Grundbau-Taschenbuch Teil 1: Geotechnische Grundlagen [7. überarb. u. aktualis. Auflage] 343301843X, 9783433018439 [PDF]

Das Grundbau-Taschenbuch ist das bekannteste und umfangreichste deutschsprachige Kompendium auf dem Gebiet der Geotechni

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German Pages 838 [841] Year 2008

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Table of contents :
GRUNDBAU-TASCHENBUCH Teil 1: Geotechnische Grundlagen......Page 3
Vorwort zur 7. Auflage......Page 7
Inhaltsverzeichnis......Page 9
1.1 Allgemeines......Page 27
1.2 Historischer Rückblick......Page 29
2.1 Globales Sicherheitskonzept......Page 34
2.2 Teilsicherheitskonzept......Page 35
3.2 Anwendungsbereich......Page 37
3.3 Geotechnische Kategorien......Page 38
3.4 Wichtige Begriffe der neuen Sicherheitsnorm......Page 39
4.1 Duktilität......Page 51
4.2 Grenzzustände der Tragfähigkeit......Page 52
4.3 Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit GZ 2......Page 54
4.4 Teilsicherheitsbeiwerte nach DIN 1054......Page 56
5.1 Einwirkungen......Page 57
5.3 Bemessungssituationen......Page 59
5.4 Grenzzustände......Page 60
5.5 Teilsicherheitsbeiwerte nach Normenhandbuch......Page 63
5.6 Weitere Änderungen......Page 66
6 Zitierte Normen und Empfehlungen......Page 67
7 Literatur......Page 68
1.1 Normen und Richtlinien......Page 69
1.2 Voruntersuchung......Page 71
1.3 Hauptuntersuchung......Page 72
1.4 Berichterstattung......Page 75
2.1 Allgemeines......Page 76
2.3 Allgemeine Anforderungen......Page 77
2.4 Aufschluss im Boden......Page 78
2.5 Aufschluss im Fels......Page 82
2.6 Aufschluss der Grundwasserverhältnisse......Page 85
2.8 Berichterstattung......Page 87
3.1 Allgemeines......Page 88
3.2 Rammsondierungen......Page 90
3.3 Standard Penetration Test......Page 95
3.4 Drucksondierungen......Page 100
3.5 Flügelscherversuche......Page 110
3.6 Gewichtssondierungen......Page 112
4.1 Geräte und Versuchsdurchführung......Page 116
4.2 Auswertung......Page 122
5.1 Gravimetrische Verfahren......Page 127
5.2 Radiometrische Verfahren......Page 128
6.1 Allgemeines......Page 130
6.2 Kurzbeschreibungen der wichtigsten Verfahren......Page 135
7 Literatur......Page 137
2.1 Bodenschichten......Page 149
2.2 Bodenproben......Page 152
2.4 Bodeneigenschaften und Laborversuche......Page 153
3 Eigenschaften von Fels......Page 154
4.1 Korngrößenverteilung......Page 155
4.2 Korndichte......Page 158
4.3 Mineralaufbau......Page 159
4.4 Kornform und Kornrauigkeit......Page 160
4.5 Spezifische Kornoberfläche......Page 161
4.7 Kalkgehalt......Page 162
5.2 Porenanteil und Porenzahl......Page 163
5.4 Grenzen der Lagerungsdichte......Page 166
5.6 Konsistenzgrenzen......Page 168
5.7 Wasseraufnahmevermögen nach Enslin......Page 171
5.8 Verdichtungsverhalten in Abhängigkeit vom Wassergehalt......Page 172
5.9 Absolute Porengröße und Filterwirkung......Page 173
5.10 Kapillarität......Page 174
5.11 Wasserdurchlässigkeit......Page 177
5.12 Luftdurchlässigkeit......Page 181
6.1 Allgemeines......Page 182
6.2 Kompressionsversuch (Druckversuch mit verhinderter Seitendehnung)......Page 185
6.3 Dreiaxialer Druckversuch......Page 193
6.5 Dreiaxialer Druckversuch mit σ(2) > σ(3) und zweiaxialer Druckversuch......Page 197
6.6 Messen von Kriechverformungen......Page 198
7.1 Allgemeines......Page 199
7.2 Dreiaxialer Druckversuch......Page 206
7.4 Rahmenscherversuch......Page 208
7.5 Kreisringscherversuch......Page 209
8 Ermittlung der Zugfestigkeit......Page 210
9.1 Vorbemerkung......Page 211
9.2 Einaxialer Druckversuch an Gesteinsproben......Page 212
9.4 Dreiaxialer Druckversuch an Gesteinsproben......Page 213
9.5 Scherwiderstand in Felstrennflächen......Page 215
9.6 Festigkeit des geklüfteten Fels......Page 216
9.8 Kriechversuche an Gesteinsproben......Page 218
9.11 Ermittlung der Zerfall-Beständigkeit von Gesteinen – Siebtrommelversuch......Page 219
10.1 Benennen und Beschreiben von Boden......Page 220
10.2 Benennen und Beschreiben von Fels......Page 222
10.3 Bodenklassifikation......Page 224
10.4 Felsklassifikation......Page 227
11 Literatur......Page 236
2 Anorganische Matrix des Untergrundes......Page 245
3 Organische Matrix des Untergrundes......Page 247
4 Schadstoff......Page 249
5 Anorganische Schadstoffe......Page 250
6.1 Mineralölartige Kohlenwasserstoffe (KW-Index)......Page 253
6.2 Einkernige aromatische Kohlenwasserstoffe......Page 256
6.4 Halogenierte Kohlenwasserstoffe......Page 258
7 Bewertungsgrundlagen......Page 260
8 Auswirkungen auf den Baugrund......Page 262
9 Zusammenfassende Bewertung......Page 266
10 Literatur......Page 268
Symbolverzeichnis......Page 269
2 Frequently Asked Questions......Page 270
3 Bedeutung von Stoffgesetzen für die Geotechnik......Page 272
4.1 Elementversuche......Page 273
4.2 Kompressionsverhalten......Page 274
4.3 Scherverhalten......Page 276
4.4 Druck- und Dichteabhängigkeit......Page 278
4.5 Verhalten undränierter Proben......Page 279
4.6 Kritische Zustände......Page 281
4.7 Einfluss der Deformationsgeschichte......Page 282
4.9 Realität......Page 283
5.1 Grundbegriffe, Tensoren......Page 284
5.3 Einfluss der Geschichte......Page 285
5.5 Invarianz, Isotropie, Objektivität......Page 287
5.6 Eindeutigkeit......Page 288
5.8 Kontinuumsmechanische und diskrete Betrachtungen......Page 289
6.1 Lineare Elastizität......Page 290
6.2 Elastoplastische Stoffgesetze......Page 291
6.3 Hypoplastische Stoffgesetze......Page 301
6.4 Antwortumhüllende......Page 302
7.1 Wassergesättigter Boden......Page 303
7.4 Zeitabhängigkeit......Page 305
7.7 Höhere Kontinua......Page 306
8.2 Kalibrierung......Page 307
8.4 Thermodynamische Konsistenz......Page 308
8.6 Entfestigung......Page 309
9 Stoffgesetze in der Praxis......Page 310
10 Literatur......Page 311
2.1 Begriffe......Page 315
2.2 Formelzeichen......Page 317
3.1 Übersicht......Page 318
3.2 Kinematische Methoden beim aktiven Erddruck......Page 319
3.3 Kinematische Methoden beim passiven Erddruck......Page 322
3.4 Statische Methoden......Page 325
3.5 Versuche und Messungen......Page 330
3.6 Finite-Elemente-Methode......Page 340
4.1 Grundsützliche Überlegungen......Page 348
4.2 Bodeneigengewicht, großflächige Auflasten und Kohäsion......Page 350
4.3 Kohäsion, rechnerische Zugspannungen und Mindesterddruck......Page 352
4.4 Vertikale Linien- und Streifenlasten......Page 355
4.5 Horizontale Linien- und Streifenlasten......Page 360
4.6 Geschichteter Boden......Page 361
4.7 Geknickter Geländeverlauf......Page 362
4.9 Verteilung des aktiven Erddrucks......Page 364
5.1 Bodeneigengewicht und großflächige Auflasten......Page 365
5.2 Punkt-, Linien- und Streifenlasten......Page 366
6.1 Grundsätzliche Überlegungen......Page 368
6.2 Eigengewicht, großflächige Auflasten und Kohäsion bei Parallelbewegung......Page 370
6.3 Drehung um den Kopf- oder Fußpunkt......Page 372
7.1 Grundsätzliche Überlegungen......Page 375
7.2 Kreiszylindrische Flächen......Page 377
7.3 Stützwände quer zur Böschung......Page 379
8.1 Übersicht......Page 380
8.3 Verfahren nach DIN 4085 für begrenzte Wandabschnitte......Page 382
9.1 Verdichtungserddruck......Page 384
9.2 Silodruck......Page 385
9.3 Wiederholte quasistatische Beanspruchungen......Page 387
9.4 Dynamische Beanspruchungen......Page 388
9.5 Einfluss des Grundwassers auf den Erddruck......Page 389
9.6 Winkelstützwände......Page 390
9.7 Weitere Hinweise......Page 393
10.1 Übersicht......Page 396
10.3 Grenzwerte der Verschiebung bei Erreichen des passiven Erddrucks......Page 397
10.4 Mobilisierungsfunktionen......Page 400
11.1 Erddruckneigung und Wandreibungswinkel......Page 404
11.3 Erddruckumlagerung......Page 406
11.4 Erddruck als günstige Einwirkung......Page 409
12 Literatur......Page 410
Anhang: Erddrucktabellen......Page 414
2.1 Fels und Boden......Page 423
2.2 Diskontinuitäten......Page 425
2.3 Genität, Tropie und Betrachtungsbereich......Page 431
2.4 Bruch- und Verformungsverhalten......Page 433
3.1 Allgemeines......Page 436
3.2 Elastisches Materialverhalten......Page 437
3.3 Elastoplastisches Materialverhalten......Page 438
3.4 Viskoplastisches Materialverhalten......Page 443
3.5 Trennflächen......Page 444
3.6 Homogenisierung......Page 452
3.7 Schädigungsmodelle......Page 454
4.1 Allgemeines......Page 455
4.2 Durchströmung von Gestein und einer Trennfläche......Page 456
4.3 Homogenisierung......Page 457
4.4 Nicht homogenisierbare Fälle und Sonderfälle......Page 458
5.1 Allgemeines......Page 459
5.2 Gleiten – ebener Fall......Page 461
5.3 Gleiten – räumlicher Fall......Page 463
5.4 Kippen......Page 466
5.5 Knicken......Page 471
5.6 Steinfall......Page 472
6 Literatur......Page 474
1 Einleitung......Page 477
2.1 Allgemeines......Page 478
2.2 Freie Schwingungen......Page 479
2.3 Erzwungene, gedämpfte Schwingungen......Page 481
2.4 Viskose Dämpfung......Page 483
3.1 Allgemeines......Page 484
3.2 Eindimensionale Wellenausbreitung......Page 485
3.3 Verhalten von Wellen an Trennflächen......Page 486
3.4 Ausbreitung von vertikal propagierenden Wellen in einer Bodenschicht......Page 487
3.5 Oberflächenwellen......Page 488
4.1 Spannungs-Dehnungs-Verhalten......Page 490
4.2 Äquivalent-lineares Modell......Page 493
4.3 Nichtlineare Modelle......Page 501
4.4 Zyklische Setzungen......Page 505
5.1 Feldversuche......Page 507
5.2 Laborversuche......Page 512
6.1 Steifigkeitsfunktionen......Page 514
6.2 Boden-Bauwerk-Interaktion......Page 519
Literatur......Page 521
1 Einleitung......Page 527
2 Besonderheiten der Geotechnik......Page 528
3.1 Übersicht über numerische Verfahren......Page 530
3.2 Kurzbeschreibung mathematischer Grundlagen......Page 538
4.2 Gründungen......Page 553
4.3 Dämme......Page 560
4.4 Gesicherte Böschungen und Einschnitte......Page 566
5.3 Wasserbauliche Dämme......Page 572
5.4 Böschungen und Einschnitte......Page 576
5.5 Baugrubenwände......Page 579
6 Schlussbemerkungen......Page 580
7 Literatur......Page 581
1 Aufgabe und Zielsetzung......Page 585
2.1 Einige Besonderheiten von Überwachungsmessungen......Page 587
2.3 Auswahl der Vermessungspunkte und Vermarkung......Page 588
2.6 Bezugs- und Koordinatensysteme......Page 589
3 Messverfahren und -geräte......Page 594
3.1 Bestimmung einzelner Messgrößen......Page 595
3.2 Linienweise Messungen......Page 619
3.3 3-D-Koordinatenbestimmung......Page 628
3.4 Messverfahren zur quasi flächenhaften Erfassung......Page 650
3.5 Geosensornetze......Page 657
4 Auswertemethoden......Page 658
4.1 Ausgleichung geodätischer Netze und Deformationsanalyse......Page 660
4.2 Zeitreihenanalyse......Page 668
4.3 Integrierte Auswertemodelle......Page 672
5 Literatur......Page 675
1 Einleitung......Page 679
2 Ziel geotechnischer Messungen......Page 680
3.1 Messgrößen im Baugrund......Page 681
3.3 Messgrößen in Tragteilen......Page 682
3.6 Messgrößen bei Sanierungen von Bauwerken......Page 683
4.1 Geodätische Messung......Page 684
4.2 Geotechnische Messungen......Page 686
5 Durchführung der Messung, Berichterstattung......Page 713
5.2 Automatische Messanlagen......Page 715
5.3 Datenvisualisierungs-Software......Page 716
6.1 Tiefe Baugruben, angrenzende Gebäude......Page 717
6.2 Probeschüttung, Beobachtungsmethode......Page 727
6.3 Adlertunnel – Sanierung eines Bauwerks......Page 729
6.4 Überwachung instabiler Hünge......Page 733
6.5 Probebelastung an Tragteilen, Pfahlversuche, Deformationsmessungen an Pfahlfundationen......Page 738
7 Literatur......Page 742
1 Einleitung......Page 745
2.1 Gleiten......Page 755
2.2 Kippen, Knicken, Abscheren......Page 764
2.3 Fallen......Page 769
2.4 Fließen......Page 770
2.5 Driften und Kriechen......Page 776
3.1 Veränderung der Hanggeometrie......Page 779
3.2 Veränderung der Bergwasserverhältnisse......Page 780
3.3 Veränderung der Lasten......Page 783
4.1 Erkundung......Page 784
4.2 Geomorphologische Ansprache......Page 785
4.3 Bodenansprache......Page 786
4.4 Gebirgsansprache......Page 789
4.6 Biologische Ansprache......Page 795
4.7 Anthropogene Ansprache......Page 796
5.1 Gefährdungskarten......Page 797
5.2 Monitoring......Page 799
5.3 Schutzmaßnahmen......Page 801
5.5 Geokompatible Böschungsausbildung......Page 805
6 Zusammenfassung und Ausblick......Page 807
7 Literatur......Page 808
Stichwortverzeichnis......Page 821
Inserentenverzeichnis......Page 841
Papiere empfehlen

Grundbau-Taschenbuch Teil 1: Geotechnische Grundlagen [7. überarb. u. aktualis. Auflage]
 343301843X, 9783433018439 [PDF]

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Zitiervorschau

7. Auflage

GRUNDBAU-TASCHENBUCH Teil 1: Geotechnische Grundlagen

Karl Josef Witt (Hrsg.)

7. Auflage

GRUNDBAU-TASCHENBUCH Teil 1: Geotechnische Grundlagen

Karl Josef Witt (Hrsg.)

IV Herausgeber und Schriftleiter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Karl Josef Witt Bauhaus-Universitt Weimar Professur Grundbau Coudraystraße 11 C 99421 Weimar

Umschlagbild: Punktlastversuch Quelle: Fachgebiet Geotechnik, MFPA-Weimar

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 2008 Ernst & Sohn Verlag fr Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin Alle Rechte, insbesondere die der bersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache bertragen oder bersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden drfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschtzte Kennzeichen handeln, wenn sie als solche nicht eigens markiert sind. Umschlaggestaltung: Sonja Frank, Berlin Satz: Dçrr + Schiller GmbH, Stuttgart Druck: betz-druck GmbH, Darmstadt Bindung: Litges & Dopf GmbH, Heppenheim Printed in Germany ISBN 978-3-433-01843-9

V

Vorwort zur 7. Auflage

„In den letzten Jahrzehnten ist die Grundbautechnik durch lebhafte Forschungsttigkeit in der Wissenschaft vom Baugrund und durch die Verbesserung alter sowie die Schaffung neuer Bauverfahren zu einem umfangreichen, selbstndigen Wissensgebiet erweitert worden, dessen theoretische Grundlagen im Großen und Ganzen als gesichert gelten kçnnen. Der Entwurf und die Ausfhrung von Grundbauwerken kann so gestaltet werden, dass Sicherheit und Wirtschaftlichkeit in einem ausgewogenen Verhltnis stehen.“ Mit diesen Ausfhrungen begann Dipl.-Ing. H. Schrçder 1955 sein Vorwort als Herausgeber der ersten Auflage des Grundbau-Taschenbuches. Sein Ziel war damals, das in vielfltigen Verçffentlichungen zusammengetragene Wissen themenorientiert dem planenden und bauenden Ingenieur in einem umfassenden Werk zusammenzustellen. Dies ist mit der ersten Auflage in hervorragender Weise gelungen und wurde von Prof. U. Smoltczyk konsequent und mit großem Erfolg bis zur 6. Auflage fortgesetzt. Es ist mir ein besonderes Anliegen, das Grundbau-Taschenbuch in dieser Tradition fortzufhren, neue Entwicklungen, Erkenntnisse, Berechnungsgrundlagen und Nachweismethoden mit den Erfahrungen der Praxis zu vereinen. Das Wissen um den Baugrund und dessen Interaktionen mit dem Bauwerk ist fortgeschritten, die internationale Forschung ist weiterhin sehr aktiv, sowohl auf dem Gebiet der Bodenmechanik als auch im gesamten Feld des Erd-, Grund- und Felsbaus. Die Erkundungsmethoden, die Nachweismethoden und die Bauverfahren haben sich verndert, neue Methoden der Berechnung, der Beschreibung und der Darstellung wurden entwickelt. Die fr die Geotechnik charakteristische Unsicherheit und Unschrfe der quantitativen Prognose mssen aber weiterhin akzeptiert werden. Dem planenden und bauenden Ingenieur bleibt nach wie vor die Aufgabe, die Risiken auf der Grundlage von fundiertem theoretischem Wissen und praktischer Erfahrung mit dem rechten Maß zu beurteilen. Dieses umfassende Standardwerk der Geotechnik soll ihn dabei untersttzen. Teil 1 trgt die geotechnischen Grundlagen zusammen. In den Teilen 2 und 3 folgen die Kapitel zu Verfahren des Spezialtiefbaus und zur Grndung von Bauwerken. Da das Teilsicherheitskonzept mittlerweile fr alle Nachweisverfahren umgesetzt ist, wurde dem Teil 1 eine Erluterung der Grundstze vorangestellt. Fr die meisten der in den letzten Auflagen traditionell behandelten Themen konnten neue Autoren oder Koautoren gewonnen werden. Die Kapitel felsmechanische Grundlagen und Phnomene der Massenbewegungen sowie ein Beitrag zur Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund sind neu hinzugekommen. Das Grundbau-Taschenbuch lebt von den thematisch abgegrenzten Beitrgen, in denen die Autoren mit großem Engagement ihr Expertenwissen zusammengetragen haben. Ihnen allen, dem Verlag Ernst & Sohn und der Lektorin, Frau Dipl.-Ing. R. Herrmann, gilt mein besonderer Dank. Weimar, August 2008

Karl Josef Witt

VII

Inhaltsverzeichnis

1.1

Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau Martin Ziegler

1 1.1 1.2 2 2.1 2.2 3 3.1 3.2 3.3 3.4 4 4.1 4.2 4.3 4.4 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 6 7

Einfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Historischer Rckblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Das neue Sicherheitskonzept. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Globales Sicherheitskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Teilsicherheitskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Aufbau und Inhalte der neuen Sicherheitsnorm DIN 1054. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Inhaltsbersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Geotechnische Kategorien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Wichtige Begriffe der neuen Sicherheitsnorm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Grenzzustnde und Nachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Duktilitt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Grenzzustnde der Tragfhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit GZ 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Teilsicherheitsbeiwerte nach DIN 1054 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Zuknftige Normung im Umfeld des EC 7-1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Einwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Widerstnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Bemessungssituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Grenzzustnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Teilsicherheitsbeiwerte nach Normenhandbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Weitere nderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Zitierte Normen und Empfehlungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

1.2

Baugrunduntersuchungen im Feld Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

1 1.1 1.2 1.3 1.4 2 2.1 2.2 2.3 2.4

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Normen und Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Voruntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Hauptuntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Baugrundaufschluss durch Schrfe, Bohrungen und Probenentnahmen . . . . . . . . 50 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Bohrgerte und Ausrstung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Aufschluss im Boden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

VIII

Inhaltsverzeichnis

2.5 2.6 2.7 2.8 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4 4.1 4.2 5 5.1 5.2 6 6.1 6.2 7

Aufschluss im Fels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Aufschluss der Grundwasserverhltnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Behandlung, Transport und Aufbewahrung der Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Baugrundaufschluss durch Sondierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Rammsondierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Standard Penetration Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Drucksondierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Flgelscherversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Gewichtssondierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Bohrlochaufweitungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Gerte und Versuchsdurchfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Bestimmung der Dichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Gravimetrische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Radiometrische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Geophysikalische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Kurzbeschreibungen der wichtigsten Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

1.3

Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor Paul von Soos und Jens Engel

1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 3 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9

Boden und Fels – Begriffe und Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften der Bçden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodenschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodenproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchfhren und Auswerten von Laborversuchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodeneigenschaften und Laborversuche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften von Fels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennwerte und Eigenschaften der festen Bodenkçrner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Korngrçßenverteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Korndichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mineralaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kornform und Kornrauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezifische Kornoberflche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehalt an organischen Bestandteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kalkgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennwerte und Eigenschaften des Kornhaufens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefge des Bodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Porenanteil und Porenzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermittlung der Dichte des Bodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzen der Lagerungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wassergehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsistenzgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wasseraufnahmevermçgen nach Enslin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verdichtungsverhalten in Abhngigkeit vom Wassergehalt . . . . . . . . . . . . . . . . Absolute Porengrçße und Filterwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

123 123 123 126 127 127 128 129 129 132 133 134 135 136 136 137 137 137 140 140 142 142 145 146 147

Inhaltsverzeichnis

IX

5.10 5.11 5.12 6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 8 9 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8 9.9 9.10 9.11 10 10.1 10.2 10.3 10.4 11

Kapillaritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Wasserdurchlssigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Luftdurchlssigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Versuche zur Ermittlung des Spannungs-Verformungs-Verhaltens . . . . . . . . . . . 156 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Kompressionsversuch (Druckversuch mit verhinderter Seitendehnung) . . . . . . . 159 Dreiaxialer Druckversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Einaxialer Druckversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Dreiaxialer Druckversuch mit s2 > s3 und zweiaxialer Druckversuch . . . . . . . . 171 Messen von Kriechverformungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Scherfestigkeit; Ermittlung der Scherparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Dreiaxialer Druckversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Ermittlung der einaxialen Druckfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Rahmenscherversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Kreisringscherversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Versuch mit dem „Einfachschergert“ (simple shear) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Ermittlung der Zugfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Eigenschaften – Felsmechanische Laborversuche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Einaxialer Druckversuch an Gesteinsproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Punktlastversuche an Gesteinsproben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Dreiaxialer Druckversuch an Gesteinsproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Scherwiderstand in Felstrennflchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Festigkeit des geklfteten Fels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Zugversuche an Gesteinsproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Kriechversuche an Gesteinsproben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Einaxiale Relaxationsversuche an Gesteinsproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Quellversuche an Gesteinsproben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Ermittlung der Zerfall-Bestndigkeit von Gesteinen – Siebtrommelversuch . . . 193 Benennen, Beschreiben und Klassifikation von Boden und Fels . . . . . . . . . . . . . 194 Benennen und Beschreiben von Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Benennen und Beschreiben von Fels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Bodenklassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Felsklassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

1.4

Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser Andreas Claussen

1 2 3 4 5 6 6.1 6.2 6.3 6.4

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Anorganische Matrix des Untergrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Organische Matrix des Untergrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Schadstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Anorganische Schadstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Organische Schadstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Mineralçlartige Kohlenwasserstoffe (KW-Index) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Einkernige aromatische Kohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Mehrkernige aromatische Kohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Halogenierte Kohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

X

Inhaltsverzeichnis

7 8 9 10

Bewertungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen auf den Baugrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.5

Stoffgesetze fr Bçden Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

1 2 3 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 6 6.1 6.2 6.3 6.4 7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5

Symbolverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfhrung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frequently Asked Questions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung von Stoffgesetzen fr die Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Merkmale des Bodenverhaltens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elementversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kompressionsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Scherverhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Druck- und Dichteabhngigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhalten undrnierter Proben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritische Zustnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss der Deformationsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zyklisches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Realitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mathematische Struktur von Stoffgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundbegriffe, Tensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elastische Stoffe im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss der Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homogenitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Invarianz, Isotropie, Objektivitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eindeutigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßstabseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontinuumsmechanische und diskrete Betrachtungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hierarchie und Bestandteile von Stoffgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lineare Elastizitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elastoplastische Stoffgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypoplastische Stoffgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antwortumhllende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wassergesttigter Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoffgesetze fr teilgesttigten Boden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoffgesetz fr schnelle Verformungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitabhngigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kornbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hçhere Kontinua. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergnzende Aspekte von Stoffgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kalibrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoffkonstanten und Zustandsgrçßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermodynamische Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Große Verformungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

234 236 240 242

243 244 244 246 247 247 248 250 252 253 255 256 257 257 258 258 259 259 261 261 262 263 263 264 264 265 275 276 277 277 279 279 279 280 280 280 281 281 281 282 282 283

Inhaltsverzeichnis

XI

8.6 9 10

Entfestigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Stoffgesetze in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

1.6

Erddruck Achim Hettler

1 2 2.1 2.2 2.3 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 5 5.1 5.2 6 6.1 6.2

Einfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Begriffe, Formelzeichen und Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Begriffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Formelzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Indizes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Methoden zur Ermittlung des Erddrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 bersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Kinematische Methoden beim aktiven Erddruck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Kinematische Methoden beim passiven Erddruck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Statische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Versuche und Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Finite-Elemente-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Ebener, aktiver Erddruck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Grundstzliche berlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Bodeneigengewicht, großflchige Auflasten und Kohsion . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Kohsion, rechnerische Zugspannungen und Mindesterddruck . . . . . . . . . . . . . . 326 Vertikale Linien- und Streifenlasten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Horizontale Linien- und Streifenlasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Geschichteter Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Geknickter Gelndeverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Geknickte Wandflchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Verteilung des aktiven Erddrucks. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Erdruhedruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Bodeneigengewicht und großflchige Auflasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Punkt-, Linien- und Streifenlasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Ebener passiver Erddruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 Grundstzliche berlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 Eigengewicht, großflchige Auflasten und Kohsion bei Parallelbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Drehung um den Kopf- oder Fußpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Verteilung des passiven Erddrucks. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Rumlicher aktiver Erddruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Grundstzliche berlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Kreiszylindrische Flchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Sttzwnde quer zur Bçschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 Rumlicher passiver Erddruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 bersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Fußwiderstand vor Bohltrgern nach Weißenbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 Verfahren nach DIN 4085 fr begrenzte Wandabschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 Sonderflle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Verdichtungserddruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Silodruck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Wiederholte quasistatische Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

6.3 6.4 7 7.1 7.2 7.3 8 8.1 8.2 8.3 9 9.1 9.2 9.3

XII

Inhaltsverzeichnis

9.4 9.5 9.6 9.7 10 10.1 10.2 10.3 10.4 11 11.1 11.2 11.3 11.4 12

Dynamische Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss des Grundwassers auf den Erddruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Winkelsttzwnde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mobilisierung des Erddrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzwerte der Verschiebung bei Erreichen des aktiven Erddrucks . . . . . . . . . Grenzwerte der Verschiebung bei Erreichen des passiven Erddrucks . . . . . . . . Mobilisierungsfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erddruckneigung und Wandreibungswinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansatz des Erddrucks in Abhngigkeit der Verschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . Erddruckumlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erddruck als gnstige Einwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang: Erddrucktabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.7

Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein Erich Pimentel

1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 4 4.1 4.2 4.3 4.4 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 6

Einfhrung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fels und Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskontinuitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genitt, Tropie und Betrachtungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bruch- und Verformungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoffgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elastisches Materialverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elastoplastisches Materialverhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Viskoplastisches Materialverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trennflchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homogenisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schdigungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchstrçmung des Gebirges. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchstrçmung von Gestein und einer Trennflche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homogenisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht homogenisierbare Flle und Sonderflle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bemessungsanstze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleiten – ebener Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleiten – rumlicher Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kippen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knicken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steinfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

362 363 364 367 370 370 371 371 374 378 378 380 380 383 384 388

397 397 397 399 405 407 410 410 411 412 417 418 426 428 429 429 430 431 432 433 433 435 437 440 445 446 448

Inhaltsverzeichnis

XIII

1.8

Bodendynamik Christos Vrettos

1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 4 4.1 4.2 4.3 4.4 5 5.1 5.2 6 6.1 6.2 6.3

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Schwingungen einfacher Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Freie Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 Erzwungene, gedmpfte Schwingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 Viskose Dmpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Wellenausbreitung im Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 Eindimensionale Wellenausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 Verhalten von Wellen an Trennflchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 Ausbreitung von vertikal propagierenden Wellen in einer Bodenschicht . . . . . . 461 Oberflchenwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 Bodenverhalten bei zyklischer Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 Spannungs-Dehnungs-Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 quivalent-lineares Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 Nichtlineare Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 Zyklische Setzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 Messung von dynamischen Bodenkenngrçßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 Feldversuche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 Laborversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 Dynamisch belastete Fundamente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 Steifigkeitsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 Boden-Bauwerk-Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Pfahlgrndungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495

1.9

Numerische Verfahren in der Geotechnik Peter-Andreas von Wolffersdorff und Helmut F. Schweiger

1 2 3 3.1 3.2 4 4.1 4.2 4.3 4.4 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 6 7

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 Besonderheiten der Geotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 Die maßgeblichen numerischen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 bersicht ber numerische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 Kurzbeschreibung mathematischer Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 Verformungsberechnungen typischer geotechnischer Aufgaben . . . . . . . . . . . . . 527 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 Grndungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 Dmme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 Gesicherte Bçschungen und Einschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 Standsicherheitsberechnungen typischer geotechnischer Aufgaben. . . . . . . . . . . 546 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 Verkehrsbauliche Dmme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 Wasserbauliche Dmme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 Bçschungen und Einschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 Baugrubenwnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555

XIV 1.10

1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 4 4.1 4.2 4.3 5

Inhaltsverzeichnis

Geodtische berwachung von geotechnischen Bauwerken Otto Heunecke, Klaus Linkwitz und Willfried Schwarz Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgabe und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur praktischen Organisation und Durchfhrung der Aufgaben. . . . . . . . . . . . . Einige Besonderheiten von berwachungsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzeptioneller Entwurf und Erkundung der Messungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl der Vermessungspunkte und Vermarkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Auswertung und Genauigkeitsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bezugs- und Koordinatensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messverfahren und -gerte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestimmung einzelner Messgrçßen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Linienweise Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3-D-Koordinatenbestimmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messverfahren zur quasi flchenhaften Erfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geosensornetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertemethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgleichung geodtischer Netze und Deformationsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . Zeitreihenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Integrierte Auswertemodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.11

Geotechnische Messverfahren Arno Thut

1 2 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4 4.1 4.2 5 5.1 5.2 5.3 6 6.1 6.2 6.3 6.4

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziel geotechnischer Messungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messgrçßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messgrçßen im Baugrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messgrçßen whrend der Bauausfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messgrçßen in Tragteilen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messgrçßen bei angrenzenden Objekten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messgrçßen bei permanenten Bauwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messgrçßen bei Sanierungen von Bauwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messinstrumente, Installation, Aufwand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geodtische Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geotechnische Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchfhrung der Messung, Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manuelle Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Automatische Messanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datenvisualisierungs-Software. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tiefe Baugruben, angrenzende Gebude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Probeschttung, Beobachtungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adlertunnel – Sanierung eines Bauwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . berwachung instabiler Hnge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

559 559 561 561 562 562 563 563 563 568 569 593 602 624 631 632 634 642 646 649

653 654 655 655 656 656 657 657 657 658 658 660 687 689 689 690 691 691 701 703 707

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6.5 7

XV

Probebelastung an Tragteilen, Pfahlversuche, Deformationsmessungen an Pfahlfundationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 712 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716

1.12

Massenbewegungen Dieter D. Genske

1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3 3.1 3.2 3.3 3.4 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 6 7

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 719 Mechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729 Gleiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729 Kippen, Knicken, Abscheren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 738 Fallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743 Fließen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 Driften und Kriechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 Auslçser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753 Vernderung der Hanggeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753 Vernderung der Bergwasserverhltnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 754 Vernderung der Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757 Vernderung der Festigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 758 Erkennen von Bewegungspotenzialen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 758 Erkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 758 Geomorphologische Ansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759 Bodenansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 760 Gebirgsansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763 Hydrogeologische Ansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 769 Biologische Ansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 769 Anthropogene Ansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770 Synthesekarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771 Gefahrenabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771 Gefhrdungskarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771 Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 Schutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775 Stabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779 Geokompatible Bçschungsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 781 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 795 Inserentenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 815

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Autoren-Kurzbiografien

Ulf Bergdahl, geboren 1937, ist Senior Chief Engineer am Swedish Geotechnical Institut und leitete dort ab 1988 die Abteilung Erd- und Grundbau. Zuvor war er als Abteilungsleiter fr die gesamte Felderkundung und -messtechnik verantwortlich. Von 1987 bis 1997 war er gleichzeitig Vizeprsident des Instituts. Er studierte Bauingenieurwesen am Royal Institut of Technology in Stockholm und hat ber 40 Jahre Berufserfahrung in geotechnischer Beratung, Forschung und Entwicklung. Seine Forschungsschwerpunkte sind Methoden und Entwicklungen der Felderkundung, Tief- und Flachgrndungen. Die Ergebnisse der angewandten Forschung bringt er bis heute in die Beratung fr herausragende Projekte ein, beim Bau von Verkehrsdmmen auf weichem Baugrund, hohen Brcken und Hochhusern, bei der Analyse der Standsicherheit von Einschnittsbçschungen in Tonbçden und in viele Spezialfragen der Grndungsberatung. Ulf Bergdahl war bei der Ausarbeitung zahlreicher nationaler und internationaler Normen und Empfehlungen beteiligt. Seine geotechnische Erfahrung hat er als Autor oder Koautor in mehr als 100 Publikationen weitergegeben. Andreas Claussen, Jahrgang 1960, studierte an der Albert-Ludwigs-Universitt in Freiburg Diplom-Geographie in der Fachrichtung Hydrologie. Im Anschluss an das Studium promovierte er als wissenschaftlicher Angestellter des Instituts fr Bodenkunde der Universitt Hamburg ber die bodenmechanischen und -chemischen Eigenschaften von thermisch und nassmechanisch gereinigten Bodenmaterialien. Vom Institut fr Bodenkunde wechselte er in ein Ingenieurbro fr Grundbau, Bodenmechanik und Umwelttechnik und bearbeitete schwerpunktmßig unterschiedlichste altlastverdchtige Flchen und Altlasten. Seit 2001 ist er in einem Planungsbro mit Fragen des Bodenschutzes und der Bodenbewertung sowie der Altlastensanierung und des Flchenrecyclings befasst. Jens Engel, Jahrgang 1963, ist seit 2003 Professor fr Geotechnik an der Hochschule fr Technik und Wirtschaft (FH) Dresden. Zu den Schwerpunkten an der Hochschule gehçren Forschungsprojekte aus den Bereichen Eigenschaften von Bçden, Bauen mit Geokunststoffen, Entwicklung neuer Grundbaukonstruktionen, Geotechnische Datenbanken und Deponiebau. Im Rahmen der Mitwirkung in Ausschssen und Arbeitsgruppen ist er u. a. in die Weiterentwicklung geotechnischer Untersuchungsverfahren eingebunden. Er ist Sachverstndiger fr Bodenmechanik, Erd- und Grundbau und betreut als selbststndiger beratender Ingenieur Baumaßnahmen aus den Bereichen Grundbau, Deponiebau, Erd- und Dammbau sowie Verkehrsbau. Nach dem Studium des Bauingenieurwesens in Dresden und einem Aufenthalt an der Universitt Karlsruhe promovierte er an der Technischen Universitt Dresden ber die Entwicklung bodenmechanischer Datenbanken und habilitierte an der gleichen Universitt ber Verfahren zur Bestimmung der Eigenschaften von Bçden. Edwin Fecker, Jahrgang 1944, studierte an den Universitten Freiburg und Karlsruhe Geologie. Am Institut fr Boden- und Felsmechanik in Karlsruhe promovierte er mit einer Arbeit ber den Spitzenreibungswiderstand auf großen Kluftflchen. Umfangreiche praktische Erfahrung hat er sich zunchst als Assistent am Institut fr Boden- und Felsmechanik und schließlich als Geschftsfhrer eines Ingenieurbros fr Baugeologie und Baumesstechnik erworben. 1991 wurde er zum Honorarprofessor der Universitt Tbingen bestellt.

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Autoren-Kurzbiografien

Seit 1996 ist er Geschftsfhrer und Gesellschafter des Geotechnischen Ingenieurbros Prof. Fecker und Partner GmbH. Er ist Mitglied zahlreicher Ausschsse und Arbeitsgruppen der Deutschen Gesellschaft fr Geotechnik und des DIN. Dieter D. Genske, geboren 1956, studierte Geo- und Ingenieurwissenschaften in Deutschland (Wuppertal, Aachen) und den USA und promovierte ber ein probabilistisches Sicherheitskonzept fr Bçschungen bei Bernhard Walz und Karl-Heinz Heitfeld. Im Rahmen eines Post-Doktorats der Alexander von Humboldt-Stiftung ging er an die Universitt von Kyoto (Japan). 1990 wurde er Projektmanager bei der Deutschen Montan Technologie DMT Essen und leitete eine Reihe von Großprojekten, u. a. im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA Emscher Park und der Entwicklung des Berliner Spreebogens als neuen Regierungssitz. Dieter D. Genske unterrichtete an verschiedenen Hochschulen in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz und wurde zu Forschungsaufenthalten nach Sdafrika und Japan eingeladen. In Afrika und Osteuropa fhrte er eine Reihe von Projekten zur Entwicklungszusammenarbeit durch. Sein interaktives Distance Learning-Projekt wurde durch den Rat der Eidgençssischen Technischen Hochschulen ausgezeichnet. Seine Forschungsschwerpunkte sind Umwelt- und Geotechnik. Zurzeit lehrt er an der FH Nordhausen und der ETH Zrich. Ivo Herle, geboren 1966, hat sein Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Universitt in Prag im Jahr 1989 abgeschlossen und war anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts fr Theoretische und Angewandte Mechanik (ITAM) der Tschechischen Akademie der Wissenschaften. 1993 wechselte er an das Institut fr Bodenmechanik und Felsmechanik der Universitt Karlsruhe, wo er im Jahr 1997 promovierte. Nach seiner Rckkehr an die Tschechische Akademie der Wissenschaften wurde er im Jahr 2000 stellvertretender Direktor und lehrte gleichzeitig an der Karls-Universitt in Prag. Mit einer Fçrderung des Marie-Curie Individual Fellowship Programms forschte er ab 2002 am Institut fr Geotechnik und Tunnelbau der Universitt Innsbruck, wo er 2003 habilitierte. Seit 2004 ist er Professor fr Bodenmechanik und Grundbau an der Technischen Universitt Dresden. Seine Forschungsschwerpunkte sind theoretische und experimentelle Untersuchungen des mechanischen Bodenverhaltens, Standsicherheit von Bçschungen und numerische Modellierung von geotechnischen Randwertproblemen. Achim Hettler, Jahrgang 1953, leitet seit 1994 als Nachfolger von Prof. Weißenbach den Lehrstuhl fr Baugrund – Grundbau an der Technischen Universitt Dortmund. Er ist Mitglied in zahlreichen Normenausschssen und Obmann des Arbeitskreises Baugruben. Forschungsschwerpunkte sind u. a. Themen zu Baugruben und Erddruckfragen. Nach dem Studium des Bauingenieurwesens in Karlsruhe und in Lyon Promotion und Habilitation am Institut fr Bodenmechanik und Felsmechanik bei Prof. Gudehus in Karlsruhe. Seitdem ber 20-jhrige praktische Erfahrung u. a. bei einem großen Baukonzern im Spezialtiefbau, bei einem berregionalen Planungsbro in der Geotechnik und bei der Sanierung von großen Altstandorten. In den letzten Jahren verstrkte Ttigkeit als Sachverstndiger fr Schden im Grundbau und fr Altlasten. Autor des Buches „Grndung von Hochbauten“ und Koautor des Buches „Der Bausachverstndige vor Gericht“. Otto Heunecke, Jahrgang 1960, studierte von 1983 bis 1989 an der Universitt Hannover Vermessungswesen. Von 1989 bis 2002 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 1999 Oberingenieur am Geodtischen Institut in Hannover, an dem er 1995 mit einer Arbeit fr die Anwendung der Kalman-Filterung auf die Auswertung von berwachungsmessungen promovierte. Seit 2002 hat er die Professur fr Ingenieurgeodsie im Geodtischen Institut an der Universitt der Bundeswehr Mnchen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich

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automatisierter Verfahren bei berwachungsaufgaben und der Nutzung neuer Messverfahren wie etwa dem terrestrischen Laserscanning. Er ist Mitglied in verschiedenen Arbeitskreisen zu Themen der Ingenieurgeodsie. Dimitrios Kolymbas, geboren 1949 in Athen, besuchte dort die Deutsche Schule und studierte in Karlsruhe Bauingenieurwesen. Am Institut fr Boden- und Felsmechanik dieser Universitt hat er 1978 promoviert und 1988 habilitiert. Sein Hauptforschungsgebiet sind Stoffgesetze fr Bçden, er hat die Theorie der Hypoplastizitt als Alternative zur Elastoplastizitt eingefhrt. Als Oberingenieur am o. g. Institut befasste er sich u. a. mit der Grndung des Kernkraftwerks Neckarwestheim 2 und war Mitglied von zwei Sonderforschungsbereichen. Seit 1994 ist er ordentlicher Professor fr Geotechnik und Tunnelbau an der Universitt Innsbruck. Er hat zahlreiche Konferenzen und Kurse organisiert sowie mehrere Bcher, darunter die Lehrbcher „Geotechnik“ (letzte Ausgabe 2007) und „Tunnelling and Tunnel Mechanics“ (letzte Ausgabe 2008), verçffentlicht. Klaus W. Linkwitz, Jahrgang 1927, studierte in Stuttgart und Mnchen Geodsie. Seine Berufspraxis begann er als Geodt und praktischer Bauingenieur in Afghanistan und Indien bei Projekten des Verkehrswege- und Tunnelbaus. 1961 promovierte er an der TH Mnchen. Als Partner eines Mnchner Ingenieurbros leitete er von 1960 bis 1964 Projekte des Verkehrswegebaus in Deutschland und im Ausland und war 2 Jahre in Kamerun Chef der Mission fr den Europischen Entwicklungsfonds. Diese erfolgreiche nationale und internationale Ttigkeit setzte er spter als Beratender Ingenieur mit dem selbst gegrndeten Bro fort. Von 1964 bis 1995 war er Ordinarius fr Vermessungswesen und Direktor des Instituts „Anwendungen der Geodsie im Bauwesen“ an der TH/Universitt Stuttgart. Seine Hauptarbeitsgebiete sind Ingenieurgeodsie, Photogrammetrie, Ausgleichungsrechnung und Sonderanwendungen im Bauwesen. Gastdozenturen, viele erfolgreiche und innovative Forschungsaktivitten, die Mitbegrndung von 3 Sonderforschungsbereichen, die Mitarbeit in wissenschaftlichen Gesellschaften und intensive Kontakte mit auslndischen Hochschulen sowie ber 160 bedeutende Fachpublikationen kennzeichnen diese wissenschaftlich sehr aktive Zeit. Neben verschiedenen Ingenieurpreisen erhielt er die Ehrendoktorwrde der ETH Zrich und der TU Donetsk. Klaus-Jrgen Melzer, Jahrgang 1935, studierte an der RWTH Aachen Bauingenieurwesen. Am Institut fr Verkehrswasserbau, Grundbau und Bodenmechanik promovierte er mit einer Arbeit ber Sonden fr Baugrunduntersuchungen, wobei er gleichzeitig praktische Erfahrung in der Grundbauberatung sammelte. 1968 ging er zur USA Waterways Experiment Station, Vicksburg, MI, wo sich der Schwerpunkt seiner Ttigkeit auf die Untersuchung der Mobilitt gelndegngiger Fahrzeuge verschob. 1974 bis 1993 arbeitete er bei der Battelle-Organisation, wo er u. a. sieben Jahre die Battelle Motor- und Fahrzeugtechnik GmbH als alleiniger Geschftsfhrer leitete. Danach war er bis zum Erreichen des Ruhestands als Berater fr mittelstndische Industrieunternehmen ttig. In der gesamten Zeit hielt er die enge Verbindung zu seinem ursprnglichen Fachgebiet aufrecht. So leitete er u. a. von 1984 bis 1993 den Normenausschuss „Feldversuche“. Er gehçrte und gehçrt auch noch heute verschiedenen internationalen und nationalen Ausschssen und professionellen Gesellschaften an. Erich Pimentel, geboren 1958, studierte an der Ppstlichen Katholischen Universitt von Peru Bauingenieurwesen und arbeitete anschließend zweieinhalb Jahre in Lima fr ein geotechnisches Ingenieurbro. Danach absolvierte er ein Aufbaustudium am Institut fr Bodenmechanik und Felsmechanik der Universitt Karlsruhe. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehrstuhls fr Felsmechanik dieses Instituts promovierte er mit einer Arbeit ber

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Autoren-Kurzbiografien

das Quellverhalten von diagenetisch verfestigtem Tonstein. Seit 2004 ist er an der Professur fr Untertagbau des Institutes fr Geotechnik der ETH Zrich als Dozent und Oberassistent sowie als Leiter des dortigen Felslabors ttig. Willfried Schwarz, Jahrgang 1948, studierte von 1967 bis 1970 an der damaligen Staatlichen Ingenieurschule fr Bauwesen in Recklinghausen die Fachrichtung Vermessungswesen und anschließend von 1971 bis 1976 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universitt Bonn die Fachrichtung Geodsie. Nach seinem Referendariat in Nordrhein-Westfalen, das er 1978 mit der Prfung zum Vermessungsassessor abschloss, war er wissenschaftlicher Assistent am Geodtischen Institut der RWTH Aachen, wo er 1985 mit einem Thema aus dem Bereich der geodtischen Messtechnik promovierte. In der Zeit von 1985 bis 1998 war er wissenschaftlicher Angestellter beim Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg; er hat dort umfangreiche praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Przisionsvermessung erworben. Im Jahr 1998 wurde er auf die Professur Geodsie und Photogrammetrie an der Bauhaus-Universitt Weimar berufen. Seine Forschungsfelder liegen u. a. in den Bereichen des Einsatzes der Industriephotogrammetrie im Technischen Versuchswesen und in der Baumesstechnik, der Erfassung von Gebudegeometrien und des Einsatzes innovativer Sensorsysteme fr Aufgaben des Bauwerkmonitorings. Er ist Mitglied in verschiedenen, zum Teil fachbergreifenden Arbeitskreisen. Helmut F. Schweiger, Jahrgang 1954, studierte Bauingenieurwesen an der Technischen Universitt Graz und Finite-Elemente-Methoden an der University of Wales, Swansea (Dissertation 1989). Danach intensive Beschftigung mit numerischen Methoden in der Geotechnik im Rahmen seiner Forschungs- und Lehrttigkeit am Institut fr Bodenmechanik und Grundbau der Technischen Universitt Graz. Seine Habilitation erfolgte 1995, seit 1999 ist er Leiter der Arbeitsgruppe „Numerische Geotechnik“. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Weiterentwicklung und Anwendung numerischer Methoden auf praktische Aufgabenstellungen in der Geotechnik, insbesondere unter Bercksichtigung moderner Stoffgesetze. Er ist im „Editorial Board“ einiger internationaler Fachzeitschriften, wie z. B. Computers and Geotechnics, International Journal of Geomechanics und war von 2004 bis 2007 im „Advisory Panel“ von Geotechnique. Er ist Mitglied mehrerer „Technical Committees“ der ISSMGE und war im internationalen Expertenkomitee zur Klrung des Einsturzes der tiefen Baugrube „Nicoll Highway“ in Singapur. Paul von Soos, Jahrgang 1925, begann 1944 das Studium das Bauingenieurwesen zunchst an der TU Budapest und setzte es an der TH Mnchen fort, wo er 1950 diplomierte. Der weitere Berufsweg fhrte ihn als Betriebsleiter zum Institut und heutigen Prfamt fr Grundbau und Bodenmechanik der TU Mnchen, das er als Akademischer Direktor bis zum Eintritt in den Ruhestand leitete. Die Schwerpunkte lagen nicht nur auf dem Gebiet des bodenmechanischen Versuchswesens, an dessen Entwicklung und Standardisierung er maßgeblich beteiligt war, er war ebenso wissenschaftlich, lehrend und beratend bei herausfordernden Projekten des ber- und unterirdischen Verkehrswegebaus, des Wasserbaus und des Ingenieurbaus ttig. Seine Erfahrungen und sein sicheres Urteilsvermçgen brachte und bringt er auch in die Mitarbeit bei zahlreichen Arbeitskreisen und Ausschssen ein, von denen er jene fr „Laborversuche“ und fr die „Untersuchung von Boden und Fels“ ber Jahrzehnte als Obmann leitete. Arno Thut, geboren 1939, ist Geschftsfhrer und Delegierter des Verwaltungsrates der SOLEXPERTS AG, 8617 Mçnchaltorf, Schweiz. Auf das Studium des Bauingenieurwesens an der ETH Zrich folgten eine 6-jhrige Forschungsttigkeit, Promotion auf dem Gebiet der Geotechnik und mehrere Jahre Auslandsttigkeit mit Schwerpunkt Talsperrenbau. Seit

Autoren-Kurzbiografien

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1973 arbeitet er bei der SOLEXPERTS AG an praktischen Fragen des Przisions-Geomonitorings, war entscheidend am Aufbau, der interdisziplinren sowie internationalen Ausrichtung dieses Experten-Bros beteiligt und bernahm es 1991. In seiner nunmehr ber 40-jhrigen Berufserfahrung entwickelte er fr zahlreiche herausragende Projekte des Tunnelbaus, Spezialtiefbaus und der Entsorgung nuklearer Abflle immer wieder neue Methoden, Gerte, Konzepte und Strategien fr fortschrittliche geotechnische und hydrogeologische Messungen. Christos Vrettos, Jahrgang 1960, studierte Bauingenieurwesen an der Universitt Karlsruhe. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fr Boden- und Felsmechanik promovierte er dort im Jahre 1988. Postdoktorand an der Universitt Kyoto in Japan und am M. I. T. in Boston, USA. Anschließend bis 1996 Oberingenieur am Grundbauinstitut der TU Berlin, an der er habilitierte. Umfangreiche praktische Erfahrung durch die nachfolgende Ttigkeit im Technischen Bro eines Baukonzerns und in einem großen geotechnischen Planungsbro. Seit 2004 leitet er den Lehrstuhl fr Bodenmechanik und Grundbau an der TU Kaiserslautern. Berater fr bedeutende Projekte im In- und Ausland. Forschungsschwerpunkte umfassen die dynamische Boden-Bauwerk-Interaktion, die experimentelle Bodendynamik, die Modellierung von Grndungen und geotechnischen Bauwerken sowie das mechanische Verhalten teilgesttigter Bçden. Karl Josef Witt, geboren 1951, ist seit 1997 Universitts-Professor am Lehrstuhl fr Grundbau an der Bauhaus-Universitt Weimar und leitet den Fachbereich Geotechnik der angegliederten Materialforschungs- und Prfanstalt Weimar (MFPA-Weimar). Seine Forschungsschwerpunkte decken den Bereich Bodenstrukturen, Sicherheit von geotechnischen Bauwerken und Umweltgeotechnik ab. Er ist Mitglied zahlreicher Ausschsse und Arbeitsgruppen, daneben Sachverstndiger bei komplexen Schadens- und Streitfllen sowie Prfingenieur fr Erd- und Grundbau. Er studierte an der Universitt Karlsruhe Bauingenieurwesen und promovierte am Institut fr Grundbau, Bodenmechanik und Felsmechanik mit einer Arbeit ber Filtrationseigenschaften weitgestufter Erdstoffe. Die ber 20-jhrige praktische Erfahrung und die Nhe zu Projekten des Erd- und Grundbaus im Schnittbereich zwischen Ingenieurpraxis und Wissenschaft hat er sich zunchst in einem wasserbaulichen Planungsbro und schließlich als selbststndiger Beratender Ingenieur in einem geotechnischen Planungsbro erworben. Peter-Andreas von Wolffersdorff, geboren 1951, ist seit 2000 Geschftsfhrer der BAUGRUND DRESDEN Ingenieurgesellschaft GmbH. Er studierte an der HAB Weimar, der heutigen Bauhaus-Universitt, Bauingenieurwesen und promovierte dort im Bereich kommunaler Tiefbau zu bodenmechanischen Stoffgesetzen. Seine wissenschaftliche Laufbahn setzte er Ende der 1980er-Jahre an der Universitt Karlsruhe am Institut fr Boden- und Felsmechanik bei Prof. Gudehus fort und schloss diese Zeit mit der Habilitation zu Verformungen von Sttzkonstruktionen ab. Umfangreiche praktische Erfahrungen sammelte er whrend seiner Ttigkeit im technischen Bro der Ed. Zblin AG in Stuttgart, wo er an vielfltigen Bauvorhaben des Verkehrswegebaus, Wasserbaus und Grundbaus im In- und Ausland mitwirkte. Er ist ehrenamtlich in verschiedenen Ausschssen des DIN und der Deutschen Gesellschaft fr Geotechnik ttig. Seine langjhrigen Erfahrungen zur Anwendung numerischer Berechnungsmethoden bringt er u. a. in den Arbeitskreis Numerik der DGGT ein.

XXII

Autoren-Kurzbiografien

Martin Ziegler, Jahrgang 1954, studierte Bauingenieurwesen mit Vertiefungsrichtung Bodenmechanik und Grundbau an der Universitt Karlsruhe. Er promovierte anschließend dort am Institut fr Bodenmechanik und Felsmechanik mit einer Arbeit ber den verschiebungsabhngigen Erddruck in Sand. Danach war er 13 Jahre in einer großen deutschen Baufirma in verschiedenen Positionen der Planung und Ausfhrung und an wechselnden Einsatzstellen ttig. Zuletzt war er Geschftsfhrer der ausgegliederten Planungsgesellschaft mbH und zustndig fr Infrastruktur, Baumanagement und kaufmnnische Angelegenheiten. Seit April 2000 leitet er den Lehrstuhl fr Geotechnik im Bauwesen und das Institut fr Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik und Verkehrswasserbau an der RWTH Aachen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Geokunststoffbewehrungen, der Bodenvereisung, verschiedener Aspekte des Tunnelbaus, der Geothermie sowie neuer Verfahren zur Datenakquisition und Risikosimulation in der Geotechnik.

XXIII

Verzeichnis der Autoren

Sen. Chief Engineer Ulf Bergdahl Department of Geotechnical Design and Safety Swedish Geotechnical Institute Olaus Magnus vg 35 58193 Linkçping Schweden (1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld) Dr. rer. nat. Andreas Claussen melchior + wittpohl Ingenieurgesellschaft Karolinenstraße 6 20357 Hamburg (1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser) Prof. Dr.-Ing. habil. Jens Engel Hochschule fr Technik und Wirtschaft Dresden (FH) FB Bauingenieurwesen/Architektur Friedrich-List-Platz 1 01069 Dresden (1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor) Prof. Dr.-Ing. Edwin Fecker Geotechnisches Ingenieurbro Prof. Fecker & Patner GmbH Am Reutgraben 9 76275 Ettlingen (1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld) Dr.-Ing. Dieter D. Genske ETH Zrich Institute for Environmental Decisions (IED) Anthroposphere Dynamics Universittsstraße 22 8092 Zrich Schweiz (1.12 Massenbewegungen)

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Ivo Herle Technische Universitt Dresden Institut fr Geotechnik Georg-Bhr-Straße 1 01069 Dresden (1.5 Stoffgesetze fr Bçden) Univ. Prof. Dr.-Ing. habil. Achim Hettler Universitt Dortmund Fakultt Bauwesen FG Baugrund – Grundbau August-Schmidt-Straße 6 44227 Dortmund (1.6 Erddruck) Univ.-Prof. Dr.-Ing. Otto Heunecke Universitt der Bundeswehr Mnchen Institut fr Geodsie Werner-Heisenberg-Weg 39 85579 Mnchen (1.10 Geodtische berwachung von geotechnischen Bauwerken) Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Dimitrios Kolymbas Universitt Innsbruck Institut fr Infrastruktur Bereich Geotechnik und Tunnelbau Techniker Straße 15 6020 Innsbruck sterreich (1.5 Stoffgesetze fr Bçden) Prof. Dr.-Ing. Dr. sc. techn. h. c. Dr. h. c. Klaus Linkwitz Universitt Stuttgart Institut fr Anwendungen der Geodsie im Bauwesen Geschwister-Scholl-Straße 24D 70174 Stuttgart (1.10 Geodtische berwachung von geotechnischen Bauwerken)

XXIV Dr.-Ing. Klaus-Jrgen Melzer Drosselweg 7a 61440 Oberursel (1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld) Dr.-Ing. Erich Pimentel ETH Zrich Institut fr Geotechnik Professur fr Untertagebau Postfach 133 8093 Zrich Schweiz (1.7 Stoffgesetze und Bemessungsverfahren fr Festgestein) Prof. Dr.-Ing. Willfried Schwarz Bauhaus-Universitt Weimar Professur Geodsie und Photogrammetrie Marienstraße 9 99421 Weimar (1.10 Geodtische berwachung von geotechnischen Bauwerken) Ao. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. M. Sc. Helmut Schweiger Technische Universitt Graz Institut fr Bodenmechnik und Grundbau AG Numerische Geotechnik Rechbauerstraße 12 8010 Graz sterreich (1.9 Numerische Verfahren der Geotechnik) Dipl.-Ing. Paul von Soos Reußweg 30 81247 Mnchen (1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor)

Verzeichnis der Autoren

Dr. Arno Thut Solexperts AG Mettlenbachstraße 25 Postfach 122 8617 Mçnchaltorf Schweiz (1.11 Geotechnische Messverfahren) Univ. Prof. Dr.-Ing. Christos Vrettos Technische Universitt Kaiserslautern FG Bodenmechanik und Grundbau Erwin-Schrçdinger-Straße 6 7663 Kaiserslautern (1.8 Bodendynamik) Privat-Doz. Dr.-Ing. habil. Peter-Andreas von Wolffersdorff Baugrund Dresden Ingenieurgesellschaft mbH Paul-Schwarze-Straße 2 01097 Dresden (1.9 Numerische Verfahren der Geotechnik) Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Martin Ziegler RWTH Aachen Geotechnik im Bauwesen Mies-van-der-Rohe-Straße 1 52074 Aachen (1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau)

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

1.1

1

Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau Martin Ziegler

1

Einfhrung

1.1

Allgemeines

Die Aufgabe des entwerfenden Ingenieurs liegt darin, ein Bauwerk so zu konzipieren, dass es sicher und gebrauchstauglich ist sowie wirtschaftlich erstellt und betrieben werden kann. Daneben sind die Umweltvertrglichkeit und eine mçgliche Beeintrchtigung der Umgebung zu beachten. Fr die Realisierung dieser Aufgabe gibt es keine eindeutige Lçsung. Einige der genannten Anforderungen konkurrieren unmittelbar miteinander und werden von den am Projekt Beteiligten durchaus auch unterschiedlich gesehen und bewertet (Bild 1). So wird beispielsweise der Investor die kostenoptimierte Errichtung eines Bauwerks mit eher billigen und kurzlebigen Elementen verfolgen, whrend der Betreiber im Hinblick auf die Instandhaltung und Wartung strker an einer hçherwertigen Erstausstattung interessiert ist. hnliche Spannungsfelder ergeben sich zwischen Investor und Bauausfhrendem, Betreiber und Nutzer, aber auch im Verhltnis zur allgemeinen ffentlichkeit. Konflikte treten in diesem Zusammenhang insbesondere im Hinblick auf die Bewertung der Sicherheitsanforderungen an ein Bauwerk auf. Die Allgemeinheit fordert schnell die Einhaltung hçchster Sicherheitsvorkehrungen, muss dafr aber zumindest vordergrndig meistens nicht direkt ins finanzielle Obligo bei der Umsetzung treten. Dabei muss man sich bewusst machen, dass die Verbesserung eines bereits hohen Sicherheitsniveaus ungleich schwieriger und vor allem kostspieliger ist, als ein entsprechender Sicherheitszuwachs von geringerem Niveau aus. Es

Bild 1. Anforderungen und Beteiligte bei einem Bauprojekt

2

Martin Ziegler

liegt daher in der Natur der Sache, dass die Einschtzungen darber, wie viel Sicherheit notwendig ist und die Einschtzungen darber, was realisierbar ist, zwischen den Projektbeteiligten einerseits und im Verhltnis zur Allgemeinheit andererseits durchaus divergieren. Man muss sich auch darber im Klaren sein, dass es unabhngig von der unterschiedlichen subjektiven Sicht der Dinge objektiv keine hundertprozentige Sicherheit geben kann. Denn unsere Modelle zur Abbildung des Tragverhaltens einer Konstruktion bleiben immer unvollstndig und unvollkommen. Dies resultiert im Wesentlichen aus der mit Unschrfen behafteten Einschtzung der Einwirkungen und der ihnen entgegenwirkenden Widerstnde sowie den zwangslufigen Vereinfachungen bei der Abbildung des geometrischen Modells und den Einschrnkungen bei dem verwendeten Rechenmodell. Die Unsicherheit bei der Bestimmung der Einwirkungen umfasst insbesondere die außergewçhnlichen Einwirkungen, da es geradezu Kennzeichen außergewçhnlicher Einwirkungen ist, dass sie nicht vollstndig vorhersehbar sind. Viele Schadensflle lassen sich im Nachhinein durch das unglckliche Zusammentreffen mehrerer gleichzeitig aufgetretener außergewçhnlicher Einwirkungen erklren, was so nicht erwartet wurde. Und oft ist es menschliches Versagen, das dabei letztlich zum entscheidenden Auslçser wurde. Eine Besonderheit ergibt sich zudem im Bereich der Geotechnik bei der Festlegung der den Einwirkungen entgegenwirkenden Widerstnde im Boden. Denn der Baustoff des Geotechnikers ist mit Ausnahme nachtrglich hergestellter Erdbauwerke der gewachsene Baugrund, der sich aufgrund seiner Entstehungsgeschichte mehr oder minder inhomogen mit wechselnden Eigenschaften darstellt. Diese kçnnen auch bei sorgfltiger und den Regeln der Technik gengender Erkundung niemals vollstndig fr jede Stelle mit letzter Sicherheit bestimmt werden, da die direkte Erkundung des Baugrunds immer nur punktweise durch Bohrungen und Schrfe erfolgt. Sondierungen und geophysikalische Methoden tragen zwar dazu bei, die Informationen ber den Baugrund zwischen den Erkundungsstellen zu verdichten, es handelt sich dabei aber um indirekte Methoden, die andere Bodenparameter wie z. B. die elektrische Leitfhigkeit messen, als diejenigen, die direkt in die Standsicherheitsoder Verformungsberechnungen eingehen. Es bleibt also immer noch die Schwierigkeit und Unsicherheit bei der Interpretation und Umrechnung. Und nicht zuletzt liegt die besondere Schwierigkeit im Bereich der Geotechnik im komplexen Verhalten des Baustoffs Boden selbst. Aufgrund seines nichtlinearen und bei bindigen Erdstoffen auch zeitabhngigen Verhaltens ist es bislang nicht gelungen und wird auch in absehbarer Zeit kaum gelingen, ein fr alle denkbaren Belastungspfade allgemein gltiges Stoffgesetz fr die Beziehung zwischen Spannungen und Verzerrungen anzugeben. Hinzu kommt das Problem bei der Bestimmung der Stoffparameter. Whrend Grenzzustnde der Tragfhigkeit durch Vorgabe einer meist nur vom aktuellen Spannungszustand abhngigen Grenzbedingung noch relativ gut erfassbar sind, wirkt sich die durch das Stoffgesetz verursachte Unsicherheit besonders bei der Bestimmung von Schnittgrçßen und Verformungen im Gebrauchszustand aus. Die Komplexitt des fr solche Berechnungen gewhlten Rechenmodells kann dabei nicht ber dieses Grundproblem hinweghelfen, denn auch jede von den Randbedingungen und der Diskretisierung her noch so realittsnah aufgebaute Finite-Elemente-Berechnung kann nicht besser sein als die Qualitt des verwendeten Stoffgesetzes und der darin verwendeten Stoffparameter. Lsst sich aufgrund der genannten Schwierigkeiten dann berhaupt verlsslich die Sicherheit eines Bauwerks angeben und reicht dafr die Angabe einer einzigen Zahl? Und besteht nicht die Gefahr, dass der entwerfende Ingenieur sich der Verantwortung fr seinen Entwurf und seine Berechnungen dadurch zu entledigen versucht, dass er nur noch detailgetreu den Vorschriften einer Norm folgt und nicht mehr seinen Ingenieursachverstand zur oberen

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

3

Richtschnur seines Handelns macht? Diese Gefahr besteht zweifelsohne und ihr muss entschieden begegnet werden. Aber man muss auch sehen, dass Ingenieursachverstand keine objektive Grçße darstellt, sondern dass Wissenshintergrund und Erfahrung von zwei verschiedenen Menschen unterschiedlich ausgeprgt sind, sodass die gleiche Aufgabe mçglicherweise unterschiedlich gelçst wird. Und genau hieraus begrndet sich die Notwendigkeit von Normen, denn Normen vereinheitlichen Annahmen, Berechnungsanstze und die Vorgehensweise bei der Bestimmung von Sicherheiten. Normen werden unter Beteiligung vieler verschiedener Gruppen des Bauwesens erstellt. Sie spiegeln daher mit ihren Vorgaben und Vorschriften auch die ber Jahrzehnte gesammelte Erfahrung der Fachwelt wider. In diesem Sinn ist die neue Norm DIN 1054 „Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau“ zu verstehen. Wer sich nher mit ihr beschftigt, wird feststellen, dass es nicht Sinn der Norm ist, anhand ihrer Vorgaben einen bestimmten Zahlenwert fr die Sicherheit abzuleiten. Aufgabe des entwerfenden Ingenieurs ist es vielmehr nachzuweisen, dass gegenber den verschiedenen Grenzzustnden ein ausreichender Abstand eingehalten wird. Dazu ist es erforderlich, dass in den Grenzzustandsgleichungen die Bemessungswiderstnde immer grçßer bleiben als die Bemessungsbeanspruchungen. Bei den Bemessungsgrçßen handelt es sich um Hilfsgrçßen, die bei den Widerstnden durch eine Verminderung und bei den Einwirkungen durch eine Erhçhung aus den tatschlich vorhandenen aber vorsichtig abgeschtzten charakteristischen Grçßen entstanden sind. Die Norm legt somit nur die Vorgaben zur Bestimmung der Bemessungsgrçßen fest und wie diese in den Sicherheitsnachweis einzufhren sind. Was sie definitiv nicht festlegt, sind die tatschlichen Zahlenwerte fr die charakteristischen Grçßen und wie das Rechenmodell im Einzelnen aufgebaut wird. Hierfr werden allenfalls Hinweise gegeben. Es bleibt daher die wesentliche Aufgabe des Ingenieurs, die komplexen Verhltnisse eines Projekts in ein mçglichst einfaches, aber dennoch ausreichend genaues Modell umzusetzen und dafr die charakteristischen Grçßen realistisch festzulegen. In diesen Festlegungen steckt ein großer Teil der eigentlichen Sicherheit einer Konstruktion. Die dann nach den vereinheitlichenden Regularien der Norm berechnete Sicherheit ist lediglich ein vergleichbares Maß, welcher rechnerische Sicherheitsabstand zu einem mçglichen Grenzzustand besteht.

1.2

Historischer Rckblick

Mit dem Ziel, technische Handelshindernisse in Europa zu beseitigen und eine Harmonisierung der technischen Ausschreibungen herbeizufhren, beschloss die Kommission der Europischen Gemeinschaft 1975, technische Regeln u. a. fr die Entwurfsplanung von Bauvorhaben aufzustellen, die in einer ersten Phase den Mitgliedsstaaten als Alternative zu den bestehenden nationalen Regelungen dienen und sie letzten Endes aber ersetzen sollten. Mit dieser Aufgabe wurde das Europische Komitee fr Normung CEN (Comit Europen de Normalisation) in Brssel betraut. Das CEN bildet zur Erarbeitung einer fachspezifischen Normengruppe Technische Komitees (TC), die fr bestimmte Teilbereiche Unterkomitees bilden, die ihrerseits weitere Untereinheiten in Form von Arbeitsgruppen und Projektteams einrichten, in denen die konkrete Normungsarbeit vorgenommen wird (Bild 2). Die fr die Sicherheit im Bauwesen maßgebenden Eurocodes werden durch das TC 250 erstellt. In der Reihe der Eurocodes enthlt der EC 0 die allgemeinen Grundstze zum Sicherheitskonzept, der EC 1 die wesentlichen Ausfhrungen zu den Einwirkungen auf Tragwerke und die

4

Martin Ziegler

Bild 2. Struktur der europischen Normung

Eurocodes EC 2 bis EC 9 die fachspezifischen Regelungen. Maßgebend fr die Sicherheitsbetrachtungen in der Geotechnik ist der EC 7 in Verbindung mit EC 0 und EC 1. Ein weiteres wichtiges Technisches Komitee fr den Bereich der Geotechnik stellt das TC 288 dar, in dem die reinen Ausfhrungsnormen des Spezialtiefbaus erarbeitet werden, die unter dem gemeinsamen Begriff „Ausfhrung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau)“ im Einzelnen nur die verschiedenen Spezialgewerke abhandeln und die bekannten Ausfhrungsnormen, die z. T. auch noch Regelungen zur Berechnung und Bestimmung der Sicherheit enthalten, ersetzen. So lçst beispielsweise DIN EN 1536 aus dieser Normenreihe die bekannte Bohrpfahlnorm DIN 4014 ab. Im Jahr 1994 erschien die englische Ausgabe des EC 7-1. Zwei Jahre spter wurde die deutsche bersetzung als deutsche und europische Vornorm unter dem Titel DIN V ENV 1997-1:1996-04 „Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik; Teil 1: Allgemeine Regeln“ herausgegeben. Gleichzeitig wurde DIN V 1054-100:1996-04 „Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau –Teil 100: Berechnung nach dem Konzept mit Teilsicherheitsbeiwerten“ zusammen mit den entsprechenden Fachnormen als zugehçriges nationales Anwendungsdokument (NAD) in der Normenreihe mit dem Zusatz -100 ebenfalls als Vornorm verçffentlicht. In der neueren Nomenklatur wird das NAD als Nationaler Anhang (NA) bezeichnet. Der NA wird durch Nationale Anwendungsregeln ergnzt. Aufgabe des NA ist es, die zum Teil recht allgemein gehaltenen Grundstze in den Eurocodes lnderspezifisch zu konkretisieren, insbesondere dort, wo die Eurocodes Alternativen zulassen oder bewusst nationale Regelungen vorsehen. Obwohl DIN V 1054-100 insofern nur eine Ergnzung zu DIN V ENV 1997-1 sein sollte, zeigt der Vergleich der beiden Normenwerke, dass auch inhaltlich große Unterschiede bestanden. Dies liegt im Wesentlichen darin begrndet, dass die Art der Nachweisfhrung

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

5

in den beiden Regelwerken unterschiedlich vorgenommen wurde. Auf deutscher Seite hatte man darauf bestanden, die berwiegende Anzahl der geotechnischen Nachweise nach dem spter noch erluterten Konzept des Grenzzustands GZ 1B zu fhren. Dazu zhlen z. B. der Gleit- und Grundbruchnachweis bei Fundamenten oder der Nachweis der Pfahltragfhigkeit. Bei dieser Vorgehensweise werden die Beanspruchungen eines Tragwerks und die mobilisierbaren Widerstnde zunchst mit charakteristischen Grçßen berechnet. Erst unmittelbar vor der Durchfhrung des Sicherheitsnachweises werden dann mithilfe von Teilsicherheitsbeiwerten die Beanspruchungen erhçht und die Widerstnde vermindert. Nach DIN V ENV 1997-1 in der Fassung von 1996 erfolgen diese Nachweise hingegen nach dem Grenzzustand GZ 1C, bei dem vor der eigentlichen Berechnung des Tragwerks bereits Bemessungsgrçßen gebildet werden, indem die Scherparameter abgemindert und die Einwirkungen erhçht werden. Diese Vorgehensweise wurde in Deutschland im Wesentlichen nur fr den Nachweis der Gelndebruchsicherheit bernommen. Aufgrund der Tatsache, dass Einwirkungen, wie z. B. der Erddruck, und Widerstnde, wie z. B. der Grundbruchwiderstand, nichtlinear vom Reibungswinkel abhngen, erhlt man zwangslufig unterschiedliche Ergebnisse nach den beiden Konzepten. Htte man durchgehend die Vorgehensweise von DIN V-ENV 1997-1 bernommen, wre das in Deutschland bewhrte Sicherheitsniveau aufgegeben worden, wobei sich das Konzept von DIN V ENV 1997-1 im Vergleich zu DIN V 1054-100 je nach den Randbedingungen sowohl als unwirtschaftlich, aber in anderen Fllen auch als unsicher darstellte [5]. Die zuvor genannten Gegenstze fhrten als Zwischenlçsung zur Entwicklung einer eigenstndigen DIN 1054, bei der konsequent die von DIN V ENV 1997-1 abweichende Nachweisfhrung verfolgt wurde, wo dies aus deutscher Sicht sinnvoll war. Sie erschien im Dezember 2000 im Entwurf als E DIN 1054:2000-12. Der Gelbdruck enthielt allerdings noch sehr viele Fehler, die erst im Januar 2003 mit der Verçffentlichung von DIN 1054:2003-01 im Weißdruck bereinigt wurden. Einsprche der Bauaufsicht, die sich im Wesentlichen auf die Rolle des Sachverstndigen fr Geotechnik bezogen, erforderten eine berarbeitung, die zwei Jahre spter als DIN 1054:2005-011) „Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau“ publiziert wurde. Im Gegensatz zur Vorgngernorm aus dem Jahr 1976, die eher als „Grndungsnorm“ bezeichnet werden kann, was auch schon durch den Titel „Zulssige Belastung des Baugrunds“ zum Ausdruck kommt, ist die neue DIN 1054 wesentlich umfassender und kann als bergeordnete Grundsatznorm der Geotechnik betrachtet werden, die erstmals alle relevanten Regelungen zu den Sicherheitsnachweisen im Erd- und Grundbau in sich vereint. In der Fassung von 2005 wurde DIN 1054 dann auch unverzglich in die Musterliste der Technischen Baubestimmungen aufgenommen und anschließend von den einzelnen Bundeslndern bauaufsichtlich eingefhrt. Die bergangsfrist, innerhalb derer noch die auf dem globalen Sicherheitskonzept beruhende alte DIN 1054 aus dem Jahr 1976 verwendet werden konnte, ist Ende des Jahres 2007 abgelaufen. Damit ist das Teilsicherheitskonzept von DIN 1054 fr den Anwender in Deutschland verbindlich.

1)

Im Folgenden wird bei erstmaligem Bezug auf eine Norm oder ein Regelwerk das zugehçrige Erscheinungsdatum entweder im Text oder in einer Fußnote angegeben. Alle folgenden Verweise beziehen sich dann auf diese Ausgabe des Regelwerks. Sofern zwischenzeitlich auf eine andere Ausgabe Bezug genommen wird, wird darauf entweder im Text oder in einer Fußnote gesondert hingewiesen. Verweise auf einen bestimmten Absatz eines Regelwerks erscheinen ebenfalls entweder direkt im Text oder als Fußnote.

6

Martin Ziegler

Allerdings waren zum Zeitpunkt der bauaufsichtlichen Einfhrung noch nicht alle begleitenden Normen und Empfehlungen auf das neue Konzept umgestellt, sodass DIN 1054 bergangsregelungen enthlt, die vorgeben, wie bis zum endgltigen Erscheinen der anzupassenden Regelwerke verfahren werden soll. Anhang F enthlt dabei die Regelungen fr Normen nach dem alten Nachweiskonzept mit globalen Sicherheitswerten, whrend Anhang G fr Technische Baubestimmungen gilt. Danach sind bis zum Erscheinen eines an das neue Nachweiskonzept mit Teilsicherheitsbeiwerten angepassten Regelwerks weiterhin noch die am alten globalen Sicherheitskonzept orientierten Regelwerke zu beachten. Allerdings mssen dabei die alten Regelwerke in Verbindung mit DIN 1054 an das neue Teilsicherheitskonzept angepasst werden und zwar weitgehend durch den Anwender selbst. Mittlerweile sind aber einige der in den bergangsbestimmungen genannten wichtigen Begleitwerke wie die EAU2), die EAB3), DIN 40174) oder DIN 40855) bereits in berarbeiteter und an DIN 1054 angepasster Form erschienen, sodass mçgliche Schwierigkeiten bei der Anpassung weitgehend ausgerumt sein drften. Parallel zur Neufassung von DIN 1054 ging auch die berarbeitung des EC 7-1 weiter. Die berarbeitete deutsche Fassung wurde im Oktober 2005 als DIN EN 1997-1 verçffentlicht. Im Gegensatz zu frher sind jetzt bei den Sicherheitsnachweisen drei verschiedene Nachweisverfahren erlaubt, die auch die deutsche Methodik bercksichtigen. Damit ist DIN 1054 zwar weitgehend kompatibel mit DIN EN 1997-1, muss aber in der jetzigen Form als konkurrierende nationale Norm nach einer bergangszeit zurckgezogen werden. Denn zuknftig ist neben dem EC 7-1 nur noch ein Nationaler Anhang (NA) zu DIN EN 1997-1 mit entsprechenden Anwendungs- bzw. Ergnzungsregelungen erlaubt. Darin drfen nur noch Dinge aufgenommen sein, die in DIN EN 1997-1 nicht geregelt sind oder wo explizit nationale Festlegungen vorgesehen sind. Dazu zhlen z. B. die Grçße der Sicherheitsbeiwerte selbst oder aber Verfahren und Werte, bei denen der Eurocode Alternativen zulsst. Außerdem gehçren geografisch und klimatisch bedingte Kenngrçßen, wie z. B. Erdbebenstrken oder Schneehçhenwerte, zu den national zu regelnden Elementen. Darber hinaus kann im NA entschieden werden, ob informative Anhnge des EC 7-1 verpflichtend zur Anwendung kommen sollen. Erlaubt sind ferner ergnzende Hinweise zu einzelnen Regelungen, sofern sie dem Inhalt des Eurocode nicht widersprechen. Unter dieser Voraussetzung drfen auch lnderspezifische Erfahrungen mit eingebracht werden, wozu in Deutschland z. B. die Tabellenwerte mit aufnehmbaren Sohldrcken oder die Erfahrungswerte fr die Pfahltragfhigkeit zhlen. Dies bedeutet, dass DIN 1054 in der Fassung von 2005 grundlegend berarbeitet werden muss, indem all die Inhalte entfernt werden, die bereits im Eurocode geregelt sind. Die Norm wird daher zu einer Rumpfnorm schrumpfen, die nur noch die national zu regelnden Elemente enthlt. Anfnglich war die Herausgabe dieser Rumpfnorm nach dem Ende der 2005 begonnenen zweijhrigen Kalibrierungsphase noch im Jahr 2007 als DIN 1054:2007 geplant. Aufgrund der langwierigen Abstimmungen hat dies jedoch schon mit dem Gelbdruck bis Mitte 2008 gedauert, sodass zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Beitrags mit der endgltigen Fassung nicht vor 2009 zu rechnen war. Nach dem ursprnglichen Zeitplan msste die derzeit bauaufsichtlich eingefhrte DIN 1054 bis Ende 2009 zurckgezogen werden, was das Ende der sogenannten Koexistenzperiode kennzeichnet, innerhalb derer konkurrierende nationale Normen noch parallel zum Eurocode verwendet werden drfen. 2) 3) 4) 5)

EAU, 10. Auflage, 2004 EAB, 4. Auflage, 2006 DIN 4017:2006-03 DIN 4085:2007-10

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

7

Bild 3. Ursprnglicher Zeitplan fr die Einfhrung des Nationalen Anhangs zum EC 7-1 und der zugehçrigen Ergnzungsnorm (in Anlehnung an Schuppener und Ruppert [4])

Aufgrund der Verzçgerungen bei der Erarbeitung der Anwendungsregeln in Form von DIN 1054:2009 wird sich dieser Termin aber noch nach hinten schieben (Bild 3). Der Anwender wird zuknftig drei Regelwerke parallel beachten mssen. Der Eurocode EC 7-1 in Form von DIN EN 1997-1 stellt die Grundnorm dar. An den Stellen, an denen DIN EN 1997-1 eine nationale Regelung vorsieht oder zulsst, findet sich eine entsprechende Regelung im Nationalen Anhang NA-1 zu DIN EN 1997-1. Sofern die nhere Spezifizierung nicht schon explizit im NA-1 vorgenommen ist, besteht sie nur aus einem Verweis auf die entsprechende Anwendungsregel, die ihrerseits meist in der Ergnzungsnorm DIN 1054:2009 zu finden ist. Darin gibt es dann weitere Verweise auf mitgeltende Normen oder einschlgige Empfehlungen aus Arbeitskreisen und Ausschssen. Um fr den Anwender die Handhabung der parallel zu beachtenden drei Regelwerke zu erleichtern, war zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Beitrags geplant, neben der Einzelverçffentlichung der drei Regelwerke diese auch in einem einzigen Normenhandbuch zusammenzufassen (Bild 4). In hnlicher Weise wird mit DIN 4020:2003-09 „Geotechnische Untersuchungen fr bautechnische Zwecke“ verfahren werden, die auf europischer Ebene dem EC 7-2 „Erkundung und Untersuchung des Baugrunds“ bergeordnet ist. Im Gegensatz zu DIN 1054:2005-01 ist DIN 4020 allerdings nicht bauaufsichtlich eingefhrt worden, da die oberste Bauaufsichtsbehçrde der Meinung war, dass dies aufgrund der zahlreichen Hinweise in DIN 1054 auf DIN 4020 nicht mehr notwendig sei. Nach Erscheinen der deutschen bersetzung des EC 7-2 als DIN EN 1997-2: Eurocode 7 – „Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds“ im Oktober 2007 begann auch hier die zweijhrige Kalibrierungsphase, innerhalb derer der Nationale Anhang DIN EN 1997-2-NA-1 in Verbindung mit einer grundlegend zu berarbeitenden DIN 4020 zu formulieren ist. Nach dem ursprnglichen Zeitplan ist das Erscheinen der Ergnzungsnorm DIN 4020 fr Ende 2009 vorgesehen. Die derzeitige Fassung von DIN 4020 msste dann

8

Martin Ziegler

Bild 4. Zuknftiges Normenhandbuch fr die Anwendung von DIN EN 1997-1 (in Anlehnung an Schuppener und Ruppert [4])

sptestens Ende 2012 nach Ablauf der dreijhrigen Koexistenzperiode zurckgezogen werden. Neben den Hinweisen auf die zuknftige Ergnzungsnorm DIN 4020:2009 wird der Nationale Anhang zum EC 7-2 auch Hinweise auf die bei der Baugrunduntersuchung zu beachtenden Normen wie DIN EN ISO 22476 „Felduntersuchungen“, DIN EN ISO 14688-1 „Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Bçden“ und DIN EN ISO 22475 „Probeentnahmeverfahren und Grundwassermessungen“ erhalten. Daneben wird auf die verschiedenen Normen zu den bodenmechanischen Laborversuchen und auf DIN 18196 „Bodenklassifikation fr bautechnische Zwecke“ verwiesen werden. Weitergehende Ausfhrungen zur Zusammenfhrung der deutschen und europischen Normen im Bereich der Erkundung finden sich bei Schuppener und Ruppert [4].

2

Das neue Sicherheitskonzept

Bevor in den nachfolgenden Abschnitten ausfhrlicher auf die einzelnen Regelungen der neuen Sicherheitsnorm eingegangen wird, soll zunchst auf den Unterschied zwischen dem frher in Deutschland angewendeten globalen Sicherheitskonzept und dem mittlerweile anzuwendenden Teilsicherheitskonzept eingegangen werden.

2.1

Globales Sicherheitskonzept

Bei dem in DIN 1054:1976-11 verfolgten globalen Sicherheitskonzept werden in einer Grenzbetrachtung die maximal mçglichen Widerstnde mit den tatschlich wirkenden Lasten verglichen. In der Nomenklatur der neuen DIN 1054, die nachfolgend noch im Einzelnen erlutert wird, entspricht dies dem Vergleich der charakteristischen Widerstnde mit den charakteristischen Einwirkungen. Ausreichende Sicherheit ist gegeben, wenn das Verhltnis dieser beiden Grçßen einen ausreichend großen Wert aufweist. Beispielsweise musste beim Grundbruchnachweis gezeigt werden, dass fr den Lastfall 1 der mit der bekannten dreigliedrigen Grundbruchformel nach DIN 4017 berechnete vertikale Grund-

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

9

Bild 5. Globales Sicherheitskonzept, dargestellt am Beispiel des Grundbruchnachweises

bruchwiderstand um mindestens den Faktor 2 grçßer war als die vorhandene vertikale Einwirkung. Schematisch ist dies in Bild 5 dargestellt, wobei auch die Bezeichnungen nach der neuen DIN 1054 in Klammern aufgenommen sind. Eine Differenzierung des Sicherheitsfaktors in die einzelnen Komponenten der Widerstnde und Einwirkungen wurde beim globalen Sicherheitskonzept nicht vorgenommen. Bei der Anwendung des globalen Sicherheitskonzepts zur Bestimmung von noch nicht bekannten Bauteilabmessungen entsteht das Problem, dass bei Verwendung von charakteristischen Grçßen in der statischen Berechnung ein Gleichgewichtszustand erreicht wird, bei dem die Sicherheit automatisch den Wert 1,0 aufweist, da dabei keine Sicherheitsreserven eingerechnet sind. In der Praxis hat man sich damit beholfen, dass die Widerstnde vor dem Eingang in die statische Berechnung abgemindert wurden, z. B. durch Division des Erdwiderstands durch den Faktor h = 1,5 bei der Bestimmung der Einbindetiefe einer Baugrubenwand6).

2.2

Teilsicherheitskonzept

Beim Teilsicherheitskonzept wird die im System vorhandene Sicherheit auf die Widerstands- und die Einwirkungsseite aufgeteilt. Dadurch hat man die Mçglichkeit, die einzelnen Komponenten je nach ihrer Datengte und Wertigkeit fr die Gleichung des Grenzgleichgewichts unterschiedlich zu gewichten. Ausreichende Sicherheit ist gegeben, wenn die allgemeine Ungleichung erfllt ist, nach der die Summe der Bemessungswiderstnde Rd zu jeder Zeit grçßer ist als die Summe der Bemessungseinwirkungen Fd: Rd ‡ Fd0 In Bild 6 ist fr das Grundbruchbeispiel die nach neuer DIN 1054 fr den spter noch erluterten Grenzzustand GZ 1B vorgesehene Vorgehensweise dargestellt, bei der die charakteristische Einwirkung und der charakteristische Widerstand erst unmittelbar vor dem Einsetzen in den Sicherheitsnachweis zu den sogenannten Bemessungsgrçßen verndert werden.

6)

EAB:1994, 3. Auflage, EB 19

10

Martin Ziegler

Bild 6. Teilsicherheitskonzept, dargestellt am Beispiel des Grundbruchnachweises

In diesem Fall erhlt man die Bemessungsgrçßen dadurch, dass der charakteristische vertikale Grundbruchwiderstand Rn,k aus der Grundbruchgleichung nach DIN 4017, der sich genauso ergibt wie zuvor beim globalen Sicherheitskonzept, durch einen Teilsicherheitsbeiwert gR dividiert und die charakteristische vertikale Einwirkung Fk mit einem Teilsicherheitsbeiwert gF multipliziert wird. Die beiden Teilsicherheitsbeiwerte sind grçßer als 1,0 und kçnnen im Einzelnen den Tabellen 2 und 3 von DIN 1054 bzw. Abschnitt 4.4 dieses Beitrags entnommen werden. Der Sicherheitsnachweis ist erbracht, wenn gezeigt werden kann, dass Rn,d ‡ Fd ist. Will man wissen, wie viel rechnerische Sicherheit ber die Teilsicherheitsbeiwerte hinaus in dem System noch steckt, bestimmt man den Ausnutzungsgrad m der Widerstnde. Dazu werden die Bemessungswiderstnde noch so weit abgemindert, dass die Grenzzustandsgleichung gerade identisch erfllt wird: m · Rn,d = Fd Whrend beim globalen Sicherheitskonzept die Sicherheit mit steigendem Sicherheitsfaktor h ansteigt, ist dies beim Teilsicherheitskonzept mit sinkendem Ausnutzungsgrad m der Fall. Bild 7 verdeutlicht noch einmal schematisch die unterschiedlichen Vorgehensweisen bei Anwendung des globalen Sicherheitskonzepts und des Teilsicherheitskonzepts sowie die Bedeutung des Ausnutzungsgrades der Widerstnde.

Bild 7. Schematische Darstellung der Vorgehensweise beim globalen Sicherheitskonzept und beim Teilsicherheitskonzept

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

3

11

Aufbau und Inhalte der neuen Sicherheitsnorm DIN 1054

Im Folgenden werden die wesentlichen Inhalte der neuen Sicherheitsnorm DIN 1054 im berblick vorgestellt. Einzelheiten zu den verschiedenen Themengebieten wie Flachgrndungen, Pfahlgrndungen, Baugruben etc. kçnnen den Fachbeitrgen im Teil 3 dieses Grundbautaschenbuchs entnommen werden. Zustzliche Erluterungen und Rechenbeispiele zur Anwendung der neuen Norm finden sich in [6]. Die nachfolgenden Ausfhrungen beziehen sich auf die bauaufsichtlich eingefhrte Fassung von DIN 1054 vom Januar 2005. Anschließend wird noch kurz auf DIN EN 1997-1 in Verbindung mit dem Nationalen Anhang NA-1 und der Ergnzungsnorm DIN 1054:2009 eingegangen.

3.1

Inhaltsbersicht

DIN 1054 weist insgesamt 12 Abschnitte und 7 Anhnge auf. In den ersten drei Abschnitten werden zunchst der Anwendungsbereich erlutert, die normativen Verweise aufgelistet und Begriffe und Formelzeichen definiert. Abschnitt 4 beschftigt sich mit der Definition der Geotechnischen Kategorien sowie mit den allgemeinen Regelungen fr Sicherheitsnachweise, wobei insbesondere auf die Darstellung der verschiedenen Grenzzustnde und den damit verbundenen unterschiedlichen Nachweisfhrungen eingegangen wird. Abschnitt 5 ist dem Baugrund und der dabei wichtigen Festlegung charakteristischer Bodenkenngrçßen gewidmet. Abschnitt 6 beschftigt sich eingehend mit den Einwirkungen und Widerstnden und der damit zusammenhngenden Definition von Lastfllen. Außerdem enthlt Abschnitt 6 die Tabellen mit den Teilsicherheitsbeiwerten. Die folgenden Abschnitte 7 bis 12 erlutern dann die Anwendung des Sicherheitskonzepts fr die verschiedenen geotechnischen Fragestellungen. Anhang A enthlt die in der alten DIN 1054 als „zulssige Bodenpressung“ bezeichneten Werte der aufnehmbaren Sohldrcke. In den Anhngen B bis D sind die Erfahrungswerte zur Bestimmung der charakteristischen Pfahlwiderstnde zusammengestellt und Anhang E gibt Angaben zu Einwirkungen und Widerstnden bei quer zur Pfahlachse belasteten Pfahlgruppen. Die Anhnge F und G schließlich enthalten die bergangsbestimmungen fr Normen und Technische Baubestimmungen nach dem alten Nachweiskonzept mit globalen Sicherheitsbeiwerten, die noch nicht an das neue Teilsicherheitskonzept angepasst worden sind.

3.2

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich von DIN 1054 ist in Abschnitt 1 der Norm geregelt: „Die Norm betrifft die Standsicherheit und die Gebrauchstauglichkeit von Bauwerken und Bauteilen im Erd- und Grundbau. Sie gilt fr deren Herstellung und Nutzung und schließt die nderung bestehender Bauwerke ein.“ In der Norm werden Grundstze formuliert und Regeln aufgestellt, wie die Nachweise fr vom Baugrund beeinflusste Grenzzustnde zu fhren sind. Die Norm unterscheidet dabei zwischen Grndungen und geotechnischen Bauwerken. Zu den Grndungen zhlen Flach-, Pfahl- und Senkkastengrndungen, bei denen die Einwirkungen aus dem berbau in der Regel aus der Tragwerksplanung des aufliegenden Tragwerks bergeben werden. Bei geotechnischen Bauwerken, zu denen u. a. Sttzbauwerke, eingebettete Bauwerke wie Tunnel in offener Bauweise, Grundbaukonstruktionen fr vorbergehende Zwecke wie z. B. Baugrubenwnde und Erdbauwerke wie Dmme und Einschnitte gehçren, ergeben sich die Einwirkungen vorwiegend aus der geotechnischen Planung. Der Anwendungsbereich der Norm erstreckt sich auch auf natrliche Hnge.

12

Martin Ziegler

3.3

Geotechnische Kategorien

Die Herstellung von Grndungen und geotechnischen Bauwerken erfordert eine grndliche Planung und Vorbereitung, zu der auch eine ausreichende Erkundung und Untersuchung des Baugrunds gehçrt. Der Entwurfsverfasser, dem nach § 54 der Musterbauordnung MBO (2002) die Gesamtverantwortung fr das ordnungsgemße Ineinandergreifen aller Fachplanungen obliegt, und die von ihm beteiligten Fachplaner mssen fr diese Aufgabe ber die nçtige Sachkunde und Erfahrung verfgen. Der Entwurfsverfasser entscheidet nach Maßgabe der fachlichen Kompetenz und ggf. im Einvernehmen mit dem Bauherrn ber die Einschaltung eines Fachplaners fr Geotechnik7). Fr die Baugrunduntersuchung wird in der Praxis ein Sachverstndiger fr Geotechnik beauftragt. Bei ihm wird vorausgesetzt, dass er fachkundig und erfahren auf dem Gebiet der Geotechnik ist. Weitere Anforderungen an das Berufsbild oder den Ausbildungsgang werden nicht verlangt. Insbesondere handelt es sich bei dem Sachverstndigen fr Geotechnik nicht um einen çffentlich bestellten und vereidigten Sachverstndigen und auch nicht um den anerkannten Sachverstndigen fr Erd- und Grundbau nach Bauordnungsrecht [3]. Der Begriff des Sachverstndigen fr Geotechnik taucht in DIN 1054 daher gar nicht auf. Allerdings heißt es in Anlage 2.1/9 des Kommentars zur Musterliste der Technischen Baubestimmungen bei der Einfhrung von DIN 1054:2005-01: „DIN 1054 nimmt wiederholt Bezug auf Ergebnisse von Baugrunduntersuchungen, die den Anforderungen von DIN 4020:2003-09 gengen. Diese mssen vor der konstruktiven Bearbeitung der baulichen Anlage vorliegen.“ Damit wird der Sachverstndige fr Geotechnik indirekt wieder zur Klrung der geotechnischen Fragestellungen bei einem Bauwerk verpflichtet. Denn es heißt in Abschnitt 5 von DIN 4020: „Der Entwurfsverfasser hat den Bauherrn rechtzeitig auf die Notwendigkeit einer geotechnischen Untersuchung hinzuweisen. Der Bauherr hat geotechnische Untersuchungen fr den Entwurf rechtzeitig zu beauftragen und hierfr einen Sachverstndigen fr Geotechnik einzuschalten“ . Die Aufgabe des Sachverstndigen fr Geotechnik besteht darin, die erforderlichen geotechnischen Untersuchungen und Messungen zu planen und die fachgerechte Durchfhrung der Feld- und Laborarbeiten zu berwachen. Aus den Ergebnissen dieser Untersuchungen hat er die charakteristischen Werte fr die Baugrundkenngrçßen und Grundwasserstnde festzulegen, die spter Eingang in die Berechnungen zur berprfung der Tragfhigkeit und der Gebrauchstauglichkeit finden. Es ist weiter seine Aufgabe, aus den Ergebnissen der Baugrunduntersuchung Wechselwirkungen zwischen Bauwerk und Boden und daraus resultierende Folgerungen fr die Planung und Konstruktion aufzuzeigen und dem Bauherrn und den beteiligten Fachplanern mitzuteilen. Dabei hat er sich an die Vorgaben und Anforderungen von DIN 4020 zu halten. Die Mindestanforderungen an Umfang und Qualitt der durchzufhrenden geotechnischen Untersuchungen, Berechnungen und berwachungsmaßnahmen richten sich nach der Geotechnischen Kategorie. DIN 1054 nimmt dabei in Anlehnung an DIN 4020 eine Aufteilung in drei Kategorien vor 8).

7) 8)

DIN 1054, 4.1 (1) DIN 1054, 4.2

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

13

Geotechnische Kategorie GK 1 Sie umfasst Baumaßnahmen mit geringem Schwierigkeitsgrad hinsichtlich Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit, die mit vereinfachten Verfahren aufgrund von Erfahrungen hinreichend beurteilt werden kçnnen. Geotechnische Kategorie GK 2 Sie umfasst Baumaßnahmen mit mittlerem Schwierigkeitsgrad im Hinblick auf Bauwerke und Baugrund. Sie erfordern eine ingenieurmßige Bearbeitung und einen rechnerischen Nachweis der Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit auf der Grundlage von geotechnischen Kenntnissen und Erfahrungen. Neben dem geotechnischen Untersuchungsbericht ist auch ein geotechnischer Entwurfsbericht zu erstellen. Geotechnische Kategorie GK 3 Sie umfasst Baumaßnahmen mit hohem Schwierigkeitsgrad. Insbesondere sind Bauwerke, die unter Anwendung der Beobachtungsmethode errichtet werden, in die Geotechnische Kategorie GK 3 einzustufen. Ausnahmen hiervon sind gesondert zu begrnden. Bauwerke der Geotechnischen Kategorie GK 3 erfordern eine ingenieurmßige Bearbeitung und einen rechnerischen Nachweis der Tragfhigkeit und Gebrauchstauglichkeit auf der Grundlage von zustzlichen Untersuchungen und von vertieften Kenntnissen und Erfahrungen auf dem jeweiligen Spezialgebiet. Auch hier ist ein geotechnischer Entwurfsbericht anzufertigen. Die Einordnung einer Baumaßnahme in eine Geotechnische Kategorie erfolgt zu Beginn der Planungen. Eine sptere nderung aufgrund der beim Bau vorgefundenen Verhltnisse ist mçglich und u. U. notwendig. Detaillierte Zuordnungen geotechnischer Konstruktionen zu den Geotechnischen Kategorien werden in den jeweiligen Fachabschnitten von DIN 1054 vorgenommen. Weitere allgemeine Kriterien finden sich in DIN 4020. Die Einstufung erfolgt dort nach Kriterien, die sich aus – – – –

dem Bauwerk, dem Baugrund, dem Grundwasser und der Umgebung

ergeben. Eine Konkretisierung dieser Kriterien wird z. B. bei Kuntsche [2] vorgenommen.

3.4

Wichtige Begriffe der neuen Sicherheitsnorm

Fr die nachfolgende Vorstellung einzelner Inhalte von DIN 1054 ist es notwendig, einige wichtige Begriffe zu definieren. Dabei muss auf weitere ebenfalls noch zu definierende Begriffe zurckgegriffen werden. Die Begriffsdefinitionen sind daher in ihrer Gesamtheit zu betrachten. 3.4.1

Charakteristischer Wert, reprsentativer Wert, Bemessungswert, Nennwert

3.4.1.1 Charakteristischer Wert Als charakteristischer Wert wird nach DIN 1054 der Wert einer Einwirkung oder eines Widerstands bezeichnet, von dem angenommen wird, „dass er mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit im Bezugszeitraum unter Bercksichtigung der Nutzungsdauer des Bauwerks und der entsprechenden Bemessungssituation nicht berschritten oder unterschritten wird.“ Charakteristische Grçßen werden durch den Index „k“ gekennzeichnet.

14

Martin Ziegler

Bild 8. Festlegung charakterischer Werte am Beispiel des Reibungswinkels j und der Bodenwichte g

Whrend die Einwirkungsseite, zumindest was die aus dem Tragwerk auf die Grndungskonstruktion bertragenen Einwirkungen angeht, relativ zuverlssig eingeschtzt werden kann, zhlt entsprechend den Ausfhrungen im Abschnitt 1 die Festlegung von Homogenbereichen im Boden mit zugehçrigen charakteristischen Bodenkennwerten, aus denen dann sowohl grundbauspezifische Einwirkungen, wie z. B. der aktive Erddruck, als auch Bodenwiderstnde, wie z. B. der passive Erddruck, abgeleitet werden, zu den schwierigsten Aufgaben in der Geotechnik. In der Regel wird daher ein Sachverstndiger fr Geotechnik eingeschaltet werden, um die Festlegung der charakteristischen Bodenkennwerte vorzunehmen. Es obliegt dann seinem Wissen und seiner Erfahrung, wie groß er den Sicherheitsabstand zwischen dem von ihm festzulegenden charakteristischen Wert und dem rechnerischen Mittelwert einer Grçße whlt, wie das beispielhaft fr den Reibungswinkel in der linken Hlfte von Bild 8 gezeigt ist. Einflussparameter auf die Grçße des Sicherheitsabstands sind u. a.: – Qualitt und Quantitt der Datenbasis, – Auswirkung eines Bauwerksversagens auf die Umgebung, – Empfindlichkeit der Bauwerkskonstruktion im Hinblick auf baugrundbedingte Verformungen, – Fhigkeit der Konstruktion, bei Annherung an den Grenzzustand schadlos Krfte umzulagern (Duktilitt). In Fllen, in denen die Streuung der Messwerte gering ist und der gemessene Parameter wenig Einfluss auf das Gesamtergebnis hat, kann der charakteristische Wert auch mit dem Mittelwert zusammenfallen, wie das beispielhaft fr die Wichte des Bodens in der rechten Hlfte von Bild 8 gezeigt ist. Ob diese Bedingungen zutreffen, muss im konkreten Anwendungsfall im Einzelnen berprft werden. Es kann auch erforderlich werden, obere und untere charakteristische Werte festzulegen und in den Berechnungen jeweils die ungnstigste Kombination auszuwhlen. Ein solches Erfordernis kann fr die Bodenkennwerte gegeben sein, wenn die Ergebnisse der Laborund Feldversuche sehr starke Streuungen aufweisen (Variationskoeffizient VG > 0,1) 9). Ebenso gibt es auf der Einwirkungsseite Problemstellungen, bei denen dies angebracht ist. Ein typisches Beispiel stellt der Ansatz der Betonwichte dar, die beim Nachweis gegen 9)

DIN 1054, 5.3.1 (3)

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

15

Aufschwimmen mit dem unteren Wert von 24 kN/m3 und in allen anderen Fllen, bei denen das Betongewicht ungnstig wirkt, mit 25 kN/m3 angesetzt wird10). Aufgrund der starken Interaktion zwischen Bauwerkskonstruktion und Untergrund sollte der fachliche Austausch zwischen dem Sachverstndigen fr Geotechnik und dem Tragwerksplaner nicht auf die reine bergabe von Bodenkennwerten beschrnkt bleiben, sondern auch die Diskussion ber die damit erhaltenen Ergebnisse einschließen. Da bei komplexen Konstruktionen heute berwiegend Rechenprogramme auf Basis Finiter Elemente zum Einsatz kommen, mit denen auch Aussagen ber Spannungen und Verformungen im Gebrauchszustand erhalten werden, kommt der Angabe der verformungsbestimmenden Bodenkenngrçßen eine große Bedeutung zu. Insbesondere bei verschiebungsempfindlichen Konstruktionen mag der Sachverstndige fr Geotechnik geneigt sein, zur Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit die entsprechenden verformungsbestimmenden Kenngrçßen des Untergrunds wie z. B. die Steifemoduli der einzelnen Bodenschichten mçglichst vorsichtig, d. h. niedrig anzusetzen. Dies kann aber bei der Bestimmung der Schnittgrçßen zur Abschtzung der Grenztragfhigkeit zu unrealistischen Ergebnissen fhren. In solchen Fllen ist eine Rckkopplung zwischen dem Tragwerksplaner und dem Sachverstndigen fr Geotechnik unerlsslich, um die Berechnungsergebnisse zu bewerten, die vorgegebenen Kennwerte zu besttigen, ggf. zu korrigieren oder auch zustzliche Untersuchungen zu veranlassen, mit denen die Schwankungsbreite dann weiter eingegrenzt werden kann. 3.4.1.2 Reprsentativer Wert Nach DIN 1055-100:2001-03 ist ein reprsentativer Wert definiert als der Wert einer Einwirkung, der der Nachweisfhrung in Grenzzustnden zugrunde liegt. Treten nur stndige Einwirkungen auf, stellt der charakteristische Wert den reprsentativen Wert dar. Treten zustzlich voneinander unabhngige vernderliche Einwirkungen auf, so wird der reprsentative Wert der vernderlichen Einwirkungen dadurch gebildet, dass bei der summarischen Bercksichtigung der Auswirkungen von stndigen und vernderlichen Einwirkungen die vernderlichen Einwirkungen mit einem Kombinationsfaktor yi abgemindert werden, womit bercksichtigt wird, dass nicht alle vernderlichen Einwirkungen gleichzeitig auftreten. Die Grçße des yi-Wertes richtet sich nach der Hufigkeit des Auftretens der vernderlichen Einwirkung Qk. Angaben zur Grçße finden sich im Anhang A von DIN 1055-100. Unterschieden werden folgende reprsentative Werte: • Kombinationswert einer vernderlichen Einwirkung, i. Allg. durch y0 · Qk beschrieben. Dabei ist der Beiwert y0 so festgelegt, dass bei Verwendung des Kombinationswertes in den noch zu erluternden Einwirkungskombinationen die Wahrscheinlichkeit der Sicherstellung von Tragfhigkeit, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit whrend der vorgesehenen Lebenszeit des betrachteten Bauwerks erhalten bleibt. • Hufiger Wert einer vernderlichen Einwirkung, i. Allg. durch y1 · Qk beschrieben. Der Beiwert y1 ist dabei so festgelegt, dass die berschreitung des hufigen Werts auf 300-mal pro Jahr bzw. auf 5 % begrenzt ist. • Quasi stndiger Wert einer vernderlichen Einwirkung, i. Allg. durch y2 · Qk beschrieben. Der Beiwert y2 ist dabei so festgelegt, dass der quasi stndige Wert mit einer Hufigkeit von 50 % berschritten wird. Die Bildung reprsentativer Werte findet insbesondere bei der Bemessung von Hochbauten statt. In die geotechnische Berechnung fließen sie damit indirekt bei der bergabe der Grndungslasten ein. 10)

EAB:2006, 4. Auflage, EB 62

16

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3.4.1.3 Bemessungswert Als Bemessungswert wird nach DIN 1054:2005-01 der Wert einer Einwirkung, einer Beanspruchung oder eines Widerstands bezeichnet, „der fr den Nachweis eines Grenzzustandes zugrunde gelegt wird.“ Bemessungswerte werden durch den Index „d“ gekennzeichnet. Der Bemessungswert einer Einwirkung wird dadurch erhalten, dass der reprsentative Wert mit einem Teilsicherheitsfaktor gF ‡ 1,0 multipliziert wird: Fd = Frep · gF Der Bemessungswert eines Widerstands ergibt sich aus der Division des charakteristischen Widerstands durch einen Teilsicherbeiwert gR ‡ 1,0: Rd = Rk/gR

3.4.1.4 Nennwert Als Nennwert wird ein Wert bezeichnet, der nicht ber Teilsicherheitsbeiwerte oder sonstige Sicherheitselemente, sondern unmittelbar als Bemessungswert festgelegt wird. Die meisten geometrischen Grçßen werden in den Sicherheitsnachweisen direkt mit ihrem Nennwert eingesetzt. 3.4.2

Einwirkung, Auswirkung, Beanspruchung, Widerstand

3.4.2.1 Einwirkung Die Definition der Einwirkungen ist in der Grundsatznorm DIN EN 1990:2002-10 gegeben. Zahlenwerte fr Einwirkungen kçnnen DIN EN 1991-1-1:2002:10 entnommen werden. DIN 1054 nimmt allerdings noch explizit Bezug auf DIN 1055-100:2001-03, deren Titel „Einwirkungen auf Tragwerke“ lautet und die sich als Bindeglied zum Eurocode versteht. Aufgrund des Erscheinungsdatums baut DIN 1055-100 selbst noch auf der Vornorm DIN V ENV 1991-1:1995-12 auf, die die Vorgngernorm von DIN EN 1990:2002-10 darstellte. In DIN 1055-100 werden Einwirkungen als „auf das Tragwerk einwirkende Kraft- oder Verformungsgrçßen“ bezeichnet. Dabei wird eine sehr differenzierte Betrachtung der einzelnen Einwirkungen vorgenommen. Es wird unterschieden in – – – – – – – – – – – –

direkte, indirekte, zeitlich unvernderte, statische, vorwiegend ruhende, zeitlich vernderliche, dynamische, quasistatische, außergewçhnliche, seismische, ortsfeste, freie Einwirkungen.

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

17

Bild 9. Einteilung der Einwirkungen nach DIN 1054

Diese vielfltigen Einwirkungsarten werden nach DIN 1054 gemß Bild 9 auf drei Hauptgruppen beschrnkt: – Grndungslasten, – grundbauspezifische Einwirkungen, – dynamische Einwirkungen. Generell sind die Anteile aus stndigen und vernderlichen Einwirkungen getrennt zu behandeln, da diese bei den meisten Nachweisen mit unterschiedlichen Teilsicherheitsfaktoren belegt werden. Bei den vernderlichen Einwirkungen sind wie blich nur die ungnstigen Einwirkungen zu bercksichtigen. Nach DIN 1054 wird bis auf die Nachweise im Grenzzustand GZ 1A keine Differenzierung zwischen gnstigen und ungnstigen stndigen Einwirkungen vorgenommen. In diesem Punkt unterscheidet sich DIN 1054 von der Vorgehensweise im Hochbau, wo eine solche Differenzierung vorgesehen ist11). 3.4.2.2 Grndungslasten Grndungslasten12) werden nach DIN 1054 als Schnittgrçßen (Beanspruchungen) aus der statischen Berechnung des aufliegenden Tragwerks am bergang zur Grndungskonstruktion definiert. Sie sind als charakteristische bzw. reprsentative Grçßen fr jede kritische Einwirkungskombination in den maßgebenden Bemessungssituationen sowohl fr den Grenzzustand der Tragfhigkeit (GZ 1) als auch fr den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (GZ 2) anzugeben. Die bernahme von charakteristischen bzw. reprsentativen Grndungslasten aus der Tragwerksplanung bedarf einer engen Abstimmung zwischen dem Tragwerksplaner des aufliegenden Tragwerks und dem Planer fr die Grndung, da im Konstruktiven Ingenieurbau im Gegensatz zu den meisten Nachweisen der Geotechnik die statische Berechnung bereits mit Bemessungswerten durchgefhrt wird. Dies bedeutet, dass die charakteristischen Einwirkungen noch vor der Ermittlung der Schnittgrçßen mit den jeweiligen Teilsicherheitsbeiwerten erhçht werden und zudem die Kopplung von stndigen und verschiedenen vernderlichen Einwirkungen nicht einfach durch Addition, sondern ber die beschriebenen Kombinationsbeiwerte yi < 1,0 vorgenommen werden. Nheres kann hierzu der HochbauLiteratur entnommen werden (z. B. Grnberg et al. [1]). Als Ergebnis der statischen Berechnung werden demnach Bemessungsgrçßen erhalten, die fr die Angabe der Grn-

11) 12)

DIN 1055-100, Anhang A, Tabelle A.3 DIN 1054, 6.1.2

18

Martin Ziegler

dungslasten wieder in charakteristische bzw. reprsentative Grçßen zurck transformiert werden mssen, was nur bedingt eindeutig gelingt. Beispielsweise stellt sich die Bemessungsbeanspruchung Ed fr stndige und vorbergehende Bemessungssituationen fr den Nachweis des Grenzzustands der Tragfhigkeit nach DIN 1055-100:2001-03, 9.4 (4) a wie folgt dar: (  X X g G;j  Gk;j  g P  Pk  g Q;1  Qk;1  g Q;i  yO;i  Qk;i Ed ¼ E j1

i>1

Darin bedeuten:  P „in Kombination mit“ „Kombination der unabhngigen Einwirkungen infolge von“ Gk,j unabhngige stndige Einwirkung, bestehend aus einem oder mehreren charakteristischen Werten stndiger Kraft- oder Verformungsgrçßen Pk unabhngige Einwirkung infolge Vorspannung (charakteristischer Wert einer Vorspannung) Qk,1 vorherrschende unabhngige vernderliche Einwirkung, bestehend aus einem oder mehreren charakteristischen Werten vernderlicher Kraft- oder Verformungsgrçßen Qk,i andere unabhngige vernderliche Einwirkung, bestehend aus einem oder mehreren charakteristischen Werten vernderlicher Kraft- oder Verformungsgrçßen gG,j Teilsicherheitsbeiwert einer unabhngigen stndigen Einwirkung Gk,j gP Teilsicherheitsbeiwert einer unabhngigen Einwirkung infolge Vorspannung gQ,1 Teilsicherheitsbeiwert fr die vorherrschende unabhngige vernderliche Einwirkung Qk,1 gQ,i Teilsicherheitsbeiwert fr eine andere unabhngige vernderliche Einwirkung Qk,i, y jeweiliger Kombinationsbeiwert zur Bestimmung reprsentativer Werte vernderlicher Einwirkungen Sofern die statische Berechnung auf der Grundlage einer linear elastischen Berechnung erfolgt und die Auswirkungen infolge der verschiedenen Einwirkungen getrennt ermittelt werden, lsst sich die charakteristische bzw. reprsentative Beanspruchung noch einfach dadurch ermitteln, dass die jeweiligen Auswirkungen infolge der einzelnen Bemessungseinwirkungen durch die zugehçrigen Teilsicherheitsbeiwerte dividiert und anschließend zur charakteristischen bzw. reprsentativen Beanspruchung addiert werden. Man erhlt dann: ( ) X X GK;j  Pk  Qk;1  yO;i Qk;i EK ¼ E j1

i>1

Schwieriger wird es, wenn die statische Berechnung auf nichtlinearer Basis mit Bemessungsgrçßen durchgefhrt wird, da sich dann aufgrund der unterschiedlichen verwendeten Teilsicherheitsbeiwerte im Endergebnis nicht mehr sagen lsst, welcher Anteil der Beanspruchungen aus stndigen und welcher aus vernderlichen Einwirkungen herrhrt. DIN 1054 empfiehlt hierzu in Abschnitt 6.1.2 (2) lediglich, die Bemessungsbeanspruchungen „aufgrund eines am untersuchten Tragwerk orientierten Kriteriums in jeweils einen Anteil EG,d aus stndigen Einwirkungen und einen Anteil EQ,d aus vernderlichen Einwirkungen aufzuteilen und diese Anteile durch Division mit den Teilsicherheitsbeiwerten nach DIN 1055-100:2001-03 Tabelle A.3 oder anderen maßgebenden Einwirkungsnormen in charakteristische bzw. reprsentative Beanspruchungen umzuwandeln.“ Da nhere Angaben fehlen, wie die Aufteilung vorgenommen werden soll, ist hier die enge Abstimmung mit dem Tragwerksplaner unerlsslich.

19

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

Bild 10. Abhngigkeit der resultierenden Erddruckkraft von der Verschiebung der Wand

3.4.2.3 Grundbauspezifische Einwirkungen Zu den grundbauspezifischen Einwirkungen13) zhlen u. a.: – – – – –

Eigengewicht, Erddruck, Wasserdruck, Seitendruck und negative Mantelreibung bei Pfhlen, vernderliche statische Einwirkungen z. B. aus Nutzlasten auf das Grundbauwerk, Baugrundverformung aus Nachbarbebauung oder Bodenentnahme, Verwitterung mit Herabsetzung der Scherfestigkeit.

Bei der Bestimmung von Erddrcken und ihrer Verteilung muss beachtet werden, dass diese verschiebungsabhngig sind. Bild 10 zeigt dies qualitativ fr die Entwicklung der resultierenden Erddruckkraft E bei einer Fußpunktdrehung einer Baugrubenwand. Sofern die Wand berhaupt nicht verschoben wird, wirkt der Erdruhedruck E0, der bei ausreichender Bewegung der Wand vom Erdreich weg auf den Grenzwert des aktiven Erddrucks Ea abfllt. Wenn die Verformungen einer Sttzkonstruktion begrenzt bleiben sollen und dies auch durch die Wahl der Sttzkonstruktion (z. B. massive Schlitzwand) bautechnisch realisiert wird, muss auf der Einwirkungsseite mit einem erhçhten aktiven Erddruck gerechnet werden, dessen Grçße meist als Mittelwert zwischen aktivem Erddruck und Erdruhedruck festgelegt wird. Sofern der Boden eine Kohsion aufweist, ergeben sich im oberen Wandbereich rechnerisch Zugspannungen. Aus Sicherheitsgrnden werden diese nicht angesetzt. Stattdessen wird mit einem Mindesterddruck gerechnet, der mit einem fiktiven Reibungswinkel von j* = 40  bestimmt wird. Der Erddruck wird sich daher gemß Bild 11 in Abhngigkeit der Wandverschiebung im Normalfall in den Grenzen zwischen dem aktiven Erddruck bzw. Mindesterddruck und dem Erdruhedruck bewegen. Zu beachten ist, dass es beim lagenweisen Einbau eines Bodens hinter einer Wand bei intensiver Verdichtung oberflchennah zu einem Anwachsen des Erddrucks ber den Ruhedruck hinaus kommen kann. DIN 4085 gibt Hinweise, wie dieser Verdichtungserddruck in Abhngigkeit des eingesetzten Verdichtungsgerts nherungsweise angesetzt werden kann14). Je nach Sttzung der Wand und ihrer Biegesteifigkeit kommt es zu Erddruckumlagerungen, die im Ergebnis eine deutlich andere Verteilung ergeben, als es der klassischen dreieckfçrmigen Erddruckverteilung entspricht. Hinweise, wie diese Umlagerung bei den einzelnen Wandsystemen in realittsnahe Verteilungen vorzunehmen ist, finden sich in den EAB. Die Verformbarkeit der Wand hat auch Einfluss auf die erforderliche Vorspannkraft von Ankern. 13) 14)

DIN 1054, 6.1.3 DIN 4085:2007-10, 6.6.1

20

Martin Ziegler

Bild 11. Aktiver Erddruck, Mindesterddruck und Erdruhedruck bei einer Sttzwand

Die Ermittlung des charakteristischen Erddrucks erfolgt i. d. R. fr den oberen charakteristischen Wert des Erddrucks. Fr den Fall, dass sich ein geringerer Erddruck ungnstig auf die Bemessung auswirken wrde, sieht DIN 1054 vor, dass der untere charakteristische Wert des Erddrucks angesetzt wird15). Bei bindigen Bçden darf dazu Eah = 0 gesetzt werden, bei nichtbindigen Bçden wird i. d. R. die Hlfte des oberen charakteristischen Wertes angesetzt. Fr die Ermittlung des charakteristischen Wasserdrucks ist sowohl ein hçchster als auch ein niedrigster Wasserstand festzulegen, da beide Wasserstnde bei der Bemessung von Bauwerken oder Teilen davon zu den maßgebenden Beanspruchungen beitragen kçnnen. Werden Baugruben mit einem wasserdichten Verbau im Grundwasser hergestellt, kann je nach Konstruktion und Art der Grundwasserhaltung eine Umstrçmung des Wandfußes eintreten. Gegenber der hydrostatischen Druckverteilung wird der Wasserdruck pw auf der aktiven Seite reduziert und auf der passiven Seite erhçht. Gegenlufig dazu wird durch die Strçmungskrfte die Wichte des Bodens auf der aktiven Seite erhçht und auf der passiven Seite vermindert, was bei der Berechnung der Erddrcke zu bercksichtigen ist. Die dazu notwendige Bestimmung des hydraulischen Gradienten erfolgt i. d. R. durch die Auswertung eines Strçmungsnetzes (Bild 12). Nur in einfachen Fllen, z. B. bei homogenem Boden unterhalb des Grundwasserspiegels, darf der hydrostatische Wasserdruck vereinfacht so angesetzt werden, als sei eine Umstrçmung und damit das Auftreten von Strçmungskrften unterbunden16). 3.4.2.4 Dynamische Einwirkungen Zu den dynamischen Einwirkungen17) zhlen: – Verkehrslasten, – Anprall- und Stoßlasten, – Erdbeben. Dynamische Einwirkungen drfen in der Regel als vernderliche statische Einwirkungen bercksichtigt werden. Bei erheblichen dynamischen Einwirkungen, wie sie durch Anprall15) 16) 17)

DIN 1054, 10.3.1 (7) DIN 1054, 10.3.2 (5) DIN 1054, 6.1.4

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

21

Bild 12. Auswirkung von Strçmungskrften auf Erd- und Wasserdruck bei Umstrçmung des Wandfußes einer Baugrubenwand

lasten, Druckwellen oder Schwingungen von Maschinenfundamenten entstehen kçnnen, muss im Einzelfall aber geprft werden, ob nicht die Massentrgheitskrfte in den Berechnungen mit bercksichtigt werden mssen. Bei Einwirkungen durch Erdbeben ist DIN 4149:2005-04 hinzuzuziehen. 3.4.2.5 Auswirkung Als Auswirkung18) wird die Folge einer Einwirkung auf das Tragwerk, auf Teile davon oder in einem bestimmten Querschnitt verstanden. Die Auswirkung kann in Form einer Schnittgrçße, einer Spannung, einer Dehnung oder Verformung auftreten. 3.4.2.6 Beanspruchung Als Beanspruchung19) wird die Summe der Auswirkungen aus den einzelnen Einwirkungen in Form von Schnittgrçßen am betrachteten Bauwerk bezeichnet. Ein typisches Beispiel einer Beanspruchung stellt die Erdauflagerkraft bei einem Baugrubenverbau dar, die spter im Sicherheitsnachweis dem mçglichen Erdwiderstand gegenbergestellt wird (s. Bild 19 in Abschn. 4.2). 3.4.2.7 Widerstnde Widerstnde20) werden durch die Festigkeit der beanspruchten Baustoffe oder des Baugrunds hervorgerufen. Als Beispiele fr den Widerstand eines Baustoffs seien hier die Betondruckfestigkeit bei einer Schlitzwand oder der Materialwiderstand des Stahlzugglieds bei einem Anker genannt (Bild 13 a). Die Festigkeit des Bodens wird durch die Scherparameter Reibung und Kohsion bestimmt. Bei manchen Nachweisen werden – wie im Beispiel des abrutschenden Erdkeils – direkt die mit den Scherparametern berechneten Bemessungswerte der Reibungs- und Kohsionskrfte in der Gleitfuge angesetzt (Bild 13 b). Bei anderen Nachweisen werden auch aus den charakteristischen Scherparametern abgeleitete summarische Grçßen als Widerstnde bezeichnet und in die Grenzzustandsgleichung eingesetzt. 18) 19) 20)

DIN 1055-100, 3.1. 2. 19 DIN 1054, 6.1.5 DIN 1054, 6.2

22

Martin Ziegler

Bild 13. Widerstnde: a) Materialwiderstand, b) direkter Scherwiderstand, c) abgeleitete Widerstnde

Typische Vertreter dieser Gruppe sind der Erdwiderstand, der Grundbruchwiderstand und der Pfahlwiderstand (Bild 13 c). Problematisch ist in der Geotechnik, dass sich Widerstnde und Einwirkungen nicht immer eindeutig voneinander trennen lassen. Ein Beispiel hierfr stellt das schrg belastete Fundament in Bild 14 dar. Die Vertikalkomponente der Einwirkung Pv bewirkt in der Sohlfuge eine Normalkraft N, die ihrerseits die Aktivierung einer Reibungskraft R ermçglicht, die maximal den Betrag R = N · tan ds annehmen kann. Die Grçße ds bezeichnet den Sohlreibungswinkel. Eine Steigerung der Einwirkung P bewirkt eine Steigerung der ungnstigen horizontalen Beanspruchung Ph, aber andererseits ber den Vertikalanteil Pv auch den Aufbau einer vergrçßerten Normalkraft N, die dann wiederum einen grçßeren Reibungswiderstand ermçglicht. Dieses einfache Beispiel macht deutlich, dass in den einzelnen Grenzzustandsnachweisen klare Regelungen ber den Ansatz von Einwirkungen und Widerstnden getroffen werden mssen, um damit berechnete Sicherheiten auch bewerten und vergleichen zu kçnnen.

Bild 14. Nichteindeutigkeit von Einwirkungen und Widerstnden bei einem schrg belasteten Fundament

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

3.4.3

23

Lastflle

3.4.3.1 Einwirkungskombinationen Eine Einwirkungskombination21) umfasst die gleichzeitig mçglichen Einwirkungen, wie sie bei der Betrachtung eines Grenzzustandes auftreten kçnnen. Die Norm unterscheidet dabei folgende Einwirkungskombinationen: Regel-Kombination (EK 1) Stndige sowie whrend der Funktionszeit des Bauwerks regelmßig auftretende vernderliche Einwirkungen. Seltene Kombination (EK 2) Außer den Einwirkungen der Regel-Kombination seltene oder einmalige planmßige Einwirkungen. Außergewçhnliche Kombination (EK 3) Außer den Einwirkungen der Regel-Kombination eine gleichzeitig mçgliche außergewçhnliche Einwirkung, insbesondere bei Katastrophen oder Unfllen. Bild 15 zeigt die verschiedenen Einwirkungskombinationen am Beispiel eines Staudamms. Die Schwankungen des Wasserspiegels zwischen Niedrig- und Mittelwasser stellt die Regel-Kombination dar. Das Erreichen des Hochwasserspiegels und das Anspringen der Hochwasserentlastungsanlage entsprechen einer seltenen aber durchaus planmßigen Einwirkungskombination. Das Auftreten eines hçchsten Hochwassers bei gleichzeitigem Ausfall der Hochwasserentlastungsanlage wegen Reparaturarbeiten stellt hingegen eine außergewçhnliche Einwirkung dar.

Bild 15. Einwirkungskombinationen am Beispiel eines Staudamms: a) Regel-Kombination, b) seltene Kombination, c) außergewçhnliche Kombination

3.4.3.2 Sicherheitsklassen bei Widerstnden In hnlicher Weise wie die Einwirkungskombinationen beschreiben die Sicherheitsklassen22) „den Sicherheitsanspruch bei den Widerstnden in Abhngigkeit von Dauer und Hufigkeit der maßgebenden Einwirkungen“. DIN 1054 unterscheidet dabei: Zustnde der Sicherheitsklasse 1 (SK 1) Hierzu zhlen Zustnde, die auf die Funktionszeit des Bauwerks ausgelegt sind.

21) 22)

DIN 1054, 6.3.1 DIN 1054, 6.3.2

24

Martin Ziegler

Bild 16. Verschiedene Sicherheitsklassen am Beispiel einer Winkelsttzwand

Zustnde der Sicherheitsklasse 2 (SK 2) Bauzustnde bei der Herstellung oder Reparatur eines Bauwerks und Bauzustnde durch Baumaßnahmen neben dem Bauwerk; insbesondere zhlen auch Baugrubenkonstruktionen zur Sicherheitsklasse SK 2. Zustnde der Sicherheitsklasse 3 (SK 3) Whrend der Funktionszeit einmalig oder voraussichtlich nie auftretende Zustnde. Im Beispiel der in Bild 16 dargestellten Winkelsttzwand verhindern der Sohlwiderstand Rt und der Erdwiderstand Ep ein Wegschieben der Wand infolge der Einwirkung durch den aktiven Erddruck Ea. Fr diesen Regelfall liegt die Sicherheitsklasse SK 1 vor. Fr Reparaturzwecke kann es erforderlich sein, das Erdreich vor der Winkelsttzwand partiell auszuheben. Damit entfllt der Erdwiderstand als haltende Kraft. Zum Nachweis solcher Bauzustnde gelten einerseits verringerte Sicherheitsanforderungen, andererseits drfen ggf. auch temporr vorhandene Widerstnde in den Sicherheitsnachweis eingebracht werden. Im vorliegenden Fall lassen sich durch die rumliche Begrenzung der Abgrabung auch die Reibungskrfte Rspa an den Seitenflchen des abgegrabenen Bereichs mobilisieren. Fr diesen Fall gilt die Sicherheitsklasse SK 2. Im dritten Fall tritt whrend der Abgrabung noch eine außergewçhnliche Einwirkung in Form eines Erdbebens auf. Da dessen Einwirkungsdauer allerdings nur sehr kurz ist, ist es vorstellbar, die Kraft CS aus der i. d. R. vorhandenen scheinbaren Kohsion im Nachweis mit anzusetzen. Fr diesen Fall gilt dann die Sicherheitsklasse SK 3. 3.4.3.3 Lastflle Lastflle23) (LF) werden fr die Grenzzustnde der Tragfhigkeit GZ 1 aus Einwirkungskombinationen in Verbindung mit Sicherheitsklassen bei den Widerstnden gebildet. DIN 1054 unterscheidet dabei drei Lastflle: Lastfall LF 1 Regel-Kombination EK 1 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 1 („stndige Bemessungssituation“). Lastfall LF 2 Seltene Kombination EK 2 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 1 oder Regel-Kombination EK 1 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 2 („vorbergehende Bemessungssituation“). 23)

DIN 1054, 6.3.3

25

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

Lastfall LF 3 Außergewçhnliche Kombination EK 3 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 2 oder seltene Kombination EK 2 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 3 („außergewçhnliche Bemessungssituation“). Die Einteilung in stndige, vorbergehende und außergewçhnliche Bemessungssituationen folgt dabei DIN 1055-100:2001-03, 9.3 (1). Tabelle 1 zeigt, dass DIN 1054 nicht alle theoretischen Kombinationsmçglichkeiten erfasst. Dies macht auch Sinn, da eine Kombination EK 1 mit SK 3 bzw. EK 3 mit SK 1 unrealistisch ist. Bei einer denkbaren Kombination von EK 2 mit SK 2 lsst die Norm hingegen Teilsicherheitsbeiwerte zu, die zwischen den Werten der Lastflle 2 und 3 liegen, ohne sich allerdings genauer festzulegen. Ebenfalls erlaubt sie, in begrndeten Sonderfllen bei Kombination von EK 3 mit SK 3 die Teilsicherheitsbeiwerte auf 1,0 zu reduzieren. Tabelle 1. Festlegung der Lastflle aus der Verbindung von Einwirkungskombinationen und Sicherheitsklassen

EK 1

a) b)

SK 1

SK 2

SK 3

LF 1

LF 2

– a)

EK 2

LF 2

LF 2

LF 3

EK 3



LF 3

LF 3b)

Interpolation zwischen LF 2 und LF 3 ggf. gF = gE = gR = 1,0

Durch die Einfhrung der Lastflle bei geotechnischen Bauwerken werden die reprsentativen Werte der unabhngigen Einwirkungen unmittelbar bestimmt. Eine Untersuchung mit Kombinationsbeiwerten beim gleichzeitigen Auftreten von vernderlichen Einwirkungen erbrigt sich damit24).

4

Grenzzustnde und Nachweise

DIN 1054 unterscheidet zwischen Grenzzustnden der Tragfhigkeit GZ 1 und dem Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit GZ 2. Die Grenzzustnde der Tragfhigkeit werden dabei noch weiter in die drei Grenzzustnde GZ 1A, GZ 1B und GZ 1C unterteilt. Die Vorgehensweise, wie die Bemessungswerte in den jeweiligen Grenzzustandsgleichungen zu bestimmen sind, ist dabei unterschiedlich. Beim Nachweis der Grenzzustnde GZ 1B und GZ 1C wird vorausgesetzt, dass das Gesamtsystem aus Baugrund und Bauwerk eine ausreichende Duktilitt besitzt.

4.1

Duktilitt

Der Begriff der Duktilitt25) ist neu in DIN 1054 aufgenommen worden. Duktilitt bezeichnet das Vermçgen einer Konstruktion, bei Annherung an den Grenzzustand unschdlich Krfte 24) 25)

DIN 1054, 6.3.3 (4) DIN 1054, 4.3.4

26

Martin Ziegler

Bild 17. Beispiele fr ein a) duktiles System mit Kraft-Verformungsdiagramm, b) nicht duktiles System

im Baugrund und im Bauwerk umlagern zu kçnnen. Oft ist dies in der Geotechnik gegeben, da z. B. die Einwirkungen aus aktivem Erddruck mit zunehmender Verschiebung abnehmen, whrend die Widerstnde in Form des Erdwiderstands mit wachsender Verschiebung zunehmen. Ein nicht duktiles System stellt hingegen eine umstrçmte Baugrubenwand mit rckschreitender Erosion dar26). Ein typisches duktiles System liegt bei der Auffahrung einer Tunnelrçhre in der Spritzbetonbauweise vor (Bild 17 a). Mit zunehmender Verformung bilden sich im Gebirge Gewçlbe, die den Gebirgsdruck pG immer strker vom Ausbau fernhalten. Umgekehrt kommt es mit zunehmender Verformung des Ausbaus zum Aufbau eines zunehmend strker werdenden Ausbauwiderstands pA. Bei ausreichend starker Dimensionierung des Ausbaus wird sich somit immer ein Gleichgewichtszustand einstellen, in dem die Verformungen zur Ruhe kommen. Durch verzçgerte Einbringung des Ausbaus nach der ffnung des Hohlraums kann der erforderliche Ausbauwiderstand pA2 unter Einhaltung einer maximal tolerierbaren Firstverschiebung uFgr minimiert werden. Wird der Ausbau erst zum Zeitpunkt t = t2 nach der Auffahrung eingebracht, findet das System bei optimalen Querschnittsabmessungen den Gleichgewichtszustand. Ein nicht duktiles Element stellt hingegen der Knickstab in Bild 17 b dar, da dieser bei geringster Zunahme der Einzellast ber die kritische Last hinaus schlagartig versagt. Dies muss z. B. durch entsprechende Knickverbnde bei ausgesteiften Baugruben verhindert werden.

4.2

Grenzzustnde der Tragfhigkeit

4.2.1

Grenzzustand des Verlustes der Lagesicherheit GZ 1A

Der Grenzzustand des Verlustes der Lagesicherheit GZ 1A behandelt das Versagen eines Bauwerks durch Gleichgewichtsverlust ohne Bruch27). Er umfasst in der Geotechnik im Wesentlichen die Flle des Aufschwimmens einer Grndungskonstruktion und den hydraulischen Grundbruch. Aber auch das Abheben eines zugbelasteten Fundaments (z. B. Seilverankerungsblock bei einer Schrgseilbrcke) zhlt zum Grenzzustand GZ 1A. Im GZ 1A werden nur gnstige und ungnstige Einwirkungen gegenbergestellt. Im Beispiel der tief liegenden Injektionssohle in Bild 18 resultieren die ungnstigen stndigen 26) 27)

EAU, E 116 DIN 1054, 3.1.2.5 und 4.3.1

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

27

Bild 18. Grenzzustand GZ 1A der Lagesicherheit am Beispiel einer Baugrube mit tiefliegender Injektionssohle

Einwirkungen FG,dst aus dem Wasserdruck W und die gnstigen stndigen Einwirkungen FG,stb aus den Gewichtskrften der Injektionssohle GBi und des darber liegenden wassergesttigten Bodens GB. Letztere sind mit den unteren charakteristischen Werten der Wichten zu berechnen. Gnstige vorbergehende Einwirkungen drfen nicht bercksichtigt werden. Ungnstige vorbergehende Einwirkungen FQ,dst treten in diesem Beispiel nicht auf. Denkbare Widerstnde im Boden in Form von Reibungskrften an den Seitenwnden oder von Konstruktionselementen wie Auftriebsankern oder Auftriebspfhlen werden beim Nachweis des GZ 1A nicht als Widerstnde, sondern als gnstig wirkende Einwirkungen behandelt. 4.2.2

Grenzzustand des Versagens von Bauwerken oder Bauteilen GZ 1B

Dieser Grenzzustand beschreibt das Versagen von Bauwerken oder Bauteilen durch Bruch im Bauwerk oder durch Bruch des sttzenden Bodens28). Typische Versagensformen des GZ 1B sind z. B. der Bruch eines Ankerstahls als Materialversagen, das Versagen eines Fundaments durch Gleiten oder Grundbruch und auch das Versagen eines Erdwiderlagers. Kennzeichen des Grenzzustands GZ 1B ist die Berechnung der Schnittgrçßen mit charakteristischen Einwirkungen. In Bild 19 ist die Vorgehensweise bei der Nachweisfhrung im Grenzzustand GZ 1B am Beispiel einer einfach verankerten, frei aufgelagerten Spundwand dargestellt. Aus Grnden der bersichtlichkeit wird auf eine Unterscheidung in stndige und vernderliche Beanspruchungen bei diesem Beispiel verzichtet. Im Einzelnen sind folgende Schritte durchzufhren: • Bestimmung der charakteristischen Beanspruchungen in Form der Ankerkraft Ah,k, der Erdauflagerkraft Bh,k und des Spundwandmoments Ms,k aus den charakteristischen Einwirkungen in Form des aktiven Erddrucks Eagh,k. • Bestimmung der charakteristischen Widerstnde in Form des Erdwiderstands Eph,k (berechnet mit den charakteristischen, d. h. nicht abgeminderten Scherfestigkeitsparametern), der charakteristischen Herausziehkraft des Ankers Ra,k und der Festigkeit des Stahlzugglieds Ri,k sowie des charakteristischen Bruchmoments der Spundwand MR,k aus dem Fließmoment MF.

