbeitsanforderungen identifiziert und verhaltensmäßige Strategien

145

10

10.3 · Ablauf eines klassischen Assessment-Centers

zur Bewältigung dieser Anforderungen beschrieben werden. Bei der Anforderungsanalyse wird an der Tätigkeit selbst angesetzt, d. h. die Anforderungen werden aus konkreten Aufgaben abgeleitet. Daher kann nicht von einem Standardanforderungsprofil gesprochen werden, sondern eher von multiplen, mit den existierenden Tätigkeitsfeldern und dem spezifischen Umfeld variierenden Anforderungsprofilen. Eine Darstellung zahlreicher Methoden der Anforderungsanalyse bietet Obermann (2006). Auf der Grundlage der Anforderungsanalyse wird abschließend das Anforderungsprofil erstellt, das eine Zusammenstellung einzelner in Beobachtungs- und Anforderungskriterien realisierten Verhaltensweisen/Persönlichkeitsmerkmale umfasst und einen Sollzustand kennzeichnet, der die Kriterien für die Verhaltensbewertung im Rahmen des Assessment-Centers darstellt. Die Deutsche Bahn AG arbeitet mit Kompetenzprofilen für die jeweiligen Tätigkeiten und Positionen. Diese basieren auf konzernweit einheitlichen Mitarbeiter- bzw. Managementkompetenzen und werden für jede Position gesondert zusammengestellt und definiert.

Anforderungsprofil

Kompetenzprofile

Unter der Lupe Ein Kompetenzprofil fasst demnach die für eine Tätigkeit erforderlichen Sollkompetenzen aus den Bereichen der DB Basiskompetenzen, Fach- und Methodenkompetenzen sowie ggf. Führungskompetenzen zusammen. Die Sollkompetenzen werden durch Verhaltensindikatoren mit beobachtbarem Verhalten der Mitarbeiter verknüpft, sodass eine Einschätzung durch die Führungskraft und damit eine Ermittlung der Istkompetenzen erfolgen kann. Auch bei Bestehen eines Kompetenzprofils werden Führungskräfte im Rahmen eines Expertenratings befragt, um so die relevanten Schlüsselkompetenzen für das Anforderungsprofil zu definieren.

Sollte für eine Position noch kein Kompetenzprofil vorliegen, setzt auch DB Training hier zur Erstellung des Anforderungsprofils Expertenratings und die Methode der kritischen Ereignisse ein. Bei dem Expertenrating werden mit den Anforderungen der Zielposition vertraute Personen hinsichtlich Charakteristika geeigneter Kandidaten befragt und Verhaltensanker ausgearbeitet; diese werden dann einer Strukturierung und Zuordnung zu Kategorien unterzogen, die abschließend um eine mehrstufige Beurteilungsskala ergänzt werden. Dieses Material wird später im AC als Beurteilungsbogen verwendet. Die Methode der kritischen Ereignisse basiert darauf, dass es sogenannte kritische Ereignisse gibt, die zwischen Personen unterscheiden helfen, die eine Tätigkeit gut ausführen bzw. sie nicht gut ausführen. Diese Methode nutzt DB Training neben der Konkretisierung von Anforderungen auch beim Einsatz von strukturierten Interviews.

Expertenratings und Methode der kritischen Ereignisse

146

Kapitel 10 · Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG

Schlüsselqualifikation

Hinsichtlich der für den Berufserfolg relevantesten Schlüsselqualifikation hat eine im Rahmen des Projektes »SQ 21 – Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert« durchgeführte Befragung von Hochschulen, Studenten und Unternehmen gezeigt, dass Unternehmen die Kommunikationskompetenz gefolgt von Engagement und analytischem Denken als wichtigste Schlüsselqualifikationen erachten.

10.3.3

Auswahl der Übungen

10

Beobachtung im situativen Kontext

Simulationsprinzip

Methodenmix

Typische Übungen

Auswahl der Übungen

Nach der Erstellung des Anforderungsprofils sieht der weitere Ablauf eine Zuordnung der verschiedenen situativen Anforderungen zu einzelnen AC-Übungen vor. In der Praxis bieten sich dazu 2 Herangehensweisen an: Zum einen die Neukonstruktion von Übungen auf der Basis des erstellten Anforderungsprofils und zum anderen die Zuordnung der Anforderungen zu bereits bestehenden Übungen, wobei in beiden Fällen eine Überprüfung durch Experten vorgesehen wird. Nach Schuler (2000) ist die Auswahl der Übungen »eher Kunst als Wissenschaft« (S. 122) und somit in ihrer Realisierung nicht theorie-, sondern praxisbezogen. Die Übungen müssen die erfolgskritischen Anforderungen der zu besetzenden Position widerspiegeln und eine realistische, im situativen Kontext stattfindende Beobachtung und Beurteilung des Verhaltens ermöglichen. Inhalt der Übungen sollen ausgewählte Situationen sein, mit denen die potenziellen Stelleninhaber voraussichtlich am häufigsten in der Praxis konfrontiert werden. Um die Überforderung der Beobachter zu vermeiden, sollten pro Übung maximal 5 Kriterien erfasst werden. Obermann (2006) empfiehlt, die AC-Übungen so zu konstruieren, dass sie das Anforderungsprofil abbilden und in diesem Sinne zuverlässige Messungen ermöglichen. Als Grundlage der AC-Übungen wird das Simulationsprinzip empfohlen, d. h. die Übungen sollen reales Verhalten in arbeitsnachahmenden Situationen abbilden. Mit einem Methodenmix werden verschiedene Facetten der beruflichen Anforderungen durch eine Kombination von Verhaltensübungen und Testverfahren abgebildet, wobei alle eingesetzten Instrumente auf der Anforderungsanalyse aufbauen sollen. Ein Assessment-Center ist durch die Anwendung von Arbeitssimulationen gekennzeichnet, wobei mindestens 3 verschiedene Arbeitssituationen simuliert werden und nicht-simulierende Verfahren nur für Anforderungen angewendet werden, die nicht über Simulationen erfasst werden können (Arbeitskreis Assessment Center, 2004) Zu den typischen Übungen in einem Assessment-Center (. Tab. 10.1) gehören Präsentationen, Gruppendiskussionen, Rollenspiele sowie Fallstudien. Die führerlose Gruppendiskussion, die zu den am häufigsten eingesetzten Verfahren im Assessment-Center gehört und in der keine

147

10

10.3 · Ablauf eines klassischen Assessment-Centers

. Tabelle 10.1. Typische Übungen in einem Assessment-Center Ubung

Beschreibung

Präsentation

Zentrale Aufgaben im Rahmen von Präsentationen sind die Aufbereitung, Strukturierung und das überzeugende Vorstellen eines Themas vor einer Gruppe.

Gruppendiskussion (GD)

Bei einer Gruppendiskussion werden mehrere Teilnehmer (meistens 4–8) zu einer Diskussionsgruppe zusammengefasst. Die Aufgabenstellung variiert im Hinblick auf Themenvorgabe, Rollenverteilung und -vorgaben, Diskussionsleitung, Resümee der Gesprächsinhalte sowie Aufgabenstellung mit Zielerreichnung und Lösungszwang (führerlose GD, GD mit Diskussionsleitung, GD mit vorgegebenen Rollen, GD mit eingebauten Elementen einer Fallstudie)

Rollenspiele

Rollenspiele stellen die Teilnehmer vor die Aufgabe, Dialogsituationen wie Verhandlungen, Mitarbeiter- oder Überzeugungsgespräche zu bewältigen. Beim Einsatz von Rollenspielen ist darauf zu achten, dass diese sich einerseits auf einem standardisierten Schwierigkeitsniveau befinden und andererseits ein »situationsgemessenes Eingehen auf den Kandidaten ermöglichen« (Arbeitskreis Assessment Center, 2004, S. 6).

Fallstudien

Bei Fallstudien wird der Kandidat mit komplexen Probemsituation des Unternehmens konfrontiert und zur Analyse der Situation sowie zur Erarbeitung von Lösungsalternativen aufgefordert.

Postkorbübung

Postkorbübungen richten sich an Fach- und Führungskräfte und bilden bestimmte Anforderungen in deren Arbeitsalltag ab. Postkorbübungen simulieren diese Gegebenheiten, indem der Teilnehmer eine große Anzahl von Mitteilungen, Telefonvermerken, Kundenanfragen etc. in einer vorgegebenen Zeitspanne bearbeiten muss.

Restriktionen in Bezug auf Diskussionsleitung und Rollenzuordnung vorgegeben werden, wird exemplarisch in der Box dargestellt: Beispiel

Gruppendiskussion/Gruppenarbeit Nehmen Sie an, dass Sie das Kundenforum einer Nahverkehrsgesellschaft sind und für die Straßenbahnfahrer auf einer bestimmten Linie Anforderungen für den Kundendienst festlegen. Zwölf verschiedene Eigenschaften sind Ihnen vorgegeben, die im Kundendienst von Bedeutung sind. Bringen Sie diese Eigenschaften, die Straßenbahnfahrer haben sollen, in eine Reihenfolge. Die für Sie wichtigste Eigenschaft markieren Sie mit einer »1«, die zweitwichtigste mit einer »2« usw.* Nehmen Sie an, dass 5 auf seiner Linie die Einhaltung der Fahrpläne nicht schwierig ist, 5 an den Haltestellen Fahrkartenautomaten stehen, 5 aber auch der Straßenbahnfahrer Fahrkarten verkauft und 5 beim Ein- und Aussteigen 3 Stufen zu überwinden sind. 6

148

Kapitel 10 · Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG

Sie haben 5 min Zeit. Anschließend sollen Sie sich in der Gruppe auf eine gemeinsame Rangreihe einigen. *…die verschiedenen Eigenschaften werden den TN auf einem extra Blatt vorgegegeben.

computergestützten Postkorbübungen

10

Postkorbübungen können als ausschließlich schriftliches Verfahren und als Verfahren mit einer Präsentation der Ergebnisse vor einem Beobachterkreis durchgeführt werden. Vorteile der ersten Variante sind die, dass die Bearbeitung des Postkorbs parallel zu anderen Verhaltensübungen ohne Beobachter durchgeführt werden kann und somit Wartezeiten für die Teilnehmer reduziert werden. Seit geraumer Zeit (Ende der 1980er Jahre) sind Postkorbübungen auch in computergestützter Form auf dem Markt. Die Anwendung von computergestützten Postkorbübungen hat viele Vorteile im Bezug auf die Ökonomie von Durchführung und Auswertung der Daten (s. unten). Ein mögliches Szenario: innerhalb von 1 h sollen ca. 20 zum Teil vernetzte und den Schriftverkehr der realen Position abbildende Schriftstücke nach ihrer Dringlichkeit und Wichtigkeit angeordnet werden, sodass ineffiziente Arbeitswege vermieden werden. In Bezug auf die inhaltlichen Themen der Schriftstücke sind spezifische Maßnahmen abzuleiten, z. B. Aufgaben delegieren, Gesprächstermine vereinbaren oder Auflistungen prüfen.

10.3.4

Beobachterteam

Auswahl der Beobachter

Hinsichtlich der Zusammensetzung des Beobachterteams empfehlen Paschen et al. (2005) eine »Kombination aus einem erfahrenen AC-Spezialisten, einem Experten aus dem Personalbereich und einer Führungskraft, die idealerweise über gute Kenntnisse der Zielposition verfügt« (S. 221). > Auch wenn die Beobachter bereits öfters an ACs teilgenommen haben, empfiehlt es sich, ca. 1 h vor Beginn des ACs eine Auffrischung durch einen externen Experten vorzunehmen, der die Teilnehmer für Beobachtungsfehler sensibilisiert.

Beobachtertraining

Es wird stark empfohlen, die in Betracht gezogenen Beobachter vor dem AC hinsichtlich valider Diagnostik und dem Treffen fundierter Entscheidungen zu trainieren, wobei bei inhaltlichen Umgestaltungen des Assessment-Centers sowie bei einer längeren Auszeit der Beobachter Nachschulungen erforderlich sind (Arbeitskreis Assessment Center, 2004).

149

10

10.3 · Ablauf eines klassischen Assessment-Centers

Checkliste: Inhaltliche Punkte eines Beobachtertrainings 5 Informationen zum eignungsdiagnostischen Konzept 5 Beschreibung der eingesetzten Verfahren 5 Darstellung der Anforderungskriterien und Zielfunktion Darstellung und Training des Beobachtungs- und Bewertungsprozesses 5 Themenkomplex: Trennung von Beobachtung und Bewertung 5 Fehlerquellen bei der Beobachtung und Bewertung 5 Darstellung der Inhalte/Ziele/des Ablaufs der Beobachterkonferenz 5 Training des Feedbackgesprächs 5 Reflexion über Verantwortung und Konsequenzen der Beobachterrolle“ (Arbeitskreis Assessment Center e. V, 2004, S. 8)

10.3.5

Zeitlicher Ablauf am Auswahltag

Die Durchführung eines Assessment-Centers erfordert im Vorfeld und auch während des Verfahrens eine gute Planung und Organisation. So müssen vor der Durchführung die Räumlichkeiten, das Catering, die Einladung der Beobachter und der Bewerber organisiert werden. Beim Veranstaltungsort kann man zwischen unternehmenseigenen Räumen und einem Hotel wählen.

Planung und Organisation

> Unternehmenseigene Räume sind dann zu empfehlen, wenn die Teilnehmer am Auswahlverfahren externe Bewerber sind, denen man einen ersten Eindruck vom Unternehmen ermöglichen möchte. Hotels bieten sich bei internen Bewerbern an, um im Rahmen von Personalentwicklungsmaßnahmen dem Ganzen einen besonderen Stellenwert einzuräumen und damit eine gewisse Diskretion gegenüber den Teilnehmern zu wahren. Nicht jeder möchte bei einem internen Auswahlverfahren auf Kollegen treffen.

Um einen reibungslosen Ablauf mit möglichst wenigen Leerlaufphasen für die AC-Teilnehmer zu ermöglichen, sind bei der Erstellung der Zeitpläne die Bearbeitungs- und Durchführungszeiten der einzelnen Übungen zu beachten. In dem hier vorgestellten Beispiel wurde der Online-Postkorb parallel zu den anderen Übungen eingesetzt, um zu verhindern, dass Teilnehmer zu lange Wartezeiten haben. . Tab. 10.2 enthält den Zeitplan für ein 1-tägiges Assessment-Center mit 8 Teilnehmern.

Zeitplan

150

Kapitel 10 · Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG

. Tabelle 10.2 Zeitplan für ein eintägiges Assessment-Center mit 8 Teilnehmern (modifiziert nach Original der DB) Zeitintervall

Inhalt

Dauer der Einheit

8.00–9.00 Uhr

Beobachtereinweisung/Organisatorisches

60 min

9.00–9.20 Uhr

Begrüßung und Vorstellungsrunde

20 min

9.20–10.05 Uhr

Gruppendiskussion

Gruppendiskussion

45 min

10.05–12.20 Uhr

Präsentation

Präsentation

135 min

12.20–13.00 Uhr

Mittagessen

13.00–14.35 Uhr

Rollenspiel

Rollenspiel

95 min

14.35–15.30 Uhr

Beobachterkonferenz

Unternehmenspräsentation

55 min

15.30–15.40 Uhr

Abschlussrunde und Verabschiedung

Ab 15.40 Uhr

Feedbackgespräche (je 20 min, in drei Gruppen)

40 min

10 min

Unter der Lupe

10 Information Partizipation Transparenz Urteilskommunikation

Konzept der sozialen Validität

Das Konzept der sozialen Validität beschäftigt sich mit Aspekten, welches ein Auswahlverfahren akzeptabel macht. 5 Information über die berufliche Tätigkeit, als auch über das Unternehmen 5 Partizipation, im engeren Sinn als z. B. Mitgestaltung und Einwirkung auf das Ergebnis oder die Entscheidung 5 Transparenz der eignungsdiagnostischen Situation, einschließlich der Personen, die sie durchführen 5 Urteilskommunikation im Sinne von Feedback nach dem Verfahren, diese sollte inhaltlich offen und ehrlich und für die Teilnehmer nachvollziehbar sein.

DB Training ist ein fairer Umgang mit den Teilnehmern wichtig. Daher dient das Konzept der sozialen Validität von Schuler (1990) DB Training als Grundlage für die Durchführung von Assessment-Centern.

10.4

Erfahrungen mit dem Einsatz eines Online-Postkorbs

10.4.1

Wie kam es zu der Entscheidung, einen OnlinePostkorb im Assessment-Center zu nutzen?

Das Postkorbverfahren ist ein Verfahren, das häufig in AssessmentCentern zum Einsatz kommt. DB Training wird gelegentlich mit Be-

151

10

10.4 · Erfahrungen mit dem Einsatz eines Online-Postkorbs

fürchtungen in Bezug auf das Assessment-Center konfrontiert, die sich darauf beziehen, dass nur bestimmte Personen, die besonders geschickt kommunizieren und ein adäquates Auftreten haben, erfolgreich sind. Wie bei Fay (2002) beschrieben, bietet das Hinzuziehen von Einzelübungen (wie z. B. ein schriftliches Postkorbverfahren) einen wirksamen Schutz vor diesem Problem. Bei der Bearbeitung einer Postkorbübung kann ein Kandidat allein durch sein gewinnendes Wesen keine Punkte erzielen. Aus diesem Grund ergänzen wir die herkömmlichen AC-Übungen gerne durch weitere Übungen, wie Postkörbe und Fallstudien oder andere Testverfahren. Die klassischen Postkörbe als Papier-Bleistift-Version haben u. a. 2 Nachteile: 5 Eine oft sehr umfangreiche Auswertung, 5 in der heutigen Zeit ist es immer unwahrscheinlicher, dass eine Führungskraft ihren Posteingang auf Blättern in einem Wiedervorlagekorb erhält.

Befürchtungen

Nachteile Papier-Bleistift-Version

Da DB Training sehr daran gelegen ist, bei der Durchführung eines Assessment-Centers die Übungen so realistisch wie möglich von der tatsächlichen Arbeitssituation zu übertragen, wurde im letzten Jahr erstmals ein computergestützter Postkorb im AC getestet. 10.4.2

Das Verfahren

Die computerunterstützte Version des Postkorbs stellt den Bewerber vor die Aufgabe, in maximal 40 min 18 inhaltlich zusammenhängende E-Mails zu bearbeiten und dabei zahlreiche Entscheidungen zu treffen. Dies erfordert, dass der Bewerber die Rolle einer Führungskraft übernimmt, sich in seine geschäftliche sowie private Situation versetzt, sich mit seinem Mailkonto sowie verschiedenen Informationen vertraut macht und auf dieser Basis unterschiedliche Fragen im Multiple-Choice-Format durch das Anklicken der aus seiner Sicht passenden Handlungsalternative beantwortet. . Abb. 10.1 zeigt als Beispiel die erste von den insgesamt 18 E-Mails im Rahmen der von der DB AG eingesetzten Variante des PC-Postkorbs. Mit der oben dargestellten E-Mail wird der Teilnehmer in seiner neu übernommenen Rolle als Führungskraft vom Vorstandsvorsitzenden im Hinblick auf 2 Terminanfragen und eine Informationsmeldung angeschrieben. Unter der Berücksichtigung anderer am gleichen Tag eingegangenen Terminanfragen unterschiedlicher Art muss sich der Teilnehmer nun entscheiden, welche der angefragten Termine er wahrnimmt. Dies erfordert vom Teilnehmer neben der Identifikation eventueller Konflikte zwischen bereits eingegangenen Terminanfragen auch eine Priorisierung nach Wichtigkeit und Dringlichkeit. Dies beinhaltet gegebenenfalls auch das Einräumen höherer Prioritäten bei beruflichen Vorgängen als bei privaten Angelegenheiten (mit der Ausnahme von dringenden und akuten persönlichen Angelegenheiten).

Online-Postkorb

Priorisierung

152

Kapitel 10 · Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG

. Abb. 10.1.

10

Screenshot Online-Postkorb

Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen

In dieser Übung kommt der Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, eine hohe Bedeutung zu. Zur Orientierung innerhalb des Unternehmens sowie zur Unterstützung der Bearbeitung der 18 E-Mails stehen dem Bewerber außerdem ein Organigramm und ein Terminkalender zur Verfügung, die während der 40 min durch ein einfaches Anklicken jederzeit genutzt werden können. > Bei einem Online-Postkorb besteht für die Teilnehmer keine Möglichkeit der Rückfrage. Alle benötigten Informationen sollten im Vorfeld abgeklärt werden.

Hinweise

Folgende Hinweise sind für die Durchführung dieses PC-Postkorbs relevant und daher zu beachten: 5 Es besteht keine Möglichkeit für Rückfragen. 5 Die Verwendung zusätzlicher Hilfsmitteln (z. B. Notizblock) ist nicht gestattet. 5 Die Bearbeitung der Aufgaben ist auch ohne spezielles Fachwissen möglich. 5 Aufgrund der übernommenen Position und der damit zusammenhängenden Kompetenzen ist eine eigenverantworliche Bearbeitung aller E-Mails möglich.

Zielsetzung

Bei diesem Postkorb steht die Zielsetzung im Vordergrund, den Bewerber im Hinblick auf den Ausprägungsgrad der Dimension »Komplexes Problemlösen« zu bewerten. Darüber hinaus werden Entscheidungssicherheit und Informationsmanagement erfasst. Eine Übersicht zu den im Postkorb erfassten Skalen gibt . Tab. 10.3.

153

10

10.4 · Erfahrungen mit dem Einsatz eines Online-Postkorbs

. Tabelle 10.3. Skalen, die mit dem Online-Postkorb erfasst werden Dimension

Beschreibung

Komplexes Problemlösen

Darunter sind Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu verstehen, die es der Kandidatin bzw. dem Kandidaten erlauben, sich in einer neuartigen, intransparenten Arbeitsumgebung zu orientieren, Strukturen und Prozesse richtig wahrzunehmen und Zielkonflikte auszubalancieren. Außerdem werden die Aspekte berücksichtigt, Entscheidungen unter Unsicherheit zu fällen sowie Feedback bei neuen Aktivitäten und Entscheidungen sinnvoll zu berücksichtigen.

Entscheidungssicherheit

Diese Skala befasst sich mit dem Selbstmanagement der Kandidatin bzw. des Kandidaten, speziell mit der Art und Weise, wie die Kandidatin bzw. der Kandidat sich in Entscheidungssituationen verhält.

Informationsmanagement

Die Skala Informationsmanagement beschreibt die Fähigkeit der Kandidatin bzw. des Kandidaten, Informationen aus der gegebenen Situation herauszufiltern, zu strukturieren und ergebnisorientiert einzusetzen.

Für die Verwendung der Multimediaanwendung des Postkorbs sprechen viele Vorteile: 5 Ein erster Vorteil liegt in der hohen Durchführungsobjektivität aufgrund des hohen Grades der Standardisierung sowie der »fehlenden Interdependenzen zwischen den Teilnehmern« (Shippmann, Prien & Kratz, 1990, S. 850). 5 Darüber hinaus lässt der Postkorb, im Gegensatz zu anderen AC-Verfahren, eine beobachterunabhängige Auswertung der Teilnehmerleistungen zu (Musch & Lieberei, 1997). Weiterhin gestattet der PC-Postkorb, im Unterschied zu der Papier-Bleistift-Variante, die Fehlerentwicklungen im Laufe der Zeit, die Anzahl der vorgenommenen Korrekturen sowie das Reaktionsvermögen beim Treffen von Entscheidungen zu betrachten. 10.4.3

Vorteile Online-Postkorb

Entwicklungs- und Durchführungsphase

Der computergestütze Postkorb sollte erstmals in einem AC für Leitende Führungskräfte der Deutschen Bahn AG durchgeführt werden. Da DB Training bei der Durchführung seiner Assessment-Center mögliche Störfaktoren auf ein Minimum reduzieren möchte, wurde entschieden, den Postkorb nicht als Online-Verfahren, sondern als computergestützte Version zu nutzen. Bei der AC-Konstruktion entschied sich DB Training für ein teildynamisiertes AC bzw ein AC mit Rahmenhandlung. Hier werden als Erweiterung des klassischen Assessment-Centers verschiedene Übungen und Simulationen in ein Gesamtszenario eingebettet. Der Vorteil ist der, dass die Rolle der Teilnehmer stets konstant bleibt und somit eine gute Einarbeitung in die dargestellte Situation und das Gesamtszenario möglich ist.

AC mit Rahmenhandlung

154

Kapitel 10 · Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG

Positive Resonanz des Online-Postkorbs

10

Assistenz bei der Durchführung

Die Rahmenhandlung im beschriebenen AC bildet verschiedene Situationen im Berufsalltag einer Führungskraft ab. Es war möglich, die Instruktion des computergestützten Postkorbs problemlos an dieses Szenario anzupassen, sodass für die Teilnehmer auch bei der Bearbeitung der Postkorbübung keine Einarbeitung in eine neue Rolle nötig war. Die Veränderungen in der Instruktion waren nur geringfügig, sodass wir bei der Auswertung auch weiterhin auf die Daten der Normstichprobe zurückgreifen konnten. Die Postkorbübung wurde auf 2 Rechnern fest installiert, so konnte die Übung immer von 2 Personen parallel zu den Verhaltensübungen bearbeitet werden. Durch diese Variante wurden die Wartezeiten der Teilnehmer zwischen den Übungen erheblich verringert. Der computergestützte Postkorb wurde im Vorfeld in der Beobachterschulung vorgestellt und traf dort aufgrund seiner guten Nachvollziehbarkeit und hohen Augenscheinvalidität auf positive Resonanz. Diese Punkte sind für die beteiligten Führungskräfte, die als Beobachter eingesetzt werden, besonders relevant. Uns sind bei der Auswahl von Testverfahren allerdings auch die klassischen Gütekriterien wichtig. Der Postkorb weist mit einer Reliabilität von .8 eine gute Messgenauigkeit auf, auch die Durchführungs- und Auswertungsobjektivität sind aufgrund des computergesteuerten Settings in jedem Fall gegeben. Für die Assistenz, die am Durchführungstag die Übungen instruiert, wurde im Vorfeld eine Durchführungsanleitung mit entsprechenden Screen-Shots erstellt und gemeinsam besprochen. So können wir auch bei weiteren Durchführungen eine standardisierte Einweisung gewährleisten. > Beim Einsatz eines Online-Tests immer darauf achten, ob die Zielgruppe den Umgang mit PCs gewohnt ist.

Bei der Durchführung selbst gab es noch ein paar Kleinigkeiten, die zu verbessern waren. So zeigte sich, dass die Teilnehmer mit dem Touchpad nicht einheitlich gut zurechtkamen, sodass an die Laptops perspektivisch eine Maus anschlossen wird.

10.4.4

Persönliches Stresserleben

Rückmeldung der Teilnehmer

Da DB Training alle Verfahren im Hinblick auf die Akzeptanz der Teilnehmer evaluiert, wurde im Anschluss an das Verfahren (nach dem Rückmeldegespräch) einen Feedbackbogen verteilt. Hier wurden neben anderen Fragestellungen auch das Stresserleben und die Transparenz der Übungen im Hinblick auf die Fähigkeiten, die damit erfasst werden, auf einer 9-stufigen Skala abgefragt (. Abb. 10.2). Bei der Postkorbübung ergab sich zum persönlichen Stresserleben ein Durchschnittswert von 6,0. Dieser Wert liegt im oberen Mittel und ist noch verbesserungswürdig. DB Training schliesst aus

10

155 10.4 · Erfahrungen mit dem Einsatz eines Online-Postkorbs

Auszug aus dem Rückmeldebogen für die Teilnehmer Wie stark haben Sie Leistungsdruck / Stress empfunden? (1 = sehr geringes Ausmaß an Stress; 9 = sehr hohes Ausmaß an Stress) Vor Beginn der Übungen

1 2 3

4 5 6

7 8 9

Präsentation

1 2 3

4 5 6

7 8 9

Gruppendiskussion

1 2 3

4 5 6

7 8 9

Rollenspiel

1 2 3

4 5 6

7 8 9

Postkorbübung

1 2 3

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7 8 9

War Ihnen klar, welche Fähigkeiten erfasst wurden? (1 = völlig klar; 9 = überhaupt nicht klar) Vor Beginn der Übungen

1 2 3

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Präsentation

1 2 3

4 5 6

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Gruppendiskussion

1 2 3

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Rollenspiel

1 2 3

4 5 6

7 8 9

Postkorbübung

1 2 3

4 5 6

7 8 9

. Abb. 10.2.

Auszug aus dem Rückmeldebogen für die Teilnehmer

den Rückmeldungen der Teilnehmer, dass dies mit den technischen Schwierigkeiten mit dem Touchpad in Zusammenhang stand. Die Transparenz hinsichtlich der erfassten Fähigkeiten lag im Durchschnitt bei 4,6 was einen akzeptablen Wert darstellt. Weitere Fragestellungen waren: 5 Hat Ihnen die Teilnahme am Assessment-Center persönlich etwas gebracht? 5 Wie beurteilen Sie diesen Tag im Vergleich zu anderen Auswahlverfahren? Bei beiden Fragestellungen lagen die Antworten im guten bis mittleren Bereich, zur ersten Frage im Durchschnitt bei 4,0 und zur zweiten Frage bei durchschnittlich 3,8. Weitere Fragen zur Atmosphäre und zur Rückmeldung lagen sogar im sehr guten Bereich. Man kann also davon ausgehen, dass das Verfahren in seiner Gesamtheit von den Teilnehmern gut angenommen wurde. Dies wird durch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt. Untersuchungen zur AC-Akzeptanz weisen auf eine klare Akzeptanz sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Beobachtern hin. So ergaben die im Rahmen einer Studie bei der Deutschen Post AG erhobenen Rückmeldungen hinsichtlich der Zufriedenheit mit dem AC als Verfahren, dass 75% der befragten Teilnehmer das Verfahren für empfehlenswert halten und dass 60% der befragten Beobachter durch

AC-Akzeptanz

156

Kapitel 10 · Der Online-Postkorb als Bestandteil eines klassischen Assessment-Centers bei der Deutschen Bahn AG

das AC vor falschen Personalentscheidungen bewahrt worden sind (Gierschmann, 2005). Auch die Ergebnisse der Untersuchungen von Fruhner und Schuler (1991) sowie Holling und Leippold (1991) haben eine hohe Zufriedenheit bei den AC-Teilnehmern bestätigt, wobei die letzteren Autoren sogar eine Verbesserung der Einschätzung des Assessment-Centers zum Zeitpunkt nach der Dürchführung des Verfahrens sowohl bei den befragten Teilnehmern als auch bei den befragten Beobachtern feststellten.

10.5

Zusammenfassende Einschätzung

10

Ausblick

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es das Standard-AssessmentCenter nicht gibt. Assessment-Center können in der Vielfalt der unterschiedlichen Übungen und Settings die Anforderungen einer bestimmten Tätigkeit simulieren. DB Training hat die Instrumente zur Managementdiagnostik modular aufgebaut und kann so flexibel auf die individuellen Wünsche seiner Kunden eingehen. Der von DB Training erstmals eingesetzte computergestützte Postkorb weist viele Vorteile auf. Die Instruktion lässt sich gut an teildynamisierte ACs und die damit verbundene Rahmenhandlung anpassen. Ein paralleler Einsatz zu den Verhaltensübungen ermöglicht eine zeitökonomische Durchführung des Auswahltages. Dieses Verfahren bietet die Möglichkeit, komplexe Aufgabenstellungen schnell und zuverlässig auszuwerten und kann gut als objektives Pendant zu den Verhaltensübungen genutzt werden. Allerdings stellt der computergestützte Postkorb zurzeit nur eine begrenzte Alternative zu den bisherigen Formen der Postkorbübungen dar. Dazu müssten noch mehr Variationsmöglichkeiten im Hinblick auf die Antwortmöglichkeiten entwickelt werden. Wie auch bei Fay (2002) beschrieben, sind die Teilnehmer durch das Multiple-Choice-Verfahren in Ihren Antwortmöglichkeiten begrenzt und können die für Sie richtige Lösung nicht selbst entwickeln. Auch bei der Auswertung muss man zwischen Vor- und Nachteilen abwägen. Wer möglichst viele individuelle Informationen vom Teilnehmer erhalten möchte, wird auch weiterhin andere Varianten der Postkorbübung bevorzugen.

Zitierte und weiterführende Literatur Abele-Brehm, A. & Dette, D. (2005). Psychologische Determinanten von Berufserfolg bei hochqualifizierten Akademiker/innen: Befunde einer 8-jährigen Längsschnittstudie. Vortrag bei der 4. Tagung der Fachgruppe Arbeits- und

Organisationspsychologie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, 19–21.09.2005. Bonn. Arbeitskreis Assessment Center e. V. (2004). Standards der Assessment Center Technik 2004. Online. Verfügbar unter: http://www.

arbeitskreis-ac.de/projekte/standards/ac-standards_2004.pdf Arthur, J. R., Day, E. A., McNelly, T. L. & Edens, P. S. (2003). A meta-analysis of the criterion related validity of assessment centers dimensions. Personnel Psychology, 56, 125–154.

157

10

Zitierte und weiterführende Literatur

Fay, E. (2002). Das Assessment Center in der Praxis. Konzepte-Erfahrungen-Innovationen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Fruhner, R., & Schuler, H. (1991). Gibt es Unterschiede in der Bewertung von Assessment-Center-Aufgaben in Anhängigkeit vom eigenen Abschneiden? In: H. Schuler, H. & U. Funke (Hrsg.), Eignungsdiagnostik in Forschung und Praxis (S. 313–319). Stuttgart: Verlag für Angewandte Psychologie. Gayk, F. (2005) http://www.fh-luh.de/ kom/fileadmin/download/Downloads/SQ21_-_Ergebnisbericht.pdf Gierschmann, F. (2005). Evaluation von Auswahl- und Potenzial Assessmentcentern – Beispiele der Deutschen Post AG. In: K. Sünderhauf, S. Stump & S. Höft (Hrsg.), Assessment Center. Von der Auftragsklärung bis zur Qualitätssicherung (S. 375–388). Lengerich: Pabst. Holling, H. & Leippold, W. (1991). Zur sozialen Validität von AssessmentCentern. In: H. Schuler & U. Funke (Hrsg.), Eignungsdiagnostik in Forschung und Praxis (S. 305–312). Stuttgart: Verlag für Angewandte Psychologie. Jeserich, W. (1981). Mitarbeiter auswählen und fördern: Assessment Center Verfahren. München: Hanser. Judge, T. A., Higgins, C. A., Thoresen, C. J. & Barrick, M. R. (1999). The

big five personality traits, general mental ability and career success across the life span. Personnel Psychology, 52, 621–652. Kanning, U. P. (2004). Standards der Personaldiagnostik. Göttingen: Hogrefe. Lievens, F. (2001). Assessor training strategies and their effects on accuracy, interrater reliability, and discrminant validity. Journal of Applied Psychology, 86(2), 255–264 Lowry, P. E. (1993). The assessmentcenter: An examination of the effects of assessor characteristics on assessor scores. Public Personnel Management, 22(3), 487–501. Mayerhofer, W., Meyer, M. & Steyer, J. (Hrsg.). (2005). Macht? Erfolg? Reich? Glücklich? Einflussfaktoren auf Karrieren. Wien: Linde. Obermann, C. (2006). Assessment Center: Entwicklung, Durchführung, Trends. Wiesbaden: Gabler. Paschen, M., Weidemann, A. Turck, D. & Stöwe, C. (2005). Assessment Center professionell. Göttingen: Hogrefe. Rompeltien, B. (1999). Last Minute Programm für das erfolgreiche Assessment Center. Frankfurt/M: Campus Schuler, H. (1990). Personalauswahl aus der Sicht der Bewerber: Zum Erleben eignungsdiagnostischer Situationen. Psychologie und Praxis. Zeitschrift für Arbeits- und

Organisationspsychologie, 34(N. F.8), 184–191 Schuler, H. (2000). Psychologische Personalauswahl: Einführung in die Berufseignungsdiagnostik. Göttingen: Hogrefe. Schuler, H. & Höft, S. (2004). Berufseignungsdiagnostik und Personalauswahl. In: H. Schuler (Hrsg.), Organisationspsychologie – Grundlagen und Personalpsychologie (S. 439–532). Göttingen: Hogrefe. Shippmann, J., Prien, E. & Katz, J. (1990). Reliability and Validity of In-Basket performance measures. Personnel Psychology, 43, 837–859. Sünderhauf K., Stumpf S., Höft, S. (2005). Assessment Center – Von der Auftragsklärung bis zur Qualitätssicherung. Lengerich: Pabst Sciensce Publisher. Thornton, G. C. & Byham, W. C. (1982). Assessment centers and managerial performance. New York: Academic Press. Thornton, G. C. III, Gaugler, B. B., Rosenthal, D. B. & Bentson, C. (1992). Die prädiktive Validität des Assessment Centers - eine Metaanalyse. In: H. Schuler & W. Stehle (Hrsg.), Assessment Center als Methode der Personalentwicklung (S. 36–77). Göttingen: Hogrefe.

IV

Einsatzbereich Personalentwicklung Kapitel 11

Einführung: Online-Tests in der Personalentwicklung – 161 Heinke Steiner

Kapitel 12

Online-Selbstcoaching – 167 Thomas Rak, Christoph Nagler

Kapitel 13

360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen – 181 Martin Irmler, Sandra Eggelhöfer

Kapitel 14

Online-Tests in der Führungskräfteentwicklung der Bremer Landesbank – 195 Heike Schirm

161

Einführung: Online-Tests in der Personalentwicklung Heinke Steiner 11.1

Personalentwicklung (PE) als strategischer Faktor – 162

11.1.1 11.1.2 11.1.3 11.1.4

Mitarbeitergespräch – 163 Mitarbeiterbefragung (MAB) – 163 360-Grad-Feedback – 164 Führungskräfte-Coaching – 164

11.2

Online-Tests in der Personalentwicklung – 164 Literatur – 165

11

162

Kapitel 11 · Einführung: Online-Tests in der Personalentwicklung

11.1

Kompetenzen der Mitarbeiter entscheidender Wettbewerbsvorteil

Defizit-Perspektive

11

Diversity Management

Balanced Scorecard

Personalentwicklung (PE) als strategischer Faktor

Die Weiterentwicklung von Mitarbeitern, ihre Vorbereitung auf künftige Aufgaben, ist ein wesentliches Aufgabenfeld von Personalern. Durch die rasanten Änderungen in der Wirtschaft, die von den Unternehmen eine hohe Flexibilität erfordern, um auf dem globalen Arbeitsmarkt bestehen zu können, ist die Qualifikation der Mitarbeiter ein entscheidender Vorteil. Da es nur begrenzt möglich ist, die passenden Qualifikationen auf dem Bewerbermarkt zu finden, leistet die Entwicklung der Mitarbeiter einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg. Sowohl die fachliche Weiterbildung als auch die persönliche Entwicklung z. B. von Führungskräften können wichtig sein, um gesetzte Leistungsziele zu erreichen. Alle Maßnahmen, die dazu beitragen, einen Mitarbeiter von einer aktuellen Position für eine zukünftige neue Aufgabe zu qualifizieren, werden unter dem Begriff »Personalentwicklung« zusammengefasst. Dabei zeigt sich in der Praxis, dass es von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich ist, in welchem Umfang und mit welcher Systematik Mitarbeiter weiterentwickelt werden. Dass die Kompetenzen der Mitarbeiter in Zukunft der entscheidende Wettbewerbsvorteil sein werden, darüber sind sich jedoch alle einig. Ob sie systematische PE-Programme oder Schulung »auf Zuruf« betreiben, alle Unternehmen mussten in Zeiten schlechter Konjunktur das Gießkannenprinzip für Schulungen einstellen. Das bedeutet, dass genauer untersucht wird, welcher Bedarf bei den einzelnen Mitarbeitern vorhanden ist, und dann erst entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden (. Abb. 11.1). Der Fokus liegt hier auf den Defiziten des Mitarbeiters (Defizit-Perspektive), die durch geeignete Maßnahmen behoben werden. Neuere Ansätze gehen von unterschiedlichen Potenzialen aus, die gefördert werden sollten, um die Unternehmensziele besser zu erreichen. Diesem Ansatz, auch Diversity Management genannt, liegt die Grunderkenntnis zugrunde, dass jeder Mitarbeiter nach seinen entwickelbaren Potenzialen Leistungen im Unternehmen erbringt. Durch die Vielfalt an Persönlichkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten entsteht Neues, entsteht Dynamik und Wettbewerbsvorteil. Andere Managementansätze wie die Balanced Scorecard (Kaplan, Norton & Hórvath, 1997) sehen die Notwendigkeit für die Entwicklung der Mitarbeiter auf der Grundlage der Unternehmensstrategie. Aus der Unternehmensstrategie lassen sich die Kompetenzen ableiten, die erforderlich sind, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Mitarbeiter werden entsprechend rekrutiert und entwickelt. Unabhängig davon, welche Unternehmenskonzepte handlungsleitend sind, erfordert jede zielgerichtete Veränderung im Unternehmen eine Erfassung des aktuellen Zustandes. Im Falle der Mitarbeiterentwicklung ist das der aktuelle Wissens- und Fähigkeitsstand. Die Methoden, die in der Personalentwicklung zum Einsatz kommen,

163

11

11.1 · Personalentwicklung (PE) als strategischer Faktor

Ermittlung der aktuellen Kenntsnisse und Fähigkeiten (Interviews, Testverfahren, Aufgabenbeschreibungen, Vorgesetztenurteil)

Definieren der zukünftigen Anforderungen

Abgleich/Einleitung von Maßnahmen (fachliches Training, On-theJob-Training, Persönlichkeitstraining, Coaching, Probezeit)

(Stellenbeschreibung, Kollegenbefragung, Befragung der Abteilungsleitung)

. Abb. 11.1. Ablauf der Personalentwicklung

sind vielfältig. Eine Auflistung von Methoden findet sich bei Neuberger (2000). Die häufigsten Verfahren sind Mitarbeitergespräche, Assessment-Center, Mitarbeiterbefragungen, 360-Grad-Feedback und Führungskräfte-Coaching. Sie werden, soweit sie nicht bereits an anderer Stelle definiert wurden, im Folgenden erläutert. 11.1.1

Mitarbeitergespräch

Das Mitarbeitergespräch wird in Unternehmen entweder systematisch als Zielvereinbarungsgespräch mit formalisiertem Ablauf oder als freies Gespräch gestaltet. Im Sinne der Qualitätssicherung sind formale Gespräche mit klaren Regeln und Beurteilungsdimensionen zu bevorzugen. Hierbei werden von der Personalabteilung Beurteilungsbögen erarbeitet, die von dem Vorgesetzten im Verlauf des Gespräches ausgefüllt werden. Die Ziele und damit verbundene Pflichten auf beiden Seiten werden schriftlich festgehalten. Trainingsmaßnahmen, die für die Zielerreichung notwendig sind, werden vereinbart.

11.1.2

Mitarbeiterbefragung (MAB)

Im Gegensatz zum Mitarbeitergespräch, bei dem ein Vorgesetzter mit seinen Mitarbeitern ein persönliches Gespräch führt, laufen Mitarbeiterbefragungen schriftlich und anonym ab. Neben Fragen zur Organisation und zur Kultur des Unternehmens geht es bei Mitarbeiterbefragungen häufig um das Thema »Führung«. Die Mitarbeiter bewerten dabei jeweils ihre direkten Vorgesetzten hinsichtlich mehrerer Kriterien. Damit die Antworten für die Mitarbeiter keine negativen Konsequenzen haben, erfolgt die Befragung anonym. Eine Variante der Mitarbeiterbefragung ist die Vorgesetztenbeurteilung. Ziel ist es dabei, die Stärken und Verbsserungspotenziale einer Führungskraft zu erkennen, um gegebenenfalls Maßnahmen (Coaching, Training) einzuleiten.

Thema »Führung«

164

Kapitel 11 · Einführung: Online-Tests in der Personalentwicklung

11.1.3

360-Grad-Feedback

Beim 360-Grad-Feedback steht die Führungskraft im Mittelpunkt der Bewertung. Sie wird sowohl von ihren Mitarbeitern als auch von ihren Vorgesetzten auf mehreren Dimensionen beurteilt. Die Bewertung erfolgt schriftlich mithilfe eines Fragebogens. In der Regel erfolgen auch eine Selbstbewertung und eine Bewertung durch gleichgestellte Kollegen oder Kunden. Dadurch ergibt sich ein sehr umfassendes Bild von den Potenzialen der Führungskraft. Selbst- und Fremdbild erfahren einen Abgleich, sodass die Führungskraft Diskrepanzen zwischen der eigenen Wahrnehmung und der Wahrnehmung durch andere erkennt und ein Reflexionsprozess und Verhaltensänderungen in Gang gesetzt werden (Scherm & Sarges, 2002).

11.1.4 Führungskraft lernt neue Verhaltensweisen

11

Führungskräfte-Coaching

Beim Coaching geht es um einen intensiven Austausch zwischen einer Person, in der Regel einer Führungskraft, und einem externen Coach. Das Coaching dient einerseits der Lösung aktueller Konflikte, aber auch der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung der Führungskraft. Durch strukturierte und unstrukturierte Gespräche, Testverfahren und Zielvereinbarungen, lernt die Führungskraft neue Verhaltensweisen, die sie in ihrem beruflichen Alltag benötigt.

11.2

Online-Tests in der Personalentwicklung

In den folgenden 3 Kapiteln werden Beispiele aus Unternehmen vorgestellt, die einen systematischen Ansatz in der Personalentwicklung verfolgen. Das bedeutet, dass die Entwicklung eines Mitarbeiters nicht nur von seinem direkten Vorgesetzten abhängt, sondern dass Mitarbeiter an unternehmensweit standardisierten Programmen zur Personalentwicklung teilnehmen. Online-Tools nehmen in allen beschriebenen Praxisbeispielen einen wichtigen Stellenwert ein, da sie sich hervorragend als ergänzende und sehr ökonomische Methode zu herkömmlichen Verfahren eignen. 7 Kapitelübersicht

7 Kap. 12 beschreibt Personalentwicklung als Angebot der Personalabteilung für alle Mitarbeiter des Unternehmens. Analog zu einem Selbstbedienungsrestaurant, in dem sich die Gäste aus einem Essensangebot ihr individuelles Menü zusammenstellen, gelingt es einem mittelständischen Unternehmen in Zusammenarbeit mit einem externen Partner, ein Weiterbildungsangebot im Internet bereitzustellen. Die Mitarbeiter können sich im Selbstcoachingverfahren die passenden Angebote heraussuchen und buchen. Der Begriff »Selbstcoaching« mag auf den ersten Blick verwirren, da man beim Coaching in erster 6

165

11

Literatur

Linie an ein Gespräch mit einem Coach/Berater denkt. Beim Lesen des Kapitels wird allerdings schnell deutlich, wie der Begriff zu verstehen ist: Nämlich als Selbsterfahrung mit Untersützung psychologischer Testverfahren, die vom Mitarbeiter nach seinen Bedürfnissen und mit Erläuterungen für ihn selber durchgeführt werden. Der Mitarbeiter entscheidet dabei selber, ob er die Informationen, d. h. die Testergebnisse, weitergeben möchte und wenn, an wen. 7 Kap. 13 legt dar, wie Führungskräfteentwicklung mit dem 360-Grad-Feedback gelingt. Dabei wird ein Beispiel aus einem Versicherungskonzern vorgestellt, bei dem der 360-Grad-Fragebogen von allen Beteiligten online durchgeführt werden konnte. Es wird gezeigt, wie hilfreich die Bewertung einer Führungskraft aus verschiedenen Perspektiven sein kann, wie Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdbild für die Weiterentwicklung der Führungskraft genutzt werden. Insbesondere wird in diesem Kapitel gezeigt, dass Online- und Offline-Verfahren sich an vielen Stellen ergänzen. Der Ausblick führt in eine vollkommen standardisierte und ökonomische Variante von 360-Grad-Befragungen, nämlich durch Verzicht auf Papier-Bleistift-Fragebögen und verstärkten Einsatz von Online-Fragebögen. 7 Kap. 14 befasst sich mit dem Thema »Laufbahnentscheidung«. In vielen Unternehmen wurden in den letzten Jahren Programme entwickelt, um Mitarbeiter, die keine Führungsposition innehaben und auch in Zukunft keine bekleiden wollen, zu fördern und an das Unternehmen zu binden. Neben der Führungslaufbahn wurde die Spezialistenlaufbahn etabliert. Am Beispiel der Bremer Landesbank wird gezeigt, wie Laufbahnentscheidungen im Unternehmen systematisch unterstützt werden. In sogenannten Orientierungscentern lernen die Teilnehmer ihre eigenen Fähigkeiten und Potenziale, aber auch ihre inneren Motivatoren kennen. Alle 3 Faktoren sind beteiligt, wenn sich jemand für eine bestimmte Laufbahn entscheidet und diese im Unternehmen verfolgen kann. Ein Baustein im Orientierungscenter sind Testverfahren, die von den Teilnehmern online durchgeführt werden. Die Autoren beschreiben sehr anschaulich, wie ein Orientierungscenter abläuft und welche Testverfahren dabei verwendet werden.