28)

DIN 1054, 3.1.2.6 und 4.3.2

28

Martin Ziegler

Bild 19. Vorgehensweise bei der Nachweisfhrung im Grenzzustand GZ 1B fr das Beispiel einer einfach verankerten, frei aufgelagerten Spundwand

• Bildung der Bemessungsgrçßen durch Multiplikation der Beanspruchungen mit den Teilsicherheitsbeiwerten von Tabelle 2 und Division der Widerstnde durch die Teilsicherheitsbeiwerte von Tabelle 3. • berprfung ausreichender Sicherheit durch Vergleich der Bemessungsgrçßen. Diese berprfung muss fr die Anker, das Erdauflager und die Spundwand erfolgen. 4.2.3

Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit GZ 1C

Der Grenzzustand GZ 1C beschreibt „das Versagen des Baugrunds, ggf. einschließlich auf ihm befindlicher Bauwerke durch Bruch im Boden oder Fels, ggf. auch zustzlich durch Bruch in mittragenden Bauteilen, z. B. Bçschungsbruch, Gelndebruch29).“ Beim Nachweis des Grenzzustands GZ 1C werden vor Beginn der eigentlichen Berechnung die charakteristischen Scherfestigkeitsparameter tan jk und ck auf die Bemessungswerte tan jd und cd abgemindert. Ebenso werden die charakteristischen Einwirkungen mit den Teilsicherheitsbeiwerten auf die Bemessungseinwirkungen erhçht (Bild 20). Allerdings wirkt sich diese Erhçhung nur auf die vernderlichen Einwirkungen Qk aus, da nach Tabelle 2 der Teilsicherheitsbeiwert gG fr stndige Einwirkungen in allen drei Lastfllen 1,0 betrgt. Erst mit den so vernderten Einwirkungen und Widerstnden wird die eigentliche statische Berechnung durchgefhrt. Im Fall des Gleitkreises ist dann z. B. nachzuweisen, dass die mit den Bemessungsscherparametern berechneten haltenden Momente MH,d immer grçßer bleiben als die treibenden Momente MT,d aus den Bemessungseinwirkungen.

4.3

Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit GZ 2

Der Grenzzustand GZ 2 beschreibt einen „Zustand des Tragwerks, bei dessen berschreitung die fr die Nutzung festgelegten Bedingungen nicht mehr erfllt sind30)“. Um dies festzustellen, ist in der Regel zu berprfen, ob die eintretenden Verformungen schadlos 29) 30)

DIN 1054, 3.1.2.7 und 4.3.3 DIN 1054, 3.1.2.8

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

29

Bild 20. Vorgehensweise bei der Nachweisfhrung im Grenzzustand GZ 1C fr das Beispiel des Bçschungsbruchs

vom Bauwerk aufgenommen werden kçnnen. Die Verformungen sind dabei immer mit charakteristischen Grçßen zu bestimmen, d. h. alle Teilsicherheitsbeiwerte sind 1,0. Dies bedeutet, dass die Schnittgrçßen direkt aus dem Nachweis fr den Grenzzustand der Tragfhigkeit GZ 1B bernommen werden kçnnen. Dies ist ein großer Vorteil gegenber den alternativen Nachweiskonzepten des EC 7-1, bei denen hnlich wie beim Nachweis fr den Grenzzustand GZ 1C vorab die Bemessungsgrçßen gebildet werden. Dies bedingt, dass fr den Nachweis des Grenzzustands GZ 2 zustzlich eine komplette Neuberechnung des Systems mit charakteristischen Grçßen durchgefhrt werden muss. Vorgaben, wie groß die Verformungen im Einzelnen sein drfen, lassen sich nicht generell treffen. Dies hngt vielmehr von der Art des Bauwerks und den Anforderungen aus seiner Nutzung ab. Fr den Nachweis des Grenzzustands GZ 2 mssen daher vorab vom Planer des Bauwerks zulssige Setzungen, Verdrehungen etc. angegeben werden. Fr das in Bild 21 dargestellte nachtrglich aufgestockte Gebude muss z. B. nachgewiesen werden, dass die dadurch bedingte charakteristische (d. h. tatschliche) Setzung Dsk, die fr den Nachweis des Grenzzustands GZ 2 identisch mit dem Bemessungswert der Setzung Dsd ist, kleiner bleibt als die durch das Material der Hausanschlussleitung und die Konstruktion des Anschlusses bedingte maximal zulssige Setzung zul Ds.

Bild 21. Nachweis der Gebrauchstauglichkeit am Beispiel der Zerstçrung einer Hausanschlussleitung durch zu große Setzungen infolge nachtrglicher Aufstockung eines Gebudes

30

Martin Ziegler

Beim Grenzzustand GZ 2 ist noch folgende Fallunterscheidung zu treffen: • Umkehrbarer Grenzzustand, d. h. keine bleibende berschreitung des Grenzzustands nach dem Entfernen der maßgebenden Einwirkung, • Nicht umkehrbarer Grenzzustand, d. h. bleibende berschreitung des Grenzzustands nach dem Entfernen der maßgebenden Einwirkung.

4.4

Teilsicherheitsbeiwerte nach DIN 1054

Fr die einzelnen Grenzzustnde gelten unterschiedliche Teilsicherheitsbeiwerte, die in Tabelle 2 fr die Einwirkungen und in Tabelle 3 fr die Widerstnde abgedruckt sind. Darin sind die durch die Berichtigung 431) vorgenommenen nderungen eingeflossen. Kurz vorher wurde eine Berichtigung 332) verçffentlicht, die in der Fachwelt jedoch zu heftigen Einsprchen fhrte, sodass sie mittlerweile wieder aufgehoben wurde. Tabelle 2. Teilsicherheitsbeiwerte fr Einwirkungen und Beanspruchungen in Anlehnung an Tabelle 2 von DIN 1054 unter Bercksichtigung von Berichtigung 4

Einwirkungen

Formelzeichen

LF 1

Lastfall LF 2

LF 3

Gnstige stndige Einwirkungen

g G;stb

0,95

0,95

0,95

Ungnstige stndige Einwirkungen

g G;dst

1,05

1,05

1,00

Ungnstige vernderliche Einwirkungen

g Q;dst

1,50

1,30

1,00

Strçmungskraft bei gnstigem Untergrund

gH

1,35

1,30

1,20

Strçmungskraft bei ungnstigem Untergrund

gH

1,80

1,60

1,35

GZ 1A: Grenzzustand des Verlustes der Lagesicherheit

GZ 1B: Grenzzustand des Versagens von Bauwerken und Bauteilen Stndige Einwirkungen allgemein a)

gG

1,35

1,20

1,10

g E0g

1,20

1,10

1,00

g G;inf

1,00

1,00

1,00

gQ

1,50

1,30

1,10

Stndige Einwirkungen

gG

1,00

1,00

1,00

Ungnstige vernderliche Einwirkungen

gQ

1,30

1,20

1,00

Stndige Einwirkungen aus Erdruhedruck Gnstige stndige Einwirkungen

b)

Ungnstige vernderliche Einwirkungen GZ 1C: Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit

GZ 2: Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit g G ¼ 1; 00 fr stndige Einwirkungen bzw. Beanspruchungen g G ¼ 1; 00fr vernderliche Einwirkungen bzw. Beanspruchungen a) b)

Einschließlich stndigem und vernderlichem Wasserdruck Nur im Sonderfall nach 8.3.4 (2). Pfhle mit berwiegender Zugbeanspruchung bei gleichzeitig wirkenden Druck- und Zugkrften

31) 32)

DIN 1054 Ber 4:2008-06 DIN 1054 Ber 3:2008-01

31

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau Tabelle 3. Teilsicherheitsbeiwerte fr Widerstnde in Anlehnung an Tabelle 3 von DIN 1054

Widerstand

Formelzeichen

Lastfall LF 1

LF 2

LF 3

g Ep; g Gr

1,40

1,30

1,20

g GI

1,10

1,10

1,10

Pfahldruckwiderstand bei Probebelastung

g Pc

1,20

1,20

1,20

Pfahlzugwiderstand bei Probebelastung

g Pt

1,30

1,30

1,30

Pfahlwiderstand auf Druck und Zug aufgrund von Erfahrungswerten

gP

1,40

1,40

1,40

Widerstand des Stahlzuggliedes

gM

1,15

1,15

1,15

Herausziehwiderstand des Verpresskçrpers

gA

1,10

1,10

1,10

g’

1,25

1,15

1,10

g c; g cu

1,25

1,15

1,10

g N; g Z

1,40

1,30

1,20

Verpresskçrper von Verpressankern

gA

1,10

1,10

1,10

Flexible Bewehrungselemente

gB

1,40

1,30

1,20

GZ 1B: Grenzzustand des Versagens von Bauwerken und Bauteilen Bodenwiderstnde Erdwiderstand und Grundbruchwiderstand Gleitwiderstand Pfahlwiderstnde

Verpressankerwiderstnde

GZ 1C: Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit Scherfestigkeit Reibungsbeiwert tan ’0 des drnierten Bodens 0

Kohsion c des drnierten Bodens und Scherfestigkeit cu des undrnierten Bodens Herausziehwiderstnde Boden- bzw. Felsngel, Ankerzugpfhle

5

Zuknftige Normung im Umfeld des EC 7-1

Entsprechend den Ausfhrungen im Abschnitt 1.2 ist die derzeit bauaufsichtlich eingefhrte DIN 1054:2005-01 innerhalb einer vorgegebenen Anpassungs- und bergangsfrist zurckzuziehen. Zuknftig wird es nur noch die europische Sicherheitsnorm fr Geotechnik DIN EN 1997-1, die im Oktober 2005 in deutscher Sprache verçffentlicht wurde, in Verbindung mit dem Nationalen Anhang und der Ergnzungsnorm DIN 1054:2009 geben. Um dem Verwender der Normen die Handhabung zu erleichtern, war zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Beitrags geplant, alle drei Regelwerke in einem einzigen Normenhandbuch zusammenzufassen. Da DIN EN 1997-1 in ihrer jetzigen Form mehrere Nachweisverfahren zulsst, bei denen die in DIN 1054:2005-01 geregelten Verfahren enthalten sind, stellt die inhaltliche Integration von DIN 1054 kein grçßeres Problem dar. Einige sachliche nderungen sind dennoch zu beachten, auf die nachfolgend kurz eingegangen wird.

5.1

Einwirkungen

Bei den Einwirkungen gilt nach wie vor die aus DIN 1054 bekannte Dreiteilung in Grndungslasten, dynamische Einwirkungen und geotechnische Einwirkungen, wobei Letz-

32

Martin Ziegler

Bild 22. Bestimmung der Grndungslasten nach Theorie 2. Ordnung: a) Ausgangssituation b) erste Berechnung mit Bemessungsgrçßen c) Verformungen mit an charakteristischen Lasten orientierten Verformungskennwerten d) zweite Berechnung mit charakteristischen Grçßen unter Bercksichtigung der unter c) ermittelten Verformungen

tere den bisherigen grundbauspezifischen Einwirkungen entsprechen. Hinsichtlich der bergabe von Grndungslasten erfolgt eine Przisierung gegenber den bisherigen Regelungen. So ist es zunchst einmal zulssig, fr die geotechnischen Nachweise auch direkt die Bemessungswerte der Gesamtbeanspruchung statt der charakteristischen bzw. reprsentativen Schnittgrçßen zu verwenden, wobei aber explizit darauf hingewiesen wird, dass diese Vorgehensweise zwar auf der sicheren Seite liegt, aber zu unwirtschaftlichen Abmessungen fhren kann. Fr den Regelfall der linear-elastischen Ermittlung der Schnittgrçßen wird der bereits in Abschnitt 3.4.2 aufgezeigte Weg vorgeschlagen. Bei nichtlinearer Berechnung nach Theorie 1. Ordnung darf sich die Aufteilung in stndige und vernderliche Einwirkungen an der Aufteilung orientieren, die sich bei linearer Berechnung ergeben htte. Ein weiterer Hinweis erfolgt fr die Ermittlung der Grndungslasten von Fundamenten, bei denen die Verkantung zu nennenswerten Zusatzbelastungen fhrt, sodass die Schnittgrçßen nach Theorie 2. Ordnung zu bercksichtigen sind. Gemß Bild 22 ist dafr folgende Vorgehensweise vorgesehen: a) Erste Berechnung des Tragwerks mit Bemessungswerten der Einwirkungen fr die kritischen Einwirkungskombinationen. b) Bestimmung der Verformungen der Grndung mit den nach a) ermittelten Beanspruchungen, wobei die lastabhngigen Verformungskenngrçßen wie z. B. der Steifemodul an den charakteristischen Einwirkungen orientiert werden. c) Zweite Berechnung des Tragwerks mit den gleichen Einwirkungskombinationen wie unter a), aber mit charakteristischen bzw. reprsentativen Grçßen unter Bercksichtigung der in b) ermittelten Verformungen. Die so ermittelten Beanspruchungen in der Grndungsfuge entsprechen den charakteristischen bzw. reprsentativen Grndungslasten.

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

33

Der Bemessungswert von Einwirkungen muss entweder direkt festgelegt werden oder er ermittelt sich aus der allgemeinen, aus dem Hochbau bekannten Gleichung, die ber den Beiwert y auch Kombinationen von Einwirkungen bercksichtigt: Fd ¼ g F  Frep ¼ g F  y  Fk Bei der stndigen Einwirkung und der Leiteinwirkung der vernderlichen Einwirkungen ist der Beiwert y = 1,0. Sofern mehrere unabhngige vernderliche Einwirkungen Qk,j vorhanden sind, ist die Untersuchung von Kombinationen mit jeweils einer anderen unabhngigen Einwirkung als Leiteinwirkung vorzunehmen. X yi  Qk;i Qrep 00¼ 00 Qk;l 00þ 00 i>1

In vorstehender Formel, die der Nomenklatur des Normenhandbuchs folgt, hat die Zeichenkombination 00¼ 00 die Bedeutung „ergibt sich aus“ und 00þ 00 die Bedeutung „in Verbindung mit“. Sofern nicht die Kombinationswerte fr Hochbauten nach Tabelle A 1.1 von DIN EN 1990:2002 anzuwenden sind, gelten in der Geotechnik die Werte fr sonstige Einwirkungen (y0 = 0,8, y1 = 0,7 und y2 = 0,5). Bei den Nachweisen gegen Aufschwimmen und gegen hydraulischen Grundbruch sind die Bemessungswerte ohne Kombinationswerte aus den charakteristischen Werten zu bestimmen. Wie Tabelle 4 in Abschnitt 5.5 zeigt, sind die Zahlenwerte der Teilsicherheitsbeiwerte unverndert aus DIN 1054 bernommen worden. Es hat lediglich eine in den nchsten Abschnitten noch erluterte Anpassung der Bezeichnungen bei den Grenzzustnden und den Lastfllen gegeben.

5.2

Widerstnde

Die Neuerung bei den Widerstnden betrifft im Wesentlichen nur die Tabellen mit den Teilsicherheitsbeiwerten. Wie die Tabellen 5 und 6 in Abschnitt 5.5 zeigen, ist neben der vorgenannten Anpassung der Bezeichnungen auch eine Aufteilung in Teilsicherheitsbeiwerte fr geotechnische Grçßen X (Scherparameter) und fr die in Abschnitt 3.4.2 als abgeleitete Widerstnde bezeichneten Grçßen (z. B. Erdwiderstand, Grundbruchwiderstand etc.) vorgenommen worden. Direkte Angaben zu Sicherheitsbeiwerten fr Baustoffe sind jetzt komplett aus den Tabellen herausgenommen. Hier wird auf die jeweiligen materialspezifischen Regelwerke verwiesen. Bei den geometrischen Vorgaben sind in der Regel keine weiteren Sicherheiten einzurechnen, sodass direkt die Nennwerte anom in die Bemessungsgleichung eingesetzt werden kçnnen. Lediglich in Fllen, in denen eine Abweichung von den geometrischen Vorgaben eine nachhaltige Wirkung auf die Zuverlssigkeit eines Bauwerks hat, muss gemß ad = anom – Da ein Zuschlag zu dem Nennwert gemacht werden, der im Einzelnen in den Abschnitten ber Flachgrndungen und Sttzbauwerke auch zahlenmßig benannt wird.

5.3

Bemessungssituationen

Die bisherigen Lastflle, die aus der Kombination von Einwirkungskombinationen und Sicherheitsklassen gebildet wurden, werden zuknftig als Bemessungssituationen bezeichnet, nach denen sich dann weiterhin die jeweilige Grçße der Teilsicherheitsbeiwerte richtet. Bei der Bildung der verschiedenen Bemessungssituationen sind die Kombinationsregeln fr die Einwirkungen nach DIN EN 1990 zu beachten. Unterschieden werden:

34

Martin Ziegler

Bemessungssituation BS-P (Persistent situations) Dieser Bemessungssituation werden stndige und regelmßig whrend der Funktionszeit des Bauwerks auftretende vernderliche Einwirkungen zugeordnet. Bemessungssituation BS-T (Transient situations) Diese Bemessungssituation bezieht sich auf zeitlich begrenzte Zustnde wie sie bei der Herstellung oder Reparatur eines Bauwerks vorliegen. Auch Baugrubenkonstruktionen, soweit fr einzelne Konstruktionsteile wie z. B. Steifen oder Anker nichts anderes festgelegt ist, werden der Bemessungssituation BS-T zugeordnet. Des Weiteren zhlen Situationen, bei denen neben den vernderlichen Einwirkungen der Bemessungssituation BS-P noch eine seltene, ungewçhnlich große oder planmßig nur einmalige bzw. nie auftretende Einwirkung auftritt, ebenfalls zur Bemessungssituation BS-T. Bemessungssituation BS-A (Accidential situations) Die Bemessungssituation BS-A liegt vor, wenn neben den stndigen und vernderlichen Einwirkungen der Bemessungssituationen BS-P und BS-T noch außergewçhnliche Einwirkungen in außergewçhnlichen Situationen wie z. B. Feuer, extremes Hochwasser oder Ankerausfall auftreten. Die Bemessungssituation BS-A kann auch gegeben sein, wenn gleichzeitig mehrere, voneinander unabhngige, seltene, z. B. ungewçhnlich große oder planmßig einmalige bzw. nie auftretende Einwirkungen vorhanden sind. Bemessungssituation BS-E (Earthquake) Die Bemessungssituation BS-E liegt beim Auftreten von Erdbeben vor.

5.4

Grenzzustnde

Auch in DIN EN 1997-1 wird nach Grenzzustnden der Tragfhigkeit (Ultimate Limit State ULS) und Grenzzustnden der Gebrauchstauglichkeit (Serviceability Limit State SLS) unterschieden. Die Grenzzustnde der Tragfhigkeit sind in DIN EN 1997-1 allerdings anders bezeichnet und weiter aufgeteilt als in DIN 1054. Im Einzelnen wird unterschieden in: Grenzzustand EQU Gleichgewichtsverlust des als starrer Kçrper angesehenen Tragwerks oder des Baugrunds, wobei die Festigkeiten der Baustoffe und des Baugrunds fr den Widerstand nicht entscheidend sind. Grenzzustand UPL Gleichgewichtsverlust des Bauwerks oder Baugrunds infolge Auftrieb durch Wasserdruck oder andere Vertikalkrfte. Grenzzustand HYD Hydraulischer Grundbruch, innere Erosion und Piping im Boden, verursacht durch Strçmungsgradienten. Grenzzustand STR Inneres Versagen oder sehr große Verformung des Tragwerks oder seiner Bauteile, wobei die Festigkeit der Baustoffe fr den Widerstand entscheidend ist. Grenzzustand GEO Versagen oder sehr große Verformung des Baugrunds, wobei die Festigkeit der Locker- und Festgesteine fr den Widerstand entscheidend ist.

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

5.4.1

35

Grenzzustand EQU

Der Grenzzustand EQU behandelt die Lagesicherheit eines Bauwerks und beschrnkt sich in der Geotechnik auf den Kippnachweis, der nach DIN EN 1990 vereinfacht durch Vergleich der destabilisierenden und der stabilisierenden Einwirkungen bezogen auf die fiktive Kippkante am Fundamentrand gefhrt werden kann. Da die tatschliche Drehachse innerhalb des Fundaments zu erwarten ist, sind aber weiterhin die Nachweise zur Beschrnkung der Exzentrizitt der Lastresultierenden zu beachten. Der Nachweis ist erbracht, wenn zu jeder Zeit gilt, dass die destabilisierenden ungnstigen Bemessungseinwirkungen Edst,d kleiner sind als die Summe aus stabilisierenden, gnstigen Bemessungseinwirkungen Estb,d: Edst;d  Estb;d Der Grenzzustand EQU muss grundstzlich von den nachfolgend beschriebenen Nachweisen gegen Aufschwimmen UPL und Hydraulischen Grundbruch HYD unterschieden werden. 5.4.2

Grenzzustand UPL

Dieser Grenzzustand umfasst den bisherigen Nachweis der Sicherheit gegen Aufschwimmen. Generell werden bei diesem Nachweis die ungnstigen, destabilisierenden stndigen und vernderlichen vertikalen Bemessungseinwirkungen Vdst,d mit den Bemessungsgrçßen der gnstigen, stabilisierenden und stndigen Einwirkungen Gstb,d verglichen. Eventuell vorhandene zustzliche Auftriebswiderstnde Rd, wie z B. Scherkrfte an den Seitenwnden oder Auftriebsanker, werden bei diesem Nachweis als gnstige, stabilisierende Einwirkungen in die Grenzzustandsgleichung eingebracht. Ausreichende Sicherheit ist vorhanden, wenn zu jedem Zeitpunkt gilt: Vdst;d  Gstb;d þ Rd mit Vdst;d ¼ Gdst;d þ Qdst;d Die Teilsicherheitsbeiwerte nach DIN 1054:2009 sind in Abschnitt 5.5 als Tabelle 4 abgedruckt. Gleiches gilt fr die Teilsicherheitsbeiwerte des nachfolgend beschriebenen Grenzzustands HYD. 5.4.3

Grenzzustand HYD

Dieser Grenzzustand bezieht sich auf den hydraulischen Grundbruch. Beim zugehçrigen Nachweis wird ein durchstrçmtes Bodenprisma betrachtet und nachgewiesen, dass der Bemessungswert der darin wirkenden Strçmungskraft Sdst,d nicht grçßer ist als das dagegen wirkende Bodengewicht unter Auftrieb G¢stb,d. Ausreichende Sicherheit ist gegeben, wenn jederzeit gilt: 0

Sdst;d  Gstb;d 5.4.4

Grenzzustand STR

Dieser Grenzzustand beschreibt das Materialversagen. Ausreichende Sicherheit ist gegeben, wenn zu jeder Zeit die Bemessungsbeanspruchungen Ed kleiner sind als die Bemessungswiderstnde Rd: Ed  Rd Die Bildung der Bemessungsbeanspruchungen und Bemessungswiderstnde erfolgt formal nach den gleichen Regeln wie fr den nachfolgend beschriebenen Grenzzustand GEO-2. Die

36

Martin Ziegler

Zahlenwerte fr die Teilsicherheitsbeiwerte finden sich in den bauartspezifischen Normen und Empfehlungen. Explizit wird lediglich noch in den Anmerkungen zu Tabelle 2-3 von DIN 1054:2009 auf den in DIN EN 1992 angegebenen Sicherheitsbeiwert fr Stahlzugglieder von gM = 1,15 hingewiesen, der dem in DIN 1054:2005-01 angegebenen Wert entspricht. Ebenso findet sich fr den Materialwiderstand von flexiblen Bewehrungselementen ein Hinweis auf die EBGEO. 5.4.5

Grenzzustand GEO

Der Grenzzustand GEO wird nachgewiesen, um Versagen durch große Verformungen oder nicht ausreichende Festigkeit des Baugrunds zu verhindern. Die Art und Weise, wie die Bemessungsgrçßen gebildet und in die Grenzzustandsgleichung eingesetzt werden, ist von der geotechnischen Problemstellung abhngig. Insgesamt kennt DIN EN 1997-1 drei verschiedene Nachweisverfahren, von denen in Deutschland allerdings nur die Verfahren 2 und 3 zur Anwendung kommen. Zur sprachlichen Vereinfachung werden die damit nachgewiesenen Grenzzustnde als GEO-2 und GEO-3 bezeichnet. Grenzzustand GEO-2 Das Nachweisverfahren 2 wird beim Nachweis eines ausreichenden Erdwiderstands, beim Nachweis der Sicherheit gegen Gleiten und Grundbruch, beim Nachweis der Tragfhigkeit von Ankern und Pfhlen, beim Nachweis der Standsicherheit in der tiefen Gleitfuge und ggf. beim Nachweis der Standsicherheit von konstruktiven Bçschungssicherungen verwendet. Die Vorgehensweise beim Grenzzustand GEO-2 folgt dem Ablauf der Nachweisfhrung beim frher verwendeten Grenzzustand GZ 1B. Dabei werden nach Festlegung des statischen Systems erst die charakteristischen bzw. reprsentativen Beanspruchungen und die charakteristischen Widerstnde bestimmt. Die Bestimmung der Beanspruchungen hat dabei getrennt nach stndigen Einwirkungen, regelmßig auftretenden vernderlichen Einwirkungen und begleitenden vernderlichen Einwirkungen, bei denen ggf. die Kombinationsbeiwerte zu bercksichtigen sind, zu erfolgen. Formal ergeben sich die Bemessungsbeanspruchungen aus:  Ed ¼ g E  E Frep ;XK =g M ; ad g Ein Blick in Tabelle 5 fr die Teilsicherheitsbeiwerte gM von geotechnischen Kenngrçßen zeigt, dass die gM-Werte fr den Grenzzustand GEO-2 gleich 1,0 sind, d. h. die Beanspruchungen werden tatschlich zunchst mit charakteristischen Werten gebildet. Die Bemessungsbeanspruchungen werden dann aus diesen charakteristischen Beanspruchungen durch nachtrgliche Multiplikation mit einem Teilsicherheitsbeiwert gE erhalten. Entsprechend werden die Bemessungswerte der Widerstnde durch Division mit den Teilsicherheitsbeiwerten der Tabelle 6 gebildet. Ausreichende Sicherheit ist gegeben, wenn fr alle untersuchten Situationen Ed  Rd gilt. Grenzzustand GEO-3 Das Nachweisverfahren 3 wird beim Nachweis der Gesamtstandsicherheit maßgebend. Ebenso wird es in der Regel beim Nachweis der Standsicherheit von konstruktiven Bçschungssicherungen verwendet. Die Art der Nachweisfhrung entspricht dem bisherigen Vorgehen im Grenzzustand GZ 1C. Dies bedeutet, dass vor Beginn der eigentlichen Berech-

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

37

nung die charakteristischen Werte der Scherfestigkeit mit den Teilsicherheitsbeiwerten von Tabelle 5 in Bemessungswerte der Scherfestigkeit umgerechnet werden. Gleiches gilt fr die Einwirkungen. Bei der Bildung der Bemessungsbeanspruchungen drfen die Kombinationsregeln angewendet werden. Formal ergeben sich die Bemessungsbeanspruchungen aus  Ed ¼ E g F  Frep ; XK =g M ; ad g wobei zu beachten ist, dass gemß den Zahlenwerten fr die Teilsicherheitsbeiwerte fr stndige Einwirkungen gG = 1,0 ist, sodass eine echte Erhçhung nur bei den vernderlichen Einwirkungen stattfindet. Ausreichende Sicherheit ist gegeben, wenn die so berechneten Bemessungsbeanspruchungen immer kleiner sind als die mit reduzierten Scherparametern ermittelten Bemessungswiderstnde: Ed  Rd 5.4.6

Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit SLS

Allgemein muss im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit nachgewiesen werden, dass Ed  Cd gilt. Die Gleichung besagt, dass die Beanspruchung Ed derart zu begrenzen ist, dass die mit ihr erhaltenen Verformungen kleiner bleiben als die mit dem Grenzwert der Beanspruchung Cd erhaltenen Werte, die fr die untersuchte Konstruktion gerade noch als vertrglich erachtet werden. Die Zahlenwerte fr die Teilsicherheitsbeiwerte werden in der Regel zu 1,0 gesetzt, was bedeutet, dass die Verformungen v mit charakteristischen Grçßen berechnet werden. Es sind die stndigen sowie die quasi-stndigen vernderlichen Einwirkungen zu bercksichtigen, die sich nach den Kombinationsregeln aus ! X X Gk;j þ Pk þ yi  Qk;i v¼v j1

i1

ergeben. Dabei sind die Kombinationsbeiwerte yi so zu whlen, dass die setzungswirksamen Anteile der Lasten in Abhngigkeit vom Zeitsetzungsverhalten der beteiligten Bçden zutreffend und auf der sicheren Seite liegend erfasst werden. Sofern die bei den Nachweisen STR bzw. GEO-2 zugrunde gelegten Einwirkungen ausreichend genau den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit wiedergeben, kann auf die bei diesen Nachweisen ermittelten Verformungen zurckgegriffen werden.

5.5

Teilsicherheitsbeiwerte nach Normenhandbuch

DIN EN 1997-1 enthlt in Anhang A umfangreiche Tabellen mit Teilsicherheitsbeiwerten fr die Einwirkungen, die geotechnischen Kenngrçßen und die Widerstnde, wobei innerhalb einer Tabelle noch verschiedene Wertegruppen mit unterschiedlichen Zahlenwerten fr die Teilsicherheitsbeiwerte enthalten sind. Fr die einzelnen geotechnischen Situationen ist dann in dem entsprechenden Abschnitt von DIN EN 1997-1 angegeben, welche konkrete Wertegruppe bei einem speziellen Nachweis zu verwenden ist. In DIN 1054:2009 wird von der Mçglichkeit Gebrauch gemacht, die Teilsicherheitsbeiwerte national zu regeln. Die entsprechenden Tabellen orientieren sich an den beiden bisherigen Tabellen von DIN 1054, wobei aber die neuen Bezeichnungen fr die Grenzzustnde aufgenommen und die bisherigen Lastflle durch die Bemessungssituationen ersetzt wurden.

38

Martin Ziegler

Außerdem werden die Teilsicherheitsbeiwerte fr die Scherparameter des Bodens in einer eigenen Tabelle fr geotechnische Kenngrçßen erfasst. Da darin alle fr ein geotechnisches Versagen relevanten Grenzzustnde aufgelistet sind, bestehen jetzt in Verbindung mit der vorgegebenen Bestimmungsgleichung fr die Bemessungsbeanspruchungen auch keine Unklarheiten mehr darber, wie in den einzelnen Grenzzustnden reibungs- und kohsionsabhngige Grçßen z. B. bei der Erddruckbestimmung Eingang finden sollen. Die nachfolgenden Tabellen 4 bis 6 enthalten die Teilsicherheitsbeiwerte fr Einwirkungen gF und Beanspruchungen gE, geotechnische Kenngrçßen gM und Widerstnde gR. Die Beiwerte gF, gE, gM und gR bezeichnen dabei den Oberbegriff fr einen auf den jeweiligen Einzelfall zu beziehenden Teilsicherheitswert.

Tabelle 4. Teilsicherheitsbeiwerte fr Einwirkungen und Beanspruchungen (in Anlehnung an Tabelle A 2-1 von DIN 1054:2009 (Entwurf Juni 2008))

Einwirkung und Beanspruchung

Formelzeichen

Bemessungssituation BS-P

BS-T

BS-A

HYD und UPL: Grenzzustand des Versagens durch hydraulischen Grundbruch und Aufschwimmen Lagesicherheit Destabilisierende stndige Einwirkungen

g G;dst

1,05

1,05

1,00

Stabilisierende stndige Einwirkungen

g G;stb

0,95

0,95

0,95

Destabilisierende vernderliche Einwirkungen

g Q;dst

1,50

1,30

1,00

Stabilisierende vernderliche Einwirkungen

g Q;stb

0

0

0

Strçmungskraft bei gnstigem Untergrund

gH

1,35

1,30

1,20

Strçmungskraft bei ungnstigem Untergrund

gH

1,80

1,60

1,35

STR und GEO-2: Grenzzustand des Versagens von Bauwerken, Bauteilen und Baugrund Beanspruchungen aus stndigen Einwirkungen allgemein a)

gG

1,35

1,20

1,10

g G;inf

1,00

1,00

1,00

Beanspruchungen aus stndigen Einwirkungen aus Erdruhedruck

g E0;G

1,20

1,10

1,00

Beanspruchungen aus ungnstigen vernderlichen Einwirkungen

gQ

1,50

1,30

1,10

Beanspruchungen aus gnstigen vernderlichen Einwirkungen

gQ

0

0

0

Beanspruchungen aus gnstigen stndigen Einwirkungen

b)

a)

Einschließlich stndigem und vernderlichem Wasserdruck b) Nur im Sonderfall nach 7.6.3.1 (3)P; Pfhle mit berwiegender Zugbeanspruchung bei gleichzeitig wirkenden Druck- und Zugkrften

GEO-3: Grenzzustand des Versagens durch Verlust der Gesamtstandsicherheit Stndige Einwirkungen

gG

1,00

1,00

1,00

Ungnstige vernderliche Einwirkungen

gQ

1,30

1,20

1,00

SLS: Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit g G ¼ 1; 00 fr stndige Einwirkungen bzw. Beanspruchungen g G ¼ 1; 00fr vernderliche Einwirkungen bzw. Beanspruchungen Anmerkung: In der Bemessungssituation BS-E werden nach DIN EN 1990 keine Teilsicherheitswerte angesetzt.

39

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau Tabelle 5. Teilsicherheitsbeiwerte fr geotechnische Kenngrçßen (in Anlehnung an Tabelle A 2-2 von DIN 1054:2009 (Entwurf April 2008))

Bodenkenngrçße

Formelzeichen

Bemessungssituation BS-P

BS-T

BS-A

HYD und UPL: Grenzzustand des Versagens durch hydraulischen Grundbruch und Aufschwimmen Lagesicherheit Reibungsbeiwert tan j, des drnierten Bodens und Reibungsbeiwert tan ju des undrnierten Bodens

g ’0 ; g ’u

1,00

1,00

1,00

Kohsion c, des drnierten Bodens und Scherfestigkeit cu des undrnierten Bodens

g c0 ; g cu

1,00

1,00

1,00

GEO-2: Grenzzustand des Versagens von Bauwerken, Bauteilen und Baugrund Reibungsbeiwert tan j, des drnierten Bodens und Reibungsbeiwert tan ju des undrnierten Bodens

g ’0 ; g ’u

1,00

1,00

1,00

Kohsion c, des drnierten Bodens und Scherfestigkeit cu des undrnierten Bodens

g c0 ; g cu

1,00

1,00

1,00

GEO-3: Grenzzustand des Versagens durch Verlust der Gesamtstandsicherheit Reibungsbeiwert tan j, des drnierten Bodens und Reibungsbeiwert tan ju des undrnierten Bodens

g ’0 ; g ’u

1,25

1,15

1,10

Kohsion c, des drnierten Bodens und Scherfestigkeit cu des undrnierten Bodens

g c0 ; g cu

1,25

1,15

1,10

Anmerkung: In der Bemessungssituation BS-E werden nach DIN EN 1990 keine Teilsicherheitswerte angesetzt. Tabelle 6. Teilsicherheitsbeiwerte fr Widerstnde (in Anlehnung an Tabelle A 2-3 von DIN 1054:2009 (Entwurf April 2008))

Widerstand

Formelzeichen

Bemessungssituation BS-P

BS-T

BS-A

STR und GEO-2: Grenzzustand des Versagens von Bauwerken, Bauteilen und Baugrund Bodenwiderstnde Erdwiderstand und Grundbruchwiderstand Gleitwiderstand

g R;e ; g R:v

1,40

1,30

1,20

g R;h

1,10

1,10

1,10

Pfahlwiderstnde aus statischen und dynamischen Pfahlprobebelastungen Spitzenwiderstand

gb

1,10

1,10

1,10

Mantelreibung (Druck)

gs

1,10

1,10

1,10

Gesamtwiderstand (Druck)

gt

1,10

1,10

1,10

Mantelreibung (Zug)

g s;t

1,15

1,15

1,15

gb; gs; g t

1,40

1,40

1,40

g s;t

1,50

1,50

1,50

Pfahlwiderstnde auf der Grundlage von Erfahrungswerten Druckpfhle Zugpfhle (nur in Ausnahmefllen)

40

Martin Ziegler

Tabelle 6 (Fortsetzung)

Widerstand

Formelzeichen

Bemessungssituation BS-P

BS-T

BS-A

Herausziehwiderstnde Boden- bzw. Felsngel

ga

1,40

1,30

1,20

Verpresskçrper von Verpressankern

ga

1,10

1,10

1,10

Flexible Bewehrungselemente

ga

1,40

1,30

1,20

GEO-3: Grenzzustand des Versagens durch Verlust der Gesamtstandsicherheit Scherfestigkeit siehe Tabelle A 2-2 Herausziehwiderstnde siehe STR und GEO-2

5.6

Weitere nderungen

5.6.1

Flachgrndungen

Flachgrndungen werden in Kapitel 3.1 des dritten Bandes des Grundbau-Taschenbuchs ausfhrlich behandelt. An dieser Stelle soll der Hinweis gengen, dass bei dem vereinfachten Nachweis die Tabellen fr den aufnehmbaren Sohldruck, die bisher charakteristische Werte enthielten, zuknftig Bemessungswerte enthalten werden. Die Beanspruchungen aus Grndungslasten, die als charakteristische bzw. reprsentative Werte bergeben werden, mssen daher bei dem vereinfachten Nachweis zunchst in Bemessungsbeanspruchungen berfhrt werden. 5.6.2

Pfahlgrndungen

Beim Vergleich der Teilsicherheitsbeiwerte fr Pfahlwiderstnde in Tabelle 6 mit den bisherigen Werten von DIN 1054 in Tabelle 3 fllt auf, dass diese deutlich geringer sind. Damit ist allerdings kein Absinken des bisherigen Sicherheitsniveaus verbunden, da andererseits bei der Festlegung der Pfahlwiderstnde andere und hçhere Streuungsfaktoren einzusetzen sind. Darauf wird ausfhrlich in Kapitel 3.2 des dritten Bandes ber Pfahlgrndungen eingegangen. Weitere Erluterungen und zustzliche Tabellen mit Erfahrungswerten der Pfahltragfhigkeit fr bislang noch nicht erfasste Pfahlsysteme finden sich in den Empfehlungen des Arbeitskreises „Pfhle"33).

33)

EA-Pfhle:2007

1.1 Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau

6

41

Zitierte Normen und Empfehlungen

DIN 1054:1976-1134)

Baugrund – Zulssige Belastung des Baugrunds.

DIN V 1054-100:1996-04

Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau – Teil 100: Berechnung nach dem Konzept mit Teilsicherheitsbeiwerten.

E DIN 1054:2000-12

Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau.

DIN 1054:2003-01

Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau.

DIN 1054:2005-01

Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau.

DIN 1054 Ber4:2008-06

Berichtigung 4 zu DIN 1054:2005-01.

DIN 1055-2:1976-02

Lastannahmen fr Bauten – Bodenkenngrçßen, Wichte, Reibungswinkel, Kohsion, Wandreibungswinkel.

DIN 1055-100:2001-03

Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 100: Grundlagen der Tragwerksplanung – Sicherheitskonzept und Bemessungsregeln.

DIN EN 1536:1999-06

Ausfhrung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Bohrpfhle.

DIN EN 1537:2001-01

Ausfhrung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Verpressanker.

DIN EN 1990:2002-10

Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung.

DIN V ENV 1991-1:1995-12

Eurocode 1: Grundlagen der Tragwerksplanung und Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1: Grundlagen der Tragwerksplanung, Deutsche Fassung ENV 1991-1:1994.

DIN EN 1991-1-1:2002-10

Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Trag-werke; Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau.

DIN V ENV 1991-2-1:1996-01 Eurocode 1: Grundlagen der Tragwerksplanung und Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 2-1: Einwirkungen auf Tragwerke; Wichten, Eigenlasten, Nutzlasten. DIN V-ENV 1997-1:1996-04

Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln.

DIN EN 1997-1:2005-10

Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln; Deutsche Fassung EN 1997-1:2004.

DIN EN 1997-2:2007-10

Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds; Deutsche Fassung EN 1997-2:2007.

DIN 4014:1990-03

Bohrpfhle – Herstellung, Bemessung und Tragverhalten.

DIN 4017:2006-03

Baugrund – Berechnung des Grundbruchwiderstands von Flachgrndungen.

34)

Alle DIN-Normen sind im Beuth-Verlag erschienen

42

Martin Ziegler

DIN 4020:2003-09

Geotechnische Untersuchungen fr bautechnische Zwecke.

DIN 4026:1975-08

Rammpfhle – Herstellung, Bemessung und zulssige Belastung.

E DIN 4084:2002-11

Baugrund – Gelndebruchberechnungen.

DIN 4085:2007-10

Baugrund – Berechnung des Erddrucks.

DIN 4149:2005-04

Bauten in deutschen Erdbebengebieten – Lastannahmen, Bemessung und Ausfhrung blicher Hochbauten.

DIN EN ISO 14688

Geotechnische Erkundung und Untersuchung – Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Bçden – Teil 1 und 2.

DIN 18196:2006-06

Erd- und Grundbau – Bodenklassifikation fr bautechnische Zwecke.

DIN EN ISO 22475-1:2007-01 Geotechnische Erkundung und Untersuchung – Probenentnahmeverfahren und Grundwassermessungen – Teil 1: Technische Grundlagen der Ausfhrung. DIN EN ISO 22476

Geotechnische Erkundung und Untersuchung – Felduntersuchungen – Teil 1 bis Teil 12.

EAB, 3. Auflage

Empfehlungen des Arbeitskreises „Baugruben“, Ernst & Sohn, 1994.

EAB, 4. Auflage

Empfehlungen des Arbeitskreises „Baugruben“, Ernst & Sohn, 2006.

EA-Pfhle

Empfehlungen des Arbeitskreises „Pfhle“, Ernst & Sohn, 2007.

EAU, 9. Auflage

Empfehlungen des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“ Hfen und Wasserstraßen, Ernst & Sohn, 1996.

EAU, 10. Auflage

Empfehlungen des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“, Hfen und Wasserstraßen, Ernst & Sohn, 2004.

EBGEO

Empfehlungen fr Bewehrungen mit Geokunststoffen, Ernst & Sohn, 1997.

7

Literatur

[1] Grnberg, J., Lohaus, L., Lierse, J. (Hrsg.): DIN 1045 Teil 1-3, Stahlbeton- und Spannbetontragwerke, Erluterungen und Anwendungen. Springer-Verlag, Januar 2002. [2] Kuntsche, K.: Geotechnik. Viewegs Fachbcher der Technik. Verlag Vieweg, 2000. [3] Ruppert, F.-R.: Bedeutung und Inhalt der Norm 4020 „Geotechnische Untersuchungen fr bautechnische Zwecke“, Ausgabe September 2003. In: BAW-Kolloquium „Neue Normen in der Geotechnik“, Leineschloss Hannover, 15. Mrz 2007. [4] Schuppener, B., Ruppert, F.-R.: Zusammenfhrung von europischen und deutschen Normen Eurocode 7, DIN 1054 und DIN 4020. Bautechnik (84), Heft 9, Verlag Ernst & Sohn, 2007. [5] Weißenbach, A.: Sicherheitsnachweise fr Bçschungen und Sttzbauwerke nach dem Teilsicherheitskonzept – Entwurf EN 1997-1 und Entwurf DIN 1054 neu. In: Fachveranstaltung Haus der Technik e. V. Essen, 23./24. 11. 2000. [6] Ziegler, M.: Geotechnische Nachweise nach DIN 1054, 2. Auflage. Verlag Ernst & Sohn, 2005.

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

1.2

43

Baugrunduntersuchungen im Feld Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

1

Grundlagen

1.1

Normen und Richtlinien

In der europischen Norm EN 1997 Teil 1 (s. a. Kapitel 1.1) befasst sich der Abschnitt 3 u. a. mit den Baugrundaufschlssen. Dort wird verlangt, dass Felduntersuchungen nach international anerkannten Standards und Empfehlungen auszufhren sind; bezglich der Anforderungen an die Planung sowie allgemeine Gerte- und Versuchsdurchfhrungen von Labor- und Feldversuchen wird auf EN 1997-2 verwiesen. Die angesprochenen Felduntersuchungen sollen außer bodenmechanischen Aufschlssen auch ingenieurgeologische und hydrogeologische Erkundungen – auch unter umweltrelevanten Aspekten – einbeziehen, wobei sich der Umfang der Untersuchung an den geotechnischen Kategorien (s. Kapitel 1.1 und 3.3) des Bauvorhabens orientieren sollte. Wichtig ist auch die Forderung, dass der Umfang der Baugrunderkundung auch nach Baubeginn zu ergnzen ist, wenn zu Tage tretende neue Umstnde das erfordern. Allgemein muss eine Baugrunduntersuchung alle Daten beschaffen, die fr die Festlegung der vom jeweils betrachteten Baugrund-Bauwerk-System abhngigen charakteristischen Baugrundkenngrçßen (s. Kapitel 1.1 und 3.4.1) erforderlich sind und fr eine Bauwerksplanung oder die Gewinnung von Baustoffen relevant sein kçnnen. Zu den relevanten Normen bzw. Normengruppen gehçren: EN 1997-2

Geotechnical Design – Part 2: Ground investigation and testing DIN EN 1997-2). DIN 4020 Geotechnische Untersuchungen fr bautechnische Zwecke. DIN 4020 Ergnzende Regelungen zu DIN EN 1997-2. EN ISO 22475 Geotechnical investigation and testing – Sampling methods and groundwater measurements – Part 1-3. EN ISO 22476 Geotechnical investigation and testing – Field testing – Part 1-12. DIN 4094-2 Baugrund – Felduntersuchungen – Teil 2: Bohrlochrammsondierung. ISO 14688 Geotechnical investigation and testing – Identification and classification of soil – Part 1-2. ISO 14689-1 Geotechnical investigation and testing – Identification and classification of rock – Part 1: Identification and description. DIN 4023 Baugrund- und Wasserbohrungen; Zeichnerische Darstellung der Ergebnisse. DIN 4030 Beurteilung betonangreifender Wsser, Bçden und Gase (2 Teile). Fr den Anwender in Deutschland sind die fr die Planung sowie die Interpretation und Bewertung maßgebenden Richtlinien in dem DIN-Normenhandbuch zu DIN EN 1997-2, 2007 und DIN 4020, 2009 zusammengefasst. Dieser enthlt im Wesentlichen DIN EN 1997-2, den dazu gehçrenden Nationalen Anhang (DIN EN 1997-2-NA-1), der die Anwendung soweit erforderlich kommentiert, die DIN 4020, die diejenigen nationalen Normen

44

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

behandelt, die die DIN EN 1997-2 nicht enthlt, die aber fr Deutschland gltig sind (s. Kapitel 1.1 und 1.2). bersichten ber die europischen und internationalen Normen und ihre Unterschiede zu den deutschen Normen sind u. a. in [1–7] enthalten. Auf das Zusammenwirken von EN 1997 sowie der Normengruppe EN ISO 22476 etc. wird im Folgenden nher eingegangen. Der Anwendungsbereich von EN 1997-2 ist wie folgt definiert: EN 1997-2 soll in Verbindung mit EN 1997-1 angewandt werden und stellt folgende ergnzende Regeln auf: – Planung von Baugrunduntersuchungen und Berichterstattung; – Allgemeine Anforderungen fr eine Reihe von allgemein angewandten Labor- und Feldversuchen; – Auswertung und Interpretation von Versuchsergebnissen; – Ableitung von geotechnischen Kenngrçßen und Koeffizienten. Weiterhin werden einige Beispiele fr die Anwendung von Ergebnissen aus Feldversuchen gegeben. Damit sind auf der einen Seite die Versuchsnormen (z. B. EN ISO 22476 fr Feldversuche) mit EN 1997-2 verbunden. Auf der anderen Seite ist EN 1997-2 an EN 1997-1 gebunden, da EN 1997-2 den Input fr die Bestimmung der charakteristischen Werte geotechnischer Kenngrçßen und Koeffizienten nach EN 1997-1 liefert, die letzendlich in die entsprechenden Bemessungsverfahren Eingang finden (Bild 1). Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Normen und ihren Ergebnissen (Bild 1) lsst sich anhand eines konkreten Beispiels verdeutlichen. Aus dem Feldprotokoll bzw. Versuchsbericht einer oder mehrerer Drucksondierungen, die nach EN ISO 22476-1 durchgefhrt

Bild 1. Zusammenhnge der verschiedenen Normen und ihrer Ergebnisse (nach EN 1997-2)

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

45

wurden, ergibt sich als Ergebnis (z. B. F2 in Bild 1) der Verlauf des Spitzenwiderstands qc in Abhngigkeit von der Untersuchungstiefe. EN 1997-2 untersttzt die Ermittlung des mittels Korrelationen, Theorie oder Erfahrungen (C1 in Bild 1) abgeleiteten Wertes (derived value) des Winkels des Scherwiderstands j' aus qc (z. B. fr einen grobkçrnigen Boden) und dessen Verlauf mit der Untersuchungstiefe. Wichtig ist hierbei, dass j' aus dem Verlauf von qc mit der Untersuchungstiefe Wert fr Wert ermittelt wird, da es sich bei den Korrelationen zwischen qc und j' in der Regel um nichtlineare Beziehungen handelt. Der umgekehrte Weg, nmlich den Mittelwert von qc zuerst und danach daraus j' zu ermitteln, ist nur bei absolut homogenen Bodenschichten zulssig. Unter Bercksichtigung des Systems Bauwerk – Baugrund (Grenzzustand, Bauwerksgeometrie, Belastung, Verformungsempfindlichkeit etc.) werden danach gemß EN 1997-1 die charakteristischen Werte (characteristic values) von j' festgelegt. Diese dienen als Eingangswerte fr entsprechende Berechnungsverfahren. Dort fhren sie je nach verwendetem Sicherheitskonzept, z. B. durch Anwendung von Teilsicherheitsfaktoren, zu Bemessungswerten (design values) (Bild 1). Nhere Hinweise zur Ermittlung charakteristischer Werte sind z. B. in EN 1997-1, 2.4.5, [4, 5] sowie in den Kapiteln 1.1 und 3.4.1 enthalten. In anderen Fllen von Versuchen ist es nach den gleichen Prinzipien der EN 1997-1 mçglich, Versuchsergebnisse (test values) unmittelbar ber entsprechende charakteristische Werte in Berechnungsverfahren einzufhren. Ein Beispiel hierfr ist der aus dem Pressiometer von Mnard ermittelte Grenzdruck pLM. Hier wird der charakteristische Wert unmittelbar aus dem Verlauf von pLM mit der Untersuchungstiefe in Abhngigkeit des Systems Bauwerk – Baugrund bestimmt und in speziell auf dieses Verfahren geeichte halbempirische Bemessungsverfahren eingefhrt. Wichtig bleibt festzuhalten, dass es gemß EN 1997-1 grundstzlich nicht zulssig ist, charakteristische Werte geotechnischer Kenngrçßen in Normen festzuschreiben, da sie jeweils in Abhngigkeit von den Gegebenheiten eines bestimmten Projekts (System Bauwerk – Baugrund) ermittelt werden mssen.

1.2

Voruntersuchung

Voruntersuchungen sind erforderlich um zu entscheiden, ob eine Baumaßnahme im Hinblick auf die Baugrundverhltnisse an einer bestimmten Stelle berhaupt mit vertretbarem Aufwand auszufhren sein wird und welche technischen und wirtschaftlichen Anforderungen fr die Grndungskonzeption, die Konstruktion und die Baudurchfhrung gegebenenfalls zu beachten sein werden. In Deutschland sind derartige Voruntersuchungen z. B. Grundlage von Planfeststellungsverfahren. Das bedeutet, dass die Ergebnisse einer Voruntersuchung auch darber Auskunft geben mssen, mit welchen Auswirkungen in der Umgebung des Bauplatzes und mit welchen Umwelteinflssen zu rechnen sein wird oder in welchem Umfang der Untergrund (z. B. durch Ankerungen) im Umfeld des Bauvorhabens beansprucht werden darf oder kann. Der Umfang dieser Voruntersuchungen hngt von den verfgbaren Vorinformationen ab, die – insbesondere in dicht besiedelten Gebieten – in Form von geologischen Karten, Baugrundkarten, Baugrundgutachten im nheren Umfeld, Luftbildaufnahmen (wichtig z. B. fr die Erfassung von Kriegsfolgelasten), hydrogeologischen und geochemischen Befunden, historischen Erkenntnissen (verfllte Hohlrume, Steinbrche, Luftschutzstol-

46

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

len, Kavernen, Dolinen, alte Rutschungen oder Kriechbçschungen, Bergbauaktivitten u. a. m.) usw. vorliegen kçnnen. In allen anderen Fllen mssen die Baugrund- und Wasserverhltnisse zumindest in einem grob angelegten Raster ermittelt werden. Hydrologische Daten sollten fr einen signifikanten Zeitraum, mindestens aber ein volles Jahr, zur Verfgung stehen. Das gleiche gilt fr meteorologische Daten bei Baumaßnahmen im offenen Wasser. Voruntersuchungen von Boden und Fels fr Zwecke der Baustoffgewinnung sollen klren, ob, wo und in welchem Umfang geeignetes Material in wirtschaftlicher Entfernung vorhanden ist.

1.3

Hauptuntersuchung

Die Hauptuntersuchungen im engeren Sinne werden in diesem Kapitel behandelt. Sie bestehen aus • der Durchfhrung von Schrfen, Bohrungen und Sondierungen und anderer Versuche zur Bestimmung abgeleiteter Werte von geotechnischen Kenngrçßen; • der Ermittlung des Schichtenverlaufs und aller relevanten geologischen und geotechnischen Eigenschaften von Boden und Fels, d. h. das Baugrundmodell, das fr den Entwurf, die Ausschreibung, die Durchfhrung und Kontrolle einer Baumaßnahme, fr die geotechnisch bedingte berwachung eines Bauwerks oder fr die Beurteilung des Materials als Baustoff bençtigt wird; • der Feststellung von mçglichen Behinderungen des Ablaufs der Grndungsmaßnahme; • der Gewinnung von Bodenproben aus Schrfen oder Bohrungen, insbesondere von Sonderproben fr Laborversuche zur Bestimmung geotechnischer Kenngrçßen, sowie von Wasserproben. Zu den Felduntersuchungen im weiteren Sinne, die u. U. auch im Rahmen der Hauptuntersuchungen durchgefhrt werden, gehçren: • geohydrologische Feldversuche wie Pumpversuche, Wasserdruckversuche (EN ISO 22282 – Part 1-6); • Probebelastungen von Grndungselementen wie z. B. Flachfundamenten (PLT; ENV ISO 22476-13), Pfhlen (EN 1997-1, 7) oder Ankerungen (EN 1997-1, 8), die hier nicht behandelt werden; • Setzungs- und Verformungsmessungen, die im Kapitel 1.11 behandelt werden. Ergnzend sei auf EN 1997-2 und DIN 4020 sowie auf einschlgige Literatur verwiesen (siehe z. B. [8–13]). Bei der Planung der Baugrunderkundung und der Auswahl der Versuche liegt es in der Hand des geotechnisch erfahrenen Ingenieurs, die jeweils beste technisch/wirtschaftliche Auswahl an Versuchen, Versuchsgerten oder eine intelligente Kombination verschiedener geotechnischer und geophysikalischer Verfahren (siehe z. B. [14]) gepaart mit geologischer Erfahrung vorzunehmen. Es ist nicht immer das „beste“ Versuchsgert, das unter gegebenen Randbedingungen und Umstnden die sachgemßeste Lçsung gewhrleistet. So gibt Tabelle 1 ein Beispiel fr eine vereinfachte bersicht ber die Anwendbarkeit von Methoden fr Felduntersuchungen (s. a. Abschnitte 2 bis 4), aus deren Ergebnissen sich u. a. geotechnische Kenngrçßen der Scherfestigkeit und Zusammendrckbarkeit bestimmen lassen.



C1 F1





Felsart

Schichtenverbreitungb)

Grundwasserspiegel

Porenwasserdruck

C1 F1

C1 F1

Korngrçße

Wassergehalt

Geotechnische Eigenschaften

C1 F1

Kategorie A

Bodenart

Allgemeine Information

Untersuchungsverfahrena)

C2 F1

C1 F1





C1 F1



C1 F1

Kategorie B

Kategorie C C3 F3





C3 F3



C2 F2

Kategorie A R1

R1





R1

R1



Fels

R1

R1





R1

R1



Kategorie B

Boden

Kategorie C –

R2





R2

R2



CPT & CPTU

Pressiometer cÞ

C2 F2

C2







F3



C2 F2

C2 F2

R3 e) C1 F1

C2 F2

C2 F2



RDT Flexible Dilatometer SDT –







R3

R2











C3 F3

C3 F3

Mçgliche Ergebnisse

Seitendruckger¨at BJT –



R3 C3 F3

R3

C2 F2

SPT dÞ C2 F2

C2 F1





C2 F2



C2 F1









C1 F2



C3 F3

DPL=DPM

DPH=DPSH –







C1 F2



C3 F3

WST –







F2





FVT –





















C2 F1



C2 F2

Grundwassermessungen















R2 C1 F2 R1 C1 F1

R2 C1 F2 R1 C1 F1







Offenes System

Feldversuche

Geschlossenes System

Probenentnahme

DMT

Tabelle 1. Beispiel fr eine vereinfachte bersicht ber die Anwendbarkeit von Felduntersuchungen a) der Abschnitte 2 bis 4 (in Anlehnung an EN 1997-2)

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

47







C2 F1

Zusammendrckbarkeit C2 F1

C2 F1

C1 F1

Scherfestigkeit

Durchlssigkeit

Chemische Versuche

F1

Kategorie C –













Kategorie A R1

R1

R1

R1

R1



R1







R1













Kategorie C –

CPT & CPTU –

C3 F2

C1 F2

C2 F1

C2 F2



Pressiometer cÞ –





R1







F1







RDT Flexible Dilatometer SDT –



C1 F1 R1e)

-

Seitendruckger¨at BJT

Eignung: R1 gut in Fels C1 gut in grobem Boden* F1 gut in feinem Boden * – nicht geeignet * Hauptbodengruppen „grob“



F3

C1 F1

C1 F1



F2

SPT dÞ –





DPH=DPSH –



C2 F2

C2 F3

C2





C2

C2





WST







F1





und „fein“ nach ISO 14688-1

R2 mßig in Fels C2 mßig in grobem Boden F2 mßig in feinem Boden

C2 F2



C2 F2

C2 F2 –

C2 F3

C2

C2 F3

C2 F2

FVT

Anmerkung: In Abhngigkeit vom Baugrund (wie Bodenart, Grundwasserverhltnisse) und dem geplanten Entwurf wird sich die Auswahl der Untersuchungsverfahren ndern und kann von dieser Tabelle abweichen.

Legende a) siehe Abschnitte 2–4 fr die Bezeichnungen b) in horizontaler und vertikaler Richtung c) abhngig vom Pressiometer-Typ d) unter der Annahme, dass eine Probe entnommen werden kann. e) nur fr weichen Fels

C1 F1

C3 F3

F1

C2 F1

Dichte

Kategorie A

Atterberg-Grenzen

Untersuchungsverfahrena)

Kategorie B

Fels

Kategorie B

Boden

DPL=DPM

Feldversuche



DMT





C2 F3











C2 F2







R3 wenig in Fels C3 wenig in grobem Boden F3 wenig in feinem Boden





C2 F1

C2 F1

C2 F2

Grundwassermessungen

Offenes System

Probenentnahme

Geschlossenes System

Tabelle 1 (Fortsetzung)

48 Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

49

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

1.4

Berichterstattung

Die o. a. Zusammenhnge zwischen den Normen spiegeln sich auch in der Berichterstattung hier am Beispiel von EN ISO 22476 wider (Tabelle 2). Tabelle 2. Berichterstattung im Rahmen der Normen

Stufe

Norm bzw. Normengruppe

Bericht

1

EN ISO 22476

Versuchsbericht

2

EN 1997-2

Geotechnischer Untersuchungsbericht

3

EN 1997-1

Geotechnischer Entwurfsbericht

Der Feld- bzw. Laborbericht (Stufe 1) enthlt im Wesentlichen die Dokumentation der Versuchsergebnisse einschließlich der Feldprotokolle (bei Laborversuchen: Versuchsprotokoll), die in den geotechnischen Untersuchungsbericht (Stufe 2) eingehen. Die Versuche und die Ergebnisse mssen so dokumentiert werden, dass sie jeder Zeit von Dritten nachvollzogen werden kçnnen. Die Feldprotokolle mssen die Unterschrift des Gertefhrers und der Versuchsbericht die des Verantwortlichen fr das Projekt enthalten. Der Hauptbestandteil des geotechnischen Untersuchungsberichts in Stufe 2 ist die eigentliche Baugrundbeschreibung (geotechnisches Modell), die zusammen mit dem geologischen Modell in das eigentliche Baugrundmodell eingeht [15]. Hierfr ist berwiegend eine sachkundige Interpretation erforderlich, da z. B. die rumliche Zuordnung der punktfçrmigen Aufschlsse aus Stufe 1 in der Darstellung des Schichtenverlaufs herstellt werden muss. Der Bericht sollte u. a. folgende Punkte enthalten: – die zusammenfassende Darstellung der Untersuchungsergebnisse und der eingesetzten Methoden unter Bezugnahme auf die EN ISO-Versuchsnormen (s. Stufe 1); – die ausfhrliche beschriebene Auswertung der Ergebnisse einschließlich ihrer kritischen Wrdigung; – die sich aus der Auswertung ergebenden abgeleiteten Werte (derived values) geotechnischer Kenngrçßen und/oder Koeffizienten einschließlich der benutzten Korrelationen etc. und ihrer Quellen. Zustzlich muss der geotechnischer Untersuchungsbericht gegebenenfalls darauf hinweisen, wenn unvollstndige oder fragliche Versuchsergebnisse vorliegen. In einem solchen Fall mssen zustzliche und/oder spezielle Untersuchungsprogramme vorgeschlagen werden. EN 1997-2 verweist darauf, dass derartige Hinweise bereits whrend der Untersuchungsphase (Stufe 1) gegeben werden mssen, wenn Untersuchungsziele (z. B. die Untersuchungstiefe) nicht erreicht werden. Im deutschsprachigen Raum ist es zum Teil blich, dass der geotechnische Untersuchungsbericht vorlufige Vorschlge fr die Grndung enthlt. In jedem Fall muss der Bericht Name und Unterschrift des fr das Projekt verantwortlichen Fachmanns tragen. Der geotechnische Entwurfsbericht (Stufe 3), auf den hier im Einzelnen nicht nher eingegangen werden soll, enthlt schließlich die Schlussfolgerungen, die aus dem geotechnischen Untersuchungsbericht gezogen werden (z. B. charakteristische Werte geotechnischer Kenngrçßen), sowie die Berechnungen zum Grndungsvorschlag. Dabei ergibt sich das Ergebnis aus einer Betrachtung des Gesamtsystems Bauwerk - Baugrund.

50

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

2

Baugrundaufschluss durch Schrfe, Bohrungen und Probenentnahmen

2.1

Allgemeines

Probenentnahmen im Boden sind eine notwendige Ergnzung zu anderen Baugrunduntersuchungen wie z. B. zu Sondierungen, um zusammen mit dem geologischen Modell ein korrektes Bild vom Baugrundmodell zu erhalten. Die Notwendigkeit fr Probenentnahmen variiert mit den geologischen Verhltnissen und dem Ziel der Untersuchungen. Fr Voruntersuchungen gengt es hufig, Bodenarten durch Probenentnahmen zu identifizieren. Fr Hauptuntersuchungen mssen in der Regel reprsentative Proben fr Laboruntersuchungen entnommen werden. Im Fels werden abgesehen von den blichen Untersuchungen fr Grndungen, z. B. auf weichem oder geklftetem Fels, hufig Proben zur Charakterisierung des Baugrunds fr Kavernen- und Tunnelprojekte entnommen. Tabelle 1 gibt eine qualitative bersicht ber die Baugrundeigenschaften, die sich aus den Ergebnissen der Probenentnahme aus Boden und Fels als auch dem Grundwasser ermitteln lassen. Grundwasserproben werden fr geotechnische Zwecke in der Regel zur Untersuchung der Dauerfestigkeit von Baumaterial wie Beton, Stahl und Holz oder zur Bestimmung der Eignung des Wassers als Mischzusatz fr Baustoffe entnommen. Die Untersuchung der Grundwasserverhltnisse unter geotechnischen Gesichtspunkten ist z. B. fr Stabilitts- und Setzungsberechnungen aber auch fr den Entwurf von Baugruben, Drnagen und die Dauerfestigkeit von Pfhlen von Bedeutung. Durch Bohrungen kçnnen Boden-, Fels- oder Wasserproben auch aus grçßerer Tiefe entnommen und Untersuchungen in situ im Bohrloch durchgefhrt werden. Die Ausfhrung von Bohrungen wird von Grundwasser nicht entscheidend behindert; allerdings hat Letzteres einen gewissen Einfluss auf die Auswahl der zu verwendenden Probenentnahmegerte. Die Kleinbohrung (weniger als 80 mm Durchmesser) erfordert gegenber der normalen Bohrung einen geringeren Gerteaufwand; sie liefert allerdings im Allgemeinen nur kleine, hufig fr bodenmechanische Untersuchungen nicht brauchbare Proben. Eine Kombination von Kleinbohrungen mit Sondierungen hoher Qualitt kann z. B. in bestimmten Tonen alternativ eingesetzt werden. EN 1997-2 behandelt die Planung und Auswertung von Untersuchungen mit Probenentnahmen whrend EN ISO 22475-1 die technischen sowie die Durchfhrung und die Qualitt betreffenden Aspekte von Probenentnahmen und Grundwassermessungen beinhaltet. EN 1997-2 (Anhang B.3) gibt Richtwerte fr Rasterabstand (z. B. 20–40 m fr Hoch- und Industriebauten) und Tiefe von Aufschlssen fr einfache Bauwerke, großflchige Bauwerke (z. B. Industrieanlagen), Linienbauwerke (z. B. Verkehrswege), Sonderbauwerke (z. B. Brcken) und Staumauern, -dmme und -wehre an. Grundstzlich soll der Aufschluss alle Schichten erfassen, die durch das Bauwerk beansprucht werden (EN 1997-1, 3.2.3). Die Bezugsebene fr die Aufschlusstiefe ist die unterste Bauwerks- oder Bauteilflche bzw. die Aushub- oder Ausbruchsohle. In Fllen, in denen die Stabilitt von Bçschungen oder Einflsse auf Nachbarbauwerke zu bercksichtigen sind, mssen sich die Untersuchungen ber die eigentliche Bauwerksflche hinaus erstrecken. EN ISO 22475-1 ersetzt DIN 4021 und behandelt die Untersuchungen des Baugrunds durch Schrfe, Bohrungen und Probenentnahmen sowie die Entnahme von Grundwasserproben und Grundwassermessungen. Um die Qualitt der gesamten Operationen zu verbessern,

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

51

enthlt CEN ISO/TS 2275-2 Qualifikationskriterien fr Unternehmen und Personal. Weiterhin gibt CEN ISO/TS 22475-3 Hinweise fr die Erstellung von Konformittsbewertungen fr Unternehmen und Personal.

2.2

Bohrgerte und Ausrstung

Es wird eine große Anzahl an Bohr- und Entnahmegerten fr Boden und Fels angeboten, wie aus Anhang C von EN ISO 22475-1 ersichtlich ist. Die Ausrstung fr ein bestimmtes Projekt muss von ihrer Art und ihren Abmessungen so gewhlt werden, dass sie die erforderliche Qualitt sowohl fr die Bohrlochherstellung als auch fr die Probenentnahme besitzt. Die Bohrausrstung muss die Regelung und die Aufzeichnung mit der Tiefe folgender Bohrparameter erlauben: – – – – – – – – – – –

Drehmoment des Kraftdrehkopfes, Drehzahl der Bohrspindel, Bohrandruck und Zugkraft, Bohrgeschwindigkeit, Tiefe der Rammintervalle, topografische Tiefe, Abweichungsrichtung und Neigung bei Schrgbohrungen, gebohrte Lnge bei Schrgbohrungen, Spldruck am Auslass der Pumpe, Splrate, Splumsatz.

2.3

Allgemeine Anforderungen

Techniken und Methoden fr Probenentnahmen und Grundwassermessungen sollten entsprechend dem Zweck der Untersuchungen und den zu erwartenden geologischen und hydrologischen Bedingungen als auch entsprechend dem Umwelteinfluss der Operation auf die Umgebung ausgewhlt werden. Besonders die Entnahmetechnik muss den Anforderungen an Abmessungen und Gteklasse entsprechen, die fr die vorgesehenen Laboruntersuchungen gestellt werden. Allerdings ist es aufgrund von Stçrungen nicht immer mçglich, die gewnschte Gteklasse zu erreichen. Stçrungen der Proben kçnnen sein: – mechanische Stçrungen infolge Zusammendrckung, Abscheren, Splung oder Vibration whrend des Bohr- oder Entnahmevorgangs; – spannungsbezogene Stçrungen durch Entlastung der Probe von den ursprnglich im Baugrund vorhandenen Spannungsverhltnissen; – nderungen in der Material- und chemischen Zusammensetzung; – Umlagerung der Kçrner im Entnahmegert infolge grçßerer Kçrner an der Schneide. In dichten Bçden oder weichem Fels kann es schwierig sein, Proben ausreichender Gte zu entnehmen; in solchen Fllen ist zu erwgen, Schrfe oder Schchte anzulegen. Schrfe liefern hufig die besten Untersuchungsergebnisse, da Einzelheiten der Schichten und des Bodenzustands deutlich erkennbar sind und Proben hoher Qualitt entnommen werden kçnnen. Allerdings kann die Tiefe eines solchen Schurfs in hoch durchlssigen Bçden auf den Bereich oberhalb des Grundwasserspiegels beschrnkt sein, wenn eine

52

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Grundwasserabsenkung nicht mçglich ist. Um die Sohle des zuknftigen Bauwerks nicht zu beeintrchtigen, sollte ein Schurf außerhalb der beabsichtigten Fundamentsohle angelegt werden. Weiterhin mssen bei Arbeiten in Schrfen die nationalen Sicherheitsbestimmungen befolgt werden. So mssen die Untersuchungpunkte markiert und das Gelnde muss vorher auf Gefahrenquellen wie Leitungen, Blindgnger oder kontaminierten Untergrund untersucht werden. Vor Beginn der Untersuchungen ist ein detailliertes Versuchsprogramm mit Mçglichkeiten zu nderungen festzulegen, falls unerwartete Baugrundbedingungen vorgefunden werden. Das Programm muss auch solche Einzelheiten wie Beseitigung des Bohrlochs oder des Schurfs durch Verfllen unter Bercksichtigung der ursprnglichen Tragfhigkeit, der Grundwasserdurchlssigkeit und mçglicher Kontamination enthalten.

2.4

Aufschluss im Boden

2.4.1

Allgemeines

Gemß EN 1997-2, Tabelle 3.1, werden Bodenproben fr Laboruntersuchungen je nach Bodeneigenschaften, die bei der Probenentnahme und der anschließenden Behandlung (Transport etc.) unverndert geblieben sind, durch fnf Gteklassen gekennzeichnet. Die Gteklassen sind in Tabelle 3 beschrieben. Zweifelsohne hngt die Gteklasse der Probe fr Laborversuche, die mit einem bestimmten Probenentnahmeverfahren gewonnen wurde, von der Bodenart, aber auch stark von der Konstruktion des Entnahmegerts und der whrend der Entnahme, beim Transport, bei der Lagerung und im Labor aufgebrachten Sorgfalt ab. Diese Gteklassen 1 bis 5 waren Anfang der 1970er-Jahre erstmals in DIN 4021 eingefhrt worden. Gtemerkmal ist, welche Kenngrçßen und Eigenschaften an diesen Proben im Labor einwandfrei ermittelt werden kçnnen. Tabelle 3. Gteklassen von Bodenproben fr Laborversuche und anzuwendende Kategorien der Probenentnahme (nach EN 1997-2)

Bodeneigenschaften / Gteklasse

1

2

3

4

Unvernderte Bodeneigenschaften – Kornverteilung – Wassergehalt – Wichte, Lagerungsdichte, Durchlssigkeit – Zusammendrckbarkeit, Scherfestigkeit

· · · ·

· · ·

· ·

·

Eigenschaften, die ermittelt werden kçnnen – Schichtenfolge – Schichtgrenzen starke Schichten – Schichtgrenzen feine Schichten – Atterbergsche Grenzen, spezifisches Gewicht, organischer Anteil – Wassergehalt – Wichte, Lagerungsdichte, Porenvolumen, Durchlssigkeit – Zusammendrckbarkeit, Scherfestigkeit

· · · · · · ·

· · · · · ·

· · · ·

· · ·

Zu verwendendes Entnahmeverfahren (Kategorie)

5

·

A B C

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

53

Proben der hçchsten Gteklasse (Klasse 1) enthalten alle genannten Eigenschaften des Bodens mçglichst unverndert; Proben der niedrigsten Gteklasse (Klasse 5) sind hinsichtlich Beschaffenheit und Zusammensetzung vçllig verndert und lassen lediglich noch Rckschlsse auf die Schichtenfolge zu. Mit der Einfhrung dieser Gteklassen soll die Wahl eines geeigneten Bohr- und Entnahmeverfahrens fr den Einzelfall erleichtert werden, denn es sind nur Proben derjenigen Gteklasse erforderlich, die eine einwandfreie Bestimmung der verlangten Kenngrçßen ermçglichen. Allerdings muss bedacht werden, dass es nicht mçglich ist, in allen Bçden Proben der gewnschten Gteklasse zu erhalten. Der Nachteil der Gteklassen ist, dass ein Auftraggeber sie nicht als Spezifikation in einer Ausschreibung benutzen kann, um unter Bercksichtigung der erforderlichen Probenqualitt entsprechende Probenentnahmegerte festzuschreiben. Daher hat bereits ENV 1997-3 die Gerte danach kategorisiert, wie sie konstruiert wurden, um mçglichst eine bestimmte Probenqualitt zu erreichen. Dementsprechend wurden die folgenden drei Entnahmekategorien definiert, die dann in EN ISO 22475-11) und EN 1997-2 bernommen wurden: • Kategorie A: Mit diesen Verfahren wird beabsichtigt, Proben zu erhalten, in denen whrend des Entnahmevorgangs und der Behandlung der Proben keine oder nur leichte Stçrungen der Bodenstruktur auftreten. Wassergehalt und Porenvolumen des Bodens entsprechen dem Zustand in situ. Eine nderung der Bestandteile oder der chemischen Zusammensetzung sollte nicht stattfinden. Proben der Gteklassen 1 und 2 kçnnen nur bei Einsatz dieser Methoden erreicht werden. • Kategorie B: Bei diesen Verfahren enthalten die Proben alle Bestandteile des Bodens in situ mit ihren ursprnglichen Anteilen; der Boden behlt seinen natrlichen Wassergehalt. Die allgemeine Anordnung der verschiedenen Schichten oder Bestandteile des Bodens kann identifiziert werden. Die Struktur des Bodens wird gestçrt. Bei Einsatz dieser Methoden kçnnen keine Proben einer hçheren Gteklasse als 3 gewonnen werden. • Kategorie C: Hierbei wird die Struktur des Bodens vçllig verndert. Die allgemeine Anordnung der Schichten oder Bestandteile des Bodens wird verndert, sodass die Schichten in situ nicht genau identifiziert werden kçnnen. Der Wassergehalt der Probe ist mçglicherweise nicht reprsentativ fr den natrlichen Wassergehalt der Bodenschicht, aus der die Probe entnommen wurde. Bei Einsatz dieser Methoden kçnnen keine Proben einer hçheren Gteklasse als 5 gewonnen werden. In Tabelle 3 ist festgelegt, welche der drei Kategorien A, B oder C der Probenentnahmeverfahren zum Einsatz kommen sollte, um entsprechenden Gteklassen fr Laboruntersuchungen zu erreichen. Es ist auch ersichtlich, dass fr eine gegebene Entnahmekategorie die erreichbare Gteklasse stark vom Bodenzustand und von der Bodenart abhngen wird. Das bedeutet z. B., dass es selbst mit einem Entnahmegert der Kategorie A kaum mçglich sein wird, eine Probe von einer besseren Gteklasse als 5 aus einer alluvialen Ablagerung aus Sand und Kies zu entnehmen. Natrlich wird ein kluger Planer nicht verlangen, dass ein solches relativ teures Gert in einer solchen Ablagerung eingesetzt wird. So gibt z. B. Tabelle 4 einige Hinweise darber, welche Entnahmemethoden bezglich ihrer Entnahmekategorie in welchen Bçden eingesetzt werden sollten.

1)

Der Ausdruck „erreichbar“ vor „Entnahmekategorie“, wie er in DIN EN ISO 22475-1 (z. B. Tabellen 2 und 5) benutzt wird, entspricht nicht der Definition der Entnahmekategorien (s. a. EN 1972-2). Er muss daher bei der nchsten Revision der DIN EN ISO 22475-1 gestrichen werden.

54

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Tabelle 4. Beispiele von Verfahren der Probenentnahme im Hinblick auf die Kategorien der Probenentnahme in verschiedenen Bçden (nach EN ISO 22475-1)

Bodenart

Anwendbarkeit hngt z. B. ab von

Probenentnahmeverfahren Kategorie A

Kategorie B

Kategorie C

Ton

Zhigkeit oder Festigkeit Empfindlichkeit Plastizitt

PS-PU OS-T/W-PUb) OS-T/W-PEa) OS-TK/W-PEa, b) CS-DT, CS-TT LS, S-TP, S-BB

OS-TW-PE OS-T/W-PE CS-ST HSAS ASa)

AS

Schluff

Zhigkeit oder Festigkeit Empfindlichkeit Grundwasseroberflche

PS OS-T/W-PUb) OS-TK/W-PEa, b) LS,S-TP

CS-DT, CS-TT OS-TK/W-PE HSAS

AS CS-ST

Sand

Korngrçße Dichte Grundwasseroberflche

S-TP OS-T/W-PUb)

OS-TK/W-PEb) CS-DT, CS-TT HSAS

AS CS-ST

Kies

Korngrçße Dichte Grundwasseroberflche

S-TP

OS-TK/W-PEa, b) HSAS

AS CS-ST

Organische Bçden

Grad der Zersetzung

PS OS-T/W-PUb) S-TP

CS-ST HAAS ASa

AS

Legende OS-T/W-PU

Offenes Entnahmegert, dnnwandig, eingedrckt OS-T/W-PE Offenes Entnahmegert, dnnwandig, schlagend eingebracht OS-TK/W-PE Offenes Entnahmegert, dickwandig, schlagend eingebracht PS Kolbenentnahmegert PS-PU Kolbenentnahmegert, eingedrckt LS Großes Entnahmegert a) b)

CS-ST Rotationskernbohrung, Einfachkernrohr CS-DT, CS-TT Rotationskernbohrung, Doppel- oder Dreifachkernrohr AS Schneckenbohrung HSAS Hohlschneckenbohrung S-TP Entnahmegert fr Proben aus Schrfen S-BB Entnahmegert fr Proben an der Bohrlochsohle

Kann nur unter sehr gnstigen Bedingungen eingesetzt werden. Fr Abmessungen im Detail siehe EN ISO 22475-1, Abschn. 6.4.2.3.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Dokumentation aller Entnahmenaktivitten whrend eines Projekts gemß EN ISO 22475-1,12 ußerst detailliert sein und von qualifiziertem Personal durchgefhrt werden muss (s. a. Abschn. 2.8). So mssen z. B. besondere Vorkommnisse, die die Probengte beeinflussen kçnnten, dokumentiert werden. Gemß EN ISO 22475-1 werden die Methoden der Probengewinnung wie folgt eingeteilt: – Gewinnung von Proben durch Bohrverfahren, – Probenentnahme mittels Entnahmegerten, – Entnahme von Blockproben. 2.4.2

Gewinnung von Proben durch Bohrverfahren

Diese Gruppe umfasst eine Reihe von Bohr- und Entnahmeverfahren wie Rotationsbohrungen, Rammbohr- und Rotationsrammbohrverfahren, Schlagbohrverfahren, pneumatische

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

55

Verfahren und greifende Verfahren. Die verwendeten Durchmesser betragen 30 bis 2000 mm. Die Bohrungen werden in der Regel verrohrt. Die Proben werden durch verschiedene Werkzeuge definierter Entnahmekategorie gewonnen, z. B. Kernrohre, Hohlbohrschnecke, Rammkernrohr oder Seil mit Bohrgreifer. Bohr- und Entnahmeverfahren mssen in Abhngigkeit von Bodenart, Grundwasserbedingungen und geforderter Entnahmekategorie ausgewhlt werden. EN ISO 22475-1, Tabelle 2 gibt eine entsprechende bersicht. Besondere Aufmerksamkeit erfordert der Fall, wenn Bohrwerkzeug und Entnahmegert unterhalb der Grundwasserspiegels gezogen werden, um hydraulischen Grundbruch im Bohrloch zu vermeiden. Die Gewinnung von Bodenproben durch Bohrverfahren hat im Allgemeinen folgende Vorteile durch die Mçglichkeiten – die durchfahrenen Bçden zu identifizieren und zu beschreiben; – die Grenzen verschiedener Bodenschichten und nderungen der Bodeneigenschaften zu erkennen; – zur Probenentnahme fr Laboruntersuchungen und die Nutzung der Bohrung fr Versuche in situ. 2.4.3

Probenentnahme mittels Entnahmegerten

Diese Gruppe von Entnahmegerten kann in Verbindung mit zahlreichen Bohrmethoden angewandt werden. Dabei werden Proben im ungestçrten Bereich des Bodens in der Nhe der Bohrlochsohle gewonnen. Wichtig ist, dass der Bohrvorgang den Bereich des Bodens ungestçrt lsst, in dem die Probe entnommen werden soll. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Gerten, die eingeteilt werden kçnnen in offene Entnahmegerte, Kolbenentnahmegerte, SPT-Entnahmegert und Schlitzentnahmegerte, bei dem die Probe seitlich aufgenommen wird. Normale Durchmesser liegen zwischen 35 und 250 mm. Offene und Kolben- Entnahmegerte werden in dnnwandige und dickwandige Gerte in Abhngigkeit vom Flchenverhltnis eingeteilt. Dabei wird das Flchenverhltnis durch die Flche des durch das Gert verdrngten Bodens und die Flche der Probe bestimmt (EN ISO 22475-1, Abschn. 3. 3. 11). Mit dnnwandigen Gerten kçnnen Proben hçherer Gteklassen gewonnen werden. Dagegen sind dickwandige Gerte robuster, besonders beim Einsatz in groben und dichten Bçden. In Abhngigkeit von der Dichte des Bodens werden die Gerte statisch oder dynamisch eingebracht. Beim Einsatz dieser Art von Gerten ist es erforderlich, die Sohle des Bohrlochs von gestçrtem Material zu subern bevor das Entnahmegert in das Bohrloch abgelassen wird. Die Gerte kçnnen mit Linern versehen werden, was aus folgendem Grund bevorzugt wird: die Qualitt der Probe bleibt bei der Entnahme aus dem Gert, whrend des Transports und bei der Aufbewahrung im Labor besser erhalten. Mit dnnwandigen Gerten lassen sich in Tonen und Schluffen Proben der Gteklassen 1 und 2 und der Gteklasse 3 in Sanden gewinnen. Proben, die mit den SPT- und Schlitzentnahmegerten entnommen werden, erreichen im Allgemeinen nur Gteklassen 4 oder 5. EN ISO 22475-1, Tabelle 3 gibt eine bersicht ber die verschiedenen Arten der Gerte, ihre technischen Daten und Einsatzmçglichkeiten sowie ihre Kategorisierung und die erreichbaren Gteklassen. 2.4.4

Entnahme von Blockproben

Blockproben kçnnen durch Probenentnahme z. B. in Schrfen oder unter Benutzung von Großprobenentnahmegerten gewonnen werden. In bindigen Bçden kçnnen Blockproben

56

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

von Hand oder mit Handsgen herausgeschnitten werden. Dagegen ist in Sanden Spezialgert wie z. B. Ausstechzylinder erforderlich (s. a. Abschn. 5.1), das von der Oberflche eingesetzt wird. Großproben (Durchmesser > 300 mm) werden aus grçßerer Tiefe mit Großprobenentnahmegerten wie dem Sherbrooke oder dem Laval-Entnahmegert gewonnen (EN ISO 22475-1, Anhang C.15). Bei der Entnahme von Blockproben oder beim Einsatz Großprobenentnahmegerten muss besonders darauf geachtet werden, dass – – – – –

gestçrter Boden oder Wasser von der Sohle vor der Entnahme entfernt wird, die Sohle vor Fremdwasser geschtzt wird, die Probe vor Sonneneinstrahlung, Wind oder Frost geschtzt wird, die Probe mit einer Schutzhaut versehen wird, die das Austrocknen verhindert, die Probe, falls erforderlich, vor dem Transport in das Labor stabilisiert wird.

2.5

Aufschluss im Fels

Die Techniken fr Probenentnahmen in Fels kçnnen in die folgenden Arten eingeteilt werden (EN ISO 22475-1, Abschn. 7.1.1): – durchgehende Probengewinnung, wobei vollstndige oder unvollstndige Kerne oder Bohrklein anfallen (EN ISO 22475-1, Abschn. 7.3); – Entnahme von Blockproben (EN ISO 22475-1, Abschn. 7.4); – ganzheitliche Probenentnahme, wobei in ein Bindemittel einzementierte Proben mit einer zentrischen Bohrung gewonnen werden (EN ISO 22475-1, Abschn. 7.5). In Tabelle 5 sind die beim Bohren und Probenentnahme im Fels erkennbaren Eigenschaften von Gestein und Gebirge aufgelistet. Es werden 15 felsmechanische Eigenschaften des Gesteins bzw. Gebirges genannt, die aus dem Bohrvorgang, den Bohrproben oder aus Untersuchungen im Bohrloch erkennbar bzw. nur unvollstndig oder nicht erkennbar sind. Auf Bohrungen im Fels sind die obigen Gteklassen fr Bçden (s. Abschn. 2.4.1) nicht anwendbar, da fr die Beurteilung felsmechanischer Eigenschaften andere Gesichtspunkte maßgebend sind, wie z. B. der Verwitterungsgrad, Klftigkeit, Trennflchenausbildung, Streichen und Fallen (s. EN 1997-1, Abschn. 3.3.2). Dagegen wird die Gte von Felsproben durch die folgenden Parameter beschrieben (EN ISO 22475-1, Abschn. 3. 3. 14): • Felsgte-Bezeichnung, RQD: die Summe der Lnge aller Kernstcke mit mindestens einem vollen Durchmesser, die zwischen den natrlichen Brchen 100 mm lang oder lnger sind, gemessen entlang der Mittellinie des Kerns und ausgedrckt in Prozent der Lnge des Kernmarsches. • Vollstndiger Kerngewinn, SCR: die Lnge des als feste Zylinder gewonnenen Kerns ausgedrckt in Prozent der Lnge des Kernmarsches. • Gesamt-Kerngewinn, TCR: die gesamte Lnge des gewonnenen Kernprobe (fest und gestçrt), ausgedrckt in Prozent der Lnge des Kernmarsches. hnlich den Kategorien der Entnahmegerte fr Bodenproben (s. Abschn. 2.4.1) werden fr die Gewinnung in Fels die folgenden Kategorien A, B, und C entsprechend den Konstruktionsmerkmalen der Entnahmegerte definiert (EN ISO 22475-1, Abschn. 7.2): • Kategorie A: Beim Einsatz dieser Verfahren wird beabsichtigt, Proben zu gewinnen, in denen whrend des Entnahmevorgangs und whrend der Behandlung der Proben keine oder nur eine leichte Stçrung der Felsstruktur auftritt. Festigkeits- und Verformungseigenschaften, Wassergehalt, Dichte, Porositt und Durchlssigkeit der Gesteinsprobe

Tabelle 5. Aus Bohrungen erkennbare Eigenschaften von Gestein und Gebirge (nach DIN 4021)

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

57

58

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

entsprechen den Werten in situ. Eine nderung der Bestandteile oder der chemischen Zusammensetzung des Gebirges findet nicht statt. • Kategorie B: Beim Einsatz dieser Verfahren ist beabsichtigt, dass die Proben alle Bestandteile des gewachsenen Gebirges in situ in ihren ursprnglichen Anteilen enthalten; die Gesteinsstcke haben ihre Festigkeits- und Verformungseigenschaften, Wassergehalt, Dichte und Porositt behalten. Die allgemeine Anordnung von Trennflchen im gewachsenen Gebirge kann identifiziert werden. Die Struktur des Gebirges und damit seine Festigkeits- und Verformungseigenschaften, Wassergehalt, Dichte, Porositt und Durchlssigkeit sind gestçrt. • Kategorie C: Hierbei wird die Struktur des Gebirges und seine Trennflchen vçllig verndert. Das Gestein ist mçglicherweise zerkleinert worden. Einige nderungen in den Bestandteilen oder in der chemischen Zusammensetzung des Gesteins kçnnen auftreten. Es ist mçglich, Gesteinsart und seine Matrix, Struktur und Gefge zu erkennen. In den Fllen der Entnahmekategorien A und B kçnnen gewisse unvorhersehbare Umstnde wie sich ndernde geologische Bedingungen zu niedrigen Probenqualitten fhren. Die Qualitt der Proben hngt zwangslufig nicht nur von der Qualitt des Gebirges in situ, sondern auch vom Gert ab, mit dem die Proben gewonnen werden sollen. EN ISO 22475-1, Abschn. 7 zeigt eine Reihe von Probenentnahmeverfahren auf, die mit ihren Eigenschaften in EN ISO 22475-1, Tabelle 5 zusammengefasst sind. Das Verfahren muss entsprechend der geforderten Entnahmekategorie sowie den geologischen und hydrologischen Bedingungen ausgewhlt werden. Die durchgehende Entnahme von Proben mittels Bohrverfahren ist die am meisten verbreitete Art der Gewinnung von Felsproben. Rotationstrockenkernbohrverfahren kçnnen bei weichem, erosionsanflligem und wasserempfindlichen Fels eingesetzt werden. Das Rotationskernbohrverfahren wird mit Einfach-, Doppel-, oder Dreifachkernrohren zum Teil versehen mit Linern und normalerweise unter Einsatz von Splung eingesetzt. Das Einfachkernrohr kann nur in konsolidierten Schichten eingesetzt werden. Dagegen eignen sich die beiden anderen fr den Einsatz in allen Gebirgsarten. Die Gewinnung von Bohrklein kann mit dem Splbohrverfahren gewonnen werden, wobei das Bohrklein mit einem Splmittel an die Oberflche gesplt wird und an der oberen ffnung der Bohrung entnommen wird. Blockproben kçnnen in Schrfen mit einer Diamantsge oder mit speziellen Entnahmegerten gewonnen werden. Blockprobenentnahmen werden normalerweise als Kategorie A eingestuft. Gemß EN ISO 22475-1, Tabelle 5 kçnnen den Entnahmekategorien verschiedene Rotationsbohrverfahren mit den entsprechenden Entnahmeverfahren wie folgt zugeordnet werden: • Kategorie A: Rotationskernbohrverfahren oder Seilkernbohrverfahren mit Doppel- oder Dreifachkernrohr. • Kategorie B: Rotationstrockenkernbohrverfahren oder Rotationskernbohrverfahren mit Einfachkernrohr oder ganzheitliche Probenentnahme. • Kategorie C: Splbohrverfahren mit Meißel, Rollmeißel oder Splbohrhammer. Fr die Auswahl des Verfahrens wird gefordert, dass sie im Einklang mit der gewnschten Probengte erfolgt, die fr die Klassifizierung des Fels und fr die durchzufhrenden Laborversuche erforderlich ist.

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

2.6

Aufschluss der Grundwasserverhltnisse

2.6.1

Allgemeines

59

Unter geotechnischen Gesichtspunkten, z. B. bei der Behandlung von Stabilitts- und Setzungsproblemen wie bei der Auslegung von Drnagen oder Aushben, ist es wichtig, die Grundwasserverhltnisse zu kennen. Ebenso ist die Haltbarkeit von Pfahlgrndungen sowohl von der Lage des Grundwasserspiegels als auch von der Grundwasserqualitt abhngig. Daher mssen die Lage des Grundwassers oder sein Druck und die Qualitt des Wassers untersucht werden. Da der Grundwasserspiegel sich mit der Zeit ndert, ist es hufig erforderlich, Messungen in gewissen Zeitabstnden vorzunehmen. In Bçden mit wechselnden Schichten kann sich der Grundwasserdruck von Schicht zu Schicht wegen wechselnder Durchlssigkeit ndern. In solchen Fllen kann es erforderlich sein, in mehreren Ebenen zu messen. Daher ist es in solchen Fllen ratsam, vor dem Einbau von Messeinrichtungen das Baugrundprofil im Hinblick auf Durchlssigkeit zu untersuchen. Verfahren zur Entnahme von Grundwasser und zur Messung der Grundwasserzustnde sind in EN ISO 22475-1, Abschn. 8 bis 10 geregelt. Art und Anordnung von Grundwassermessstellen mssen nach EN 1997-2 festgelegt werden. 2.6.2

Verfahren der Grundwasserprobenentnahme

Gemß EN ISO 22475-1, Abschn. 8 kann die Entnahme von Grundwasserproben fr folgende Zwecke durchgefhrt werden: – Bestimmung der Betonaggressivitt; – Bestimmung der korrosiven Eigenschaften; – Risikoeinschtzung fr unterirdische Drnagesysteme und Filter, z. B. bezglich Verstopfungsgefahr; – Identifizierung von nderungen der Grundwasserqualitt, z. B. infolge Baumaßnahmen; – Bestimmung der Brauchbarkeit als Mischzusatz fr Baustoffe, z. B. fr Beton. Es gibt eine Reihe von verschiedenen Techniken Grundwasserproben zu entnehmen beginnend mit einfachen Flaschen. Die Auswahl hngt vom Zweck der Untersuchung und den çrtlichen und geologischen Bedingungen am Ort der Untersuchung ab. Die meist benutzte Methode ist die Entnahme durch Pumpen, die angewandt werden sollte, wenn umgewlztes Wasser bençtigt wird. Das Entnahmegert fr Wasserproben wird eingesetzt, wenn die Probe aus einer bestimmten Tiefe entnommen werden soll. Vakuumflaschen kommen zum Einsatz, wenn das Wasser aus Bçden niedriger Durchlssigkeit abgesaugt werden muss. 2.6.3

Grundwassermessungen

Die Messung von Grçßenordnungen, nderungen und Schwankungen von Grundwasserstnden oder des Porendrucks werden mit Grundwassermessstellen durchgefhrt, die mit einem oder mehreren Piezometern ausgerstet sind. Die Messstellen sollten im Voraus unter Bercksichtigung der Baugrundbedingungen, vor allem der Durchlssigkeit der verschiedenen anstehenden Schichten geplant werden. Davon und vom Zweck der Untersuchung hngt die Anzahl der Messebenen ab. Normalerweise wird nur ein Piezometer in jedes Bohrloch einer Station installiert. Messungen kçnnen in offenen oder geschlossenen Systemen durchgefhrt werden. Bei der Anordnung mehrerer Messstellen bereinander in geklftetem Fels sollten diese durch Packer gegenber der ber dem Grundwasserstockwerk liegenden Schicht abgedichtet werden. Die Anwendung von offenen Standrohren ist nicht zu empfehlen, da Oberflchenwasser eindringen kann. Weitere Information ber die Planung und

60

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

1. 2. 3. 4. 5.

Abdichtung Filter Rohr Filterkies Anzeige

Bild 2. Beispiele von offenen Systemen (nach EN ISO 22475-1): a) offenes Standrohr, b) offenes Rohr mit Innenschlauch

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Druckwertmessgeber Strçmungsregler Druckzuleitung Rckleitung Splleitung Membran Messinstrument elektrischer Messwertgeber Filterspitze Filter

Bild 3. Beispiele fr geschlossene Systeme (nach EN ISO 22475-1): a) hydraulisches System, b) pneumatisches System, c) elektrisches System

Durchfhrung von Grundwassermessungen sind in EN 1997-2, Abschn. 3.6 enthalten. Einzelheiten zu Gerten, Einbau, Messungen und Dokumentation sind EN ISO 22475-1, Abschn. 9, 10 und 12.1 zu entnehmen. Fr die Darstellung selbst ist DIN 4023 maßgebend. Die grundstzliche Auslegung der verschiedenen Systeme, d. h. offene und geschlossene Systeme, ist in den Bildern 2 und 3 dargestellt. Bei offenen Systemen steht der Grund-

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

61

wasserstand im Standrohr oder im Innenschlauch in direkter Verbindung mit der Außenluft, womit der Wasserspiegel im Piezometer dem Grundwasserstand in der Filterzone entspricht. Bei geschlossenen Systemen ist ein Filter mit Spitze angebracht. Von dort wird der Porendruck zu einer mit Wasser gefllten Kammer und weiter zum Messinstrument bertragen. In Abhngigkeit von der Art des Messens, kommen verschiedene Messsysteme zum Einsatz: Hydraulische, pneumatische und elektrische Systeme. Fr die richtige Auswertung des Porendrucks ist es wichtig zu wissen, ob die Messungen in absolutem atmosphrischen Druck oder relativ zum vorhandenen atmosphrischen Druck protokolliert wurden.

2.7

Behandlung, Transport und Aufbewahrung der Proben

Alle Boden- und Felsproben mssen mit Sorgfalt behandelt werden, um nderungen in ihrer Struktur und ihren Eigenschaften zu vermeiden. Entsprechend muss mit Wasserproben umgegangen werden. Um die Boden- und Felsproben zu schtzen, mssen sie unmittelbar nach der Entnahme in wasser- und luftdichte Behlter verpackt werden, die direkt vor Ort beschriftet und nummeriert werden mssen. Die Beschriftung wie auch das Entnahmeprotokoll mssen folgende Informationen enthalten: Identifikation des Projektes sowie des Bohrloches, des Schurfs etc., die Kennzeichnung der Probe, die Entnahmekategorie und die Entnahmetiefe, bezogen auf einen Referenzpunkt. Die Proben mssen vor Sonne, Hitze, Frost und Regen geschtzt werden. Um Austrocknen zu vermeiden, kçnnen die Proben in Wasser oder in einer feuchten Hlle aufbewahrt werden. Die Proben mssen sobald wie mçglich zum Labor transportiert werden (Wasserproben tglich). Eine Kopie des Entnahmeprotokolls muss die Proben begleiten. Im Labor sollten die Proben in klimatisierten Rumen bei mçglichst gleicher Temperatur und Feuchtigkeit wie im Baugrund aufbewahrt werden. Weitere Einzelheiten ber Behandlung, Transport und Aufbewahrung sind EN ISO 22475-1, Abschn. 11 zu entnehmen.

2.8

Berichterstattung

2.8.1

Feldbericht

Am Untersuchungsort muss ein Feldbericht der Probenentnahmen und der Grundwassermessungen fr jedes Bohrloch erstellt werden, der im Allgemeinen Folgendes beinhalten muss: • Kopfblatt: durchfhrendes Unternehmen, Auftraggeber, Bezeichnung des Projekts, Nummer des Aufschlusses (Bohrloch, Schrfe etc.), Lage und Hçhe des Bohrlochs und des Grundwasserspiegels, eingesetztes Gert, Schwierigkeiten, welche die Ergebnisse der Untersuchungen beeinflusst haben kçnnten. • Bohrprotokoll: allgemeine Informationen wie im Kopfblatt, eingesetztes Gert und die Bohrdurchfhrung. • Probenentnahmeprotokoll: allgemeine Information wie oben, Beschreibung der eingesetzten Gerte und des Probenentnahmevorgangs, vorlufige Beschreibung von Bodenund Felsart, Ergebnisse von besonderen Versuchen an Wasserproben vor Ort, z. B. pH-Wert und Temperatur. • Schichtenverzeichnis: allgemeine Informationen wie oben, Bohrrichtung und Durchmesser, Entnahmeverfahren, vorlufige Bezeichnung und Beschreibung der Boden- und Felsproben nach ISO 14688-1 und ISO 14689-1.

62

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

• Verfllprotokoll: allgemeine Informationen wie oben, Verflldatum, Verfllmaterial und -verfahren. • Protokoll der Piezometerinstallation: allgemeine Information wie oben, Bezeichnung der Grundwassermessstation, Lage und Hçhe, Tiefe des Grundwasserspiegels und des Filters (Einbautiefe), Beschreibung des Einbaus der Gerte, Beobachtungen und Ablesungen whrend des Einbaus sowie vor und nach den Funktionsprfungen, Datum und Ergebnis der ersten Ablesung. • Protokoll der Grundwassermessungen: allgemeine Informationen wie oben einschließlich der Nummer des Piezometers, Zeit und Messwert jeder Messung, atmosphrischer Druck, wenn angebracht, berechnete Drcke, Kommentare zu Beobachtungen oder durchgefhrte berprfungen. Alle oben genannten Protokolle sowie der Feldbericht mssen den Namen und die Unterschrift des ausfhrenden qualifizierten Gertefhrers oder Technikers tragen. Weitere Informationen zum Feldbericht sind EN ISO 22475-1, Abschn. 12.1 zu entnehmen; Beispiele fr die Protokolle sind in den dazu gehçrenden Anhngen A und B enthalten. 2.8.2

Ergebnisbericht

Der Ergebnisbericht muss soweit zutreffend folgende wesentliche Informationen enthalten: – Feldprotokoll; – Schichtenverzeichnis und grafische Darstellung des Schichtenverzeichnisses nach ISO 14688-1 und ISO 14689-1; – grafische Darstellung des Bohrprotokolls; – grafische Darstellung des Verfllprotokolls; – grafische Darstellung der Grundwassermessstelle; – geotechnische Beurteilung der Gesamtergebnisse; – grafische oder numerische Darstellung der Ergebnisse der Grundwassermessungen; – Name und Unterschrift des verantwortlichen Fachmanns. Es sei darauf hingewiesen, dass die Berichterstattung fr die im Folgenden behandelten Feldversuche hnlich detailliert wie im vorhergehenden Fall aufgebaut ist und zu erfolgen hat (siehe dazu u. a. die Normenreihe EN ISO 22476).

3

Baugrundaufschluss durch Sondierungen

3.1

Allgemeines

Bei einer Sondierung wird eine dnne Stange in den Baugrund gedrckt, gerammt oder in einer bestimmten Tiefe um ihre Lngsachse gedreht. Aus der Grçße bzw. der nderung des Eindringwiderstands (Sondierwiderstands) mit der Tiefe kann z. B. auf die Festigkeit einer Schicht bzw. auf einen Schichtwechsel geschlossen werden. Diese Art von Sondierungen gehçrt im Gegensatz zu dem Schurf, dem Untersuchungsschacht und -stollen sowie zu den Bohrungen zu den indirekten Aufschlssen, d. h. eine Inaugenscheinnahme oder Probenentnahme ist im Allgemeinen nicht mçglich. Sondierungen sind indirekte Untersuchungen, die stets durch direkte Aufschlsse (z. B. Schlsselbohrungen mit entsprechenden Probenentnahmen) zur Ansprache des Baugrunds

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

63

ergnzt werden mssen, weil der Messwert „Sondierwiderstand“ allein keinen Rckschluss auf die Bodenart zulsst. Allerdings kann das Sondierdiagramm auch als Untersttzung zur Auswahl der Tiefen dienen, in denen entsprechende Bodenproben entnommen werden mssen. Auch die Ableitung geotechnischer Kenngrçßen aus Sondierergebnissen darf nicht unkritisch gesehen werden. Alle diesbezglichen Untersuchungen hatten und haben zum Ziel, gesicherte Beziehungen zwischen Sondierwiderstand einerseits und geotechnischen Kenngrçßen andererseits, wie z. B. Kohsion, Winkel des Scherwiderstands, Steifemodul entweder direkt oder indirekt ber Konsistenz, Lagerungsdichte etc. sowie unmittelbare Anstze zur Tragfhigkeit von Grndungselementen wie Pfahlmantelreibung, Pfahlwiderstand, herzuleiten. Die Aussagegenauigkeit ist aber z. B. wegen sich berlagernden Einflssen stets – mçglichst untersttzt durch çrtliche Erfahrung – kritisch zu berprfen. So kann z. B. der Sondierwiderstand in einem bindigen Boden unter der Sondenspitze selbst ziemlich konstant sein, aber andererseits durch Mantelreibung am Gestnge erhçht werden. Selbst in nichtbindigen Bçden kçnnen Interpretationsschwierigkeiten auftreten. So ist der Sondierwiderstand hier nicht nur von der Lagerungsdichte, sondern zustzlich auch von der Ungleichfçrmigkeit bzw. Verdichtbarkeit abhngig. Ohne Kenntnis der Korngrçßenverteilung bzw. der lockersten und dichtesten Lagerung ist in diesem Fall eine quantitative Aussage z. B. ber die Lagerungsdichte nur bedingt mçglich [16–22]. Besonders in nichtbindigen Bçden mit schluffigen Beimengungen kann der Eindringwiderstand hçher sein als der der tatschlichen Lagerungsdichte entsprechende. In kiesigen Bçden treten hufig infolge steiniger Einlagerungen Spitzenwerte des Eindringwiderstands auf; diese Werte mssen fr die Bewertung geotechnischer Kenngrçßen ausgeschlossen werden. Die verbreitete Anwendung von Sondierungen in der Praxis, aber auch zahlreiche Forschungsarbeiten haben mit der Zeit in gertetechnischer Hinsicht zu Verbesserungen und hinsichtlich der Zuordnung des Sondierwiderstandes des zu geotechnischen Kenngrçßen auch zu gesicherten Beziehungen gefhrt, die bei vergleichbaren Verhltnissen reproduzierbare Aussagen zulassen (siehe z. B. [23–27]). Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass alle im Folgenden aufgefhrten Mçglichkeiten zur Ableitung geotechnischer Kenngrçßen etc. im Einklang mit EN 1997-2 lediglich Beispiele sind, die nur fr die jeweils untersuchten Bedingungen (Bçden etc.) gelten, da allgemeingltige Aussagen nicht mçglich sind. Daher muss es als unzulssig angesehen werden, z. B. eine fr alle Sande oder gar alle Sande und Kiese allgemeingltige Beziehung zur Ermittlung der Lagerungsdichte verbindlich festzulegen. Weiterhin muss die Art und Herkunft der einzelnen Beispiele beachtet werden. So basieren z. B. alle im Folgenden im Zusammenhang mit Ramm- und Drucksondierungen sowie mit dem Standard Penetration Test angegebenen Beziehungen aus EN 1997-2 auf deterministischen Festlegungen, die fr die jeweils untersuchten Bedingungen auf der sicheren Seite liegen. Andere Beispiele mçgen statistische Regressionsgleichungen sein oder lediglich in Tabellenform geotechnische Kenngrçßen als Bandbreiten angeben; in jedem dieser Flle mssen daher bei einer eventuellen Anwendung unterschiedliche Sicherheitsberlegungen zugrunde gelegt werden. Es empfiehlt sich daher, fr eine nhere Betrachtung des jeweiligen Beispiels auf die Originalquelle zurckzugreifen. Bei ihrer Anwendung mssen die angegebenen Randbedingungen (z. B. Bodenart etc.) mit den jeweils zu untersuchenden Verhltnissen sinnvoll bereinstimmen, da sonst die Gefahr von Fehlinterpretationen besteht (siehe z. B. [28]), wo auf derartige Schwierigkeiten bei der Auswertung von entsprechenden Ergebnissen hingewiesen wird.

64

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Die gertetechnische Entwicklung einiger Sondentypen, die Ausfhrung der Sondierungen und die Darstellung der Versuchsergebnisse sind inzwischen international abgestimmt [29, 30] und in der Normenreihe EN ISO 22476 harmonisiert worden. Behandelt werden darin u. a. (s. a. Tabelle 1): – Cone Penetration Test (CPT, Drucksondierungen), – Borehole Expansion Tests (MPT, RDT, SDT, SBP, FDP, BJT, MDT; Bohrlochaufweitungsversuche), – Standard Penetration Test (SPT), – Dynamic Probing (DP, Rammsondierungen), – Field Vane Test (FVT, Flgelscherversuche), – Weight Sounding Test (WST, Gewichtssondierungen). ber die Jahrzehnte sind gewachsene Erfahrungen ber die Bewertung und Anwendung von Sondierergebnissen gesammelt worden. Dieser Erfahrungsschatz hat sich langsam entwickelt und ist auch heute noch vor allem dort unverzichtbar, wo auf çrtliche Erfahrung zurckgegriffen werden kann. Um die dabei gewonnenen Erkenntnisse zu bewahren, werden hier und in den folgenden Abschnitten nicht nur die obigen harmonisierten Gerte behandelt, sondern auch deren Vorlufer oder verwandte Gerte und Weiterentwicklungen.

3.2

Rammsondierungen

3.2.1

Gerte und Versuchsdurchfhrung

Die in EN 1997-1, Abschn. 1.3. 3. 10.2 angesprochene Rammsondierung (DP) ist nach EN ISO 22476-2 die in situ Feststellung des Eindringwiderstands durch das lotrechte Eindringen einer Rammsonde in den Baugrund. Das Einrammen erfolgt durch einen Rammbren bei gleichbleibender Fallhçhe, wobei die Schlagzahl N10 oder N20 fr die Eindringtiefe von 10 bzw. 20 cm ermittelt wird. Die Rammsonde besteht aus einer Sondenspitze und einem Hohlgestnge. Die harmonisierten Sondentypen sind in Tabelle 6 zusammengestellt. In EN ISO 22476-2 erscheinen im Vergleich zu DIN 4094-3 nur noch die leichte Rammsonde (DPL), die mittlere und die schwere Rammsonde (DPM, DPH) sowie die DPSH mit hnlichen Abmessungen wie die des Standard Penetration Test im normativen Teil. Die in DIN 4094-3 enthaltene DPL-5 sowie die berschwere Rammsonde DPG (Masse des Rammbren = 200 kg, Fallhçhe 50 cm, Spitzenquerschnitt = 50 cm2 [31, 32]) konnten nicht in die EN ISO 22476-2 eingebracht werden, da sie ber Deutschland hinaus nicht verbreitet sind. Festzustellen ist, dass sich der Trend zu Rammsonden mit erhçhter Rammbrmasse auch in Japan, Kanada und den U. S. A. fortsetzt; der Hintergrund ist das Bestreben, auch extrem feste Schichten wie glaziale Kiese, weichen Fels etc. damit zu erkunden. Zur Ausschaltung der Mantelreibung und damit zur besseren Erfassung des eigentlichen Spitzenwiderstands ist die Sondenspitze gegenber dem Gestnge leicht verdickt (Bild 4). Wenn mit verlorener Spitze gearbeitet wird, wird dadurch das Ziehen der Sonde erleichtert. Um die Mantelreibung herabzusetzen und den Kraftschluss der Sondierstangen sicherzustellen, muss das Sondiergestnge mit einem Drehmomentenschlssel nach jedem Meter Eindringung wenigstens 1,5 Umdrehungen im Uhrzeigersinn gedreht werden; dabei ist das gemessene Moment zu protokollieren; mit ihm kann auf die Grçße der Mantelreibung geschlossen werden. Zur Vermeidung der Mantelreibung kann Bohrsplung (mçglichst Wasser von Trinkwasserqualitt) aus Lçchern gepresst werden, die im Hohlgestnge in der Nhe der Spitze waagerecht oder aufwrts gerichtet angebracht sind. Zum gleichen

Anmerkung: Die angegebenen Toleranzen sind Herstellungstoleranzen. a) Dh Durchmesser des Rammbren, bei rechteckiger Ausbildung wird die kleinere Lnge als Durchmesser angenommen. b) Nur fr verlorene Sondenspitze. c) Die maximale Gestngelnge darf 2 m nicht berschreiten. d) Abweichung der Stange von der Vertikale.

167

194

238

50

kJ/m2

spezifische Arbeit je Schlag

100

0,1 0,2 0,1 0,2 0,1 0,2 0,1 0,2

0,1 0,2

% %

mgh/A

8 35 6 32 6 32

6 32

51 – 2 25,3 – 0,4 5

90,0 – 2 b) 22,5 – 0,1 5 43,7 – 1 21,9 – 0,1 4

43,7 – 1 21,9 – 0,1 4

35,7 – 1 17,9 – 0,1 3

3 22

20 50,5 – 0,5 49

50 < d < 0,5 Dha) 30

63,5 – 0,5 750 – 20

DPSH-B

16 45,0– 0,3 43

50 < d < 0,5 Dh 18

63,5 – 0,5 500 – 10

DPSH-A

DPSH (superschwer)

15 43,7 – 0,3 42

50 < d < 0,5 Dha) 18

50 – 0,5 500 – 10

DPH (schwer)

15 43,7 – 0,3 42

50 < d < Dha) 18

30 – 0,3 500 – 10

DPM (mittel)

10 35,7 – 0,3 34

50 < d < Dha) 6

10 – 0,1 500 – 10

DPL (leicht)

kg/m mm

mm mm mm

L

m da

cm2 mm mm

mm kg

kg mm

Einheit

A D

d m

m h

Symbol

Gestngec) Masse (max.) Außendurchmesser (max.) Gestngedurchbiegungd): unterste 5 m restliche Lnge

90-Sondenspitze Nennquerschnittsflche Spitzendurchmesser, neu Spitzendurchmesser, abgenutzt (min.) Mantellnge (mm) Hçhe des Kegels max. zulssiger Verschleiß an der Sondenspitze

Amboss Durchmesser Masse (max.) (einschließlich Fhrungsstange)

Rammvorrichtung Rammbrmasse, neu Fallhçhe

Gerte fr Rammsondierungen

Tabelle 6. Arten der Rammsondiergerte (nach EN ISO 22476-2)

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

65

66

1 2 3 4 5

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Verlngerungsstange (Gestnge) Injektionsçffnung (optional) Gewindeverbindung Kegel Sondenspitze

6 7 L D dr

Mantel Steckverbindung Mantellnge Spitzendurchmesser Stangendurchmesser

Bild 4. Ausbildungen der Rammsondenspitzen (fr L, D und dr siehe Tabelle 6; nach EN ISO 22476-2). a) Sondenspitze Typ 1, hier als fest mit dem Gestnge verbundene Spitze, b) Sondenspitze Typ 2, hier als verlorene Spitze

Zweck kann auch eine Verrohrung verwendet werden, mit der z. B. bei der DPSH Ergebnisse erzielt werden kçnnen, die mit denen des Spitzenwiderstands der Drucksonde (CPTU) vergleichbar sind [33]. 3.2.2

Auswertung

3.2.2.1 Allgemeines Die Sondierergebnisse werden qualitativ ausgewertet, wenn – die Schichtenfolge erkundet werden soll (zusammen mit Schlsselbohrungen); – die Gleichmßigkeit bzw. Ungleichmßigkeit des Baugrunds oder einer Schttung beurteilt werden soll; – besonders lockere oder feste Bereiche im Untergrund, z. B. Auffllungen bzw. Felshorizonte (mit schwerem Gert) erkundet werden sollen; – Verdichtungskontrollen durchgefhrt werden sollen, z. B. durch Vergleich der Eindringungswiderstnde vorher – nachher).

67

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

Dabei ist zu beachten, dass mit den verschiedenen Sonden im Allgemeinen etwa folgende Untersuchungstiefen erreicht werden kçnnen: DPL 10 m; DPM 20 m; DPH 25 m; DPSH 30 m. EN ISO 22476-2 gibt Beispiele fr geotechnische und gertetechnische Einflsse, die bei der Auswertung beachtet werden mssen. Dazu gehçrt auch die Tatsache, dass in nichtbindigen Bçden bei gleicher Lagerungsdichte der Eindringwiderstand unterhalb des Grundwasserspiegels niedriger ist als bei gleichen Verhltnissen oberhalb der Grundwassers. Entsprechende Beziehungen, die diesen Einfluss bercksichtigen, zeigt Tabelle 7. Tabelle 7. Beispiel fr Beziehungen zur Bercksichtigung des Einflusses des Grundwassers auf die Schlagzahlen von Rammsondierungen in nichtbindigen Bçden (nach DIN 4094-3)

Bodenart

Cua)

Sondenart

Sa

£3

DPL

N10  = 2 N10 u + 2

DPH

N10  = 1,3 N10 u + 2

BDP

N30  = 1,1 N30 u + 5

DPH

N10  = 1,2 N10 u · 4,5

BDP

N30  = 1,1 N30 u · 5,9

Sa-Gr

a)

‡6

Beziehung

Ungleichfçrmigkeitszahl

DPL: Leichte Rammsonde DPH: Schwere Rammsonde BDP: Bohrlochrammsondierung Bodenbezeichnung nach ISO 14688-1

Nku: Schlagzahl unter GW Nk: Schlagzahl ber GW Gltigkeitsbereich: 3 < Nku < 50

3.2.2.2 Ableitung geotechnischer Kenngrçßen Scherfestigkeit Bei der Ableitung geotechnischer Kenngrçßen stehen diejenigen im Vordergrund, welche die Scherfestigkeit und Zusammendrckbarkeit von hauptschlich nichtbindigen Bçden reprsentieren. Zunchst ein Beispiel fr eine Mçglichkeit zur indirekten Bestimmung des Winkels des Scherwiderstands j' aus Rammsondierungsergebnissen (s. a. EN 1997-2, Anhang G.1 und G.2). Umfangreiche Untersuchungen [17, 18] haben gezeigt – und wurden verschiedentlich besttigt [19, 20] –, dass folgende allgemeine halblogarithmische Gleichung die Beziehung zwischen Sondierwiderstand (hier N10) und der bezogenen Lagerungsdichte nichtbindiger Bçden am besten wiedergibt: ID = a1 + a2 logN10

(1)

In Tabelle 8 sind Beispiele fr die Koeffizienten von Gl. (1) fr verschiedene nichtbindige Bçden jeweils fr die leichte (DPL) und schwere (DPH) Rammsonde zusammengestellt. Die sich daraus ergebenden Beziehungen gelten fr Sondierungen, die oberhalb des Grundwasserspiegels durchgefhrt wurden. Mithilfe der aus entsprechenden Sondierergebnissen ermittelten bezogenen Lagerungsdichte ID kann dann der Winkel des Scherwiderstands j' entweder durch Versuche oder ber entsprechend gesicherte Beziehungen bestimmt werden. In EN 1997-2, Anhang F.3 ist ein

68

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Tabelle 8. Beispiele fr Koeffizienten der Gln. (1), (3) und (4) zur Ermittlung von bezogener Lagerungsdichte ID und Steifebeiwert v aus Ergebnissen von Rammsondierungen (nach EN 1997-2)

Bodenbezeichnung

Bedingungen Cua)

ICb)

Bezogene Lagerungsdichte ID

ber unter GW GW

DPL

Steifebeiwert v

DPH

a1

a2

a1

DPL a2

DPH

b1

b2

b1

b2

Sa

£3



·



0,15

0,260

0,10 0,435

71

214

161

249

Sa

£3





·

0,21

0,230

0,23

0,380









Sa-Gr

‡6



·







–0,14 0,550









0,75 – 1,30

·







30

4

50

6

Si

a)





Ungleichfçrmigkeitszahl, b) Konsistenz

Gltigkeitsbereiche: Fr die bezogene Lagerungsdichte: 3 £ N10 £ 50. Fr den Steifebeiwert bei Sa: bei der DPL: 4 £ N10 £ 50; bei der DPH: 3 £ N10 £ 10. Fr den Steifebeiwert bei Si: bei der DPL: 6 £ N10 £ 19; bei der DPH: 3 £ N10 £ 13. Bodenbezeichnung nach ISO 14688-1.

Beispiel fr Beziehungen zwischen ID und j' fr Silikatsande enthalten, bei dem qualitativ nach Kornverteilung und Korndurchmesser unterschieden wird. Ein praktisches Beispiel fr die direkte Ableitung des Winkels des Scherwiderstands von kiesigen Bçden aus Rammsondierungsergebnissen im Zusammenhang mit der Auslegung von Hafenspundwnden wird in [21] gegeben. Zusammendrckbarkeit Im Folgenden wird ein Beispiel fr die direkte Ableitung des von der Vertikalspannung abhngigen Steifemoduls aus oberhalb des Grundwasserspiegels erhaltenen Sondierergebnissen aufgezeigt (EN 1997-2, Anhang G.3). Ausgang fr die Ermittlung der Zusammendrckbarkeit ist die Definition des Steifemoduls Eoed aus Kompressionsversuchen als Grundlage fr die Berechnung der Setzungen von Flachgrndungen: Eoed = v  pa [(s'v + 0,5 s'p)/pa]w

(2)

Darin sind: v Steifebeiwert w Steifeexponent; fr Sande und Sand-Kies-Gemische: w = 0,5; fr leicht plastische Tone geringer Plastizitt (wP £ 10; wL £ 35): w = 0,6 s'v wirksame Vertikalspannung in der Grndungssohle oder in jeder beliebigen Tiefe darunter infolge des berlagerungsdrucks des Bodens s'p durch das Bauwerk hervorgerufene wirksame Vertikalspannung in der Grndungssohle oder in jeder beliebigen Tiefe darunter pa atmosphrischer Druck

69

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

wP Ausrollgrenze wL Fließgrenze Untersuchungen an nichtbindigen und bindigen Bçden [17, 34] haben folgende Gleichungsformen zur Ermittlung des Steifebeiwerts v in Gl. (2) ergeben: fr Sande und kiesige Sande:

v = b1 + b2 logN10

(3)

fr leicht- und mittelplastische Tone:

v = b1 + b2  N10

(4)

Mit den Koeffizienten b1 und b2 aus Tabelle 8 zur Bestimmung von v sowie mit w = 0,5 fr nichtbindige Bçden und w = 0,6 fr die betrachteten bindigen Bçden lsst sich damit der spannungsabhngige Steifemodul direkt ermitteln. 3.2.2.3 Tragfhigkeit von Pfhlen Ergebnisse von Rammsondierungen werden seit langem auch dafr genutzt, wofr sie von der Art der Versuchsanlage her naheliegend geeignet scheinen: zur Vorhersage der Rammbarkeit von Pfhlen und Spundbohlen sowie der Pfahltragfhigkeit, s. EN 1997-1, Abschn. 7 und 3.4.2.3 sowie [31, 32, 35–37]. 3.2.2.4 Beziehungen zwischen den Ergebnissen verschiedener Sondierungen An dieser Stelle muss auch auf Beziehungen hingewiesen werden, die fr die Ergebnisse zwischen den einzelnen Rammsondierungen an sich, aber auch zu denen der Drucksonde aufgestellt wurden (s. a. EN 1997-2, Anhang G.4 und z. B. [17, 34]). Generell ist es wichtig festzustellen, dass die verschiedenen Sondierungsarten unterschiedliche Leistungsfhigkeit und Aussagekraft in den verschiedenen Bodenarten besitzen. Aus diesem Grund kann es durchaus angebracht sein, verschiedene Sondierungsarten in einem Projekt parallel einzusetzen (s. a. Tabelle 1), um so – mçglichst gepaart mit çrtlicher Erfahrung – auf wirtschaftliche Art die beste Information ber den untersuchten Baugrund zu erhalten.

3.3

Standard Penetration Test

3.3.1

Gerte und Versuchsdurchfhrung

Der in EN 1997-1, Abschn. 3. 3. 10.2 angesprochene Standard Penetration Test (SPT) umfasst gemß EN ISO 22476-3 die Ermittlung des Bodenwiderstands an der Bohrlochsohle gegenber der dynamischen Eindringung eines in Lngsrichtung zweigeteilten Entnahmegerts und die Entnahme gestçrter Proben zur Bodenbestimmung. Der Versuch besteht im Wesentlichen darin, dass ein Probenentnahmegert (Außendurchmesser = 51 mm, Innendurchmesser = 35 mm) eingerammt wird, indem ein Rammbr mit einer Masse von 63,5 kg von einer Hçhe von 76 cm auf einen Amboss fllt. Die Schlagzahl, die erforderlich ist, um das Entnahmegert ber eine Tiefe von 30 cm (nach seiner Eindringung unter Eigengewicht und unterhalb der Anfangsrammung von 15 cm) einzurammen, wird als der Eindringwiderstand N betrachtet. Beim Einsatz in kiesigen Bçden und in weichem bzw. verwittertem Fels wird das Verfahren mit geschlossener Spitze mit einem ffnungswinkel von 60 eingesetzt. Dieses Verfahren wird heute außer in Deutschland z. B. u. a. auch in folgenden Lndern praktiziert: Australien,

70

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Großbritannien, Portugal, Spanien und Sdafrika [23]; der Versuch wird dann im Allgemeinen als SPT(C) bezeichnet (EN ISO 22476-3). Der Standard Penetration Test ist die lteste Form der Rammsondierungen [23, 38], dessen erster bekannter Einsatz auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurckgeht; die ersten Normungsversuche stammen aus den frhen 1930er-Jahren in den U. S. A. Der Standard Penetration Test ist noch heute der am weitesten verbreitete Versuch in situ fr Tragfhigkeits- und Stabilittsuntersuchungen [24], ber den [23] einen sehr guten berblick gibt. Die bekanntesten Normen sind ASTM D 1586 fr Nordamerika und BS 1377 fr Großbritannien, auf die weltweit zurckgegriffen wird, wenn nicht wie z. B. in Australien, Brasilien, Indien oder Japan eigene Normen vorliegen. Die erste internationale Harmonisierung gelang dem Technical Committee TC 16 der ISSMFE mit dem entsprechenden „International Test Procedure for SPT“ [29]; dieses Dokument galt auch als Ausgangsbasis fr EN ISO 22476-3. Schwierigkeiten bei der Interpretation der Ergebnisse traten dadurch auf, dass der genaue Wert der in das Gestnge eingeleiteten Energie bekannt sein muss und zustzlich Energieverluste infolge des im Bohrloch nicht abgesttzten Gestnges auftreten kçnnen. Entsprechende Verfahren zur Bestimmung dieser Energieverluste oder entsprechende Erfahrungswerte liegen heute vor (siehe z. B. [23, 39–44]), und haben zum Teil auch Eingang in die Normung gefunden z. B. ASTM D 4633 und EN ISO 22476-3. Jngere Erweiterungen der Versuchseinrichtung und -durchfhrung zeigen Vorrichtungen zur Messung des Drehmoments am Gestnge [38, 45–47], um dadurch zustzliche Hinweise z. B. auf die durchfahrenen Bodenarten oder zu erwartende Pfahlmantelreibung zu erhalten [48]. Diese, Mitte des 20. Jahrhunderts noch große, Unklarheit ber die Energieverluste fhrte in den frhen 50er-Jahren in Deutschland unter Beibehaltung der ursprnglichen technischen Daten des SPT (Fallhçhe etc.) zur Entwicklung der Bohrlochrammsondierung (BDP; DIN 4094-2) mit den folgenden Zielen: – bertragung der vollen Rammenergie auf den Amboss, – Ausschaltung des Gestngeeinflusses. Das Gert wurde dahingehend ausgelegt [8, 49, 50], dass die Schlagvorrichtung in einem wasserdichten Mantel unmittelbar ber der Sonde angebracht ist (Bild 5). Das Gert wird am Seil in das Bohrloch eingefhrt. Der Rammbr wird mit einer automatischen Ausklinkvorrichtung gelçst. Die Sondenspitze ist geschlossen (ffnungswinkel 60), da aus der Bohrung selbst je nach Bodenart gestçrte Proben oder ungestçrte Sonderproben entnommen werden kçnnen. Das Gert in Bild 5 ist seitdem in DIN 4094 (DIN 4094-2) genormt. Die Definition lautet: Die Bohrlochrammsondierung ist eine Rammsondierung im Bohrloch, die von der Bohrlochsohle aus ber eine definierte Eindringtiefe durchgefhrt wird. Nach einer Anfangsrammung ber 15 cm wird die Schlagzahl N30 fr die darauffolgende Eindringtiefe von 30 cm festgestellt. Bei Untersuchungstiefen von > 20 m unterhalb des Grundwasserspiegels wird neuerdings die Verwendung von Zusatzgewichten empfohlen, die oberhalb der Sonde angebracht werden (s. DIN 4094-2 und [51]). Beim Einsatz in nichtbindigen Bçden unterhalb des Grundwasserspiegels muss besonders sorgfltig bei der Versuchsdurchfhrung vorgegangen werden. So kçnnte z. B. der Boden unterhalb der Bohrlochsohle durch den Bohrvorgang aufgelockert werden. Andererseits kann der Sondiervorgang innerhalb der Verrohrung in aufgetriebenem Boden stattfinden, der sich zwischen Sonde und Bohrrohr verspannt hat und dadurch zu hohe Schlagzahlen

71

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

1 2 3 4 5 6 7

Seil Stopfbuchse Automatische Ausklinkvorrichtung Rammbr Mantel Amboss Sonde

j

3 bis 6: Schlagvorrichtung

Bild 5. Bohrlochrammsonde BDP nach DIN 4094-2

erfordert; Auftrieb ist daher unter allen Umstnden durch entsprechende Maßnahmen (z. B. Auffllen der Verrohrung durch Wasser) zu vermeiden. Der Standard Penetration Test nach EN ISO 22476-3 und die Bohrlochrammsondierung nach DIN 4094-2 werden im Wesentlichen in Schlsselbohrungen eingesetzt, um Anhaltspunkte ber die Festigkeitseigenschaften der angetroffenen Schichten zu erhalten. 3.3.2

Auswertung

3.3.2.1 Allgemeines Die Anwendungsbreite fr die Nutzung der SPT-Resultate ist breit. Der Versuch wird am hufigsten zur Bestimmung der Festigkeits- und Verformungseigenschaften nichtbindiger Bçden angewendet; allerdings kçnnen auch fr andere Bodenarten u. U. wertvolle Daten ermittelt werden, z. B. [52]. Tabelle 9 gibt eine bersicht ber die heutigen Anwendungen von SPT-Resultaten in der geotechnischen Berechnung und Bemessung auf internationaler Ebene. EN 1997-2, 4.6 und [23] geben Beispiele fr entsprechende Anwendungen. In DIN 4094-2 finden sich entsprechende Hinweise fr die Bohrlochrammsondierung. Bei der Anwendung bestehender Beziehungen zwischen den Resultaten des SPT und z. B. geotechnischer Kenngrçßen mssen allerdings neben den Einflssen durch die Versuchsdurchfhrung u. a. folgende Punkte unbedingt beachtet werden. Zum einen muss die Bodenart, fr die eine bestimmte Beziehung ermittelt wurde, beschrieben sein; so beeinflusst in nichtbindigen Bçden nicht allein die Lagerungsdichte, sondern auch die Ver-

72

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

dichtungsfhigkeit, Korngrçße und u. U. Zementierung die Schlagzahl und damit die Ableitung geotechnischer Kenngrçßen [17, 53]. Dies gilt im brigen auch fr die anderen in diesem Kapitel behandelten Sondierungsarten (siehe z. B. [16–18, 20, 21]). Zum anderen muss bekannt sein, ob und nach welchem Verfahren die der entsprechenden Beziehung zugrunde liegende Schlagzahl hinsichtlich der oben erwhnten Energieverluste korrigiert worden ist. hnlich wie bei den Rammsondierungen (s. Abschn. 3.2.2.1) ist bei der Auswertung von Ergebnissen, die in nichtbindigen Bçden erzielt wurden, Folgendes zustzlich zu beachten. Bei gleicher Lagerungsdichte ist der Eindringwiderstand unterhalb des Grundwasserspiegels geringer als bei gleichen Verhltnissen ohne Grundwasser. DIN 4094-2 enthlt z. B. entsprechende Beziehungen fr die Bohrlochrammsondierung, die diese Verhltnisse bercksichtigen (s. a. Abschn. 3.3.2.2). Tabelle 9. Beispiele fr Anwendungen von SPT-Resultaten in der internationalen geotechnischen Berechnung und Bemessung (in Anlehnung an [23])

Ableitung von geotechnischen Kenngrçßen • • • • •

Winkel des Scherwiderstands von nichtbindigen Bçden Undrnierte Scherfestigkeit von Ton Festigkeit von weichem Fels bei unbehinderter Seitendehnung Steifenmodul bzw. Steifebeiwert von nichtbindigen und bindigen Bçden Maximaler Schubmodul

Unmittelbare Berechnungen • • • • • •

Setzungen von Flachfundamenten auf Sand Zulssiger Sohldruck von Grndungen auf Sand Zulssiger Sohldruck von Rostfundamenten auf Sand Bodenverflssigung von Sanden Spitzendruck und Mantelreibung von Pfhlen Rammbarkeit von Spundwnden

3.3.2.2 Ableitung geotechnischer Kenngrçßen Scherfestigkeit Das folgende Beispiel zeigt eine Mçglichkeit zur indirekten Bestimmung des Winkels des Scherwiderstands j' nichtbindiger Bçden aus Ergebnissen der Bohrlochrammsondierung. hnlich zu Gl. (1) gilt folgende Beziehung zwischen der Schlagzahl N30 und der bezogenen Lagerungsdichte ID: ID = c1 + c2 logN30

(5)

In Tabelle 10 sind Beispiele fr die Koeffizienten von Gl. (5) fr verschiedene nichtbindige Bçden, die oberhalb bzw. unterhalb des Grundwasserspiegels gemessen wurden, zusammengestellt. Mithilfe der aus den Sondierergebnissen ermittelten bezogenen Lagerungsdichte ID kann j' ermittelt werden. So gibt z. B. EN 1997-2, Anhang F.2 entsprechende Anhaltswerte fr j' von nichtbindigen Bçden an. Fr weitergehende Untersuchungen der Beziehung zwischen Eindringwiderstand von Ramm- und Drucksondierungen in nichtbindigen Bçden und deren Lagerungsdichte sowie ihrem Winkel des Scherwiderstands sei z. B. auf [16–18, 22, 33, 49,

73

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

Tabelle 10. Beispiele fr Koeffizienten der Gln. (5) bis (7) zur Ermittlung von bezogener Lagerungsdichte ID und Steifebeiwert v aus BDP-Resultaten (nach DIN 4094-2)

Bodenbezeichnung

Bedingungen Cu

a)

IC

b)

Bezogene Steifebeiwert v Lagerungsdichte ID

ber GW

unter GW

c1

c2

d1

d2 217

Sa

£3



·



0,10

0,385

146

Sa

£3





·

0,18

0,370



Sa-Gr

‡6



·



–0,03

0,455





0,75 – 1,30

·







50

Si a)

4

Ungleichfçrmigkeitszahl; b) Konsistenz

Gltigkeitsbereiche: Fr die bezogene Lagerungsdichte: 3 £ N30 £ 50. Fr den Steifebeiwert: bei Sa: 3 £ N30 £ 25 bei Si: 3 £ N30 £ 23. Bodenbezeichnung nach ISO 14688-1.

54–56] verwiesen. Ein guter berblick ber Mçglichkeiten zur Ableitung von Scherparametern fr bindige Bçden, Kalkstein und weichen Fels ist in [23, S. 83 ff.]2) enthalten. Zusammendrckbarkeit hnlich wie bei der Auswertung der Rammsondierungen lsst sich auch der Steifebeiwert v in Gl. (2) aus der Schlagzahl N30 direkt bestimmen, wie das folgende Beispiel zeigt. Vergleichende Untersuchungen an nichtbindigen und bindigen Bçden [17, 34] haben folgende Gleichungsformen zur Ermittlung des Steifebeiwerts v in Gl. (2) aus BDP-Resultaten ergeben. fr Sande:

v = d1 + d2 logN30

(6)

fr leicht und mittelplastische Tone:

v = d1 + d2  N30

(7)

Mit den Koeffizienten d1 und d2 aus Tabelle 10 lassen sich der Steifebeiwert sowie mit w = 0,5 fr Sande und w = 0,6 fr die betrachteten bindigen Bçden damit der spannungsabhngige Steifemodul direkt bestimmen. Ein Beispiel zur unmittelbaren Bestimmung der Setzungen von Flachgrndungen in nichtbindigen Bçden mithilfe von SPT-Resultaten ist in EN 1997-2, Anhang F.3 gegeben. 3.3.2.3 Tragfhigkeit von Flachgrndungen und Pfhlen Flachgrndungen Die Versuche, die Tragfhigkeit von Flachgrndungen in nichtbindigen Bçden aus den SPT-Resultaten zu bestimmen, sind zahlreich und gehen auf die spten 40er-Jahre des 20. Jahrhunderts zurck. Sie sind jedoch als Methoden anzusehen, die lediglich grobe Abschtzungen erlauben. In den vergangenen 25 Jahren sind dagegen einige Verfahren entwickelt worden, die sich die statistische Auswertung von Setzungsmessungen an Bau2)

Im Folgenden ist [23] Sekundrquelle; die Seitenzahlen weisen auf die Originalquellen hin.

74

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

werken als Grundlage zur Ermittlung von Beziehungen zwischen aufnehmbarem Sohldruck, Setzung, Fundamentgeometrie und SPT-Resultaten zunutze machen [23, S. 95 ff.]. Allerdings kçnnen auch hierbei die Abweichungen aufgrund der eingeschrnkten Datenmengen noch betrchtlich sein. Bedingt durch diese Unsicherheiten wird in der internationalen Praxis – wenn SPT-Resultate und nicht andere Versuche benutzt werden – dem Weg der Vorzug gegeben, die geotechnischen Kenngrçßen fr die Scherfestigkeit und die Zusammendrckbarkeit aus den SPT-Resultaten abzuleiten und als Grundlage fr entsprechende Berechnungsverfahren zu benutzen. Pfhle Gnstiger liegen die Verhltnisse bei der Ermittlung der Pfahltragfhigkeit (Pfahlspitzenwiderstand, Pfahlmantelreibung) aus SPT-Resultaten. Hier liegen Verfahren fr bindige und nichtbindige Bçden sowie Kalkstein und weichen Fels vor [23, S. 101 ff.], die hauptschlich auf Auswertungen von Probebelastungen mit verschiedenen Pfahlarten beruhen. Hier geht man hnlich wie in Deutschland vor (s. Abschn. 3.4.2.3). 3.3.2.4 Beziehungen zwischen den Ergebnissen verschiedener Sondierungen Abschließend soll auch hier auf Beziehungen hingewiesen werden, die fr die Ergebnisse zwischen den Resultaten des SPT bzw. der BDP sowie denen von Rammsondierungen und der Drucksonde aufgestellt wurden (siehe z. B. DIN 4094-2, [17, 34, 57–59] und Abschn. 3.4.2.4). Aufgrund der ber die Jahrzehnte angesammelten Erfahrungen werden nun auch immer mehr Korrelationen zu den Ergebnissen von Versuchen wie z. B. Beispiel den Bohrlochaufweitungsversuchen hergestellt (siehe z. B. [60]).

3.4

Drucksondierungen

3.4.1

Gerte und Versuchsdurchfhrung

Bei der in EN 1997-1, Abschn. 3. 3. 10.1 angesprochenen Drucksondierung (CPT) wird gemß EN ISO 22476-1 eine Sonde vertikal mit verhltnismßig gleichmßiger Eindringgeschwindigkeit von 2 cm/s in den Boden gedrckt; die Sonde besteht aus einer Reihe von Stangen, an deren Ende sich eine Sondenspitze befindet, die aus einem Kegel und einem zylindrischen Schaft besteht. Whrend des Eindringvorgangs wird der Eindringwiderstand und – wenn mçglich – die çrtliche Reibung an einer Hlse gemessen, die sich in dem zylindrischen Schaft befindet. Ausgewertet wird der Spitzenwiderstand qc (Eindringwiderstand Qc bezogen auf die Querschnittsflche der Spitze Ac) sowie die çrtliche bezogene Mantelreibung fs (die auf die Hlse bertragende Kraft der Mantelreibung Qs bezogen auf die Oberflche der Hlse As). Die elektrische Spitze ist heute das weltweit verbreitetste Verfahren (Bild 6). Die Spitze hat in der Regel eine Querschnittsflche von 10 cm±. In den letzten ca. fnfzehn Jahren hat zustzlich eine Spitze mit einer Querschnittsflche von 15 cm± (gefolgt von einem 10-cm±-Gestnge) verstrkt Eingang in die Praxis gefunden, wofr hauptschlich die folgenden Grnde ausschlaggebend waren [24]: Erhçhung der Sondiertiefe und der Messgenauigkeit sowie Schaffung von Mçglichkeiten, zustzliche Messeinrichtungen aufnehmen zu kçnnen. Andere Messverfahren [24], wie z. B. die mechanische Drucksondierung (CPTM), werden seltener eingesetzt (EN ISO 22476-12). Im Allgemeinen sind die Ergebnisse nach den beiden Messverfahren vergleichbar. Lediglich in Tonen kçnnen sich fr die des CPTM bis zu ca. 25 % hçhere Werte ergeben [61].

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

1 2 3 4 5 6 7 8

75

Kegel, Ac = 10 cm±, 60o Messkçrper Dehnungsmessstreifen Reibungshlse, As = 150 cm± Justierring wasserdichte Kabelfhrung Signalkabel Gestngeverbindung

Bild 6. Spitze einer Drucksonde CPT (nach [3])

Mit Beginn der 1970er-Jahre wurde zustzlich die Messung des Porenwasserdrucks mit der sogenannten Piezo-Spitze eingefhrt. Nach EN ISO 22476-1 ist die Drucksondierung CPTU eine CPT-Sondierung, bei der zustzlich der Porenwasserdruck an der Basis des kegelfçrmigen Teils der Spitze whrend des Eindringvorgangs gemessen wird. Bild 7 zeigt das Schema einer entsprechenden elektrischen Sondenspitze. Bild 8 gibt die dazugehçrigen Definitionen wieder. Erweiterte Verfahren bieten die Mçglichkeit, zustzlich den Porenwasserdruck in der Mitte des Kegels und in definiertem Abstand oberhalb der Mantelhlse zu messen [24]. Auf die verschiedenen Interpretations- und Korrekturmçglichkeiten des Porenwasserdrucks kann hier nur hingewiesen werden [24]. Mit der Verbreitung der Anwendung der Drucksondierung ber Europa hinaus, die verstrkt in den 70er-Jahren einsetzte, wurde auch der Bedarf nach internationaler Harmonisierung dringender. Die erste umfassende Antwort darauf waren die Empfehlungen des Technical Committee 16 der ISSMFE [29] zum CPT, dem dann die Empfehlungen zum CPTU folgten [30], die auch als Grundlage fr EN ISO 22476-1 dienten. Daneben bestehen ein Reihe von ausgefeilten nationalen Normen wie z. B. in den Niederlanden, Norwegen, Schweden und den U. S. A. [24]. Die Drucksondierung hat in den letzten 30 Jahren sowohl in ihrer Verbreitung ber Europa hinaus als auch in der Breite der technischen Ausrstung eine enorme Entwicklung durchlaufen. Einen hervorragenden berblick gibt [24], whrend [62] eine bersicht speziell unter den Aspekten von Erdbebensicherheits- und Umweltuntersuchungen und [63] eine solche ber Offshore-Anwendungen geben. In [64] werden die Entwicklungen der letzten mehr als 60 Jahre zusammengefasst. In der weltweiten Verbreitung mag heute der Standard Penetration Test noch fhrend sein, jedoch hat die Drucksondierung ihn in der Genauigkeit bei der Interpretation der Resultate, in der Vielzahl der Ausrstungs- und Einsatzmçglichkeiten mindestens eingeholt bzw. in vielen Bereichen berholt. Dies hat inzwischen u. a. Untersuchungen ber Vergleiche der Ergebnisse dieser beiden Sondierungen intensiviert, z. B. [65],

76

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Bild 7. Schema einer Piezo-Spitze der Drucksonde CPTU (nach [3])

um auch das bestehende SPT-Wissen auf die Drucksondierung zu bertragen (und umgekehrt). Auf lange Sicht wird sich wohl auch weltweit die Rollenverteilung dahin entwickeln, wie sie in Deutschland seit etwa 50 Jahren angewendet wird: Innerhalb eines Untersuchungsprojekts wird die Drucksondierung (oder – wenn angebracht – eine entsprechende Rammsondierung) als Hauptversuch eingesetzt und der SPT oder die BDP als wertvolle Ergnzung in den vorgeschriebenen Schlsselbohrungen (einschließlich Probenentnahme). Die maschinenseitige Entwicklung zeigt folgenden Stand. Im Allgemeinen reicht zur berwindung des Gesamtwiderstands ein Gegengewicht von 100 kN aus, das bei selbstfahrenden Sondiergerten durch deren Eigengewicht vorhanden ist, bzw. bei leichten Sondieranhngern durch eine Verankerung erreicht wird. Die Messkapazitt der entsprechenden Sondenspitze reicht mit in der Regel 50 MPa zur Messung des Spitzenwiderstands aus. Inzwischen sind an Land aber auch Off-Shore-Gerte bis zu 200 kN Gegengewicht fr Sondierungen in hrterem Untergrund (tertire Tone, glaziale Sande, weicher Fels) verfgbar, deren Spitzen

Bild 8. Definitionen zur Drucksonde mit Piezo-Spitze der Drucksonde CPTU (nach [3])

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

77

Messkapazitten bis zu 120 MPa aufweisen [24, S. 8 ff., 66]3). Auf der anderen Seite ist der Spitzenwiderstand in bindigen Bçden gewçhnlich gering: Ein Wert von 5 MPa kennzeichnet bereits eine feste Konsistenz [67], und bei Werten qc > 1,5 MPa kann nach [54] schon auf eine steife bis sehr steife Konsistenz geschlossen werden. Das bedeutet, dass eine „All-ZweckSpitze“ [66] einen Messbereich von etwa 1,5–120 MPa besitzen msste, was technisch kaum machbar sein wird. Aus diesem Grund werden in [30] je nach Anwendungsart unterschiedliche Genauigkeitsklassen empfohlen. Dies wurde in EN ISO 22476-1 umgesetzt. Whrend heute die elektrische Spitzen ohne und mit Porenwasserdruckmessung zur Standardausrstung gehçren, haben in den vergangenen 15 Jahren bedingt durch die schnell fortschreitende Sensorenentwicklung u. a. folgende Zusatzausrstungen in die Praxis Eingang gefunden: – – – – – – – – – – –



Spitzen zur Messung von Horizontalspannungen [24, S. 172 ff.]; Spitzen mit Pressiometern [24, S. 175 ff., 68, 69]; Spitzen fr seismische Untersuchungen [24, S. 179 ff., 70]; Spitzen fr akustische Untersuchungen [24, S. 190 ff., 71, 72]; Spitzen zur Messung der Durchlssigkeit [24, S. 80 f., 73]; BAT-Spitzen zur Entnahme von Porenflssigkeit fr chemische Untersuchungen [24, S. 199 ff., 74, 75]; Spitzen zur Bestimmung elektrischer Leitfhigkeit/Widerstand [24, S. 193 f.,74–77]; Spitzen fr radiometrische Verfahren [24, S. 186 ff., 78–80]; Spitzen mit eingebauten Kameras [81, 82]; Spitzen mit Vibrationsvorrichtungen [24, S. 132]; Mikrospitzen fr geringe Eindringtiefen zur Ortung dnner eingelagerter durchlssiger Schichten oder zur Festigkeitsbestimmung in weichen Bçden [83–87], zum Teil kombiniert mit Spitzen zur Messung elektrischer Leitfhigkeit in horizontalen Drucksondierungen [88]; Spitzen zum Erreichen großer Tiefen zusammen mit speziellen Einbringverfahren, mit denen z. B. in 250 m Tiefe die Vorbelastungsrate (OCR) von Osaka-Ton aus CPTUMessungen bestimmt werden konnte [89].

3.4.2

Auswertung

3.4.2.1 Allgemeines Das Ziel der Auswertung von Drucksondierungsergebnissen ist im Prinzip das gleiche wie bei den Rammsondierungen und dem Standard Penetration Test. Auch hier steht bei der qualitativen Auswertung die Erkundung der Schichtenfolge (zusammen mit den Ergebnissen von Schlsselbohrungen) im Vordergrund, wobei die Sensitivitt hçher ist als bei den dynamischen Sonden. Die Mçglichkeit, neben dem Spitzenwiderstand qc zustzlich mit der Reibungshlse die çrtliche bezogene Mantelreibung fs messen zu kçnnen, hat schon frh dazu gefhrt, die Parameter qc und fs untersttzend zur Klassifizierung der durchfahrenen Bodenschichten zu nutzen [90, 91]. Bild 9 zeigt ein entsprechendes Beispiel. Weiterfhrende Untersuchungen haben gezeigt [24, S. 51 ff., 92, 93], dass die Genauigkeit der Vorhersage gesteigert werden kann, wenn statt qc der korrigierte Spitzenwiderstand qt (Bild 8) und/oder der Porenwasserdruck selbst eingefhrt werden. Dies hat u. a. zur Empfehlung in EN 1997-2 gefhrt, zur Bodenklassifizierung die Ergebnisse aus CPTU-Untersuchungen heranzuziehen. Weitere Verbesserungen wurden durch verfeinerte statistische Auswertungen [93, 94], durch zustz3)

Im Folgenden ist [24] Sekundrquelle; die Seitenzahlen weisen auf die Originalquellen hin.

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Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Bild 9. Beispiel fr eine halblogarithmische Beziehung zwischen Spitzenwiderstand und Reibungsverhltnis in typischen Bodenarten (nach Messungen der Firma GEOSOND Wollenhaupt GmbH)

liche Auswerteverfahren (z. B. Fuzzi-Logik) [95], durch die Verwendung von in die Sondenspitze eingebauten Kameras sowie durch Optimierung der Oberflche der Reibungshlse [96, 97] erreicht. Ohne Zweifel bedeuten Klassifizierungssysteme wie das Beispiel im Bild 9 eine wertvolle Untersttzung bei der Identifizierung der angetroffenen Bodenschichten auch bei speziellen projektbezogenen Untersuchungen [98–100]. Jedoch musste schon frh im Ansatz festgestellt werden, dass ein fr eine bestimmte geografische/geologische Region aufgestelltes System nicht unmittelbar auf andere Untersuchungsgebiete bertragen werden kann [101]. Diese Tatsache wird auch durch jngere Vergleichsuntersuchungen mit verschiedenen Klassifizierungssystemen, z. B. [92], besttigt. EN 1997-2 besteht daher weiterhin auf der Forderung, dass zustzlich zu den indirekten Aufschlssen (hier Drucksondierungen) direkte Aufschlsse, z. B. Schlsselbohrungen, erforderlich sind, was sich in der Praxis immer wieder bewhrt hat (siehe z. B. [102]). Aufgrund der Vielfalt der verfgbaren Messtechnik lassen sich heute eine große Bandbreite von Parametern, die bestimmte Bodeneigenschaften reprsentieren, in verschiedenen Bodenarten aus den Ergebnissen von Drucksondierungen quantitativ bestimmen; Tabelle 1.1 in [24] gibt dafr einen guten berblick, wobei alle gngigen Feldversuche behandelt werden. Neben Konsolidierungsverhltnis, Sensitivitt, Wasserdurchlssigkeit etc. kommen bei der Drucksondierung u. a. folgende Auswertemçglichkeiten hinzu: Beschreibung des Spannungszustands in situ einschließlich des Ruhedruckbeiwerts, z. B. [24, S. 61 f., 88 f., 172 ff.], seismische Kennwerte [68], Bodenverflssigung [24, S. 166 f., 62, 103–106], Porenwasserdruckverteilungen [24, S. 74 ff.] sowie mit zunehmenden Untersuchungen von Bodenkontamination die Porenflssigkeitsqualitt, elektrischer Widerstand und elektrische Leitfhigkeit [24, S. 194 ff., 74, 75]. Es sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass sich mit dem projektbezogenen abgestimmten Paralleleinsatz von verschiedenen Felduntersuchungsmethoden nahezu die gesamte Bandbreite der geotechnischen Parameter erfassen lsst, wie z. B. die umfangreichen Untersuchungen in [107] zeigen.

79

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

International hat die Anwendungsbreite von Drucksondierungsergebnissen fr die geotechnische Berechnung und Bemessung die der Anwendung von SPT-Resultaten wie gesagt mindestens erreicht bzw. berschritten (s. Tabelle 7 und [108]). Zu dieser Tatsache haben nicht nur die Verfgbarkeit entsprechender Messtechnik, sondern auch zahlreiche Grundsatzuntersuchungen in Versuchsbehltern vor allem mit nichtbindigen Bçden beigetragen [24, S. 291 ff., 62, 109–112], in denen die Einflsse einzelner Parameter wie u. a. die Spannungsverhltnisse in situ systematisch untersucht wurden. Dies hat zur Klrung der Vorgnge whrend des Eindringens der Sondenspitze entscheidend beigetragen. Allerdings sind in den meisten Fllen die Ergebnisse aufgrund der Versuchsbedingungen (zum Teil zu kleine Behlter, nicht „gewachsene“ Sande, etc.) nicht unmittelbar auf die Realitt bertragbar [24, S. 291 ff., 62]. Trotzdem mag dies in einzelnen Fllen gelingen [113]. 3.4.2.2 Ableitung geotechnischer Kenngrçßen Scherfestigkeit Im Folgenden wird auf einige Beispiele zur Ableitung geotechnischer Kenngrçßen hingewiesen. Am Anfang stehen zwei Beispiele zur indirekten Bestimmung des Winkels des Scherwiderstands j' von nichtbindigen Bçden; hierbei wird zunchst die bezogene Lagerungsdichte bestimmt, mit deren Hilfe dann j' aus entsprechenden Beziehungen abgeleitet werden kann. Anlehnend an die Formen der Gln. (1) und (2), die auch durch jngere Untersuchungen besttigt wurden [24, S. 81 ff.], gibt DIN 4094-1 als Beispiel fr die Ableitung der bezogenen Lagerungsdichte ID aus dem Spitzenwiderstand (in MPa) die folgende allgemeine Gleichung an: ID = e1 + e2 log qc

(8)

Tabelle 11 enthlt Beispiele fr die entsprechenden Koeffizienten e1 und e2 fr Sande und Sand-Kies-Gemische fr Sondierungen mit der 10-cm±-Spitze. Die Beziehungen gelten fr Sondierungen oberhalb des Grundwasserspiegels ab Tiefen > 2 m, d. h. unterhalb der Grenztiefe. Dabei ist die Grenztiefe die Tiefe, von der ab der Eindringwiderstand bei sonst gleichen Verhltnissen nahezu konstant bleibt; bis zur Grenztiefe nimmt der Eindringwiderstand deutlich zu. Tabelle 11. Beispiele fr Koeffizienten der Gln. (8), (13) und (14) zur Ermittlung von bezogener Lagerungsdichte ID und Steifebeiwert v aus dem Spitzenwiderstand qc (in MPa; 10-cm±-Spitze) oberhalb des Grundwasserspiegels (nach DIN 4094 und EN 1997-2)

Bodenbezeichnung

Bezogene Lagerungsdichte ID Steifebeiwert v

Cua)

ICb)

e1

e2

f1

f2

Sa

£3



–0,33

0,73

113

167

Sa

‡6







–13

463

Sa-Gr

‡6



0,25

0,31







0,75 – 1,30





50

15,2

Si a)

Bedingungen

Ungleichfçrmigkeitszahl, b) Konsistenz

Gltigkeitsbereiche (in MPa): Fr die bezogene Lagerungsdichte: 3 £ qc £ 30. Fr den Steifebeiwert: bei Sa: 5 £ qc £ 30; bei Si: 0,6 £ qc £ 3,5. Bodenbezeichnung nach ISO 14688-1.

80

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Das zweite Beispiel (Tabelle 12) zeigt die tabellarische Beziehung zwischen dem Spitzenwiderstand qc und der bezogenen Lagerungsdichte ID fr erdfeuchte, gleichfçrmige Mittelsande („Berliner Sande“), die aus zahlreichen Versuchen ermittelt wurden [114–116]; bei vergleichbaren Randbedingungen kçnnte diese Beziehung zur indirekten Ableitung von j' aus qc benutzt werden. Tabelle 12. Beispiel fr eine tabellarische Beziehung zwischen dem Spitzenwiderstand qc (10-cm±-Spitze) und der bezogenen Lagerungsdichte ID fr erdfeuchte Mittelsande (nach [114–116])

Spitzenwiderstand qc MPa

Bezogene Lagerungsdichte ID

Bezeichnung

< 2,5

< 0,15

sehr locker

2,5–7,5

0,15–0,35

locker

7,5–15,0

0,35–0,65

mitteldicht

15,0–25,0

0,65–0,85

dicht

> 25,0

> 0,85

sehr dicht

Vergleichssondierungen in ungleichfçrmigen nichtbindigen Bçden gleicher Lagerungsdichte haben gezeigt, dass in ihnen der Spitzenwiderstand kleiner als in gleichfçrmigen ist [16, 17], was auf die grçßere Verdichtbarkeit = (emax – emin )/emin der ungleichfçrmigen Bçden zurckzufhren ist. Zustzliche Untersuchungen [17, 18] ergaben, dass nicht nur die Verdichtbarkeit, sondern auch der mittlere Korndurchmesser bei gleicher Lagerungsdichte die Ergebnisse beeinflusst (s. a. Abschn. 3.1). Das bedeutet, dass eine eindeutige Aussage ber die Lagerungsdichte nichtbindiger Bçden aus dem Spitzenwiderstand allein nicht mçglich ist; es mssten außerdem noch die Kornverteilung sowie die lockerste und dichteste Lagerungsdichte bekannt sein. Dementsprechend mssen bei Korrelationen zur Ableitung von ID (s. a. Tabellen 8, 10 und 11, sowie EN 1997-2) die entsprechenden Randbedingungen (Bodengruppen etc.) angegeben werden. Zustzlich ist zu spezifizieren, ob die Beziehungen fr Bedingungen ber oder unter Grundwasser gelten. ber den Zusammenhang zwischen der bezogenen Lagerungsdichte und dem Winkel des Scherwiderstands j' nichtbindiger Bçden liegen zahlreiche theoretische und empirische Untersuchungen vor, z. B. [21, 24, S. 90 ff., 56, 62] und EN 1997-2, Anhang D, deren Ergebnisse von den jeweils untersuchten Bodengruppen abhngig sind. Dabei wird zunehmend die Abhngigkeit von j' von der wirksamen Normalspannung bercksichtigt. Es folgen einige Beispiele fr die direkte Ableitung des Winkels des Scherwiderstands j'. So lag wegen der hnlichkeit der Drucksondierung mit einer Tiefgrndung der Versuch nahe, j' sowohl empirisch als auch theoretisch unmittelbar aus dem Spitzenwiderstand abzuleiten. Auch hierfr liegen zahlreiche Untersuchungen vor, z. B. [24, S. 90 ff., 62], wobei zum Teil auch hier die Abhngigkeit von j' von der wirksamen Normalspannung betont wird; weiterhin wird wiederum auf Unterschiede je nach der Art des untersuchten nichtbindigen Bodens hingewiesen. Tabelle 13 gibt ein Beispiel fr einen tabellarischen Zusammenhang zwischen dem Spitzenwiderstand qc und dem Winkel des Scherwiderstands j' fr natrlich gelagerte Quarz- und Feldspatsande nach [117], das auch Eingang in EN 1997-2, Anhang D.1 gefunden hat.

81

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

Tabelle 13. Beispiel fr eine tabellarische Beziehung zur Ableitung des Winkels des Scherwiderstands j' und des drnierten Young’s Modul E' aus dem Spitzenwiderstand qc fr natrlich gelagerte nichtbindige Bçden (Quarz- und Feldspatsande) (nach [117], fortgeschrieben)

a) b)

Spitzendruck qc MPa

Bezogene Lagerungsdichte ID

Winkel des Scherwiderstandsa) j' Grad

Drnierter Young’s Modulb) E' MPa

0–2,5

sehr locker

29–33

< 10

2,5–5,0

locker

33–35

10–20

5,0–10,0

mitteldicht

35–37

20–30

10,0–20,0

dicht

37–40

30–60

20,0–30,0 > 30,0

sehr dicht

40–42 42

60–90 > 90

Die angegebenen Werte gelten fr Sande. Fr schluffige Bçden sollten 3 abgezogen werden. Fr Kiese sollten die Werte um 2 erhçht werden. E' wird nherungsweise dem spannungs- und zeitabhngigen Sekantenmodul gleichgesetzt. Die fr den drnierten Modul angegebenen Werte entsprechen Setzungen nach 20 Jahren. Sie werden mit der Annahme erhalten, dass die Verteilung der Vertikalspannung der 2:1-Nherung folgt. Ferner deuten einige Untersuchungen darauf hin, dass diese Werte 50 % niedriger in schluffigen und 50 % hçher in kiesigen Bçden sein kçnnen. In vorbelasteten nichtbindigen Bçden kann der Modul betrchtlich hçher sein. Wenn Setzungen fr Sohldrcke grçßer als 2/3 des Bemessungssohldrucks im Grenzzustand der Tragfhigkeit berechnet werden, sollte der Modul auf die Hlfte der in dieser Tabelle angegebenen Werte gesetzt werden.

Ein weiteres Beispiel ist die angenherte Beziehung zwischen qc und j' nach [118] fr verschiedene Sande, die zustzlich auch fr einen Sand (U = 2,2) und ein Sand-KiesGemisch (U = 5,7) verifiziert wurde [22, 116, 119, 120]. Diese Beziehung lsst sich fr den Gltigkeitsbereich 6,9 MPa £ qc £ 42,5 MPa durch folgende Gleichung beschreiben: j' = 26,8 + 4,5 ln qc

+ 1o

(9)

Tendenz und Grçßenordnung stimmen mit der in EN 1997-2, Anhang D.2 fr enggestufte Sande (SE, U £ 3) im Gltigkeitsbereich 5 MPa £ qc £ 28 MPa angefhrten deterministischen Festlegung berein: j' = 23 + 13,5 log qc

(10)

Fr die Ableitung der undrnierten Scherfestigkeit cu aus dem Spitzenwiderstand qc liegen ebenfalls eine Reihe von theoretischen und empirischen Untersuchungen vor [24, S. 63 ff., 54, 62, 121]. Als Beispiele seien die beiden folgenden Gleichungen genannt, die auch in EN 1997-2, 4.3.4 aufgenommen wurden. Mit qc aus dem CPT: cu = (qc – svo)/Nk

(11)

und vorzugsweise mit qt aus dem CPTU: cu = (qt – svo)/Nkt

(12)

82 Darin sind: svo Nk, Nkt

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

gesamter berlagerungsdruck Faktoren, die aus çrtlichen Erfahrungen geschtzt werden mssen. In Abhngigkeit von der angetroffenen bindigen Bodenart (z. B. in Abhngigkeit vom Plastizittsindex) kann Nk Werte zwischen 11 und 19 sowie Nkt Werte zwischen 8 und 20 annehmen [24, S. 64 ff., 100, 121–123]. Nur selten werden hçhere Werte angetroffen, die meist in sehr weichen Tonen auftraten [124].

Zusammendrckbarkeit Als geotechnische Kenngrçße fr die Zusammendrckbarkeit wird besonders im internationalen Bereich sehr hufig der Young’s Modul E herangezogen. Untersuchungen unter kontrollierten Laborbedingungen haben ergeben, dass E' im drnierten Zustand in Sanden hauptschlich von der bezogenen Dichte, dem Konsolidierungsverhltnis und dem momentanen Spannungszustand abhngt; dementsprechend fallen Beziehungen zur Ermittlung von E' aus dem Spitzenwiderstand qc aus (siehe z. B. [24, S. 93]). Ein Beispiel fr eine einfache tabellarische Beziehung ist in Tabelle 13 gegeben [117] (s. a. EN 1997-2, Anhang D.1). Der Code enthlt ein weiteres Beispiel zur Ermittlung der Setzungen von Flachgrndungen in nichtbindigen Bçden (EN 1997-2, Anhang D.3 und [24, S. 158 f.]). Bezglich entsprechender Untersuchungen in bindigen Bçden sei auf [24, S. 71 ff.] und [54] verwiesen. In Deutschland wird im Wesentlichen der Steifemodul Eoed aus Kompressionsversuchen fr Setzungsberechnungen verwendet. Die gleichen Untersuchungen [17, 34] an nichtbindigen und bindigen Bçden wie fr die dynamischen Sondierungen haben auch folgende Gleichungsformen zur Ermittlung des Steifebeiwerts v in Gl. (2) aus dem Spitzenwiderstand qc (in MPa) ergeben: fr Sande:

v = f1 + f2  log qc

(13)

fr leichte und mittelplastische Tone:

v = f 1 + f 2  qc

(14)

Beispiele fr die Koeffizienten f1 und f2 sind in Tabelle 11 zusammengestellt. Mit w = 0,5 fr die angegebenen nichtbindigen und w = 0,6 fr die betrachteten bindigen Bçden lsst sich damit der spannungsabhngige Steifemodul unmittelbar bestimmen. Eine unmittelbare Korrelation zwischen aus Setzungsmessungen (z. B. bei Belastungsversuchen) ermitteltem Steifemodul und dem Spitzenwiderstand zur Bestimmung der Steifezahl ist allerdings nicht mçglich, weil hier noch zustzliche Parameter von Einfluss sind, wie z. B. Belastung, Form und Grçße der Fundamentflche, Mchtigkeit der setzungsfhigen Schicht. Die bekannte, einfache Beziehung Eoed = a · qc (eine Zusammenstellung der Werte a ist z. B. in [54] und EN 1997-2, Anhang D.4 enthalten) kann deshalb nur als grobe Nherung angesehen werden. 3.4.2.3 Tragfhigkeit von Flachgrndungen und Pfhlen Flachgrndungen Wie bereits bei der Behandlung des Zusammenhangs zwischen dem Spitzenwiderstand und dem Winkel des Scherwiderstands angedeutet (s. Abschn. 3.4.2.2), lag es nahe, aufgrund der

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

83

Modellhnlichkeit der Sondenspitze einschließlich ihres Eindringvorgangs mit einem Grndungskçrper die Tragfhigkeitsbeiwerte in der Grundbruchgleichung fr Flachgrndungen theoretisch mit qc in Beziehung zu setzen. In der Praxis hat sich allerdings der Ansatz, die Tragfhigkeit von Flachgrndungen in nichtbindigen Bçden unmittelbar aus dem Spitzenwiderstand abzuleiten, schon frh bewhrt [24 S. 157 f.]. Auf deutscher Seite hat die Auswertung der Ergebnisse zahlreicher Serien großmaßstblicher Belastungsversuche gezeigt, dass zwischen dem Spitzenwiderstand und der Tragfhigkeit eine direkte Proportionalitt besteht [22, 116, 119, 120]. Die sich daraus ergebende Mçglichkeit der unmittelbaren Anwendung fr den Entwurf von Flachgrndungen hat in der entsprechenden deutschen Normung Niederschlag gefunden, s. DIN 1054.

Pfhle Die Ermittlung der Pfahltragfhigkeit (s. a. EN 1997-1, Abschn. 7.6.2.3) kann als die ursprngliche Intention fr die quantitative Auswertung von Drucksondierungsergebnissen angesehen werden, da die bertragbarkeit der Resultate aufgrund der Modellhnlichkeit auf der Hand zu liegen scheint. Dementsprechend berwiegen heute die empirischen Verfahren – meist verifiziert durch Ergebnisse von Pfahlprobebelastungen – die theoretischen. Vergleichende berblicke ber den Kenntnisstand geben [24 S. 151, 125], wobei sich die Anwendung von CPTU-Resultaten als vorteilhaft erweist [126]. Ein Beispiel fr ein gngiges Verfahren, das auf den Anfngen der Vorhersage der Pfahltragfhigkeit beruht, ist in EN 1997-2, Anhang D.7, enthalten. In Deutschland beschritt man vornehmlich den Weg, die Ergebnisse von Pfahlprobebelastungen mit dem Spitzenwiderstand in Beziehung zu setzen. Basis hierfr ist eine große Zahl von Wertepaaren (maximale Pfahlspitzenbelastung, bezogene Setzung = Setzung/ Pfahldurchmesser) aus Probebelastungen in Bçden mit bekanntem Spitzenwiderstand qc aus Drucksondierungen, die im Sinne von [127] zur vorsichtigen Seite hin abgeschtzt wurden. Diese umfangreichen Untersuchungen haben Eingang in die Normung gefunden (DIN 1054, DIN EN 1536). Whrend bei der Tragfhigkeit von gerammten Verdrngungspfhlen einzuhaltende Mindestwerte fr den Spitzenwiderstand des Untergrunds angegeben werden, enthalten die Normen fr Bohrpfhle Werte fr den Pfahlspitzenwiderstand und die Pfahlmantelreibung in Abhngigkeit vom Spitzenwiderstand der Drucksonde im Geltungsbereich 10 MPa £ qc £ 25 MPa; beim Pfahlspitzenwiderstand ist als zustzlicher Parameter die auf den Pfahldurchmesser bezogene Pfahlkopfsetzung angegeben.

3.4.2.4 Beziehungen zwischen den Ergebnissen verschiedener Sondierungen Gerade die Mçglichkeit, die Tragfhigkeit von Grndungen unmittelbar aus dem Spitzenwiderstand von Drucksondierungen zu bestimmen, hat dazu gefhrt, fr verschiedene Bodenarten Beziehungen zwischen den Ergebnissen verschiedener Sondierungen (z. B. SPT und CPT) zu untersuchen (z. B. [17, 24, S. 149 ff., 57–60, 65]). Dieses Bestreben wurde dadurch untersttzt, vorhandene umfangreiche Kenntnisse weiterhin zu nutzen und gegenseitig zu ergnzen. Tabelle 14 zeigt Beispiele fr derartige Beziehungen.

84

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Tabelle 14. Beispiele fr mittlere Verhltnisse von Spitzenwiderstand qc (in MPa) zu Schlagzahlen N30 bzw. N10 fr einige nichtbindige und bindige Bçden oberhalb des Grundwasserspiegels (in Anlehnung an DIN 4094 und [34])

Bodenbezeichnung

Verhltnisse der Sondierergebnisse Nichtbindige Bçden

Bindige Bçden

BDP qc/N30

DPH qc/N10

DPL qc/N10

BDP qc/N30

DPH qc/N10

Sa (Cu < 3)

0,5

0,7

0,25





Sa (Cu > 6)

0,7

1,0

0,35





Gr (Cu > 6)

1,1

1,5













0,55

1,00

a)

Si

DPL qc/N10

0,36

Gltigkeitsbereiche: a) Fr IC = 0,75 – 1,30. BDP: Bei Sa (Cu < 3): 3 £ N30 £ 50; bei Sa (Cu > 6): 3 £ N30 £ 40; bei Gr (Cu > 6): 3 £ N30 £ 30; bei Si: 3 £ N30 £ 14. DPH: Bei Sa: 3 £ N10 £ 30; bei Si: 3 £ N10 £ 19. DPL: Bei Sa (Cu < 3):3 £ N10 £ 60; bei Sa (Cu > 6): 3 £ N10 £ 25; bei Si: 9 £ N10 £ 60. Bodenbezeichnung nach ISO 14688-1.

3.5

Flgelscherversuche

3.5.1

Gerte und Versuchsdurchfhrung

Der in EN 1997-1, 3. 3. 10.3 angesprochene Flgelscherversuch (FVT) ist ein Versuch in situ; er wird mit einem rechtwinkligem Flgel durchgefhrt, der aus vier unter Winkeln von 90 o zueinander angeordneten Stahlblechen besteht und von der Oberflche oder Bohrlochsohle aus in den Boden bis zur gewnschten Tiefe eingedrckt und gedreht wird. Das Verhltnis von Flgelhçhe H zu Durchmesser D soll 2:1 sein. Der Flgel sollte mit einer Vorrichtung ausgerstet sein, mit der die Trennung des Drehmoments des Flgels von dem des Gestnges mçglich ist. Verrohrung oder Schlupfkupplungen kçnnen verwendet werden. Der Versuch kommt in weichen und erst- und vorbelasteten Tonbçden zur Ermittlung der undrnierten Scherfestigkeit und der Sensitivitt des Bodens zum Einsatz. Er kann auch zur Ermittlung der undrnierten Scherfestigkeit in Schluffen und tonigen Gletscherablagerungen verwendet werden. Die Zuverlssigkeit der Versuchsergebnisse schwankt mit der Bodenart. Der Flgelscherversuch ist in EN ISO 22476-9 genormt. Das Gert besteht aus der Flgelsonde (ggf. mit Schutzhlse), dem Gestnge (ggf. mit Mantelrohr), der Drehvorrichtung sowie der Messeinrichtung zum Erfassen des Drehmomentes und gegebenenfalls des Drehwinkels (Bild 10). Die Flgelsonde wird bis zur vorgesehenen Tiefe in den Boden gedrckt. Schlge, Vibration oder Drehen sind normalerweise nicht zulssig; lediglich in sehr steifen tonigen Gletscherablagerungen kann darauf zurckgegriffen werden. Falls ein Mantelrohr zur Ausschaltung der Mantelreibung verwendet wird, ist die Spitze erst nach Erreichen der Solltiefe, die ‡ 5 D mindestens aber 0,3 m unterhalb z. B. einer Bohrlochsohle liegen muss, vorzudrcken und dann zu drehen. Die Drehgeschwindigkeit muss so gewhlt werden, dass das maximale Drehmoment innerhalb von 2–4 min nach Beginn des Drehens erreicht ist, was in etwa einer Drehgeschwindig-

85

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

Bild 10. Prinzip des Flgelscherversuchs

keit von 0,1–0,2/s entspricht. Gemessen wird hierbei das maximale Drehmoment Mmax, das beim erstmaligen Abscheren entlang der zylindrischen Oberflche des Bodenkçrpers erforderlich ist. Nach dem erstmaligen Abscheren und dem Protokollieren von Mmax wird der Flgel mit einer Drehgeschwindigkeit von 10/s mindestens zehnmal gedreht; danach wird der obige Messvorgang wiederholt, wobei das Rest-Drehmoment Mr ermittelt wird. hnlich wie bei der Drucksonde (EN ISO 22476-1) wurden auch hier Anwendungsklassen eingefhrt. Danach werden je nach Einsatz (z. B. mit/ohne Gestnge) und Art der Messung des Drehmoments (z. B. mit/ohne Schlupfkupplung) vier Gertetypen definiert. Fr diese werden fr vorgegebene Anwendungen wie Bodengruppen, in denen der Versuch durchgefhrt werden soll, und Art der Auswertung entsprechende Genauigkeitsanforderungen gestellt (EN ISO 22476-9, Tabellen 1 und 2). 3.5.2

Auswertung

3.5.2.1 Allgemeines Mit vereinfachten Annahmen fr die Spannungsverteilung an den angenommenen Bruchflchen entlang der vertikalen Mantelflche und den horizontalen Stirnflchen des abgescherten Bodenzylinders ergibt sich aus dem gemessenen Drehmoment mit D als Flgeldurchmesser [8, 128] der maximale Scherwiderstand als cfv = 0,273 Mmax/D Darin cfv Mmax D

(15)

sind: maximaler Scherwiderstand des Bodens beim erstmaligen Abscheren maximales Drehmoment beim erstmaligen Abscheren Flgeldurchmesser

Fr den Rest-Scherwiderstand crv wird Mmax durch Mr ersetzt: crv = 0,273 Mr/D

(16)

86

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Die Sensitivitt Stv aus dem Flgelscherversuch in situ ergibt sich als Verhltnis des maximalen Scherwiderstands cfv beim erstmaligen Abscheren zum Rest-Scherwiderstand crv nach dem wiederholten Abscheren. 3.5.2.2 Ableitung geotechnischer Kenngrçßen Bei der Auswertung muss grundstzlich bercksichtigt werden, dass die undrnierte Scherfestigkeit von der Bodenart, dem Belastungszustand, der Vorbelastungsspannung und dem Konsolidierungsverhltnis abhngt. Da die effektive Horizontalspannung in der Untersuchungstiefe nicht bekannt ist, kann der gemessene Scherwiderstand nicht in den effektiven Reibungsanteil und den Kohsionsanteil getrennt werden. Der Flgelscherversuch ist also normalerweise dort angebracht, wo der Boden bei schneller Belastung als reibungsfrei gelten kann. Dann entspricht der so ermittelte Scherwiderstand cfv der Scherfestigkeit cfu im Bruchzustand des Bodens unter undrnierten Bedingungen (fr normale Tone). Bei langsamen Scherbeanspruchungen, z. B. Kriechbewegungen an Hngen, ist die Scherfestigkeit in ausgeprgt plastischen Tonbçden geringer [129]. Der mit dem Flgelscherversuch ermittelte Scherwiderstand muss daher mithilfe empirischer Erfahrungswerte korrigiert werden: cfu =  cfv

(17)

Der Korrekturfaktor sollte aufgrund çrtlicher Erfahrung ermittelt werden. Er wird normalerweise bei erst- und wenig vorbelasteten Tonen mit der Plastizittszahl oder der Fließgrenze und unter Umstnden mit der wirksamen Normalspannung in Beziehung gesetzt. Letztere muss bei vorbelasteten Bçden bercksichtigt werden. Der Korrekturfaktor nimmt z. B. bei vorbelasteten Tonen mit steigender Plastizittszahl [130–132] bzw. bei erstbelasteten Tonen mit abnehmender Fließgrenze [133] zu. Bei stark gerissenen Tonen und stark schluffigen oder sandigen Tonen muss der Korrekturfaktor bis auf 0,3 herabgesetzt werden. Weitere Verfeinerungen ergeben sich, wenn neben der Plastizittszahl der Konsolidierungsgrad eingefhrt wird (siehe z. B. [134]). In anderen Fllen, z. B. bei Erddruckberechnungen, sind die so ermittelten cfu-Werte Kleinstwerte, weil sie in berwiegend senkrechten Schnittflchen gemessen worden sind, wo sie in normal konsolidierten Bçden (mit Ko < 1) kleiner sind als in horizontalen oder geneigten Schnittflchen; sie drfen dann erhçht werden [130]. Wegen der Bedeutung, die der angemessen Ermittlung von m zukommt, haben eine Reihe dieser Verfahren in EN 1997-2, Anhang I Eingang gefunden. Im Allgemeinen findet die aus Ergebnissen des Flgelscherversuchs abgeleitete undrnierte Scherfestigkeit cfu Eingang in analytische Verfahren zur Berechnung der Tragfhigkeit von Flachgrndungen und Pfhlen oder in Standsicherheitsuntersuchungen von Bçschungen. Die Nutzung von gngigen Feldversuchen im Rahmen von Umweltuntersuchungen (s. a. Abschn. 3.4.1) hat auch fr den Flgelscherversuch zu ersten Anwendungen gefhrt (siehe z. B. [135]).

3.6

Gewichtssondierungen

3.6.1

Gerte und Versuchsdurchfhrung

Die in EN 1997-1, 3. 3. 10.4 angesprochene Gewichtssondierung (WST) wurde in Schweden etwa 1915 von der Geotechnischen Kommission der schwedischen Staatsbahnen entwickelt

87

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

und zum ersten Mal im Jahr 1917 standardisiert. Die Sonde ist heute eine der meist angewendeten Sondiermethoden in Skandinavien und Finnland, wird aber auch in anderen Teilen der Welt, z. B. Sdostasien eingesetzt. Sie wird im Allgemeinen fr Voruntersuchungen in verschiedenen Bodenarten angewendet. Die Sondierergebnisse kçnnen jedoch auch zur Dimensionierung und Qualittskontrolle in den meisten Bodenarten besonders aber in locker- bis mittelfesten bindigen und schwachbindigen Bçden sowie in locker bis fest gelagerten Sanden angewendet werden. In sehr fest gelagerten Sanden und Kiesen sowie in Mornen kann ein Vorbohren erforderlich sein. Die Ergebnisse geben Aufschluss ber Mchtigkeit und Ausbreitung der unterschiedlichen Bodenschichten und dienen als Bemessungsparameter fr Flach- und Pfahlgrndungen. Eine Beschreibung des Versuchs und seiner Anwendung ist z. B. in [136] gegeben. Eine erste internationale Harmonisierung der Gewichtssondierung fand 1989 statt [29]. Die Methode wurde ebenfalls in die europische Normung aufgenommen (CEN ISO/ TS 22476-10 und EN 1997-2). Die Gewichtssonde besteht in ihrer einfachsten Form aus der schraubenfçrmigen Spitze (˘ 25 mm), dem Gewichtssatz (1 5 kg, 2 10 kg und 3 25 kg), dem Gestnge (˘ 22 mm, Lnge der Stangen 1,0 bis 2,0 m) und einer Drehvorrichtung (Bild 11). Die Spitze wird aus einer 25-mm-Stahlstange mit quadratischem Querschnitt und einer Lnge von 200 mm gebildet. Sie besitzt ein 80 mm langes pyramidenfçrmiges Ende und ist um eine Umdrehung nach links ber eine Lnge von 130 mm verdreht (s. CEN ISO/TS 224476-10, Bild 1). Die Gewichtssondierung wird als statischer Versuch in der Regel in sehr weichen bindigen und sehr lockeren nichtbindigen Bçden angewendet, wo der Eindringwiderstand kleiner als 1 kN ist (entsprechend einer Gewichtsbelastung von 100 kg). Wenn der Widerstand 1 kN bersteigt, wird die Sonde gedreht. Die Sondierung kann sowohl manuell als auch mechanisch ausgefhrt werden. Heute wird die Sondierung blicherweise mechanisch durchgefhrt [137], wobei sowohl die Belastung als auch die Anzahl der halben Umdrehungen mit elektrischen Gebern automatisch registriert werden.

Bild 11. Versuchseinrichtung der manuell betriebenen Gewichtssonde

88

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Bild 12. Beispiel fr eine Darstellung von Ergebnissen der Gewichtssondierung WST 22: Gewichtssondierung, Gestngedurchmesser: 22 mm ht/0,2 m: Umdrehung pro 0,2 m Eindringung fb(Sp˘80): Vorbohrung bis zur angegebenen Tiefe (verkrustete Oberflchenschicht); Durchmesser: 80 mm

Beim statischen Versuch sollte das Gestnge stufenweise mit folgenden genormten Belastungen belastet werden: 0 kN, 0,05 kN, 0,15 kN, 0,25 kN, 0,50 kN, 0,75 kN und 1,00 kN. Die grçßte genormte Last ist 1,00 kN. Die Belastung wird so aufgebracht, dass man eine Eindringgeschwindigkeit von ca. 50 mm/s erhlt. Wenn der Eindringwiderstand 1,00 kN bersteigt oder die Eindringgeschwindigkeit kleiner als ca. 20 mm/s ist, muss die Sonde gedreht werden. Die Belastung von 1,00 kN wird beibehalten und die Anzahl der halben Umdrehungen, die fr 0,2 m Eindringung erforderlich ist, wird registriert. Die Sondierung wird beendet, wenn eine vorgegebene Tiefe oder ein vorgegebener Eindringwiderstand erreicht ist oder wenn die Sonde nicht tiefer eindringen kann, d. h. wenn ein sogenannter „undurchdringbarer“ Boden erreicht wird. Welches der drei genannten Kriterien maßgebend ist, hngt vom Bodenprofil und von der Zielsetzung der Sondierung ab. Bei einer Sondierung bis zum „undurchdringbaren“ Boden sollte der Eindringwiderstand mittels Hammerschlag, hydraulischer Schlagvorrichtung oder mithilfe von Gewichten, die auf die Klemme fallen gelassen werden, kontrolliert werden, um festzustellen, dass das Festsitzen der Spitze nicht nur vorbergehend ist. Dieses Vorgehen muss in der Ergebnisdarstellung dokumentiert werden. Die Ergebnisse der Gewichtssondierung werden in Diagrammform dargestellt und zwar als Eindringwiderstand ber die Tiefe (siehe z. B. Bild 12). 3.6.2

Auswertung

3.6.2.1 Allgemeines Bei der Auswertung der Diagramme wird sowohl die Grçße des Eindringwiderstands als auch dessen nderung angegeben. Es ist jedoch zu beachten, dass die nderungen des Eindringwiderstands auf stark wechselnden Schichtenfolgen beruhen kçnnen. In locker bis halbfest gelagerten Tonen erhlt man oft einen Eindringwiderstand, der kleiner als 1,00 kN ist, oder einen gleichmßig niedrigen Drehwiderstand, der unter 10 halben Umdrehungen pro 0,2 m Eindringung liegt. Da in Tonen der Eindringwiderstand der Sonde sehr stark von der

89

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

Sensitivitt abhngt, kann die Scherfestigkeit des Tones nicht ohne vorherige Kalibrierung im Gelnde aus dem Eindringwiderstand abgeleitet werden. Auch in locker gelagerten Sanden und Schluffen erhlt man gleichmßig niedrige Eindringwiderstnde. In festeren Schluffen und in Feinsanden ist der Eindringwiderstand grçßer (10–30 halbe Umdrehungen/0,2 m Eindringung) und ber die Tiefe gleichmßig verteilt. In Sanden und Kiesen nimmt der Eindringwiderstand mit zunehmender Korngrçße zu. Bei der Auswertung von Gewichtssondierungen von schluffigen Sanden bis hin zu Grobkiesen muss beachtet werden, dass ein hçherer Eindringwiderstand nicht gleichzusetzen ist mit einer hçheren Scherfestigkeit und besserem Tragverhalten. Das so erhaltene Bodenprofil und die ermittelte Tiefe bis zum „undurchdringbaren“ Boden liefern die Grundlage fr die Eignung des Untergrundes fr eine sptere Bebauung, geben Hinweise auf die Art der Grndung (Flach- oder Pfahlgrndung) und liefern geotechnische Kenngrçßen fr die Bemessung. 3.6.2.2 Ableitung geotechnischer Kenngrçßen Die Ergebnisse der Gewichtssondierung dienen als Grundlage fr die Bemessung von Grndungen in nichtbindigen Bçden. In [117] wird gezeigt, wie Scherfestigkeits- und Setzungsparameter aus den Ergebnissen der Gewichtssondierung als Eingangsgrçße fr Bemessungsverfahren von Flachgrndungen abgeleitet werden kçnnen (Tabelle 15). Um den Zugang zu zustzlichen Bewertungsverfahren zu ermçglichen, wird hufig versucht, die Ergebnisse der Gewichtssondierungen z. B. mit denen des SPT zu korrelieren [138]. In Feinschluffen und in tonigen Sanden mssen die geotechnischen Kenngrçßen mit speziellen Versuchen, z. B. in situ mithilfe von CPTU-Versuchen oder Pressiometern oder im Labor an entnommenen Bodenproben, bestimmt werden.

Tabelle 15. Beispiel fr eine tabellarische Beziehung zur Ableitung des Winkels des Scherwiderstands j' und des drnierten Young’s Modul E' fr natrlich gelagerte nichtbindige Bçden (Quarz- und Feldspatsande) aus den Ergebnissen von Gewichtssondierungen (nach [117], fortgeschrieben)

a) b)

Gewichtssonde, halbe Umdrehungen/0,2 m

Bezogene Lagerungsdichte ID

Winkel des Scherwiderstandsa) j' []

Drnierter Young’s Modulb) E' [Mpa]

0–10

sehr locker

29–32

< 10

10–30

locker

32–35

10–20

20–50

mitteldicht

35–37

20–30

40–90

dicht

37–40

30–60

> 80

sehr dicht

40–42

60–90

Die angegebenen Werte gelten fr Sande. Fr schluffige Bçden sollten 3 abgezogen werden. Fr Kiese sollten die Werte um 2 erhçht werden. E' wird nherungsweise dem spannungs- und zeitabhngigen Sekantenmodul gleichgesetzt. Die fr den drnierten Modul angegebenen Werte entsprechen Setzungen nach 20 Jahren. Sie werden mit der Annahme erhalten, dass die Verteilung der Vertikalspannung der 2:1-Nherung folgt. Ferner deuten einige Untersuchungen darauf hin, dass diese Werte 50 % niedriger in schluffigen und 50 % hçher in kiesigen Bçden sein kçnnen. In vorbelasteten nichtbindigen Bçden kann der Modul betrchtlich hçher sein. Wenn Setzungen fr Sohldrcke grçßer als 2/3 des Bemessungssohldrucks im Grenzzustand der Tragfhigkeit berechnet werden, sollte der Modul auf die Hlfte der in dieser Tabelle angegebenen Werte gesetzt werden.

90

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

3.6.2.3 Tragfhigkeiten von Pfhlen Die Ergebnisse der Gewichtssondierung kçnnen unmittelbar fr die Bemessung von Pfhlen angewendet werden [136]. Die Lnge von gerammten Verdrngungunspfhlen aus Beton kann mithilfe der Tiefe des maximalen Sondierwiderstands der Gewichtssonde („undurchdringbarer“ Boden) abgeschtzt werden. blicherweise erhlt man die erforderliche Spitzentragfhigkeit von Pfhlen an oder bis zu 2 m unter der Tiefe, in der der maximale Sondierwiderstand erreicht wurde. Als sicherere Methode, die Pfahllnge fr Spitzendruckpfhle zu bestimmen, gelten jedoch Rammsondierungen. Norwegische Erfahrungen mit Mantelreibungspfhlen zeigen, wie man mithilfe des durchschnittlichen Sondierwiderstands entlang der vorgesehenen Pfahltiefe die Grçße der Mantelreibung (Tragfhigkeit des Pfahles) in Sanden ermitteln kann [136].

4

Bohrlochaufweitungsversuche

4.1

Gerte und Versuchsdurchfhrung

Die in EN 1997-1, Abschn. 3. 3. 10.5 erwhnten Gerte, mit denen Bohrlochaufweitungsversuche durchgefhrt werden, kçnnen aus heutiger Sicht allgemein wie folgt definiert werden [139]: Das Gert besteht aus einer zylindrischen Vorrichtung, mit der gleichmßiger Druck auf die Wand eines Hohlraums im Boden oder Fels, der fr diesen Versuch hergestellt wurde, aufgebracht wird. Der Begriff „Hohlraum“ wird bewusst verwendet, um zwischen dem Bohrvorgang zwischen den einzelnen Versuchsteufen und dem zur Herstellung des Hohlraums fr den eigentlichen Versuch zu unterscheiden. Der Bohrlochdurchmesser ist dabei gleich oder grçßer dem des Versuchshohlraums. Methoden zur Herstellung des Hohlraums sind in Tabelle 2 von [139] zusammengestellt. Whrend des Versuchs werden der aufgebrachte Druck und die Volumennderung oder die radiale Verformung der Vorrichtung der zylindrischen Vorrichtung gemessen. Daraus werden u. a. Festigkeits- und Verformungseigenschaften fr Bçden und Fels sowie fr Aufschttungen (Qualittskontrolle) abgeleitet (s. a. Tabelle 1). Die ersten diesbezglichen Untersuchungen gehen auf Kçgler zurck [140, 141]. Er entwickelte in den 1930er-Jahren ein Seitendruckgert, bei dem zwei halbzylindrische Halbschalen mechanisch gegen die Hohlraumwand gepresst werden. Das Gert wurde spter durch eine allseitig geschlossene Gummihlle mit Kopf- und Fußplatten ersetzt, die mit Pressluft aufgeblasen wurde. Dieses Verfahren wurde in den 50er-Jahren von Mnard zum dreizelligen Pressiometer-Test (obere Schutzzelle, Messzelle, untere Schutzzelle) weiterentwickelt [142, 143]. In diesem Zusammenhang muss das Seitendruckgert von Goodman [144] erwhnt werden, das fr die Anwendung in Fels entwickelt wurde. Danach setzte weltweit eine starke Verbreitung vom Typ des Prebored Pressuremeters (PBP) und anderer Typen ein. Um die Stçrungen an der Hohlraumwand whrend des Bohrvorgangs und des Einbringens des Gerts mçglichst gering zu halten, wurden Self-Boring Pressuremeter (SBP) unabhngig voneinander in Frankreich [145] und England [146] fr Anwendungen in Bçden und Fels entwickelt; dabei ist das Bohrwerkzeug in das Gert integriert (EN ISO 22476-6). Die Offshore-Anwendung gab schließlich den Anstoß zur dritten Generation der Bohrlochaufweitungsversuche, das Pushed-in oder Full Displacement Pressuremeter (FDP), z. B. [68, 69, 147]. Hierbei wird das Gert in die Spitze einer Drucksonde integriert

91

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

Bild 13. Schematische Darstellung einer Dilatometerausrstung (nach [151])

(EN ISO 22476-8). Im weitesten Sinne gehçrt dazu auch das NGI-Dilatometer als Weiterentwicklung des Flat Dilatometers (DMT) nach Marchetti (siehe z. B. [148, 149], CEN ISO/TS 22476-11). Ein sehr guter berblick ber den Stand der Technik wird in [139] gegeben. Letzte Entwicklungen zeigt [150]. Eine Reihe von Lndern haben bestimmte Gerte z. B. das Prebored Pressuremeter standardisiert. Die bekanntesten drften die franzçsische Norm NF P94-110 und die amerikanische Norm ASTM D 4719 sein. International wurden die gngigen Gerte in der Normenreihe EN ISO 22476 standardisiert. EN 1997-2 gibt allgemeine Hinweise zur Planung, Durchfhrung und Auswertung. Die in Deutschland gebruchlichen Gerte werden wie folgt unterschieden [151]: Das Dilatometer (Bild 13) ist ein zylindrisches Gert, bei dem zum Aufbringen eines gleichmßigen Drucks (durch Gas oder Flssigkeit) auf die Wandung einer Bohrung ein dehnbarer Gummipacker verwendet wird. Die Aufweitung der Bohrung wird in Abhngigkeit vom aufgebrachten Druck in ausgewhlten Richtungen mit elektrischen Wegaufnehmern gemessen (EN ISO 22476-5). Das Pressiometer (Bild 14) ist ein zylindrisches Gert, bei dem zum Aufbringen eines gleichmßigen Drucks auf die Wandung einer Bohrung ebenfalls ein Gummipacker verwendet wird. Die Aufweitung der Messzelle wird in Abhngigkeit vom Druck ber das eingepresste Flssigkeitsvolumen bestimmt (EN ISO 22476-4). Das Seitendruckgert (Bild 15) ist eine Vorrichtung, bei der zwei Halbschalen aus Stahl hydraulisch diametral gegen die Bohrlochwandung gedrckt werden, um das Bohrloch gerichtet aufzuweiten. Die Spreizung der Halbschalen wird in Abhngigkeit von der aufgebrachten Bodenpressung mit elektrischen Wegaufnehmern gemessen (EN ISO 22476-7). Die Arten der Gerte und ihre Einsatzmçglichkeiten sind in Tabelle 16 zusammengestellt. Erfahrungen mit einigen dieser Gerte sind z. B. in [34, 153–156] verçffentlicht. Tabelle 17 gibt eine bersicht ber die Daten einiger Self-Boring und Full Displacement Pressuremeter. ber entsprechende Untersuchungen zu den letzten beiden Gruppen wird z. B. in [157–162] bzw. [68, 69] berichtet.

92

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Bild 14. Schematische Ausrstung einer Pressiometerausrstung (nach [151])

Bild 15. Schematische Darstellung einer Versuchsausrstung mit dem Seitendruckgert (nach [151])

Der Sonderfall des Flat Dilatometer (DMT), s. CEN ISO/TS 22476-11 und [148, 149], umfasst die Ermittlung des Schichtenverlaufs (untersttzt durch Schlsselbohrungen), des Spannungszustands in situ sowie der Scherfestigkeits- und Verformungseigenschaften von bindigen Bçden und Sanden mit einem spatenfçrmigen Gert (Bild 16). Auf einer der Außenseiten des Gerts ist eine dnne kreisfçrmige Stahlmembran angebracht. Der Versuch eignet sich besonders fr den Einsatz in Bçden, deren Kçrnung im Vergleich zu den Abmessungen der Membran klein ist (z. B. Ton, Schluff und Sand).

Pressiometer Pressiometerversuch (en: Mnard pressuremeter test)

Seitendruckgert

3

4

Seitendruckversuch (en: Borehole jacking test)

Dilatometerversuch in Bçden (en: Soil dilatometer test)

Dilatometer

2

Dilatometerversuch in Fels (en: Rock dilatometer test)

Benennung Versuch (international)

Benennung Gert

Dilatometer

2

1

1

Nr.

4

5

BJT

zylindrische Halbschalen aus Stahl

diametral

mit elektrischen Wegaufnehmern

Seitendruckmodul EB Kriechmaß kB

101 146

66

dreikammriger radialGummipacker symetrisch

MPT

Mnard Modul EM Grenzdruck des Bodens pLM

73 101

einkammriger radialmit elektrischen Dilatometermodul ED Gummipacker symetrisch Wegaufnehmern an der Packer- Kriechmaß kD innenseite

SDT

volumetrisch

9

10

5 bis 1000

10 bis 1500

bis 5000

bis 50000

festem, ungeklftetem Fels

festem, ungeklftetem Fels

festem, ungeklftetem Fels

stark zerklftetem Fels und weichen Bçden

Empfohlener Einsatz empEinsatz fohlen bei eingeschrnkt Bohrlochdurchmesser einem Steifein modul Es [mm] [MPa] 86 101

Versuchsergebnis

Messung der Bohrlochaufweitung

8

einkammriger radialmit elektrischen DilatometerGummipacker symetrisch Wegaufnehmern modul ED an der Bohr- Kriechmaß kD lochwand

7

6

RDT

Art der Kurz- Vorrichtung zeichen fr Bohrloch- Belastung aufweitung

3

Tabelle 16. Einige Arten und Einsatzmçglichkeiten von Dilatometer, Pressiometer und Seitendruckgert (nach [151])

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

93

Pushed-in, FDP

Self-boring, SBP

Gruppe, intern. Kurzzeichen

[24]

[139]

APAGEO mini-pressiom tre

[139]

Pencel Pressuremeter

Fugro McClelland cone pressuremeter

[158]

Cambridge cone pressuremeter

[145]

PAF 76

[157]

[146]

Cambridge selfboring pressuremeter (CSBP)

Weak rock selfboring pressuremeter (RSBP)

Literatur

Internationale Bezeichnung

einkammriger Gummipacker

einkammriger Gummipacker

einkammriger Gummipacker

einkammriger Gummipacker

einkammriger Gummipacker

einkammriger, verstrkter Gummipacker

einkammriger Gummipacker

Vorrichtung fr Hohlraumaufweitung

volumetrisch

Federweg (elektrisch), drei Richtungen

volumetrisch

Federweg (elektrisch), drei Richtungen

Federweg (elektrisch), drei Richtungen

volumetrisch

Federweg (elektrisch), drei Richtungen

Messung der Hohlraumaufweitung

32

44

10

10,3

4

10

44

31

5,5

2

6

73

132

84

Durchmesser Lnge/ mm Durchmesser

Tabelle 17. bersicht ber einige kommerziell verfgbare Self-Boring und Pushed-In Pressuremeter (in Anlehnung an [139])

allen Bçden mit Ausnahme von Kies

allen Bçden mit Ausnahme von Kies

allen Bçden mit Ausnahme von Kies

allen Bçden mit Ausnahme von Kies

festen Tonen, sehr dichten Sanden und weichem Fels

allen Bçden mit wenig oder keinem Kiesanteil

allen Bçden mit wenig oder keinem Kiesanteil

Einsatz in

94 Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

95

Bild 16. Schematische Darstellung einer DMT-Ausrstung und des Messprinzips (nach CEN ISO/TS22476-11)

Die Grundlage des Versuchs ist wie folgt: Das Gert wird z. B. mit einer Vorrichtung zum Einbringen von Drucksonden vertikal eingedrckt. In der fr den Versuch ausgewhlten Tiefe wird zunchst der Kontaktdruck po des Bodens festgestellt, wenn die Membran glatt an dem Gert anliegt. Danach wird der mit Gas aufgebrachte Druck p1 gemessen, der erforderlich ist, um im Mittelpunkt der Membran eine Verformung von 1,10 mm zu erzeugen. Bild 16 zeigt die Versuchseinrichtung und das Messprinzip. Erfahrungen mit dem Gert wurden u. a. in [152, 163–167] verçffentlicht. Bei den Ergebnissen der mit Bohrlochaufweitungsversuchen ermittelten Parameter wie z. B. dem Mnard-Modul EM des MPT (Tabelle 16 und Abschn. 4.2) handelt es sich nicht um geotechnische Kenngrçßen, sondern zunchst um gertespezifische Parameter. Es muss daher darauf hingewiesen werden, dass die Versuche genau nach den fr das jeweilige Gert

96

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

geltenden Vorschriften durchzufhren und auszuwerten sind, um reproduzierbare und verlssliche Ergebnisse zu erhalten (s. [139] und EN 1997-2, Abschn. 4.4.4). Zu den Schritten der Versuchsdurchfhrung gehçren je nach Gert im Wesentlichen: 1. Kalibrierung vor dem Versuch (Druck- bzw. Kraftmesssystem, Volumen- bzw. Wegmesssystem, Systemausdehnung, Korrekturwert fr Packer/Membransteifigkeit). 2. Herstellen des Versuchshohlraums (Vorbohren, Bohrung des Versuchsraums oder Einpressen) und Einbringen des Gerts mit mçglichst geringer Stçrung der Wandung. 3. Ausfhrung des Versuchs mit entsprechender Datenaufnahme; Aufbringen des Drucks in konstanten Laststufen bzw. Erzeugung von Stufen gleicher Hohlraumverformung (Erstund zyklische Belastung). 4. Korrektur der Messwerte (hydrostatischer Druck, Membransteifigkeit, Systemausdehnung, Porenwasserdruck). 5. Protokollierung (Bohr- und Versuchsnummer, Angaben ber Gerte- und Komponententypen, Bohrergebnisse etc.). 6. Kalibrierung nach jeder Versuchsserie (wie Schritt 1).

4.2

Auswertung

4.2.1

Allgemeines

Die Ermittlung der gertespezifischen Ergebnisparameter der jeweiligen Versuche ist wesentlich komplexer als bei allen anderen Feldversuchen, die in diesem Kapitel behandelt werden. Als Beispiel wird im Folgenden die Auswertung der Messdaten eines Pressiometerversuchs nach Mnard (MPT) umrissen (s. EN 1997-2, Abschn. 4.4).

Bild 17. Schematische Darstellung der Bestimmung vom EM und pLM aus den Ergebnissen eines Pressiometerversuchs

97

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

Der Mnard-Modul EM und der Grenzdruck pLM werden aus den korrigierten Versuchsergebnissen nach Bild 17 ermittelt. Aufgetragen werden die Volumennderung DV ber den aufgebrachten Druck p (oberer Teil von Bild 17) sowie DV/Dp ber p (unterer Teil von Bild 17). Als Grenzdruck wird der Druck definiert, der zur Verdoppelung des Volumens der Messzelle erforderlich ist und einem eingepressten Flssigkeitsvolumen von V = Vc + Vr entspricht. Darin ist Vc das Volumen vor Versuchsbeginn, und Vr entspricht dem bei pr gemessenen Volumen. Dabei ist pr der Druck, bei dem DV/Dp am kleinsten ist. In Tabelle 18 sind die wesentlichen Versuchsergebnisse fr einige Gertetypen zusammengestellt. Einzelheiten hierfr sind den angegebenen Richtlinien zu entnehmen. Tabelle 18. Ergebnisse aus verschiedenen Bohrlochaufweitungsversuchen und abgeleitete Steifemoduli Eoed.

Versuch

Versuchsergebnis

Steifemodul Eoed

RDT

Dilatometermodul: ED = (1 + n)  d/Dd  Dpd Kriechmaß: kD = (d2 – d1)/log (t2/t1)

MPT

Mnard-Modul: EM = 2,66 V  Dp/DV Grenzdruck: PLM aus Bild 17 oder pLM = 1,7 pf – 0,7 sHS

BJT

Seitendruckmodul: EB = f  d  Dp/Dd Kriechmaß: kD = (d2 – d1)/log (t2/t1)

DMT

Materialindex: IDMT = (p1 – po)/(po – uo) Horizontalspannungsindex: KDMT = (po – uo)/s'vo

Eoed ¼

EDE ð1  nÞ ð1 þ nÞð1  2nÞ

Eoed = EM/a

Eoed ¼

EBE ð1  nÞ ð1 þ nÞð1  2nÞ

Eoed = Rm · EDMT

Gl.-Nr.

Erluterungen in

(18)

EN 1997-2; DIN 4094-5

(19)

EN 1997-2; DIN 4094-5

(20)

DIN 4094-5

(21)

EN 1997-2

Aufgrund der Vielfalt der verfgbaren Gertetypen, die Versuche in Bçden und Fels ermçglichen, sowie der nunmehr nahezu 50-jhrigen Erfahrung auf diesem Gebiet lassen sich heute eine Reihe von Parametern, die bestimmte Bodeneigenschaften reprsentieren, aus den Versuchsergebnissen ableiten (s. Tabelle 1.1 in [24] und Tabelle 10 in [139]). Dazu gehçren u. a.: Konsolidierungsverhltnis, Lagerungsdichte, Bodenverflssigung, horizontaler Spannungszustand (z. B. [168]), Spannungs/Verformungsverhalten, Porenwasserdruck, Wasserdurchlssigkeitsbeiwert (siehe z. B. [169]). Inzwischen haben die Ergebnisse aus Bohrlochaufweitungsversuchen international Eingang in die Anwendung fr die geotechnische Berechnung und Bemessung von Flach- und Pfahlgrndungen gefunden. Dazu haben sowohl systematische Großversuchsserien und strikte Vorschriften, z. B. [153] und Fascicule 62 als auch Detailuntersuchungen im Labor, z. B. [170], beigetragen. Besonders bei Tiefgrndungen scheinen die Anwendungen zuzunehmen (z. B. [171–174]). Auch fr Anwendungen in der Spundwandbemessung, bei

98

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Stabilittsuntersuchungen von Bçschungen und im Tunnelbau sind viele Fallbeispiele bekannt [139]. Jedoch sollten auch die kritischen Stimmen nicht berhçrt werden (z. B. [175]). Grundstzlich sind wie bei der Anwendung von Sondierergebnissen (Abschn. 3) auch hier zwei Verfahrensweisen zu unterscheiden [139] (s. a. Bild 1): Einmal empirische oder theoretische Ableitung geotechnischer Kenngrçßen, die dann in Berechnungsverfahren eingehen; zum anderen empirische oder halbempirische Verfahren, die mithilfe der Versuchsergebnisse unmittelbar Eingangswerte fr Berechnungsverfahren liefern. In beiden Fllen sind EN 1997-1 und EN 1997-2 zu beachten. Festzuhalten ist auch, dass bei allen empirischen wie halbempirischen Verfahren die çrtliche Erfahrung eine entscheidende Rolle spielt.

4.2.2

Ableitung geotechnischer Kenngrçßen

Scherfestigkeit Fr die Bestimmung des Winkels des Scherwiderstands j' von Sanden wird i. Allg. so vorgegangen, dass fr den gegebenen Boden ein Modellgesetz entwickelt wird, an das die jeweiligen Versuchsergebnisse angepasst werden. Aus diesem halbempirischen Modellgesetz lsst sich dann j' ableiten. Beispiele fr empirische und halbempirische Verfahren sind z. B. in [69, 139, 170, 177] angegeben. In der Regel werden hierzu nur Ergebnisse von SBP-Versuchen verwendet. Die vorliegenden Erfahrungen sind noch nicht groß [139]. Zudem hngen die Verfahren stark von den çrtlichen Gegebenheiten ab, fr die sie entwickelt wurden. Jngere Versuche, den Winkel des Scherwiderstands unmittelbar mit einer Art Pressiometer-Scherversuch („Phicometer“) zu ermitteln, z. B. [176], mssen wenigstens zum jetzigen Zeitpunkt kritisch betrachtet werden. Die physikalischen Verhltnisse in der Scherfuge sind unbersichtlich. Daher muss angenommen werden, dass nicht der tatschliche Winkel der Scherfestigkeit des ungestçrten Bodens gemessen wird. Erste unabhngige Untersuchungen zeigten erhebliche Streuungen selbst in Schluff-Schichten, von denen angenommen werden kçnnte, dass sie aufgrund ihrer Sedimentationsgeschichte relativ homogen sein mssten [176]. Es bleibt abzuwarten, was zuknftige Erfahrungen ber die Aussagefhigkeit und Anwendungsmçglichkeiten erbringen werden. Die undrnierte Scherfestigkeit cu von bindigen Bçden kann unmittelbar aus dem oberen Teil einer SBP-Versuchskurve entnommen werden. Es hat sich weiterhin gezeigt, dass sich sowohl cu als auch der Anfangsschermodul Gi mit der Schlagzahl N des SPT korrelieren lassen [178]. Dagegen werden fr die Ermittlung von cu aus PBP-Versuchen empirische oder halbempirische Verfahren verwendet, bei denen z. B. der Grenzdruck pLM zu cu aus Laborversuchen oder Flgelscherversuchen in situ in Beziehung gesetzt wurde [139, 154, 156, 179]. Gleichung (22) aus [154], wo weitere Beziehungen angegeben sind, ist ein Beispiel fr die Ermittlung von cu aus Ergebnissen von MPT-Versuchen in Tonen: cu = 25 + (pLM – sh)/10 Darin sind: pLM Grenzdruck nach Bild 17 Horizontalspannung in der Untersuchungstiefe sh

(22)

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

99

Gleichung (23) ist ein Beispiel fr die Ermittlung von cu aus dem DMT-Versuch nach EN 1997-2, Abschn. 4.10.4: cu = 0,22 s'vo (0,5 KDMT)1,25

(23)

Darin sind: s'vo mittlere Normalspannung am Untersuchungspunkt vor dem Einbringen des Gerts KDMT Horizontalspannungsindex (Tabelle 18) So ermittelte cu-Werte korrelieren gut z. B. fr jngere Meeresablagerungen (Sande ber feinkçrnigen Schichten) mit den nach Gl. (12) bestimmten Werten aus CPTU-Versuchen [180]. Pressiometerversuche eignen sich sehr gut fr die Ermittlung des Schubmoduls (bei Erstbelastung und bei zyklischer Belastung) sowohl in Bçden als auch im weichen Fels [68, 69, 155, 156, 161]. Gemß den entsprechenden Auswerteverfahren (NF P94-110, ASTM D 4719) wird fr die Erstbelastung der Schubmodul aus dem mittleren, nahezu linearen, elastischen Verlauf der Ergebniskurve (Bild 17) ermittelt: GM = (Vo + Vm) Dp/DV

(24)

Darin sind: Vo Volumen der Messzelle vor der Belastung Mittelwert des Volumens im nahezu linearen, elastischen Bereich Vm In [155] wird ein modifiziertes Auswerteverfahren vorgeschlagen, um die Ergebnisse von MPT-Versuchen mit denen von SBP-Versuchen vergleichbar zu machen. Zusammendrckbarkeit In Tabelle 18 sind die Gleichungen zur Ableitung des Steifemoduls Eoed aus den Ergebnissen einiger Gerte zusammengestellt (Gln. 18–21). Dabei handelt es sich bei den Gln. (19) und (21) fr MPT und DMT um empirische Beziehungen; Werte fr a in Gl. (19) und fr Rm in Gl. (21) werden in EN 1997-2, Anhang E.2 und J angegeben. Fr die Ableitung des Steifemoduls Eoed aus RDT- und BJT-Ergebnissen (Tabelle 18) ist Folgendes zu beachten (s. EN ISO 22476-7, Bild D.2). Der im mittleren Bereich des Entlastungsastes als Sekantenmodul bestimmte Entlastungsmodul EDE bzw. EBE kommt erfahrungsgemß dem Young’s Modul E' (Elastizittsmodul) des untersuchten Materials sehr nahe. Dabei ist der mittlere Bereich als 30 bis 70 % des Druckbereichs zwischen dem oberen Umkehrpunkt des Zyklus und dem vollen Entlastungsdruck (0 %) definiert. Unter der Annahme, dass sich der Fels bzw. der Boden linear-elastisch, homogen und isotrop verhlt, darf Eoed nach Gl. (18) bzw. (20) bestimmt werden. Neben dieser Betrachtungsweise wird auch versucht, Eoed mit Versuchergebnissen unmittelbar zu korrelieren wie z. B. mit dem DMT-Materialindex [181]. 4.2.3

Tragfhigkeit von Flachgrndungen und Pfhlen

Flachgrndungen Die unmittelbare Anwendung von MPT-Ergebnissen fr die Berechnung der Tragfhigkeit von Flachgrndungen ist ein gutes Beispiel dafr, wie ein halbempirisches Berechnungs-

100

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

verfahren systematisch zu einem Standardverfahren ausgebaut werden kann, siehe unter Normen Fascicule 62 und [153]. So kann z. B. die Tragfhigkeit bei lotrechter Belastung nach EN 1997-2, Anhang E.1 mit folgender Gleichung ermittelt werden: R/A’ = svo + k (pLM – po)

(25)

Darin sind: R Tragfhigkeit der Grndung bei lotrechter Belastung A‘ wirksame Grundflche gesamte Anfangsvertikalspannung in der Grndungssohle svo reprsentativer Wert des Grenzdrucks nach Mnard in der Grndungssohle der pLM Flachgrndung Ko (sv – u) + u; mit Ko normalerweise gleich 0,5, sv als der totalen Vertikalpo spannung in der Versuchstiefe und u als dem Porenwasserdruck in dieser Tiefe k Tragfhigkeitsbeiwert in Abhngigkeit von der Bodenart und pLM, aus EN 1997-2, Tabelle E.1 B Grndungsbreite L Grndungslnge quivalente Tiefe der Grndung De Fr die gerade bei Flachgrndungen wichtigen Setzungsberechnungen enthlt EN 1997-2, Anhang E.2 ein entsprechendes Beispiel, fr das MPT-Ergebnisse als Eingangswerte dienen.

Pfhle Ebenfalls basierend auf MPT-Ergebnissen kann die Pfahltragfhigkeit Q in Sand wie folgt bestimmt werden (EN 1997-2, Anhang E.3): Q = A  k (pLM – po) + P S(qsi  zi)

(26)

Darin sind: A Aufstandsflche des Pfahls, die fr Pfhle mit geschlossener Spitze dem Pfahlquerschnitt und bei Pfhlen mit offener Spitze einem Teil davon gleichzusetzen ist reprsentativer Wert des Grenzdrucks in der Tiefe der Pfahlspitze, korrigiert fr pLM eine eventuell darunter befindliche weiche Schicht Ko (sv – u) + u; mit Ko blicherweise gleich 0,5 mit sv als der totalen Vertikalpo spannung in der Tiefe des Einzelversuchs und mit u als dem Porenwasserdruck in dieser Tiefe k Tragfhigkeitsfaktor in Abhngigkeit von der Bodenart, pLM und Pfahltyp, aus EN 1997-2, Tabelle E.4 P Umfang des Pfahls Einheitsmantelreibung der Bodenschicht i nach Bild C.1 in EN 1997-2, zu qsi bestimmen in Verbindung mit Tabelle E.5 in EN 1997-2 Dicke der Bodenschicht i zi Verfahren zur Abschtzung der Setzungen von Pfahlgrndungen liegen ebenfalls vor [139, 182]. Weiterhin ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass eine Reihe erprobter Verfahren verfgbar sind, mit denen die horizontale Tragfhigkeit von Pfhlen ermittelt werden kçnnen (z. B. [139, 186]).

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

4.2.4

101

Vergleich mit Ergebnissen anderer Feldversuche

Wenn die Ergebnisse aus Bohrlochaufweitungsversuchen nach den Tabellen 16 und 17 (einschließlich des DMT) in herkçmmlichen Berechnungsverfahren verwendet werden, muss der Nachweis gefhrt werden, dass die aus den Bohrlochaufweitungsversuchen abgeleiteten geotechnischen Kenngrçßen denen entsprechen, die fr Berechnungsverfahren benutzt werden. Dies hat zu einer Reihe von Untersuchungen gefhrt, die den Vergleich zwischen den aus Bohrlochaufweitungsversuchen abgeleiteten Kenngrçßen mit denen aus herkçmmlichen Laborversuchen (z. B. Dreiaxialversuchen) sowie aus Feldversuchen (z. B. Sondierungen) beinhalten. Beispiele hierfr werden in [68, 107, 154–164, 166] gegeben. Es ist daher nahe liegend, dass z. B. aufgrund unterschiedlicher Berechnungsverfahren fr Setzungen versucht wird, Beziehungen zwischen den verschiedenen E-Moduli herzustellen. Dies gilt gleichermaßen fr die Ergebnisse aus Pressiometerversuchen (siehe z. B. Tabelle 18 oder [183, 184]) als auch fr die aus DMT-Versuchen [185].

5

Bestimmung der Dichte

5.1

Gravimetrische Verfahren

Felduntersuchungen zur Bestimmung der Dichte sind in besonderem Maße in nichtbindigen Bçden erforderlich, weil bei ihnen die Entnahme von Sonderproben aus Bohrlçchern nicht mçglich ist (s. Abschn. 2.4). Die dafr infrage kommenden Versuche sind in DIN 18125-2 genormt. Im Wesentlichen beruhen alle Versuche darauf, dass ein definiertes Volumen des Bodens in situ ermittelt und dessen Masse bestimmt werden, woraus sich die Dichte ergibt als: r = m/V

(27)

Darin sind: m Masse der entnommenen Probe (feucht oder trocken) V Volumen der entnommenen Probe Whrend sich die Bestimmung der Masse durch Wgung als einfach darstellt, ist der Einsatz des Verfahrens zur Bestimmung des Volumens von der angetroffenen Bodenart abhngig. So ist die Entnahme von Sonderproben aus Schrfen, aus dem Planum und aus der Grndungssohle mit Ausstechzylindern mçglich, wenn der Boden keinen Kiesanteil, d. h. Kçrner mit einem Durchmesser > 2 mm, enthlt. Anderenfalls sind die sogenannten Ersatzverfahren anzuwenden. Hierbei wird der Hohlraum, der durch die Probenentnahme entstanden ist, mit einem Ersatzstoff gefllt. Das Volumen dieses Hohlraumes wird durch das Volumen des dazu verbrauchten Ersatzstoffes bestimmt. Die einzelnen Versuche unterscheiden sich im Wesentlichen nur in der Art, wie der Hohlraum gemessen wird. Tabelle 19 gibt die entsprechende bersicht. Stehen nichtbindige Bçden in Tiefen an, die durch die o. a. oberflchennahen Untersuchungen nicht mehr erreicht werden kçnnen, sind zur Beurteilung der Dichte radiometrische Verfahren (s. Abschn. 5.2) oder Ramm- bzw. Drucksondierungen (s. Abschn. 3.2 bis 3.4) erforderlich. Bei den Sondierungen wird allerdings nicht die absolute Dichte r, sondern die bezogene Dichte ID ermittelt, die ber den Verdichtungszustand eines nichtbindigen Bodens Auskunft gibt.

102

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Tabelle 19. Bezeichnung und Eignung der Versuche zur Volumenermittlung (in Anlehnung an DIN 18125-2)

Kurzzeichen

Verfahren

A

Ausstechzylinder

DIN 18125-2-F-A

ohne Grobkorn

Fein- bis Mittelsande



B

Ballon

DIN 18125-2-F-B

alle

Fein- bis Mittelsande, Kies-Sand-Gemische, sandarmer Kies



Fein- bis Mittelsande, Kies-Sand-Gemische, sandarmer Kies



Fein- bis Mittelsande, Kies-Sand-Gemische, sandarmer Kies



F

G

a)

Bezeichnung Anwendbarkeit in des Versuchs nach DIN 18125-2 bindigen Bçden nichtbindigen Bçden Steinen und Blçckena)

Flssigkeitsersatz

DIN 18125-2-F-F

Gipsersatz

DIN 18125-2-F-G

alle

alle

S

Sandersatz

DIN 18125-2-F-S

alle

Fein- bis Mittelsande, Kies-Sand-Gemische



Sch

Schrfgrube

DIN 18125-2-F-Sch

alle

Fein- bis Mittelsande, Kies-Sand-Gemische

alle

mit geringen Beimengungen

5.2

Radiometrische Verfahren

Radiometrische Verfahren, die heute hufig den geophysikalischen Verfahren zugeordnet werden (s. Abschn. 6) sind solche, bei denen die Strahlungen radioaktiver Isotope mithilfe von Zhlgerten gemessen und die Messwerte in Beziehung zur Dichte und zum Wassergehalt des Bodens gesetzt werden (die frhere Bezeichnung lautete deshalb auch „Isotopensonde“). Hierfr werden zwei Arten von Strahlungen verwendet: – Gamma-Strahlung (g-Strahlung); sie besteht aus elektromagnetischen Wellen hoher Energie oder aus Gamma-Teilchen (g-g-Sonde); – Neutronenstrahlung (n-Strahlung); sie besteht aus elektrisch neutralen Partikeln mit der Massenzahl 1 (Neutronensonde). Die radiometrischen Messeinrichtungen bestehen aus der Strahlenquelle, dem Detektor zum Messen der Strahlenintensitt und einem Impulszhlgert. Die Kombination von Strahlenquelle und Detektor wird als Strahlensonde bezeichnet. Dabei werden zwei Hauptgruppen von Gerten unterschieden: Gerte, die fr den oberflchennahen Einsatz, z. B. zur Verdichtungskontrolle, entwickelt wurden (Oberflchensonden), und solche, die fr die Tiefenerkundung des Baugrunds eingesetzt werden (Tiefensonden). Bild 18 zeigt die Anordnung dieser Komponenten fr eine g-g-Sonde sowie eine Neutronensonde als Tiefensonden. Die Anwendung radiometrischer Methoden unterliegt gesetzlichen Auflagen; sie ist genehmigungspflichtig. Vorschriften zur Strahlenschutzberwachung, zur Befçrderung, zur Lagerung und Kalibrierung der Strahlensonde scheinen den aktiven Anwenderkreis immer noch einzuengen. DIN 18125-2 verweist auf [187], wo die Verfahren ausfhrlich beschrie-

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

Bild 18. Beispiel einer g-g-Sonde und einer Neutronensonde (ohne Abschirmung) nach [17]

Bild 19. Ergebnisse einer Gammastrahlen- und Neutronenmessung zur Bestimmung der Dichte r, des Wassergehalts W und der Trockendichte rd

103

104

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

ben sind (Begriffe, Bezeichnungen, Gerte, Kalibrierung, Durchfhrung der Messungen, Strahlenschutz etc.). Strahlensonden fr den Einsatz als Tiefensonden werden heute bereits in Drucksondenspitzen integriert [24, S. 186 ff., 78–80, 188]. Zur Auswertung werden die Dichte r, der Wassergehalt W und die Trockendichte rd ber die Tiefe aufgetragen (Bild 19). Der Einsatz als Verdichtungskontrolle bei Schttungen und Verfllungen hat sich bewhrt. In Verbindung mit Schlsselbohrungen und z. B. mit Drucksondierungen [189] ergeben sich wertvolle Hinweise ber den Schichtenaufbau gewachsener Bçden und ihrer Eigenschaften. Diese Art der Anwendung hat in den vergangenen Jahren durch die Kombination der radiometrischen Verfahren mit CPTU-Gerten (siehe oben) an Bedeutung gewonnen. Im Allgemeinen eignen sich radiometrische Verfahren besonders fr den Einsatz in nichtbindigen Bçden (z. B. [81, 188]); inzwischen liegen jedoch bereits Erfahrungen in tonigen Bçden vor (z. B. [80, 190]).

6

Geophysikalische Verfahren

6.1

Allgemeines

Geophysikalische Untersuchungen des Baugrunds sind nur dann sinnvoll, wenn sie in ein ausgewogenes Gesamtprogramm geologisch-geotechnischer Erkundungen eingebunden sind. In Verbindung mit Aufschlussbohrungen und Sondierungen kçnnen sie eingesetzt werden: – bei Voruntersuchungen großflchiger Projekte zur Feststellung des Tiefenverlaufs von Locker- und Festgesteinsschichten; – bei Hauptuntersuchungen als Ergnzung zur boden- und felsmechanischen Baugrunderkundung; – zur Ortung geologischer Stçrungs- und Verbruchzonen sowie von Schichtanomalien; – zur Ortung von historischen Objekten, Fremdkçrpern oder Hohlrumen im Untergrund; – zur Ortung von Sickerwasser-Leckagen und Wasserwegen sowie zur berwachung der Ausbreitung von kontaminierten Grundwasserfronten und Salzfahnen im Untergrund. Neben diesen Erkundungen, die die Baugrundkenntnis zwischen den Aufschlssen durch Bohrungen vervollstndigen, bietet die Geophysik die Mçglichkeit, geotechnische Kennwerte des Baugrunds wie Dichte, Wassergehalt, dynamische Elastizittsparameter usw. zu bestimmen. Unerlsslich ist der Einsatz der Geophysik bei der Ermittlung und Einschtzung von Erschtterungswirkungen auf Baugrund und Bauwerk. Ihr Einsatz in Verbindung mit geotechnischen Untersuchungsmethoden hat inzwischen erheblich zugenommen (siehe z. B. [191, 192]). Das Beiblatt 1 zur DIN 4020 gibt eine bersicht ber die geophysikalischen Oberflchenbzw. Bohrlochverfahren und ihre Merkmale (Tabellen 20 und 21). Bei den inzwischen zahlreichen Anwendungen in der Praxis hat es sich als zweckmßig erwiesen, mehrere Verfahren zu kombinieren, um die Aussagesicherheit zu erhçhen [193–198]. Da der Einrichtungs- und Personalbedarf der meisten angebotenen Verfahren gering ist, bleiben die damit verbundenen Kosten vertretbar. Die Planung der Erkundungsmaßnahmen sollte alle bereits bekannten Erkenntnisse ber den Baugrund einbeziehen. Ferner sind die erwnschten Untersuchungsziele mçglichst eindeutig zu beschreiben. Die Interpretation der gewonnenen Messergebnisse verlangt vom Geophysiker Erfahrung und Vertrautheit mit den Anforderungen einer Baugrunderkundung.

Messprinzip

Verfahren

Seismik

Geoelektrik, Widerstandsmessung

Elektromagnetik Erzeugung eines elektromagnetischen Feldes

Bodenradar

Zeile

1

2

3

4

Aussendung hochfrequenter elektromagnetischer Wellenzge

Einbringen von Gleich- oder Wechselstrom ber Elektroden

Erzeugung seismischer Wellen, z. B. durch Sprengung, Hammerschlag, Fallgewicht, Vibrationsquellen

2

Spalte 1 Bemerkungen/Anwendungsgrenze

Voraussetzung fr die Bestimmung von Schichtgrenzen: deutliche nderung der Wellengeschwindigkeit oder der Dichte an Schichtgrenzen (Grundwasser kann Aussage einschrnken). Kann auch von der Wasseroberflche aus eingesetzt werden. Voraussetzung: Gelnde im untersuchten Bereich frei von metallischem Material (z. B. Hochspannungs- und Versorgungsleitungen); viele Verfahrensweiterentwicklungen anwendbar. Erkundungstiefe betrgt in etwa 1/3 des Elektrodenabstands; gut leitende Schichten (z. B. Tone und Mergel) vermindern die Eindringtiefe. Voraussetzung: Unterschied der elektrischen Leitfhigkeit von Anomaliekçrper und Umgebung. Wird ohne Bodenkontakt eingesetzt. Geringe Eindringtiefe bei hoher elektrischer Leitfhigkeit des Untergrunds. Stçrungen durch Stçrfelder. Schnelles Flchenverfahren.

Bestimmung von Lage und Verlauf von Schichtgrenzen, von Geschwindigkeiten seismischer Wellen und von dynamischen Elastizittsparametern; Hinweise auf Boden- oder Felsarten Bestimmung der elektrischen Leitfhigkeit des Baugrunds, der Lage der Grundwasseroberflche; Ansprache von tonhaltigen Bçden, Stçrungszonen, Grabenstrukturen, Wasserwegsamkeiten, Fundamenten, Hohlrumen, Auflockerungszonen, Altlasten, Schadstoffausbreitung Feststellung von Anomalien, z. B. Spalten, Verwerfungen im Fels, Materialwechsel, Einlagerungen, anthropogene Materialien, metallisch leitende Rohrleitungen, Blindgnger, Spundwnde

Feststellung von Schichtgrenzen Voraussetzung: Deutliche nderung des und Hohlrumen elektrischen Widerstands (an Schichtgrenzen bzw. Hohlraumbegrenzungen). Kann auch aus der Luft eingesetzt werden. Je niedriger die Frequenz gewhlt wird, desto hçher ist die Eindringtiefe und geringer die Auflçsung.

Laufzeit und Wellenzge direkter, refraktierter und reflektierter Wellen zwischen Anregungspunkt und Aufnehmern scheinbarer spezifischer elektrischer Widerstand in Wm

nderungen des erzeugten elektromagnetischen Feldes, elektrische Leitfhigkeit in Siemens je Meter (S/m) Laufzeit und Wellenzge reflektierter Signale

5

Verwendung/Zweck

4

Messgrçßen

3

Tabelle 20. bersicht ber geophysikalische Verfahren an der Erdoberflche nach DIN 4020, Beiblatt

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

105

Messprinzip

Verfahren

Gravimetrie

Magnetik

Radiometrie

Thermografie

Zeile

5

6

7

8

Relativmessung der Oberflchentemperatur

Aussenden von Gamma- und Neutronenstrahlung; Messung von radioaktiver Strahlung

Vernderungen zum natrlichen Magnetfeld der Erde

Relativmessung der Massenanziehung

2

Spalte 1

Tabelle 20. (Fortsetzung)

Verwendung von Aufsetz- und Einstichsonden, siehe auch „Merkblatt ber die Anwendung radiometrischer Verfahren zur Bestimmung der Dichte und des Wassergehaltes von Bçden“ (FGSV-Nr. 591).

Bestimmung von Dichte und Wassergehalt des Untergrunds, Wasserwegsamkeiten

Intensitt (Zhlrate) von durchgehender bzw. rckgestreuter Strahlung

Referenzmesspunkte und klimatische Ermittlung von Grund- und Sickerwasseraustritten und von Zusatzmessungen erforderlich. oberflchennahen Grundwasserstrçmen, Erkundung von Stçrungszonen im Fels

Verfahren zum schnellen Vermessen großer Areale. Wird auch in der Archologie erfolgreich eingesetzt. berlagerungseffekte durch stark magnetisierte Stçrkçrper in der Nhe des zu ortenden Objekts. Ausreichender Abstand zu Stçrkçrpern notwendig: z. B. PKW (30 m), Hochspannungsleitung (150 m).

Auffinden magnetisierbarer Kçrper (z. B. Basalte) oder bewehrter Fundamente, Schrott, Ablagerungen usw.

Strke des Magnetfeldes in Nanotesla (nT)

Strahlungstemperatur

Voraussetzung: Deutliche Dichte-Unterschiede gegenber der Umgebung. Ergnzung durch andere geophysikalische Verfahren empfehlenswert. Schwierig in bebauten Bereichen auf Grund der komplizierten Schwerereduktionen. Zeitintensives Verfahren. Umfangreiche Auswertung.

Bemerkungen/Anwendungsgrenze

5

Feststellung von Hohlrumen (z. B. Dolinen, Stollen) und Einschlssen. Auffinden und Abgrenzen von verdeckten Altablagerungen, Auffllungen

Verwendung/Zweck

4

Schwerkraftdifferenzen in Mgal

Messgrçßen

3

106 Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

Messprinzip

Verfahren

Seismik: Crosshole-, DownholeMessungen

Akustik/ Sonic-Log

Geoelektrik: Widerstands-Log, Latero-Log, Microlatero-Log, Dipmeter

Geoelektrik: EigenpotentialLog

Radiometrie: Gamma-Log,

Zeile

1

2

3

4

5

Verwendung/Zweck

4

Hinweis auf Schichtgrenzen und auf Wasserdurchlssigkeit

Bestimmung von Schichtgrenzen, Auch in verrohrten und trockenen Schichtansprache (Tongehalt) Bohrlçchern anwendbar.

elektrische Spannung zwischen Bohrlochsonde und Gelndeoberflche Strahlungsintensitt (Zhlrate)

Messung des natrlichen elektrischen Potentials

Messung der natrlichen GammaStrahlung

Nur in unverrohrten und mit elektrisch Bestimmung der elektrischen leitender Flssigkeit gefllten BohrLeitfhigkeit zur Schichtanspralçchern anwendbar. che, Porosittsbestimmung, Ermittlung von Schichtgrenzen; Dipmeter: Bestimmung der Raumlage von Schichtgrenzen im Bohrloch

Stromstrke an Elektroden, Spannungen zwischen unterschiedlich angeordneten Sonden; scheinbarer spezifischer Widerstand

Gleichstrom- und Spannungsmessung an unterschiedlichen Elektroden-/Sondenanordnungen im Bohrloch

Nur in unverrohrten und mit elektrisch leitender Flssigkeit gefllten Bohrlçchern anwendbar, unsicher, Effekt nicht immer deutlich.

Ermittlung von Schichtgrenzen, Porositt, Klftigkeit, Schichtansprache

Reagiert stark auf Auskesselungen und Unregelmßigkeiten der Bohrlochwand. Nur in mit Flssigkeiten gefllten Bohrlçchern anwendbar; u. U. kann hinter der Verrohrung gemessen werden.

Die Ausbildung der Bohrlçcher muss einwandfreien Kraftschluss zum Aufnehmer ermçglichen, s. a. ASTM-Standard D4428/D4428M-00.

Bemerkungen/Anwendungsgrenze

5

Intervall-Laufzeiten zwischen Geber und Empfnger im Dezimeter- bis Meterbereich

Ermittlung der dynamischen Laufzeiten bzw. Moduln, Bestimmung von Geschwindigkeiten zwischen Bohrlçchern Schichtgrenzen, Schichtansprache („Crosshole“) oder zwischen Gelndeoberflche und Punkten im Bohrloch („Uphole“, „Downhole“)

Messgrçßen

3

Erzeugung und Empfang seismischer Wellen an der Bohrlochwand

Erzeugung seismischer Wellen in einem weiteren oder demselben Bohrloch oder an der Gelndeoberflche

2

Spalte 1

Tabelle 21. bersicht ber geophysikalische Bohrloch-Messverfahren (nach DIN 4020)

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

107

Messprinzip

Verfahren

Aussendung von Radiometrie: Gamma-Gamma- Gammastrahlung Log, Neutron-Log bzw. von Neutronen

Temperatur-Log Temperaturmessung und Salinitts-Log der Splung, Salinittsmessung

Kaliber-Log

Televiewer

Fernsehsonde (Optic-Shuttle)

Flowmeter

Zeile

6

7

8

9

10

11

Reagiert stark auf Auskesselungen und Unregelmßigkeiten der Bohrlochwand. Auch in verrohrten und trockenen Bohrlçchern anwendbar. Gleiches Messprinzip auch bei gerammten radiometrischen Tiefensonden, siehe auch „Merkblatt ber die Anwendung radiometrischer Verfahren zur Bestimmung der Dichte und des Wassergehalts von Bçden“ (FGSV-Nr. 591).

Bestimmung von Dichte bzw. Wassergehalt, Schichtansprache

Hinweise auf Grundwasserstrçmung

Intensitt (Zhlrate) der rckgestreuten Strahlung (GammaStrahlung bzw. von Neutronen)

Temperatur, Ionengehalt

Nur in mit akustisch transparenter Flssigkeit gefllten, unverrohrten Bohrlçchern anwendbar.

Ermittlung von Schichtgrenzen und Klften und ihrer Raumlage im Bohrloch, Schichtansprache; Grçße und Querschnitt des Bohrlochs

Laufzeiten und Wellenzge bzw. Signalamplituden der von der Bohrlochwand reflektierten Echos

Wasserwegigkeiten, Zu- oder Austritte von Wasser

Wird oft mit Temperatur- und Salinittslog in Kombination und bei Pumpversuchen eingesetzt; Ungenauigkeiten bei Auskesselungen.

Nur in luftgefllten Bohrungen oder in Bilder der Oberflche Ermittlung von Schichtgrenzen von der Bohrlochwand und Klften und ihrer Raumlage im klarer, ungetrbter Splung anwendbar. Bohrloch, Schichtansprache; Grçße und Querschnitt des Bohrlochs

Nur in unverrohrten Bohrlçchern sinnvoll, einseitige Ausbrche der Bohrlochwand verflschen die Messung.

Korrektur der durch unterschiedliche Durchmesser beeinflussten Messgrçßen, Lagebestimmung von Aufweitungen

Durchmesser und Querschnitt

Nur in Flssigkeit gefllten unverrohrten bzw. verfilterten Bohrlçchern anwendbar, Wartezeit erforderlich, bis Gebirgstemperatur erreicht wird.

Bemerkungen/Anwendungsgrenze

5

Verwendung/Zweck

4

Messgrçßen

3

Messen der FließFließgeschwindigkeit geschwindigkeiten auf Grund der Drehzahl eines Flgelrades

Fernsehkamera in der Bohrung

Erzeugung und Empfang hochfrequenter akustischer Wellen im Bohrloch; akustisches „Abtasten“ der Bohrlochwand

mechanisches Abtasten der Bohrlochweite

2

Spalte 1

Tabelle 21. (Fortsetzung)

108 Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

109

Im Rahmen eines groß angelegten Forschungsvorhabens „Methoden zur Erkundung und Beschreibung des Untergrundes von Deponien und Altlasten“ wurden in Deutschland die einschlgigen geophysikalischen Verfahren wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse wurden in [199] dargestellt. Zum Einsatz der Geophysik im Felsbau liegen mehrere Empfehlungen der International Society for Rock Mechanics vor [200–202] und ber Einsatzmçglichkeiten der Geophysik speziell im Straßenbau gibt ein Merkblatt der Forschungsgesellschaft fr Straßen- und Verkehrswesen e. V. Hinweise [203].

6.2

Kurzbeschreibungen der wichtigsten Verfahren

Bei der Baugrunderkundung von der Gelndeoberflche aus haben sich die Seismik, die Geoelektrik, die Elektromagnetik und das Bodenradar-Verfahren als besonders geeignet erwiesen: • Seismik: Durch einen Hammerschlag oder die Zndung einer Sprengladung breiten sich an der Gelndeoberflche und im Baugrund Schallwellen aus. Deren Laufzeit an der Oberflche und im Untergrund wird mit Geophonen an unterschiedlich entfernten Messpunkten registriert. Die Geschwindigkeit der Wellen im Baugrund ist abhngig von dessen Dichte, Porositt und elastischen Eigenschaften. Aus den Laufzeiten lassen sich bis in Tiefen von etwa 20 m Rckschlsse ziehen, z. B. auf die Mchtigkeit der Lockergesteinsberdeckung, auf Schichtgrenzen oder die Tiefenlage des Grundwasserspiegels. • Geoelektrik: Durch zwei Elektroden, die im Abstand a im Baugrund stecken, wird dort ein Gleichstromfeld erzeugt. ber zwei weitere Elektroden wird die Potenzialdifferenz im Boden gemessen und daraus bis zur Tiefe von etwa a/3 ein boden- und feuchtigkeitsspezifischer elektrischer Widerstand in Ohm · Meter abgeleitet. Durch schrittweises Vergrçßern des Abstandes a kann der Boden bis etwa in eine Tiefe von 50 m untersucht werden. Anhaltswerte fr spezifische Widerstnde sind: Fels, massiv > 5000; Fels, verwittert 100–1000; Ton, erdfeucht 5–20; Sand, erdfeucht > 100; Sand, nass > 50, Schluff, erdfeucht > 20, Sßwasser 20 [Wm]. Als Anwendungsbeispiel sei die Abgrenzung von Torf- oder Kleischichten sowie verlandeten Flussarmen zu den benachbarten Sanden, Schluffen und Kiesen oder das Auffinden von Hohlrumen und Lockerzonen genannt. • Elektromagnetik: Von einer fahrbaren Primrspule aus wird im Untergrund ein knstliches elektromagnetisches Feld erzeugt. Dort werden an elektrisch leitenden Gegenstnden (z. B. an metallischen Kabeln, Leitungen, Rohren und Metallschrott) Spannungen induziert, welche elektrische Wirbelstrçme zur Folge haben. Diese werden von einer Sekundrspule empfangen und mit dem Feld der Primrspule verglichen. Die Erkundungstiefe reicht bis etwa 5 m in den Baugrund hinein und kann neben bekannten Leitungen und Rohren unbekannte metallische Kçrper orten. Das Verfahren zeichnet sich durch eine hohe Messgeschwindigkeit aus; ber die Tiefenlage der Anomalien kann aber keine Aussage gemacht werden. • Bodenradar: Mit einer ber die Oberflche gezogenen Sender-Antenne werden elektromagnetische Impulse in den Boden eingeleitet und die z. B. an Schichtgrenzen reflektierten Signale mit einer Empfnger-Antenne registriert. Die Wellenausbreitung der Impulse hngt von der Dielektrizitt und Leitfhigkeit des Untergrundes ab. Je hçher die Leitfhigkeit des Anstehenden ist, desto mehr wird das Messsignal gedmpft. In tonigen Bçden ist daher die Eindringtiefe stark eingeschrnkt. Anhaltswerte fr erreichbare Tiefen liegen bei trockenen sandigen und kiesigen Lockergesteinen im Bereich von 2 bis maximal 10 m. Besonders geeignet ist das Bodenradar fr die Untersuchung des Straßenunterbaus im Zuge von Instandsetzungsmaßnahmen.

110

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

• Magnetik: Messung von Anomalien des Erdmagnetfeldes, verursacht durch die Magnetisierung knstlich hergestellter Kçrper wie Stahltrger, Rohrleitungen, Schrott, Blindgnger oder Stahlbetonfundamente im Untergrund. Mit „Magnetometern“, d. h. Sensoren in zwei verschiedenen Hçhen ber der Messflche angeordnet (z. B. Fçrstersonde oder Protonenmagnetometer), werden in der Vertikalen die Intensitt des Magnetfeldes und ihr Gradient gemessen. Es kçnnen nur Tiefen bis ca. 4 m erkundet werden, da die Strke des Magnetfeldes der von Objekten verursachten magnetischen Anomalien mit der 3. Potenz der Entfernung abnimmt. • Thermografie: Messung von Temperaturanomalien unterhalb von etwa 1,5 m Tiefe mit Temperatursensoren (Tiefenabstand etwa 1 m) in einem eingerammtem Hohlgestnge. Die Messgenauigkeit betrgt – 0,1 [204, 205]. Die Hauptanwendung dient der Ortung von Leckagen im Untergrund. Bei der Baugrunderkundung durch Aufschlussbohrungen kommen die geophysikalischen Verfahren, welche an der Gelndeoberflche eingesetzt werden, mit speziell entwickelten Sonden ebenfalls zur Anwendung. Darber hinaus haben sich ergnzend folgende Methoden als besonders geeignet erwiesen: Die Messung der natrlichen Gammastrahlung des Anstehenden (Gamma-Ray-Log), die Messung der Dichte der Locker- und Festgesteine mithilfe einer Gamma-Strahlensonde (Gamma-Gamma-Log), die Messung des Bohrlochdurchmessers lngs der Bohrachse (Kaliber-Log) sowie der Televiewer und der Optic-Scanner. • Gamma-Ray-Log: Beim Gamma-Ray-Log wird die natrliche Gammastrahlung der von der Sonde durchfahrenen Locker- und Festgesteinsschichten gemessen. Zur Messung wird das Bohrloch mit einem Szintillationszhler in gleichbleibender Geschwindigkeit befahren. Vor allem Tone und Tonsteine zeichnen sich dabei durch eine hohe Gammastrahlung aus. Dagegen sind Sande, Sandsteine und Kiese an einer geringen, Kalksteine und Salzgesteine an berhaupt keiner Gammastrahlung erkennbar [206]. • Gamma-Gamma-Log: Beim Gamma-Gamma-Log (s. a. Abschn. 5.2) wird das Bohrloch mit einer radioaktiven Strahlungsquelle durchfahren [207]. Dabei ist die Strahlungsquelle durch eine Bleiabschirmung von einem darber liegenden Detektor getrennt. Die radioaktiven Strahlen werden von den umgebenden Locker- und Festgesteinen entsprechend ihrer Dichte unterschiedlich gestreut, was vom Detektor registriert wird. Da das Streuvermçgen proportional zur Dichte steigt, kann nach einer Kalibrierung der Messeinrichtung die Dichte des Anstehenden ermittelt werden. Das Gamma-Gamma-Log liefert in einem Dichteintervall von 1,0 bis 2,5 g/cm3 zuverlssige Messwerte. • Kaliber-Log: Beim Kaliber-Log wird der Durchmesser des Bohrlochs gemessen. Dabei werden an einer im Bohrloch bewegten Sonde Gelenkarme gegen die Bohrlochwand gedrckt und die dem jeweiligen Bohrdurchmesser entsprechenden Auslenkungen der Arme registriert. Die Kenntnis des tatschlichen Bohrlochdurchmessers ist zur Auswertung der brigen Logs erforderlich. Außerdem sind starke Auskesselungen des Bohrlochs ein Indiz fr locker gelagerten, wenig standfesten Untergrund. • Televiewer: Der Televiewer macht sich den Umstand zunutze, dass Unterschiede der dynamischen Eigenschaften im Locker- und Festgestein, aber auch Klfte zu unterschiedlichen akustischen Reflexionen fhren. Als Messprinzip wird dabei das Impulsechoverfahren angewandt, bei dem ein in der Sonde angebrachter piezoelektrischer Wandler mit einer bestimmten Folgefrequenz Ultraschallimpulse aussendet und die Echos von der Bohrlochwand wieder empfngt. Durch elektronische Bildbearbeitungstechniken kann dann eine Art „Zeilenbild“ der Wandung aufgenommen und als Abwicklung dargestellt werden [208]. Das Verfahren funktioniert nur in wassergefllten Bohrungen.

1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

111

• Optic-Scanner: Mit dem optischen Scanner wird die Bohrlochwand Millimeter fr Millimeter aufgenommen und auf dem Bildschirm rechnerisch eine nach magnetisch Nord orientierte Abwicklung der Bohrlochwand erzeugt oder ein virtueller Kern konstruiert. Die Bildauflçsung beim optischen Scanner betrgt < 0,4 mm, sodass eine realittsnahe Abbildung der Bohrlochwandung entsteht. Die einzelnen Klfte und Gefgeelemente kçnnen mithilfe eines Programms zur Bildbearbeitung am Bildschirm eingezeichnet werden und erscheinen in der Abwicklung als sinusfçrmige Kurven, aus denen vom Rechner das Streichen und Fallen errechnet wird [208]. Das Verfahren mit dem optischen Scanner ist ber und unter Wasser einsetzbar, jedoch muss das Wasser im Bohrloch klargesplt sein.

7

Literatur

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Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

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1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

117

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118

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

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1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

119

[187] Forschungsgesellschaft fr das Straßenwesen: Anwendung radiometrischer Verfahren zur Bestimmung der Dichte und des Wassergehaltes von Bçden. Technische Prfvorschrift TP B-STB, Teil B.4.3, Kçln 1999. [188] Shrivastava, A. K., Mimura, M.: Radio-isotope cone penetrometers and the assessment of foundation improvement. 1st IC on Site Characterization, Atlanta 1998, Bd. 1, S. 601–706. [189] Homilius, J., Lorch, S., Muhs, H.: Vergleich von Meßergebnissen der Isotopensonde und der Drucksonde. Berichte aus der Bauforschung, Heft 37 (1964), S. 1–14, [190] Dasari, G. R. et al.: In situ evaluation of radioisope cone penetrometers in clays. ASTM Geotechnical Testing Journal 29 (2006), S. 45–53. [191] Foti, S., Butcher, A. P.: General report: Geophysical methods applied to geotechnical engineering. Proc. 2nd IC on Geotechnical and Geophysical Site Characterization, Porto 2004, S. 409–418. [192] Hohlfeld, T., Seidel, K.: Konsequenter Einsatz von geophysikalischen Methoden und ihre Verknpfung mit geotechnischen Verfahren bei der Baugrunderkundung von Infrastrukturprojekten – Beispiele aus der Praxis. Vortrge der Baugrundtagung 2006 Bremen, Deutsche Gesellschaft fr Geotechnik, Essen, S. 201–210. [193] Niedermeyer, S., Rahn, W., Effenberger, K.: Ingenieurgeophysikalische Untersuchungen fr Tunnelbauwerke an der Neubaustrecke Hannover-Wrzburg der Deutschen Bundesbahn. DGEGSymposium Messtechnik im Grundbau, Mnchen 1993, S. 43–48. [194] Gelbke, C., Rkers, E., Swoboda, U.: Hochauflçsende Baugruben- und Baugrunderkundung mit kombinierten geophysikalischen Verfahren im zentralen Bereich Berlin. Vortrge Baugrundtagung Stuttgart 1998, Deutsche Gesellschaft fr Geotechnik, Essen, S. 167–177. [195] Fecker, E., Reik, G.: Baugeologie. Enke-Verlag, Stuttgart 1996. [196] Lehmann, B., Falk, C., Dickmann, T.: Neue Entwicklungen zur Baugrunderkundung fr die 4. Rçhre Elbtunnel – Bericht ber ein Forschungsvorhaben. Vortrge Baugrundtagung Stuttgart 1998, Deutsche Gesellschaft fr Geotechnik, Essen, S. 189–200. [197] Wightman, N. R. et al.: Advances in site investigation practice for deep foundations, Tung Chung New Town, Lantau Island, Hon Kong. Proc. IC on Soil properties and Case Histories, Bali 2001, S. 511–519. [198] Dismuke, J. N. et al.: Characterizing geologic interfaces in sand, gravel, and cobble deposits. ASCE Geotechnical Special Publication 138 (2005), Paper No. II/5. [199] Knçdel, K., Krummel, H., Lange, G.: Handbuch zur Erkundung des Untergrundes von Deponien und Altlasten, Bd. 3: Geophysik. Springer-Verlag, Heidelberg, 1997. [200] ISRM: Suggested Methods for land geophysics in rock engineering. Int. Journ. of Rock Mechanics & Mining Sciences, Vol. 41 (2004), S. 885–914. [201] ISRM: Suggested Methods for Geophysical Logging of Boreholes. Int. Journ. of Rock Mechanics & Mining Sciences, Vol. 18 (1981), S. 69–84. [202] ISRM: Suggested Methods for borehole geophysics in rock engineering. Int. Journal of Rock Mechanics & Mining Sciences, Vol. 43 (2006), S. 337–368. [203] Forschungsgesellschaft fr Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Erd- und Grundbau: Hinweise zur Anwendung geotechnischer und geophysikalischer Messverfahren im Straßenbau, Kçln 2007. [204] Dornstdter, J.: Sensitive monitoring of embankment dams. Symposium on „Repair and Upgrading of Dams, Stockholm 1996, S. 259–268. [205] Dornstdter, J., Huppert, F.: Thermische Leckortung an Trogbauten mit tiefliegenden Sohlen. Vortrge Baugrundtagung Stuttgart 1998, Deutsche Gesellschaft fr Geotechnik, Essen, S. 179–187. [206] Cripps, A. C., McCann, D. M.: Use of the natural gamma log in engineering geological investigations. Engineering Geology, Vol. 55 (2000), S. 313–324. [207] Winter, M. G., Clarke, B. G.: Methods for determining representative density-depth profiles using nuclear density gauges. Gotechnique, Vol. 52 (2005), S. 519–525. [208] Fecker, E.: Anwendungsmçglichkeiten optischer und akustischer Scanner zur Baugrunderkundung. Fachseminar Messen in der Geotechnik 2006, Institut fr Grundbau und Bodenmechanik, Technische Universitt Braunschweig, S. 17–30.

120

Klaus-Jrgen Melzer, Ulf Bergdahl und Edwin Fecker

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1.2 Baugrunduntersuchungen im Feld

121

ENV 1997-3: Eurocode 7, Geotechnical Design, Part 3: Design assisted by field testing, 1990 (Deutsche Fassung: DIN V ENV 1997-3). EN ISO 14688-1: Geotechnical investigation and testing – Identification and classification of soil, Part 1: Identification and description, 2002 (Deutsche Fassung: DIN ISO 14688-1). EN ISO 14689-1: Geotechnical investigation and testing – Identification and classification of rock – Part 1: Identification and description, 2004 (Deutsche Fassung: DIN ISO 1489-1). EN ISO 22475-1: Geotechnical investigation and testing – Sampling and groundwater measurements, Part 1: Technical principles and execution, 2006 (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22475-1). CEN ISO/TS 22475-2: Geotechnical investigation and testing – Sampling and groundwater measurements, Part 2: Qualification criteria for enterprises and personnel, 2006 (Deutsche Fassung: DIN CEN ISO/TS 22475-2). CEN ISO/TS 22475-3: Geotechnical investigation and testing – Sampling and groundwater measurements, Part 3: Conformity assessment by third party, 2006 (Deutsche Fassung: DIN CEN ISO/TS 22475-3). EN ISO 22476-1: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 1: Electrical cone and piezocone penetration tests, 2008 (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22476-1). EN ISO 22476-2: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 2: Dynamic probing, 2005 (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22476-2). EN ISO 22476-3: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 3: Standard penetration test, 2005 (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22476-3). EN ISO 22476-4: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 4: Mnard pressuremeter test, 2009 (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22476-4). EN ISO 22476-5: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 5: Flexible dilatometer test, 2009 (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22476-5). EN ISO 22476-6: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 6: Self boring pressuremeter test (in Vorbereitung) (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22476-6). EN ISO 22476-7: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 7: Borehole jack test, 2009 (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22475-7). EN ISO 22476-8: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 8: Full displacement pressuremeter test (in Vorbereitung) (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22476-8). EN ISO 22476-9: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 9: Field vane test, 2009 (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22476-9). CEN ISO/TS 22476-10: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 10: Weight sounding test, 2005 (Deutsche Fassung: DIN CEN ISO/TS 22576-10). CEN ISO/TS 22476-11: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 11: Flat dilatometer test, 2005 (Deutsche Fassung: DIN CEN ISO/TS 22476-11). EN ISO 22476-12: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 12: Mechanical cone penetration test, 2009 (Deutsche Fassung: DIN EN ISO 22476-12). EN ISO 22476-13: Geotechnical investigation and testing – Field testing, Part 13: Plate loading test (in Vorbereitung). EN ISO 22282: Geotechnical investigation and testing – Geohydraulic testing, Part 1–6 (in Vorbereitung). Fascicule 62: R gles sur techniques de conception et de calcul des foundations des ouvrages du gnie civil. Fascicule 62 Titre V, 1993. Minist re de l‘Equipment, du Logement et des Transports, Paris. NF P94-110: Essai pressiomtrique Mnard, AFNOR, Paris la Defense, 1998.

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

1.3

123

Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor Paul von Soos und Jens Engel

1

Boden und Fels – Begriffe und Entstehung

Boden im bautechnischen Sinne ist die oberflchennahe, nicht verfestigte Zone der Erdkruste. Die Bestandteile sind miteinander nicht oder nur in so geringem Maße mineralisch verkittet, dass die Verkittung die Eigenschaften des Bodens nicht prgt („Lockergestein“). Fels ist jene Zone der Erdkruste, deren Bestandteile miteinander mineralisch fest verkittet sind. Seine Eigenschaften sind durch diese Verkittung und in der Regel zustzlich durch Systeme von Trennflchen bestimmt, entlang denen der Zusammenhalt aufgehoben ist („Festgestein“). Boden und Fels bilden Baugrund, wenn sie im Einflussbereich zu errichtender Bauwerke anstehen. Sie sind Baustoff, wenn sie zur Errichtung von Bauwerken oder Bauteilen dienen. Mineralischer Boden ist durch Verwitterung von Festgesteinen entstanden. Er steht entweder in ursprnglicher Lagerung an (Verwitterungsboden) oder er wurde durch Wind, Wasser oder Eis transportiert und abgelagert (Sedimente). Organische oder organogene Bçden enthalten Reste organischer Lebewesen. Von den Festgesteinen entstammt ein Teil dem flssigen Erdinneren: magmatische Gesteine (z. B. Granit). Ein anderer Teil hat sich aus Bçden und den Ausscheidungen der Gewsser gebildet, die unter Druck durch Verkittung (Diagenese) zu Sedimentgesteinen (z. B. Sandstein) umgewandelt wurden. Unter hohen Drcken und Temperaturen wurden magmatische und Sedimentgesteine zu metamorphen Gesteinen umkristallisiert (z. B. Gneis). Die gesteinsbildenden Vorgnge und der Kreislauf Verwitterung – Transport – Ablagerung – Verfestigung konnten im Laufe der Erdgeschichte durch nderung von Oberflchengestalt und Klima an beliebiger Stelle unterbrochen oder neu angesetzt werden. Die vielgestaltigen Mçglichkeiten in Ursprung und Geschichte erklren die große Mannigfaltigkeit der Bçden und Felsen und das weite Band, in dem ihre bautechnischen Eigenschaften sich abstufen.

2

Eigenschaften der Bçden

2.1

Bodenschichten

Unter gleichen Bedingungen entstandene Bçden bilden zusammenhngende Homogenbereiche (Schichten). Die Eigenschaften innerhalb einer Schicht sind dem Augenschein nach gleichbleibend und von den Eigenschaften benachbarter Schichten verschieden. Sie werden vom Ingenieur fr die Behandlung technischer Aufgaben in der Regel als konstant angesehen.

124

Paul von Soos und Jens Engel

Tabelle 1. Bodenkennwerte von Bodenproben Spalte

a

b

Zeile Nr.

Bodenart

BodenGruppe nach DIN 18 196

1

Kies, gleichkçrnig

2

c Korngrçßenverteilung

Ungleichfçrmigkeitszahl

< 0,06 < 2,0 mm mm % %

U

Plastizittsgrenzen des Kornanteils < 0,4 mm wL %

wP %

IP %

GE

50

> 80

5 50

25 35

21 28

4 11

10

Schluff, mittel- und ausgeprgt plastisch

UM, UA

> 80

100

5 50

35 60

22 25

7 25

11

Ton, leicht plastisch

TL

> 80

100

6 20

25 35

15 22

7 16

12

Ton, mittelplastisch

TM

> 90

100

5 40

40 50

18 25

16 28

13

Ton, ausgeprgt plastisch

TA

100

100

5 40

60 85

20 35

33 55

14

Schluff oder Ton, organisch

OU, OT

> 80

100

5 30

45 70

30 45

10 30

15

Torf

HN, HZ













16

Mudde

F







100 250

30 80

50 170

Die Bodenarten (Spalte a), fr die die Bodenkenngrçßen der Spalten d bis i gelten, wurden durch Grenzwerte ihrer Korngrçßenverteilung und ihrer Konsistenzgrenzen (Zeilen 1 und 2 der Spalten c) bewusst enger definiert als die entsprechenden Bodengruppen nach DIN 18 196 (Spalte b). Fr jede so beschriebene Bodenart sind in jeweils 2 Zeilen Grenzwerte dieser Bodenkenngrçßen angegeben. Gleichzeitig gltig sind die Grenzwerte einer Zeile nur in Spalten, die durch Buchstaben (z. B. e) zu einer Gruppe zusammengefasst sind. Die Grenzwerte in den Spaltengruppen c, e und f werden allein durch die stoffliche Zusammensetzung, jene in den brigen Spalten auch durch die Konsistenzzahl 1C bzw. Lagerungsdichte D beeinflusst.

125

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

d Wichte

g

g0

kN/m3 kN/m3

e

f

Proctorwerte

Zusammendrckbarkeit erstverdichteter Bçden  w s e Es ¼ ve  sat sat

w

RPr

%

t/m3

wPr

g

h

i

Scherparameter

DurchlssigkeitsKoeffizient k m/s

j0

ve

we

Du

Grad

c0 s0vc

j0 r Grad

16,0 19,0

9,5 10,5

4 1

1,70 1,90

8 5

400 900

0,6 0,4

0

34 42

– –

32 35

2.10–1 1.10–2

21,0 23,0

11,5 13,5

6 3

2,00 2,25

7 4

400 1 100

0,7 0,5

0

35 45

– –

32 35

1.10–2 1.10–6

21,0 24,0

11,5 14,5

9 3

2,10 2,35

7 4

400 1 200

0,7 0,5

0 +

35 43

0,01 0

32 35

1.10–5 1.10–8

20,0 22,5

10,5 13,0

13 6

1,90 2,20

10 5

150 400

0,9 0,7

++

28 35

0,02 0,008

22 30

1.10–7 1.10–11

16,0 19,0

9,5 11,0

22 8

1,60 1,75

15 10

150 300

0,75 0,60

0

32 40

– –

30 32

1.10–4 2.10–5

16,0 19,0

9,5 11,0

16 6

1,60 1,75

13 81

250 700

0,70 0,55

0

34 42

– –

30 34

1.10–3 5.10–4

18,0 21,0

10,0 12,0

12 5

1,90 2,15

10 6

200 600

0,70 0,55

0

33 41

– –

32 34

5.10–4 2.10–5

19,0 22,5

10,5 13,0

15 4

2,00 2,20

11 7

150 500

0,80 0,65

+

32 40

0,01 0

30 32

2.10–5 5.10–7

18,0 21,5

9,0 11,0

20 8

1,70 2,00

19 12

50 250

0,90 0,75

++

25 32

0,03 0,01

22 30

2.10–6 1.10–9

17,5 21,0

9,5 11,0

28 15

1,60 1,80

22 15

40 110

0,80 0,60

+

28 35

0,01 0,003

25 30

1.10–5 1.10–7

17,0 20,0

8,5 10,5

35 20

1,55 1,75

24 18

30 70

0,90 0,70

25 33

0,02 0,007

22 29

2.10–6 1.10–96

19,0 22,0

9,5 12,0

28 14

1,65 1,85

20 15

20 50

1,00 0,90

++

24 32

0,04 0,015

20 28

1.10–7 2.10–9

18,0 21,0

8,5 11,0

38 18

1,55 1,75

23 17

10 30

1,00 0,95

++

20 28

0,06 0,02

10 20

5.10–8 1.10–10

16,5 20,0

7,0 10,0

55 20

1,45 1,65

27 20

6 20

1,00 1,00

+++

12 20

0,10 0,03

6 15

1.10–9 1.10–12

15,5 18,5

5,5 8,5

60 26

1,45 1,70

27 18

5 20

1,00 0,90

+++

18 26

0,05 0,02

15 22

1.10–9 2.10–11

10,4 12,5

0,4 2,5

800 80





3 8

1,00 1,00

++

24 30

0,025 0,008

1.10–5 1.10–8

12,5 16,0

2,5 6,0

160 50





4 10

1,00 0,90

+++

18 26

0,025 0,008

1.10–7 1.10–9

++

Fr die Grenzwerte wurde vorausgesetzt, dass IC etwa zwischen 0,6 und 1,0 und D zwischen 0,4 und 0,9 schwanken. Die Symbole in Spalte g weisen darauf hin, ob in der Bodenart bei statischen Spannungsnderungen die Scherfestigkeit beeinflussende Porenwasserdifferenzdrcke Du entstehen: 0 = kein oder sehr geringer + = geringer ++ = mittlerer bis starker +++ = sehr starker Einfluss des Porenwasserdifferenzdruckes auf die Scherfestigkeit In Spalte f bedeutet sat den mittleren Atmosphrendruck (100 kN/m2).

126

Paul von Soos und Jens Engel

Tatschlich schwanken aber die Eigenschaften auch in homogen scheinenden Schichten von Ort zu Ort. Die Schwankungsbreite ist von der Entstehungsgeschichte und von der betrachteten Eigenschaft abhngig. So sind z. B. durch Eis transportierte Mornen ungleichmßiger als in stehenden Gewssern abgelagerte Tone, und es schwankt im gleichen Boden die Korndichte rs weniger als der Durchlssigkeitsbeiwert k. Die Inhomogenitt des Bodens wird erst bei Untersuchung mehrerer Bodenproben wahrnehmbar. Sie kann in einer zuflligen Schwankung, in einer richtungsabhngigen systematischen Vernderung von Bodeneigenschaften (Trend) oder beidem bestehen. Ein anschauliches Bild dieser rumlichen Schwankungen ist z. B. durch Sondierungen (vgl. Kap.1.2) zu gewinnen. Fr statistisch befriedigende Aussagen ist die Untersuchung einer grçßeren Zahl von Proben erforderlich. Aus Kostengrnden wird die Schwankungsbreite oft nur an einfach bestimmbaren Grundkenngrçßen (Wassergehalt, Korngrçßenverteilung, Konsistenzgrenzen) ermittelt. Bekannte Korrelationen gestatten es dann, die Bestimmung von Eigenschaften, die großen Versuchsaufwand erfordern, auf mittlere oder extreme Ausbildungen zu beschrnken. Die zweckmßige Auswahl der Proben fr Untersuchungen verlangt daher einschlgige Fachkenntnisse. Ebenso bedrfen die Versuchsergebnisse einer kritischen Wertung, die auch darber Rechenschaft gibt, ob die Ergebnisse durch Fehler bei der Probenahme oder bei der Untersuchung eine systematische oder zufllig streuende Verflschung erfahren haben. Das gesamte Umfeld, aus dem die Versuchsergebnisse kommen, muss beachtet werden, wenn fr rechnerische Nachweise brauchbare und zutreffende Berechnungswerte (charakteristische Werte) als „vorsichtig geschtzte Mittelwerte fr die beanspruchte Flche oder das beanspruchte Bodenvolumen“ (siehe DIN 4020 und EN 1997-1) angegeben werden sollen (s. auch Soos 1990 [148] sowie Kap. 1.1).

2.2

Bodenproben

Zu unterscheiden sind Einzelproben (aus dem Boden geschnittene Volumenelemente, z. B. durch Entnahme von Sonderproben), Mischproben (durch anteiliges Mischen unterschiedlicher Bçden z. B. durch Abschrfen einer Grubenwand) und Sammelproben (planmßiges Zusammenfgen von Einzelproben, wie sie z. B. zur Charakterisierung des Inhalts eines Transportbehlters entnommen werden, vgl. auch TPBF-StB, Teil A 2, 1988). Im Labor zu untersuchende Proben (Laborproben) mssen folgenden Kriterien gengen: 1. Sie mssen die jeweils zu bestimmenden Eigenschaften mçglichst unverflscht aufweisen (s. auch Gteklassen der Bodenproben im Kap. 1.2). Die Erfllung dieser Forderung ist nicht nur eine Frage der Bohr- und Entnahmetechnik, des Transports, der Verpackung und Lagerung der Probe und ihrer Bearbeitung im Labor, sie ist auch von der Bodenart abhngig. Es sind z. B. aus an Feinkorn armen Kiesen keine Proben zu gewinnen, die die Dichte des natrlichen Bodens unverflscht aufweisen wrden. Bestehen Zweifel, dass die interessierenden Eigenschaften (z. B. Durchlssigkeit, Zusammendrckbarkeit etc.) an Bodenproben bestimmbar sein werden, so sind zustzlich Feldversuche auszufhren (vgl. Kap. 1.2). 2. Die Probenmengen und die Abmessungen der Laborproben mssen ausreichend fr das Ausfhren aller notwendigen Versuche sein. Die Masse oder die Abmessungen einer Probe, die zur Durchfhrung eines bestimmten Versuchs bençtigt werden (Untersuchungsprobe) ist vom Grçßtkorn des Bodens, von den Abmessungen der Versuchsgerte bzw. den erforderlichen Probekçrperabmessungen

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

127

abhngig (s. auch Anhang L zu EN 1997-2:2007). Zu beachten ist dabei, dass einzelne Eigenschaften, wie z. B. Wasserdurchlssigkeit, Zusammendrckbarkeit, Druckfestigkeit, richtungsabhngig sein kçnnen (Anisotropie), sodass es mitunter notwendig ist, Proben auch senkrecht zur Entnahmerichtung in das Versuchsgert einzubauen. Versuchsdurchfhrungen kçnnen die Bodeneigenschaften verndern. Probenteile, an denen bereits eine Kenngrçße bestimmt wurde (z. B. Wassergehalt), sind fr andere Versuche (z. B. Korngrçßenverteilung) oft nicht mehr geeignet. Die Grçße der Laborprobe sollte daher der Summe der Probenmengen aller fr Versuche bençtigten Untersuchungsproben entsprechen.

2.3

Durchfhren und Auswerten von Laborversuchen

Durch die Laborversuche werden physikalische Grçßen (z. B. Korndichte) oder allgemein vereinbarte Kenngrçßen (z. B. Konsistenzgrenzen) bestimmt. Um sicherzustellen, dass verschiedene Versuchsdurchfhrende zu vergleichbaren Versuchsergebnissen gelangen, ist eine Vereinheitlichung der Versuchsdurchfhrungen und der Versuchsauswertungen notwendig. Dem dienen in Deutschland Versuchsnormen des NABau (DIN 18121 bis DIN 18137), Technische Prfvorschriften fr Boden und Fels der Forschungsgesellschaft fr das Straßenwesen (TPBF-StB). Die prEN 1997-2:2006 nennt Anforderungen, denen Versuchsdurchfhrungen im Labor gengen mssen. Trotz einheitlicher Versuchs- und Gertebeschreibungen streuen die Versuchsergebnisse. Streuungen bei gleichen Versuchspersonen (Wiederholstreuungen) sind meist kleiner als Streuungen zwischen unterschiedlichen Labors (Vergleichsstreuungen). Die experimentelle Ermittlung der Streuungen in Ringanalysen enthlt in der Regel auch Probenteilungsfehler, da die untersuchten Vergleichsproben nicht identisch sein kçnnen. Die Versuchsstreuungen beschreiben zufllige Fehler. Durch die Versuchsdurchfhrung bedingte systematische Fehler kçnnen z. B. durch Wandreibung und (oder) Endflcheneinflsse in Versuchsgerten entstehen. Sofern sich keine Verbesserung der Versuchsanordnung anbietet, sind solche Fehler rechnerisch bei der Versuchsauswertung zu bercksichtigen.

2.4

Bodeneigenschaften und Laborversuche

Der Boden besteht aus festen Bodenkçrnern, zwischen denen mit Flssigkeit (Wasser) oder Gas (Luft) (Zweiphasensystem) oder mit beidem (Dreiphasensystem) gefllte Hohlrume, sogenannte Poren, verbleiben. Ein Teil der Bodeneigenschaften und Kennwerte wird allein durch die Beschaffenheit der festen Bodenkçrner bestimmt – so die Korngrçßenverteilung, der mineralische Aufbau, die Korndichte, die Kornform und Kornrauigkeit, die Grenzen der Lagerungsdichte, oder sie beschreiben die Wechselwirkung von fester und flssiger Phase, wie der Wassergehalt an der Fließ-, Ausroll- und Schrumpfgrenze, die Wasseraufnahmefhigkeit oder das Wassergehalt-Verdichtungsverhalten. Um diese Eigenschaften festzustellen, mssen Bodenproben nur in Bezug auf ihren Kornaufbau vollstndig sein (Gteklasse 4 nach EN 1997-2:2007, vgl. Kap. 1.2). Andere Eigenschaften und Kennwerte hngen vom Anteil der Festmasse im Bodenvolumen, von der rumlichen Anordnung der Festteile und vom Anteil der flssigen und gasfçrmigen Phase ab, wie z. B. Dichte, Wasser- und Luftdurchlssigkeit, Kapillaritt, Schwelldruck, Zerfallsfestigkeit. Zur Ermittlung dieser Eigenschaften werden Proben der Gteklasse 2 bençtigt.

128

Paul von Soos und Jens Engel

Die Spannungs-Verformungs-Beziehungen und die Festigkeitseigenschaften werden ber ihre rumliche Anordnung hinaus auch durch die zwischen den festen Teilchen vorhandenen Bindungen und Spannungen beeinflusst. Sie kçnnen auch bei Proben der Gteklasse 1 nur annhernd erhalten sein, da bei der Probenahme der im Baugrund herrschende ursprngliche (in situ) Spannungszustand verndert wird. Versuche zur Ermittlung der Korngrçßenverteilung, der Konsistenzgrenzen und der organischen Bestandteile werden Klassifizierungsversuche, zur Ermittlung des Wassergehalts in Verbindung mit den Konsistenzgrenzen sowie der Dichte in Verbindung mit den Grenzen der Lagerungsdichte zustandsbeschreibende Versuche genannt. Einen berblick ber die Bodenkennwerte verschiedener Bodenarten gibt Tabelle 1. Die Versuche zur Ermittlung der Spannungs-Verformungs-Beziehungen, der Scherparameter oder der Wasserdurchlssigkeit sind aufwendig und kçnnen nicht an allen Bodenproben eines Vorhabens ausgefhrt werden. Zur sachgemßen Auswahl von Proben sowie zur Abschtzung von Kennwerten fr berschlgige Ermittlungen kann daher von bekannten Korrelationen zwischen Grundkenngrçßen wie Korngrçßenverteilung, Wassergehalt, Plastizittsgrenzen etc. und den nur aufwendig ermittelbaren Parametern Gebrauch gemacht werden. Eine Auswahl solcher Korrelationen wird im Text bei deren Zielgrçßen genannt.