Literatur Kaplan, R. S., Norton, D. P. & P. Hórvath (Übers.), (1997). Balanced Scorecard. Stuttgart: Schäffer Poeschel Verlag.

Neuberger, O. (2000). Das 360-GradFeedback. München: Rainer Hampp Verlag.

Scherm, M. & Sarges, W. (2002). 360°Feedback. Göttingen: HogrefeVerlag.

167

Online-Selbstcoaching Thomas Rak, Christoph Nagler 12.1

Einsatz und Nutzen – 168

12.2

Selbstcoaching-Prozess – 169

12.3

Inhalte des Selbstcoaching-Prozesses – 171

12.4

Online Testverfahren – Zwei Beispiele (CAPTain und Fragebogen zur Beruflichen Motivation) – 172

12.4.1 12.4.2

CAPTain (Computer Aided Personnel Test answers inevitable) – 172 Fragebogen zur Beruflichen Motivation – 175

12.5

Einsatz und Erfahrungen – 177

12.5.1 12.5.2 12.5.3 12.5.4 12.5.5

Einsatz im Unternehmen – 177 Erfahrungen und Anregungen der Teilnehmer – 178 Kosten-Nutzen-Betrachtung – 178 Diverse Einsätze – 179 Tipps für Anwender und Ausblick – 179

Literatur – 180

12

168

Kapitel 12 · Online-Selbstcoaching

Online-Selbstcoaching als Unterstützung für Führungskräfte

Mit Coaching verbinden die meisten Menschen das Vier-Augen-Gespräch mit einem Coach zur Klärung persönlicher Entwicklungsthemen oder aktueller beruflicher wie privater Herausforderungen. Die externe Sichtweise und Unterstützung ist wichtig, um wertvolle Impulse zu erhalten, die ohne diese externe Sichtweise nicht möglich gewesen wäre. Legen wir die Verantwortung für den persönlichen Entwicklungsprozess in die Hände einer Führungskraft selbst, kommen wir zu einer Form des Selbstcoachings, bei dem Führungskräfte sich autonom und zeitlich unabhängig selbst reflektieren. Dabei ist wichtig sicherzustellen, dass Führungskräfte im Laufe eines Selbstcoaching-Prozesses dennoch wertvolle Anregungen und Impulse »von außen« erhalten, die in der Regel ein Coach geben würde. Das lässt sich durch die Auswahl geeigneter Online-Testverfahren sowie mit einer Art »OnlineCoach« gestalten, der Anregungen zur Reflexion, zur Auswertung von Ergebnissen und zur weiteren Vorgehensweise anbietet. Zwei auch für das Selbstcoaching sehr gut geeignete Online-Testverfahren stellen wir ▶ Abschn. 12.4 vor. Diese Elemente wurden von topoi Consulting zu einem Online-Selbstcoaching-Programm kombiniert. Das Ziel beim Selbstcoaching ist dasselbe wie bei anderen CoachingAktivitäten: Führungskräfte in ihrer persönlichen Entwicklung sowie bei ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen, sodass sie in den unterschiedlichsten Führungssituationen mehr Handlungsoptionen gewinnen. > Effektive Entwicklungsmöglichkeiten für Führungskräfte erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass diese dem Unternehmen auf längere Zeit verbunden bleiben.

12

12.1

Selbstcoaching zur eigenverantwortlichen persönlichen Weiterentwicklung

Einsatz und Nutzen

Online-Selbstcoaching ist ein Instrument zur eigenverantwortlichen persönlichen Weiterentwicklung, das sich in erster Linie an Führungskräfte und angehende Führungskräfte richtet. Im Laufe des Selbstcoachings erkennen sie sehr konkret ihre Stärken und Schwächen und erweitern ihre persönlichen Kompetenzen sowie ihr Wissen über Führung bzw. Führungsinstrumente. Das ermöglicht den teilnehmenden Führungskräften, ihren Führungsalltag erfolgreicher zu bewältigen. Der spezielle Nutzen eines Online-Selbstcoachings liegt darin, dass jede Führungskraft autonom über Intensität, Zeit und Ort entscheiden kann. Ein weiterer Nutzen liegt darin, dass ein OnlineSelbstcoaching auf der einen Seite absolute Vertraulichkeit bieten kann, auf der anderen Seite jedoch bei Bedarf und auf Wunsch flexibel viele Möglichkeiten der Kommunikation mit anderen Personen ermöglicht. Durch den Coaching-Prozess über mehrere Monate sind Erkenntnisse und Veränderungen deutlich nachhaltiger als bei kurzfristigen Maßnahmen.

169

12

12.2 · Selbstcoaching-Prozess

Darüber hinaus kann ein Online-Selbstcoaching von Vorgesetzten und Unternehmen als Instrument zur gezielten Personalentwicklung eingesetzt werden. In diesem Falle passen Vorgesetzte wie Unternehmen den Grad der Autonomie und Vertraulichkeit individuell an, indem z. B. Vorgespräche, begleitende Beratungsgespräche und Nachgespräche zur Unterstützung oder zur Erhöhung der Verbindlichkeit im Voraus vereinbart werden. Wenn Unternehmen ein Online-Selbstcoaching als PE-Instrument nutzen, werden die Inhalte in Bezug auf firmenspezifische »Führungsthemen«, wie z. B. spezifische Kompetenzmodelle, Leitlinien oder im Unternehmen angewandte Instrumente angepasst. Eine Kombination mit anderen PEMassnahmen ist leicht möglich. Unternehmen erreichen damit in kurzer Zeit sehr effizient alle oder Teile ihrer Führungsmannschaft weltweit, um sie für Führungsthemen zu sensibilisieren, zu informieren und ihr Führungsverhalten zu professionalisieren. Nebenbei leisten sie so einen großen Beitrag zur zielgerichteten Gestaltung der Führungskultur im Unternehmen.

Online-Selbstcoaching als Instrument der Personalentwicklung

> Wer sich für ein Selbstcoaching entscheidet, sollte sich über eine hohe zeitliche Investition bewusst sein.

12.2

Selbstcoaching-Prozess

Die Führungskräfte durchlaufen in Form eines webbasierten Programmes einen ganzheitlichen Reflexionsprozess, der alle wesentlichen personalen Kompetenzbereiche abdeckt, die den Führungserfolg beeinflussen. Dabei bearbeiten die Führungskräfte in 6 in sich abgeschlossenen Modulen 3 Themenbereiche, die sie von spezifischen bzw. persönlichen zu allgemeinen Themen führen. Es sind die Themenbereiche »eigene Persönlichkeit«, »eigene Führungskompetenz und Führungsverhalten« sowie »allgemeine Führungsinstrumente«. (. Abb. 12.1) In jedem Modul des Coaching-Prozesses erhalten die Führungskräfte zunächst allgemeine Informationen, um sich mit dem jeweiligen Thema und dessen Bedeutung für Ihren Führungserfolg vertraut zu machen. Abhängig vom Thema werden die Führungskräfte dann über Leitfragen zu einer persönlichen Einschätzung ihrer aktuellen persönlichen Situation angeregt oder sie erhalten die Möglichkeit, sich mithilfe ausgewählter und erprobter Online-Testverfahren selbst zu reflektieren. Zwei dieser Tests sind in ▶ Abschn. 12.4 näher beschrieben. Da in einem autonom geführten Coaching-Prozess keine weiteren Personen als die Führungskraft selbst physisch beteiligt sind, kommen den Tests und den Leitfragen/Anregungen hohe Bedeutung zu. So sind die Online-Testverfahren in der Anwendung selbsterklärend und für jedermann leicht durchführbar. Die Auswertungen aller Tests

Selbsterklärende Online-Testverfahren im Coaching-Prozess

170

Kapitel 12 · Online-Selbstcoaching

Persönlichkeit der Führungskraft

Dimension

Module

M1

M2

Führungskompetenz und Führungsverhalten

M2

M3

M4

M4

Führungsinstrumente

M5

M6

. Abb. 12.1. Module im Verlauf des Online-Selbstcoachings

bieten sehr differenzierte, aber auch für »Laien« leicht verständliche und nachvollziehbare Ergebnisse, die jede Führungskraft gut auf die eigene Arbeit übertragen kann. Besonders nutzbringend sind konkrete, persönliche Entwicklungsempfehlungen, die jede Führungskraft erhält. Merkmale integrierter Online-Testverfahren 5 5 5 5

Integration eines »Online-Coaches«

12

Hohe Validität und vielfach erprobt Leicht durchführbar Differenzierte und nachvollziehbare Auswertungen Konkrete Entwicklungsempfehlungen

Da der Erfolg eines Coaching-Prozesses zum einen von »richtigen« Analyseergebnissen, zum anderen allerdings auch von der »zielgerichteten« Verwertung abhängt, ist in jedem Modul ein »OnlineCoach« integriert. Der Online-Coach bietet in jedem Modul 5 Hinweise zum Verstehen der Ergebnisse 5 Anregungen zur Auswertung 5 Checklisten zur weiteren Vorgehensweise und Bearbeitung persönlicher Themen

Persönliches Tagebuch online

Über die Intensität der jeweiligen Bearbeitung entscheiden die Führungskräfte selbst. Selbstverständlich wird der Online-Coach an der einen oder anderen Stelle anregen, weitere Gesprächspartner wie Kollegen, Vorgesetzte, Partner o. ä. zur Klärung eines Themas zu Rate zu ziehen. Doch auch das entscheidet jede Führungskraft autonom. Zur Sicherung ihrer Ergebnisse, Gedanken, Erkenntnisse und Vorhaben können die Führungskräfte während des gesamten Coaching-Prozesses ein persönliches Tagebuch online führen, bevor sie in einem abschließenden Modul alle Ergebnisse zusammenfassen und ihre Entwicklung bewerten. Dieser ganzheitliche Ansatz ermöglicht es, viele relevante Bereiche eines persönlichen Coachings über ein webbasiertes Programm

171

12

12.3 · Inhalte des Selbstcoaching-Prozesses

abzudecken und persönliche Fragestellungen, die oft am Beginn eines Coaching-Prozesses stehen, mit zu berücksichtigen. Allerdings braucht auch dieser »online unterstützte« persönliche Entwicklungsprozess Zeit, sodass zwischen den Modulen programmseitig ein Mindestabstand eingehalten werden muss. Der gesamte Selbstcoaching-Prozess dauert in der Regel dann ca. 6‒10 Monate.

Dauer des SelbstcoachingProzesses: ca. 6–10 Monate

> Je detaillierter und verständlicher der Ablauf der Module erläutert wird, desto einfacher ist es für den Kandidaten, sich neben dem aktuellen Tagesgeschäft noch auf das CoachingProgramm zu konzentrieren.

12.3

Inhalte des Selbstcoaching-Prozesses

Im ersten Modul beschäftigen sich die Führungskräfte mit den Grundzügen ihrer Persönlichkeit, die sie tagtäglich durch ihren Führungsalltag begleiten und z. B. das individuelle Führungsverhalten oder Konfliktverhalten maßgeblich beeinflussen. Dabei erkennen die Führungskräfte zum einen ihre psychologischeGrundstruktur, zum anderen erhalten sie bewertende Aussagen u. a. zu Führungs-, Kommunikations- oder Konfliktstil sowie ganz konkrete Hinweise für persönliche Entwicklungsfelder. Im zweiten Modul reflektieren die Führungskräfte ihre persönliche Wertestruktur und ihre Antreiber, die ihr Verhalten und den Umgang mit anderen Menschen maßgeblich beeinflussen. Sie erhalten Rückmeldungen zu stärker und schwächer ausgeprägten beruflichen Motivatoren und sind so in der Lage, Situationen »neu« zu verstehen und erfolgreichere Strategien zur Zielerreichung zu entwickeln. Im dritten Modul reflektieren die Führungskräfte nun konkrete Stärken und Schwächen bzgl. ihrer Führungsaufgabe, verbunden mit der entscheidenden Frage nach der aktuellen Eignung als Führungskraft. Mit Hilfe eines Anforderungsprofils für Führungskräfte erstellen die Führungskräfte ein »persönliches Audit« inkl. einer Selbsteinschätzung. Sie erkennen dabei, woran sie auf dem Weg zur Professionalisierung noch arbeiten sollten, und erhalten wiederum sehr konkrete Anregungen durch das Testergebnis sowie durch den Online-Coach. Grundprägungen, Werte und die aktuellen Fähigkeiten, die Führungskräfte mitbringen, münden in den persönlichen Führungsstil, der im vierten Modul Gegenstand der Reflexion ist. Darüber hinaus überprüfen die Führungskräfte, inwiefern sie den explizit geforderten oder implizit vorhandenen Leitlinien ihres Unternehmens entsprechen. Dabei erweitern sie ihr Verhaltensspektrum und entwickeln neue Handlungsoptionen. Im fünften Modul lernen die Führungskräfte eine Auswahl gängiger Führungsinstrumente kennen und überprüfen die Anwendbarkeit auf ihren Führungsalltag. Als besondere Unterstützung können

Erstes Modul – Gründzüge der Persönlichkeit

Zweites Modul – persönliche Wertestruktur

Drittes Modul – Stärken und Schwächen

Viertes Modul – persönlicher Führungsstil

Fünftes Modul – Führungsinstrumente

172

Kapitel 12 · Online-Selbstcoaching

sich Führungskräfte eine Vielzahl von Informationen, Checklisten, Formularen und Vorgehensweisen zu den meisten Führungsinstrumenten für den persönlichen Gebrauch direkt herunterladen. So dient die Datenbank zur Orientierung, zum Nachschlagen oder zur konkreten Umsetzung im Arbeitsumfeld. Führungsinstrumente beziehen sich auf »alle« Felder der Führung 5 5 5 5

Sechstes Modul – Auswertung

Führen der eigenen Person/Selbstmanagement Mitarbeiterführung Führen von Teams Strategie- und Organisationsentwicklung

Das sechste Modul ist der strukturierten Auswertung vorbehalten. Der logische Aufbau und die Struktur des Selbstcoaching-Prozesses ist in der Online-Maske für die Nutzer übersichtlich dargestellt, sodass sie jederzeit wissen, in welcher Phase des Prozesses sie sich befinden (. Abb. 12.2).

12.4

Online Testverfahren – Zwei Beispiele (CAPTain und Fragebogen zur Beruflichen Motivation)

Für das Online-Selbstcoaching wurden Tests ausgewählt, die sich in Coachingprozessen bereits vielfach bewährt haben und die zum einen über eine hohe, auch wissenschaftlich nachgewiesene inhaltliche Aussagekraft verfügen, und zum anderen schnell und unkompliziert gut verständliche Ergebnisdarstellungen liefern. Zwei dieser Verfahren möchten wir im Folgenden näher vorstellen: CAPTain und den Fragebogen zur Beruflichen Motivation.

12

12.4.1

Psychologie der Persönlichkeit von Murray

CAPTain (Computer Aided Personnel Test answers inevitable)

CAPTain ist ein webbasierter Personaltest zur differenzierten Erfassung von 38 erfolgsrelevanten Merkmalen des Arbeits- und Leistungsstils sowie des Führungs-, Verkaufs- und Teamverhaltens. Der Test wurde ursprünglich in den 1980er Jahren in Schweden entwickelt und wird seitdem von dem Beratungsunternehmen CNT kontinuierlich entsprechend den Anforderungen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen optimiert. Er basiert auf der Persönlichkeitstheorie des amerikanischen Psychologen Henry Murray, der über 30 Jahre an der Harvard Universität lehrte und eine Psychologie der Persönlichkeit begründete, die das Wechselspiel von inneren Bedürfnissen und äußeren Anforderungen als Ausgangspunkt der individuellen Ver-

173

12

12.4 · Online Testverfahren – Zwei Beispiele

. Abb. 12.2. Beispiel Selbstcoaching online

haltensmuster von Menschen beschreibt. Mit seiner Theorie legte er die Grundlage z. B. für kompetenzbasierte Modelle der Managementeffektivität und Maslows Bedürfnishierarchie. CAPTain ist ein psychometrischer Test, kein Fragebogen zur Erfassung der Selbsteinschätzung. Er erfasst das tatsächliche Verhalten am Arbeitsplatz. Davon unterschieden wird die subjektive Selbsteinschätzung, die häufig von dem persönlichen Wunsch- oder Idealbild, aber z. B. auch von den Selbsterfahrungen in privaten Bezügen geprägt ist. Die subjektive Selbsteinschätzung kann zusätzlich zur Messung des tatsächlichen Verhaltens am Arbeitsplatz in einem ergänzenden Fragebogenteil erfasst werden (CAPTain Subjektiv). Die Ergebnisse aus CAPTain Subjektiv werden anschließend den Testergebnissen gegenübergestellt. Die individuelle Auseinandersetzung mit den Unterschieden zwischen Testergebnis und subjektiver Selbsteinschätzung ist für Coachees immer sehr interessant und ermöglicht einen nützlichen Erkenntnisgewinn über die eigene innere Wahrnehmung und das äußere Verhalten. Alle Fragen und Auswertungen von CAPTain sind ausschließlich berufsweltbezogen. Die Fragen bestehen aus ganzen Sätzen, in denen der Bezug zur Arbeitswelt hergestellt wird. Für alle CAPTainSkalen wurde empirisch vielfach nachgewiesen, dass sie berufs- und erfolgsrelevant sind. CAPTain verwendet Paarvergleichsfragen, bei denen jeweils 2 Aussagen zu ganz unterschiedlichen Themenbereichen gegenübergestellt werden. Die Testperson soll auswählen, welche Aussage vergleichsweise besser zu ihr und ihrem Verhalten passt. Paarvergleichs-

Test zur tatsächlichen Erfassung des Verhaltens am Arbeitsplatz

Paarvergleichsfragen

174

Kapitel 12 · Online-Selbstcoaching

CAPTain fürs Coaching

CAPTain – kriterienorientierte Diagnostik

12

fragen bilden die Lebenswirklichkeit gut ab, weil das Leben häufig aus bewussten oder unbewussten, manchmal auch unangenehmen oder schwer zu treffenden Entscheidungen zwischen inhaltlichen Alternativen besteht. Diese Entscheidungssituationen werden exemplarisch in den Fragen des Tests abgebildet. Darüber hinaus ermöglichen Paarvergleichsfragen auch eine besonders exakte Messung (. Abb. 12.3). CAPTain wird immer dann eingesetzt, wenn sowohl das Unternehmen als auch der Bewerber/Mitarbeiter daran interessiert sind, dass die Personalbeurteilung auf der Basis von tatsächlichen Kompetenzen und Potenzialen getroffen wird. Gleichwohl wissen wir, dass Menschen dazu neigen, sich im Zweifel lieber so darzustellen, wie sie sein möchten und wie sie sich selbst kompetenter und sympathischer finden. Durch die Verwendung von Paarvergleichsfragen in der Forced-choice-Methodik sowie einen speziellen Auswertungsalgorithmus werden Antworttendenzen im Sinne der sozialen Erwünschtheit weitgehend unterbunden. CAPTain kann für ein Coaching gut verwendet werden, weil der Test die Persönlichkeit auf der Ebene der individuellen Verhaltensmuster erfasst. Während die Grundpersönlichkeit stabil bleibt, können Menschen jedoch ihre Verhaltensmuster verändern und den aktuellen Anforderungen anpassen – sofern sie es denn wollen. Wenn Verhaltensmuster sich tatsächlich nachhaltig verändern, spiegelt sich das auch in den Testergebnissen wider. Als Verfahren der kriterienorientierten Diagnostik zielt CAPTain nicht auf die Erfassung der Unterschiede zwischen Menschen, sondern auf die Festlegung der Leistungsmerkmale einer Person hinsichtlich eines spezifischen Aufgabenbereichs. Ziel der kriterienorientierten Messung ist es, den Ist-Zustand relativ zu einem Soll-Zustand individuell genau zu erfassen. Kriterienorientierte Verfahren sind daher in besonderem Maße geeignet, die individuelle Eignung zu bestimmen. CAPTain beschreibt deswegen differenziert und inhaltlich präzise die individuellen Merkmalsausprägungen in den einzelnen Kompetenzbereichen. Die Bewertung der Testergebnisse erfolgt durch unternehmens- und positionsspezifische Anforderungsprofile. In der Ausführung für das Online-Selbstcoaching für Führungskräfte ist zur Bewertung der individuellen Testwerte ein allgemeines Management-Kompetenzmodell hinterlegt. Es beinhaltet die in der folgenden Übersicht dargestellten Faktoren. Faktoren des Management-Kompetenzmodells 5 Management-Persönlichkeit (u. a. Standing, persönliche Autonomie) 5 Mitarbeiterführung (Führungsstil, Motivationsvermögen) 5 Teamverhalten (u. a. Kooperationsfähigkeit, Kommunikationsstil) 5 Managementpotenzial (Innovationskraft, Prozessorganisation etc.)

175 12.4 · Online Testverfahren – Zwei Beispiele

. Abb. 12.3. Beispiel für eine Paarvergleichsfrage aus dem CAPTain

Zusätzlich zur differenzierten und mehrseitigen Beschreibung und Bewertung der individuellen Kompetenzen enthält der Auswertungsbericht konkrete Hinweise auf persönliche Entwicklungsfelder. Eine Spezifizierung von CAPTain für spezielle Unternehmensanforderungen ist jederzeit möglich und bereits bei der Testkonstruktion als Option berücksichtigt worden. Eine ganze Reihe von Unternehmen nutzt diese Möglichkeit. Der Test ist in 11 Sprachen erhältlich. Seit nunmehr 20 Jahren bei Hunderten, auch sehr renommierten Unternehmen im Einsatz, ist er technisch und inhaltlich ausgereift. Durch eine kontinuierliche Qualitätssicherung und wissenschaftlich überprüfte Weiterentwicklung ist er gleichzeitig immer up to date. Die Anwender von CAPTain schätzen seine Differenziertheit und Präzision, die Testpersonen die wertschätzende Grundhaltung und die unterstützenden Hinweise sowie die Transparenz seiner Bewertungen.

12.4.2

Fragebogen zur Beruflichen Motivation

Der Fragebogen zur Beruflichen Motivation (FBBM) ist ein arbeitspsychologisch fundierter Fragebogen zur Erfassung der Motive, die bewusst oder unbewusst die persönlichen Entscheidungen und das berufliche Handeln von Personen steuern. Der FBBM wird meist im Rahmen von Assessment-Centern, bei der Karriereplanung und im Coaching eingesetzt.

12

176

Kapitel 12 · Online-Selbstcoaching

Karriereanker

Inhalt Fragebogen zur beruflichen Motivation

12

Der FBBM wurde in den Jahren 1999‒2003 von CNT entwickelt. Er basiert auf dem Konzept des Karriereankers. Die Grundlage bildet die Forschung zur Karriereentwicklung von D. E. Super (Super, 1957; Super & Bohn, 1970). Diese wurde durch Studien von E. Schein (Schein, 1978) erweitert. Die Studien wurden zum besseren Verständnis für das Entstehen von Managerkarrieren durchgeführt und basieren auf einer Langzeitstudie an 44 Studenten des MBA-Studienganges an der Sloan School of Management am Massachusetts Institute of Technology. Das Grundkonzept des Karriereankers wurde von CNT im Rahmen von über 120 Assessment-Centern mit 640 (angehenden) Führungskräften für verschiedene Zielpositionen zum FBBM weiterentwickelt. Die Neuentwicklung war notwendig geworden, weil im Rahmen der Führungskräfteauswahl und -entwicklung weitere und aktuellere Motive erfasst werden sollten, die sowohl anforderungsrelevant als auch karrierewirksam sind. Seit dem Jahre 2001 steht der FBBM webbasiert zur Verfügung und beinhaltet eine ausführliche, automatisch generierte, schriftliche und grafische Auswertung. Der Fragebogen besteht aus 70 Statements zu Aussagen über persönliche Präferenzen und Wünsche, die sich direkt oder indirekt auf das Berufsleben beziehen. Der Proband ist aufgefordert, seine Zustimmung oder Ablehnung zu den Statements auf einer 6-stufigen Skala anzukreuzen. Die Skala reicht von »Trifft gar nicht auf mich zu« bis »Trifft völlig auf mich zu«. Erfasst werden 14 Motive wie Fachliche Expertise, Selbstständigkeit, Dienstleistungsorientierung, Mitarbeiterführung, Kreativität, Spaß am Verkaufen, Macht und Einfluss etc. Die Antworten im Fragebogen werden nach einem arbeitspsychologisch fundierten Algorithmus ausgewertet. Dabei werden die Angaben den 14 Faktoren der beruflichen Motivation zugeordnet und für jeden Faktor Werte berechnet. Anschließend werden in der Ausführung für das Online-Selbstcoaching die Werte einer Person untereinander ins Verhältnis gesetzt: Welches Motiv ist besonders stark, welches hat wenig Einfluss auf sein Tun? Für die Motivationsfaktoren mit besonders hoher und besonders niedriger Ausprägung wird ein Ergebnisbericht verfasst. Der Fragebogen zur Beruflichen Motivation (FBBM) 5 Ermöglicht eine schnelle Einschätzung der berufsrelevanten Antriebskräfte einer Person 5 Ergänzt andere Beurteilungsverfahren wie Interview, Vorgesetztenbeurteilung und psychometrische Potenzialanalysen, Assessment-/Development-Center 5 Unterstützt die Selbstreflexion von Personen über persönliche Werte und Ziele 5 Liefert wertvolle Hinweise für die Auswahl externer oder interner Bewerber 5 Unterstützt die Karriereplanung

177

12

12.5 · Einsatz und Erfahrungen

> Im Online-Selbstcoaching unterstützt der FBBM die Führungskräfte, sich Klarheit über die Motive zu verschaffen, die ihrem Verhalten zugrunde liegen: Was ist mir wirklich wichtig und was weniger? Die Beantwortung dieser Frage ist sehr wichtig für die persönliche Orientierung und Sinnfindung im Berufsleben.

12.5

Einsatz und Erfahrungen

12.5.1

Einsatz im Unternehmen

Das Online-Selbstcoaching wurde in einem großen mittelständischen Unternehmen der Metallindustrie als firmeninternes Portal eingeführt. Dabei sind die Programminhalte firmenspezifisch auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten. Das zeigt sich darin, dass z. B. in Modul 3 »Stärken und Schwächen« der CAPTain-Test auf das im Unternehmen vorhandene und verwendete Anforderungsprofil für Führungskräfte terminologisch angepasst wurde, sodass sich die Führungskräfte in der Auswertung gleich in Ihrem Unternehmenskontext wiederfinden. In Modul 4 »Führungsverhalten« sind die spezifischen Unternehmensleitlinien zur Führung und Zusammenarbeit Basis der Reflexion und im Modul 5 sind die im Unternehmen tatsächlich verwendeten Hilfsmittel zu diversen Führungsinstrumenten hinterlegt. Das Selbstcoaching-Programm wird allen Führungskräften auf freiwilliger Basis angeboten, wobei die Führungsebenen sukzessive von oben nach unten integriert werden. So wird sichergestellt, dass die jeweils übergeordneten Führungskräfte bei Bedarf eine CoachingFunktion für die nächste Führungsebene übernehmen können. Denn obwohl das Programm autonom durchlaufen werden kann, gibt es zahlreiche Anregungen, die Erkenntnisse mit Partnern aus dem direkten Umfeld, z. B. Vorgesetzten, Kollegen oder Mitarbeitern, zu besprechen. Falls Teilnehmer den Wunsch nach Austausch mit »neutralen« Personen haben, besteht von Anfang an die Möglichkeit, einen internen oder externen Berater anzusprechen. Eine große Chance des firmeninternen Portals ist die Möglichkeit, Themen, Inhalte und Methoden mit anderen Maßnahmen der Personalentwicklung, insbesondere mit Seminarreihen für verschiedene Führungsebenen, abzustimmen. Die Verbindung wurde hier geschaffen, das Selbstcoaching dient insofern als Ergänzung und Vertiefung. Im Kontext der »Führungskultur des Unternehmens« ist das fakultative Selbstcoaching mit Anregungen zum Gedankenaustausch ein Baustein, um im Unternehmen das Thema »Persönliches Feed-

Firmenspezifische Ausrichtung von CAPTain

Abstimmung mit Personalentwicklungsmaßnahmen

178

Kapitel 12 · Online-Selbstcoaching

back« stärker in den Fokus zu rücken und letztlich einer »Vorgesetztenbeurteilung« den Weg zu bereiten.

12.5.2

Erfahrungen und Anregungen der Teilnehmer

Diese Erfahrungen basieren auf Teilnehmerrückmeldungen von 57% Rücklaufquote der bisherigen Nutzer, die nach dem Test befragt wurden. Die Einschätzungen waren generell sehr positiv. Folgende Themen wurden als besonders nutzbringend hervorgehoben: 5 Selbsteinschätzung der eigenen Stärken und Handlungsfelder, 5 Ansatzpunkte zur Verbesserung der eigenen Führungskompetenz, 5 Bestätigung bisheriger Erkenntnisse, z. B. aus anderen Führungsbausteinen (Anm.: Dies resultiert aus der Verzahnung mit anderen PE-Maßnahmen.), 5 Reflexion des eigenen Führungsverhaltens.

12

Aus dem Teilnehmerkreis kamen folgende Anregungen zur Nutzung und zu den Inhalten: 5 Einführungsveranstaltung zu Zielen, Ablauf und Tool-Handling anbieten, 5 externen persönlichen Coach zur Unterstützung stärker als Angebot platzieren, 5 weitergehende Unterstützung/nachgeschaltetes Programm zur Umsetzung der Maßnahmen anbieten, 5 Wartezeit zwischen den Modulen verkürzen. In einer Ausweitung auf weitere Ebenen sieht die Mehrzahl der Teilnehmer große Chancen, da die meisten das Selbstcoaching-Programm als wichtige externe Hilfe zur Selbsteinschätzung der eigenen Führungsleistung sehen, mit der Ansatzpunkte zur Verbesserung der Führungskompetenz gefunden wurden. Der Zeitaufwand wird jedoch als »nicht unerheblich« bezeichnet.

12.5.3

Kosten-Nutzen-Betrachtung

> Ein Online-Selbstcoaching bietet die Möglichkeit, in kurzer Zeit eine große Zahl von Führungskräften zu erreichen.

Die Kosten je Teilnehmer bewegen sich im Rahmen einer Seminarteilnahme. Wobei im Seminar die Teilnehmer den Vorteil haben, sich direkt »physisch« mit den Themen der eigenen Person und Persönlichkeit zu beschäftigen sowie sich mit anderen Personen, u. a. einem Trainer, auszutauschen. Ein Online-Selbstcoaching hat den großen Vorteil, dass die Teilnehmer eine Vielzahl relevanter Themen über

179

12

12.5 · Einsatz und Erfahrungen

einen Zeitraum von einigen Monaten bearbeiten, die zum einen eine gewisse »Vollständigkeit« bieten und zum anderen »Nachhaltigkeit« erzeugen. Im Vergleich zu einem »klassischen« Coaching-Prozess ist das Online-Selbstcoaching deutlich kostengünstiger. Hierbei sei jedoch gesagt, dass der größte Nutzen dann entsteht, wenn Teilnehmer spezielle Themen im Verlauf des Online-Selbstcoachings mit einem »Live-Coach« vertiefen. Die Online-Version hat selbstverständlich ihre Grenzen.

12.5.4

Diverse Einsätze

Einzelnutzer können das Online-Selbstcoaching als offenes Pro-

gramm bei topoi Consulting belegen, um eigene Führungskompetenzen online zu erweitern. Dazu erhalten sie Führungsinstrumente zum persönlichen Gebrauch. Vorgesetzte und Personaler können das Online-Selbstcoaching als PE-Maßnahme für eigene Mitarbeiter einsetzen, um diese dann autonom agieren zu lassen oder gezielt über einen gewissen Zeitraum beratend zu begleiten. Unternehmen können das Online-Selbstcoaching als allgemeines kostengünstiges und effizientes PE-Angebot oder sogar als firmenspezifisches PE-Portal mit eigenen Inhalten und Methoden einsetzen.

12.5.5

Vergleich zu klassischem Coaching

Tipps für Anwender und Ausblick

Wer sich für ein Online-Selbstcoaching-Programm entscheidet, sollte ausreichend Zeit und Energie mitbringen. Wie jeder Prozess der Persönlichkeitsentwicklung ist auch dieses Programm mit einer gewissen Anstrengung verbunden, es wird Unklarheiten, Rückschläge und Ärgernisse (z. B. in Form von unangenehmen Aussagen) geben. Manche Themen entwickeln sich erst im Verlauf des Prozesses und manche Aussagen erhalten mit der Zeit erst die »richtige« Bedeutung. Es empfiehlt sich, von Anfang an einen regen Gedankenaustausch mit anderen Personen aus dem privaten und beruflichen Umfeld zu suchen und zu etablieren. So erzielen die Teilnehmer den größten Nutzen. Möglicherweise wird ein Online-Selbstcoaching in absehbarer Zeit als ganz »normale« Maßnahme zur persönlichen Weiterentwicklung eingesetzt werden. Dem wachsenden Bedürfnis der Menschen nach Autonomie, Flexibilität und Vielseitigkeit entspricht das in jedem Falle.

Einsatz für persönliche Entwicklung

Einsatz als PE-Maßnahme

180

Kapitel 12 · Online-Selbstcoaching

Literatur Super, D. E. (1957). The psychology of careers: an introduction to vocational development. New York, NY: Harper.

12

Super, D. E. & Bohn, M. J. (1970). Occupational psychology. Belmont, Calif.: Wadsworth.

Schein, E. H. (1978). Career dynamics: matching individual and organizational needs. Reading, Mass.: Addison-Wesley.

181

360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen Martin Irmler, Sandra Eggelhöfer 13.1

Ausgangssituation in Konzernen – 182

13.2

Regelmäßige Analyse des Führungsprozesses – 182

13.3

Einsatzgebiete und Zielsetzungen – 183

13.3.1 13.3.2 13.3.3

Persönliche Entwicklung – 184 Personalentwicklung – 185 Organisationsentwicklung – 185

13.4

Günstige Rahmenbedingungen schaffen – 186

13.4.1 13.4.2 13.4.3 13.4.4 13.4.5 13.4.6

Das richtige Timing – 187 Datenschutz und Anonymität – 187 Online-Tool versus Papierfragebogen – 187 Kommunikation und Information – 188 Umgang mit Feedback – 188 Konkrete Folgemaßnahmen – 188

13.5

Befragung mit einem Online-Fragebogen – 189

13.5.1 13.5.2

Ablauf bei der Online-Befragung – 189 Instrument – 190

13.6

Der Aufbau einer Feedback-Kultur im Unternehmen – 191

13.6.1 13.6.2

Ergebnisbericht – 192 Rückmeldung und Folgemaßnahmen – 192

13.7

Ausblick – 193 Literatur – 194

13

182

Kapitel 13 · 360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen

13.1 Multisource-Feedback

Das 360-Grad-Feedback ist eine Variante des Multisource-Feedbacks zur Beurteilung von Führungskräften aus der Perspektive verschiedener Beurteilergruppen (Scherm & Sarges, 2002). Sie ergänzt die weit verbreitete Methode der Top-Down-Beurteilung um Aspekte des »Bottom-Up«-Ansatzes, bei dem eine Führungskraft von ihren Mitarbeitern bewertet wird, sowie der Perspektive von gleichgestellten Kollegen oder internen und externen Kunden. Führungskräftebeurteilungen gehören heute zu den Standardinstrumenten der modernen Personal- und Führungskräfteentwicklung. In großen Unternehmen erschwert Anonymität sowie Distanz zwischen Führungskräften und Mitarbeitern eine offene FeedbackKultur. Darüber hinaus findet sich in der Praxis – unter dem Druck des Tagesgeschäftes – oftmals keine Zeit für ein direktes Feedback. Aus diesem Grund überlassen viele Großunternehmen Feedback nicht mehr dem Zufall, sondern führen einen methodisch-gestützten Feedback-Prozess ein. Im folgenden Artikel wird der 360-Grad-Feedback-Prozess eines Unternehmens aus der Versicherungswirtschaft als Kombination von Online- und Offline-Methoden skizziert und wichtige Erfolgsfaktoren zur Etablierung einer Feedback-Kultur abgeleitet.

13.2 Bedeutung der Führungsqualität

13

Ausgangssituation in Konzernen

Regelmäßige Analyse des Führungsprozesses

Die Bedeutung der Führungsqualität für den Erfolg eines Unternehmens sowie die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter, Teams und Organisationseinheiten ist durch zahlreiche Studien belegt. »Nobody is perfect«: Führungskräfte sind vor allem Menschen, mit Stärken und Schwächen, mit unterschiedlichen Charakteren, verschiedenen beruflichen Erfahrungen, Gewohnheiten, Arbeitsmethoden und Führungsstilen. Allerdings erfordern hochgesteckte Unternehmensziele von den Führungskräften und Mitarbeitern Höchstleistungen. Der Führungsprozess sollte deshalb, wie die Produktionsprozesse, regelmäßig analysiert und bei Bedarf optimiert werden. Ein 360-GradFeedback kann dafür geeignete Rahmenbedingungen schaffen. > Die Qualität des 360-Grad-Feedbacks ist maßgeblich davon abhängig, wie weit die Feedback-Geber ein differenziertes Feedback über die gefragten Themenbereiche abgeben können (. Tab. 13.2).

183

13

13.3 · Einsatzgebiete und Zielsetzungen

360-Grad steht für ein Feedback von verschiedenen Personengruppen mit dem Ziel, einzelne Einschätzungen zu objektivieren und einen Gesamteindruck zu bekommen. In der Reinform geben der Vorgesetzte, KollegenaufgleicherEbene,Mitarbeiter,interneKunden,externeKunden und der Feedback-Nehmer selbst eine Einschätzung ab. Wichtig ist es, dass alle Personen mit der Führungskraft in regelmäßigem Austausch sind. Da dies nicht immer auf alle Personengruppen, die in der Literatur beschrieben werden, zutrifft, haben sich in der Praxis diverse Ausgestaltungen wie z. B. das 270-Grad-Feedback etabliert. Bei dieser Variante des Multisource-Feedbacks wird die Bewertung durch Vorgesetzte, Mitarbeiter und den Feedback-Empfänger selbst vorgenommen.

270-Grad-Feedback

Beispiel Im Falle des Versicherungskonzerns gibt der Feedback-Nehmer selbst eine Einschätzung seiner Person, seines Verhaltens und seiner Kompetenzen ab (Selbsteinschätzung). Von seinen Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern wird der Feedback-Nehmer dann nach den gleichen Verhaltens- und Kompetenzkriterien beurteilt (Fremdeinschätzung).

Ein strukturiertes Feedback umfasst bestimmte Kriterien zu Führungsdimensionen, z. B. Delegation und Informationsweitergabe. Optimalerweise werden die Kriterien aus dem Unternehmensleitbild oder den Führungsleitlinien abgeleitet. Die Kriterien sollten mit denen anderer Personalinstrumente zum Thema »Führung im Unternehmen« übereinstimmen, sonst entsteht Irritation bei den Führungskräften. Eine enge Verzahnung von 360-Grad-Feedback, Mitarbeiterbefragung, Performance Management/Mitarbeitergespräch, Management Audit, Kompetenzmodellen schafft Klarheit für die Führungskräfte, was von ihnen aus Unternehmenssicht erwartet wird.

13.3

Strukturiertes Feedback

Einsatzgebiete und Zielsetzungen

Aus Unternehmenssicht besteht das oberste Ziel bei der Durchführung von 360-Grad-Analysen darin, die Effektivität der Handlungen des im Mittelpunkt stehenden Feedback-Empfängers zu steigern. Das Unternehmen soll dadurch in seiner Wettbewerbsposition gestärkt werden. Im Einzelnen können nach Scherm und Sarges (2002) die in nachfolgender Übersicht dargestellten Ziele festgehalten werden.

Ziele der Analysen

184

Kapitel 13 · 360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen

Ziele, die mit dem 360-Grad-Feedback angestrebt werden (nach Scherm & Sarges, 2002) 1. Die Führungskräfte sollen ihre Bereitschaft zur Veränderung stärken und ihre Fähigkeit zur Selbstentwicklung trainieren 2. Die Führungskräfte sollen ihre Kompetenzen, im Sinne der an sie gestellten Anforderungen, verbessern 3. Der unternehmensweite Dialog über Anforderungen und Kompetenzen soll intensiviert werden 4. Bestehende Diagnoseverfahren für die Personalentwicklung sollen wirksam ergänzt oder optimiert werden 5. Das Unternehmen soll die Leistungsträger stärker an sich binden 6. Das Unternehmen soll seine Wettbewerbsfähigkeit und Ertragskraft verbessern

> Die Ziele der Befragung sollten frühzeitig festgelegt werden, um falsche Erwartungen gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Neben diesen offen kommunizierten Zielen gibt es in der Regel noch verschiedene mikropolitische Ziele, die mit einem solchen Instrument verfolgt werden. Eine Darstellung der »inoffiziellen« zumeist kaschierten (macht-)politischen Ziele findet sich bei Neuberger (2000).

13.3.1

13

Persönliche Weiterentwicklung

Persönliche Entwicklung

Viele Führungskräfte wünschen sich ein offenes Wort und wollen Beispiel In einer Abteilung des Versicherungskonzerns lässt sich ein stellvertretender Gruppenleiter im Rahmen eines 360-Grad-Feedbacks beurteilen. Er möchte sehen, ob er in der Abwesenheit der Gruppenleitung diese angemessen vertritt, um die Qualität der Ergebnisse der ihm anvertrauten Gruppe zu sichern oder sogar zu verbessern.

wissen, wo sie stehen und sich persönlich weiterentwickeln. Einige haben den Wert eines 360-Grad-Feedbacks erkannt, bei dem sie nicht nur vom Chef, sondern auch von Kollegen und Mitabeitern Rückmeldung erhalten. Dies ist der Optimalfall, quasi inklusive Erfolgsgarantie. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Prozess

185

13

13.3 · Einsatzgebiete und Zielsetzungen

wertschätzend abläuft und der Feedback-Nehmer sich kritische Punkte zu Herzen nimmt. Nicht selten machen die ersten Erfolgsgeschichten positive Werbung und sorgen für eine steigende Nachfrage nach dem Instrument unter den Führungskräften.

13.3.2

Personalentwicklung

Beispiel Ein Gruppenleiter möchte zum Abteilungsleiter aufsteigen. Im Rahmen eines konzerninternen Personalentwicklungsprogramms wird ein 360-Grad-Feedback durchgeführt. Das 360-Grad-Feedback ist gleichzeitig Standortbestimmung und Ausgangspunkt für die gezielte persönliche Weiterentwicklung. Gemeinsam mit dem Vorgesetzten und der Personalabteilung werden die nächsten Entwicklungsschritte und konkrete Maßnahmen vereinbart. Die Ergebnisse der Auswertung des 360-Grad-Feedbacks sind ein wichtiges Entscheidungskriterium für die weitere Entwicklung des Gruppenleiters im Unternehmen.

In diesem Fall wird das 360-Grad-Feedback zur Planung und Durchführung von Personalentwicklungsmaßnahmen eingesetzt. Einige Unternehmen sichern mit diesem Instrument die Entscheidung über eine Beförderung in höhere Managemen-Positionen ab. Allerdings steht für viele Unternehmen eher der Entwicklungsaspekt im Vordergrund. Sie verzichten daher auf eine Dokumentation in der Personalakte und nutzen »neutrale« externe Dienstleister. Oft ist das 360Grad-Feedback Bestandteil des Nachwuchsförderprogramms, in dem üblicherweise externe Anbieter den Feedback-Prozess koordinieren und dem Feedback-Nehmer die Ergebnisse erläutern.

Personalentwicklungsmaßnahmen

> Externe Berater fungieren als neutrale Ansprechpartner sowohl für die zu beurteilende Führungskraft als auch für die Beurteiler und gelten als Garanten für Anonymität.

13.3.3

Organisationsentwicklung

Beispiel Im Unternehmensleitbild des Versicherungskonzerns ist Innovationskraft ein zentrales Thema. In der letzten Mitarbeiterbefragung hatten viele Mitarbeiter eines Bereiches den Eindruck, dass die Führungskräfte nicht offen für ihre Ideen sind. Das 6

Innovationskraft

186

Kapitel 13 · 360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen

Managementteam des Bereiches beschließt, mithilfe eines 360-Feedbacks für alle Führungskräfte herauszufinden, woran das liegt und wie sich das verbessern lässt. Deshalb bleibt es nicht bei einem schriftlichen Ergebnisreport. In anschließenden, moderierten Workshops suchen die Führungskräfte das Gespräch mit den Mitarbeitern, um gemeinsam nächste Schritte zur Verbesserung zu besprechen. In der nächsten Mitarbeiterbefragung waren die Mitarbeiter deutlich zufriedener mit ihren Führungskräften.

Verpflichtende Durchführung

13

Die verpflichtende Durchführung eines 360-Grad-Feedbacks erhöht das Risiko, dass einzelne Führungskräfte dem Prozess ablehnend gegenüberstehen und diese Ablehnung für die Mitarbeiter spürbar wird. In solchen Fällen empfiehlt sich unbedingt eine intensive Begleitung durch die Personalabteilung oder externe Dienstleister. Bereits wenige »Negativ-Schlagzeilen« gefährden den erforderlichen Vertrauensbonus der Feedback-Geber, dass ein ehrliches Wort gewünscht ist und sich das Verhältnis zum Feedback-Nehmer dadurch nicht verschlechtert. Auf diese Weise verkehrt sich die positive Absicht – Förderung einer Vertrauenskultur – schnell ins Gegenteil. Kaum ein deutsches Unternehmen hat aus diesem Grund das 360-Grad-Feedback im Gesamtunternehmen eingeführt. In der Regel können Führungskräfte dieses Personalinstrument nutzen, müssen aber nicht.

13.4

Günstige Rahmenbedingungen schaffen

Die Erfahrung zeigt, dass zur Definition des Prozesses und zur Implementierung viele Fragen geklärt werden müssen. Klare und zielführende Rahmenbedingungen leisten einen wichtigen Beitrag zum Erfolg und sichern die Akzeptanz aller Beteiligten. Beispiel Aufgrund weitgreifender Umstrukturierungsmaßnahmen wird das 360-Grad-Feedback aktuell im Versicherungskonzern weniger nachgefragt. Mitarbeiter wie Führungskräfte wollen nicht negativ auffallen, um personellen Entscheidungen keine »Munition« zu liefern.

187

13

13.4 · Günstige Rahmenbedingungen schaffen

13.4.1

Das richtige Timing

In Phasen der Umstrukturierung und des Personalabbaus herrscht über die verschiedenen Hierarchieebenen hinweg Unsicherheit, die oft jede noch so gut gemeinte Entwicklungsmaßnahme im Keim erstickt und zum Scheitern verurteilt. Aus Angst vor möglichen negativen Konsequenzen werden Feedback-Geber keine Rückmeldungen geben, mit denen sie sich selbst oder anderen schaden würden. Es ist wichtig zu wissen, wie die momentane Stimmung im Unternehmen ist, um ein möglichst authentisches Feedback zu erzielen und zu entscheiden, ob der Einsatz eines 360-Grad-Feedbacks zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll wäre.

13.4.2

Unsicherheit in Phasen der Umstrukturierung

Datenschutz und Anonymität

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Datenschutz und die Wahrung der Anonymität der Feedback-Geber. Die Erfahrungen mit der Auswertung von Feedback haben gezeigt, dass aus Unsicherheit und Angst vor möglichen Konsequenzen keine wahrheitsgetreue Beantwortung erfolgt, wenn die Anonymität nicht ausdrücklich zugesichert und glaubhaft ist. Ein Feedback-Empfänger sollte daher nicht die Möglichkeit haben, bestimmte Bewertungen einzelnen Feedback-Gebern zuordnen zu können. Aus diesem Grund ist darauf zu achten, dass auf jeder Ebene eine ausreichend große Zahl von Feedback-Gebern vorhanden ist (mindestens drei). Lediglich die Rückmeldung des direkten Vorgesetzten stellt hier eine Ausnahme dar. Es hat sich bewährt, den Betriebsrat bereits in der Konzeptionsphase einzubinden, was die Frage des Datenschutzes und der Anonymität betrifft. Nur wenn die Anonymität von FeedbackGebern sichergestellt ist, können valide Ergebnisse erzielt werden.

Anonymität der Feedback-Geber

> Das Thema Datenschutz und Wahrung der Anonymität sollte im Vorfeld intensiv diskutiert werden, um für Vertrauen bei Feedback-Gebern, und vor allem beim Betriebsrat, zu werben.

13.4.3

Online-Tool versus Papierfragebogen

Das 360-Grad-Feedback-Modell kann als klassischer Papierfragebogen oder als Online-Tool im Unternehmen eingesetzt werden. Im Online-Zeitalter, das vom Wunsch nach der papierlosen Abwicklung von Geschäftsprozessen geprägt ist, liegt ein Online-Feedback nahe. Allerdings führt die E-Mail-Kultur in vielen Unternehmen oft zu einem »Overload« an Informationen, sodass eventuell wichtige Nachrichten »übersehen« werden. Darüber hinaus wird eine Speicherung und Auswertung der Daten befürchtet, was Zweifel an der Anonymität nährt. Die Bearbeitung von Fragebogen in klassischer Papierform

Klassische Papierform noch präferiert

188

Kapitel 13 · 360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen

Automatische Auswertung für klassische Form

scheint (noch) präferiert zu werden, was sich in höheren Rücklaufquoten wiederspiegelt, die für anonymisierte Auswertungen wichtig sind. Inzwischen gibt es gute technische Erkennungssoftware, mit der sich eingescannte Papierbögen effizient einlesen und verarbeiten lassen. Bei kleineren Volumina können einzelne Papierbögen auch mit der Hand in elektronische »Bögen« übertragen werde. So lassen sich automatische Auswertungen in verschiedenen Darstellungsformen ausgeben.

13.4.4

Ansprechpartner für Rückfragen

Es ist wichtig, dass das Top-Mangement das Instrument ernst und die Ergebnisse zum Anlass nimmt, einen Veränderungsprozess in Gang zu setzen. Nur so kann den Mitarbeitern glaubhaft kommuniziert werden, dass ihre Meinung und ihre Einschätzung wahrgenommen wird. Bereits vor Beginn des Feedback-Prozesses muss dafür gesorgt werden, dass alle beteiligten Personen umfassend über die Zielsetzung, den Ablauf und die Rahmenbedingungen informiert werden. Während der Datenerhebungsphase sollte ein Ansprechpartner für inhaltliche oder technische Rückfragen zur Verfügung stehen.

13.4.5

13

Eigene Stärken und Schwächen bewusst machen

Kommunikation und Information

Umgang mit Feedback

Anders als im Wirtschaftsleben ist Feedback im Sport durchweg positiv besetzt. Sportler sehen darin eine unverzichtbare Quelle, um sich weiterzuentwickeln und erfolgreicher zu werden. Das 360-GradFeedback bietet die Möglichkeit, sich eigene Stärken und Schwächen bewusst zu machen. Aber wie geht man nach der Auswertung richtig mit dem Erfahrenen um und was lernt man daraus? Der Umgang mit Feedback sollte deshalb im Vorfeld geübt und gelernt werden. Ob und in welcher Form der Feedback-Nehmer wiederum die Feedback-Geber darüber informiert, was er aus dem Feedback mitgenommen hat, sollte abhängig von der Zielsetzung entschieden werden (▶ Abschn. 13.3). Das kann im Rahmen von individuellen CoachingGesprächen oder moderierten Workshops erfolgen und ist für den Erfolg der Feedback-Maßnahme von großer Bedeutung.

13.4.6

Konkrete Folgemaßnahmen

Ähnlich wie Befragungen zur Mitarbeiterzufriedenheit ist das 360Grad-Feedback nur dann sinnvoll, wenn auf das Auswertungsergebnis konkrete Maßnahmen und Angebote zur Weiterentwicklung folgen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die durch das Feedback entstandenen Impulse und die Motivation zur gezielten persönlichen Ent-

189

13

13.5 · Befragung mit einem Online-Fragebogen

wicklung ihr »Momentum« aufrechterhalten können. Der zeitliche und finanzielle Aufwand anschließender Entwicklungsmaßnahmen sollte daher schon vor Beginn des Feedbackprozesses sichergestellt werden.

13.5

Befragung mit einem Online-Fragebogen

Beispiel In dem Versicherungskonzern wurde die 360-Grad-Befragung sowohl mithilfe eines Online-Fragebogens als auch mit einer Papier-Bleistift-Version durchgeführt. Alle Teilnehmer hatten beide Möglichkeiten. Im Gespräch und über E-Mail wurden die Teilnehmer der Befragung über das Instrument informiert. Ein externer Berater war Ansprechpartner während der Befragung.

13.5.1

Ablauf bei der Online-Befragung

Die Teilnehmer, die den Fragebogen online durchführten, gelangten über einen passwortgeschützten Link zu dem Fragebogen. Als erstes mussten sie angeben, wen Sie beurteilen wollen und in welchem Verhältnis sie zu der Person stehen (. Abb. 13.1). An der Befragung nahmen Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kollegen und Kunden der zu bewertenden Führungskraft teil. Die Führungskräfte, die sich selber einschätzen sollten, wurden direkt über ihr spezifisches Passwort zu ihrer Version des Fragebogens geleitet. Die Daten wurden anonym erhoben und gelangten über eine sichere Internetverbindung in die Datenbank eines Dienstleisters. Die Berater, die bei der Befragung als Ansprechpartner dienten, konnten die Daten über eine Download-Funktion im Excel-Tabellenprogramm einlesen und nach diversen Kriterien auswerten. > Für diejenigen, die lieber auf Papier schreiben statt am PC, sollte der Fragebogen auch in ausgedruckter Form vorliegen.

Da sich einige Teilnehmer für die Papierversion entschieden hatten, wurden die Papierfragebögen nachträglich von einer Hilfskraft in den Online-Fragebogen übertragen. Dadurch war gewährleistet, dass die Antworten aller Teilnehmer in das elektronisch erstellte Gutachten einfließen konnten.

Passwortgeschützter Link

190

Kapitel 13 · 360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen

. Abb. 13.1. Maske für Feedbacknehmer

13.5.2

13

Instrument

Der benutzte Fragebogen umfasst insgesamt 80 Fragen zu 20 Themenbereichen, die in . Tab. 13.1 beschrieben sind. Um die Akzeptanz des Instrumentes bei den Teilnehmern zu erhöhen, war die Zuordnung der Fragen zu den einzelnen Themenbereichen transparent dargestellt. Die Ausprägungen der einzelnen Merkmale und Verhaltensweisen wurden von den Teilnehmern auf einer 9-stufigen Skala bewertet. Zur Problematik des Maßstabs bei mehreren Beurteilern s. auch Neuberger (2000). Zusätzlich bestand die Möglichkeit, eine Bewertung zu vermeiden, wenn das Merkmal in der eigenen Interaktion mit der Führungskraft keine Relevanz besaß, indem der Teilnehmer »Keine Antwort möglich« auswählte. Die Auswahl des Feldes »Keine Antwort möglich« kann aber auch aus anderen Gründen erfolgen, z. B. weil trotz Zusicherung der Anonymität in kleinen Gruppen die Identität eines Beurteilers eventuell doch festgestellt werden könnte. Um antizipierte negative Konsequenzen zu vermeiden, kann sich ein Teilnehmer für diese Alternative entscheiden. In dem hier beschriebenen Beispiel wurde bei 5% der Fragen die Ausweichentscheidung getroffen.

191

13

13.6 · Der Aufbau einer Feedback-Kultur im Unternehmen

. Tabelle 13.1 Zwanzig Themenbereiche des Online-Fragebogens Nr.

Themenbereich

Nr.

Themenbereich

A

Ziel- & Ergebnisorientierung

K

Kooperation & Networking

B

Markt- & Kundenorientierung

L

Mitarbeiterorientierung & -entwicklung

C

Vision & Strategie

M

Teamführung

D

Innovation & Veränderungsbereitschaft

N

Delegation & Partizipation

E

Tiefe & Breite des Fachwissens

O

Integrität & Vertrauenswürdigkeit

F

Analysefähigkeit & Konzeptentwicklung

P

Initiative & Verantwortungsübernahme

G

Lösung komplexer Probleme

Q

Leistungsmotivation & Engagement

H

Kommunikation & Information

R

Flexibilität & Lernbereitschaft

I

Überzeugungskraft & Durchsetzungsvermögen

S

Selbstkontrolle & Stressverarbeitung

J

Einfühlungsvermögen & interkulturelle Kompetenz

T

Selbstvertrauen & Selbstsicherheit

13.6

Der Aufbau einer Feedback-Kultur im Unternehmen

Die Erfahrung zeigt, dass kulturelle Veränderungen Zeit brauchen. Die Implementierung von Feedback-Prozessen kann den Wandel vorantreiben und zu mehr Offenheit in der Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Führungskraft führen. Beispiel In dem Versicherungsunternehmen existiert bisher kein verpflichtender Feedback-Prozess über alle Hierarchieebenen hinweg. Die Personal- und Führungskräfteentwicklung hat sich entschieden, die Implementierung nicht top-down voranzutreiben, sondern durch positive Resonanzgruppen eine Nachfrage von innen heraus zu erzeugen. Die Feedback-Kultur kann sich so organisch entwickeln, die positiven Erfahrungen von überzeugten Anwendern sorgen für steigendes Interesse und Akzeptanz im Unternehmen.

Eine systematische und schriftliche Rückmeldung auf der Basis des 360-Grad-Feedbacks kann ein erster Schritt zur Etablierung einer Feedback-Kultur im Unternehmen sein. Dafür müssen die Konsequen-

Systematische schriftliche Rückmeldung

192

Kapitel 13 · 360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen

zen des Ergebnises sowohl für Beurteiler als auch für Führungskräfte bekannt und auf Entwicklung statt auf Sanktionen ausgerichtet sein.

13.6.1

Ergebnisbericht

Um die Akzeptanz des Verfahrens zu erhöhen und die Anonymitätszusicherung zu wahren, werden in der Regel externe Berater als Prozessbegleiter herangezogen. In dem hier beschriebenen Beispiel aus einem Versicherungskonzern standen die Berater sowohl während der Durchführungsphase als auch in der Phase der Rückmeldung den Teilnehmern als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Auswertung der Befragung erfolgte im Excel-Tabellenprogramm, die Berater erstellten für jede Führungskraft einen Ergebnisbericht. Ein Auszug des Berichts ist in . Abb. 13.2 dargestellt.

13.6.2 Persönliches Gespräch für konkrete Maßnahmen

13

Rückmeldung und Folgemaßnahmen

Nach Auswertung seines 360-Grad-Feedbacks erhält der FeedbackNehmer eine ausführliche, schriftliche Auswertung, die entweder vom Vorgesetzten, der Personalabteilung oder einem damit beauftragten externen Dienstleister erläutert wird. Oftmals erhält der FeedbackEmpfänger das Feedback vom externen Berater, wobei der externe Berater den Vorgesetzten im Vorfeld über wichtige Erkenntnisse aus dem Report informiert. Vorgesetzter und Feedback-Empfänger leiten dann in einem persönlichen Gespräch konkrete Maßnahmen ab, die dann in den Entwicklungsplan des Feedback-Empfängers aufgenommen werden. Beispiel Im Falle des stellvertretenden Gruppenleiters (s. Bsp. 7 Abschn. 13.3.1) wurden diesem die Details des Ergebnisreports durch den externen Berater erläutert und die wichtigsten Handlungsfelder herausgearbeitet. Der stellvertretende Gruppenleiter hatte dann die Aufgabe, den Report mit seinem Vorgesetzten durchzusprechen, um daraus Maßnahmen abzuleiten. Konkret wurde ein Coaching zur Verbesserung der Durchsetzungsfähigkeit vereinbart. Aufgrund der insgesamt positiven Auswertung erfolgte eine Aufnahme in das Nachwuchskräfteprogramm.

193

13

13.7 · Ausblick

. Abb. 13.2. Auszug aus Ergebnisbericht für Führungskraft

13.7

Ausblick

Unabhängig von den methodischen Mängeln, die jedem Fragebogen, jeder Bewertung immanent sind (s. hierzu auch Neuberger, 2000), leistet das 360-Grad-Feedback einen wichtigen Beitrag zur Kulturver-

Kulturveränderung in Unternehmen

194

Kapitel 13 · 360-Grad-Feedback online bei einem großen Versicherungsunternehmen

Regelmäßiges Aufgreifen der Thematik »Feedback-Kultur«

Technische Neuerungen wichtig

13

änderung in Unternehmen. Kommunikation und Veränderungswille wird bei den Führungskräften angeregt, Mitarbeiter erkennen, dass ihre Rückmeldungen ernst genommen werden. Es soll nicht unterschlagen werden, dass die Bereitschaft, sich zu entwickeln, nicht immer gegeben ist, dass es manchmal schwierig ist, bei Führungskräften Offenheit für ein Feedback zu schaffen. Auch Mitarbeiter und Vorgesetzte beurteilen eine Führungskraft vielleicht nicht immer nach »bestem Wissen und Gewissen«, trotzdem bringt eine strukturierte Rückmeldung über das Verhalten sowohl der beurteilten Person als auch dem Unternehmen einen Gewinn. Mit der Einführung und einem einmaligen Angebot des Instrumentes ist es jedoch nicht getan. Wichtig ist, dass Unternehmensleitung und Personalabteilung in Gesprächen, Workshops, Seminaren und internen Newslettern/Firmenmagazinen regelmäßig das Thema »Feedback-Kultur« aufgreifen und Werbung für das 360-Grad-Feedback machen. Gelingt es, das 360-Grad-Feedback breitflächig im Unternehmen zu etablieren, wird die Qualität der Führung im Unternehmen verbessert. Um das Instrument im Unternehmen systematisch reibungslos und zu überschaubaren Kosten einführen zu können, kann man auf technische Neuerungen wie Online-Fragebögen und automatische Auswertungen nicht verzichten. Betrachtet man ein Unternehmen mit nur 500 Mitarbeitern, davon 100 mit größerer oder kleinerer Führungsfunktion, wird schnell deutlich, dass eine Implementierung eines 360-Grad-Feedbacks manuell und als Papier-Bleistift-Fragebogen nicht realisierbar ist.

Literatur Scherm, M. & Sarges, W. (2002): 360-Grad-Feedback. Göttingen: Hogrefe Verlag.

Neuberger, O. (2000): Das 360-GradFeedback. München: Hampp Verlag.

195

14

Online-Tests in der Führungskräfteentwicklung der Bremer Landesbank Heike Schirm 14.1

Die Bremer Landesbank – 196

14.2

Personalentwicklung in der Bremer Landesbank – 196

14.3

Potenzialdiagnostik in der Bremer Landesbank – 197

14.3.1 14.3.2

Die Verfahren – 197 Die Vorauswahl – 199

14.4

Verwendung von Online-Verfahren in der Bremer Landesbank – 201

14.5

Erfahrungen – 202

14.6

Kosten-Nutzen-Betrachtung – 204

14.7

Ausblick – 204

196

Kapitel 14 · Online-Tests in der Führungskräfteentwicklung der Bremer Landesbank

14.1

Die Bremer Landesbank – keine Filialbank

14

Mit einem Geschäftsvolumen von rund 40 Mrd. Euro in 2006 und ca. 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Standorten Bremen und Oldenburg ist die Bremer Landesbank die größte Regionalbank zwischen Ems und Elbe. Sie nimmt gleichzeitig die Aufgaben einer Landesbank, einer Sparkassenzentralbank und einer Geschäftsbank wahr und stellt sich seit dem Wegfall der Gewährsträgerhaftung im Jahr 2006 dem freien Wettbewerb. Träger der Bremer Landesbank sind die Norddeutsche Landesbank mit einem Anteil von 92,5% am Stammkapital und das Land Bremen mit einem Anteil von 7,5%. Ein Staatsvertrag zwischen den Bundesländern Bremen und Niedersachsen regelt die Stimmrechte. Das Geschäftsgebiet der Bremer Landesbank erstreckt sich über das nordwestliche Bundesgebiet. In ihrem Spezialfinanzierungsgeschäft ist die Bank auch international tätig. Es gibt kein Filialgeschäft, stattdessen steht die Finanzierung komplexer Finanzprodukte im Vordergrund. Folglich sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eher höher qualifiziert. Mitarbeiter werden durch ein Rationalisierungsschutzabkommen vor Personalabbaumaßnahmen geschützt. Das ist einer der Gründe dafür, warum die Verweildauer im Haus überdurchschnittlich hoch ist. Hierdurch kommt der Personalauswahl eine besondere Bedeutung zu. Das Haus ist hierarchisch eher flach: Unter dem Vorstand gibt es in der Regel 2 Funktionen (Gruppen- und Bereichsleitung), in manchen Bereichen 3 (zusätzlich: Abteilungsleitung) unterhalb des Vorstandes. Insgesamt gibt es rund 85 Führungsfunktionen (8,5%). Als Karrierealternativen zur klassischen Führungsaufgabe wurde 2006 eine sogenannte »Fachlaufbahn« eingeführt (rund 15 Funktionen sind vergleichbar einer Führungsaufgabe), für die vergleichbare Auswahlprozesse und Fördermöglichkeiten existieren. Alle Führungskräfte der Bremer Landesbank sind durch ein Management-Audit gegangen. Seit 2005 sind online-gestützte Verfahren im Einsatz, die die bestehenden Verfahren ergänzen. Rund 100 Mitarbeiter haben seitdem an einem online-gestützten Verfahren teilgenommen.

14.2

Mitarbeiterförderung und -entwicklung

Individuelle Unterstützung

Die Bremer Landesbank

Personalentwicklung in der Bremer Landesbank

Förderung von Mitarbeitern und die Begleitung von Teams oder Bereichen bei Veränderungsprozessen haben in der Bremer Landesbank einen hohen Stellenwert. Die personelle und finanzielle Ausstattung ist zufriedenstellend. Diagnostik und Programme zur Nachwuchsbzw. zur Führungskräfteentwicklung sind auf einem hohen Niveau. Insgesamt gibt es je ein Entwicklungsprogramm für Low Potentials, eines für High Potentials, das eine hohe Vorstandsaufmerksamkeit

197

14

14.3 · Potenzialdiagnostik in der Bremer Landesbank

genießt, sowie ein Programm für Führungskräfte, die gerade erst eine Führungsaufgabe übernommen haben. Ein weiteres Programm wendet sich an erfahrene Führungskräfte, die das Instrument der kollegialen Beratung kennenlernen. Rund 1/5 der Führungskräfte hat schon einmal einen Coach in Anspruch genommen; die Akzeptanz dieser Form der individuellen Unterstützung steigt wegen ihres hohen Arbeitsplatzbezuges kontinuierlich an. Allen Maßnahmen gemeinsam ist ein Entwicklungsverständnis, das von einem Wachstumsprozess der ganzen Persönlichkeit ausgeht. Die Maßnahmen sind stark Feedback-orientiert. Die explizite Dokumentation von Stärken und Lernfeldern zieht sich durch alle Instrumente. Nach jeder größeren Maßnahme gibt es Abschlussgespräche über die persönliche Entwicklung. Wenn es um die Zusage von Personalentwicklungsmaßnahmen wie Förderprogramme geht, für die Eingangsvoraussetzungen gelten, besteht immer die Möglichkeit, dass Incentive-Gedanken der Führungskraft eine Rolle spielen. Hier Sicherungsschleifen einzuziehen, ist eine der aktuellen Herausforderungen der Personalentwicklung. Eine weitere Herausforderung liegt darin, die Verbindlichkeit von Entwicklungsvereinbarungen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter zu verdeutlichen. Dieser Ansatzpunkt zur Verbesserung wird durch eine systematische Begleitung aus dem Personalbereich umgesetzt.

14.3

Potenzialdiagnostik in der Bremer Landesbank

14.3.1

Die Verfahren

2001 erfolgte in der Personalentwicklung ein Paradigmenwechsel. Während bis dahin die Leistung eine wesentliche Rolle bei der Vergabe von Funktionen, Titeln, und Personalentwicklungsmaßnahmen spielte, ist seitdem in der Bremer Landesbank eine Potenzialeinschätzung Grundlage jeden Funktionswechsels. Wichtig für das Verständnis des Hauses ist, dass das Ziel dieser Potenzialeinschätzung nicht die Selektion, sondern vielmehr die Entwicklung und deren zielgerichtete Unterstützung von Mitarbeitern ist. Entsprechend werden diese unter dem Oberbegriff »Standortbestimmung« zusammengefasst (. Abb. 14.1). Je nach Hierarchie- bzw. Fachfunktionsebene wird von (einstündigen) Orientierungsgesprächen bzw. (mehrtägigen) Orientierungs- oder Feedback-Centern gesprochen. Die Bremer Landesbank verzichtet explizit auf Verfahren, die den Charakter oder die Persönlichkeitsmerkmale messen. Im Vordergrund stehen Verhaltensweisen und Kompetenzen, die weitestgehend veränderbar sind. Aussagen über Potenzial sind damit nie endgültig, die erneute Teilnahme an einem Verfahren nach einiger Zeit kann durchaus sinnvoll sein, wie mehrfach bewiesen wurde. Ein dezidiertes Stärken- und Schwächenprofil ist Ergebnis jeden Verfahrens, die anschließende, gemeinsame Erstellung eines individuellen Förder- und

Paradigmenwechsel in der Personalentwicklung

Potenzialeinschätzung als Grundlage für Funktionswechsel

Verzicht auf Messung von Persönlichkeitsmerkmalen

198

Kapitel 14 · Online-Tests in der Führungskräfteentwicklung der Bremer Landesbank

. Abb. 14.1. Unterstützung der persönlichen Standortbestimmung durch online-gestützte Verfahren

14

Orientierungscenter

Entwicklungsplanes am Arbeitsplatz ist verbindlich. Neben dem Kandidaten sind die Führungskraft sowie der zuständige Personalentwickler hieran beteiligt. Kernstück der Potenzialdiagnostik sind die Orientierungscenter (. Abb. 14.2). Ein Orientierungscenter ist ein in der Regel 3-tägiges Verfahren, in dem, vom Ablauf her ähnlich einem Assessment-Center, verschiedene arbeitsrelevante Aufgaben durchlaufen werden. Die Besonderheit ist das permanente Feedback durch Peers und Berater sowie ein ausführliches Auswertungsgespräch, in dem ein elektronisch erfasstes Vorgesetzten-Feedback sowie das Ergebnis eines Online-Tests mit einfließen. Im Anschluss wird ein ausführlicher Ergebnisbericht erstellt. Neben der ausführlichen Beschreibung von Stärken und Lernfeldern in 10 Einzelkompetenzen enthält er ein explizites Votum über das Potenzial der Person. Der Bericht wird dem Kandidaten, dem Personalmanagement sowie der Führungskraft zur Verfügung gestellt und außerhalb der Personalakte abgelegt. Ein positives Votum aus einem Orientierungscenter ist Voraussetzung für die Teilnahme am hauseigenen High-Potential-Programm sowie für die Übernahme einer Fach- oder Führungsfunktion. Für interne wie für externe Bewerber gelten ähnliche Zugangsvorausset-

199

14

14.3 · Potenzialdiagnostik in der Bremer Landesbank

. Abb. 14.2. Besetzung von Führungs- und Fachfunktionen

zungen: Für externe Bewerber werden analoge (Einzel-)Verfahren durchgeführt. Orientierungscenter werden von externen Beratern durchgeführt, was eine positive Auswirkung auf die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse hat. In der Vergangenheit warf der Rückgriff auf einen Berater-Pool teilweise Zweifel auf an der Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Heute konzentriert sich die Zusammenarbeit auf 3 ausgewählte Berater mit mindestens 5-jähriger Beobachtungserfahrung, Die Ergebnisse eines Online-Verfahrens sind eine weitere Stütze auf dem Weg zu mehr Vergleichbarkeit.

14.3.2

Die Vorauswahl

In der Vergangenheit hatte die Bremer Landesbank Nachbesserungsbedarf bezüglich der Vorauswahl zu ihren Verfahren. Folgende Ansatzpunkte wurden gefunden, um hier nachzubessern: 1. Unterstützung der Führungskraft bei der Vorauswahl: Nicht alle Führungskräfte differenzieren trennscharf zwischen sehr gutem Leistungsniveau und dem Potenzial für komplexere Aufga-

Nachbesserungsvorschläge

200

Kapitel 14 · Online-Tests in der Führungskräfteentwicklung der Bremer Landesbank

ben auf einer höheren hierarchischen oder fachlichen Ebene. Werden hier Erwartungen in die falsche Richtung geweckt, ist das nicht unproblematisch. Konfliktunwille oder Incentive-Gedanken mögen ebenfalls eine Rolle gespielt haben, wenn Mitarbeiter zu einem Orientierungscenter geschickt wurden, obwohl vielleicht absehbar gewesen wäre, dass die Lernfelder erheblich und das Potenzial begrenzt ist. Weiterhin erzeugt die Teilnahme an einem mehrtägigen Orientierungscenter auf Seiten des Kandidaten (und im Haus!) immer eine hohe Erwartungshaltung. Dies kann schnell demotivierend wirken. Um dem vorzubeugen ist es wichtig, eine Vorauswahl zeitnah und vergleichsweise diskret treffen zu können. 2. Richtiger Zeitpunkt:

Unabhängig von der Art der Kommunikation im Vorwege beeinflusst die Teilnahme an einem Verfahren Erwartungen seitens der Kandidaten. Wird einer Person Potenzial bescheinigt, aber Folgeschritte sind noch nicht möglich, steigt die Abwanderungsgefahr. Wird jemand zu spät entsandt, fehlt unter Umständen der Vorlauf, sich optimal auf einen Funktionswechsel vorzubereiten. Hier ist es wichtig, lange Wartelisten gar nicht erst entstehen zu lassen und Erwartungen über ein schlankes Verfahren zu steuern. 3. Realistische Einschätzung des Wertemusters:

Orientierungsgespräche zur Vorauswahl

14

Gespräche über Werthaltungen von Mitarbeitern sind nicht die Regel. Immer wieder stellt sich in Gesprächen heraus, dass Führungskräfte ihren Mitarbeitern unterstellen, der klassischen Karriere einen ähnlichen Stellenwert beizumessen wie sie selbst. Das trifft keinesfalls zu. Hier ein gemeinsames Verständnis über Motivatoren zu entwickeln, ist ein wesentlicher Baustein in Richtung Motivation der Mitarbeiter. Nach 4 Jahren Erfahrung war es an der Zeit, ein valides, schlankes und diskretes Verfahren zu finden, mit dessen Hilfe die Vorauswahl zu Orientierungscentern noch verbessert werden konnte. Seit 2005 arbeitet die Bremer Landesbank deshalb mit sogenannten Orientierungsgesprächen. Hier werden die Ergebnisse eines webbasierten Beispiel Ein Kandidat wies nach Teilnahme ein überdurchschnittliches Stärkenprofil auf, seine Teilnahme an weiterführenden Maßnahmen schien gesetzt, er wurde vom Haus bereits hoch gehandelt. Erst nach Wochen kam es endlich zu einem Auswertungsgespräch, in dem er eine weitere Förderung ablehnte. Sein persönlicher Schwerpunkt lag auf ausreichend Zeit für seine privaten Verpflichtungen, was er mit einer Führungsaufgabe als nicht vereinbar einschätzte. Hier hätten vergleichsweise hohe Kosten und viel Zeit, vor allem aber ein unnötiger Erwartungsdruck auf den Mitarbeiter vermieden werden können, wenn seine Motivatoren von vorneherein bekannt gewesen wären.

201

14

14.4 · Verwendung von Online-Verfahren in der Bremer Landesbank

Verfahrens hinsichtlich Talent, aber auch hinsichtlich Motivation besprochen. Je nach Ergebnis schließt sich die Teilnahme an einem Orientierungscenter an, wo die Ergebnisse weiter vertieft werden. Für die Übernahme einer Vertretungsfunktion auf Gruppen- oder Abteilungsleitungsebene ist die Teilnahme am Orientierungsgespräch verbindlich.

14.4

Verwendung von Online-Verfahren in der Bremer Landesbank

Online-Verfahren wurden eingeführt, um die hauseigenen Verfahren weiter zu objektivieren, aber auch, um eine optimalere Nutzung von Ressourcen zu ermöglichen. Der Entwicklungsgedanke sowie der hohe Feedback- und Gesprächsanteil wurden explizit fortgeschrieben. Somit war gleich zu Beginn klar, dass das Online-Verfahren immer durch einen persönlichen Kontakt ergänzt werden würde. Die Auswahl fiel auf die Produkte der Firma CNT, Hamburg, die den CAPTain online (7 Kap. 12) entwickelt hat: Dieser Online-Fragebogen misst Verhaltensweisen am Arbeitsplatz. Die Ergebnisse sind wissenschaftlich haltbar, die DIN-Zertifizierung garantiert eine Mindestqualität. Drei Online-Verfahren kommen bei der Bremer Landesbank zum Einsatz: > Die Unabhängigkeit von Zeit und Ort durch die individuelle Passwortvergabe ist für die Kandidaten besonders komfortabel und erhöht ihre Motivation zur Testdurchführung. Beispiel 1. Ein Verfahren erfasst Verhaltensweisen am Arbeitsplatz. Das Testergebnis ist ein grafisches Profil, bei dem zu insgesamt 38 Kriterien Aussagen getroffen werden. 2. Ein weiterer Fragebogen erfasst die wesentlichen Motivatoren, die derzeit den persönlichen Arbeitseinsatz beeinflussen. Insgesamt sind 14 verschiedene Motivatoren hinterlegt, die in eine Rangreihe gebracht werden. Auch hier ist das Ergebnis ein grafisches Profil. Zielgruppe dieser beiden Tests sind vor allem Mitarbeiter, die über einen ersten Funktionswechsel (Fach- oder Führungsfunktion) nachdenken. Bei beiden Verfahren sind elektronische Standardauswertungen grundsätzlich möglich, werden aber im Haus aus Akzeptanz – aber auch aus Gründen der Vollständigkeit – nicht verwendet. Weiterhin fallen diese Auswertungen sprachlich etwas ab, weil das Prinzip der Textbausteine doch stark erkennbar ist und scheinbare Widersprüche nicht aufgeklärt werden. Die grafischen Darstellungen jedoch sind eine hervorragende 6

Einführung von Online-Verfahren

202

Kapitel 14 · Online-Tests in der Führungskräfteentwicklung der Bremer Landesbank

Gesprächsgrundlage für das Personalmanagement sowie die zuständige Führungskraft. 3. Der dritte Test erfasst Management-Know-How. Hier sind erfahrene Führungskräfte die Adressaten. Er wird eingesetzt für Personen, die bereits vor 2–3 Jahren in einem Verfahren Führungspotenzial bestätigt bekommen haben und jetzt noch einmal ihr Talent und ihre Stärken validieren wollen, weil sie sich für eine Abteilungsleitungsfunktion interessieren. Hier wird die elektronische Auswertung verwendet. Sprachlich sind die Auswertungen auf hohem Niveau, der Text ist gut gegliedert. Hier fällt der Grundgedanke der Ressourcenoptimierung ins Gewicht, da es bereits Informationen über den Kandidaten im Haus gibt, die mit den neuen Ergebnissen abgeglichen werden können. Ein Auswertungsgespräch ist fakultativ. Auf der nächst höheren Ebene sind keine Online-Verfahren im Einsatz.

Beispiel

14

Die Standortbestimmungen bei der Bremer Landesbank sind mehrstufig. Rund 30 ausgewählte Mitarbeiter haben derzeit pro Jahr die Gelegenheit zur Teilnahme an einem sog. Orientierungsgespräch. Die Meldung erfolgt über die Bereichsleitung. Dem Kandidaten wird per E-Mail ein Passwort verschickt, mit dessen Hilfe er sich zu einem Zeitpunkt seiner Wahl in den Server der Firma CNT einloggen kann. Der ca. 1,5-stündige Test ist 2-teilig: Während im ersten Teil Selbstbild und Fremdbild über Verhaltensweisen am derzeitigen Arbeitsplatz abgefragt werden, werden im zweiten Teil die Motivatoren der Person gemessen. Die Testergebnisse sind die Grundlage für ein rund 1-stündiges Auswertungsgespräch zwischen Berater, Personalentwicklung und Kandidat. Die Testergebnisse werden besprochen, insbesondere Abweichungen und Auffälligkeiten werden hinterfragt. Im Anschluss wird ein Protokoll des Gesprächs erstellt und Kandidat und Führungskraft übermittelt. Es endet mit einem Votum, ob die weitere Überprüfung des Potenzials hinsichtlich Fach- oder Führungsfunktion sinnvoll ist.

14.5

Erfahrungen

Bisher haben 75 Personen an einem Online-Verfahren teilgenommen. Insgesamt gab es sehr wenig Widerstand gegen ein onlinegestütztes Verfahren: Lediglich eine Person konnte von einer Teilnahme nicht

203

14

14.5 · Erfahrungen

überzeugt werden, auf diese Art und Weise Informationen über sich zu sammeln. Was als »Fragebogen« angekündigt wird, wirkt zunächst gewöhnungsbedürftig: Die Fragen sind als Alternativfragen formuliert, es ist nicht transparent, welche Kompetenz gerade gemessen wird. Eine Vorbereitung auf das Verfahren ist ebenfalls unmöglich. Diese Tatsachen irritieren zunächst, haben aber noch keine wesentlichen Widerstände ausgelöst. Für viele ist eine elektronisch erstellte Einschätzung befremdlich. Die Wissenschaftlichkeit sowie die DIN-Zertifizierung des Tests sind ein wesentliches Argument für die Glaubwürdigkeit. Noch wichtiger ist jedoch das Auswertungsgespräch für die Akzeptanz des Ergebnisses: Die Möglichkeit, Stellung beziehen zu können ist wesentlich für das Gefühl, Einfluss nehmen zu können. Neben dieser eher emotionalen Ebene ist jedoch auch entscheidend, dass nur durch Rückfragen extreme Ausschläge, Abweichungen oder scheinbare Widersprüche aufgeklärt werden können. Die Betrachtung der eigenen Motivatoren dient nicht nur der eigenen Klarheit, sondern kann auch Argumentationshilfe im Gespräch mit der zuständigen Führungskraft sein. Wichtig ist auch hier wieder der Hinweis, dass Motivatoren Ausdruck der derzeitigen Arbeits- und Lebensumstände und somit variabel sind. Insgesamt betrachtet hat der Gesprächsbedarf nach den Verfahren deutlich zugenommen. Ein Verfahren, das sich nicht durchschauen lässt und bei dem am Ende ein gültiges Ergebnis steht, wäre ohne ein anschließendes Auswertungsgespräch ohne Akzeptanz. Sehr viele Profile enthalten aber auch Auffälligkeiten wie Ausreißer oder Widersprüche. Diese können nur zusammen mit dem Kandidaten aufgeklärt werden. Häufig haben Sie Ihre Ursache in Einflussgrößen, die außerhalb der Person liegen, und müssen identifiziert werden. Die Ergebnisberichte heute sind deutlich klarer und rufen recht unterschiedliche Reaktionen hervor. Während Führungskräfte die Trennschärfe überzeugt, ist insbesondere bei Kandidaten mit abweichendem Selbst- und Fremdbild das Gegenteil der Fall. Die Plastizität der Berichte mag am Autor liegen, hängt mit Sicherheit aber auch davon ab, dass der Validität der online gemessenen Ergebnisse viel Gewicht gegeben und entsprechend mutig formuliert wird. Entscheidend ist hier die Reaktion der Führungskraft auf die Resonanz des Berichtes: Jedes Verfahren endet mit dem Transfer der Ergebnisse in den Arbeitsalltag. Das geht nur, wenn die Führungskraft außer den Ergebnissen auch die Wirkung auf den Mitarbeiter kennt. Auch dies erfordert persönlichen Kontakt. Der Einsatz des Online-Management-Checks ist bisher unkritisch, was vielleicht auch an der geringen Zahl der bisher durchgeführten Verfahren liegt. Da Führungskräfte der Bremer Landesbank, zumindest wenn es sich um Nachwuchs aus den eigenen Reihen handelt, den Umgang mit Feedback gewohnt sind und auch wissen, dass es auf das frühere Verfahren aufbaut, ist dies vielleicht eine weitere mögliche Erklärung.

Der Fragebogen

Das Auswertungsgespräch

Die Ergebnisberichte

Transfer in den Arbeitsalltag

204

Kapitel 14 · Online-Tests in der Führungskräfteentwicklung der Bremer Landesbank

> Trotz aller Vorteile, der gecoachte Mitarbeiter muss auch nach dem Testverfahren und der Auswertung seiner Persönlichkeit noch bereit sein, sich und seine Führungsqualitäten weiterzuentwickeln.

14.6

Kostenanstieg durch Einsatz von Online-Verfahren

Das Ziel, die Vorauswahl deutlich zu verbessern, ist erreicht worden. Die Qualität in den Orientierungscentern hat sich deutlich erhöht. Teilweise wird es regelrecht schwierig, die zur Verfügung stehenden Plätze in einem Haus der Größe der Bremer Landesbank zu vergeben. Die Zahl der möglichen Kandidaten für das High-Potential-Programm sind ebenfalls rückläufig, die Mindestteilnehmerzahl droht in diesem Jahr unterschritten zu werden. Effektiv ist der Einsatz des vollständigen Online-Verfahrens auf Abteilungsleiterebene. Da bereits von früheren Verfahren Ergebnisse vorliegen, geht es hier nur um die Dokumentation von Veränderungen. Hier sind Kosten und zeitliche Investition eher gering. Dieses Verfahren wird jedoch nur selten angewendet. Durch den Einsatz von Online-Verfahren sind insgesamt gesehen die Kosten in der Führungskräfteentwicklung gestiegen, da sie die bestehenden Verfahren ergänzen. Für die Bremer Landesbank lohnt sich dennoch die Investition, 5 da Entwicklung jetzt noch zielgerichteter gefördert werden kann und 5 weil Mitarbeiter geschützt werden.

14.7

14

Entscheidende Erfolgskriterien

Kosten-Nutzen-Betrachtung

Ausblick

Jedes Instrument steht und fällt mit seiner Anwendung. Aus Sicht der Bemer Landesbank sind folgende Erfolgskriterien für die Nutzung onlinegestützter Verfahren entscheidend: 5 Von vornherein besteht Einigung darüber, welche Konsequenzen ein bestimmtes Verfahren nach sich zieht. 5 Erfolgskritisch für Benennung von Kandidaten ist die Vorauswahl und damit die Differenzierung zwischen Potenzial- und Leistungsträgern. Beide Zielgruppen sind »wechselwilliger« als andere Mitarbeiter im Unternehmen und fordern die Führungskraft zu einer angemessenen Reaktion heraus. Der Vorteil von onlinegestützten Verfahren liegt eindeutig darin, einer größeren Anzahl von Mitarbeitern Zugang zu diagnostischen Verfahren zu ermöglichen und hier kurzfristig für Zufriedenheit zu sorgen. Schwierig wird es jedoch, wenn das erzielte Ergebnis von den Erwartungen des Kandidaten abweicht. Hier ist die Führungskraft gefordert, die Personalentwicklung muss hier beraterisch tätig sein.

205

14

14.7 · Ausblick

5 Ein onlinegestütztes Verfahren allein senkt die Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses und dadurch die Akzeptanz der Kandidaten bzw. der Führungskräfte. Insbesondere bei Verfahren, die Verhaltensweisen am Arbeitsplatz messen, ist es wichtig, Auffälligkeiten zu hinterfragen: Welche außerhalb der Person liegenden Gründe haben das gezeigte Verhalten beeinflusst? Erst dann lässt sich entscheiden, ob die gezeigte Verhaltensweise stabil ist. Die Dokumentation von Stärken und Lernfeldern kann in der Personalentwicklung immer nur der erste Schritt sein. Entscheidend ist ein Gespräch insbesondere über Einflussmöglichkeiten, um Lernerfolge zu bewirken. Hierbei spielen die Führungskräfte eine entscheidende Rolle, da sie Zugang zu Ressourcen maßgeblich beeinflussen können. Deshalb müssen auch sie das Ergebnis verstehen, um hier eine solide Lernpartnerschaft mit ihrem Mitarbeiter eingehen zu können. > Mit einem effektiven Personalentwicklungsprogramm und vielfältigen Möglichkeiten lassen sich Mitarbeiter besonders gut an ein Unternehmen binden.

Solide Lernpartnerschaft

V

Weitere Einsatzbereiche Kapitel 15

Einführung: Weitere Einsatzbereiche für Online-Tests – Angebote für Privatkunden – 209 Heinke Steiner

Kapitel 16

Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests – 213 Susanne Winkelmann, Ulla Britt Siebrecht

Kapitel 17

Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens – 231 Daniela Spahr, Adela Burkhardt, Rahel Sahli

Kapitel 18

Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich – 247 Gesa Krämer

209

Einführung: Weitere Einsatzbereiche von Online-Tests – Angebote für Privatkunden Heinke Steiner 15.1

Karriereberatung – 210

15.2

Self-Service bei Portalen – 210

15.3

Interkulturelles Training – 211 Literatur – 212

15

210

Kapitel 15 · Einführung: Weitere Einsatzbereiche von Online-Tests – Angebote für Privatkunden

Nachdem in den vorangegangen Praxiskapiteln Unternehmen im Vordergrund standen, geht es in den nächsten 3 Kapiteln mit Beispielen aus dem »privaten« Bereich weiter. Privat bedeutet dabei lediglich, dass der Anstoß für Entwicklung von der Privatperson kommt und nicht in institutionellem Rahmen, wie einem Unternehmen, erfolgt. Immer mehr Menschen erkennen, dass sie sich selbst weiterentwickeln müssen, dass sie für ihr Leben und die Zufriedenheit am Arbeitsplatz selbst verantwortlich sind. Um diesem Bedürfnis Rechnung zu tragen, sind zahlreiche Online-Angebote für Privatkunden entstanden. Im Folgenden werden ein paar Beispiele skizziert, die in den nächsten Kapiteln ausführlicher beschrieben werden. Dabei wird der Privatkunde je nach Situation als Klient, User oder Teilnehmer beschrieben.

15.1

Unterstützung bereits im Berufsleben

15

Karriereberatung

Nicht nur Unternhemen müssen sich auf veränderte wirschaftliche Bedingungen einstellen, sondern auch jeder einzelne Akteur auf dem Arbeitsmarkt muss Veränderungsbereitschaft zeigen, um langfristig am Wirtschaftsleben teilhaben zu können. Eine Branche, die dadurch einen starken Auftrieb erlangt hat, ist die Karriereberatung. Karriereberater nehmen dabei nicht mehr die Rolle eines Bewerbungstrainers ein, wenn eine Person arbeitslos geworden ist, sondern verstehen sich als Partner, der die Klienten bereits im Berufsleben unterstützt. Dabei geht es um Hilfestellungen bei persönlichen Laufbahnentscheidungen, bei Neuorientierung oder Sinnsuche im Beruf oder in der Tätigkeit, die ausgeübt wird. Dabei benötigen Karriereberater immer mehr psychologische Kenntnisse, um ihre anspruchsvollen Klienten kompetent beraten zu können. Psychologische Testverfahren unterstützen in diesem Punkt die Arbeit der Berater in erheblichem Maße. In ▶ Kap. 16 wird an einem konkreten Fallbeispiel gezeigt, wie Karriereberatung mit Einsatz von Online-Tests zu einer erfolgreichen beruflichen Neuorientierung geführt hat. Es werden die einzelnen Schritte/Meilensteine in der Beratung beschrieben und das Testverfahren vorgestellt, das in diesem Fall zum Einsatz kam.

15.2

Self-Service bei Portalen

Online-Tests können von Privatpersonen jedoch nicht nur im Rahmen von Coachings genutzt werden. Zahlreiche Internetportale oder Homepages bieten kostenlose oder kostenpflichtige Online-Tests für Privatpersonen an. Jeder kann so seine Stärken und Schwächen testen

211

15

15.3 · Interkulturelles Training

oder seine Potenziale für diverse Positionen wie Führung, Vertrieb, Einkauf. Damit wird dem gestiegenen Beratungsbedarf von Schulabgängern und Bewerbern, aber auch Angestellten, die sich in ihren jeweiligen Positionen verbessern möchten, Rechnung getragen (Kirbach, Montel, Oenning & Wottawa, 2004). Manche dieser Tests werden von anerkannten Anbietern bereitgestellt, andere sind eher als Quiz zu betrachten und gelten eher dem Zeitvertreib als der Selbsterkenntnis. Die Stiftung Warentest (2007) hat zahlreiche Angebote hinsichtlich der Hilfe bei der Berufswahl untersucht und sowohl bei den kostenpflichtigen als auch bei den kostenlosen Tests gute Angebote festgestellt. Aber selbst, wenn der Nutzen für potenzielle Bewerber nicht immer in Form eines validen Ergebnisberichtes gegeben ist, kann das Angebot für ein Portal attraktiv sein. In jedem Fall steigern die Testverfahren die Zugriffszahlen auf die entsprechenden Webseiten, was gerade bei Portalen ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, da sich daraus die Werbeeinnahmen generieren.