3

Eigenschaften von Fels

Fels steht berwiegend als ein durch Trennflchen mehr oder weniger zerlegter Gesteinsverband an. In diesem werden Wasserdurchlssigkeit, Spannungs-Verformungsverhalten und Festigkeitseigenschaften in wesentlichem Maße von der Art, Ausbildung, Weite, rumlichen Stellung, Hufigkeit und Erstreckung der Trennflchen sowie von der Fllung oder dem Belag in den Trennflchen bestimmt (s. auch EN 1997-1, 3.3.8). Die geometrischen und physikalischen Eigenschaften von Trennflchen sowie ihr Einfluss auf die Eigenschaften des Fels lassen sich in der Regel nur an Ort und Stelle ermitteln und prfen, da das die Felseigenschaften bestimmende Gebirgsvolumen meist viele Kubikmeter umfasst. Nur bei relativ eng geklftetem oder zerbrochenem Fels ist es mçglich, hinreichend große Bohrkerne zu entnehmen, die auch die Felseigenschaften reprsentieren. Dagegen sind Felsproben aus Kernbohrungen und Schrfen in der Regel Gesteinskçrper, an denen im Labor nur die von Trennflchen unabhngigen Gesteinseigenschaften, wie z. B. die Gesteinsfestigkeit, nicht aber die vollstndigen Fels-(Gebirgs-)eigenschaften geprft werden kçnnen. Von den Eigenschaften der Trennflchen lassen sich an Laborproben nur deren Oberflchenrauigkeit bzw. die Eigenschaften der Kluftfllungen gesondert bestimmen. Die Bindung der Kçrner im Festgestein ist in der Regel so fest, dass eine Trennung in die Einzelkçrner auf physikalischem Wege im Labor nicht mçglich ist. Aufbau und Gefge werden daher an Bruch- oder Schnittflchen untersucht, Dichte, Durchlssigkeit, Verformungs- und Festigkeitseigenschaften an mçglichst vollstndigen Kernen. Die Anisotropie von Fels ist vielfach ausgeprgter als bei Bçden. Dabei mssen die Anisotropieachsen von Gestein und Fels nicht bereinstimmen. Fr Laborversuche zur Beschreibung der Eigenschaften von Gestein und Fels werden durch den Arbeitskreis 19 der deutschen Gesellschaft fr Geotechnik (DGGT) Empfehlungen zur Versuchstechnik im Fels herausgegeben (E1-E3, E5, E10-E13, E16, E17 und E20). Weiter wird auf EN 1997-2, 5.12 bis 5.14 verwiesen.

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

4

Kennwerte und Eigenschaften der festen Bodenkçrner

4.1

Korngrçßenverteilung

129

Die Korngrçßenverteilung gibt die Massenanteile der in einer Bodenart vorhandenen Korngrçßengruppen an. Sie ist ein Schlssel fr viele Verhaltensweisen des Bodens. Fr grobund gemischtkçrnige Bçden dient sie als Klassifizierungsmerkmal (vgl. Abschn. 10.1 und 10.3).

Bild 1. Definition der Korngrçße d

Die Korngrçßen der Bçden schwanken berwiegend zwischen 0,0001 und 630 mm. Ihre Bezeichnung nach Korngrçßengruppen erfolgt gemß Tabelle 2. Die Gruppen Schluff-, Sand- und Kieskorn werden in die Untergruppen fein, mittel und grob unterteilt (siehe Bild 3). Die auf 10 % auf- oder abgerundeten Gewichtsanteile der Korngrçßengruppen Ton (Feinstes) – Schluffkorn – Sandkorn – Kieskorn + Steine ergeben aneinandergereiht die Kornkennzahl. Unterteilt man die Korngrçßen eines Bodens in nur 3 Gruppen, so lassen sich deren Anteile in einem Dreiecksdiagramm als Punkt darstellen (siehe z. B. Bild 2). Im Versuch werden die Korngrçßen ber 0,063 mm durch Siebung, Korngrçßen unter 0,063 mm durch Sedimentation bestimmt (vgl. DIN 18123).

Bild 2. Dreieckdarstellung Beispiele: Sandkorn Schluffkorn Tonkorn

von Korngruppen 15 % 52 % 33 %

Bild 3. Darstellung der Kçrnungslinien

130

Paul von Soos und Jens Engel

Tabelle 2. Kornfraktionen und ihre Bezeichnungen

Hauptgruppe

Benennung

Korngrçßengruppe in mm < 0,002

Cl

T

Schluff

> 0,002 bis 0,063

Si

U

Feinschluff

> 0,002 bis 0,0063

FSi

fU

Mittelschluff

> 0,0063 bis 0,02

MSi

mU

Grobschluff

> 0,02 bis 0,063

CSi

gU

Sand

> 0,063 bis 2,0 Feinsand

4.1.1

> 0,2 bis 0,63

Grobsand Kies

Sa

> 0,063 bis 0,2

Mittelsand

sehr grobkçrnige Bçden

Symbol nach DIN 4022-1

Ton (Feinstes) feinkçrnige Bçden

grobkçrnige Bçden

Symbol nach EN ISO 14688-1

> 0,63 bis 2,0 > 2,0 bis 63

S FSa

fS

MSa

mS

CSa Gr

gS G

Feinkies

> 2,0 bis 6,6

FSi

fG

Mittelkies

> 6,3 bis 20

MSi

mG

Grobkies

> 20 bis 63

CSi

gG

Stein

> 63,0 bis 200

Co

X

Block

> 200 bis 630

Bo

Y

großer Block

> 630

LBo

Siebung

Maschensiebe nach DIN 4188, Teil 1 mit 0,063 bis 2,0 mm lichter Maschenweite sowie Quadratlochsiebe nach DIN 4187, Teil 2 mit 4,0 bis 63 mm Lochweite trennen das Siebkorn in Korngrçßengruppen. Die dabei ermittelten Korngrçßen werden nach der Nennweite der Siebe benannt, durch die sie zuletzt gefallen sind. Wegen der Siebtoleranz und wegen unterschiedlicher Kornformen der Kçrner ist die Korngrçße als nominelles Vergleichsmaß und nicht als streng physikalische Grçße zu verstehen (vgl. Bild 1). Die Siebung wird stets an einem bis zu 105 C getrockneten Boden vorgenommen (Trockensiebung). Teilchen mit weniger als 0,063 mm Korngrçße mssen zuvor durch Waschen in Wasser abgetrennt werden (Siebung mit nassem Abtrennen der Feinteile). Als Ergebnis werden die auf die Trockenmasse bezogenen Siebdurchgnge (Massenanteile a) in einem Diagramm als Ordinaten linear, die zugehçrigen Siebweiten d von links nach rechts steigend in logarithmischem Maßstab als Summenlinie („Kçrnungslinie“) dargestellt. Ein steil verlaufender Abschnitt in der Kçrnungslinie deutet auf das Vorherrschen einer Korngruppe, ein flacher Abschnitt auf das Fehlen einer Korngruppe hin (Fehlkçrnung). Die Ungleichfçrmigkeitszahl CU = d60/d10 beschreibt eine mittlere Neigung der Kçrnungslinie. Der Index 60 bzw. 10 weist auf den Massenanteil, der bei dem Durchmesser d durch das Sieb fallen wrde. Bçden mit CU < 5 sind „gleichfçrmig“, mit 5 < CU < 15 „ungleichfçrmig“ und

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

131

mit CU > 15 „sehr ungleichfçrmig“. Die Krmmungszahl CC = (d30)±/(d10 · d60) kennzeichnet den Verlauf der Kçrnungslinie zwischen d10 und d60. Bei kleinem Cc liegt d30 nahe an d10, bei großem CC nahe an d60. Um eine zutreffende Kçrnungslinie zu erhalten, muss die Probenmenge dem Grçßtkorn angepasst sein. Zu große Probenmengen mssen durch Probenteilung oder Probenreduktion ohne Verflschung ihrer Zusammensetzung vermindert werden (s. Teil A 2 von TP BF-StB 1999). 4.1.2

Sedimentation (Schlmmanalyse)

Grçßere Kçrner sinken in einer Flssigkeit schneller ab als kleinere. Hierauf beruht die Sedimentationsanalyse, die zur Trennung der Korngrçßen < 0,125 mm verwendet wird. 20 bis 50 g des Bodens werden in destilliertem Wasser unter Zusatz eines das Zusammenballen der Teilchen (Koagulation) verhindernden Chemikals (z. B. Na4P2O7 · 10 H2) dispergiert. Aus der Dichte r, die im Standzylinder in einer Tiefe h unter der Suspensionsoberflche zum Zeitpunkt t nach Versuchsbeginn vorhanden ist, wird auf den Massenanteil a der Kçrner < d geschlossen, die beim Sedimentieren diese Tiefe durchschritten haben. Die Dichte wird durch Entnahme einer Suspensionsprobe mittels einer Pipette oder gemß DIN 18123 durch Anzeige eines Arometers nach Bouyoucos/Casagrande (vgl. Bild 4), fr die Tiefenlage von dessen Schwerpunkt festgestellt. Aus der Absinkzeit t und der Absinktiefe h wird nach dem Gesetz von Stokes der gleichwertige Korndurchmesser d von Kugeln gleicher Dichte errechnet (Casagrande [25]), die beim Sedimentieren mit der gleichen Geschwindigkeit zum Boden sinken wrden. Einige Fehler des Verfahrens sind zu vermeiden, wenn die Dichte nicht ber die Teilung des Schaftes, sondern durch Messen des Auftriebs auf ein gedrungenes, an einem Faden hngendes Arometer mittels Feinwaage bestimmt wird und die Festmasse in der Suspension auf 20 bis 30 g begrenzt bleibt (Haas [52]). Wegen der Brown’schen Molekularbewegung ist die Sedimentationsanalyse fr Korngrçßen < 0,001 mm nicht mehr anwendbar.

Bild 4. Arometer nach Bouyoucos/Casagrande

Bild 5. Kapillar-Pyknometer

132

Paul von Soos und Jens Engel

4.1.3

Siebung und Sedimentation

Bei Bçden, die gleichzeitig nennenswerte Mengen an Kçrnern unter und ber 0,063 mm enthalten, werden die Korngruppen > 0,063 mm nach dem nassen Abtrennen der Feinbestandteile durch Siebung, die Korngrçßen < 0,063 durch Sedimentation bestimmt. Bei Bçden mit mrbem Korn (z. B. Verwitterungsbçden) ist zu beachten, dass intensive mechanische Aufbereitung infolge Abriebs einen zu großen Feinkornanteil vortuschen kann. Das zeitaufwendige Trennen von Grob- und Feinkorn vor der Sedimentationsanalyse wird beim Absetzverfahren nach Haas auch bei geringem Anteil des Feinkorns vermieden (Teil B 5.2. von TP BF-StB 1988).

4.2

Korndichte

Die Korndichte rs ist die auf das Kornvolumen einschließlich etwa eingeschlossener Hohlrume bezogene Masse der Kçrner rs ¼

md VKorn

Die Kenntnis der Korndichte wird zur Auswertung der Sedimentationsanalyse und zur Bestimmung der Volumenanteile der Phasen des Bodens (vgl. Abschn. 5.2) bençtigt. Sie liefert auch Hinweise auf vorherrschende Mineralien. Die Masse der bei 105 C getrockneten Kçrner (etwa 20 bis 30 g) wird durch Wgen, das Kornvolumen in einem Kapillarpyknometer bestimmt, in dem das Restvolumen durch Fllen mit destilliertem Wasser gemessen wird (vgl. DIN 18124 sowie Bild 5). Luft- und Gaseinschlsse mssen durch Kochen oder Anschluss an Vakuum beseitigt werden. Da hierbei Schumen eintritt, ist nur ein im Verhltnis zum Wasservolumen geringes Kornvolumen verwendbar. Um durch grçßere Probenmengen die Versuchsgenauigkeit steigern zu kçnnen, wird bei den Verfahren von Haas (Teil B 3.2 von TP BF-StB 1988) bzw. Neuber (DIN 18124) das die Probe enthaltende Weithalspyknometer trocken evakuiert und erst in diesem Zustand mit entlftetem Wasser gefllt. Das Verfahren mit dem Einfllgert nach Neuber hat sich insbesondere bei Korndichtebestimmungen fr die Ermittlung des Porenanteils von Festgestein bewhrt. Bei Bçden, die mit Wasser reagierende Bestandteile enthalten (z. B. Anhydrit), werden anstelle von Wasser organische Messflssigkeiten mit niedrigen Oberflchenspannungen (z. B. Trichlorethylen) verwendet.

Tabelle 3. Korndichte rs wichtiger Mineralien in g/cm

Gips

2,32

Montmorillonit

2,75–2,78

Feldspat

2,55

Glimmer

2,8–2,9

Kaolinit

2,64

Dolomit

2,85–2,95

Quarz

2,65

Biotit

2,8–3,2

Na-Feldspat

2,62–2,76

Hornblende

3,1–3,4

Kalzit

2,72

Baryt (Schwerspat)

4,48

Illite

2,60–2,86

Magnesit

5,1

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

4.3

133

Mineralaufbau

Fr das bodenphysikalische Verhalten des Bodens ist dessen Mineralaufbau entscheidend. Insbesondere das Verhalten feinkçrniger Bçden gegenber Wasser (vgl. Abschn. 5.4 und 5.5) sowie deren Festigkeitseigenschaften (Scherfestigkeit, Kriechen) werden von der Mineralart bestimmt (vgl. Abschn. 7.1) Der Mineralbestand ist eine Folge der Entstehungsgeschichte der Bçden und verteilt sich oft unterschiedlich auf einzelne Korngrçßengruppen. In grobkçrnigen Bçden, die durch mechaTabelle 4. Aufbau der Tonminerale

134

Paul von Soos und Jens Engel

nische Verwitterung entstanden sind, berwiegen Mineralien der gebirgsbildenden Gesteine, z. B. Quarz, Feldspat, Glimmer, Kalk, Dolomit. Diese Mineralien sind durch Lupe, eventuell unter dem Polarisationsmikroskop unterscheidbar. Feinkçrnige Bçden, vornehmlich jene der Korngrçßen < 0,006 mm, enthalten darber hinaus durch chemische Verwitterung entstandene Tonminerale. Diese sind Aluminium-Hydrosilikate, die aus Schichten von Silizium-Sauerstoff-Tetraedern und Schichten von AluminiumOktaedern bestehen (s. Tabelle 4 und Mitchell [107]). Bei Zweischichtenmineralien (z. B. Kaolinit, Halloysit) sind je eine dieser Schichten flchig miteinander verwachsen. Bei Dreischichtmineralien (Montmorillonit sowie glimmerartige Tonminerale, z. B. Illit) ist die AL-OH-Schicht beidseitig mit Si-O-Schichten zusammengefgt. Die Minerale selbst bestehen aus Paketen dieser Doppel- und Dreifachschichten. Innerhalb der Pakete haben die Schichten meist konstanten Abstand, nur bei Montmorillonit sind sie gegeneinander beweglich, sodass zwischen den Schichten Speicherung von Wasser mçglich wird (Quellen). Das Ersetzen von Si-Ionen durch Al, von Al-Ionen durch Mg oder von Mg-Ionen durch Fe bewirkt elektrische Ladungen, die durch die Anlagerung anderer Ionen (Na, K, Ca, Mg, Fe) neutralisiert werden kçnnen [107]. Diese Ionen sind austauschbar. Ihre Menge wird durch das Basenaustauschvermçgen (Spalte 4 in Tabelle 4) beschrieben. Die bodenphysikalischen Eigenschaften der Tornminerale werden durch die Art und Menge der austauschbaren Ionen stark beeinflusst. Die Bestimmung der Mineralien eines Bodens ist durch das Rçntgen-Reflexionsverfahren oder durch Differenzial-Thermo-Analyse qualitativ und in Einzelfllen annhernd auch mengenmßig mçglich. Das Rçntgen-Reflexionsverfahren beruht auf der Eigenart von Kristallen, Rçntgenstrahlen bei typischen Einfallwinkeln zu reflektieren. Die Differenzial-Thermo-Analyse beruht darauf, dass endotherme oder exotherme Reaktionen in Mineralien artenabhngig bei unterschiedlichen Temperaturen ausgelçst werden. Geringeren Versuchsaufwand verlangt das Methilenblauaufnahme-Verfahren, bei dem zu Suspension aufgearbeiteter zuvor getrockneter Boden bis zum Farbumschlag titriert und aus dem Verbrauch an Methilenblau auf die Tonminerale geschlossen wird [29]. Die Tonminerale kçnnen im Rasterelektronenmikroskop sichtbar gemacht werden.

4.4

Kornform und Kornrauigkeit

Man unterscheidet die Kornformen: kugelig, gedrungen, prismatisch, plattig, stbchenfçrmig, plttchenfçrmig (vgl. Bild 6) sowie die Kornrauigkeiten: scharfkantig, kantig, rundkantig, gerundet, glatt (Bild 7). Bei grobkçrnigen Bçden sind Kornform und Kornrauigkeit von der Gesteinsart sowie der Transport- und Verwitterungsgeschichte abhngig. Das gedrungene Korn berwiegt. Zunehmender Transportweg fhrt zur Rundung der Kanten und Glttung des Korns. Verwitterung kann die Kornrauigkeit wieder steigern. Bei feinkçrnigen Bçden ist die Kornform allein von der Mineralart abhngig. Quarz, Kalk und Dolomit sind gedrungen bis prismatisch, Tonminerale in der Regel plttchenfçrmig, Halloysit stbchenfçrmig.

Bild 6. Kornform. 1 kugelig, 2 gedrungen, 3 prismatisch, 4 plattig, 5 stbchenfçrmig, 6 plttchenfçrmig

Bild 7. Kornrauigkeit. 1 scharfkantig, 2 kantig, 3 rundkantig, 4 gerundet, 5 glatt

135

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Kornform und Kornrauigkeit kçnnen fr Sandkorngrçßen durch Messen der Ausflussgeschwindigkeit von Kornfraktionen aus einer Dsençffnung im Vergleich zur Ausflussgeschwindigkeit gleicher Kornfraktionen eines Standardsands beurteilt werden. Der Rauigkeitsgrad fr scharfkantigen gebrochenen Quarzit ist r = 1,0, fr gerundeten Quarzit r » 0,7, fr eine Kçrnung aus glatten Kugeln r = 0,0 (Jnke [73]). Die Kornform beeinflusst Textur und Isotropie des Bodens, die Kornrauigkeit seine Spannungs-Verfomungs-Beziehungen und seine Scherfestigkeit (Jnke [74]).

4.5

Spezifische Kornoberflche

Die spezifische Kornoberflche As, d. h. die Oberflche der Kçrner von 1 g Masse, nimmt mit abnehmender Korngrçße zu, da das Volumen mit der dritten, die Oberflche aber mit der zweiten Potenz der Korngrçße anwchst. Sie ist aber auch von der Kornform abhngig. Sie betrgt in cm±/g As ¼

A a ¼ md d  rs

Die Formfaktoren a ergeben sich – fr wrfel- und kugelfçrmige Kçrner (z. B. Quarz) – fr Plttchen von der Dicke 0,1 · d (z. B. Kaolin, Illit) – fr Plttchen von der Dicke 0,01 · d (z. B. Montmorillonit)

zu a = 6 zu a = 24 zu a = 204

Bild 8 zeigt den Zusammenhang zwischen Korngrçße und spezifischer Kornoberflche fr Quarz, Kaolin, Illit und Montmorillonit. Die spezifische Kornoberflche von Grobkorn bis zur Korngrçße von Grobschluff wird bei Kenntnis der Kornform aus der Korngrçßenverteilung berechnet. Bei feinkçrnigen Bçden wird sie auf dem Wege ber Absorption von Stickstoff (N2) an getrockneten Proben bestimmt. Der Kornoberflche ist die im Boden adsorptiv gebundene Wassermenge propor-

Bild 8. Korngrçße und spezifische Oberflche verschiedener Mineralien

136

Paul von Soos und Jens Engel

tional. Diese nimmt daher mit der Kornfeinheit zu. Bild 8 ist der Wassergehalt w fr eine adsorptive Wasserschicht von 4 · 10–6 mm = 40 Dicke in Abhngigkeit von der Korngrçße zu entnehmen. Auf das adsorptiv gebundene Wasser ben die molekularen Anziehungskrfte der Kçrner einen hohen Druck aus, sodass dieses eine erhçhte Dichte und Zhigkeit erhlt und sich in den Poren nicht zu bewegen vermag.

4.6

Gehalt an organischen Bestandteilen

Organische Bestandteile binden viel Wasser, erhçhen dadurch den Porenanteil und verschlechtern die Verformungs- und Festigkeitseigenschaften des Bodens bereits bei geringen Anteilen. In der herkçmmlichen Praxis wird der Gehalt an organischen Bestandteilen durch Glhen vorher ofengetrockneter Proben bei 550 C nachgewiesen (s. DIN 18128). Der hierbei auftretende Gewichtsverlust wird auf die Trockenmasse bezogen und Glhverlust genannt: md  mgl Vgl ¼ md Da beim Glhen auch Wasser abgegeben wird (Tonminerale) und Gewichtsverlust auch durch andere chemische Reaktionen eintritt, berschtzt der Glhverlust je nach Mineralgehalt des Bodens den Gehalt an organischen Bestandteilen. Zuverlssiger sind daher Methoden, bei denen die organischen Bestandteile durch Behandlung mit Chemikalien, die einen berschuss an Sauerstoff enthalten, oxidiert werden: z. B. durch Behandlung mit Kaliumbichromat nach Teil B.10.1 von TP BF-StB 1999.

4.7

Kalkgehalt

Je nach dem, ob Kalk im Boden als kornbildendes Mineral oder auch als Ausscheidung des Grundwassers auftritt, wirkt er sich nur die Plastizitt verringernd oder auch die Festigkeit erhçhend aus. Zur qualitativen Bestimmung wird die ofengetrocknete Probe mit verdnnter Salzsure behandelt und aus dem Aufbrausen der entstehenden Kohlensure auf den Kalkgehalt geschlossen (s. DIN 4022-1). Zur quantitativen Bestimmung dient der Apparat von Scheibler (Bild 9), in dem das Volumen des entstehenden CO2-Gases in einem kalibrierten Messzylinder aufgefangen und gemessen wird. Bei der Auswertung werden Temperatur und Luftdruck bercksichtigt. Dolomit CaMg(CO3)2 reagiert gegenber Kalzit CaCO3 zeitlich verzçgert. So lsst sich auch der Dolomitanteil abschtzen (s. DIN 18129).

Bild 9. Versuchsvorrichtung nach Scheibler zur Bestimmung des Kalkgehalts. a) Wasserspiegel vor Versuchsbeginn b) Wasserspiegel nach Gasentwicklung c) Wasserspiegel nach Spiegelausgleich zur Messung des Gasvolumens

137

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

5

Kennwerte und Eigenschaften des Kornhaufens

5.1

Gefge des Bodens

Die Art, wie die Bodenkçrner sich aneinander fgen, ist von der Entstehung des Bodens sowie der Grçße und der Art der Kçrner abhngig. Bei Kies- und Sandkorn sowie bei Korngrçßen des Grobschluffs treten molekulare Anziehungskrfte und elektrische Ladungskrfte gegenber dem Eigengewicht zurck. Sedimentierende Kçrner rollen so in die Hohlrume bereits abgelagerter Teilchen und bilden ein Einzelkorngefge (Bild 10 a). Tonmineralien, die am Rand positiv, an ihren Seiten negativ geladen sind, rollen aneinander nicht mehr ab, sondern haften mit Ecke und Kante an den Seitenflchen anderer Teilchen und bilden ein kartenhausartiges Gefge (Wabengefge). In dieser Form lagern sich Sßwassersedimente ab (Bild 10 b). Im Salzwasser bilden sich bereits beim Sedimentieren aus mehreren flchig haftenden Teilchen bestehende Aggregate, die gemeinsam absinken und ein noch lockereres Flockengefge aufbauen (Bild 10 c). Die Flockenbildung wird durch hohe Elektrolyt-Konzentration, hohe Temperatur und geringe Wasserstoff-Ionenkonzentration (saures Verhalten) des Wassers begnstigt. Lockere Strukturen kçnnen auch in Verwitterungsbçden durch Auslaugung (Hydrolyse) entstehen.

Bild 10. Gefge des Bodens (a)

(b)

(c)

Unter axialem Druck regeln sich die Teilchen des Kartenhauses oder der Flocken bevorzugt senkrecht zur Druckrichtung, durch Scherbeanspruchung parallel zu den Scherbndern ein. Beim Bearbeiten durch Kneten werden Kornbindungen zerstçrt (Festigkeitsverlust – Empfindlichkeit, vgl. Abschn. 7.3), es bilden sich ebenso wie auch bei anderen Arten der Verdichtung sekundre Strukturen mit Krmeln, die grçßere Hohlrume (Makroporen) einschließen (vgl. Abschn. 5.8). Das Gefge kann durch Betrachten prparierter Bodenoberflchen (bei Felsproben geschliffener Schnittflchen) unter dem Mikroskop oder dem Elektronenmikroskop untersucht werden. Mittelbar ist auf das Gefge aus dem Verhltnis der Phasen zu schließen.

5.2

Porenanteil und Porenzahl

Das Verhltnis des Porenvolumens zum gesamten Bodenvolumen, der Porenanteil n, lsst sich an der Raumeinheit (Wrfel mit der Kantenlnge 1) veranschaulichen, wenn darin die Festmasse zusammengedrngt dargestellt wird (Bild 11). Der mit Wasser gefllte Teil des Porenanteils ist nw, der Rest (na) enthlt Gase (Luft). Es gilt n = nw + na . Das Verhltnis des Porenvolumens zum Volumen der Festmasse wird Porenzahl e genannt (Terzaghi [154]). Es gilt: e¼

n ; 1n

ew ¼

nw ; 1n

ea ¼

na ; 1n



e ; 1þe

ew ¼ w 

rs rw

n und e lassen sich aus der Dichte des Bodens r bei Kenntnis der Korndichte rs und des Wassergehalts w errechnen (s. Tabelle 5).

Tabelle 5. Rechnerische Beziehungen zwischen Bodenkenngrçßen

138 Paul von Soos und Jens Engel

Tabelle 5. (Fortsetzung)

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

139

140

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 11. Definition von Porenanteil und Porenzahl

Die Sttigungszahl Sr = nw/n = ew/e gibt an, welcher Anteil des Porenvolumens mit Wasser gefllt ist. Unterhalb des geschlossenen Kapillarsaums ist Sr = 1,0, darber ist der Boden mit Sr < 1,0 teilgesttigt, wobei die Sttigungszahl in gleichem Hçhenabstand vom Kapillarsaum umso kleiner ist, je grçßer die Poren des Bodens sind. An tief unterhalb des Grundwasserspiegels entnommenen Bodenproben wird oft eine Sttigungszahl Sr < 1 bestimmt, denn bei der Probenentnahme entspannt sich das Porenwasser und es werden im Porenwasser gelçste Gase frei.

5.3

Ermittlung der Dichte des Bodens

Dichte des Bodens r wird das Verhltnis der Masse des feuchten Bodens m zum Volumen des Bodens V einschließlich der mit Flssigkeit und Gas gefllten Poren genannt: r = m/V. Als Trockendichte des Bodens rd wird das Verhltnis der Trockenmasse md zum gleichen Volumen des feuchten Bodens definiert: rd = md/V. Bei Bestimmung von r bzw. rd im Labor nach DIN 18125-1 wird das Volumen der feuchten Probe durch Ausmessen geometrisch regelmßiger oder durch Tauchwgung mit Paraffin umhllter Probekçrper ermittelt. Es gelten die Beziehungen: rd ¼ ð1  nÞ  rs ;

hieraus n = 1 – rd/rs

r ¼ rd ð1 þ wÞ ¼ rd þ nw  rw rsat ¼ rd þ n  rw rsat ist die Dichte des wassergesttigten Bodens

5.4

Grenzen der Lagerungsdichte

Eine Schttung aus gleich großen Kugeln enthlt in lockerster Lagerung (Bild 12 a) einen Porenanteil von max n = 0,476 bzw. eine Porenzahl von max e = 0,908, in dichtester Lagerung (Bild 12 b) von min n = 0,259 bzw. min e = 0,350. Bei einer Korndichte von rs = 2,65 g/cm ergeben sich daraus extreme Trockendichten von min rd = 1,35 und max rd = 1,96 g/cm .

Bild 12. Lockerste und dichteste Kugelpackung

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Bild 13. Schlaggabelverfahren zur Ermittlung der dichtesten Lagerung

141

Bild 14. Rtteltischverfahren zur Ermittlung der dichtesten Lagerung

Bei grobkçrnigen, d. h. nichtbindigen Bçden, die aus unterschiedlichen Korngrçßen unregelmßiger Kornform zusammengesetzt sind, mssen die Kennwerte der lockersten Lagerung durch vorsichtiges Schtten, jene der dichtesten Lagerung durch Einrtteln versuchstechnisch bestimmt werden. DIN 18126 beschreibt fr die Ermittlung der dichtesten Lagerung grobkçrniger Bçden 2 Verfahren: • Schlaggabelverfahren – fr schlufffreie Sande. Der Boden wird bei diesem unter Wasser mit einer Schlaggabel lagenweise in ein Gefß eingerttelt, das Wasser schließlich durch Vakuum abgesaugt (Bild 13). • Rtteltischverfahren – fr Bçden mit einem Anteil an Schluffkorn bis zu 12 % und Korngrçßen bis zu 1/8 vom Durchmesser eines beim Proctorversuch (s. Abschn. 5.8) verwendeten Prfzylinders (Bild 14). Max rd liefert min n bzw. min e. Zur Ermittlung der lockersten Lagerung wird der ofengetrocknete Boden so locker wie mçglich in den zur Ermittlung von max rd verwendeten Zylinder randvoll eingebracht. Min rd liefert max n bzw. max e. Die Grenzen der Lagerungsdichte werden durch die Korngrçßenverteilung und die Kornform beeinflusst. Bei gleichkçrnigen Bçden mit gedrungenem Korn weichen sie von den theoretischen Grenzen der Kugelschttung nur wenig ab. Enthlt ein gleichkçrniger Boden viel plattiges Korn (z. B. Glimmer im Sand), steigen die Porenanteile beider Grenzen an. Bei gut abgestuften Kies-Sand-Schluff-Gemischen kçnnen beide Grenzen, vornehmlich aber min n, weit unter den Werten der Kugelschttung liegen. Die Verhltniszahl If = (max e – min e)/min e beschreibt die Verdichtungsfhigkeit eines Bodens (Terzaghi [154]). Ein Vergleich der Trockendichte rd, des Porenanteils n oder der Porenzahl e eines nichtbindigen Bodens mit den entsprechenden Kennwerten an den Grenzen der Lagerungsdichte gibt Auskunft ber dessen Verdichtungszustand. Die hierfr benutzten Ausdrcke: Lagerungsdichte D¼

max n  n rd  min rd 1 þ min e ¼ ¼  ID max n  min n max rd  min rd 1þe

bezogene Lagerungsdichte ID ¼

max e  e max rd D ¼ rd max e  min e

142

Paul von Soos und Jens Engel

sind nur an den Grenzen der Lagerungsdichte (also fr D = ID = 0 und D = ID = 1,0) identisch. Bçden mit plattigem Korn kçnnen bei dichter Einregelung ihrer Kçrner in der Natur Lagerungsdichten D > 1,0 aufweisen. In feuchten losen Schttungen kann D auch negativ sein. Die Lagerungsdichte wird – ohne Rcksicht auf Korngrçßenverteilung oder Ungleichfçrmigkeitsgrad des Bodens – wie folgt benannt: D Benennung

5.5

0–0,15

0,15–0,30

0,30–0,50

0,50–0,80

> 0,80

sehr locker

locker

mitteldicht

dicht

sehr dicht

Wassergehalt

Alle natrlichen Bçden enthalten Wasser. Zur Bestimmung muss es von der Festmasse abgetrennt werden. Dies geschieht nach DIN 18121-1 durch Trocknen bis zur Gewichtskonstanz in einem Wrmeofen bei 105 C. Adsorptiv gebundenes Wasser oder innerkristallines Wasser, das bei dieser Temperatur nicht verdampft, wird zur Trockenmasse gerechnet. Tone, die solches Wasser enthalten, verlieren bei Temperaturen > 105 C weiter an Masse (Wasser); Quarzsande sind bei 105 C auch physikalisch trocken. Das Verhltnis des Massenverlusts beim Trocknen mW (Masse des Porenwassers) zur verbleibenden Trockenmasse md heißt Wassergehalt w = mw/md DIN 18121-1 macht Angaben zur Mindestprobenmenge und zum hçchstzulssigen Wiegefehler fr die Ermittlung des Wassergehalts durch Ofentrocknung mit vorgegebener Messunsicherheit. Schnellverfahren zur Wassergehaltsbestimmung beschreibt DIN 18121-2. Sie werden vornehmlich im Erdbau angewandt. Die Messunsicherheit ist je nach Schnellverfahren unterschiedlich. In gesttigtem Zustand ist der Wassergehalt durch die Porenzahl des Bodens bestimmt: w = e · rw/rs

5.6

Konsistenzgrenzen

Die Verformbarkeit (Plastizitt) eines feinkçrnigen Bodens wird mit abnehmendem Wassergehalt geringer, sein Zusammenhalt (Konsistenz) und seine Festigkeit grçßer. Man unterscheidet flssige, breiige, weiche, halbfeste und feste Konsistenz. Durch vereinbarte Versuche sind Wassergehalte am bergang von der flssigen zur breiigen Konsistenz (Fließgrenze wL), am bergang von der steifen zur halbfesten Konsistenz (Ausrollgrenze wP) und am bergang von der halbfesten zur festen Konsistenz (Schrumpfgrenze ws) definiert (Atterberg [2]). Durch den Vergleich zwischen Wassergehalt w und den Wassergehalten an der Fließ- und Ausrollgrenze in der wL  w wL  wP

Konsistenzzahl

IC ¼

Liquidittszahl

IL ¼ 1  IC

oder in deren Ergnzung zu 1,0, der wird die Zustandsform des Bodens auch zahlenmßig beschrieben.

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

143

Tabelle 6. Konsistenzen feinkçrniger Bçden und ihre Benennung

Konsistenzzahl

Liquidittszahl

< 0,00

> 1,00

flssig

fließt aus der Hand

0,00–0,50

1,00–0,50

breiig

quillt beim Pressen in der Faust zwischen den Fingern durch

0,50–0,75

0,50– 0,25

weich

lsst sich leicht kneten

0,75–1,00

0,25–0,00

steif

< 0,00

halbfest

1,00 < IC ¼

wL  w w L  wP

Benennung Verhalten des Bodens in der Hand

schwer knetbar; zu 3 mm dicken Walzen ausrollbar, ohne zu brechen brçckelt und reißt beim Versuch, ihn zu 3 mm dicken Walzen auszurollen, lsst sich aber erneut zu Klumpen formen

In den Versuchen zur Bestimmung der Konsistenzzahl gehen durch Alterung und Diagenese bedingte Verklebungen und Verkittungen im Korngerst verloren. Die Konsistenzangabe nach IC und IL unterschtzt daher in der Regel die Festigkeit natrlicher Bçden. Die Wassergehalte wL und wP und ihre Differenz, die Plastizittszahl IP = wL – wP, sind von der Kornfeinheit und dem Mineralbestand eines Bodens abhngig. Sie sind mit wichtigen bautechnischen Eigenschaften des Bodens korreliert. Daher eignen sie sich zur Klassifizierung feinkçrniger Bçden (vgl. Abschn. 10.3. und darin Plastizittskarte nach Casagrande). Je hçher die Plastizittszahl IP, umso plastischer ist der Boden. Korngrçßen > 0,02 mm verhalten sich nicht plastisch. Wegen der leichteren Abtrennung der grçberen Kçrner werden die Konsistenzgrenzen dennoch am Kornanteil < 0,4 mm bestimmt. Der fr die Versuche zu verwendende Boden darf vorher nicht bis zum Farbumschlag getrocknet werden, da Tonminerale sonst bleibende Vernderungen erfahren kçnnten. Zur Bestimmung der Fließgrenze wL nach DIN 18122-1 dient das „Fließgrenzengert“ von Casagrande [24] (s. Bild 15 a). Der aufbereitete und in die Schale gestrichene Boden hat den Wassergehalt der Fließgrenze, wenn sich die mit dem Furchenzieher erzeugte Furche gerade nach 25 Schlgen der jeweils 10 mm hoch gehobenen Schale auf 10 mm Lnge schließt. In der Regel wird die Fließgrenze durch Interpolation aus 4 Versuchsdurchfhrungen mit unterschiedlichen Wassergehalten gewonnen (Bild 15 b). Nherungsweise kann wL auch aus

Bild 15. Ermittlung der Fließgrenze; a) Fließgrenzengert nach Casagrande, b) Versuchsauswertung

144

Paul von Soos und Jens Engel

dem mehrfach bei einem Wassergehalt wiederholten Versuch nach einer empirischen Beziehung (vgl. DIN 18122-1) errechnet werden (Einpunktmethode). Die Ausrollgrenze wP ist erreicht, wenn der Boden beim Auswalken zu Rçllchen bei 3 mm Dicke zu brçckeln beginnt (DIN 18122-1). Zur Vermeidung subjektiver Einflsse beim manuellen Auswalken ist ein kalibrierfhiges mechanisches Ausrollgert entwickelt worden (Kaiser/Gay [76]). An der Fließgrenze weisen feinkçrnige Bçden eine Scherfestigkeit zwischen cu » 2,3 kN/m± (bei wL = 35 %) und cu = 1,4 kN/m± (bei wL = 150 %) auf (Youssef et al. [166]). Deshalb wird die Fließgrenze wL zunehmend durch Verwendung eines fr die Messung von cu entwickelten Fallkegels bestimmt, der auf die Oberflche der aufbereiteten Probe aufgesetzt wird und nach dem Freilassen unter seinem Eigengewicht einsinkt (siehe Bild 16). Nach der Beziehung cu = Ka · mk · g/sk± entspricht der Fließgrenze je nach ffnungswinkel b und Masse mk des Kegels eine bestimmte Einsenkung sk. Darin ist g die Erdbeschleunigung und Ka ein Formfaktor, der neben dem ffnungswinkel b von der Adhsion a am Kegelmantel (max cu, dann a/cu = a = 1,0) abhngt (Kuomoto/Houlsby [91]). Fr a = 0,5 ist bei b = 30  (in Großbritannien: BS 1377) Ka = 1,33 und bei b = 60  (in Schweden: Karlsson [79]) Ka = 0,305. b = 60  ist wegen geringerem Einfluss der Adhsion vorzuziehen. Mit mk = 60 g und sk = 10 mm wird dann fr die Fließgrenze cu = 1,83 kPa erhalten. Es wurde vorgeschlagen, auch die Ausrollgrenze wP durch eine Scherfestigkeit, z. B. das 100-fache des cu-Werts fr wL, zu definieren (Wood/Wroth [164]). Neben geringerer Streuung der Versuchsergebnisse bietet die Rckbindung der Atterberg’schen Grenzen auf Werte der Scherfestigkeit auch Anwendungsvorteile. Den Wassergehalt an der Schrumpfgrenze wS weist eine Probe auf, wenn sie beim weiteren Austrocknen ihr Volumen nicht mehr merklich ndert. Zu ihrer Bestimmung wird der Boden beim 1,1-fachen Wassergehalt der Fließgrenze in eine Ringform gestrichen und beim Austrocknen werden sein Volumen V und seine Masse m wiederholt bestimmt. Das Probenvolumen V wird als Funktion des Wassergehalts w linear dargestellt. Der Schnittpunkt der Tangenten an beide ste des Diagramms liefert den Wassergehalt an der Schrumpfgrenze wS (vgl. Bild 17). Das Unterschreiten der Schrumpfgrenze ist meist auch an einer helleren Farbe des Bodens zu erkennen. Wird die kleine Restschrumpfung zwischen Schrumpfgrenze und vçlligem Austrocknen der Probe vernachlssigt, so kann wS gemß DIN 18122-2 aus der Masse md und dem Volumen Vd der getrockneten Probe nach der Beziehung wS = (Vd/md – 1/rs) · rw errechnet werden. Bei ws ergibt sich im Versuch durch

Bild 16. Kegelfallgert

Bild 17. Definition der Schrumpfgrenze wS

145

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

das Trocknen der Probe aus dem flssigen Zustand ein regelloses, sperriges Gefge der plttchenfçrmigen Bodenteilchen. In natrlichen Sedimenten sind diese aber mehrheitlich parallel ausgerichtet, sodass ungestçrte natrliche Bçden vielfach zu einem Wassergehalt w < ws schrumpfen. Auch beim Ausrollen des Bodens zur Bestimmung der Ausrollgrenze ist eine Einregelung von Teilchen mçglich, sodass bei leichtplastischen Bçden, bei denen die das Schrumpfen bewirkenden Kapillarspannungen gering sind, auch wP £ wS auftreten kann. Die auf das Ausgangsvolumen bezogene Volumenverminderung einer natrlichen Probe beim Trocknen bis zur Schrumpfgrenze, das Volumenschrumpfmaß Vs = (V–Vd)/V beschreibt die Neigung eines Bodens zur Volumenverminderung beim (Aus)trocknen. Darin ist V das Probenvolumen vor und Vd jenes nach dem Trocknen. Das lineare Schrumpfmaß betrgt Ls » Vs/3. Die Schrumpfmaße wachsen mit der Plastizittszahl an. Der Gehalt an aktiven Tonmineralien erhçht die Fließgrenze und die Plastizittszahl. Das IP , die Aktivittszahl nach Skempton [139], gibt daher Hinweise auf Verhltnis IA ¼ mdT =md die Art der Tonmineralien. Darin ist mdT die Masse der Teilchen < 0,002 mm und md die Trockenmasse der Bodenprobe. Bei IA < 0,75 sind die Tonmineralien inaktiv (z. B. Kaolin), bei 0,75 < IA < 1,25 normal und bei IA > 1,25 aktiv (z. B. Montmorillonit). Tabelle 7. Mittlere Werte fr wL, IA, wA einiger Tonmineralien

Mineralart

wL ( %)

IA

wA ( %) (Enslin/Neff)

Quarzmehl



0

30

Kaolin

60

0,4

80

Illit

100

0,9

Ca-Momtmorillonit

500

1,5

300

Na-Montmorillonit

700

7

700

5.7

Wasseraufnahmevermçgen nach Enslin

Anhalt ber die Art der Tonmineralien gibt auch das Wasseraufnahmevermçgen des Feinkornanteils 100 % 0,2 g) des getrockneten und pulverisierten Bodens werden auf die Filterplatte kegelfçrmig aufgeschttet und die von der Bodenprobe aufgesaugte Wassermenge mw wird an der Messkapillare bis zur Beharrung (vielfach < 5 Minuten) beobachtet. Bçden mit quellfhigen Mineralien vermçgen ber Stunden hinaus innerkristallines Wasser aufzusaugen. Um dessen Messung nicht durch Verdunstung zu beeintrchtigen wird die Wasseraufnahme in neueren Gerten mittels einer Wgezelle bei unbehindertem Wassernachschub gemessen (Dieng [37]). Das Wasseraufnahmevermçgen wA = mw/md ist zu den Plastizittsgrenzen und wich-

Bild 18. Gert zur Bestimmung des Wasseraufnahmevermçgens nach Enslin/Neff

146

Paul von Soos und Jens Engel

tigen bautechnischen Eigenschaften des Bodens korreliert (Neff [113]). Der vergleichsweise geringe Versuchsaufwand empfiehlt den Versuch auch fr Klassifizierungszwecke und zur Gtekontrolle im Erdbau.

5.8

Verdichtungsverhalten in Abhngigkeit vom Wassergehalt

Die bleibende Verminderung des Porenanteils bzw. die bleibende Erhçhung der Trockendichte des Bodens wird Verdichtung genannt. Sie wird je nach Bodenart durch Walzen, Stampfen oder Rtteln am wirksamsten erzielt. Die Verdichtbarkeit eines Bodens, der den Wassergehalt w aufweist, ist durch das Volumen seines Porenwassers geometrisch begrenzt. Fr volle Sttigung des Bodens gilt rd = rs /(1 + w · rs /rw). Tatschlich ist eine volle Sttigung durch das Verdichten kaum zu erzielen und die Trockendichte bleibt unterhalb der Sttigungslinie fr Sr = 1,0 (vgl. Bild 19). Trockendichten, die gleichen Sttigungszahlen Sr oder gleichen Luftporenanteilen na zugeordnet sind, werden durch die Beziehungen rd ¼

rs rs  ð1  na Þ w  rs ¼ r 1þ 1þw s Sr  rw rw

beschrieben und sind in Bild 20 durch Kurvenscharen dargestellt. Die Trockendichte, die bei einem vorgegebenen Boden und einer bestimmten Verdichtungsart erzielt wird, ist außer vom Wassergehalt w auch von der Arbeit W abhngig, die zur Verdichtung der Volumeneinheit geleistet wird: rd = f(w, W). Wird ein feinkçrniger Boden bei verschiedenen Wassergehalten mit derselben Arbeit W1 verdichtet, so liegen die Trockendichten auf der Linie W1 in Bild 19. Bei einem gnstigsten Wassergehalt w01 wird die grçßte Trockendichte max rd1 erzielt. Bei Verdichtung mit W2 > W1 liegen die Trockendichten auf Linie W2 mit max rd2 > max rd1 und w02 < w01. Max rd nimmt etwa mit dem Logarithmus der Verdichtungsarbeit zu. Bei w < w0 („trockene Seite der Verdichtungskurve“) wird die Verdichtung durch die Kapillarfestigkeit der Bodenkrmel behindert, bei Wassergehalten w1 < w0 stellt sich ein Minimum der Dichte min rd ein. Die Trockendichte fr w = 0 kann je nach Bodenart grçßer oder kleiner als max rd sein.

Bild 19. Verdichtungskurven rd = f(w) bei konstanter Verdichtungsarbeit

Bild 20. Kurvenscharen Sr = const und na = const

147

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Bei w > w0 („nasse Seite der Verdichtungskurve“) wird die Verdichtung durch das Volumen des Porenwassers begrenzt und die Verdichtungslinie verluft etwa parallel zur Sttigungslinie Sr = 1,0. Eine geforderte Dichte rd kann zwischen den Grenzwassergehalten w' und w'' durch eine Verdichtungsarbeit W < W1, bei w < w' durch eine erhçhte Verdichtungsarbeit W > W1 und bei w > w'' auch durch eine erhçhte Verdichtungsarbeit nicht erreicht werden. Feinkçrnige Bçden weisen auf der trockenen und nassen Seite der Verdichtungskurve bei gleicher Dichte unterschiedliches Gefge auf: Auf der nassen Seite sind Festmasse und Poren gleichmßig verteilt, daher geringe Porendurchmesser und geringe Durchlssigkeit, aber große Schrumpfneigung. Auf der trockenen Seite ist eine Konzentration der Festmasse in Krmeln mit zwischenliegenden Grobporen vorhanden, daher hohe Wasserdurchlssigkeit und starke Schwellneigung. Bei nachtrglicher Sttigung von auf der trockenen Seite verdichteten Bçden besteht unter Auflast die Gefahr von Nachsetzungen (Sackungen). Zur versuchstechnischen Prfung des Verdichtungsverhaltens wird der von Proctor [122] fr bindige Bçden eingefhrte und in DIN 18127 fr beliebige Bçden genormte Versuch benutzt. Der bei niedrigem Wassergehalt homogenisierte Boden wird in einem Versuchszylinder durch ein Fallgewicht in mehreren Schichten mit vorgegebener Verdichtungsarbeit W eingestampft, wobei beim Wassergehalt w eine Trockendichte rd = r/(1 + w) erhalten wird. Der Versuch wird nach jeweiliger Wasserzugabe mehrfach wiederholt und die Trockendichten rd werden in Abhngigkeit vom Wassergehalt w dargestellt. Die mit einer Verdichtungsarbeit W1 = 0,6 MN · m/m beim optimalen Wassergehalt wPr erzielte hçchste Dichte wird Proctordichte rPr; das mit W2 = 2,70 MN · m/m bei mod wPr erzielte Maximum modifizierte Proctordichte mod rPr genannt. Je nach Grçßtkorn sind nach DIN 18127 Versuchszylinder unterschiedlicher Grçße zu verwenden, bei einem Grçßtkorn 31,5 mm ein Zylinder mit 150 mm Durchmesser. Enthlt der Boden berkorn > 31,5 mm, wird der Versuch ohne dieses am Material < 31,5 mm ausgefhrt und die Proctordichte, einschließlich des berkorns, nach einer empirischen Beziehung des Bureaus of Reclamation zu r'Pr = rPr · (1– ) + 0,9 ·  · rs berechnet. Das Ergebnis ist zutreffend, solange der Massenanteil des berkorns  < 35 % betrgt. Der zugehçrige Wassergehalt ergibt sich zu w’ = w · (1– ) + w · . Darin sind rs die Dichte und w der Wassergehalt des berkorns. Zur Beschreibung des Verdichtungszustands wird die Trockendichte eines Bodens auf dessen Proctordichte bezogen: Verdichtungsgrad DPr = rd /rPr. Die Proctordichte gleichkçrniger Bçden und ausgeprgt plastischer Tone liegt in der Grçßenordnung von rPr = 1,5 t/m , bei gut abgestuften Kies-Sand-Schluff-Gemischen wird auch rPr = 2,3 t/m erhalten. Mod rPr betrgt je nach Bodenart 1,04 bis 1,15 rPr. Fr feinkçrnige Bçden gelten die Regressionsbeziehungen a)

rPr  rw 

wL  3; 894 I2P  0; 577 IP  0; 707 2; 457 I2P þ 0; 188 IP  0; 276

wPr  0; 735  0; 322

rPr rw

(Engel [41] nach Grafik von Eberle [38]) b)

5.9

rPr = 2,29 – 0,887 · wL – 1,165 · wP + 1,360 · wL · wP – 0,144 · Dau wPr = 0,0763 + 0,237 · wL oder wPr = 0,0446 + 0,62 · wP (Lo/Lovell [99]) (mit wL, wP und dem Anteil an Schluffkorn in der Probe Dau als Dezimalbruch ergeben sich rPr in t/m und wPr als Dezimalbruch).

Absolute Porengrçße und Filterwirkung

Die absoluten Porengrçßen und ihre Verteilung bestimmen die Wasserdurchlssigkeit gesttigter bzw. die Luftdurchlssigkeit trockener Bçden. Bei feinkçrnigen Bçden wird das den

148

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 21. Filterregel nach Terzaghi

Bild 22. Filterregel nach Cistin/Ziems [136]

einzelnen Porendurchmessern zugeordnete Porenvolumen mit der Quecksilberporosimetrie bestimmt, bei der in die durch Schockgefrierung und durch Sublimationstrocknung unter Vakuum entwsserte Probe mit steigenden Drcken Quecksilber eingepresst wird. Die Porendurchmesser ergeben sich aus dem jeweiligen Druck p, der Oberflchenspannung THG und dem Benetzungswinkel a des Quecksilbers zu d = 4 · THG · cos a/p. Bei grobkçrnigen Bçden ist fr die Filterwirkung gegenber Feinkorn die Verteilung der Porenengstellen maßgebend. Diese lassen sich fr kugelfçrmige Kçrner aus deren Durchmesser und ihre Verteilung aus der Korngrçßenverteilung errechnen (Silveira [137], Muckenthaler [109]). Darber hinaus ist die Filterwirkung auch ein statistisches Phnomen: Sie setzt eine Mindeststrke des Filters (Filterlnge) voraus (Wittmann [163]). Vereinfachend wurden „Filterregeln“ unmittelbar auf die Korngrçßenverteilung bezogen. Nach der Filterregel von Terzaghi besteht die Filterwirkung zwischen zwei Bçden, wenn D15 des grçberen Bodens kleiner ist als 4 · d85 des feineren Bodens (vgl. Bild 21). Sie gilt fr Bçden mit einer Ungleichfçrmigkeitszahl U < 2. Bei Kornverteilungen mit grçßeren Fehlkçrnungen kann diese Filterregel zur Prfung der inneren Filterstabilitt (Suffusionssicherheit) auf die Teilbçden angewandt werden, solange der feinere Teilboden das Korngerst des grçberen Teilbodens nicht sprengt, also wenn ngrob = n + afein (1– n) < max ngrob bei lockerster Lagerung ist (afein ist der Massenanteil des feineren Teilbodens) (Kovcs [87]). Fr Ungleichfçrmigkeitszahlen 2 < U < 20 wird die Filterwirkung durch die Filterregel nach Cistin/Ziems beschrieben (s. Bild 22). Fr U > 20 ist Filterwirkung gegeben, wenn das Verhltnis der Durchlssigkeitsbeiwerte k kleiner als 100 ist.

5.10

Kapillaritt

Die Oberflchenspannung des Wassers Ts (~ 0,075 N/m) bewirkt einen Anstieg des Wassers in dnnen Rohren (Kapillarrohr) vom Durchmesser d bis zur Hçhe hk. hk ¼

4  Ts 0; 3  cos a ’  cos a d  gw d

(hk in cm, wenn d in cm)

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Bild 23. Anstieg des Wassers im Kapillarrohr

149

Bild 24. Aktive und passive kapillare Steighçhe im Jamin-Rohr

a ist der von der Oberflchenbeschaffenheit abhngige Benetzungswinkel zwischen Wasser und Rohrwandung (vgl. Bild 23). Er betrgt fr Bçden etwa 0 Grad. Das Wasser steht im Kapillarrohr unter einer Zugspannung („Saugspannung“), die von der freien Wasseroberflche bis zum Kapillarmeniskus linear auf –gw · hk ansteigt. Die Weiten der Poren im Boden wechseln hnlich wie in einem Rohr vernderlicher Weite („Jamin-Rohr“ vgl. Bild 24). Wird das Rohr in Wasser getaucht, ist das Ansteigen des Wassers durch die grçßten Rohrdurchmesser auf hka begrenzt (aktive kapillare Steighçhe). Wird der Wasserspiegel abgesenkt, halten die kleinsten Rohrdurchmesser das Wasser bis zu einer Hçhe hkp zurck (passive kapillare Steighçhe, besser „kapillare Rckhaltehçhe“). Da die Porenweiten im Boden in weiten Grenzen schwanken, stellt sich in einem zunchst wassergesttigten Boden bei Absinken des Grundwasserspiegels mit der Zeit als Gleichgewichtszustand eine Verteilung der Sttigungszahlen Sr nach Linie ABCD in Bild 25 ein. hkp entspricht darin der Hçhe der vçllig gesttigten Bodensule (geschlossener Kapillarsaum). hkp ist wesentlich kleiner als max hk. Oberhalb von max hk und der zugehçrigen Sttigungszahl Sru fllt Sr nur noch langsam ab. Wird trockener Boden in Wasser gestellt, so steigt in ihm Wasser an, und es stellt sich als Gleichgewichtszustand eine Verteilung der Sttigungszahlen Sr nach Linie EFG in Bild 25

Bild 25. Verteilung der Sttigungszahl im Kapillarsaum

Bild 26. Versuchsanordnung nach Beskow

150

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 27. Prinzipskizze eines Druckplattengerts

ein. An der Verfrbung ist die Grenze des hçchsten Wasseranstiegs hka zu erkennen. Eine gleichbleibende maximale Sttigung reicht bis min hk. Labormßig kann hkp bei Sanden und Schluffen durch die Versuchsanordnung nach Beskow ermittelt werden (Bild 26). Sie besteht aus zwei mit Schlauch verbundenen Gefßen. Durch Heben des Wasser enthaltenden Gefßes B wird der Wasserspiegel in Gefß A zunchst bis ber die Bodenoberflche angehoben, durch langsames Senken des Gefßes B sodann wieder abgesenkt und im Porenwasser der Probe werden kapillare Saugspannungen erzeugt. bersteigt der Hçhenunterschied der Bodenunterflche zu Wasseroberflche den Wert hkp, treten durch den Boden Luftblasen, da dann kein geschlossener Kapillarsaum mehr vorhanden ist („Luftdurchtrittswert“, „air entry value“). Die kapillare Saugspannung betrgt dann. ua = hkp · gw. Zur Ermittlung von hka wird eine mit trockenem Boden gefllte Glasrçhre in Wasser gestellt und der am Farbumschlag erkennbare Anstieg des Kapillarsaumes bis zur Beharrung beobachtet. hkp und hka sind in Bçden mit Einzelkorngefge neben der die Porenweite bestimmenden Korngrçßenverteilung auch von der Lagerungsdichte D des Bodens abhngig. Erfahrungswerte fr hkp sind in Tabelle 8 zusammengestellt. Zur Untersuchung des Zusammenhangs von kapillaren Saugspannungen ua > hk · gw und der Sttigungszahl Sr eignet sich z. B. eine Versuchsanordnung nach der Prinzipskizze Bild 27 (Drucktopfanlage). Wird in dieser die Bodenoberflche mit einem Luftdruck pa beaufschlagt, entstehen im Boden bei offenem Ventil Saugspannungen pa = ua. Das Steigern von pa und damit von ua bewirkt eine zunehmende Entwsserung der Probe. Eine Steigerung des Drucks um Dp bei geschlossenem Ventil wrde in der Probe bei allen Sttigungsgraden Sr < 1,0 nicht nur den Luftdruck auf ua + Dp erhçhen, sondern auch Porenwasserdrcke Dp = uw erzeugen. Die Saugspannungen im Porenwasser ua – uw („matric suction“) blieben hierbei unverndert. In Bild 28 zeigt Linie 1. E. die Entwsserung eines zunchst gesttigten Bodens mit steigender Saugspannung an. Der Luftdurchtrittswert (ua – uw)b ergibt sich als Schnittpunkt der Wendepunkttangente mit der Ordinate Sr = 1 (Fredlund [44]). Bei Saugspannungen von etwa 5 · 105 kPa ist das Kapillarwasser verbraucht, die restliche Entwsserung betrifft das Adhsionswasser (Schick [131]). Erneute Bewsserung (Linie 1. B.) fhrt nicht mehr zur vollen Sttigung. Eine zweite Entwsserung (2. E.) nhert sich dem Verlauf von 1. E. an, von Zwischenzustnden ausgehende Be- oder Entwsserungen bilden Hysteresen (gestrichelt angedeutet). Der Zugspannung des Porenwassers entspricht eine erhçhte Druckspannung im Korngerst. Sie bewirkt ein Schrumpfen des Bodens und eine erhçhte Scherfestigkeit, die sich – da von ußeren Lasten unabhngig – wie eine Kohsion ußert (Kapillarkohsion).

151

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Bild 28. Zusammenhang zwischen Kapillarspannung und Sttigung bei Ent- und Bewsserung

Tabelle 8. Kapillare Rckhaltehçhe einiger Bodenarten

Bodenart

Wirksamer Korndurchmesser dw [mm]

hkp [m]

sandiger Kies

0,7

0,08

Mittel- und Grobsand

0,35

0,20

Fein und Mittelsand

0,10

0,50

schluffiger Feinsand

0,045

1,0

Schluff

0,01

5,0

Ton

0,001

50,0

5.11

Wasserdurchlssigkeit

Der Durchfluss Q ist das Wasservolumen Vw, das in der Zeiteinheit t eine Querschnittsflche A des Bodens durchfließt. Die Filtergeschwindigkeit v ist der auf die Querschnittsflche A bezogene senkrechte Durchfluss v = Q/A. Bei laminarer Strçmung in den Poren eines wassergesttigten Bodens ist v dem hydraulischen Geflle i = Dh/l proportional. v=k·i Dh ist darin die nderung der Standrohrspiegelhçhe in Strçmungsrichtung ber die Lnge l, k der Durchlssigkeitsbeiwert nach Darcy [33]. Laminare Strçmung herrscht nach Ohde [115], solange i < 0,1/dw = igr ist. Dabei ist der wirksame Konrdurchmesser dw (in mm) definiert als der Korndurchmesser eines einkçrnigen

152

Paul von Soos und Jens Engel

Bodens, der die Kornoberflche des untersuchten Bodens aufweist. Im Allgemeinen ist d10 < dw < d25. Bei i > igr nimmt k mit wachsendem i ab („postlinearer Bereich“). Eine Abnahme des k-Wertes von Tonen bei Unterschreiten eines unteren Grenzgeflles („prlinearer Bereich“) wurde vielfach beobachtet und auch ein sog. „Stagnationsgradient“ io postuliert, unter dem keine Strçmung stattfindet (Hansbo [55], Schildknecht [130]). Andererseits wurde die Gltigkeit des Darcy-Gesetzes selbst bei ausgeprgt plastischen Tonen und sehr kleinen Gefllen i nachgewiesen (Degen [36]). Ein Grund fr die abweichenden Erkenntnisse ist nicht bekannt. k ist fr Wasser bei T = 10 C definiert. Fr Flssigkeiten unterschiedlicher Zhigkeit und Wichte gilt bei unter dem Einfluss des Schwerefelds bewirkten Fließvorgngen k · m/g = const. Darin sind m die dynamische Zhigkeit und g die Wichte der Flssigkeit. Bçden, in denen plattige Teilchen in einer Richtung, z. B. in der waagerechten, bevorzugt eingeregelt sind, weisen parallel zu dieser Richtung eine grçßere Durchlssigkeit kh auf als senkrecht dazu (kv). Bei Sedimenten liegt das Verhltnis kh /kv meist zwischen 2 und 10. Analog weisen geschichtete Bçden parallel zur Schichtung (parallel geschaltete Strçmungswiderstnde) einen grçßeren wirksamen Durchlssigkeitsbeiwert kh = k1 · d1 + k2 · d2 +…+ kn · dn)/d auf, als senkrecht zur Schichtung (in Reihe geschaltete Strçmungswiderstnde): d kv ¼ d1 d2 dn þ þ ::: þ k1 k2 kn An grobkçrnigen Bçden (Sand, Kies) wird der k-Wert bevorzugt in einer Versuchsanordnung mit konstantem hydraulischen Geflle nach Bild 29 bestimmt, da bei dieser die in der Zeit t bei einem hydraulischen Geflle i = Dhw/l durchstrçmende Wassermenge Vw leicht zu messen ist: k¼ l A

Vw l  A  t Dhw

durchstrçmte Lnge der Probe Querschnittsflche des Probekçrpers

Bei feinkçrnigen Bçden (Ton, Schluff) ergibt sich ein konstantes hydraulisches Geflle mit der Versuchsanordnung nach Bild 30. Der konstante Durchfluss wird durch einen mit konstantem Vorschub bewegten Kolben erzeugt und das hydraulische Geflle aus dem Differenzdruck zwischen beiden Seiten des Probekçrpers ermittelt (Aiban/Znidarcic [1]).

Bild 29. Durchlssigkeitsversuch, konstantes hydraulisches Geflle

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

153

Bild 30. Durchlssigkeitsversuch, kontrollierter, konstanter Durchfluss

Hufig kommt bei feinkçrnigen Bçden eine Versuchsanordnung mit vernderlichem hydraulischen Geflle nach Bild 31 zum Einsatz. Die in der Beobachtungszeit t durchstrçmende Wassermenge ergibt sich hier aus dem Abfall des Wasserspiegels im Standrohr vom Querschnitt a zu Vw = a · (h1 – h2) und der Durchlssigkeitsbeiwert zu k¼

a l h1   ln h2 A t

Auf den Durchlssigkeitsbeiwert wassergesttigter feinkçrniger Bçden kann insbesondere im erstverdichteten Zustand auch aus dem zeitlichen Verlauf der Zusammendrckung im Kompressionsgert anhand der Konsolidierungstheorie (s. Abschn. 6.2.3) geschlossen werden. Die Ergebnisse von Durchlssigkeitsversuchen kçnnen durch mangelhafte Randbedingungen sehr stark verflscht werden. Einer Umlufigkeit, die zu hohe k-Werte vortuscht, wird in Versuchsgerten mit starrer Wandung bei feinkçrnigen Bçden durch statische Auflast, bei grobkçrnigen Bçden durch eine besondere seitliche Abdichtung entgegengewirkt. An Probekçrpern in dreiaxialen Druckgerten muss der Zellendruck zur Abdichtung um mindestens 0,3 bar ber dem hçchsten Porenwasserdruck liegen. Das Zusetzen der Filtersteine durch erodierte Feinteile der Probe, das zu geringe k-Werte vortuscht, ist durch ein nur allmhliches Steigern des hydraulischen Geflles zu vermeiden (Heyer [59]). Eine weitere Voraussetzung fr zuverlssige Ergebnisse ist, dass die in der Messzeit in die Probe einstrçmende und aus ihr ausstrçmende Wassermenge gleich groß sind (stationre Strçmung). Diese Bedingung ist bei voller Wassersttigung (Sr = 1,0) und konstantem Porenvolumen whrend des Versuchs stets gegeben („Gteklasse 1“ nach DIN 18130-1). Volle Wassersttigung ist in dreiaxialen Druckgerten (s. Bild 51) durch Aufbringen und lngeres Einwirkenlassen eines ausreichend hohen Porenwasserdrucks (Sttigungsdruck u0) zu erzeugen (s. auch Abschn. 6.3). Die stationre Strçmung kann whrend des Versuchs aber auch durch das Schwellen stark berverdichteter oder durch das Konsolidieren weicher Bçden beeintrchtigt werden. Durch geeignete Wahl des statischen Drucks und des hydraulischen Geflles lassen sich diese Einflsse klein halten. Bei nicht voller Sttigung (z. B. bei Verwendung knstlich verdichteter Proben im Kompressions-Durchlssigkeits-Apparat nach Bild 31) tritt bei feinkçrnigen Bçden stationre

154

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 31. Durchlssigkeitsversuch, vernderliches hydraulisches Geflle

Strçmung erst nach Tagen ein. k-Werte aus Versuchen mit nicht stationrer Strçmung kçnnen um mehrere 10er-Potenzen verflscht sein. Zwischen den Durchlssigkeitsbeiwerten k1 und k2 eines Bodens mit den Porenzahlen e1 und e2 besteht die Beziehung (Tavenas et al. [151]): log

k1 e1  e2 ¼2 k2 e2

Der Durchlssigkeitsbeiwert k nimmt mit der Korngrçße und dem Porenanteil zu. Er ist auch von der Bodenstruktur abhngig (vgl. Abschn. 5.1 und 5.8). Bei Tonen wird der k-Wert darber hinaus von der Mineralart beeinflusst. Besonders kleine k-Werte liefert NatriumMontmorillonit. Durchlssigkeitsversuche an kleinen Proben mssen nicht unbedingt reprsentativ fr Bedingungen in situ sein (vgl. prEN 1997-2, Abschn. 5.11). Dies gilt insbesondere fr inhomogene Bçden und fr geklfteten Fels. Lufteinschlsse im Boden verringern den Durchflussquerschnitt und damit die Wasserdurchlssigkeit wesentlich. Deshalb sollen Bodenproben zur Bestimmung des k-Werts im Labor mçglichst wassergesttigt sein und mit entlftetem Wasser durchstrçmt werden. Den Wasserdurchlssigkeitsbeiwert k teilgesttigter Bçden versuchstechnisch zu bestimmen ist aufwendig (Samingan et al. [129]). Aus der Sttigungs-Saugspannungs-Linie ist dessen Abhngigkeit von der Sttigungszahl ableitbar (Fredlund et al. [46]).   Sr  Sru 3 Angenhert gilt nach Kzdi [84] k ¼ kr 1  Sru Sru Grenzwert der Sttigung, unter dem keine Wasserstrçmung mehr eintritt (s. Bild 28) kr Durchlssigkeitsbeiwert des wassergesttigten Bodens Korrelationen Fr grobkçrnige Bçden mit 0,06 < d10 < 0,6 mm und 1 < CU = d60/d10 < 20 gilt (nach Daten von Beyer [6] ): k = [A/(CU + B) + C] · d10±

(mit d10 in cm ergibt sich fi k in m/s)

155

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

mit den von der Lagerungsdichte abhngigen Konstanten Lagerungsdichte

Locker

Mitteldicht

Dicht

A

3,49

2,68

2,34

B

4,40

3,40

3,40

C

0,80

0,55

0,39

Fr feinkçrnige Bçden gilt   k  0; 027  w6;94  IP6;44 a) L 1010 m=s

(Engel [40])

(mineralische Bçden mit 0,2 < wL < 1,2) b)

k = 6,5 · 10–11 · [e/a · (IA + 1)]4

(Mesri/Feng/Ali/Hayat [106])

(a Massenanteil des Feinsten < 0,002 mm IA Aktivittszahl jeweils als Dezimalbruch ergibt k in m/s)

5.12

Luftdurchlssigkeit

Fr die Luftdurchlssigkeit trockener Bçden gilt va = ka · ip Darin ist ka der Durchlssigkeitsbeiwert fr Luft und ip = Dp/Dl das Druckgeflle lngs der Stromlinie. va ist analog zur Filtergeschwindigkeit definiert. Fr mittlere Bodentemperaturen gilt ka ~ 70 · k. Mit zunehmender Wassersttigung nimmt die Luftdurchlssigkeit ab. Bei Sr > Skr » 80 % ist Luftbewegung im Boden nur noch durch Verdrngung von Wasser mçglich. Fr ungesttigte Bçden gilt nach Kzdi [84] angenhert k0a

  Skr  Sr 3 ¼ ka Skr

Zur labormßigen Bestimmung in grobkçrnigen Bçden eignet sich die Anordnung nach Biczk [8] (s. Bild 32). Fr feinkçrnige Bçden siehe [130].

Bild 32. Versuchsanordnung nach Biczk [8] zur Bestimmung der Luftdurchlssigkeit

156

Paul von Soos und Jens Engel

6

Versuche zur Ermittlung des Spannungs-Verformungs-Verhaltens

6.1

Allgemeines

6.1.1

Darstellen von Spannungsnderungen

In den konventionellen Gerten zur Untersuchung der Spannungs-Verformungs-Beziehungen von Bçden werden zylindrische Probekçrper in axialer und radialer Richtung durch Normalspannungen belastet. Die Richtungen der axialen Hauptspannung s1 und der radialen Hauptspannung s2 = s3 bleiben dabei stets unverndert. Wegen s2 = s3 eignet sich zur Darstellung des Spannungszustands der Mohr’sche Spannungskreis fr zweiachsige Spannungszustnde im t/s-Diagramm (Bild 33 a). Der Spannungszustand ist auch durch die Koordinaten des Kreisscheitelpunkts 0,5 · (s2 + s3) und 0,5 · (s2 – s3) in einem Diagramm mit diesen Koordinaten (Bild 33 b) beschrieben. Bei Spannungsnderungen verschiebt sich dieser Scheitelpunkt. Sein Weg, z. B. AB in Bild 33 a und b, wird Spannungspfad genannt. Die Richtung des Spannungspfads gibt Auskunft darber, in welchem Verhltnis und in welchem Sinne sich die Hauptspannungen gendert haben. Im Bild 34 ist diese Aussage fr Spannungspfade, die in die 8 Hauptrichtungen einer Rosette weisen, angegeben. Damit lsst sich auch fr zwischenliegende Pfadrichtungen die Spannungsnderung leicht deuten. So gilt z. B. fr Richtungen im Bereich 1: Ds1 > Ds3 > 0 oder im Bereich 2: Ds1 > 0, Ds3 < 0 usw. Spannungsnderungen in dreiachsigen Spannungszustnden mit s2 „ s3 lassen sich durch Spuren in einem Koordinatensystem s1, s2 und s3 darstellen (Bild 35). Fr s2 = s3 reduziert pffiffiffi sich diese Darstellung auf die Schnittebene zwischen s2 und s3 (Achsen s1 und s3 · 2 ). 6.1.2

Totale und effektive Spannungen

Wenn Spannungsnderungen das Volumen des Korngersts ndern, muss in wassergesttigten Bçden Porenwasser ab- oder zustrçmen. Das hierzu bençtigte Spannungsgeflle bedingt die Entstehung von Porenwasserber- oder -unterdrcken. Es gilt Ds = Ds' € Du Dabei ist Ds die nderung der totalen (Gesamt-)Spannungen s, Ds' die nderung der effektiven (wirksamen) Spannungen s' und € Du der Porenwasserber- oder -unterdruck („Porenwasserdifferenzdruck“).

Bild 33.  Spannungsdarstellung;    a) im t/s-Diagramm, s1  s3 s1 þ s3 = -Diagramm b) im 2 2

Bild 34. Bedeutung von Spannungspfaden

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Bild 35. Spannungsdarstellung im allgemein rumlichen Koordinatensystem

157

Bild 36. Abhngigkeit des Porenwasserdruckbeiwerts B von der Sttigungszahl Sr [140]

Bei fehlender Entwsserungsmçglichkeit (geschlossenes System, Dw = 0) betrgt die nderung des Porenwasserdrucks bei axialsymmetrischen nderungen der totalen Spannungen (Ds2 = Ds3, Ds1) nach Skempton [140]: Du = B · [Ds3 + A · (Ds1 – Ds3)] Der Porenwasserdruckbeiwert B gibt den Einfluss hydrostatischer Spannungsnderungen (Ds1 = Ds2 = Ds3) auf Du an. B nimmt mit der Sttigungszahl Sr zu und wird fr Sr = 1 zu 1,0 (vgl. Bild 36). Der Porenwasserdruckbeiwert A zeigt den Einfluss einer nderung der Schubspannungen (Hauptspannungsdifferenz) auf das Volumen und damit auf Du an. A < 1/3

„dilatantes“ Verhalten: Schubspannungsnderung bewirkt Volumenzunahme; bei behinderter Volumennderung entsteht –Du (Porenwasserunterdruck)

A < 1/3

„kontraktantes“Verhalten: Schubspannungsnderung bewirkt Volumenabnahme; bei behinderter Volumennderung entsteht + Du (Porenwasserberdruck)

Bei ideal-elastischem Material wre A = 1/3; fi DV = 0 fi Du = 0. A ist keine Bodenkonstante, sondern nimmt mit wachsendem Konsolidationsverhltnis OCR (vgl. Abschn. 6.1.3) bzw. mit wachsender Lagerungsdichte ab und ndert sich auch mit zunehmender Schubspannung (vgl. Bild 37).

Bild 37. Abhngigkeit des Porenwasserdruckbeiwerts A vom Konsolidierungsverhltnis OCR und der Verformung (nach Blight [14])

158

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 38. Totale und effektive Spannung

Fr „beliebige“ nderungen der totalen Spannungen betrgt die nderung des Porenwasserdrucks Du in wassergesttigten Bçden bei Dw = DV = 0 nach Henkel [57]:  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Ds1 þ Ds2 þ Ds3 Du ¼ B  þ a  ðDs1  Ds2 Þ2 þðDs1  Ds3 Þ2 þðDs2  Ds3 Þ2 3 mit a als Porenwasserdruckbeiwert nach Henkel. Bei axialsymmetrischer Spannungsnderung ist A = a ·

pffiffiffi 2 + 1/3.

Zusammengehçrende Spannungswerte der totalen und effektiven Spannungen liegen im Diagramm nach Bild 38 auf gleichen Ordinaten, aber in Richtung der Abszisse um den Porenwasser-Differenzdruck Du versetzt. Gleichzeitiges Darstellen der totalen und effektiven Spannungen veranschaulicht somit auch die Entwicklung der Porenwasserdrcke. 6.1.3

Einflussgrçßen der Spannungs-Verformungs-Beziehungen

Die Spannungs-Verformungs-Beziehungen des Bodens sind außer von der Bodenart vor allem von der Spannungsvorgeschichte, dem Spannungsniveau, der Ausnutzung der Scherfestigkeit und der Art der Spannungsnderung (Richtung und Form des Spannungspfades) abhngig. Die bei Spannungsnderungen auftretenden Verformungen sind darber hinaus zeitabhngig. Bezglich der Spannungsvorgeschichte wird unterschieden in normalkonsolidierte Bçden, die in ihrer Vorgeschichte bei keiner hçheren als der augenblicklichen Spannung s'vc (z. B. berlagerungsdruck s'vo = g · z) konsolidiert sind und berkonsolidierte Bçden, deren Vorkonsolidierungsspannung s'p (z. B. geologische Vorbelastung) grçßer war als s'vc. Das Konsolidationsverhltnis OCR = sp/s'vc (overconsolidation ratio) ist ein Vergleichsmaß der Vorkonsolidierung. Es ist fr die Verformungseigenschaften bestimmend. Normalkonsolidierte Bçden verhalten sich z. B. bei Spannungszuwachs stets weicher als berkonsolidierte Bçden. Werden an Proben eines nicht sensitiven und nicht verkitteten bindigen Bodens, die bei unterschiedlichen Spannungen s'vc konsolidiert sind, deren Verdichtungsverhltnis OCR aber gleich ist, Spannungs-Verformungs-Versuche ausgefhrt, so sind die auf die Konsolidierungsspannung s'vc bezogenen „normierten“ Versuchsergebnisse nahezu gleich (dies gilt auch fr den Grenzzustand, z. B. fr den cu-Wert, s. Abschn. 7.2.4) (Parry [118] und Ladd et al. [73]). Wegen der vielfltigen Abhngigkeiten sollten in Versuchen zur Beschreibung von Verformungsvorgngen die in der Natur vorgegebenen Spannungszustnde und die dort zu erwartenden Spannungsnderungen mçglichst genau nachgeahmt werden. Voraussetzung hierfr wre, dass die effektiven Spannungen auch bei der Probenentnahme und dem anschließenden Einbau in das Versuchsgert keine Vernderungen erfahren haben. Da dies nicht zu verwirklichen ist, mssen die Versuchsdurchfhrung und die Interpretation der Versuchsergebnisse die unvermeidlichen Entnahmestçrungen und die Entspannung der Bodenprobe bei der Entnahme bercksichtigen.

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

159

6.2

Kompressionsversuch (Druckversuch mit verhinderter Seitendehnung)

6.2.1

Das Kompressionsgert

Das Versuchsgert besteht aus einem Metallring, der den Probekçrper aufnimmt und whrend der axialen Belastung dessen Querdehnung verhindert. Dem Boden wird also ein einaxialer Verformungszustand aufgezwungen, hnlich jenem, der sich in der Natur beim Konsolidieren weit ausgedehnter Schichten einstellt. Der Probekçrper wird oben und unten durch Filtersteine begrenzt, die das Ab- und Zustrçmen von Porenwasser whrend des Versuchs gestatten. Bei Versuchsgerten mit „festem Ring“ (Bild 39 links) stehen Unterflche von Ring und Probekçrper bndig auf. Bei Gerten mit „schwebendem Ring“ (Bild 39 rechts) kçnnen beide Filtersteine in den Metallring eindringen. Die Folgen der Hauptfehlerquellen: Wandreibung und Stçrungen durch unebene Endflchen der Proben, heben sich bei einem Verhltnis h:d » 1:5 in etwa auf. Aus praktischen Grnden sollte die Probenhçhe h nicht kleiner als 1,4 cm sein. bliche Probendurchmesser fr feinkçrnige (weiche bis halbfeste) Bçden sind d = 5; 7 bzw. 10 cm. Grobkçrnige Bçden lassen sich in der Regel nur aufbereitet einbauen. Der Probendurchmesser soll bei diesen mindestens das 8-fache, die Probenhçhe mindestens das 5-fache des Grçßtkorns betragen. Bei grçßerer Probenhçhe ist ein Messen der Mantelreibung empfehlenswert (Ostermayer [117]). 6.2.2

Kompressionsversuch mit stufenweiser Laststeigerung

Der Versuch ist in DIN 18135 beschrieben. Die Belastung wird auf die Probe in Stufen aufgebracht, die die vorherige Belastung jeweils verdoppeln. Die Belastungsdauer der Laststufen sollte die Konsolidierungssetzungen (s. Abschn. 6.2.3) voll erfassen, innerhalb eines Versuchs aber bei allen Laststufen gleich sein.

Bild 39. Schnitt durch das Kompressionsgert; a) mit festem Ring, b) mit schwebendem Ring

Bild 40. Zur Definition des Steifemoduls

160

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 41. Druck-Porenzahl-Diagramm

Fr die Endwerte der Laststufen wird die auf die Anfangshçhe der Probe bezogene Zusammendrckung s' = Dh/ha mit ha = Anfangshçhe der Probe oder die Porenzahl e berechnet und als Funktion der Spannungen s'1 als Druck-Zusammendrckungs- oder Druck-Porenzahl-Linie dargestellt (vgl. Bild 41). Die beiden Darstellungen unterscheiden sich wegen s' = (ea – e)/(1 + ea) nur im Ordinatenmaßstab (ea = Porenzahl fr s' = 0). Fr den Erstbelastungsast der Druck-Porenzahl-Linie gilt nach Bild 41 links:  0  s  s0c ds0 e ¼ e0  Cc  log 0 und de ¼ Cc  0; 434  0 0 s0 þ sc s þ s0c Der Kompressionsbeiwert Cc = tan a ist die Neigung einer Geraden, die im Abstand sc entlang der Druck-Porenzahl-Linie verluft. Bei nicht hoch vorbelasteten Bçden lsst sich Cc auch aus dem geradlinigen Endbereich der e-log s'-Linie gewinnen. Analog zu Cc lsst sich aus dem bei Entlastung gewonnenen Schwellast eines Kompressionsversuchs der „Schwellbeiwert CS“ bestimmen. Die e-log s'-Linien feinkçrniger Bçden, die mit einem Anfangswassergehalt wA » wL aufbereitet wurden, bilden im bautechnisch interessanten Bereich zwischen s' = 10 und 1000 kN/m± in etwa Geraden, deren Neigung durch die Cc-Werte nach Gl. a) weiter unten als Funktion der Fließgrenze wL und deren Hçhenlage durch die Bedingung w = wL fr s' = 7 kN/m± gegeben ist (Bild 41, rechts) (Skempton [138, 144], Biarez/Hicher [7]). Wie in Bild 41 rechts noch angedeutet, liegen die e-log s'-Linien normalkonsolidierter Bçden mit verkittetem Waben- oder Flockengefge oberhalb, jene berkonsolidierter Bçden unterhalb der Sedimentationslinie und nhern sich dieser bei hohen Spannungen s' asymptotisch an (Burland [23], Tsuchida [157]). Probenstçrungen verwischen den Einfluss des Gefges oder der Vorgeschichte des Bodens. Soweit die Druck-Zusammendrckungslinie oder die DruckSteifemodullinie dies nicht unmittelbar erkennen lassen, gibt die Dehnung der Probe bis zum berlagerungsdruck ev0 oder die auf den Anfangswert bezogene Abnahme der Porenzahl bis zu diesem De/e Hinweise auf die Gte der Probe. Kriterien hierfr siehe Tanaka et al. [150]. Bei Entlastung nimmt die Porenzahl e zu (vgl. Bild 41, links). Bei diesem „Schwellvorgang“ oder dem „Wiederbelastungsvorgang“ bei erneuter Belastung befindet sich die Probe im

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

161

„berkonsolidierten Zustand“, bis die Vorkonsolidierungsspannung s'p erreicht und berschritten wird. Schwellast und Wiederbelastungsast sind flacher geneigt als der Erstbelastungsast. Einer Porenzahl e, die an einem Schwell- oder Wiederbelastungsast bei beliebigen Spannungen s'i vorhanden sein kçnnte, ist am Erstbelastungsast die Spannung s'e, der quivalente Verdichtungsdruck (Terzaghi [154]) eindeutig zugeordnet (s. Bild 41, links). Das berschreiten der Vorkonsolidierungsspannung s'p ußert sich in einem Steilerwerden der Druck-Zusammendrckungs-Linie und einem Abfall des Steifemoduls (vgl. Bild 42). s'p ist an einem Knick im linear aufgezeichneten Druck-Zusammendrckungs-Diagramm zu erkennen. Zur Feststellung von s'p ist es zweckmßig, die Laststufen kleiner als blich mit Ds'i = 0,50 · s'i-1 zu whlen. Deutlicher ist s'p in Versuchen mit kontinuierlicher Laststeigerung (s. Abschn. 6.2.4) zu erhalten. In beiden Fllen ergibt sich die Vorkonsolidierungsspannung bei Darstellung des Druck-Zusammendrckungs-Diagramms mit ln (1 + e) als Ordinate und ln s' als Abszisse am Schnittpunkt der Linienste vor und nach dem Knick (Grosic [50]). Ist der Boden gealtert (Bjerrum [14]) oder diagenetisch verfestigt (verkittet), markiert der Knick anstelle von s'p eine „scheinbare Vorkonsolidierungsspannung“, die hçher ist, als die durch Auflast bedingte. Der Verformungsmodul fr einaxiale Verformung Es = ds'/de wird Steifemodul genannt. Der Reziprokwert des Steifemoduls mv = 1/Es heißt Verdichtungskoeffizient (coefficient of volume change). Nach Bild 40 ist de ¼

dh de ¼ h 1þe

und damit Es ¼ ð1 þ eÞ 

ds0 1 þ e ¼ de av

Hierbei heißt av = –de/ds' Verdichtungszahl. Beachtet man die Beziehung zwischen s' und e, so wird ds0 Es ¼ ð1  s0 Þ  ds

Bild 42. Steifemodul ES AB bzw. A'D': berkonsolidiert CD bzw. EF: normalkonsolidiert

Bild 43. Ermittlung der Vorbelastung aus dem zeitlichen Verlauf der Sekundrsetzung

162

Paul von Soos und Jens Engel

fr kleine s' nherungsweise Es ¼

ds0 ds

Anhand dieser Gleichungen kann Es fr jeden beliebigen Verlauf der Druck-Porenzahl- oder Druck-Zusammendrckungs-Linie aus deren Tangente de/ds' oder Sekante De/Ds' ermittelt werden. Bei Nutzung der Gleichung fr e wird Es = (s'+s'c) · {Cc · ((1 + e0) – 2,303 · log (s' + s'c)}. Es wchst also mit s' an. Zur Abschtzung des Kompressionsbeiwerts Cc dienen die Korrelationen: a) Cc = N · (wL–10)

(wL in %, N = 0,007 fr gestçrte, N = 0,009 fr ungestçrte Bçden) (Skempton [138])

b) Cc = 0,5 · IP · rs

(IP als Dezimalbruch, rs in g/cm± ) [165]

c) Cc = 0,016 · wn – 0,162

(wn in %) (Lo/Lovell [99])

d) Cc = 0,496 · ea – 0,195

(mit ea = Anfangsporenzahl) [99]

e) Der Schwellbeiwert kann abgeschtzt werden nach CS = 0,0025 · (wn – 15) (20 < wn < 50 % bei See- und Beckentonen) (Soumaya/Kempfert [147]) Die Spannungsabhngigkeit von Es kommt auch in der empirischen Beziehung von Ohde [114] zum Ausdruck  0 we s Es ¼ ve  sat  sat mit: sat atmosphrischer Luftdruck (sat = 100 kN/m± = 1 bar) Zur Abschtzung der Parameter ve und we gilt: a) fr nichtbindige Bçden (nach Jnke [74]) b) fr bindige (feinkçrnige) Bçden (Jnke [74] nach Ohde [115]) ve = 5,5/IP0,758; vs = A/IPB mit A = 11; B = 0,88 fr feste bis halbfeste A = 14; B = 0,96 fr halbfeste bis steife A = 20; B = 1,04 fr steife bis weiche Konsistenz ve, we Steifemodulbeiwert bzw. -exponent bei Erstbelastung we = ws = 1,0 mit vS, wS Steifemodulbeiwert bzw. -exponent bei Weiderbelastung c) fr beliebige Bçden

ve = f(n) siehe Bild 44 ve = f(w) siehe Bild 45 we = f(n) siehe Bild 46

  

(Janbu [71])

Bild 44. Exponent we als Funtion des Porenanteils n ([71], ergnzt)

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Bild 45. Faktor ve als Funktion des Porenanteils n ([71], ergnzt)

163

Bild 46. Faktor ve als Funktion des Wassergehalts ([71], ergnzt)

d) fr mineralische, feinkçrnig bindige Bçden (Engel [40]) ES 

s 0; 21

w1;037 L

ES  1; 085 

Es  0; 77 

fr weiche, erstbelastete Bçden

 I0;17 P 1

!1;369

 I0;17 0; 21  w1;037 L P !1;798 1 0; 21  w1;037  I0;17 L P

s

s

fr vorbelastete Bçden

bei Entlastung

Bei Normalkonsolidierung eines Bodens (z. B. eines breiig aufbereiteten feinkçrnigen Bodens) im Kompressionsgert wird eine Horizontalspannung von s'3 = K0 · s'1 geweckt. K0 » 1 – sin j' (Jky [75]) ist der Ruhedruckbeiwert. Der beim plçtzlichen Aufbringen einer Laststufe entstehende Porenwasserberdruck erhçht zunchst die totalen Spannungen (Spannungspfad EF in Bild 47). Whrend der Konsolidierung wachsen die effektiven Spannungen lngs der K0-Linie (Spannungspfad EG) an, whrend sich die totalen Spannungen den effektiven Spannungen angleichen (Pfad FG der totalen Spannungen). Zur Beschreibung

Bild 47. Spannungspfade beim Kompressionsversuch ES

164

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Bild 48. Spannungspfade bei Verformungsversuchen im Dreiaxialgert

der Formnderungen lngs des K0-Pfades kçnnen fr kleine Spannungsnderungen anstelle von Es auch die Konstanten der linearen Elastizittstheorie verwendet werden (s. Kap. 1.1). Bei Entlastung nimmt s'3 langsamer ab als s'1, das Spannungsverhltnis wchst dem Spannungspfad AB gemß auf K'0 = K0 · OCRn < Kp an. Nach Mayne/Kulhavy [104] ist n = sin · j', nach Schulz [134] fr bindige Bçden = 1,4 · sin j'. Nach Hamouche et al. [54] kann n bei Bçden hoher Sensitivitt bis 1,15 ansteigen. Im Zuge der Wiederbelastung geht der Spannungspfad erst oberhalb des Punkts C (Bild 47) wieder in die K0-Linie ber. Bei der Entnahme einer wassergesttigten Bodenprobe wird die anisotrope Belastung des Korngersts (s'3 = K0 · s'1) durch einen allseitig gleichen Kapillardruck ersetzt (Spannungspfad HJ in Bild 47). Bei Belastung ohne Fluten strebt der Spannungspfad der K0-Linie entgegen (JK). Ein Fluten vor der Belastung wrde den Spannungspfad JL und damit eine Auflockerung der Probe erzeugen. Unter dem geschlossenen Kapillarsaum entnommene Bodenproben sollen daher bis zum berlagerungsdruck svo = g · z ohne Wassernachschub belastet werden. ber dem Grundwasserspiegel entnommene Bodenproben aus Lçss oder Feinsand-Grobschluff-Gemischen drfen im Versuchsgert berhaupt nicht geflutet werden, es sei denn, es geht darum die beim Wegfall der Kapillarkrfte entstehenden Sackungen zu beobachten. Das zum Fluten verwendete Wasser muss – besonders bei Meeressedimenten – dem Chemismus des Porenwassers entsprechen. Die hçchste Spannung s1 im Versuch soll mindestens 1,5-mal grçßer als die maßgebliche Spannung in der Natur und fr die Ermittlung von Cc nicht kleiner als 800 kN/m± gewhlt werden. Nach Konsolidation bei der Hçchstlast ist eine Entlastung bis etwas unterhalb svo mit anschließender stufenweiser Wiederbelastung vorzunehmen. Im Kompressionsgert ist einer Steigerung der effektiven Spannung stets eine Volumenverminderung (+DV) zugeordnet. Die Bodenelemente werden dabei verzerrt (Gestaltnderung) und in ihnen bei Erstbelastung (K0-Pfad) mit K0 = 1 – sin j' ein Scherwinkel mob j' = arc tan (t/s') = arc sin [sin j'/(2 – sin j')] geweckt. Das Verhltnis tan (mob j') zu tan j' betrgt fr j'= 10  k = 0,542 und fr j' = 40  k = 0,641. 6.2.3

Das Zeit-Zusammendrckungs-Verhalten im Kompressionsgert

Bei feinkçrnigen Bçden wird der zeitliche Zusammendrckungsverlauf nach Spannungspffi erhçhung um Ds mit log t oder mit t als Abszisse dargestellt. Da s' nach der Konsolidiepffi rungstheorie zunchst mit t wchst, ist der Beginn der Konsolidierungs-Zusammendrckung (Verfestigungsgrad Ut = 0) fr den Zeitpunkt t = 0, in dem die Spannungserhçhung vom Porenwasser allein getragen wird, also Du = Ds ist, in beiden Darstellungen leicht zu finden (s. Bild 49 a und c). Das Ende der Konsolidierungs-Zusammendrckung (Ut = 1,0 fr

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

165

Du = 0) ist durch den Schnittpunkt von Wendetangente undpEndtangente im log t-Maßstab ffi oder mithilfe der Konstruktion des Ut = 0,9-Punktes im t-Maßstab zu gewinnen (t90). Hiermit ist auch der Konsolidierungsbeiwert cv festgelegt, die wichtigste Kenngrçße des Zeit-Zusammendrckungs-Verhaltens: k  Es h2 Tv h2 0; 85 h2 0; 405 ¼  ¼  ¼  gw 4 t 4 t90 4 ti Darin ist h die Hçhe des Probekçrpers und Tv die bezogene Konsolidierungszeit fr zweiseitige Entwsserung desselben nach Bild 49 b, t90 die Konsolidierungszeit bis Ut = 0,9 und ti jene bis zum Wendepunkt der Konsolidierungszeit-Zusammendrckungs-Linie. Die Beziehung lsst sich auch zur nherungsweisen Ermittlung des Durchlssigkeitsbeiwerts k verwenden (s. auch Abschn. 5.11). cv ¼

cv ist nach Bild 50 zur Fließgrenze wL korreliert cv = f(wL) (nach U. S. Navy 1962 aus Lambe/Whitmann [95]). Fr erstbelastete, mineralische Bçden gilt nach Engel [40] fr den Konsolidationsbeiwert bei einer Auflast von s' = 100 kN/m± (wL, wP als Dezimalbruch).  2 5;772 19;04 m cv  0; 00011  wL  wP a Die Neigung des Endastes der halblogarithmischen Zeit-Porenzahl-Linie wird durch den Kriechbeiwert Ca beschrieben (s. Bild 43): Ca ist ein Maß fr den zeitlichen Verlauf der Sekundrzusammendrckungen (Kriechzusammendrckungen).

Bild 49. Konstruktion des Anfangs (Ut = 0) und Endes (Ut = 100 %) der Konsolidierungssetzung (Ut = Verfestigungsgrad) a) Versuchslinie Ut = f(t) in logarithmischem Zeitmaßstab b) Theoretische Linie Ut = f(TV) in logarithmischem Maßstab fr TV (TV = bezogene Konsolidierungszeit) c) Versuchslinie Ut = f(t) in QuadratwurzelZeitmaßstab

166

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Bild 50. Konsolidationsbeiwert cv als Funktion der Fließgrenze wL (U. S. Navy 1962)

Da Ca mit steigendem Konsolidationsverhltnis OCR abnimmt und bei OCR £ 1 etwa konstant bleibt, gibt der Verlauf von Ca Hinweise auf die Vorkonsolidierungsspannung spc (Murayama/Shibita [111]). Zum Kriechbeiwert feinkçrniger quartrer Ablagerungen siehe Krieg [90]. Von Buismann [21] ist der Kriechbeiwert CB vorgeschlagen worden. Dieser beschreibt die Neigung des Endasts der halblogarithmischen Zeit-Setzungs-Linie. Nherungsweise kann er fr erstbelastete, mineralische Bçden nach Engel [40] mit folgender Korrelation berechnet werden:  wP0;915 CB  0; 00248  w2;57 L Korrelationen zur Abschtzung von Ca a) Ca = 0,00018 · w (w in %) (Simons [136]) b) Ca = a · Cc mit

6.2.4

a = 0,04 € 0,01 fr anorganische Tone a = 0,05 € 0,01 fr organische Tone (Mesri/Castro [105])

Kompressionsversuch mit kontinuierlicher Laststeigerung

Kompressionsversuche mit kontinuierlicher Laststeigerung warten den Abbau der Porenwasserberdrcke nicht ab, mssen daher an nur einseitig entwsserten Probekçrpern mit Porenwasserdruckmessung an der nicht entwsserten Seite ausgefhrt werden (Haed [53]). Konstant gehalten wird z. B. die Geschwindigkeit der Laststeigerung (CRL) (Brughignoli [20]), der Stauchung (CRS) (ASTM D 4186-06 ), das Verhltnis max u/sv (CPR) (verlangt Programmsteuerung: Janbu et al. [72]) usw. Da die wirksamen Spannungen s' wegen des Porenwasserdruckgeflles ber die Probenhçhe ungleich sind, werden bei kontinuierlicher Laststeigerung nichtlineare Zusammenhnge s'/e „verschmiert“ erfasst. Auskunft ber die Sekundrzusammendrckung wird auch nur durch stçrende Unterbrechung des Versuchsablaufs erhalten. Diese Versuchsart ermçglicht aber eine schnelle Versuchsdurchfhrung (wenige Stunden bis 1 Tag) und ist deshalb fr die Routine interessant, sofern ein zuverlssiges Rechenmodell fr die Ermittlung von Cc zur Verfgung steht. 6.2.5

Untersuchung des Quellverhaltens

Quellen ist eine Volumenzunahme, die eintritt, wenn der Boden oder das Gestein entweder in den Schichtgittern von Tonmineralien (z. B. von Montmorillonit) oder durch Umkristallisation von Mineralien (z. B. Anhydrit fi Gips) Wasser aufnimmt. Bei Verhinderung des Quellens tritt Quelldruck auf. Gemessen wird die Quelldehnung –Dh/h0 im als dometer

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

167

(Quellmesser) benutzten Kompressionsapparat. Der Probekçrper wird ohne Wasserzugabe bei s1 = g · z oder der Gebrauchsspannung konsolidiert. Dann wird geflutet und die Hebung bis zum Abklingen der Quellung beobachtet. Nun wird in Stufen entlastet und die Quellbeobachtung jeweils wiederholt. Zu beachten ist, dass Quellvorgnge verzçgert anlaufen und sehr lange andauern kçnnen. Das Ergebnis ist ein Diagramm –Dh/h0 ber s' oder log s' fr das Gleichgewicht zwischen Druck und Quellung sowie eine Zeit-Quellkurve –Dh/h0 ber log t, deren Verlauf nicht allein durch den Ausgleich der Porenwasserdifferenzdrcke bestimmt ist und daher nicht im Sinne der Konsolidierungstheorie interpretiert werden darf. Zur Messung des Quelldrucks muss die Last nach dem Fluten kontinuierlich so gesteigert werden, dass das Volumen des Probekçrpers unverndert bleibt (s. auch DIN 18135).

6.3

Dreiaxialer Druckversuch

Aus der Bodenprobe mçglichst schonend ausgearbeitete zylindrische Probekçrper werden in eine Druckzelle eingebaut und hier radial durch eine Druckflssigkeit (meist Wasser), axial durch einen Kolben belastet (vgl. Bild 51 und DIN 18137-2). Fr Verformungsmessungen sollte die Endflchenreibung ausgeschaltet werden. Dies ermçglicht gedrungene Probekçrper mit h/d » 1,0. Der Probekçrper wird von der Druckflssigkeit durch eine Gummihlle getrennt. An einem oder beiden Enden kann er ber Filtersteine Porenwasser abgeben oder aufnehmen. Zur schnelleren Entwsserung werden zwischen Probekçrper und Gummihlle Filterstreifen eingelegt. Gemessen werden die Axialkraft P (zur Ausschaltung der Kolbenreibung mçglichst innerhalb der Zelle) als Funktion der axialen Zusammendrckung Dh sowie der Porenwasserdruck u oder die Volumennderung der Probe DV in der Regel ber das am unteren Filterstein austretende Porenwasser. Die Versuchseinrichtung gestattet eine Belastung der zylindrischen Probekçrper bei beliebigen Verhltnissen s1/s3 und damit unter Beibehaltung der Hauptspannungsrichtungen das Fahren beliebiger Spannungspfade. Im einfachsten Fall wird isotrop konsolidiert (Spannungspfad OA in Bild 48) und danach s1 gesteigert (Pfad AB). Dabei muss eine so langsame Stauchungsgeschwindigkeit gefahren werden, dass messbare Porenwasserberdrcke nicht auftreten: Bei Proben mit 36 mm Durchmesser gilt fr ausgeprgt plastische Tone v = 0,001 mm/min, fr leichtplastische Bçden v = 0,01 mm/min und fr Sande v = 0,1 mm/ min. Bei stufenweiser Steigerung von s1 um Ds1 wrde sich infolge der Porenwasserberdrcke ein Pfad CDE der effektiven Spannungen mit ungewollter Annherung an den Bruchzustand einstellen. Zum Fahren beliebiger Spannungspfade drfen daher Spannungsnderungen nur in sehr kleinen Betrgen Ds1 und Ds3 aufgebracht werden, zwischen denen der Abbau des Porenwasserdrucks abzuwarten ist. Sollen Formnderungsbedingungen (z. B. Ruhedruckzustand mit e2 – e3 = 0) eingehalten werden, so ist eine weg-, mindestens aber volumenberwachte Programmsteuerung erforderlich. Zur Volumenmessung ber das ausgepresste Porenwasser mssen nicht gesttigte Probekçrper vor Versuchsbeginn gesttigt werden. Da die Lçslichkeit von Gas in Wasser mit Druckzunahme steigt, wird die Wassersttigung durch Steigerung des Porenwasserdrucks (Sttigungsdruck u0) in kleinen Stufen unter gleichzeitiger Steigerung des Zellendrucks s3 erreicht. Der erforderliche Sttigungsdruck betrgt nach Bishop/Henkel [13] u0 = ua · (1 – Sr)/0,02 · Sr . Darin ist ua = 1 bar der Atmosphrendruck. Beim Aufbringen der isotropen Belastung s1 = s2 = s3 (Spannungspfad OA) tritt Volumenverminderung ein. Aus dieser wird der Kompressionsmodul als Sekanten- oder Tangentenmodul K = Ds'/Dev mit ev = DV/V erhalten.

168

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Bild 51. Dreiaxiale Druckzelle

Bei elastischer Isotropie gilt: K ¼

  E Es 1 þ n ¼ 3 1n 3ð1  2nÞ

Durch Steigern von s1 bei s3 = const (Spannungspfad AB) ergeben sich Druck-StauchungsLinien nach Bild 52 oben, denen Druck-Volumennderungs-Linien nach Bild 52 unten zugeordnet sind. Bei dichten Sanden oder berverdichteten bindigen Bçden tritt mit wachsender Stauchung e1 = Dh/h erst ein steiler Anstieg Ds1/De1 mit zunchst geringer Volumenverminderung und anschließender starker Volumenzunahme (Dilatation) ein. Die Spannung s1, bei der das Anfangsvolumen berschritten wird, liegt bei Sanden weit, bei Tonen kurz vor der Grenzspannung max s1. Bei lockeren oder weichen Bçden ist der Anstieg Ds1/De1 flacher, wobei das Volumen stetig abnimmt (Kontraktion). In beiden Fllen nimmt das Verhltnis Ds1/De1 im Gegensatz zur einaxialen Verformung im Kompressionsgert, mit weiterer Zunahme der Stauchung bis zum Erreichen der Grenzspannung ab.

Bild 52. Druck-Stauchungs- und Volumennderungs-Stauchungs-Linien (zugleich Scherspannungs-Verzerrungs- und Volumennderungs-Verzerrungs-Linien)

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

169

Bild 53. Linien w = const, a) normalkonsolidierter, b) berkonsolidierter Tone

Soll bei konstantem s1 durch Verringern von s3 eine Spannungsspur AF in Bild 48 entstehen, so muss zur Konstanthaltung von s1 der axiale Vorschub bettigt werden. Die Versuchsergebnisse sind jenen mit steigendem s1 bei s3 = const qualitativ hnlich. Wird bei konstantem s1 zum Fahren einer Spannungsspur AG die Radialspannung s3 gesteigert (Dreiaxialer Extensionsversuch), so ist der axiale Vorschub rcklufig zu bettigen. Die nderung der Außenbelastung bei verhinderter Entwsserung des wassergesttigten Probekçrpers bewirkt dessen volumenkonstante Verformung (DV = 0, w = const ). Hierbei treten Porenwasserberdrcke auf, wenn das Korngerst zu Volumenverringerung, und Porenwasserunterdrcke, wenn es zur Volumenvergrçßerung neigt (vgl. Abschn. 6.1.2). Die Pfade der effektiven Spannungen weichen dadurch von jenen der totalen Spannungen ab. Sie stellen Linien wp =ffiffifficonst bzw. e = const dar. In Bild 53 sind solche Linien in einer Darstellung s'1 zu s'3 · 2 fr normalkonsolidierte und fr berkonsolidierte Bçden wiedergegeben, die aus Pfaden totaler Spannungen AB bzw. AG (Bild 48) von verschiedenen Punkten A ausgehend gewonnen wurden. Sie stimmen bei Tonen mit jenen Linien e = const berein, die aus drnierten Versuchen mit Pfaden der effektiven Spannungen AB bzw. AG erhalten werden (Rendulic [123], Henkel [57]). Solange (s1 – s3) monoton wchst, ist e von der Spannungsspur nahezu unabhngig (dies gilt nicht fr Sande).

Bild 54. Auswertung der Druck-Stauchungs-Linien beim einaxialen Druckversuch

170

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 55. Abhngigkeit des Verformungswiderstands von der Grçße der Dehnungen

Aus dem Druck-Stauchungs-Diagramm undrnierter Versuche lsst sich der ElastizittsModul Eu bzw. der Schub-Modul Gu des gesttigten Bodens errechnen. Wegen Volumenkonstanz ist n = 0,5 und damit Gu = Eu/3. Von Interesse ist in der Regel der Modul aus der Anfangstangente des Versuchs. In Triaxialversuchen mit extremer Auflçsung der Messwerte weisen Bçden bei Mikrodehnungen e1 etwa gleiche Eu bzw. Gu-Moduln auf, wie bei dynamischer Erregung (Clayton et al. [30]), vorausgesetzt, dass ihr Spannungszustand vom Grenzzustand weit genug entfernt ist. Bei gleicher Porenzahl und gleichem Spannungsniveau kommt es hierbei bei feinkçrnigen Bçden nicht auf die Spannungsvorgeschichte an. Unterhalb von etwa e1 = 3 · 10–5 ist Eu gleichbleibend hoch, mit wachsendem e1 fllt er wie bei dynamischer Erregung ab (siehe Bild 55). Sande verhalten sich hnlich, doch sind die Werte von der Spannungsvorgeschichte bzw. vorausgehender irreversibler Formnderungen abhngig (Hicher [60]). Bei grçßeren Dehnungen fllt Eu als Sekantenmodul mit wachsendem Ausnutzungsgrad der Scherfestigkeit rasch ab, wchst aber bei gegebenem t/cu proportional der Konsolidierungsspannung s'vc an. Das Verhltnis Eu/s'vc streut bei einem Ausnutzungsgrad der undrnierten Scherfestigkeit t/cu = 0,2 etwa zwischen 100 und 300, bei den Mikrodehnungen ergab sich bei weichem Ton Eu/s'vc ffi 1200, bei halbfestem Ton ffi 750.

Bild 56. Abhngigkeit des Verhltnisses EU/cU vom Konsolidierungsverhltnis OCR und der Plastizittszahl IP (Duncan/Buchignani)

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

171

Als wichtige Korrelationsbeziehung gilt: Eu/cu in Abhngigkeit von Konsolidationsverhltnis OCR und Plastizittszahl IP nach Duncan und Buchignani, zitiert nach Clough /Schmidt [31], (Bild 56).

6.4

Einaxialer Druckversuch

Dieser Druckversuch mit s2 = s3 = 0 wird an Probekçrpern ohne planmßige Entwsserung ausgefhrt. Bei gesttigtem Boden tritt somit volumenkonstante Verformung ein. Die Versuchseinrichtung reduziert sich auf eine Belastungseinrichtung fr konstanten Vorschub mit senkrecht zur Probenachse stehenden starr gefhrten Druckplatten. Druckzelle und Gummihlle entfallen. Statt zylindrischer Probekçrper h:d = 2,0 bis 2,5 sind auch prismatische Probekçrper gleicher Schlankheit anwendbar. Die Stauchungsgeschwindigkeit ist in DIN 18136 mit 1 % je Minute, bei verfestigten Proben mit 0,2 % je Minute festgelegt. Zur Auswertung wird je nach Form der Druck-Stauchungs-Linie der Modul fr die Anfangstangente, fr die Sekante zwischen s1 = 0 und qu/3 oder fr die Wendepunkttangente ermittelt (s. Bild 54).

6.5

Dreiaxialer Druckversuch mit s2 > s3 und zweiaxialer Druckversuch

Versuchseinrichtungen zur unabhngigen Steuerung von s1, s2 und s3 sind fr kubische Proben entwickelt worden. Es werden entweder alle 6 oder zumindest 4 Seitenflchen der Probe durch Platten normal belastet. Die Vorschubgeschwindigkeit der Platten wird gesteuert und die Kraft gemessen. Die Hauptspannungen stehen parallel zu den Seitenflchen und verdrehen sich whrend der Versuchsdurchfhrung nicht. Die Gerte sind aufwendig und werden in der Forschung zum Studium des Einflusses der mittleren Hauptspannung auf die Spannungs-Verformungs-Beziehungen oder die Grenzzustnde des Bodens benutzt (Bild 57 a) (Pearce [120]). Die Spannungspfade sind nur in rumlichen Koordinaten darstellbar. Eine vereinfachte Ausfhrung, bei der 2 Seiten des Probekçrpers durch Flssigkeitsdruck, 2 durch weggesteuerte Platten belastet und die restlichen 2 durch unverschiebliche Platten gehalten werden, heißt Biaxialgert und dient dem Studium ebener Verformungsprobleme (e2 = 0) und ebener Grenzzustnde (Bild 57 b) (s. Goldscheider/Vardoulakis [48]). An den starren Platten stellt sich eine mittlere Hauptspannung s2 ein, die gemessen wird.

Bild 57. a) Dreiaxiales Druckgert fr s1 ‡ s2 ‡ s3, b) zweiaxiales Druckgert fr s1 ‡ s1 ‡ s1; e2 = 0

172 6.6

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Messen von Kriechverformungen

Verformungen, die bei einem gegebenen Spannungszustand lange Zeit andauern und deren zeitlich verzçgerter Ablauf nicht auf den Strçmungswiderstand des Porenwassers im Korngerst zurckgeht, die also keine Konsolidierungsverformungen sind, werden Kriechverformungen genannt. Tabelle 9. Versuchsarten zur Untersuchung zeitabhngiger Vorgnge im Boden

Versuchsart

Konstant gehaltene Grçße

Zeitabhngig gemessene Grçße

Kriechversuch

Spannungsdeviator (s1 – s2)/2

Verformung (Stauchung) e = Dh/h

Deformationsgesteuerter Versuch

Stauchungsgeschwindigkeit dh 1 e¼  dt h Probenhçhe h

Verformungswiderstand (s1 – s2)/2

Relaxationsversuch

Spannungsdeviator (s1 – s2)/2

KriechenmitVolumenabnahmestellendieSekundrzusammendrckungenbeimKompressionsversuch dar. Sie werden durch den Wert Ca oder CB beschrieben (vgl. Abschn. 6.2 und Bild 43). Fr dreiaxiale Spannungszustnde gilt nach Fulleinhan/Ladd [47] (s. auch Ladd et al. [92]) s1  s3 Ca triax ¼ 2; 0  Ca  maxðs1  s3 Þ wo max (s1 – s2) die Hauptspannungsdifferenz beim Grenzzustand grçßter Scherfestigkeit ist. Volumenkonstante Kriechvorgnge kçnnen im Dreiaxial- oder Zweiaxialgert bei verhinderter Entwsserung des Probekçrpers beobachtet werden. Nach Leinenkugel [97] und Gudehus [51 ] wird der zeitliche Ablauf der Vorgnge durch eine bodenspezifische Grçße, den Zhigkeitsindex Iva bestimmt:



t cub ln tab ln cua Iva ¼ e_ ¼ e_

ln e_ ab ln e_ ab Iva wird durch einen Versuch mit sprungweiser nderung der Deformationsgeschwindigkeit (Stufenversuch) ermittelt (s. Bild 56). Iva betrgt z. B. fr Kaolin 0,015, fr Klei 0,06. Iva = 2,59 · (ln wL – 2,7 (mit wL in %)

(Gudehus/Leinenkugel [51])

Bei großen Verformungen geht Kriechen in einen Grenzzustand der Scherfestigkeit ber.

Bild 58. Druckversuch mit sprungweise vernderter Stauchungsgeschwindigkeit e_ zur Ermittlung von Iva

Bild 59. Abhngigkeit des Kriechexponenten n von der Normalspannung s

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

7

Scherfestigkeit; Ermittlung der Scherparameter

7.1

Allgemeines

7.1.1

Grundlagen

173

In dichten nichtbindigen oder in mindestens steifen bindigen Bçden wird bereits nach geringen Scherverformungen gf der Grenzzustand der Scherfestigkeit mit der zugehçrigen grçßten Scherfestigkeit tf erreicht (s. Bild 52 und DIN 18137-1). Bei weiterer Gestaltnderung fllt die Scherfestigkeit bei gleichzeitiger Volumenvergrçßerung des Bodens ab (Entfestigung und Dilatation), bis sich mit zunehmender Gestaltnderung das Volumen nicht mehr vergrçßert. Der Boden befindet sich nun im kritischen Grenzzustand mit der kritischen Scherfestigkeit tkr und der kritischen Porenzahl ekr (Casagrande [26]). Die anwachsenden Verformungen kçnnen weite Bereiche des Bodens erfassen (Zonenbruch) oder sich auf einen flchenhaften Bereich von (in Sanden) etwa 16 · d50 Dicke konzentrieren (Scherfuge) (Mhlhaus/Vardoulakis [110]). Bei sehr großen Scherwegen fllt die Scherfestigkeit in der Scherfuge bei manchen Bçden – insbesondere bei Vorhandensein aktiver Tonminerale – zu einem Kleinstwert tr ab (Restscherfestigkeit oder Gleitfestigkeit) (Tiedemann [155], Skempton [143]). Die relative Verringerung der Scherfestigkeit feinkçrniger Bçden vom Grçßtwert zum Restwert ist die Sprçdheitszahl IB = (t f – t r)/ tf (Bishop [10]). IB wchst mit dem Konsolidierungsverhltnis OCR und der Plastizittszahl IP an. Bei sehr lockeren nichtbindigen oder bei weichen bindigen Bçden strebt der Boden nach großen Scherverformungen unter stetiger Vergrçßerung der Scherspannungen (Verfestigung) und gleichzeitiger Volumenabnahme (Kontraktion) allmhlich dem kritischen Grenzzustand zu, bei dem sich die gleiche kritische Scherspannung tkr bei der gleichen kritischen Porenzahl ekr einstellt wie bei dichter oder steif-fester Ausgangslage (s. Bild 52). Die kritische Porenzahl ekr ist keine Bodenkonstante, sondern nimmt mit wachsendem Spannungsniveau ab. Die Spannungen s und t, die im Grenzzustand in einer Gleitfuge des Probekçrpers auftreten, werden im t/s-Diagramm durch einen Punkt wiedergegeben. Die Wertepaare mehrerer, bei verschiedenen Normalspannungen s abgescherter Probekçrper liegen annhernd auf einer Geraden, die durch die Grenzbedingung nach Coulomb tf ¼ c0 þ s0  tan ’0 beschrieben wird. Bei Grenzzustnden mit Zonenbruch werden die Hauptspannungen s1 und s3, die im Probekçrper wirken, im t /s-Diagramm durch den Spannungskreis s1/s3 wiedergegeben. Die Umhllende der Grenzspannungskreise von Probekçrpern, die bei verschiedenen Span-

Bild 60. Darstellung von Grenzzustnden; a) im t/s-Diagramm, b) und c) im (s1 – s3)/2 – (s1 + s3)/2-Diagramm; b) drnierter Versuch; c) undrnierter Versuch

174

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 61. Kriterien fr den Grenzzustand max (s1'/s3') und max (s1 – s3)

nungen s3 abgeschert wurden, wird durch die Mohr’sche Grenzbedingung beschrieben. Ist die Umhllende eine Gerade oder wird sie durch eine Gerade angenhert, so gilt fr diese die s1  s3 2  c  cos ’ Mohr-Coulomb’sche Grenzbedingung ¼ þ sin ’ s1 þ s3 s1 þ s3 Im 0,5 · (s1 + s3)/0,5 · (s1 – s3)-Diagramm wird der Spannungskreis fr den Grenzzustand durch jenen Punkt des Spannungspfads wiedergegeben, der auf der Grenzlinie liegt. Der Grenzzustand ist erreicht (vgl. Bild 61): a) bei D-Versuchen (s. Abschn. 7.2.1) und bei Versuchen fr totale Scherparameter, wenn max (s1 – s3) erreicht ist; b) bei CU-Versuchen (s. Abschn. 7.2.2) fr effektive Scherparameter (s. Abschn. 7.1.1) – an normal konsolidierten Proben bei max (s1'/s3') > 1, auch wenn max (s1 – s3) bereits vorher aufgetreten ist; – an berkonsolidierten Proben, wenn der Spannungspfad der drnierten Probe sich der Mohr-Coulomb’schen Umhllenden anschmiegt, selbst wenn (s1 – s3) danach noch lange weiter ansteigt. c) bei Scherfugen, wenn t einen Maximalwert tf oder den Minimalwert tr erreicht hat. Die Scherparameter j und c der Grenzbedingungen erscheinen als Winkel j zwischen der Grenzgeraden und der s-Achse im t/s-Diagramm bzw. als Ordinatenabschnitt c an der t-Achse. Im 0,5 · (s1 + s3)/0,5 · (s1 – s3)-Diagramm ist die Grenzgerade zur Abszissenachse unter dem Winkel a geneigt und der Ordinatenabschnitt betrgt b (s. Bild 60). Es gelten die Beziehungen tan a = sin j und b = c · cos j. c' ist der hçchsten Konsolidierungsspannung s'p proportional: c' = lc · sp'. Der Proportionalittsfaktor lc ist die Kohsionskonstante. Sollen Scherfestigkeitsparameter j und c, die in einem Versuch mit vorgegebenem Verhltnis der mittleren Hauptspannung s'2 zur kleineren Hauptspannung s'3 ermittelt wurden, auf Bruchzustnde mit anderen Verhltnissen s'2/s'3 angewandt werden, wird die Gltigkeit der Mohr’schen Buchhypothese vorausgesetzt, die annimmt, die mittlere Hauptspannung s'2 habe auf den Grenzzustand keinen Einfluss. Ver-

Bild 62. Scherparameter eines Sands als Ergebnis dreiaxialer und zweiaxialer Druckversuche (Cornforth [32])

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

175

suche in Triaxialgerten nach Abschnitt 6.5 haben gezeigt, dass diese Annahme bei bindigen Bçden in etwa zutrifft (Henkel/Wade [59], Pearce [120], Vaid/Campanella [158]), bei Sanden jedoch nur eine eingeschrnkte Gltigkeit besitzt. Bei Letzteren werden die Scherparameter bei Versuchen im dreiaxialen Druckgert mit s2 = s3 gegenber Spannungszustnden s2 > s3 (z. B. behinderte Seitendehnung, wie in Gerten nach Abschn. 7.4 und 7.5) vorsichtig abgeschtzt (Green /Bishop [49], Lade/Duncan [94]). Der Einfluss von s2 auf den Grenzzustand ist umso grçßer, je dichter die Bçden gelagert sind (vgl. Bild 55, Cornforth [32]). Der Scherparameter j beschreibt den von der Normalspannung s abhngigen Anteil („Reibung“), der Scherparameter c einen von s unabhngigen Anteil der Scherfestigkeit („Kohsion“). Fr den gleichen Boden kçnnen je nach Versuchsbedingungen und je nach Art der Auswertung unterschiedliche Parameter j und c gewonnen werden. Die wichtigsten Parameter sind (vgl. DIN 18137-1): 1. Effektive Scherparameter j' und c' Sie werden aus den effektiven Spannungen beim Grenzzustand grçßter Scherfestigkeit hergeleitet, die sich in Probekçrpern mit unterschiedlichen Konsolidierungsspannungen und damit unterschiedlichen Wassergehalten einstellen (vgl. Bild 63 oben, siehe auch Abschn. 7.2.1 bis 7.2.4 sowie 7.4 und 7.5). Die Parameter sind von der Spannungsvorgeschichte des Bodens beim Abscheren abhngig: Im normalkonsolidierten Zustand werden der hçchste j'-Winkel (Winkel der Gesamtscherfestigkeit j's) und keine Kohsion (cs = 0) erhalten. berkonsolidierte Bçden liefern im Entlastungsast den niedrigsten j'-Wert (j'1) und den hçchsten Kohsionswert (c'1) und bei Wiederbelastung einen im Vergleich zum Entlastungsast etwas hçheren j'-Wert (j'2) und eine etwas niedrigere Kohsion (c'2). 2. Scherparameter der Gleitfestigkeit oder der Restscherfestigkeit j'r und c'r. Sie werden aus den effektiven Spannungen, die nach großen Scherwegen im Gleitzustand wirken, abgeleitet (s. Abschn. 7.4 und 7.5).

Bild 63. Zur Definition von j' und j'w

Bild 64. Entwicklung von j' und c' beim Schervorgang

176

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 65. Zur Definition von ju und cu

Bild 66. Zur Definition von j0

3. Wahre Scherparameter j'w und c'w nach Hvorslev [67]. Diese ergeben sich, wenn die Scherfestigkeiten, die bei unterschiedlichen Spannungsvorgeschichten, aber beim gleichen Wassergehalt w (d. i. bei gleicher Porenzahl e) im Bruchzustand vorhanden sind, als Funktion der effektiven Spannungen beim Bruch dargestellt werden (vgl. Bild 63 unten). j'w < j', c'w > c'· cw ist dem quivalenten Verdichtungsdruck se proportional und damit eine Funktion des Wassergehalts w: cw = f(w) = k · se. 4. Scherparameter des nicht entwsserten (undrnierten) Bodens ju und cu Diese Parameter werden aus den totalen Spannungen s1 und s3 abgeleitet, die sich beim Abscheren mit unterschiedlichen Seitendrcken s 3 belasteter undrnierter Probekçrper im Grenzzustand der grçßten Scherfestigkeit ergeben. Fr wassergesttigte Bçden ist ju = 0 und cu = 0,5 · max (s1 – s3) (s. Bild 57 und Abschn. 7.2.4). 5. Sekantenreibungswinkel j'0 Bei nichtbindigen Bçden nimmt das Verhltnis tf/s in der Scherflche bei e < ekr mit zunehmender Normalspannung ab. Fr den betrachteten Spannungsbereich gibt dann der aus der Sekante zwischen s = 0 und s = max s hergeleitete Reibungswinkel j'0 eine gute Nherung (s. Bild 66). 6. Scherparameter teilgesttigter Bçden. In teilgesttigten Bçden ist die Scherfestigkeit durch die Beziehungen tf = c + [(s' – ua) + c(ua – uw)] · tan j'

(Bishop et al. [11])

oder tf = c + (s' – ua) tan j' + (ua – uw) · tan j'b

(Fredlund et al. [45])

Bild 67. Einfluss der kapillaren Saugspannung (ua – uw) auf die Scherfestigkeit tf

177

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

zu beschreiben. Darin sind ua der Porenluftdruck und (ua – uw) die kapillare Saugspannung. Wie Bild 67 zeigt, steigt die Scherfestigkeit bis zu einer Saugspannung gleich dem Luftdurchtrittswert (ua – uw)b mit tan j', erst darber mit tan j'b an. Auf dieser Beobachtung beruht der Nherungsansatz von Khalili/Khabbaz [85] fr den Faktor c = tan j'b/tan j' mit c = [(ua – uw)/(ua – uw)b]-0,55. Die in der Probe wirksame kapillare Saugspannung muss whrend des Scherversuchs gemessen oder geregelt werden. 7.1.2

Scherparameter der Bodenarten

7.1.2.1 Grobkçrnige, nichtbindige Bçden Die Reibungswinkel j' bzw. j0 sind bei grobkçrnigen, nichtbindigen Bçden von der Korngrçßenverteilung, der Kornform und der Kornrauigkeit abhngig. Darber hinaus sind sie eine Funktion der Lagerungsdichte (vgl. Bild 62), doch streben sie bei langen Scherwegen unabhngig vom Anfangszustand dem kritischen Reibungswinkel jkr entgegen (vgl. Bilder 52 und 66). Korrelationen zu Basisdaten sind bei nichtbindigen Bçden fr j' bekannt: a) cot j' = 3,36 · ea + 0,005 ea Anfangsporenzahl b) cot j' = a · ea + b c) sin j' =A /(1 + e)

mit mit

(Schultze [133]) a = 2,105 + 0,097 · d85/d15 b = 0,845 – 0,398 · a

(Teferra [153])

A = 1,5 – 0,475 · log U fr natrliche Bçden A = 1,1 – 0,350 · log U fr gebrochenes Material (Mogami/Yoshikoshi, [108]) U = d60/d10

d) j' = j'krit + m · IR (Bolton [16]) kritischer Reibungswinkel j'kr m=3 bei zentralsymmetrischem, m = 5 bei ebenem Verformungszustand Dilatanzindex mit 0 £ IR £ 4 IR = ID(10 – ln pf) – 1 mittlere Spannung in der Scherfuge im Grenzzustand in kN/m± pf

Bild 68. Restreibungswinkel (Skempton [144])

178

Paul von Soos und Jens Engel

7.1.2.2 Feinkçrinige, Bindige Bçden Bei feinkçrnigen, bindigen Bçden hngt der Wert j' vornehmlich vom Mineralaufbau (vgl. Tabelle 10) ab. Der Abfall auf den Restscherwinkel j'r (vgl. Tabelle 10) wird bei hohem Massenanteil an plttchenfçrmigen Teilchen < 0,002 mm durch deren Paralleleinrichtung bewirkt. j'r nhert sich hierbei dem Reibungswinkel, der zwischen den Tonmineralen wirksam ist (Lupini et al. [101]). j'r nimmt mit zunehmendem Spannungsniveau (Stark [149]) und abnehmender Schergeschwindigkeit ab (Skempton [145]). Die Abhngigkeiten nehmen mit der Plastizittszahl zu (Wedage [160]. Tabelle 10. Scherparameter j' und Restscherwinkel j'r reiner Mineralien

Mineralart

j' a)

j'r b)

Montmorillonit

7,5  bis 16,0 

4,0  bis 10,0 

llit

16,5  bis 25,5 



Kaolinit

24,5  bis 31,0 

15,0 

Glimmer



16,0  bis 26,0 

Quarz

30,0  bis 45,0 

30,0  bis 35,0 

a) b)

Nach Olson 1974 [116] Nach Kenney 1967 [81]

Der Betrag von c' ist bei feinkçrnigen Bçden eine Funktion des Verdichtungszustands und nimmt mit der Zeitdauer der Lasteinwirkung ab, d. h. im Langzeitverhalten vermindert sich die Scherfestigkeit gegenber der Scherfestigkeit im Kurzzeitversuch und der Boden verhlt sich auch weniger sprçde als bei diesem. Beim Verzerren eines Bodenelements wird der Kohsionsanteil der Festigkeit frher geweckt als der Reibungsanteil (Bild 64) (Schmertmann/Osterberg [132]). Die Anisotropie der Bçden fhrt zu richtungsabhngigen Scherparametern. Eine ausreichende Probengrçße ist außer bei grobkçrnigen Bçden auch bei geklfteten (mit Harnischflchen durchzogenen) Tonen notwendig, denn die zu messende Festigkeit nimmt bei diesen mit zunehmender Probengrçße ab (Rowe [128], Marsland/Butler [103]). Bei grçßeren Proben sind auch die Festigkeitsstreuungen zwischen den Einzelproben geringer. Als wichtigste Korrelationen zwischen Basisdaten und Parametern der Scherfestigkeit feinkçrniger, bindiger Bçden sind zu nennen: a) j's Winkel der Gesamtscherfestigkeit normalkonsolidierter Bçden • j's = f(IP) siehe Bild 69

(Ladd et al. [92])

• sin j's = 0,81 – 0,233 · log IP (mit Plastizittszahl IP in %) b) j' effektiver Reibungswinkel berkonsolidierter Bçden • tan j' = [(tan j's)/0,86]1,608 • tan j' ¼ 0; 103þ

(Engel/Franke [39])

0; 04764  0; 145  ln IP wL

(mit wL, IP als Dezimalbruch)

(Engel [40])

(Kenney [80])

179

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Bild 69. Gesamtscherwinkel jS als Funktion der Plastizittszahl IP

c) j'w wahrer Reibungswinkel bindiger Bçden nach Hvorslev • tan j'w = tan j's · (1,07 – 0,0465 · IA) (gltig fr 0,2 < IA < 1,4 mit IA = Aktivittszahl als Dezimalbruch) (anhand der Daten von Skempton [139]) • j'w = 11,76 – 14,7 · log IP € 3,37 (mit IP als Dezimalbruch) (Horn [66]) d) Scherfestigkeit des undrnierten Bodens cu • cu = (0,11 + 0,37 · IP) · g · z fr normalkonsolidierte Bçden (IP als Dezimalbruch)

(Skempton [141])

• ln cu = m – 4,6 IC (fr normalkonsolidierte, nicht gealterte Sedimente ist m = 0,54, fr vçllig gestçrte, durchknetete Sedimente m = –0,63. Mit IC als Dezimalbruch wird cu in kN/m± erhalten) (Yudhbir/Wood [167]), (Wroth/Wood [165]) (fr ungestçrte Bçden aus Norddeutschland m = 0,678) (Kiekbusch [86]) • cu = g · z · (0,23 € 0,04) · OCR0,8 (fr Bçden mit IP < 60 % und relativ kleines OCR)

(Jamiolkowski et al. [70])

e) j'r Reibungswinkel der Restscherfestigkeit tan’r ¼ 0; 05þ

0; 11  0; 043 ln IP (mit wL, IP als Dezimalbruch) wL

(Engel [40] nach Daten von Stark [149])

7.1.3

Versuchsanordnungen

Welche Scherparameter zur Lçsung einer Ingenieuraufgabe bestimmt werden mssen, welche Versuchsgerte zweckmßig sind und welche besonderen Versuchsbedingungen einzuhalten sind, hngt von der Art des Bodens, dessen Vorgeschichte sowie den Spannungsnderungen ab, denen er in der Natur unterworfen werden soll.

180

Paul von Soos und Jens Engel

Zur Bestimmung der Scherparameter sind zwei Arten von Versuchsanordnungen blich: a) Versuchsanordnungen, die eine freie Ausbildung des Zonenbruchs oder der Scherflche gestatten. Bei diesen werden die Probekçrper an ihren Außenflchen durch Hauptspannungen gleichbleibender Richtung beansprucht, deren Verhltnis so lange verndert wird, bis der Grenzzustand eintritt. Die Scherflchen stellen sich unter einem Winkel a = 45  – j'/2 zur Richtung der grçßeren Hauptspannung ein. Solche Versuchsanordnungen sind der dreiaxiale Druckversuch mit s2 = s3 (Abschn. 7.2), der zweiaxiale Druckversuch mit s2 > s3 und der einaxiale Druckversuch mit s2 = s3 = 0 (Abschn. 7.6). b) Versuchsanordnung mit vorgegebener Scherflche oder Scherflchenrichtung. Bei diesen werden dem Boden Verformungen aufgezwungen, die eine Verdrehung der Hauptspannungsrichtung zum Probekçrper verursachen. Der Spannungszustand stellt sich so ein, dass der Bruch den Verformungsbedingungen gengt. Beispiele dieser Versuchsanordnung sind der Rahmenscherversuch (Abschn. 7.4), der Kreisringscherversuch (Abschn. 7.5) und der „einfache Scherversuch“ (simple shear) (Abschn. 7.6).

7.2

Dreiaxialer Druckversuch

Die Probekçrper mssen bei nicht ausgeschalteter Endflchenreibung eine Schlankheit von h/d = 2,0 bis 2,5 aufweisen. Hierbei betrgt der bliche Durchmesser bei feinkçrnigen Bçden 36 mm, bei Grobkorneinschluss mindestens das 8-fache des Grçßtkorns. Bei ausgeschalteter Endfchenreibung gilt h/d » 1 mit einem blichen Durchmesser von 100 mm. Folgende Versuchsarten sind blich (vgl. DIN 18137-2): 7.2.1

Drnierter Versuch (D-Versuch)

Die Probekçrper werden nach meist isotroper Konsolidierung (s1 = s2 = s3) bei offenen Entwsserungsleitungen durch axiales Stauchen abgeschert. Um Porenwasserberdrcke in der Scherzone zu vermeiden, sind die im Abschn. 6.3 genannten Stauchungsgeschwindigkeiten einzuhalten. Außer der Vertikallast wird dabei auch die Volumennderung des Probekçrpers in Abhngigkeit von der Stauchung gemessen. Zur Beobachtung des Nachbruchverhaltens wird der Versuch meist ber den Grenzzustand grçßter Scherfestigkeit hinaus weitergefahren, es sei denn, dass dieser bis e = 20 % nicht erreicht wird. Dann wird der Spannungszustand bei e = 20 % als Grenzbedingung vereinbart. Zur Ermittlung von s1 wird zylindrische Verformung des Probekçrpers mit der Querschnittsflche A = (V0 + DV)/ (h0 – Dh) angenommen. Die Spannungspfade sind, da keine Porenwasserberdrcke wirken, Geraden, deren Endpunkte bei max (s1 – s3) nach Bild 60 b die Parameter j' und c' liefern. Um Scherparameter fr eindeutig definierte Konsolidierungszustnde zu erhalten, mssen die Vergleichsspannungen (s'1+ s'2 + s'3)/3 im Grenzzustand bei allen Probekçrpern des Versuchs entweder ber oder unter der Vergleichsspannung der Vorkonsolidierung sp liegen. Bei Stauchung eines Probekçrpers auf e = 20 % fllt die Scherfestigkeit selten bis auf die Restscherfestigkeit ab. Ist allein diese von Interesse, wird der feinkçrnige Probekçrper vor dem Einbau in einem Winkel a » 45  – j'/2 zur Achse glatt durchgeschnitten. Die Verformungen konzentrieren sich dann auf die Schnittebene, in der bei großer Stauchung der Probe etwa j'r beobachtet wird. Der D-Versuch ist dem CU-Versuch vorzuziehen bei Bçden, in denen die Porenwasserdruckmessung schwierig ist, wie z. B. in Mergeln. Bei sehr geringer Durchlssigkeit ist anstelle des D-Versuchs der CCV–Versuch (Abschn. 7.2.3) zu empfehlen. Er ist erforderlich, wenn drnierte Verformungsmoduln und Parameter der Dilatation bestimmt werden sollen, z. B. fr Stoffgesetze in FEM-Berechnungen.

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

7.2.2

181

Konsolidierter, undrnierter Versuch (CU-Versuch)

Die Probekçrper werden in der Regel isotrop konsolidiert. Danach wird bei geschlossenen Entwsserungsleitungen durch axiales Stauchen abgeschert. Außer der Axialkraft P wird an der Zuleitung zum Fuß des Probekçrpers der Porenwasserdruck u in Abhngigkeit von der Stauchung gemessen. Damit die Porenwasserdrcke hier und in Probenmitte etwa gleich groß sind, darf die Abschergeschwindigkeit nur etwa 10-mal grçßer als beim D-Versuch sein. Porenwasserdruckmessung und Versuchsauswertung setzen gesttigte Probekçrper voraus. Der zur Sttigung bençtigte Sttigungsdruck u0 (s. Abschn. 6.3) wird bereits zu Versuchsbeginn aufgebracht. Um eine Verflschung des Porenwasserdrucks durch Wasserabgabe bei der Messung zu vermeiden, werden Druckgeber mit sehr geringer Flssigkeitsaufnahme bençtigt. Die Pfade der effektiven Spannungen sind vom Konsolidierungsverhltnis abhngig. Sie haben bei normalkonsolidierten Bçden die Form nach Bild 70 a und bei stark berkonsolidierten Bçden nach Bild 70 b. Sie schmiegen sich insbesondere bei letzteren der Grenzlinie an. Die Grenzlinie ergibt sich daher als Umhllende oder als geradlinige Verbindung der Punkte max (s'1/s'3). Die erhaltenen Werte j' und c' unterscheiden sich kaum von jenen aus dem D-Versuch.