Beurteilung Stiftung Warentest

In ▶ Kap. 17 wird gezeigt, wie ein Fernsehsender seine Zuschauer über sein Internetportal stärker bindet. Online-Tests spielen dabei eine wichtige Rolle, weil sie interaktiv sind, interessante Themen aufgreifen und die Ergebnisse eine hohe Aussagekraft für die Nutzer haben. In dem Beitrag werden einige Testverfahren aus dem Gesamtangebot vorgestellt und der Nutzen einerseits für den User und andererseits für das Portal des Schweizer Fernsehens aufgezeigt.

15.3

Interkulturelles Training

Es gibt zahlreiche Gründe, weshalb interkulturelle Kompetenz in unserer Gesellschaft von großer Bedeutung ist. Unternehmen, kleine wie große, bewegen sich auf einem globalen Markt: der Einkauf erfolgt international, produziert wird dort, wo die Kunden sind, verkauft wird in alle Welt. Das bringt Potenziale für Unternehmen mit sich und Herausforderungen für die Mitarbeiter. Der Einkäufer steht beispielsweise vor der Situation, dass er seine Ware in China einkaufen muss, das bedeutet in der Regel, dass sich beide Seiten in einer ihnen fremden Sprache verständigen müssen. Zudem bringt jeder seine eigene Verhandlungskultur und seine eigenen Umgangsformen mit. Und der Vorgesetzte erwartet, dass man erfolgreich verhandelt. Um in dieser Situation erfolgreich zu agieren, erfordert es ein hohes Maß an interkultureller Kompetenz. Unter den Begriff »Interkulturelle Kompetenz« werden dabei zahlreiche Verhaltens- und Haltungsfacetten subsummiert: Offenheit, Zugehen auf den Geschäftspartner, Neugier,

Unterschiedliche Verhandlungskultur und Umgangsformen

212

Kapitel 15 · Einführung: Weitere Einsatzbereiche von Online-Tests – Angebote für Privatkunden

Kenntnisse über Zielkultur wichtig

Respekt u. a. Um sich für die Aufgabe zu wappnen, kann der Mitarbeiter warten, bis das Unternehmen ihn weiterbildet, oder er kann selbst die Initiative ergreifen und mehr über die Kultur des Geschäftspartners in Erfahrung bringen. Aber auch der private Bereich ist immer mehr von Internationalität geprägt, sei es durch Reisen in fremde Länder, beruflichen Auslandsaufenthalt oder Auswanderung. In all diesen Fällen ist es hilfreich, wenn Kenntnisse über die Zielkultur vorhanden sind, aber auch eine generelle Bereitschaft, sich mit einer neuen Kultur zu befassen und sie zu akzeptieren, ohne sich dabei selbst zu verleugnen (Krämer & Nazarkiewicz, 2008). Der Praxisteil schließt mit einem Beitrag über den Einsatz eines Online-Tests im Rahmen eines interkulturellen Trainings (▶ Kap. 18). Die Autorin, Trainerin für interkulturelle Kompetenz, zeigt den Stellenwert von interkultureller Kompetenz in einem globalen Wirtschaftsumfeld auf. Die Mitarbeiter auf internationale Aufgaben vorzubereiten, ist für Unternehmen in Deutschland von besonderer Bedeutung. Es ist fast kein Unternehmen denkbar, das ohne Kontakte zu ausländischen Geschäftspartnern erfolgreich agieren kann. Vor diesem Hintergrund bekommt das Training von interkultureller Kompetenz allgemein, also nicht im Hinblick auf eine bestimmte Kultur, einen hohen Stellenwert. Im Unterschied zu kulturspezifischen Trainings/Vorbereitungen geht es hierbei um »tiefere« Faktoren. Es geht um Offenheit, Respekt, Neugier und vieles mehr. Ein Online-Testverfahren, das diese grundlegenden Persönlichkeitsfaktoren erfasst, wird in dem Kapitel vorgestellt. Es wird dargelegt, wie die Diagnose dieser Merkmale im Vorfeld das Training unterstützt und effektiver macht.

15

Literatur Kirbach, C., Montel, C., Oenning, S. & Wottawa, H. (2004). Recruiting und Assessment in Internet. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Krämer, G. & Nazarkiewicz, K (2008). Arbeiten im Ausland. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag.

Stiftung Warentest (2007). Zwei Eignungstests für Jugendliche »sehr gut«: Finanztest, Ausgabe 4, S. 11.

213

Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests Susanne Winkelmann, Ulla Britt Siebrecht 16.1

Was ist Karriereberatung? – 214

16.1.1

Bewerbung, Laufbahn- und Karriereplanung – 214

16.2

Ablauf einer Karriereberatung im Allgemeinen – 215

16.2.1 16.2.2

Was bedeutet es, Karriere zu machen und erfolgreich zu sein? – 215 Der Coachingprozess – 216

16.3

Praxisbeispiel: Karriereberatung bei beruflicher Neuorientierung – 216

16.3.1 16.3.2 16.3.3 16.3.4 16.3.5 16.3.6 16.3.7

Beschreibung Ausgangssituation/Vorgeschichte – 216 Welche Ziele/Veränderungen angestrebt werden – 217 Persönliche Standortanalyse – 218 Eigenmotivation – 219 Idealvorstellung von Arbeit – 219 PAPI-Profil und Interpretation – 220 Erarbeitung eines Handlungsleitfadens/Strategie – 224

16.4

Darstellung des »Personality and Preference Inventory« (PAPI) – 225

16.5

Wie hilfreich war der Einsatz des Testverfahrens? Eine Kosten-Nutzen-Analyse – 228

16.6

Zusammenfassende Betrachtung – 229 Weiterführende Literatur – 229

16

214

Kapitel 16 · Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests

16.1

Gründe für ein Beratungsgespräch

Was ist Karriereberatung?

Der Begriff Karriere hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Umschrieb er früher den Weg vom Mitarbeiter zur Führungskraft, so wird er heute weiter gefasst. Karriere wird als individuelle Entwicklung im beruflichen Kontext beschrieben, ohne dass Führungshierarchien eine Rolle spielen. Karriereberatung unterstützt Menschen, sich beruflich erfolgreich zu entwickeln. Menschen mit folgenden Themen kommen häufig in die Beratung: 5 Unzufriedenheit mit der derzeitigen beruflichen Situation, 5 Zweifel an Beruf oder Arbeitgeber, 5 Mangel an Weiterentwicklungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz, 5 Suche nach neuen Perspektiven, 5 Lust auf etwas Neues ohne genau zu wissen worauf, 5 Wunsch nach Veränderung des Firmenprofils bei Selbstständigen. In den Beratungssitzungen, auch Coaching genannt, werden 5 die Ursachen der Unzufriedenheit ergründet, 5 die persönlichen Stärken, Schwächen und Interessen identifiziert, 5 Wünsche und Ziele definiert und 5 Schritt für Schritt in die Realität umgesetzt.

16.1.1 Neue Anforderungen im Berufsleben

16

Bewerbung, Laufbahn- und Karriereplanung

Früher war das Berufsleben geregelt und planbar. Die richtige Ausbildung, ein guter Studienabschluss, ein strategisch geplanter Wechsel von verschiedenen Positionen – und plötzlich entwickelte sich die eigene Laufbahn »fast von selbst«. Heutzutage gibt es diese Entwicklung fast kaum noch. Die Marktentwicklungen sind nicht kalkulierbar, plötzliche Fusionen und Übernahmen führen zu Stellenstreichungen und machen die Karriereplanung zu einer Herausforderung mit vielen unvorhersehbaren Faktoren. Konkret bedeutet das für den Einzelnen: Ein gutes Selbstmanagement, Flexibilität und Eigeninitiative werden in der heutigen Berufswelt immer wichtiger. Dabei wird das Risiko, sich auf Institutionen, Karrierepläne und Arbeitgeber zu verlassen, selten erkannt. Erst wenn die Karriere stockt, die Motivation abhanden gekommen ist, es Ärger mit Vorgesetzten oder Kollegen gibt oder wenn der Job weg ist, holen sie Expertenhilfe. > Nutzen Sie die professionelle Unterstützung eines Coaches frühzeitig, wenn die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz beginnt und nicht erst, wenn Sie ein Burnout erleben.

215

16

16.2 · Ablauf einer Karriereberatung im Allgemeinen

Der Coach wird häufig erst um Hilfe gebeten, wenn sich die Klienten in einer beruflichen Krise oder Umbruchsituation befinden, der sie selbst nicht mehr Herr werden.

Gründe für die Inanspruchnahme eines Coachings

Gründe für das Aufsuchen eines Karrierecoaches 5 5 5 5 5

Arbeitslosigkeit oder drohende Arbeitslosigkeit Unzufriedenheit mit dem Vorgesetzten Mobbing am Arbeitsplatz Suche nach Sinnhaftigkeit Berufseinstieg

Für alle gilt: Häufig sind mehrere Alternativen oder Ideen vorhanden, jedoch besteht eine Unsicherheit, welche die richtige ist. Entscheidungshilfe wird benötigt. Coaching ermutigt, regt an und gibt neue Denkanstöße, wie das Berufsleben oder die Karriere langfristig neu gestaltet werden kann. Gemeinsam arbeiten Klient und Coach heraus, was der Klient will und wie er sein Ziel schnell und effektiv erreicht: Der Coach unterstützt den Klienten bei der Planung der notwendigen Handlungsschritte und erarbeitet mit ihm Lösungsansätze. Er achtet darauf, dass der Klient auf dem richtigen Kurs bleibt. Der Klient gewinnt Klarheit und Durchblick und kann die Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten.

16.2

Ablauf einer Karriereberatung im Allgemeinen

16.2.1

Was bedeutet es, Karriere zu machen und erfolgreich zu sein?

Joanne Rowling (Autorin von »Harry Potter«) antwortete auf die Frage nach dem Rezept für Erfolg: »Erstmal herauszufinden, was man am liebsten tut, und als nächstes jemanden finden, der einen dafür bezahlt.« Eine wichtige Voraussetzung ist, an sich selbst zu glauben und das, was man erreichen möchte, ernst zu nehmen. Sich klare und konkrete Ziele stecken und sie in die Tat umsetzen. Notwendig sind die entsprechenden Talente und Fähigkeiten, Entschlossenheit und der unbedingte Wille zum Erfolg. Wie sieht ein Karrierecoaching nun konkret aus? Welche Schritte sind notwendig, um das eigene Ziel zu erreichen?

Denkanstöße

Klare und konkrete Ziele

216

Kapitel 16 · Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests

16.2.2 Inhalte Coachingsprozess

Der Coachingprozess

Jedes Coaching wird individuell gestaltet. Zunächst geht es darum, die Erwartungen des Klienten abzuklären. Wertschätzung, Akzeptanz und aktives Zuhören sind wichtige Grundvoraussetzungen für einen konstruktiven Veränderungsprozess. Dabei unterstützt eine kooperative und entspannte Atmosphäre. Es handelt sich um eine Lernsituation, wo dem Klienten Schutzraum geboten wird, in dem er weder negative Konsequenzen noch Sanktionen auf seine Äußerungen zu befürchten hat. > Beim Coaching geht es darum, dem Klienten neues Wissen an die Hand zu geben, damit er in Zukunft seine Probleme selbst lösen kann.

Ziele der Beratung

16

Im Karrierecoaching (. Abb. 16.1) werden die beruflichen und privaten Kompetenzen optimiert und weiterentwickelt. Welche Veränderungen sind notwendig, um das neue Ziel zu erreichen? Der Zielfindungsprozess gilt als Kernstück des Coachings. Die einzelnen Etappen und Fragestellungen werden in . Tab. 16.1 dargestellt.

16.3

Praxisbeispiel: Karriereberatung bei beruflicher Neuorientierung

16.3.1

Beschreibung Ausgangssituation/ Vorgeschichte

Der Klient war zum Zeitpunkt des Coachings in einer Unternehmensberatung tätig und stand vor der Entscheidung, in der jetzigen Firma zu bleiben und dort weitere Verantwortung zu übernehmen oder sich im Bereich Unternehmensberatung und Trainings/Coaching selbstständig zu machen. Er verfügt über langjährige Berufserfahrung in der Beratung und hat sich ein breites Repertoire an Methoden und Wissen angeeignet. Das stelle für ihn ein Problem dar, da er meinte, sich im Falle der Selbstständigkeit auf ein Kerngebiet konzentrieren zu müssen. Grundsätzlich liegen gesicherte Lebensverhältnisse vor und es herrscht eine generelle Grundzufriedenheit und Ausgeglichenheit vor. Dennoch ist die aktuelle Situation von innerer Unzufriedenheit und einer emotionalen Anspannung geprägt. Er hat häufig das Gefühl, dass »noch mehr drin ist im Berufsleben, etwas Besonderes«. Das Kernproblem hierbei ist, dass Herr M. die Komplexität des bisher Erreichten und seine offensichtlich breitgefächerten Fähigkeiten und Möglichkeiten schwer fassen und sortieren kann. Zunächst wurde gemeinsam mit dem Klienten der Prozess in einem Brainstorming erörtert. Brennpunkte: Wie könnte die Strate-

16

217 16.3 · Praxisbeispiel: Karriereberatung bei beruflicher Neuorientierung

R Was habe ich bisher getan? Was kann ich? Ressourcen

A x

Wo will ich hin? Ziel

Wie werde ich vorgehen? Strategie

Wo stehe ich heute? Ausgangspunkt

H

S

Was bleibt zu tun? Handlung, Lösung

I

Z

Was bedeutet das für mich? Bin ich bereit, die Konsequenzen zu tragen? Integration von Widerständen

. Abb. 16.1. Prozessablauf einer Karriereberatung

. Tabelle 16.1. Etappen und Fragestellungen des Coachings Etappen des Coachings

Fragestellungen

Motivationsanalyse

Mit welchem Anliegen kommt der Klient in die Beratung? Was sind die Erwartungen?

Persönliche Ist-Analyse

In welcher aktuellen beruflichen und persönlichen Situation befindet sich der Klient?

Analyse der Ressourcen

Welche Ressourcen (Stärken und Fähigkeiten) bringt der Klient mit? Welche Ressourcen sind für die Zielerreichung erforderlich?

Kosten-Nutzen-Analyse/ Integration von Widerständen

Was wird sich durch die Zielerreichung im Leben verändern? Welche Vor- und Nachteile (Kosten/Nutzen) ergeben sich? Ist der Klient bereit, die Verantwortung für die Konsequenzen (positive und negative) zu übernehmen? Sind ihm die Auswirkungen überhaupt bewusst?

Motivation für den Veränderungsprozess

Wie groß ist seine Veränderungsbereitschaft? Welche Werte sind mit der Zielerreichung verknüpft?

Handlungsstrategie

Meilensteine festlegen: Was soll kurz und mittelfristig erreicht werden? Welche einzelnen Zwischenschritte sind notwendig und müssen bis wann in die Tat umgesetzt werden?

Abschluss

Wurden die Ziele erreicht? Können die gelernten Strategien in den Alltag transferiert werden?

gie zur Erreichung seines beruflichen Optimum-Szenarios aussehen; welche einzelnen Schritte sind zur Umsetzung notwendig?

16.3.2

Welche Ziele/Veränderungen angestrebt werden

Ziel war es, zunächst zu entscheiden, ob er sich selbstständig macht oder seinen jetzigen Arbeitsplatz beibehält. Sollte er sich für die Selbstständigkeit entscheiden, gilt es im Coachingprozess zu klären, welche konkreten Leistungen er anbietet und

218

Kapitel 16 · Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests

sein USP (unique selling proposition) herauszuarbeiten, um sich klar am Markt zu positionieren.

16.3.3 Bewusstes Wahrnehmen

16

Persönliche Standortanalyse

Wir haben uns für den Einsatz des Selbstbeschreibungsverfahrens »Personality and Preference Inventory« (PAPI) entschieden, da dieses Verfahren gleichzeitig die Motivatoren für das Verhalten des Klienten erfasst. Somit besteht die Möglichkeit, dem Klienten bis dahin unbewusste Beweggründe aufzudecken und ihm den Zusammenhang zwischen Motiven, Werten und Verhalten zu verdeutlichen. Dadurch wird der Klient in die Lage versetzt, seine Verhaltensweisen und Motive bewusster wahrzunehmen, zu reflektieren und somit effektiver im Alltag einzusetzen. Man erhält zusätzliche Infos für die Entscheidung, welcher Weg, sei es nun die Selbstständigkeit oder eine feste Anstellung, die bessere Alternative darstellt. Durch die geschickt gestellten Fragestellungen sowie deren Anordnung bietet das Verfahren die Möglichkeit, sozial erwünschte Antworttendenzen klar aufzuzeigen, die ansonsten das Testergebnis verzerren würden. Zunächst wurde ein berufliches Fähigkeitsprofil erstellt. Herrn M. sollte damit aufgezeigt und bewusst werden, was er bisher auf seinem Berufsweg erreicht hat und wo seine Motivatoren, die Dinge, die ihn im Berufsleben antreiben, liegen. Dazu führte Herr M. die Online-Variante des Selbstbeschreibungsverfahrens Personality and Preference Inventory (PAPI) durch. PAPI wurde ausgewählt, weil dieses Verfahren darauf abzielt, berufsbezogen das Verhalten und die Vorlieben eines Menschen zu erfassen. Das Ergebnis, das anschließend grundsätzlich in einem ausführlichen Feedbackgespräch erörtert wird, soll Aufschluss geben, wie sich Herr M. im Berufskontext verhält und welche Motivatoren ihn in seinem Handeln beeinflussen. Es wurde der Bezug zu seiner aktuellen Situation und seinem Anliegen hergestellt, sodass Rückschlüsse auf seine Ressourcen und sein Potenzial gezogen werden konnten. Ein weiteres Kriterium für die Auswahl PAPIs ist die Möglichkeit, den Fragebogen online auszufüllen. Der Klient kann den Fragebogen in einer ihm angenehmen Umgebung, seinem persönlichen Umfeld, ausfüllen – unter der Voraussetzung, dass ihm ein Online-Zugang zur Verfügung steht. Auch ist die elektronische Durchführung deutlich einfacher und schneller. Die elektronische Durchführung nimmt ca. 15 min in Anspruch. Die Erstellung des Profils erfolgt im Computer-System und dauert wenige Sekunden. Für die anschließende Auswertung einschließlich Hypothesenbildung werden wenige Minuten angesetzt.

219 16.3 · Praxisbeispiel: Karriereberatung bei beruflicher Neuorientierung

16.3.4

Eigenmotivation

Im Gespräch wurden die wichtigsten Werte von Herrn M. herausgearbeitet und reflektiert, inwiefern diese sein Verhalten und wichtige Lebensentscheidungen wie Partner-, Berufs- oder Freundeswahl beeinflusst haben. Das Wissen um seine Werte konnte er aktiv für seinenEntscheidungsprozessinBezugaufseinenkünftigenberuflichen Weg nutzen. Folgende Motivatoren sind im Gespräch für das berufliche Optimum-Szenario herausgearbeitet worden: 5 Etwas verändern und gestalten wollen, um seinen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten 5 Selbstverwirklichung über den beruflichen Weg 5 Berufliches und Berufung in Einklang mit den privaten Interessen bringen 5 Möglichkeit, eigene Fähigkeiten zu nutzen und weiterzuentwickeln 5 Gelegenheit zu lernen und sich stetig weiterzuentwickeln 5 Menschen helfen und unterstützen 5 Entscheidungsfreiraum und Abwechslung 5 Soziale Unterstützung und Anerkennung

16.3.5

Idealvorstellung von Arbeit

5 Ein eigenes »Produkt« in Richtung ganzheitliches Coachingkonzept mit höchstmöglicher Professionalität, Spaß und Lebensfreude aufbauen. 5 Menschen durch Vermittlung von psychologischen Erkenntnissen Denkanstöße geben und in »Zukunftsgedanken« unterrichten. 5 Mit kreativen und anschaulichen Methoden arbeiten. Herr M. hat viele positive Erfahrungen und Ergebnisse mit Übungen aus dem Rollenspiel, NLP sowie Perspektivwechsel erzielt. 5 Verbindung zwischen Kreativität, Trainings/Coaching und künstlerischem Gestalten. Die erarbeiteten Punkte bestärkten ihn in seinem Wunsch, sich selbstständig zu machen. Weitere Motivatoren sowie berufsbezogene Ressourcen und Stärken wurden mit Hilfe des PAPI-Verfahrens aufgedeckt.

16

220

Kapitel 16 · Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests

16.3.6

PAPI-Profil und Interpretation

Der Klient führte einen psychologischen Online-Test durch. Das Ergebnis des Tests bildete die Ausgangsbasis für das Coaching (. Abb. 16.2). Der Online-Test PAPI (Personality and Preference Inventory) wird in ▶ Abschn. 16.4 näher beschrieben. Im Folgenden sind die daraus abgeleiteten Hypothesen stichpunktartig aufgelistet. Auf Basis der Hypothesen wurden dem Klienten nach einer Einleitung, während der ihm Aufbau und Struktur des PAPI-I erklärt wurden, Fragen gestellt, um die Hypothesen zu überprüfen. Mögliche Fragen sind z. B.: 5 Ihr Profil lässt vermuten, dass Sie sehr einfallsreich sind und es mögen, »neue Wege zu ergründen« und sich nicht nur an Vorgaben und Richtlinien zu halten. Fällt Ihnen ein aktuelles Beispiel dazu ein? Was sind die Vor- und Nachteile dieser Vorgehensweise? 5 Ihr Profil indiziert, dass Sie im Allgemeinen Abwechslung bei der Arbeit willkommen heißen. Erzählen Sie ein aktuelles Beispiel, wo Sie sich mit einer besonderen Veränderung auseinandersetzen mussten. Wie sind Sie damit umgegangen? 5 Sie beschreiben sich als jemand, der Aufgaben auch delegieren kann. Wie vergewissern Sie sich, dass die von Ihnen für eine Aufgabe Benannten präzise und genau arbeiten? 5 Ihr Profil lässt vermuten, dass Sie in Teams kontaktfreudig und umgänglich sind. Wie effektiv sind Sie, wenn das Teamklima feindselig und unfreundlich ist? Nennen Sie Beispiele. 5 Ihr Profil lässt vermuten, dass Sie keine schnellen Entscheidungen treffen und Sie Initiativen vorsichtig angehen. Welches sind die Vor- und Nachteile dieser Vorgehensweise? Nennen Sie konkrete Beispiele. Hat es Fälle gegeben, bei denen Sie günstige Gelegenheiten verpasst haben? 5 Ihr Profil lässt vermuten, dass Sie sich mit Ihrem Team, in dem Sie arbeiten, angemessen identifizieren. Können Sie sich an eine aktuelle Situation erinnern, in der Sie nicht mit dem Team übereingestimmt haben? Was war das Resultat?

16 Ergebnisse des Feedbacks

Im Folgenden sind die wesentlichen Ergebnisse des Feedbackgesprächs zusammengefasst: 5 Arbeitet zurzeit in einem Bereich, in dem sowohl konzeptionelles, als auch kreatives Arbeiten erforderlich ist. 5 Braucht für seinen beruflichen Erfolg ein Tätigkeitsgebiet, in dem er neue Ideen erarbeiten kann, ist auch sehr innovativ. Findet sich in neuen, auch unbekannten Situationen sehr gut zurecht. Sucht im Unbekannten, Neuen die Herausforderung. Arbeitet sehr selbstständig und selbstgesteuert. Eventuell Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Vorgesetzten, da

221 16.3 · Praxisbeispiel: Karriereberatung bei beruflicher Neuorientierung

. Abb.16.2. PAPI-Profil von Herrn M.

deren Vorgaben oft in Frage gestellt werden und neue, »bessere« Vorschläge eingebracht werden. 5 Erarbeitete Konzepte tendenziell eher top-down-gesteuert, d. h. kommt über das Gesamtbild auf die Einzelheiten. Es besteht allerdings die Gefahr, Details zu vernachlässigen, wichtige Informationen als unwichtig abzuhaken. 5 Kann sehr gut delegieren, vor allem Einzelheiten. Macht sich dadurch aber von anderen abhängig. Braucht Partner, die sehr detailorientiert sind und diese Arbeiten für ihn erledigen. 5 Fühlt sich in der aktuellen Situation nicht wohl, da zwischen Berufs- und Privatleben kein Gleichgewicht besteht. Ist eventuell überarbeitet oder überfordert. Verliert den Blick für das We-

16

222

Kapitel 16 · Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests

. Tabelle 16.2.

16

PAPI-Profil Hypothesen

Skala

Skalenbezeichnung

Hypothesen

G

Arbeitseinsatz/-belastung

5 Motiviert durch harte Arbeit 5 Verbringt deutlich mehr Zeit mit Arbeiten als mit Freizeit 5 Ist eventuell überarbeitet

R

Konzeptionelles Denken

5 5 5 5

W

Bedürfnis nach Vorgaben und Regeln

5 Arbeitet sehr selbstständig, setzt sich die Rahmenbedingungen beim Arbeiten selbst 5 Wird von anderen beim Ausführen von Aufgaben nach einer vorgegebenen Weise als unzuverlässig wahrgenommen 5 Stellt bewährte und lang gültige Regeln und Vorgaben in Frage 5 Gilt eventuell als Querdenker

Z

Bedürfnis, sich Neuem zuzuwenden

5 5 5 5

D

Genauigkeit

5 Das Gesamtbild ist wichtiger als das Verständnis für die Details 5 Handelt gegebenenfalls auf Basis unzureichender Informationen, wichtige Informationen können übersehen werden 5 Delegiert Details

B

Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit

5 Arbeitet gerne in der Gruppe, ist Teamplayer 5 Identifiziert sich mit dem Team 5 Die Gruppe ist gegebenenfalls wichtiger als die Aufgabe selbst

S

Kontaktfreude

5 5 5 5

Fördert ein positives Klima im Team Baut schnell soziale Kontakte auf, geht offen auf andere zu Verbringt viel Zeit in Geselligkeiten Die Pflege einer guten Atmosphäre dominiert die Ausführung der Aufgabe

O

Bedürfnis nach engen Beziehungen

5 5 5 5

Empathisch, handelt mit viel Einfühlungsvermögen Kann gut zuhören Zeigt seine Sympathie offen und meint diese ehrlich Entscheidet subjektiv

I

Entscheidungs-/ Risikofreude

5 5 5 5 5

Die getroffenen Entscheidungen sind wohlüberlegt Zögert beim Treffen von Entscheidungen Wartet manchmal zu lange ab, verpasst Gelegenheiten Trifft vorsichtige Entscheidungen, wägt alle Eventualitäten ab Wirkt unentschlossen

K

Durchsetzungswille/Konfliktfreude

5 5 5 5 5

Geht Konflikten tendenziell eher aus dem Weg Löst kritische Situationen eher durch Nachgeben Harmoniebedürftig Eher geduldig, hört zu Eher diplomatisch, taktvoll als direkt bis aggressiv

E

Emotionskontrolle

5 5 5 5

Zeigt seine Emotionen – positive und negative Manchmal leicht erregbar Gilt normalerweise als offen und direkt Zeigt positive Emotionen, um das Team zu begeistern

Entwickelt gerne Ideen und Konzepte Beleuchtet Situationen aus verschiedenen Perspektiven Schwierigkeiten bei der konkreten Umsetzung Wirkt unpraktisch, teilweise unrealistisch

Der Reiz liegt in neuen Aufgaben, Dingen Ist Neuem gegenüber sehr aufgeschlossen Braucht viel Abwechslung im Arbeitsalltag Findet Routine langweilig, wird bei Routinetätigkeiten nachlässig

223 16.3 · Praxisbeispiel: Karriereberatung bei beruflicher Neuorientierung

sentliche und verharrt bei Unwichtigem, wodurch Druck und Arbeitsvolumen noch mehr steigen. 5 Sehr personenorientiert. Geht offen auf andere zu, kommuniziert gerne und wirkt sehr sympathisch. Schafft es schnell, eine positive Atmosphäre herzustellen und so Engagement und Motivation der Kollegen und Partner zu steigern. Fühlt sich im Team sehr wohl, sieht im Ganzen mehr als in der Summe der Einzelteile, sieht die Vorteile der Teamarbeit. Übernimmt im Team keine Führungsrolle, Kooperation ist wichtiger. Gibt im Team zugunsten der Harmonie nach und ist in Diskussionen auch bereit, sich von anderen Standpunkten überzeugen zu lassen.

Die Entscheidung: Selbstständigkeit JA – NEIN In . Tab. 16.3 sind Gründe für und gegen eine Selbstständigkeit aufgelistet. Für die Selbständigkeit bringt Herr M. beste Voraussetzungen sowohl in fachlicher als auch in menschlicher Sicht mit. Außerdem hat er ein gutes Selbstbewusstsein und verfügt über die Fähigkeiten, sich als Coach zu positionieren. Da ihm die Familie sehr wichtig ist, gilt es abzuklären, ob seine Frau hinter seiner Idee steht und ihn bei seinem Vorhaben unterstützt und den Rücken stärkt. Das Existenz- und finanzielle Risiko ordnet er als tragbar ein, da er über einige Rücklagen verfügt. Auch vom Gesundheitlichen her bestehen keine Probleme, er schätzt sich als sehr belastbar und stressresistent ein. Er kann seinem Bedürfnis, selbstständig und unabhängig zu planen und seine innovativen Ideen in die Tat umzusetzen, folgen. Seine Stärken wie konzeptionelles Denken, hohes Einfühlungsvermögen in andere Menschen sowie ein hohes kreatives Potenzial, könnte er optimal in seiner Selbstständigkeit um- und einsetzen. Letztendlich entschied Herr M., sich aus der schnelllebigen Unternehmensberatungsbranche zu verabschieden und seinem Freigeist und seiner Kreativität größeren Raum zu geben. Da sein Bedürfnis, sich Neuem zuzuwenden, sehr ausgeprägt ist und es ihm sehr wichtig ist, gestalterischen Freiraum zu haben, kommt ihm eine selbstständige Tätigkeit als Coach und Trainer sehr nahe. Langfristig sollte er einen Partner in seine geschäftlichen Aktivitäten mit einbinden, da ihm die Arbeit im Team sehr wichtig ist und viel Spaß macht. Er ist kein Alleinkämpfertyp. Bei der Wahl seines Partners sollte er darauf achten, dass dieser eher detailorientiert arbeitet und die Konzepte und Ideen von ihm umsetzt. So werden seine Stärken, nämlich sich schnell einen Überblick zu verschaffen, Ideen und neue Konzepte zu kreieren und sich um das »Grobe« zu kümmern, in idealer Weise ergänzt.

16

224

Kapitel 16 · Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests

. Tabelle 16.3.

Entscheidung Selbstständigkeit JA – NEIN

Selbständigkeit Kontra

Selbständigkeit Pro

In der Anfangsphase hohe Zeitinvestition, was zunächst Abstriche im Familienleben bedeutet

Langjährige Beratungs- und Führungserfahrung

Gewisses Existenzrisiko

Fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse

Finanzielles Risiko

Mut zum Risiko

Am Anfang hoher Arbeitseinsatz

Durchhaltevermögen

Tut sich manchmal schwer, Entscheidungen zu treffen

Unabhängigkeit

Kein typischer »Alleinkämpfer«, beste Arbeitsergebnisse erzielt er im Team

Eigene Ideen und Konzepte umsetzen

Beste Voraussetzungen für die Arbeit als Coach und Trainer Akquisitionsstark Sympathieträger Konzeptionsstark Innovativ

16.3.7

Erarbeitung eines Handlungsleitfadens/Strategie

Zunächst wurden die wichtigsten Meilensteine zum Erreichen des Ziels gesammelt und anschließend festgelegt, bis wann diese Zwischenziele erreicht werden sollen. Ein erster Handlungsplan wurde auf Basis der erworbenen Erkenntnisse erarbeitet. Die Strategie wurde schriftlich ausgearbeitet und kontinuierlich der Realität angepasst. Detaillierte Zwischenziele

16

Milestones/Zwischenziele 1. Konkurrenz- und Marktanalyse: Bewertung der Geschäftsidee, 2. Beschreibung der Geschäftsidee, 3. Vor- und Nachteile der Geschäftsidee, 4. Ausarbeitung des Unternehmenskonzepts, 5. U. S. P./Wettbewerbsvorteile, 6. Beschreibung der Zielgruppe, 7. Marketingstrategie/Kundenakquise, 8. Preisgestaltung, 9. Zeitplanung, Bestimmung der Schritte und der Inhalte der Umsetzung, 10. Drei-Jahres-Planung, 11. Finanzierungskonzept.

225

16

16.4 · Darstellung des »Personality and Preference Inventory« (PAPI)

Regelmäßige Reflexion der Milestones In regelmäßigen Abständen wurden die Zwischenziele bzw. Meilensteine überprüft und gemeinsam mit dem Coach reflektiert. Zwischendurch traten Widerstände in Form von Zweifeln am Vorhaben oder Probleme, die nicht immer von vornherein absehbar waren und ein Umdenken erforderten, auf. Mal verzögerte sich der Zeitplan und es bedurfte einer gewissen Flexibilität, die Strategie den neuen Gegebenheiten anzupassen. Mal war die Motivation im Keller, hier galt es, Herrn M. wieder Mut zu machen und ihn voranzubringen.

Erfolgsbilanz, konkrete Umsetzung in die Praxis Die Umsetzung in der Praxis erfolgte auf Basis des entwickelten Strategieplans, der kontinuierlich der Realität angepasst wurde. Herr M. konnte sich innerhalb des definierten Zeitplans erfolgreich am Markt positionieren.

16.4

Darstellung des »Personality and Preference Inventory« (PAPI)

Bei dem »Personality and Preference Inventory« (PAPI) handelt es sich um ein Selbstbeschreibungsverfahren, mit dem berufsbezogene Präferenzen und Verhalten eines Menschen erfasst werden. PAPI basiert unter anderem auf dem persönlichkeitspsychologischen Ansatz Murray’s, der sogenannten Need-Press-InteraktionsTheorie. Nach Murray ist das menschliche Verhalten das Resultat einer dynamischen Interaktion zwischen persönlichen Bedürfnissen und Bedeutung einer Situation für den Menschen. Im Vergleich zu anderen Verfahren, die ebenfalls die Betrachtung der Persönlichkeit im beruflichen Kontext zum Gegenstand haben, liegt die Besonderheit des PAPI in der Interaktion zwischen Bedürfnissen und Rollen. Ziel des PAPI ist es, mittels eines Selbstbeschreibungsfragebogens und einer sich anschließenden Feedback-Diskussion das Verhalten einer Person am Arbeitsplatz als Interaktion zwischen Persönlichkeit und Kontext zu verstehen. Der PAPI-Fragebogen setzt sich aus 7 Faktoren (. Tab. 16.4) zusammen, denen jeweils zwischen 2 und 4 Bedürfnis- oder Rollenskalen zugeordnet werden. Insgesamt umfasst das System 10 Bedürfnisund 10 Rollenskalen. Die Bedürfnisskalen messen die Präferenz für ein bestimmtes Verhalten und spiegeln die internen Antreiber eines Menschen zur Bedürfnisbefriedigung wider. Mit den Rollenskalen wird die Wahrnehmung der Arbeitssituation erfasst. Ausgangspunkte bilden die Fragen, wie man sich selbst in einem bestimmten beruflichen Kontext sieht und wie man in seiner Rolle wahrgenommen wird. PAPI liegt in 2 verschiedenen Versionen vor. In der Karriereberatung oder dem Coaching wird in der Regel die ipsative Version,

Bedürfnisskalen

Rollenskalen

Forced-choice-Verfahren

226

Kapitel 16 · Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests

. Tabelle 16.4. Der PAPI-Fragebogen Faktor

Bedürfnis/Rolle

Mögliche Beschreibung und Interpretation

Führung

Bedürfnis, andere zu steuern

Personen mit hohen Ausprägungen treten bestimmt auf und zeigen offen ihr Bestreben nach einer Führungsrolle. Bei niedrigen Werten lässt sich die Person gerne führen und zeigt sich als kooperatives Teammitglied.

Führungsrolle

Hohe Werte indizieren, dass sie sich für eine gute, effektive Führungskraft hält und vom beruflichen Umfeld darin bestätigt wird. Bei niedrigen Werten fühlt sie sich unsicher.

Organisation

Bei hohen Werten sorgt sie für einen effizient aussehenden Arbeitsplatz und das Ablagesystem ist schnell nachzuvollziehen. Bei geringer Ausprägung wird der Aufwand für Aufräumen am Arbeitsplatz minimal gehalten.

Planung

Fähigkeit, komplexe Prozesse und Ereignisse parallel zu verarbeiten und vorherzusagen bzw. mehrere Alternativen im Vorfeld abzuschätzen. Bei hohen Werten plant die Person Zukünftiges sehr genau, berücksichtigt Eventualitäten und setzt sich Zeitoder Terminpläne. Niedrige Werte indizieren Spontaneität und sofortige Reaktionen auf Ereignisse.

Genauigkeit

Ausmaß, in dem sich eine Person als gewissenhaft im Detail und genau beschreibt. Bei hoher Ausprägung neigt die Person zur Perfektion. Es besteht die Gefahr, Wesentliches zu Gunsten der Details zu vernachlässigen. Bei niedrigen Werten befasst sie sich ungern mit Einzelheiten und delegiert diese lieber an andere.

Bedürfnis nach Regeln

Bedürfnis nach klaren Anweisungen oder konkreter Anleitung im Job. Bei hohen Werten hält sich die Person strikt an Vorgaben. Die Ergebnisse sind vorhersagbar und die Person gilt als zuverlässig. Bei niedrigen Werten tendiert die Person dazu, sich Regeln selbst zu setzen.

Konzeptionelles Denken

Ausmaß, in dem sich eine Person für visionär hinsichtlich Konzepten, Ideen und des Gesamtbildes hält. Bei hoher Ausprägung betrachtet sie Probleme aus verschiedenen Perspektiven und generiert kreative Lösungsansätze.

Bedürfnis, sich Neuem zuzuwenden

Hohe Werte zeigen, dass sich eine Person eigeninitiativ neue Aspekte in der Arbeit bzw. ganz neue Aufgaben sucht. Routine kann schnell langweilen. Eine niedrige Ausprägung lässt vermuten, dass die Person Veränderungen ablehnt und in Routinearbeiten aufgeht.

Bedürfnis, Aufgaben zu Ende zu führen

Bei hoher Ausprägung gilt der komplette Arbeitseinsatz der Person dem Endergebnis, eventuell ohne bestehende Prioritäten zu berücksichtigen. Bei niedrigen Werten neigt sie dazu, neue Ideen anzustoßen und Altes oder Routiniertes an andere abzugeben.

Arbeitsstil

Offenheit für Veränderungen

16

227

16

16.4 · Darstellung des »Personality and Preference Inventory« (PAPI)

. Tabelle 16.4. Fortsetzung Faktor

Bedürfnis/Rolle

Mögliche Beschreibung und Interpretation

Personenorientierung

Bedürfnis nach Beachtung

Personen mit hohen Werten suchen sich ein Publikum, vor dem sie sich selbst präsentieren können. Bei geringer Ausprägung schätzt die Person die Anonymität und meidet großes Publikum. Sie braucht wenig bis keine öffentliche Anerkennung.

Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit

Bei hohen Ausprägungen arbeitet eine Person gerne mit anderen zusammen. Es besteht die Gefahr, sich von der Gruppe abhängig zu machen. Bei niedrigen Werten beschreibt sie sich eher als Einzelgänger. Sie ist unabhängig von Gruppendruck und -dynamik, hat aber wahrscheinlich Anpassungsschwierigkeiten.

Umgänglichkeit

Ausmaß, inwieweit jemand Spannungen am Arbeitsplatz verhindert und nach Harmonie strebt. Bei hohen Werten geht die Person offen und freundlich auf andere zu und schafft Harmonie im Arbeitsumfeld.

Bedürfnis nach engen Beziehungen

Ausmaß, in dem jemand enge persönliche Kontakte sucht und sich öffnen, d. h. Gefühle teilen, kann und will. Bei hoher Ausprägung verfügt die Person über ein gutes Einfühlungsvermögen und zeigt empathisches Verhalten.

Entscheidungsfreude

Geschwindigkeit, mit der eine Person Entscheidungen trifft ungeachtet, ob die Situation dies erfordert. Bei hoher Ausprägung tendiert sie dazu, sich leicht und schnell zu entscheiden. Sie geht gerne Risiken ein.

Geschwindigkeit

Wahrgenommenes Arbeitstempo und persönlicher Energieeinsatz. Bei einem hohen Wert beschreibt sich eine Person als schnell arbeitend mit starkem Bewusstsein für dringende Termine. Sie wirkt vermutlich gehetzt und teilweise nervös.

Durchsetzungswille

Bereitschaft, Überzeugungen durchzusetzen. Bei einer hohen Ausprägung könnte dies aggressive Reaktionen und direkte Konfrontationen mit anderen beinhalten. Während des Konflikts zeigt die Person offen ihre Beweggründe und Emotionen.

Gefühlskontrolle

Ausmaß, inwieweit jemand seine Emotionen unter Kontrolle hält und dabei ruhig und beherrscht erscheint. Hohe Werte weisen auf Personen hin, die keine Gefühle zeigen bzw. diese aktiv unterdrücken. Es fällt schwer, sie einzuschätzen.

Erfolgsbedürfnis

Ausmaß, wie wichtig Erfolg im Job für jemanden ist. Personen mit hohen Werten besitzen ein eindeutiges Leistungsmotiv, um im Beruf nach vorne bzw. in der Hierarchie nach oben zu kommen. Sie setzen hohe Ziele, die sie ehrgeizig verfolgen.

Bedürfnis, Erwartungen zu erfüllen

Ausmaß, in dem die Person als jemand gesehen werden will, der Chef und Organisation unterstützt, und ihr Umgang mit den innenpolitischen Feinheiten. Hohe Werte indizieren Loyalität. Die Person könnte aber auch intrigant sein.

Arbeitseinsatz

Ausmaß, inwieweit harte Arbeit motiviert, d. h. das Interesse an der Arbeit ist größer als das an den Resultaten. Personen mit hoher Ausprägung arbeiten sehr hart und viel. Eventuell sind sie überlastet.

Arbeitstempo

Temperament

Leistungsorientierung

228

Kapitel 16 · Karriereberatung und der Einsatz eines Online-Tests

das Forced-choice-Verfahren eingesetzt. Insgesamt werden 90 Aussagenpaare dargeboten, wovon sich jeweils 45 Aussagen auf Bedürfnisse und 45 auf Rollen beziehen. Der Proband muss sich bei jedem Aussagenpaar für die Aussage entscheiden, die am ehesten seiner Verhaltensweise oder seinen Bedürfnissen entspricht. > PAPI kann auch von Nicht-Psychologen durchgeführt werden, allerdings ist die erfolgreiche Teilnahme an einer PAPISchulung notwendige Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens.

Die Auswertung und Erstellung von benutzerspezifischen Berichten, die teilweise Fragen und/oder Hypothesen zur Unterstützung des Feedbackgesprächs enthalten, werden automatisch erstellt.

16.5

PAPI-Feedback-Gespräch

Hohe Akzeptanz bei Klienten

16

Valide, international und leicht in der Handhabung

Wie hilfreich war der Einsatz des Testverfahrens? Eine KostenNutzen-Analyse

Während des PAPI-Feedback-Gesprächs erhalten sowohl Coach als auch Klient einen sehr guten, integrativen Ein- und Überblick in das Wertesystem des Klienten. Anhand der Bedürfnisse und Rollen können schnell die Stärken und Entwicklungspotenziale des Klienten aufgezeigt und so Anhaltspunkte für den weiteren Coaching-Prozess festgehalten werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man den größtmöglichen Nutzen aus PAPI ziehen kann, wenn das Verfahren entweder zu Beginn einer Zusammenarbeit eingesetzt wird oder wenn eine dritte, neutrale Person das Feedback gibt. Dadurch kann die Gefahr der Einflussnahme der sich zwischen Coach und Klient bildenden Beziehung minimal gehalten werden. Da sich PAPI ausschließlich aus arbeitsplatz- und berufsbezogenen Aussagen zusammensetzt, ist die Akzeptanz des Verfahrens bei Klienten besonders hoch. Anfängliche Skepsis, die vor allem beim Einsatz des PAPI-I auftritt, da ipsative Instrumente oft als sehr schwierig wahrgenommen werden, oder allgemeine Ängste hinsichtlich psychologischer Verfahren können durch eine kompetente, verständliche Einführung zu Beginn der Feedback-Diskussion durch den PAPI-Experten abgebaut werden. Die Fragemethodik des PAPI-Experten unterstützt, dass sich der Klient verstanden fühlt und Annahmen mit konkreten Beispielen belegt. Der hohe Komplexitätsgrad des PAPIErgebnisses kann erst mit der Diskussion reduziert werden. In den meisten Fällen melden die Klienten zurück, dass sie sehr überrascht wären, wie präzise der PAPI-I sei und sie sich in den Resultaten wiederfänden. Nützlich ist für den Klienten auch, dass die PAPI-Ergebnisse sehr anschaulich in Form des PAPI-Rades visualisiert sind. Mit dem PAPI liegt ein valides, weltweit eingesetztes Verfahren vor, das einfach und schnell in der Handhabung ist. Bei Nutzung der Online-Version des PAPI-I erfolgen sowohl Durchführung als auch

229 Weiterführende Literatur

Auswertung in kürzester Zeit. Mit zunehmender Erfahrung im Führen des Feedback-Gespräches verringert sich der zeitliche Aufwand für die Vorbereitung der Diskussion. Dennoch sollte man ungefähr 20 min zur Bildung der Hypothesen einplanen. Im Vergleich zu anderen psychologischen Persönlichkeitsverfahren ist der mit der Durchführung des PAPI-I verbundene Zeitaufwand gering. Für das versierte Führen eines Feedback-Gesprächs sind die während der PAPI-Schulung vermittelten Inhalte unerlässlich. Die Vorgabe des Herausgebers und Vertreibers Cubiks Group Limited, die Schulungsteilnahme zu einer notwendigen Voraussetzung für die Anwendung des PAPI zu machen, ist sinnvoll, da man dort die Möglichkeit erhält, ein sehr gutes Verständnis für die Faktoren und Bedürfnis- bzw. Rollenskalen zu entwickeln, um anschließend den Klienten in verständlicher Weise das Verfahren PAPI zu erläutern. Die auf den ersten Blick oft als sehr hoch eingeschätzten Kosten für die Schulung von ca. 2.000 € pro Teilnehmer amortisieren sich schnell, wenn man den Nutzen vom PAPI betrachtet.

16.6

Zusammenfassende Betrachtung

PAPI zählt zu den weltweit führenden und wissenschaftlich validen Selbstbeschreibungsverfahren, die zur Zeit online verfügbar sind. Zu den Vorteilen für den Klienten zählen die schnelle und einfache Handhabung von Zuhause aus. Er kann entscheiden, wann er den Fragebogen bearbeitet. Durch die anwenderfreundliche Gestaltung wird ein höheres Commitment beim Klienten erreicht. Der Coach erhält das Ergebnis direkt nach Durchführung in schriftlicher und visueller Form. Die ansprechende Visualisierung des Ergebnisses erleichtert ihm die Vermittlung im anschließenden Feedbackgespräch. Für den Arbeitsplatz relevante Verhaltens- und Bedürfnispräferenzen werden verständlich und nachvollziehbar beschrieben. Klinische Begrifflichkeiten werden vermieden, sodass der Test auch von NichtPsychologen angewendet werden kann. Das Verfahren stellt eine wertvolle Hilfe in unterschiedlichen Anwendungsbereichen dar, wie z. B. bei der Personalauswahl und -entwicklung, Kompetenzanalyse oder für das Teambuilding. Durch das Forced Choice Format wird der Nutzer dazu aufgefordert, eine Wahl zu treffen, die er eventuell auch so im wahren Leben zu treffen hat.

Weiterführende Literatur PAPITM Personality and Preference Inventory (2001). London: Cubiks Intellectual Property Limited.

Sarges W. & Wottawa H. (2001). Handbuch wirtschaftspsychologischer Testverfahren. Lengerich: Papst Science Publishers.

16

231

17

Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens Daniela Spahr, Adela Burkhardt, Rahel Sahli 17.1

Einleitung und Sendung ECO – 232

17.1.1

TV und Internet anhand der Sendung ECO – 232

17.2

Karrierethemen im Internet – 233

17.2.1 17.2.2

Bewerbungshilfen im Internet – 233 Online-Coaching, Online-Tests – 235

17.3

Online-Tests beim Schweizer Fernsehen – 236

17.3.1 17.3.2

Ziele und Zielgruppe – 236 Themen der Online-Tests – 236

17.4

Nutzen für das Schweizer Fernsehen – 243

17.5

Ausblick – 244 Literatur – 245

232

Kapitel 17 · Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens

17.1

Zielgruppe von »ECO«

Internet als Ergänzung zur Sendung

Das Wirtschaftsmagazin »ECO« des Schweizer Fernsehens wurde am 21. August 2007 erstmals ausgestrahlt. Sendezeit ist jeweils Montagabends um 22.25 Uhr, direkt nach der bekannten Newssendung »10vor10«. Die Sendezeit beträgt 25 min, als Magazin will man vor allem wirtschaftliche Hintergrundinformationen auf hohem fernsehjournalistischen Niveau ausstrahlen. Als Zielgruppe von »ECO« wurden wirtschaftsinteressierte Zuschauerinnen und Zuschauer ab 25 Jahren definiert. Dabei hat man sich zum Ziel gesetzt, sowohl dem Wirtschaftsversierten als auch dem Interessierten ohne Hintergrundwissen gleichermaßen eine Informationsplattform zu bieten. Bereits vor Sendestart wurde das Internet als wichtiges Ergänzungsmedium zur Sendung definiert. Im Gegensatz zu anderen Sendungen erhielt »ECO« die Mittel und Möglichkeiten, das Internet mit Angeboten, die über den Sendeinhalt hinausgehen, zu gestalten. Grundsätzlich soll der Internetauftritt einen Mehrwert bieten und die Zuschauer stärker an die Sendung binden. Deshalb konnten die Zielgruppen der Sendung mehr oder weniger direkt übernommen werden, mit dem einzigen Zusatz, dass der Besucher internetversiert und damit durchschnittlich wohl eher etwas jünger ist.

17.1.1 Internetangebot von »ECO«

17

Einleitung und Sendung ECO

TV und Internet anhand der Sendung ECO

Zum herkömmlichen Internetangebot des Schweizer Fernsehens gehört es, sämtliche Sendungen, mit Ausnahme von Spielfilmen und Serien, auch im Internet zur Verfügung zu stellen. Interessierte können die Sendungen entweder via Podcast herunterladen oder direkt im Internet streamen. Damit sich das Internetangebot von »ECO« mit einem entscheidenden Mehrwert gegenüber dem herkömmlichen Angebot präsentieren kann, wird es mit vielfältigen wirtschaftlichen und unterhaltenden Elementen ergänzt. Zur direkten Interaktion des Zuschauers wird bei geeigneten Themen am Montag während der Sendung ein Forum zu einem bestimmten Thema der Sendung online geschaltet, mit der Aufforderung an den Zuschauer/User, seine Meinung zum Thema kundzutun oder mitzudiskutieren. > Weiterführende Angebote, wie z. B. die mögliche Interaktion der Zuschauer über das Internet, fördern die Attraktivität der Sendung und die Bindung der Zuschauer.

Daneben gibt es aber auch weiterführende Angebote auf der Website, welche sich nicht direkt mit der Sendung verbinden lassen. Dazu gehören eine Kolumne, geschrieben von Wirtschaftsfrauen, Buchtipps, Serviceangebote, Styling-Tipps für Businessleute oder Karrieretipps in vielfältiger Form. Außerdem wird versucht, die Zuschauer mit

233

17

17.2 · Karrierethemen im Internet

interaktiven Angeboten stärker an die Website – und damit auch an die Sendung – zu binden. Damit sich die Sendung »ECO« auch im Internet spannend präsentieren kann, werden Interviews und Beiträge zu den einzelnen Rubriken wann immer möglich als Video aufbereitet. Das fördert die Attraktivität im Web und gleichzeitig die Nähe zur Sendung. Damit die Sendung möglichst attraktiv und aktuell bleibt, obwohl das Sendeangebot mit nur einer wöchentlichen Ausstrahlung eher beschränkt ist, wird das Webangebot um jeweils eine Wirtschaftsnachricht ergänzt. Diese wird automatisch vom Online-Tagesschau-Angebot geliefert und verlinkt, und pro Tag bis zu 6-mal aktualisiert. Das Angebot als Ganzes wird vor allem am Montag nach der Sendung und am Freitag vor der nächsten Sendung neu gestaltet. Außerdem wird für gewöhnlich jeweils Mitte der Woche ein neuer Inhalt aufgeschaltet.

17.2

Karrierethemen im Internet

17.2.1

Bewerbungshilfen im Internet

Eine schriftlich überzeugende Bewerbung ist der wichtigste Schritt eines Bewerbungsprozesses und von entscheidender Bedeutung für den Bewerbungserfolg, denn sie vermittelt ein erstes Bild über den Bewerber und trägt somit zum ersten Eindruck bei. Allerdings ist eine schriftliche Bewerbung oft mit hohem Aufwand seitens des Bewerbers verbunden, da sie neben Kenntnissen über sich selbst und das in Betracht gezogene Unternehmen auch Zeitaufwand, hohe Sorgfalt, Originalität, ausgeprägte sprachliche Ausdrucksfähigkeit sowie die Kompetenz, sich attraktiv in kompakter Form vorzustellen, erfordert. Um sich auf diese Herausforderungen optimal vorzubereiten, ziehen die meisten Bewerber externe Informationen zu Rate. Zunehmende Bedeutung erlangt hier das Internet. Im Internet kann der Bewerber von der Bewerbungsvorbereitung über das Anschreiben bis hin zum Vorstellungsgespräch zahlreiche Hilfestellungen in Anspruch nehmen, die in Form von oft kostenlosen Services angeboten werden. Bewerbungshilfen im Internet 5 5 5 5 5 5 5 5

Bewerbungscheck Überprüfung der Zeugnisse Tools für den Lebenslauf Tools für das Motivationsschreiben Jobsuche Virtuelle Jobmesse Business-Netzwerke Online-Tests

Informationen zum Thema »Bewerbung«

234

Kapitel 17 · Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens

> Bei der Suche nach Bewerbungstipps sollte stets die Seriösität der Seiten abgeklärt werden. Besonders wertvoll ist dies auf Seiten, die kostenpflichtige Angebote bereitstellen. Bewerbungschecks

Überprüfung der Zeugnisse

Tools für das eigene Profil im Internet

Jobsuche im Internet

Einige Internetportale bieten kostenlose wie auch kostenpflichtige, von einem erfahrenen Bewerbungsteam durchgeführte Bewerbungschecks, die die Bewerbungsunterlagen auf den Gesamteindruck sowie konkrete Schwachstellen überprüfen und diese mit persönlich zugeschnittenen Hinweisen zu Verbesserungen gestalten. Auch auf die Frage nach realisitischen Gehaltsvorstellungen finden Bewerber im Internet Antworten in Form aktueller Vergleichsdaten. Darüber hinaus können im Internet Arbeits- sowie Praktikumszeugnisse auf formale Fehler überprüft und die zum Geheimcode gehörenden Formulierungen entziffert werden. Im Hinblick darauf, dass neuerdings zunehmend mehrere Arbeits- und Praktikumszeugnisse ein Resultat der Selbstelaboration sind, werden bei einigen Internetportalen Musterzeugnisse angeboten, die die Generierung eines Arbeitszeugnisses erleichtern. Des Weiteren bieten Internettools sowohl dem unerfahrenen als auch dem erfahrenen Bewerber die Möglichkeit, die Bewerbungsunterlagen online zu erstellen. Zuerst wird ein persönliches Profil angelegt, das neben persönlichen und Kontaktdaten auch lebenslaufspezifische Angaben (Ausbildung, Praxiserfahrung, weitere Kenntnisse und Qualifikationen) enthält und auf dessen Basis dann die Bewerbungsunterlagen (Anschreiben, Lebenslauf, Motivationsseite) erstellt werden. Auch bei der Jobsuche erweist sich das Internet als ein verbreitetes Medium mit einem vielfältigen Angebot in Form von Jobbörsen, die eine umfangreiche Suche nach Region (Bundesland, Land, Kontinent), Anstellungsart (Festanstellung, Befristet, Praktikum), Berufsfeldern sowie Unternehmen ermöglichen. Die Attraktivität der Online-Jobbörsen liegt darüber hinaus in der Aktualität und der hohen Stellenanzahl. > Online-Jobbörsen sind immer am aktuellsten. Die Webseiten z. B. der Tageszeitungen werden häufig nur einmal in der Woche mit den neusten Angeboten bestückt.

17

Virtuelle Jobmessen

Business-Netzwerke

Ein zunehmend an Bedeutung gewinnendes »Human Resources Tool« stellen virtuelle Jobmessen dar, die Bewerber und Personalverantwortliche unterschiedlicher Unternehmen ohne erhebliche Ressourcen (wie aufwändige Anreise und Dresscode) miteinander ins Gespräch bringt. Einen enormen Zulauf haben in den letzten Jahren sogenannte Business-Netzwerke erhalten, über die der Austausch von Erfahrungen und privaten Aspekten zwischen Führungskräften, Angestellten, Freiberuflern und Studenten erleichtert wird.

235

17

17.2 · Karrierethemen im Internet

17.2.2

Online-Coaching, Online-Tests

Voraussetzung für die Erstellung einer überzeugenden Bewerbung ist neben Kenntnissen über das in Betracht gezogene Unternehmen auch die Fähigkeit, sich fachlich und persönlich so attraktiv und originell darzustellen, dass die eigene Bewerbung sich von der Masse anderer Bewerbungen abhebt. Sorgfalt und Individualität im Rahmen einer Bewerbung erfordern nicht nur exzellente Ausdrucksfähigkeit sowie Analyse und Synthese, sondern in erster Linie Klarheit über die gewünschte Karriererichtung und Bewusstsein über eigene Kompetenzen einerseits und der die gewünschte Stelle charakterisierenden Anforderungen andererseits, denn die persönlichen Motive und Interessen sowie Anforderungen am Arbeitsplatz sollen im Einklang mit vorhandenen Kompetenzen stehen. Der erste Schritt hierzu ist eine Selbstanalyse und die Identifikation eigener Stärken und Schwächen – Aspekte, die für viele Bewerber eine Überforderung darstellen. Auch in dieser Hinsicht bietet das Internet diverse Hilfestellungen, die darauf abzielen, den Bewerber über Online-Coaching darin zu unterstützen, um zum einen Klarheit über seine Wünsche und Interessen zu bekommen und zum anderen eigene Potenziale ausfindig zu machen. So bieten virtuelle Plattformen individuelle Beratung, unter anderem zur Orientierung bei Karriereentscheidungen, die sich auf die Identifikation eigener Potenziale und Schaffung von Klarheit über Wünsche, Interessen und Erwartungen an einen Beruf fokussiert. Dabei erhält der Kandidat ein Fremdbild über sich selbst, das zur Erkennung unbekannter Aspekte beiträgt und Anstoß zur Selbstreflexion bietet. Eine andere Form der Online-Beratung stellen Foren für OnlineCoaching dar, in deren Rahmen Berufstätige die Chance erhalten, häufig vorkommende oder bestehende Probleme bzw. Belastungen aus dem beruflichen Kontext zu schildern oder karrierebezogene Fragen zu stellen. Dabei werden die Anfragen an unterschiedliche Coaches weitergeleitet, deren Lösungsvorschläge zusammen mit der Anfrage anschließend in einem Forum veröffentlicht werden. Neben Online-Coaching haben auch Self-Assessments und psychologische Tests Einzug in das virtuelle Medium gehalten und stellen eine Form der Karriereberatung dar. Online-Tests als Self-Assessment-Instrumente ermöglichen dem Bewerber, sich selbst auf verschiedene, für ein Berufs- oder Persönlichkeitsprofil erfolgskritische Dimensionen zu testen. Nach der Beantwortung einer Anzahl von Fragen wird dem Teilnehmer ein Feedback über die Eignung für den einen oder anderen Beruf und Empfehlungen hinsichtlich eventuell zu trainierender Schwachstellen erteilt. Online-Self-Assessments werden für verschiedene Zielgruppen angeboten. Eine Übersicht über Anbieter von Online-Self-Assessments wird in ▶ Kap. 21 vorgestellt.

Selbstanalyse

Virtuelle Beratungsplattformen

Foren für Online-Coaching

Online-Self-Assessments

236

Kapitel 17 · Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens

Im nächsten Unterkapitel soll am Beispiel des Internetportals www.eco.sf.tv des Schweizer Fernsehens dargestellt werden, wie Online-Self-Assessments von Portalen integriert werden können, um ihren Nutzern einen entscheidenden Mehrwert anzubieten.

17.3

Online-Tests beim Schweizer Fernsehen

17.3.1

Ziele und Zielgruppe

Karrierethemen sind im Internet viele anzutreffen. Zu nahezu jedem Thema, das im Entferntesten mit dem Thema »Karriere« in Verbindung gebracht werden kann, findet man Angebote. Dabei gibt es klassische Themen wie beispielsweise »Wie verhalte ich mich in einem Bewerbungsgespräch?« bis hin zu beispielsweise »Rhetorische Tipps im Umgang mit Mitarbeitenden«. Bei einer Analyse im Internet hat sich aber herausgestellt, dass die meisten Tipps und Tricks zur eigenen Karriere eher oberflächlich bleiben und die Möglichkeit zur Selbstanalyse – vor allem im kostenlosen Bereich – praktisch gar nicht angeboten wird. Gerade jüngere Personen werden bei ihrer Karriereplanung von hohen Unsicherheitsfaktoren begleitet. Sie sind bei »ECO« die klassische Zielgruppe für Online-Tests im Bereich Karriere. Die Tests sind vielfältig und sollen für jeden etwas bieten. So kann man beispielsweise seinen Karrieretyp ermitteln oder sich selbst testen, ob man zum Unternehmer geeignet ist. Die Auswertung wurde so generiert, dass sie dem User eine gewisse Tiefe vermittelt. Möchte er sich noch detaillierter informieren, kann er dies über eine Weiterverlinkung zu einem spezialisierten Anbieter von Online-Assessments tun. . Abb. 17.1 bietet eine Übersicht der im Bereich »Karriere« bei ECO angebotenen Online-Tests.

17.3.2

17

Themen der Online-Tests

Das aktuelle Unterkapitel widmet sich der bereichsspezifischen Beschreibung einiger Online-Tests. Es werden unterschiedliche Themen behandelt, die mit dem Berufserfolg in hohem Zusammenhang stehen und entsprechende Online-Tests vorgestellt, die sich auf diese Themen beziehen. Diese Tests stellen eine kompakte Variante dar und erfassen daher nicht alle wissenschaftlich bestätigten Eigenschaften der jeweiligen Karriererichtung. Darüber hinaus bieten diese Tests durch ihre Rückmeldung keine personenbezogene Wertung, sondern eher ein kompaktes Bild hinsichtlich der erfassten Dimensionen sowie Hinweise hinsichtlich eventueller Entwicklungsmöglichkeiten. Eine weitere wichtige Anmerkung ist, dass diese Tests lediglich eine Analyse darstellen, die für den Karriereerfolg jedoch nicht ausreichend und daher mit realisierbaren Maßnahmen zu koppeln ist.

237

17

17.3 · Online-Tests beim Schweizer Fernsehen

. Abb. 17.1. Screenshot-Testverfahren

Selbstmarketing Ein wichtiger Faktor für den Berufserfolg ist das Selbstmarketing, welches sich auf die bewusste Akzentuierung der individuellen Stärken, also auf die Etablierung des Individuums als eine Markenperson, bezieht (Herbst, 2003). Von hoher Bedeutung für den erfolgreichen Start und Verlauf einer Karriere sind neben der fachlichen Kompetenz auch der persönliche Auftritt (d. h. der von einer Person hinterlassene persönliche Eindruck) und der Bekanntheitsgrad im Unternehmen (d. h. wie gut eine Person die Aufmerksamkeit seines Vorgesetzten auf sich lenkt). Laut einer von IBM durchgeführten Studie sind diese drei Faktoren jedoch unterschiedlich gewichtet, sodass sich die fachliche Kompetenz auf den Berufserfolg in einem Maße von nur 10% auswirkt, während der persönliche Auftritt bzw. der Bekanntheitsgrad im Unternehmen mit einer Einstufung von 30% bzw. 60% eine größere Bedeutung für den Berufserfolg aufweisen (Asgodom, 2000; Sampson, 2000). Der Prozess des Marketingmanagements (mit den Phasen: Analyse, Zielplanung, Marketingstrategien und -instrumente, Erfolgskontrolle) kann auch auf das Selbstmarketing übertragen werden, denn das, was zum Erfolg eines Markenproduktes beiträgt, kann auch den Erfolg einer Person entscheidend bestimmen (Herbst, 2003). Eine detaillierte Darstellung des Marketingprozesses bieten Homburg & Kromer (2006). Eine entscheidende Rolle beim Selbstmarketing, wie auch beim Produktmarketing, spielt die Analyse des eigenen berufli-

Selbstmarketing

Drei wichtige Faktoren

238

Kapitel 17 · Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens

chen Profils, des Umfeldes sowie der beruflichen Situation potenzieller Konkurrenten. Selbstmarketing bedeutet der werbende Umgang in der Öffentlichkeit mit den eigenen Potenzialen, was aber die Kenntnis eigener Kompetenzen und des bei anderen hinterlassenen Eindrucks voraussetzt. Der in Zusammenarbeit mit alpha-test GmbH entwickelte Online-Test hat das Ziel, den Teilnehmer bei der Analyse der eigenen beruflichen Situation sowie bei der Klärung des Selbst- und Fremdbildes zu unterstützen und Empfehlungen hinsichtlich einer Fokussierung eher auf die Erweiterung des Netzwerkes, auf die Veränderung des Kommunikationsstils oder auf die Betonung eigener Stärken zu geben. Durch 24 Items werden einzelne auf die Karriere wirkende Dimensionen erfasst (. Tab. 17.1) Im Rahmen der Ergebnisrückmeldung wird der Ausprägungsgrad der jeweilig erfassten Dimension kurz erläutert. Allerdings ist die Analysephase allein für ein erfolgreiches Selbstmarketing nicht ausreichend; diese sollte mit dem Definieren von Karrierezielen sowie dem Ableiten von Aktionen aus den konkreten Möglichkeiten gekoppelt werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich, einen kontinuierlichen Vergleich des Erreichten (Ist-Zustand) mit den Erwartungen (Soll-Zustand) durchzuführen, um rechtzeitig auf veränderte Ziele und Situationen reagieren zu können.

Führungsqualitäten

Mitarbeiterführung

17 Lernbereitschaft

Die durch die Globalisierung sowie den technischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandel resultierenden, immer rascheren Veränderungen der Aufgabeninhalte und Arbeitsanforderungen stellen Führungskräfte vor eine Rollenvielfalt, die neben Flexibilität auch Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen und anderen Kulturen voraussetzt. Hinzu kommt, dass Führungskräfte einem durch das konkurrenzorientierte wirschaftliche Umfeld erhöhten Leistungsdruck ausgesetzt sind, was eine Quelle für Stress darstellt (Quick, Cooper, Quick & Garvin, 2002) und daher eine hohe Stressresistenz erfordert. Darüber hinaus ist für die Führung hochqualifizierter Mitarbeiter die Aufgabendelegation allein nicht ausreichend, sondern eine bedeutende Rolle spielt hier die Fähigkeit, Mitarbeiter zu motivieren und zu begeistern. In diesem Zusammenhang kommt der überzeugenden Kommunikation eine bedeutende Rolle zu, da Mitarbeiter oft den Sinn ihrer Arbeit erkennen wollen. Nicht zuletzt ist es wichtig, von der gesamten Expertise eines Teams zu profitieren (Lernbereitschaft), was allerdings voraussetzt, dass die Führungskraft sich nicht scheut, vor einer Entscheidung das Team oder einzelne Teammitglieder zu konsultieren. Dies ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn die Qualität der Entscheidung und ihre Akzeptanz bei den Geführten im Vordergrund stehen, sowie

239

17

17.3 · Online-Tests beim Schweizer Fernsehen

. Tabelle 17.1. Selbstmarketing Dimension

Erläuterung und Beispielitem

Kenntnis der eigenen Stärken

Diese Dimension gibt Auskunft über den Grad der Beschäftigung mit und Reflexion über eigene Stärken und Schwächen. Beispielitem: »Ich kann jederzeit Beispiele aus dem beruflichen Alltag bringen, die bestimmte Fähigkeiten belegen.«

Konkurrenten

Diese Dimension umfasst das Maß, an welchem potenzielle Konkurrenten ins Auge behalten werden. Beispielitem: »Ich behalte potenzielle Mitbewerber stets im Blick.«

Kenntnis des Unternehmens

Diese Dimension bezieht sich auf die Information über die Geschehnisse im Unternehmen. Beispielitem: »Die Seilschaften im Unternehmen sind mir bekannt..«

Fremdbild

Diese Dimension bezieht sich auf die Wahrnehmung durch Andere. Beispielitem: »Andere sehen mich oft in einer Rolle, mit der ich mich nicht identifiziere.«

Kommunikation

Diese Dimension bezieht sich auf das abteilungs- und hierarchieübergreifende Kommunizieren, das das Netzwerk erweitert und ein Durchschauen der unternehmensinternen Strukturen ermöglicht. Beispielitem: »Meine Meinung sage ich spontan, ohne taktische Überlegungen.«

Kenntnis der Entwicklungsmöglichkeiten

Diese Dimension umfasst die kontinuierliche Informierung über beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten. Beispielitem: »Mein Vorgesetzter weiß besser als ich, welche Möglichkeiten sich in Zukunft im Unternehmen für mich ergeben.«

wenn die Führungskraft nicht über ausreichende Fachkenntnisse verfügt, um allein eine qualitativ hochwertige Entscheidung zu treffen (in Anlehung an das Entscheidungsmodell von Vroom/Yetton – Vroom & Yetton, 1973; Vroom & Jago, 1988). Der hierzu eingesetzte Fragebogen erfasst anhand von 20 Items Offenheit, Stressresistenz, Lernbereitschaft, Fähigkeit zu motivieren und Rollenflexibilität als relevante Führungseigenschaften, die in der . Tab. 17.2 dargestellt sind, und gibt Auskunft hinsichtlich vorhandener Führungsqualitäten. Die Ergebnisse werden grafisch in Form eines Diagramms vorgestellt. Jede Dimension wird mit ihren beiden Polen – stark bzw. minder ausgeprägt – erläutert und anschließend wird eine Auskunft über den individuellen Ausprägungsgrad dieser Dimension gegeben. Dabei ist darauf zu verweisen, dass eine Führungsposition mehr Anforderungen beinhaltet als im Rahmen dieses kurzen Tests erfasst werden kann. Eine umfangreichere Einschätzung eigener Managementpotenziale kann unter www.alpha-test.de – »Student´s corner/ Self Assessment« kostenpflichtig vorgenommen werden.

Fragebogen zu Führungsqualitäten

240

Kapitel 17 · Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens

. Tabelle 17.2.

Führungseigenschaften

Dimension

Erläuterung und Beispielitem

Offenheit

Offenheit bedeutet Experimentierfreude und Aufgeschlossenheit für neue Erfahrungen und gegenüber anderen Kulturen. Beispielitem: »Ich freue mich über jede Idee, die meine Mitarbeiter mir mitteilen.«

Lernbereitschaft

Lernbereitschaft umfasst das Interesse am Erwerb fachlicher und allgemeiner Kenntnisse und Kompetenzen. Beispielitem: »Man kann nicht mit allen technologischen Entwicklungen Schritt halten.«

Fähigkeit zu motivieren

Fähigkeit zu motivieren beschreibt die Fähigkeit und Neigung, Begeisterung und Initiative bei Mitarbeitern zu wecken. Beispielitem: »Ich kann Mitarbeiter dazu bringen, ihr Leistungspotenzial voll auszuschöpfen.«

Rollenflexibilität

Rollenflexibilität bezieht sich auf die Fähigkeit, sich verschiedener Rollen zu bedienen, um seine Persönlichkeit auszudrücken. Beispielitem: »Ich habe keine Schwierigkeiten damit, mal der Experte oder Vorgesetzte zu sein oder mal unwissend dazustehen.«

Stressresistenz

Stressresistenz umfasst die Fähigkeit, unter Belastung ausgeglichen zu reagieren und sich bei der Arbeit durch Stress nicht irritieren zu lassen. Beispielitem: »Unter Zeitdruck bin ich am leistungsfähigsten.«

Vertriebspotenzial

17 Emotionale Stabilität

Beim Vertiebspotenzial fällt der Fokus auf die Eigenschaften eines guten Verkäufers, die im Rahmen der Anforderungsanalyse aus den situativen Anforderungen abgeleitet werden. Es ist jedoch nicht einfach, ein Psychogramm des erfolgreichen Verkäufers zu erstellen, da die Anforderungen an einen Verkäufer mit den unterschiedlichen Verkaufsbereichen variieren. So übt ein Automobilverkäufer seine Tätigkeit im Autohaus aus, während ein Versicherungsvertreter seinen Kunden Hausbesuche erstattet. Dennoch gibt es Anforderungen, die sich unabhängig von der Art des Verkaufs als relevant erwiesen haben. In der Metaanalyse von Schmidt und Hunter (1998) stellt die Extraversion insbesondere bei Verkäufern einen sehr starken Prädiktor für den Berufserfolg dar. Ein guter Verkäufer ist in der Lage, Produkte bei Kunden überzeugend anzubringen, was zum einen eine starke Kontaktorientierung, zum anderen eine stark ausgeprägte Initiative des Verkäufers voraussetzt. Denn im Vertrieb kommt es darauf an, den Kunden von einem Produkt zu begeistern, was wiederum eine persönliche Ansprache des Kunden und die Pflege des Kontaktes mit ihm impliziert. Des Weiteren ist es wichtig, dass der Verkäufer auf konkrete Ziele hinarbeitet und den Erfolgen einen hohen Stellenwert einräumt, also dass er sich von Misserfolgen nicht entmutigen lässt. Verkaufssituationen sind oft, aufgrund der hohen Unsicherheit und interpersoneller Konflikte, durch viel Stress gekennzeichnet; daher sollten Verkäufer belastbar sein und über Strategien für den erfolgreichen Umgang mit Stress verfügen (Udris & Frese, 1999). In diesem Zusammenhang kommt der emotionalen Stabilität, also der Fähigkeit, mit Ruhe und

241

17

17.3 · Online-Tests beim Schweizer Fernsehen

Gelassenheit in kritischen Situationen zu reagieren, eine bedeutende Rolle zu. Zur Erfassung solcher verkaufsrelevanter überfachlicher Eigenschaften wurde ein Online-Test entwickelt, der 18 verkäuferische Fähigkeiten betreffende Aussagen enthält. Nach der Auswertung der Ergebnisse wird ein Ergebnisprofil erstellt, das aus 6 grafisch dargestellten und erläuterten Dimensionen besteht (. Tab. 17.3). Im Anschluss an den Test wird dem Teilnehmer ein Feedback mitgeteilt, das eine kompakte Darstellung des individuellen Ausprägungsgrads jeder erfassten Dimension in grafischer und textbasierter Form umfasst. Der Fragebogen bietet dem Teilnehmer ein kurzes Bild seines Verkaufspotenzials, und kann dem Teilnehmer sowohl bei einem Einstig in den Vertrieb als auch im Falle einer bestehenden Tätigkeit in diesem Bereich für seine Weiterentwicklung nützlich sein. Für den Erfolg im Vertrieb sind neben dem Potenzial auch Produktbzw. Branchenkenntnisse sowie Verhandlungs- und Kommunikationstechniken von hoher Bedeutung.

Online-Test zu verkäuferischen Fähigkeiten

Unternehmertyp Die Gründung eines Unternehmens ist ein sehr komplexes Unterfangen, das oft mit nahezu zeitgleicher Erledigung verschiedener Aufgaben, der Koordination von Mitarbeitern und Ressourceneinteilung verbunden ist. Häufig kann sich der Unternehmer wegen finanzieller Gründe vorerst keine Mitarbeiter leisten oder die Erledigung vieler Aufgaben ist mit seiner Kompetenz verbunden, was zu langen Arbeitszeiten des Unternehmers führt. Hinzu kommt es, dass Unternehmer oft hohem Stress ausgesetzt sind, was eine hohe Belastbarkeit und stabile psychische Konstitution erfodert. Rauch und Frese (2000) haben die starke Bedeutung der internalen Kontrollüberzeugung, also der Wahrnehmung eines Ereignisses als Konsequenz eigenen Handelns gezeigt. Ein Unternehmensgründer hat die volle Verantwortung für sein Unternehmen und muss daher von der Durchführbarkeit eigener Ideen und Strategien überzeugt sein sowie Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten haben. Misserfolge sollen für ihn keine Entmutigung darstellen, sondern ein Anlass sein, ein noch höheres Engagement zur Erreichung des gewünschten Erfolgs zu zeigen. Eine wichtige Voraussetzung für einen Unternehmer ist seine Bereitschaft, Risiken einzugehen, um hohe Gewinne zu erzielen. Angesichts deren unüberschaubarer Vielfalt, ist jedoch für den Unternehmenserfolg ein Risikomanagement sehr wichtig. Einen erheblichen Einfluss auf die spätere Unternehmensentwicklung hat das Schließen strategischer Partnerschaften, die den Einstieg erleichern können. Hierzu muss der Unternehmer willig sein, Partner zu suchen, mit denen er gemeinsam seine Ideen verwirklichen kann. Darüber hinaus sollte der Unternehmer in der Lage sein, auch mit Menschen umzugehen, die sich in ihrer Denkweise von ihm selbst unterscheiden und zusätzliche Ressourcen zur Zielerreichung einzusetzen.

Beschreibung Unternehmertyp

Strategische Partnerschaften

242

Kapitel 17 · Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens

. Tabelle 17.3. Verkäufereigenschaften

17

Dimension

Erläuterung und Beispielitem

Ergebnisorientierung

Ergebnisorientierung bezieht sich auf ein auf ein Ziel hin gerichtetes Handeln und impliziert Planung und Verfolgung von Zielen. Beispielitem: »Im Beruf zählen Ergebnisse, nicht persönliche Eitelkeiten.«

Kontaktorientierung

Kontaktorientierung bezeichnet die Fähigkeit, Kontakte zu anderen Menschen herstellen und diese aufrechtzuerhalten. Dies impliziert den leichten Zugang auf Menschen. Beispielitem: »Es fällt mir leicht, mich einer Gruppe anzuschließen.«

Erfolgsorientierung

Erfolgsorientierung beschreibt die Bevorzugung von Aufgaben, die für eigene Fähigkeiten und Kompetenzen eine Herausforderung darstellen und gute Realisierungschancen besitzen sowie die Fähigkeit, sich durch Erfolge motivieren zu lassen. Beispielitem: »Meinen Erfolg habe ich verdient.«

Belastbarkeit

Belastbarkeit umfasst die Fähigkeit, unter Belastung ausgeglichen zu reagieren und sich bei der Arbeit durch Stress nicht irritieren zu lassen. Beispielitem: »Ablehnung und Rückschläge sind ein Grund, sich zu verbessern.«

Initiative

Initiative zeigt, inwieweit jemand die Änderung einer Situation aus Eigenantrieb aktiv angeht und neue Ideen und/oder Lösungsvorschläge einbringt. Beispielitem: »Ich überlege nicht lange, sondern packe Dinge an.«

Emotionale Stabilität

Emotionale Stabilität bezieht sich auf die ruhige und gelassene Reaktion in kritischen Situationen, was die Kontrolle der Intensität eigener Emotionen impliziert. Beispielitem: »Bei meinen Entscheidungen lasse ich mich nicht von der aktuellen Gefühlslage leiten.«

Für diejenigen, die bereits eine Rolle als Unternehmer ausüben oder diejenigen, die diese Rolle anstreben, ist es wichtig, sich der persönlichen überfachlichen Eigenschaften, die mit dem Unternehmerprofil verbunden sind, bewusst zu werden. Eine Unterstützung dazu bietet der auf der Internetseite des Schweizer Fernsehens aufgeführte Fragebogen. Anhand von 18 Aussagen werden 5 Dimensionen erfasst, die für einen Unternehmer von hoher Relevanz sind. Diese, sowie jeweils ein Beispielitem, sind in der . Tab. 17.4 dargestellt. Der Teilnehmer hat die Möglichkeit, sich an Aussagen auszuprobieren, mit denen er sich im Rahmen seiner Überlegungen, ein Unternehmen zu gründen, möglicherweise bereits befasst hat. Die Ausprägungen dieser Dimensionen werden anschließend in Form eines Diagramms dargestellt und die Dimensionen kompakt erläutert. Somit erhält der Teilnehmer einen Überblick über seine Unternehmerqualitäten sowie Hinweise hinsichtlich eines eventuellen Entwicklungsbedarfs. > Auch wenn im Anschluss an den Testdurchlauf nicht der optimal passende Job gefunden wird, so können die Ergebnisse und die neu erworbenen Kenntnisse über die eigene

243

17

17.4 · Nutzen für das Schweizer Fernsehen

. Tabelle 17.4.

Unternehmereigenschaften

Dimension

Erläuterung und Beispielitem

Kontaktorientierung

Personen mit einer hohen Kontakt- und Kooperationsorientierung suchen sich Partner, mit denen Sie eine Idee gemeinsam realisieren können und gehen gern auf andere Menschen zu. Beispielitem: »Ich gehe gerne auf andere Menschen zu.«

Stressresistenz

Stressresistenz umfasst die Fähigkeit, unter Belastung ausgeglichen zu reagieren und sich bei der Arbeit durch Stress nicht irritieren zu lassen. Beispielitem: »Wenn ich mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen habe, finde ich auch die Kraft dazu.«

Erfolgsorientierung

Erfolgsorientierung beschreibt den Vorzug von Aufgaben, die für eigene Fähigkeiten und Kompetenzen eine Herausforderung darstellen und gute Realisierungschancen besitzen sowie die Fähigkeit, sich durch Erfolge motivieren zu lassen. Beispielitem: »Misserfolge führen dazu, meine Pläne zu überdenken.«

Risikobereitschaft

Risikobereitschaft bezieht sich auf die Neigung, Risiken einzugehen, um höhere Gewinne zu erzielen. Beispielitem: »Dem Mutigen gehört die Welt_ hat für mich viel Wahres.«

Machbarkeitsüberzeugung

Machbarkeitsüberzeugung beschreibt die Fähigkeit, Ereignisse dem eigenen Handeln zuzuschreiben sowie die Überzeugung, dass eigene Ideen und Strategien realisierbar sind. Beispielitem: »Wenn man etwas wirklich will, schafft man es auch.«

Persönlichkeit auch im weiteren Verlauf des Berufsfindungsprozesses sehr hilfreich sein.

17.4

Nutzen für das Schweizer Fernsehen

Wenn man die klassischen Zuschauerzahlen von »ECO« mit denen im Internet vergleicht, ist die Tendenz sehr erfreulich. Die Online-Zugriffe nehmen überproportional zu. Durch die späte Sendezeit von »ECO« ergeben sich außerdem massive Vorteile für den Online-Bereich. Die Abrufzahlen am Dienstagmorgen nach der vorabendlichen Sendung sind sehr hoch und zeugen von hohem Interesse an der Sendung. Bisher zeigen die statistischen Auswertungen, dass vor allem sendungsnahe Inhalte sehr oft und meist in den ersten beiden Tagen nach der Sendung abgerufen werden. Neue Inhalte im sendungsfernen Bereich werden vor allem kurz nach dem Aufschalten aufgerufen. Die Zugriffszahlen steigen enorm, je höher auf der Eingangsseite die Inhalte angepriesen werden. Die Zahlen verlaufen auch hier sehr erfreulich. Im Vergleich zu anderen unterhaltenden Elementen wie beispielsweise Stylingtipps oder Büchervorschläge werden die Kar-

Abrufe von »ECO« im Internet

244

Kapitel 17 · Online-Potenzialanalyse als Service von Portalen am Beispiel des Schweizer Fernsehens

1800

Ab5. Woche Erste 4 Wochen

1600 1400 1200

1056

1000

474

800 88 600 100

100

400 200

0

736

641

656 403

377

398

89

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it

129

0

. Abb. 17.2. Anzahl der Testdurchführungen

17

riereseiten öfter besucht. Gute Zugriffszahlen werden vor allem mit dem direkten Verweis auf die einzelnen Tests erreicht (. Abb. 17.2). Wie die Auswertung der Testdurchführungen zeigt, sind es vor allem Führungsthemen, die von den Usern bevorzugt werden. Gerne nutzen die User aber auch Tests, die ihren Charakter oder ihre Leistungsfähigkeit prüfen. Sie wissen sich in einem seriösen Umfeld, und die Tests sind klar und übersichtlich gestaltet. Zusatzinformationen können abgerufen werden, und weiterführende Tests werden von alpha-test angeboten. Die Interaktivität und der Umstand, dass ihnen das Testresultat zusätzlich per Mail zugesandt wird, führt dazu, dass User länger als gewohnt auf der Seite bleiben und regt dazu an, nach dem Test wieder einen Happen Information aufnehmen zu wollen.

17.5

Ausblick

Bei »ECO« suchen die Userinnen und User in erster Linie Informationen zu wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die Online-Tests von alphatest bieten jedoch nachweislich eine informative und willkommene

245

17

Literatur

Abwechslung. Sobald nämlich ein neuer Test aufgeschaltet ist, steigt die Verweildauer der User auf der »ECO«-Seite. Es ist geplant, die Rubrik Karriere bei »ECO« weiter auszubauen. Dabei wird es künftig spezifischere Testthemen geben. Idealerweise können diese mit ausgestrahlten Sendebeiträgen in Verbindung gebracht und direkt verlinkt werden. Das Internetangebot soll laufend weiter bekannt gemacht werden. Deshalb ist es auch vorstellbar, dass der Moderator bei passender Gelegenheit auf einen Karrieretest hinweist. Erfahrungsgemäß steigen nach einem solchen Hinweis die Besucherzahlen enorm.

Literatur Asgodom, S. (2000). Eigenlob stimmt. Erfolg durch Selbst-PR (2. Aufl.). München: Econ Verlag. De Raad, B. (2000) The Big Five Personality Factors. The Psycholexical Approach to Personality. Göttingen: Hogrefe & Huber Publishers. Herbst, D. (2003). Der Mensch als Marke. Göttingen: BusinessVillage Homburg, C. & Krohmer, H. (2006). Marketing Management (2. Aufl.). Wiesbaden: Gabler Verlag. McCrae R. R., Costa P. T. Jr. (1999). A five-factor theory of personality. In: L. A. Pervin & O. P. John (Eds.), Handbook of Personality: Theory and Research (pp. 139–153). New York: Guilford. McCrae, R. R. & Costa, P. T. (1986). Evaluating comprehensiveness in personalità systems: The California Q-Set and the five-factor model. Journal of Personality 54, 430–446. McCrae, R. R. & John, O. P. (1992). An introduction to the five-factor model and its applications. Journal of Personality, 60, 175–215. Quick, J. C., Cooper, C. L., Quick, J. D., Gavin, J. H. (2002). The Financial Times guide to executive health:

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Stabilität, Variabilität und Validität zur Vorhersage zukünftiger Berufsleistung und berufsbezogenen Lernens. In M. Kleinmann & B. Strauß (Hrsg.). Potenzialfeststellung und Personalentwicklung. (S. 15–43). Göttingen: Hogrefe. Srivastava, S., John, O. P., Gosling, S. D. & Potter, J. (2003). Development of personality in early and middle adulthood: Set like plaster or persistent change? Journal of Personality and Social Psychology 84(5), 1041–1053. Udris, I. & Frese, M. (1999). Belastung und Beanspruchung. In C. Graf Hoyos & D. Frey (Hrsg.), Arbeitsund Organisationspsychologie. Ein Lehrbuch (S. 429–445). Weinheim: Beltz. Vroom, V. H. & Jago, A. G. (1988). The new leadership: Managing participation in organisations. Englewood Cliffs. N. J: Prentice-Hall. Vroom, V. H. & Yetton, P. W. (1973). Leadership and decision making. Pittburg. Pa: University of Pittburg Press.

247

18

Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich Gesa Krämer 18.1

Interkulturelle Kompetenz für eine globalisierte Welt – 248

18.1.1 18.1.2

Messung interkultureller Kompetenz – 248 Einsatz eines Online-Tests im interkulturellen Training – 249

18.2

Interkulturelle Trainings zur Sensibilisierung – 249

18.3

Inhalt und Einsatz des Online-Tests – 253

18.3.1 18.3.2

Ablauf beim Testeinsatz – 254 Beschreibung des Testverfahrens – 255

18.4

Erfahrungen mit Online-Tests im interkulturellen Training – 257

18.5

Kosten-Nutzen-Betrachtung – 259

18.6

Ausblick in die globalisierte Welt – 259 Weiterführende Literatur – 260

248

Kapitel 18 · Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich

18.1

Ziel des interkulturellen Trainings

Begriff »Interkulturelle Kompetenz«

18

Die Globalisierung der Märkte fordert globalisiertes Management. Was heißt das aber für die handelnden Personen? Welche Kompetenzen brauchen diese Menschen? Sind diese idealerweise mehrsprachig, weitgereist und flexibel? Die eierlegende Wollmilchsau also. So lange interkulturelles Management von Personen aus Fleisch und Blut betrieben wird, bringen diese Menschen ihre lokale Kultur, Werte, Verhalten und Erwartungen in ihr Handeln ein. Es gibt keine »global culture«, denn auch Management im internationalen Kontext wird von kulturabhängigen Managern betrieben, die nicht keiner Kultur angehören können. Wer nicht weiss, wie er selbst »tickt«, kann auch schlecht das eigene Handeln einschätzen und damit flexibel umgehen. Deshalb hat interkulturelles Training zum Ziel, das eigene kulturgebundene Handeln zu erkennen, die Wahrnehmung dafür zu schärfen und damit auch die Werte, Erwartungen und Standards der anderen Kulturen zu berücksichtigen. Wertschätzung für kulturspezifische Rituale, Empathie für Andersartigkeit von Bewertungen und die Kongruenz in der eigenen Rolle und Kultur sind Themen, die einem interkulturellen Training zugrunde liegen. Damit ist auch die Grundlage für die Entwicklung und das Training interkultureller Kompetenz geschaffen. Der Begriff der interkulturellen Kompetenz wird lebhaft diskutiert. Dies hängt insbesondere mit dem sich wandelnden Kulturbegriff zusammen. Es gibt kaum mehr eine sich abgrenzende Einheit von Raum, Gruppe und Kultur. Wir leben mit Ein- und Auswanderern, mit ihren Sprachen, Religionen und Weltansichten Tür an Tür, sie sind ein Teil der lokalen Welt geworden. Die fremde Kultur beginnt gleich nebenan. Interkulturelle Kompetenz bezieht sich daher auf jegliche Interaktion zwischen Individuen. Sie beschreibt »die Kompetenz, auf Grundlage bestimmter Haltungen und Einstellungen sowie besonderer Handlungs- und Reflexionsfähigkeit in interkulturellen Situationen effektiv und angemessen zu interagieren« (Bertelsmann Stiftung, 2006). Hinzuzufügen ist, dass interkulturelle Situationen immer dann entstehen, wenn Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft aufeinandertreffen und interagieren. Diese Definition schließt neben der Motivationsebene (Haltungen und Einstellungen), die Selbstkompetenz (Reflexionsfähigkeit), die Sozialkompetenz (in interkulturellen Situationen) und die Methodenkompetenz (Handlungsfähigkeit) mit ein. Wie können diese Kompetenzen ausgebildet und auch überprüft werden? Hier werden nun ein interkulturelles Training und ein Online-Test zur Kompetenzerfassung beispielhaft beschrieben.

18.1.1 Erhebung interkultureller Kompetenz

Interkulturelle Kompetenz für eine globalisierte Welt

Messung interkultureller Kompetenz

Zur Erhebung interkultureller Kompetenz gibt es mittlerweile ein vielfältiges Angebot. Neben Modellen, die Unterschiede zwischen

249

18

18.2 · Interkulturelle Trainings zur Sensibilisierung

kulturellen Orientierungen abbilden (und damit meist kulturspezifisch eingesetzt werden) gibt es auch die Erhebungsinstrumente, die kulturallgemein ein Maß an interkultureller Kompetenz nachweisen. Diese Erhebungsinstrumente werden meist zur Entscheidung bzw. zur Vorbereitung von Auslandsentsendungen und zur Entwicklung interkultureller Kompetenz im Rahmen von Trainings- oder Entwicklungsmaßnahmen für die interkulturelle Zusammenarbeit eingesetzt. > Eine Übersicht bietet die Website der Society for Intercultural Education, Training and Research (SIETAR) (http://www. sietar-europa.org/SIETARproject/Assessments&instruments. html#Topic26) 18.1.2

Einsatz eines Online-Tests im interkulturellen Training

Im Vorfeld des Trainings werden die Erwartungen und Vorerfahrungen der Teilnehmer mithilfe eines Fragebogens ermittelt. Im Rahmen dieser Erfassung ist es möglich, einen Online-Test zur Selbsteinschätzung anzubieten, um einen Einstieg in das Thema zu ermöglichen. Die Erfahrungen zeigen, dass dadurch die Reflexion schon im Vorfeld des Trainings angeregt wird und die Teilnehmer fokussierter zu der Massnahme erscheinen. In dem nun folgenden Beispiel werden der Einsatz des Online-Tests sowohl vor Beginn als auch während und im Anschluss an das Training aufgezeigt und die Chancen und Risiken beleuchtet.