Bild 70. Spannungspfade und Scherparameter beim CU-Versuch; a) normalkonsolidierter Boden, b) berkonsolidierter Boden

Liegt eine Probe vor, aus der nicht mehrere Probekçrper ausgearbeitet werden kçnnen (z. B. bei Bohrkernen mit Grobkorneinschluss), so kann die Grenzlinie durch einen Mehrstufen(CU)Versuch angenhert werden (Kenney/Watson [82]). Der bei s3(1) konsolidierte Probekçrper wird bei geschlossenen Entwsserungsleitungen bis etwa max (s'1/s'3)(1) belastet, nach Entlastung auf s'1 = s'3(1) bei s'3(2) > s'3(1) nochmals konsolidiert, bis etwa max (s'1/s'3)(2) erneut belastet und so fort. Die Umhllende an die Pfade der effektiven Spannungen liefert die angenherte Grenzlinie. Infolge der Beanspruchung in der Scherfuge beim n-ten Abscheren ist die Scherfestigkeit fr den n + 1-ten Schervorgang jeweils geringfgig vermindert. Besonders bei stark berkonsolidierten Proben erhlt man daher etwas zu kleine Werte j' und leicht berhçhte Werte c'. 7.2.3

Konsolidierter, undrnierter Versuch mit konstantem Volumen (CCV–Versuch)

Der Versuch entspricht dem CU-Versuch, doch wird beim Abscheren das Entstehen von Porenwasserdifferenzdrcken durch stndige Vernderung von s3 verhindert. Hierdurch werden Schwierigkeiten beim Messen der Porenwasserdrcke, insbesondere bei Bçden mit geringem Porenanteil, umgangen. Der selbstttige Ablauf des Versuchs erfordert eine Prozesssteuerung. Die Spannungspfade des CCV–Versuchs entsprechen jenen des CU-Versuchs.

182 7.2.4

Paul von Soos und Jens Engel

Unkonsolidierter, undrnierter Versuch

Die Probekçrper werden bei geschlossenen Entwsserungshhnen belastet und durch axiales Stauchen zum Bruch gebracht. Es muss weder ein Sttigungsdruck aufgebracht, noch der Porenwasserdruck gemessen werden. Dargestellt werden die Spannungskreise fr den Grenzzustand nach Bild 65. Bei gesttigten Bçden ist ju = 0 und cu = 0,5 · max (s1 – s3). In dieser Erwartung werden in der Regel nur 2 bis 3 Probekçrper geprft. Bei sensitiven Bçden kann es zweckmßig sein, den Probekçrper bei offenen Entwsserungshhnen bis zum berlagerungsdruck sv0/K0 · sv0 anisotrop vorzubelasten, bevor die eigentliche Versuchsbelastung bei undrniertem Zustand aufgebracht wird (Bjerrum [15]).

7.3

Ermittlung der einaxialen Druckfestigkeit

Die im einaxialen Druckversuch (s. Abschn. 6.4) ermittelte einaxiale Druckfestigkeit qu ist die grçßte Spannung s1, die der axial gestauchte Probekçrper bei s3 = 0 aufzunehmen vermag. Der Versuch dient auch der Bestimmung der Sensitivitt („Empfindlichkeit“) St von Tonen. Nach Ermittlung von qu wird der Probekçrper dazu bei unverndertem Wassergehalt krftig durchgeknetet, neu geformt und der Druckversuch wiederholt. Die Druckfestigkeit des durchgekneteten Bodens qg wird mit qu verglichen: St = qu /qg. Die Sensitivitt kann auch durch UU-Versuche (s. Abschn. 7.2.4) oder durch cu-Messung mit dem Kegelfall-Gert (s. Abschn. 5.6 und Bild 17) ermittelt werden: St = cuu/cug. St ist bei Sßwassersedimenten meist gering (1 bis 2) bis mittel (2 bis 4), selten hoch (4 bis 8), kann aber bei Meeressedimenten bis ber 100 anwachsen, wenn aus dem Boden Salze nachtrglich ausgelaugt wurden (vgl. Bild 71) (Skempton/Northey [146], Bjerrum [14]). Bei geringem bis mittlerem St wird nach einer Stçrung ein großer Anteil der ungestçrten Festigkeit mit der Zeit durch thixotrope Verfestigung wiedergewonnen.

7.4

Rahmenscherversuch

Das Versuchsgert besteht aus zwei bereinander liegenden, starren Rahmen von quadratischem oder kreisfçrmigem Grundriss mit mindestens 60 mm lichter Weite, in die der Boden eingebracht und zunchst wie im Kompressionsversuch mit verhinderter Seitendehnung konsolidiert wird. Im konsolidierten Zustand soll die Mittellinie in Hçhe der Rahmenfuge liegen (vgl. DIN 18137-3 und Bild 72). Der Belastungsstempel sowie der bewegliche Rahmen mssen so gefhrt sein, dass die Einleitung der Vertikalkraft in die Scherfuge

Bild 71. Sensitivitt als Funktion des Salzgehalts im Porenwasser mariner Tone [14]

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

183

Bild 72. Rahmenschergert

beim Abscheren weder durch Verkanten des Stempels im Rahmen, noch durch Reibung zwischen Boden und oberem Rahmen gestçrt wird. Es kçnnen der obere (Casagrande) oder der untere Rahmen (Krey) verschieblich sein. Die Scherkraft wird durch weggesteuertes Ziehen des verschieblichen Rahmens aufgebracht. Feinkçrnige Bçden werden ungestçrt zu Probekçrpern zugeschnitten oder bei der Fließgrenze aufbereitet, Sande mit vorgegebener Dichte eingebaut. Abgeschert wird entweder volumenkonstant, indem bei langsamer Steigerung der Scherkraft die Belastung des Stempels so gendert wird, dass dieser keine Hebung oder Senkung erfhrt (Taylor [151], Borowicka [17]), oder so langsam, dass keine Porenwasserdifferenzdrcke auftreten kçnnen (Hvorslev [67]). Im letzten Fall wird die Volumennderung durch Messen von Hebung oder Senkung des Stempels ermittelt, wobei auch auf den Dilatationswinkel n aus tan n = max(Duy/Dux) (Hçhennderung zu Verschiebung) geschlossen werden kann (Wernick [161]). Ausgewertet wird nach Bild 57 a unter der Voraussetzung, dass die Scherflche in Hçhe der Rahmenfuge die Gleitflche mit tf ist. Nach Hansen [56] und Rowe [127] wird dadurch die Scherfestigkeit fr ebene Spannungszustnde unterschtzt. Zur Deutung der Ergebnisse des Rahmenscherversuchs siehe auch Lings [98]. Zur Ermittlung der Restscherfestigkeit im Rahmenschergert hat Borowicka [17] vorgeschlagen, nach volumenkonstantem Abscheren eines bei s1 = 500 kN/m± konsolidierten Probekçrpers diesen so lange im Wechsel hin und zurck abzuscheren, bis die Scherkraft sich nicht mehr ndert. Der letzte Wert liefert die Restscherfestigkeit (Wiener Routine-Scherversuch) (s. auch DIN 18137-3).

7.5

Kreisringscherversuch

hnlich wie beim Rahmenscherversuch wird der Boden zwischen zwei Rahmen eingebaut, die jedoch kreisringfçrmig sind (s. Bild 73) (Tiedemann [155], Hvorslev [67, 68] sowie DIN 18137-3). Nach Konsolidieren des Probekçrpers wird die Scherkraft durch Drehen des oberen Rahmens um die gemeinsame Mittelachse erzeugt. Die beanspruchte Querschnittsflche des Probekçrpers bleibt unabhngig vom Drehwinkel unverndert. Fr Kriechuntersuchungen ist eine kraftgesteuerte, fr die Untersuchung des Nachbruchverhaltens eine weggesteuerte Scherkraftaufbringung zweckdienlich. Da der Scherweg unbegrenzt ist, eignet sich das Gert vorzglich fr die Bestimmung der Restscherfestigkeit (Bishop et al. [12]). Dieser Kennwert wird auch durch die ungleichen Scherwege an der Innen- und Außenseite des Probenringes nicht beeinflusst. Die Darstellung der Ergebnisse entspricht jener beim Rahmenscherversuch.

184

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 73. Kreisringschergert

7.6

Versuch mit dem „Einfachschergert“ (simple shear)

Gemeint ist ein Gert, in dem ein flacher, prismatischer oder zylindrischer Probekçrper bei gleichbleibender Vertikalbelastung auf seine ganze Hçhe einer gleichmßigen Scherverformung g unterworfen wird (Roscoe [126]). Bei Scherkraftaufbringung an der Deckflche folgen dabei die Seitenwnde der Verschiebung der Deckflche proportional (Bild 74). Das Volumen des Probekçrpers kann sich wie beim Rahmenscherversuch whrend des Versuchs

Bild 74. „Einfaches Schergert“

ungehindert ndern. Da ebener Verformungszustand vorliegt, lsst sich aus der Volumennderung der Dilatationswinkel sin n = – (DV/V)/Dg = – (e1 + e3)/(e1 – e3) errechnen. Die Scherflche tritt als 0-Dehnungslinie parallel zur Deckflche auf. Die Scherparameter je und ce sind dem ebenen Verformungszustand zugeordnet.

8

Ermittlung der Zugfestigkeit

Zugfestigkeit weisen alle Kçrper auf, deren Teilchen durch Haftung (Kohsion) verbunden sind, unabhngig von der physikalischen Ursache, die der Haftung zugrunde liegt. Bei sprçde brechenden Materialien, wie festen Tonen, Mergeln, verkitteten oder stabilisierten Bçden, kann die Zugfestigkeit wie bei Festgesteinen (Abschn. 9.6) auf einfache Weise mittelbar durch den Kantendruckversuch (Spaltzugversuch) an zylindrischen Probekçrpern bestimmt werden (Kzdi [83]).

185

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Bild 75. Punktlastversuch

Bild 76. Spaltzugversuch

Der Probekçrper mit h:d » 1 wird in einem mçglichst steifen Prfrahmen zwischen starren Platten radial mit Geschwindigkeiten wie im einaxialen Druckversuch bis zur Bruchlast Pq belastet (vgl. Bild 76). Die Spaltzugfestigkeit betrgt sz = 2 · Pq/(p · h · d).

9

Eigenschaften – Felsmechanische Laborversuche

9.1

Vorbemerkung

Wie im Abschnitt 3 ausgefhrt, handelt es sich wegen der beschrnkten Abmessungen der Probekçrper berwiegend um Versuche an (Fest-)Gesteinsproben. Gestein ist gegenber Boden neben der mineralischen Bindung der Kçrner auch durch einen signifikant kleineren Porenanteil n gekennzeichnet. Beides bewirkt, dass der Unterschied zwischen der Kompressibilitt der Kçrner Cs = 1/Ks und der Kompressibilitt des Korngerstes Csk = 1/Ksk (K ist der Kompressionsmodul) im Gestein gegenber dem Boden sehr stark verringert wird, in viel hçherem Maße als der Unterschied zwischen Korndichte rs und Dichte r. Tabelle 11. Kompressibilitt der Kçrner CS und des Korngersts CSk

Material

Cs 10–5 m2/MN

CSk 10–5 m2/MN

Cs/CSk

Quarzitischer Sandstein

2,7

5,8

0,46

Granit

1,9

7,5

0,25

Vermont-Marmor

1,4

17,5

0,08

Sand, dicht gelagert

2,7

1800

0,0015

Ton, halbfest

2,0

7500

0,00025

Der Zusammenhang zwischen totalen und effektiven Spannungen wird deshalb fr gesttigtes Gestein durch die Beziehung   CS 0  Du Ds ¼Ds  1  CSK

186

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 77. Prinzipskizze eines dreiaxialen Druckgerts nach Franklin und Hoeck [168]

beschrieben (Skempton [142], Lade/de Boer [93]). Nach [142] ist bei einem Spannungsniveau von 1 bar fr Wasser Cw = 48 · 10–5 m2/MN. Fr Bçden geht wegen Cs/C fi 0 obige Beziehung in Ds' = Ds – Du ber (s. Abschn. 6.1.2).

9.2

Einaxialer Druckversuch an Gesteinsproben

Der einaxiale Druckversuch an Gesteinsproben liefert die einaxiale Druckfestigkeit des Gesteins su1) = max (F/A). A ist die anfngliche Querschnittsflche des Probekçrpers (s. DGGT-Empfehlung E 1 Versuchstechnik Fels). Im Gegensatz zum Abschn. 6.4 ist die obere Druckplatte in einer Kugelkalotte zu lagern. Mit Rcksicht auf die Endflchenreibung soll zur Beurteilung der Verformbarkeit h/d = 1,5 bis 2,5 betragen. Die ermittelte Druckfestigkeit ist bei 1,0 < h/d < 2,0 um den Faktor 8/(7 + 2 · d/h) abzumindern. Die Versuche drfen dehnungsgesteuert mit 0,5 < e_ 1 < 1,0 mm/(m · min) oder kraftgesteuert mit 2,0 < Ds < 10 MN/(m± · min) und einer Mindestversuchsdauer > 5 Minuten ausgefhrt werden, wobei die Steuerung nach der Querdehnung erfolgt. Je nach Kurvenverlauf im Nachbruchbereich werden nach E 1 Gesteine der Klasse I (Abfall der Druckspannung bei ansteigender Lngsdehnung) und der Klasse II (Rckgang der Lngsdehnung bei Druckspannungsabfall) unterschieden (s. Bild 78). Soll der Kurvenverlauf im Nachbruchbereich erfasst werden, gilt dort Dehnungssteuerung, bei Klasse 2 Querdehnungssteuerung. Das Lastwiderlager sollte hierbei mçglichst starr sein. Kennwerte des elastischen Verhaltens werden durch Zwischenschalten von Lastzyklen mit Oberspannungen bei etwa 25, 50 und 75 % der erwarteten Bruchspannung gewonnen. Standardmßig werden der Erstbelastungsmodul V, der Elastizittsmodul E aus dem Entlastungsast des Lastzyklus, die Querdehnzahl aus der Erstbelastung n = Deq/Del (Index „q“ steht fr „quer“, Index „l“ fr „lngs“) und die elastische Querdehnzahl nel = Deelq/Deell als Sekantenmoduln aus dem Spannungbereich 0,4 · su < s < 0,6 · su gewonnen. Aus Entlastungsschleifen im Nachbruchbereich lassen sich Ent- bzw. Wiederbelastungsmoduln 1)

In der Literatur wird statt dem Formelzeichen su vielfach sc, auch UCS oder dem Gebrauch in der Bodenmechanik entsprechend qu verwendet.

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

187

Epf = Dspf/Deelpf ermitteln. su ist vom Durchmesser des Probekçrpers abhngig. Nach Hoek/ Brown gilt su = su50(50/d)0,18 mit su50 einaxiale Druckfestigkeit bei Probendurchmesser d = 50 mm. su eines Gesteins nimmt zu mit dessen Dichte, sie nimmt ab mit zunehmendem Wassergehalt, nimmt daher zu bei Trocknung und verringert sich mit wachsender Korngrçße.

9.3

Punktlastversuche an Gesteinsproben

Weisen Probekçrper nicht die fr einen einaxialen Druckversuch bençtigte Grçße oder Form auf, so kann su aus dem Ergebnis des Punktlastversuchs, dem Festigkeitsindex Is = F/a±, zu su = a · Is grob geschtzt werden (F = Bruchlast, a = gegenseitiger Abstand der Kegelspitzen, vgl. Bild 75). In der Regel ist a = 24 (s. DGGT-Empfehlung E 5 Versuchstechnik Fels), kann aber bei Gesteinen hoher Porositt deutlich kleiner sein. Beim Punktlastversuch, der nur eine einfache Versuchseinrichtung bençtigt, werden Bohrkernstcke von mçglichst 50 mm Durchmesser axial (h/d » 1,1) oder diametral (h/d ‡ 1,4) zwischen zwei mit r = 5 mm abgerundeten Kegelspitzen bis zum Bruch belastet. Auch kugelige oder faustfçrmige Kernstcke kçnnen verwendet werden. Fr den Punktlastversuch gilt – wie fr die anderen Festigkeitsversuche an Gesteinsproben –, dass sich bei grçßeren Probekçrpern an gleichem Gestein geringere Festigkeitswerte ergeben als bei kleineren. In DGGT-Empfehlung E 5 ist deshalb ein Diagramm mit Korrekturfaktoren zur Berechnung von Is angegeben, wenn a nicht 50 mm betrgt. Der Festigkeitsindex Is ist auch zur einaxialen Zugfestigkeit des Gesteins korreliert.

9.4

Dreiaxialer Druckversuch an Gesteinsproben

Das Versuchsprinzip entspricht dem bei der Untersuchung von Bçden. Je nach Gesteinsart werden aber Druckzellen fr einen Innendruck s3 bis 60 MN/m± (600 bar) und fr Axialspannungen s 1 bis 600 MN/m± bençtigt (s. Bild 77). Mindestdurchmesser der Probekçper ist 30 mm oder das 10-fache des Grçßtkorndurchmessers. Der Bruch wird nach isotroper Konsolidierung durch axiales Stauchen bei konstanter Vorschubgeschwindigkeit v erzeugt, die so klein zu whlen ist, dass bei ihr ein gleichartiger Probekçrper bei einaxialer Belastung

Bild 78. Einaxialer Druckversuch an Fels

188

Paul von Soos und Jens Engel

frhestens nach 5 Minuten zu Bruch ginge (vgl. E 2 Versuchstechnik Fels). Da s3 konstant bleibt, kann der (Verformungs-)Modul Ev aus der Neigung der Linie des (s1 – s3)/e1-Diagramms direkt berechnet werden. Als Bruchkriterium gilt max (s1 – s3). Die Auswertung nach Kohsion c und Reibungswinkel j erfolgt in totalen Spannungen fr mindestens 3 Probekçrper nach Mohr-Coulomb nach Abschn. 6.3 bzw. Bild 60. Tabelle 12. Festigkeits- und Verformungsparameter ausgewhlter Gesteine

Gesteinsart

Trockendichte rd

E-Modul

PoissonZahl

Einax. Druckfestigkeit su

Zugfestigkeit

g/cm3

in 103 MPa

n

in MPa

in MPa

ReiHoek/ bungs- Brownwinkel j Konstante mi in 

Basalt

2,75 bis 3,00 20 bis 110 0,15 bis 0,25 80 bis 400

Diabas

2,50 bis 2,75

Gabbro

2,92 bis 3,05 60 bis 110 0,13 bis 0,25 150 bis 300 5 bis 30 10 bis 31

27 € 3

Granit

2,50 bis 2,75

25 bis 70

0,13 bis 0,25 120 bis 340 4 bis 25 45 bis 60

32 € 3

Dolomit

2,20 bis 2,70

20 bis 80

0,08 bis 0,20 15 bis 250 2,5 bis 25

9€3

Kalkstein, dicht

2,60 bis 2,85

50 bis 80

0,10 bis 0,20 50 bis 250

4 bis 25 35 bis 51

12 € 3

Kalkstein, porçs

1,55 bis 2,55

20 bis 35

0,07 bis 0,15

1 bis 5

35 bis 40

9€2

Sandstein

2,10 bis 2,50

15 bis 50

0,07 bis 0,20 20 bis 250 20 bis 25 27 bis 35

17 € 4

Tonschiefer 2,45 bis 2,70

8 bis 30

0,10 bis 0,50 20 bis 100

2 bis 10 15 bis 30

6€2

Gneis

2,60 bis 2,78

20 bis 60

0,03 bis 0,25 40 bis 200

4 bis 20 31 bis 35

28 € 5

Marmor

2,65 bis 2,75

60 bis 90

0,25 bis 0,35 50 bis 200

5 bis 20 32 bis 50

9€3

30 bis 90

6 bis 30 48 bis 50

0,13 bis 0,25 120 bis 250 6 bis 13 50 bis 55

10 bis 80

22

25 € 5 15 €

In sprçdem Gestein streut die (Kohsions-)Festigkeit zwischen den Probekçrpern mitunter erheblich und erschwert die Ermittlung von j. Diese Schwierigkeit umgeht die dehnungsgesteuerte Versuchsdurchfhrung an einem einzelnen Probekçrper „in kontinuierlichem Bruchzustand “ („Continous Failure State“ CFS) nach Kovri/Tisa/Attinger [89]. Nach Erreichen des Grenzzustands beim Seitendruck s3 = s30 wird s3 kontinuierlich so gesteigert, dass die Druck-Stauchungs-Linie bei konstanter Stauchungsgeschwindigkeit parallel zu ihrem Anfangsast weiterluft (vgl. Bild 80, links). Der Spannungspfad in Bild 80 (rechts) bewegt sich hierbei von A0 nach Qn in etwa entlang der Grenzlinie. Bei konstantem s3 n wird der Probekçrper dann bis zum Spitzenwert An und anschließend so lange weiter gestaucht, bis s1 auf die Restscherfestigkeit (Punkt C) abgefallen ist (Kovri/Tisa [88]). Schließlich wird durch Vermindern von s3 entsprechend einer vorgegebenen geradlinigen Druck-Stauchungs-Linie CD in Bild 80 (links) die Umhllende der Restscherfestigkeit gewonnen. Aus der Darstellung von Bild 80 (rechts) ergibt sich   m1 k Ds1 und k der Ordinatenabschnitt auf der j ¼ arcsin und c ¼ pffiffiffiffi , worin m ¼ Ds3 mþ1 2 m s1-Achse ist.

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

189

Gesteine weisen in der Regel eine gekrmmte, mit zunehmendem Spannungsniveau sich abflachende Grenzlinie der Scherfestigkeit auf. In Tabelle 12 sind Erfahrungswerte fr Festigkeits- und Verformungsparameter einiger ausgewhlter Gesteine aufgefhrt.

9.5

Scherwiderstand in Felstrennflchen

Die Scherparameter in einer Felstrennflche reduzieren sich bei Fehlen bindiger Zwischenmittel auf einen Reibungsbeiwert m = T/N = t/s, der nach Patton [119] bei niedrigem s als tan (ju + i) und bei sehr hohem s als tan ju – mit ju als Reibungswinkel an einer glatten Trennflche (ju » Restscherwinkel jr fr lange Schwerwege) und i als Dilatationswinkel, bewirkt durch Unebenheiten in der Trennflche –, zu beschreiben ist. Tatschlich ist die Grenzlinie des Scherwiderstands in einer rauen Trennflche gekrmmt, wie dies die von Barton publiziert Beziehung     JCS þ jr t ¼ sn  tan JRC  log10 sn beschreibt, deren Variable regressiv mit einfachen Mitteln zu bestimmen sind. Darin sn JRC JCS jr

sind: effektive Normalspannung in der Trennflche Rauigkeitskoeffizient Druckfestigkeit des Gesteins in der Trennflche Restscherwinkel der ebenen, unverwitterten Felsoberflche

Fr JCS ist die einaxiale Druckfestigkeit su , bei angewitterten Trennflchen der aus dem Festigkeitsindex Is des Punktlastversuchs rckgerechnete Wert su, bei Normalspannungen hçher als su die Hauptspannungsdifferenz s1 – s3 im Grenzzustand, zu setzen. su kann nach der Beziehung log su = 0,00088 · g · R + 1,01 auch aus dem Rckprallwert R des vertikal angesetzten Schmidt’schen Hammers gewonnen werden (g in kN/m3 ergibt su in MPa). Der Restscherwinkel ist nach jr = (jb – 20 ) + 20 (r/R) abzuschtzen mit dem „Basisreibungswinkel“ jb, der beim Gleiten einer dnnen, glatten Gesteinsprobe auf einer gleich beschaffenen, unter jb geneigten Kluftoberflche (im „Kippversuch“) geweckt wird und den Rckprallwerten R auf trockener und r auf nasser Felsoberflche. Der Rauigkeitskoeffizient JRC wird mithilfe des Kippversuchs an den unebenen, rauen Kluftoberflchen zu JRC = (a – jr)/log10(JCS/sn0) abgeschtzt, wobei a > jr der Neigungswinkel ist, unter dem Gleiten eintritt (Barton et al. [3]). JRC dient auch als Eingangsgrçße fr die Klassifizierung der Kluftrauigkeit (s. Abschn. 11.4). ber den Zusammenhang von JRC und geometrischen Bestimmungsgrçßen der Kluftunebenheiten siehe Seidel/Haberfield [135]. Die Parameter JRC und JCS und mit ihnen der Scherwiderstand in der Trennflche nehmen mit zunehmender Flchengrçße der Trennflche ab. Zur direkten Bestimmung der Scherparameter in einer Trennflche beschreibt DGGT-Empfehlung E 13 Versuchstechnik im Fels eine mit hydraulischen Pressen betriebene „Schermaschnine“ mit verschieblichem unteren Probenrahmen, in der die Probekçrper mit Lage der Trennflche in der Scherebene in Gips gebettet eingepasst werden. Das Gert ist fr Normal- und Scherkrfte von 0,3 bis 1,0 MN und Scherflchen l = 15 bis 40 cm Lnge und b = 10 bis 30 cm Breite ausgelegt. Die Hçhe der Probekçrper soll < 0,4 · l sein. Die Proben werden im Feld durch Aussgen oder durch Ausbohren parallel zu einer Trennflche gewonnen. Es sollten mindestens drei Versuche mit unterschiedlichen Normalspannungen und einer Vorschubgeschwindigkeit in der Scherebene von 2 mm/min ausgefhrt werden. Als Ergebnis werden der Spitzenwert (Index peak) und der großen Scherwegen zugeordnete Restwert (Index res) des Reibungsbeiwerts m = T/N und der Gleitung g = s/hres sowie der Aufgleitwinkel n = dh/ds bei s = speak

190

Paul von Soos und Jens Engel

erhalten. Darin ist T die Scherkraft, N die Normalkraft, s der Scherweg und h der „Aufgleitweg“ = Hçhennderung in der Trennflche (bei Dilatanz negativ). Bei duktilem Verhalten ist auch die Mehrstufentechnik nach Empfehlung E 12 Versuchstechnik Fels anwendbar (s. auch Rengers [124]). Der Spitzenwert des Reibungsbeiwerts nimmt in dilatant reagierenden Trennflchen mit zunehmender Normalkraft bzw. -spannung unterlinear bis zu einem Grenzwert ab, der Restwert des Reibungsbeiwerts ist von der Normalkraft wenig abhngig.

9.6

Festigkeit des geklfteten Fels

Wie beim Gestein und den Trennflchen ist auch die Bruchumhllende eines gelfteten Fels gekrmmt. Ein Verhalten nach dem Mohr-Coulomb’schen Grenzkriterium lsst sich nur fr begrenzte Spannungsbereiche definieren. Das reale Verhalten wird durch das Bruchkriterium nach Hoek/Brown [62]  a 0  mb  s3 0 0 þs s1 ¼s3 þ sui  sui gut beschrieben. Darin sind: einaxiale Druckfestigkeit des Gesteins sui Wert der Hoek-Brown-Konstante m fr den geklfteten Fels mb s und a Parameter nach Hoek und Brown, die von der Felsart und dem Grad der Klftung abhngen. mb, s und a lassen sich ber den „Geological Stess Index“ GSI (s. Abschn. 10.4) wie folgt abschtzen: (Hoek et al. [63])

20 1 GSI GSI100 GSI100 mb ¼ mi  e 2814D s ¼ e 93D a ¼ 0; 5 þ  eð 15 Þ  eð 3 Þ 6 mi – wie auch sui – lassen sich aus den Ergebnissen von mindestens 5 dreiaxialen Druckversuchen an Gesteinsproben ableiten [62], nherungsweise werden Erfahrungswerte genutzt (letzte Spalte in Tabelle 12). D ist ein Reduktionsfaktor fr Stçrungen im Fels. Fr praktisch ungestçrtes Gebirge (z. B. gefrster Vortrieb) ist D = 0, bei Sprengvortrieb oder Bçschungsabtrag mit Sprengung je nach dessen Art D = 0,7 bis 1,0. Fr ungeklfteten Fels oder Gestein gilt GSI = 100 und damit mb = mi , s = 1 und a = 0,5. Fr einen Spannungsbereich st < s3 < s'max kann das Bruchkriterium nach Hoek/Brown durch folgende Parameter des Bruchkriteriums nach Mohr-Coulomb ersetzt werden [63]: " # 0 a1 6a  mb  s þ mb  s3a 0 j ¼ arcsin

a1 0 2  ð1 þ aÞ  ð2 þ aÞ þ 6a  mb  s þ mb  s3a und

 0  0 a1 sui  ð1 þ 2aÞ  s þ ð1  aÞ  mb  s3n  s þ mb  s3n qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ffi c ¼

0 ð1 þ aÞ  ð2 þ aÞ  1 þ 6a  mb  s þ mb  s3a a1 Þ=ðð1 þ aÞ  ð2 þ aÞÞ 0

mit s'3 n = s'3max/sui Bei eng geklftetem Fels geringer Festigkeit ist die Bestimmung der Gebirgsfestigkeit auch unmittelbar im Triaxialgert an Probekçrpern h/d = 2,0 mçglich, die mit im Vergleich zu den Kluftkçrpern großen Bohrkronen (2r ‡ 0,60 m) gewonnenen wurden (vgl. E 3 Versuchstechnik Fels, in der auch die Probengewinnung beschrieben ist). Statt eine Serie von

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

191

Bild 79. Zusammenhang zwischen großer und kleiner Hauptspannung nach den Bruchkriterien von Hoek/Brown und Mohr-Coulomb fr Fels

Bild 80. Dehnungsgesteuerter dreiaxialer Druckversuch an Gesteinsproben [89]

Probekçrpern zu untersuchen, kann auch an einem einzelnen Probekçrper nach dem CFSVerfahren (s. Abschn. 9.3) vorgegangen oder die im Abschn. 7.2.2 beschriebene Mehrstufentechnik sinngemß angewandt werden. Voraussetzung fr die Anwendung der Mehrstufentechnik ist, dass die Gesteins- oder geklfteten Felsproben bei max (s1/ s3) nicht sprçde brechen (vgl. E 12 Versuchstechnik Fels). Die Dehnungsgeschwindigkeit beim Stauchen ist zwischen 0,1 %/min und 0,01 %/min zu whlen.

192

Paul von Soos und Jens Engel

9.7

Zugversuche an Gesteinsproben

9.7.1

Indirekter Zugversuch – Spaltzugversuch

In einem auf gegenberliegenden Lngskanten auf Druck belasteten zylindrischen Probekçrper vom Durchmesser d und der Lnge l entstehen Spaltzugspannungen von st = 2 · F/p · d · l, die im Grenzzustand zum Aufspalten des Zylinders fhren. Die Spaltzugfestigkeit stimmt bei Gesteinsproben mit der einaxialen Zugfestigkeit gut berein (Jaeger [69], Coviello et al. [28]). Bei Gesteinsproben geringer Verformbarkeit, aber auch solchen geringer Festigkeit, werden zur Verhinderung vorzeitiger Rissbildungen durch Spannungskonzentrationen bei Einsatz ebenen Kontaktflchen Filzstreifen aufgelegt oder es werden hohlzylindrische Kontaktflchen verwendet (s. DGGT-Empfehlung E 10 Versuchstechnik Fels). 9.7.2

Direkte Zugversuche

Zylindrische Probekçrper werden an ihren Enden mit Epoxyharz in berwurfhlsen geklebt, die gelenkig in die Zugprfmaschine eingehngt werden. Der freibleibende Teil des Probenstckes soll hierbei einen Schlankheitsgrad l/d ‡ 2,5 aufweisen, die Prfmaschine mçglichst starr sein. Normative Festlegungen fehlen bislang. Ein von Luong [100] erstmals beschriebener Zugversuch wird an axial von zwei Seiten mit unterschiedlichen Durchmessern berbohrten Felskernen ausgefhrt. Der zwischen den Bohrungen verbleibende Hohlzylinder wird durch einen axialen Druck, der in einer Druckprfmaschine auf Kern und Außenring der berbohrten Probe einwirkt, bis zum Bruch gezogen. Spannungskonzentrationen an der Kraftumleitung Druck/Zug kçnnen zu einem frhzeitigen Versagen fhren. Dem kann z. B. durch zweifaches, stufenweises berbohren entgegengewirkt werden [121].

9.8

Kriechversuche an Gesteinsproben

Sie dienen der Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Verformungen bei einem bestimmten Spannungszustand und kçnnen im einaxialen und dreiaxialen Druckversuch ausgefhrt werden (DGGT-Empfehlung E 16 Versuchstechnik Fels ). Die Prfeinrichtung muss zeitliche Konstanz der einwirkenden Spannungen, der Temperatur – dies besonders bei Steinsalz – und des Wassergehalts im Probekçrper gewhrleisten. Die Verformungsmessung muss hochauflçsend sein. Als Ergebnis werden nicht auf die Anfangslnge l0 bezogene „technische Lngsdehnungen“ el,t bestimmt, sondern es werden die „wahren (logarithmischen) Lngsdehnungen“ als Integral der auf die augenblicklichen Lngen bezogenen Dehnungen Z l

dl l0 ¼ ln ¼  ln 1  el;1 el;w ¼  l l0 l ber der Versuchszeit („Kriechkurve“) und der Logarithmus der Kriechrate e_ l;w ðl=dÞ ebenfalls ber der Versuchszeit („Kriechratenkurve“) aufgezeichnet, letztere u. U. auch ber der wahren Lngsdehnung als deren Funktion. Bei hinreichend langer Versuchsdauer wird die „stationre Kriechrate“ e_ s ¼ e_ l;w [stationr] erhalten. Sie ist bei Steinsalz temperaturabhngig (s. E 16). Der Versuch wird bei mehreren Laststufen wiederholt, bei Steinsalz auch bei unterschiedlichen Temperaturen. Kriechverformungen von Festgesteinen folgen der Beziehung e = e 0 + A · ln t mit s n s  s n 1 3 ¼ (Farmer [42]). A¼ 2G E n wchst mit dem Spannungsniveau an (vgl. Bild 60).

193

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

9.9

Einaxiale Relaxationsversuche an Gesteinsproben

In Relaxationsversuchen wird die zeitliche nderung der Spannungen in einem mit einer konstanten Lngsdehnung e0 beaufschlagten Probekçrper ermittelt. Diese wird nach Empfehlung E 17 Versuchstechnik Fels 1994 zu Versuchsbeginn mit einer langsamen Dehnungsrate von e_ l = 0,05 % der Probenhçhe aufgebracht. Die Hçhe des gegen Austrocknung geschtzten Probekçrpers wird danach auf 1 · 10–5 der Probenhçhe konstant gehalten und der Spannungsabfall zunchst kontinuierlich, dann in zunehmenden zeitlichen Stufen gemessen. Als „Relaxationskurve“ wird die Spannung s bzw. ihr Verhltnis zur Anfangsspannung s/s0 ber dem Logarithmus der Zeit t oder in doppellogarithmischer Darstellung die Spannungsrate s_ ber der Zeit wiedergegeben. Letztgenannte Darstellung erleichtert die Beurteilung, ob die Relaxation einer Endspannung zustrebt.

9.10

Quellversuche an Gesteinsproben

Es wird ein Probekçrper – wie bei Bçden – in einem dometer (vgl. Abschn. 6.2.1 und 6.2.5) untersucht. Die DGGT-Empfehlung 11 Versuchstechnik Fels definiert fr Gesteinsproben: a) Quellhebungsversuch, bei dem ein darin auf s1 vorbelasteter und auf s0 = 5 kN/m±entlasteter Probekçrper zum Schwellen unter Wasser gesetzt wird, bis die Quellhebung Dl abklingt. Ergebnis eq,0 = Dl/l. Die vorgeschriebene Verwendung von destilliertem Wasser ist in verfestigten Meeressedimenten nur dann gerechtfertigt, wenn Quellvorgnge durch Regenwasser erwartet werden, andernfalls besser mit Bergwasser oder beidem quellen lassen. b) Quellversuch nach Kaiser/Henke [77], in dem diejenige axiale Druckspannung sq,A bestimmt wird, welche erforderlich ist, um eine eingetretene Quelldehnung eq,0 rckgngig zu machen („Quelldruckquivalenzwert“). c) Quellversuch nach Huder/Amberg, in dem die Quelldehnungen bei stufenweise abnehmenden axialen Druckspannungen bestimmt werden. Ergebnis: eq = f(s). d) Quelldruckversuch, in dem die maximale Quellspannung sq in einem „ausreichend steifen“ Widerlagersystem mit einer Verformungskonstante c > 150 kN/m2 gemessen wird. Besser ist eine Konstanthaltung der Prfkçrperhçhe durch Wegregelung auf € 0,002 mm.

9.11

Ermittlung der Zerfall-Bestndigkeit von Gesteinen – Siebtrommelversuch

Kornbindungen in Gesteinen geringerer Festigkeit kçnnen – insbesondere bei Vorhandensein von Tonmineralien – bereits durch Austrocknen und Wiederbefeuchten zerstçrt werden. Die Bestndigkeit gegen diese Art der mechanischen Verwitterung lsst sich in dem „Zerfall-Bestndigkeits-Versuch“ („Slake durability-Test“) nach Franklin und Chandra [43] (s. auch Brown [19]) quantifizieren. Zehn gedrungene und an ihren Ecken abgerundete Gesteinsstcke von je 40 bis 60 g Masse werden bei 105 C getrocknet (Masse md) und in einer Trommel mit Siebmantel von 2 mm Maschenweite in einen mit Wasser gefllten Bottich gehngt (Bild 81). Die Trommel wird dann 10 Minuten lang mit 20 U/min rotiert, wobei Ablçsungen und Abrieb < 2 mm durch das Sieb fallen. Der restliche Inhalt wird erneut getrocknet (Masse md1). Der Vorgang wird an diesem noch einmal wiederholt (2. Zyklus; restliche Masse md2). Als Ergebnis wird gewçhnlich der „Zerfalls-Bestndigkeitsindex“ (Slake-Durability-Index) Id2 = md2 / md0 nach dem 2. Zyklus angegeben und wie folgt beurteilt: Zerfallsbestndigkeitsindex Id [ %] Zerfallsbestndigkeit

> 98

95–98

zerfalls- sehr hoch resistent

85–95

60–85

30–60

< 30

hoch

mittel

niedrig

sehr niedrig

194

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 81. Gert zur Bestimmung der Zerfall-Bestndigkeit von Gesteinen [19]

Bei Id2 < 0,10 ist es zweckmßig auch Id1 mitzuteilen. Ist Id2 > 0,60, kçnnen die Ergebnisse weiterer Zyklen (Id3 … Idn) von Interesse sein. Ergnzend empfiehlt es sich, am Siebdurchgang die Konsistenzgrenzen (s. Abschn. 5.6) zu bestimmen und die Form der Reststcke zu beschreiben.

10

Benennen, Beschreiben und Klassifikation von Boden und Fels

10.1

Benennen und Beschreiben von Boden

Beim Benennen wird einem Boden die vereinbarte Bezeichnung (Name) einer Bodenart, d. h. einer bestimmten, unterscheidbaren Ausbildung des Bodens, gegeben. Grundlage der Benennung ist die stoffliche Zusammensetzung. Sowohl nach EN ISO 14688-1:2003, als auch in der 1938 erstmals verçffentlichten Vorgngernorm DIN 4022-1 werden in der Benennung des Bodens dessen Hauptanteil durch ein Substantiv, seine Nebenanteile durch Adjektive gekennzeichnet. Durch die europische Norm haben sich die Prinzipien des Benennens und Beschreibens von Bçden zwar nicht gendert, doch sind einige zahlenmßige Abgrenzungen der ehemaligen DIN 4022-1, die sich auf Ergebnisse von Laborversuchen sttzten, zugunsten von Entscheidungsregeln entfallen, die auch subjektiven Einschtzungen unterliegen. Zunchst gibt EN ISO 14688-1 ein Flussdiagramm vor, das nach Ausscheiden der Hauptgruppen Auffllmaterial, organischer Boden und vulkanischer Boden die Hauptgruppen „sehr grobkçrniger Boden“ – unterteilt in Blçcke und Steine – „grobkçrniger Boden“ – unterteilt in Kies und Sand – und „Feinkçrniger Boden“ – unterteilt in Schluff und Ton – festlegt (s. Bild 82) Die Zuordnung dieser Gruppen (Fraktionen) sowie ihrer weiteren Unterteilungen zu Korngrçßenbereichen ist der Tabelle 2 in Abschnitt 4.1 zu entnehmen. Dort sind auch die gegenber den Symbolen der DIN 4022-1 abweichenden Kurzzeichen der Fraktionen angegeben. Bei grobkçrnigen und sehr grobkçrnigen Bçden gilt als Hauptanteil jene Korngrçßengruppe (s. Abschn. 4.1), die nach Massenanteilen am strksten vertreten ist (z. B. „Grobsand“ oder „Kies“). Enthlt der Boden zwei Korngrçßengruppen mit etwa gleichen Massenanteilen, so werden die entsprechenden Substantive mit einem Schrgstrich verbunden z. B. Fein-/Mittelsand (FSa/MSa). Bei feinkçrnigen Bçden ist der Hauptanteil am Verhalten als „Ton“ oder „Schluff“ zu erkennen, das sich in den plastischen Eigenschaften (Konsistenzgrenzen, s. Abschn. 5.6)

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

195

Bild 82. Flussdiagramm zur Benennung der Hauptgruppen der Bodenarten (Ausschnitt)

ußert. Da diese weitgehend vom Mineralaufbau des Bodens (s. Abschn. 4.3) bestimmt sind, bleiben die Massenanteile an Schluff oder Ton bei der Benennung feinkçrniger Bçden außer Betracht. Die Unterscheidung zwischen Schluff und Ton wird nach EN ISO 14688-1 ausschließlich anhand manueller Versuche (Trockenfestigkeitsversuch, Schttelversuch, Knetversuch, Reibeversuch, Schneideversuch) vorgenommen. Die zielsichere Anwendung dieser Versuche setzt Schulung und Erfahrung voraus. Als Schluff oder Ton werden auch gemischtkçrnige Bçden bezeichnet, wenn ihr Verhalten vom Feinkornanteil geprgt ist. Dagegen werden gemischtkçrnige Bçden wie grobkçrnige Bçden nach der Korngrçßengruppe mit dem grçßten Massenanteil als Hauptanteil benannt, wenn sie im Trockenfestigkeitsversuch keine oder nur eine niedrige Trockenfestigkeit aufweisen und wenn sie bei sinngemßer Anwendung des Knetversuchs keine Knetfhigkeit zeigen. Andernfalls gelten sie als feinkçrnige Bçden. Nebenanteile sind Massenanteile, die die bestimmenden Eigenschaften des Bodens zwar nicht prgen, aber beeinflussen kçnnen. Grobkçrnige Nebenanteile werden in allen Bçden mit dem Adjektiv der entsprechenden Korngrçßengruppen bezeichnet. Bei Verwendung der Kurzzeichen werden die Nebenanteile den Hauptanteilen in Kleinbuchstaben vorangestellt, z. B. „Feinkies, grobsandig“ (csaFGr) oder „Schluff, mittelsandig“ (msaSi). Sind die Massenanteile grobkçrniger Beimengungen besonders gering (< 15 %) oder besonders hoch (> 30 %), wird dem betreffenden Adjektiv nach dem „Nationalen Anhang“ zu EN ISO 14688-1 das Beiwort „schwach“ oder „stark“ vorangestellt: z. B. „Grobsand, mittelsandig, schwach feinkiesig“ (msafgr’CGr) oder „Kies, stark sandig“ (sa*Gr) oder „Ton, kiesig, schwach sandig“ (grsa’Cl)

196

Paul von Soos und Jens Engel

Feinkçrnige Nebenanteile werden sowohl bei grobkçrnigen, als auch bei gemischtkçrnigen Bçden nach ihrem plastischen Verhalten mit den Adjektiven „schluffig“ oder „tonig“ bezeichnet, z. B. „Feinsand, schluffig, grobsandig“ (csasiFSa) Feinkçrnige Nebenanteile in feinkçrnigen Bçden werden nicht definiert, dagegen wird nach dem Ergebnis der manuellen Versuche zwischen „gering plastisch“ und „ausgeprgt plastisch“ unterschieden. Bei organischen Bçden wird zwischen • Torf (je nach erkennbarer Pflanzenstruktur als faseriger, schwach faseriger oder amorpher Torf): nur pflanzliche Reste, rein organischer Boden, • Mudde: pflanzliche und tierische Reste mit anorganischen Bestandteilen durchsetzt und • Humus: pflanzliche Reste mit lebenden Organismen, die mit anorganischen Bestandteilen den Oberboden bilden, unterschieden. Bei Torfen wird in Form eines Adjektivs der Zersetzungsgrad, (nicht, mßig, stark zersetzt) hinzugefgt. Er wird durch den Ausquetschversuch bestimmt. Bei Mudden und Humus werden die anorganischen Nebenbestandteile wie bei den anorganischen Bçden benannt. Als Nebenbestandteile in anorganischen Bçden werden die Adjektive „torfig“, „humos“ oder „organisch“ verwendet. Gegenber der DIN 4022-1 neu sind in EN ISO 14688-1 Handreichungen zum Benennen und Beschreiben vulkanischer Bçden. Zur Kennzeichnung einer Bodenart wird der Benennung die Beschreibung wahrnehmbarer oder leicht feststellbarer Merkmale hinzugefgt. Solche sind: • Farbe: sie ist an einer frischen Bruchflche festzustellen, am besten mithilfe einer Farbkarte, wie z. B. der GEOCOL von Kany [78], um objektive Angaben zu ermçglichen. • Kornform und Kornrauigkeit: erkennbar gegebenenfalls bei Vergrçßerung oder durch vergleichende Messung des rheologischen Verhaltens (s. Abschn. 4.4). • Konsistenz: durch manuelle Versuche oder durch Laborversuche zu ermitteln (s. Abschn. 5.6). • Kalkgehalt: erkennbar am Aufbrausen beim Betrufeln mit verdnnter Salzsure. • Besondere Beimengungen: z. B. Wurzelreste, Glimmer, Kalkknollen. Hilfreich ist es auch, die entstehungsgeschichtlichen Namen zu nennen, wie Dnensand, Lçss, Wiesenkalk, Geschiebelehm, Bnderton, vulkanische Asche usw., weil dadurch ber die Benennung und die Beschreibung hinaus weitere Hinweise auf die Struktur und bestimmte bodenmechanische Verhaltensweisen gegeben sind. Hinweise der neuen Norm auf die Beschreibung von Trennflchen und Schichtung sowie von Wechsellagerungen kçnnen bei der Beschreibung von Sonderproben hilfreich sein, betreffen aber eher die Beschreibung des Bodens im Gelnde in zugnglichen offenen Aufschlssen.

10.2

Benennen und Beschreiben von Fels

Bei Fels wird zunchst das den Fels bildende Gestein nach dessen gesteinskundlicher Bezeichnung benannt. prEN ISO 14689-1 gibt hierzu eine systematisierte tabellarische bersicht (s. Tabelle 19), in der Spaltenunterteilungen nach der Entstehung (magmatisch, sedimentr, metamorph), der Struktur (massig, geschichtet, geschiefert) und der (mineralischen) Zusammensetzung und Zeilenunterteilungen nach der vorherrschenden Korngrçße (von > 63 bis < 0,002 mm bzw. bis glasig und amorph) den Rahmen fr die Benennung der Gesteinsarten bilden. Darber hinaus sollen beschreibende Merkmale wie

197

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

• • • • • • •

Farbe: Helligkeit z. B. fahl, Chromat z. B. grnlich, Farbton z. B. blau, Korngrçße (mit freiem Auge oder Handlupe), Matrix (Grundmasse des eruptiven oder Bindemittel des Sedimentgesteins), Verwitterung (frisch, verfrbt, zerfallen, zersetzt), Kalkgehalt gemß Aufbrausen beim Betrçpfeln mit verdnnter Salzsure in 3 Stufen, Vernderlichkeit unter Wasserbedeckung: in 5 Stufen, einaxiale Druckfestigkeit nach Ritz- oder Hammerschlagprobe

geschtzt und gemß des „Nationalen Anhangs NA“ als weitere Merkmale wie • • • •

Kçrnigkeit (vollkçrnig, teilkçrnig, nichtkçrnig), Raumfllung (dicht, porçs, lçcherig), Kornbindung (schlecht, mßig, gut, sehr gut), Mineralkornhrte (6 Hrtegrade)

angegeben werden. Zur Beschreibung des Gebirges gehçren noch Angaben zur geologischen Struktur wie z. B geschichtet, gefaltet, geschiefert, massig, gneisig u. ., aber auch hinreichende Angaben zu den Trennflchensystemen hinzu. Die hierfr bençtigten Informationen ber Streichen, Fallen und Fallrichtung der Trennflchen und ber deren Abstand und die Form von Gesteinskçrpern ist nur an Hand von Messungen im Gelnde mçglich (s. DIN 4023 und Kap. 1.10). Die Abstnde werden mit Bezeichnungen gemß Tabelle 13 belegt. Tabelle 13. Bezeichnungen fr Trennflchen- und Gesteinsgeometrie

Schichtflchen

Kluft- und Schieferungsflchen

GesteinskçrperAbmessungen

> 2000 mm

sehr dick

sehr weitstndig

sehr groß

2000 bis 600 mm

dick

weitstndig

groß

< 60 mm < 20 mm

sehr klein außerordentlich dnn

außerordentlich engstndig

Zu den Trennflchen ist noch ihr Durchtrennungsgrad, ihre Rauigkeit (als rau oder glatt bei ebenem, welligen oder stufigem Verlauf), ihre ffnungsweite („geschlossen“: 0 bis 0,5 mm, „klaffend“: 0,5 bis 10 mm und „offen“: 1 bis > 100 cm) und ihre Kluftfllungen anzugeben. Schließlich ist die Verwitterung des Fels nach 5 Stufen zu beschreiben. Die Gebirgsdurchlssigkeit ist durch Versuche zu messen, die Durchsickerung an offenen Flchen zu beobachten. Bohrkerne werden durch die Trennflchen in Kernstcke zerteilt. Deren Beschaffenheit und Anzahl sind aber auch von der Bohrtechnik und der Erfahrung der Bohrmannschaft abhngig. Je schlechter diese sind, umso kleiner werden die Kernstcke und der Kerngewinn (s Kapitel 1.2). Deshalb charakterisieren die nachfolgend genannten, aus der Kerngewinnung abgeleiteten Kennzahlen zur Beschreibung von Fels diesen vielfach zu ungnstig: 1. Die gesamte Lnge der gewonnenen Kerne bezogen auf die gesamte Bohrlnge („total core recovery) (R) oder bezogen auf den Kernmarsch (DIN 4022-2 Spalte 12 in Anhang C). Dieses Maß ist auch davon abhngig, ab welcher Kernstcklnge die Kerne gezhlt werden. Wittke [162] gibt dafr 5 cm an. 2. Der Bohrkernindex („rock quality designation“) (RQD). Er ist die Summe der Lngen aller Kernstcke > 10 cm bezogen auf die gesamte Lnge der Bohrung (Deere [34]).

198

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3. Die Anzahl der Trennflchen je m Kernlnge (F) („discontinuity frequency“) gemß Spalte 14 im Anhang C zu DIN 4022-2 oder der Abstand der Kluftflchen („fracture spacing index“). Das Trennflchengefge beeinflusst die mechanischen Eigenschaften von Fels. Dies ußert sich im Unterschied zwischen dem Verformungsmodul von Fels und Gestein oder zwischen deren Wellenausbreitungsgeschwindigkeiten. So ist das Verhltnis des im Fels durch Probebelastung an der Oberflche oder in einem Schlitz erhaltenen Verformungsmoduls EF zum E-Modul einer Kernprobe EG„ der Felsfaktor I = EF/EG (rock mass factor), eine die Gte des Fels beschreibende Kennzahl. hnlich ist auch das Verhltnis der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Kompressionswellen im Feld vcf, die durch crosshole-Messungen (Sender und Empfnger in gleicher Tiefe von benachbarten Bohrlçchern) oder durch uphole-Messungen (Sender im Bohrloch, Empfnger an der Gelndeoberflche) ermittelt werden, zur Kompressionswellen-Geschwindigkeit vcl, die im Labor an gesunden Bohrkernen bei vergleichbarem Spannungsniveau in der Probe gemessen wird (vcf/vcl) (velocity index), als Gtemaß fr den Fels zu verwenden.

10.3

Bodenklassifikation

Whrend das Benennen und Beschreiben von Bçden auf die Angabe der individuellen Merkmale einer Bodenprobe oder einer Schicht zielt, werden die Bçden bei der Klassifizierung einer begrenzten Anzahl von genau abgegrenzten Klassen oder Gruppen zugeordnet. Jede Klasse oder Gruppe erfasst dabei Bçden, die im Hinblick auf den Zweck der Klassifizierung vergleichbare Eigenschaften oder Merkmale aufweisen. Ein betrchtlicher Anteil der Bodenklassifizierungen ist fr die Verwendung im Straßen- und Flugplatzbau und fr den mit diesen Sparten verbundenen Erdbau konzipiert worden. Es sind dies rein stoffliche Klassifizierungen, die die Korngrçßenverteilung (ohne Stein- und Blockanteil), die Plastizittsgrenzen des Bodenmçrtels < 0,4(2) mm und z. T. auch den Gehalt und die Art der organischen Bestandteile als Klassifizierungsmerkmale benutzen. Die Lagerungsdichte grobkçrniger oder die Konsistenz feinkçrniger Bçden bleiben dabei außer Betracht. Die erste Bodenklassifizierung wurde 1928 fr das US Bureau of Public Roads entwickelt (Hogentogler/Terzaghi [65]), in den 40er-Jahren beim Highway Research Board berarbeitet und lebt als ASTM Designation 3282 – 93/97 weiter. Es teilt die grobkçrnigen Bçden nach ihren Siebdurchgngen durch die Siebe Nr. 10 (2,0 mm), Nr. 40 (0,42 mm) und Nr. 200 (0,074 mm) in die Hauptgruppen A1 bis A3, die feinkçrnigen Bçden mit mehr als 36 M.- % < 0,074 mm in die Hauptgruppen A4 bis A7. Die Hauptgruppen A1, A2 und A7 werden noch in Untergruppen unterteilt. Die Bedeutung der“A-Klassifikation“ blieb vornehmlich auf die USA und hier auf den Straßenbau (insbesondere Bodenstabilisierung) begrenzt. Ein ber die Grenzen der USA reichender Einfluss war dem von Casagrande [27] erarbeiteten und vom US Corps of Engineers eingefhrten „Airfield Classification System“ (auch „Casagrande-Klassifizierung“) beschieden. Es sah 15, jeweils durch zwei Großbuchstaben gekennzeichnete Klassen vor. Der erste bezeichnet die Bodenart: G (gravel: Kies), S (Sand), M („Mo“: Schluff), C (clay: Ton) und O (organischer Boden), der zweite steht bei grobkçrnigen Bçden fr die qualitativ zu beurteilende Korngrçßenabstufung mit W (well graded: gut abgestuft), P (poor graded: schlecht abgestuft), C (geringer Tonanteil) und F (excess of fines: hoher Feinkornanteil). Die feinkçrnigen Bçden wurden nach der Plastizittskarte mit der A-Linie als Grenze zwischen C und M bzw. O und der Abszisse wL = 50 % als Grenze zwischen H (hohe Plastizitt) und L (low: niedrige Plastizitt) (Bild 83) in sechs Klassen unterteilt. Eine eigene Klasse Pt bleibt den rein organischen Bçden (Torf) reserviert. In Zusammenarbeit mit dem US Bureau of Reclamation ist dieses System 1952 unter Mit-

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

199

Bild 83. Plastizittskarte nach Casagrande zur Bodenklassifikation nach DIN 18196

wirkung von Casagrande zum „Unified Soil Classification System“ (USC-System) – u. a. durch Einfhren scharfer Klassengrenzen – weiter entwickelt worden (Wagner [159], Bureau of Reclamation [22]). Ein Siebdurchgang durch das Sieb Nr. 200 bzw. Nr. 4 (4,76 mm) von 50 M.- % grenzt Sande von Feinkorn bzw. von Kies ab. Gute Kornabstufung W liegt vor, wenn der Ungleichfçrmigkeitsgrad U bei Kiesen > 4, bei Sanden > 6 ist und die Krmmungszahl CC zwischen 1 und 3 liegt (vgl. Abschn. 4.1.1). Das Grobkorn ist „rein“ bei einem Feinkornanteil < 5 %, es gilt als mit M oder C „verunreinigt“, wenn dieser > 12 % ist. Bei Feinkornanteilen zwischen diesen Grenzen werden die benachbarten Klassen gemeinsam genannt, z. B. GW-GC oder SP-SM. hnlich wird an den Grenzen zwischen den Klassen der feinkçrnigen Bçden verfahren, z. B. ML–CL oder CH-OH. Das USC-System wird heute weltweit genutzt. In der ASTM-Designation D 2487-98 werden den Symbolen der Klassen Benennungen entsprechend weiterer Unterklassen beigefgt. In Großbritannien wurde in die Plastizittskarte nach Casagrande alsbald ein Bereich mit 35 % < wL < 50 % fr Klassen mittlerer Plastizitt I (intermediate plasticity) eingefgt (Road Research Laboratory [125]). Dies griff auch die deutsche „Bodenklassifikation fr bautechnische Zwecke“ auf, die unter Beachtung des USC-Systems bearbeitet wurde und 1970 als DIN 18196 erschien (Tabelle 15). Sie ist auch nach Einfhrung von prEN ISO 1488-2 „Grundlagen der Klassifizierung“ gltig geblieben. Da die Grenzen zwischen Fein- und Grobkorn bzw. zwischen Sand- und Kieskorn nach der metrischen Skala mit 0,06 bzw. 2,0 mm (s. Bild 3) gegenber der USC-Einteilung (0,074 bzw. 4,76 mm) zum Feinkorn hin verschoben sind, wurde die Abgrenzung der Bodengruppen an diesen Stellen bei 40 M.- % Siebdurchgang festgelegt. Dies sollte zu nahezu gleichlautenden Einstufungen in beiden Systemen fhren. Die Buchstaben-Symbole wurden der deutschen Sprache angepasst (U fr Schluff, T fr Ton), die Klassen „schlecht abgestufter“ grobkçrniger Bçden in die Gruppen E („eng gestuft“) und I („intermittierend gestuft“) geteilt. Grobkçrnige Bçden mit 5 bis 40 % Feinkorn bilden zwischen den „grobkçrnigen“ und „feinkçrnigen“ als „gemischtkçrnige Bçden“ eine dritte Hauptgruppe mit den Symbolen G oder S als ersten und U oder T als

200

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zweiten Buchstaben. Ist der Feinkornanteil >15 %, wird dies durch einen Querbalken oder Stern gekennzeichnet. Damit erbrigt sich die Doppelbezeichnung des USC-Systems. Bei den feinkçrnigen Bçden steht M fr „mittel-„ und A fr „ausgeprgt plastisch“. Weit aufgegliedert sind in DIN 18196 die organogenen in 4 und die organischen Bçden in 6 Gruppen. Aufgefllte Bçden werden gekennzeichnet, aufgefllte Fremdstoffe bilden eine eigene Gruppe A. Den Bçden der einzelnen Gruppen werden in mehr oder minder scharfer Abgrenzung „bautechnische Eigenschaften“ und „bautechnische Eignungen“ zugeordnet (s. Spalten 10 bis 21 der Tabelle 15). Dabei wird auch die Eignung als Baugrund fr Grndungen angesprochen. So verwundert es nicht, dass die Bodenklassen der DIN 18196 als Bezugsgrçßen in zahlreiche DIN-Normen des Grundbaus Eingang gefunden haben. Auf den Bodenklassen der DIN 18196 baut auf die „Klassifikation der Frostempfindlichkeit von Bodengruppen“ der ZTVE-StB-94 Ausgabe 97 mit den Klassen: • F1 nicht frostempfindlich (alle grobkçrnigen Bodengruppen der DIN 18196). • F2 gering bis mittel frostempfindlich- (TA, OT, OH, OK). Gemischtkçrnige Bodengruppen mit geringem Feinkornanteil gehçren zu F2 bei 5 % Feinanteil, wenn U > 6, und bei 15 % Feinanteil, wenn U > 15, sonst gehçren sie zu F1. • F3 sehr frostempfindlich (alle anderen Bodengruppen der DIN 18196). Die Weiterentwicklung der Casagrande-Klassifizierung in der englischen Normung (BS 5930) zeigt viele hnlichkeiten zur DIN 18196. Wesentliche Abweichungen sind: die feinkçrnigen Bodenklassen beginnen bei mehr als 35 % Massenanteil < 0,06 mm, sie werden aber in solche mit einem Gehalt von weniger bzw. von mehr als 35 % Grobkorn nochmals unterteilt. Hierdurch und durch die Kennzeichnung der Korngrçßenabstufung in den grobkçrnigen Klassen mit 5 bis 15 % Feinkorn und Kennzeichnung der Plastizitt des Feinkorns bei 15 bis 35 % Feinkorn mssen die Bodenklassen vielfach durch drei Buchstabensymbole gekennzeichnet, werden, z. B. GWC fr „gut abgestufter Kies mit tonigem Feinkorn zwischen 5 und 15 %“ oder MIS fr „mittelplastischer Schluff mit Sandkornanteil zwischen 35 und 65 %“. Schließlich werden auch Klassen fr „sehr hohe (very high) Plastizitt“ V mit wL = 70 bis 90 % und „extrem hohe Plastizitt“ E mit wL > 90 % gebildet. Im Rahmen der europischen Baugrundnormen erschien 2003 prEN ISO 1488-2 „Grundlagen der Klassifizierung“. Sie definiert die „Grundlagen der Bodenklassifizierung“, in dem sie Klasseneinteilungen festlegt und mit zugehçrigen Bezeichnungen versieht fr den Massenanteil an Blçcken bzw. Steinen in „sehr grobkçrnigen Bçden“ (vgl. Abschn. 10.1), fr Bereiche der Ungleichfçrmigkeitszahl U und der Krmmungszahl CC von Kçrnungslinien (vgl. Abschn. 4.1.1), fr Bereiche von Fließgrenzen wL und Plastizittszahlen IP feinkçrniger Bçden (vgl. Abschn. 5.6), fr den organischen Anteil Vgl (vgl. Abschn. 4.6), fr die undrnierte Scherfestigkeit cu und die Konsistenzzahl IC von Schluffen und Tonen (vgl. Abschn. 7.2.4). Ein Klassifizierungssystem vergleichbar mit den oben beschriebenen Systemen bietet sie jedoch nicht an. Als Grundlage fr die Preisbildung definieren einzelne Verdingungsnormen Klassifizierungen von Bodenarten – zugleich auch von Fels –, die sich bei Bçden außer auf stoffliche auch auf zustandsbezogene Merkmale sttzen. So stuft DIN 18300 Boden und Fels nach ihrem baubetrieblichen Verhalten im Erdbau, insbesondere nach ihrer Lçsbarkeit in die Klassen: Klasse Klasse Klasse Klasse Klasse

1: 2: 3: 4: 5:

Oberboden Fließende Bodenarten Leicht lçsbare Bodenarten Mittelschwer lçsbare Bodenarten Schwer lçsbare Bodenarten

201

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

Klasse 6: Leicht lçsbarer Fels und vergleichbare Bodenarten Klasse 7: Schwer lçsbarer Fels Klassifizierungsmerkmale sind die Korngrçßenverteilung, vornehmlich der Gehalt an Steinen und an Blçcken bis 0,1 m und bei bindigen Bçden neben der Plastizitt auch deren Konsistenz. Feste und verfestigte Bçden werden wie „leicht lçsbarer Fels“ gewertet (Klasse 6), wobei eine Festigkeitsangabe fr „fest“ fehlt, sodass zur Abgrenzung gegenber Klasse 5 bei feinkçrniger Ausbildung vielfach die hierfr nicht geeignete Schrumpfgrenze nach DIN 18122-2 verwendet wird. Weitere, den Anforderungen der jeweiligen Technologien angepasste Bodenklassifizierungen enthalten die Verdingungsnormen DIN 18301:2002 Bohrarbeiten, DIN 18311:2006 Nassbaggerarbeiten, DIN 18319:2000 Rohrvortriebsarbeiten. Die Klassen gliedern sich nach nichtbindigen Bçden, bindigen Bçden, organischen Bçden und Fels mit gelegentlichen Zusatzklassen. Anzahl der Klassen und die Merkmale zur Klassifizierung sind in Tabelle 15 zusammengefasst. Tabelle 14. Klassifizierungsmerkmale in Verdingungsnormen

DIN 18301

Hauptgruppe

DIN 18311

Anzahl Merkmal

DIN 18319

Anzahl Merkmal

Anzahl Merkmal

Nichtbindige Bçden

2

Feinkornanteil

5

Kies- und Feinkornanteil

6

Lagerungsdichte, Ungleichfçrmigkeit

Bindige Bçden

4

cu bzw. Konsistenz

4

cu bzw. Konsistenz

3

Konsistenz

Organische Bçden

2

Art bzw. Zersetzungsgrad

3

Konsistenz

Zusatzklassen

4

Korngrçße, Anteil

3

Korngrçße

4

Korngrçße, Anteil

Fels

6

Trennflchenabstand, Verwitterungsgrad

2

Trennflchenabstand, Verwitterungsgrad

8

Trennflchenabstand Druckfestigkeit

Zusatzklassen

5

Druckfestigkeit

10.4

Felsklassifikation

Fels ist schwieriger zu klassifizieren als Boden, da seine stofflichen Eigenschaften durch den Einfluss der Trennflchen berlagert werden. Eine allein stoffliche Klassifikation wrde also im Fels zu kurz greifen und da die Trennflchen sich je nach technischer Fragestellung unterschiedlich auswirken, haben sich die Felsklassifizierungen stark anwendungsbezogen entwickelt. Die wichtigsten Systeme der Felsklassifizierung zielen auf eine Bewertung des Fels im Hinblick auf sein zu erwartendes Verhalten beim ffnen eines Hohlraums unter Tage (Bergbau, Stollen, Tunnel, Kavernen). Allein auf dieses Verhalten grnden zunchst Einstufungen nach „Gebirgsklassen“. Als eine der gebruchlichen sei hier jene genannt, fr die Lauffer [96] die Gebirgsstandfestigkeit in Abhngigkeit von der Stehzeit t eines ungesicherten Stollenabschnitts mit der maßgebenden (kleinsten) Sttzweite l gemß Bild 84 angab: G.-Klasse G.-Verhalten

A

B

standfest nachbrchig

C

D

E

F

G

sehr nachbrchig

gebrch

sehr gebrch

druckhaft

sehr druckhaft

202 Tabelle 15. Bodenklassifikation nach DIN 18196

Paul von Soos und Jens Engel

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

203

204 Tabelle 15. Fortsetzung

Paul von Soos und Jens Engel

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

205

206

Paul von Soos und Jens Engel

Bild 84. Sttzweiten-Standzeit-Diagramm mit Gebirgsklassifikation (nach Lauffer [96])

Der erste Versuch, der Gebirgsklassifizierung eine Kennzahl des Gebirges zugrunde zu legen, wurde von Deere/Miller [35] unternommen, in dem sie dem Bohrkernindex RQD (s. Abschn. 10.2) die in Tabelle 16 aufgefhrten 5 Felsklassen zuordneten. Durch die Quantifizierung weiterer Gebirgseigenschaften erhalten Bieniawski [9] das Felsgtemaß (Rock Mass Rating) RMR und Barton et al. (Norweg. Geot. Inst.) [5], den Felsqualittsindex Q. Die Klassifizierung nach Q siehe Tabelle 17. Das Felsgtemaß RMR wird durch Aufsummieren der Gewichte folgender Einzeleinflsse gewonnen: • • • • •

einaxiale Druckfestigkeit bzw. Punklastwert RQD-Wert Kluftabstand Kluftfllung und Kluftrauigkeit Grundwasser (-Andrang, Kluftwasserdruck)

0 bis 3 bis 5 bis 0 bis 0 bis

30 Punkte 20 Punkte 30 Punkte 25 Punkte 10 Punkte

Die erhaltene Punktsumme wird den von Deere und Miller benannten 5 Klassen gemß Tabelle 16 zugeordnet.

Bild 85. Sttzweiten-Standzeit-Diagramm mit Gebirgsklassen (nach Bieniawski [8])

207

1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor Tabelle 16. Gebirgsklassifizierung nach Bohrkernindex RQD und Bohrkernindex RMR

RQD

0 bis 0,25

0,25 bis 0,50

0,50 bis 0,75

0,75 bis 0,90

0,90 bis 1,00

RMR

0 bis 20

21 bis 40

41 bis 60

61 bis 80

81 bis 100

Bewertung des Fels

sehr schlecht

schlecht

mßig

gut

sehr gut

Zur Bercksichtigung des Einflusses der Neigung von Kluftflchen werden in Abhngigkeit von deren Richtung Abschlge zu RMR fr Tunnel in Hçhe von bis –12, fr Grndungen bis –25, fr Bçschungen bis –60 Punkten genannt (Bieniawski [9]). Dies zeigt, dass die Felsklassifikation auch in anderen Bereichen des Felsbaus Eingang findet. Der Felsqualittsindex Q wird durch multiplikatives Zusammenfassen der Quotienten aus der zahlenmßigen (nach fallender Qualitt gestuften) Wertung folgender Einflsse: RQD Jn Jr SRF

Bohrkernindex Anzahl der Kluftscharen Kluftrauigkeit „Stress Reduction Factor“ Spannungseinfluss (Stçrzonen, Scherzonen, Ausntzung der Festigkeit, Schwelldruck etc.)

100 bis 0 0,5 bis 20 4 bis 0,5 0,5 bis 400

Ja Jw

Kluftfllung Kluftwassereinfluss

0,75 bis 20 1,0 bis 0,05

zu Q = (RQD/Jn) · (Jr/Ja) · (Jw/SRF) erhalten. Der erste Faktor beschreibt darin eine relative Blockgrçße, der zweite die Scherfestigkeit zwischen den Kluftkçrpern und der dritte die wirksamen Spannungen. Die Bewertung von Q fhrt zu 9 Felsklassen gemß Tabelle 17. Vergleichende Bewertungen fhrten zu folgender Beziehung zwischen den beiden Gtemaßen RMR = 9,1 · ln Q + 45 (Trunk/Hçnisch [156]) Tabelle 17. Gebirgsklassifizierung nach dem Felsqualittsindex Q

Q

0,001–0,01 0,01–0,1 0,1–1

1,0–4,0

4,0–10,0 10–40

40–100

100–400 400–1000

Wertung

außergewçhnlich schlecht

schlecht

mßig

sehr gut

besonders gut

besonders schlecht

sehr schlecht

gut

außergewçhnlich gut

Nach den Erfahrungen bei zahlreichen Hohlraumbauten wurden die Klassen nach RMR von Bieniawski auch in das Sttzweiten-Standzeit-Diagramm eingearbeitet und sind so auch mit den Gebirgsklassen vergleichbar (s. Bild 85). Nach Barton/Grimstad [4] kçnnen den Q-Werten und ihren Klassen Sttzweiten zugeordnet werden, deren Betrag durch einen Sicherheitsfaktor ESR geteilt worden ist. ESR nimmt von 2 bis 5 bei temporren Hohlrumen des Bergbaus auf 0,5 bis 0,8 bei Kavernen fr Kernkraftwerke o. . ab. Zwischen den Felsgtemaßen und einigen Gebirgskenngrçßen wurden Korrelationen abgeleitet, die als erste Abschtzungen fr Vergleiche und Vorbemessungen verwendet werden kçnnen (Hçnisch [64]): in 1000 MN/m± • Verformungsmodul des Fels EF = exp ((RMR – 40)/10) • Felsfaktor I = EF/EG = 0,50 · (RQD/100)± in 1000 MN/m± • Feslfaktor I = EF /EG = 0,72 · (RMR/100)± in 1000 MN/m±

Tabelle 18. Geological Strength– Index fr geklfteten Fels

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Tabelle 19. Klassifizierung von Fels nach DIN ISO 14689–1

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wenn keine ungnstigen Trennflchen stçren: • untere Grenze des Reibungswinkels min jG = 0,50 · RMR + 7,5 • untere Grenze der Kohsion min cG = 0,020 · RMR • Gebirgs-Druckfestigkeit sdG = 0,07 · (RMR – 11) sdG = 0,17 · (RMR – 30) sdG = 7 · g · Q1/3 (Barton/Grimstad [4])

in Grad in MN/m± in MN/m±, fr RMR < 42 in MN/m±, fr RMR > 42 in MN/m±

Eine auf Struktur und Trennflchenbeschaffenheit fußende Klassifizierung des Gebirges (Matrix mit 4 Abstufungen der Struktur nach Gesteinskçrpergrçßen und 5 Abstufungen der Trennflchenrauigkeit) nach Hoek [61] fhrt zum „Geological Strength Index GSI“, der als Reduktionsfaktor der Gesteinsfestigkeit zur Beschreibung der Gebirgsfestigkeit zu deuten ist. Nach der Beziehung GSI = 9 · ln Q' + 44 ursprnglich an den Felsqualitittsindex Q gebunden, wurde er spter von diesem gelçst der Klassenmatrix von Hoek ber eine Geradenschar grafisch zugeordnet (s. Tabelle 18 [62]). Die Gebirgsmatrix wurde schließlich von Marinos/Hoek [102] auch auf Strukturen erweitert, die nicht durch Gesteinskçrpergrçßen zu kennzeichnen sind (wurde hier in Tabelle 18 eingearbeitet). Die Werte von GSI dienen als unmittelbare Eingangsgrçßen zur Abschtzung der Parameter des Hoek/Brown’schen Bruchkriteriums (s. Abschn. 9.6). Von vielen weiteren Felsklassifikationen seien hier nur jene von SIA (Schweiz) und von Brutigam/Hesse [19] erwhnt, die unter 17 bzw. 12 Parametern auch solche der Schichtung und der Tektonik getrennt werten. Whrend die bisher genannten Systeme der Gebirgsklassifizierung der Prognose des Gebirgsverhaltens fr Planungen und Vorentwrfe dienen, sollen die Felsklassen der Verdingungsnormen DIN 18319 (1992) fr Rohrvortriebsarbeiten und die „Ausbruchsklassen“ der DIN 18312 (1992) fr Untertagearbeiten eine Grundlage fr die Preisbildung bieten (s. auch Tabelle 14). Letztere stuft ihre Klassen ausschließlich danach, welche Sicherung beim Ausbruch eines Hohlraums erforderlich ist. Sie bleibt in ihren Aussagen damit objektbezogen.

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Paul von Soos und Jens Engel

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1.3 Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor

217

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Europische Normen EN 1997-1:2003 (D) Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik, Teil 1: Allgemeine Regeln. prEN 1997-2: 2006 (D): Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik, Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds.

Deutsche Gesellschaft fr Geotechnik (DGGT): Empfehlungen fr die Versuchstechnik im Fels E 1: Einaxiale Druckversuche an zylindrischen Gesteinsprfkçrpern, 2004. E 2: Dreiaxiale Druckversuche an Gesteinsproben, 1979/1986. E 3: Dreiaxiale Druckversuche an geklfteten Großbohrkernen im Labor, 1979/1986. E 5: Punktlastversuche an Gesteinsproben, 1982/1986.

218

Paul von Soos und Jens Engel

E 10: Indirekter Zugversuch an Gesteinsproben – Spaltzugversuch, 1985/1986. E 11: Quellversuche an Gesteinsproben, 1986. E 12: Mehrstufentechnik bei dreiaxialen Druckversuchen und direkten Scherversuchen, 1987. E 13: Laborscherversuch in Felstrennflchen, 1988. E 16: Ein- und dreiaxiale Kriechversuche an Gesteinsproben, 1994. E 17: Einaxiale Relaxationsversuche an Gesteinsproben, 1994. E 20: Zerrfallbestndigkeit von Gestein – Siebtrommelversuch, 2002.

Forschungsgesellschaft fr Straßen- und Verkehrswesen Zustzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien fr Erdarbeiten im Straßenbau (ZTVE E-StB 94). Technische Prfvorschriften fr Boden und Fels im Straßenbau (TPBF-StB). Teil A2: Probenahme fr bodenphysikalische Versuche, 1993. Teil B.10.1: Bestimmung der organischen Bestandteile im Boden, 1999. Teil B3.2: Bestimmung der Korndichte mit dem Tauchgefß nach Dr. -Ing. Haas, 1988. Teil B5.2: Bestimmung von Feinkornanteilen in grobkçrnigen Bçden und Baustoffen mit dem Absetzgert nach Dr. -Ing. Haas, 1988.

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

1.4

219

Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser Andreas Claussen

1

Grundlagen

In der geotechnische Betrachtung des Untergrundes stehen die bodenphysikalischen und bodenmechanischen Eigenschaften im Vordergrund. Betrachtet man den Untergrund von der chemischen Seite aus, dann handelt es sich in seinem Ausgangszustand um ein heterogenes Stoffgemisch, das in den berwiegenden Fllen aus anorganischen Mineralien besteht. In Lockergesteinen liegen die Mineralien in Form einzelner Mineralkçrner der Ton-, Schluff-, Sand- oder Kiesfraktion oder in Form von Bruchstcken aus Mineralgemischen der Sand-, Kies-, Stein- und Blockfraktion vor. Vom Grundsatz her kann davon ausgegangen werden, dass je kleiner das Bodenpartikel ist, es umso wahrscheinlicher aus einer einzelnen Mineralart besteht. In Festgesteinen liegen die einzelnen Mineralien noch in einem festen Verbund in Gesteinsschichten vor. Durch die Bewegung der Erdkruste und die Verwitterung werden diese Gesteinsschichten aufgebrochen, sodass sich aus vormals festen Gesteinen die Lockergesteine bilden konnten. In diese anorganisch mineralische Matrix kçnnen in unterschiedlichem Maße auch organische Stoffe eingebunden sein, wie z. B. in Lockergesteinen in Form fein verteilter organischer Substanzen, sei es rezent in Seen, Mooren, Marschen, Ksten sowie fossil in ehemaligen wassergefllten Senken oder marinen Becken. Auch in Festgesteinen kommen organische Substanzen in fein verteilter Form vor, wie in Tongesteinen (z. B. Grube Messel) oder kohlehaltigen Gesteinen, die je nach Mchtigkeit und Kohlegehalt (z. B. in Flçzen) abgebaut werden. Darber hinaus kann es im Bereich von Mooren und Smpfen auch zur Ausbildung fast reiner organischer Schichten aus pflanzlichen berresten kommen. Der Untergrund besteht aus mehreren Phasen. Hierzu gehçren die feste Phase bestehend aus allen Feststoffen wie den mineralischen oder organischen Feststoffpartikeln. Darber hinaus gehçren dazu die Bodenluft und das Bodenwasser. Im mit Wasser ungesttigten Untergrund ist das Bodenwasser auf die feineren Poren, die das Wasser gegen die Schwerkraft halten kçnnen, die Menisken, und die feuchten Oberflchen der Feststoffe beschrnkt. Die grçberen Poren werden von der Bodenluft erfllt. Im mit Wasser gesttigten Untergrund werden die Poren innerhalb des Feststoffs vollstndig vom Wasser gefllt.

2

Anorganische Matrix des Untergrundes

Die Erdkruste und damit der Baugrund besteht im Wesentlichen aus Silikaten, d. h. den Salzen der Kieselsuren. Der mittlere Mineralbestand und die mittlere chemische Zusammensetzung zeigt die Tabelle 1.

220

Andreas Claussen

Tabelle 1. Mittlerer Gesteinsbestand, Mineralbestand und Chemismus der Erdkruste (Masse 28,5 · 1024 g) (aus [1])

Gesteinsbestand

Mineralbestand Vol.- %

Oxide Vol.- %

Gew.- %

Granite

10,4

Quarz

12,0

SiO2

57,6

Granodiorite, Diorite, Syenite

11,6

Kali-Feldspte

12,0

Al2O3

15,3

Basalte, Gabbros, u. a. basische Magmatite

42,6

Plagioklase

39,0

Fe2O3

2,5

Sande und Sandsteine

1,7

Glimmer

5,0

FeO

4,3

Tone und Tonschiefer

4,2

Amphibole

5,0

MgO

3,9

2,0

Pyroxene

Carbonatgesteine Gneise

21,4

11,0

CaO

7,0

Olivine

3,0

Na2O

2,9

Kristalline Schiefer

5,1

Tonminerale

4,6

K2O

2,3

Marmor

0,9

Calcit u. Dolomit

2,0

TiO2

0,8

Magnetit

1,5

CO2

1,4

Andere Minerale

4,9

H2O

1,4

MnO

0,16

P2O5

0,22

Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, haben die Feldspte (Kali-Feldspat + Plagioklase (CalciumNatrium-Feldspte)) noch vor dem Quarz sowie den Amphibolen und Pyroxenen die weiteste Verbreitung in den Gesteinen des Untergrundes. Quarz ist, von seinem Aufbau und seiner stofflichen Zusammensetzung her betrachtet, das einfachste Mineral der Silikate und hat die Formel SiO2. Es weist eine tetraedrische Struktur auf, in der das zentral gelegene positiv geladene Silizium von 4 negativ geladenen Sauerstoff-Ionen, die den Tetraeder bilden, umgeben wird. Jedes Sauerstoff-Ion geht eine Verbindung mit zwei Silizium-Zentralionen ein. Feldspte sind Alumosilikate, die aus Aluminium-Silizium-Tetraedern bestehen, wie z. B. der Kali-Feldspat KAlSi3O8. Hier werden einzelne Silizium-Ionen der Tetraederzentren von Aluminium-Ionen ersetzt. Da das positiv geladene Aluminium gegenber dem vierwertigen Silizium nur dreiwertig ist, weisen die Sauerstoff-Tetraeder eine negative Gesamtladung auf. Diese negative Gesamtladung wird von dem einfach positiv geladenen Kalium ausgeglichen, welches in das Gerst eingebunden ist. Die Funktion des Kaliums bernehmen in den anderen Feldspten die positiv geladenen Ionen Natrium (einwertig) oder Calcium (zweiwertig). Die Struktur und stoffliche Zusammensetzung wird zu den Amphibolen, Pyroxenen, Olivinen, Glimmern usw. immer komplexer. Das zu den Pyroxenen gehçrende Mineral Augit besitzt beispielsweise die Formel (Ca, Mg, Fe, Al, Ti)2(Si,Al)2O6. Das heißt neben dem alumosilikatischen Grundgerst werden zum Ladungsausgleich die positiv geladenen Ionen Calcium, Magnesium, Eisen, Aluminium und Titan in das Gerst eingebaut.

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

221

Neben der reinen physikalischen Zerkleinerung der Festgesteine, die durch Frost-Tau-Wechsel, Feucht-Trocken-Wechsel, Druck-Entspannung-Reaktionen sowie dem Angriff von Wind und Wasser verursacht werden, kommen auch chemische Reaktionen vor. Die chemischen Reaktionen stehen grundstzlich mit Wasser im Zusammenhang. Das heißt, chemische Reaktionen kçnnen nur dort stattfinden, wo Wasser die Oberflche der Mineralien erreichen oder in die Mineralien eindringen kann. Diese Voraussetzung ist in Festgesteinen entlang von Klften und Spalten gegeben. Dem gegenber weisen Lockergesteine ein komplexes, weit verzweigtes Porensystem auf. Beispielhaft fr die chemische Verwitterung kann die Lçsung von Kalkgesteinen genannt werden. Die mit dem Sickerwasser aus der Atmosphre und dem Boden in den Untergrund gelangenden Suren lçsen den Kalk auf. In Festgesteinen fhrt dies zur Ausbildung von Hçhlen (Karstgebiete), in Lockersedimenten entstehen langfristig an Kalken verarmte oder kalkfreie Bodenhorizonte. Neben den magmatischen und metamorphen Ursprungsmineralien kçnnen auch Verwitterungsneubildungen entstehen. Die wichtigsten Gruppen dieser Verwitterungsneubildungen sind Tonminerale (wie z. B. Kaolinit, Illit, Montmorillonit), Oxide und Hydroxide des Siliziums, Aluminiums, Eisens und Mangans, Sulfide des Eisens und verschiedener Metalle sowie Carbonate und Gips. Nach der geologischen Karte Deutschlands stehen nçrdlich der Mittelgebirge ausschließlich unverfestigte Lockergesteine (Sedimente) an der Oberflche an. In den Mittelgebirgen bis zum Nordrand der Alpen besteht zumindest der tiefere Untergrund aus Festgesteinen. Diese sind an der Gelndeoberkante unterschiedlich stark verwittert und von Lockergesteinen berdeckt. Die Tler der Festgesteine sind an der Oberflche von unverfestigten Lockersedimenten verfllt. Diese erreichen im Rheintal, entlang der Donau sowie den Voralpen eine in Mchtigkeit und Flche große Ausdehnung.

3

Organische Matrix des Untergrundes

Die im Untergrund vorhandene und unter natrlichen Bedingungen gebildete organische Substanz besteht aus Kohlenwasserstoffen, die tierischen oder pflanzlichen Ursprungs sind. Das gilt auch fr die fossil gebildeten Kohlelagersttten sowie Erdçl- und Erdgasvorkommen. Die organischen Substanzen wurden dabei durch mikrobiologische Transformationsprozesse sowie im Falle fossiler organischer Substanzen durch geologische Prozesse der Gesteinsbildung (Sedimentation, berdeckung durch andere Sedimente sowie Druck und Temperatur) umgewandelt. Angefallen als Exkrement tierischer Herkunft, den Resten gestorbener tierischer Lebewesen sowie abgestorbener Pflanzenreste werden diese durch die im Boden oder im Sediment von Gewssern lebenden Organismen aufgenommen und ausgeschieden und zur Atmung oder dem Aufbau eigener Zellmasse verwendet. Diese Prozesse finden berall und in Abhngigkeit von Temperatur und Wassergehalt auch stndig statt. Die beispielsweise in einem Wald anfallenden Pflanzenreste (Laub, ste, Zweige sowie absterbende Baumstmpfe) liegen zunchst als Streustoffe auf der Bodenoberflche [1]. Die erste Phase beginnt kurz nach dem Absterben und besteht aus enzymatischen Reaktionen, die ohne ußeren Einfluss im Zellinneren stattfinden. Hierbei werden die hochpolymeren Ausgangsstoffe durch Hydrolyse und Oxidation gespalten.

222

Andreas Claussen

Die zweite Phase ist die Zerkleinerung durch Zernagen, Zerbeißen und Aufnahme sowie Verdauung, die vom Edaphon (den lebenden Organismen des Bodens) vorgenommen wird. Hierzu zhlen insbesondere Kfer, Ameisen oder Wrmer. Diese Lebewesen arbeiten die an der Oberflche aufliegende organische Substanz dabei auch in den Untergrund ein. Hierbei bilden sich unter natrlichen Bedingungen die humosen Oberbçden aus, auch als „Mutterbçden“ bezeichnet. In der dritten Phase werden die zerkleinerten und verdauten organischen Bestandteile durch Pilze, Flechten und Mikroorganismen chemisch zersetzt. Mit fortschreitender Umwandlung wird die ursprngliche Struktur (Blatt, Stngel, Ast) immer weiter aufgearbeitet, sodass im Abschluss die Herkunft der organischen Ausgangssubstanz nicht mehr erkennbar ist (wie beispielsweise in einem voll durchkompostierten Haufen). Wird der natrliche Umwandlungsprozess durch Einflsse, wie zu kalte Temperaturen, Trockenheit oder Vernssung, behindert, bilden sich Anreicherungshorizonte aus (Torfschichten von Mooren, mchtige Humusauflagen der Steppenbçden u. a.). Aus der Streu bilden sich im Verlauf der vorgenannten Phasen die sogenannten Huminstoffe. Die Huminstoffe stellen stark umgewandelte hochmolekulare Substanzen dar, bei denen die Strukturen der ehemaligen Ausgangsstoffe nicht mehr erkennbar sind. Organische Stoffe bestehen alle im Grundsystem aus Kohlenstoffverbindungen [2]. Ausgenommen sind anorganische Kohlenstoffverbindungen wie Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und deren Salze wie Calciumcarbonat oder die Carbide. Organische Kohlenwasserstoffe sind Verbindungen aus den Atomen Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H). Die kçnnen die Form acyclischer (in Form von Ketten mit oder ohne Verzweigungen) und cyclischer (in Form von Ringen mit oder ohne Verzweigungen) Verbindungen einnehmen. Aromatische Stoffe gehçren zu den cyclischen Kohlenwasserstoffen und gehen in ihrer Grundstruktur auf den Benzolring zurck. In den Verbindungen von Kohlenstoff mit Wasserstoff kommen neben den beiden Grundelementen in organischen Substanzen auch Sauerstoff-, Stickstoff-, Schwefel und verschiedene Kationen und Metalle vor. Zu den einfachen acyclischen Kohlenwasserstoffen zhlen z. B. die Benzine (Alkane). Octan ist ein kettiger Kohlenwasserstoff, der aus 8 Kohlenstoffatomen und 18 Wasserstoffatomen besteht (Bild 1). Die Kettenlngen von Heizçlen oder Mitteldestillaten reichen z. B. bis ber 20 Kohlenstoffatome bzw. ber 40 Kohlenstoffatome. Zu den cyclischen nicht aromatischen Kohlenwasserstoffen zhlen z. B. Zucker oder Nukleinsuren. Bei den Zuckern werden 5 Kohlenstoffatome ber ein Sauerstoffatom zu einem Ring verbunden. hnlich sehen Nukleinsuren aus, wobei diese noch stickstoffhaltige Gruppen aufweisen. Aromatische Kohlenwasserstoffe sind in ihrer einfachsten Form das Benzol (C6H6). Ein sechseckiger Ring aus Kohlenwasserstoffatomen, wobei jede zweite Bindung des Kohlenstoffrings eine Doppelbindung ist (Bild 2). Die nach außen an jedem Kohlenstoffatom gebundenen Wasserstoffatome werden blicherweise in den Strukturabbildungen nicht dargestellt. Die chemische Besonderheit gegenber nicht aromatischen cyclischen Kohlenwasserstoffen besteht darin, dass die drei Doppelbindungen aufgrund der homogenen Struktur keinem Kohlenstoffatom direkt zugeordnet sind.

Bild 1. Struktur des n-Octan (aus [4])

Bild 2. Struktur des Benzol (aus [4])

223

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser Tabelle 2. Ausgewhlte funktionelle Gruppen organischer Substanzen (aus [1] und [2])

Funktionelle Gruppe

Wichtigste Herkunft

Wirkung

C-OH (Hydroxyl-Gruppe)

Alkohol, sofern an acyclischen oder cyclischen Kohlenwasserstoffen, z. B. aus alkoholischer Grung bei anaerobem Abbau

Komplexbildner

C-OH (Hydroxyl-Gruppe)

Phenol, sofern an aromatischen Kohlenwasserstoffen, z. B. im Lignin

Sure

C-OOH (Carboxyl-Gruppe)

Carbonsuren oder Aminosuren

Sure

C-NH2 (Amino-Gruppe)

Proteine, Aminosuren, Aminozucker

Komplexbildner, Base

C-O-C (Etherische Gruppe)

Kohlenhydrate, Zucker, Lignine

keine

>C=O (Carbonyl-Gruppe)

Oxidation von Phenolen, s. o.

Komplexbildner

Die chemischen Eigenschaften der organischen Substanzen werden neben der Moleklgrçße vor allem von den in den oder an den Kohlenwasserstoffen gebundenen funktionellen Gruppen bestimmt. Eine Auswahl funktioneller Gruppen zeigt die Tabelle 2. Fr das Verhalten organischer Substanzen in der Umwelt ist das Zusammenwirken mit Wasser entscheidend. Wasser (H2O) ist polar. Die beiden positiven Wasserstoffatome stehen in einem Winkel von ca. 104 zum negativ geladenen Sauerstoffatom. Durch diese Abweichung zur 180-Achse besitzt das Wassermolekl eine nach außen negativ wirkende (Sauerstoff) und eine nach außen positiv wirkende (Wasserstoffatome) Seite. Flssiges Wasser besteht nicht aus einzelnen Moleklen, sondern aus sogenannten Clustern. Hierbei gruppieren sich mehrere Wassermolekle so zueinander, dass jeweils die negative Seite des Sauerstoffs die positive Wasserstoffseite eines anderen Molekls anzieht und umgekehrt. Im Gegensatz zum polaren Wassermolekl sind Kohlenwasserstoffe berwiegend unpolar. Das heißt, sie weisen innerhalb des Molekls keine Ladungsunterschiede auf (s. Bild 1). Aus diesem Grund sind aus chemischer Sicht organische Stoffe im Wasser nur sehr gering lçslich. Sie sind hydrophob und bilden innerhalb des Wassers eine eigene Phase aus, was man erkennt, wenn man beispielsweise Speiseçl in Wasser gibt. Durch einzelne funktionelle Gruppen, insbesondere durch Hydroxyl- und Carboxyl-Gruppen bekommen die Kohlenwasserstoffe polarere Eigenschaften und werden so deutlich besser im Wasser lçslich (vgl. hierzu Abschn. 6).

4

Schadstoff

Um den Begriff Schadstoff mçglichst weit zu fassen, kann man alle Stoffe darunter verstehen, die aufgrund ihrer Konzentration und/oder ihrer Toxizitt den Menschen, die Pflanzen oder Tiere sowie die Umweltmedien des Untergrundes beeintrchtigen und diese direkt oder indirekt gefhrden kçnnen. Zu den Umweltmedien zhlen im Untergrund der Boden (Feststoff), das Bodenwasser (Grundwasser, Sickerwasser, Haftwasser, Stauwasser) und die Bodenluft.

224

Andreas Claussen

Grundstzlich kçnnen alle Stoffe zum Schadstoff werden, wenn sie aufgrund ihrer Konzentration die Nutzung der Umweltmedien beeintrchtigen. Zum Beispiel ist Kochsalz (Natriumchlorid, NaCl) unter den normalerweise vorkommenden Konzentrationen nicht als Schadstoff anzusehen. Wird Natriumchlorid aber in extremen Konzentrationen in den Untergrund eingebracht oder freigesetzt, kçnnen durch das sehr gut lçsliche Salz Gewsser beeintrchtigt werden, sodass sie nicht mehr zum Zweck des menschlichen Verzehrs als Trinkwasser oder des Bewsserns von landwirtschaftlichen Flchen genutzt werden kçnnen. Gleiches gilt fr Kstenbereiche, wo durch in den Untergrund eindringendes Meerwasser die Salzbelastung des Grundwassers negativ beeinflusst werden kann. Klassischerweise sind Schadstoffe solche Stoffe, die aufgrund ihrer Toxizitt bereits in geringen Konzentrationen die Nutzung der Umweltmedien beeintrchtigen kçnnen. Bei den blicherweise vorkommenden Belastungen des Untergrundes treten hufig immer wieder gleiche Schadstoffe auf. In Tabelle 3 werden einige hufig auftretende Schadstoffe genannt.

5

Anorganische Schadstoffe

Die in Tabelle 3 genannten anorganischen Schadstoffe kçnnen mit Ausnahme der Cyanide nicht durch Mikroorganismen oder chemische Transformationsprozesse abgebaut werden. Das heißt, die anorganischen Schadstoffe kçnnen durch die çrtlichen Bedingungen im Untergrund, sei es innerhalb der Emissionsquelle oder auf dem Weg durch den Untergrund (Transmission), durch mikrobiologische oder chemische Prozesse in ihrer Wertigkeit oder ihrer Bindungsform und damit in ihrer Mobilitt verndert werden, sie bleiben aber als Elemente erhalten. Nur von Cyaniden kçnnen die C-N-Verbindungen aufgebrochen werden, sodass anschließend das Cyanid im Untergrund nicht mehr vorhanden ist. Die im Untergrund vorhandenen chemischen Milieubedingungen steuern maßgeblich das Verhalten der anorganischen Schadstoffe. Hierzu zhlt, inwieweit anorganische Schadstoffe an polare bzw. geladene Oberflchen der Mineralien gebunden werden kçnnen (Adsorptions- oder Desorptionsreaktionen wie Kationenaustausch an Tonmineralien, an Sekundrbildungen der Eisen- und Aluminiumoxide und -hydroxide) oder inwieweit sich gering wasserlçsliche Verbindungen bilden kçnnen (Fllungs- oder Lçsungsreaktion). Unter Schwermetallen werden Metalle mit einer Dichte zwischen 3,5 und 5,0 g/cm verstanden [2]. Als besonders umweltrelevant gelten: • • • • •

Blei, Cadmium, Chrom, Quecksilber, Nickel

sowie das Halbmetall Arsen. Nhere stoffliche Angaben zum chemisch-physikalischen Verhalten sowie dem Vorkommen in den Umweltmedien und den human- und çkotoxikologischen Wirkungen finden sich fr die vorgenannten Schwermetalle und das Arsen in den Stoffdatenblttern des Handbuches Bodengefhrdende Stoffe, herausgegeben von Litz/Wilcke/Wilke [3]. Die Reaktionsfhigkeit der Schwermetalle und des Arsens und damit ihre Mobilitt und Toxizitt wird von ihrer Bindungsform geprgt (kristallin, amorph, metallisch, als Salz,

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

225

Tabelle 3. Ausgewhlte hufig auftretende Schadstoffe

Gruppe

Stoffgruppe

Stoff

Anorganische Schadstoffe Anionen

Cyanide

Schwermetalle und Arsen

z. B. Blausure (HCN) Antimon Arsen Blei Cadmium Chrom Kobalt Kupfer Molybdn Nickel Quecksilber Selen Zink Zinn

Organische Schadstoffe Summenparameter MKW (Mineralçlartige Kohlenwasserstoffe)

KW-Index mit Kohlenstoffkettenlngen von C10 – C22 und C22 – C40

Phenol-Index Aromaten

BTEX

Benzol Toluol o-, m-, p-Xylol Ethylbenzol Styrol Cumol

Phenole (gemß ISO/DIS 8165–2:01.97: „… Selected Monohydric Phenols …“

Phenol o-, m-, p-Kresol (Methylphenol) Kongenere der Xylenole (Dimethylphenole)

PAK (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe)

16 Einzelstoffe gemß Liste der U. S. EPA zzgl. Methylnaphthaline

Chlorierte acyclische Kohlenwasserstoffe

LHKW (chlorierte leichtflchtige Kohlenwasserstoffe)

Chlorierte Kohlenwasserstoffe mit einem oder zwei Kohlenstoffatomen, wie z. B. Chlormethan, Trichlormethan (Chloroform), Chlorethan, Dichlorethan, Chlorethen (Vinylchlorid), cis-, trans-, 1,2-Dichlorethen, Trichlorethen (TRI), Tetrachlorethen (PER)

Chlorierte aromatische Kohlenwasserstoffe

Chlorbenzole Chlorphenole PCB (polychlorierte Biphenyle) PCDD/DF (polychlorierte Dibenzo-Dioxine/-Furane)

226

Andreas Claussen

reduziert oder oxidiert). Quecksilber und Arsen kçnnen beispielsweise in ihrer elementaren oder reduzierten Form gasfçrmige Verbindungen eingehen und somit aus dem Untergrund ber die Bodenluft ausgetragen werden. Zumeist sind diese Verbindungen unter sich ndernden Milieubedingungen sehr reaktiv und damit instabil. Die Mobilitt der anorganischen Schadstoffe wird wesentlich durch den im Untergrund herrschenden pH-Wert und das Redox-Milieu des Bodenwassers bestimmt. Der pH-Wert gibt die Konzentration der Protonen (H+) oder Hydroxyl-Ionen (OH-) an. Der pH-Wert ist definiert als der negative Logarithmus der Wasserstoff-Ionenkonzentration. Werte ber pH 7 (7,1 bis 14) weisen einen berschuss an Hydroxyl-Ionen im Bodenwasser aus. Es besteht ein basisches Milieu. Werte unter pH 7 (1 bis 6,9) weisen einen berschuss an Protonen im Bodenwasser aus. Das Milieu der wssrigen Lçsung ist sauer. Bei pH 7 ist die Konzentration an Protonen und Hydroxyl-Ionen in der wssrigen Lçsung ausgeglichen, das Milieu ist neutral. Nimmt der pH-Wert von pH 5 auf pH 4 ab, dann ist die Konzentration der Wasserstoff-Ionen um den Faktor 10 angestiegen. Das pH-Milieu hat einen erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der natrlichen Mineralien des Untergrundes sowie auf deren chemische Verwitterung. Unter den natrlichen Bedingungen werden ber die Atmosphre und den Niederschlag Suren in den Untergrund eingetragen. Beim mikrobiologischen Abbau organischer Substanzen (Atmung) entsteht Wasser und Kohlendioxid. Die Kohlendioxidkonzentration der Bodenluft ist in den oberen belebten Bodenschichten durch die Atmung der Mikroorganismen gegenber der Atmosphre erhçht, sodass ber das Lçsungsgleichgewicht Kohlendioxid in das Bodenwasser gelangt und dort zu Kohlensure dissoziiert, ein weiterer Eintrag von Sure. Der natrliche pH-Wert des Niederschlagswassers liegt bei ca. pH 4,2. Diese Suren werden im Boden ber basisch wirksame Mineralien abgepuffert. Hierzu zhlen in erster Linie Carbonate sowie Feldspte, Pyroxene, Amphibole und Tonmineralien. Die in Kristallgitter eingebundenen oder in Tonmineralien adsorbierten Kationen kçnnen die Suren neutralisieren. Die Sureeintrge fhren dazu, dass mit der normalen Bodenbildung eine Verarmung des Mineralkçrpers an basisch wirksamen Mineralien einher geht. Anreicherungen an basisch wirksamen Mineralien im Boden entstehen rezent nur unter ariden Klimabedingungen. Schwermetalle sind in erster Linie unter sauren Verhltnissen (pH-Werte unterhalb pH 5) wasserlçslich und damit mobil. Ausnahmen stellen z. B. die hoch oxidierten Formen des Arsens (V-wertige Arsenate) oder Chroms (VI-wertige Chromate) dar. Diese sind vor allem unter alkalischen Bedingungen stabil und lçslich. Unter sauren Bedingungen kçnnen die Arsenate und Chromate leicht reduziert werden. Das Redox-Milieu ist ein Maß fr die Verfgbarkeit von Elektronen, die in natrlichen Systemen im Wesentlichen ber das Vorhandensein von Sauerstoff gesteuert wird. Sauerstoff wird im wasserungesttigten Boden ber die Bodenluft aus der Atmosphre zumeist in ausreichendem Maße nachgeliefert, sodass hohe Redox-Potentiale mit oxidativen Milieubedingungen vorherrschen. Die mikrobiologische Atmung organischer Substanzen fhrt unter aeroben Bedingungen bei vollstndiger Umsetzung zu Wasser und Kohlendioxid (CO2). Unter wassergesttigten Bedingungen oder beim Vorhandensein hoher organischer Gehalte mit einem entsprechenden Verbrauch an Sauerstoff durch mikrobiologische Vorgnge kann es leicht zu einer Sauerstoffzehrung kommen. Diese Bedingungen finden sich z. B. in Deponien oder Altablagerungen. Bei der mikrobiologischen Atmung unter anaeroben Bedingungen entsteht als Endprodukt Wasser und Methan (CH4) (Deponiegas). Geringe Redox-Potentiale weisen auf reduzierende Milieubedingungen hin. In Redox-Prozessen finden Elektronenbergnge zwischen einzelnen Atomen statt. Beispielsweise wird

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

227

bei der Oxidation zweiwertigen Eisens vom Eisenatom ein Elektron auf einen Elektronenakzeptor bertragen, sodass das Eisen dreiwertig positiv geladen ist. Als Elektronenakzeptor steht unter aeroben Verhltnissen Sauerstoff zur Verfgung. Beispielhaft steht hierfr die in Bild 3 gezeigte Oxidation von Pyrit. Im Pyrit liegt Eisen zweiwertig vor (Ladung von +2) und der Schwefel ist als Sulfid einfach negativ geladen. Als oxidiertes Eisen ist dieses dreiwertig (Ladung von +3) und der nunmehr als Sulfat vorliegende Schwefel weist eine Ladung von +6 auf.

Bild 3. Gleichung der Oxidation von Pyrit

Unter anaeroben Verhltnissen kçnnen zumeist durch mikrobiologische Prozesse untersttzt Nitrat (NO3–), Sulfat (SO42–), Eisen(III) (Fe3+), Kohlendioxid (CO22–) als Elektronenakzeptoren dienen. Diese werden dann im Zuge der Redox-Prozesse reduziert, zu Ammonium (NH4+), Sulfit (S2–), Eisen(II) (Fe2+), Methan (CH4). Die im Bild 3 gezeigte Reaktion luft dann in umgekehrter Richtung, wobei der im Sulfat gebundene Sauerstoff von den beteiligten Mikroorganismen veratmet wird. Unter reduzierenden Milieubedingungen kçnnen sich gering wasserlçsliche Sulfide in der Form des Pyrits bilden, sodass die Wasserlçslichkeit deutlich abnimmt. Die Schwermetalle werden darber hinaus an den mineralischen Oberflchen adsorbiert und kçnnen bei Bildung sekundrer Mineralien in die Kristallgitter eingebunden werden. Diese Prozesse sind unter sich ndernden Bedingungen reversibel.

6

Organische Schadstoffe

Die in der Tabelle 3 aufgefhrten organischen Schadstoffe umfassen hinsichtlich ihrer Moleklgrçße, ihrer Reaktionsfhigkeit innerhalb wssriger Medien und insbesondere ihrer mikrobiologischen und chemischen Abbaubarkeit (Transformation) ein sehr weites Spektrum, was nachfolgend beispielhaft dargelegt wird.

6.1

Mineralçlartige Kohlenwasserstoffe (KW-Index)

Die acyclischen Kohlenwasserstoffe umfassen berwiegend die Gruppe der Mineralçlkohlenwasserstoffe (MKW), aber auch der Gase Methan, Acetylen u. a. Sie weisen grundstzlich hydrophobe Eigenschaften auf, d. h. sie sind nicht mit Wasser mischbar und nur gering in Wasser lçslich. Die Wasserlçslichkeit steigt an, wenn durch reaktive Gruppen die polaren Eigenschaften zunehmen, wie es z. B. bei Tensiden der Fall ist, in deren Kohlenwasserstoffgerst an einem Kettenende oder einer seitlichen Verzweigung eine Carboxyl-Gruppe gebunden ist. In Tabelle 4 werden beispielhaft einige Wasserlçslichkeiten aufgefhrt. Die angegeben Werte beziehen sich auf Laboruntersuchungen mit Reinstoffen und deionisiertem Wasser. Unter natrlichen Bedingungen kommen die genannten Stoffe in Vielstoffgemischen vor und das Bodenwasser enthlt eine Vielzahl von Ionen und organischen Stoffen. Diese kçnnen hemmend oder untersttzend auf die Lçslichkeit wirken. Darber hinaus wurden die Werte unter konstanten Temperaturen ermittelt. Im Untergrund unseres Klimabereiches herrschen in grçßeren Bodentiefen die mittleren Temperaturen der

228

Andreas Claussen

Tabelle 4. Wasserlçslichkeit, Octanol-Wasser Koeffizient (Kow) ausgewhlter acyclischer Kohlenwasserstoffe

Stoff

Wasserlçslichkeit

Octanol-WasserKoeffizient (Kow)

Molekulargewicht

Temperatur (Aggregatzustand)

mg/l

log Pow

g/mol

C

Pentan (C5H12)

40

3,62

72,15

20 (flssig)

Octan (C8H18)

0,7–2,5

5,18

114,23

20 (flssig)

Decan (C10H22)

„praktisch unlçslich“

k. A

142,28

20 (flssig)

1-Octanol (C8H18O)

300

k. A

130,23

20 (flssig)

Octansure (C8H16O2)

680

k. A.

144,21

20 (flssig)

1-Decanol (C10H22O) Decansure (C10H20 O2)

37

k. A

158,28

20 (flssig)

150

k. A

172,27

20 (fest)

Daten aus der GESTIS Stoffdatenbank [4] sowie Litz/Wilcke/Wilke [3] zusammengetragen

bodennahen Atmosphre mit ca. 8 bis 10 C vor. Je nher man an die Gelndeoberkante kommt und je hçher die geodtische Hçhenlage des Standortes ist, umso strker werden die tageszeitlichen und jahreszeitlichen Schwankungen bzw. umso geringer werden die mittleren Jahresdurchschnittstemperaturen. Mit abnehmender Temperatur kçnnen sich z. B. die Aggregatzustnde der Stoffe verschieben (z. B. von flssig zu fest). Aus den vorgenannten Grnden zur laboranalytischen Ermittlung der in Tabelle 4 genannten Stoffeigenschaften sind diese nicht eins zu eins in natrliche Systeme bertragbar. Sie kçnnen aber zur vergleichenden Bewertung des stofflichen Verhaltens in der Umwelt untereinander genutzt werden. Die Werte der Tabelle 4 verdeutlichen, das zum einen die Wasserlçslichkeit mit zunehmender Moleklgrçße (Kettenlnge der Kohlenstoffatome) abnimmt, vgl. die abnehmende Lçslichkeit in Wasser von Pentan ber Octan zum Decan1). Zum anderen steigt die Wasserlçslichkeit deutlich an, wenn die acyclischen Kohlenwasserstoffe funktionelle Gruppen aufweisen, die die polaren Eigenschaften des Molekls ndern. Die alkoholischen Formen des Octans und Decans sind deutlich wasserlçslicher als die reinen Formen. Einziger Unterschied zwischen dem Octan und dem 1-Octanol ist eine OH-Gruppe an einem Ende der Kohlenstoffkette anstelle des H-Atoms. Noch strker steigt die Wasserlçslichkeit, wenn ein Ende der Kohlenstoffkette eine Carboxyl-Gruppe aufweist, vgl. Octansure mit Octanol und Octan. Im Falle des Decans liegen die Wasserlçslichkeiten anstelle „praktisch unlçslich“ im zwei- bzw. dreistelligen mg-Bereich. Als weiterer Wert wird in der Tabelle der Octanol-Wasser-Koeffizient angegeben. Dieser Wert zeigt an, inwieweit ein Stoff hydrophobe (apolare) oder hydrophile (polare) Eigenschaften aufweist. Der untersuchte Stoff wird in das zweiphasige System, bestehend aus 1)

Anmerkung: Die chemische Angabe „praktisch unlçslich“ wird fr Lçslichkeiten kleiner 1 mg/l verwendet. Fr Prozesse der chemischen Industrie sind Lçslichkeiten unterhalb von 1 mg/l nicht relevant, was zu dieser Bewertung in chemischen Tabellenwerken fhrt. Unter Umweltaspekten sind je nach Schadstoff deutlich geringere Lçslichkeiten fr die Bewertung von Bedeutung.

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

229

1-Octanol und Wasser, gegeben. Anschließend wird untersucht, in welcher der beiden Phasen sich der eingesetzte Stoff in welcher Konzentration wiederfinden lsst. Das dimensionslose Verhltnis wird wie beim pH-Wert im Logarithmus angegeben, d. h. ein Unterschied im Verhltnis von 1 entspricht einer Differenz in der Konzentration von einer Zehnerpotenz. Mit steigenden Kow-Werten nimmt die Fettlçslichkeit der Stoffe zu und die Wasserlçslichkeit ab. Das fhrt dazu, dass u. a. Stoffe mit steigendem Kow-Werten auch eine hohe Bioakkumulation in Kçrperfetten aufweisen und damit aus toxikologischer Sicht eine hçhere Relevanz bekommen. Das Versickerungsverhalten von MKW wird durch die Bodeneigenschaften beeinflusst, wobei das Rckhaltevermçgen unter folgenden Bedingungen deutlich ansteigt: • Zunahme der natrlichen organischen Substanz (Humusgehalt) im Boden, hier insbesondere Stoffe mit hohen Kow-Werten; • Abnahme der Wasserdurchlssigkeit des Bodens (Porenquerschnitte/Viskositt); • Zunahme der dynamischen Viskositt der MKW (Moleklgrçße Benzin – Diesel – Mitteldestillat); • Verringerung des Wassergehaltes unter 0,5 (der hydrophobe Wasserfilm auf den Mineraloberflchen verhindert bei hçheren Wassergehalten zumeist eine direkte Bindung der MKW an die Mineraloberflchen). Als Folge weisen die Bçden unterschiedliche Residualsttigungen fr MKW auf. Nach den im Handbuch zur Altlastenbehandlung des Freistaates Sachsen zitierten Untersuchungen schwanken die Residualsttigungen deutlich zwischen den verschiedenen Fraktionen der MKW und zwischen Bodenmaterialien verschiedener Bodenarten. Die im Boden verbleibenden Sttigungsgehalte steigen mit zunehmender Moleklgrçße und abnehmender Korngrçße. Fr Diesel werden beispielsweise Gehalte zwischen 950 mg/kg TS (Grobkies) und 17.000 mg/kg TS (Feinsand/Schluff) genannt [16]. Ist die MKW-Menge im Boden geringer als die Residualsttigung, werden nur wasserlçsliche Anteile mit dem Sickerwasser verfrachtet. Ist die Menge im Boden grçßer als die Residualsttigung, dann kçnnen sich die MKW in einer eigenen Phase im Untergrund bewegen. Darber hinaus unterliegen MKW mikrobiologischen Transformationsprozessen, whrend deren sie entweder in Teilen oder komplett abgebaut oder in kçrpereigene Biomasse umgewandelt werden. Dies fhrt zu einer Reduktion der Gehalte im Boden. Inwieweit eine mikrobiologische Transformation stattfindet bzw. in welcher Grçßenordnung, hngt entscheidend von den çrtlichen Gegebenheiten ab. Maßgebende Voraussetzungen fr die mikrobiologische Transformation sind u. a. aerobe Milieubedingungen und die Verfgbarkeit der MKW fr die Mikroorganismen. MKW in Phase sind nur begrenzt an der Grenzflche der lphase zur Wasserphase fr Mikroorganismen erreichbar. Letztendlich stehen nur die Stoffe den Mikroorganismen fr einen Abbau zur Verfgung, die ber die Wasserphase von den Mikroorganismen zu erreichen sind. Die mikrobiologische Transformation ist Teil des ganz normalen Stoffwechsels der Organismen.

Bild 4. Gleichung der aeroben mikrobiologischen Transformation von Octan

230

Andreas Claussen

Sofern im Untergrund Sauerstoff zur Verfgung steht und die MKW in einer dem Mikroorganismus verwertbaren Form vorliegen, kann man davon ausgehen, dass es zur Transformation kommt. Unter diesen Umstnden kann eine Begrenzung auftreten, wenn eine ausreichende Versorgung mit Nhrelementen wie Stickstoff, Phosphor, Kalium nicht gegeben ist (limitierender Faktor). Wie weiter oben beschrieben, enthalten die die Gene bildenden Nucleinsuren Stickstoff. Steht im Untergrund nicht gengend Stickstoff zur Verfgung, ist der Aufbau von Zellmasse begrenzt, d. h. die Vermehrung der Mikroorganismen eingeschrnkt.

6.2

Einkernige aromatische Kohlenwasserstoffe

Zu den einkernigen aromatischen Kohlenwasserstoffen zhlen die BTEX und Phenole. Aromatische Kohlenwasserstoffe sind in den Rohçlen in unterschiedlichen Konzentrationen natrlicherweise enthalten. Im Zuge der Mineralçlaufbereitung werden die aromatischen Kohlenwasserstoffe aus diesen zumeist entfernt, sodass die Mineralçlprodukte – je nach Anwendungsgebiet – weitgehend frei von aromatischen Kohlenwasserstoffen sind. In Benzinen wurde Benzol bis vor wenigen Jahren als Antiklopfmittel in geringen Konzentrationen zugemischt, was mittlerweile nicht mehr erfolgt. Aus Motor- und Schmierçlen sowie im Heizçl werden die Aromaten entfernt, da sie hier die Alterung der Produkte beschleunigen und damit die Qualitten verschlechtern. Bevor die Mineralçlindustrie den heutigen Stellenwert zur Gewinnung aromatischer Grundstoffe erreicht hatte, wurden Aromaten aus der Verarbeitung von Kohlen gewonnen (Kokereien und Gaswerke). Die einkernigen Aromaten werden in der chemischen Industrie (Farben, Lacke, Harze, Kunststoffe, Bohr- und Schneidçle, Pflanzenschutzmittel u. a.) vielfltig als Grundstoff eingesetzt und weiterverarbeitet [3]. Tabelle 5. Wasserlçslichkeit, Octanol-Wasser Koeffizient (Kow) ausgewhlter aromatischer Kohlenwasserstoffe

Stoff

Wasserlçslichkeit

Octanol-WasserKoeffizient (Kow)

Molekulargewicht

Temperatur (Aggregatzustand)

mg/l

log Pow

g/mol

C

Benzol (C6H6)

1.770

2,1

78,11

20 (flssig)

Toluol (C7H8)

470

2,62

92,14

20 (flssig)

m-Xylol (C8H10)

200

3,18

106,17

20 (flssig)

Phenol (C6H6O)

82.000

1,48

94,11

20 (fest)

m-Kresol (C7H8O)

31.000

k. A.

108,14

20 (flssig)

3,5-Xylenol (C8H10O)

5.000

k. A.

122,17

20 (fest)

Naphthalin (C10H8)

32

3,33

128,17

20 (fest)

Acenatphthen (C12H10)

3–4

3,99

154,21

25 (fest)

Anthracen (C14H10)

0,076

4,45

178,20

20 (fest)

Benzo(a)pyren (C20H12)

0,003

6,04

252,32

k. A. (fest)

Daten aus der GESTIS Stoffdatenbank [4] sowie Litz/Wilcke/Wilke [3] zusammengetragen

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

231

Grundstzlich ergibt sich eine den acyclischen Kohlenwasserstoffen vergleichbare Abfolge der Wasserlçslichkeiten. Zum einen hngt diese innerhalb einer Stoffgruppe von der Grçße der Molekle ab (vgl. Benzol, Toluol, Xylol), zum anderen kçnnen bestimmte reaktive Gruppen die Lçslichkeit deutlich erhçhen (vgl. Benzol – Phenol, Toluol – Kresol und Xylol – Xylenol). Nhere stofflichen Angaben zum Aufbau, dem chemisch-physikalischen Verhalten sowie dem Vorkommen in den Umweltmedien und dem human- und çkotoxikologischen Wirkungen finden sich fr die Einzelstoffe Benzol, Toluol und den Xylolen in den Stoffdatenblttern des Handbuches Bodengefhrdende Stoffe [3]. Wie Tabelle 5 deutlich zeigt, weisen die Kow-Werte eine der Wasserlçslichkeit entgegengesetzte Tendenz auf. Mit steigender Moleklgrçße und fehlenden, die polaren Eigenschaften beeinflussenden reaktiven Gruppen nehmen die Kow-Werte zu. Das in der Tabelle genannte m-Xylol ist gegenber dem Toluol oder dem Benzol im Boden weniger mobil und kann sich in Schichten hoher organischer Gehalte anreichern bzw. tritt im Boden eher in Form einer eigenen Phase auf. Benzol, Toluol und Xylol unterscheiden sich dahingehend, dass beim Toluol eine MethylGruppe und bei den Xylol-Kongeneren (o-, m-, p-) zwei Methyl-Gruppen am Benzolring gebunden sind. Bei Phenol, Kresol und Xylenol ist zustzlich zu den Grundsubstanzen Benzol, Toluol und Xylol eine Hydroxyl-Gruppe am Benzolring gebunden. Der Vergleich der Wasserlçslichkeiten von Benzol, Toluol und Kresol untereinander zeigt, dass die Methyl-Gruppe keinen die Wasserlçslichkeit erhçhenden Einfluss hat, die Lçslichkeit nimmt von Benzol zu Toluol ab (Moleklgrçße). Die Hydroxyl-Gruppe des Kresols erhçht deutlich die Lçslichkeit, vgl. Toluol und m-Kresol. Trotz des wesentlich grçßeren Moleklgewichtes des m-Kresols gegenber dem Toluol ist durch die Hydroxyl-Gruppe die Lçslichkeit selbst gegenber dem Benzol erhçht. Die Mobilitt der einkernigen Aromaten im Untergrund wird nicht nur von der Wasserlçslichkeit bestimmt. Benzol besitzt einen relativ hohen Dampfdruck, sodass Benzol sich ber die Bodenluft im Untergrund ausdehnen kann. Die Dampfdrcke nehmen mit zunehmender Moleklgrçße deutlich ab. Darber hinaus werden BTEX gut von der im Untergrund vorhandenen natrlichen organischen Substanz adsorbiert. Die Anlagerung an mineralische Bestandteile des Bodens ist wenig ausgeprgt. Benzol hat toxikologisch eine gegenber den anderen Bestandteilen herausragende Bedeutung. Benzol ist krebserzeugend (Carc.Cat. 1, R-Satz 45) und eine schdigende Wirkung auf die Erbsubstanz kann nicht ausgeschlossen werden (Muta.Cat. 2, R-Satz-46) nach GESTIS Stoffdatenbank [4]. Benzol kann ber die Haut resorbiert werden. Maßgeblich ist aufgrund des hohen Dampfdruckes aber die Resorption ber die Inhalation. Der Arbeitsplatzgrenzwert liegt fr eine tgliche achtstndige Exposition bei 1 ppm (= 3,25 mg/m Luft). Fr Toluol gilt im Vergleich zum Benzol beispielsweise ein Arbeitsplatzgrenzwert von 50 ppm (= 190 mg/m ), fr Phenol von 2 ppm (= 7,8 mg/m ). Diese Unterschiede verdeutlichen die Wertigkeiten hinsichtlich der toxischen Relevanz. Dies hat zur Folge, dass beim Vorhandensein von Benzol im Untergrund, dieser Stoff bei der Bewertung vorrangig zu bercksichtigen ist. Auch die einkernigen Aromaten kçnnen wie die MKW mikrobiologisch transformiert werden. Mikrobiologische Abbauprozesse werden fr aerobe Milieubedingungen vielfach beschrieben und dokumentiert. Auch fr Transformationsprozesse unter anaeroben finden sich einzelne Hinweise und wurden verschiedene Wirkmechanismen beschrieben. Letztere verlaufen aber langsam und erreichen unter natrlichen Bedingungen nur geringe Raten, sodass sie nicht maßgeblich sind.

232 6.3

Andreas Claussen

Mehrkernige aromatische Kohlenwasserstoffe

Mehrkernige aromatische Kohlenwasserstoffe umfassen die polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK). Die PAK stellen eine umfangreiche Stoffgruppe dar, deren Einzelstoffe nicht im Einzelnen vollstndig bekannt sind. Im Normalfall werden Proben zur analytischen Bestimmung der PAK-Gehalte auf 16 nach dem Katalog der U. S. EPA ausgewhlte Einzelstoffe untersucht. Darber hinaus werden teilweise noch weitere Einzelstoffe, die Methylnaphthaline, analysiert. In Tabelle 5 wurden vier Einzelstoffe beispielhaft mit aufgefhrt. Naphthalin besteht aus zwei miteinander verbundenen Benzolringen und stellt damit den, von der Moleklgrçße her betrachtet, kleinsten Vertreter der Stoffgruppe dar. Benzo(a)pyren besteht aus 5 Benzolringen. Die Lçslichkeit der PAK in Wasser ist aufgrund der Struktur und Moleklgrçße sehr gering und liegt in natrlicher Umgebung zumeist deutlich unterhalb der im Labor gemessenen Konzentrationen. Die PAK besitzen eine sehr hohe Bindungsaffinitt zu natrlichen organischen Substanzen (ausgedrckt in sehr hohen Kow-Werten) und anderen organischen Stoffen, sodass sie im Untergrund berwiegend wenig mobil sind. Die hçchste Mobilitt in Wasser weist das Naphthalin auf. Hçhere Mobilitten von PAK kçnnen durch Lçsungsvermittlung vorkommen, wenn PAK z. B. zusammen mit den deutlich lçslicheren einkernigen Aromaten im Untergrund vorhanden sind. Die mobilen Anteile der einkernigen Aromaten wirken unter Umstnden wie ein organisches Lçsungsmittel. PAK entstehen bei Verbrennungsprozessen und stammen sowohl aus natrlichen Quellen (z. B. Vulkanausbrchen, Waldbrnden, Verkohlung organischen Materials), als auch aus anthropogenen Quellen wie Kraftfahrzeugen, Hausbrand, Kokereien etc. PAK sind ubiquitr, d. h. sie kçnnen in anthropogen beeinflussten Umgebungen fast berall analytisch nachgewiesen werden. Im Untergrund treten erhçhte Gehalte vorwiegend im Bereich alter Gaswerke und Kokereien sowie in alten Ablagerungen auf. Durch eine Vielzahl von humantoxikologischen Einzelstoffen sind die PAK beim Auftreten im Untergrund als problematisch zu bewerten. Insbesondere das Benzo(a)pyren ist als krebserzeugend anzusehen (Carc.Cat.2, R-Satz 45), kann das Erbgut schdigen (Muta.Cat.2, R-Satz 46) und die Fortpflanzung beeintrchtigen (Repr.Cat.2, R-Satz 60– 61) [4].

6.4

Halogenierte Kohlenwasserstoffe

Die halogenierten Kohlenwasserstoffe umfassen alle Kohlenwasserstoffe, an die Elemente der 7. Hauptgruppe des Periodensystems (Fluor, Chlor, Brom und Jod) gebunden sind. Aufgrund der hergestellten und in den Umlauf gebrachten Mengen sind chlorierte Kohlenwasserstoffe sowie zunehmend auch bromierte Kohlenwasserstoffe von besonderer Bedeutung. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass halogenierte Kohlenwasserstoffe auch in natrlichen Prozessen entstehen kçnnen. Der weit berwiegende Teil der in die Umwelt gelangenden halogenierten Kohlenwasserstoffe sind anthropogenen Ursprungs. Bei den chlorierten Kohlenwasserstoffen unterscheidet man leicht flchtige Kohlenwasserstoffe (leichtflchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe – LCKW oder auch LHKW abgekrzt) und schwerflchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe. Die LCKW umfassen die Gruppe der C1 und C2 Kohlenwasserstoffe, die chloriert sind (Chlormethane (wie Monochlormethan oder Trichlormethan (Chloroform)), Chlorethane (wie 1,1- oder 1,2-Dichlorethan) oder Chlorethene (wie Monochlorethen (Vinylchlorid), cis-1,2- oder trans-1,2-Dichlorethen, Trichlorethen (TRI), Tetrachlorethen (PER)). Diese Stoffgruppe wurde als Lçsungsmittel

233

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser Tabelle 6. Wasserlçslichkeit, Octanol-Wasser Koeffizient (Kow) und Adsorptionskoeffizient fr organischen Kohlenstoff (Koc) ausgewhlter chlorierter Kohlenwasserstoffe

Stoff

Wasserlçslichkeit

OctanolAdsorptions- MolekularWasserkoeffizient gewicht Koeffizient organischer (Kow) Substanz (Koc)

Temperatur (Aggregatzustand)

mg/l

log Pow

l/kg

g/mol

C

Trichlormethan (C1H1Cl3)

8.200

1,97

28–81

119,38

20 (flssig)

1,1-Dichlorethan (C2H4Cl2)

5.500

k.A.

46–62

98,96

20 (flssig)

Chlorethen (C2H3Cl)

1.100

1,62

11

62,50

20 (flssig)

cis-1,2-Dichlorethen (C2H2Cl2)

600–800

1,86

29

96,94

20 (flssig)

Trichlorethen (C2H1Cl3)

1.100

2,42

57–150

131,39

20 (flssig)

Tetrachlorethen (C2Cl4)

160

3,4

177–373

165,83

20 (flssig)

Chlorbenzol (C6H5Cl)

490

2,83

3

112,58

20 (flssig)

< 0,1

4,1

5,25

284,78

20 (fest)

28.500

2,15–2,5

1,93–2,56

128,56

20 (flssig)

20

3,65

3–4

266,34

20 (fest)

Hexachlorbenzol (C6Cl6) Chlorphenol (C6H5ClO) Pentachlorphenol (C6HCl5O)

Daten aus der GESTIS Stoffdatenbank [4] sowie Litz/Wilcke/Wilke [3] zusammengetragen

in der Metallindustrie (Entfettung) und der chemischen Reinigung eingesetzt (insbesondere TRI und PER). Darber hinaus ist Vinylchlorid der Grundstoff zur Herstellung von PVC (Polyvinylchlorid). Nhere stoffliche Angaben zum Aufbau, dem chemisch-physikalischen Verhalten sowie dem Vorkommen in den Umweltmedien und dem human- und çkotoxikologischen Wirkungen finden sich im Stoffdatenblatt des Handbuches Bodengefhrdende Stoffe [3]. Infolge ihres guten Lçsungsmittelverhaltens kçnnen andere schwerer lçsliche organische Stoffe durch Lçsungsvermittlung der LCKW mobilisiert werden. Im Gegensatz zu den nicht chlorierten flssigen Kohlenwasserstoffen, sind LCKW schwerer als Wasser. Das fhrt dazu, dass LCKW in den gesttigten Porenraum des Grundwassers eindringen und sich ber wasserstauenden Schichten, wie z. B. der Basis von Grundwasserleitern, ansammeln. Wie die Bezeichnung verdeutlicht, besitzen die LCKW einen hohen Dampfdruck, sodass sie sich gut ber die Bodenluft ausbreiten kçnnen. Tabelle 6 zeigt umweltrelevante Kennwerte ausgewhlter LCKW. Es sind die gleichen Zusammenhnge zu erkennen wie fr die weiter oben beschriebenen Stoffgruppen. In [3] werden zustzlich zu den Wasserlçslichkeiten und Octanol-WasserKoeffizienten noch Adsorptionskoeffizienten fr natrliche organische Substanzen gegeben. Diese folgen in ihrer Abstufung in etwa den Kow-Werten. Die Einheit wurde in den aus [3]

234

Andreas Claussen

zitierten Daten als l/kg organischer Substanz angegeben. Demnach konnte 1 kg organische Substanz bis zu 11 l Chlorethen (Vinylchlorid) binden. Zu den schwerflchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen gehçren alle anderen chlorierten Formen organischer Substanzen. Hinsichtlich der Belastung des Untergrundes haben hier insbesondere Chlorbenzole, Chlorphenole, polychlorierte Biphenyle (PCB) und polychlorierte Dibenzo-Dioxine/-Furane (PCDD/DF) eine gewisse Bedeutung. In Tabelle 6 wurden jeweils 2 Einzelstoffe der Chlorbenzole und Chlorphenole mit aufgefhrt. PCB und PCDD/DF weisen gegenber den in der Tabelle genannten Stoffen eine um mehrere Potenzen geringere Wasserlçslichkeit auf. Hier gilt das fr die PAK Gesagte, sodass diese Stoffe im Untergrund fast ausschließlich partikulr vorkommen. Chlorierte Kohlenwasserstoffe unterliegen in natrlicher Umgebung einer chemischen und mikrobiologischen Transformation. Anders als fr die acyclischen MKW oder die Aromaten beschrieben, findet diese in nennenswertem Umfang unter anaeroben Verhltnissen statt. Unter diesen Milieubedingungen kommt es zu einer schrittweisen Dechlorierung. Durch die Dechlorierung wird aus Tetrachlorethen, Trichlorethen und daraus vor allem cis-1,2-Dichlorethen und dann Vinylchlorid. Die niedrig chlorierten Verbindungen des Ethens erweisen sich als stabiler gegenber den Transformationsprozessen, sodass es zu einer relativen Anreicherung dieser Stoffe kommt. Fr Dichlorethene und Vinylchlorid werden Transformationskinetiken fr aerobe Milieubedingungen beschrieben [3].

7

Bewertungsgrundlagen

Bundeseinheitliche Grundlagen zur Bewertung von Belastungen des Untergrundes mit Schadstoffen wurden mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) [5] geschaffen. Hierin werden die Pflichten des Grundstckseigentmers und etwaiger Nutzer des Grundstckes zur Vermeidung von schdlichen Bodenvernderungen sowie zur Beseitigung bereits eingetretener Schdigungen geregelt. Darber hinaus werden Zustndigkeiten, Pflichten und die zur Bearbeitung erforderlichen Untersuchungsschritte festgelegt. In der dem BBodSchG nachgeschalteten Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) wurden auf der Grundlage der im Gesetz festgelegten Pflichten die daraus resultierenden Anforderungen an die Untersuchung und Bewertung von Flchen mit entsprechenden Hinweisen auf eine Besorgnis auf das Vorliegen schdlicher Bodenvernderungen (altlastverdchtige Flchen) in Form einer Rechtsverordnung erlassen. Mit der Verordnung wurden Vorgaben zur schrittweisen, abgestuften Untersuchung und Bewertung von Untergrundbelastungen einschließlich der Anforderungen an die Probenahme, Analytik und Qualittssicherung beschrieben sowie Anforderungen an die Vorsorge zur Vermeidung zuknftiger schdlicher Bodenvernderungen und Anforderungen an die Sanierung (Gefahrenabwehr durch Dekontamination und Sicherung) bereits bestehender schdlicher Bodenvernderungen festgelegt. Schdliche Bodenvernderungen betreffen dabei nicht nur Schadstoffe, sondern alle Eingriffe, die den Boden in seiner Funktion einschrnken kçnnen. Fr die Bewertung schdlicher Bodenvernderungen durch den Eintrag von Schadstoffen in den Untergrund werden im Anhang 2 der BBodSchV [6] fr ausgewhlte Schadstoffe Maßnahmen, Prf- und Vorsorgewerte genannt. Die Prf- und Maßnahmenwerte werden wirkungspfadbezogen differenziert. Es werden die folgenden Wirkungspfade unterschieden:

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

235

• Wirkungspfad Boden – Mensch (Direktpfad), • Wirkungspfad Boden – Nutzpflanze, • Wirkungspfad Boden – Gewsser. Der Wirkungspfad Boden – Mensch wird in verschiedene Nutzungskategorien untergliedert, die die unterschiedlichen Expositionen bercksichtigen. Es werden Kinderspielflchen, Wohngebiete (z. B. mit Hausgrten), Park- und Freizeitanlagen sowie Industrie- und Gewerbegrundstcke genannt. Fr die Wirkungspfade Boden – Mensch und Boden – Nutzpflanze werden im Anhang 1 der BBodSchV [6] nutzungsorientierte Probenahmetiefen angegeben. Sofern belastete Bçden direkt an der Gelndeoberflche anstehen, bestehen Kontaktmçglichkeiten ber belastete Stube, die inhaliert werden kçnnen. Hier spielt die Abdeckung belasteter Bçden durch Befestigungen der Gelndeoberflche oder der Bedeckungsgrad von Grnflchen eine wesentliche Rolle zur Minderung oder Vermeidung dieses Pfades. Auch der Wirkungspfad Boden – Pflanze (Nutztier) ist fr die Bewertung nur relevant, wenn die Belastungen innerhalb der durchwurzelten Bodenschicht liegen. Dies betrifft berwiegend Bodentiefen bis 0,6 m unter GOK. Grçßere Bodentiefen sind nur unter speziellen Randbedingungen zu betrachten, z. B. wenn tiefer wurzelnde Gewchse eine Rolle spielen kçnnen. In fast allen Fllen spielt der Wirkungspfad Boden – Gewsser und hier insbesondere der Pfad Boden – Grundwasser eine wesentliche Rolle bei der Bewertung von Bodenverunreinigungen. ber das Sickerwasser und die Grundwasserneubildung kçnnen Schadstoffe aus den belasteten Bodenschichten (Emission) gelçst und in Gewsser eingetragen werden. Der Wirkungspfad Boden – Gewsser ist ber die gesamte wasserungesttigte Bodentiefe relevant, in der die Grundwasserneubildung erfolgt. Die Prf- und Maßnahmenwerte der Wirkungspfade Boden – Mensch und Boden – Nutzpflanze werden in Feststoffgehalten (mg/kg oder g/kg Trockensubstanz des Bodens) angegeben. Ausnahme bilden die Maßnahmenwerte fr die Belastungen des Untergrundes mit PCDD/DF. Aufgrund der unterschiedlichen Humantoxizitt der Einzelstoffe werden die Feststoffgehalte in Toxizittsquivalenten (TE) in ng/kg Trockensubstanz umgerechnet. Die Umrechnung erfolgt nach den Vorgaben der NATO/CCMS. Die Toxizittsquivalente beziehen sich auf die humantoxische Wirkung des Einzelstoffes 2,3,7,8-Tetrachlor-DibenzoDioxin („Seveso-Dioxin“). Die Prfwerte des Wirkungspfades Boden – Grundwasser werden als Konzentrationen (mg/l oder g/l) angegeben, die fr den Ort der Beurteilung gelten. Der Ort der Beurteilung ist die bergangszone von ungesttigter Bodenzone zur gesttigten Bodenzone (Grundwasseroberflche). Bei berschreitungen von Prfwerten kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass unter den çrtlichen Bedingungen eine Gefhrdung vorliegt. Durch weitere gezielte Untersuchungen ist die tatschliche Gefhrdung zu klren. Mit dieser Regelung wird deutlich, dass es sich bei der Bearbeitung von altlastverdchtigen Flchen immer um eine Einzelfallbetrachtung handelt, da die spezifischen çrtlichen Bedingungen zu bercksichtigen sind. Diese betreffen zum einen die çrtlichen Ausgangssituationen, wie z. B. geologische nicht anthropogene Vorbelastungen des Untergrundes wie in erzhaltigen Festgesteinen, zum anderen die Nutzungssituation der Flche selbst und deren nherer Umgebung, was fr die Schutzgutbetrachtung von Bedeutung ist, wie beispielsweise bei einer ortsnahen Nutzung von Grundwasser. berschreitungen von Maßnahmenwerten sind ein sicheres Indiz dafr, dass eine schdliche Bodenvernderung besteht. Wenn eine schdliche Bodenvernderung nachgewiesenerma-

236

Andreas Claussen

ßen vorliegt, ist das Erfordernis einer Sanierung durch ein entsprechendes Auswahlverfahren unter çkologischen, technischen und wirtschaftlichen Aspekten zu prfen (Erstellen eines Sanierungsplanes). Die Prf- und Maßnahmenwerte der BBodSchV beziehen sich auf den Boden. Schadstoffbelastungen, die bereits in das Grundwasser oder in angrenzende Oberflchengewsser gelangt sind, sind nach Regelungen des Gewsserschutzes zu behandeln. Hier gilt das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes und deren Landesgesetze. Neben den Anforderungen, die in den Anhngen zur BBodSchV dargelegt sind, finden sich vielfltige Angaben zum Vorkommen und Verhalten von Schadstoffen im Untergrund, den Mçglichkeiten und Techniken zur Untersuchung und Bewertung von Schadstoffbelastungen im Untergrund sowie den Maßnahmen und Verfahren zur Sanierung bereits vorhandener Schadstoffbelastungen des Untergrundes in den ergnzbaren Handbchern Bodengefhrdende Stoffe [3] sowie Bodenschutz [7].

8

Auswirkungen auf den Baugrund

Die Regelungen des BBodSchG und der BBodSchV sind anzuwenden, um festzustellen, inwieweit von einer Belastung Gefahren fr den Menschen und die Umwelt ausgehen kçnnen und inwieweit Maßnahmen zur Sanierung ergriffen werden mssen. Unabhngig von der Vermeidung oder der Beseitigung von Gefhrdungen durch Schadstoffe haben diese grundstzlich Auswirkungen auf mçgliche Baumaßnahmen. Fr den Baugrund bzw. die zur Herstellung des Bauwerkes erforderlichen Erdarbeiten besitzen Schadstoffe aufgrund ihrer toxischen Wirkung auf den Menschen eine Relevanz, die unabhngig von den Regelungen des Bodenschutzes zu bercksichtigen sind. Wie im vorhergehenden Abschnitt dargelegt, ist die Wirkung der Schadstoffe auf die Baumaßnahme pfadbezogen zu betrachten. Bei Baumaßnahmen mit Eingriffen in den belasteten Untergrund, sind Beeintrchtigungen durch den mçglichen Direktkontakt Boden – Menschen von entscheidender Bedeutung. Der Direktkontakt kann ber Hautkontakt, die Ingestion belasteter Bodenpartikel oder die Inhalation schadstoffhaltiger Stube oder gasfçrmiger Schadstoffe erfolgen. Unter diesen Bedingungen sind besondere Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz erforderlich. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz fr den Umgang mit Schadstoffen (gefhrliche Stoffe oder Gefahrstoffe) basiert auf dem Chemikaliengesetz [8]. Die Festlegungen des Gesetzes werden fr den Vollzug in der Gefahrstoffverordnung [9] nher ausgefhrt. Nach § 3 Abs. 6 der GefStoffV werden mithilfe der Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) Konzentrationswerte genannt, bis zu denen im Allgemeinen keine akuten oder chronischen schdlichen Wirkungen bei einer arbeitsbedingten Exposition zu erwarten sind. Es werden darber hinaus verschiedene Schutzstufen fr den Umgang mit Gefahrstoffen definiert. In den Technischen Regeln fr Gefahrstoffe (TRGS) [10] werden vom Ausschuss fr Gefahrstoffe (AGS) die allgemeinen sicherheitstechnischen Stnde fr den Umgang mit Gefahrstoffen verçffentlicht. Die o. g. Arbeitsplatzgrenzwerte werden beispielsweise in der TRGS 900 verçffentlicht. Diese Grenzwerte werden in der TRGS 901 begrndet und deren Festlegung erlutert. Die TRGS 400 beschreibt Vorgehensweisen zur Informationsermittlung und der Gefhrdungsbeurteilung gemß § 7 der GefStoffV nher. In der TRGS 500 werden die in den §§ 8 bis 11 der GefStoffV hinsichtlich der technischen, organisatorischen

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

237

und personenbezogenen Schutzmaßnahmen – insbesondere in Bezug auf den inhalativen Wirkungspfad – konkretisiert. Speziell fr Arbeiten in kontaminierten Bereichen, in denen zumeist mit einer heterogenen Zusammensetzung von Schadstoffen zu rechnen ist, wurde vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) mit den Berufsgenossenschaftlichen Regeln fr Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BG-Regeln) Nr. 128 [11] eine detaillierte Arbeitsgrundlage geschaffen. Es werden hierin die staatlichen Arbeitsschutzvorschriften der Gesetze und Verordnungen sowie die Vorschriften und Erfahrungen der Berufsgenossenschaften zusammengefasst und konkretisiert. Neben dem direkten Umgang mit Schadstoffen whrend der Durchfhrung von Baumaßnahmen kçnnen Schadstoffe in Wechselwirkung mit dem Bauwerk treten. Dies betrifft insbesondere alle Einrichtungen, die in den Untergrund einbinden (Untergeschosse) oder im Untergrund verlegt werden (erdverlegte Einrichtungen zur Ver- oder Entsorgung des Bauwerkes). Insbesondere Schadstoffe mit einem hohen Dampfdruck kçnnen ber die Bodenluft in Bauwerke und Einrichtungen des Untergrundes migrieren. Die gasfçrmigen Schadstoffe sind zumeist schwerer als atmosphrische Luft, sodass sie sich in Vertiefungen und Hohlrumen anreichern kçnnen. Je nach Schadstoff kann es neben der reinen Verdrngung des Sauerstoffs zur Bildung entflammbarer oder explosiver Gasgemische kommen (z. B. Methan) oder sich toxische Konzentrationen (z. B. Benzol) anreichern. Dies kann zur Folge haben, dass unterirdische Einrichtungen, wie beispielsweise Schchte, nur nach vorheriger Freimessung und unter besonderen Schutzmaßnahmen betreten werden kçnnen. Ein weiterer Aspekt ist die Verwertung ggf. belasteter Bçden. Schadstoffe im Untergrund kçnnen eine Verwertung der im Zuge von Baumaßnahmen anfallenden Erdbaustoffe erschweren oder verhindern. Mçglicherweise wird die Entsorgung des Aushubes als mineralischer Reststoff erforderlich. Die Bewertung, inwieweit der Aushub fr eine nachfolgende Verwertung zur Verfgung steht, erfolgt nach den Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfllen nach den Technischen Regeln der Lnderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) [12]2). Im Teil II der Regeln der LAGA werden Zuordnungswerte fr Bçden und andere mineralische Reststoffe, wie z. B. Straßenaufbruch, genannt. Die Zuordnungswerte geben Grenzgehalte des Feststoffs bzw. Grenzkonzentrationen der Eluate wieder, bei deren berschreitung eine Verwertung stufenweise eingeschrnkt wird. Die Zuordnungswerte Z 2 geben die obersten Gehalte und Konzentrationen fr eine Verwertung wieder. Zurzeit werden die Technischen Regeln berarbeitet, um einen mit der BBodSchV konformen Vollzug zu schaffen. Im § 12 der BBodSchV werden Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in die durchwurzelte Bodenschicht formuliert. In einer als Arbeitsentwurf vorliegenden Verordnung zur Regelung des Einbaus von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken und zur nderung der BBodSchV sollen einheitliche Vorgaben zur ordnungsgemßen und schadlosen Verwertung von mineralischen Reststoffen sowie industrieller Nebenprodukte und Recyclingprodukte geschaffen werden. Diese Verordnung wrde nach deren Verabschiedung die Technischen Regeln der LAGA ersetzen.

2)

Anmerkung: Mit Stand vom 13. November 2007 liegt ein Arbeitsentwurf fr eine Verordnung zur Regelung des Einbaus von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken und zur nderung der BBodSchV vor.

238

Andreas Claussen

Die Technischen Regeln unterscheiden fr die Verwertung mineralischer Abflle verschiedene Einbauklassen, deren Schadstoffgehalte durch Zuordnungswerte nach oben begrenzt sind: • Einbauklasse 0: uneingeschrnkter Einbau. • Einbauklasse 1: eingeschrnkter offener Einbau. • Einbauklasse 2: eingeschrnkter Einbau mit definierten technischen Sicherungsmaßnahmen. Die Einbauklasse 0 wird von den Zuordnungswerten Z0 begrenzt, das heißt, berschreiten die Schadstoffgehalte oder die Schadstoffkonzentrationen des Eluates die Z0-Werte, ist ein uneingeschrnkter Einbau nicht mehr mçglich. Das Material ist nach der Einbauklasse 1 zu verwerten, sofern die Z1-Werte nicht berschritten werden. Die Einschrnkungen der Einbauklasse beziehen sich zum einen auf die hydrogeologischen Standortbedingungen, zum anderen auf den Einbau in technische Bauwerke. Die technischen Bauwerke umfassen z. B. den Ober- und/oder Unterbau von befestigten Flchen, Straßen, Wegen und anderen Verkehrsflchen. In der Einbauklasse 2 mssen die verwerteten mineralischen Abflle zustzlich mit einer dichtenden, wassergeringleitenden Schicht gesichert werden. Dies kann z. B. innerhalb eines Lrmschutzwalls erfolgen, an dessen Oberflche entsprechende Dichtungselemente eingebaut werden oder als Tragschicht unterhalb von einer mit wasserundurchlssiger Deckschicht wie Asphalt ausgefhrten Verkehrsflche. Liegen die Belastungen der mineralischen Reststoffe einer Baumaßnahme oberhalb der zurzeit geltenden Zuordnungswerte Z 2, dann kçnnen diese nicht mehr verwertet werden. Es kommt das Abfallrecht zur Anwendung. Die mineralischen Reststoffe sind einer geordneten Entsorgung zuzufhren. Hier gelten die Regelungen der Abfallablagerungsverordnung [13] und Deponieverordnung [14] unter Bercksichtigung der gesonderten Regelungen der Deponieverwertungsverordnung [15]. In der AbfAblV werden im Anhang 1 die Zuordnungskriterien der Deponieklassen I und II genannt. Mineralische Reststoffe, die dieser Deponieklasse zuzuordnen sind, kçnnen auf Deponien fr Siedlungsabflle entsorgt werden. In der DepV werden im Anhang 3 Zuordnungskriterien fr die Deponieklassen III und IV genannt, was Sonderabfalldeponien oder Untertagedeponien entspricht. Der Anhang 2 der DepVerwV gibt in der Tabelle 2 einen kompakten berblick ber die Deponieklassen der vorgenannten Verordnungen (vgl. Tabelle 7). In der Tabelle werden in der Spalte 6 die Zuordnungskriterien der Deponieklasse 0, in der Spalte 7 diejenigen der Deponieklasse I, in der Spalte 8 die der Deponieklasse II und in der Spalte 9 die der Deponieklasse III aufgelistet. Zu beachten ist, dass die Entsorger oftmals fr einzelne Parameter gesonderte Einzelzulassungen besitzen kçnnen. Diese betreffen vor allem die Feststoffgehalte organischer Schadstoffe, wie sie unter 3 in der Tabelle aufgefhrt sind. Das Abfallrecht operiert zur Einteilung der Abflle in die unterschiedlichen Deponieklassen mit gelçsten Konzentrationen, die durch Elutionsversuche im Labor zu ermitteln sind (Schttelversuch), whrend nach der LAGA sowohl Feststoffgehalte, als auch die Eluatkonzentrationen zu betrachten sind.

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

239

Tabelle 7. Zuordnungskriterien bzw. Anforderungen, zusammengestellt in der Tabelle 2, Anhang 2 der DepVerwV [15]

1)

2) 3)

4)

5) 6)

Nummer 1.02 kann gemeinsam mit Nummer 1.03 gleichwertig zu Nummer 1.01 angewandt werden. Die erforderliche Festigkeit ist entsprechend den statischen Erfordernissen fr die Deponiestabilitt festzulegen. Nummer 2.01 kann gleichwertig zu Nummer 2.02 angewandt werden. Geringfgige berschreitungen des Glhverlusts oder Feststoff-TOC sind unter der Voraussetzung, dass die berschreitung nicht auf Abfallbestandteile zurckzufhren ist, die zu erheblicher Deponiegasbildung fhren, bei folgenden Abfllen zulssig: Bodenaushub; Abflle auf Gipsbasis; Faserzemente; mineralische Bauabflle mit geringfgigen Fremdanteilen; Gießereialtsand; Straßenaufbruch auf Asphaltbasis; vergleichbar zusammengesetzte Abflle. Abweichende pH-Werte stellen allein kein Ausschlusskriterium dar. Bei ber- oder Unterschreitungen ist die Ursache zu prfen. Gilt nicht fr Straßenaufbruch auf Asphaltsbasis. Gilt nicht fr Abflle auf Gipsbasis, die auf Deponien der Deponieklasse 1 abgelagert werden.

240

9

Andreas Claussen

Zusammenfassende Bewertung

Flchen sind aufgrund ihrer Nutzungshistorie altlastverdchtig, wenn ein entsprechender Umgang mit Schadstoffen nicht ausgeschlossen werden kann. Dieser Umgang kann sich entweder auf die Produktion, Lagerung und den Umschlag von Schadstoffen oder die Ablagerung schadstoffhaltiger Reststoffe beziehen. Im Zuge des Flchenrecyclings werden in Ballungsgebieten verstrkt Flchen mit altlastverdchtiger Vornutzung einer erneuten Nutzung zugefhrt. Um einen Baugrund hinsichtlich der Belastung mit Schadstoffen bewerten zu kçnnen, werden Ergebnisse chemischer Analysen bençtigt. Die chemischen Analysen werden an Boden- oder Wasserproben vorgenommen, die aus dem Untergrund entnommen werden mssen. Die Planung und Konzeption der Probenahme und der chemischen Analytik ist entscheidend fr die Qualitt der Ergebnisse. Die technischen Mçglichkeiten zur Durchfhrung von Untergrundaufschlssen und der Entnahme von Proben aus dem Baugrund werden ausfhrlich im Abschnitt 1.2 des Grundbau-Taschenbuches dargelegt. Aus einem Untergrundaufschluss kçnnen Einzelproben oder Mischproben zur Analyse entnommen werden. Da die chemischen Eigenschaften der Schadstoffe eine weite Spanne umfassen, ist die Probenahme auf die zu analysierenden Parameter abzustimmen. Leichtflchtige Schadstoffe mssen anders aus dem Boden entnommen werden, als schwerflchtige Schadstoffe. Die Probenahmegefße, der Transport, die Lagerung und die Probenaufbreitung im Laboratorium sind spezifisch auf die zu analysierenden Schadstoffe abzustimmen. Grundlagen zur Probenahme finden sich in der BBodSchV [6] und den Technischen Regeln der LAGA M20 [12]. Speziell fr die Beprobung von mineralischen Abfllen, die im Zuge von Baumaßnahmen anfallen, kçnnen Hinweise zur Probenahme den LAGA-Mitteilungen M32 [17] entnommen werden. Diese beziehen sich sowohl auf die Probenahme von festen Abfllen aus Haufwerken, Mieten oder Schttungen als auch aus Behltern und Transportfahrzeugen. Fr die Klrung der Verwertung oder Entsorgung mineralischer Abflle ist die Beurteilung der Reprsentativitt der Proben von besonderer Bedeutung. Liegen die Ergebnisse der chemischen Analysen vor, kçnnen die weiter oben zitierten Listen zur Bewertung herangezogen werden. ber den reinen Abgleich im Untergrund gemessener Schadstoffgehalte mit verfgbaren Listen von Prf-, Maßnahmen-, Zuordnungs- oder Grenzwerten ist es fr die Beurteilung von Schadstoffen wichtig zu beachten, dass jeder Fall spezielle çrtliche Bedingungen aufweist. Diese kçnnen nur bercksichtigt werden, wenn jede Bewertung als ein Einzelfall betrachtet wird. Fr die konkrete Gefhrdung, die von Belastungen des Untergrundes mit Schadstoffen ausgehen kçnnen, sind die spezifischen çrtlichen Bedingungen des Standortes zu bercksichtigen. Die Schichtung des Untergrundes mit ihren unterschiedlichen Bodenarten oder Festgesteinsarten, die Wasserdurchlssigkeit, der Flurabstand und insbesondere die Zusammensetzung und die Gehalte der Schadstoffbelastung unterscheiden sich von Fall zu Fall. In Tabelle 8 werden die vorgenannten Aspekte der Bewertung ausgewhlter Schadstoffe im Untergrund in Form einer vereinfachenden, groben Matrix zusammengestellt. Diese kann erste Anhaltspunkte fr eine Betrachtung geben und Zusammenhnge aufzeigen. Sie ersetzt in keinem Fall die detaillierte Beschreibung und Beurteilung einer Belastung des Untergrundes mit Schadstoffen.

1.4 Charakterisierung von Schadstoffen im Baugrund und Grundwasser

241

Tabelle 8. Grobe Bewertungsmatrix ausgewhlter Schadstoffe Gruppe

Schadstoff

Toxizitt Mobilitt Biologische Bemerkungen Abbaubarkeit Anorganische Schadstoffe

Schwermetalle (SM)

Blei

2)

+++

•••

Chrom

+(++)1)

•(•)2)

Kupfer

+

••2)

Nickel

++

••2)

Quecksilber

+++

•(•)2)

Cadmium

Zink Halbmetalle

•2)

++

Arsen Selen

Cyanide

1)

keine, nderung der Wertigkeit oder Bindungsform kann mikrobiell verursacht werden

Die Toxizitt hngt in hohem Maße von der Wertigkeit und Bindungsform ab. Die Mobilitt ist i. Allg. stark vom herrschenden pH-Wert abhngig. Je kleiner der pH-Wert, wird diese umso grçßer. Darber hinaus wird diese auch von der Wertigkeit beeinflusst (vgl. Chrom(III) und Chrom(VI)).

unter Einschrnkung

1) Die Toxizitt hngt in hohem Maße vom Stoff ab (vgl. HCN oder SM(CN)2. 2) Die Mobilitt ist i. Allg. wie die Toxizitt von der Bindungsform und dem Stoff abhngig.

2)

•••2)

+ 1)

•(•)2)

1)

+(++)

•(•)2)

+(++)1)

•(•)2)

+(++)

Organische Schadstoffe MKW

Ottokraftstoff

+

••

Diesel

+



Heizçl

+



ja unter aeroben Bedingungen

In Wasser weitgehend unlçslich, BenzinKW zu den anderen Stoffen relativ lçslich, bei hohen Gehalten Strçmung in eigener Phase.

ja unter aeroben Bedingungen

In Wasser weitgehend unlçslich, Benzol und Toluol zu den anderen Stoffen relativ lçslich, als organische Lçsungsmittel wirksam.

+



Benzol

+++

•••

Toluol

++

••

Ethylbenzole

++



Xylole

++



Styrol

++



++

•••

ja unter aeroben Bedingungen

Neben Benzol relativ gut in Wasser lçslich.

Naphthalin

++

••

Anthracen

++

••

In Wasser weitgehend unlçslich, hohe Bindungsaffinitt an organische Substanzen, Einzelstoffe zumeist fest.

Pyren

++



unter Einschrnkung unter aeroben Bedingungen

Benzo(a)pyren

+++



Vinylchlorid

++

•••

Trichlorethen

+

•••

Tetrachlorethen

+



unter Einschrnkung unter anaeroben Bedingungen1)

In Wasser weitgehend unlçslich, niederchlorierte zu den anderen Stoffen relativ lçslich, als organische Lçsungsmittel wirksam, schwerer als Wasser. 1) Niederchlorierte unter aeroben Bedingungen.

PCB

+++



keine

In Wasser weitgehend unlçslich, metabolischer Abbau nicht ausgeschlossen.

Dioxine/Furane

+++



keine

Schmierçl BTEX

Phenol

PAK

CKW

Toxizitt: + gering, ++ mittel, +++ hoch; Mobilitt: • gering, •• mittel, ••• hoch

242

10

Andreas Claussen

Literatur

[1] Scheffer, F., Schachtschabel, P.: Lehrbuch der Bodenkunde, 15. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, 2008. [2] Falke, J., Regnitz, M. (Hrsg.): Rçmpp Chemie Lexikon, Bnde 1–6, 9. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1989–1992. [3] Litz, N., Wilcke, W., Wilke, B.-M. (Hrsg.): Bodengefhrdende Stoffe. Ergnzbares Handbuch zur Bewertung, Stoffdaten, kotoxikologie und Sanierung, WILEY-VCH Verlag, 2008. [4] GESTIS Stoffdatenbank des Institutes fr Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (BGIA). Quelle: www.dguv.degia. [5] BBodSchG: Gesetz zum Schutz vor schdlichen Bodenvernderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz) vom 17. Mrz 1998 (BGBl. I, S. 502), zuletzt gendert durch Art. 3 des Gesetzes vom 09. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3214). [6] BBodSchV: Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 16. Juni 1999, (BGBl. I, Nr. 36, vom 16. Juli 1999, S. 1554) in Kraft getreten am 17. 07. 1999. [7] Rosenkranz, D., Bachmann, G., Kçnig, W., Einsele, G. (Hrsg.): Bodenschutz. Ergnzbares Handbuch der Maßnahmen und Empfehlungen fr Schutz, Pflege und Sanierung von Bçden, Landschaft und Grundwasser. Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2007. [8] Gesetz zum Schutz vor gefhrlichen Chemikalien (Chemikaliengesetz – ChemG). in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I, S. 2090), zuletzt gendert durch Artikel 3 § 2 des Gesetzes vom 31. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 2930). [9] Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV). in der Fassung vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3758, 3759), zuletzt gendert durch Artikel 2 der Verordnung vom 12. Oktober 2007 (BGBl. I, S. 2382). [10] TRGS – Technische Regeln fr Gefahrstoffe. aufgestellt vom Ausschuss fr Gefahrstoffe /AGS) bekannt gegeben im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) des Bundesministeriums fr Arbeit und Soziales (BMAS). Quelle: www.baua.de. [11] BGR 128 – Berufsgenossenschaftliche Regeln fr Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Nr. 128: Kontaminierte Bereiche. vom April 1997 in der aktualisierten Fassung vom Februar 2006. Quelle www.arbeitssicherheit.de. [12] LAGA Mitteilung M 20: Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfllen – Technische Regeln der Lnderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA); Teil 1: Allgemeiner Teil in der Endfassung vom 06. November 2003 verçffentlicht., Unverçffentlicht sind der Teil II: Technische Regeln fr die Verwertung – 1. Bodenmaterial und sonstige mineralische Abflle und Teil III: Probenahme und Analytik, die beide im Stand vom 31. August 2004 vorliegen und in den Bundeslndern unterschiedlich gehandhabt werden, Erich Schmidt Verlag, Berlin. [13] Verordnung ber die umweltvertrgliche Ablagerung von Siedlungsabfllen (Abfallablagerungsverordnung – AbfAblV). vom 20. Februar 2001 (BGBl. I, S. 305), zuletzt gendert durch Artikel 1 der Verordnung vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I, S. 2860). [14] Verordnung ber Deponien und Langzeitlager [Deponieverordnung – DepV) vom 24. Juli 2002 (BGBl. I, S. 2807), zuletzt gendert durch Artikel 2 der Verordnung vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I, S. 2860). [15] Verordnung ber die Verwertung von Abfllen auf Deponien ber Tage (Deponieverwertungsverordnung – DepVerwV) vom 25. Juli 2005 (BGBl. I, S. 2252), zuletzt gendert durch Artikel 3 der Verordnung vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I, S. 2860). [16] Landesamt fr Umwelt und Geologie: Handbuch zur Altlastenbehandlung, Detailuntersuchung, Teil 7: Anlagen Bearbeitungsstand September 2003, aktualisiert Juni 2006, herausgegeben vom Freistaat Sachsen, Das Lebensministerium. [17] LAGA Mitteilung M 32: LAGA PN 98 – Richtlinie fr das Vorgehen bei physikalischen, chemischen und biologischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwertung/Beseitigung von Abfllen der Lnderarbeitsgemeinschaft Abfall von 2002, Erich Schmidt Verlag, Berlin.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

1.5

Stoffgesetze fr Bçden Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Symbolverzeichnis B c cu dij, D e ec e0 E Et f g G h k K K0 M Mijkl n n Nij p p¢ pc p0 q Ri su t dt t T u v aij dij e ee ep evp

Kompressionsmodul Kohsion undrnierte Kohsion Verzerrungsgeschwindigkeit, Dehnungstensor Porenzahl kritische Porenzahl Referenzporenzahl Elastizittsmodul Tangentialsteifigkeit Funktion; Fließfunktion plastisches Potential, Erdbeschleunigung Schubmodul skalarer Verfestigungsparameter (Zustandsvariable) Durchlssigkeitskoeffizient Kompressionsmodul Erdruhedruckbeiwert Grenzspannungsparameter Steifigkeitsmatrix Porenanteil, Porositt Einheitsvektor Spannungsfunktion mittlere Spannung, Porenwasserdruck (Abschnitt 7) effektive mittlere Spannung Konsolidierspannung Referenzspannung Deviatorspannung Volumenkraft undrnierte Scherfestigkeit Zeit Zeitinkrement Spannungsvektor Spannungstensor Verschiebung, Porenwasserdruck Geschwindigkeit tensorieller Verfestigungsparameter (Zustandsvariable) Kronecker-Symbol Dehnung elastische Dehnung plastische Dehnung viskoplastische Dehnung

243

244

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

De, de Dehnungsinkrement e_ Dehnungsrate Hauptdehnung e1, e2, e3 ev = e1 + e2 + e3 volumetrische Dehnung Dehnungstensor eij, e j Reibungswinkel kritischer Reibungswinkel jc l Lam-Parameter; Multiplikator m Lam-Parameter v Poisson-Zahl y Dilatanzwinkel r Dichte s Spannung s¢ effektive Spannung Ds, ds Spannungsinkrement s_ Spannungsrate Hauptspannungen s1, s2, s3 Spannungstensor sij, s t Schubspannung

1

Einfhrung

Stoffgesetze prsentieren sich heute als ein kaum zu durchdringendes Feld von nicht zu durchschauender Komplexitt. Lohnt es sich, sich mit Stoffgesetzen zu befassen? Eigentlich schon, denn sie sollen das mechanische Verhalten von Boden mathematisch beschreiben. Wohlgemerkt, dies ist ein ehrgeiziges Anliegen, denn das Bodenverhalten ist ußerst komplex und noch Gegenstand intensiver Forschung weltweit. Entsprechend kompliziert sind daher die vielen vorgeschlagenen Stoffgesetze, und die Nachsicht hat derjenige, der auf sie angewiesen ist, ohne die erforderliche bersicht und Erfahrung zu haben. Das vorliegende Kapitel des Grundbau-Taschenbuches hat sich zum Ziel gesetzt, Benutzern von Stoffgesetzen zu helfen, einen berblick zu gewinnen. Die Vielfalt des mechanischen Verhaltens von Bçden, die enormen Schwierigkeiten bei seiner mathematischen Modellierung sowie ihre zentrale Bedeutung bei der numerischen Simulation machen Stoffgesetze zu einem faszinierenden Forschungsthema, fr welches ein zunehmendes Interesse nicht nur im Bauingenieurwesen, sondern auch im Bergbau, in der Geologie und neuerdings auch in der Physik (siehe z. B. [31]) aufkommt.

2

Frequently Asked Questions

So genannte frequently asked questions werden gerne herangezogen, um Leser in ein komplexes Feld einzufhren. Wir haben folgende Fragen ausgewhlt: 1. Stoffgesetze sind kaum verstndliche Theorien. Braucht sie ein Bauingenieur wirklich? Wozu? Stoffgesetze sind nicht nur der Kern jeder numerischen Simulation, sondern sie stellen Rahmen auf, die zum Verstndnis des Stoffverhaltens erforderlich sind. Die Bedeutung und die Messung von Bodeneigenschaften machen nur in Zusammenhang mit einem bestimmten Stoffgesetz Sinn.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

245

2. Machen komplizierte Theorien einen Sinn, wenn man bedenkt, wie inhomogen der Boden aufgebaut ist und welche Streuung die blichen Versuchsergebnisse haben? Die Inhomogenitt des Bodens hat nichts mit seinem Verhalten und demnach mit einem Stoffgesetz zu tun. Ist das Stoffgesetz erst einmal festgelegt, so kçnnen die Inhomogenitt des Bodens, die Streuung der Versuchsergebnisse und ihre Konsequenzen – zumindest im Prinzip – mit stochastischen Mehoden erfasst werden. 3. Es fllt auf, dass Ergebnisse von Laborversuchen (etwa eine Spannungs-Dehnungs-Linie aus einem Triaxialversuch) durch Stoffgesetze nur ungenau reproduziert werden. Ist dies ein Hinweis dafr, dass Stoffgesetze unvollkommen oder gar mangelhaft sind, sodass sie im Grunde genommen keine besondere Beachtung bei ihrer Auswahl, Kalibrierung und Implementation verdienen? Stoffgesetze sind Theorien. Theorien reduzieren und abstrahieren die Erfahrung und beruhen auf zustzlichen Annahmen, die es erlauben, Versuchsergebnisse zu interpretieren. In diesem Sinn stellt jede Theorie eine Approximation dar, und die damit verknpfte Abweichung von der Realitt darf nicht als Fehler aufgefasst werden und sollte kein Anlass sein, auf logische und mathematische Strenge zu verzichten [66]. 4. Warum gibt es so viele unterschiedliche Stoffgesetze? Kann man nicht „fr den Hausgebrauch“ mit irgendeinem mçglichst einfachen Stoffgesetz hinreichend gut auskommen? Da ein absolut berzeugendes und zufriedenstellendes Stoffgesetz noch nicht vorliegt, stellen die verschiedenen zurzeit verfgbaren Stoffgesetze lediglich Versuche dar. Jedes hat seine Strken und Schwchen, daher sollte man ein Stoffgesetz fr ein konkretes Problem mit Bedacht whlen. 5. Warum wird immer noch an Stoffgesetzen geforscht? Welche sind die noch offenen Fragen? Da man nicht a priori weiß, welche Verformungen bei einem bestimmten Problem auftreten, sollte ein Stoffgesetz allgemeingltig sein, d. h. es soll fr alle erdenklichen Beanspruchungen aller Bodenarten realistische Voraussagen liefern. Da diese Forderung noch nicht erfllt worden ist, werden immer wieder Versuche unternommen, etwa durch Modifikationen den Gltigkeitsbereich von Stoffgesetzen zu erweitern und die Qualitt der Voraussagen zu verbessern. Insbesondere gibt es noch offene Fragen hinsichtlich zyklischer Belastung, Stoffverhalten bei sehr kleinem Druckniveau und sehr kleinen Dehnungen, ferner Kriechen und Relaxation. 6. Kann man nicht einen Vergleich anstellen, um herauszufinden, welches das beste Stoffgesetz ist? Einige diesbezgliche Versuche [24, 59, 75] sind bisher fehlgeschlagen, denn jedes Stoffgesetz hat seine eigenen Voraussetzungen und seinen eigenen Gltigkeitsbereich. Darber hinaus unterscheiden sich die Stoffgesetze hinsichtlich einer wichtigen Eigenschaft, die man leider nicht objektiv messen kann: der Komplexitt. Des Weiteren erfordern die Implementation, Kalibrierung und Prfung eines fortgeschrittenen Stoffgesetzes mehrmonatige intensive Arbeit, die von einzelnen Forscherinnen und Forschern nicht aufgebracht werden kann. Daher sind allgemeine Vergleiche schwierig bzw. unmçglich. 7. Was soll ich bei der Auswahl eines Stoffgesetzes beachten? Ein Stoffgesetz sollte die Effekte, auf die es jeweils ankommt, mçglichst treffend beschreiben. Beispiele: • Dilatanz und Kontraktanz sollten realistisch vorausgesagt werden etwa bei Problemen, wo es auf die Verspannung des Bodens in seinem Behltnis ankommt. • Sofern ein großer Druckbereich abgedeckt werden soll, sollte das verwendete Stoffgesetz die Barotropie des Bodens (s. Abschn. 4.4) realistisch beschreiben kçnnen.

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Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

8. Numerische Simulationen, das Hauptanwendungsgebiet von Stoffgesetzen, liefern Ergebnisse, die eine große Streubreite aufweisen (vgl. Benchmark-Versuch Hochstetten [71]). Daher vertrauen Praktiker nicht immer numerischen Simulationsergebnissen. Lsst sich hoffen, dass dieser Zustand verbessert wird und dass numerische Simulationen eine echte Entscheidungshilfe fr die Praxis werden? Allfllige Unzulnglichkeiten sollten nicht als Argument gegen das Heranziehen numerischer Simulationen aufgefasst werden. Vielmehr sollten sie Anlass geben, numerische Simulationen ußerst umsichtig anzuwenden. Dazu gehçren fundiertes Wissen auf dem Gebiet der Stoffgesetze und der Numerik sowie eine eingehende Untersuchung der Auswirkung der getroffenen Parameterwahl (Stoffkonstanten, Maschenweite und Typ der finiten Elemente usw.). Insbesondere sollte jeweils untersucht werden, inwiefern das verwendete Stoffgesetz die maßgebenden Versuchsergebnisse realistisch beschreiben kann. Werden hingegen Stoffgesetze und numerische Verfahren als black boxes verwendet, so darf man keine vertrauenswrdigen Ergebnisse erwarten. 9. Im Stahlbau und Stahlbetonbau kommt man bei vielen Anwendungen sehr gut mit linearer Elastizittstheorie aus. Warum geht es nicht auch bei Boden so? Welche Eigenschaften machen Boden zu einem so komplizierten Stoff? Im Gegensatz zu Stahl oder Beton hat Boden einen verschwindend kleinen elastischen Bereich. Effekte (wie z. B. Dilatanz), die nicht mit linearer Elastizittstheorie beschrieben werden kçnnen, treten frh auf. Boden hat ein kompliziertes Erinnerungsvermçgen, ist druck- und dichteabhngig, weist ein kompliziertes Dilatanzverhalten und unerreichbare Spannungszustnde auf. 10. Wenn ich mich mit einem Stoffgesetz befassen will, so bin ich zunchst von den vielen Gleichungen verwirrt. Ich kann sozusagen den Wald vor lauter Bumen nicht erkennen. Wie sollte ich vorgehen, um mir ein Verstndnis zu verschaffen? Die aus einem Stoffgesetz resultierende Spannungs-Dehnungs-Beziehung lsst sich leider nicht ohne Weiteres in der bersichtlichen Form s = f(e) = … hinschreiben. Die numerische Simulation von Elementversuchen (das sind Versuche mit homogener Probenverformung) verschafft ein Bild ber die Realittsnhe eines Stoffgesetzes. 11. Bei vielen Verçffentlichungen ber numerische Simulationen im Bauwesen wird das verwendete Stoffgesetz, geschweige denn die darin vorkommenden Stoffparameter, nicht angegeben. Weist dies auf eine untergeordnete Bedeutung dieser Frage hin? Keinesfalls! Es handelt sich vielmehr um eine wichtige Unterlassung, auf welche deutlich hingewiesen werden sollte.

3

Bedeutung von Stoffgesetzen fr die Geotechnik

Die mathematische Simulation von Bauprozessen und sonstigen Ablufen ist heute ein weitverbreitetes Mittel, um die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit von geplanten Baumaßnahmen nachzuweisen bzw. um sie zu optimieren oder um aufgetretene Schden zu analysieren. Man bedient sich dabei der Bilanzgleichungen der Mechanik, welche die Erhaltung von Masse und Impuls ausdrcken.1) Allerdings reichen diese Gleichungen nur fr besonders einfache Ausnahmeflle aus, die sog. statisch bestimmten Systeme, die in der 1)

Die Energieerhaltung spielt in der Bodenmechanik eine untergeordnete Rolle, denn die meisten Prozesse sind dissipativ. Die in Wrme umgewandelte (dissipierte) Arbeit lsst sich blicherweise kaum messen.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

247

Geotechnik kaum vorkommen. Man bençtigt daher weitere Gleichungen, welche das Formnderungsverhalten des Bodens mathematisch beschreiben. Solche Gleichungen heißen Stoffgesetze (constitutive equations), Stoffbeziehungen oder Materialmodelle2). Von einem Stoffgesetz fr Boden erwartet man, dass es die Spannungs-Dehnungs-Kurven fr alle erdenklichen Versuchsbedingungen (z. B. dometerversuche und Triaxialversuche mit Be-, Ent- und Wiederbelastungen, undrnierte Triaxialversuche usw.) wiedergibt. Dies ist allerdings eine Maximalforderung, die angesichts der Vielfalt und Komplexitt des Bodenverhaltens kaum erfllt werden kann. Im Gegensatz nmlich zu den Bilanzgleichungen, welche physikalische Prinzipien exakt ausdrcken, kçnnen Stoffgesetze das mechanische Verhalten des Bodens nur nherungsweise beschreiben. Insbesondere lassen sich Stoffgesetze nicht aus bergeordneten Prinzipien herleiten, denn sie drcken ja das Spezielle aus, das diesen Stoff (etwa Gummi) von jenem (etwa Sand) unterscheidet. Daher sind die vielfltigen fr Boden vorgeschlagenen Stoffgesetze eher als mathematische Versuche zu betrachten, die mehr oder weniger gelungen sein kçnnen. Geotechnik ist insofern schwieriger als andere Gebiete des Bauingenieurwesens, als sie nicht mit einem a priori bekannten Stoff zu tun hat, dessen Eigenschaften in Handbchern abgelesen werden kçnnen (wie etwa bei Stahl), sondern mit einem komplizierten Stoff, dessen Eigenschaften durch ein geeignetes mathematisches Modell beschrieben und die zugehçrigen Stoffkonstanten ad hoc gemessen werden mssen.

4

Merkmale des Bodenverhaltens

4.1

Elementversuche

Stoffgesetze sollen das komplexe mechanische Bodenverhalten reproduzieren, weshalb die Kenntnis wesentlicher Merkmale der Bodenreaktion auf verschiedene Beanspruchungen unverzichtbar ist. Dabei ist schon die Darstellung der experimentell ermittelten Ergebnisse nicht einfach, da diese sich in den meisten Fllen nicht in einem einzigen Diagramm abbilden lassen. Laborversuche an Proben mit homogener (d. h. gleichmßiger) Verteilung von Spannung und Verformung, sog. Elementversuche, liefern die grundlegenden Merkmale des Bodenverhaltens. Die Homogenitt von untersuchten Laborproben ist von entscheidender Bedeutung, da nur bei ihrer Gewhrleistung die Versuchsauswertung mit einem einzigen Spannungs- und Dehnungstensor fr die gesamte Probe erfolgen kann. Demzufolge spielen die Abmessungen der Probe keine Rolle, und die Probe kann als ein idealisierter Punkt des Bodens betrachtet werden. Ein Maßstabseffekt wird dabei außer Acht gelassen. Beispiele fr Elementversuche kçnnen dometer- oder Triaxialversuche sein (Bild 1), whrend Rahmenscherversuche die Bedingung der Probenhomogenitt verletzen. Triaxialproben bleiben nach der Entstehung von Gleitflchen auch nicht mehr homogen und drfen in diesem Zustand nicht mehr als Elementversuche ausgewertet werden. Nichtsdestotrotz findet man (selbst in der Fachliteratur) immer wieder Spannungs-Dehnungs-Kurven aus Versuchen mit inhomogenen Proben. Es ist zu beachten, dass außer Lokalisierung der Scherverformung auch weitere, manchmal unvermeidbare Einflussfaktoren whrend der Versuchsdurchfhrung die Homogenitt des Spannungs- und Dehnungszustandes stçren kçnnen. Beispielhaft kann man die Reibung zwischen der Probe und dem dometerring oder den Endplatten im Triaxialgert nennen (fr 2)

Im Maschinenbau spricht man von Werkstoffgesetzen, in der Physik von Schließungsgleichungen.

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Bild 1. bliche Elementversuche: Triaxialversuch (a) und dometerversuch (b). Beim konventionellen Triaxialversuch bleibt die Seitenspannung s2 = s3 konstant, whrend die Seitendehnung e2 = e3 variabel ist. Beim dometerversuch ist s2 = s3 variabel, wird aber blicherweise nicht gemessen

eine detailliertere Betrachtung siehe [3]). Auch die Probenentnahme und -vorbereitung kçnnen die Versuchsergebnisse stark beeinflussen [6, 54]. Dementsprechend ist es nicht sinnvoll, eine perfekte bereinstimmung zwischen den mit Stoffgesetzen berechneten und den experimentell ermittelten Kurven anzustreben. Die Stoffgesetze sollen vor allem Tendenzen und qualitative Merkmale des Bodenverhaltens reproduzieren. Die Darstellung des Bodenverhaltens ist sehr vielfltig. Neben den blichen SpannungsDehnungs-Kurven, die Beziehungen zwischen zwei ausgewhlten Komponenten oder Invarianten des Spannungstensors und des Dehnungstensors zeigen, sind auch Spannungsbzw. Dehnungspfade fr die Bodenbeschreibung unverzichtbar. Gleichzeitig soll auch die Entwicklung der volumetrischen Dehnung bzw. des Porenwasserdrucks betrachtet werden. In den folgenden Abschnitten werden anhand von idealisierten experimentellen Ergebnissen einige wesentliche Aspekte des Bodenverhaltens dargestellt, die sowohl fr grob- als auch feinkçrnige Bçden3) kennzeichnend sind. Falls nicht ausdrcklich darauf hingewiesen, werden ausschließlich effektive Spannungen betrachtet, da Stoffgesetze i. d. R. nur fr sie formuliert werden. Druckspannungen und Kompressionsdehnungen sind in diesem Abschnitt positiv.

4.2

Kompressionsverhalten

4.2.1

Isotrope (hydrostatische) Beanspruchung

Isotrope (hydrostatische) Kompression wird durch eine Erhçhung des allseitigen Drucks (z. B. in der Triaxialzelle) erreicht. Falls der Boden isotrop ist, erfolgt in jeder Richtung eine identische Stauchung. Der Spannungszustand si und der Dehnungszustand ei kçnnen jeweils mit einer skalaren Variable s und e vollstndig charakterisiert werden4) (Bild 2). Die beobachtete Beziehung zwischen s und e (Bild 2 c) weist zwei wesentliche Merkmale des Bodenverhaltens auf:

3)

4)

Die Bezeichnung grobkçrniger bzw. feinkçrniger Boden erfolgt im Sinne von DIN 18196. Als Reprsentanten dafr werden oft die Begriffe „Sand“ und „Ton“ verwendet. Hauptspannungen und -dehnungen werden mit nur einem Index gekennzeichnet.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

249

Bild 2. Spannungs-, Dehnungspfad und Spannungs-Dehnungs-Kurve fr isotrope Be- und Entlastung einer isotropen Probe

• Nichtlinearitt Die Spannungs-Dehnungs-Kurve ist gekrmmt. Dementsprechend hngt die inkrementelle Bodensteifigkeit Ds/De von der aktuellen Spannung ab. Im Fall der monotonen Kompression nimmt diese Steifigkeit mit der Spannung zu. • Irreversibilitt Bei ein und derselben Spannung ist die inkrementelle Steifigkeit Ds/De grçßer fr „Entlastung“ als fr „Belastung“ und hngt daher von der Deformationsrichtung bzw. Deformationsgeschichte ab. Nach einem Spannungszyklus kehrt die Dehnung zu ihrem ursprnglichen Wert nicht zurck, und ein gewisser Dehnungsbetrag bleibt im Boden erhalten. Aus Bild 2 c folgt, dass fr einen bestimmten Spannungszustand die Dehnung e nicht eindeutig definiert werden kann. Das heißt fr Bçden ist e lediglich eine rechnerische Grçße, die keine zustzliche Information ber den Bodenzustand liefert, und ihr Anfangswert kann willkrlich gewhlt werden. 4.2.2

Einachsige (çdometrische) Kompression

Die einachsige (çdometrische) Kompression suggeriert eindimensionale Verhltnisse, die analog der isotropen Kompression beschrieben werden kçnnen. Dies gilt jedoch nur fr die Spannungs-Dehnungs-Kurve (Bild 3 c) und den Dehnungspfad (Bild 3 b). Der Spannungspfad muss (Bild 3 a) mit zwei Spannungskomponenten beschrieben werden, deren Verlauf eine hnliche Abhngigkeit von der Deformationsgeschichte wie die Spannungs-DehnungsKurve aufweist. Whrend fr Kompression der Spannungspfad linear ist und das Verhltnis der Spannungskomponenten s1/s2 (Erdruhedruckbeiwert K0) konstant bleibt, wird die horizontale Spannung bei Entlastung nur unterproportional abgebaut, was eine Erhçhung von K0 verursacht. Da die inkrementelle Bodensteifigkeit vom Spannungszustand abhngt, ist eine korrekte Wiedergabe des Spannungsverhltnisses auch fr die Modellierung der Bodenverformungen von Bedeutung. Versuchskurven zur çdometrischen Kompression findet man z. B. in [1]. Fr die Darstellung der Spannungs-Dehnungs-Kurven wird oft der Logarithmus einer oder beider Grçßen herangezogen (Bild 4), was die Interpretation des Verlaufs der inkrementellen Steifigkeit Ds1/De1 (d. h. des Steifemoduls) erschwert; vgl. die scheinbare Abnahme der Steifigkeit im Bild 4 b gegenber deren tatschlicher Zunahme im Bild 4 a.

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Bild 3. Spannungs-, Dehnungspfad und Spannungs-Dehnungs-Kurve fr çdometrische Be- und Entlastung

Bild 4. Spannungs-Dehnungs-Kurven fr çdometrische Be- und Entlastung: (a) lineare, (b) halblogarithmische, (c) doppellogarithmische Darstellung

4.3

Scherverhalten

In einem konventionellen Triaxialversuch wird die Radialspannung s2 konstant gehalten und die Axialspannung s1 erhçht (Bild 5 a). Im Unterschied zur çdometrischen Kompression, bei welcher die Axialspannung praktisch beliebig groß werden kann und nur durch die Eigenschaften des Versuchgerts begrenzt ist, erreicht s1 bei Erhçhung von e1 im Triaxialversuch einen Grenzwert, der vor allem von der Radialspannung s2 abhngt. Dem entspricht auch der Verlauf der Spannungs-Dehnungs-Kurve (Bild 5 c), der eine umgekehrte Krmmung als im çdometrischen Versuch aufweist. Dementsprechend nimmt die inkrementelle Steifigkeit Ds1/De1 mit steigendem Spannungsverhltnis s1/s2 ab und verschwindet im Grenzzustand. Die nderung der mittleren Spannung p = (s1 + 2s2)/3 whrend eines Triaxialversuchs ist dagegen relativ gering und wirkt sich kaum auf die Steifigkeit aus. Die Abhngigkeit der Steifigkeit von der Deformationsrichtung bleibt hierbei erhalten. Die tendenzielle Unterscheidung zwischen dem Kompressions- und Scherverhalten ist jedoch nur fr die o. g. Erluterungszwecke sinnvoll. Wegen der Komplexitt von mçglichen Spannungs- und Dehnungspfaden soll diese Differenzierung bei der Formulierung von Stoffgesetzen nicht explizit verwendet werden.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

251

Bild 5. Spannungs-, Dehnungspfad und Spannungs-Dehnungs-Kurve fr Scherbeanspruchung im konventionellen Triaxialversuch

4.3.1

Spannungsgrenzzustand

Das Verhltnis von maximaler zu minimaler Hauptspannung s1/s2 kann nicht beliebig groß werden. Wird ein Maximum erreicht, versagt der Boden meist entlang einer Gleitflche. Spannungswerte aus solchen Maxima ergeben den sog. Spannungsgrenzzustand. Er wird in verschiedenen Koordinaten dargestellt: t-s fr die Schub- und Normalspannung auf der Gleitflche (Bild 6 a), s1-s2 fr die Ebene zweier Hauptspannungen (Bild 6 b) oder s1-s2-s3 fr die deviatorische Ebene, die normal zur Hauptdiagonale des Hauptspannungsraums verluft (Bild 6 c). Der Spannungsgrenzzustand stellt also keinen Pfad aus Punkten bei einem Versuch dar, sondern verbindet Spannungspunkte mit (s1/s2)max aus mehreren Versuchen. Versuchsergebnisse zeigen deutlich, dass der Spannungsgrenzzustand meistens gekrmmt ist (gestrichelt im Bild 6 a und b). Die Ausnahmen sind lockere grobkçrnige Bçden und aufbereitete, normal konsolidierte feinkçrnige Bçden, deren Spannungsumhllende geradlinig verluft. 4.3.2

Volumetrisches Verhalten

Der Dehnungspfad im Bild 5 b ist gekrmmt. Analog zur inkrementellen Steifigkeit ist das Verhltnis der Dehnungsinkremente De1/De2 zustandsabhngig und hngt insbesondere vom

Bild 6. Verschiedene Darstellungen des Spannungsgrenzzustands

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Bild 7. Volumetrisches Verhalten im konventionellen Triaxialversuch. Mitteldichte/steife (b) und lockere/weiche (c) Probe

Spannungsverhltnis s1/s2 ab. Oft ist es hilfreich, anstelle von Dehnungspfaden die Entwicklung der volumetrischen Dehnung ev = e1 + 2 e2 darzustellen (Bild 7). Es ist daraus direkt erkennbar, ob sich der Boden whrend einer Scherverformung verdichtet (Dev > 0) oder auflockert (Dev < 0). Dies hngt hauptschlich von der relativen Lagerungsdichte bzw. Konsistenzzahl ab, wird jedoch durch den Zustand (Spannungsverhltnis) zustzlich geprgt, siehe den fließenden bergang von Kontraktanz (Verdichtung) zu Dilatanz (Auflockerung) im Bild 7 b, was beispielsweise fr mitteldichten Sand gilt. Bemerkenswert ist das volumetrische Bodenverhalten in Triaxialversuchen unmittelbar nach einer Umkehr der Belastungsrichtung, siehe die Entlastung in Bild 7. Unabhngig von der aktuellen Lagerungsdichte kommt es zunchst immer zu einer Verdichtung [20]. Die wirksame Verdichtung kçrniger Bçden durch zyklische Scherung ist eine Folge davon.

4.4

Druck- und Dichteabhngigkeit

Der mittlere effektive Druck und die bezogene Lagerungsdichte sind die wesentlichen Zustandsvariablen von Bçden. Die Druckabhngigkeit wird auch als Barotropie und die Dichteabhngigkeit als Pyknotropie bezeichnet [33]. Bei feinkçrnigen Bçden hat die Konsistenzzahl eine analoge Bedeutung wie die bezogene Lagerungsdichte bei grobkçrnigen Bçden. Nicht nur die Steifigkeit in isotropen oder çdometrischen Kompressionsversuchen hngt vom Druck und von der Lagerungsdichte ab (Bilder 8 a und 9 a, Abschn. 4.2.1). Auch in Scherversuchen wird die inkrementelle Steifigkeit mit steigender bezogener Lagerungsdichte (Bild 8 b) und steigendem mittlerem Druck (Bild 9 b) hçher. Ist der Boden dilatant, so wird ein Teil der Verformungsarbeit aufgewendet, um den Boden gegen den Widerstand der Normalspannung aufzulockern. Deshalb weist dilatanter Boden eine hçhere Scherfestigkeit (sog. Peak-Scherfestigkeit) als anfnglich lockerer Boden in kritischer Dichte auf (Bild 8 b, c). Obwohl die Scherfestigkeit, ausgedrckt als die maximale Hauptspannungsdifferenz (s1–s2)max, mit steigendem mittleren Druck p = (s1 + 2s2)/3 grçßer wird (Bild 9 a), nimmt das Spannungsverhltnis (s1/s2)max gleichzeitig i. d. R. ab (Bild 9 b). Dementsprechend wird der Reibungswinkel mit steigendem mittleren Druck kleiner. Dies fhrt zur Krmmung der Grenzzustandsflche in der Hauptspannungsebene (Bild 6 b).

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

253

Bild 8. Einfluss der bezogenen Lagerungsdichte auf die Ergebnisse von çdometrischen Kompressionsversuchen (a) bzw. konventionellen Triaxialversuchen mit s2 = const. (b, c). Locker: durchgezogen, dicht: gestrichelt

Bild 9. Druckabhngigkeit in konventionellen Triaxialversuchen bei gleicher Ausgangsdichte. ð1Þ ð2Þ ð1Þ s2 : durchgezogen, s2 > s2 : gestrichelt

Die Darstellung der Spannungs-Dehnungs-Kurve mit s1/s2 (Bild 9 b) ist nicht empfehlenswert, da dies die inkrementelle Steifigkeit des Bodens nicht wiedergibt und den Eindruck erweckt, dass bei hçheren mittleren Spannungen das Bodenverhalten weicher ist. Barotropie und Pyknotropie sind miteinander gekoppelt. Wird ein anfangs dichter bzw. steifer Boden mit derselben Anfangsporenzahl bei verschiedenen Seitendrcken im konventionellen Triaxialversuch untersucht, stellt man fest, dass das Bodenverhalten bei hçheren Drcken demjenigen einer anfangs lockeren Probe hnelt; vgl. Bilder 8 b und 9 b. Die Bercksichtigung dieses Phnomens ist ein Baustein der Bodenbeschreibung im Rahmen der Theorie von kritischen Zustnden (Abschn. 4.6).

4.5

Verhalten undrnierter Proben

Bei wassergesttigten Bçden sind volumetrische nderungen mit Durchfluss des Porenwassers durch das Korngerst verbunden. Wenn die Belastungsgeschwindigkeit im Vergleich zur Bodendurchlssigkeit groß ist, entstehen im Porenwasser ber- bzw. Unterdrcke, je nachdem ob der Boden die Tendenz zu Verdichtung bzw. Auflockerung aufweist. Man

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Bild 10. Undrniertes Verhalten in konventionellen Triaxialversuchen mit s2 = const. Lockere Probe: durchgezogen, dichte Probe: gestrichelt

spricht dann von undrnierten Verhltnissen, wobei der bergang vom drnierten zum undrnierten Verhalten bei vorhandener Drnage im Feld unscharf ist. In sog. undrnierten Laborversuchen wird deshalb die Drnage knstlich verhindert. Die Entwicklung des Porenwasserdrucks u mit der Scherung ist analog zur Entwicklung der volumetrischen Dehnungen – vgl. Bild 8 c und 10 c. Bei Spannungen muss man nun strikt zwischen den totalen si und den effektiven Komponenten s0i unterscheiden. Spannungs-Dehnungs-Kurven mit s01 =s02 bei undrnierten (Bild 10 b) bzw. mit s1/s2 bei drnierten Versuchen (Bild 8 b) haben einen hnlichen Verlauf. Bei der Darstellung mit s1  s2 ¼ s01  s02 ergeben sich jedoch große Unterschiede, vgl. Bilder 8 a und 10 a. Der Aufbau von Porenwasserunterdruck im Fall einer dichten (steifen) Probe bringt eine Erhçhung der mittleren effektiven Spannung mit sich. Demzufolge wachsen in diesem Fall die Steifigkeit und die Scherfestigkeit (als Spannungsdifferenz) rapid. Die entsprechenden effektiven Spannungspfade bei undrnierter triaxialer Kompression in Bild 11 verdeutlichen das schnelle Erreichen des Spannungsgrenzzustands bei lockeren

Bild 11. Zwei verschiedene Darstellungen von effektiven Spannungspfaden bei undrnierten Bedingungen in konventionellen Triaxialversuchen mit s2 = const. Lockere Probe: durchgezogen, dichte Probe: gestrichelt, p0 ¼ ðs01 þ 2 s02 Þ=3, q ¼ s01  s02 ¼ s1  s2 . Die Spannungspfade in totalen Spannungen liegen in beiden Fllen bereinander und sind punktiert dargestellt

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

255

Proben. Dagegen bleibt der Spannungspfad von dichten Proben lange unter dem Grenzzustand und ihre Scherfestigkeit (q = s1 – s2) nimmt zu. Der Grenzzustand von dichten Proben wird erst bei sehr hohen effektiven Spannungen erreicht. Der Spannungspfad in totalen Spannungen (punktiert in Bild 11) ist unabhngig von diesem Verlauf und wird durch die gleiche Gerade sowohl fr lockere als auch fr dichte Proben reprsentiert. Der effektive Spannungspfad nhert sich asymptotisch dem Spannungsgrenzzustand (s. Abschn. 4.3) an. Somit bleibt das Verhltnis s01 =s02 beschrnkt, siehe auch Bild 10 b, whrend der totale Spannungspfad erst beim Erreichen der zustandsabhngigen undrnierten Scherfestigkeit endet (nicht dargestellt).

4.6

Kritische Zustnde

Die Auflockerung whrend der Scherverformung eines anfnglich dichten Bodens und die Verdichtung eines anfnglich lockeren Bodens fhren dazu, dass nach einem ausreichenden Scherweg die Anfangsporenzahl „vergessen“ wird und die aktuelle Porenzahl allein von der mittleren effektiven Spannung abhngt. Bei fortgesetzter Scherung ndern sich die Spannungen nicht mehr, und die Dichte bleibt ebenfalls konstant. Dieser Zustand wird als kritischer Zustand bezeichnet und durch s0i ¼ const:;

ev ¼ const:

(1)

bei mindestens einer nicht verschwindenden Komponente der Dehnungsrate e_ i charakterisiert. Das Konzept der kritischen Zustnde vereint Barotropie- und Pyknotropie-Effekte und bildet einen Rahmen fr zustandsabhngige Steifigkeiten und Scherfestigkeiten. In Bild 12 kann man das Verhalten von vier unterschiedlichen Triaxialproben bis zum kritischen Zustand

Bild 12. Kritische Zustnde in drnierten Triaxialversuchen: Zusammenhang zwischen Scherfestigkeit, mittlerem Druck und Porenzahl

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beobachten. Die Proben 1 und 3 sind anfangs locker, whrend die Proben 2 und 4 anfangs dicht sind. Die lockere Probe 1 wird bei einem geringen und die lockere Probe 3 bei einem ð3Þ ð1Þ hohen Seitendruck abgeschert. Die Anfangsporenzahlen sind e(3) < e(1) infolge smax > smax bei isotroper Kompression (Konsolidation) vor der Abscherphase. Die Anfangssteifigkeit der ð3Þ ð1Þ Probe 3 ist grçßer als diejenige der Probe 1, da s2 > s2 . Beide Proben werden nur 0 verdichtet, und die Spannungsdifferenz q erreicht asymptotisch einen vom Zelldruck s2 abhngigen Maximalwert. Die anfnglich dichten Proben 2 und 4 weisen spannungsabhngige Werte von qmax auf, die hçher liegen als diejenigen der lockeren Proben. Nach dem Maximalwert verringert sich die Spannungsdifferenz, bis ein stationrer Zustand mit s0i = const erreicht wird. Aus dem Verhltnis der Hauptspannungen s01 =s02 bzw. q=p0 im kritischen Zustand abgeleitete Stoffparameter, wie z. B. der kritische Reibungswinkel jc oder der Parameter M in Cam-ClayModellen (s. Abschn. 6.2.3), sind wichtige, zustandsunabhngige Materialeigenschaften. Im Porenzahl-Druck-Diagramm e  p0 (Bild 12 rechts unten) erkennt man die ec-Kurve, die an eine Kompressionskurve erinnert und die die spannungsabhngigen Porenzahlen im kritischen Zustand verbindet. Mithilfe dieser Kurve kann man erkennen, ob sich ein Boden mit einer bestimmten Anfangsporenzahl whrend der Scherung verdichten oder auflockern wird. Offensichtlich hngt das volumetrische Verhalten – Dilatanz bzw. Kontraktanz – nicht nur von der Porenzahl, sondern auch von der mittleren Spannung ab! Befindet sich der Anfangszustand des Bodens unterhalb bzw. links von der ec-Kurve, kommt es zu einer Auflockerung, die Zustnde oberhalb bzw. rechts fhren zur Verdichtung. Im Fall von undrnierten Verhltnissen liefert diese Darstellung eine Auskunft ber eine mçgliche Bodenverflssigung, welche eintreten kann, wenn der Bodenzustand rechts von der ec-Kurve liegt.

4.7

Einfluss der Deformationsgeschichte

Unterschiedliche Steifigkeiten des Bodens bei Be- und Entlastung wurden schon in den Abschnitten 4.2 und 4.3 erwhnt. Bei der Durchfhrung von Elementversuchen unter Laborbedingungen ist das Differenzieren zwischen Be- und Entlastung gut nachvollziehbar und zweckmßig. Realen Feldverhltnissen kçnnen jedoch diese Begriffe schwer bzw. nicht zugeordnet werden. Daher ist es sinnvoller, von einer schlagartigen Richtungsnderung des Spannungs- bzw. Dehnungspfades zu sprechen (Bild 13 a). Jede solche Richtungsnderung bringt eine Erhçhung der Bodensteifigkeit mit sich, die sich vor allem im Bereich von kleinen Dehnungen unter 0,1 % bemerkbar macht [2], vgl. Bilder 13 b und c. Eine hnliche

Bild 13. Einfluss der Spannungs- bzw. Deformationsgeschichte auf Tangentialsteifigkeit

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

257

Bild 14. Abnehmende (a) und zunehmende (b) Rate der Akkumulation von bleibenden Verformungen whrend zyklischer Beanspruchung

Steifigkeitserhçhung erfolgt auch nach einer lngeren Ruhepause. Fr e < 10–5 bis 10–4 nach der Richtungsumkehr bleibt die sehr hohe Steifigkeit Et = Ds1/De1 in etwa konstant (siehe die horizontale Tangente der oberen Kurve im Bild 13 c), was zu einem quasi-linearen Bodenverhalten in diesem Dehnungsbereich fhrt. Dies ist oft der Bereich von Bodenverformungen bei der Wellenausbreitung infolge dynamischer Bodenbeanspruchung.

4.8

Zyklisches Verhalten

Die zyklische Bodenbeanspruchung ist vor allem unter dem Aspekt der Akkumulation von einzelnen Zustandsgrçßen zu betrachten, wofr die Dehnungsamplitude von entscheidender Bedeutung ist. Bei sehr kleinen Dehnungsamplituden De < 10–5 bis 10–4 werden die bleibenden Verformungen und die Hysterese der Spannungs-Dehnungs-Kurve meistens vernachlssigt, und die Bodenantwort kann als linear-elastisch angesehen werden. Bei grçßeren Dehnungsamplituden kann das Verhalten fr einige wenige Zyklen i. d. R. durch die Einbeziehung der Deformationsgeschichte (s. Abschn. 4.7) erfasst werden. Fr eine hohe Zyklenanzahl spielt dann auch die gegenseitige Abhngigkeit von verschiedenen Zustandsgrçßen und anderen Einflussfaktoren eine Rolle. Bild 14 veranschaulicht beispielhaft die abnehmende (a) bzw. zunehmende (b) Rate der Akkumulation von bleibenden Verformungen whrend zyklischer Scherbeanspruchung. Die Art der Akkumulation wird fr eine konstante Spannungsamplitude vor allem durch den Bodenzustand bezglich der ec-Kurve (Bild 12, rechts unten) und durch die Drnagebedingungen bestimmt.

4.9

Realitt

Der kurze Abriss von wichtigen Bodeneigenschaften demonstriert, wie vielseitig Stoffgesetze fr Boden sein mssen, um die wesentlichen Aspekte des Bodenverhaltens reproduzieren zu kçnnen. Die Untersuchungen von Bodenelementen im Labor geschehen dabei unter kontrollierten Bedingungen und meistens unter einigen wenigen typischen Spannungsbzw. Dehnungspfaden. Der Boden im Untergrund wird dagegen meistens sehr komplex beansprucht. Auch in diesem Fall lassen sich jedoch allgemeine Belastungstrends fr charakteristische geotechnische Probleme definieren, siehe Bild 15. Diese sind hilfreich, um geeignete Stoffgesetze fr solche Problemstellungen auszuwhlen, zu validieren und die Plausibilitt der numerischen Berechnungen von vielschichtigen Randwertproblemen zu berprfen.

258

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Bild 15. Idealisierte effektive Spannungspfade fr verschiedene geotechnische Aufgaben (nach [36]) (sv: vertikale Spannung, sh: horizontale Spannung). Angenommener Ausgangszustand A0 im Punkt A mit sv = sh

Wichtige Phnomene des Bodenverhaltens gehen viel weiter als in diesem Abschnitt dargestellt. Zeitabhngigkeit, Anisotropie, verfestigtes Korngerst (Zementierung), Kornbruch oder dreiphasiges Medium (teilgesttigter Boden) sind nur einige wenige Begriffe, denen hier keine Aufmerksamkeit gewidmet wurde und deren Bercksichtigung im Stoffgesetz trotzdem u. U. große Bedeutung haben kann (s. auch Abschn. 7).

5

Mathematische Struktur von Stoffgesetzen

5.1

Grundbegriffe, Tensoren

Es ist nicht zwingend, dass man Stoffgesetze als mathematische Gleichungen formuliert. So hat Hooke das Stoffgesetz fr elastische Kçrper verbal als „ut tensio sic vis“5) formuliert.6) Es leuchtet aber ein, dass man mit mathematischen Ausdrcken Stoffgesetze viel prziser angeben kann. Man sollte mathematische Formulierungen fr Stoffgesetze nicht nur als Rechen- bzw. Programmiervorschriften, sondern auch als physikalische Aussagen verstehen, die in der Sprache der Mathematik formuliert sind und mit entsprechenden Kenntnissen 5) 6)

D. h. wie die Verformung so die Kraft, bzw. die Verformung ist proportional zur Kraft. Damit es von seinen Konkurrenten nicht verstanden wird, hat er sogar die Reihenfolge der Buchstaben gendert und sein Stoffgesetz mit dem Anagramm ceiiinosssttuv angegeben. Seither existiert leider die „Tradition“, Stoffgesetze kryptisch, d. h. mçglichst unverstndlich darzustellen.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

259

gelesen werden sollten. Zuvor muss man sich aber Klarheit ber die diversen Grçßen verschaffen, die in solchen mathematischen Formulierungen auftreten. Die wichtigsten Grçßen dabei sind Spannung und Dehnung. Die Besonderheit dieser Grçßen ist, dass sie Tensoren sind und nicht durch eine Zahl angegeben werden kçnnen. Zu ihrer Angabe braucht man Koordinatensysteme, in Bezug auf welche die Tensoren durch mehrere Zahlen, ihre Komponenten, angegeben werden. Fr eine Einfhrung in Dehnungen und Spannungen muss auf Literatur ber Kontinuumsmechanik verwiesen werden (siehe z. B. [37]). Hier soll lediglich erwhnt werden, dass man Tensoren in mehrfacher Weise angeben kann, als Matrizen 0 1 a11 a12 a13 @ a21 a22 a23 A a31 a32 a33 in Komponentenschreibweise, aij, oder in symbolischer Schreibweise, a. Fr die 9 Zahlen a11, a12 usw. kann man reprsentativ aij oder lediglich a schreiben. Die Komponentenschreibweise bietet den Vorteil einer exakten Angabe der zugrunde liegenden Rechenvorschrift7), whrend bei der symbolischen Schreibweise mehr der Inhalt und nicht die Rechenvorschrift im Vordergrund steht, dafr ist sie einfacher (man vergleiche y = Ax mit yi = Aijxj). Auch sei angemerkt, dass es mehrere Spannungs- und Dehnungstensoren gibt. Diese recht verwirrende Vielfalt beruht darauf, dass man zwischen der ursprnglichen und der deformierten Konfiguration der Umgebung eines materiellen Punktes unterscheidet. Dies ist insbesondere bei großen Verformungen erforderlich. Beschrnkt man sich auf kleine Verformungen, so entfllt meist diese Komplexitt, und man kommt gut mit dem Tensor e aus, der als der @u symmetrische Teil des Verschiebungsgradienten ru ¼ definiert ist. @x Auch fr den Spannungstensor gibt es viele unterschiedliche Definitionen. In diesem Beitrag wird der Cauchy-Spannungstensor verwendet, welcher den Spannungsvektor ti mit dem Normaleneinheitsvektor ni in der aktuellen Konfiguration verknpft: ti = sijnj.

5.2

Elastische Stoffe im Allgemeinen

Stoffgesetze sind mathematische Beziehungen zwischen Spannungen sij bzw. s und Dehnungen ekl bzw. e. Wie soll aber so eine Beziehung aussehen? Das Naheliegendste ist, eine funktionale Abhngigkeit zwischen s und e anzusetzen: s = f (e). Dieser Ansatz birgt aber eine wichtige Einschrnkung: Laut der Definition einer Funktion ordnet die Funktion s = f(e) jeder Dehnung e eindeutig eine Spannung s zu. Dies impliziert aber, dass die Geschichte der Dehnung keinen Einfluss auf die aktuelle Spannung hat. hnliches gilt fr einen Ansatz e = f (s). Diejenigen Stoffe, bei denen Geschichte irrelevant ist und fr welche die Beziehung zwischen s und e durch Funktionen angegeben werden kann, heißen elastisch. Fordert man von einer Beziehung s = f(e), dass sie linear und isotrop ist, so lsst sich daraus das Hooke’sche Gesetz herleiten (s. Abschn. 6.1).

5.3

Einfluss der Geschichte

Der Einfluss der Geschichte ist ein wesentliches Merkmal des irreversiblen Formnderungsverhaltens von Boden, was man z. B. anhand von Fußspuren im Sand erkennen kann (die Verformung bleibt, obwohl die Belastung vorbeigezogen ist). Mathematisch lsst sich die 7)

Zum Beispiel ist der Ausdruck a1ibi quivalent zu a11b1 + a12b2 + a13b3. Dabei wurde die Einstein’sche Summationskonvention benutzt, nach welcher ber doppelt vorkommende Indizes (hier: i) summiert wird.

260

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Geschichte der Dehnung zum Zeitpunkt t durch den Ausdruck e (t – t), 0 < t < ¥, darstellen. Eine (wenig gebruchliche) Mçglichkeit, diese Geschichte zu bercksichtigen, ist durch den R1 Ausdruck s = 0 AðtÞ e ðt  tÞdt gegeben. Eine andere Mçglichkeit, geschichtsabhngige Beziehungen mathematisch zu beschreiben, ergibt sich dann, wenn wir nicht sij mit ekl funktional verknpfen, sondern die zugehçrigen Inkremente dsij und dekl. Eine Beziehung dsij = f(dekl) ist dann geschichtsabhngig, wenn sie nicht-integrabel (d. h. weg- bzw. pfadabhngig) ist. Dies kann man am Beispiel folgender inkrementeller Beziehung sehen: 2dx : f u¨ r dx > 0 (2) dy ¼ dx þ jdxj ¼ 0 : f u¨ r dx < 0 welche fr einen x-Wert unterschiedliche y-Werte ergibt, je nachdem, welche die Geschichte von x war: Geschichte 1: von x = 0 nach x = 5 (dx > 0). Geschichte 2: von x = 0 nach x = 10 (dx > 0), und von x = 10 nach x = 5 (dx < 0). Ausgehend von y(x = 0) = 0 erhlt man fr die Geschichte 1 den Wert y(x = 5) = 10 und fr die Geschichte 2 den Wert y (x = 5) = 20. Es kann festgehalten werden, dass Stoffgesetze fr Boden nicht finit (z. B. sij = f (ekl) bzw. s = f(e)), sondern inkrementell (z. B. dsij = f (dekl) bzw. ds = f(de)) formuliert sein mssen. Alternativ zu den Inkrementen (Differentialen) dsij bzw. ds und dekl bzw. de kann man die Raten s_ ij = dsij / dt und e_ kl = dekl / dt bzw. s˙ = ds / dt und e˙ = de / dt verwenden. Die in Raten formulierten Stoffgesetze (z. B. s˙ ij = f (e˙ kl) bzw. s˙ = f(e˙ )) heißen auch Entwicklungsgleichungen (evolution equations). Sie geben an, wie sich die Spannung mit der Verformung entwickelt. Daraus geht hervor, wie wichtig es ist, den Ausgangsspannungszustand (bzw. Spannungsfeld) zu kennen, was in den meisten Fllen recht schwierig ist. Die Tatsache, dass die Steifigkeit8) von der Spannung sij abhngt, fhrt dazu, dass Stoffgesetze die Form s˙ ij = f (skl, e˙ mn) bzw. s˙ = f(s, e˙ ) haben. Die Irreversibilitt der Bodenverformung ist damit verknpft, dass die Steifigkeit s˙ ij / e˙ kl nicht denselben Wert bei Belastung und Entlastung hat. Dies bedingt, dass f(s, e˙ ) „ –f(s, –e˙ ) gelten muss, d. h. die Funktion f (s, e˙ ) muss nichtlinear in e˙ sein (sog. inkrementelle Nichtlinearitt). Fr die Realisierung solcher Stoffgesetze gibt es das elastoplastische und das hypoplastische Modell, welche die inkrementelle Nichtlinearitt auf unterschiedliche Weise bercksichtigen: • Elastoplastizitt: Es werden zwei lineare Beziehungen zwischen s˙ und e˙ angesetzt, eine fr Belastung und eine andere fr Entlastung. Es muss dann zustzlich bestimmt werden, wann Belastung und wann Entlastung vorliegt. Dies erfolgt mithilfe einer sog. Fließfunktion (s. Abschn. 6.2). • Hypoplastizitt: Es wird nur eine Beziehung zwischen s˙ und e˙ verwendet, welche durch eine tensorielle Gleichung s˙ = f(s, e˙ ) angegeben wird. Diese Gleichung ist nichtlinear in e˙ . Letztendlich verwendet auch die Elastoplastizitt eine tensorielle Beziehung s˙ = f (s, e˙ ), nur dass diese nicht als eine einzige Gleichung geschrieben werden kann, sondern aus zwei (oder mehreren) Gleichungen besteht und mithilfe von Entscheidungskriterien zwischen den einzelnen Gleichungen geschaltet werden muss.

8)

Als Steifigkeit wird die Grçße dsij / dekl bzw. s˙ ij / e˙ kl bezeichnet. Sie gibt an, um wieviel sich die Spannungskomponente sij bei einem Verformungsinkrement dekl ndert.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

5.4

261

Homogenitt

Die Frage nach der Homogenitt der Funktion f (s, e˙ ) hat wichtige physikalische Implikationen. Bekanntlich heißt eine Funktion „homogen n-ter Ordnung“, wenn f(lx) = ln f(x) gilt. So ist die Funktion f (x) = 5 x homogen 1. Ordnung, und die Funktion f(x) = 3x4 ist homogen 4. Ordnung, whrend die Funktion f (x) = 2 + 3 x nicht homogen ist. Ist nun die Funktion f(s, e˙ ) homogen 1. Ordnung in s, so bedeutet dies, dass die Spannungsrate s˙ verdoppelt bzw. verzehnfacht wird, wenn die Spannung s verdoppelt bzw. verzehnfacht wird. Dies impliziert, dass jede Steifigkeit proportional zur Spannung ist. Eine Folge davon ist, dass normierte Spannungs-Dehnungs-Kurven (etwa die Darstellungen von s1/s3 ber der Dehnung e1 bei Triaxialversuchen mit unterschiedlichen Seitenspannungen s3) zusammenfallen wrden. Dies wiederum htte zur Folge, dass Reibungs- und Dilatanzwinkel druckunabhngig wren. Dass diese Folgerungen nicht ganz realistisch sind, darauf wird in Abschnitt 4.4 hingewiesen. Um das Stoffgesetz besser an die Realitt anzupassen, sollte der Homogenittsgrad kleiner als 1 gewhlt bzw. sollte ein nicht-homogenes Stoffgesetz herangezogen werden. Die Homogenitt hinsichtlich der Spannung ist wichtig fr die Auswertung von Modellversuchen, die in geometrisch verkleinertem Maßstab durchgefhrt werden. Wre das Stoffgesetz homogen 1. Ordnung hinsichtlich s, so wren durch das Eigengewicht hervorgerufene Spannungen und Steifigkeiten im Modell gerade um den geometrischen Maßstabsfaktor kleiner als im Prototyp, insofern wrden auch Verschiebungen um denselben Faktor kleiner sein. Da dem nicht so ist, werden fr geometrisch verkleinerte Modellversuche im Labor Zentrifugen herangezogen. Mit ihrer Hilfe werden gravitationsbedingte Spannungen knstlich erhçht. Der Maßstabseffekt infolge Korngrçße bleibt dabei jedoch unbercksichtigt. Ist die Funktion f(s, e˙ ) homogen 1. Ordnung bez. e˙ , so bedeutet dies physikalisch, dass das betrachtete Material ratenunabhngig (rate independent) ist, d. h. die jeweils erreichte Spannung hngt nicht von der Geschwindigkeit (Rate) ab, mit welcher die Deformation herbeigefhrt wurde. Der mathematische Ausdruck dafr ist, dass die Spannung invariant gegenber Streckungen der Zeitskala ist. Bei ratenunabhngigen Stoffen treten weder Kriechen noch Spannungsrelaxation auf, die Geschwindigkeit, mit welcher Laborversuche durchgefhrt werden, ist irrelevant, und keine der Stoffkonstanten hat die Dimension der Zeit.

5.5

Invarianz, Isotropie, Objektivitt

Der Begriff der Invarianz ist von besonderer Bedeutung fr Stoffgesetze. Invarianz bezieht sich immer auf spezielle Vernderungen bzw. Transformationen. Bei Stoffen gibt es Bewegungen, welche das Stoffverhalten unverndert lassen. Solche Transformationen bilden eine mathematische Gruppe, die sog. Isotropiegruppe des Materials. Zum Beispiel lassen volumentreue Scherungen das Verhalten von sog. einfachen Fluiden unverndert. Man kann etwa Wasser in einem Glas umrhren, und dies kann durch nachtrgliche mechanische Versuche am Wasser nicht entdeckt werden. An sog. isotropen Stoffen kann man vorangegangene Drehungen mechanisch nicht entdecken. Ist ein Fels isotrop, so ist es fr einen einaxialen Kompressionsversuch unerheblich, in welche Richtung die Kernprobe gewonnen worden ist. Bei geschiefertem Fels besteht die Isotropiegruppe aus allen Drehungen um eine Achse, die senkrecht zur Schieferungsebene ist. Bei Stoffgesetzen der Form s˙ = f(s, e˙ ) induziert eine nicht-hydrostatische Spannung eine Anisotropie, welche in der Bodenmechanik „induzierte Anisotropie“ heißt. Ist das Material von sich aus (inhrent) anisotrop (etwa infolge parallel ausgerichteter Tonplttchen oder bei Schieferung), so muss in die Variablenliste der Funktion f ein weiterer Parameter auf-

262

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

genommen werden, welcher die Richtung, etwa der Tonplttchen, angibt. Dieser Parameter ist ein Einheitsvektor n oder daraus gebildete Produkte, etwa n n bzw. ni nj, das Stoffgesetz hat dann die Form s˙ = f (s, e˙ , n). Wechsellagerungen aus isotropen Bçden unterschiedlicher Kompressibilitt verhalten sich als Ganzes wie ein inhrent anisotroper Boden. Von besonderer Bedeutung ist die Invarianz gegenber willkrlichen Festlegungen wie Festlegung des Zeitnullpunktes oder der Ausrichtung des Bezugskoordinatensystems. Diese Invarianz heißt Objektivitt und muss von allen Stoffen erfllt werden, hat aber einschneidende mathematische Implikationen fr das Stoffgesetz. Zum Beispiel wre die Bercksichtigung der Zeit t durch ein Stoffgesetz der Form s˙ = f(s, e˙ , t) nicht objektiv, denn t hngt von der willkrlichen Festlegung des Zeitnullpunktes ab. Hingegen wre dieses Stoffgesetz sinnvoll fr Stoffe, deren Eigenschaften sich mit der Zeit verndern (altern), z. B. fr einen abbindenden Beton. Dort wre der Zeitnullpunkt durch ein objektives Ereignis (etwa das Anmachen des Betons) festgelegt. Genauso muss ein Stoffgesetz die Ergebnisse etwa eines Triaxialversuchs objektiv wiedergeben, d. h. unabhngig davon, ob sich das Bezugssystem (der Beobachter) oder die Triaxialpresse in der Versuchshalle bewegen. Fr die korrekte mathematische Bercksichtigung dieser Forderung sei auf [65] verwiesen. Es sollte hinzugefgt werden, dass die zeitliche Ableitung der Spannung s˙ keine in diesem Sinne objektive Grçße ist. Es lassen sich aber objektive Zeitraten durch Hinzunahme von Korrekturtermen bilden (so z. B. die Zaremba-Jaumann-Rate). Die Korrekturterme sind meist recht klein und haben somit eine eher akademische Bedeutung, ihre Bercksichtigung verlangt aber viele subtile berlegungen und gibt immer wieder Anlass zu Diskussionen.

5.6

Eindeutigkeit

Die Frage nach der Eindeutigkeit eines Stoffgesetzes ist nicht nur mathematisch interessant, sondern hat auch gravierende Implikationen fr Numerik und Versuchstechnik. Ein inkrementelles Stoffgesetz dsij = f(dekl) liefert bei Vorgabe aller Komponenten von dekl die zugehçrigen Komponenten dsij. Entsprechend liefert die inverse Beziehung deij = f –1(dskl) die Komponenten von deij. Es fragt sich nun, ob diese Beziehungen eindeutig und invertierbar sind. Die Frage nach der Eindeutigkeit sollte auch dann gestellt werden, wenn von den 6 voneinander unabhngigen Dehnungsinkrementen nur n < 6 vorgegeben werden und dazu noch 6 – n Spannungsinkremente. Das Stoffgesetz sollte dann die jeweils dazugehçrigen Spannungs- bzw. Verformungsinkremente liefern. Es lsst sich zeigen [48], dass Stoffgesetze nur dann in diesem Sinn eindeutig sind, wenn die Bedingung dsij deij > 0

(3)

gilt. Diese Bedingung verlangt, dass das zu jedem dekl zugehçrige Spannungsinkrement dsij einen positiven Wert fr die zweite Variation der Arbeit (auch „Arbeit(sinkrement) 2. Ordnung“ oder second order work genannt) dsij deij liefern soll. Ein ratenunabhngiges Stoffgesetz dsij = dsij (dekl) lsst sich auch in der Form dsij = Mijkl dekl schreiben, wobei Mijkl von der Spannung sij und von der Richtung de0kl :¼ dekl =jdekl j abhngen kann. Bei Positivitt von dsij deij ist die Matrix Mijkl positiv definit. Der Verlust der Eindeutigkeit des Stoffgesetzes impliziert, dass bei Laborversuchen die Verformung der Probe nicht durch die Vorgabe von Randverschiebungen und Randspannungen kontrollierbar ist. Bei sog. Elementversuchen geht die Homogenitt der Verformung verloren, es tritt eine sog. Verzweigung auf, wobei meist die Verformung innerhalb dnner Scherfugen lokalisiert wird. Der Verlust der Eindeutigkeit wird von vielen numerischen Lçsungsverfahren nicht verkraftet, denn die zu lçsenden Gleichungssysteme erhalten eine

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

263

verschwindende Determinante. Was dann passiert, kann man salopp so formulieren, dass der Computer nicht weiß, welche Lçsung er verfolgen soll (es wird blicherweise ein Gleichungssystem mit verschwindender Determinante angetroffen).9) Diese mathematische „Unzulnglichkeit“ widerspiegelt aber einen realen Sachverhalt: Auch in der Natur treten Situationen auf, wo es zu einer Verzweigung kommt. Dies manifestiert sich z. B. dadurch, dass eine Triaxialprobe nicht mehr homogen verformt wird, sondern ausbaucht oder von Scherfugen durchsetzt wird. Bei numerischen Anwendungen versucht man, auch nach dem Auftreten von Bifurkationen weiterzurechnen. Eine netzunabhngige Lçsung kann dann nur unter Heranziehung weiterer Annahmen (sog. Regularisierung) zum Stoffverhalten gelingen. Meist sind solche Annahmen recht willkrlich, denn sie betrachten untergeordnete Effekte (z. B. Cosserat-Effekte, s. Abschn. 7.7), die kaum messbar sind.

5.7

Maßstabseffekt

Alle Stoffgesetze, die eine Beziehung zwischen Spannung und Dehnung vermitteln, sind Feldtheorien, sie betrachten den Boden als ein Kontinuum und geben sein Verhalten lokal an, d. h. an materiellen Punkten. Deshalb kommen in solchen Stoffgesetzen blicherweise keine Stoffkonstanten mit der Dimension einer Lnge vor. Die so beschriebenen Stoffe heißen „einfache Stoffe“ [65] und zeichnen sich u. a. dadurch aus, dass sie keinen Maßstabseffekt kennen. Dies bedeutet beispielsweise, dass ein Triaxialversuch dieselbe Spannungs-Dehnungs-Linie ergeben wrde, ungeachtet der Abmessungen der untersuchten Probe. Es gibt aber Hinweise dafr, dass es bei Boden und insbesondere bei Fels einen Maßstabseffekt gibt [8, 7, 61]. Eine Mçglichkeit, dies numerisch zu modellieren, ist, geeignet verteilte Anfangsinhomogenitten (Defekte) anzunehmen.

5.8

Kontinuumsmechanische und diskrete Betrachtungen

Die Stoffgesetze der Bodenmechanik sind im Rahmen der Kontinuumsmechanik formuliert, d. h. der Boden wird als Kontinuum abstrahiert, die Kçrner und alle ihre Eigenschaften werden als kontinuierlich verschmiert angenommen, und man arbeitet mit stetigen Ortsfunktionen, die auch Felder genannt werden (z. B. Verschiebungsfeld, Spannungsfeld u. .). Dies hat den Vorteil, dass man den leistungsfhigen mathematischen Apparat der Infinitesimalrechnung anwenden kann. In Zusammenhang mit der Leistung moderner Computer ist neuerdings die Alternative aufgekommen, den Boden als Anhufung vieler (etwa kugelfçrmiger) Kçrner zu betrachten, welche als einzelne Kçrper in der Berechnung bercksichtigt werden. Diese sog. diskrete (oder atomistische) Betrachtungsweise drngt sich bei Boden angesichts seiner kçrnigen Struktur geradezu auf, ist aber auch bei der sonstigen Materie, die aus Atomen bzw. Moleklen aufgebaut ist, eine Alternative zu der kontinuierlichen Betrachtung. So werden bei bodenmechanischen Untersuchungen immer çfter diskrete numerische Simulationen herangezogen (etwa nach der sog. Discrete Element Method (DEM) [12]). Die Frage, welche die bessere Betrachtungsweise ist, lsst sich nicht eindeutig beantworten. Im Grunde genommen geht es darum, wie der jeweils betrachtete Kçrper im Modell aufgebaut (zusammengesetzt) ist: • Bei der Kontinuumsmechanik werden unendlich viele einzelne Punkte und die Deformation ihrer infinitesimalen Umgebung betrachtet. Fr numerische Simulationen wird stellvertretend fr die unendlich vielen Punkte eine endliche Untermenge reprsentativer Punkte samt ihrer finiten Umgebung (Finite Elemente) betrachtet. 9)

Selbstverstndlich kann auch der Fall eintreten, dass die Berechnung wegen anderer Unzulnglichkeiten nicht fortgesetzt bzw. keine Lçsung gefunden werden kann.

264

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

• Bei diskreten Methoden werden einzelne Kçrner samt ihrer Wechselwirkung betrachtet (bei manchen diskreten Methoden werden die Einzelkçrner als deformierbar angesehen, wodurch man sich wieder zur kontinuumsmechanischen Betrachtung hinbegibt). In beiden Fllen kommt es auf einen realistischen Ansatz fr die Wechselwirkung zwischen den Punkten bzw. den Kçrnern an. Bei der Kontinuumsmechanik geschieht das mit Spannungs-Dehnungs-Beziehungen (Stoffgesetzen), whrend bei der diskreten Betrachtung geeignete Federn, Gleitelemente und Dmpfer zwischen den Kçrnern angesetzt werden. Oft erscheint die diskrete Betrachtungsweise als die direktere und physikalischere. Man muss aber bedenken, dass man aus Laborversuchen Spannungs-Dehnungs-Beziehungen und keine Korn-zu-Korn-Wechselwirkung erhlt. Stoffgesetze fr Kornkontakte sind schwer zu formulieren bzw. zu berprfen.

6

Hierarchie und Bestandteile von Stoffgesetzen

6.1

Lineare Elastizitt

Fr ein linear-elastisches isotropes Material wird die Spannungs-Dehnungs-Beziehung durch das Gesetz von Hooke angegeben, wo zwei Materialparameter vorkommen. Dafr kann man z. B. die Lam-Parameter l und m verwenden. Damit lautet das Hooke’sche Gesetz wie folgt: sij = lekk dij + 2meij bzw. eij ¼ 

lskk 1 d ij þ sij 2mð3l þ 2mÞ 2m

Hierbei ist dij das Kronecker-Symbol (dij = 0 fr i „ j, dij = 1 fr i = j) und es sind die Indexschreibweise und die Summationskonvention benutzt worden. Ausgeschrieben lautet das Hooke’sche Gesetz: 0 1 0 1 0 1 e11 e12 e13 1 0 0 s11 s12 s13 @ s21 s22 s23 A ¼ lðe11 þ e22 þ e33 Þ  @ 0 1 0 A þ 2m  @ e21 e22 e23 A 0 0 1 s31 s32 s33 e31 e32 e33 oder, in etwas abgekrzter Schreibweise: sij ¼ l

3 X

ekk  d ij þ 2m  eij

k¼1

P Nach der Summationskonvention wird das Summenzeichen ausgelassen, und es wird ber doppelt geschriebenen Indizes (hier: k) automatisch summiert: ekk = e11 + e22 + e33. Die Grçße m wird auch als Schubmodul G (m ” G) bezeichnet. Man kann das Hooke’sche Gesetz auch mit den Grçßen G und v schreiben, wobei v die Poisson-Zahl ist: sij ¼ 2G eij þ bzw. eij ¼

v ekk d ij 1  2n

  1 v sij  skk d ij 2G 1þn

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

265

Das Hooke’sche Gesetz kann auch mit dem Elastizittsmodul (Young’s modulus E) und der Poisson-Zahl n ausgedrckt werden: sij ¼

E nE eij þ ekk d ij 1þn ð1 þ nÞ  ð1  2nÞ

eij ¼

1 ½ð1 þ nÞsij  nskk d ij

E

bzw.

Folgende Beziehungen gelten zwischen den verschiedenen Grçßen: n¼

l 2ðl þ mÞ



nE ð1 þ nÞð1  2nÞ



mð2m þ 3lÞ lþm

m G¼

E 2ð1 þ nÞ

Auch der Kompressionsmodul B bzw. K wird oft als Materialparameter verwendet: B K¼

E 3ð1  2nÞ

Manche Autoren schreiben Spannung und Verformung als 6-komponentige Vektoren. Wegen der Symmetrie (sij = sji, eij = eji) werden die Komponenten s21 usw. ausgelassen, weil sie identisch zu s12 usw. sind. Das Hooke’sche Gesetz lautet dann: 0 1 0 1 0s 1 e11 0 0 0 1 n n 11 B e22 C B s22 C 0 B C 0 0 n 1 n B C C CB B e33 C 1 B C 0 CB 0 0 1 n n B B s33 C C¼ B B C B e12 C E B 0 B 0 0 0 0 2ð1 þ vÞ s C B 12 C B C C @ 0 A@ @ e23 A 0 2ð1 þ nÞ 0 0 0 s23 A 2ð1 þ nÞ 0 0 0 0 e13 s13 Das Hooke’sche Gesetz ist berhaupt das einfachste Stoffgesetz fr Feststoffe. Fr einige Randwertprobleme erlaubt es daher strenge analytische Lçsungen, die gerne als Referenzlçsungen herangezogen werden. Man muss sich aber stets vor Augen halten, dass es viele Geomaterialien gibt, auch Festgesteine, fr welche eine lineare Beziehung zwischen Spannung und Verformung selbst fr relativ kleine Dehnungen nicht existiert. Die Anpassung einer linearen Beziehung an eine nichtlineare Kurve kann dann recht willkrlich ausfallen.

6.2

Elastoplastische Stoffgesetze

Die Verformung (Dehnung) wird in einen elastischen und einen plastischen Anteil aufgespalten: eij ¼ eeij þ epij

266

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Eine sog. Fließfunktion f(sij, epij ) wird so eingefhrt, dass die Gleichung f = 0 die sog. Fließflche definiert, welche den sog. elastischen Bereich einschließt. Sog. ideale Plastizitt liegt vor, wenn f nicht von epij abhngt, whrend die Abhngigkeit der Funktion f von epij die sog. Verfestigung konstituiert.10) Mithilfe der Fließfunktion lsst sich Belastung wie folgt definieren: f ¼0

und

@f dsij > 0 @ sij

whrend Entlastung gegeben ist fr f y gilt (Bild 16). Hingegen darf sie fr undrnierten Ton angenommen werden, denn dort gilt j = y (= 0). Da die Flchen f = 0 und g = 0 Hauptbestandteile von elastoplastischen Modellen sind, sind ihre geometrischen Darstellungen im dreidimensionalen Hauptspannungsraum die primre (und oft einzige) Beschreibung dieser Modelle.12) Von besonderer Bedeutung im Hauptspannungsraum sind die Hauptraumdiagonale, d. h. die Gerade s1 = s2 = s3,13) sowie die Ebenen senkrecht dazu, die sog. Deviatorebenen. Spannungstensoren kçnnen als Vektoren im Hauptspannungsraum dargestellt werden. Die Aufteilung eines Tensors in hydrostati1 schen und deviatorischen Anteil, sij ¼ skk d ij þ s ij , wird im Hauptspannungsraum dar3 gestellt durch die Aufspaltung in einen Teil in Richtung der Hauptraumdiagonalen, den hydrostatischen Anteil, und einen Anteil senkrecht dazu, den deviatorischen Anteil. Letzterer kann mit Schubspannungen verknpft werden. Die Tatsache, dass die Scherfestigkeit mit dem hydrostatischen Spannungsanteil zunimmt (vermçge der Reibung), bedingt, dass die Fließflche sich mit wachsendem hydrostatischen Anteil aufweitet, sie wird daher oft wie ein Kegel dargestellt (Bild 17).14) Da ein Kegel eine offene Flche ist, wird der elastische Bereich oft durch eine sog. Kappe abgeschlossen. Sie ist derjenige Teil der Fließflche, der durch Volumenverkleinerung (Verdichtung, z. B. bei çdometrischer Kompression) aufgeweitet wird. Nachfolgend sind Eigenschaften einiger gebruchlicher elastoplastischer Stoffgesetze aufgefhrt und kommentiert. Detailliertere Zusammenstellungen von vielen bodenmecha12)

13) 14)

Darstellungen im Hauptspannungsraum sind nur fr sog. Quaderverformungen (rectilinear extensions), d. h. fr Bewegungen ohne Hauptachsendrehung sinnvoll. s1 , s2 , s3 sind die Hauptspannungen. Die Erzeugende dieses Kegels muss nicht notwendigerweise ein Kreis sein.

268

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Bild 17. Fließflche nach Mohr-Coulomb und Schnitte durch verschiedene Fließflchen in der Deviatorebene

nischen Stoffgesetzen, teilweise mit ihrer Bewertung, findet man z. B. in [10, 15, 25, 41, 50]. Falls nicht ausdrcklich anders erwhnt, sind alle Spannungen als effektiv zu betrachten. 6.2.1

Elastizitt

Elastische Stoffgesetze sind fr die Beschreibung des Bodenverhaltens in den meisten Fllen ungeeignet, da die Spannungen nicht durch eine Grenzzustandsflche eingeschrnkt sind, die Bodensteifigkeit konstant bleibt und Dilatanz ausgeschlossen ist. Allerdings zeigt sich in Experimenten ein quasi-elastisches Verhalten im Bereich kleiner Dehnungen (s. Abschn. 4.7), was den Einsatz von elastischen Stoffgesetzen fr bodendynamische Berechnungen in vielen Fllen rechtfertigt. Eine Reihe von Stoffgesetzen (z. B. die Kompressionsgleichung nach Ohde [49], das Stoffgesetz von Duncan/Chang [16] oder die Modelle fr die Steifigkeit bei kleinen Dehnungen [30]) benutzt spannungs- bzw. dehnungsabhngige Elastizittsmodule, womit eine nichtlineare Beziehung zwischen Spannungen und Dehnungen beschrieben wird. Diese empirischen Anstze sind bei der Wiedergabe der richtungsabhngigen Steifigkeiten problematisch und eignen sich daher hçchstens fr monotone Belastungen mit eingeschrnkten Richtungen von Spannungs- bzw. Dehnungspfaden. Der Grenzzustand wird meistens nur vereinfacht eingebettet. 6.2.2

Ideale Plastizitt

Idealplastische Stoffgesetze werden i. d. R. nach der Bedingung fr den Grenzzustand genannt. Das verbreitetste ist das Mohr-Coulomb-Stoffgesetz, dessen kegelfçrmige Fließflche (Bild 17) durch die Gleichung f = (smax – smin) – (smax + smin) · sin j – 2 c cos j beschrieben wird, wobei smax und smin die maximale und die minimale Hauptspannung sind. Innerhalb der Fließflche wird linear-elastisches Verhalten angenommen. Eine Kappe ist nicht definiert, das Stoffgesetz ist daher fr Kompressionsrichtungen linear-elastisch und z. B. fr çdometrische Kompression nicht geeignet, da es nur elastische Zusammendrckung voraussagt.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

269

Bild 18. Volumendehnungskurven fr den Triaxialversuch nach dem Mohr-Coulomb-Stoffgesetz: Kontraktanz im elastischen Bereich und Dilatanz (a) bzw. volumentreues Verhalten (b) im plastischen Bereich. Im elastischen Bereich gilt e_ v =e_ 1 ¼ 1  2n

Das plastische Potential g = (smax – smin) – (smax + smin) · sin y + const mit dem Dilatanzwinkel y erlaubt sowohl assoziierte (j = y) als auch nicht-assoziierte (j > y) Fließregel und gibt somit dilatantes bzw. volumentreues Verhalten im plastischen Bereich wieder (Bild 18). Der Reibungswinkel j und der Dilatanzwinkel y sind spannungs- und dichteunabhngig, was die Bercksichtigung von Barotropie und Pyknotropie (Abschn. 4.4) ausschließt. Im elastischen Bereich bleibt die Bodensteifigkeit konstant, und bei hçheren mittleren Spannungen vergrçßert sich nur die elastische volumetrische Zusammendrckung (Bild 19 a). Die

Bild 19. Bodenverhalten im Triaxialversuch nach dem Mohr-Coulomb-Stoffgesetz: dichter Boden bei zwei verschiedenen Seitendrcken (a) und lockerer Boden bei zyklischer Beanspruchung (b)

270

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Bild 20. Spannungspfade nach dem Mohr-Coulomb-Stoffgesetz: dometerversuch (a) und undrnierter Triaxialversuch (b)

Verringerung der Dilatanz bei hçheren Spannungen wird jedoch nicht modelliert. Unbegrenzte Auflockerung ist mçglich, in einigen Software-Implementierungen wird sie daher willkrlich abgebrochen. Entlastung und Wiederbelastung decken sich mit der Erstbelastung (Bild 19 b), was zu unrealistisch niedriger Steifigkeit in diesen Fllen fhrt. Das volumetrische Verhalten bei einer Entlastung ist sogar grundstzlich falsch, da das Modell eine Auflockerung (infolge Elastizitt) vorhersagt, whrend Versuchsergebnisse eine Verdichtung bei Deformationsumkehr aufweisen (s. Bild 7 c im Abschn. 4.3). Der Spannungspfad unter çdometrischen Bedingungen bleibt linear-elastisch, und seine Steigung wird allein durch die Poisson-Zahl v kontrolliert (Bild 20 a): K0 = s2/s1 = v/(1 – v). Dementsprechend ist keine Erhçhung von K0 durch Vorbelastung mçglich (vgl. Versuche im Bild 3). Die Elastizitt bestimmt auch den Spannungspfad fr undrnierte Triaxialversuche (Scherbeanspruchung). Die Bedingung der Volumenkonstanz e_ v ¼ 0 verhindert eine nderung der mittleren effektiven Spannung p0 , was in einen vertikalen Spannungspfad im p0 -q-Diagramm resultiert (Bild 20 b). Fr einen lockeren bzw. weichen Boden fhrt dies zur deutlichen berschtzung des Scherwiderstandes qmax (vgl. Versuche im Bild 11). 6.2.3

Plastizitt mit isotroper Verfestigung

Elasto-plastische Stoffgesetze mit isotroper Verfestigung sind durch mindestens eine Fließflche gekennzeichnet, die ihre Grçße durch Streckung bezglich eines Punktes ndern kann. Eine solche Fließflche kann mit f(sij, h) = 0 beschrieben werden. Der skalare Faktor h ist eine Funktion der Invarianten der plastischen Dehnung und skaliert die Grçße der Fließflche. Die Entwicklung von h wird als Verfestigungsgesetz (hardening law) bezeichnet. Der Verfestigungsparameter h stellt eine Zustandsvariable dar, deren Anfangswert hufig schwer zu bestimmen ist. Oft werden entweder nur die deviatorische oder nur die volumetrische Invariante der plastischen Dehnung fr das Verfestigungsgesetz verwendet. Dementsprechend spricht man von deviatorischer (Bild 21 a) oder von volumetrischer (Bild 21 b) Verfestigung. Die Fließflchen mit volumetrischer Verfestigung erinnern an Kappen, die die im Spannungs-

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

271

Bild 21. Deviatorische (a) und volumetrische (b) isotrope Verfestigung. Zusammengesetzte Fließflche mit sowohl deviatorischer als auch volumetrischer Verfestigung (c)

raum fr den Grenzzustand fixierte Fließflche schließen. Daher werden solche Stoffgesetze oft als Cap-Modelle bezeichnet [60]. Manchmal werden zwei (oder mehrere) Fließflchen von beiden Typen kombiniert [35, 69] (Bild 21 c), was jedoch zu Kanten in deren Schnittkurven fhrt. Eine glatte Fließflche fr sowohl deviatorische als auch plastische Verfestigung ist ebenfalls mçglich [47]. Das Verhalten innerhalb der Fließflche bleibt elastisch. Außerdem kann im plastischen Bereich keine inhrente Anisotropie modelliert werden. Eine Rotation der Hauptspannungsachsen wird ebenfalls nicht bercksichtigt. Die meisten elastoplastischen Modelle mit deviatorischer Verfestigung schließen kritische Zustnde (s. Abschn. 4.6) nicht ein, was zu Inkonsistenzen bei grçßeren Scherverformungen fhrt. Ein und derselbe Boden muss bei zwei verschiedenen Lagerungsdichten bzw. Konsistenzen als zwei unterschiedliche Stoffe modelliert werden (d. h. mit verschiedenen Stoffparametern). Und dies, obwohl der Anfangszustand des Bodens in Wirklichkeit durch eine ausreichende Scherdeformation berdrckt, d. h. „vergessen“ wird. Eine realistische Simulation von Randwertproblemen mit einer starken Dichtenderung (z. B. Hohlraumaufweitung) ist dadurch kaum mçglich. Cam-Clay-Modelle Auch Cam-Clay-Modelle gehçren zur Familie der Stoffgesetze mit isotroper (meistens volumetrischer) Verfestigung. Das sog. Original-Cam-Clay- und das Modified-Cam-ClayModell sind die ersten elastoplastischen Stoffgesetze, die direkt fr Boden konzipiert wurden [58, 62]. Die Fließflche ist hufig eine Ellipse, wobei der kritische Zustand mit einem Kegel (Grenzzustand nach Drucker-Prager) beschrieben wird. Eine Mehrzahl von Cam-Clay-Modellen verwendet die Porenzahl als Verfestigungsparameter, was durch die Einbeziehung von kritischen Zustnden ermçglicht wird (Bild 22 a). Es gibt eine ganze Reihe von CamClay-Stoffgesetzen. Sie sind i. d. R. zur Beschreibung von weichen, normalkonsolidierten bzw. leicht berkonsolidierten Bçden gut geeignet (Bild 22 b), nur das Spannungsverhltnis im K0-Zustand wird berschtzt. Zunchst wurden die Cam-Clay-Modelle nur zur Interpretation von Triaxialversuchen aufgestellt, deshalb kamen in den ursprnglichen Versionen nur die Verformungsvariablen 2 eq :¼ ðe1  e3 Þ und ev := e1 + 2 e3 sowie die Spannungsvariablen q := s1 – s3 und 3

272

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Bild 22. Fließflchen (a) und undrnierter Spannungspfad von normal-konsolidiertem Boden (b) bei Cam-Clay-Modellen

1 p0 :¼ ðs1 þ 2s3 Þ vor.15) Dabei ist e1 die Dehnung in axialer Richtung und e2 ” e3 die 3 Dehnung in radialer Richtung. Die Verallgemeinerung auf allgemeine Spannungs- und Verformungstensoren erfolgt dadurch, dass man die o. g. Variablen als Invarianten interpretiert: 1 1 ev :¼ ekk ¼ e11 þ e22 þ e33 ; p0 ¼ skk ¼ ðs11 þ s22 þ s33 Þ 3 3 ffi rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 2 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 4 2 2 2 2 2 2 eq :¼ pffiffiffi eik eki ¼ ðe þ e22 þ e33  e11 e22  e11 e33  e22 e33 Þ þ 2ðe12 þ e13 þ e23 Þ 9 11 6 rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 3 q :¼ s s ¼ s211 þ s222 þ s233  s11 s22  s11 s33  s22 s33 þ 3ðs212 þ s213 þ s223 Þ 2 ik ki Der Kegel-Anteil der Fließflche beschreibt den kritischen Zustand und wird durch q ¼ Mp0 gegeben,16) wobei M mit dem Reibungswinkel jc beim kritischen Zustand in der Triaxialkompression durch M = 6 sin jc /(3 – sin jc) in Bezug gebracht wird. Die Kappe wird durch eine Ellipse im q-p¢-Raum gegeben: f ¼ q2  M2 ½p0 ðpc  p0 Þ ¼ 0 wobei pc die entsprechende hydrostatische Konsolidierspannung ist und als Verfestigungsparameter dient, indem sie mit der plastischen Volumendehnung durch p_ c ¼ pc

1þe p e_ lk v

in Bezug gebracht wird. l und k sind Stoffparameter, die durch Anpassung von hydrostatischer Erstbelastung und Entlastung an die Beziehungen e = e0 – l lnðp0 =p0 Þ und e = e1 – k lnðp0 =p1 Þ gewonnen werden. Die Fließregel fr die elliptische Fließflche ist 15)

16)

Die Faktoren 23 und 13 sind dazu da, damit der Ausdruck p0 ev þ qeq identisch ist mit s1 e1 þ s2 e2 þ s3 e3 (= Verformungsarbeit pro Volumeneinheit). Dieser Kegel entspricht dem Drucker-Prager-Modell, was zur berschtzung des Scherwiderstandes in ebenen bzw. 3-D-Berechnungen fhren kann.

273

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

assoziiert, d. h. es wird f = g angesetzt. Innerhalb der Fließflche finden nur nichtlinearelastische Verformungen statt: e_ ev ¼

k p_ 0 ð1 þ eÞp0

;

e_ eq ¼

2 1þv k p_   9 1  v ð1 þ eÞp0

v ist die Poisson-Zahl. Anstelle von v wird oft der Schubmodul G verwendet, wofr die o. g. Gleichungen entsprechend angepasst werden. 6.2.4

Plastizitt mit kinematischer bzw. kombinierter Verfestigung

Mit der Aufweitung der Fließflche bei isotroper Verfestigung vergrçßert sich auch der elastische Bereich. Vor allem das Verhalten von berkonsolidierten Bçden bleibt damit rein elastisch, was die bekannten Nachteile (Abschn. 6.2.1) mit sich bringt. Das zyklische Verhalten kann auch nicht reproduziert werden. Die Einfhrung einer bzw. mehrerer Fließflchen, die ihre Grçße beibehalten und dabei durch den Spannungsraum mitgeschleppt werden kçnnen, bietet die Behebung einiger Nachteile der isotropen Verfestigung. Die Rotationsverfestigung (rotational hardening, Bild 23) fhrt eine zustzliche Kegelfließflche in das Stoffgesetz ein, die sich innerhalb des fr den Grenzzustand definierten Kegels bewegen kann. Die Bewegung wird durch die Verschiebung des Spannungspunkts in der Deviatorebene kontrolliert. Dieses Verfahren wurde erfolgreich z. B. fr die Simulation von anisotrop konsolidiertem, lockerem Sand angewendet [56, 57]. Noch etwas weiter geht die kinematische Translationsverfestigung, siehe Bild 23. In diesem Fall kann sich eine bewegliche Fließflche (i. d. R. sind es mehrere, ineinander geschachtelte Fließflchen) innerhalb der Grenzflche beliebig verschieben, was vor allem fr die Beschreibung von komplexen Spannungspfaden mit mehreren Richtungsumkehrungen herangezogen wird [40]. Die mathematische Formulierung einer Fließflche mit kinematischer Verfestigung lautet f(sij – aij, h) = 0 wobei die tensorielle Zustandsvariable aij die Lage der Fließflche festlegt. Die Entwicklungsgleichung fr aij ist auch tensorieller Natur und muss i. d. R. viele Bedingungen erfllen (z. B. gemeinsame Tangente fr beide Fließflchen im Grenzzustand). Solche Stoffgetze sind mathematisch entsprechend kompliziert.

Bild 23. Rotationsverfestigung: Eine kleinere Kegel-Fließflche kann sich innerhalb des fr den Grenzzustand definierten Kegels bewegen

274

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Bild 24. Translationsverfestigung: Eine kleinere ellipsoidfçrmige Fließflche kann sich innerhalb des fr den Grenzzustand definierten Ellipsoids bewegen

Einen Sonderfall der kinematischen Verfestigung mit einer inneren (loading) und einer ußeren (bounding) Fließflche stellt die Theorie der sog. Bounding-Surface-Plastizitt dar [13, 14]. Sie ermçglicht einen sprunglosen Abbau der plastischen Steifigkeit bei Belastung, indem sie im Verfestigungsgesetz den Abstand vom Grenzzustand bercksichtigt. Die Richtung der Dehnungsinkremente hngt nicht nur von der Spannung, siehe Gl. (5), sondern auch von der Spannungsrate ab. Aus dieser Annahme entwickelt sich auch die sog. verallgemeinerte Plastizitt (generalized plasticity) [51]. Theoretisch sind die elastoplastischen Stoffgesetze mit kinematischer Verfestigung fr vielfltige bodenmechanische Probleme gut geeignet, insbesondere fr zyklisches Verhalten oder Bercksichtigung hoher Steifigkeit bei kleinen Dehnungen (s. Abschn. 4.7). Es zeigt sich jedoch, dass ihre komplexe mathematische Struktur eine Anwendung meistens nur ihren Autoren ermçglicht. Darber hinaus ist die Bestimmung von Anfangswerten der tensoriellen Zustandsvariablen von entscheidender Bedeutung fr die Qualitt von Prognosen, diese Werte sind jedoch fr natrliche Bçden kaum messbar. Nicht zuletzt bleibt das Bodenverhalten innerhalb der kinematischen Fließflchen weiterhin elastisch. Trotzdem erfreuen sich Stoffgesetze dieser Gruppe einer Beliebtheit in der Forschung und werden intensiv weiterentwickelt [18, 38, 53, 63]. 6.2.5

Besondere Vorgehensweisen

Der Grundgedanke von sog. Multilaminate-Stoffgesetzen besteht in der Betrachtung einer großen Anzahl von beliebig orientierten Gleitflchen innerhalb eines Bodenelements [9, 55]. Das Verhalten an diesen Gleitflchen ist elastoplastisch, und plastische Verformung ist an mehreren Gleitflchen gleichzeitig mçglich. Das vollstndige Bodenverhalten ergibt sich aus der Summe der Deformationsbeitrge (Gleitungen) aus den einzelnen Gleitflchen. Endochronische Stoffgesetze (endochronic models) [5, 67, 68] enthalten als Zustandsvariable die sog. interne Zeit (intrinsic time), die ein Maß fr die Lnge des zurckgelegten Dehnungspfads ist, vgl. Abschnitt 4.7. Sie bençtigen keine explizite Schaltfunktion zwischen Be- und Entlastung, wodurch sie eine hnlichkeit zur Hypoplastizitt aufweisen. Viskoplastische Stoffgesetze teilen die Dehnungsrate in einen elastischen und einen viskoplastischen Teil auf e_ ij ¼ e_ eij þ e_ vp ij

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

275

und kçnnen somit zeitabhngiges Bodenverhalten modellieren (s. auch Abschn. 7.4). Es wird angenommen, dass e_ vp ij hnlich wie die plastische Dehnungsrate zu berechnen ist [52]: e_ vp ij ¼ L

@g @ sij

Der viskoplastische Parameter L ist eine Funktion der Fließflche f und liefert den Betrag von e_ vp ij ohne Bercksichtigung der Konsistenzbedingung (4). Somit kann der Spannungszustand auch außerhalb der Fließflche liegen (over-stress), was f > 0 bedeutet. Die Dehnungsrate kann ungleich null sein, e_ vp ij 6¼ 0, auch wenn die Spannungsrate im Fall von Kriechen verschwindet, s_ ij ¼ 0.

6.3

Hypoplastische Stoffgesetze

Ein Stoffgesetz s_ ij ¼ s_ ij ðskl ; e_ mn Þ, das linear in e_ mn ist, kann auch in der Form s_ ij ¼ Mijmn e_ mn dargestellt werden, wobei die Steifigkeitsmatrix Mijmn von skl abhngen kann. Nun weiß man, dass bei irreversibler Verformung die Steifigkeit von der Richtung der Verformung abhngt, d. h. von e_ 0mn :¼ e_ mn = je_ mn j. Die nchstliegende Erweiterung eines Stoffgesetzes ist daher: s_ ij ¼ ðMijmn þ Nij e_ 0mn Þe_ mn

(6)

Dabei hngen Mijmn und Nij von der Spannung sij ab. Gl. (6) kann auch in folgender Form geschrieben werden: s_ ij ¼ Mijmn e_ mn þ Nij je_ mn j pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi wobei je_ mn j ¼ e_ mn e_ mn ist und als Norm oder Betrag von e_ mn bezeichnet wird. Der Term Mijmn e_ mn stellt eine tensorwertige Funktion von skl und e_ mn dar, die linear in e_ mn ist. Der Term Nij stellt eine tensorwertige Funktion von skl dar. Fr beide Funktionen gibt es sog. Darstellungstheoreme, welche allgemeine Anstze fr die infrage kommenden Funktionen angeben. Beispielsweise besagt das Darstellungstheorem von Cayley-Hamilton, dass die Funktion Nij(skl) darstellbar in der Form Nij(skl) = a dij + b sij + c sik skj ist. Dabei sind a, b, c skalare Grçßen, die von sij abhngen.17) In der Literatur zur Hypoplastizitt wird oft die sog. p symbolische Notation anstatt der ffiffiffiffiffiffiffiffiffi Komponentenschreibweise verwendet: T = sij, D = e_ ij , trD2 ¼ je_ mn j. Als Spannungsrate wird nicht T˙, sondern T˚ verwendet, denn man kann zeigen, dass T˙ keine objektive Grçße ist, ˚ eine objektive Spannungsrate darstellen soll. Der Unterschied zwischen T˙ und wohingegen T ˚ macht zahlenmßig wenig aus, daher wird er hier nicht weiter verfolgt. T Es gibt verschiedene Versionen von hypoplastischen Stoffgesetzen [11, 21, 28, 32, 34, 39, 44, 45, 64, 72, 73], die sowohl fr grob- als auch fr feinkçrnige Bçden geeignet sind. Dadurch, dass sie auf die Darstellung von Fließflchen und plastischem Potential sowie ihrer Entwicklungen im Spannungsraum verzichten, zeichnen sich hypoplastische Stoffgesetze durch Einfachheit aus, die sich auch in ihrer Kalibrierung [4, 26, 27] und FEM-Implementierung niederschlgt [29]. Insbesondere sind hypoplastische Stoffgesetze nicht auf einen elastischen Bereich angewiesen, den es ja fr Bçden nicht gibt. Die meisten hypoplastischen 17)

Solche Grçßen sind Invarianten von sij.

276

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Bild 25. Hydrostatische Be-, Ent- und Wiederbelastung einer isotropen Probe (a). In den Punkten 1 und 2 (Be- und Wiederbelastung) sind die Deformationsrichtung und die Spannung identisch, und ein kleiner Unterschied in der Porenzahl e kann den großen Unterschied in den Steifigkeiten nicht erklren (b). Vergleiche Belastungskurve eines etwas dichteren Bodens (gestrichelt)

Stoffgesetze bercksichtigen Barotropie und Pyknotropie (Abschn. 4.4) und schließen kritische Zustnde (Abschn. 4.6) ein. In vielen hypoplastischen Stoffgesetzen wird der Bodenzustand durch effektive Spannung und Porenzahl charakterisiert. Dies ist jedoch fr die Beschreibung einer Wiederbelastung nicht ausreichend (Bild 25). Eine weitere tensorielle Zustandsvariable – intergranulare Dehnung – wurde deshalb eingefhrt [46]. Sie bezieht den Einfluss der Deformationsgeschichte ein und bercksichtigt somit die Effekte bei kleinen Dehnungen (Abschn. 4.7). Dadurch wird auch die Beschreibung des zyklischen Verhaltens ermçglicht.

6.4

Antwortumhllende

Die inkrementelle Steifigkeit spielt bei Stoffgesetzen eine zentrale Rolle. Vereinfachend kann man sie als Steigung der Spannungs-Dehnungs-Kurve veranschaulichen. Im Allgemeinen sind jedoch Spannung und Dehnung Tensoren, weshalb die so charakterisierte inkre-

Bildp 26.ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Antwortumhllende (response envelope): Fr vorgegebene Dehnungsraten mit konstantem Betrag ffi e_ ¼ e_ 21 þ 2e_ 22 (a) werden Spannungsraten berechnet (b). Der Deformationsrichtung 1 entspricht eine kleinere Steifigkeit als der Deformationsrichtung 2

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

277

mentelle Steifigkeit von den gewhlten Tensorkomponenten und von der Deformationsrichtung abhngt. Wenn man sich auf Achsialsymmetrie (e2 = e3, s2 = s3) beschrnkt, kann die inkrementelle Steifigkeit mit Antwortumhllenden (response envelopes) illustrativ dargestellt werden [19]. Fr alle mçglichen (vorgegebenen) Richtungen der Dehnungsraten werden die entsprechenden Spannungsraten mithilfe eines Stoffgesetzes berechnet pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi (s. Bild 26), wobei der Betrag der Dehnungsrate e_ ¼ e_ 21 þ 2e_ 22 konstant gehalten wird. Es zeigt sich, dass hypoplastische Stoffgesetze glatte (elliptische) und elastoplastische Stoffgesetze nicht-glatte, aus Segmenten zusammengesetzte Antwortumhllenden aufweisen [19, 74]. Durch die Darstellung der Antwortumhllenden bei verschiedenen (Spannungs) Zustnden kann man die Plausibilitt von Stoffgesetzen gut berprfen.

7

Besondere Fragestellungen

7.1

Wassergesttigter Boden

Die soweit betrachteten Stoffgesetze betreffen trockene oder drnierte wassergesttigte Bçden, in denen der Porendruck verschwindet (bzw. gleich dem atmosphrischen Druck ist) und daher keine Rolle spielt. Ansonsten stellt wassergesttigter Boden ein sog. Zweiphasenmedium dar, das aus einer festen Phase (Korngerst, Index s) und einer flssigen Phase (Porenfluid, meist Porenwasser, Index f) besteht. Zur theoretischen Behandlung mehrphasiger Stoffe geht man von der Vorstellung aus, dass jede Phase den Raum voll ausfllt, die flssige mit dem Volumenanteil n (Porositt) und die feste mit dem Volumenanteil 1 – n [70]. Feldgrçßen wie Dichte, Geschwindigkeit usw. werden jeder Phase zugeordnet und mit dem entsprechenden Index (s oder f) gekennzeichnet. Dabei muss man zwischen den „partialen“ und den „wirklichen“ Feldgrçßen unterscheiden. Zum Beispiel ist uf die Partialgeschwindigkeit des Porenwassers (auch Filtergeschwindigkeit genannt), und uf ist die wirkliche Geschwindigkeit des Porenwassers (auch Abstandsgeschwindigkeit genannt). Ebenso unterscheidet man zwischen der Partialdichte des Korngersts rs und der wirklichen Dichte (Korndichte, etwa rs = 2,7 g/cm3).18) Man erhlt die Partialgrçßen aus den wirklichen Grçßen durch Multiplikation mit dem entsprechenden Volumenanteil, z. B. rs = (1 – n)r s

(7)

uf = n u f

(8)

Die Gesamtdichte des Gemischs ergibt sich als die Summe der Partialdichten der einzelnen Phasen: r = rs + rf

(9)

Genauso lsst sich der auf ein Flchenelement mit dem Einheitsnormalenvektor n wirkende Spannungsvektor t zerlegen in die Partialspannungsvektoren des Korngersts und des Porenwassers: t = ts + tf

18)

(10)

Je nachdem, ob wirkliche oder partielle Feldgrçßen gemeint sind, werden die Indizes f bzw. s hochoder tiefgestellt.

278

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Fr die Partialspannung im Porenwasser gilt offensichtlich tf = npn bzw. pf = np, wobei p = p f die wirkliche Spannung im Porenwasser, d. h. der Porenwasserdruck ist. Die Partialspannung im Korngerst betrgt dann sij,s = sij – npdij. Man beachte, dass der hydrostatische Druck p meist auch in den einzelnen Kçrnern wirkt. Somit bertrgt das Korngerst den Anteil (1 – n)p des Porendrucks. Sind die Kçrner inkompressibel (was fr bliche Bçden angenommen werden darf), so hat dieser Anteil keinen Einfluss auf das Verhalten des Korngersts. Letzteres wird daher nur von der Differenz, der sog. effektiven Spannung s0ij := sij,s – (1 – n)pdij = sij – pdij, beeinflusst („Prinzip der effektiven Spannungen“). Stoffgesetze verknpfen die Verformung des Korngersts mit effektiven Spannungen.19) Zur analytischen oder numerischen Lçsung von Anfangsrandwertproblemen werden die Bilanzgleichungen fr Masse und Impuls in Partialdichten und Partialspannungen formuliert. Fr den quasistatischen Fall (verschwindende Beschleunigung) lauten sie:20)

@ t rf þ @ i ðrf nif Þ ¼ 0

(11)

 @ i rf þ rf b if  Ri ¼ 0

(12)

@ t rs þ @ i ðrs nsi Þ ¼ 0

(13)

 @ j sij;s þ rs bsi þ Ri ¼ 0

(14)

Hierbei bezeichnet das Symbol ¶ mit den Indizes t, i und j partielle Ableitungen nach t, xi und xj, b if und bsi sind die auf das Porenwasser bzw. auf das Korn wirkenden Massenkrfte (z. B. bfi ¼ bsi ¼ gi , wobei gi der Vektor der Erdbeschleunigung ist), und Ri ist die Volumenkraft, mit welcher das Porenwasser auf das Korngerst wirkt. Sie lautet: Ri ¼ p @ i n þ kðnif  nsi Þ

(15)

Der zweite Term ist mit dem Gesetz von Darcy21) verknpft, und es gilt k :¼

r f gn2 k

(16)

wobei k der Durchlssigkeitskoeffizient und g der Betrag der Erdbeschleunigung sind. Die Bercksichtigung der Randbedingungen bei wassergesttigtem Boden erfordert besondere Sorgfalt. Zum Beispiel erlegt man ber einen starren Filterstein dem Korngerst eine kinematische und dem Porenwasser eine statische Randbedingung auf. Wird eine totale Spannung als Randbedingung auferlegt, so muss man sich fragen, wie sie sich unter Korngerst und Porenwasser aufteilt. Wegen der Viskositt des Porenwassers (sie geht ber den

19)

20)

21)

Insofern sind in den vorangehenden Abschnitten immer die effektiven Spannungen gemeint. Unter der Annahme trockenen bzw. drnierten Bodens (d. h. Porenwasserdruck p = 0) gilt s0 ¼ s. Man spricht bei wassergesttigtem Boden von drnierten Verhltnissen, wenn folgende Bedingungen erfllt sind: 1. Der Rand (oder wenigstens Teile davon) ist wasserdurchlssig. 2. Es ist gengend Zeit seit der Belastung verstrichen, damit Porenwasserberdrcke abgebaut werden und schließlich p ¼ 0 gilt. Man beachte, dass hier Normalspannungen (entgegen der blichen Konvention in der Mechanik) und Porendrcke bei Kompression als positiv angesetzt werden. Genauer mit dem Gesetz von Darcy-Gersevanov, da auch die Geschwindigkeit des Korns bercksichtigt wird.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

279

Durchlssigkeitskoeffizienten k in die Berechnung ein) spielt die Zeit eine Rolle, eine Belastung oder Verschiebung des Randes ist als Prozess in der Zeit vorzugeben. Da der Spannungszustand im Porenwasser als hydrostatisch angenommen wird,22) spielt die Kompressibilitt des Porenwassers eine Rolle. Bei Abwesenheit von Luftblschen (also bei voller Sttigung) kann das Porenwasser fr viele Anwendungen als inkompressibel angenommen werden. Fr undrnierte Verhltnisse, bei welchen die Porenwasserdrcke unbekannt sind, wird in der Bodenmechanik die Standsicherheit nach Maßgabe der totalen Spannungen beurteilt. Dabei wird die sog. undrnierte Scherfestigkeit su zugrundegelegt. Eine andere Bezeichnung dafr ist die sog. undrnierte Kohsion cu. Man beachte, dass su bzw. cu keine Bodenkonstante ist, sondern von der Belastungsvorgeschichte abhngt.

7.2

Stoffgesetze fr teilgesttigten Boden

Bei teilgesttigten Bçden kommt die Luft als dritte Phase hinzu. Ihre wesentliche Auswirkung sind die Kapillarkrfte, die sich an den Kontaktstellen Korn-Wasser-Luft aufbauen. Die Kapillarkrfte verursachen einen Unterdruck (Sog, Saugspannung) im Porenwasser, der sich als Druckspannung auf das Korngerst auswirkt. Ist diese bekannt (etwa aus Messungen), so lsst sich in den meisten Fllen das mechanische Verhalten des Korngersts mithilfe eines Stoffgesetzes, das fr trockenen Boden gilt, erfassen.

7.3

Stoffgesetz fr schnelle Verformungen

Eine inzwischen veraltete Auffassung ging davon aus, dass bei schneller Beanspruchung andere Stoffgesetze maßgebend sind als bei langsamer. So wurde z. B. zwischen dem „dynamischen“ und dem „statischen“ Elastizitsmodul unterschieden. Dies ist aber nicht stichhaltig. Fr viele dynamische Phnomene, wie z. B. Wellenausbreitung im Boden, ist die lineare Elastizittstheorie ein realistisches Stoffgesetz. Man geht davon aus, dass bei kleinen Amplituden und großen Zyklenzahlen das eigentlich plastische Verhalten des Bodens durch die lineare Elastizittstheorie hinreichend genau beschrieben wird. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn dynamische Einwirkungen bleibende Vernderungen des Korngersts induzieren (wie z. B. bei dynamischer Bodenverdichtung).

7.4

Zeitabhngigkeit

Zeitabhngige Effekte wie Kriechen, Relaxation, Viskositt und Altern werden durch sog. ratenunabhngige (rate-independent) Stoffgesetze (s. Abschn. 5.4) wie z. B. das Hooke’sche Gesetz nicht erfasst. Dies bedeutet, dass nach diesen Stoffgesetzen die Verformungen simultan mit den Spannungen auftreten und mit der Zeit nicht verndert werden. Zeitableitungen (Raten) von Spannung und Verformung spielen dabei keine Rolle.23) Ratenunabhngigkeit ist eine Idealisierung, die streng genommen fr keinen realen Stoff zutrifft. Zur Bercksichtigung von Raten darf die absolute Zeit t aus Objektivittsgrnden nicht im Stoffgesetz explizit erscheinen, es kçnnen aber Zeitableitungen von Spannung und Verformung auftreten sowie Stoffkonstanten, welche die Dimension der Zeit haben. 22)

23)

Diese Annahme betrifft den gemittelten Spannungszustand im Porenwasser, mikroskopisch gibt es im Porenwasser durchaus Schubspannungen, die sich durch die Darcy-Gersevanov-Wechselwirkung mit dem Korngerst bemerkbar machen. Diese Aussage kann insofern missverstanden werden, als in vielen Stoffgesetzen „vom Ratentyp“ (of the rate type) die Spannungsrate als Funktion der Dehnungsrate angegeben wird. Solche Anstze kçnnen durchaus ratenunabhngig sein, wenn die Funktion s_ ¼ f ðe_ Þ homogen 1. Ordnung in e_ ist.

280

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Die mathematische Modellierung des plastischen und ratenabhngigen Stoffverhaltens erweist sich als besonders schwierig. Nach dem Modell von Bingham setzt viskoses Fließen ein, sobald die Schubspannung einen bestimmten Grenzwert, die Fließgrenze tf, berschreitet (in der herkçmmlichen bodenmechanischen Terminologie ist die Fließgrenze nichts anderes als eine Scherfestigkeit bzw. Kohsion). Die Erweiterung auf dreidimensionale Tensoren wird oft als Perzyna-Modell bezeichnet: Die viskose Fließrate e_ ij wird in Zusammenhang mit dem Maß gebracht, um welches die Spannung die Fließflche bersteigt. Im Gegensatz zur Newton’schen Viskositt von Fluiden ist bei Feststoffen die Beziehung zwischen Spannung t und Kriechgeschwindigkeit e_ nicht linear, sondern logarithmisch: t ¼ t0 þ c ln ðe_ =e_ 0 Þ bzw. e_ ¼ a exp ðb tÞ. Viskose Deformation bzw. Kriechen wird oft als ein thermisch angeregter Prozess betrachtet, d. h. die Kriechrate wird als temperaturabhngig angesetzt. Oft wird dafr die Beziehung e_ exp ðconst=TÞ angegeben, wobei T die absolute Temperatur ist. Eine vielversprechende Entwicklung stellt auch die sog. Viskohypoplastizitt dar [22].

7.5

Zementierung

An den Kornkontakten kann es mit der Zeit zur Bildung von (oft winzigen) mineralischen Brcken kommen, die dem Boden eine Kohsion verleihen. Diese Brcken sind sprçde und kçnnen schon bei kleinen Verformungen, wie sie etwa bei der Probenentnahme vorkommen, zerstçrt werden. Daher sind sie schwer zu messen und bilden oft eine stille Tragfhigkeitsreserve. Zur mathematischen Modellierung des Abbaus der Zementierung kçnnen sog. Schdigungs- (damage) oder bruchmechanische (fracture) Modelle herangezogen werden.

7.6

Kornbruch

In dem Maße, wie die Bodenkçrner im Zuge einer Belastung gebrochen werden, ndert sich der Boden und somit ndern sich auch die Bodenparameter. Die durch Kornbruch verursachte nderung der Kornverteilungskurve ist blicherweise gering und verschwindet in der statistisch bedingten Unschrfe dieser Kurve, dies ist aber nicht immer der Fall. Fr die durch Kornbruch bedingte nderung der Stoffparameter eines Stoffgesetzes gibt es noch keine etablierte Theorie, wohl aber interessante Anstze [42, 43].

7.7

Hçhere Kontinua

Die hier besprochenen Stoffgesetze gelten fr sog. einfache Stoffe. Das sind Stoffe, bei denen die Spannung von der Geschichte des Deformationsgradienten abhngt, d. h. dass sog. hçhere Deformationsgradienten keine Rolle spielen. Bildlich gesprochen hngt die Spannung bei einfachen Stoffen von der Verschiebung der einzelnen Punkte des Kontinuums ab. Dabei spielt die gegenseitige Verschiebung der einzelnen Punkte eine Rolle. Bei sog. hçheren Kontinua spielen auch die Drehung relativ zueinander (sog. Cosserat-Stoffe) und die Deformation (sog. mikromorphe Kontinua) der materiellen Punkte eine Rolle. Diese Begriffe kann man sich veranschaulichen, wenn man jedem materiellen Punkt ein Dreibein zuordnet, das im Zuge der Deformation gedreht und auch deformiert werden kann. Bei den sog. nicht-lokalen Kontinua hngt der Spannungstensor nicht nur von der Deformation(sgeschichte) eines materiellen Punktes, sondern von der Deformation(sgeschichte) seiner Umgebung ab. Solche hçheren Kontinua sind konzeptuell durchaus mçglich. Beim Cosserat-Kontinuum ist der Spannungstensor unsymmetrisch, und es treten auch Momentenspannungen auf. Hçhere Kontinua werden gerne zur Regularisierung herangezogen, d. h. zur numerischen Simulation jenseits des Peaks der Spannungs-Dehnungs-Kurve. Vom theoretischen Stand-

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

281

punkt stellen sie interessante Erweiterungen des Kontinuumsbegriffes dar. Man darf aber nicht verkennen, dass die Kalibrierung entsprechender Stoffgesetze sowie die Formulierung von Randbedingungen schwer bzw. recht willkrlich sind, sodass sie eher als theoretische Experimente als praktisch umsetzbare Berechnungen angesehen werden drfen.

8

Ergnzende Aspekte von Stoffgesetzen

Beim Entwurf und bei der Beurteilung von Stoffgesetzen sind viele Aspekte zu bercksichtigen, die dem Laien zunchst nicht einleuchten und daher hier aufgefhrt und erlutert werden.

8.1

Allgemeinheit

Stoffgesetze sollten einen Anspruch auf Allgemeinheit (Universalitt) haben und nicht ausschließlich fr eine spezielle Beanspruchung ausgelegt sein. Zum Beispiel werden bei Erdbebenanalysen Stoffgesetze zugrunde gelegt, die nur aus einer Beziehung zwischen Schubspannung t und Scherung g bestehen. Eine solche Beziehung kann aber nicht als allgemeines Stoffgesetz aufgefasst werden. Der Anspruch auf universelle Gltigkeit eines Stoffgesetzes bedingt allerdings nicht, dass alle Versuchsergebnisse perfekt simuliert werden, vielmehr ist es durchaus denkbar, dass fr gewisse Anwendungen einfachere (und somit unvollkommene) Stoffgesetze ausreichen.

8.2

Kalibrierung

Stoffgesetze sollten kalibrierbar sein. Mit einem Stoffgesetz sollte man (auch ohne Zuhilfenahme eines Finite-Elemente-Programms) Elementversuche berechnen, d. h. simulieren kçnnen.24) Dazu muss aber das Stoffgesetz an ein spezielles Material angepasst werden. Dies erfolgt durch Kalibrierung, d. h. Festlegung der Stoffkonstanten, die zunchst als freie Parameter in das Stoffgesetz eingebaut sind. Wenn man die numerische Simulation (Berechnung) von Elementversuchen als das „direkte“ Problem ansieht, so stellt die Kalibrierung eines Stoffgesetzes, d. h. die zahlenmßige Festlegung der Stoffkonstanten anhand von Versuchsergebnissen, ein sog. inverses Problem dar. Inverse Probleme zeichnen sich oft durch Nicht-Eindeutigkeit und durch sog. ill posedness aus, was bedeutet, dass kleine Variationen der Eingabedaten große Vernderungen der Ergebnisse hervorrufen. Die Schwierigkeit der Kalibrierung steigt unverhltnismßig mit der Komplexitt eines Stoffgesetzes, und es fehlt nicht an Stoffgesetzen, die schier unkalibrierbar (und damit eigentlich unbrauchbar) sind. Zur Kalibrierung von Stoffgesetzen braucht man sog. Elementversuche. Das sind Laborversuche, bei denen Verformung und Spannung konstant ber die Probe verteilt sind, man spricht auch von homogener Verformung. Nur unter dieser Bedingung lsst sich nmlich aus den resultierenden Randkrften auf die Spannung in der Probe und aus der Randverschiebung auf die Verformung der Probe schließen. Die Homogenitt der Probenverformung lsst sich durch geeignete Vorkehrungen ermçglichen (wie z. B. durch Schmierung der Probenenden beim Triaxialversuch), jedoch nicht erzwingen. Die Bezeichnung „Elementversuch“ rhrt von der Tatsache her, dass bei homogener Verformung derselbe Spannungs- und Verformungszustand in jedem infinitesimal kleinen Element der Probe herrscht. 24)

Finite-Elemente-Programme braucht man erst dann heranzuziehen, wenn man Anfangsrandwertprobleme mit nicht-homogener Spannungs- und Verformungsverteilung lçsen will.

282

Dimitrios Kolymbas und Ivo Herle

Sei A die abstrakte Menge aller Versuchsergebnisse mit einem speziellen Boden. Eine Kalibrierung besteht darin, die Konstanten eines Stoffgesetzes anhand einer mçglichst kleinen Untermenge von A zu bestimmen, um damit anschließend die restlichen Versuchsergebnisse mçglichst realistisch zu berechnen. Die zur Kalibrierung herangezogene Untermenge ist nicht vorgeschrieben. Es ist denkbar, die Kalibrierung anhand von unterschiedlichen Untermengen vorzunehmen. Man darf aber nicht erwarten, jeweils dieselben Stoffkonstanten zu erhalten. Es ist auch nicht sinnvoll, die Kalibrierung durch Minimierung einer wie auch immer definierten Fehlernorm zu optimieren. Denn jede Fehlernorm, welche die Abweichung der berechneten von den gemessenen Ergebnissen bewertet, hngt von der subjektiven Bewertung der einzelnen Versuchsergebnisse ab.