18.2

Interkulturelle Trainings zur Sensibilisierung

Interkulturelle Trainings mit dem Ziel, Mitarbeiter in Unternehmen für den Umgang mit Kollegen, Kunden und Partnern aus anderen Kulturen zu sensibilisieren, gehören in international agierenden Großunternehmen mittlerweile zum Standardangebot in den Weiterbildungskatalogen. »Cross cultural awareness«, »Interkulturelle Sensibilisierung« oder »International erfolgreich agieren« sind meist Überschriften dieser Massnahmen, die zwischen 1–3 Tagen dauern. Zielgruppe sind Fach- und Führungskräfte, die meist aus unterschiedlichen Hierarchien und Aufgabengebieten kommen. Der gemeinsame Nenner liegt darin, dass alle Teilnehmer während und durch ihre Arbeit in Kontakt mit Menschen aus anderen Kulturen kommen und entweder als Kunde, Mitarbeiter oder Geschäftspartner zusammenarbeiten. Diese heterogenen Gruppen sind vielfach nicht monokulturell sondern auch gemischtkulturell zusammengesetzt. Hier wird auf die Trainings fokussiert, die, im Gegensatz zu kulturspezifischen Maßnahmen, kulturallgemein gehalten werden, d. h. der Fokus liegt auf dem Erkennen des eigenen kulturgebundenen

Interkulturelle Trainings für Fach- und Führungskräfte

250

Kapitel 18 · Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich

. Abb.18.1. Wahrnehmungs- und Kompetenzmodell in Anlehnung an den Wahrnehmungskreislauf. [Aus: Krämer, G, Quappe, S. (2006). Interkulturelle Kommunikation mit NLP (S. 75). Berlin: uni-edition]

Wahrnehmungskreislauf

18

Handelns. Dazu gehört, dass der automatische Prozess des Wahrnehmens, Interpretierens und Handelns bewusst gemacht werden soll. Dieser Wahrnehmungskreislauf dient als Grundlage zur Kompetenzentwicklung (. Abb. 18.1). Das Ergebnis der menschlichen Wahrnehmung ist ein subjektiver Ausschnitt aus der objektiv vorhandenen Realität (aus dem Ereignis x wird Ereignis y). Wir nehmen durch unsere Sinneskanäle nur einen Bruchteil der 2 Mio. Informationen auf. Nach dieser Filterung suchen wir in Gedanken nach ähnlichen Erfahrungen und Bedeutungen. Je nachdem, welche Bedeutung wir diesem Ereignis geben, entscheidet unser Gefühlszustand über unser Handeln – dieser Vorgang ist unbewusst und dauert ca. 500.000 Millisekunden. Dieser Prozess dient als (Arbeits-)Grundlage und wird durch Übungen und Modelle in die bewusste Kompetenz der Teilnehmer mit aufgenommen. Die Reflexionsfähigkeit bildet sich durch die Schulung der Wahrnehmung aus; das Erkennen der individuellen und kulturgebundenen Interpretation führt zu einer erweiterten Selbstkompetenz, und der Umgang mit dem eigenen Zustand und der Reaktion wird geübt und führt zur Sozial- und Methodenkompetenz. In Anlehnung an den Wahrnehmungskreislauf und die daran abgebildeteten Kompetenzen wird hier ein 2-tägiges kulturallgemeines Sensibilisierungstraining im Überblick beschrieben.

251

18

18.2 · Interkulturelle Trainings zur Sensibilisierung

Überblick über ein kulturallgemeines Sensibilisierungstraining 1. Interkulturelle Selbst- und Fremdreflexion – Wahrnehmung und Stereotype 2. Interpersonale Kommunikation – Nonverbale und paraverbale Kommunikation 3. Kulturbegriff und Unternehmenskultur – Werte, Kulturschock und interkulturelles Lernen 4. Kulturerfassungsansätze – Kulturstandards und -charakteristika 5. Umgang mit Störungen in der interkulturellen Kommunikation – Menschliche Strukturierungsprozesse und Konfliktmanagement

Aufbau des Trainings

Zu Beginn geht es um das Thema Wahrnehmung und die Einführung des Wahrnehmungskreislaufs. Die Teilnehmer erleben es »am eigenen Leibe«: Sie bekommen ein Bild gezeigt, auf dem sich ein Mensch ein Insekt in den Mund schiebt. Die erste Reaktion ist im allgemeinen Ekel. Diesen Zustand nimmt man dann als Auslöser, um den Kreislauf zu erklären. Daran wird der Unterschied zwischen Wahrnehmung (ein Insekt), Bedeutung (Heuschrecke = in Deutschland bzw. im Westen eher konnotiert als Plage denn als Nahrungsmittel, wie in Asien), Zustand (Ekel) und Reaktion (Ausspruch »Bäh« oder Gesicht verziehen). Anhand mehrerer Beispiele aus dem eigenen Land wird dieser Kreislauf dann auch auf einen monokulturellen Zusammenhang bezogen. Das erleichtert die Selbstreflexion. Im Anschluss daran geht es um die Bewusstseinsbildung zum Thema »Stereotype«. Ein Stereotyp ist ein verbaler Ausdruck einer auf soziale Gruppen oder einzelne Personen als deren Mitglieder gerichteten Überzeugung. Es ist ein Urteil, welches auf vereinfachte, generalisierende und wertende Weise einer Klasse von Personen bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen zu- oder abspricht. Jeder hat sie und keiner mag sie. Sie nützen uns aber, um die Komplexität unserer Umwelt zu reduzieren. Einige Übungen und Reflexionen zu den Themen Vorurteil/Stereotyp und Zugehörigkeit runden den ersten Themenblock ab. Erster Themenblock – Wahrnehmung und Interpretation

In diesem ersten Block wird hauptsächlich auf die Wahrnehmung und die Interpretation eingegangen, d. h. die Selbstkompetenz hinsichtlich Reflexionsfähigkeit und Einstellung trainiert. Zweiter Themenblock – sprachliche Besonderheiten

Im zweiten Block wird insbesondere den sprachlichen Unterschieden Beachtung geschenkt. Auf der sprachlichen Ebene bedient sich in der interkulturellen Kommunikation mindestens einer der Gesprächs-

Verbaler und nonverbaler Kode

252

Kapitel 18 · Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich

Paraverbaler Bereich

partner eines ihm fremden kommunikativen verbalen und nonverbalen Kodes in der Form einer ihm fremden Sprache. Selbst bei guter Kenntnis der Fremdsprache gestaltet sich die Kommunikation komplex und ist risikoreich. Auch im paraverbalen Bereich sind die Kulturunterschiede groß. Lautstärke wird in einigen arabischen und südeuropäischen Kulturen als Mittel eingesetzt, um Sprecherwechsel zu regeln. Ein Nordeuropäer würde eher Streit und Konflikt dahinter vermuten. Unterschiedliche Mimik, Blickkontakt, Körperhaltung und Gestik wird in kleinen Sequenzen eingeübt. Zum Beispiel durch eine Übung, in der eine Person der anderen eine Geschichte erzählen muss, der Zuhörer bricht dabei ständig den Blickkontakt und schaut eher auf den Hals und in Richtung Boden. Der Erzähler in einer deutschen Gruppe ist verunsichert und fühlt sich abgelehnt, dem Zuhörer fällt es schwer, bewusst keinen Kontakt herzustellen. Das Erleben von Ablehnung und des bewussten »anders machen als gewohnt« bildet einen Teil der Sozial- und Handlungskompetenz heraus. Dritter Themenblock – Kultur und Unternehmenskultur

Kulturelle Programmierung

Der dritte Themenblock »Kultur und Unternehmenskultur« wird wieder durch den »Living Learning«-Ansatz in die bewusste Kompetenz integriert. Es geht um die kulturelle Programmierung, den Kulturbegriff und die Charakteristika von Kulturen. Interkulturelles Lernen und das Phänomen des Kulturschocks sind ebenfalls Themen, die zuerst kognitiv verstanden werden sollten. Durch Simulationen können die Symptome von Kulturschock und auch der Umgang mit unbekannten Regeln und das Erfassen von Kulturunterschieden dann affektiv trainiert werden. Hier passt das Simulationsspiel Barnga gut. Hierbei spielen verschiedene Gruppen ein Kartenspiel nach unterschiedlichen Regeln, jedoch ohne letzteres zu wissen. Verbale Kommunikation ist verboten. Der Verlierer sowie der Gewinner einer Spielrunde muss seine Gruppe verlassen und trifft an den anderen Tischen auf neue Regeln, ebenfalls ohne diese Tatsache vorab zu wissen. Ziel der Simulation ist es, den Teilnehmern ihr Verhalten bewusst zu machen, mit dem sie ihre eigenen Werte als universell gültig in eine Gesellschaft tragen, in der andere Werte und Regeln bestimmend sind. Es gibt dann verschiedene Strategien mit den beiden aufeinanderprallenden unterschiedlichen Welten umzugehen: Dominanz, Anpassung, Gleichgültigkeit u. v. m. Je nachdem, in welchem Kontext das Training angelegt ist, wird danach der Transfer der Simulation durch Fragen, Kleingruppenreflexionen oder Beispiele gewährleistet. Durch diese Aktivität wird vornehmlich die Sozial- und Selbstkompetenz trainiert.

Was ist typisch deutsch?

Das Thema des vierten Blocks baut auf den vorherigen auf. Jetzt geht es um Kulturerfassungsansätze. Diese haben die Aufgabe, kulturelle Variablen zu identifizieren, zu erfassen und zu erläutern. Sie stellen Modelle dar, die anhand von Kriterien entwickelt werden, mit denen Kulturen hinsichtlich ihrer Unterschiede und Gemeinsamkeiten be-

18

Vierter Themenblock – Kulturerfassungsansätze

253

18

18.3 · Inhalt und Einsatz des Online-Tests

schrieben und verglichen werden können. Solche Kriterien sind zum Beispiel kulturelle Dimensionen oder Kulturstandards, wie sie von Hofstede, Hall, Trompenaars oder Thomas und vielen anderen entwickelt wurden und werden. Im Training werden z. B. in Kleingruppen mit den Fragen: »Was ist ‚den Deutschen‘ wichtig? Nach welchen Regeln und Werten leben sie? Und was ist typisch deutsch?« deutsche Kulturstandards erarbeitet und nachher im Plenum besprochen. Wichtig ist hierbei der Hinweis darauf, dass diese Standards keine Absolutheit besitzen, sondern Tendenzen einer Gruppe von Menschen darstellen. Im Anschluss daran werden auch wieder in Kleingruppen Kriterien erarbeitet, nach denen man Kulturen beschreiben und analysieren kann. Hier werden dann in der anschließenden Sammlung im Plenum Polaritäten herausgearbeitet, wie z. B. hohe Risikovermeidung – niedrige Risikovermeidung, Zeiteinteilung – Zeitzerteilung oder Ausdruck – Kontrolle von Gefühlen. Die Erweiterung der Methodenkompetenz steht in diesem Teil im Vordergrund. Vor allem durch Rollenspiele und »Critical Incidents« werden die Kulturstandards im Transfer angewendet. Fünfter Themenblock – Umgang mit Konflikten

Anhand der von den Teilnehmern geschilderten Fälle und Probleme wird im fünften Block nun das Thema »Umgang mit Störungen und Konflikten« praxisgerecht behandelt. Durch Rollenspiele, »Culture Assimilator« und kollegiale Beratungskreise werden alle vorherigen Themen miteinander verknüpft und dadurch der Umgang mit Störungen in interkulturellen Kontexten geübt. Hierzu gehört auch das eigene Handeln in Konflikten zu erkennen. Hierbei wird vor allem die interkulturelle Methodenkompetenz vertieft.

18.3

Störungen in interkulturellen Kontexten

Inhalt und Einsatz des Online-Tests

Nachdem Ziele, Ablauf und Inhalte einer interkulturellen Trainingsmaßnahme beispielhaft umrissen sind, geht es nun darum den Einsatz von Online-Tests zur interkulturellen Kompetenz zu beschreiben. Der Online-Test zur interkulturellen Kompetenz ist an die aus dem amerikanischen Raum stammenden sogenannten »Critical Incidents« (CI) angelehnt. Zu diesen in episodenform dargestellten Fallbeispielen kultureller Überschneidungssituationen werden Deutungs- bzw. Erklärungsansätze gereicht, ähnlich wie bei Multiple-Choice-Tests. Somit wird es dem Teilnehmer ermöglicht, sich mit verschiedenen Betrachtungs- und Interpretationsweisen auseinanderzusetzen und die »zutreffendste Erklärungsvariante« auszuwählen. Im Anschluss erhält der Teilnehmer Rückmeldung in Form von Erläuterungen zur Zielkultur (bei kulturspezifischen CI’s) bzw. zur interkulturell angemessenen Lösung und erfährt, ob die ausgewählte Erklärungsvariante »eher angemessen« oder »eher unangemessen« war.

Online-Test »Critical Incidents«

254

Kapitel 18 · Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich

Die Critical Incidents können kulturallgemein oder kulturspezifisch (für eine bestimmte Kultur) ausgestaltet werden. Kulturallgemeine Critical Incidents ermöglichen die Konfrontation mit und gemeinsame Analyse von kulturellen Überschneidungssituationen mit Problemcharakter. Hierbei soll Kulturgebundenheit von Denken, Wahrnehmen, Bewerten und Handeln veranschaulicht werden. Thematisch können Ängste, Erwartungen, Unsicherheiten, Stereotypen, Zeit- und Raumempfinden, Umgang mit Ungleichheit sowie gruppendynamische Prozesse in den Blick gerückt werden. > »Wir sehen nicht die Dinge, wie sie sind. Wir sehen sie, wie wir sind.« (Anais Nin) Ziele des Testeinsatzes

Der Einsatz dieses Tests vor Beginn des Trainings dient der Selbstreflexion und gibt den Teilnehmern eine Idee von den Themen und Fällen, die Inhalte des Trainings sind. Diese Selbsteinschätzung sollte dann im Training aufgegriffen werden und am Ende bzw. einige Wochen nach dem Training erneut abgefragt werden, um den Fortschritt aufzuzeigen. Auch zur persönlichen Zielsetzung ist ein Test vor Beginn des Trainings sinnvoll. Im Vorfeld des Trainings ermöglicht der Test auch die Niveaueinschätzung der Teilnehmer seitens des Trainers. Dies gibt Sicherheit, welche methodisch-didaktischen Schwerpunkte er für das Training wählen sollte. Der Testeinsatz während des Trainings kann als Mittel zur Evaluierung der Selbstkompetenz dienen. Dadurch wird die Reflexion der Teilnehmer angeregt und ihre eigene Haltung und Einstellung konkretisiert. Diese Erkenntnis dient als »roter Faden« und zur Zielfokussierung. Die Teilnehmer erkennen, an welchen Kompetenzen sie im Laufe des Trainings noch arbeiten sollten, und bekommen eine konkrete Vorstellung von Ihrem »Ist- und Sollzustand«. Nach dem Training dient der Test hauptsächlich der Evaluierung der Trainingsinhalte und der Festigung der eigenen Selbsteinschätzung und Sicherheit in und mit seinen erlangten Kompetenzen. Die Evaluierung kann selbstverständlich auch für Trainer und Auftraggeber genutzt werden, um weitere Bedarfe abzuleiten.

18.3.1

18

Ablauf beim Testeinsatz

Der Trainer besitzt ein Kundenlogin für das Testsystem PIAT der alpha-test GmbH. Über die Webseite der Firma loggt er sich in das Testsystem ein und kann dann über das Menü Zugangspasswörter für die Trainingsteilnehmer erstellen und gleich aus dem System per E-Mail an die Teilnehmer versenden. Die Teilnehmer erhalten einen Zugangscode per E-Mail und haben 1 Woche Zeit, den Test durchzuführen. Die Ergebnisse werden in einer Datenbank gespeichert. Der Trainingsleiter hat über sein Kundenlogin Zugriff auf die Ergebnisse. Außerdem kann er jederzeit den Stand der Durchführun-

255

18

18.3 · Inhalt und Einsatz des Online-Tests

gen abfragen und gegebenenfalls die Teilnehmer erneut zur Durchführung aufrufen.

18.3.2

Beschreibung des Testverfahrens

In Anlehnung an das Konzept von Bolten (2006) wurde ein Testverfahren entwickelt, das Trainern hilft, ein Bild von dem aktuellen Kenntnisstand von Kursteilnehmern zu erhalten. Hilfreich sind die Ergebnisse des Verfahrens aber auch für Personen, die sich für interkulturelle Themen interessieren oder in einem multikulturellen Umfeld tätig sind. Interkulturelle Kompetenz stellt die Fähigkeit dar, in einer fremden Kultur erfolgreich zu agieren. Sie wirkt in verschiedene Bereiche der Persönlichkeit hinein und wird von grundlegenden Eigenschaften und Handlungskompetenzen beeinflusst. In der Regel wird die Handlungskompetenz als Interdependenzverhältnis von 3 Kompetenzbereichen gesehen: Selbstkompetenz, Sozialkompetenz, Methodenkompetenz. Finden die Interaktionen in einem fremden Kulturraum statt, ist eine Transferleistung hinsichtlich der Erwartungen und Rollen erforderlich. Zu den Selbstkompetenzen, die in interkulturellen Kontexten eine wesentliche Rolle spielen, gehören: Lernbereitschaft, Offenheit, Reflexionsfähigkeit, Flexibilität, Rollendistanz, Ambiguitätstoleranz. Die Sozialkompetenzen beinhalten: Empathie, Toleranz, Kommunikationsfähigkeit, Konfliktbewältigung. Die Methodenkompetenz bezieht sich einerseits auf fachliche Kenntnisse, Fremdsprachenkenntnisse, Kenntnisse der fremden Kultur, aber auch auf Problemlösestrategien, Entscheidungsfähigkeit und Organisationsvermögen. Der hier vorgestellte Fragebogen untersucht die Bereiche der Selbst- und der Sozialkompetenzen. Der Bereich der Methodenkompetenz ist unter interkulturellem Aspekt sehr kulturspezifisch und wird aus diesem Grund hier nicht berücksichtigt. . Tab. 18.1 zeigt die Dimensionen auf, die mithilfe von Situationsbeschreibungen, sogenannten »Critical Incidents«, abgebildet werden. Die Items wurden von einem multikulturellen Team entwickelt und stellen Situationen dar, in denen interkulturelle Handlungskompetenz vonnöten ist. Dabei ging es darum, Situationen zu finden, die nicht nur eine bestimmte Kultur widerspiegeln, sondern auch globale Aspekte von interkulturellem Handeln. Dadurch sind die Ergebnisse allgemein gültig, d. h. jemand, der einen hohen Wert erzielt, wird sich in nahezu jeder Kultur zurechtfinden und sich angemessen verhalten.

Selbstund Sozialkompetenzen

Globale Aspekte von interkulturellem Handeln

256

Kapitel 18 · Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich

. Tabelle 18.1. Beschreibung der Dimensionen Kompetenzbereich

Dimension

Definition

Selbstkompetenzbereich

Ambiguitätstoleranz

Konstruktiver Umgang mit Unsicherheiten, fremden und mehrdeutigen Situationen

Lernbereitschaft

Bereitschaft, neue Wege zu gehen, neue Konzepte und Ansätze einzusetzen

Offenheit

Begeisterung für neue Ideen entwickeln, Interesse daran, Fremdes kennenzulernen

Empathie

Mitfühlen, Beweggründe anderer nachvollziehen

Anpassungsvermögen

Verhalten an Situationen ausrichten, Streben nach Zusammenarbeit

Respekt/Toleranz

Akzeptieren fremder Meinungen/Einstellungen ohne sie moralisch zu beurteilen, den anderen als Individuum sehen und ihm hörlich begegnen

Sozialkompetenzbereich

Beispiel Item Lernbereitschaft Stellen Sie sich vor, Sie sind Referent in der Einkaufsabteilung eines Handelsunternehmens. In einem Monat steht eine 5tägige Reise zu einem neuen Lieferanten in China bevor. Was empfinden Sie bei dem Gedanken an die Reise? 5 Ich überlege, dass 5 Tage ja schnell vorbei sind und ich dann wieder zurück bin. 5 Ich mache mir Gedanken, wie ich bei dem Lieferanten einen guten Eindruck machen kann. 5 Ich bereite mich auf die Reise vor, indem ich in einem Kurs grundlegende Wörter und Benimmregeln des Landes lerne.

Item Ambiguitätstoleranz

18

Ihr Unternehmen hat Sie zu Ihrer ersten Auslandsreise entsandt und Sie sind gerade in Kairo angekommen. Ihr deutscher Kollege, der Sie am Flughafen abholen soll, ist nicht in Sicht. Was empfinden Sie dabei? 5 Ärger, weil Sie den Kollegen bereits als unpünktlich kennen. 5 Unsicherheit, weil Sie nicht wissen, was passiert ist. 5 Freude, weil eine spannende Zeit vor Ihnen steht.

Anhand der Profildarstellung im Ergebnis kann auf einen Blick festgestellt werden, in welchen Bereichen der Einzelne seine Stärken und Entwicklungspotenziale hat (. Abb. 18.2). Erläuternde Texte unterstützen das Verständnis für die Ausprägung der Dimensionen und bieten dem Trainer Ansatzpunkte für die Vorbereitung des Trainings bzw. der Entwicklungsrichtung für den Teilnehmer.

257

18

18.4 · Erfahrungen mit Online-Tests im interkulturellen Training

. Abb.18.2. Screenshot eines Kurzprofils

18.4

Erfahrungen mit Online-Tests im interkulturellen Training

Online-Tests haben in vielen Bereichen der Personalarbeit Einzug gehalten. Während sie in der Personalauswahl bereits akzeptiert sind, sowohl von den Mitarbeitern als auch von den Bewerbern, stellt sich im Trainingsbereich noch die Frage des Nutzens.

Gefahr der Stereotypisierung und Generalisierung von Verhaltensweisen

258

Kapitel 18 · Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich

In einem interkulturellen Training sind Kontextfaktoren (kultureller Hintergrund und Erfahrungen der Teilnehmer, eigene Erfahrungen des Trainers u. a.) weit wichtiger als in anderen Trainings, in und zu denen auch Tests eingesetzt werden können. Zudem ist die Gefahr der Stereotypisierung und Generalisierung von Verhaltensweisen, wie z .B. »Die Italiener sind so…« größer als bei anderen Trainings. Das beschriebene Testverfahren dient der Selbstreflexion und erkenntnis und der Komplexitätsreduktion der Umweltfaktoren, da man durch die Critical Incidents mehr Kriterien und Lösungsmöglichkeiten für interkulturelle Situationen bekommt. Die Erfahrungen zeigen, dass der Test ein passendes Mittel ist, um seine eigenen Kompetenzen zu reflektieren. Die Erkenntnisse fördern die Selbst- und Fremdwahrnehmung, ein Thema, welches gerade in interkulturellen Trainings von besonderer Bedeutung ist. Jedoch kann der Test die in der Simulation, in aktiven affektiven Methoden erfahrenen Erkenntnisse nicht ersetzen. Der Test dient daher vor allem auch der Strukturierung eines oft so »soften« Themas, der Kompetenzen. Beispiel

18

Bei einem Test wurde in einer Gruppe von14 Personen festgestellt, dass die Ambiguitätstoleranz bei keinem der Teilnehmer groß ausgeprägt schien. Diese Vorannahme wurde im Seminar dann durch eine Übung überprüft: In einer Teamsimulation mit vielen unbekannten Variablen und komplexen Strukturen mussten die Teilnehmer gemeinsam schnelle und »überlebenswichtige« Entscheidungen treffen. Durch die Beobachter kam heraus, dass die Teilnehmer vielfach risikoscheu und zögerlich agierten, wenn ihnen die Konsequenz der Entscheidung nicht klar war. Dieses Verhalten führte dazu, dass das Ergebnis der Simulation für die meisten Teilnehmer wenig befriedigend war. Das wurde dann im Debriefing zum Anlass genommen, die Kompetenz Ambiguitätstoleranz genauer zu beleuchten und persönliche und unternehmensinterne Hintergründe zu klären. In anschließenden Übungen konnten die Teilnehmer dann den Umgang mit Risikio neu für sich entdecken. Ohne den Test im Vorfeld wäre dieses Defizit möglicherweise nicht so deutlich ans Tageslicht gekommen. Sicherlich bringen Erwartungsabfragen im Vorhinein auch eine Übersicht über die bewussten Themen und Fragestellungen. Jedoch gerade dann, wenn die Teilnehmer sich in einem Themenbereich noch nicht gut auskennen und bisher ihre persönlichen Erfahrungen wenig reflektieren konnten, ist es sinnvoll, durch einen Test die Kompetenzen abzuprüfen. Damit das Training dann genau die Kompetenzen trainiert, die benötigt werden.

259

18

18.6 · Ausblick in die globalisierte Welt

18.5

Kosten-Nutzen-Betrachtung

Für Unternehmen haben Tests einen großen Vorteil: Man kann den »Ist- und Sollzustand« des Know-hows der Mitarbeiter abbilden und evaluieren. Für das interkulturelle Training lohnt sich eine Investition in einen Test vor allem vor einer Massnahme, kann dadurch doch die Vorbereitungszeit für den Trainer zielgerichteter genutzt werden und das Training als solches viel teilnehmerzentrierter ausgerichtet werden. Die Besprechung der Ergebnisse im Teilnehmerkreis bietet immer einen willkommenen Einstieg in die Thematik »Interkulturelle Kompetenz«. Aber auch die im Test vorgestellten Situationen regen zu Diskussionen über kulturspezifische Verhaltensweisen an und ermöglichen das Herausarbeiten der eigenen Motivation und möglichen Regeln der Zusammenarbeit, des Zusammenlebens. Vorteile auf inhaltlicher Ebene 5 Feststellung der vorhandenen Kompetenzen der Teilnehmer durch den Online-Test 5 Verbalisierung von Gedanken zu interkulturellen Situationen 5 Vorurteile gegenüber fremden Kulturen abbauen

Neben den Vorteilen, die ein Test auf inhaltlicher Ebene bietet, nämlich das Aufdecken von Kompetenzen oder mangelnden Kompetenzen, bieten sich für einen Trainer und für Unternehmen auch auf organisationaler Ebene Vorteile. Vorteile auf formaler/organisatorischer Ebene 5 5 5 5 5

18.6

Weltweite Verfügbarkeit Einfaches Handling ohne Softwareinstallation Übersichtliche Darstellung der Ergebnisse Verbindung mit E-Learning-Bausteinen Nutzung, in erweiterter Form als Personalauswahl bzw. -förderungstool

Ausblick in die globalisierte Welt

Der Einsatz des Online-Tests im interkulturellen Training steht und fällt mit der Einbindung desselben in das Training und damit mit der Kompetenz des Trainers. Daher ist es besonders wichtig, dass der Trainer sich sowohl seiner eigenen Werte und kulturgebundenen Verhaltensweisen bewusst ist als auch den Fokus auf eine wertneutrale Einbindung der Testergebnisse behält. Da das Thema »Kultur« gerade bei Fusionen nach wie vor unterschätzt wird, kann man nicht genug

Feststellen von Kompetenzen und Erkennen des Trainingbedarfs

260

Kapitel 18 · Einsatz eines Online-Tests zur Erfassung interkultureller Kompetenz im Trainingsbereich

tun, um mit Mitteln, die für die Teilnehmer greif- und erfahrbar sind, das Thema mehr in das Bewusstsein der Menschen zu bringen. Dazu kann ein Test, gerade auch zur Vorbereitung eines Trainings, gute Dienste leisten. Es gibt immer mehr Ansätze, Trainings teilweise online mit ergänzenden Präsenzveranstaltungen durchzuführen. Online-Tests im Vorfeld eines Trainings können so gestaltet sein, dass die Rückmeldungen bereits Hinweise auf E-Learning-Angebote geben. Dadurch könnte ein Kandidat für einen Auslandsaufenthalt selber prüfen, inwiefern er den Anforderungen im Ausland gewachsen sein wird und in welchen persönlichen Bereichen er sich noch entwickeln muss. Vor allem im Bereich der Methodenkompetenz, in den Kenntnisse einer bestimmten Kultur fallen, könnte ein Online-Self-Assessment hilfreich sein. Für Unternehmen wäre es denkbar, vor einer geplanten Expansion ins Ausland, alle daran beteiligten Mitarbeiter einem interkulturellen Online-Test zu unterziehen, um dann zu entscheiden, ob man mit der vorhandenen Mannschaft den Schritt wagen soll bzw. welche organisatorischen und personellen Änderungen vorzunehmen sind. > »Andere Kulturen neben der eigenen entdecken zu wollen […] gleicht der Bereitschaft, ein dunkles Zimmer zu betreten, anzuecken und über unvertraute Möbelstücke zu stolpern, bis der Schmerz im Schienbein einen daran ermahnt, wo etwas steht.« (Fons Trompenaars)

Weiterführende Literatur

18

Je nachdem für welchen Aspekt dieses Beitrags Sie sich interessieren, bekommen Sie hier einen Auszug von Literaturhinweisen für eine vertiefende Lektüre. Selbstverständlich können Sie sich auch an die Autorin persönlich wenden: www.culture-coaching-training. de; www.arbeitenimausland.org Zum Thema Interkulturelle Kompetenz bietet die Bertelsmann-Stiftung ihre aktuelle Diskussion auch im Internet an: Bertelsmann Stiftung (2006). Interkulturelle Kompetenz – Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts? Thesenpapier der Bertelsmann Stiftung auf Basis der Interkulturellen-Kompetenz-Modelle von Dr. Darla K. Deardorff. Gütersloh (http://www.bertelsmann-stiftung.

de/bst/de/media/xcms_bst_dms_ 17145_17146_2.pdf ). Die Grundlage des Tests ist hier zu finden: Bolten, J. (2004). Interkulturelles Handeln in der Wirtschaft. Sternenfels: Verlag Wissenschaft & Praxis. Bolten, J. (2006). Interkulturelle Kompetenz. In L. R. Tvasman (Hrsg.), Das große Lexikon Medien und Kommunikation. Würzburg: Ergon Verlag. Die psychologische Grundlage diskutiert Bittner, A. (1994). Psychologische Aspekte der Vorbereitung und des Trainings von Fach- und Führungskräften auf einen Auslandseinsatz. In: T. Alexander (Hrsg.), Psychologie interkulturellen Handelns. Göttingen: Hogrefe.

Der Living-Learning Ansatz ist zu finden bei Cohn, R., Klein, I. (1993). Großgruppen gestalten mit Themenzentrierter Interaktion. Ein Weg zur lebendigen Balance zwischen Einzelnen, Aufgaben und Gruppe. Mainz: Grünewald. Zur kollegialen Beratung schreibt Tietze, K.-O. (2003). Kollegiale Beratung. Hamburg: Rowohlt. Wie genau wir nach ähnlichen Erfahrungen suchen und uns auf unser Gegenüber einstellen erklärt der Psychoneurologe Joachim Bauer in seinem Buch über die Spiegelneuronen: Bauer, J. (2006). Warum ich fühle, was du fühlst. München: Heyne. Zur Effektivität von Interkulturellen Trainings und Darstellung von

261

18

Weiterführende Literatur

Methoden sind zuerst die international anerkannten Experten der Interkulturellen Forschung zu nennen: Hall, E. T., Hall, M. R. (1990). Understanding cultural differences. Yarmouth: Intercultural Press. Hofstede, G. (2001). Lokales Denken, globales Handeln. München: Beck. Thomas, A., Hagemann, K. (1992). Training interkultureller Kompetenz. In: N. Bergmann, A. Sourisseaux, (Hrsg.): Interkulturelles Management. Heidelberg: Physica. Trompenaars, F., Hampden-Turner, C. (2004). Managing people across cultures. Chichester: Capstone. Die Methodik der Critical Incidents und des Culture Assimilators beschreiben diese Autoren: Brislin, R. W. (1995). The Culture-General Assimilator. In S. M. Fowler, M. G. Mumford (Hrsg.) Intercultural Sourcebook: Cross-Cultural Training Methods (Vol.1, S.172 ff ). Yarmouth: Intercultural Press, Inc. v. Helmolt, K. & Müller, B.-D. (1993). Zur Vermittlung interkultureller Kom-

petenzen. In: H.-G. Arzt (Hrsg.), Qualifikation für internationale Zusammenarbeit. Konsequenzen für die deutsch-französische Ausbildung an Grandes Ecoles und Universitäten (S.100). Ludwigsburg: Deutsch-französisches Institut. Krewer, B. (1994). Interkulturelle Trainingsprogramme – Bestandsaufnahmen und Perspektiven. In: Nouveaux Cahiers d‘allemand. (Nr. 2, S.147 ff ). Université Nancy. Deutsche Kulturstandards, Interkulturelle Simulationsspiele und Praxisübungen für Trainings finden Sie in dieser Auswahl: Krämer, G., Quappe, S. (2006). Interkulturelle Kommunikation mit NLP. Berlin: Uni-edition. Schroll-Machl, S. (2003). Die DeutschenWir Deutsche. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen. Thiagaran, S., Steinwachs, B. (1990). Barnga. A Simulation Game on Cultural Clashes. Yarmouth: Intercultural Press.

Weiterführende Informationen zum Einsatz von Erhebungsinstrumenten im interkulturellen Training steht bei Brinkmann, U., van Weerdenburg, O. (2003). A new approach to intercultural management traning: Building intercultural competences. IHRIM Journal 7, pp. 63–68. Eine Verbindung aus der Interkulturellen Kompetenzdiskussion und dem Einsatz von dazu passenden psychologischen Tests finden Sie hier Kühlmann, T., Stahl, G.(1998). Diagnose interkultureller Kompetenz. Entwicklung und Evaluierung eines Assessment Centers. In: C. Barmeyer, J.Bolten (Hrsg.), Interkulturelle Personalorganisation. Berlin: Sternenfels.

263

VI 8

Fazit und Ausblick Kapitel 19

Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests – 265 Heinke Steiner

Kapitel 20

Neuentwicklungen und Trends – 279 Ulla Hospelt

Kapitel 21

Kommentierte Übersicht der Anbieter von Online-Tests – 293 Meike Seiffert

265

Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests Heinke Steiner 19.1

Einleitung – 266

19.2

Talente finden – 266

19.3

Talente fördern – Kompetenzen managen – 269

19.3.1 19.3.2 19.3.3

Definition von Kompetenzen – 269 Messen von Kompetenzen – 270 Verwalten von Kompetenzen – 271

19.4

Webbasiertes Kompetenzmanagement – 271

19.4.1 19.4.2

Online-Tests als Modul – 274 E-Learning als Modul – 274

19.5

Integration von Online- und Offline-Modulen – 275

19.6

Ausblick – 277 Literatur – 278

19 8

266

Kapitel 19 · Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests

19.1

Einleitung

In den vorangegangenen Kapiteln wurden zahlreiche Beispiele vorgestellt, in denen es darum ging, die richtigen Mitarbeiter zu finden, diese im Unternehmen zu entwickeln und zu behalten. Talente finden und Talente an das Unternehmen zu binden, ist die strategisch bedeutsamste Aufgabe der Personalabteilungen von Unternehmen. Während in der Vergangenheit der Fokus sehr stark auf den fachlichen Kriterien zur Bewertung von Bewerbern lag, erhalten Soft Skills in jüngster Zeit einen größeren Stellenwert. Dieses hat nicht nur mit einem Sinneswandel in den Personalabteilungen zu tun, sondern vielmehr mit den Möglichkeiten einer objektiven Einschätzung von Soft Skills durch neue Technologien. Die Internettechnologie hat nicht nur die Abläufe in den Personalabteilungen verändert, sondern führte auch zu neuen Methoden im Personalmarketing und der Rekrutierung von Mitarbeitern. E-Recruiting ist mehr als eine Abbildung von gewohnten Abläufen im Internet. Ein Bewerber, der seinen Lebenslauf in einer Jobbörse veröffentlicht, erreicht nicht nur ein Unternehmen, sondern unzählige. Eine Stellenanzeige, die auf der Homepage eines Unternehmens veröffentlicht wird, erscheint in zahlreichen Job-Robots gleichzeitig. Cross-Media-Veröffentlichungen von Print und Online sind bei den großen Tageszeitungen mit Stellenbörse gang und gäbe. Analog zur Digitalisierung des Bewerbungsablaufes sind auch in der Personalentwicklung erste Schritte in die Richtung eines E-Kompetenzmanagements zu beobachten. Bislang sind es aber erst einzelne Bausteine, einzelne Methoden, die technologieunterstützt eingesetzt werden. In diesem Kapitel soll ein Modell vorgestellt werden, wie ein integriertes Bewerber- und Kompetenzmanagementsystem funktionieren könnte.

19.2

19

Talente finden

Mit dem Aufbau und der Verbreitung von unternehmensspezifischen Informationsangeboten im Internet können Unternehmen zielgruppenspezifische Botschaften zur Positionierung des Unternehmens als Arbeitgeber senden und potenzielle Mitarbeiter akquirieren. Umfragen zeigen, dass die Homepage eines Unternehmens die wichtigste Informationsquelle für Bewerber darstellt. Die Transformation klassischer, papiergestützer Bewerbungen und Testverfahren in online- oder multimedial gestützte Verfahren eröffnet neue Wege zur Diagnose beruflicher Fähigkeiten und zur Prognose des beruflichen Erfolgs. > E-Recruiting ist mehr als nur eine 1:1-Abbildung der traditionellen Bewerberauswahl mittels Internettechnologie.

267

19

19.2 · Talente finden

Das Konzept des E-Recruiting ermöglicht, eine Vielzahl an Informationen über Bewerber bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Personalauswahlprozesses zu gewinnen. E-Recruiting stellt deshalb nicht nur ein Rationalisierungsinstrument für klassische Abläufe bei der Personalauswahl dar, sondern führt durch den Einsatz von OnlineTests zur Kompetenzmessung zu einer Qualitätsverbesserung der

Online-Tests zur Kompetenzmessung

Personalauswahlentscheidungen. Beispiel Nehmen wir als Beispiel ein Unternehmen aus der Metallindustrie, das jährlich 50 Auszubildendenstellen zu besetzen hat. Auf die 50 Stellen bewerben sich 3000 Schülerinnen und Schüler. Bewerbungen für Ausbildungsplätze werden in vielen Unternehmen noch nicht von Online-Recruiting-Systemen abgedeckt. So auch in diesem Fallbeispiel. Von den 3000 Bewerbungen werden 500 aufgrund formaler Mängel gleich zurückgesendet. Insgesamt 2500 Bewerbungen werden eingehend bearbeitet, d. h. es werden die Schwerpunktfächer begutachtet, die Noten, das außerschulische Engagement. Nimmt man pro Bewerbung einen Zeitaufwand von15 min an, so entsteht ein Aufwand von 625 Arbeitsstunden für die erste Auswahlstufe. Es ist nicht unüblich, dass von den ursprünglich 3000 Bewerbern 500 zu einem Testtag ins Unternehmen eingeladen werden. Wenn in einem Raum 25 Kandidaten unter Aufsicht einer Person aus dem Unternehmen die Tests durchführen, entspricht das 20 Manntagen Aufwand für das Unternehmen. Bei den üblicherweise eingesetzten PapierBleistift-Tests kommt noch der Zeitaufwand für die Auswertung der Tests hinzu. Die telefonischen oder persönlichen Rückmeldegespräche müssen ebenfalls bedacht werden. Alles in allem ist für die Besetzung der 50 Auszubildendenstellen mehr als eine Person ein ganzes Jahr lang beschäftigt. Abgesehen davon, dass die Güte der Tests nach vielleicht 30-jährigem Einsatz in der gleichen Art und Weise möglicherweise nicht mehr die frühere Qualität in der Identifikation der richtigen Bewerber hat.

Mit E-Recruiting-Methoden erreicht man: 5 Ein modernes Image und damit bessere Bewerber 5 Effiziente Abläufe und damit Kosteneinsparungen 5 Objektive Bewertung und damit bessere Auswahlentscheidungen

Der Prozess des E-Recruiting (. Abb. 19.1) fängt damit an, dass Bewerber über die Homepage eine Vielzahl an Informationen erhalten, sich dadurch den Alltag im Unternehmen besser vorstellen können und selbst eine bessere Basis für ihre Entscheidung, sich zu bewerben oder eben nicht, haben. Dadurch kommt es seltener vor, dass Bewer-

Selbstselektion

268

Kapitel 19 · Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests

Integriertes Bewerbermanagement

Homepage

Checklisten, Self-Assessment

Online-Bewerbung

Online-Assessment

AC, Interview

Feedback

Datenspeicherung

Zentrale Datenbank

Der Personalmanager hat jederzeit Zugriff auf alle Bewerberdaten, kann den Bewerbungsprozess verfolgen und gestaltend eingreifen. Interessante Bewerber können z.B. »reserviert« werden. Anforderungsprofile können definiert und automatische Matchingfunktionen aktiviert werden.

. Abb. 19.1. E-Recruiting-Prozess

Vorauswahl (Präselektion)

ber, nachdem sie vom Unternehmen ein Vertragsangebot erhalten haben, doch zu einem anderen Arbeitgeber wechseln. Diese Selbstselektion kann vom Unternehmen auch dadurch verstärkt werden, indem Online-Tests auf die Webseite integriert werden, deren Ergebnis die Kandidaten entweder ermuntert, sich zu bewerben, oder eine Empfehlung für eine andere berufliche Laufbahn gibt. Der nächste Schritt beim E-Recruiting nach der Selbstselektion ist die Vorauswahl (Präselektion). Hier wird im Vorfeld der Stellenveröffentlichung ein Sollprofil definiert, das die Bewerber mindestens erfüllen müssen, um zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. > Die Regeln, nach denen Bewerber angenommen oder abgelehnt werden, müssen klar definiert sein.

Hinterlegtes Sollprofil

19

Matching

Das Sollprofil wird in dem Recruiting-System hinterlegt und jede Bewerbung wird anhand der vorgegebenen Kriterien bewertet. In erster Linie sind dies – genauso wie bei klassischen Bewerbungen – die sog. harten Faktoren, also Daten, die aus dem Lebenslauf ablesbar sind: Schulabschluss, Noten, Ausbildung. Daneben können auch Kriterien für die Soft Skills definiert werden. Je nachdem, welche Persönlichkeitsfaktoren für eine bestimmte Position im Unternehmen wichtig sind, werden Testverfahren entwickelt und mit dem Recruiting-System verbunden. Die Bewerber führen die Tests durch und ihr Ergebnis wird mit dem hinterlegten Sollprofil abgeglichen. Dieser Abgleich

269

19

19.3 · Talente fördern – Kompetenzen managen

wird auch Matching genannt und ermöglicht eine frühe Selektion der passenden Kandidaten. Durch das automatische Matching werden diejenigen Bewerber, die die Anforderungen nicht erfüllen, bereits frühzeitig (beispielsweise über eine entsprechnde vorgefertigte E-Mail) abgelehnt, ohne dass dabei auf Unternehmensseite Personalressourcen eingesetzt wurden. Diejenigen, deren Qualifikationen und Soft Skills die Vorgaben erfüllen, werden zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Ab diesem Zeitpunkt fallen in etwa die gleichen Tätigkeiten und Kosten wie bei herkömmlichen Bewerbungen an. Der Vorteil des E-Recruitings zeigt sich dabei aber immer noch in Form von Informationen über die Soft Skills der Bewerber, die durch gezielte Fragen im Vorstellungsgespräch überprüft werden. Dadurch wird das Vorstellungsgespräch effizienter. Effizienz zeigt sich auch darin, dass die gesamten relevanten Informationen von »genommenen« Bewerbern auf elektronischem Weg in die ERP-Systeme überführt werden und somit für die Lohnbuchhaltung und weitere Administration zur Verfügung stehen. Jedoch können die Informationen auch für die Personalentwicklung genutzt werden. Eine systematische Dokumentation der vorhandenen Kompetenzen bereits mit dem Einstieg ins Unternehmen ermöglicht eine optimale Ressourcennutzung.

19.3

Talente fördern – Kompetenzen managen

Vielfach wird im Zusammenhang mit Kompetenzmanagement vor allem der fachliche Aspekt, das Wissen der Mitarbeiter, betrachtet. Es wird versucht, Teams so zusammenzustellen, dass sie sich fachlich ergänzen, damit sie die Aufgaben optimal erledigen können. Zahlreiche Untersuchungen von Firmenfusionen oder Projekteevaluationen zeigen jedoch, dass der Faktor Mensch, die Persönlichkeiten der Akteure, den entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens haben. Neben den rein fachlichen Kriterien rücken die weichen Faktoren zunehmend in den Vordergrund. Zudem stellt sich in der Praxis oft heraus, dass die sog. Soft Skills eigentlich die resistenten Faktoren sind, die sich durch Seminare und Trainings nur schwer verändern lassen. > Die weichen Faktoren (Persönlichkeit) lassen sich viel schwerer beeinflussen als die harten (Fachkenntnisse).

19.3.1

Definition von Kompetenzen

Kompetenzen in unserem Sinne sind als Gesamtheit aller Ressourcen, die ein Mitarbeiter in seinen Arbeitsalltag einbringt, zu verstehen. Demzufolge kann man zwischen persönlichen Kompetenzen, sozialen

Optimale Ressourcennutzung

270

Kapitel 19 · Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests

Methodenkompetenz

Diagnostik

Training

Kernpersönlichkeit

Fachkompetenz Fachkompetenz Soziale Kompetenz

. Abb. 19.2. Zwiebelschalenmodell der Persönlichkeit

Kompetenzen, methodischen und fachlichen Kompetenzen unterscheiden. In einem Zwiebelschalenmodell gedacht (. Abb. 19.2), entsprechen die persönlichen Kompetenzen dem inneren Kern, der zu großen Teilen genetisch determiniert ist und sich nur sehr schwer ändert. Es folgt weiter außen die soziale Kompetenz, die das Interagieren mit anderen betrifft und stark von der Sozialisation abhängt. Durch Einüben bestimmter Verhaltensweisen und Rollentausch kann hier eine Flexibilisierung des Verhaltens in sozialen Situationen erreicht werden. Die Methodenkompetenz ist ein Kulturgut unserer westlichen Kultur. Dazu gehöhren eine systematische Vorgehensweise, Analyse von Situationen; Zeitmanagement u. a. Trainings erzielen hier sehr gute Erfolge. Die fachlichen Kompetenzen beinhalten die berufliche Qualifikation, die durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen verbessert werden kann. 19.3.2 Fachliche Kompetenz als Grundstein

19

Messen von Kompetenzen

Bereits in der Bewerbungsphase erhält das Unternehmen über die Bewerbungsunterlagen einen Eindruck über die Qualifikation des zukünftigen Mitarbeiters. Die fachliche Kompetenz, die durch Ausbildungs- und Weiterbildungszeugnisse belegt wird, ist der Grundstein für die Auswahl eines Bewerbers. Im Vorstellungsgespräch werden bisherige Erfahrungen, Leistungen und Erfolge erfragt, die auf das Vorhandensein gewisser methodischer Kompetenzen hinweisen.