8.3

Stoffkonstanten und Zustandsgrçßen

Stoffkonstanten werden durch Stoffgesetze implizit definiert. Beispielsweise wird durch das Stoffgesetz s = Ee der Elastizittsmodul E definiert als s=e. Genauso wird durch das Inðe_ =AÞ . Stoffkonstanten aus Norton’sche Gesetz e_ ¼ Asn der Exponent n definiert als Ins komplizierteren Stoffgesetzen lassen sich nicht explizit darstellen. Die Frage nach ihrer „physikalischen Bedeutung“ ist schlecht gestellt. Sie impliziert, dass eine Stoffkonstante das Ergebnis eines Versuchs ist. Man vergleiche den Reibungswinkel j, gemessen durch einen Triaxialversuch: Er ist nur im Rahmen der Grenzbedingung nach Mohr-Coulomb eine Stoffkonstante, eigentlich hngt j stark vom Druck ab. Generell sollte man zwischen Bodenkonstanten (d. h. Zahlen, die im Rahmen eines Stoffgesetzes einen bestimmten Stoff charakterisieren) und Bodenkennwerten (d. h. Zustandsvariablen, die einen bestimmten Zustand eines Stoffes charakterisieren) unterscheiden. Zum Beispiel sind der Wassergehalt w und die Konsistenzzahl Ic Bodenkennwerte bzw. Zustandsvariablen, jedoch keine Bodenkonstanten, denn sie kçnnen fr einen Boden durch Wasserzugabe verndert werden. In diesem Sinne ist z. B. die undrnierte Kohsion cu keine Bodenkonstante. Um sich dies zu vergegenwrtigen, sollte man lieber von der undrnierten Scherfestigkeit su sprechen und bercksichtigen, dass su eine rechnerische Hilfsgrçße ist, die von der Vorgeschichte des Bodens (und somit vom Ort) und vom betrachteten Spannungsbereich abhngt. Die Begriffe Zustand und physikalische Variable (oder auch „Zustandsvariable“) sind dadurch verknpft, dass in einem Zustand jede physikalische Variable einen Wert hat [17]. Folgende Grçßen sind beispielsweise keine Zustandsvariablen: • Dehnung ist keine Zustandsvariable, denn sie bezieht sich auf zwei Zustnde, indem sie den Unterschied der aktuellen Konfiguration von einer Bezugskonfiguration misst. Es sei denn, der eine Zustand ist besonders gekennzeichnet (vgl. elastische Stoffe: sie erinnern sich an den spannungsfreien Zustand). • Die Sicherheit ist keine physikalische Variable (Zustandsvariable), denn sie hngt von ihrer jeweiligen Definition ab.

8.4

Thermodynamische Konsistenz

Die klassische Thermodynamik ist aus der Betrachtung eines speziellen Stoffgesetzes erwachsen, nmlich der Beziehung zwischen Druck p und Volumen V eines idealen Gases, und der Beobachtung, dass die Kompressibilitt des Gases davon abhngt, ob man die Kompression adiabatisch oder isotherm durchfhrt. Wesentliche Aussagen der Thermodynamik sind der 1. Hauptsatz (Energieerhaltung) und der 2. Hauptsatz (Entropieprodukti-

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

283

on), von welchem sehr viele (und nicht unbedingt kongruente) Fassungen existieren. In Zusammenhang mit Stoffgesetzen fr andere Feststoffe (z. B. Boden) erhebt sich die Frage, inwiefern man aus der Thermodynamik Einschrnkungen herleiten bzw. Stoffgesetze dahingehend berprfen kann, ob sie nicht gegen die Regeln der Thermodynamik verstoßen. Es zeigt sich aber, dass thermodynamische berlegungen wenig hilfreich sind, sofern sie sich auf zyklische Prozesse (sog. Kreisprozesse) beziehen, bei denen die bisher vorgeschlagenen Stoffgesetze ohnehin versagen. Es gelingt allenfalls, thermodynamische Potentiale so zu konstruieren, dass man daraus einige gngige Stoffgesetze ableiten kann. Dies ist eine interessante Einbung in den Formalismus der Thermodynamik, bringt jedoch keine zustzlichen Erkentnisse zum Bodenverhalten. Im Rahmen der sog. Granulardynamik werden Begriffe wie „Granulartemperatur“ und „granulare Entropie“ eingefhrt, auf welche hier nicht eingegangen wird.

8.5

Große Verformungen

Fr die Verformung gibt es viele verschiedene Definitionen bzw. Versionen. Definiert man eij ber das Verschiebungsfeld ui, so erhlt man den im Verschiebungsgradienten ui,j nicht1 linearen Ausdruck eij ¼ ðui;j þ uj;i  uk;i uk;j Þ.25) Die sog. geometrische Linearisierung 2 1 eij  ðui;j þ uj;i Þ ist nur fr „kleine“ Verschiebungsgradienten bzw. fr „kleine“ Verfor2 mungen zulssig. Die Bercksichtigung von nichtlinearen Termen in der sog. Theorie großer Verformungen fhrt zu mathematisch aufwendigen Ausdrcken. In der Geotechnik treten viele Probleme mit großen Verformungen auf (Erdrutsche, Penetration von Sonden, Pfhlen u. .). Sie kçnnen mit inkrementellen Stoffgesetzen ohne Heranziehung der Theorie großer Verformungen behandelt werden, falls man die Verformung in hinreichend kleinen Schritten aufbringt und die Bezugskonfiguration entsprechend aktualisiert. Hypoplastische Stoffgesetze werden oft als Beziehungen zwischen der Spannungsrate s_ ij und der Verformungsrate e_ kl angegeben. Streng genommen sollte anstelle von e_ kl die Verzerrungsgeschwindigkeit dkl geschrieben werden, die sich aus dem Geschwindigkeitsfeld 1 vi durch dij ¼ ðvi;j þ vj;i Þ ergibt. dij kann nicht als Zeitableitung irgendeines Verformungs2 tensors betrachtet werden (mit Ausnahme der logarithmischen Dehnung, welche aber nur fr Quaderverformungen26) ein sinnvolles Verformungsmaß ist). Objektive Spannungsraten (s. Abschn. 5.5) haben nichts mit großen Verformungen zu tun.

8.6

Entfestigung

Das Bodenverhalten weist die Eigenschaft auf, dass bei vielen Spannungs-Dehnungs-Kurven (die aus speziellen Beanspruchungen resultieren) die aufgetragene Spannungskomponente (bzw. ihr Betrag) ein Maximum (sog. Peak) aufweist, jenseits dessen die sog. Entfestigung (softening) einsetzt. blicherweise setzt bereits vor dem Peak eine inhomogene Verformung der Probe ein, sodass Angaben ber Spannungen und Dehnungen jenseits des Peaks wenig vertrauenswrdig sind. Die numerische Lçsung von Problemen, bei denen Entfestigung auftritt, erweist sich als schwierig und ist vom (willkrlich gewhlten) Finite-Elemente-Netz abhngig.

25) 26)

Die Schreibweise ui,j bedeutet @ ui = @ xJ . D. h. fr Bewegungen ohne Hauptachsendrehung.

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9

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Stoffgesetze in der Praxis

Fr praktisch alle geotechnischen Berechnungen bençtigt man Stoffgesetze. Sobald in einer Berechnung Stoffparameter wie E, j oder cu auftauchen, setzt man das Bodenverhalten nach einem bestimmten Stoffgesetz voraus. Dass fr die meisten Nachweisverfahren immer noch starrplastisches bzw. elastisch-idealplastisches Bodenverhalten vorausgesetzt wird, entspricht nicht mehr dem Stand der Forschung. Wegen großer Diskrepanz zwischen dem tatschlichen Bodenverhalten und solchen Stoffgesetzen ist die Bestimmung der Stoffparameter recht willkrlich bzw. subjektiv, da diese je nach Bodenzustand unterschiedlich ausfallen. Die Wahl von geeigneten Stoffgesetzen fr die Lçsung von praktischen Problemen ist allerdings keine einfache Aufgabe. Sie setzt ausreichende Fachkenntnisse nicht nur auf dem Gebiet der Stoffgesetze voraus, sondern verlangt auch gengend Wissen ber das Bodenverhalten und die Grundlagen der numerischen Verfahren. Berechnungen mit hochwertigen Stoffgesetzen kçnnen die Qualitt von numerischen Prognosen in der Geotechnik auf ein hohes Niveau bringen, sie bleiben jedoch anspruchsvolle Aufgaben fr qualifizierte Experten. Praktische Empfehlungen (wie z. B. diejenigen des Arbeitskreises 1.6 DGGT) sind hilfreich, ersetzen aber nicht die notwendige Ausbildung. Es mag der Eindruck entstehen, dass die rasche Ausbreitung von kommerziellen Softwareprodukten fr Finite-Elemente-Berechnungen die Situation verbessert. Die Auswahl der angebotenen Stoffgesetze ist jedoch ußerst gering und wird durch die Softwareindustrie penibel kontrolliert. Die meisten Programme beinhalten nur die einfachsten Stoffgesetze, wie das Mohr-Coulomb-Modell, bzw. implementieren wenig dokumentierte eigene Formulierungen von elastoplastischen Stoffgesetzen mit isotroper Verfestigung (z. B. sog. Hardening-Soil- oder Soft-Soil-Stoffgesetze), deren Anwendungsgrenzen im Abschnitt 6.2.3 beschrieben wurden und deren fehlende Beschreibung in Fachzeitschriften weitere Unsicherheit hinsichtlich ihrer Leistung mit sich bringt. In den letzten Jahren sind in einigen kommerziellen Programmen erfreulicherweise Schnittstellen eingefhrt worden, die eine Einbettung von weiteren, von Anwendern vorbereiteten bzw. ausgewhlten Stoffgesetzen ermçglichen. Angesichts der immensen Anzahl von schon publizierten Stoffgesetzen çffnet dies eine Mçglichkeit, fortschrittliche Stoffgesetze fr Praxisprobleme einzusetzen und zu berprfen. Andererseits ist es nicht zu erwarten, dass die Anwender die komplizierten mathematischen Gleichungen in Subroutinen umsetzen und an die numerischen Verfahren der FE-Programme anpassen. Eine Lçsung kçnnte ein Standard fr Stoffgesetz-Schnittstellen sein, welchen alle SoftwareHersteller untersttzen wrden, siehe etwa einen Vorschlag unter www.soilmodels.info [23]. Die Entwickler von Stoffgesetzen wren dadurch aufgefordert, ihre Modelle im Quellformat zur Verfgung zu stellen, was wiederum den Vergleich und die Validierung von Stoffgesetzen begnstigen wrde. Die Anwender htten die Auswahl aus einer breiten Stoffgesetzpalette, was einen Fortschritt in diesem Bereich bewirken wrde.

1.5 Stoffgesetze fr Bçden

10

285

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1.6 Erddruck

1.6

289

Erddruck Achim Hettler

1

Einfhrung

Das Thema Erddruck gehçrt zu den ltesten und umfangreichsten Kapiteln der Bodenmechanik und des Grundbaus. Insofern kann der Beitrag nur eine beschrnkte Auswahl beinhalten. Ziel des vorliegenden Kapitels ist es, den Grundbauingenieuren und den Tragwerksplanern in Baufirmen, Ingenieurbros sowie in der Bauverwaltung eine Sammlung von Arbeitsanleitungen zur Verfgung zu stellen. Um das Verstndnis zu wecken, werden zunchst in Abschnitt 3 die wesentlichen Grundlagen zur Ermittlung des Erddrucks vorgestellt. Die Abschnitte 4 bis 8 beinhalten die fr die Praxis wichtigsten Verfahren zum aktiven und passiven Erddruck sowie zum Erdruhedruck. Dabei werden in den Abschnitten 7 und 8 auch rumliche Wirkungen bercksichtigt. Ein Anliegen des Beitrags ist, in knapper Form auch Hinweise zu nicht alltglichen Fragestellungen zu geben und auf weiterfhrende Literatur zu verweisen, s. Abschnitt 9. In den letzten Jahren ist immer mehr die Verschiebungsabhngigkeit des Erddrucks in den Blickpunkt getreten. Dies betrifft nicht nur den passiven, sondern auch den aktiven Fall (s. Abschnitt 10). Der Beitrag schließt mit Anwendungshinweisen fr die Praxis in Abschnitt 11 und wird durch Erddrucktabellen fr die wichtigsten Grundlagenflle ergnzt. Unter anderem, bedingt durch unterschiedliche Traditionen in der frheren DDR und der Bundesrepublik, ist es in der DIN 4085 aus dem Jahr 2007 gegenber den Fassungen von 1987 und 1996 zu einigen Neuerungen gekommen. Soweit Unterschiede bestehen, wird weitestgehend auf beide Richtungen eingegangen. Stellvertretend sei in diesem Zusammenhang auf Franke sowie auf Gudehus und Weißenbach verwiesen. Fr die sorgfltige Prfung des Manuskriptes sowie zahlreiche Anregungen und Verbesserungsvorschlge dankt der Verfasser Herrn Prof. Weißenbach. Herrn Prof. Franke gilt mein Dank fr die Hilfe bei der Beschaffung von Literatur und die fachlichen Diskussionen. Ein Dank ergeht nicht zuletzt an die Mitarbeiter des Lehrstuhls in Dortmund, insbesondere fr die Manuskript- und Bilderstellung sowie die Erstellung der Tafeln 1 bis 5 im Anhang durch Herrn Dipl.-Ing. Stoll. Gedankt sei auch dem Verlag und dem Herausgeber, Herrn Prof. Witt, sowie zahlreichen Kollegen fr die Diskussionen.

2

Begriffe, Formelzeichen und Indizes

2.1

Begriffe

Die folgenden Begriffe sind aus DIN 4085:2007-10 bernommen. Mit der neuen DIN 4085 wird streng unterschieden zwischen Erddruck als Kontaktspannung zwischen Boden und Bauwerk und dem resultierenden Erddruck, der als Erddruckkraft bezeichnet wird. Frher wurde der Begriff Erddruck sowohl fr die Kontaktspannung als auch fr die Resultierende verwendet. Neu ist auch die Unterscheidung zwischen dem Neigungswinkel des Erddrucks,

290

Achim Hettler

der die tatschliche Neigung des Erddrucks bzw. seiner Resultierenden beschreibt, und dem Wandreibungswinkel, der die physikalisch grçßtmçgliche Neigung bezeichnet. In einer senkrechten Ebene im ungestçrten, gewachsenen Boden herrscht der Erdruhedruck. Der Erddruck heißt aktiv, wenn er bei einer Bewegung des Bauwerkes vom Boden weg einen unteren Grenzwert erreicht. Im passiven Zustand stellt sich bei einer Bewegung des Bauwerks zum Boden hin ein oberer Grenzwert ein. Im Konstruktiven Ingenieurbau wird dieser obere Grenzwert in der Regel als Erdwiderstand bzw. als Erdwiderstandsspannung bezeichnet. Erddruck e Druck des angrenzenden Bodens auf eine Bauwerkswand. Erddruckkraft E Resultierende des Erddrucks. Aktiver Erddruck ea Kleinstmçglicher Erddruck, der sich infolge von Bodeneigenlast, Auflasten und sonstigen Einwirkungen auf eine Wand einstellt, wenn durch Bewegungen von Wand und Boden Entspannungen im Boden bis zur vollstndigen Mobilisierung der Scherfestigkeit auftreten. Passiver Erddruck ep Grçßtmçglicher Erddruck, der sich infolge von Bodeneigenlast, Auflasten und sonstigen Einwirkungen auf eine Wand einstellt, wenn im Boden Pressungen bis zur vollstndigen Mobilisierung der Scherfestigkeit auftreten. Erdruhedruck e0 Erddruck im gewachsenen, ungestçrten Boden. Verdichtungserddruck eV Erddruck, der sich zustzlich zum aktiven Erddruck bzw. zum Erdruhedruck aus Bodeneigenlast einstellt, wenn der Hinterfllungsboden lagenweise eingebracht und verdichtet wird. Wandreibungswinkel Reibungswinkel zwischen Wand und Boden. Neigungswinkel des Erddrucks d Winkel zwischen der Erddruckrichtung und der Wandnormalen. Mindesterddruck Erddruck, der sich bei Ansatz von j = 40  und c = 0 ergibt und der bei der Bemessung eines Sttzbauwerkes mindestens anzusetzen ist. Erhçhter aktiver Erddruck e¢a Erddruck, der sich infolge von Bodeneigenlast, Auflasten und sonstigen Einwirkungen auf eine Wand einstellt, wenn die Entspannung im Boden nicht ausreicht, um das Eintreten des aktiven Erddrucks zu erzeugen. Verminderter passiver Erddruck e¢p Erddruck, der sich infolge von Bodeneigenlast, Auflasten und sonstigen Einwirkungen auf eine Wand einstellt, wenn die Bewegungen zwischen Boden und Wand nicht ausreichen, um den passiven Erddruck zu erzeugen. Silodruck es Erddruck, der sich einstellt, wenn der Bodenkçrper hinter einer Wand geometrisch so begrenzt ist, dass der Erddruck auf die Wand kleiner ist als wenn der Erdkçrper nicht begrenzt wre.

291

1.6 Erddruck

2.2

Formelzeichen Formelzeichen

Benennung

Einheit

b

Breite

m

bp

Breite der Vibrationsplatte

m

c

Kohsion

kN/m2

d

Einbindetiefe einer Wand

m

D

Lagerungsdichte

-

e

Erddruck

E

Erddruckkraft

f

Hilfsfaktor

-

g

Hilfsbeiwert

-

G

Eigenlast eines Erdkçrpers

h

Hçhe

m

i

hydraulischer Gradient

-

Ic

Konsistenzzahl

-

l

Lnge, Lnge der Wand in der Draufsicht

m

K

Erddruckbeiwert

-

pv

gleichmßig verteilte vertikale Flchenlast

kN/m2

ph

gleichmßig verteilte horizontale Flchenlast

kN/m2

pv¢

vertikale Streifenlast

kN/m2

ph¢

horizontale Streifenlast

kN/m2

V

vertikale Linienlast

H

horizontale Linienlast

kN/m

H*

horizontale Punktlast

kN

Q

Resultierende aus Normal- und Reibungskraft in einer Gleitflche

s

Wandverschiebung

m

z

Tiefe unter der Schnittlinie

m

a

Wandneigungswinkel

b

Gelndeneigungswinkel

g

Wichte des Bodens

d

Wandreibungswinkel und Neigungswinkel des Erddrucks

j

Reibungswinkel des Bodens

J

Neigungswinkel der Gleitflche

kN/m2 kN oder kN/m

kN oder kN/m

kN

kN oder kN/m

kN/m3

292 2.3

Achim Hettler

Indizes Index

Benennung

a

aktiver Zustand

c

infolge von Kohsion

dyn

infolge dynamischer Einwirkung

g

infolge von Bodeneigenlast bzw. von Bodeneigengewicht

h

Horizontalkomponente

0

Ruhedruckzustand

p

passiver Zustand

u

undrnierter Zustand

v

Vertikalkomponente oder infolge einer vertikalen Flchenlast

k

charakteristisch

d

Bemessungswert

3

Methoden zur Ermittlung des Erddrucks

3.1

bersicht

Je nach Fragestellung stehen verschiedene Methoden zur Ermittlung des Erddrucks zur Verfgung. Sind die Wandbewegungen ausreichend groß, stellt sich in der Regel der Grenzzustand der Tragfhigkeit ein. Je nach Bodenart, Zustand des Bodens und der Art der Wandbewegung werden hufig Linienbrche beobachtet (Bild 1 b), die mit guter Nherung durch kinematische Methoden theoretisch erfasst werden kçnnen (s. Abschn. 3.2). Zu den kinematischen Methoden zhlt das lteste, heute noch gebruchliche Verfahren zur Ermittlung des

a) Zonenbruch bei Drehung um den Fußpunkt

b) Linienbruch mit gekrmmter Gleitflche bei Drehung um den Kopfpunkt

Bild 1. Wandbewegungsart und Bruchformen nach Ohde [64]

c) Mischform bei Durchbiegung

1.6 Erddruck

293

aktiven Erddrucks, das auf Coulomb [14] zurckgeht und bei dem ein Gleitkeil vorausgesetzt wird. Geht man davon aus, dass sich sog. Zonenbrche einstellen (Bild 1 a), eignen sich statische Methoden (s. Abschn. 3.4). Zum Beispiel gehçrt die Theorie von Rankine [71], auch eine frhe bodenmechanische Arbeit, zu den statischen Methoden. Die Ermittlung des passiven Erddrucks in DIN 4085 sttzt sich ebenfalls auf eine statische Theorie, nmlich das Verfahren von Sokolowski und Pregl [69, 80]. Im Gegensatz zur kinematischen Methode, die nur die Resultierende des Erddrucks liefert, erhlt man bei statischen Methoden auch die Erddruckverteilung. Trotz der Unzulnglichkeiten der kinematischen und der statischen Methoden – z. B. sind Linien- oder Zonenbrche nicht immer klar ausgeprgt (Bild 1 c) – eignen sie sich als Nherungsmethoden und haben sich deshalb in der Praxis durchgesetzt. Wenn die genannten Methoden an ihre Grenzen stoßen, bieten sich Modell- und Großversuche an (s. Abschn. 3.5). In den letzten Jahren hat sich immer mehr die Finite-ElementeMethode (FEM) durchgesetzt. Ihr Vorteil liegt u. a. darin, dass sowohl kinematische als auch statische Randbedingungen korrekt erfasst und nicht nur die Tragfhigkeit, sondern auch der Gebrauchszustand und die zugehçrigen Verformungen modelliert werden kçnnen (s. Abschn. 3.6). Ein vçllig anderer – kein kontinuumsmechanischer – Ansatz wird bei sog. mikroskopischen Theorien gewhlt (vgl. z. B. Thornton [89]). Ausgangspunkte sind dabei das einzelne Bodenkorn und die Korn-zu-Korn-Kontakte. Fr numerische Berechnungen stehen Programme auf der Basis der Diskrete-Elemente-Methode (DEM) zur Verfgung. Um die Rechenzeiten zu minimieren, wurden verschiedene Vereinfachungen eingefhrt, wie z. B. die Kugelform anstelle von Vielflchen fr die Partikelform (s. Cundal et al. [15]). Zur numerischen Simulation wurde eine Programmfamilie mit der Bezeichnung Particle-Flow Code (PFC) entwickelt. Herten berechnet damit den rumlichen Erddruck auf Schachtbauwerke [37]. Fr praktische Zwecke ist diese Methode jedoch noch sehr aufwendig. Neuberg et al. [63] bençtigen z. B. fr einen Berechnungslauf zur Simulation des passiven Erddrucks vor Bohltrgern mit bis zu 45 000 Elementen je nach Rechnerleistung, Geometrie und Elementanzahl Rechenzeiten zwischen 5 und 72 Stunden. Auf die DEM, ebenso wie auf weitere Methoden wird hier nicht nher eingegangen. Hierzu wird z. B. auf Gudehus [29] und auf Weißenbach [95] verwiesen.

3.2

Kinematische Methoden beim aktiven Erddruck

Bei den kinematischen Methoden geht man von vereinfachten starren Bruchkçrpern aus, bei denen sich die Bewegung auf Gleitflchen konzentriert. Die Geometrie der Gleitkçrper, d. h. der Bruchmechanismus, wird solange variiert, bis die Resultierende des aktiven Erddrucks maximal bzw. die Resultierende des passiven Erddrucks minimal wird (s. Abschn. 3.3). Fr den Fall einer vertikalen, starren Wand der Hçhe h, die sich drehungsfrei vom Erdreich wegbewegt, kann man z. B. in Modellversuchen mit trockenem, dichtem Sand beobachten, dass sich ein einfacher Gleitkeil im Boden ausbildet (Bild 2 a). Zur Vereinfachung soll die Erddruckresultierende ebenso wie das Gelnde horizontal sein. Coulombs Erddrucktheorie folgend, wird zunchst ein mçglicher Gleitkeil mit der Neigung J freigeschnitten, und es werden die angreifenden Krfte ermittelt (Bild 2 b). Die Erddruckresultierende E¢a und das Eigengewicht G des Gleitkeils stehen im Gleichgewicht mit der Reaktionskraft Q in der Gleitfuge (Bild 2 c). Im Grenzzustand der Tragfhigkeit ist die Kraft Q unter dem Reibungswinkel j gegen die Normale auf der Gleitflche geneigt. Die Reibungskraft T zeigt gegen die Bewegungsrichtung, hier im aktiven Fall nach oben. Aus dem Krftegleichgewicht erhlt man

294

Achim Hettler

a) Gleitkeil

b) Krfte am Gleitkeil

c) Krafteck

d) Erddruckbeiwert in Abhngigkeit von J mit Maximum

Bild 2. Beispiel zum aktiven Erddruck nach Gudehus [30]

E0a ¼

g  h2 tan ðJ  jÞ  2 tan J

(1)

Die Hypothese von Coulomb besagt, dass sich die Gleitflchenneigung J einstellt, bei der die Erddruckresultierende E0a das Maximum Ea, die aktive Erddruckkraft, erreicht. Bild 2 d zeigt beispielhaft den Verlauf der Funktion f ¼

tan ðJ  jÞ tan J

(2)

in Gl. (1). Zur Bestimmung des Maximums setzt man die Ableitung df tan J = cos2 ðJ  jÞ  tan ðJ  jÞ= cos2 J ¼ dJ tan2 J

(3)

zu null und erhlt als Lçsung J ¼ Ja ¼ 45 þ j=2

(4)

fr den Gleitflchenwinkel Ja des aktiven Erddrucks. Setzt man J = Ja in Gl. (1) ein, erhlt man fr die Resultierende des aktiven Erddrucks Ea ¼

1  g  h2  tan2 ð45  j=2Þ 2

(5 a)

mit dem Erddruckbeiwert Ka ¼ tan2 ð45  j=2Þ

(5 b)

Bei j = 30  ergibt sich Ka = 1/3. Bei j = 0 erreicht Ka = 1, und der Boden hat denselben Beiwert wie eine Flssigkeit. Nach Gudehus [30] ist die Hypothese von Coulomb quivalent zum Prinzip der kleinsten Sicherheit. Demnach sind die maßgebenden Gleitflchen so geneigt, dass fr eine vorgege-

295

1.6 Erddruck

a) bei Auflasten

b) bei geknicktem Gelndeverlauf

Bild 3. Gleitkeil mit Variation des Gleitflchenwinkels zur Ermittlung des aktiven Erddrucks

bene Sttzkraft der Sicherheitsfaktor, bezogen auf diese Kraft, zum Minimum wird. Oder anders gesagt, stellt sich in der Natur immer derjenige Bruchmechanismus ein, der zur kleinsten Sicherheit fhrt. Fr den Fall des aktiven Erddrucks reicht, von Ausnahmen abgesehen, der Gleitkeil als Bruchmechanismus aus. Mller-Breslau [61] hat die Gleichungen erweitert fr andere Neigungen der Wand, der Gelndeoberflche und der Erddruckresultierenden und die heute in der Praxis blichen Formeln zur Berechnung des aktiven Erddrucks hergeleitet (s. Abschn. 4). Der Gleitkeil eignet sich auch zur Ermittlung des aktiven Erddrucks bei Auflasten und bei geknicktem Gelndeverlauf (Bild 3). Wie im einfachen Fall nach Bild 2 wird die Gleitflchenneigung J solange variiert, bis sich ein Maximum, d. h. der aktive Erddruck, einstellt. Einzelheiten siehe Gudehus [29], Weißenbach [95] und DIN 4085. Je nach Randbedingungen kçnnen sich beim aktiven Erddruck auch gekrmmte Gleitflchen ergeben. Ohde findet z. B. in Modellversuchen mit Drehung der Wand um den Kopfpunkt den in Bild 1 b dargestellten Bruchkçrper [64, 65]. Bei der Ermittlung des aktiven Erddrucks mit der kinematischen Methode und gekrmmten Gleitflchen geht man in der Regel von Kreisen und logarithmischen Spiralen aus. Die logarithmische Spirale weist den Vorteil auf, dass alle unter dem Winkel j zur Senkrechten auf der Gleitflche geneigt wirkenden Krfte durch den Pol gehen und damit keinen Beitrag zum Momentengleichgewicht um den Pol liefern (Bild 4 a). Insofern spielt die Verteilung der Normal- und der Schubkrfte entlang der Gleitflche keine Rolle. Bei bekanntem Gewicht G des Gleitkçrpers mit Hebelarm lG und vorgegebener Neigung da der Erddruckresultierenden E0ag mit dem Hebelarm lE, der aufgrund von Erfahrungswerten festgelegt wird, ergibt sich E0ag aus E0ag ¼ G 

lG lE

(6)

Die Gleitflchen mssen solange variiert werden, bis sich ein Maximum einstellt und E0ag die aktive Erddruckkraft Eag erreicht (Bild 4 c).

296

Achim Hettler

a) Krfte am Gesamtgleitkçrper

b) Aufteilung des Gleitkçrpers in einzelne Lamellen

c) Ermittlung der ungnstigsten Gleitflche

Bild 4. Erddruckermittlung mit spiralfçrmigen Gleitflchen (nach Weißenbach [95])

Da sich das Eigengewicht G nur mhsam aus geschlossenen Formeln ermitteln lsst, ist es zweckmßig, den Kçrper in einzelne Lamellen aufzuteilen (Bild 4 b). Einzelheiten siehe Weißenbach [95]. Bei kreisfçrmigen Gleitflchen darf die Richtung der Gleitfugenkrfte nach der Reibungskreisannahme von Krey [56] ermittelt werden (s. Abschn. 3.3). Strenggenommen sind kreiszylindrische Gleitflchen nur fr volumentreue Verformungen kinematisch zutreffend, whrend bei Bçden mit Dilatanz logarithmische Spiralen korrekt sind (s. Gudehus [29]). Diese Unterschiede werden in der Praxis meistens vernachlssigt. Zusammengesetzte Mechanismen mit mehreren ebenen Gleitflchen oder mehreren Kreisgleitflchen werden hauptschlich beim passiven Erddruck angewendet. Hierzu wird auf Abschnitt 3.3 verwiesen. Beliebig viele Gleitflchen lassen sich mit der kinematischen Elementmethode nach Gussmann bercksichtigen [31]. Die numerische Umsetzung und die Anwendung des Verfahrens ist bei Gussmann und Schanz beschrieben [32].

3.3

Kinematische Methoden beim passiven Erddruck

Analog zum aktiven Erddruck (Bild 2) kann fr einen Gleitkeil nach Coulomb auch die Resultierende des passiven Erddrucks Ep ermittelt werden, wenn die Wand gegen das Erdreich verschoben wird. Durch die Umkehrung der Bewegungsrichtung ndert sich die Richtung der Reibungskraft und die Reibungskraft Q ist wie in Bild 5 a anzusetzen. Aus dem Krafteck in Bild 5 b erhlt man in Abhngigkeit von d E0p ¼ g 

h2 tanðJ þ jÞ  2 tan J

(7)

Nach Coulomb ist der Neigungswinkel J maßgebend, bei dem E0p ein Minimum erreicht. Aus der Bedingung dE0p /dJ = 0 erhlt man

297

1.6 Erddruck

a) Gleitkeil

b) Krafteck

Bild 5. Gleitkeil beim passiven Erddruck

J = Jp = 45 - j/2

(8)

Mit J = Jp berechnet sich die Resultierende des passiven Erddrucks zu Ep ¼

1 j  g  h2  tan2 ð45 þ Þ 2 2

(9)

mit dem Erdwiderstandsbeiwert j Kp ¼ tan2 ð45 þ Þ 2

(10)

Fr den Fall einer vertikalen Wand, eines horizontalen Gelndes sowie einer horizontalen Erddruckkraft gilt j 1 1 (11) Þ ¼ j ¼ Ka 2 2 tan ð45  Þ 2 Wie beim aktiven Erddruck lsst sich die Analyse des Gleitkeils auch auf geneigte Wnde, geneigte Gelndeoberflche und geneigte Erddruckresultierende erweitern (s. Abschn. 6). Kp ¼ tan2 ð45 þ

Im Gegensatz zum aktiven Erddruckproblem kçnnen sich insbesondere bei hohen Reibungswinkeln und Erddruckneigungswinkeln im Bereich dp = -j aus der Analyse des Gleitkeils unrealistisch hohe Kp-Werte ergeben, sodass gekrmmte Gleitflchen maßgebend werden (s. Abschn. 6). Nherungsweise lsst sich bei einer Translation der Wand der passive Erddruck durch Mehrkçrpermechanismen mit ebenen Gleitflchen ermitteln. Bild 6 zeigt ein Beispiel mit einem Zweikçrpermechanismus nach Gudehus [29].

a) Gleitkçrper

b) Krafteck

Bild 6. Ermittlung des passiven Erddrucks mit Zweikçrpermechanismen (nach Gudehus [29])

298

Achim Hettler

Bild 7. Erdwiderstandsbeiwerte bei Translation (nach Gudehus [29]) fr vertikale Wand und horizontales Gelnde, ermittelt mit Zweikçrpermechanismen

Beim Zweikçrpermechanismus mssen J1, J12, und J2 in Bild 6 solange variiert werden, bis E0p ein Minimum und damit den Erdwiderstand Ep erreicht. Die so erhaltenen Erdwiderstandsbeiwerte Kpt fr Translation sind in Bild 7 fr verschiedene Neigungen dp dargestellt. Deutlich hçhere Kp-Werte ergeben sich fr den Gleitkeil nach Coulomb, wie die gestrichelte Linie in Bild 7, ermittelt fr dp = -j, zeigt. Bei einer Drehung der Wand um den Kopfpunkt oder einen anderen hoch gelegenen Punkt sind gekrmmte Gleitflchen, z. B. Kreisgleitflchen, maßgebend (Bild 8). Zunchst wird fr einen vorgegebenen Gleitkreismittelpunkt, eine vorgegebene Neigung und eine angenommene Hçhe hE der Erddruckkraft E0p der Schnittpunkt von G mit E0p ermittelt. Die Richtung der resultierenden Kraft Q in der Gleitfuge ergibt sich dadurch, dass Q zum einen aus Gleichgewichtsgrnden sich mit den Wirkungslinien von G und E0p in einem Punkt

a) Gleitkçrper mit Reibungskreis nach Krey

b) Krafteck

Bild 8. Ermittlung des passiven Erddrucks mit kreiszylindrischen Gleitflchen (nach Gudehus [29])

299

1.6 Erddruck

Bild 9. Erdwiderstandsbeiwerte bei Rotation fr eine vertikale Wand, horizontales Gelnde und unterschiedliche Erdwiderstandsneigung dp (nach Groß [28] und Gudehus [29])

schneiden muss und gleichzeitig nach Krey [56] den Reibungskreis mit dem Radius r  sinj berhrt. Wie zuvor muss die Geometrie der Gleitkreise solange variiert werden, bis sich ein Minimum fr E0p ergibt. Die auf diese Weise von Groß [28] ermittelten Kpr-Werte fr Rotation sind in Bild 9 dargestellt. Vergleicht man die Erdwiderstandsbeiwerte, dann gilt fr positive Neigungswinkel dp:Kp nach Coulomb = Kpt in Bild 7 = Kpr in Bild 9. Dagegen gilt fr negative Neigungswinkel dp < 0:Kp nach Coulomb > Kpt > Kpr (vgl. Gudehus [29]). Folgt man diesem Ergebnis, msste man in der Praxis je nach Bewegung der Wand, den ungnstigsten passiven Erddruckbeiwert ermitteln. Dies wre sehr umstndlich und ist auch wenig realistisch, weil meistens die Wandbewegungen nicht bekannt sind und weitere, beliebige Mischformen auftreten kçnnen. Nach deutscher Praxis wird in der Regel der Einfluss der Kinematik des Bruchkçrpers vernachlssigt, und es werden die Methoden herangezogen, die den kleinsten Kp-Wert liefern. Beispielsweise greift man bei dp = -j nicht auf die Kp-Werte zurck, die sich aus kreiszylindrischen Gleitflchen mit der kinematischen Methode ergeben, sondern verwendet die Kp-Werte aus statischen Methoden, z. B. nach Caquot/Krisel oder Sokolowski/Pregl, bei denen allerdings die Kinematik nicht bekannt ist (s. Abschn. 3.4 und 6).

3.4

Statische Methoden

Grundlagen Whrend man bei der kinematischen Methode von starren Kçrpern und Linienbrchen ausgeht, nimmt man bei den statischen Methoden an, dass sich Zonenbrche ausbilden. Legt man die Mohr-Coulomb’sche Grenzbedingung zugrunde, dann mssen im ebenen Fall die Vertikalspannungen sz, die Horizontalspannungen sy und die Schubspannungen tzx in kartesischen Koordinaten die Grenzbedingung rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi sz  sx 2 sz þ sx Þ þ t2zx ¼ sin j þ c  cos j ð 2 2 erfllen (s. Gudehus [29]). Gleichzeitig mssen die Gleichgewichtsbedingungen

(12)

300

Achim Hettler

@ sz @ tzx þ ¼ g @z @x

(13 a)

@ sx @ tzx þ ¼ 0 @x @z

(13 b)

unter Bercksichtigung der Bodenwichte g eingehalten sein. Die Gln. (12) und (13) lassen sich in zwei Gleichungen fr die mittlere Spannung sm und die Richtung y der grçßeren Hauptspannung s1 umformen dsm dY cosðY þ mÞ þ 2 sm  tan j ¼ g ds1 ds1 cos j

l€angs s1

(14 a)

dsm dY cos ðY  mÞ  2 sm  tan j ¼ g ds2 ds2 cos j

l€angs s2

(14 b)

mit der Abkrzung m = p/Y - j/2 (s. Gudehus [29]). Dabei sind s1 und s2 die Charakteristiken des Systems. Auf diesen Linien erreicht die Schubspannung gerade die Grçße der Scherfestigkeit, d. h. das Verhltnis von Schubspannung zu Normalspannung wird maximal. Die Gln. (14 a) und (14 b) gehen auf Kçtter zurck (s. Kzdi [53]). Im allgemeinen Fall kçnnen diese Gleichungen mit dem Charakteristikenverfahren von Sokolowski [80] gelçst werden. Diesen Weg hat Pregl beschritten und Beiwerte fr den passiven Erddruck abgeleitet, die in die neue DIN 4085:2007-10 aufgenommen wurden. Die Lçsungen von Rankine und von Caquot/Krisel stellen jeweils Sonderflle der Gl. (14) dar, die von vereinfachenden Voraussetzungen und Annahmen ausgehen. Die in den statischen Methoden vorausgesetzten Zonenbrche kçnnen nur unter bestimmten Randbedingungen auftreten, z. B. beim aktiven Erddruck bei einer Wand mit Drehung um den Fußpunkt im Rankine-Fall. Gleichzeitig muss z. B. die Erddruckneigung gleich der Gelndeneigung sein. Meistens treten Linienbrche oder Kombinationen von Linien- und Zonenbrchen auf. Insofern ist die Gltigkeit von statischen Methoden eingeschrnkt. Dagegen kçnnen die kinematischen Methoden selbst dann zu guten Nherungen fhren, wenn die angenommenen Gleitfugen nicht beobachtet werden [29]. Einschrnkend kommt bei den statischen Methoden hinzu, dass streng genommen die kinematischen Voraussetzungen fr die Spannungs-Grenzbedingung nachgewiesen werden mssten. Bei den meisten aus der Literatur bekannten Lçsungen werden ber die Kinematik keine Aussagen getroffen. Goldscheider [26] hat ein Verfahren entwickelt, bei dem ausgehend von der Kinematik, Bereiche mit Zonenbrchen abgeleitet werden kçnnen. Dabei wird auf die Theorie von Spencer zurckgegriffen, die dazu fhrt, dass statische und kinematische Charakteristiken zusammenfallen. Rankine-Lçsung Rankine [71] geht von folgenden Annahmen aus: • Der Boden soll kohsionslos und homogen sein und die Wichte g haben. • Der Boden wird derart verformt, dass berall im betrachteten Gebiet die Grenzbedingung in Gl. (12) erfllt ist und die Hauptspannungen berall die gleiche Richtung haben. Dies fhrt fr eine vertikale Wand mit horizontaler Erddruckkraft und horizontalem Gelnde zu der mit der Tiefe z geradlinig zunehmenden Verteilung des Erddrucks

301

1.6 Erddruck

eah ¼ g  z  tan2 ð45 

j Þ 2

(15)

im aktiven Fall und j eph ¼ g  z  tan2 ð45 þ Þ 2

(16)

im passiven Fall. Wie dieses Beispiel zeigt, liefern die statischen Methoden im Gegensatz zu den kinematischen Verfahren auch eine Erddruckverteilung. Die Erddruckbeiwerte Kah ¼ tan2 ð45 

j Þ 2

(17)

im aktiven Fall und j Kph ¼ tan2 ð45  Þ 2

(18)

im passiven Fall sind identisch mit den Ergebnissen nach Coulomb fr den Gleitkeil. Dies gilt nur fr diesen Sonderfall. Im Allgemeinen ergeben sich unterschiedliche Werte. Aus den Gln. (15) und (16) erhlt man fr eine Wand der Hçhe h die Erddruckresultierende aus Bodeneigengewicht Eag ¼

1  g  h2  Kah 2

(19)

bzw. Epg ¼

1  g  h2  Kph 2

(20)

Fr den betrachteten Sonderfall gilt auch die additive Aufspaltung der gesamten resultierenden Erddruckkraft Ea in die drei Anteile aus Bodeneigengewicht (Index g), aus großflchiger Auflast (Index p) und aus Kohsion (Index c) mit Ea ¼ Eag þ Eap þ Eac

(21 a)

Ep ¼ Epg þ Epp þ Epc

(21 b)

sowie

mit identischen Erddruckbeiwerten fr die Anteile aus Bodeneigengewicht und aus großpffiffiffiffiffiffiffi bzw. ¼ 2  c  K flchiger Auflast sowie den Erddruckbeiwerten K ac ah pffiffiffiffiffiffiffiffi Kpc ¼ 2  c  Kph (s. auch Gudehus [29]). Die Charakteristiken, die oft mit Gleitlinien gleichgesetzt werden, sind fr den Rankine-Fall zwei parallele Kurvenscheren mit den Neigungen Ja ¼  ð45 þ

j Þ 2

(22 a)

j Þ 2

(22 b)

im aktiven Fall und Jp ¼  ð45 

im passiven Fall (Bild 10).

302

a) aktiver Fall

Achim Hettler

b) passiver Fall

Bild 10. Rankine-Lçsung fr vertikale Wand mit horizontalem Gelnde und horizontalem Erddruck (nach Gudehus [29])

Bei geneigtem Gelnde und geneigtem Erddruck sind die Gleichgewichts- und Grenzbedingungen nur erfllt, wenn der Erddruck parallel zur Gelndeoberkante wirkt. Außerdem kann gezeigt werden, dass nur eine vertikale Oberflchenlast mit einer Rankine-Zone vertrglich ist. Einzelheiten s. Gudehus und Kzdi [29, 53]. Dieses Beispiel zeigt, dass die RankineLçsung in ihrer Anwendbarkeit stark eingeschrnkt ist. Theorie von Boussinesq/Rsal/Caquot In der Theorie von Boussinesq/Rsal/Caquot wird davon ausgegangen, dass die Bodenspannungen auf Strahlen vom Kopfpunkt der Wand aus geradlinig mit der Tiefe zunehmen [29, 53] (Bild 11). Auf dieser Grundlage haben Caquot/Krisel im Jahr 1948 umfangreiche Zahlentafeln aufgestellt, die vor allem bei Erddruckneigungen dp » -j noch Ungereimtheiten aufweisen. Deshalb sollte auf die Tafeln von Caquot/Krisel/Absi aus dem Jahr 1973 zurckgegriffen werden [13].

Bild 11. hnlichkeitszentrum im Kopfpunkt A der Wand

Lçsung von Pregl/Sokolowski Pregl hat das Gleichungspaar (14) mithilfe des Charakteristikenverfahrens von Sokolowski gelçst [69] und umfangreiche Zahlentafeln sowie analytische Gleichungen aufgestellt. Behandelt werden die Flle des passiven Erddrucks aus Bodeneigengewicht, aus großflchigen Auflasten und aus Kohsion fr verschiedene Erddruck-, Wand- und Gelndeneigungen. Zustzlich zu den Erddruckbeiwerten kann auch die Form der Gleitflche ermittelt werden (Bild 12). Die Ergebnisse von Pregl wurden in den Anhang zur neuen DIN 4085:2007-10 aufgenommen (s. Abschn. 6).

303

1.6 Erddruck

Bild 12. Erdwiderstand und Gleitkçrper (nach Pregl [69])

Verfahren von Goldscheider Ausgehend von den Kçtter-Massau-Gleichungen und der Theorie von Spencer [81] entwickelt Goldscheider ein Nherungsverfahren, das es erlaubt, Zonenbrche mit Starrkçrperbereichen zu kombinieren. Durch die Forderung von Spencer, dass statische und kinematische Charakteristiken zusammenfallen, ist es mçglich, auch bei Zonenbrchen Aussagen zur Kinematik zu machen. Bild 13 zeigt beispielhaft eine fcherfçrmige Scherzone, die aus strahlenfçrmigen s2-Charakteristiken und logarithmischen Spiralen fr die s1-Charakteristiken besteht. Die fcherfçrmigen Zonen kommen in Gelndebruch- und Grundbruchberechnungen als bergangszonen zwischen zwei verschieden gerichteten Rankine-Zonen vor. In Bild 13 drehen sich alle strahlenfçrmigen s2-Linien um ihren jeweiligen Fußpunkt P1, P2 bis P6 auf der s1-Linie. In Bild 14 ist die Anwendung des Verfahrens auf eine zweifach verankerte Wand bei Drehung um den Fußpunkt dargestellt. Der Bruchmechanismus besteht aus den Rankine-Zonen I, II und V, der fcherfçrmigen Zone III und dem starren Teilkçrper IV. Die Lçsung in Bild 14 ist von der Kinematik her exakt und weist nur noch kleine, aber vernachlssigbare Fehler in der Statik auf. Einzelheiten siehe Goldscheider [26].

Bild 13. Verformung einer fcherfçrmigen Scherzone (nach Goldscheider [26])

304

Achim Hettler

Bild 14. Zweifach verankerte Wand bei Drehung um den Fußpunkt mit zusammengesetztem Scherzonenmechanismus, I bis III und V Scherzonen, IV starre Zone (nach Goldscheider [26])

3.5

Versuche und Messungen

Allgemeines Zur Bestimmung des aktiven und des passiven Erddrucks eignen sich neben statischen und kinematischen Methoden sowie der Finite-Elemente-Methode auch Versuche in kleinem Maßstab oder großmaßstbliche Versuche (vgl. Gudehus [29]). Kleinmaßstbliche Modellversuche werden in der Regel als sogenannte 1g-Versuche bei 1g-Erdbeschleunigung durchgefhrt. In der Zentrifuge kann durch Erhçhung auf n  g im Modell das Druckniveau wie in einem n-fach grçßeren Prototyp eingestellt werden. Dadurch lsst sich hnlichkeit beim Druckniveau erreichen. Kleinmaßstbliche Versuche haben den Vorteil, dass mit verhltnismßig geringem Aufwand umfangreiche Parameterstudien durchgefhrt werden kçnnen. Schwierigkeiten kçnnen sich aus den hnlichkeitsforderungen der Modellgesetze ergeben. Zentrifugenversuche sind aufwendiger, weisen jedoch den Vorteil der Modellhnlichkeit beim Druckniveau auf. Am aufwendigsten sind Großversuche, die sich kaum fr Parameterstudien eignen. Sehr wertvolle Ergebnisse kçnnen Messungen an ausgefhrten Bauwerken und Bauteilen, z. B. an Baugrubenwnden, liefern. Im Idealfall wird man verschiedene Methoden heranziehen. Beispielhaft sei auf Gssler verwiesen, der auf der Grundlage der kinematischen Methode ein Bemessungsverfahren fr die Bodenvernagelung entwickelte und zur Absicherung umfangreiche Modellversuche sowie einige Großversuche durchfhrte [25]. In den letzten Jahren haben die numerischen Methoden, insbesondere die FEM, einen hohen Stellenwert bekommen (s. Abschn. 3.6). Aber auch hier ist in der Regel eine Absicherung durch Versuche sinnvoll. Bei der Durchfhrung von kleinmaßstblichen Modellversuchen mssen, um Modellhnlichkeit zu erreichen, die maßgeblichen dimensionslosen Parameter im Modell (Index M) und im Prototyp (Index P) gleich sein (s. Gçrtler [27]). Beispielsweise – besteht geometrische hnlichkeit, wenn das Verhltnis der Lngen zueinander im Modell und im Prototyp gleich ist, – mssen Biegesteifigkeiten in dimensionsloser Form gleich sein. Im Einzelfall kann es schwierig sein, die maßgebenden Parameter zu identifizieren. Oft sind Vereinfachungen notwendig. In vielen Fllen reichen z. B. 1g-Modellversuche aus, auch wenn das Druckniveau nicht modellhnlich abgebildet ist. Beispiele siehe [29, 38, 39].

1.6 Erddruck

305

Eine besondere Rolle spielt bei den Modellversuchen der Ausgangszustand. Um definierte Verhltnisse bei Sandbçden zu erreichen, hat sich die Rieseltechnik bewhrt. Dabei wird bei gleichmßigem, schichtweisem Einrieseln der Ruhedruckzustand und eine mehr oder weniger gleichmßige Lagerungsdichte erreicht. Verdichtet man dagegen lagenweise, verspannt sich der Boden. Dabei kçnnen sich erhçhte Horizontalspannungen im kleineren Maßstab verhltnismßig strker auswirken, und die Modellgesetze sind nicht eingehalten. Besondere berlegungen sind bei feuchtem Sand und Kies erforderlich. Fr Bçden mit Kapillarkohsion cK und Wichte g ergibt sich bei Erddruckversuchen an Wnden mit verschiedener Hçhe h die Forderung cK cK ð ÞM ¼ ð ÞP g  h g  h

(23)

Dieses Modellgesetz lsst sich in einem 1g-Modellversuch bei konstantem g sowie cK und bei verschiedenen Wandhçhen nicht einhalten. Gerade bei relativ kleinmaßstblichen Versuchen kann die Kapillarkohsion einen großen Einfluss auf den Erddruck haben, wie man leicht durch Einsetzen in die klassischen Erddruckformeln zeigen kann. Die Diskussion verdeutlicht, dass bei der Auswertung von Modellversuchen mit verdichteten oder feuchten Sand- und Kiesbçden besondere berlegungen notwendig sind. Im Einzelfall sind große Fehler bei der bertragung auf andere Wandhçhen als in den Versuchen mçglich. Aus den genannten Grnden sind auch 1g-Modellversuche mit bindigen Bçden besonders schwierig. In diesen Fllen muss der Einfluss des Ausgangsspannungszustands und der Kohsion sorgfltig analysiert werden. Ein hufig genannter Einwand gegen Modellversuche betrifft den Einfluss des progressiven Bruchs auf die Grenzlasten der Tragfhigkeit (s. Gudehus [29]). Dies betrifft insbesondere kleinmaßstbliche Versuche in dichten Sand- und Kiesbçden. Geht man davon aus, dass sich beim progressiven Bruch in nichtbindigen Bçden Scherfugen ausbilden, deren Einfluss durch eine charakteristische Dicke bzw. eine charakteristische Lnge mit einem Vielfachen eines typischen Korndurchmessers dK erfasst werden kann, ist folgendes Modellgesetz zu beachten dK dK ð ÞM ¼ ð ÞP lK lK

(24)

Dabei bezeichnet lK eine typische bauwerksbezogene Lnge, z. B. die Wandhçhe h. Will man den Einfluss des Parameters dK/lK auf den aktiven oder passiven Erddruck klren, stçßt man auf praktische Schwierigkeiten. Zum Beispiel treten in 1g-Modellversuchen mit verschiedenem geometrischem Maßstab die Einflsse aus Druckniveau und aus progressivem Bruch gleichzeitig auf und eine Trennung ist kaum mçglich. Vom Grundsatz her bruchte man z. B. Zentrifugenversuche mit konstantem Druckniveau und unterschiedlichem geometrischem Maßstab. Hier sind jedoch durch die Grçße der Zentrifugen Grenzen gesetzt. Denkbar sind auch numerische Experimente mit konstantem Druckniveau und verschiedenen Wandhçhen. Aber auch hier sind Probleme, und zwar aus numerischer Sicht zu erwarten. Nach wie vor gilt die Feststellung von Gudehus [29], dass eine quantitativ gesicherte Theorie zum progressivem Bruch noch aussteht. Es gibt allerdings Hinweise, dass der Verlauf der Peaklasten in Abhngigkeit der Wandhçhe beim passiven Erddruck z. B. allein durch den Einfluss des Druckniveaus erklrt werden kann (vgl. [41]). hnliches gilt fr Fundamente [40]. Demnach wirkt sich der progressive Bruch erst nach dem Peak aus.

306

Achim Hettler

Auswertung von Versuchsergebnissen Bei ebenen Erddruckversuchen in trockenen Sanden und Kiesen mit der Wichte g und dem Reibungswinkel j lassen sich die Resultierenden des aktiven und des passiven Erddrucks in der dimensionslosen Form 2  Ea ¼ fa ðjÞ g  h2 2  Ep g  h2

(25 a)

¼ fP ðjÞ

(25 b)

darstellen. Dabei hngen die Funktionen fa und fP nur vom Reibungswinkel und der Wandbewegungsart ab. Im Prinzip gengt es, fr eine bestimmte Wandbewegungsart und einen Boden bei einer bestimmten Lagerungsdichte nur Versuche bei einer Wandhçhe durchzufhren, z. B. mit einer Modellwand von 10 cm Hçhe. Unter der Annahme eines konstanten Reibungswinkels ergibt sich dann fr eine 10 m hohe Wand bei sonst gleichen Bedingungen derselbe Wert fr die Funktionen fa bzw. fP, die bei der gewhlten Darstellung jeweils dem Erddruckbeiwert Ka bzw. Kp entsprechen fa = Ka

(26 a)

fp = Kp

(26 b)

Diese Annahme entspricht der blichen Vorgehensweise in der Praxis. Die meisten Modellversuche werden auf dieser Grundlage ausgewertet. In der Regel reicht dies fr praktische Zwecke aus. Tatschlich beobachtet man bei vielen nichtbindigen Bçden eine mehr oder weniger ausgeprgte Abnahme des Reibungswinkels mit zunehmendem Druckniveau. Dies bedeutet, dass die Funktionen fa und fP in Gl. (25) noch von Stoffkenngrçßen mit der Dimension einer Spannung abhngen, die man in der Regel aber nicht kennt. Formal lsst sich die Abhngigkeit vom Spannungsniveau auch ohne Kenntnis der Stoffkenngrçßen in der Form 2  Ea h ¼ ga ðj; Þ g  h2 h0 2  Ep g  h2

¼ gp ðj;

h Þ h0

(27 a) (27 b)

darstellen, wobei h0 eine beliebige Bezugshçhe, z. B. 1 m, bezeichnet. Geht man von einem reprsentativen mittleren Reibungswinkel jm zur Berechnung des Erddruckbeiwerts aus, der mit zunehmender Wandhçhe wegen des hçheren Druckniveaus abnimmt, dann erhçht sich Ka im aktiven Fall bei zunehmender Wandhçhe. Im passiven Fall dagegen verringert sich Kp [41]. Hierzu wird auch auf die folgenden Beispiele und die Versuche von Bartl verwiesen. Formal lsst sich Gl. (25) auch auf normalkonsolidierte bindige Bçden bertragen, wenn man fr j den Winkel der Gesamtscherfestigkeit js einfhrt. Allerdings stçßt man schon wegen der geringen Konsistenz bei normalkonsolidierten Bçden modelltechnisch auf kaum lçsbare Schwierigkeiten. Hinzu kommt die Problematik, einen definierten Ausgangszustand im Modell herzustellen. Bei berkonsolidierten Bçden mit Reibung und Kohsion c erhlt man analog zum Gleichungspaar (25)

307

1.6 Erddruck

2  Ea c ¼ ha ðj; Þ 2 g h g h

(28 a)

2  Ep c ¼ hP ðj; Þ 2 g h g h

(28 b)

Wie aus dem Gleichungspaar (28) hervorgeht, ist bei einem n-fach verkleinerten Modell beim 1g-Versuch und Verwendung des gleichen Bodens der Parameter c=ðg  hÞ nicht mehr konstant. Um Modellhnlichkeit zu erreichen, msste man die Kohsion mit dem Faktor n abmindern – dies geht in der Regel nicht – oder die Wichte g auf das n-Fache erhçhen. Letztere Forderung lsst sich in der Zentrifuge erfllen. In der Praxis geht man in der Regel von einem additiven Ansatz fr die Anteile aus Bodeneigengewicht und Kohsion aus. Dabei handelt es sich um eine Vereinfachung von der Gln. (28 a) und (28 b), die nicht allgemeingltig ist. Hierzu wird z. B. auf die Untersuchungen von Groß mit dem Coulomb-Modell verwiesen [28, 30]. Fr praktische Zwecke ist jedoch ein additiver Ansatz – auch fr den Anteil aus Auflasten – ausreichend. Unter dieser Voraussetzung kçnnen auch 1g-Modellversuche wieder sinnvoll sein. Beispiel: Ebener aktiver Erddruck aus Bodeneigengewicht Ohde fhrte umfangreiche Versuche zum aktiven Erddruck durch [65] und zeigte dabei den Einfluss der Wandbewegungsart auf Grçße und Verteilung des Erddrucks auf. Grundstzlich lassen sich vier Grundformen der Wandbewegung unterscheiden (Bild 15): – – – –

Parallelverschiebung, Drehung um den Fußpunkt, Drehung um den Kopfpunkt, Durchbiegung.

a) Parallelverschiebung der Wand

b) Drehung um den Fußpunkt

c) Drehung um den Kopfpunkt

d) Durchbiegung der Wand

Bild 15. Grundformen der Wandbewegung (nach Weißenbach [95])

Die dazugehçrigen Verteilungen sowie der Angriffspunkt der Erddruckresultierenden gehen aus den Bildern 16 und 17 hervor. Nach Ohdes eingehenden theoretischen berlegungen ergibt sich fr den Betrag der resultierenden Erddruckkraft im aktiven Fall: – Drehung um den Fußpunkt: – Drehung um den Kopfpunkt: – Durchbiegung der Wand:

100 % 115 % bis 120 % 105 %

308

a) Drehung um den Fußpunkt

Achim Hettler

b) Drehung um den Kopfpunkt

c) Durchbiegung der Wand

Bild 16. Verteilung des aktiven Erddrucks und der Gleitflchenspannungen aus Bodeneigenlast bei verschiedenen Wandbewegungsarten (nach Ohde, zusammengestellt von Weißenbach [95])

a) nach Terzaghi und Lehmann

b) nach Jaky und Abouleid

Bild 17. Verteilung des aktiven Erddrucks aus Bodeneigenlast bei Parallelbewegung der Wand

Weißenbach ergnzt und kommt fr den Fall der Parallelbewegung zum Schluss, dass die Resultierende kaum ber 105 % liegen drfte. Die zur Mobilisierung des aktiven Erddrucks erforderlichen Wandbewegungen liegen z. B. fr mitteldichte Lagerung zwischen 1,5 und 3 ‰ der Wandhçhe (s. z. B. Weißenbach [95]). In der Praxis treten alle mçglichen Zwischenformen bei der Wandbewegung auf. In Anbetracht der geringen Unterschiede beim Betrag der Resultierenden und der Unschrfen bei der Einschtzung der tatschlichen Wandbewegung ist es in der Praxis blich, den Gesamterddruck seiner Grçße nach, unabhngig von der Art der Sttzung, der Bewegung und der Verformung der Wand anzusetzen. Eine ausfhrliche Diskussion mit umfangreichen Literaturzitaten zu diesem Punkt ist bei Weißenbach zu finden [95]. Beispiel: Ebener passiver Erddruck aus Bodeneigengewicht Beim passiven Erddruck treten wesentlich grçßere Bewegungen als im aktiven Fall auf und die Unterschiede kçnnen bei den Grundarten der Wandbewegung betrchtlich sein. Aus der Literatur sind zahlreiche Verçffentlichungen mit Versuchen bekannt, z. B. von Terzaghi (1920), Streck (1926), Franzius (1928), Tschebotarioff (1953), James/Bransby (s. Roscoe 1970), Vogt (1984) und Mao (1993). Eine Zusammenfassung und Bewertung ist bei Besler [7] sowie bei Bartl [5] zu finden. Aus diesen zahlreichen Arbeiten werden im Folgenden einige Ergebnisse von Bartl [5] vorgestellt. Diese Versuche zeichnen sich durch eine verbesserte Technik gegenber frheren Arbeiten aus. Es wurde ein Versuchskasten mit grçßeren Abmessungen und einer

309

1.6 Erddruck

a) Drehung um den Fußpunkt

b) Parallelverschiebung

c) Drehung um den Kopfpunkt

Bild 18. Grundarten der Wandbewegung bei passivem Erddruck

feineren Auflçsung der Messungen eingesetzt. Die Breite betrug insgesamt 1 m und die Hçhe 0,564 m. Die eigentliche Messwand wies eine Breite von 0,40 m auf und war mit acht ber die Hçhe verteilten Erddruckmessdosen ausgerstet. Es wurden umfangreiche 1g-VersuchsSerien mit den in Bild 18 dargestellten Grundarten der Wandbewegung und verschiedenen Einbaudichten des verwendeten „Dresdner Sands“ durchgefhrt. Ergnzt wurden diese Untersuchungen durch Zentrifugenversuche bei n  g an der Universitt fr Bodenkultur in Wien, um den Einfluss des Druckniveaus zu klren. Die Bilder 19 bis 21 zeigen einige typische Versuchsergebnisse. Dargestellt ist jeweils der dimensionslose Beiwert 0 ¼ Kph

2  E0ph g  h2

(29)

fr den Horizontalanteil E0ph des mobilisierten Erdwiderstands in Abhngigkeit der auf die Wandhçhe h bezogenen Verschiebung s gemß Bild 18. Deutlich zeigt sich die Abhngigkeit 0 von der Lagerungsdichte ID sowohl bei Parallelverschiebung (Bild 19) als auch bei von Kph

Bild 19. Mobilisierung der Erddruckkraft: 1g-Versuche, Parallelverschiebung, Aluminium-Wandoberflche, Variation der Ausgangslagerungsdichte ID (nach Bartl [5])

310

Achim Hettler

Bild 20. Mobilisierung der Erddruckkraft: 1g-Versuche, Kopfpunktdrehung, Aluminium-Wandoberflche, Variation der Ausgangslagerungsdichte ID (nach Bartl [5])

Bild 21. Mobilisierung der Erddruckkraft: 1g-Versuche, Fußpunktdrehung, Aluminium-Wandoberflche, Variation der Ausgangslagerungsdichte ID (nach Bartl [5])

einer Drehung um den Kopfpunkt (Bild 20). Bei einer Drehung um den Fußpunkt (Bild 21) wird kein Grenzwert im Sinne eines Peaks oder Plateaus erreicht. Die Art der Wandbewegung hat einen erheblichen Einfluss sowohl auf die erreichten Maximalwerte als auch auf die dazugehçrigen Verschiebungen. Insofern lsst sich im Gegensatz zum aktiven Fall der Einfluss der Wandbewegungsart bei praktischen Fllen nicht allgemein vernachlssigen. Wegen der erheblichen Verschiebungen, die im Vergleich zum aktiven Fall das 100-Fache betragen kçnnen, muss beim passiven Erddruck immer die Vertrglichkeit der Verformungen mit dem Zweck des Bauwerks berprft werden. Der normierte Horizontalanteil Kph des passiven Erddrucks Eph bei Erreichen des Grenzzustands Kph ¼

2  Eph g  h2

(30)

1.6 Erddruck

311

Bild 22. Normierte passive Erddruckkraft fr dichte Lagerung bei Variation des Spannungsniveaus fr Parallelverschiebung (nach Bartl [5])

hngt vom Druckniveau ab, wie die parallel durchgefhrten Zentrifugenversuche bei n · g zeigen (Bild 22). Auf der horizontalen Achse ist dabei der Parameter h*  ng, bezogen auf eine Wandhçhe von 1 m, dargestellt. Dabei bezeichnet h* die Wandhçhe im Versuch und ng das n-Fache der Erdbeschleunigung. Bild 22 zeigt sowohl die Ergebnisse bei 1 g (Symbol 1g-V.) als auch in der Zentrifuge bei n  g (Symbol Z-V.) fr verschiedene Wandbeschichtungen. Alu steht fr eine Aluminiumoberflche, S 220 fr „Schleifpapier S 220“. Die Druckabhngigkeit des Kph-Wertes lsst sich durch die Druckabhngigkeit des Reibungswinkels beim Dresdner Sand erklren (s. dazu Bild 3.17 bei Bartl [5]). Bei praktischen Anwendungen, z. B. auch in DIN 4085, geht man in der Regel davon aus, dass die auf die Wandhçhe bezogenen Grenzverschiebungen sp/h beim Erreichen des passiven Erddrucks unabhngig von der Wandhçhe sind. Tatschlich wird in vielen Fllen eine Zunahme mit dem Druckniveau beobachtet (vgl. Bild 23). In Anlehnung an eine Modelltheorie von Hettler kann der Zuwachs nherungsweise in der Form sp h ¼ ð Þ1þ spo h0

(31)

dargestellt werden. Dabei bezeichnet sp0 die zur Hçhe h0 gehçrige Verschiebung sp und b einen vom Boden abhngigen Exponenten. Einzelheiten siehe [39, 41].

Bild 23. Normierte passive Grenzverschiebung fr dichte Lagerung bei Variation des Druckniveaus fr Parallelverschiebung (nach Bartl [5])

312

Achim Hettler

Beispiel: Rumlicher Erdwiderstand vor Bohltrgern Wegen der Schwierigkeiten bei den statischen und kinematischen Verfahren eignen sich Versuche insbesondere zur Lçsung rumlicher Probleme. Weißenbach [97] untersuchte in kleinmaßstblichen Modellversuchen den rumlichen Erdwiderstand vor Trgern der Breite b0 mit der Einbindetiefe t0. Dabei wurde sowohl mit trockenem als auch mit feuchtem Sand gearbeitet und insbesondere auch der Einfluss der Kapillarkohsion cK bercksichtigt. Aufgrund seiner Untersuchungen kommt Weißenbach zu folgender Darstellung des rumlichen Erdwiderstands E p ¼

1  g  wR  t30 þ 2  cK  wK  t20 2

(32)

mit den Erddruckbeiwerten wR und wK nach Bild 24. Weitere Einzelheiten s. Weißenbach [95]. Gleichung (32) wurde in modifizierter Darstellung in die neue DIN 4085 bernommen (s. Abschn. 8.3).

a) Beiwerte w fr den Reibungsanteil R

b) Beiwerte w fr den Anteil aus Kapillarkohsion K

Bild 24. Beiwerte fr den Erdwiderstand vor Bohltrgern (nach Weißenbach [97])

313

1.6 Erddruck

Bild 25. Berechnungsvorschlag fr Ankerplatten in Sandboden bei mitteldichter Lagerung [12]

Beispiel: Rumlicher Erdwiderstand vor quadratischen Ankerplatten Buchholz untersuchte den rumlichen Erdwiderstand vor quadratischen Ankerplatten der Hçhe h und Breite b = h in Sandboden fr mitteldichte Lagerung. Aus den Versuchen wurde ein rumlicher Erddruckbeiwert h abgeleitet, der von der Tiefenlage H der Ankerplatte abhngt (Bild 25). Daraus lsst sich mithilfe der Beziehung E p ¼

1  g  H2  b  h 2

(33)

ermitteln. Weitere Beispiele Weitere Beispiele, insbesondere auch zu Bçden mit Kohsion, sind bei Gudehus [29] zu finden. Die Vorteile der 1g-Modelltechnik kommen auch zum Tragen, wenn es darum geht, die Geometrie von Bruchkçrpern einzugrenzen. Bild 26 zeigt verschiedene Beispiele zum aktiven und zum passiven Erddruck nach Walz [92]. Mithilfe von dnnen, farbig markierten Sandschichten lassen sich Scherfugen bei großen Verformungen aufzeigen. Nutzt man ein Bildmuster-Erkennungsprogramm, kçnnen kleine Verformungen sichtbar gemacht werden. Zum Beispiel ermçglicht es die PIV-Methode (Particle Image Velocimetry), einen Erddruckkeil bereits in einem frhen Stadium sichtbar zu machen (s. Hauser und Walz [35]).

314

Achim Hettler

a) Parallelbewegung aktiver Grenzzustand

b) Parallelbewegung passiver Grenzzustand

c) Drehung um den Fußpunkt passiver Grenzzustand

Bild 26. Darstellung von Gleitfugen des aktiven Erddrucks und des Erdwiderstandes (nach Walz [92])

3.6

Finite-Elemente-Methode

Allgemeines Die Nutzung der Finite-Elemente-Methode (FEM) hat in den letzten Jahren stark zugenommen und die FEM hat sich in einigen Bereichen als Standardwerkzeug etabliert. Zur Auswahl steht eine breite Palette von Stoffgesetzen und Programmen. Eine bersicht ber Stoffmodelle geben Herle und Kolymbas [36]. FEM-Modelle werden bei v. Wolffersdorff und Schweiger ausfhrlich behandelt [101]. ber aktuelle Entwicklungen und die Empfehlungen des Arbeitskreises 1.6 „Numerik in der Geotechnik“ bei Standsicherheits- und Verformungsberechnungen berichtet Schanz [74]. Hier sollen nur einige Besonderheiten bei der Anwendung auf Erddruckprobleme angesprochen werden. Ist nur der Grenzzustand der Tragfhigkeit von Interesse, d. h., soll z. B. Ea oder Ep ermittelt werden, ist in der Regel ein linear-elastisches/ideal-plastisches Stoffgesetz mit Mohr-Coulomb-Grenzbedingung ausreichend. Die Ergebnisse der FE-Berechnungen lassen sich dann wie bei Modellversuchen in dimensionsloser Form darstellen. Bei Bçden ohne Kohsion gelten die Gln. (25) und (26), bei Bçden mit Reibung und Kohsion kann eine Darstellung nach Gl. (28) gewhlt werden. Sind Wandverschiebungen von Bedeutung, reichen die zuvor genannten einfachen Stoffgesetze nicht mehr aus. In diesen Fllen sollten elasto-plastische Stoffgesetze mit isotroper Verfestigung, wie z. B. das Hardening-Soil-Modell, verwendet werden. Bei sehr hohen Genauigkeitsanforderungen sollte das Verhalten bei kleinen Dehnungen mçglichst wirklichkeitsnah modelliert werden, wie z. B. beim HS-Small-Modell (s. Benz [6]) oder bei dem von Scharinger [75] verwendeten Stoffgesetz. Besonders zu berprfen ist der Initialspannungszustand, der einen großen Einfluss auf Verschiebungen haben kann. Hypoplastische Stoffgesetze eignen sich sowohl zur Ermittlung von Grenzzustnden der Tragfhigkeit als auch zur Bestimmung von Verformungen. Zu beachten ist, dass der Einfluss des Druckniveaus auf die Steifigkeiten und die Scherparameter teilweise unterschiedlich modelliert wird. Ziegler [102] verwendet eine frhere Version, die homogen 1. Ordnung in der Spannung ist. Dies bedeutet z. B., dass der Reibungswinkel unabhngig vom Druckniveau ist und bei dimensionsloser Darstellung Erddruckbeiwerte unabhngig von der Wandhçhe sind, s. Gln. (25) und (26). Arbeitet man dagegen mit der neueren Version, vorgeschlagen von v. Wolffersdorff, dann hngt der Reibungswinkel vom Druckniveau ab. Formal lassen sich dann die Ergebnisse wie in Gl. (27) darstellen. Das heißt der Erddruck 2  E/g  h2 in dimensionsloser Form und somit der Erddruckbeiwert hngen noch von der Wandhçhe ab. Gleiches

1.6 Erddruck

315

gilt auch fr die in dimensionsloser Form dargestellten Verschiebungen. Sind die Steifigkeiten wie bei Ziegler proportional zum Druckniveau, kann der Zusammenhang zwischen Wandverschiebungen s/h und mobilisiertem Erddruck E¢  2/(g  h2) in der Form s 2  E0 Þ ¼ fð g  h2 h

(34)

dargestellt werden. Andernfalls hngen die Verschiebungen in Analogie zu Gl. (27) noch von der Wandhçhe h ab. Ergnzend kommt in Gl. (34) noch der Parameter h/h0 hinzu mit einer beliebigen Bezugswandhçhe h0 s 2  E0 h ; Þ ¼ gð g  h2 h0 h

(35)

Verwendet man z. B. das Hardening-Soil-Modell oder die Hypoplastizitt nach v. Wolffersdorff, trifft Gl. (35) zu. Beispiele Frhe systematische Berechnungen mit der FEM wurden von Potts und Fourie [68] durchgefhrt. Untersucht wurden sowohl raue als auch glatte Wnde fr die Grundbewegungsarten nach Bild 15a–c im aktiven Grenzzustand sowie nach Bild 18a–c im passiven Grenzzustand. Das Stoffverhalten wurde mit einem einfachen elasto-plastischen Stoffgesetz mit der MohrCoulomb-Grenzbedingung modelliert. Die Scherparameter betrugen c = 0 und j = 25 . Es wurde sowohl mit einer nicht assoziierten Fließregel und dem Dilatanzwinkel n = 0 als auch mit einer voll assoziierten Fließregel und n = j gerechnet. Die Wandhçhe betrug konstant 5,00 m. Der Ruhedruckbeiwert im Ausgangszustand wurde zu K0 = 2 bzw. K0 = 0,5 angenommen. Potts und Fourie finden eine starke Abhngigkeit der Erddruckverteilung von der Wandbewegungsart. Etwa aus derselben Zeit stammen die Untersuchungen von Nakai (1985), der ebenfalls Wnde mit verschiedenen Bewegungsarten modellierte [1]. Die erste Anwendung eines hypoplastischen Stoffgesetzes auf das Erddruckproblem stammt von Ziegler aus dem Jahr 1986 [102]. Ziegler untersuchte ebenfalls die drei Grundbewegungsarten fr den aktiven und den passiven Zustand. Der Wandreibungswinkel wurde zu null angenommen. Bild 27 zeigt beispielhaft die Ergebnisse fr den aktiven Fall. AbdelRahman [1, 42] arbeitete mit einer neueren Version der Hypoplastizitt nach von Wolffers-

Bild 27. Gesamterddruckkraft in Abhngigkeit der Verschiebung bei aktiver Wandbewegung (nach Ziegler [102])

316

Achim Hettler

dorff, bei der der Reibungswinkel abhngig vom Druckniveau ist und die Steifigkeiten nicht proportional zum Druckniveau sind. Wie in Gl. (35) beschrieben, hngen die dimensionslos dargestellten Mobilisierungskurven sowohl fr den aktiven als auch fr den passiven Fall von der Wandhçhe h ab. Bild 28 zeigt beispielhaft die Entwicklung des aktiven Erddrucks bei Parallelbewegung und mitteldichter Lagerung fr eine glatte Wand, Bild 29 entsprechend den passiven Fall. Wie in Zentrifugenversuchen beobachtet (s. Bild 23), nehmen die Verschiebungen bei Erreichen des Peak-Wertes mit grçßer werdenden Wandhçhen zu. Die Erddruckbeiwerte Kah nehmen im aktiven Fall ebenfalls mit der Wandhçhe zu (Bild 30), whrend die Kph-Werte kleiner werden (Bild 31). Auch hier besteht bereinstimmung mit den Ergebnissen aus Zentrifugenversuchen (s. Bild 22). Die beobachteten Abhngigkeiten von der Wandhçhe werden in der Praxis vernachlssigt. Dementsprechend werden in DIN 4085 die zur Mobilisierung des aktiven oder passiven

Bild 28. Aktiver Erddruck: Kraft-Verschiebungskurven fr verschiedene Wandhçhen bei Parallelverschiebung und mitteldichter Lagerung [42]

Bild 29. Passiver Erddruck: Kraft-Verschiebungskurven fr verschiedene Wandhçhen bei Parallelverschiebung und mitteldichter Lagerung [42]

1.6 Erddruck

317

Bild 30. Abhngigkeit des aktiven Erddruckbeiwertes Kah von der Wandhçhe h bei Parallelverschiebung [42]

Bild 31. Abhngigkeit des passiven Erddruckbeiwertes Kah von der Wandhçhe h bei Parallelverschiebung [42]

Erddrucks erforderlichen Verschiebungen in Prozent oder Promille der Wandhçhe angegeben. In der Regel reicht dies fr praktische Zwecke aus. Bei der bertragung der Ergebnisse von kleinmaßstblichen Modellversuchen auf grçßere Wandhçhen in der Praxis sollte jedoch der Einfluss dieses Maßstabseffekts berprft werden. Die Ergebnisse der numerischen Simulation von Abdel-Rahman zeigen ebenfalls die in Abschnitt 3.5 beschriebene Abhngigkeit der Erddruckverteilung und der Erddruckresultierenden von der Art der Wandbewegung. In Bild 32 sind die Erddruckbeiwerte Kah fr den aktiven Fall bei dichter Lagerung dargestellt. Die Grçßtwerte ergeben sich fr eine Drehung um den Kopfpunkt. Der Ansatz nach DIN 4085 liegt im vorliegenden Fall unabhngig von

318

Achim Hettler

Bild 32. Abhngigkeit des aktiven Erddruckbeiwertes Kah von der Wandhçhe h und Vergleich mit DIN 4085 bei dichter Lagerung [42]

Bild 33. Abhngigkeit des passiven Erddruckbeiwertes Kph von der Wandhçhe h und Vergleich mit DIN 4085 bei mitteldichter Lagerung [42]

der Wandbewegungsart auf der sicheren oder nur wenig auf der unsicheren Seite, wie der Vergleich in Bild 32 zeigt. Ein hnliches Ergebnis wurde auch fr lockere und mitteldichte Lagerung gefunden [42]. Beim passiven Erddruck dagegen muss die Art der Wandbewegung bercksichtigt werden. In diesem Fall wird in DIN 4085 z. B. bei einer Fußpunktdrehung eine Abminderung des nach Sokolowski/Pregl erhaltenen Kph-Wertes, dem eine Parallelbewegung zugeordnet wird, gefordert. Die Ergebnisse in Bild 33 und der Vergleich mit DIN 4085 decken sich im Rahmen der mçglichen Genauigkeit auch hier mit den Vorgaben der Norm.

1.6 Erddruck

319

Bild 34. Parallelverschiebung; a) Einfluss der Wandhçhe auf normierte aktive Erddruckverteilung bei mitteldichter Lagerung, b) Einfluss der Dichte auf normierte aktive Erddruckverteilung fr eine Wandhçhe h = 1 m [42]

Whrend die Erddruckbeiwerte deutlich von der Wandhçhe abhngen, scheint der Typ der Erddruckverteilung unabhngig zu sein von der Wandhçhe und mehr oder weniger auch von der Dichte. Normiert man die Wandkoordinate z mit der Hçhe h und dem Erddruck eah (z) mit dem mittleren Erddruck Eah/h, dann kommen die Kurven fr verschiedene Hçhen h und Dichte weitgehend zur Deckung (Bilder 34 bis 36). Die Verteilungen selbst decken sich in etwa mit den Vorschlgen in DIN 4085 (s. Abschn. 4). Die Sprnge in der Nhe des Wandfußes hngen mit numerischen Schwierigkeiten zusammen. Netzabhngigkeiten wurden jedoch nicht festgestellt [1].

320

Achim Hettler

Bild 35. Einfluss der Wandhçhe auf normierte aktive Erddruckverteilung bei Drehung um den Kopfpunkt und mitteldichter Lagerung [42]

Bild 36. Einfluss der Wandhçhe auf normierte aktive Erddruckverteilung bei Drehung um den Fußpunkt und mitteldichter Lagerung [42]

Obwohl es noch nicht mçglich ist, die Scherfugenbildung, die Entfestigung und die Vorgnge beim progressiven Bruch numerisch befriedigend zu modellieren, kçnnen FE-Berechnungen Hinweise zum Bruchverhalten geben. Bild 37 zeigt den aus den aktuellen Hauptspannungen T1, T2 und T3 mit T1 > T2 > T3 berechneten mobilisierten Reibungswinkel T1  T 3 jm ¼ arcsin ð Þ T1 þ T 3

(36)

bei Parallelverschiebung, mitteldichter Lagerung und einer Wandhçhe h = 1,00 m im Grenzzustand fr den aktiven Fall. Deutlich hebt sich eine bandfçrmige Zone mit voll mobilisier-

1.6 Erddruck

321

Bild 37. Bandfçrmige Bruchzone bei Parallelverschiebung im aktiven Grenzzustand, Wandhçhe h = 1,00 m, mitteldichte Lagerung (nach Abdel-Rahman [1])

Bild 38. Bandfçrmige Bruchzone bei Drehung um den Kopfpunkt im aktiven Grenzzustand, Wandhçhe h = 1,00 m, mitteldichte Lagerung (nach Abdel-Rahman [1])

Bild 39. Zonenbruch bei Drehung um den Fußpunkt im aktiven Grenzzustand, Wandhçhe h = 1,00 m, dichte Lagerung [1]

tem Reibungswinkel j » 35  ab. Die Bruchform erinnert an die Lçsung von Coulomb mit einer geraden Gleitfuge (s. Bild 26 in Abschn. 3.5). Bei einer Drehung um den Kopfpunkt ergibt sich eine gekrmmte, bandfçrmige Zone (Bild 38), die einer Starrkçrperlçsung mit gekrmmter Gleitfuge in Form einer logarithmischen Spirale hnelt (s. Bild 1 b in Abschn. 3.1 und Bild 4 in Abschn. 3.2). Wie bei der statischen Lçsung von Rankine ergibt die Simulation einer Wand mit Drehung um den Fußpunkt einen Zonenbruch (Bild 39) der sich auch in Modellversuchen einstellt (vgl. Bild 1 a).

322

Achim Hettler

Bild 40. Zonenbruch bei Parallelverschiebung im passiven Grenzzustand, Wandhçhe h = 1,00 m, mitteldichte Lagerung [1]

Ergnzend zeigt Bild 40 den passiven Fall bei einer Parallelbewegung. Wie bei der statischen Lçsung von Sokolowski/Pregl (s. Bild 12 in Abschn. 3.4) stellt sich ein Zonenbruch mit einer gekrmmten unteren Begrenzung ein (vgl. auch Bild 26 b in Abschn. 3.5). Die aufgefhrten Beispiele zeigen nur einen kleinen Ausschnitt der Literatur zu numerischen Simulationen des Erddrucks mit der FEM. Teilweise werden auch Sonderprobleme behandelt, wie z. B. bei Arnold und Herle, die FE-Simulationen des rumlichen, passiven Erddrucks bei Druckplatten durchfhrten [4]. Eine, wenn auch begrenzte, bersicht gibt Abdel-Rahman [1].

4

Ebener, aktiver Erddruck

4.1

Grundstzliche berlegungen

Voraussetzung fr den Ansatz des aktiven Erddrucks ist eine ausreichend große Wandverschiebung. Je nach Art der Wandbewegung und Lagerungsdichte liegen die erforderlichen Verschiebungen etwa zwischen 0,5 und 5 ‰ der Wandhçhe (s. Abschn. 10.2). Als Anhaltswert darf fr mitteldicht bis dicht gelagerte nichtbindige Bçden und fr steife bis halbfeste bindige Bçden bei einer Parallelbewegung von 1 ‰ der Wandhçhe ausgegangen werden. Das heißt z. B., dass bei einer 10 m hohen Wand mit Parallelbewegung bereits eine Verschiebung von 1 cm gengt, um den aktiven Erddruck zu erreichen. Diese Bedingung ist in der Praxis hufig erfllt. Bei dieser einfachen Anwendungsregel wird die in Versuchen oft beobachtete zustzliche Abhngigkeit von der Wandhçhe (s. Abschn. 3.5) vernachlssigt. Wie in Abschnitt 3 gezeigt, liegen fr einfache Standardflle geschlossene Formeln vor, die auf der Grundlage von Coulombs Erddrucktheorie und deren Erweiterung auf geneigte Erddruckresultierende, geneigte Wnde sowie geneigte Gelndeoberflche abgeleitet wurden. Zu beachten sind die in Bild 41 dargestellten Vorzeichenregeln fr die Erddruckneigung da, die Gelndeneigung b und die Wandneigung a, die sich auf die neue DIN 4085:2007-10 beziehen. Dabei wurde gegenber der alten DIN 4085 vom Februar 1987 oder gegenber den frheren Beitrgen von Gudehus zum Grundbau-Taschenbuch und anderem Schrifttum das Vorzeichen der Wandneigung gendert. Obwohl nicht allgemein zutreffend, hat sich in der Praxis eine additive Zerlegung der Resultierenden Ea des Gesamterddrucks in einen Anteil aus Bodeneigengewicht mit Index g, einen Anteil aus großflchiger Auflast mit Index p und einen Anteil aus Kohsion mit Index c durchgesetzt. Somit ergibt sich fr die Resultierende Ea der Ansatz Ea = Eag + Eap + Eac

(37)

Der Erddruck ea wird gleichermaßen aufgeteilt. Exakte Formeln auf der Grundlage der Coulomb’schen Erddrucktheorie wurden von Groß hergeleitet [28, 30].

323

1.6 Erddruck

Bild 41. Vorzeichendefinition nach DIN 4085:2007-10 und Vergleich mit alter Definition

Fr Anwendungen in der Praxis ist es zweckmßig, den Erddruck mit Neigung da in einen Horizontal- und einen Vertikalanteil mit Index h bzw. v aufzuteilen. Fr den Fall einer vertikalen Wand mit a = 0 (s. Bild 42) gilt Eav = Eah · tan da

(38 a)

und bei geneigter Wand mit a „ 0 Eav = Eah · tan (da + a)

(38 b)

Ein weiterer Index wird bençtigt, um bei Bemessungsaufgaben den charakteristischen Wert des Erddrucks vom Bemessungswert zu unterscheiden. So bezeichnet z. B. eagh,k den charakteristischen Wert der Horizontalkomponente des aktiven Erddrucks aus Bodeneigengewicht. Entsprechend lautet der Bemessungswert eagh,d. Weitere hochgestellte Indizes kommen zur Unterscheidung des ebenen vom rumlichen Erddruck hinzu (s. Abschn. 7). Die Berechnung des aktiven Erddrucks sttzt sich in der Regel auf die Theorie von Coulomb, die von einem Gleitkeil ausgeht. Der zu Ea zugehçrige Neigungswinkel der Gleitflche wird mit Ja bezeichnet (Bild 43). Es sei darauf hingewiesen, dass sich im Fall von unstetigen Auflasten der maßgebende aktive Erddruck auch bei einer anderen Gleitflchenneigung ergeben kann (s. Abschn. 4.4).

Bild 42. Horizontal- und Vertikalkomponente des Erddrucks

Bild 43. Aktiver Erddruck und zugehçriger Gleitflchenwinkel Ja

324

Achim Hettler

Die Kinematische Methode liefert nur die Erddruckresultierende und nicht deren Verteilung. In der Praxis ist es blich, – fr den Erddruck aus Bodeneigengewicht eine linear mit der Tiefe zunehmende Verteilung und – fr die Erddruckanteile aus großflchigen Auflasten sowie aus Kohsion eine konstante Verteilung anzusetzen (s. Abschn. 4.2). Diese Annahme lsst sich plausibel belegen, indem man wie Weißenbach [95] die Resultierende nach der Hçhe ableitet oder indem man sich auf die statische Theorie von Rankine sttzt, die aber strenggenommen nur fr eine Drehung um den Fußpunkt zutrifft. Je nach Anwendungsfall darf der klassisch ermittelte Erddruck umverteilt werden (s. Abschn. 11.3).

4.2

Bodeneigengewicht, großflchige Auflasten und Kohsion

Der horizontale Erddruck in der Tiefe z in einem homogenen Boden mit Wichte g darf nherungsweise durch berlagerung der Anteile aus Bodeneigengewicht mit Erddruckbeiwert Kagh, großflchiger Auflast p mit Erddruckbeiwert Kaph und aus Kohsion c mit Erddruckbeiwert Kach (Bild 44 a bis c) ermittelt werden eah ¼ g  z  Kagh þ p  Kaph  c  Kach

(39)

Ist der Anteil aus Kohsion betragsmßig grçßer als der Anteil aus großflchiger Auflast, ergeben sich bis zur Tiefe hcp rechnerische Zugspannungen (Bild 44 d). Dieser Fall wird zusammen mit dem Ansatz aus Mindesterddruck in Abschnitt 4.3 behandelt. Ist der Anteil aus Kohsion betragsmßig kleiner als der Anteil aus großflchiger Auflast (Bild 44 e), dann ergibt sich die Erddruckkraft durch Integration ber die Wandhçhe h Eah ¼

1  g  h2  Kagh þ h  p  Kaph  c  h  Kach 2

a) Erddruck aus Bodeneigenlast

b) Erddruck aus Auflast

c) Erddruck aus Kohsion

(40)

d) berlagerung der Erddruckanteile bei ‰eaph‰‰each‰

Bild 44. Erddruckverteilung beim Zusammenwirken von Bodeneigenlast, Auflast und Kohsion

325

1.6 Erddruck

Senkrechte Wand, ebenes Gelnde, waagerechter Erddruck Die Coulomb’sche Erddrucktheorie ergibt fr den Fall einer glatten senkrechten Wand mit ebenem Gelnde und einer waagerechten Erddruckkraft die exakte Lçsung Kagh ¼ tan2 ð45 

j Þ 2

Kaph ¼ Kagh ¼ tan2 ð45  Kach ¼ 2 

(41 a) j Þ 2

pffiffiffiffiffiffiffiffiffi j Kagh ¼ 2  tan ð45  Þ 2

(41 b) (41 c)

Der zugehçrige Neigungswinkel der Gleitflche betrgt Ja ¼ 45 þ

j 2

(42)

Senkrechte Wand, waagerechtes Gelnde, geneigter Erddruck Fr den in der Praxis hufigen Fall einer senkrechten Wand mit waagerechtem Gelnde und geneigtem Erddruck darf cos2 j sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 sinðj þ d a Þ  cos2 j 1þ cos d a

Kagh ¼ Kaph ¼ 

und

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi tan j sin j þ tan j þ tan d a tan Ja ¼ cos j

(43)

(44)

verwendet werden, s. Tabellen 1 und 2 im Anhang. Nach einem Vorschlag von Weißenbach [95] ergibt sich fr den Kohsionsanteil die Nherung pffiffiffiffiffiffiffiffiffi (45) Kach ¼ 2  Kagh Allgemeiner Fall DIN 4085:2007-10 gibt fr den allgemeinen Fall folgende Formeln an: 2 32 Kagh

6 7 6 7 cos ðj  aÞ 6 sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 7 ¼ 6 7 4 sin ðj þ d a Þ sin ðj  bÞ 5 Þ cos a  ð1 þ cos ða  bÞ cos ða þ d a Þ

Kaph ¼

cos a  cos b  Kagh cosða  bÞ

Kach ¼ 2 

cos ða  bÞ  cos j  cos ða þ da Þ ½1 þ sin ðj þ a þ d a  bÞ  cos a

(46 a)

(46 b)

(46 c)

326

Achim Hettler

mit dem zugehçrigen Gleitflchenwinkel aus dem Eigengewicht des Bodens 2 3 6 7 6 7 cos ðj  aÞ 7 ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi s Ja ¼ j þ arctan 6 6 7 4 sin ðj þ d a Þ  cos ða  bÞ5 sin ðj  aÞ þ sin ðj  bÞ  cos ða þ d a Þ

(47)

Zu beachten sind die in DIN 4085:2007-10 aufgezeigten Anwendungsgrenzen fr die Coulomb’sche Erddrucktheorie. Insbesondere bei geneigter Wand- oder Gelndeoberflche mit entsprechender Erddruckneigung kann es erforderlich sein, mit gekrmmten oder gebrochenen Gleitflchen zu arbeiten. In den meisten Fllen ist jedoch die Coulomb’sche Theorie ausreichend.

4.3

Kohsion, rechnerische Zugspannungen und Mindesterddruck

Sofern keine großflchige Auflast bercksichtigt wird oder der Erddruck aus einer großflchigen Auflast zahlenmßig kleiner ist als der Erddruck aus Kohsion, ergeben sich bei der klassischen Berechnung des Erddrucks in bindigen Bçden rechnerische Zugspannungen. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Ermittlung des klassischen Erddrucks aus Bodeneigenwicht und Kohsion zu unterscheiden ist zwischen Wnden, bei denen eine Erddruckumlagerung und damit ein Ausgleich von rechnerischen Zugspannungen mçglich ist, und den Fllen, bei denen keine Erddruckumlagerung stattfinden kann, insbesondere bei einer Fußpunktdrehung. Wird der verbleibende Erddruck nach Abzug des Kohsionsanteils verhltnismßig klein, dann ist zu prfen, ob ein Mindesterddruck maßgebend wird. Ein Hauptgrund dafr ist, dass bei bindigen Bçden im Vergleich zu den nichtbindigen Bçden eine grçßere Wandbewegung erforderlich ist, um den Erdruhedruck auf den aktiven Erddruck absinken zu lassen. Ein zweiter Grund dafr ist, dass der Gesamterddruck durch den Einfluss der Kohsion auf null absinken kann. DIN 4085:2007-10 bietet zwei Verfahren an, wie der Mindesterddruck ermittelt werden kann. Bei der ersten Mçglichkeit werden die Ordinaten aus Mindesterddruck und aus dem klassisch berechneten Erddruck verglichen und der grçßere Wert ist maßgebend. Die zweite Mçglichkeit sieht vor, dass die Resultierenden in einer Schicht oder in einem Homogenbereich miteinander verglichen werden, ein Verfahren das z. B. die EAB [16] bevorzugt. Ermittlung des klassischen Erddrucks Wie in Abschnitt 4.2 beschrieben, werden zunchst die Anteile aus Bodeneigengewicht (Bild 45 a) und Kohsion (Bild 45 b) klassisch ermittelt und berlagert (Bild 45 c). Bei nicht oder nachgiebig gesttzten Wnden, die sich um den Fußpunkt oder einen tiefer gelegenen Punkt drehen, stellt sich die klassische dreieckfçrmige Verteilung des Erddrucks aus Bodeneigengewicht ein und eine Erddruckumlagerung findet nicht statt. Die in Bild 45 c gestrichelt eingezeichneten, rechnerischen Zugspannungen drfen nicht bercksichtigt werden und mssen bis zur Tiefe hc ¼

c  Kach g  Kagh

zu null gesetzt werden.

(48)

327

1.6 Erddruck

a) Erddruck aus Bodeneigengewicht

b) Erddruck infolge von Kohsion

c) Erddruck bei nicht gesttzten Baugrubenwnden

d) Erddruck bei gesttzten Baugrubenwnden

e) Mindesterddruck

Bild 45. Ermittlung der aktiven Erddrucklast bei durchgehend bindigem Boden (nach EAB, Abschn. 3.2 [16])

Es verbleibt die Resultierende Eah ¼

1  g  Kagh  ðh  hc Þ2 2

(49)

Ist eine Erddruckumlagerung zu erwarten, insbesondere bei wenig nachgiebig gesttzten Wnden, drfen die rechnerisch sich ergebenden Zugspannungen gegen entsprechende Druckspannungen aufgerechnet werden (Bild 45 d) und der resultierende Erddruck ergibt sich aus Eah ¼ Eagh þ Each

(50)

Mindesterddruck beim Vergleich der Erddruckresultierenden Beim Vergleich der Erddruckresultierenden wird zunchst der Mindesterddruck aus Bodeneigengewicht mit dem Ersatzreibungswinkel j¢Ers,k = 40  unter Beibehaltung der geometrischen Grçßen wie Wandneigung a und Gelndeneigung b sowie der Erddruckneigung da ermittelt (Bild 45 e). Aus dem Beiwert ¼ Kagh ðjErs;k ¼ 40 Þ Kagh

(51)

berechnet sich die Resultierende des Mindesterddrucks zu E agh ¼

1  g  h2  Kagh 2

(52)

Der grçßere Wert aus Gl. (52) bzw. aus den Gln. (49) oder (50) ist maßgebend. Bei geschichtetem Boden (Bild 46 a) werden die Erddrcke in den einzelnen Schichten zunchst klassisch mit den charakteristischen Bodenkenngrçßen ermittelt (Bild 46 b). Anschließend wird nur in den bindigen Schichten der Mindesterddruck bestimmt (Bild 46 c) und schichtweise ein Vergleich der Resultierenden durchgefhrt. Bei dem Beispiel in Bild 46 ist in der oberen bindigen Schicht der Mindesterddruck maßgebend und in der unteren bindigen Schicht der klassisch berechnete. Der Erddruck in der mittleren nichtbindigen Schicht bleibt unverndert.

328

Achim Hettler

a) Bodenschichtung

b) Erddruck mit charakteristischen Scherfestigkeiten

c) Erddruck in den bindigen Schichten mit Ersatzreibungswinkel

d) Mindesterddruck

Bild 46. Ermittlung der Gesamtlast des aktiven Erddrucks bei teilweise bindigen Bodenschichten (nach EAB [16])

Mindesterddruck beim Vergleich der Erddruckordinaten Das zweite Verfahren nach DIN 4085:2007-10 sieht einen Vergleich der klassisch berechneten Erddruckordinaten mit dem Mindesterddruck vor. Bei dem Beispiel in Bild 47 ist bis zur Tiefe z ¼

c  Kach Þ g  ðKagh  Kagh

(53)

der Mindesterddruck e agh ¼ g  z  Kagh

(54)

anzusetzen, darunter der klassische, auf der Grundlage der charakteristischen Scherparameter ermittelte Erddruck. Bei geschichtetem Boden ist sinngemß zu verfahren.

Bild 47. Mindesterddruck: Vergleich der Erddruckordinaten nach DIN 4085:2007-10

329

1.6 Erddruck

4.4

Vertikale Linien- und Streifenlasten

Einfhrung Sind auf der Gelndeoberflche Linien- oder Streifenlasten vorhanden, kann sich je nach Grçße und Lage der Lasten das Maximum des aktiven Erddrucks auch unter einem anderen Winkel als J = Ja, der sich bei Bodeneigengewicht einstellt, ergeben (Bild 48). Man spricht in diesem Fall von einer Zwangsgleitflche, die unter J = Jz geneigt ist. Aus diesem Grund werden Erddruckformeln auch fr beliebige Winkel J bençtigt. In einigen Fllen darf jedoch J = Ja angenommen werden. DIN 4085 geht bei Lasten, die auf den aktiven Erddruckkeil angreifen und deren Betrag nicht grçßer ist als 10 % der Eigenlast des Gleitkeils, davon aus, dass sich die Neigung der Erddruckgleitflche aus Bodeneigenlast nicht wesentlich ndert und die Berechnungsformeln des Abschnitts 4.2 erhalten bleiben. Ergnzend wird in diesem Fall noch der Erddruckanteil aus Auflasten fr J = Ja bençtigt.

Bild 48. Mçgliche Zwangsgleitflche bei Linien- oder Streifenlasten

Die Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben (EAB) sttzen sich auf ein anderes Kriterium. Nach EAB mssen Zwangsgleitflchen nur bei nichtgesttzten Wnden, die sich um den Fußpunkt drehen kçnnen, untersucht werden. Bei gesttzten Wnden wird davon ausgegangen, dass sich eine Zwangsgleitflche nicht ausbilden kann und deshalb auch nicht untersucht werden muss. Sind die Linien- oder Streifenlasten in der Lnge begrenzt und weisen sie einen Abstand zur Wand auf, darf die çrtlich begrenzte Last auf die Lnge lr = l + 2 · a V

(55)

gleichmßig verteilt werden (Bild 49). Auf der Lnge lr wird dann der Erddruck wie fr eine unbegrenzte Linien- oder Streifenlast ermittelt.

Bild 49. Umwandlung von begrenzten Flchenlasten in Streifen- oder Linienlasten

330

Achim Hettler

Zwangsgleitflche nicht maßgebend Fr den Fall, dass sich durch Auflasten die Neigung der Gleitflche Ja aus Bodeneigengewicht nicht wesentlich ndert, darf der Erddruckbeiwert nach Gl. (46 a) und aus Kohsion nach Gl. (46 c) ermittelt werden. Der zustzliche waagerechte Erddruck Eaph aus einer Linienlast p ergibt sich fr waagerechtes Gelnde, eine senkrechte Wand und eine unter Ja geneigte Erddruckkraft zu Eaph ¼ p

sin ðJa  jÞ  cos ðd a Þ cos ðJa  d a  jÞ

(56)

Bei einer Streifenlast p¢ der Breite bp¢ ist in Gl. (56) p durch p¢  bp¢ und Eaph durch Eap’h zu ersetzen. Mit Kaph ¼

sin ðJa  jÞ  cos d a cos ðJa  d a  jÞ

(57)

erhlt man Eaph = p  Kaph

(58)

Weißenbach [95] hat fr die Kaph -Werte eine Tabelle entwickelt, die als Tafel 3 im Anhang beigefgt ist. Bei geneigter Wand und waagerechtem Gelnde gilt: Eaph ¼ p 

sin ðJa  jÞ cos ða þ d a Þ cos ðJa  a  d a  jÞ

(59)

siehe DIN 4085. Die Verteilung des Erddrucks aus Linien- oder Streifenlasten lsst sich mit den klassischen Theorien nicht exakt ermitteln. Dadurch erklrt sich, dass in der Literatur teilweise unterschiedliche Anstze vorgeschlagen werden. Abweichungen – wenn auch nur geringfgiger

a) Linienlast

b) an der Wand beginnende Streifenlast

c) Streifenlast mit Abstand zur Wand

Bild 50. Verteilung der aktiven Erddruckspannungen aus Linien- und aus Streifenlasten fr J = Ja (nach Weißenbach [95])

331

1.6 Erddruck

Art – bestehen z. B. zwischen der neuen DIN 4085 einerseits und der seit Jahren in der Praxis blichen Vorgehensweise nach Weißenbach und EAB andererseits. Strenggenommen gelten die Vorschlge nur bei einer Drehung der Wand um den Fußpunkt. Dies betrifft z. B. nichtgesttzte Wnde. In diesen Fllen darf nach Weißenbach bei Linienlasten p mit dem Abstand ap von der Wand eine dreieckfçrmige Verteilung und bei Streifenlasten p¢ der Breite bp¢ ohne Abstand von der Wand eine Rechteckverteilung angesetzt werden (s. Bild 50 a und b). Der Einflussbereich der Lasten auf die Wand wird abgegrenzt durch Geraden, die unter j bzw. Ja geneigt sind. Bei einer Linienlast p mit dem Abstand ap zur Wand ergibt sich der Abstand zwischen Wandkopf und dem Maximalwert der Erddruckspannungen zu hp0 ¼ ap  tan j

(60)

Die Hçhe der Lastfigur betrgt hp ¼ ap  tan Ja  hpo

(61)

Die maximale Ordinate der Erddruckspannungen aus der Linienlast p ergibt sich aus eaph ¼

2  Eaph hp

(62)

Bei einer Streifenlast p¢ mit der Breite bp¢ und dem Abstand ap¢ zur Wand (Bild 50 c) ergibt sich die obere Begrenzungslinie der Erddruckfigur zu h0po ¼ a0p  tan j

(63)

Die Hçhe der Lastfigur betrgt hp0 ¼ ðap0 þ bp0 Þ  tan Ja  hp0 o

(64)

Die Erddrucklastfigur ist ein Trapez mit den Ordinaten eap0 h;o ¼

Eap0 h ap0  ð1 þ Þ hp0 ap0 þ bp0

(65)

eap0 h;u ¼

Eap0 h ap0  ð1  Þ hp0 ap0 þ bp0

(66)

und

Im Fall einer Streifenlast ohne Abstand zur Wand mit ap¢ = 0 erhlt man aus den Gln. (65) und (66) eap0 h;o ¼ eap0 h;u

(67)

und somit eine Rechteckfigur (Bild 50 b). Bei wenig nachgiebig gesttzten Wnden darf die Form der Lastfigur weitgehend frei gewhlt werden. Bild 51 zeigt einige Vorschlge gemß den Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben (EAB).

332

Achim Hettler

a) Baugrubenwand, Nutzlast und Lastausbreitung

b) Beispiele fr einfache Lastfiguren

Bild 51. Lastfiguren fr den Erddruck aus lotrechten Nutzlasten bei wenig nachgiebig gesttzten Wnden (nach EAB [16])

Untersuchung von Zwangsgleitflchen Treffen die oben genannten Sonderflle nicht zu, muss durch Variation des Gleitflchenwinkels das Maximum des aktiven Erddrucks gesucht werden. Dazu eignet sich z. B. das grafische Culmann-Verfahren (s. Abschn. 4.7) oder das von Minnich und Stçhr [59, 60] vorgeschlagene Verfahren, das sich auch numerisch umsetzen lsst. Geht man von der in Bild 52 a dargestellten Situation mit vertikaler Wand und horizontalem Gelnde aus und dreht das Krafteck gemß der Culmann-Konstruktion um 90  - j (Bild 52 b und c), dann erhlt man in Abhngigkeit von J fr den Horizontalanteil der Erddruckresultierenden aus Bodeneigengewicht, Streifenlast p¢ mit der Breite bp¢ und Linienlasten p mithilfe des Sinus-Satzes E0ah ¼ ðG þ p þ p0  bp0 Þ 

sinðJ  jÞ  cos d a cosðJ  j  d a Þ

(68)

Analog ergibt sich fr den Kohsionsanteil (Bild 53) E0ach ¼ 2  c 

a) Krfte am Gleitkeil

cos j  cos d a cos ðJ  j  d a Þ  sin J

b) Culmann-Konstruktion bei Linienlasten

Bild 52. Untersuchung von Zwangsgleitflchen (nach Weißenbach [95])

(69)

c) Culmann-Konstruktion bei Streifenlasten

333

1.6 Erddruck

a) Krfte am Gleitkeil

b) Krafteck

Bild 53. Bercksichtigung der Kohsion bei der Ermittlung des Erddrucks aus Linien- und Streifenlasten (nach Weißenbach [95])

a) Krfte am Gleitkçrper

b) Krafteck

Bild 54. Untersuchung von Zwangsgleitflchen nach DIN 4085 bei kohsiven Bçden unter Annahme von Zugrissen bis zur Tiefe zc

Fr die in Bild 48 dargestellten Flle berechnet man zunchst den Erddruck klassisch nach Abschnitt 4.2 und vergleicht mit den Ergebnissen, die sich durch Einsetzen von Jz in die Gln. (68) und (69) ergeben. Der grçßere Wert ist maßgebend. Unabhngig davon ist bei kohsiven Bçden die Frage des Mindesterddrucks zu klren. In DIN 4085:2007-10 sind erweiterte Gleichungen fr geneigte Wnde zu finden. Bei Kohsion wird von Zugrissen bis zur Tiefe zc und entsprechend angepassten Gleitkçrpern ausgegangen (Bild 54), eine Annahme, die in Mitteleuropa unterschiedlich gesehen werden kann. Nach EAB braucht diese Regelung auf Baugrubenkonstruktionen nicht angewandt zu werden. Anders als im Fall J = Ja geht Weißenbach [95] davon aus, dass sich bei Zwangsgleitflchen der Lasteinfluss bis zum Wandfuß bemerkbar macht (Bild 55). Bei einer Linienlast p ergibt sich der Abstand zwischen dem Wandkopf und dem Beginn der Lastfigur zu hpo ¼ ap  tan j

(70)

334

Achim Hettler

a) Linienlasten

b) Streifenlasten

Bild 55. Verteilung des aktiven Erddrucks aus Linien- und Streifenlasten fr J = Jz (nach Weißenbach [95])

Mit hp ¼ h  hpo

(71)

erhlt man die maximale Ordinate der Lastfigur zu eaph ¼

2  Eaph hp

(72)

Bei einer Streifenlast p¢ mit der Breite bp¢ und dem Abstand ap¢ zur Wand betrgt der Abstand zwischen dem Beginn der Lastfigur sinngemß hp0 o ¼ ap0  tan j

(73)

Entsprechend gilt fr die Hçhe der Trapezfigur hp0 ¼ h  h0po

(74)

Die Ordinaten der Lastfigur ergeben sich entsprechend dem Vorgehen bei J = Ja zu eap0 h;o ¼

Eap0 h ap0  ð1 þ Þ hp0 ap0 þ bp0

(75)

eap0 h;u ¼

Eap0 h ap0  ð1  Þ hp0 ap0 þ bp0

(76)

und

4.5

Horizontale Linien- und Streifenlasten

Bei nicht gesttzten oder nachgiebig gesttzten Wnden darf die Erddrucklast EaHh aus horizontalen Linien- oder Streifenlasten H, die innerhalb des Erddruckkeils aus Bodeneigengewicht angreifen und einen vernachlssigbaren Einfluss auf die Neigung Ja des Gleitkeils aus Bodeneigengewicht haben, aus folgender Gleichung ermittelt werden EaHh ¼ H 

cos ðJa  jÞ  cos ðd a Þ cos ðJa  j  d a Þ

(77)

335

1.6 Erddruck

Bild 56. Erddruck infolge einer horizontalen Oberflchenlast, bei unverschieblichem Wandkopf

Gleichung (77) gilt fr senkrechte Wnde und waagerechtes Gelnde und lsst sich auf geneigte Wnde erweitern, s. DIN 4085:2007-10. Bei einer Drehung um den Fußpunkt darf die Verteilung des Erddrucks sinngemß wie bei vertikalen Linien- oder Streifenlasten gewhlt werden (s. Abschn. 4.4). Mssen mçgliche Zwangsgleitflchen untersucht werden, dann ist in Gl. (77) die Gleitflchenneigung Ja durch J zu ersetzen. Ist der Wandkopf gehalten, dann wird eine dreieckfçrmige Verteilung wie in Bild 56 empfohlen. Der Einflussbereich der Horizontallast H, die als gleichmßig verteilt auf der Breite bH angenommen wird, wird durch eine unter j geneigte Gerade nach unten abgegrenzt.

4.6

Geschichteter Boden

Bei geschichtetem Boden existieren keine exakten theoretischen Lçsungen. Fr praktische Zwecke hat es sich als ausreichend erwiesen, Gl. (39) schichtweise anzuwenden und anstelle von g  z die vertikale Spannung szi ¼ S g i  hi

(78)

in der Schicht i mit Wichte gi und Dicke hi zu setzen. Daraus ergibt sich eah ¼ Sg i  hi  Kagh þ p  Kaph  c  Kach

(79)

An den Schichtgrenzen erhlt man aus der Auflast Sgi  hi jeweils zwei Erddruckordinaten, ermittelt mit den Erddruckbeiwerten der zugehçrigen Schicht (Bild 57 a und b). Das Ver-

a) Bodenschichtung

b) Erddruckverteilung

c) Rechnerische Gleitflche

Bild 57. Erddruckermittlung bei geschichtetem Boden (nach Weißenbach [95])

d) Wirkliche Gleitflche

336

Achim Hettler

a)

b)

c)

Bild 58. Ermittlung gewogener Mittelwerte der Wichte (a), der Kohsion (b) und des Reibungswinkels (c) (nach Gudehus [30])

fahren geht davon aus, dass in jeder Schicht die jeweils ungnstigste Gleitflche auftritt (Bild 57 c). Tatschlich wird sich aus kinematischen Grnden eher eine durchgngige Gleitflche ausbilden (Bild 57 d), fr die sich der Maximalwert der gesamten Erddrucklast ergibt. Nach DIN 4085:2007-10 darf Gl. (79) auch bei parallel zur Oberflche geneigten Schichten angewendet werden. Sind Schicht- und Oberflchenneigung verschieden, wird empfohlen, die Erddruckbeiwerte auf der Grundlage der Bçschungsneigung b zu ermitteln. Gudehus [30] schlgt zur Bercksichtigung einer Schichtung vor, mit gewogenen Mittelwerten fr Wichte, Reibung und Kohsion zu arbeiten. Dabei gehen die Kohsionsanteile in der jeweiligen Schicht proportional zur anteiligen Lnge der Gleitflche und die Reibungskrfte proportional zur Tiefe ein. Fr den in Bild 58 dargestellten Fall erhlt man fr die  mittleren Werte g ; c und j

4.7

h h g ¼ g 1  ½1  ð 2 Þ2 þ g 2  ð 2 Þ2 h h

(80 a)

h2 h2 c ¼ c1  ð1  ð Þ Þ þ c2  h h

(80 b)

h h   j1  ð 1 Þ2 þ j2  ½1  ð 1 Þ2

j h h2

(80 c)

Geknickter Gelndeverlauf

Bei geknicktem Gelndeverlauf lsst sich das Maximum der Erddrucklast grafisch nach Culmann durch Variation der Gleitflchenneigung ermitteln. Dabei werden, wie in Bild 59 dargestellt, verschiedene Gleitflchen untersucht. Ausgehend von den Krften am Gleitkçrper (Bild 60 a) wird das Krafteck in Bild 60 b im Uhrzeigersinn um 90  - j gedreht (Bild 60 c). Die Wirkungslinie aus Eigengewicht G kommt dabei mit der unter j gegen die Waagerechte geneigten natrlichen Bçschungslinie zur Deckung. Die Resultierende E¢ag des Erddrucks ist parallel zur sogenannten Stellungslinie gerichtet, die unter j + da gegen die Senkrechte geneigt ist. Die Reaktionskraft Q¢ag liegt in der Gleitflche. Fr die Gleitflchen 1, 2 usw. wird jeweils das Krafteck gezeichnet, und man verbindet die zu den einzelnen Gleitflchen zugehçrigen Erddruckkrfte (s. Punkte F1 bis F7 in Bild 59) zu einer Kurve. Das Maximum lsst sich grafisch ermitteln, in dem man eine Parallele zur natrlichen Bçschungslinie zeichnet, die gerade die Erddruckkurve berhrt. Wie in Bild 59 dargestellt,

337

1.6 Erddruck

Bild 59. Erddruckermittlung nach dem Verfahren von Culmann

lsst sich am Berhrungspunkt die maßgebliche Gleitflche und die Resultierende Ea des aktiven Erddrucks konstruieren. Das Verfahren von Culmann ist sehr vielseitig. Linienlasten und Streifenlasten kçnnen ebenso wie eine Kohsion [95] oder eine Sickerstrçmung (DIN 4085) bercksichtigt werden. Mit dem Verfahren lsst sich die Ermittlung der aktiven Erddruckkraft anschaulich erlutern. Fr die praktische Anwendung ist es in der Regel jedoch zu aufwendig. Eine analytische Lçsung, die sich numerisch umsetzen lsst, wurde von Minnich und Stçhr [59] vorgeschlagen.

a) Krfte am Gleitkeil

b) Krafteck

c) Krafteck in der Culmann-Konstruktion

d) Ermittlung der Erddruckkomponenten

Bild 60. Erluterungen der Culmann-Konstruktion zur Ermittlung des Erddrucks aus Bodeneigenlast (nach Weißenbach [95])

Das Culmann-Verfahren liefert nur die Erddruckkrfte. Zur nherungsweisen Ermittlung der Erddruckverteilung eignet sich ein Vorschlag von Jenne [50] (Bild 61). Dabei wird nacheinander von den Neigungen b1, b2 oder b3 ausgegangen und die jeweils zugehçrige Erddrucklinie ermittelt. Die Linie eagh1 = g  Kah1  h gilt bis zum Schnittpunkt mit der Linie eagh2 = g  Kah2  h, diese wiederum bis zum Schnittpunkt mit eagh3. Die Resultierende erhlt man aus der schraffierten Flche in Bild 61 b.

338

Achim Hettler

a) Wand und Gelndeoberflche

b) Erddruckverteilung

Bild 61. Ermittlung des Erddrucks bei gebrochener Gelndeoberflche (nach Jenne [95])

4.8

Geknickte Wandflchen

Bei mehrfach geknickten Wandflchen wie in Bild 62 darf in den einzelnen Abschnitten der Erddruckbeiwert mit der entsprechenden Wandneigung ermittelt werden. Sonderregelungen bestehen bei einer zurckspringenden Wand. Hierzu wird auf DIN 4085:2007-10 und den Abschnitt 9.6 (Winkelsttzwnde) verwiesen.

4.9

Verteilung des aktiven Erddrucks

Die klassische, dreieckfçrmige Verteilung des aktiven Erddrucks aus Bodeneigengewicht stellt sich strenggenommen nur bei einer Drehung der Wand um den Fußpunkt ein (s. Abschn. 3.5 und 3.6). Je nach Konstruktion und Nachgiebigkeit einer Wand sind auch andere Verteilungen mçglich [96]. Hierzu siehe Abschnitt 11.3. Fr die Grundarten der Wandbewegung gibt DIN 4085:2007-10 idealisierte Verteilungsformen an. Hierzu wird auf Abschnitt 10.2 verwiesen.

Bild 62. Erddruckansatz bei geknickter Wandflche

1.6 Erddruck

5

Erdruhedruck

5.1

Bodeneigengewicht und großflchige Auflasten

339

Streng genommen ist der Erdruhedruck nur definiert fr ebenes Gelnde und normal konsolidierte bindige Bçden oder nichtbindige Bçden, die lagenweise horizontal und ohne Verdichtung eingebaut werden oder durch Sedimentation entstehen. Denkt man sich eine senkrechte Wand ohne Stçrungen eingebaut, wirkt auf diese Wand der Ruhedruck, solange keine Bewegung eintritt. In der Praxis gibt es jedoch Flle, bei denen diese Voraussetzungen nicht zutreffen wie z. B. bei unbeweglichen Wnden in geneigtem Gelnde. Fr den Anwender wurden auch fr abweichende Situationen Nherungsformeln entwickelt. Eine große „Genauigkeit“ darf jedoch nicht erwartet werden. Durch geologische Vorgnge oder auch durch frhere Bauvorhaben kann sich der Ausgangsspannungszustand im Boden stark verndert haben. Mçglichkeiten zur Messung der Spannungen stehen praktisch nicht zur Verfgung. Im Idealfall ist das Verhltnis der Horizontalspannung sh zur Vertikalspannung sn ber die Tiefe konstant, und es gilt der Zusammenhang sh = K0g  sn

(81)

Dabei bezeichnet K0g den Ruhedruckbeiwert aus Bodeneigengewicht. Zur Bestimmung von K0g eignen sich z. B. Triaxialversuche, bei denen die vertikale effektive Spannung erhçht und gleichzeitig eine seitliche Dehnung durch entsprechende Steuerung des Seitendrucks verhindert wird. Fr nichtbindige Bçden hat sich in der Praxis der Ansatz K0g = K0 = 1 - sinj

(82)

durchgesetzt, der sich durch Vereinfachung einer von Jky abgeleiteten Gleichung ergibt. Der Ansatz wird durch vorliegende Versuche besttigt und auch in DIN 4085 empfohlen. Bei berkonsolidierten bindigen Bçden wird die Kohsion nicht bercksichtigt und man setzt fr j den effektiven Reibungswinkel j¢. Im Fall einer senkrechten Wand mit waagerechter Gelndeoberflche berechnet sich der Erdruhedruck e0gh aus Bodeneigengewicht in der Tiefe z zu e0gh = K0  g  z

(83)

mit K0 nach Gl. (82). Die Erddruckkraft fr eine Wand mit der Hçhe h betrgt 1 E0gh ¼  K0  g  h2 2

(84)

Kommen noch großflchige Auflasten p hinzu, dann wird deren Anteil beim Erdruhedruck als konstant verteilt angenommen mit e0gh = K0  p

(85)

Daraus erhlt man die Resultierende fr eine Wand der Hçhe h zu E0ph = K0  p  h

(86)

Fr ein unter dem Winkel b geneigtes Gelnde stellt sich im Grenzfall b = j ein RankineZustand ein, bei dem der Erddruck parallel zur Gelndeoberflche wirkt.

340

Achim Hettler

Bei b = j und da = j gilt Kag = Kpg = cosj

(87)

d. h. aktiver und passiver Erddruck und somit auch der dazwischenliegende Erdruhedruck sind gleich. Fr den Horizontalanteil erhlt man Kagh = Kpgh = cos2j

(88)

der in der Praxis als horizontaler Erdruhedruckbeiwert gebruchlich ist. Daraus ergibt sich fr die Horizontalspannung auf eine unbewegliche Wand e0gh = cos2j  g  z

(89)

Der Vertikalanteil betrgt e0gV = tanj  cos2j  g  z

(90)

Franke [21] schlgt fr eine Bçschung, die unter b < j geneigt ist, die Interpolationsformel K0g(b) = 1 – sinj + (cosj + sinj - 1) 

b 2j

(91 a)

vor, Weißenbach [95] vereinfacht sie zu K0gh ðbÞ ¼ K0h þ ðcos j  K0h Þ 

b j

(91 b)

DIN 4085:2007-10 gibt darber hinaus eine Gleichung fr den allgemeinen Fall mit geneigtem Gelnde, geneigter Wand und geneigtem Erddruck an. Einzelheiten s. Abschn. 6.4.1 der DIN 4085. Bei starker geologischer Vorbelastung, z. B. durch eiszeitliche Gletscher, ist eine bleibende horizontale Vorspannung zu erwarten, die ber den Erdruhedruck nach Gl. (82) hinausgeht. Nach Gudehus [29] darf der erhçhte Erdruhedruckbeiwert K0c mit der Gleichung sn0 m K0c ¼ K0 ð Þ sz0

(92)

abgeschtzt werden. Dabei bezeichnet K0 den Erdruhedruckbeiwert fr unvorbelastetes Gelnde nach Gl. (82) sn¢ die maximale frhere und sz¢ die aktuelle effektive Vertikalspannung, vgl. auch Schmidt [77] und Gudehus [29]. Der Exponent m liegt zwischen 0,4 fr lockeren und 0,7 fr dichten Sand bzw. 0,4 fr leicht und 0,5 fr ausgeprgt plastischen Ton. In DIN 1997-1 (EC 7-1) wird ganz allgemein der Wert m = 0,5 empfohlen. Zu beachten ist, dass der Erdruhedruck den Erdwiderstand nicht berschreiten kann. Insbesondere bei nichtbindigen Bçden ist die Frage noch nicht geklrt, inwieweit sich ein erhçhter Erdruhedruck, z. B. durch Bauprozesse, auf einen kleineren Wert abbauen kann.

5.2

Punkt-, Linien- und Streifenlasten

Erddrcke aus Punkt-, Linien- und Streifenlasten auf unverschiebliche Wnde werden blicherweise auf der Grundlage der Theorie des elastischen Halbraumes abgeschtzt. Die von Frçhlich [24] abgeleiteten Gleichungen wurden von Weißenbach [95] ausgewertet und fr die praktische Berechnung weiterentwickelt. Frçhlich fhrt in die Gleichungen einen

341

1.6 Erddruck

a) Lastausbreitung

b) Horizontalspannungen e0ph

c) Vertikalspannungen e0pv

Bild 63. Verteilung der Spannungen aus einer Linienlast im elastischen Halbraum (nach Weißenbach [95])

sogenannten Konzentrationsfaktor n ein. Bei ber die Tiefe konstantem Steifemodul ist n = 3 zu setzen. Dies ist annhernd der Fall bei vorbelasteten Bçden. In allen brigen Fllen darf n = 4 angenommen werden. Theoretisch entspricht dies einem geradlinig mit der Tiefe zunehmenden Steifemodul. Beispielhaft wird die Vorgehensweise fr eine Linienlast p bei n = 3, also konstantem Steifemodul, erlutert. Die Linienlast habe den Abstand ap von der Wand. Gesucht sind der horizontale Erddruck e0ph und der vertikale Anteil e0pv in der Tiefe z auf die Wand (Bild 63). Unter Verwendung von tan yz ¼

ap z

(93)

erhlt man fr n = 3 eaph ¼

2  p  sin3 Yz  cos Yz p  ap

(94)

eapv ¼

2  p  sin2 Yz  cos2 Yz p  ap

(95)

Wie aus Bild 63 b und 63 c hervorgeht, nehmen sowohl der Horizontal- als auch Vertikaldruck zunchst zu und beim Winkel yz* wird ein Maximum erreicht mit max e0ph ¼ 0; 207 

p ap

bei Y z ¼ 60

(96)

max e0pv ¼ 0; 159 

p ap

bei Y z ¼ 45

(97)

Durch Integration ber die Wandhçhe h bis zum Winkel tan Yzs ¼

ap h

(98)

342

Achim Hettler

lsst sich die resultierende Erddruckkraft auf eine Wand mit der Hçhe h berechnen zu E0ph ¼

p  cos2 yzs p

E0pv ¼

p p 1  ð  arc yzs   sin 2 yzs Þ 2 p 2

(99) (100)

Im Grenzfall einer unendlich hohen Wand mit h gegen ¥ geht tan yzs gegen null, und man erhlt die grçßtmçglichen Erddruckkrfte zu max E0ph ¼ 0; 318 p

(101)

max E0pV ¼ 0; 500 p

(102)

Die entsprechenden Gleichungen fr n = 4 sowie fr Punkt- und Streifenlasten sind vollstndig von Weißenbach in [95] zusammengestellt. Wie die zahlenmßige Auswertung und die Bilder zeigen, ergeben sich bei der Ausstrahlung der Punkt-, Linien- und Streifenlasten im Boden sowohl waagerechte als auch senkrechte Spannungen an der angenommenen senkrechten Ebene. Dies gilt auch beim bergang von der Streifenlast auf eine großflchige Gleichlast. Die Lçsung beinhaltet Schubkrfte auf die Wand, die in der Praxis vernachlssigt werden. Statt dessen verwendet man in diesen Fllen Gl. (85) und setzt e0pv = 0. In der Regel wird z. B. bei Baugruben ein benachbartes Bauwerk vor Herstellung der Wand vorhanden sein. In diesem Fall hat sich bereits der beschriebene Erdruhedruck aus der Bauwerkslast eingestellt. Wird dagegen zuerst eine unverschiebliche Wand gebaut und danach eine Auflast aufgebracht, ist gemß dem Spiegelungsprinzip der aus der Elastizittstheorie ermittelte Erddruck zu verdoppeln. Die Begrndung ergibt sich durch die Notwendigkeit, in dem Schnitt direkt hinter der Wand als Randbedingung die Verschiebung null zu erreichen. Dies trifft bei der Halbraumlçsung nicht zu. Sie geht davon aus, dass sich die ursprnglich senkrechte Ebene im Boden verformt. Alternativ zur Ermittlung des Erddrucks auf der Grundlage der Halbraumtheorie darf der Erdruhedruck aus Punkt-, Linien- und Streifenlasten auch durch proportionale Umrechnung aus den Ergebnissen fr den aktiven Fall mit dem Faktor K0gh/Kagh bestimmt werden (s. DIN 4085, Abschn. 6.4.3). Dieser Vorschlag fhrt zu einer Erhçhung der Erddrcke im Vergleich zum aktiven Fall, whrend erfahrungsgemß die Halbraumlçsung geringere Werte ergibt.

6

Ebener passiver Erddruck

6.1

Grundstzliche berlegungen

Alle Erddruckberechnungen stellen Nherungen dar. Dies betrifft vor allem den passiven Erddruck. Grçße und Verteilung des passiven Erddrucks unterliegen je nach Modell und Wandbewegungsart weiten Grenzen, die leicht ber die in der Praxis blichen Sicherheitsbeiwerte hinausgehen kçnnen. Deshalb ist bei der Ermittlung des Erdwiderstands eine hohe Sorgfalt erforderlich. Insbesondere sind die zur Mobilisierung des Erdwiderstands erforderlichen Verschiebungen zu beachten. Soll z. B. ein Anteil des Erdwiderstands bei horizontal belasteten Fundamenten als Sttzkraft bercksichtigt werden (Bild 64 a), muss die Vertrglichkeit mit dem aufgehenden Bauwerk sichergestellt werden. Bei wenig verschieblichen

343

1.6 Erddruck

a)

b)

Bild 64. berprfung des mçglichen Mobilisierungsgrads beim passiven Erddruck im Hinblick auf Vertrglichkeit; a) mit Horizontalverschiebungen der aufgehenden Konstruktion, b) mit Wandfußverformungen bei Bemessung mit erhçhtem aktiven Erddruck

Schlitzwnden, die mit einem erhçhten aktiven Erddruck bemessen werden (Bild 64 b), muss ggf. der Ausnutzungsgrad des Erdwiderstands am Wandfuß verringert werden, um den Wandverschiebungen Rechnung zu tragen. Der Erddruckneigungswinkel und das Berechnungsmodell haben einen großen Einfluss auf den Erdwiderstandsbeiwert. Im Hinblick darauf war es bisher in der Praxis blich und sowohl nach DIN 4085:1987 -02 als auch nach EAB zulssig, z. B. bei Pfahlwnden und Spundwnden, bei denen wegen der engen Verbindung von Wand und Boden dp = -j zulssig wre, bis j = 35  mit dem betragsmßig abgeminderten Erddruckneigungswinkel dp = -2/3 j zur Korrektur des Modellfehlers mit ebenen Gleitflchen nach Coulomb zu rechnen. Bis dp = -0,9 j konnten außerdem die Kp-Werte von Streck/Weißenbach [95] verwendet werden. Bei dp = -j war es blich, die Werte von Caquot/Krisel/Absi aus dem Jahr 1973 [13] einzusetzen. Man beachte, dass die 1948 von Caquot/Krisel verçffentlichten Erddruckbeiwerte Ungereimtheiten enthalten. Beispielhaft zeigt Bild 65 einen von

Bild 65. Vergleich Kpgh fr a = 0; b = 0; j = 35  (nach Winkler [98])

344

Achim Hettler

Winkler [98] durchgefhrten Vergleich der Kpgh-Werte nach verschiedenen Modellen, der die bisherige Vorgehensweise besttigt. Die 4. Auflage der EAB [16] lsst diese Vorgehensweise mit ebenen Gleitflchen weiterhin zu. Die neue DIN 4085:2007 -10 empfiehlt, außer im Sonderfall a = b = d = 0 nur noch Modelle mit gekrmmten oder entsprechend aus ebenen Abschnitten zusammengesetzte Gleitflchen zu verwenden. Sie stellt die Lçsung von Sokolowski/Pregl in den Vordergrund. Dafr sprechen folgende Grnde: • Die Lçsungen erfassen auch durchgngig geneigtes Gelnde und geneigte Wnde. • Es wurden Interpolationsformeln entwickelt, die eine numerische Anwendung erleichtern.

6.2

Eigengewicht, großflchige Auflasten und Kohsion bei Parallelbewegung

Im Folgenden werden beispielhaft die Lçsung nach Coulomb fr ebene Gleitflchen und die Ausarbeitungen von Pregl auf der Grundlage des statischen Charakteristikenverfahrens nher diskutiert. Behandelt wird der Fall einer senkrechten Wand mit waagerechtem Gelnde und beliebiger Erddruckneigung. Weitere Verfahren und der allgemeine Fall mit a „ 0 und b „ 0 werden z. B. in DIN 4085, bei Weißenbach [95] oder bei Gudehus [29] sowie in der dort zitierten Literatur beschrieben (s. auch Abschn. 3). Wie beim aktiven Fall wird der passive Erddruck nherungsweise additiv in drei Anteile aus Bodeneigengewicht, aus Auflast und aus Kohsion aufgeteilt. Fr die Resultierende gilt Ep ¼ Epg þ Epp þ Epc

(103)

Der Horizontalanteil ergibt sich aus Ep zu Eph ¼ Ep  cos d p

(104)

Daraus berechnet sich der Vertikalanteil zu Epv ¼ Eph  tan d p

(105)

Die Horizontalkomponente des passiven Erddrucks lsst sich analog zum aktiven Fall in der Form eph ¼ g  z  Kpgh þ p  Kpph þ c  Kpch

(106)

darstellen. Es ist blich, sowohl die Ergebnisse fr ebene Gleitflchen als auch die Ergebnisse von Sokolowski/Pregl mit der Lçsung fr eine Parallelbewegung der Wand gleichzusetzen [98], obwohl z. B. beim Charakteristikenverfahren von Sokolowski keine Aussagen zur Kinematik getroffen werden (s. Abschn. 3.4). Ebene Gleitflchen Fr den Fall einer senkrechten Wand mit a = 0 sowie bei waagerechter Gelndeoberflche mit b = 0 erhlt man Kpgh ¼ Kph ¼ "

cos2 j sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi #2 sin ðj  d p Þ  sin j 1 cos d p

(107)

345

1.6 Erddruck

und fr die Neigung der Gleitflche tan Jp ¼

1 sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  tan j tan j  tan d p cos j  tan j

(108)

Bei einer glatten Wand mit dp = 0 lauten die Lçsungen Kph ¼ tan2 ð45 þ Jp ¼ 45 

j Þ 2

j 2

(109) (110)

Entsprechend Gl. (106) ergibt sich fr den passiven Erddruck in der Tiefe z epgh ¼ g  z  Kph

(111)

und fr die Resultierende auf eine Wand der Hçhe h Epgh ¼

1  g  h2  Kph 2

(112)

Der Anteil aus großflchigen Auflasten wird mit Kpph ¼ Kpgh ¼ Kph

(113)

epph ¼ p  Kph

(114)

aus

ermittelt. Die resultierende passive Erddruckkraft auf eine Wand mit der Hçhe h ergibt sich zu Epph ¼ p  h  Kpgh

(115)

Nherungsweise darf der Kohsionsanteil [95] aus pffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Kph  cos d p (116) Kpch ¼ 2  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ermittelt werden. Setzt man vereinfachend cos d p » 1, erhlt man auf der sicheren Seite liegend pffiffiffiffiffiffiffiffi (117) Kpch  2  Kph Mit Gl. (117) lautet der Horizontalanteil des passiven Erddrucks aus Kohsion pffiffiffiffiffiffiffiffi Kph epch ¼ 2  c  und dessen Resultierende auf eine Wand der Hçhe h pffiffiffiffiffiffiffiffi Kph Epch ¼ 2  c  h 

(118)

Einen berblick ber die Kph-Werte nach Gl. (107) geben die von Weißenbach aufgestellten Tabellen (s. Tafel 4 im Anhang).

346

Achim Hettler

Pregl/Sokolowski Nach Pregl ist streng zu trennen zwischen den Erddruckbeiwerten Kpgh, Kpph und Kpch. Fr den Fall einer vertikalen Wand bei waagerechter Gelndeoberflche ergibt sich durch Vereinfachung der in DIN 4085:2007- 10 angegebenen Formeln: a) Bodeneigengewicht dp £ 0

Kpgh ¼ cos d p 

0;26þ5;96j 1 þ sin j  1  0; 53  d p 1  sin j

(119 a)

dp > 0

Kpgh ¼ cos d p 

7;13 1 þ sin j  1 þ 0; 41  d p 1  sin j

(119 b)

b) Großflchige Auflasten dp £ 0

Kpph ¼ cos d p 

0;08þ2;37j 1 þ sin j  1  1; 33  d p 1  sin j

(120 a)

dp > 0

Kpph ¼ cos d p 

2;81 1 þ sin j  1  0; 72  d p 1  sin j

(120 b)

c) Kohsion

 

0;08þ2;37j 1 þ sin j ¼ cos d p   cot j  1  1; 33  d p 1  sin j

dp £ 0

Kpch

dp > 0



1;14þ0;57j 1 þ sin j Kpch ¼ cos d p  ð (121 b)  1Þ  cot j  1 þ 4; 46  d p  tan j 1  sin j

(121 a)

Zu beachten ist, dass dp und j berall dort, wo keine direkten Winkelfunktionen angegeben sind, immer im Bogenmaß einzusetzen sind. Beispielsweise ergibt sich fr j = 35  und dp = -j/2 p i0;26þ5;96180 35 1 þ sin 35 h p  Kpgh ¼ cosð17; 5 Þ   1  0; 53  Þ ¼ 6; 32  ð17; 5 1  sin 35 180 Eine Zusammenstellung der Kph-Werte, berechnet aus den Gln. (119) bis (121), findet sich in den Tafeln 5 a bis 5 c. Vergleich Bild 66 zeigt einen Vergleich der Kpgh-Werte nach Pregl/Sokolowski mit den Kph-Werten, ermittelt auf der Grundlage ebener Gleitflchen. Wie bereits in Abschnitt 6.1 dargelegt, sind die Unterschiede im Bereich -j/2 £ dp £ 0 verhltnismßig gering. Auffllig sind die Abweichungen bei j = 30  und j = 35  im Bereich 0 £ dp £ + j, die bei j = 40  nicht mehr vorhanden sind.