271

19

19.4 · Webbasiertes Kompetenzmanagement

Im Rahmen von Assessment-Centern versucht das Unternehmen, Informationen über das soziale Verhalten der Kandidaten zu erhalten. Durch Rollenspiel oder Gruppenübungen sind die Bewerber gezwungen, Interaktionen einzugehen, die das zukünftige Verhalten im Team vorhersagen lassen. Die Persönlichkeit eines Bewerbers und eines Mitarbeiters wird häufig diffus charakterisiert, da selten psychologische Testverfahren eingesetzt werden, um bestimmte Aspekte der Persönlichkeit, die im Berufsalltag relevant sind, zu erfassen. Personaler und Vorgesetzte verlassen sich gerade dort auf »den Bauch«, wo es am schwierigsten ist, konkrete Aussagen zu machen: bei dem inneren Kern einer Person. Idealerweise werden alle Kompetenzen, die für das Unternehmen relevant sind, vor dem Eintritt eines Bewerbers ins Unternehmen systematisch erfasst (. Tab. 19.1). Dann können vorhandene Defizite erkannt und frühzeitig durch geeignete Maßnahmen behoben werden. Setzt ein Unternehmen für das Bewerbermanagement ein E-Recruitingsystem mit Online-Testverfahren ein, hat das Unternehmen Informationen über die Kompetenzen des neuen Mitarbeiters bereits von Beginn an. Im Rahmen der Personalentwicklung gilt es bei allen Mitarbeitern, die Kompetenzen zu erfassen und zu bewerten. Ein systematisches Kompetenzmanagement kann nur technologiegestützt funktionieren. Bisherige Personalverwaltungssysteme enthalten nur rudimentäre Informationen über die Mitarbeiter, die für die Verwaltung von Bedeutung sind. Dokumentationen von Vorstellungsgesprächen, Ergebnisse aus Assessment-Centern oder die Jahreszielvereinbarungsgespräche werden häufig in die Personalakte aus Papier gelegt. Verständlicherweise greift kaum jemand auf diese einmal abgelegten Informationen zurück, selbst wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt für ein Projekt sehr hilfreich sein könnten.

19.3.3

Verwalten von Kompetenzen

Um die Kompetenzen nutzbar zu machen, müssen sie in irgendeiner Form verwaltet werden. Dabei ist es wichtig, Transparenz herzustellen, damit möglichst viele Entscheidungsträger darauf zugreifen können. Ein Projektleiter, der ein leistungsstarkes Team zusammenstellen möchte, kann sich die Kompetenzprofile verschiedener potenzieller Teammitglieder anzeigen lassen und auf dieser Basis die Auswahl treffen. > Es ist nicht das Wissen, sondern die dahinterstehenden Personen, die für das Unternehmen einen Wert darstellen.

19.4

Webbasiertes Kompetenzmanagement

Gehen wir von dem eingangs definierten Kompetenzbegriff aus, geht es bei einem Kompetenzmanagementsystem in erster Linie um das

Vorhersagbarkeit von Verhalten

Systematisches Kompetenzmanagement nur IT-gestützt umsetzbar

272

Kapitel 19 · Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests

. Tabelle 19.1. Systematische Erfassung von Kompetenzen Kompetenz

Wie kann sie gemessen werden?

Fachliche Kompetenz

Ausbildungs- und Weiterbildungszeugnisse

Methodenkompetenz

Zeugnisse früherer Arbeitgeber, Seminarzertifikate, AC-Übungen

Soziale Kompetenz

Rollenspiele, gesellschaftliches Engagement, Gruppenübungen

Persönliche Kompetenz

Persönlichkeitsfragebogen, Test, biografisches Inventar

Kennen der Human Resources, die ein Unternehmen zur Verfügung hat. Wenn die Human Resources im gesamten Unternehmen bekannt sind, können sie zielgerichtet und systematisch weiterentwickelt werden (s. auch die Definition des Begriffs »Kompetenzmanagementsystem« bei Grote, Kauffeld & Frieling, 2006) Die Zielrichtung für die Entwicklung der Kompetenzen sollte allerdings frühzeitig festgelegt werden. Dafür gibt es verschiedene Ansätze. Grote und Mitarbeiter (2006) beschreiben 3 Ansätze bei der Erfassung und Festlegung der relevanten Kompetenzen: 5 Wertebasierter Ansatz (Value-based): Ausgangspunkt sind die Werte und Normen des Unternehmens; die gewünschten Kompetenzen werden daraus abgeleitet. 5 Forschungsbasierter Ansatz (Research-based): Ausgangspunkt sind Best-Practice-Fälle, die analysiert werden und aus denen die gewünschten Kompetenzen abgeleitet werden. 5 Strategieorientierter Ansatz (Strategy-based): Ausgangspunkt ist die zukunftsbezogene Strategie des Unternehmens; aus dem, was erreicht werden soll, erfolgt die Definition der erforderlichen Kompetenzen. Balanced Scorecard

19

Mit der Einführung der Balanced Scorecard in Unternehmen hat der strategieorientierte Ansatz Auftrieb erhalten. Der Begriff »Balanced Scorecard« kennzeichnet ein Managementsystem, bei dem die Unternehmensstrategie und ihre Implementierung auf allen Hierarchieebenen und in allen Unternehmensbereichen im Mittelpunkt stehen. »Zur Steuerung einer Organisation ist es erforderlich, dass aus der Strategie klar formulierte, messbare und kontrollierbare Steuerungsgrößen abgeleitet werden und diese – in den erfolgsbestimmenden Perspektiven ausbalanciert – dem Management und den Mitarbeitern die Richtung weisen« (Kaplan, Norton & Hórvath, 1997, aus dem Vorwort). Dem Kompetenzmanagement kommt dabei eine wichtige Rolle zu, da die Mitarbeiter gezielt im Hinblick auf ihre Funktion bei der Implementierung der Strategie gefördert werden. Wird ein Mitarbeiter zu einem Training geschickt, kann er genau erkennen, welche Bedeutung dieser Qualifikation zukommt.

273

19

19.4 · Webbasiertes Kompetenzmanagement

> Die Mitarbeiter müssen die Strategie des Unternehmens verstehen und ihre Rolle im Gesamtgefüge erkennen.

Die erforderlichen und vorhandenen Kompetenzen werden in der Regel in Form von sog. Kompetenzmodellen dargestellt. Kompetenzmodelle zeigen auf, welchen Grad an fachlichen, methodischen, sozialen und persönlichen Fähigkeiten die einzelnen Mitarbeiter einbringen sollen und wie das Gesamtportfolio des Unternehmens hinsichtlich der einzelnen Kompetenzbereiche aussehen sollte, damit das Unternehmen auf dem Markt erfolgreich agiert. Die Systematik und die Instrumente, mit der die Kompetenzen erfasst und entwickelt werden, sind die erfolgskritischen Faktoren für die Implementierung der Kompetenzmodelle und somit der Unternehmensstrategie. »Ein Kompetenzmanagementsystem ist durch die Übereinstimmung von Personalinstrumenten mit einem unternehmensbezogenen Kompetenzmodell gekennzeichnet« (Grote, Kauffeld & Frieling, 2006, S. 4). Die Instrumente sind nicht neu: Testverfahren, Assessment-Center, Anforderungsprofile, Trainings und E-LearningModule werden vielfach als vereinzelte Instrumente eingesetzt. Die Ergebnisse dieser Verfahren werden jedoch nicht systematisch genutzt bzw. nicht so weit kommuniziert, wie es für das Gesamtunternehmen vielleicht wichtig wäre.

Kompetenzmodelle

Erfolgskritische Faktoren

> Bewährte Instrumente sollten flächendeckend und systematisch genutzt werden. . Abb. 19.3 enthält die schematische Darstellung eines Kompetenzma-

nagementsystems. Kernstück des Systems ist die Datenbank, die sich auf einem Internetserver befindet. Die Datenbank enthält die Struktur des unternehmenseigenen Kompetenzmodells und ist einerseits mit Diagnose-Tools wie z. B. Online-Tests verknüpft und andererseits mit E-Learning-Modulen. Die Mitarbeiter können über einen Passwortzugang Tests durchführen, um ihre eigene Kompetenzausprägung zu erfassen. Die Ergebnisse der Tests werden in der Datenbank gespeichert und können von dem Mitarbeiter und bei Freigabe durch den Mitarbeiter auch von der Personalabteilung und dem Vorgesetzten eingesehen werden. In der Datenbank werden aber auch die Ergebnisse eines von der Personalabteilung initiierten Entwicklungs-Assessment-Centers und die strukturierte Zusammenfassung eines Mitarbeitergespräches gespeichert. Auf der Basis der Informationen, die über einen Mitarbeiter in der Datenbank gespeichert sind, können automatische Lernvorschläge gemacht werden. Dabei besteht für den Mitarbeiter die Möglichkeit, einen Kurs in Form einer E-Learning-Einheit zu absolvieren. Durchläuft der Mitarbeiter das Training erfolgreich, wird das ebenfalls in der Datenbank vermerkt. Alle Informationen sind zentral abgelegt und trotzdem von überall her zugänglich. Das unterstützt auch die Zusammenstellung von Teams sowohl nach Gesichtspunkten der Fachkompetenzen als auch nach psychologischen Aspekten.

Kompetenzausprägung und Lernvorschläge

274

Kapitel 19 · Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests

Bewerberdaten

Online-Tests

Mitarbeitergespräch

..............

Kompetenz-Datenbank auf dem Internetserver

Teambuilding

Personalabteilung

Vorgesetzter

Andere Verfahren

Trainingsvorschlag

Mitarbeiter selbst

. Abb. 19.3. Schematische Darstellung eines Kompetenzmanagementsystems

19.4.1

Stärken und Entwicklungspotenzial von Mitarbeitern

Folgemaßnahmen

Online-Tests als Modul

Wurden die erforderlichen Kompetenzen unternehmensweit definiert, können Methoden festgelegt werden, mit denen die Kompetenzen erfasst werden. Dies können zum Beispiel für den Bereich der persönlichen Kompetenzen Online-Tests sein. Der Einsatz der ausgewählten Online-Tests kann bereits bei Bewerbern erfolgen. Die Ergebnisse werden bei Abschluss des Arbeitsvertrages in ein Datenbanksystem übernommen (▶ Abschn. 19.2). Denkbar wäre auch, dass die Personalabteilung die Mitarbeiter bittet, an einem Test teilzunehmen. Jeder Mitarbeiter, der den Test durchgeführt hat, erhält eine automatische Auswertung, die ihm Hinweise auf seine Stärken und sein Entwicklungspotenzial gibt. Es bleibt dem Mitarbeiter überlassen, das Testergebnis mit der Personalabteilung oder dem Vorgesetzten zu besprechen. Sinnvollerweise sollten je nach Testergebnis Maßnahmen eingeleitet werden. Bei den Maßnahmen kann es sich um Trainings handeln, zum Beispiel in Form von E-Learning-Modulen, die der Mitarbeiter buchen kann. Im Gespräch mit dem Vorgesetzten können jedoch auch neue Ziele oder neue Tätigkeitsbereiche festgelegt werden. . Tab. 19.2 fasst die Folgemaßnahmen nach der Durchführung eines Tests zusammen.

19 19.4.2

E-Learning als Modul

Es reicht nicht aus, ein aktuelles Bild von den Fähigkeiten der Mitarbeiter zu haben, es geht darum, ihre Kompetenzen zu verbessern, ihr

275

19

19.5 · Integration von Online- und Offline-Modulen

. Tabelle 19.2. Folgemaßnahmen nach Durchführung eines Tests Maßnahme

Erläuterung

Gespräch mit der Personalabteilung

Mitarbeiter führt ein vertrauliches Gespräch über seine Entwicklungsmöglichkeiten, über dessen Inhalt der Vorgesetzte nicht informiert wird

Gespräch mit dem Vorgesetzten

Mitarbeiter bespricht die Entwicklungsmöglichkeiten, evtl. durchzuführende Trainingseinheiten mit dem Vorgesetzten

E-Learning-Modul durchführen

Der Mitarbeiter meldet sich selbstständig bei einem im Testergebnis vorgeschlagenen E-Learning-Modul an

Gewinnung von mehr Selbsterkenntnis

Mitarbeiter sieht es als persönlichen Nutzen an und überlegt sich Schritte unabhängig vom Unternehmen

Wissen und ihre Fähigkeiten unternehmensweit nutzbar zu machen, damit sich das Unternehmen entwickelt und im Wettbewerb besteht. Durch die Entwicklung von Learning-Management-Systemen (LMS) wird die Organisation von verstreutem Wissen handhabbar gemacht. Diese Systeme bieten die Möglichkeit der Implementierung verschiedener Lernszenarien oder der Interaktion zwischen Teilnehmern und zwischen Teilnehmern und Tutoren. Aus der Perspektive des Mitarbeiters bieten die E-Learning-Systeme mehrere Vorteile: 5 Individuelle Entwicklung von Lernkompetenz, 5 lerngerechte Verwaltung, Betreuung und Organisation, 5 individuelle Lern- und Ausbildungskonzepte, 5 Transparenz und flexibler Zugriff auf relevante Inhalte, 5 Kommunikation und Kooperation, 5 Aufbau von Lern-Communities. Hat ein Mitarbeiter von dem Komptenzmanagementsystem den Vorschlag zur Durchführung eines Trainings zum Thema »Präsentationstechniken« erhalten, kann er das entsprechende Lernmodul über das Internet absolvieren. Am Ende des Kurses könnte er vom System die Aufgabe vorgeschlagen bekommen, zu einem vorgegebenen Thema eine Präsentation zu erarbeiten und diese den anderen Kursteilnehmern vorzustellen. Die Bewertung anhand eines Fragebogens durch die anderen Kursteilnehmer könnte in der Datenbank gespeichert werden. Der Vorgesetzte könnte so beurteilen, ob er dem Mitarbeiter z. B. die Vorbereitung einer wichtigen Präsentation in naher Zukunft übertragen kann.

19.5

Integration von Online- und OfflineModulen

Auf welche Art und Weise Kompetenzen erfasst werden, ist letztendlich unerheblich. Wichtig ist vielmehr, dass eine valide Methode sys-

LearningManagement-Systeme

276

Kapitel 19 · Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests

tematisch und regelmäßig zum Einsatz kommt. Ein Zusammenspiel

Entscheidungsregeln

von Online-Modulen und sozialen Interaktionen liefert allerdings mehr verwertbare Informationen als ein Verfahrensweg allein. Die Verwendung von technischen Systemen wie Online-Anwendungen und Datenbanken haben den Vorteil der zentralen Speicherung von Daten und der globalen Zugriffsmöglichkeit. Der noch stärker ins Gewicht fallende Vorteil ist jedoch der, dass die Menschen, die diese Systeme bedienen, ihre Entscheidungsregeln überdenken und explizieren müssen. Dadurch werden Schlussfolgerungen und Entscheidungen transparent. Das bringt für Mitarbeiter eindeutige Vorteile, da z. B. hinsichtlich einer Beförderung nicht mehr die Sympathie maßgeblich ist, sondern klare Regeln herrschen. > Technische Systeme helfen bei der Strukturierung von Bewertungssituationen wie Mitarbeitergespräch oder Assessment-Center und erfordern klare Regeln für Entscheidungen. Beispiel

Wissensfragen zur Unternehmensgründung

19

Die Handelskammer Hamburg geht einen innovativen Weg bei der Beratung von Unternehmensgründern. Ein integriertes System (. Abb. 19.4) von Online-Tests, E-Learning-Modulen, Tutorien und persönlicher Beratung unterstüzt Gründungswillige in ihrem Vorhaben. Jeder, der mit dem Gedanken spielt, sich in Hamburg selbstständig zu machen oder ein Unternehmen zu gründen, kann sich unter www.gruendungswerkstatt.hk24.de anmelden. Zuerst erhält er dann die Möglichkeit, sich online über das Thema »Selbstständigkeit« und Unterstützungsangebote zu informieren. Das Angebot beinhaltet neben Tipps und Hinweisen auch konkrete Beispiele aus der Praxis. Im nächsten Schritt kann ein Persönlichkeitstest zum unternehmerischen Potenzial durchgeführt werden sowie ein Test mit Wissensfragen zum Thema »Unternehmensgründung« (Unternehmensführung, Marktanalyse, Produkt, Absatz etc.). Je nach Abschneiden in den Tests werden Lernmodule angeboten, die der Teilnehmer als E-Learning-Programm nutzen kann, um sein Wissen zu ergänzen. Die (erworbenen) Kenntnisse können im folgenden Modul beim Erstellen eines Businessplans einbegracht werden. Für die Erstellung eines fundierten Businessplans stehen diverse OnlineTools (z. B. Kostenrechner) und Vorlagen zur Verfügung. Ein Tutor von der Handelskammer kann bei Fragen online oder telefonisch kontaktiert werden. 6

19

277 19.6 · Ausblick

E-Assessment

Selbsteinschätzung Nutzer informiert sich auf Homepage

Orientierungs phase

SelbstDarstellung

E-Learning Einheiten Orientierungswissen Vertiefungswissen Handlungwissen

1.Persönlichkeitstest Profil Feedback

Verlust des Interesses

Umsetzung Businessplan

Lernvorschlag

Persönliche Beratung

Evaluation

2. WissensCheck Vorschlag für Lerneinheiten

Aufgabe durch Selbsterkenntnis

Mangelnde Tragfähigkeit Mangelnde Tragfähigkeit der Geschäftsidee der Geschäftsidee

. Abb. 19.4. Prozess der Gründerberatung bei der Handelskammer Hamburg

Im ersten Jahr wurden bereits über 5000 Gründungswillige registriert. Das Vorgehen soll nun auch auf weitere IHKs ausgedehnt werden (s. auch www.eversjung.de).

19.6

Ausblick

Weshalb ist es für Unternehmen so wichtig, ein Kompetenzmanagementsystem zu implementieren? Unternehmen sollen im Wettbewerb bestehen und dafür müssen sie innovative Produkte entwickeln, effiziente Produktionsabläufe einführen, neue Absatzmärkte erschließen. Ein Unternehmen ist ein lernendes System und deshalb besonders auf das Können, Wissen und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter angewiesen. Um diese Lernprozesse im Unternehmen systematisch zu unterstützen, bedarf es einer strategieorientierten Kompetenzentwicklung, bei der einerseits der einzelne Mitarbeiter in seiner Bedeutung für das Unternehmen gewürdigt wird, aber auch das Gesamtportfolio bezogen auf die Kompetenzverteilung im Unternehmen berücksichtigt wird. Den Schritt hin zur Entwicklung von Kompetenzmodellen sind bereits viele Unternehmen gegangen. Was nun folgen muss ist eine stärkere Verflechtung von Kompetenzmodellen und HR-Instrumen-

Unternehmen als lernendes System

278

Kapitel 19 · Kompetenzmanagement mithilfe von Online-Tests

ten. Die Technologie, speziell die Internet- und Datenbanktechnologie kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.

Literatur Grote, S, Kauffeld, S. & Frieling, E. (Hrsg.), (2006). Kompetenzmanagement. Stuttgart: Schäffer Poeschel Verlag.

19

Kaplan, R. S., Norton, D. P. & P. Hórvath (Übers.), (1997). Balanced Scorecard. Stuttgart: Schäffer Poeschel Verlag.

Rosenstiel, L. von, Pieler, D. & Glas, P. (Hrsg.), (2004). Strategisches Kompetenzmanagement. Wiesbaden: Gabler Verlag.

279

Neuentwicklungen und Trends Ulla Hospelt 20.1

Der Siegeszug des Internets – 280

20.2

Die Digitalisierung vorhandener Testverfahren – 281

20.3

Tests im Internet und ihre Durchschaubarkeit – 282

20.4

Der Trend: Recruiting Games – 284

20.5

Erschließung neuer Branchen – 285

20.5.1 20.5.2

Die Zeitarbeit – 285 Kleinere und mittelständische Unternehmen – 287

20.6

Fazit – 289 Literatur – 291

20

280

Kapitel 20 · Neuentwicklungen und Trends

20.1 Das Internet als selbstverständliche Informationsquelle

Internet – neue Möglichkeiten der Bewerbung

20

Jobbörsen – Karriereportale

Der Siegeszug des Internets

Wer hätte vor 10 Jahren gedacht, dass man heute selbstverständlich die Speisekarte des Thai-Imbiss um die Ecke erst im Internet anschaut, bevor man sich entscheidet dort hinzugehen? Da mittlerweile alle Dinge des täglichen Lebens im Internet zu kaufen sind, alle Informationen über Knopfdruck verfügbar sind, hat dieses Medium auch vor der Personalauswahl und der Personalentwicklung nicht halt gemacht. Der klassische Weg der Stellenbesetzung ist für die heutige Zeit der schnellen Entscheidungen viel zu langsam geworden. So war es noch vor Jahren an der Tagesordnung, dass auch große Betriebe ausschließlich Stellenanzeigen in den Printmedien schalten ließen, die erstens teuer waren und sind und zweitens wenig Platz für die zu transportierenden Informationen ließen. Eine Vielzahl von »Falschbewerbungen«, auf Grund der reduzierten Informationen, war die Konsequenz. Von der Bewerberseite aus gesehen wurde Papier beschriftet, Fotografen aufgesucht, Bewerbungsmappen gekauft und schließlich der Gang zur Post angetreten. Danach hieß es warten, um nach 2 Wochen einen zaghaften Anruf zu tätigen, um nach dem Zwischenstand zu fragen. In dieser Zeit lief die Personalabteilung auf Hochtouren. Der Briefträger brachte säckeweise die Bewerbungen, die nach der ersten Vorauswahl mit dem Vermerk »nein«, »möglicherweise einladen« und »auf alle Fälle einladen« gestapelt wurden. Das Sekretariat hatte dann alle Hände voll zu tun, Absagen zu schreiben und die abgelehnten Bewerbungen wieder zur Post zu bringen. Dieses Verfahren, welches von kleineren Firmen immer noch praktiziert wird, benötigte viel Manpower, Zeit und Geld und lieferte nur den ersten Filter unter den Bewerbern. Da die Bewerbungsunterlagen nur die sogenannten »harten« Faktoren liefern, als da wären Qualifikation, Berufserfahrung und Zeugnisse, wurden die in Frage kommenden Bewerber einem Bewerbungsgespräch und möglicherweise weiteren Testverfahren unterzogen. Zu den schon vorhandenen Kosten kamen dann die kostenpflichtigen Anfahrten per Bahn oder Auto hinzu. Diese klassischen Testverfahren sind sehr zeitintensiv in der Auswertung und liefern nur Bruchstücke der Kompetenzen der Bewerber. Bis zum endgültigen Assessment-Center, bei höher dotierten Stellen sehr üblich, war bis zu diesem Zeitpunkt schon viel Geld geflossen. Hier hat das Internet in seinem rasanten Siegeszug die Möglichkeiten der Bewerberauswahl stark verändert und die Möglichkeit geschaffen, schnell und kostengünstig eine große Anzahl von Bewerbern einer ersten Vorauswahl zu unterwerfen. Das gleiche gilt für die Bewerberseite: Man kann, ohne das Haus zu verlassen, mit Firmen Kontakt aufnehmen, sich über die Homepage einen ersten Eindruck verschaffen, der ausagekräftiger ist als die reine Stellenanzeige, und ohne anfallende Kosten Online-Bewerbungen verschicken, die der Papierversion in nichts nachstehen. Wenn es auch schon früher üblich war, sich initiativ, d. h. ohne eine konkrete Stellenausschreibung, zu bewerben, so hatte es doch

281

20

20.2 · Die Digitalisierung vorhandener Testverfahren

den Nachteil der hohen Kosten und dass die Bewerbungsunterlagen nicht in allen Fällen wieder zurückgeschickt wurden. Viele und umfangreiche Bewerbungen waren also nicht für jeden erschwinglich. Junge Hochschulabsolventen, die erstens keinen Anspruch auf Bewerbungskostenübernahme hatten und im Bewerbungsverhalten ungeübt waren, traf diese Situation besonders hart. Die neue Form der Initiativbewerbung heißt »Jobbörse«. Bewerber stellen sich mit ihren Bewerbungsunterlagen ins Netz, stöbern wie in einem Supermarkt durch die gemeldeten Stellenanzeigen, und die Arbeitgeber können aus einem Pool von Bewerbern nach bestimmten Kriterien eine Vorauswahl treffen und diese konkret kontaktieren. Daher ist die Zahl der Jobbörsen im Internet in den letzten Jahren immens gewachsen. Bei allen Karriereportalen und Stellenbörsen werden dem Bewerber Tipps geliefert, angefangen mit Tipps zum Anschreiben, Tipps für das Vorstellungsgespräch bis hin zu Tipps für das richtige Verhalten in den ersten 100 Tagen. Dass dann auch entsprechende Testverfahren im Netz stehen, liegt auf der Hand. > Gerade aufgrund der Vielfältigkeit sollte man die aufgerufenen Seiten auf Seriösität überprüfen. Dies gilt nicht nur für Bewerbungstipps, gerade die angebotenen Tests – oft auch kostenpflichtig – sind nicht alle empfehlenswert und wissenschaftlich fundiert. 20.2

Die Digitalisierung vorhandener Testverfahren

Die ersten Online-Tests waren keine Neuerfindungen, sondern die Programmierung vorhandener Papier-Bleistift-Tests, um sie für das Internet tauglich zu machen. Diese Tests hatten den Vorteil bereits wissenschaftlich geprüft worden zu sein. Daher waren Vergleichsmöglichkeiten mit einer definierten Zielgruppe vorhanden. Diese klassischen Verfahren, z. B. Tests mit einer Unterteilung in einen sprachlichen, numerischen und figuralen Teil, waren durch die Entwicklung neuer Programmierungssoftware verhältnismäßig schnell umsetzbar. Die Bewerber mussten nicht zu einem Testtag anreisen, sondern konnten von zu Hause aus mit freier Zeiteinteilung diese Tests absolvieren. Besonders für Berufsumsteiger bot dies die Chance, eine neue Stelle zu suchen, ohne mit der Einladung zum Test einen Urlaubstag beim derzeitigen Arbeitgeber verbinden zu müssen. Allerdings haben diese immer noch häufig im Internet vertretenden Tests einen eklatanten Nachteil. Niemand weiß wirklich, wer diesen Test ausfüllt. Will also ein Bewerber unbedingt ein gutes Ergebnis erzielen, wird er natürlich den Taschenrechner verwenden, obwohl in der Testanleitung dieser ausdrücklich verboten ist. Auch gute Freunde können sehr hilfreich sein, um mit der geballten Teamkompetenz einen Test gut zu bestehen. Die Gefahr von gefälschten Ergebnissen ist also sehr hoch, vor allem wenn man bedenkt, dass es um die eigene

Nachteil von Online-Tests

282

Kapitel 20 · Neuentwicklungen und Trends

Zukunft geht und vom Testergebnis abhängt, ob man die erste Hürde nehmen kann. Der echte Vorteil der Digitalisierung liegt in der vereinfachten Auswertung – es wird keine Manpower gebunden – und natürlich in der schnellen weltweiten Verfügbarkeit. Vorteile der digitalisierten Tests 5 Schnelle Auswertung 5 Keine Ressourcenbindung 5 Weltweite Zugriffsmöglichkeit

Mit dem Fortschreiten der Digitalen Revolution und der Entwicklung neuer Technologien wie Flash, änderte sich auch das Gesicht der Unternehmenshomepages: sie wurden vielseitiger, Bilder und Filme werden verstärkt eingebunden, interaktive Elemente spielen eine große Rolle. Dieser Entwicklung Rechnung tragend ändern sich allmählich auch die im Internet angebotenen Testverfahren.

20.3

Tests im Internet und ihre Durchschaubarkeit

Mittlerweile gibt es unzählige Tests im Internet, die unter der Rubrik E-Assessment laufen. In dem Dschungel von kostenfreien und kostenpflichtigen Tests ist es schwer, seriöse Anbieter zu finden. Dabei kann man nicht davon ausgehen, dass kostenfreie Tests die schlechteren Tests sind. Es existieren mehrere Einteilungen von Tests. Die Einteilung nach Brickenkamp ist die gängigste Methode. Einteilung der Tests nach Brickenkamp 5 Leistungstests 5 Persönlichkeitstests 5 Projektive Verfahren

20

Bei den Online-Tests kann man eine ähnliche Kategorisierung vornehmen. Man kann Leistungstests, z. B. einen Konzentrationstest, ins Internet übertragen. Dabei können die Aspekte der Durchführungsund Auswertungsobjektivität und der Zeitbegrenzung online noch besser beachtet werden als bei Papier-Bleistift-Versionen. Man kann Persönlichkeitstests ins Internet übertragen. Allerdings sollte man dabei zwischen Fragebögen und Testverfahren unterscheiden. Bei den Projektiven Verfahren besteht die Schwierigkeit der Auswertung/Interpretation eines Freitextes. Bei Online-Tests erscheint es sinnvoller, nach Selbsteinschätzungsbögen, Tests (im Sinne von gestellten Situationen, in denen der Kandidat reagiert) und Simulationen zu unterteilen. Online-Spiele

283

20

20.3 · Tests im Internet und ihre Durchschaubarkeit

mit psychologischem Hintergrund sind eine weitere neue Kategorie, die als Papier-Bleistift-Versionen undenkbar sind. Einteilung von Online-Tests 5 5 5 5

Fragebögen zur Selbsteinschätzung Tests Simulationen Online-Recruiting-Games

Sowohl bei Online-Tests als auch bei Papier-Bleistift-Tests besteht bei Selbsteinschätzungsbögen die Gefahr der Durchschaubarkeit der Aussagen und Manipulation der vorgegebenen Antworten. Analog sogenannter »Brigitte-Tests« nach der Devise: »Sind Sie ein guter Liebhaber?« ist die Zuordnung der Antworten zu bestimmten Eigenschaften schnell zu erkennen. Je höher also der Anspruch an die ausgeschriebene Position ist, desto schwieriger ist es, mit diesem Instrument zu arbeiten, ohne dass man irreführende oder unzutreffende Informationen über den Bewerber erhält. Deswegen gehen die Entwicklungen in Richtung der Weiterentwicklung objektiver Testverfahren, bei denen bestimmte Situationen vorgegeben sind und der Kandidat entweder eine Antwort aus vorgegebenen Möglichkeiten auswählen soll, oder aber in der Situation direkt agieren kann. Beispielsweise zur Erfassung der Leistungsmotivation wird der Kandidat virtuell in eine Situation mit hohem Leistungsanreiz versetzt und soll einerseits sein Niveau, das er glaubt erreichen zu können, auswählen und andererseits eine bestimmte Anzahl von einfachen Aufgaben unter Zeitdruck lösen. Schlussfolgerungen über die Persönlichkeit, in diesem Fall Leistungsmotivation, werden nicht nur aus dem erreichten Ziel, d. h. der Anzahl der gelösten Aufgaben, gezogen, sondern auch aus dem angestrebten Ziel, dem angegebenen Niveau und dem Klickverhalten, z. B. in Form von Korrekturen (Zurückbutton drücken) oder der Zeit zwischen dem Lösen einer Aufgabe und dem In-Angriff-Nehmen der nächsten. Neben Leistungsmotivation könnte man in diesem Fall Aussagen über das Entscheidungsverhalten treffen oder die benötigte Latenzphase bis zum Beginn einer neuen Aufgabe. Durch eingebaute Falschrückmeldungen können zum Beispiel Rückschlüsse über Merkmale wie Furcht vor Misserfolg oder Hoffnung auf Erfolg gezogen werden, die mit der Leistungsmotivation verknüpft sind. Der Kreativität bei der Entwicklung neuer Testverfahren sind keine Grenzen gesetzt. Es bleibt noch zu prüfen, wie valide die neuen Online-Tests sind. > Personalauswahl und Bewerberrecruitierung sind ein komplexes Verfahren. Das heißt, die durchgeführten Tests sind nur ein Teil für die Entscheidungsfindung, hinzu kommen auch persönliche Gespräche und/oder Vor-Ort-Assessments.

Beoabachtung über das Verhalten in Entscheidungssituationen

284

Kapitel 20 · Neuentwicklungen und Trends

Trotzdem sollte sich jeder Kandidat im Klaren sein, dass ein extrem positives Ergebnis des Online-Tests das Weiterkommen in die nächste Auswahlrunde begünstigt.

20.4

Online-Spiel als Testverfahren

Vorteile der Recruiting Games

Der Trend: Recruiting Games

»Spiel ist die höchste Form der Forschung« sagte schon Albert Einstein. Die Einbettung von Testverfahren in ein Spiel schafft eine völlig neue Dimension von Personalrecruiting via Internet, die nur mit diesem Medium möglich ist. Die Probleme, die ein Online-Assessment in sich birgt, dass es keine kontrollierten vergleichbaren Testbedingungen gibt, werden im Recruiting Game fast ausgeschlossen. Da das Spiel den Testcharakter überdeckt, wird eine Situation geschaffen, in der Bewerber nicht darauf schauen, ob ihre Handlungen oder Antworten den gewünschen positiven Eindruck vermitteln. Das Recruiting Game hat noch weitere entscheidende Vorteile, die in den »normalen« Online-Assessments nicht möglich sind. Bestimmte Eigenschaften, wie z. B. die Bereitschaft, Leistung zu zeigen, ohne dass eine konkrete Belohnung winkt, kann auch über sehr ausgetüftelte Fragebögen nicht ermittelt werden. Da Fragestellungen kognitiv beantwortet werden, ist die Durchschaubarkeit sehr groß, und keiner würde ernsthaft von sich behaupten, kein zukünftiger Leistungsträger zu sein. Aber Firmen brauchen gerade Menschen, die aus einer eigenen Motivation heraus Leistung bringen möchten, die Lust am eigenen Erfolg haben und bereit sind, für diesen zu kämpfen. Menschen, die nicht als erstes fragen, wie die Gegenleistung für ihre Tätigkeit aussieht. Vorteile von Recruiting Games 5 5 5 5

20

Weniger Verfälschungsmöglichkeiten Hoher Anreiz für die Teilnahme Kommunikation eines positiven Images Herausforderung durch mögliche Konkurrenzsituation/ Scoring

Wer einmal beobachtet hat, mit welchem Einsatz und Ausdauer Menschen bereit sind, am Flippergerät Höchstleistungen zu vollbringen, und ihre Belohnung ausschließlich daraus besteht, ein Freispiel zu bekommen, also die gleiche Leistung noch mal gefordert wird, weiß, wie stark der Spieltrieb ausgeprägt sein kann. An diesem Spieltrieb, der nicht kognitiv steuerbar ist, setzen die Recruiting Games an. Im harten Konkurrenzkampf um die besten Bewerber müssen die Firmen verstärkt neue Wege gehen, um sich die Aufmerksamkeit von guten potentiellen Bewerbern zu sichern.

285

20

20.5 · Erschließung neuer Branchen

Seit dem »Challenge Unlimited« von Siemens im Jahr 2000 werden eignungsdiagnostische Tools als Recruiting Game im Internet für das Personalmarketing immer öfter eingesetzt. Ein interessantes Beispiel ist der »Recruitainer«, der von Alpha-Test entwickelt wurde. Hier handelt es sich um eine virtuelle Reise durch New York, in deren Verlauf verschiedene Aufgaben gelöst werden müssen (. Abb. 20.1). Dieses E-Assessment wurde von der Firma Roche durchgeführt und fand großen Anklang unter den Ingenieurstudenten (▶ Kap. 6). Werner Kutzner von Roche: »Ein toller Erfolg! Wir haben ca. 50‒100 Interessenten erwartet und haben nun 300 Community-Mitglieder«. Hier erschließt sich ein weiterer Nutzen von Recruiting Games. Während die reine Bewerbung und Bewerberauswahl im Mittelpunkt herkömmlicher Recruiting-Instrumente steht, kann man mit der Form der Online-Spiele Communities entwickeln, also einen großen Pool potenzieller Mitarbeiter, und sie über lange Zeit an die Firma binden. Recruiting Games bieten Firmen also weitaus mehr Möglichkeiten auf der Suche nach motivierten und guten Mitarbeitern, als es herkömmlicheSystemeleistenkönnen,dadieherkömmlichenSystemereinrational funktionieren. Emotionale Aspekte, wie der Spaß am Spiel, der Ehrgeiz des Wettbewerbs und das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft, können am ehesten über ein Recruiting Game abgebildet werden. Laut der Studie »Recruiting Trends 2003«, die gemeinsam von der Universität Frankfurt und Monster.de durchgeführt wurde, zeichnete sich schon ab, dass das E-Recruiting in immer stärker werdendem Maße genutzt wird. Wurden 2003 noch 93% aller Stellenanzeigen neben den Jobbörsen mit 98% und der eigenen Homepage mit 97% in Printmedien aufgegeben, so lag der Anteil der Printmedien 2008 nur noch bei 27,3% (Recruiting Trends, 2008).

20.5

»Recruitainer« der Firma alpha-test GmbH

Erschließung neuer Branchen

Neben den technischen Entwicklungen im Bereich der Online-Tests kann man auch eine weitgehende Akzeptanz bei Unternehmen als Trend bezeichnen. Dabei werden Online-Tests nicht nur von den wenigen großen Unternehmen eingesetzt, sondern auch in kleinen Unternehmen, in Beratungs- und Zeitarbeitsfirmen wird der Vorteil von Online-Tests erkannt.

20.5.1

Die Zeitarbeit

Die Zeitarbeit ist längst einer der Wirtschaftsmotoren unserer Zeit geworden. Die landläufige Vorstellung, dass reine Helfertätigkeiten über Zeitarbeit in Unternehmen besetzt werden, stimmt seit geraumer Zeit nicht mehr. Zeitarbeit ist ein fester Bestandteil unserer Wirtschaft geworden und macht auch vor den höheren Etagen nicht Halt.

Zeitarbeit als fester Bestandteil der Wirtschaft

286

Kapitel 20 · Neuentwicklungen und Trends

. Abb. 20.1. Beispiel Recruitainer

Community-Effekt eines Online-Spiels

20

War noch vor einigen Jahren der Kampf um die Kundenaufträge die vorherrschende Arbeit der Personaldisponenten, so ist ein Umschwenken eingetreten. Auch hier steht der Kampf um gute Mitarbeiter im Vordergrund. Wer die qualifiziertesten und motiviertesten Mitarbeiter besitzt und sie zu halten vermag, kommt an die Spitze. Die Fluktuation in der Zeitarbeit ist enorm hoch, im Schnitt wechselt 70% der Belegschaft alle 3 Monate. Ein Drittel wird wieder gekündigt, ein Drittel wird vom Entleiher übernommen und nur ein Drittel bleibt längerfristig. Recruiting ist also ein immerwährender Prozess. E-Recruiting kann hier Zeit und damit Kosten sparen und den Zugriff auf einen großen Pool von Bewerbern ermöglichen. Die Bereitschaft, die eigenen Daten gespeichert zu wissen und damit die Zugriffsmöglichkeiten einer Zeitarbeitsfirma auf die eigene Person zuzulassen, kann über ein Recruiting-Game enorm gesteigert werden. Auch die Bindung an eine spezielle Firma wird nachweislich durch den »Community-Effekt« eines Games deutlich gesteigert. Da Zeitarbeitsfirmen vorrangig mit Pools arbeiten, ist es erstaunlich, dass die Idee von »Challenge Unlimited« oder des »Recruitainer« von den Großen der Branche noch nicht wirklich aufgegriffen wurden.

287

20

20.5 · Erschließung neuer Branchen

Bewerbungsformulare, in denen die Qualifikation abgefragt wird, findet man heute auf fast jeder Web-Site einer Zeitarbeitsfirma. Die formale Qualifikation alleine ist aber für die Zeitarbeit nicht genug. »Arbeitnehmertugenden« wie Pünktlichkeit, Ausdauer und Belastbarkeit und vor allem Flexibilität werden nicht berücksichtigt. Ein E-Assessment könnte hier Abhilfe schaffen, wenn man speziell für diesen Bereich online-gestützte Verfahren in der Einbettung in ein Spiel entwickeln würde. Da heute fast jeder über einen Internetzugang verfügt und das Internet nutzen kann, ist das Argument, dass online-gestützte Verfahren sich eher auf die Recruitierung von Fach- und Führungskräften beschränkt, nicht mehr haltbar. Um Zeitarbeitsfirmen den Einsatz von Online-Tests attraktiv zu machen, müssen neue Konzepte entwickelt werden, die den Investitionsmöglichkeiten und der hohen Zahl an nichtakademischen Bewerbern dieser Unternehmen Rechnung trägt. Es müssen also die Angebote auf inhaltlicher Seite an das Ausbildungsniveau angepasst werden, aber auch die Handhabung der Tests im Internet vereinfacht werden. Der Trend geht weg von umfassenden Lösungen, die Millionen von Euro kosten, hin zu einem Pay-per-use-Modus oder kostengünstigen Mietlösungen. > Im Internet findet man unter www.talentmarkting.de zahlreiche Informationen für Zeitarbeitsfimen. Hier können Zeitarbeitsfirmen oder Bewerber einen Test durchführen, der über Click-and-Pay abgerechnet wird. Das Ergebnis wird automatisch generiert und auf dem Bildschirm präsentiert. Die Kandidaten können sich das Ergebnis als PDF auch an ihre E-Mail-Adresse zusenden lassen. 20.5.2

Kleinere und mittelständische Unternehmen

Kleinere Unternehmen haben das E-Recruitment noch nicht entdeckt. Dies liegt zum einen daran, dass die Information über diese Möglichkeit noch nicht in die kleineren Personalabteilungen, die häufig nur aus einer Person bestehen, eingedrungen ist. Zum anderen schrecken die hohen Kosten eines speziell für die Firma entwickelten Testverfahrens ab. Um E-Recruitment für diese Firmen interessant zu machen, braucht man ein überschaubares System, in dem die Kosten verhältnismäßig gering sind und vor allem berechenbar bleiben. In kleineren Unternehmen wird das Auswahlverfahren meistens nach klassischer Form vom Chef oder einem Personalverantwortlichen durchgeführt. Nach Durchsicht der eingegangenen Bewerbungsunterlagen werden geeignete Kandidaten oder zumindest diejenigen, die man für geeignet hält, zu Bewerbungsgesprächen eingeladen. Nach den Bewerbungsgesprächen werden die Entscheidungen gefällt. Die Stufe, Bewerber auf unterschiedliche Weise zu testen, wird dabei übersprun-

E-Recruitment für kleinere Firmen

Problem des nichtdefinierten Anforderungsprofils

288

Kapitel 20 · Neuentwicklungen und Trends

gen. Es geht jedoch nicht nur um die Eignung des Bewerbers für die ausgeschriebene Stelle, sondern oft um ein nebulös gehaltenes Anforderungsprofil. Auffällig sind die immer wieder gleich gehaltenen Anzeigen von Stellen, in denen z. B. Anforderungen wie »dynamisch, flexibel und motiviert« aufgeführt sind, ohne dass diese Anforderungen wirklich bedeutsam für gerade diese Stelle sind. Die Entwicklung eines realistischen konkreten Anforderungsprofils sollte also an erster Stelle stehen, bevor »falsche« Bewerbungen eingehen. Wenn Sie die Tätigkeit eines Verkäufers mit der Tätigkeit eines Buchhalters vergleichen, wird schnell klar, dass zum Teil entgegengesetze Eigenschaften verlangt werden, um diese Tätigkeit erfolgreich ausüben zu können. Eine Standardanzeige wird dem nicht gerecht. Eine praktische Möglichkeit, dieses Problem zu verhindern, wäre ein spezielles Tool, um vorab eine detaiilierte Anforderungsanalyse zu erstellen und darauf abgestimmte Interviewergebnisse vergleichen zu können. Das Anforderungsprofil ist das Ergebnis einer Anforderungsanalyse und somit ein Bestandteil der Arbeitsplatzanalyse, der die fachlichen, sozialen und auf die Persönlichkeit bezogenen Anforderungen an die Qualifikation und Kompetenzen eines Inhabers einer bestimmten Arbeitsstelle umfasst. Dazu gehören z. B. Ausbildung und Fachkenntnisse, soziale Kompetenz, Belastbarkeit sowie Umgang mit Stress.

Automatische Generierung eines Interviewleitfadens aus dem Anforderungsprofil

Es gibt mehrere Ansätze, Unternehmen in dieser Phase der Rekrutierung zu unterstützen. Ein Beispiel ist das Tool FAP, das von der Firma CNT Gesellschaften mbH angeboten wird. Ein anderes Tool wurde von der Firma alpha-test GmbH entwickelt und bietet nicht nur Unterstützung bei der Erstellung eines An forderungsprofils, sondern kann einen Online-Fragebogen und einen Interviewleitfaden auf der Basis generieren. Beispiel

Kritische Erfolgsfaktoren

20

Gehen wir davon aus, dass ein Unternehmen die Stelle eines Vertriebsprofis besetzen möchte. Im ersten Schritt wird mit dem Tool »Anforderungsprofil« eine Stelle eingerichtet. Das bedeutet, die Stelle erhält eine Bezeichnung oder eine Kennziffer und wird einem Bereich/einer Abteilung zugeordnet. Im nächsten Schritt wird dieser Stelle entweder ein vorhandenes Profil zugeordnet oder ein neues Profil erstellt. Ein Profil zu erstellen bedeutet, die Anforderungen an die Stelle zu konkretisieren, indem erstens Anforderungskategorien gebildet (z. B. fachliche Anforderungen, soziale Anforderungen etc.) und im zweiten Schritt diesen Kategorien sog. kritische Erfolgsfaktoren zugeordnet werden. Bei den sozialen Anforderungen eines 6

289 20.6 · Fazit

Vertriebsprofis würde beispielsweise als kritischer Erfolgsfaktor die Aussage »kann auf Fremde zugehen« stehen. Aus diesen Aussagen und Kategorien wird automatisch ein Online-Fragebogen generiert, der vom Kandidaten beantwortet wird. Die Antworten des Kandidaten werden zu einem Profil zusammengefasst und in der Datenbank gespeichert. Ein Interviewleitfaden ermöglicht dem Fachvorgesetzten und der Personalabteilung, ein strukturiertes Interview zu führen und die Ergebnisse des Interviews ebenfalls in der Datenbank zu hinterlegen. Aus den Fremdeindrücken und der Selbsteinschätzung wird eine Gesamtrübersicht erstellt, die entstandene Abweichungen in der Beurteilung aufzeigt. Auf der Basis dieser strukturierten Informationen, die sowohl fachliche als auch soziale und persönliche Aspekte des Kandidaten beinhalten, kann eine Auswahl und oder Entwicklungsentscheidung getroffen werden.

. Abb. 20.2 zeigt den Ablauf bei der Erstellung eines Anforderungs-

profils.

20.6

Fazit

Die Entwicklung und Nutzung von Online-Recruiting-Verfahren wird sich weiter ausweiten, da die positiven Aspekte bei weitem überwiegen. Durch die rasante technische Entwicklung werden komplexe Simulationen möglich, die Bewerber mit realistischen betrieblichen Aufgaben konfrontieren und unterschiedliche Lösungen zulassen. Betriebliches Denken und Denken in Zusammenhängen können somit wirklich erfasst werden. Es geht dabei nicht nur darum, ein Problem zu lösen, sondern wie der Bewerber die komplexe Aufgabe angeht. Online-gestütze Verfahren werden preiswerter und daher auch für die kleinen Betriebe erschwinglich. Die Anbieter bemühen sich um eine verständliche Darstellung der Ergebnisse, sodass auch Nichtpsychologen die Ergebnisse einschätzen können. Das Handling ist im Gegensatz zu früher einfacher geworden, ein tiefgreifendes technisches Verständnis wird nicht mehr vorausgesetzt. Die Akzeptanz des Internets wird bei Bewerbern und Unternehmen immer größer. Online-Kommunikation ist zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Aus Sicht der Hersteller von Online-Tests geht es in Zukunft um die Integration verschiedener Aspekte der Kommunikation mit Bewerbern, wie z. B. Lebenslaufeingabe, Testdurchführung, Feedbackaufbereitung.

20

290

Kapitel 20 · Neuentwicklungen und Trends

Stelle

Auswahl des Tätigkeitsbereichs z.B. Vertrieb/Sachbearbeitung/Personal

Anforderungen zuordnen z.B. Kaltakquise/Sorgfalt/ Kommunikationsstärke

Eigene Fragen entwickeln

Standardfragen auswählen

Interview/Anforderungsprofil generieren

Online-Fragebogen generieren

Vergleichen des Anforderungsprofils mit den Ergebnissen des Interviews/Online-Fragebogens . Abb. 20.2. Ablauf der Erstellung eines Anforderungsprofils

Dabei werden die technischen und grafischen Möglichkeiten genutzt, um dem Bewerber einen positiven Eindruck vom Unternehmen zu vermitteln. Aus Sicht der Personaler im Unternehmen geht es vorranig um ein einfaches Handling. Daran sollten Anbieter von Online-Tests und Online-Recruiting-Systemen denken. Insgesamt wird man in Zukunft mehr Online-Anwendungen sehen. Die Interaktion mit den Bewerbern in Form von Chats, Foren und Weblogs ermöglicht es, Bewerber schon vor einem persönlichen Gespräch besser kennenzulernen. Über eigene Homepages und Communities wie Xing werden Bewerber sich noch besser präsentieren, sodass Interviews zielgerichteter geführt werden können.

20

> Besonders attraktiv bei den Online-Anwendungen ist die Unabhängigkeit von Zeit und Ort, sodass jeder Kandidat die Möglichkeit hat, an einem Testverfahren teilzunehmen.

291

20

Literatur

Literatur »Recruiting Trends 2003« – Studie des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität Frankfurt am Main mit dem Internet Stellenmarkt Monster Deutschland, http://www.wiwi-treff.de/home/ index.php?mainkatid=1&ukatid=1&sid=9&artikelid=623&pagenr=0

»Recruiting Trends 2008« – Fortführungsstudie des Centre of Human Resources der Universitäten Frankfurt am Main und Bamberg sowie Monster Worldwide, http://www.wiwi-treff. de/home/index.php?mainkatid=1&ukatid=11&sid=30&artikelid=3884&pagenr=0

Wottawa, H., Kirbach, C., Montel, C. & Oenning, S. (2004). Recruiting und Assessment im Internet – Werkzeuge für eine optimale Personalauswahl und Potenzialerkennung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

293

Kommentierte Übersicht der Anbieter von Online-Tests Meike Seiffert 21.1 21.2

Einleitung – 294

Übersicht Testanbieter – 295 21.2.1 Testbibliotheken – 295 21.2.2 Jobbörsen und Karriereseiten – 298 21.2.3 Anbieter einzelner Tests – 298

21

294

Kapitel 21 · Kommentierte Übersicht der Anbieter von Online-Tests

21.1

Einleitung

Gibt man bei Google die Begriffe »Online-Test«, »Online-Assessment« oder »E-Recruitment« ein, so erhält man zwischen 700.000 und 1,5 Mio Suchergebnisse. Das breite Themensprektrum von Potenzialanalyse, Laufbahnberatung, Berufsprofiling, Leistungsbeurteilung und Jobmatching, über die Personalauswahl und -entwicklung und das Bewerbermanagement bis hin zu Online-Assessments und E-Recruiting-Verfahren ist schier undurchsichtlich. Die Vielzahl an Anbietern, die sog. Online-Testverfahren auf ihren Homepages zur Verfügung stellen – kostenfrei bis zu Preisen von mehreren hundert Euro – ist nicht mehr zu erfassen. Daher ist es besonders für Unerfahrene kompliziert, seriöse und aussagekräftige Tests zu finden, die für den jeweiligen Zweck dienlich sind und die gewünschten Ergebnisse liefern. Für Privatpersonen sind meist nur psychodiagnostische Verfahren interessant, die bei der Berufswahl oder beim Jobwechsel beraten oder das Personenprofil im Hinblick auf unterschiedliche Aspekte analysieren. Unternehmen benötigen hingegen komplexe, aus verschiedenen »Bausteinen« bestehende Testverfahren zur Bewerberauswahl und dem zugehörigen Bewerbungsmanagement oder zur Personalentwicklung. Testmethoden psychodiagnostischer Art werden hierbei z. B. mit E-Recruitment-Spielen oder online-basierten Befragungstools kombiniert. Auf den folgenden Seiten findet sich eine kommentierte Übersicht über Homepages, die diese Online-Testverfahren anbieten – sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Betont sei hierbei, dass diese Übersicht nur eine Auswahl aussagekräftiger und seriöser Internetseiten darstellt und nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

21

295

21

21.2 · Übersicht Testanbieter

21.2

Übersicht Testanbieter

21.2.1

Testbibliotheken

alpha-test GmbH Link

http://www.alpha-test.de

Zielgruppe

Unternehmen und Privatpersonen, v. a. Hochschulabsolventen

Kosten

Ja

Kommentar

Die alpha-test GmbH ist auf die Entwicklung von Online-Test für die personalauswahl und Potenzialanalyse spezialisiert. Gemeinsam mit Hochschulpartnern werden wissenschaftlich fundierte Tests für den Einsatz in Unternehmen entwickelt. Zurzeit befinden sind rund 30 Online-Tests in der »Virtuellen Testbibliothek«, womit über 100 Einzelkompetenten erfasst werden können.

centraltest.de Link

http://www.centraltest.de/index/slrh.php?infoPAGE=SLRH!outil

Zielgruppe

Unternehmen

Kosten

Ja

Kommentar

Centraltest bietet online-gestützte Tests in den Bereichen Persönlichkeit, Kompetenzanalyse und Orientierung, Eignungs- und Einstellungstests und Online-Assessments. International ausgerichtet, werden die Tests auch in den Sprachen, Englisch, Französisch, Spanisch und Niederländisch angeboten. Möglichkeit eines 15-tägigen Probeabaos für Unternehmen.

Cubia AG

••

Link

www.cubia.com

Zielgruppe

Unternehmen

Kosten

Ja

Kommentar

Aufgabe der Cubia AG ist die professionelle Personal- und Organisationsentwicklung. Die Methoden passen sich jedem Unternehmen und den gestellten Anforderungen flexibel an. Als kompetenter Partner steht die Cubia AG ihren Kunden in den Bereichen Mitarbeiterbefragungen, Feedback, Online-Assessments und Consulting zur Seite.

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Kapitel 21 · Kommentierte Übersicht der Anbieter von Online-Tests

CYQUEST – The Recrutainment Company Link

http://www.recrutainment.de/app/experience.aspx

Zielgruppe

Unternehmen

Kosten

Ja

Kommentar

CYQUEST bietet ein breites Leistungsspektrum für den Bereich des sog. Online-Recruitainments an. Hierbei handelt es sich um die Themen E-Assessment, Online-Employer Branding, E-Recruiting, E-Training und E-Coaching. Besonders bei den E- und Self-Assessment-Verfahren kommen psychologische Tests mit unterschiedlichen Schwerpunkten und verhaltensorientierte und simulative Verfahren zur Erfassung von u. a. Soft Skills zum Einsatz.

eligo GmbH – Unternehmen für Psychologische Personalsoftware Link

http://www.eligo.de

Zielgruppe

Unternehmen

Kosten

Ja

Kommentar

Die eligo GmbH mit einer breiten Expertise im Bereich wirtschaftsbezogener Diagnostik begleitet Unternehmen mit maßgeschneiderten und wissenschaftlich fundierten Lösungen und individueller Beratung zu einem umfassenden Personalerfolg. So ist z. B. eine gezielte Kandidatenauswahl entsprechend eines erstellten Wunschprofils möglich. Auf der Homepage finden sich 4 verschiedene Verfahren zu den Themen 5 Personalauswahl, -beurteilung und -entwicklung 5 Steuerungselemt zur Personalauswahl und -diagnostik 5 Kommunikationsmanager zur Auswertung von Testergebnissen 5 Online-basiertes Befragungstool

geva institut

21

Link

http://www.geva-institut.de/index.htm

Zielgruppe

Unternehmen und Privatpersonen im Prozess der Berufs- und Karriereplanung

Kosten

Ja

Kommentar

Berufseignungdiagnostik, Personalauswahl, Mitarbeiterbefragungen, Management- und Vertriebsaudits sind die Schwerpunkte des geva instituts. Des Weiteren gehören die Beratung zur beruflichen Neu- oder Umorientierung und die Berufs- und Karriereplanung zum Leistungsspektrum. Auf der Homepage finden sich zahlreiche Tests und Verfahren, unterteilt in die Ziel- und Anwendergruppen »Beruf und Berufswahl« und »Firmenkunden«.

297

21

21.2 · Übersicht Testanbieter

HR-Diagnostics Link

http://www.hr-diagnostics.de http://www.hr-diagnostics.de/tests.html

Zielgruppe

Unternehmen und Privatpersonen im Prozess der Berufs- und Karriereplanung

Kosten

Ja

Kommentar

Ziel der HR-Diagnostics AG ist es, Unternehmen aller Größenordnungen auf höchstem Niveau bei der Personalauswahl zu unterstützen. Auf der Homepage finden sich zahlreiche Tests zu den Themen Personalauswahl, Potenzialanalyse, Bewerbermanagement, Talentpools, Jobmatching, Berufsprofiling und Leistungsbeurteilung, unterteilt in die Zielgruppen »Auszubildende & Absolventen«, »Berufstätige« und »spezielle Zielgruppen«.

personal point – Personal- und Unternehmensberatung Link

www.diagnostik-institut.com

Zielgruppe

Unternehmen und Privatpersonen im Prozess der Berufs- und Karriereplanung

Kosten

Ja

Kommentar

Die personal point GmbH hat sich auf die Bereiche Personalentwicklung und -diagnostik sowie die Gestaltung von E-Umsetzungsprozessen spezialisiert. Auf der Homepage finden sich verschiedene Test zu Persönlichkeitsentwicklung und -diagnostik. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Organisationsentwicklung inkl. Online-Assessments und 360 Grad-Feedback.

Testzentrale Hogrefe-Verlag Link

http://www.testzentrale.de/?mod=tests&so=1

Zielgruppe

Keine bestimmte Zielgruppe

Kosten

Ja

Kommentar

Große Testbibliothek mit allen erdenklichen Tests für Kinder und Schüler aller Altersklassen, Studierende, Berufstätige, Jobwechsler, Privatpersonen, Unternehmen,...etc. Es finden sich berufsbezogene Verfahren, Persönlichkeits-, Leistungs-, Intelligenz- und Schultests sowie medizin-, neuropsychologische und klinische Verfahren. Erwerb der Tests direkt möglich.

Zentrum für psychologische Information und Dokumentation Link

http://www.zpid.de/index.php?wahl=products&uwahl=frei&uuwahl=testlibrariesintro

Zielgruppe

Keine bestimmte Zielgruppe

Kosten

Nein, nur Informationen

Kommentar

Übersicht über die Testotheken der Universitäten Deutschland, Österreich, Schweiz aus dem deutschsprachigen Raum. Möglichkeit der Einsicht in die Tests, ohne diese kaufen zu müssen. Vorauswahl möglich, Testverfahren direkt können nicht erworben werden.

298

Kapitel 21 · Kommentierte Übersicht der Anbieter von Online-Tests

21.2.2

Jobbörsen und Karriereseiten

Karriereführer Link

http://www.karrierefuehrer.de/bewerbung/online-assessment.html

Zielgruppe

Privatpersonen, v. a. Hochschulabsolventen, Berufseinsteiger, Job- und Ausbildungssuchende, Jobwechsler

Kosten

Ja

Kommentar

Auf der Homepage finden sich Verlinkungen zu den Test-Bibliotheken der alpha-test GmbH, der eligo GmbH und zu CYQUEST.

Karriereseiten beim Schweizer Fernsehen Link

http://www.eco.sf.tv

Zielgruppe

Privatpersonen

Kosten

nein

Kommentar

Diese Homepage bietet umfangreiche Informationen zu den Karrierethemen und mehrere Online-Tests zur Selbsteinschätzung.

21.2.3

Anbieter einzelner Tests

Allianz

21

Link

http://www.allianz.de/start/perspektiven_tests

Zielgruppe

Schüler, Studenten und junge Berufstätige

Kosten

kostenlos

Kommentar

Auf der Homepage finden sich 3 Tests: 1. Für Schüler zur beruflichen Orientierung bzw. zur Unterstützung zur Berufswahl, 2. für Studenten zur Evaluierung der beruflichen Fähigkeiten/Stärken, 3. für junge Berufstätige zur Bestimmung der beruflichen Perspektive und möglichen Weiterentwicklung.

299

21

21.2 · Übersicht Testanbieter

BIG FIVE Persönlichkeitstest Link

http://de.outofservice.com/bigfive/

Zielgruppe

Keine bestimmte Zielgruppe

Kosten

Kostenlos und anonym

Kommentar

Auf dieser Homepage wird der BIG FIVE Persönlichkeitstest angeboten. Dieses Modell gibt durch die Erfassung der 5 Persönlichkeitsdimensionen »Stressresistenz«, »Offenheit«, »Extraversion«, »Anpassung/Verträglichkeit«, »Gewissenhaftigkeit/Leistungsorientierung« Auskunft über Stärken und Schwächen der Testperson.

EXPLORIX Link

https://www.explorix.ch/test/start.php?start2=mit+SSL

Zielgruppe

Schüler, Studenten, Hochschulabsolventen, Jobwechsler, berufliche Neu- und Umorientierung

Kosten

Ja

Kommentar

Auf dieser Homepage findet sich ein Test zur Berufs- und Laufbahnplanung. Als deutschsprachige Fassung des Self-directed Search Verfahrens (SDS) gibt es 4 Testabschnitte: 5 5 5 5

Interesse an Tätigkeiten Selbsteinschätzung von Fähigkeiten Sympathien für Berufe Selbsteinschätzung von Eigenschaften

HVB Profil Gesellschaft für Personalmangement mbH Link

http://www.hvbprofil.de/content/level2.asp?navID=25&pageNO=1

Zielgruppe

Berufseinsteiger, Jobwechsler, berufliche Neu- und Umorientierung

Kosten

kostenlos

Kommentar

Der Link führt zu einer ca. 45-minütigen Potenzialanalyse.

PSYREON Psychological Research Online Link

http://www.psyreon.de/content/e5/e170/index_ger.html

Zielgruppe

Privatpersonen, keine bestimmte Zielgruppe

Kosten

Ja und nein

Kommentar

Auf der Homepage werden 5 Persönlichkeitstests angeboten. Zwei dieser Tests – »Kopf oder Bauch« und der Intelligenztest »Kognitive Kompetenz« – sind im Rahmen von Studien kostenfrei.

301

Herausgeberund Autorenporträts

303 Herausgeber- und Autorenporträts

Über die Herausgeberin Heinke Steiner, Jg. 1969, ist Gründerin und Geschäftsführerin der alpha-test GmbH mit Sitz in Mannheim. Nach dem Abitur studierte sie Psychologie und Informatik an den Universitäten Landau und Tübingen. Anschließend arbeitete sie als IT-Consultant bei einem internationalen Beratungsunternehmen vorwiegend im Ausland. Im Jahr 2000 gründete sie zusammen mit 2 Partnern das StartUpUnternehmen alpha-test GmbH mit dem Ziel, das Internet in die psychologische Personalarbeit hineinzutragen. Im Rahmen von Veröffentlichungen und Vorträgen erläutert Frau Steiner die Vorteile von Online-Tests bei der Auswahl und Potenzialanalyse von Mitarbeitern. Die Erfahrungen aus Kundenprojekten sind unter anderem in dem von ihr herausgegebenen vorliegenden Buch zusammengetragen. Frau Steiner ist verheiratet und hat zwei Töchter. E-Mail: [email protected], Homepage: www.alpha-test.de Adresse: Steiner, Heinke, Dipl.-Psych. alpha-test GmbH Julius-Hatry-Str. 1 69163 Mannheim

Steiner, Heinke

304

Über die Autorinnen und Autoren

Über die Autorinnen und Autoren Burkhardt, Adela Adela Burkhardt, Jg. 1980, ist freie Mitarbeiterin bei der alpha-test GmbH. Nach dem Abitur widmete sie sich dem Studium der Fachrichtung Psychologie mit dem Nachbarfach Betriebswirtschaftslehre. Im Jahr 2007 stieg sie bei der alpha-Test GmbH als Praktikantin ein und übernahm verschiedene Aufgaben im Bereich der Testentwicklung und im Personalmarketing. Des Weiteren sammelte sie in Form von Praktika Erfahrungen in den Bereichen Personalauswahl und -entwicklung sowie Personalplanung und –controlling. E-Mail: [email protected]

Eggelhöfer, Sandra Sandra Eggelhöfer, Jg. 1970, ist seit 2007 als selbstständige Beraterin mit dem Schwerpunkt Talentmanagement tätig und ist Netzwerkpartnerin von Result.Learning & Transfer. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften optimierte sie als Organisationsberaterin Geschäftsprozesse im Finanzdienstleistungssektor. Anschließend wechselte sie in den Personalbereich und übernahm dort verschiedene Funktionen des Personalmanagements. Zuletzt hat sie als International HR Manager die Führungskräfteentwicklung und das Talentmanagement eines international aufgestellten mittelständischen Automobilzulieferers aufgebaut. E-Mail: [email protected]

Geister, Susanne Dr. Susanne Geister, Jg. 1977, ist tätig im Prozessmanagement der GEFA Gesellschaft für Absatzfinanzierung, einer Tochter der Société Générale. Die Diplompsychologin studierte und promovierte an der Universität zu Kiel. In ihrer wissenschaftlichen Arbeit konzentrierte sie sich auf die Personal- und Teamentwicklung. Im Jahr 2004 stieg sie bei der GEFA ein. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist Projektarbeit anhand der Six Sigma Methodik. E-Mail: [email protected]

305 Über die Autorinnen und Autoren

Gröben, Sabine Sabine Gröben, studierte Psychologin, ist Leiterin der ManagementBeratung bei DB Training. Seit 20 Jahren ist sie bei der Deutschen Bahn in verschiedenen Fach- und Führungsaufgaben tätig. Seit 2004 verantwortet sie Unternehmensberatung rund um Prozess- und Qualitätsmanagement, Consulting im internationalen Verkehrsmarkt sowie ein umfassendes Personalauswahl- und Entwicklungsangebot. E-mail: [email protected]

Hospelt, Ulla Ulla Hospelt, Jg. 1954, ist Leiterin der contact Gesellschaft für Personalberatung und -entwicklung, ein Institut für Erwachsenenbildung mit Standorten in Köln, Aachen, Hamm und Berlin. Nach dem Abitur studierte sie zuerst Politik und Biologie, wechselte dann zur Theaterpädagogik und schloss ihr Studium in Pädagogik und Psychologie ab. 1990 begann sie bei der contact GmbH, ein Unternehmen der mibeg-Gruppe, und ist seit 1992 für die Entwicklung neuer Projekte und Konzepte verantwortlich. E-Mail: [email protected]

Irmler, Martin Martin Irmler, Jg. 1965, ist seit 2007 geschäftsführender Gesellschafter der Result Learning and Transfer GmbH & Co. KG. Nach dem Abitur studierte er Betriebswirtschaft in der LudwigMaximilian-Universität in München. Seit 1992 arbeitet er in verschiedenen Führungspositionen in der Lebensmittel- sowie in der Textilbranche. Im Jahr 2003 stieg er als Managing Partner in die Firma NewMark HR ein, aus der 2007 die Firma result. learning & transfer entstand, in der er seither Geschäftsführer ist. Result. learning & transfer ist eine Trainings- und Beratungsfirma mit den Schwerpunkten Changemanagement, Vertieb, Coaching und Führung. E-Mail: [email protected]

Kirbach, Christine Christine Kirbach ist Global Account Manager bei DDI Deutschland. Sie ist dort verantwortlich für das strategische Kundensegment der DDI und berät global tätige Unternehmen rund um die Talent Management Agenda. Nach ihrem Studium der Psychologie mit dem Schwerpunkt Organisationspsychologie in Bonn, Wien und Bochum war sie zunächst als Assistentin der Geschäftsführung bei der Fa. Schuhfried in Mödling tätig. 1999 wechselte sie zur eligo GmbH und war dort in verschiedenen Consulting Funktionen tätig und zuletzt als Geschäftsstellenleiterin u. a. verantwortlich für die Bereiche eSolutions,

306

Über die Autorinnen und Autoren

Projektmanagement und Business Development. Als ausgebildeter Coach und als Transaktionsanalytikerin (i. A.) liegen weitere Schwerpunkte im Coaching und Training. E-Mail: [email protected]

Krämer, Gesa Gesa Krämer, Jg. 1975, ist Geschäftsführerin, Trainerin und Coach von Culture Coaching & Training (Stuttgart), einem auf Prozesse im interkulturellen Management spezialisiertes Trainings- und Beratungsunternehmen. Nach dem Studium der interkulturellen Kommunikation, BWL und Spanisch verantwortete sie von 2000‒2005 das Personalmarketing eines internationalen Konzerns, coachte international Außendienstmitarbeiter und koordinierte eine Strategieeinführung in Europa, bevor sie 2006 ihr eigenes Unternehmen gründete. Ihr Fachgebiet ist die Kultur von Teams, Abteilungen, Unternehmen und Nationen und deren wirksame Zusammenarbeit. Auch als Autorin zweier Bücher und Dozentin an Hochschulen beschäftigt sie sich mit dem Thema »Auslandseinsätze und interkulturelles Training« für den Umgang mit fremden Kulturen. Ihr Expertennetzwerk (www.arbeitenimausland.org) und vor allem sie selbst unterstützen als Coach Führungskräfte und Expatriates weltweit. Email: [email protected]

Laier, Wolfgang Wolfgang Laier, Jg. 1967, ist Geschäftsführer der Enterra Software GmbH. Er verfügt über 15 Jahre Erfahrung in der Entwicklung und Konzeption von komplexen IT-Systemen zur Abbildung von Geschäftsprozessen. Heute beschäftigt er sich insbesondere mit der Gestaltung von modernen IT-Systemen für die Beratung, Qualifikation und Kompetenzentwicklung im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie Existenzgründung. E-Mail: [email protected]

Mönig, Heike Heike Mönig, studierte Psychologin, ist als Inhouse-Consultant bei DB Training tätig. Im Jahr 1999 stieg sie bei der DB GesundheitsService GmbH als koordinierende Psychologin für die Region Rhein/Main in das Unternehmen ein und übernahm nach kurzer Zeit die Verantwortung für das Produktfeld Managementdiagnostik. Seit 2006 ist Frau Mönig bei DB Training und verantwortet dort das Themenfeld Potenzial- und Entwicklungsdiagnostik. E-mail: [email protected]

307 Über die Autorinnen und Autoren

Nagler, Christoph Christoph Nagler, Jg. 1955, ist Berater und Geschäftsführer der CNT Gesellschaft für Personal- und Organisationsentwicklung mbH. Nach dem Studium der Psychologie war er mehrere Jahre in der psychologischen Einzelberatung und als Personalberater tätig, um sich schließlich mit der Gründung der CNT im Jahre 1995 auf die Eignungs- und Potenzialdiagnostik zu konzentrieren. Er ist u. a. verantwortlich für die Entwicklung und Qualitätssicherung von webbasierten Assessmentverfahren. E-Mail: [email protected]

Rak, Thomas Thomas Rak, Jg. 1965, ist Geschäftsführer der topoi Consulting GmbH in Schorndorf. Er studierte Dipl.-Wirtschaftsingenieurwesen (FH), anschließend noch Rhetorik und Sprachwissenschaften. Im Jahr 1993 gründete er die topoi Consulting GmbH. Der Schwerpunkt seiner heutigen Arbeit liegt in der Qualifizierung von Führungskräften und Potenzialträgern, in der ganzheitlichen Beratung von Strategie- und Veränderungsprozessen sowie dem persönlichen Coaching von Einzelpersonen und Teams. E-Mail: [email protected]

Rastetter, Daniela Daniela Rastetter, Prof. Dr., ist Professorin für Personal, Organisation und Gender Studies an der Universität Hamburg, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Fachbereich Sozialökonomie. Sie ist Diplompsychologin und promovierte an der Universität Augsburg. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Frauen und Karriere, Gleichstellungsfragen, Mikropolitik in Organisationen, Emotionsarbeit im Dienstleistungsbereich und Personalauswahl. E-Mail: [email protected]

Sahli, Rahel Rahel Sahli, Jg. 1978, ist Multimediaredakteurin beim Wirtschaftsmagazin »ECO« des Schweizer Fernsehens. Nach dem Abitur studierte sie Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalistik und Soziologie an der Universität Freiburg (CH). Ihren Einstieg in den Journalismus fand sie bei diversen Regionalzeitungen. Später war sie mehrere Jahre Redaktionsleiterin eines lokalen Radiosenders. Seit April 2008 ist sie verantwortlich für den multimedialen Auftritt der Sendung »ECO« des Schweizer Fernsehens. E-Mail: [email protected]

308

Über die Autorinnen und Autoren

Schaper, Niklas Niclas Schaper, Jg. 1961, ist Universitätsprofessor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Paderborn. Er hat Psychologie an der Universität Göttingen studiert. Von 1990‒1994 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitswissenschaft der Universität Kassel beschäftigt und hat dort 1994 promoviert. In den Jahren 1994‒2004 war er wissenschaftlicher Assistent und Hochschuldozent am Psychologischen Institut der Universität Heidelberg. Im Jahr 2000 erfolgte dort auch die Habilitation für das Fach Psychologie. E-Mail: [email protected]

Schirm, Heike Heike Schirm, Jg. 1966, ist Leiterin der Personal-, Organisationsentwicklung & Steuerung in der Bremer Landesbank. Sie ist diplomierte Sozialwissenschaftlerin. Nach verschiedenen Tätigkeiten als Trainerin, in der Führungskräfteentwicklung sowie in der Projektleitung in Handel, Industrie und Banken stieg sie im Jahr 2003 in die Personal- und Organisationsentwicklung der Bremer Landesbank ein. Seit 2006 leitet sie diesen Verantwortungsbereich. E-Mail: [email protected]

Seiffert, Meike Meike Seiffert, Jg. 1979, studierte nach dem Abitur Neuere und Neuste Geschichte, Medien- und Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Fribourg (Schweiz), Karlsruhe und Mannheim. Bereits während des Studiums arbeitete sie in den Bereichen Public Relations, Eventorganisation und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Nach dem Examen erhielt sie in Mannheim eine Anstellung als Projektassistenz und arbeitet derzeit an ihrer Dissertation im Themengebiet »Deutscher Widerstand«. E-Mail: [email protected]

Siebrecht, Ulla Britt Ulla Britt Siebrecht, Jg. 1980, ist im Bereich Personalauswahl eines großen chemisch-pharmazeutischen Unternehmens tätig und unter anderem für den Einsatz von Auswahlinstrumenten zuständig. Nach dem Abitur studierte sie Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie sowie Kommunikationswissenschaften. Im Jahr 2005 begann sie bei der Personal- und Unternehmensberatung ELNet Consulting AG in München und verantwortete dort verschiedene Projekte im Bereich der Personalauswahl und -entwicklung, unter anderem als Expertin für den Einsatz des Online-Instrumentes »Personality and Preference Inventory (PAPI)«. E-Mail-Adresse: [email protected]

309 Über die Autorinnen und Autoren

Spahr, Daniela Daniela Spahr, Jg. 1981, hat bei der Lancierung des Wirtschaftsmagazins »ECO« am Schweizer Fernsehen den Aufbau des Internetauftritts »www.eco.sf.tv« konzipiert und realisiert. Nach einer Banklehre und Agenturerfahrung als WebPublisher studierte sie Betriebsökonomie mit Fachrichtung Wirtschaftskommunikation an der Hochschule für Wirtschaft in Luzern (CH). Heute ist sie Kommunikationsverantwortliche in der Informatik PostFinance. E-Mail: [email protected]

Wiedmann, Jürgen Jürgen Wiedmann, Jg. 1960, ist verantwortlich für Methoden und Diagnostik bei der Deutschen Lufthansa AG. Nach dem Abitur studierte er Philosophie und Psychologie (Dipl.Psych.). Seit 1998 arbeitet Herr Wiedmann für die Deutsche Lufthansa AG in verschiedenen Bereichen des Konzerns. Neben der Durchführung von operativer Personalauswahl war Herr Wiedmann für das Call-Center für Vorauswahlgespräche der Deutschen Lufthansa AG verantwortlich. Seit 2005 ist er für die Konzeptionierung, Implementierung und Weiterentwicklung des Online-Bewerbungsmanagements der Deutschen Lufthansa AG verantwortlich. E-Mail: [email protected]

Winkelmann, Susanne Susanne Winkelmann, Diplom-Psychologin, hat durch ihre 8-jährige Tätigkeit als Personalberaterin und zertifizierter Coach auch im internationalen Bereich professionelle Erfahrung und Wissen über verschiedenste Berufe, Branchen sowie innerbetriebliche Strukturen und Arbeitsabläufe gesammelt. EinSchwerpunktihrerBeratungstätigkeitliegtimBereichKarriereund Führungskräfte Coaching sowie beruflicher Neuorientierung. Sie bietet u. a. einen Ausbildungslehrgang zum systemischen Coach und Businesscoach mit Zertifikat an, der den Voraussetzungen einer qualifizierten Weiterbildung des Deutschen Bundesverbandes Coaching e. V. entspricht. Zirka 11 Jahre Erfahrung in Coaching, Personalberatung, Personalauswahl und -entwicklung, vor 5 Jahren Gründung von »SUWIN Beratung Coaching Training«. E-Mail: [email protected]

Wottawa, Heinrich Heinrich Wottawa, Jg. 1948, ist einer der führenden Wirtschaftspsychologen Deutschlands. Er studierte Psychologie in Verbindung mit Mathematik an der Universität Wien, wo er 1971 promovierte, die Habilitation erfolgte 3 Jahre später in Heidelberg. Seit 1977 ist er Inhaber des Lehrstuhls

310

Über die Autorinnen und Autoren

für Psychologische Methodenlehre, Diagnostik und Evaluation an der Ruhr-Universität Bochum; seit 1999 Leiter des Bereichs Wirtschaftspsychologie der Akademie der Ruhr-Universität Bochum; seit 1999 geschäftsführender Gesellschafter der Firma eligo Pychologische Personalsoftware GmbH in Bochum. E-Mail: [email protected]

Wurow, Anja Anja Wurow, Jg. 1967, ist Leiterin Personal Deutschland bei der englischen Unternehmensgruppe Domino Printing Sciences. Sie studierte Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Personal & Organisation an der Fachhochschule Flensburg. Seit 1995 ist sie im Personalwesen tätig, hat 8 Jahre im Bereich der Weiterbildung gearbeitet und im Rahmen ihrer 4-jährigen Tätigkeit bei der Conergy AG den Bereich Personalentwicklung und Recruiting aufgebaut und geleitet. Seit August 2008 ist sie verantwortlich für die Personalleitung der Domino Gruppe in Deutschland. E-Mail: [email protected]

Anhang

Sachverzeichnis

312

Sachverzeichnis

A Abiturienten – Beratungsbedarf 75 – im Handwerk 68 Abschlussgespräche 197 adaptive Testverfahren 122 Akzeptanz 24, 32, 189 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 14 Allianz Voyager 73 Ambiguitätstoleranz 258 Anforderungsanalyse 18, 144, 145, 288 Anforderungsprofile 29, 90, 107, 110, 144, 145, 288 Anlocken 66 Äquivalenz 23 – Problematik 25 – Überprüfung der 8 Arbeitgeberimage 73 Arbeitskreis Assessment Center 144 Arbeitsplatz, Verhalten am 173 ASP-Lösung 94 Assessment 6 – E 6 – online 6 Assessment-Centers 10 – Ablauf 143 – Arbeitsproben 9 – Fragebogenverfahren 9 – Gruppendiskussionen 9 – Gruppenübung 100 – Interviews 9 – klassische 143 – Personalauswahl 9 – Postkorbaufgaben 9 – Präsentation 100 – Projektaufgaben 9 – Rollenspiel 100 Assessmenttools, online-basierte 18 Auslandsentsendung 249 Auswahl

– Güte 102 – Methoden, traditionelle 100 – Prozess 102 – Verfahren 109 Auswertung, Objektivität und Präzision der 49 Auszubildende 95 automatische Antwortkontrolle 21 automatisierte Auswertung 22 automatisierte Rückmeldung 22

B Balanced Scorecard 162, 272 Bedürfnishierarchie 173 Bedürfnisskalen 225 Belastbarkeit 242 Benutzerführung 46 Beobachter 148, 149 Beobachterteam 148 Beratung 76 Betriebsrat 14 Bewerber 60, 66 – Management 110, 271 – Zielgruppen 20 Bewerbung – Check 234 – Hilfen 233 – Mappen 280 – Unterlagen 121 biografisches Inventar 102 BORAKEL 75 Browser – Konfigurationen 43 – Typen 43 Business-Netzwerk 234

C CAPTain 172, 174, 201 Challenge Unlimited 67

Chat 88 Coach 168, 170 – Karriere 215 Coaching 214 – Etappen 217 – Fragestellungen 217 – Gründe 215 – Inhalt 216 – Prozess 168 – Selbstcoaching, online 168 – Ziele 216 Coaching-Prozess, Modul 169 Community 275, 285 Community-Effekt 286 computerbasierte Assessments 20 Critical Incident 252 Cross cultural awareness 249 Cut-Off 119 Cut-Off-Werte 110, 115 – Anpassung 120 – Neunormierung 120

D Daten, Verlust von 43 Datenbank 273 Datenschutz 42, 187 – Anforderungen 42 – Erklärung 42 Datensicherheit 45 Datensicherung – Checklisten 51 – Konzept 51 – Notfallstrategien 51 Defizit-Perspektive 162 Dialoggestaltung, Grundsätze der 46, 47 Digitalisierung 281 DIN, Zertifizierung 203 DIN 33430 41 Diversity Management 162 Dominanz 130

313

Sachverzeichnis

E E-Assessment-Systems 52 – Architektur eines 53 E-Business 4 E-Commerce 4 e-fellows.net 87 Einstellung 251 Eisbergmodell 132 E-Learning 273 E-Learning-Angebot 260 emotionale Stabilität 240, 242 Employer Branding 11, 59, 84 Entscheidungshilfen 71 Entscheidungsregeln 12, 116, 276 Entscheidungssicherheit 152, 153 Entscheidungsverhalten 283 Entwicklungsfelder 175 Entwicklungspotenzial 256, 274 E-Recruiting 39,102, 267, 268 E-Recruitingsystem 271 E-Recruitment 287 Erfolgsorientierung 242, 243 Erfolgsvalidierung 117 Ergebnisorientierung 242 Explorer 79 Extraversion 130, 240

F Face-to-face-Interaktionen 14 Fähigkeit zu motivieren 240 Fähigkeiten, verkäuferische 241 Fairness 30, 32 Faktoren – harte 269 – primäre 130 – resultierende 130 – weiche 269 Fallstudien 147 FAP 288 FBBM 175 Feedback 10, 19

– Empfänger 183 – Geber 186 – Nehmer 183 – Prozess 191 – Umgang mit 188 Fehler – 1. Art 106 – 2. Art 106 Filtermodell, sukzessives 110 Firewall 45 Folgemaßnahmen 188, 274 Forced-choice-Methodik 174 Forced-choice-Verfahren 225 Formalität 130 Fragebogen zur beruflichen Motivation 172 Fremdeinschätzung 183 Führung – Instrumente 177 – Kultur 169, 177 Führungskräfte 95 – Beurteilungen 182 – Coaching 164 – Entwicklung 182 Führungsprozess, Analyse 182 Führungsqualität, Bedeutung der 182 Führungsqualitäten 238 Führungsthemen 169

G Geduld 130 Gesprächsbedarf 203 Gestaltungsaspekte 34 Gleichberechtigung 30 Globalisierung, kulturelle Unterschiede 31 270-Grad-Feedback 183 360-Grad-Feedback 164, 182 – Ergebnisbericht 192 – Folgemaßnahmen 192 – Rückmeldung 192 – Ziele 184

A–I

Grundquote 118, 119 Gruppenarbeit 147 Gruppenaufgaben 21 Gruppendiskussion 147

H Handlungskompetenz 255 Handwerk, Ausbildung im 69 Hard Facts 90 Hard- und Software, Anforderungen 13 High Potentials 58, 83 Hochschulabsolventen 95 Homepage 18, 267 – Karriereseiten 85 HRM 143 Human Capital 58 Human-Ressource-Seiten 58

I Image – Arbeitgeber 68 – Branchen 68 – Probleme 68 IMS Global Learning Consortium 41 Informationen – eignungsdiagnostische 19 – personenbezogene 18 Informationsbeschaffung 61 Informationsmanagement 152, 153 Inhouse-Testung, Qualität 123 Inhouse-Testverfahren 109 Initiative 242 Instrumente 273 – internetbasierte 4 – intranetbasierte 4 – webbasierte 4 Integration 276

314

Sachverzeichnis

interaktive Formate 7 interkulturelle Kompetenz 211 – Messung 248 interkulturelle Zusammenarbeit 249 interkulturelles Handeln 255 interkulturelles Training 211, 248 internale Kontrollüberzeugung 241 Internet 5, 280 – Bewerbung 280 – Jobbörsen 280 – Nutzung 38 – Verbreitung 38 – Verfügbarkeit 38 Internetangebote 72 internetbasierte Methoden 102 Internettechnologie 266 Interviewleitfaden 288 Intranet 5 ITC − International Test Commission 23, 40, 41 – Richtlinien 23, 44 Itemgenerator 114 Items, Darbietung 24

J JavaScript 43 Jobbörsen 18 Jobfamilien 107 – Anforderungen 116 Jobs – Messen 234 – Suche nach 234

K Karriereanker 176 Karriereberatung 210, 214 Karriereplanung, Karriereentwicklung 128

Karriereseiten 58, 85 Karrierethemen 233, 236 Karrierewebseiten 58 Kernkompetenzen 135 Klickverhalten 283 KMUs 80 Kommunikation – nonverbale 251 – paraverbale 251 Kompetenz – fachliche 270, 272 – persönliche 272 – soziale 272 Kompetenzen – Bewerber 6 – Identifikation 6 – Kernkompetenzen 135 – managen 269 – Messen von 270 – Verwalten von 271 Kompetenz-Familien 107 Kompetenzmanagement 271 – System 272 Kompetenzmessung 267 Kompetenzmodelle 174, 273 Kompetenzprofil 145 komplexes Problemlösen 152, 153 Konflikte, Umgang mit 253 Kontaktorientierung 242, 243 Kosten-Nutzen-Analyse 13 Kosten-Nutzen-Betrachtung 92 Kriterien – ethische 20 – methodische 20 – nicht-psychometrische 20 kritische Ereignisse, Methode 145 kritische Erfolgsfaktoren 288 Kulturerfassungsansätze 252 kulturgebundenen Verhaltensweisen 259 Kulturgebundenheit 254 Kulturschock 251, 252 Kulturunterschiede 252

L Laufbahnplanung 214 Learning-ManagementSysteme 275 Lernbereitschaft 240 lernendes System 277 Lernszenarien 275 Low Potentials 196

M Machbarkeitsüberzeugung 243 Managementdiagnostik 143 Management-Know-How 202 ManagementSimulationsaufgabe 115 Manipulation 30 Manpower 280 Matching 268 – automatische Funktion 93 Mehrwert 60 Methodenkompetenz 89, 255, 272 Methodenmix 146 Mitarbeiterbefragung (MAB) 163 Mitarbeiterförderung 196 Mitarbeitergespräch 163 Mitarbeiterkompetenzen 133 Modernitätsimage 29 Motivationsbereich 90 Motivatoren 219, 200 multimodales Verfahren 143 Multisource-Feedback 182 Murray, Henry 172

N Nachwuchskräfte 111 Neuorientierung, berufliche 216 Normierungen 120 Nützlichlichkeit 33

315

Sachverzeichnis

O Offenheit 240 Offline, Anwendung 6 Ökonomiepotenziale 26 On-demand-Testing 28 Online, Anwendung 7 Online-Assessments 20 Online-Bewerbermanagement 123 Online-Bewerbungen 280 Online-Coaching 235 Online-Fragebogen 189 Online-Netzwerke 59 Online-Postkorb, Resonanz 154 Online-Recruiting 102 Online-Recruiting-Games 283 Online-Selbst 168 Online-Selbstcoaching, Kosten-Nutzen 178 Online-Self-Assessments 235 Online-Spiele 282 Online-Tests 40, 273 – Akzeptanz 11 – Anforderungen 14 – Betrieb der 50 – Einsatz 11 – Einsparpotenziale 11 – Einteilung 283 – Fairness 14 – Kosten 12 – Kriterien 14 – Nachteile 4, 13, 281 – Qualitätsstandards 40 – Reichweite 11 – Vorteile 4, 11, 39 Online-Tools 66 – Grenzen von 81 Online-Zugriffe 243 Organisationsentwicklung 185 Orientierungscenter 198 Orientierungsgespräch 201

P Paarvergleichsfragen 173 PAPI 218, 225, – Akzeptanz 228 – Feedback 228 – Kosten-Nutzen 228 – Profil 220 – Profil-Hpothesen 222 – Skala 222 Papier-und-BleistiftVerfahren 4, 20 – papierbasierte Persönlichkeitsfragebogen 8 Passung, berufliche 72 Pay-per-use-Modus 94, 287 Personalabbau 187 Personalauswahl 5 – interne 128 – Screening 6 Personalentwicklung 5, 185 Personalmarketing 5, 66 – internes 73 Personalvorauswahl 6 persönliche Kompetenz 89 Persönlichkeitsskalen – Big Five 8 – Einstellung 8 – Interessen 8 – Motivation 8 PI – Anwendung 136 – Kosten-Nutzen 138 PIAT 254 Podcast 232 Portale 210 Postkorb 151, 152 – online 150 Postkorbaufgaben 147 – computerbasierte 10, 148 – Papierversionen 10 Potenzialdiagnostik 198 Potenzialeinschätzung 197

I–R

Prädiktor 7 – Intelligenztests 7 – Leistungstests 7 Präselektion 268 Präsentation 147 Predictive Index 129 Profile 18, 234 – Gesamptprofile 133 – Stellen 133 – für eine Vertriebsleitungsposition 133 PROTM 131 Provider, externe 50

Q Qualifikationen 110 – andere 110 – fachliche 110 Quote – geeigneter Kandidaten 8 – Grundquote 106 – Selektionsquote 106 – Trefferquote 106

R Rahmenhandlung, AC mit 153 Recruitainer 87, 285 Recruitainment 5, 23 Recruiting – internetbasiertes 15 Recruiting Games – Online-Spiel 284 – spielerischer Online-Test 86 – Vorteile 284 Recruiting Trends 285 Recruiting-Tools, Kosteneinsparung 92 Reliabilität 24

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Sachverzeichnis

Ressourcen – Personal 19 – Nutzung 269 Risikobereitschaft 243 Rohwerte 115 Rollenflexibilität 240 Rollenskalen 225 Rollenspiele 147

S SAP-HR-Modul 93 Schein, E. 176 Schlüsselkompetenzen 145 Schlüsselqualifikation 146 Schnittstellen – Bewerbermanagementsysteme 52 – ERP-Systeme 52 – externe Statistik 52 – Management 52 Screening 6 Selbst- und Fremdbild 203 Selbst- und Fremdreflexion 251 Selbstund Fremdwahrnehmung 258 Selbstanalyse 235 Selbstcoaching 169 – Dauer 171 – Inhalte 171 – Modul 171 – Online 168 – Prozess 169 Selbsteinschätzung 18, 183 Selbsteinschätzungsbögen 282 Selbstkompetenzbereich 256 Selbstkompetenzen 254, 255 Selbst-Konzept 138 Selbstmarketing 237 Selbstselektion 62, 71, 267 Selbsttestung 72 Selektionsquote 117, 119 Self-Assessment 62, 94 – Selbsttests 5

– Self-Checks 6 Self-Service 210 Sensibilisierung 249 Session-Cookies 44 Simulationen 9, 282 Simulationsprinzip 146 SIOP 41 Soft Skills 39, 90 Sollprofil 268 soziale Erwünschtheit 25 Sozialkompetenzbereich 256 Sozialkompetenzen 89, 255 standardisierte Verfahren 101 – Persönlichkeitsfragebogen 101 – Persönlichkeitstest 101 Standardtests 88 Standortanalyse, persönliche 218 Standortbestimmung 197 Stärken 256, 274 Stellenanforderungsprofil 131 Stiftung Warentest 211 Stressresistenz 240, 243 Streaming 72 Synthese 138 Szenarien 18 – 3-dimensionale 28 – textbasierte 22 – Video 22 – virtuelle 28 Szenarios – computergestützte 9 – Rahmenhandlung 9 – Unternehmensplanspiele 9

T Talente – binden 266 – finden 266 Taylor-Russel-Tafeln 124 Technik, Anforderungen an 38 Testanbieter 113 Testdurchführungen 244

Testergebnisse (Testfaking), Verfälschung 13 Testformate – handlungsund situationsbezogene 27 – interaktive 27 Testgütekriterien – Objektivität 26 – Reliabilität 26 – Validität 26 Testitem 14 Testknacker 121 Testmotivation 32 Testparcours 122 Tests 9, 22, 114, 173, 282 – Durchschaubarkeit 282 – Vorteile 282 Testsituation 29 Testsystem 254 Testverfahren 25 – Ablauf 112 – Arbeitsproben 7 – Assessment-Center 7 – Intelligenztests 7 – kooperative 20 – Leistungstests 7 – psychologische 271 – Szenarios 7 – Wissenstests 7 – Persönlichkeitstests 7 Trainingstools 19 Transparenz 9

U Übungseffffekte 30 Umstrukturierung 187 Unternehmen, kleinere 287 Unternehmensdarstellungen im Internet 67 Unternehmensmarke 84 Unternehmertyp 241 Usability-Kriterien 48 User 245

Sachverzeichnis

V Validität 23, 24, 149 – prognostische 107, 108 Verfahren – adaptive 22 – offline 24 – online 24 Verfälschbarkeit 121 Verfälschungen, Verfälschungstendenzen 129 Vertrieb 134 Vertriebspotenzial 240 Vertriebsprofis 95 Videosequenzen 28 Vorselektion 118 Vorstellungsgespräch 100 Vorurteile 259

W Wahrnehmungskreislauf 250 webbasierte HR 4 Werbeeffekt 92 Werberprofile 29 Werthaltungen 200 Wertemuster 200 Wertschöpfungskette, E-Recruiting 11 Wirtschaftlichkeit 33 Wirtschaftsmagazin 32 Workflow 15

Z Zeitarbeit 285 Zeugnisse 234 Zwiebelschalenmodell 270

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R–Z