6.3

Drehung um den Kopf- oder Fußpunkt

Alle Untersuchungen zeigen, dass der passive Erddruck sowohl in Grçße als auch Verteilung stark von der Art der Wandbewegung abhngt (s. Abschn. 3). In vielen praktischen Fllen liegen kombinierte Wandbewegungen vor. DIN 4085:2007 -10 schreibt dazu:

1.6 Erddruck

347

Bild 66. Vergleich der Kpgh-Werte in Abhngigkeit vom Erddruckneigungswinkel dp, berechnet mit ebenen Gleitflchen und mit gekrmmten Gleitflchen nach Pregl/Sokolowski fr senkrechte Wand (a = 0) und waagerechte Gelndeoberflche (b = 0); a) j = 30 , b) j = 35 , c) j = 40 

348

Achim Hettler

Bild 67. Beispiel fr eine begrenzte Drehung der Wand um den Fußpunkt

„Wenn eine Kombination der Wandbewegung aus Fußpunktdrehung und Parallelverschiebung vorliegt, und der Fuß der Wand sich um einen Betrag verschiebt, der bei Parallelverschiebung den passiven Erddruck erzeugt, darf davon ausgegangen werden, dass sich Grçße und Verteilung der Erddruckkraft wie bei einer Parallelverschiebung der Wand einstellen. Wenn eine Kombination der Wandbewegung aus Kopfpunktdrehung und Parallelverschiebung vorliegt, und der Kopf der Wand sich um einen Betrag verschiebt, der bei Parallelverschiebung den passiven Erddruck erzeugt, darf davon ausgegangen werden, dass sich Grçße und Verteilung der Erddruckkraft wie bei einer Parallelverschiebung der Wand einstellen. Wenn in beiden Fllen geringere Wandverschiebungen auftreten, darf nherungsweise im Sinne einer Interpolation verfahren werden.“ Dies bedeutet, dass sehr hufig der passive Erddruck fr Parallelverschiebung angesetzt werden darf und eine Abminderung nicht erforderlich ist. Falls doch eine reine Drehung um den Fuß- oder um den Kopfpunkt vorliegt wie z. B. in Bild 67, werden folgende Abminderungen empfohlen: Epgh, Fußpunkt £ 0,50 bis 0,67 Epgh, Parallel

(122)

Epgh, Kopfpunkt £ 0,67 Epgh, Parallel

(123)

Einzelheiten siehe DIN 4085, Abschnitt 6.5.1.

a) Fußpunktdrehung

b) Parallelverschiebung

c) Kopfpunktdrehung

Bild 68. Vereinfachte Verteilung des passiven Erddrucks nach DIN 4085:2007-10

349

1.6 Erddruck

6.4

Verteilung des passiven Erddrucks

Die in Abschnitt 3 aufgefhrten Untersuchungen zeigen eine starke Abhngigkeit der Verteilung des passiven Erddrucks von der Art der Wandbewegung. DIN 4085:2007- 10 schlgt die in Bild 68 dargestellten vereinfachten Verteilungsformen vor. Bei einer Parallelverschiebung wird von einer dreieckfçrmigen Verteilung ausgegangen. Die Resultierende Epgh, Parallel greift im Drittelspunkt an (Bild 68 b). Ein doppeltes Dreieck mit Lage der Resultierenden in halber Wandhçhe wird bei einer Drehung um den Wandfuß vorgeschlagen (Bild 68 a). Bei einer Drehung um den Wandkopf ist die Verteilung in etwa parabelfçrmig mit dem Angriffspunkt der Resultierenden beim 0,2-fachen der Wandhçhe h. Einzelheiten zur Verteilung der Vertikalanteile siehe DIN 4085.

7

Rumlicher aktiver Erddruck

7.1

Grundstzliche berlegungen

Bei im Vergleich zur Tiefe z relativ schmalen Wnden der Lnge l wie z. B. bei suspensionsgesttzten Schlitzwandlamellen reduziert sich der aktive Erddruck gegenber dem ebenen Fall. Grund ist eine Umlagerung des Erddrucks von der nachgiebigen Erdwand auf weniger nachgiebige seitliche Bereiche, die oft als Gewçlbewirkung bezeichnet wird. ðrÞ

Wie im ebenen Fall lsst sich der rumliche aktive Erddruck eah in die Anteile aus BodenðrÞ ðrÞ ðrÞ eigengewicht eagh ; großflchiger Auflast eaph und Kohsion each aufspalten ðrÞ

ðrÞ

ðrÞ

ðrÞ

eah ¼ eagh þ eaph þ each

(124)

Bezieht man die rumlichen Erddruckanteile auf den ebenen Fall, dann lsst sich Gl. (124) unter Verwendung der Formbeiwerte magh, maph und mach umschreiben zu ðrÞ

eah ¼ magh  eagh þ maph  eaph þ mach  each

(125)

mit eagh, eaph und each nach Abschnitt 4. Die Formbeiwerte in der Tiefe z hngen vom Verhltnis z/l und vom Reibungswinkel j ab. Zur Ermittlung der Formbeiwerte liegen zahlreiche theoretische Untersuchungen vor. Zum Beispiel gehen Piaskowski/Kowalewski [67] entsprechend der Coulomb’schen Erddrucktheorie fr den ebenen Fall von einem monolithischen Erdkçrper aus (Bild 69). Bei der sog. Schultertheorie werden an den Seitenflchen eines abgleitenden Erdkeils Schubspannungen txy angesetzt (Bild 70). Die modifizierte Elementscheibentheorie von Walz [93] stellt eine Weiterentwicklung der Silotheorie von Terzaghi fr rumliche Erddruckprobleme dar (vgl. Abschn. 9.2). Dieser Ansatz lsst sich auch bei radialsymmetrischen Problemen mit kreiszylindrischen Wandflchen (s. Abschn. 7.2) und bei geschichtetem Boden anwenden. Eine bersicht geben Lorenz und Walz [57]. Fr den Fall einer senkrechten, glatten Wand mit a = 0 und da = 0 sowie einer waagerechten Gelndeoberflche mit b = 0 gibt DIN 4085:2007 -10 die von Franke aus den Angaben von Piaskowski/Kowalewski [67] abgeleiteten Nherungsformeln an j  z

2 magh ¼ 1   arctan (126) p 2l maph ¼ magh

(127)

350

Achim Hettler

Bild 69. Gleitkçrpermodell nach Piaskowski/Kowalewski [67]

Bild 70. Erddruckberechnung nach der sog. Schultertheorie bzw. nach Prater (siehe Lorenz/Walz [57])

Je nach Tiefe und Grçße des Reibungswinkels kann der Abminderungsfaktor magh zur Ermittlung des rumlichen Erddrucks zwischen 0,2 und 0,3 liegen (Bild 71) Wie schon in DIN 4085 aus dem Jahr 1987 wird auf der sicheren Seite liegend fr den Kohsionsanteil mach ¼ 1

(128)

gesetzt. ðrÞ

Die resultierende rumliche Erddruckkraft Eah pro m Breite auf einer Wand der Hçhe h darf aus ðrÞ

ðresÞ

ðresÞ

ðresÞ

Eah ¼ magh  Eagh þ maph  Eaph þ mach  Each ermittelt werden mit ðresÞ

magh ¼ 1 

ðresÞ maph

20

1

12

2 6B1 þ  C  4@ j  h 2 A arctan p 2 l

2 ¼ 1   arctan p



(129)

j  h 2 l

3

 

2 l 7 5 j  h

"     # j  h 2 l j  h 2 þ  ln 1 þ 2 l j  h  p 2 l

(130)

(131)

351

1.6 Erddruck ðresÞ

mach ¼ 1

(132)

In allen Gleichungen ist j im Bogenmaß einzusetzen. Die Abminderungsfaktoren in den Gln. (126) bis (128) sowie (130) bis (132) drfen nach DIN 4085 auch nherungsweise fr Flle a, b, da „ 0 verwendet werden.

Bild 71. Abminderungsfaktor magh zur Ermittlung des rumlichen aktiven Erddrucks nach DIN 4085

7.2

Kreiszylindrische Flchen

Bei Brunnen, Schchten oder mit Suspension gesttzten Bohrlçchern mit kreiszylindrischen Flchen kçnnen sich bei gengend großen Deformationen achsensymmetrische Grenzspannungsfelder fr die Radialspannung sr, die Vertikalspannung sz, die Schubspannung trz und die Ringspannung sq einstellen. Wendet man die statische Methode an (s. Abschn. 3.4) stehen zwei Gleichgewichtsbedingungen und die Mohr-Coulomb-Grenzbedingung fr die vier unbekannten Spannungskomponenten zur Verfgung. Mithilfe der sog. Haar-v.-Karmann-Bedingung wird das Problem statisch bestimmt (vgl. Gudehus [29]). Eine vollstndige Darstellung des Problems gibt Kzdi [53]. Dort ist auch die Nherungslçsung nach Beresanzew zu finden, der von geraden Gleitlinien ausgeht. Fr kohsionslosen Boden mit Auflast q lautet die Lçsung bei einem Kreiszylinder mit Radius r0. "  l1 #  l tan ð45  j2 Þ r r j

 tan2 45  sr ¼ g  r   1  þ q (133) l  1 rb rb 2 mit den Abkrzungen j

4 2   p j rb ¼ r0 þ z  tan  j 2 l ¼ 2  tan j  tan

p

þ

(134) (135)

Bild 72 zeigt die horizontalen Spannungen in dimensionsloser Form mit den Koordinaten sr/(r0  g) und z/r0 fr den Fall ohne Kohsion und ohne Auflast bei Reibungswinkeln j zwischen 20  und 35 .

352

Achim Hettler

Bild 72. Waagerechte Spannungen an der Wandung eines Kreiszylinders im Sand im aktiven Grenzzustand nach der vereinfachten Theorie von Beresanzew [53]

Bild 73. Vergleich der Erddrcke auf kreiszylindrische Flchen bei j = 35  und da = 0, ermittelt mit verschiedenen Verfahren (nach Walz/Hock [94])

353

1.6 Erddruck

Die vereinfachte Theorie von Beresanzew liefert relativ geringe Erddrcke. Voraussetzung sind nachgiebige Wandkonstruktionen. Bei wenig nachgiebigen Systemen z. B. wird sich kaum der aktive Grenzzustand einstellen, und es sind hçhere Spannungen zu erwarten. In diesen Fllen empfiehlt z. B. die EAB [16] die modifizierte Elementscheibentheorie von Walz und Hock [93, 94] als oberen Grenzwert bei der Ermittlung der Erddrucklast. Wie das Beispiel in Bild 73 zeigt, kçnnen sich erhebliche Unterschiede ergeben. Im Gegensatz zur Theorie von Beresanzew geht bei der modifizierten Elementscheibentheorie noch das Verhltnis h/d der Schachttiefe h zum Schachtdurchmesser d ein.

7.3

Sttzwnde quer zur Bçschung

Bei Brckenwiderlagern und Durchlssen durch Dmme werden hufig Flgelwnde quer zur Dammachse angeordnet. Im Bçschungsbereich ist das Gelnde in der Wandebene geneigt (Bild 74). Die in Abschnitt 4 dargestellten Erddrucktheorien fr den ebenen Fall sind nicht zutreffend, weil es sich um ein rumliches Problem handelt. Fr diese Fragestellung schlug Rendulic eine Nherungslçsung vor [72], die von Schiel [76] weiterentwickelt wurde. Die von Franke [22] berarbeitete Fassung wurde in die neue DIN 4085:2007- 10 aufgenommen.

a) Grundriss

b) Schnitt A-A durch Damm

Bild 74. Sttzwand mit Flgelwand quer zur Dammachse ðBÞ

Zur Ermittlung des rumlichen aktiven Erddrucks eagh wird zunchst der aktive Erddruck eagh wie im ebenen Fall mit a = b = da = 0 berechnet und mit dem Vergrçßerungsfaktor x erhçht ðBÞ

eagh ¼ x  eagh x ergibt sich unter Verwendung von qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi k ¼ 1  1  ð1 þ tan2 bB Þ  cos2 j

(136)

(137)

aus x ¼

k  cos2 bB 1  sin j

(138)

wobei bB die Bçschungsneigung bezeichnet (Bild 74). Der Vergrçßerungsfaktor x ist fr den unteren Teil der Bçschung voll anzusetzen bis zum Schnittpunkt mit der in Bild 75 eingezeichneten und unter JaB geneigten Geraden. Danach nimmt x bis zur Dammkrone geradlinig auf eins x = 1 ab, d. h., ab der Dammkrone wird wieder der ebene Fall vorausgesetzt.

354

Achim Hettler

Bild 75. Ansatz des Vergrçßerungsfaktors x und Definition des bergangsbereichs

Die Neigung JaB ergibt sich aus tan JaB ¼

tan j  tan bB þ tan j 1  k

(139)

Im Sonderfall, dass die Bçschung unter j geneigt ist, gilt x ¼ 1 þ sin j und JaB ¼ j und der Vergrçßerungsfaktor x wird maximal. Bei bindigen Bçden mit bB > j darf nherungsweise bB = j gesetzt werden. Sind die Sttzwnde schrg zur Falllinie der Bçschung angeordnet, dann ist der Gelndeneigungswinkel bk an der Schnittebene zwischen Wand und Gelnde maßgebend. Nheres siehe DIN 4085.

8

Rumlicher passiver Erddruck

8.1

bersicht

Aus Sicht der Praxis stellt sich die Frage einer rumlichen Wirkung beim passiven Erddruck hauptschlich in folgenden Fllen: – Ankerplatten, – Widerlagerwnde fr den Pressvortrieb von Rohren, – Fußwiderstand vor Bohltrgern. Der rumliche Erdwiderstand vor einzelnen Ankerplatten kann, wenn die Voraussetzungen fr die Lagerungsdichte zutreffen, nach Buchholz abgeschtzt werden (s. Gl. (33) in Abschn. 3.5). Ein allgemeines Verfahren wurde in Anlehnung an Weißenbach von Arnold und Herle entwickelt [4]. Wenn sich die Bruchkçrper bei nebeneinander angeordneten Ankerplatten berschneiden, darf mit einer Ersatzankerwand gerechnet werden (Bild 76). Vor der gedachten Wand, die bis zur Gelndeoberkante reicht, wird der Erdwiderstand angesetzt, hinter der Wand der aktive Erddruck (Bild 77). Voraussetzung ist allerdings, dass die

1.6 Erddruck

355

a)

b)

Bild 76. Lage der Ersatzankerwand, nach Hoesch-Spundwandhandbuch [46]; a) senkrechter Schnitt, b) Grundriss

Bild 77. Gleitflchen und Krfte an einer Ankerwand, nach HoeschSpundwandhandbuch [46]

356

Achim Hettler

Einbettungsziffer H/h nicht grçßer als 5,5 ist und ein kritischer Abstand nicht berschritten wird. Einzelheiten siehe Spundwandhandbcher der Stahlkonzerne, z. B. [46]. Bei Widerlagerwnden fr den Pressvortrieb von Rohren, kann man sich mit den Kph-Werten fr den ebenen Fall behelfen oder die Verfahren nach Abschnitt 8.2 und 8.3 verwenden. Fr den Fußwiderstand vor Bohltrgern liegt das bewhrte Verfahren von Weißenbach vor (s. Abschn. 8.2). Daraus abgeleitet wurde der Vorschlag der neuen DIN 4085:2007- 10 (s. Abschn. 8.3).

8.2

Fußwiderstand vor Bohltrgern nach Weißenbach

Ausgehend von den in Abschnitt 3.5 beschriebenen Untersuchungen hat Weißenbach ein Verfahren zur Ermittlung des rumlichen Erdwiderstands vor Bohltrgern mit der Breite bt, der Einbindetiefe t und dem Trgerachsabstand at entwickelt. Der resultierende rumliche Erdwiderstand E ph ergibt sich aus E ph ¼

1 1  g  wR  t3 þ 2  c  wK ¼  g  wph  at  t2 2 2

(140)

Die Beiwerte wR und wK liegen in Abhngigkeit vom Verhltnis ft = bt/t und dem Reibungswinkel j in Form von Tabellen vor [95]. Mit dem ideellen Erdwiderstandsbeiwert wph ¼

2  E ph

(141)

g  t2  at

kçnnen die fr durchgehende Spundwnde abgeleiteten Rechenverfahren auch auf Trgerbohlwnde angewendet werden, sofern sich die Bruchmuscheln vor den einzelnen Bohltrgern nicht berschneiden und einen entsprechenden Abstand aufweisen. Bei berschneidung ist der ideelle Erdwiderstandsbeiwert aus dem Ansatz bt at  bt 4  c qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  Kph ðd p 6¼ 0Þ þ  Kph ðd p ¼ 0Þ þ wph ¼  Kph ðd p 6¼ 0Þ (142) at at g  t zu ermitteln. Dabei geht man von der Vorstellung einer durchgehenden Wand mit unterschiedlichen Erddruckneigungswinkeln vor den Bohltrgern und im Bereich zwischen den Bohltrgern aus. Fr kohsionslose Bçden entfllt der letzte Anteil in Gl. (142). Bei dp = 0 erhlt man in diesem Fall wph = Kph (dp = 0). Der Erddruckneigungswinkel ist bei behinderter Vertikalbewegung auf d p ¼ ðj  2; 5 Þ

fr Bçden mit j  30

d p ¼ 27; 5

fr Bçden mit j  30

zu begrenzen. Einzelheiten des Berechnungsverfahrens sind bei Weißenbach [95] zu finden.

8.3

Verfahren nach DIN 4085 fr begrenzte Wandabschnitte ðrÞ

Wie im aktiven Fall (s. Abschn. 7.1) kann der resultierende rumliche passive Erddruck Eph pro laufenden Meter Wandlnge l in der Form ðrÞ

ðresÞ

ðresÞ

ðresÞ

Eph ¼ mpgh  Epgh þ mpph Epph þ mpch  Epch ðresÞ

(143)

geschrieben werden mit Formfaktoren mph fr die einzelnen Anteile des ebenen resultierenden Erdwiderstands Eph pro m Wandlnge aus Bodeneigengewicht, großflchiger Auflast

357

1.6 Erddruck

und Kohsion in Abschnitt 6.2. Die Formfaktoren hngen vom Verhltnis l/h der Wandlnge l zur Wandhçhe h und vom Reibungswinkel j ab. Die in DIN 4085 angegebenen Formeln wurden aus den Vorschlgen von Weißenbach [95] abgeleitet. Dabei ist zwischen Wnden mit l/h < 0,3 und mit l/h > 0,3 zu unterscheiden. Bei relativ schmalen Wnden mit l/h < 0,3 durchschneidet der Wandabschnitt den Bodenkçrper, der Boden wird seitlich verdrngt und es kommt zu Hebungen der Erdoberflche. Bei l/h > 0,3 beobachtete Weißenbach Bruchmuscheln. Die in DIN 4085:2007-10 angegebenen Gleichungen fhren zu folgenden Formfaktoren: Bodeneigengewicht ðresÞ mpgh

rffiffiffi h ¼ 0; 55  ð1 þ 2  tan jÞ  l

ðresÞ

mpgh ¼ 1 þ 0; 6 

h  tan j l

bei

l < 0; 3 h

(144 a)

bei

l  0; 3 h

(144 b)

Großflchige Auflasten ðresÞ

ðresÞ

mpph ¼ mpgh

(145)

d. h. die Formfaktoren aus Bodeneigengewicht und großflchigen Auflasten sind gleich. Kohsion ðresÞ

mpch ¼ 1; 1  ð1 þ 0; 75  tan jÞ  ðresÞ

mpch ¼ 1 þ 0; 3 

rffiffiffi h l

h  ð1 þ 1; 5  tan jÞ l

bei

l < 0; 3 h

(146 a)

bei

l  0; 3 h

(146 b)

Gesonderte Regelungen sind beim Ansatz der Kapillarkohsion zu beachten, s. Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben [16]. Die Gln. (143) bis (146) gelten fr den Fall, dass sich die Bruchmuscheln nicht berschneiden. Bei relativ geringem Abstand, z. B. von Bohltrgern, ist zu berprfen, ob nicht der Erdwiderstand fr eine durchgehend gedachte Wand zu kleineren Werten fhrt und damit pro maßgebend wird (s. Abschn. 8.2). Der mittlere resultierende Erdwiderstand Edurch ph laufendem Meter fr eine durchgngig gedachte Wand ergibt sich aus ðdurchÞ

Eph

¼ EIph 

a  l l þ EIIph  a a

(147)

mit folgenden Bezeichnungen: EIph EIIph

ebener resultierender Erdwiderstand nach Abschnitt 6.2 zwischen den einzelnen Wandabschnitten der Lnge l, der Hçhe h und dem Achsabstand a ebener resultierender Erdwiderstand nach Abschnitt 6.2 vor den einzelnen Wandabschnitten

Zu beachten sind die Angaben zum Ansatz des Neigungswinkels dp bei EIph und EIIph : Einzelheiten s. DIN 4085:2007 -10. Setzt man bei Bohltrgern a = at und l = bt, dann lsst sich unter Bercksichtung der Annahmen fr den Neigungswinkel dp die Gl. (147) in Gl. (142) berfhren.

358

Achim Hettler

9

Sonderflle

9.1

Verdichtungserddruck

Wird eine Schttung großflchig ohne Verdichtung lagenweise aufgebracht, dann stellt sich der Ruhedruckzustand mit der Horizontalspannung sh ¼ g  z  K0

(148)

ein (Bild 78 a). Whrend der berfahrt eines Verdichtungsgertes auf der neu geschtteten Lage erhçht sich die Horizontalspannung, s. gestrichelte Linie in Bild 78 a. Infolge Verspannungswirkung durch plastische Verformungen bleibt nach der berfahrt eine erhçhte Horizontalspannung erhalten, s. Linie 0 -1-2 in Bild 78 a. Bis zur Tiefe zP ergibt sich ein linearer Verlauf. Aus physikalischen Grnden kann der Erddruck hçchstens den passiven Erddruck erreichen mit KR £ Kph. Wird lagenweise jeweils auf den Schttungsoberflchen A bis D verdichtet, dann stellt sich die in Bild 78 b eingezeichnete bleibende Horizontalspannung ein. Daraus lsst sich vereinfachend der in Bild 78 c dargestellte Verlauf des Verdichtungserddrucks ableiten. In der Regel wird KR = Kph gesetzt. Die Tiefe zP hngt wesentlich vom Verdichtungsgert ab, wie z. B. die Untersuchungen von Broms [11] oder Spotka [82] zeigen. Bei der Verfllung von Arbeitsrumen ist die Breite in die Betrachtung mit einzubeziehen. Je schmaler der Arbeitsraum, umso hçher ist bei unnachgiebigen Wnden der Verdichtungserddruck. Grenzt die Hinterfllung an eine Wand, spielt zustzlich noch die Nachgiebigkeit der Wand eine Rolle. Bei ausreichender Verformung wird sich als Grundmuster anstelle des Erdruhedrucks der aktive Erddruck einstellen und der zustzliche Verdichtungserddruck ist geringer als bei einer großflchig aufgebrachten Schttung oder bei einer unnachgiebigen Wand. Die genannten Gesichtspunkte werden alle in der neuen DIN 4085:2007- 10 bercksichtigt. Zustzlich sttzt man sich noch auf die Messungen von Petersen und Schmidt [66], die bei verkleideten Baugruben einen Verdichtungserddruck von 40 kN/m2 und bei abgebçschten Baugruben von 25 kN/m2 empfehlen. Bei unnachgiebiger Wand ist bis zur Tiefe zP ¼

evh g  Kph ðd p ¼ 0Þ

a) Whrend und nach der berfahrt auf der obersten Lage

(149)

b) Bei lagenweiser Verdichtung

c) Berechnungsvorschlag

Bild 78. Verdichtungswirkung und Verteilung der Horizontalspannungen auf eine unnachgiebige Wand bei großflchig aufgebrachten Schttungen (nach Broms [11])

359

1.6 Erddruck

Bild 79. Ansatz des Verdichtungserddrucks bei unnachgiebiger Wand

Bild 80. Ansatz des Verdichtungserddrucks bei nachgiebiger Wand

der Erdwiderstand anzusetzen (Bild 79). Fr den Verdichtungserddruck wird je nach Arbeitsraumbreite B evh = 25 kN/m2 bis 40 kN/m2 angegeben (Tabelle 1). Der Schnittpunkt E mit der Ruhedrucklinie liegt in der Tiefe zE ¼

evh g  K0

(150)

Bei nachgiebigen Wnden wird der in Bild 80 dargestellte Verlauf des Verdichtungserddrucks empfohlen. Sowohl die Einflusstiefe za der Verdichtung als auch evh sind unabhngig von der Breite B des zu verfllenden Raums (Tabelle 3). Stellt sich aufgrund der Verschieblichkeit der Wand ein Zustand zwischen Erdruhedruck und aktivem Erddruck ein, ist zu interpolieren. Dies kann z. B. Kelleraußenwnde betreffen. Zu beachten sind auch die Regelungen bei Oberflchenlasten, Einzelheiten siehe DIN 4085. Tabelle 1. Angaben zum Ansatz des Verdichtungserddrucks nach DIN 4085

Nachgiebigkeit der Wand

Breite B des zu verfllenden Raums B £ 1,00 m

Nachgiebig

evh = 25 kN/m2 za = 2,00 m

Unnachgiebig

evh = 40 kN/m2

B ‡ 2,50 m

evh = 25 kN/m2

fr Zwischenwerte von B darf geradlinig interpoliert werden

9.2

Silodruck

Befindet sich Boden zwischen zwei parallelen rauen Wnden und besteht die Mçglichkeit einer Relativverschiebung zwischen Boden und Wand, wird ein Teil des Bodeneigengewichts ber Schubspannungen t auf die Wnde bertragen und es kommt zu einer Entlastung bei den Vertikalspannungen sz (Bild 81). Dadurch verringert sich auch der Horizontaldruck sx auf die Wnde.

360

Achim Hettler

Bild 81. Spannungsverteilung in einem rolligen Material, das sich zwischen parallelen, lotrechten Wnden befindet und relativ nach unten verschiebt (Kzdi [53])

Bild 82. Gleichgewicht am Scheibensegment

Terzaghi fasst dieses Problem als Gewçlbewirkung auf [88]. Unter der Voraussetzung, dass berall im Boden der aktive Grenzzustand herrscht, wurde von Kçtter eine exakte Lçsung ausgearbeitet, deren Herleitung bei Kzdi [53] wiedergegeben ist. Diese Lçsung kann den statischen Methoden im Sinne des Abschnitts 3.4 zugeordnet werden. Fr praktische Zwecke ist es jedoch ausreichend, auf die Nherungslçsung von Terzaghi [87] zurckgreifen, die sich auf die Silotheorie von Janssen [49] sttzt und von folgenden Annahmen ausgeht: • Die Vertikalspannung sz ist in der Tiefe z konstant. • Das Verhltnis l von Horizontalspannungen sx zu Vertikalspannungen sy ist berall konstant. Folglich gilt sx = l  sz. Der Neigungswinkel dx an der Wand ist konstant. Somit ergibt sich t/sx = tand. Das Gleichgewicht am Scheibensegment der Breite b (Bild 82) fhrt zur linearen Differenzialgleichung 1. Ordnung dsz 2  l þ  tan d  sz ¼ g dz b

(151)

mit der Lçsung sz ¼

   b  g 2z  1  exp  l   tan d 2  l  tan d b

   b  g 2z sx ¼  1  exp  l   tan d 2  tan d b b  g t¼  2



  2z 1  exp  l   tan d b

(152 a)

(152 b)

(152 c)

1.6 Erddruck

361

Fr praktische Anwendungen darf zur Abschtzung fr den horizontalen Erddruck auf die Wand eh = sx und fr den Vertikalanteil ev = t gesetzt werden. Bei unnachgiebigen Wnden darf vom Ruhedruckzustand und l = K0gh und bei nachgiebigen Wnden vom aktiven Zustand und l = Kagh ausgegangen werden (s. DIN 4085). Der Neigungswinkel d kann entsprechend der Wandrauigkeit angesetzt werden. Die Theorie kann auch auf Auflasten und Adhsion an der Wand erweitert werden (s. Terzaghi [88]). Bei der Anwendung auf Silos ist zu unterscheiden zwischen Fll- und Entleerungsvorgngen. Außerdem ist die Geometrie des Silos speziell auch am Auslauf zu beachten. Eine bersicht ber verschiedene theoretische Anstze gibt Hampe [34]. Der Stand der Normung wird bei Keiter [52] wiedergegeben. Dort wird auch speziell das Problem von Spannungsspitzen am bergang zum Auslauftrichter von Silos, der sog. Switch, behandelt.

9.3

Wiederholte quasistatische Beanspruchungen

Bei wiederholten, quasistatischen Beanspruchungen ist die Frequenz der Zyklen so gering, dass Beschleunigungseffekte vernachlssigbar sind. Auf Grundlage der Elasto-Plasto-Mechanik sind zwei grundstzliche Mçglichkeiten zu unterscheiden, wie ein System bei wiederholten Beanspruchungen reagieren kann. Die sog. Shakedown-Theorie (s. Koiter [55] und Martin [58]) unterscheidet zwischen inkrementellem Kollaps und Shakedown. Ein inkrementeller Kollaps, d. h. ein schrittweises Versagen mit einer linearen Zunahme der plastischen Verschiebungen in Abhngigkeit der Zyklenanzahl, ist bei Erddruckproblemen nicht bekannt, wenn man von dem trivialen Fall absieht, dass wiederholt die statische Grenzlast erreicht wird. In der Regel wird ein Shakedown, d. h. eine Beruhigung beobachtet, (vgl. Hettler [38]). Hufig stellt sich eine logarithmische Zunahme der Verschiebungen mit der Zyklenanzahl ein, whrend nach der Shakedown-Theorie der Elasto-Plasto-Mechanik ein System rein elastisch reagiert. In der Praxis treten wiederholte Beanspruchungen an den Widerlagern von integralen Brcken auf, die sich infolge von Temperaturschwankungen ausdehnen und zusammenziehen. Das Gleiche gilt fr Schleusenbauwerke. Dort kommen zu den Einwirkungen aus Temperatur noch wiederholte Belastungen aus Fll- und Entleerungsvorgngen hinzu. Wie die Untersuchungen von Vogt [91] an Schleusen zeigen, liegen die Bewegungen im Promille-Bereich. Beispielsweise wurden an der Schleuse Eibach bei einer Wandhçhe von 19,45 m Kopfbewegungen von ca. 40 mm beobachtet, d. h. etwa 2,1 ‰. Noch geringer waren die prozentualen Bewegungen an der Staustufe Iffezheim. Sowohl die Bauwerksmessungen als auch die Modellversuche an einer 4 m hohen Wand zeigen eine schnelle Beruhigung. Bei den Modellversuchen mit eingeprgten Kopfverschiebungen von 2, 4 und 8 mm reichte bereits ein Belastungsvorgang aus, um asymptotisches Verhalten bei den Krften zu erreichen (Bild 83). Ein hnliches Ergebnis wurde auch bei der numerischen Simulation einer integralen Brcke unter Verwendung eines elasto-plastischen Stoffgesetzes mit isotroper Verfestigung erhalten [100]. Dagegen wurde in den 1g-Modell-Versuchen von England et al. [19] eine starke Zunahme des Beiwerts Kp0 fr den mobilisierten passiven Erddruck beobachtet. Zum Beispiel ergab sich bei einer Drehung um den Fußpunkt mit einer auf die Wandhçhe bezogene Kopfauslenkung von – 0,25 ‰ eine Erhçhung von Kp0 = 1,4 im ersten Zyklus auf Kp0 = 2,5 im 120ten Zyklus. Schließlich wurde ein Grenzwert von K¢p » 2,7 erreicht (Bild 84). Ein Anstieg der Erddrcke mit der Anzahl der Zyklen stellte sich auch in den Zentrifugenversuchen von Springman et al. [83] ein. Einfache Bemessungsregeln liegen noch nicht vor.

362

Achim Hettler

a)

b)

c)

Bild 83. Entwicklung des Erddrucks bei wiederholter Wandverschiebung (nach Vogt [91]); a) Kopfverschiebung 2 mm, 50 Zyklen, b) Kopfverschiebung 4 mm, 50 Zyklen, c) Kopfverschiebung 8 mm, 20 Zyklen

0

Bild 84. Anwachsen des Erddruckbeiwerts Kp mit Anzahl der Zyklen bei 1g-Modellversuchen mit wiederholter Kopfauslenkung [19]

9.4

Dynamische Beanspruchungen

Bei starken Erdbeben z. B. mssen auch die dynamischen Einwirkungen aus Trgheitskrften bercksichtigt werden. Dies fhrt bei der Bemessung in der Regel zu erhçhten Lasten im Vergleich zur rein statischen Situation. Dabei sind unter anderem die Verschiebungsmçglichkeiten der Sttzkonstruktion, die Steifigkeit der Konstruktion und die dynamischen Eigenschaften des Hinterfllmaterials einschließlich der Verflssigungsneigung des Bodens zu bercksichtigen.

363

1.6 Erddruck

Klapperich und Savidis [54] berichten ber umfangreiche Modellversuche zu dieser Fragestellung. In der theoretischen Analyse wird der Erddruck aus dynamischen Einwirkungen in einen elastischen und einen plastischen Anteil aufgespalten. Fr die praktische Bemessung wird eine quasistatische Analyse vorgeschlagen. Dabei werden die beiden dynamischen Erddruckanteile wieder zu einem Gesamterddruckbeiwert zusammengefasst, der von der Erregerintensitt und der Lagerungsdichte abhngt. Den gleichen Weg beschreitet auch DIN 4085:2007-10. Unter Zugrundelegung ebener Gleitflchen mit dem maßgebenden Gleitflchenwinkel Jag aus der statischen Analyse fr den Erddruck aus Bodeneigengewicht und Annahme eines Rechenwertes fr die Horizontalbeschleunigung a wird die horizontale dynamische Erddruckkraft Eadynh quasistatisch ermittelt Eadynh ¼

Eagh a  tanðJag  jÞ g

(153)

Dabei bezeichnet g die Erdbeschleunigung. Zur Festlegung der Horizontalbeschleunigung a wird auf DIN 4149 hingewiesen. Es ist zu empfehlen, einen Fachmann fr Baugrunddynamik einzuschalten.

9.5

Einfluss des Grundwassers auf den Erddruck

Ruhendes Grundwasser Bei ruhendem Grundwasser bleiben die Formeln zur Ermittlung des Erddrucks erhalten. Anstelle der Wichte g des erdfeuchten Bodens ist die Wichte g 0 unter Auftrieb in den Bodenbereichen unterhalb des Grundwassers anzusetzen. Strçmendes Grundwasser Bei strçmendem Grundwasser verndert sich durch Potenzialabbau und Strçmungsdruck der Wasserdruck im Vergleich zu ruhendem Grundwasser. Damit ndern sich auch die effektiven Spannungen im Boden und der Erddruck. Grundstzlich lsst sich die Frage lçsen, in dem man das Strçmungsnetz fr die Grundwasserstrçmung ermittelt. Bild 85 zeigt ein Beispiel nach EAU [17]. Die aus dem Strçmungsnetz berechneten Wasserdrcke werden

Bild 85. Beispiel fr ein Grundwasser-Strçmungsnetz in homogenem Boden bei vertikaler Anstrçmung nach EAU [17]

364

Achim Hettler

Bild 86. Bercksichtigung von strçmendem Grundwasser bei der Ermittlung des aktiven Erddrucks nach EAU [17]

am Gleitkeil angesetzt (Bild 86), und der Neigungswinkel J der Gleitflche wird solange variiert, bis sich ein Extremalwert, im Fall des aktiven Erddrucks ein Maximum, ergibt. Einzelheiten s. EAU, Abschnitt 2.9.1 (2004). Dieses Verfahren ist in der Regel sehr aufwendig. Nherungslçsungen sind in vielen Fllen zulssig. DIN 4085 weist in Abschnitt 6. 3. 18 auf ein vereinfachtes analytisches Verfahren hin. Bei vorwiegend vertikaler Strçmung wie in Bild 87 und homogenem Boden darf nach EAU der Einfluss des Strçmungsdrucks auf den Erddruck durch eine Erhçhung der Wichte g 0 fr den Fall einer Strçmung von oben nach unten bzw. durch eine Verringerung fr eine Strçmung von unten nach oben bercksichtigt werden. In Bild 87 fhrt dies zu einer Erhçhung des aktiven Erddrucks und zu einer Verminderung des Erdwiderstands im Wandfußbereich. Einzelheiten siehe EAU, Abschnitt 2.9.3.2.

Bild 87. Umstrçmung einer Wand mit vorwiegend vertikaler Strçmung

Spaltwasserdrcke Ergnzend zu den Strçmungsdrcken in Bild 86 lassen sich auch Krfte aus Spaltwasserdrcken in Schrumpfrissen an der Gelndeoberflche bercksichtigen (Bild 88). Einzelheiten siehe DIN 4085.

9.6

Winkelsttzwnde

Beim Nachweis der ußeren Standsicherheit von Winkelsttzwnden darf vereinfacht von einer senkrechten Ersatzwand ausgegangen werden (Bild 89). Der resultierende Erddruck ist parallel zur Gelndeoberkante anzusetzen.

365

1.6 Erddruck

Bild 88. Bercksichtigung von Krften aus Spaltwasserdrcken, hier w2 und w3, bei der Ermittlung des aktiven Erddrucks (nach Pregl [69])

a) senkrechte Ersatzwand

b) Horizontalkomponente des Erddrucks im Schnitt ED

Bild 89. Winkelsttzwand

Alternativ weist DIN 4085 auf ein Verfahren mit zwei Gleitflchen hin, das wesentlich aufwendiger ist und zu vergleichbaren Ergebnissen fhrt, s. Abschnitt 5.91 im Beiblatt 1 zur DIN 4085 aus dem Jahr 1987. DIN 4085 folgend bilden sich zwei Gleitflchen nach Bild 90 aus, wenn der erdseitige Sporn lang genug ist. Der Erddruck ist auf der Flche BCD anzusetzen und der Anteil des Erdkçrpers zwischen Wand und 1. Gleitflche im Bereich BC ist bei der Eigenlast der Wand zu bercksichtigen. Den Winkel amax zwischen 1. Gleitflche und der Senkrechten erhlt man aus amax = Jag - j

(154)

wobei Jag unter der Annahme a = 0 und da = b zu berechnen ist. Der Erddruck auf die Flche BC ist unter der Annahme a = amax und da = j zu ermitteln.

366

a) Gleitflchen

Achim Hettler

b) Horizontalkomponente des Erddruckes im Schnitt BCD

Bild 90. Winkelsttzwand mit langem erdseitigen Fundamentsporn

Wenn bei kurzem erdseitigen Fundamentsporn die 1. Gleitflche die Winkelsttzwand im Punkt B schneidet (Bild 91), ist der Erddruck auf der Flche ABCD anzusetzen. Wie vorher kommt das Gewicht des Bodens im Bereich zwischen Wand und BC beim Eigengewicht der Wand hinzu. Der Erddruck im Bereich BC in Bild 91 ist wie in Bild 90 zu ermitteln. In den Abschnitten AB und CD ist fr a jeweils der Wandneigungswinkel aWand und fr d der jeweilige Erddruckneigungswinkel da anzusetzen.

a) Gleitflchen

b) Horizontalkomponente des Erddruckes im Schnitt ABCD

Bild 91. Winkelsttzwand mit kurzem erdseitigen Fundamentsporn

367

1.6 Erddruck

a) umgelagerter aktiver Erddruck nach DIN 4085:1987 -02

b) erhçhter aktiver Erddruck nach DIN 4085 - 2007 - 10

Bild 92. Erddruckansatz zur Dimensionierung des aufgehenden Wandteils; a) umgelagerter aktiver Erddruck nach DIN 4085:1987-02, b) erhçhter aktiver Erddruck nach DIN 4085-2007-10

DIN 4085 aus dem Jahr 1987 beschrnkt das Verfahren mit senkrechter Rckwand in Bild 89 auf die Flle mit homogenen Baugrund und geradliniger Gelndeoberflche ohne begrenzte Oberflchenlasten. Andernfalls soll von der 1. Gleitflche als Rckwand ausgegangen werden. Eine Erluterung fehlt. Bei Schichtung oder begrenzten Oberflchenlasten z. B. ist jedoch auch beim Verfahren mit zwei Gleitflchen nach Bild 90 bzw. 91 keine hohe Genauigkeit zu erwarten, sodass dieser Ansatz eher von theoretischer Natur mit geringer Relevanz fr die Praxis ist. Kann sich bei einem unnachgiebigen Felsuntergrund nicht die zur Mobilisierung des aktiven Erddrucks notwendige Verschiebung und Verkippung der Wand einstellen, wird empfohlen, den Erdruhedruck mit einer Neigung d = b auf eine lotrechte Ersatzwand anzusetzen, vgl. DIN 4085, Beiblatt 1 von Februar 1987. Zur inneren Bemessung des aufgehenden Wandteils und zu dem Erddruckansatz unmittelbar hinter der Wand liegen unterschiedliche Empfehlungen vor. DIN 4085 aus dem Jahr 1987 geht von einem aktiven gelndeparallelen Erddruck und einer Umlagerung in ein Trapez aus, wobei sich die Erddruckordinaten wie 1 zu 2 verhalten (Bild 92 a). Dagegen wird in DIN 4085:2007 -10 zur Bemessung der stehenden Schenkel von Winkelsttzwnden ein erhçhter aktiver Erddruck mit E0ah = 0,50 Eah + 0,50 Eoh wie bei annhernd unnachgiebigen Sttzkonstruktionen mit dreieckfçrmiger Verteilung vorgeschlagen (Bild 92 b). Hierzu wird auch auf die Versuche von Arnold [2] und die Diskussion bei Schmidt [79] verwiesen. Falls das Hinterfllungsmaterial verdichtet wird, ist zustzlich der Verdichtungserddruck zu bercksichtigen (s. Abschn. 9.1).

9.7

Weitere Hinweise

Rohrleitungen Die Ermittlung des Erddrucks auf berschttete oder vorgetriebene Rohre ist mit großen Unsicherheiten behaftet. Grundstzlich lassen sich drei Flle unterscheiden (Bild 93). Wrde es gelingen, ein Rohr ohne Stçrungen im Boden einzubauen und wrde sich das Rohr genauso wie die Umgebung verhalten, wre die Auflastspannung sz im Scheitelpunkt des Rohres in der Tiefe z genau sz = g  t (Bild 93 a). Dieser Fall ist jedoch nur von theoretischer Bedeutung. Tatschlich spielt das Einbauverfahren eine große Rolle. Wird z. B. ein Rohr in

368

a) Rohr verformt sich wie Umgebung

Achim Hettler

b) nachgiebiges Rohr in engem Graben

c) unnachgiebiges Rohr auf unnachgiebiger Unterlage

Bild 93. Die drei Grundflle der Belastung eines eingebetteten Rohres (nach Kzdi [53])

einem engen Graben eingebaut und geben das Rohr und die Auffllung nach, entsteht wie bei einem Silo ein Gewçlbeeffekt und es kommt zu einer Entlastung am Scheitelpunkt mit sz < g  t (Bild 93 b). Umgekehrt kann es bei einem steifen Rohr auf harter Felsunterlage und einer nachgiebigen Schttung zu einer erhçhten Vertikalbelastung des Rohrs kommen (Bild 93 c). Neben den beschriebenen Effekten und dem Einbauverfahren spielt auch die seitliche Bettung bei der Rohrbemessung eine große Rolle. Im Einzelfall wird empfohlen, bei der Bemessung von verschiedenen, ungnstigen Annahmen auszugehen. Weitere Einzelheiten siehe Kzdi [53], Gudehus [29] und Stein [84]. Fließdruck auf Pfhle Bei Auffllungen oder Aushubarbeiten neben Pfahlgrndungen in weichen bindigen Bçden kann es zu erheblichen waagerechten Beanspruchungen von Pfhlen kommen (Bild 94). Der Seitendruck auf die Pfhle lsst sich theoretisch als ein Umfließen quer zur Pfahlachse

a) resultierend aus einer Auffllung

b) resultierend aus einem Aushub

Bild 94. Beispiele fr die Ursachen von Seitendruck auf Pfhle [18]

1.6 Erddruck

369

erfassen. Fr die praktische Bemessung kann ein Vorschlag von Winter [99] herangezogen werden. Einzelheiten siehe Gudehus [29] und Empfehlungen des Arbeitskreises Pfhle [18]. Kriechdruck Werden Sttzwnde, Einzelpfeiler oder Pfeilerscheiben in Kriechhngen mit einer Grndung auf festem Fels erstellt, baut sich im Laufe der Zeit ein Kriechdruck auf. Durch den Aufstau der Kriechbewegung kann der Erddruck bis zum Fließdruck bzw. bis zum passiven Erddruck anwachsen. Bewhrte Verfahren zur Abschtzung einer derartigen zeitabhngigen Druckzunahme gibt es noch nicht (vgl. Gudehus [29]). Nherungsanstze fr einzelne Flle wurden von Haefeli [33] sowie von Brandl und Dalmatinger [8] entwickelt (s. auch Pregl [69]). Quelldruck Quelldruck kann in bindigen Hinterfllungen, die z. B. bei Wassereintritt zur Volumenvergrçßerung neigen, entstehen. Vor allem im Tunnelbau haben Quell- und Schwellerscheinungen zu erheblichen Schden gefhrt. Sie werden im Gipskeuper Baden-Wrttembergs und der Schweiz sowie in den Mergelbçden der nordalpinen Molasse vor allem auf das Schwellen des Minerals Anhydrit und das Quellen der Tonminerale Corrensit, Montmorillonit sowie bestimmte Illite zurckgefhrt, s. Fecker und Reik [20]. Zum Beispiel ist die Umwandlung von Anhydrit in Gips bei Zufhrung von Wasser mit einer Volumenzunahme von ca. 61 % verbunden. Weitere Ausfhrungen zum Quelldruck siehe Prinz und Strauß [70]. Stark geklfteter Fels Das Trennflchengefge in Fels kann je nach Kluftneigung b einen großen Einfluss auf den Erddruck haben. Bild 95 zeigt ein Beispiel fr zwei unterschiedlich ausgebildete Gleitkçrper. Obwohl die beiden Sttzwnde in dieselbe Felsformation einschneiden, ergibt sich infolge der Anisotropie des Felsverhaltens in Bild 95 a eine hçhere Belastung und damit eine massivere Sttzwand im Vergleich zu Bild 95 b auf der gegenberliegenden Seite des Einschnitts. Um das Trennflchengefge, den Durchtrennungsgrad, die Art der Kluftfllung und das anisotrope Verhalten zutreffend einschtzen zu kçnnen, ist viel Erfahrung erforderlich. Einen berblick ber Klassifikationssysteme von Fels geben z. B. Prinz und Strauß [70]. Fr die rechnerische Ermittlung des Erddruckes kçnnen auch die Angaben im Abschnitt „Baugruben in nicht standfestem Fels“ der EAB [16] herangezogen werden.

Bild 95. Einfluss der Klftung auf den Erddruck (nach Brandl [9])

370

Achim Hettler

a) Untersuchte Gleitkçrper links und rechts vom Schnitt a-a

b) Hllkurven nach Engesser mit Spiegelung

Bild 96. Verfahren zur Ermittlung von Grçße und Neigung der aktiven Erddruckkraft in einem Erdkçrper (nach Rendulic [72])

Aktiver Erddruck in Erdkçrpern In einer unendlich langen Bçschung ist der Erddruck parallel zur Gelndeoberflche geneigt. Bei geknickter Oberflche wie z. B. bei Dmmen kann der Betrag und die Richtung des Erddrucks in einem beliebigen senkrechten Schnitt nach einem Vorschlag von Rendulic [72] mithilfe des Engesserverfahrens ermittelt werden. Dazu werden, wie in Bild 96 beispielhaft gezeigt, links und rechts vom untersuchten Schnitt Gleitkeile mit verschiedener Gleitflchenneigung untersucht und die dazugehçrigen Hllkurven nach Engesser gezeichnet (Bild 96 b). Durch Spiegelung der Hllkurven ergibt sich der gesuchte Erddruck mit der Bedingung Eagr = Eagl. Einzelheiten siehe DIN 4085:2007- 10. Wendet man das Verfahren in verschiedenen Schnitten an, lsst sich der Verlauf der Schubspannung auf eine Dammaufstandsflche ermitteln. Einzelheiten siehe Redulic [72].

10

Mobilisierung des Erddrucks

10.1

bersicht

blicherweise geht man bei Erddruckberechnungen davon aus, dass im Ausgangszustand der Erdruhedruck mit der Resultierenden E0 angesetzt werden darf. Bewegt man die Wand vom Erdreich weg, gengen in der Regel bereits Bewegungen sa im Promillebereich, um den aktiven Erddruck Ea zu mobilisieren. Verschiebt man die Wand gegen das Erdreich, sind erheblich grçßere Verschiebungen sp erforderlich, bis der Erdwiderstand Ep erreicht wird (Bild 97).

1.6 Erddruck

371

Bild 97. Qualitativer Zusammenhang zwischen Grçße der mobilisierten Erddruckkraft E¢ in Abhngigkeit von der Wandverschiebung s bei Parallelbewegung

Wie Versuche zeigen (vgl. Weißenbach [95]) verhalten sich mitteldicht bis dicht gelagerte nichtbindige Bçden sowie berkonsolidierte und steife bis halbfeste bindige Bçden hnlich, sodass in diesen Fllen die Angaben fr nichtbindige Bçden auch bei bindigen Bçden angewendet werden drfen. hnliches gilt mit Einschrnkungen fr locker gelagerte nichtbindige Bçden sowie normal konsolidierte und weiche bindige Bçden. Bei dichten nichtbindigen Bçden nimmt der mobilisierte resultierende Erddruck E¢ nach Erreichen des Minimalwertes Ea bei sa wieder zu und nach Erreichen des Maximalwertes Ep bei sp wieder ab. Grund sind Entfestigungsvorgnge im Boden, verbunden mit progressivem Bruch. Neben der Lagerungsdichte bei nichtbindigen Bçden und der Konsistenz bei bindigen Bçden hngen die Verschiebungen sa und sp auch von der Wandbewegungsart ab. Deshalb ist bei Angaben zu sa bzw. sp immer auch die Art der Wandbewegung anzugeben. Vereinfachend geht man dabei von den drei Grundbewegungsarten Parallelbewegung, Drehung um den Kopfpunkt sowie Drehung um den Fußpunkt aus.

10.2

Grenzwerte der Verschiebung bei Erreichen des aktiven Erddrucks

Hinweise zu den erforderlichen Verschiebungen sa werden im Abschnitt 3.5 gegeben. Eine bersicht ber verschiedene Untersuchungen zu diesem Punkt ist bei Weißenbach [95] zu finden. Anhaltswerte fr die praktische Anwendung gibt DIN 4085:2007 -10 (s. Tabelle 2). In der rechten Spalte sind zustzlich noch vereinfachte Erddruckverteilungen zusammengestellt. Fr alle Arten der Wandbewegung darf der resultierende Erddruck gleich angesetzt werden (s. auch Abschn. 3).

10.3

Grenzwerte der Verschiebung bei Erreichen des passiven Erddrucks

Analog zu Tabelle 2 fr den aktiven Fall sind in Tabelle 3 Anhaltswerte fr die Verschiebungen sp zusammengestellt, die zur Mobilisierung des passiven Erddrucks bzw. des Erdwiderstands erforderlich sind. Anders als beim aktiven Erddruck hngt der passive Erddruck und seine Resultierende stark von der Art der Wandbewegung ab. Bezugswert ist der Erdwiderstand bei Parallelbewegung. Wie in Abschnitt 6 erlutert, wird der mit einfachen Gleitkeilen nach Coulomb bzw. der nach Sokolowski/Pregl mit gekrmmten Gleitflchen ermittelte Erdwiderstand dem Erdwiderstand bei einer Parallelbewegung zugeordnet.

372

Achim Hettler

Tabelle 2. Anhaltswerte fr die zur Erzeugung der aktiven Erddruckkraft erforderlichen Wandbewegungen und einfache Lastfiguren fr die Verteilung des Erddrucks aus Bodeneigenlast bei verschiedenen Arten der Wandbewegung fr einen nichtbindigen Boden, senkrechte Wand und waagerechte Gelndeoberflche nach DIN 4085:2007-10

Art der Wandbewegung

Erddruckkraft Eag Bezogene Wandbewegung sa/h lockere Lagerung

dichte Lagerung

0,004 bis 0,005

0,001 bis 0,002

0,002 bis 0,003

0,0005 bis 0,001

0,008 bis 0,01

0,002 bis 0,005

0,004 bis 0,005

0,001 bis 0,002

a) Drehung um den Wandfuß

b) Parallele Bewegung

c) Drehung um den Wandkopf

d) Durchbiegung

Vereinfachte Erddruckverteilung

373

1.6 Erddruck

Tabelle 3. Anhaltswerte fr die zur Erzeugung der passiven Erddruckkraft erforderlichen Wandbewegungen und einfache Lastfiguren fr die Verteilung des Erddrucks aus Bodeneigenlast bei verschiedenen Arten der Wandbewegung fr einen nichtbindigen Boden, senkrechte Wand und waagerechte Gelndeoberflche nach DIN 4085:2007-10

Art der Wandbewegung

Bezogene Wandbewegung sp/h in Abhngigkeit von der Lagerungsdichte D fr D > 0,3

Erddruckkraft Epgh vereinfachte Verteilung des passiven Erddrucks und Nherung fr die Grçße der Erddruckkraft a) 1 2

 Ebpgh  Eapgh  23  Ebpgh

sp/h = –0,08  D + 0,12 a) Drehung um den Wandfuß

Die angegebene Gleichung gilt nherungsweise, wenn im negativen Bereich fr dp dem Eapgv ¼ Eapgh  tan d ap;mittel Betrag nach dp £ j/2 ist und liefert Mittelwerte. da ¼ 3  da Abweichungen von bis zu – 20 % p;mittel 4 p;min sollten bercksichtigt werden. b Ebpgh ¼ 12  g  h2  Kpgh Innerhalb des Streubereiches nehmen die Werte mit der Wandhçhe etwas zu. Wenn im negativen Bereich fr dp dem Betrag nach dp > j/2 ist, kçnnen grçßere Betrge fr sp/h auftreten.

b) Parallele Bewegung d bp;mittel ¼ dbp;min sp/h = –0,05  D + 0,09

c) Drehung um den Wandkopf

a)

Ecpgh  23  Ebpgh

Die angegebene Gleichung liefert Mittelwerte. Die Streuung betrgt bei dieser Art der Wandbewegung etwa – 20 %. Innerhalb des Streubereichs nehmen die Werte mit der Wandhçhe zu. d cp;mittel ¼ dcp;min

dp,min ist der dem Betrag nach grçßte negative Neigungswinkel des Erddrucks an der betrachteten Wand

374 10.4

Achim Hettler

Mobilisierungsfunktionen

Zu unterscheiden ist zwischen Mobilisierungsfunktionen fr die Resultierende E0a des mobilisierten aktiven Erddrucks bzw. E0p des passiven Erddrucks und Bettungsanstzen fr den lokalen aktiven Erddruck e0a bzw. den passiven Erddruck e0p in der Tiefe z. Strenggenommen hngen E0a , E0p , e0a , e0p sowie die Verschiebungen s von der Art der Wandbewegung ab. In der Literatur sind zahlreiche Vorschlge, insbesondere fr den mobilisierten passiven Erddruck, zu finden. Eine bersicht geben z. B. Bartl [5] oder Besler [7]. Im Folgenden werden stellvertretend einige Anstze dargestellt. Mobilisierter aktiver Erddruck Im Gegensatz zum passiven Erddruck beschftigen sich nur wenige Arbeiten mit dem aktiven Fall. Eine Abschtzung der Verschiebung s kann nach Weißenbach fr in der Praxis bliche Bemessungswerte zwischen Erdruhedruck und aktivem Erddruck mit den jeweiligen Resultierenden E0h und Eah erfolgen. s = 0,05 sa bis 0,15 sa

fr E0ah = 0,75 E0h + 0,25 Eah

(155 a)

s = 0,15 sa bis 0,30 sa

fr E0ah = 0,50 E0h + 0,50 Eah

(155 b)

s = 0,30 sa bis 0,50 sa

fr E0ah = 0,25 E0h + 0,75 Eah

(155 c)

Die Grenzverschiebungen sa beim Erreichen des vollen aktiven Erddrucks kçnnen Tabelle 2 entnommen werden. Geht man z. B. von einer Parallelbewegung, mitteldichtem Sand und sa = 1 ‰ der Wandhçhe aus, dann erhlt man bei dem hufig fr einen verformungsarmen Verbau gewhlten Ansatz E0ah = 0,50 E0 h + 0,50 Eah fr eine 10 m hohe Wand sa » 1 mm und s » 0,15 bis 0,3 mm, also relativ geringe Verformungen. Bezogen auf steife Schlitzwandkonstruktionen, drften die bei der Schlitzwandherstellung ausgelçsten Verschiebungen bereits fr eine Entspannung auf E0ah = 0,75 E0 h + 0,25 Eah ausreichen. Ein Erhalt des Erdruhedrucks ist wenig realistisch. Die lokale Verschiebung s(z) in der Tiefe z kann mit einem Ansatz von Vogt [91] ermittelt werden sðzÞ z 0 (156) Kah ¼ K0h  ðK0h  Kah Þ  sðzÞ b þ z mit 0 ¼ Kah

e0ah g  z

(157)

Fr den Parameter b wird bei lockerer Lagerung b = 0,011 und bei mitteldichter bis dichter Lagerung b = 0,003 angegeben. Der Ansatz ist deshalb besonders einfach, weil weder die Art der Wandbewegung noch der Betrag der Grenzverschiebung sa bercksichtigt werden. Der 0 = Kah wird asymptotisch erst bei unendlichen Verschiebungen volle aktive Erddruck mit Kah erreicht. Trotzdem drfte der Ansatz den Anforderungen fr eine Abschtzung in vielen Fllen gengen. Mobilisierter passiver Erddruck Bartl [5] schlgt fr die Resultierende E0ph des mobilisierten passiven Erddrucks bzw. des Erdwiderstands folgende Gleichung vor

375

1.6 Erddruck

" E0ph ¼ ðEph  E0h Þ  1 

 1

s sp

 b #c þ E0h

(158)

Die Parameter b und c wurden auf der Grundlage von Versuchen fr verschiedene Arten der Wandbewegung ermittelt (s. Tabelle 6). Die Grenzverschiebung sp beim Erreichen des vollen Erdwiderstands kann Tabelle 4 entnommen werden. Gl. (158) wurde ursprnglich von Nendza [62] mit b = 2 und c = 0,5 vorgeschlagen und von Franke [23] verallgemeinert. Tabelle 4. Exponenten fr Mobilisierungsansatz von Bartl [5]

Art der Wandbewegung

Exponenten der Mobilisierungsfunktion b

Fußpunktdrehung

1,07

Parallelverschiebung

1,45

Kopfpunktdrehung

1,72

c

0,7

s ist die tatschliche Wandverschiebung und sp die Verschiebung zur Erzeugung von Ep nach Tabelle 3. Bei weichen bindigen Bçden und bei nichtbindigen Bçden unter Wasser kçnnen die Verschiebungen sp 1,5- bis 2-fach grçßer sein.

Beim Ansatz von Besler [7] wird der Einfluss der Dichte, des Grundwassers und der Wandreibung auf die Verschiebung bercksichtigt und als weiterer Kurvenpunkt die Verschiebung sp50 bei einem Mobilisierungsgrad von 50 % des Erdwiderstands eingefhrt. Fr eine Wand der Hçhe h und einen Boden der Wichte g ergibt sich 2 3 E0ph ¼ mit

g  h2 6 B 7  4A þ s5 2 C þ sp

(159)

A = Kph + C  (Kph - K0)

(160 a)

B = - (C + C2)  (Kph - K0)

(160 b)

sowie

Kph  C ¼

2  ðKph  K0 Þ 

sp50 sp

sp50 þ 2  K0  Kph sp

(160 c)

Die Verschiebungen sp50 sowie sp kçnnen aus folgenden Gleichungen ermittelt werden: sp50 = f1  h

(161 a)

sp = f2  h

(161 b)

Fr die Funktionen f1 und f2 wird zur Bercksichtigung der Lagerungsdichte, der Wandreibung und der Wandbewegungsart eine Faktorenzerlegung vorgeschlagen mit den Faktoren fD fr den Einfluss der Lagerungsdichte, fs fr den Einfluss einer negativen Wandreibung und fB fr den Grundfall. Bei fB wird unterschieden zwischen fB,G im Gebrauchszustand und fB,B im Grenzzustand der Tragfhigkeit. Weiterhin kommt noch ein Faktor fs jeweils fr den Gebrauchs- und den Grenzzustand hinzu. Hierbei wird unterschieden in die

376

Achim Hettler

Flle „oberhalb des Grundwassers“ und „unterhalb des Grundwassers“, wenn der Boden unter Auftrieb steht. Vereinfachend im Vergleich zu Besler wird hier der Einfluss aus Kapillarkohsion auf die Verschiebungen nicht angesetzt. Beslers Vorschlag folgend ergibt sich f1 = fD  fd,G  fs,G  fB,G

(162 a)

fr einen Mobilisierungsgrad von 50 % mit fB = fB,G, fs = fs,G sowie fd = fd,B und f2 = fD  fd,B  fs,B  fB,B

(162 b)

fr den Grenzzustand der Tragfhigkeit mit fB = fB,B, fs = fs,B sowie fd = fd,B Die von Besler ermittelten Werte sind in den Tabellen 5 bis 8 zusammengestellt. Weitere Einzelheiten siehe Hettler und Besler [43]. Gleichung (159) lsst sich auch als Bettungsansatz formulieren 2 3 6 e0ph ¼ g  z  4A þ

7 s5 C þ sp B

(163)

Tabelle 5. Faktor fD zur Bercksichtigung des Einflusses der Lagerungsdichte

Lagerungsdichte locker

mitteldicht

dicht

sehr dicht

1,47

1,28

1,03

0,75

Tabelle 6. Faktor fd zur Bercksichtigung des Einflusses einer negativen Wandreibung

Bruchzustand Eph

Mobilisierungsgrad 50 % :  Eph

1,57

2,44

Tabelle 7. Faktor fS zur Bercksichtigung des Einflusses des Grundwassers

Grundwasser

Bruchzustand Eph

Mobilisierungsgrad 50 % :  Eph

oberhalb

1,00

1,00

unterhalb

1,58

2,21

Tabelle 8. Faktor fB zur Ermittlung der relativen Wandverschiebung im Grundfall

Wandbewegungsart

Fußpunktdrehung

Parallelverschiebung

Kopfpunktdrehung

Bruchzustand: Eph

4,70 [ %]

3,87 [ %]

4,50 [ %]

Mobilisierungsgrad 50 % :  Eph

1,08 [ %]

0,50 [ %]

1,21 [ %]

377

1.6 Erddruck

mit denselben Parametern wie in Gl. (159) fr die Mobilisierung des resultierenden Erdwiderstands. Bei gesttzten Wnden reicht es in der Regel aus, die Parameter fr eine Parallelverschiebung zugrunde zu legen, wie zahlreiche Untersuchungen zeigen [45]. Der Ansatz in Gl. (163) lsst sich auch auf geschichtete Bçden und Bçden mit Kohsion erweitern. Zustzlich kann der Einfluss einer Vorbelastung, z. B bei einem Baugrubenaushub, bercksichtigt werden [44]. Der Vorschlag von Vogt in Gl. (156) lsst sich auch auf den passiven Fall bertragen sðzÞ

0 z (164) Kph ¼ K0h þ Kph  K0h  sðzÞ a þ z unter Verwendung von 0 Kph ¼

e0ph g  z

(165)

Vogt [91] erhlt aus Versuchen a = 0,11 fr lockeren Sand und a = 0,03 fr mitteldicht bis dicht gelagerten Sand. Rumlicher mobilisierter passiver Erddruck Aus den Versuchen vor schmalen Druckflchen leitet Weißenbach [95] empirische Anstze ðrÞ zur Ermittlung der Verschiebungen sp50 bei einem Mobilisierungsgrad von 50 % und der ðrÞ Verschiebungen sp bei Erreichen des rumlichen Erdwiderstands ab. Bei Druckflchen mit einem Verhltnis von Breite b zu Einbindetiefe t b/t < 0,30 ergibt sich 1 t2  p0ffiffiffi fD b ffiffiffiffi q t30 ¼ 1; 4  fD  b

sðrÞ p ¼ 32  ðrÞ

sp50

und fr b/t ‡ 0,3

(166) (167)

qffiffiffiffi t30

(168)

sp50 ¼ 2; 6  fD  t0

(169)

sðrÞ p ¼ 59 

1  fD

ðrÞ

Die Formeln sind nicht dimensionshomogen. Die Verschiebungen ergeben sich in mm, wenn b und t in m eingesetzt werden. Die Funktion fD gibt den Einfluss der Lagerungsdichte D wieder mit fD = 1 + 0,5 D

(170)

Auf der Grundlage von amerikanischen Großversuchen und eigenen FE-Berechnungen entwickelt Jung [51] ein iteratives Verfahren zur Ermittlung des Bettungsmoduls Ksh vor Bohltrgern in mitteldichtem Sand. Zur Schtzung des Anfangswerts dient der Zusammenhang   b0 z ðrÞ Ksh ¼ 1730  g   (171) b t wobei b0 = 0,30 zu setzen ist.

378

Achim Hettler

Arnold und Herle erweitern den Ansatz von Bartl in Gl. (158), um die Mobilisierung des rumlichen passiven Erddrucks vor kurzen, erdberdeckten Wnden und Ankerplatten zu beschreiben. Einzelheiten siehe [4].

11

Anwendungshinweise

11.1

Erddruckneigung und Wandreibungswinkel

Es ist streng zu trennen zwischen dem Neigungswinkel des Erddrucks und dem Wandreibungswinkel, der physikalisch die Obergrenze fr den Erddruckneigungswinkel bildet. In lteren Verçffentlichungen und auch in DIN 4085:1987- 02 wurden die beiden Begriffe oft synonym verwendet. Teilweise wurde der Neigungswinkel des Erddrucks auch reduziert, um Fehler beim Bruchmodell, d. h. Unterschiede zwischen Bruchmodellen mit ebenen oder mit gekrmmten Gleitflchen auszugleichen. Der Wandreibungswinkel hngt im Wesentlichen von der Beschaffenheit der Wandoberflche und dem Reibungswinkel j0k des Bodens ab. DIN 4085:2007-10 unterscheidet zwischen verzahnten, rauen, weniger rauen und glatten Wandflchen. Vereinfacht drfen die in Tabelle 9 zusammengestellten Wandreibungswinkel verwendet werden. Zum Beispiel darf fr den hufigen Fall von unbehandeltem Beton oder Stahl ein Wandreibungswinkel von 2/3 j0k angesetzt werden. Aufgrund einer Auswertung der vorliegenden Literatur gibt Weißenbach [95] folgende Empfehlung fr den Wandreibungswinkel von unbehandeltem Stahl: d p ¼ jk  2; 5

fr j0k  30

(172 a)

d p ¼ 27; 5

fr j0k  30

(172 b)

Danach ist bis jK = 30  der Reibungswinkel des Bodens maßgebend. Dann liegt die Bruchfuge im Boden. Bei jK > 30  ist die Oberflchenbeschaffenheit ausschlaggebend, und es findet ein Gleiten direkt an der Wandflche statt. Die in Gl. (172) angegebenen Werte sind auch in die EAB [16] bernommen worden. Der in Tabelle 9 angegebene Wert von d = 2/3 j0k liegt demgegenber auf der sicheren Seite. Tabelle 9. Wandreibungswinkel gem. DIN 4085:2007-10

Beschaffenheit der Wandflche verzahnt z. B.: Der Wandbeton wird so eingebracht, dass eine Verzahnung mit dem angrenzenden Boden entsteht

Wandreibungswinkel j0k

rau z. B.: Unbehandelte Oberflchen von Stahl, Beton oder Holz

2=3  j0k

weniger rau z. B.: Wandabdeckung aus verwitterungsfesten, plastisch nicht verformbaren Kunststoffplatten

1=2  j0k

glatt z. B.: Stark schmierige Hinterfllung; Dichtungsschicht, die keine Schubkrfte bertragen kann

0

379

1.6 Erddruck

a)

b)

c)

Bild 98. Neigungswinkel des aktiven Erddrucks; a) da > 0, wenn vertikales Gleichgewicht mçglich, b) da = 0; c) da < 0

Stahlspundwnde fallen in diesem Zusammenhang nicht in die Kategorien „rau“ bzw. „unbehandelter Stahl“. Da eine Bruchflche zwischen der Spundwand und dem Boden – entweder in einer durchgehenden Flche in der Ebene der Bohlenrcken berwiegend im Boden liegt – oder der Wellenform folgend eine etwa 50 % grçßere Gesamtflche aufweist als die durchgehende Ebene, darf nherungsweise der Wandreibungswinkel zu d = jk angenommen werden. Der tatschliche, physikalisch wirksame Neigungswinkel des Erddrucks, dessen betragsmßige Obergrenze der Wandreibungswinkel bildet, hngt im Wesentlichen von den Relativbewegungen zwischen Boden und Bauwerk ab. Zunchst ist allerdings der Wandreibungswinkel zu ermitteln. Bei einer Dichtungsschicht, die keine Schubkrfte bertragen kann, betrgt unabhngig von der Scherfestigkeit des Bodens und der Relativbewegung der Erddruckneigungswinkel d = 0. Ist eine Wand dagegen rau, kann sich ein Neigungswinkel im Bereich –2/3 jK £ d £ +2/3 jK einstellen. Es ist nicht immer einfach, die Relativbewegung zwischen Boden und Wand richtig einzuschtzen. Zudem muss das Gleichgewicht der Vertikalkrfte eingehalten sein. Das folgende Beispiel soll die Zusammenhnge verdeutlichen. Bei einer zweifach mit horizontalen Steifen gesttzten rauen Wand wird man in der Regel von da = 2/3 j beim Ansatz des aktiven Erddrucks ausgehen (s. Tabelle 9). Weist die Wand eine ausreichende Einbindetiefe auf, kann die Vertikalkomponente EaV der Resultierenden des aktiven Erddrucks durch entsprechende Bodenreaktionen mit der Resultierende BV am Wandfuß aufgenommen werden (Bild 98 a). Bei fehlender Einbindung wie in Bild 98 b muss da = 0 gesetzt werden. Kommt zustzlich nach Bild 98 c noch eine Auflast PV dazu, dann muss die Neigung da < 0 so gewhlt werden, dass die negative Vertikalkomponente des Erddruckes mit der geforderten Sicherheit Pv aufnehmen kann, oder falls nicht mçglich, muss eine andere Lçsung zur Abtragung von Pv in den Untergrund gefunden werden. Abgesehen vom Rankine-Fall d = b ist das Bruchmodell der ebenen Gleitflchen mit Modellfehlern behaftet. Beim aktiven Erddruck ergeben sich kleinere Werte als mit gekrmmten Gleitflchen, beim passiven Erddruck ergeben sich grçßere Werte. Um diese

380

Achim Hettler

Fehler auszugleichen, darf bei verzahnten und bei rauen Wnden sowie bei Spundwnden hçchstens mit dem Erddruckneigungswinkel d = 2/3 jk gerechnet werden. Nach EAB [16] gilt dies beim aktiven Erddruck unabhngig vom Reibungswinkel, beim Erdwiderstand hçchstens bis zu einem Reibungswinkel jk = 35 . Genauere Untersuchungen zur Grçße des Modellfehlers liegen insbesondere beim aktiven Erddruck nicht vor. Bei Vorgabe eines negativen Neigungswinkels dp fr den Erdwiderstand muss immer der Nachweis der Vertikalkrfte im Gebrauchszustand gefhrt werden, s. DIN 4085, Tabelle B 4, Zeile 3. Falls die Neigung zu groß gewhlt wurde, ist deren Betrag entsprechend zu reduzieren. Wie genauere Messungen, z. B. von Bartl [5], zeigen, kann sich der Erddruckneigungswinkel mit dem Mobilisierungsgrad ndern und der lokale Erddruckneigungswinkel kann an einer Wand unterschiedlich sein. In der Praxis wird dieser Effekt hufig vernachlssigt. Im Gegensatz dazu wird in DIN 4085:2007 -10, Tabelle B 3, Zeile a bzw. Tabelle 5 fr den passiven Fall einer Drehung um den Wandfuß ein nicht konstanter Neigungswinkel dp vorgeschlagen. Beim Ansatz des Erdruhedruckes wird der Neigungswinkel parallel zur Gelndeoberflche angenommen. Nur so ist das Gleichgewicht der Spannungen im Boden sichergestellt. Weitere Hinweise s. DIN 4085:2007 -10, Tabelle B 4, Zeile 2.

11.2

Ansatz des Erddrucks in Abhngigkeit der Verschiebung

Zur Mobilisierung des vollen passiven Erddrucks sind große Verschiebungswege erforderlich (s. Abschn. 10.3). Deshalb sollte in der Regel berprft werden, ob die mit der Mobilisierung verbundenen Verformungen mit dem Bauwerk vertrglich sind. Dazu kçnnen die in Abschnitt 10.4 zusammengestellten Anstze verwendet werden. Doch nicht nur beim passiven Erddruck, sondern auch beim Ansatz des aktiven Erddrucks bzw. eines erhçhten aktiven Erddrucks sind Verschiebungsabhngigkeiten zu beachten. Wie im passiven Fall kçnnen die Verformungen ber Mobilisierungsfunktionen abgeschtzt werden. Fr die Praxis sind die Tabellen A 2 und A 3 in DIN 4085:2007 -10 von großer Bedeutung. Ohne aufwendige Berechnungen kann der Erddruckansatz – bei Dauerbauwerken in Abhngigkeit von der Nachgiebigkeit der Sttzkonstruktion (Tabelle 10) und – bei Baugrubenwnden oder anderen kurzzeitig bestehenden Sttzkonstruktionen in Abhngigkeit von der Nachgiebigkeit der Sttzung (Tabelle 11) festgelegt werden. Weitere Angaben zur Sttzung von Baugrubenwnden und zum Ansatz eines aktiven Erddruckes, eines erhçhten aktiven Erddruckes oder des Erdruhedruckes siehe EAB [16].

11.3

Erddruckumlagerung

Bei der Berechnung des Erddrucks aus Bodeneigengewicht wird man zunchst von einer dreieckfçrmigen, d. h. der klassischen Verteilung ausgehen. Strenggenommen trifft dies beim aktiven Fall nur fr eine Drehung der Wand um den Fußpunkt und beim passiven Fall nur fr eine Parallelbewegung zu. Whrend beim Erdwiderstand in vielen Fllen die Annahme der klassischen Erddruckverteilung ausreichend ist, kann bei gesttzten Wnden auf die Bercksichtigung der Erddruckverteilung nicht verzichtet werden.

381

1.6 Erddruck

Tabelle 10. Erddruckansatz in Abhngigkeit von der Nachgiebigkeit der Sttzkonstruktion bei Dauerbauwerken nach DIN 4085:2007-10

Zeile

Nachgiebigkeit der Sttzkonstruktion

Konstruktion (Beispiele)

Erddruckansatz

1

nachgiebig

Sttzwnde, die whrend ihrer gesam- aktiver Erddruck ten Nutzungszeit geringe Verformungen in Richtung der Erddruckbelastung ausfhren kçnnen und drfen. Zum Beispiel Uferwnde, auf Lockergestein gegrndete Sttzwnde

2

wenig nachgiebig

Sttzwnde nach Zeile 1, bei denen whrend ihrer Nutzungszeit Verformungen in Richtung der Erddruckbelastung unerwnscht sind und die gegen den ungestçrten Boden hergestellt worden sind

erhçhter aktiver Erddruck E0ah ¼ 0; 75  Eah þ 0; 25  E0h

3

annhernd unnachgiebig

Sttzwnde, die aufgrund ihrer Konstruktion unter der Erddruckbelastung anfnglich geringfgig nachgeben, sich dann aber nicht mehr verformen kçnnen oder drfen. z. B. Kellerwnde und Sttzwnde, die in Bauwerke einbezogen sind und von diesen zustzlich gesttzt werden, Bemessung der stehenden Schenkel von Winkelsttzwnden

erhçhter aktiver Erddruck im Normalfall: E0ah ¼ 0; 50  Eah þ 0; 50  E0h in Ausnahmefllen: E0ah ¼ 0; 25  Eah þ 0; 75  E0h

4

unnachgiebig

Sttzwnde, die aufgrund ihrer Konstruktion weitgehend unnachgiebig sind: Zum Beispiel auf Festgestein gegrndete Sttzmauern als ebene Systeme und auf Lockergestein gegrndete Sttzwnde als rumliche Systeme, z. B. Brckenwiderlager mit biegesteif angeschlossenen ParallelFlgelmauern

erhçhter aktiver Erddruck E0ah ¼ 0; 25  Eah þ 0; 75  E0h in Ausnahmefllen bis Erdruhedruck

Je nach Art der Wandbewegung kann es beim aktiven Erddruck und beim erhçhten aktiven Erddruck zu erheblichen Erddruckumlagerungen kommen, insbesondere bei gesttzten Trgerbohlwnden, Spundwnden und Ortbetonwnden, in geringerem Maß bei Ortbetonwnden. Bild 99 zeigt beispielhaft den Einfluss der Auflagerungsbedingungen auf die Erddruckverteilung bei Spundwnden. Bei einer nicht gesttzten, im Boden eingespannten Wand stellt sich eine Drehung um einen tief gelegenen Punkt mit der klassischen dreieckfçrmigen Verteilung ein (Bild 99 a). In allen anderen Fllen ergibt sich eine mehr oder weniger ausgeprgte Erddruckumlagerung zur Sttzung hin. Maßgebend ist stets die sich ergebende Kombination von Durchbiegung und Verschiebung. Ist die Wand in Gelndehçhe unnachgiebig gesttzt und im Boden eingespannt, dann kommt es zu einer gleichzeitigen Drehung um den Kopfpunkt und um einen tief gelegenen Punkt bzw. zu einer reinen Durchbiegung der Wand nach Bild 99 b. Ist die Wand in Gelndehçhe unnachgiebig gesttzt

382

Achim Hettler

Tabelle 11. Erddruckansatz in Abhngigkeit von der Nachgiebigkeit der Sttzung bei Baugrubenwnden oder anderen kurzzeitig bestehenden Sttzkonstruktionen nach DIN 4085 in Anlehnung an die EAB [16]

Zeile Nachgiebigkeit Konstruktion der Sttzung (Beispiele) (Sttzkonstruktion)

1

nicht gesttzt oder nachgiebig gesttzt

Wand ohne obere Sttzung (Steifen, Anker) oder mit nachgiebiger Sttzung (z. B.: Anker nicht oder nur gering vorgespannt)

2

wenig nachgiebig gesttzt

Steifen kraftschlssig verkeilt – bei Spundwnden – bei Trgerbohlwnden Verpressanker

annhrend unnachgiebig gesttzt

Steifen – bei mehrfach ausgesteiften Spundwnden, ausgesteiften Ortbetonwnden – bei mehrfach ausgesteiften Trgerbohlwnden Verpressanker

3

4

unnachgiebig

Wnde, die fr einen abgeminderten oder fr den vollen Erdruhedruck bemessen werden und deren Sttzungen entsprechend vorgespannt sind. Wenn Anker zustzlich in einer unnachgiebigen Felsschicht verankert sind oder wesentlich lnger sind, als rechnerisch erforderlich ist. Steifen Anker

Vorspannung Erddruckansatz auf die Sttzkraft beim nchsten Aushubzustand bezogen -

nicht umgelagerter aktiver Erddruck

umgelagerter aktiver Erddruck £ 30 % £ 60 % 80 % bis 100 % 30 %

erhçhter aktiver Erddruck in einfachen Fllen E0ah ¼ 0; 75  Eah þ 0; 25  E0h

60 %

im Normalfall E0ah ¼ 0; 50  Eah þ 0; 50  E0h

100 %

in Ausnahmefllen E0ah ¼ 0; 25  Eah þ 0; 75  E0h erhçhter aktiver Erddruck E0ah ¼ 0; 25  Eah þ 0; 75  E0h in Ausnahmefllen bis Erdruhedruck

100 % 100 %

und im Boden frei aufgelagert, dann stellt sich eine gleichzeitige Durchbiegung der Wand und eine Fußverschiebung nach Bild 99 c ein. Bei mehrfach gesttzten Wnden ist eine Parallelbewegung und eine Erddruckverteilung nach Bild 99 d zu erwarten. Im Allgemeinen hngt die Verteilung des aktiven Erddrucks von einer großen Anzahl von Einflssen ab, siehe z. B. Briske [10], Weißenbach [95], die Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben [16] oder die Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassungen [17] und die dort zitierte Literatur. Insbesondere wirken sich aus: – die Nachgiebigkeit der Sttzung, – die Art und Einbringung der Wand,

383

1.6 Erddruck

a) Wand im Boden eingespannt und nicht gesttzt

b) Wand in Gelndehçhe gesttzt und im Boden eingespannt

c) Wand in Gelndehçhe gesttzt und im Boden frei aufgelagert

d) Wand mehrfach gesttzt und im Boden frei aufgelagert

Bild 99. Erddruckverteilung bei Spundwnden in einfachen Fllen (nach Weißenbach [95])

– die Biegesteifigkeit der Wand, – die Anzahl und Anordnung von Steifen bzw. Ankern, – die Grçße des jeweiligen Aushubabschnittes vor dem Einbau der nchsten Steife- bzw. Ankerlage, – die Vorspannung der Steifen bzw. der Anker. Soweit die Voraussetzungen zutreffen, drfen die Vorschlge der EAB [16] fr Trgerbohlwnde, Spundwnde und Ortbetonwnde mit wenig nachgiebiger Sttzung angewendet werden. Im Zweifelsfall sollten Grenzbetrachtungen mit verschiedenen mçglichen Lastfiguren durchgefhrt werden. Je nach Fragestellung kçnnen auch FE-Berechnungen hilfreich sein.

11.4

Erddruck als gnstige Einwirkung

Wirkt der Erddruck als gnstige Einwirkung, wie z. B. die Vertikalkomponente EaV beim Nachweis der Sicherheit gegen Aufschwimmen in Bild 100, muss er als unterer charakteristischen Wert angesetzt werden, vgl. DIN 1054:2005 -01, Abschnitt 10.3.1, Absatz 7. Bei nichtbindigen Bçden lautet die Empfehlung, den horizontalen und damit auch den vertikalen Erddruck auf die Hlfte des Wertes abzumindern, der bei der sonstigen Bemessung zugrunde gelegt wird. Die Erklrung liegt darin, dass in Baugrundgutachten untere charakteristische Werte des Reibungswinkels, also blicherweise kleinere Reibungswinkel in Bezug auf den wahrscheinlich vorhandenen Mittelwert angegeben werden. Dies fhrt zu einem hçheren Erddruck und damit zu einer auf der sicheren Seite liegenden Beanspruchung und Bemessung. Bei gnstigen Einwirkungen aus Erddruck msste man den oberen Wert des charakteristischen Reibungswinkels ansetzen, also den Reibungswinkel ber den Mittelwert hinaus erhçhen, um einen kleineren Wert fr den Erddruck zu erhalten. Insofern stellt die Abminderung auf die Hlfte eine pragmatische Lçsung dar, um komplizierte Anweisungen

384

Achim Hettler

Bild 100. Erddruck als gnstige Einwirkung beim Nachweis der Sicherheit gegen Aufschwimmen am Beispiel einer schmalen Spundwandgrube mit dicker Betonsohle zur Auftriebssicherung

bei der Ermittlung von charakteristischen Werten, die nach oben auf der „sicheren“ Seite liegen, zu umgehen. hnliches gilt fr die Kohsion, die in der Praxis aus Sicherheitsgrnden oft verhltnismßig gering eingeschtzt wird. Ist sie aber tatschlich vorhanden, dann kann der Erddruck leicht gegen null gehen, oder es kann sich, z. B. im Zusammenhang mit Temperatureinwirkungen, sogar ein Spalt çffnen. Deshalb wurde in DIN 1054 die Empfehlung gegeben, bei bindigen Bçden wegen der Wirkung der Kohsion die Erddrucklast Eah gleich null zu setzen, sofern keine genaueren Untersuchungen vorliegen.

12

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1.6 Erddruck

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388

Achim Hettler

[99] Winter, H.: Fließen von Tonbçden. Eine mathematische Theorie und ihre Anwendung auf den Fließwiderstand von Pfhlen. Verçffentlichungen Institut fr Bodenmechanik und Felsmechanik der Universitt Karlsruhe, Heft 82, 1979. [100] Winter, H.: Modellierung der Boden-Bauwerk-Interaktion bei integralen Brcken mit dem Programm Sofistik. Lehrstuhl Baugrund-Grundbau und Lehrstuhl fr Betonbau der Technischen Universitt Dortmund, 2006. [101] v. Wolffersdorff, P. A.: Numerische Verfahren der Geotechnik. Grundbau-Taschenbuch Teil 1, 7. Auflage. Ernst & Sohn, Berlin 2008. [102] Ziegler, M.: Berechnung des verschiebungsabhngigen Erddrucks in Sand. Verçffentlichungen des Institutes fr Bodenmechanik und Felsmechanik der Universitt Karlsruhe, Heft 101, 1986.

Anhang Erddrucktabellen Hinweis: Die Vorzeichendefinition des Neigungswinkels d geht aus Bild 41 sowie Bild 64 hervor. Tafel 1.

Aktiver Erddruck: senkrechte Wand, waagerechtes Gelnde, ebene Gleitflche, Kagh-Werte nach Weißenbach.

Tafel 2.

Aktiver Erddruck: senkrechte Wand, waagerechtes Gelnde, ebene Gleitflche, Ja-Werte nach Weißenbach.

Tafel 3.

Aktiver Erddruck: senkrechte Wand, waagerechtes Gelnde, J = Ja, Kaph -Werte fr Linien- und Streifenlasten nach Weißenbach.

Tafel 4.

Passiver Erddruck: senkrechte Wand, waagerechtes Gelnde, ebene Gleitflche nach Weißenbach.

Tafel 5 a. Passiver Erddruck: senkrechte Wand, waagerechtes Gelnde, gekrmmte Gleitflche, Kpgh nach Pregl/Sokolowski, aufgestellt von Ch. Stoll. Tafel 5 b. Passiver Erddruck: Anteil aus großflchiger Auflast: senkrechte Wand, waagerechtes Gelnde, gekrmmte Gleitflche, Kpph nach Pregl/Sokolowski, aufgestellt von Ch. Stoll. Tafel 5 c. Passiver Erddruck: Anteil aus Kohsion: senkrechte Wand, waagerechtes Gelnde, gekrmmte Gleitflche, Kpch nach Pregl/Sokolowski, aufgestellt von Ch. Stoll.

389

1.6 Erddruck Tafel 1. Erddruckbeiwerte Kagh fr waagerechte Gelndeoberflche und senkrechte Wand (nach Weißenbach [95]). Voraussetzung: Ebene Gleitflche

Kagh ¼ Kaph ¼ Kah ¼ "

cos2 j sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi#2 sinðj þ d a Þ  sin j 1þ cos d a

390

Achim Hettler

Tafel 2. Gleitflchenwinkel Ja fr waagerechte Gelndeoberflche und senkrechte Wand (nach Weißenbach [95]). Voraussetzung: Ebene Gleitflche

sin j þ tan Ja ¼

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi tan j tan j þ tan d a cos j

391

1.6 Erddruck Tafel 3. Erddruckbeiwerte Kaph fr Linien- und Streifenlasten bei senkrechter Wand (nach Weißenbach [95]). Voraussetzung: Ebene Gleitflche mit J = Ja

Kaph ¼

sinðJa  jÞ  cos d a cosðJa  j  Ja Þ

392

Achim Hettler

Tafel 4. Erdwiderstandsbeiwerte Kpgh fr waagerechte Gelndeoberflche und senkrechte Wand (nach Weißenbach [95]). Voraussetzung: Ebene Gleitflche

Kpgh ¼ Kpph ¼ Kph ¼ "

cos2 j sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi #2

sin j  d p  sin j 1 cos d p

393

1.6 Erddruck

Tafel 5 a. Erdwiderstandsbeiwerte Kpgh fr waagerechte Gelndeoberflche und senkrechte Wand bei gekrmmten Gleitflchen (nach Pregl/Sokolowski [69]). Anteil aus Bodeneigengewicht

Kpgh ¼ cos d p

0;26þ5;96j 1 þ sin j dp  0 1  0; 53  d p 1  sin j

Kpgh ¼ cos d p

7;13 1 þ sin j 1 þ 0; 41  d p 1  sin j

dp

dp > 0

j= 10 

12,5 

15 

17,5 

20 

22,5 

25 

27,5 

30 

32,5 

35 

37,5 

40 

42,5 

–45 

45  23,01

–42,5 

17,98 22,11

–40 

14,17 17,27 21,15

–37,5 

11,26 13,61 16,52 20,14

–35 

9,03 10,82 13,02 15,73 19,09

–32,5 

7,30

8,68 10,35 12,40 14,919 18,01

5,95

7,02

8,31

4,89

5,73

6,73

7,92

9,37 11,11 13,24 15,84

4,71

5,49

6,42

7,53

8,86 10,46 12,40 14,77

–30  –27,5  –25 

4,05

–22,5  –20 

2,85

–17,5  –15 

2,08

–12,5 

9,87 11,76 14,08 16,93

3,38

3,91

4,53

5,25

6,11

7,13

8,34

9,80

11,56 13,71

3,27

3,76

4,33

5,00

5,79

6,72

7,83

9,15

10,74 12,67

2,42

2,76

3,16

3,61

4,14

4,75

5,47

6,32

7,32

8,51

9,94

11,67

2,35

2,67

3,03

3,45

3,93

4,50

5,15

5,92

6,82

7,89

9,17

10,70

1,80

2,02

2,28

2,57

2,91

3,29

3,73

4,24

4,83

5,52

6,33

7,28

8,42

9,77

–10 

1,57

1,76

1,96

2,20

2,47

2,78

3,13

3,52

3,98

4,52

5,13

5,85

6,70

7,70

8,89

–7,5 

1,54

1,71

1,90

2,12

2,37

2,64

2,96

3,32

3,73

4,21

4,75

5,39

6,13

7,01

8,05

–5 

1,50

1,66

1,84

2,04

2,26

2,51

2,79

3,12

3,48

3,90

4,39

4,94

5,60

6,36

7,26

–2,5 

1,46

1,61

1,77

1,95

2,15

2,37

2,63

2,91

3,24

3,61

4,03

4,52

5,08

5,74

6,52

0

1,42

1,55

1,70

1,86

2,04

2,24

2,46

2,72

3,00

3,32

3,69

4,11

4,60

5,17

5,83

2,5 

1,25

1,37

1,50

1,64

1,80

1,97

2,17

2,39

2,64

2,93

3,25

3,62

4,05

4,55

5,13

5

1,10

1,20

1,32

1,44

1,58

1,74

1,91

2,11

2,33

2,58

2,86

3,19

3,57

4,01

4,52

7,5 

0,97

1,06

1,16

1,27

1,39

1,53

1,68

1,85

2,05

2,27

2,52

2,81

3,14

3,53

3,98

10 

0,85

12,5  15  17,5  20  22,5  25  27,5  30  32,5  35  37,5  40  42,5  45 

0,93

1,02

1,12

1,23

1,35

1,48

1,63

1,80

2,00

2,22

2,47

2,77

3,11

3,51

0,82

0,90

0,99

1,08

1,19

1,31

1,44

1,59

1,76

1,96

2,18

2,44

2,74

3,09

0,79

0,87

0,95

1,05

1,15

1,27

1,40

1,55

1,72

1,92

2,15

2,41

2,72

0,76

0,84

0,92

1,01

1,12

1,23

1,37

1,52

1,69

1,89

2,12

2,40

0,74

0,81

0,89

0,98

1,09

1,20

1,34

1,49

1,67

1,87

2,11

0,71

0,79

0,87

0,96

1,06

1,18

1,31

1,47

1,65

1,86

0,69

0,76

0,84

0,93

1,03

1,15

1,29

1,45

1,63

0,67

0,74

0,82

0,91

1,01

1,13

1,27

1,44

0,65

0,72

0,80

0,89

1,00

1,12

1,26

0,63

0,70

0,78

0,87

0,98

1,11

0,61

0,68

0,77

0,86

0,97

0,60

0,67

0,75

0,85

0,590

0,66

0,74

0,57

0,65 0,56

394

Achim Hettler

Tafel 5 b. Erdwiderstandsbeiwerte Kpph fr waagerechte Gelndeoberflche und senkrechte Wand bei gekrmmten Gleitflchen (nach Pregl/Sokolowski [69]). Anteil aus großflchiger Auflast

Kpph ¼ cos d p

0;08þ2;37j 1 þ sin j dp  0 1  1; 33  d p 1  sin j

Kpph ¼ cos d p

2;81 1 þ sin j 1  0; 72  d p 1  sin j

dp

dp > 0

j= 10 

12,5 

15 

17,5 

20 

22,5 

25 

27,5 

30 

32,5 

35 

37,5 

40 

42,5 

–45 

45  16,52

–42,5 

13,45 16,29

–40 

11,01 13,23 15,98

–37,5 

9,06 10,81 12,95 15,60

–35 

7,50

–32,5 

6,24

7,35

8,68 10,28 12,24 14,64

5,22

6,11

7,17

8,43

9,96

4,39

5,11

5,95

6,96

8,16

9,61

11,35 13,48

4,30

4,98

5,78

6,73

7,86

9,22

10,86 12,84

–30  –27,5  –25 

3,72

–22,5 

–15 

2,02

–12,5 

11,82 14,08

3,16

3,64

4,19

4,83

5,58

6,48

7,54

8,81

10,33 12,17

2,71

3,09

3,54

4,06

4,67

5,37

6,21

7,20

8,37

9,78

2,33

2,65

3,01

3,44

3,92

4,49

5,15

5,92

6,84

7,92

9,22

10,77

2,28

2,58

2,93

3,32

3,77

4,30

4,91

5,63

6,47

7,46

8,64

10,06

–20  –17,5 

8,89 10,57 12,62 15,15

11,48

1,76

1,98

2,23

2,51

2,83

3,20

3,62

4,10

4,66

5,32

6,08

6,98

8,05

9,33

–10 

1,55

1,73

1,94

2,17

2,43

2,72

3,06

3,45

3,89

4,40

5,00

5,69

6,51

7,47

8,61

–7,5 

1,52

1,69

1,88

2,10

2,34

2,61

2,92

3,27

3,68

4,14

4,68

5,30

6,02

6,88

7,89

–5 

1,49

1,65

1,83

2,02

2,24

2,49

2,77

3,09

3,46

3,87

4,35

4,90

5,54

6,30

7,19

–2,5 

1,46

1,60

1,77

1,94

2,14

2,37

2,62

2,91

3,23

3,60

4,02

4,50

5,07

5,72

6,50

0

1,42

1,55

1,70

1,86

2,04

2,24

2,46

2,72

3,00

3,32

3,69

4,11

4,60

5,17

5,83

2,5 

1,30

1,42

1,55

1,70

1,86

2,05

2,25

2,48

2,74

3,03

3,37

3,76

4,20

4,72

5,32

5

1,18

1,29

1,41

1,54

1,69

1,86

2,05

2,25

2,49

2,76

3,06

3,41

3,82

4,29

4,84

7,5 

1,07

1,17

1,27

1,40

1,53

1,68

1,85

2,04

2,25

2,49

2,77

3,09

3,45

3,88

4,38

10 

0,96

12,5  15  17,5  20  22,5  25  27,5  30  32,5  35  37,5  40  42,5  45 

1,05

1,15

1,26

1,38

1,51

1,66

1,83

2,03

2,24

2,49

2,78

3,11

3,49

3,94

0,94

1,03

1,12

1,23

1,35

1,49

1,64

1,81

2,01

2,23

2,48

2,78

3,12

3,52

0,91

1,00

1,10

1,20

1,32

1,46

1,61

1,78

1,98

2,21

2,47

2,77

3,13

0,88

0,97

1,06

1,17

1,29

1,42

1,58

1,75

1,95

2,18

2,45

2,77

0,85

0,93

1,03

1,13

1,25

1,38

1,54

1,71

1,92

2,15

2,43

0,81

0,89

0,99

1,09

1,21

1,34

1,49

1,67

1,88

2,12

0,77

0,85

0,94

1,04

1,16

1,29

1,44

1,62

1,83

0,73

0,81

0,90

0,99

1,11

1,24

1,39

1,57

0,69

0,76

0,85

0,94

1,05

1,18

1,34

0,64

0,71

0,79

0,89

1,00

1,12

0,59

0,66

0,74

0,83

0,94

0,54

0,61

0,68

0,77

0,49

0,56

0,63

0,45

0,50 0,40

395

1.6 Erddruck

Tafel 5 c. Erdwiderstandsbeiwerte Kpch fr waagerechte Gelndeoberflche und senkrechte Wand bei gekrmmten Gleitflchen (nach Pregl/Sokolowski [69]). Anteil aus Kohsion

Kpch

 

0;08þ2;37j 1 þ sin j  cot j  1  1; 33  d p ¼ cos d p  1  sin j

dp  0



1;14þ0;57j 1 þ sin j dp > 0 Kpch ¼ cos d p ð  1Þ  cot j 1 þ 4; 46  d p tan j 1  sin j dp

j= 10 

12,5 

15 

17,5 

20 

22,5 

25 

27,5 

30 

32,5 

35 

37,5 

40 

42,5 

–45 

45  13,69

–42,5 

11,83 13,49

–40 

10,26 11,64 13,24

–37,5 

8,94 10,08 11,40 12,92

–35  –32,5  –30  –27,5  –25 

4,74

–22,5 

–15 

3,10

–12,5 

8,76

9,86

11,11 12,55

6,85

7,65

8,56

9,59

10,77 12,13 10,40 11,67

6,03

6,70

7,46

8,32

9,29

5,33

5,90

6,53

7,25

8,05

8,96

9,99

11,17

5,21

5,75

6,34

7,01

7,75

8,60

9,55

10,64

4,23

4,63

5,08

5,58

6,13

6,74

7,44

8,21

9,09

10,09

3,79

4,14

4,51

4,93

5,39

5,90

6,46

7,10

7,81

8,61

9,51

3,42

3,71

4,03

4,38

4,76

5,18

5,65

6,17

6,74

7,39

8,11

8,93

3,35

3,62

3,91

4,23

4,58

4,97

5,39

5,86

6,38

6,96

7,60

8,33

–20  –17,5 

7,81

2,83

3,04

3,27

3,51

3,78

4,07

4,39

4,74

5,12

5,54

6,00

6,51

7,09

7,73

–10 

2,60

2,78

2,97

3,18

3,40

3,64

3,90

4,19

4,49

4,83

5,20

5,61

6,07

6,57

7,13

–7,5 

2,56

2,72

2,89

3,08

3,28

3,49

3,72

3,97

4,25

4,54

4,87

5,22

5,62

6,05

6,54

–5 

2,51

2,65

2,80

2,97

3,14

3,33

3,53

3,75

3,99

4,25

4,53

4,83

5,17

5,54

5,95

–2,5 

2,45

2,57

2,71

2,85

3,00

3,17

3,34

3,53

3,73

3,95

4,18

4,44

4,73

5,04

5,38

0

2,38

2,49

2,61

2,73

2,86

2,99

3,14

3,30

3,46

3,65

3,84

4,06

4,29

4,55

4,83

2,5 

2,30

2,39

2,48

2,57

2,68

2,79

2,90

3,03

3,16

3,31

3,47

3,64

3,83

4,04

4,27

5

2,22

2,28

2,35

2,43

2,51

2,60

2,70

2,80

2,91

3,03

3,16

3,31

3,46

3,64

3,83

7,5 

2,13

2,18

2,24

2,30

2,36

2,43

2,51

2,60

2,69

2,79

2,90

3,03

3,16

3,31

3,48

10 

2,05

12,5  15  17,5  20  22,5  25  27,5  30  32,5  35  37,5  40  42,5  45 

2,09

2,13

2,17

2,22

2,28

2,35

2,42

2,50

2,58

2,68

2,79

2,91

3,04

3,19

2,00

2,02

2,06

2,10

2,14

2,20

2,26

2,32

2,40

2,49

2,58

2,69

2,81

2,94

1,92

1,95

1,98

2,01

2,06

2,11

2,17

2,24

2,31

2,40

2,50

2,61

2,73

1,84

1,86

1,90

1,93

1,98

2,03

2,09

2,16

2,23

2,32

2,42

2,54

1,76

1,78

1,81

1,85

1,90

1,95

2,01

2,09

2,17

2,26

2,37

1,68

1,70

1,74

1,78

1,83

1,88

1,95

2,03

2,11

2,21

1,60

1,63

1,67

1,71

1,76

1,82

1,90

1,98

2,07

1,53

1,56

1,60

1,65

1,71

1,77

1,85

1,94

1,46

1,50

1,54

1,60

1,66

1,73

1,82

1,40

1,45

1,50

1,55

1,62

1,70

1,35

1,40

1,45

1,52

1,59

1,31

1,36

1,42

1,49

1,27

1,32

1,39

1,23

1,30 1,20

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

1.7

397

Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein Erich Pimentel

1

Einfhrung

Im Grundbau ist es aufgrund des unterschiedlichen Materialverhaltens zweckmßig, zwischen Boden und Fels zu unterscheiden. Wie bei jeder Wissenschaft ist der Bedarf der Gesellschaft an Erkenntnissen hinsichtlich bestimmter Aufgabenstellungen die treibende Kraft fr einen Großteil der Forschungsarbeiten. Dadurch bedingt hat die systematische Untersuchung des mechanischen Verhaltens von Fels spter begonnen als beim Boden. Das erklrt nur zum Teil, weshalb die Anzahl der Stoffgesetze zur Beschreibung des Verhaltens von Fels geringer ausfllt als bei der Bodenmechanik. Ein anderer Grund liegt sicherlich nicht in der Komplexitt, da das Verhalten von Fels nicht minder komplex ist, als das von Boden. Aufgrund der hçheren Festigkeit des intakten Festgesteins reichten oft nur einfachere Stoffgesetze bzw. Bemessungsanstze, um Aufgabenstellungen zufriedenstellend zu bewerkstelligen. Seit der zweiten Hlfte des letzten Jahrhunderts hat sich das Aufgabenspektrum zunehmend erweitert und damit auch die Erkenntnisse zum Materialverhalten von nicht nur intaktem Festgestein. Zielsetzung des vorliegenden Kapitels ist, das berwiegend in Fachpublikationen gestreute Wissen zu diesen Themen praxisnah zusammenzustellen. Um ein besseres Verstndnis der theoretischen Zusammenhnge zu ermçglichen, werden in Abschnitt 2 die Unterschiede zwischen Fels und Boden sowie die wesentlichen mechanischen Eigenschaften von Fels, Diskontinuitten und Gebirge bzw. ihr Materialverhalten qualitativ beschrieben. In Abschnitt 3 und 4 werden Stoffgesetze und -gleichungen zur Beschreibung des mechanischen bzw. hydraulischen Materialverhaltens erlutert. In Abschnitt 5 werden Bemessungsanstze vorgestellt, die ohne den Einsatz numerischer Methoden umsetzbar sind. Mit diesen Anstzen kçnnen eine Vielzahl der in der Praxis gestellten Aufgaben des Grundbaus im felsigen Untergrund gelçst werden.

2

Allgemeine Eigenschaften

2.1

Fels und Boden

Die Begriffe Boden und Lockergestein bzw. Fels und Gestein werden oft als Synonyme verwendet. Boden bzw. Lockergestein besteht aus Festsubstanzen und Poren, die im unterschiedlichen Grade mit Flssigkeiten oder Gasen gefllt sind. Erstere bestehen aus Beimengungen verschiedener Partikel oder Kçrner unterschiedlichen mineralogischen Ursprungs. Fels oder Gestein unterscheiden sich vom Boden oder Lockergestein hauptschlich durch das Vorhandensein atomarer Bindungskrfte zwischen den Partikeln oder Kçrnern der Festsubstanz, welche Kohsion genannt wird. Unter Festgestein versteht man den Verbund von Gesteinen einschließlich ihrer Diskontinuitten und Hohlrume; und unter Gebirge die Gesamtheit der im Untergrund anzutreffenden Fest- und Lockergesteine.

398

Erich Pimentel

Die Kohsion ist je nach Gesteinsart auf Zementierung oder Kristallisation zurckzufhren. Kapillarkrfte infolge eines Porenwasserunterdrucks zwischen Bodenpartikeln haben, im Sinne von Haltekrften zwischen Partikeln, eine hnliche Wirkungsweise wie die Kohsion. Sie werden oft auch als scheinbare Kohsion bezeichnet, da sie von der Porengrçße und den hydraulischen Verhltnissen und nicht von der Festsubstanz abhngen. Ein ausgetrockneter Ton kann augenscheinlich hnlich wirken wie ein Tonstein, aber nach einer verhltnismßig kurzen Wasserlagerung wrde er zu Boden zerfallen, da ein wesentlicher Teil der Kapillarkrfte abgebaut wre und der Zusammenhalt verloren ginge. Solche Materialien werden auch als vernderlich feste Gesteine bezeichnet. Sie stellen ein Lockergestein dar und sind als solches zu behandeln. Die Kohsion verleiht dem Fels nicht nur eine hçhere Festigkeit, sondern auch eine hçhere Steifigkeit und elastische Eigenschaften gegenber dem Boden. Bei den Gesteinen unterscheidet man je nach Gesteinsgenese zwischen den Gesteinsarten der Sedimentite oder Sedimentgesteine, der Metamorphite oder metamorphischen Gesteine und der Magmatite oder magmatischen Gesteine (Bild 1). Die Sedimentite entstehen auf der Erdoberflche durch Verfestigung von Sedimentablagerungen, die Metamorphite durch Umwandlung anderer Gesteine in der Erdkruste infolge großen Drucks und hoher Temperatur und die Magmatite durch Erstarren von Magma in der Erdkruste oder an der Erdoberflche. Die Randbedingungen whrend der Gesteinsgenese, wie Temperatur, Druck,

Bild 1. Kreislauf der Gesteine [1]

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

399

Bild 2. Schema fr richtungsloses Gefge, Schichtung und Schieferung (von links nach rechts)

chemisches Milieu und deren zeitlicher Verlauf, haben Einfluss auf die Struktur des Gesteins und somit auf das mechanische Verhalten der Gesteine. So zeigen die Sedimentite, deren Ursprungsmaterial klastische Sedimente waren, eine parallele Struktur, die als Schichtung bezeichnet wird. Da die bergnge zwischen Schichten auf nderungen whrend der Sedimentation zurckzufhren sind, kçnnen sie potenzielle Schwachzonen bilden. Die Metamorphite, bei denen hauptschlich Druck infolge tektonischer Vorgnge und nicht Temperatur verantwortlich fr die Strukturnderung war, weisen ein parallel ausgerichtetes und engstndiges Flchengefge aus, das man als Schieferung bezeichnet. In der Regel ist die Festigkeit senkrecht zur Schieferung hçher, als parallel zu dieser. Magmatite, die durch langsames Abkhlen im Erdinneren entstanden sind, wie z. B. Granite, weisen keine richtungsabhngige Struktur auf (Bild 2). Dagegen kçnnen Magmatite, die durch relativ rasches Abkhlen in der Nhe der Erdoberflche entstanden sind, Trennflchen beinhalten, die eine richtungsabhngige Struktur zeigen, wie z. B. bei Basaltsulen. Im Gegensatz zu Boden verfgen die meisten Gesteine im unverwitterten Zustand ber einen sehr geringen Porenraum, wobei der berwiegende Teil der Porenrume nicht miteinander verbunden ist. Aus diesem Grund zeichnen sich Gesteine durch eine sehr niedrige Permeabilitt aus. Ausnahme hierfr bilden einige Sedimentgesteine, wie Sandsteine, oder auf der Erdoberflche in geologischen Zeitrumen betrachtet, rasch erstarrte Felsgesteine. Die oben beschriebenen Merkmale beziehen sich auf unverwitterte Gesteine. Fest- und Lockergestein kçnnen an der Erdoberflche einer Vielzahl exogener Prozesse, wie Verwitterung, Erosion, Sedimentation und Diagenese, ausgesetzt werden. Aufgrund von Konvektionsstrçmen des Magmas im Inneren der Erde kçnnen die Festgesteine in der Erdkruste von endogenen Prozessen, wie Plattentektonik und Vulkanismus, betroffen sein. Die Mannigfaltigkeit dieser Prozesse wird anhand des „Kreislaufs der Gesteine“ anschaulich erlutert (siehe Kapitel 1.12 „Massenbewegungen“ und Bild 1). Daraus ist erkennbar, dass der bergang zwischen Lockergestein und Festgestein fließend ist. Ein typisches Beispiel liefert der Sand als Ausgangsmaterial, der ber die gesamte Bandbreite der Locker- und Festgesteine verteilt auftreten kann, d. h. in Form eines lockeren bis dichten Sandes, leicht verfestigter Sandstein bis Sandstein und metamorphisierter Sandstein. Es muss hervorgehoben werden, dass es im bergangsbereich keine eindeutige Grenze gibt, ab wann ein verfestigter Boden als Fels oder ein verwitterter Fels als Boden angesehen werden soll.

2.2

Diskontinuitten

Aufgrund der oben erwhnten Vorgnge auf der Erdoberflche und Erdkruste kann es zu relativen Verschiebungen oder Vernderungen des Gesteins kommen, die somit zu einer Unterbrechung des Kontinuums Gestein fhren wrden. Sinngemß werden diese Unterbrechungen als Diskontinuitten bezeichnet und stellen einen Sammelbegriff dar fr Klfte, geologische Stçrungen oder Grenzen zwischen Schichten und Schieferungen. Sofern bei diesen Diskontinuitten der Zusammenhalt des Gesteins vollstndig aufgehoben ist, d. h.

400

Erich Pimentel

Bild 3. Schema von Diskontinuitten (Schichtung und Klfte) [2]

deutlicher Verlust der Kohsion, spricht man von Trennflchen. Potenzielle Trennflchen stellen Flchen mit einer Schwchung des Zusammenhalts des Gesteins dar, wie z. B. Schicht- oder Schieferungsflchen oder verheilte Klfte (Bild 3). 2.2.1

Klfte

Klfte stellen Trennflchen dar, die keine nennenswerte relative Verschiebung entlang dieser Flchen erleidet haben. Ursache fr die Bildung von Klften sind hauptschlich lokale Zugspannungen, die sich infolge tektonischer Beanspruchung, unterschiedlichem Verformungsverhalten der Gesteinspakete bei Belastungsnderungen oder unterschiedlichem Kontraktionsverhalten der Gesteinspartien bei großrumiger Abkhlung, bilden kçnnen. In der Regel entstehen schon bei geringen Zugbeanspruchungen Risskeime bis zu Mikrorissen. Zumindest Letztere haben eine flache elliptische Form, deren Lngsachse senkrecht zur Spannungsrichtung verluft und somit bereits im Frhstadium eine vom

Bild 4. Systematische und unsystematische Klfte

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

401

Bild 5. Kennwerte zur Beschreibung von Trennflchen (nach [4], modifiziert)

Spannungsfeld vorgegebene Orientierung hat. Die genaue Lage der Risskeime hngt eher von Defekten in der Gesteinsstruktur ab (Lokalisierung) und ist daher nicht prognostizierbar. Mit zunehmender Belastung kommt es zur weiteren Spannungskonzentration an den Enden der Risse und damit zu einer Rissausbreitung bis zum Zusammenwachsen benachbarter Mikrorisse. Demnach kçnnen sich so einzelne Klfte, aber auch Kluftscharen vollstndig oder teilweise bilden. In der Regel verluft die Rissausbreitung dieser Kluftscharen auf etwa parallelen Ebenen mit gleichmßigen Abstnden. Diese Kluftscharen werden auch als systematische Klfte bezeichnet (Bild 4). Weitere Klfte kçnnen durch kinematische Zwngungen oder durch berprgung anderer Deformationsperioden entstehen und kçnnten eine krzere Ausbreitung ber eine plane oder kurvige Rissoberflche haben und in eher ungleichmßigen Abstnden angeordnet sein. Daher werden diese Klfte als unsystematische Klfte bezeichnet. Die Charakterisierung der Klfte (Bild 5) beinhaltet die Bestimmung ihrer Raumlage, d. h. der Streichrichtung und des Fallwinkels der Kluftebene. Diese Werte gehen direkt in die Anwendung der Lagenkugelmethode bei der Untersuchung der Statik starrer Kluftkçrper ein. Die Grundlagen dieser Methode werden im Kapitel 1.12 und in [3] ausfhrlich beschrieben. Klfte werden unterteilt nach ihrer Rissausbreitung bzw. Erstreckung, nach dem Abstand zwischen Klften und nach der mittleren Kluftçffnungsweite (Tabelle 1). Die Erstreckung einer Kluft in einer Richtung als eindimensionale Grçße reicht nicht aus, um die Vollstndigkeit der Ausdehnung einer Trennflche zu beschreiben. Hierfr wird die Erstreckung der Kluft in einer anderen Richtung, vorzugsweise senkrecht dazu, bençtigt. Daraus ließe sich das Verhltnis zwischen dem Trennflchenanteil zur Gesamtflche einer parallel zur Kluftschar verlaufenden Flche bestimmen, welche als Durchtrennungsgrad bezeichnet wird. Der Durchtrennungsgrad [7] stellt ein umgekehrt proportionales Maß dar fr die noch vorhandenen Materialbrcken entlang der Trennflche. Es ist zu vermerken, dass sich die zuverlssige Bestimmung der notwendigen Kennwerte zur Ermittlung des Durchtrennungsgrads als sehr schwierig bis unmçglich erwiesen hat.

402

Erich Pimentel

Tabelle 1. Klassifikation der Klfte nach Erstreckung, Kluftabstand und Kluftçffnung

Kluftart nach Erstreckung (nach [5], modifiziert)

Klftigkeit nach Kluftabstand [6]

Kleinklfte

0–1m

sehr dichtstndig

Großklfte

1 – 10 m

Riesenklfte

> 10 m

Nach Kluftçffnung [6] < 0,06 m

dichtstndig

0,06 – 0,2 m

engstndig weitstndig sehr weitstndig

sehr dicht

< 0,1 mm

dicht

0,1 – 0,25 mm

0,2 – 0,6 m

teilweise offen

0,25 – 0,5 mm

0,6 – 2,0 m

offen

0,5 – 2,5 mm

mittelweit offen

2,5 – 10 mm

>2m

weit offen

> 10 mm

Die Beschaffenheit der Kluftoberflche wird durch ihre Rauigkeit und durch ihre Ebenflchigkeit bzw. Welligkeit charakterisiert. Sie stellt Unebenheiten gegenber einer idealen glatten Ebene dar, sprich Abweichungen senkrecht zum betrachteten Trennflchenbereich und ist daher maßstabsabhngig (Bild 6). Rauigkeiten kçnnen in Abhngigkeit des Spannungszustandes einen Verzahnungswiderstand bilden und somit einen Einfluss auf die im Labor oder in-situ ermittelte Festigkeit ausben. Großrumig gesehen kann sich eine Kluft eben oder gekrmmt ausgebildet haben. Je nach Fall spricht man von Ebenflchigkeit bzw. Welligkeit. Analog zur Rauigkeit erfolgt bei Welligkeit die Mobilisierung der Scherfestigkeit bei niedriger Normalspannung durch ein Aufgleiten mit entsprechender Dilatanz. Bei hçherer Normalspannung bzw. Dialatanzbehinderung werden die Unebenheiten abgeschert. Klfte kçnnen sich infolge einer Aufschiebung oder einer Zugspannung senkrecht zur Trennflche çffnen. Der Zwischenraum im Trennflchenbereich kann auch durch Verwitterung und Erosion aufgeweitet werden. Die entstandenen Zwischenrume kçnnen mit gesteinseigenem gebrochenem bis zerriebenem oder verwittertem Material sowie auch mit eingespltem Material aus anlagernden oder darauf liegenden Schichten bzw. Felsformationen gefllt werden. Das Fllmaterial kann daher kiesig bis tonig sein. Im Allgemeinen nimmt der Einfluss der Rauigkeit bzw. Welligkeit auf die Festigkeit der Klfte ab, je grçßer die Kluftçffnung ist und je strker sie mit feineren Bodenpartikeln gefllt ist. Sptestens ab

Bild 6. Kluftrauigkeit und -welligkeit in Abhngigkeit des Betrachtungsbereichs [6]

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

403

Bild 7. Beispiele fr komplexe, offene und gefllte Diskontinuitten (Skizzen A bis C aus [8], D und E nach Selmer-Olsen [9])

einer Fllungsstrke, die eine durchgehende Scherfuge im Fllmaterial kinematisch erlaubt, ist die Festigkeit der Trennflche nur vom Fllmaterial abhngig. Als Faustregel gilt dies ab einer Fllungsstrke von etwa dem Doppelten des Betrags der Rauigkeit. Infolge berprgung spterer Deformationsvorgnge kann sich ein komplexes sekundres Kluftmuster ergeben, das auch gefllt sein kann. In Bild 7 werden einige Beispiele gezeigt. Es ist zu vermerken, dass die Kluftçffnung zusammen mit dem Fllmaterial maßgebend fr die hydraulische Leitfhigkeit der Kluft ist. Durch Verschneidung der effektiven oder potenziellen Trennflchen werden Gesteinsbereiche voneinander durchgehend oder teilweise getrennt und kçnnen sich daher vom Gebirge lçsen. Sie werden als Kluftkçrper bezeichnet und werden durch die Menge und rumliche Lage der Kluftscharen, deren Erstreckungen und Kluftabstnde, zusammen mit weiteren eventuellen Diskontinuitten wie Form und Grçße definiert. In Bild 8 werden Beispiele fr verschiedene Kluftkçrperformen dargestellt. 2.2.2

Geologische Stçrungen

Unter einer (geologischen) Stçrung versteht man eine relative Verschiebung grçßerer Gesteinspakete infolge tektonischer Vorgnge. Die Verformung kann plastisch erfolgen, wie bei Faltungen, oder durch Bruchbildung mit anschließender Verschiebung, wie bei Verwerfungen (Bild 9). Die wesentliche Ursache fr den unterschiedlichen Ausgang liegt an dem damals herrschenden Spannungszustand und den Verformungsrandbedingungen. So ist bei einer starken Dehnungsbehinderung und entsprechend hoher deviatorischer Druckspannung ein plastisches Verformungsbild zu erwarten. Hohe Temperatur begnstigt ebenfalls ein plastisches Verhalten. Es ist zu vermerken, dass in diesem Fall der abgescherte Bereich eine Strke aufweisen kann, die von Zentimetern bis hin zu mehreren Metern betragen kann. In diesen Fllen spricht man eher von einer Stçrzone. Bei Verwerfungen hingegen, mssen verhltnismßig deutlich niedrigere Dehnungsbehinderungen in Verwerfungsrichtung geherrscht haben, sodass das Verformungsverhalten eher sprçd als duktil erfolgte. Bei Faltungen muss die Hauptdruckspannung zur Zeit der Entstehung der Verformungen senkrecht zur Faltungsachse gewirkt haben, whrend sie bei Verwerfungen schrg zur Trennflche gerichtet war.

404

Erich Pimentel

Bild 8. Beispiele verschiedener Kluftkçrperformen, blockig, tafelig oder plattig, sulig und ungleichmßig (Skizzen nach [8])

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

405

Bild 9. Beispiele fr geologische Stçrungen; links eine Faltung, rechts eine Verwerfung

2.3

Genitt, Tropie und Betrachtungsbereich

Als homogen werden Kçrper bezeichnet, die ber die gesamte Ausdehnung des Kçrpers ber gleichorientierte Eigenschaften verfgen. Ob ein Kçrper als homogen betrachtet werden kann, hngt von der Grçße des Betrachtungsbereichs ab. Streng genommen kann jeder Kçrper in Abhngigkeit der Grçße des betrachteten Bereichs inhomogen sein. Ein Betrachtungsbereich ist homogen, wenn in ihm Teilbereiche beliebig untereinander austauschbar sind, ohne dass sich seine Eigenschaften statistisch verndern. Im Grundbau beziehen sich diese Eigenschaften in der Regel auf das Verformungsverhalten, die Festigkeit und die hydraulische Leitfhigkeit. In Sonderfllen sind auch die thermischen Parameter wie Wrmekapazitt und -leitfhigkeit von Bedeutung. Die Grçße des Teilbereichs stellt, da beliebig austauschbar, die Grçße eines reprsentativen Elementvolumens (REV) dar. Das REV ist von der Grçße der darin enthaltenen Grundelemente abhngig, die Mineralkçrner ber Klfte und Schichtungen bis zu tektonischen Einheiten beinhalten kçnnen (Tabelle 2).

Tabelle 2. Zuordnung von Grundelement und Betrachtungsbereich [10]

Grundelement

Zuordnung –10

Kristallgitter Mineralkorn Kluftkçrper, Gerçlle, Konglomerate

Geologisch-tektonische Einheiten (Falten, Stçrungen usw.) Geologisch-tektonische Großeinheiten

10 –6

m

–1

10 – 10 m –2

0

10 – 10 m

100 – 103 m > 103 m

Betrachtungsbereich Mikro-Strukturen (Elektronen-Mikroskop) Korngefge (Mikroskop, Handstck) Aufschlussgefge, Grndungsbereiche (Kluftmuster, Untersuchungsstollen und -schchte) Geologischer Kernbereich (geologische Spezialkarten und -profile) Geologischer Kartenbereich (Generalkarten und -profile)

406

Erich Pimentel

Das REV bestimmt auch die geeignete Mindestgrçße des Prfbereichs zur Bestimmung der o. g. Eigenschaften mittels Labor- oder In-situ-Versuchen. Durch die Wahl eines kleineren Maßstabs des Prfbereichs bzw. der Prfkçrper kçnnten Heterogenitten, wie z. B. Diskontinuitten unbercksichtigt bleiben. Da diese in der Regel potenzielle Schwachzonen des Gebirges darstellen, wrde man tendenziell die Festigkeit und Steifigkeit berschtzen. Ferner ist mit einer grçßeren Streuung der Versuchsergebnisse zu rechnen. Fr praktische Zwecke hat sich die Einhaltung von Mindestabmessungen des Prfbereichs bzw. -kçrpers bewhrt, sodass seine kleinste Kantenlnge mindestens die fnffache Kantenlnge des Grundelements messen sollte. Die Ausdehnung des zu betrachtenden Bereichs im Gebirge richtet sich nach der Grçße des Bauwerks sowie nach der von potenziell aktivierten Mechanismen betroffenen Umgebung des Bauwerks. Die Abhngigkeit der Festigkeit vom betrachteten Bereich wird auch als Maßstabseffekt bezeichnet (Bild 10). Aufgrund der Komplexitt der Struktur des Gebirgsaufbaus wird fr praktische Zwecke der zu betrachtende Bereich in sogenannte Homogenbereiche unterteilt, in welchen die Beschaffenheit, aber insbesondere das Verhalten des Gebirges innerhalb festgelegter Grenzwerte liegt. Die Grenzwerte und die entsprechenden Bereiche sind projektspezifisch und bilden die Grundlage fr die Modellerstellung des Bauwerks und des Gebirges. Es ist leicht erkennbar, dass bei einer zu groben Festlegung der Grenzwerte der Einfluss einiger Grundelemente unbercksichtigt bleiben kann und somit auch einen Maßstabseffekt htte (Bild 10). Als isotrop bezglich einer bestimmten Eigenschaft wird ein Material bezeichnet, bei dem diese Eigenschaft berall im Betrachtungsbereich richtungsunabhngig ist. Daher ist die Isotropie wie auch die Homogenitt ein relativer Begriff, der vom Betrachtungsbereich und der betrachteten Eigenschaft abhngt. Im Umkehrschluss bezeichnet man ein Material mit einem richtungsabhngigen Materialverhalten als anisotrop. Gesteine, die eine gerichtete Textur aufweisen, d. h. mit einer bevorzugten Ausrichtung der Kristalle oder Partikel, zeigen ein anisotropes Verhalten insbesondere bezglich der Festigkeit. Da diese Anisotropie eng mit der Gesteinsgenese verbunden ist, wird sie auch assoziierte Anisotropie bezeichnet. Diskontinuitten kçnnen ein anisotropes Verhalten nicht nur bezg-

Bild 10. Maßstabseffekt (nach Janelid [9])

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

407

Bild 11. Beispiele fr a) isotropes, b) anisotropes, c) und d) transversal-isotropes, e) orthotropes und f) isotropes Gefge

lich Festigkeit und Verformungsverhalten, sondern auch bezglich der hydraulischen Leitfhigkeit bewirken. Diese Art von Anisotropie wird je nach Entstehungsart als mechanisch oder thermisch induzierte Anisotropie bezeichnet. Besonders bei assoziierter Anisotropie ist zu erwarten, dass sich das Material auf einer Ebene isotrop verhlt, aber senkrecht dazu anders. Dieses Materialverhalten wird transversal isotrop genannt. Bei drei senkrecht zueinander verlaufenden Kluftscharen kçnnen sich quaderfçrmige Kluftkçrper ausbilden. Die Richtungsabhngigkeit des Materialverhaltens wird durch die drei orthogonal zueinander stehenden Kluftrichtungen bestimmt. In diesem Fall spricht man von orthotropem Verhalten (Bild 11). Die transversale Isotropie und die Orthotropie stellen Sonderflle der Anisotropie dar, wobei die zu bercksichtigenden Richtungen von der Orientierung der Grundelemente vorgegeben werden.

2.4

Bruch- und Verformungsverhalten

Die Kohsion verleiht dem Fels ein deutlich anderes Verformungs- und Bruchverhalten als dem Boden. Das System Kohsion und Gesteinspartikel ermçglicht die Speicherung einer wesentlich hçheren Verformungsenergie, wodurch es sich elastisch verhalten kann. Defekte in der Struktur sowie unterschiedliches Verformungsverhalten der einzelnen Partikel kçnnen ab einer bestimmten mechanischen Belastung lokal zu hohen Spannungen und damit zu einer Materialschdigung fhren. Das heißt, solange diese Last keine im mikroskopischen Bereich unvertrglichen Verformungen verursacht, gilt das Material als intakt und es behlt seine ursprngliche Elastizitt und Festigkeit auch nach Entlastungen und Wiederbelastungen, sofern die Temperatur, die durch die Belastungsarbeit erzeugt wird, in angemessener Zeit vom System abtransportiert werden kann. Diese Grenzlast wird auch Proportionalittsgrenze genannt. Eine Beanspruchung oberhalb dieser Grenzlast fhrt zu bleibenden Schden und verursacht eine Vernderung der Steifigkeit und der Festigkeit. Im mikroskopischen Bereich kommt es

408

Erich Pimentel

Bild 12. Grundlegende Rissçffnungsarten (nach Irwin)

zunchst zu einigen lokalen Unterbrechungen des Systems (Lokalisierung), d. h. zu Risskeimen, die sich weiter zu Mikrorissen ausbilden kçnnen. Infolge weiterer Belastung kommt es ab einer gewissen kritischen Lnge der Mikrorisse zum Zusammenwachsen von Mikrorissen, die zur Bildung von Makrorissen fhren, auch einfach Risse oder Trennflchen genannt. Da die Schdigung bzw. der Festigkeitsverlust entlang des Risses erheblich ist, kommt es letztendlich zum Bruch bzw. Versagen. Die Belastungsart beeinflusst die Form des Bruchversagens. In der linear-elastischen Bruchmechanik wird je nach lokaler Belastungsart, zwischen drei Rissçffnungsarten unterschieden (Bild 12) und zwar zwischen der Zugbeanspruchung (Fall I) und der Scherbeanspruchung (Fall II und III). Bei einer Zugbeanspruchung entwickelt sich der Riss senkrecht zur Beanspruchung mit einer Trennung des Materials, d. h. es besteht kein Kontakt mehr. Bei der Scherbeanspruchung unterscheidet man zwischen dem ebenen (Fall II) und dem nicht ebenen Schubspannungszustand (Fall III). Im Fall II und III verlaufen die Rissçffnungen parallel bzw. senkrecht zur Schubbeanspruchung. In beiden Fllen gleiten die Rissoberflchen aufeinander, d. h. die Reibung zwischen diesen Oberflchen wird mobilisiert. Die ersten zwei Flle sind charakteristisch fr die Bildung von Diskontinuitten im Fels. Der dritte Fall ist eher charakteristisch fr Torsionsbelastung. Die aufgelisteten Merkmale zur Rissçffnung sind fr homogene Materialien gltig, wobei die Spannungszustnde als lokal zu betrachten sind. Fels kann sich, in Abhngigkeit des Gesteins und des Spannungszustandes, sprçd verhalten. Die beobachteten sprçden Bruchformen in Fels wiederum kçnnen in Trennbruch, Scherbruch und Mischbruch (Bild 13 a-c) unterteilt werden. Beim Trennbruch entspricht der lokale Spannungszustand dem globalen, d. h. der Bruch entsteht nur durch eine Zugbelastung. Beim Scherbruch kann sich der lokale Schubspannungszustand durch direkte Scherung, d. h. durch Tangential- und Normalkrfte

Bild 13. Schema eines a) Trennbruchs, b) Scherbruchs, c) Mischbruchs, d) plastischen Bruchs

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

409

oder durch Druckspannungen einstellen. Der erste Fall tritt z. B. bei einem direkten Scherversuch auf. Im zweiten Fall muss das Erreichen einer kritischen Schubspannung fr das Bruchversagen ausschlaggebend sein. Die Richtung der Bruchoberflche wird somit durch die Richtung der lokalen kritischen Schubspannung bestimmt. Der Mischbruch setzt sich zusammen aus Bereichen mit Scherbrchen, zwischen denen sich aus kinematischen Grnden Trennbrche bilden mssen, d. h. whrend der Scherrissbildung findet eine lokale Spannungsumlagerung zwischen zwei benachbarten Rissen statt, die zu einer Zugbeanspruchung fhrt. Alle Sprçdscherbrche sind mit einer Volumenzunahme, Dilatanz, verbunden, die zurckzufhren ist auf ein Aufgleiten entlang der Rauigkeit der Rissoberflche. Die beschriebenen sprçden Bruchformen wurden bei einaxialer Belastung oder bei dreiaxialer Druckbelastung mit verhltnismßig niedriger bis kleinster Hauptspannung beobachtet. In diesen Fllen wird die von der Kohsion und den Partikeln aufgenommene Verformungsenergie nahezu schlagartig freigesetzt, begleitet von der Bildung eines oder mehrerer durchgehender Risse bzw. Trennflchen. Aus diesem Grund erleidet das Material eine deutliche Entfestigung. Mit zunehmender kleinster Hauptspannung wird die Dilatanz und damit die Rissfortpflanzung strker behindert, sodass die Verformungsenergie ber Reibung bis zur lokalen Partikelzerkleinerung allmhlich abgebaut wird. Aufgrund der Zerstçrung von Materialbrcken und ggf. Partikeln findet somit eine relative Verschiebung zwischen Partikeln und Partikelteilen statt, die urschlich ist fr nicht rckgngige, d. h. plastische, Verformungen (Bild 13 d). Der Zusammenhang zwischen Sprçdigkeit bzw. Duktilitt in Abhngigkeit des Spannungszustandes wird in Bild 14 anhand der Arbeitslinien aus Triaxialversuchen mit zwei Gesteins-

Bild 14. Ergebnisse aus Triaxialversuchen von von Krmn [11]. Die Zahlen geben den jeweiligen Seitendruck an

410

Erich Pimentel

Bild 15. Beispiele fr das Bruchverhalten von Fels; a) sprçd mit Entfestigung, b) duktil mit Entfestigung, c) duktil und ideal-plastisch, d) duktil mit Verfestigung

arten verdeutlicht. Es ist zu vermerken, dass die Bezeichnungen sprçd oder duktil relativ sind. Bei Fels spricht man von sprçdem Verhalten, falls die Dehnung bis zum Versagen weniger als 1 % betrgt. Insbesondere die Behinderung der Dilatanz fhrt zur Mobilisierung der Scherfestigkeit entlang noch nicht berbeanspruchter Materialbrcken und damit zu einer Erhçhung der Festigkeit (Verfestigung). Im Gegensatz zu stark kompressiblen Bçden verbessert sich dadurch sein Zustand im Sinne der Festigkeit bei Fels nicht, sondern im Gegenteil, er verschlechtert sich, d. h. nach einer Entlastung schwindet diese Verfestigung und die neuen Schden infolge der Be- und Entlastung fhren zu einer Minderung der Festigkeit, der Steifigkeit und zu einer induzierten Anisotropie. In Bild 15 werden skizzenhaft Beispiele fr das unterschiedliche Bruchverhalten von Fels dargestellt.

3

Stoffgesetze

3.1

Allgemeines

Stoffgesetze sind streng genommen vom Menschen formulierte mathematische Beziehungen und basieren auf Beobachtungen und theoretischen berlegungen. Sie stellen die Verknpfung zwischen Spannungen und Dehnungen bzw. Verformungen in Abhngigkeit von Zustandsgrçßen, wie Temperatur und Wassergehalt dar, d. h. sie beschreiben das Formnderungsverhalten des Materials. Die Porenzahl ist in der Bodenmechanik eine wichtige Zustandsgrçße, die fr Fels an Bedeutung verliert, da sich die Porenrume infolge Belastung weniger verndern. Fr Kluftfllungen insbesondere bei grçßerer ffnungsweite der Kluft (s. Abschn. 2.2.1) ist das Verhalten des Fllmaterials oft maßgebend fr das Verhalten des Gebirges und muss nach den Gesetzen der Bodenmechanik behandelt werden. Festigkeit ist eine Materialeigenschaft, die den Widerstand gegenber einer mechanischen oder thermischen Beanspruchung beim Erreichen eines kritischen Zustandes beschreibt. Dieser wird definiert als der Zustand, unter welchem das Material seine Fhigkeit verliert, die aufgebrachte mechanische Beanspruchung aufzunehmen. Er kann sich z. B. in Form eines sprçden Bruchs oder plastischen Fließens weiterentwickeln. Die Anstze zur Beschreibung der Festigkeit in der Felsmechanik kçnnen in „theoretische“ und „empirische“ unterteilt werden. Erstere basieren auf Hypothesen, whrend bei den empirischen Anstzen diese durch Korrelation der Versuchsergebnisse aus einer breiten Datenbasis erfolgen. Das Spannungs-Dehnungs-Verhalten von Gestein und Gebirge wird mithilfe der Elastizitts- und Plastizittstheorie beschrieben. Hierbei muss zwischen Kontinuum (Fels) und Diskontinuum

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

411

(Trennflchen) unterschieden werden. Die Viskositt von Fels ist fr den Grundbau in der Regel ohne Bedeutung. Nachfolgend werden die meist benutzten Anstze fr das Kontinuum und das Diskontinuum vorgestellt. Es wird die in der Geotechnik gngige Vorzeichenkonvention angewendet, d. h. Druckspannungen und Kompressionsdehnungen werden mit positivem Vorzeichen, Zugspannung und Extensionsdehnungen mit negativem Vorzeichen angegeben.

3.2

Elastisches Materialverhalten

Das einfachste Stoffgesetz ist das linear-elastische Stoffgesetz fr ein homogenes isotropes Kontinuum. Es basiert auf dem eindimensionalen Gesetz von Hooke s = E e zwischen der Spannung s und der Dehnung e. Hierin bedeutet E die Proportionalittskonstante; auch bezeichnet als Elastizittsmodul. Fr die mehrdimensionale Betrachtung wird eine weitere Materialkonstante herangezogen und zwar die Poissonzahl n e ¼ D1 s hierin bedeuten e und s der Dehnungs- bzw. Spannungsvektor und D–1 die Invers-Steifigkeitsmatrix. Die Erweiterung fr den allgemeinen anisotropen Fall erfordert die Bestimmung von insgesamt 21 Materialkonstanten. Im Falle einer Orthotropie kann das Materialverhalten mithilfe von neun Konstanten bestimmt werden. 2 2 3 3 e1 s1 6 6 7 7 6 6 7 7 3 6 e2 7 2 1 6 s n13 n12 1 7   6 6 7 7 E E E 1 1 6 7 6 n1 21 7 76 n23 1 6 6 7 6 7  7 E2 E2 s 6 e 3 7 6 E2 6 7 1 76 1 6 7 6  n31  n32 7 7 6 6 7 6 E3 7 E3 E3 7 6g 7¼6 6 1 7 6 t23 7 6 23 7 6 7 7 G 23 6 7 6 7 76 1 6 6 7 4 7 5 G31 6g 7 6t 7 1 6 31 7 6 31 7 6 7 7 G21 6 6 6 7 7 4g 5 4 t12 5 12

Es ist anzumerken, dass sich die Indizes auf die Richtung der Grundelemente und nicht auf die Hauptspannungsrichtungen beziehen; d. h. das gewhlte Koordinatensystem ist von der rumlichen Lage der Materialstruktur abhngig. Die transversale Isotropie zeichnet sich durch ein isotropes Materialverhalten auf einer bestimmten Ebene aus. In diesem Fall reduziert sich die Anzahl der unabhngigen Materialkonstanten auf fnf, denn es gilt E2 = E3; G13 = G12 und n31 = n21. Der Schubmodul auf der isotropen Ebene hngt nur von den Elastizittskonstanten E und n auf dieser Ebene ab G23 = E2 / 2(1 + n23). Wie oben erwhnt bençtigt man fr den isotropen Fall nur zwei Kennwerte. Die Bestimmung der Materialkonstanten erfolgt in der Regel mittels Druckversuchen im Labor (Bild 16). Die Versuchsdurchfhrung wird im Kapitel 1.3 „Eigenschaften von Boden und Fels – ihre Ermittlung im Labor“ und in [12] beschrieben. Es ist zu vermerken, dass nur wenige Gesteine ein elastisches Materialverhalten aufweisen und dieses nur bis unterhalb eines Spannungsniveaus, das als Proportionalittsgrenze (sp in Bild 16) bezeichnet wird. Da jede Belastung oberhalb dieser Proportionalittsgrenze zu Materialschden fhrt, entstehen sogenannte bleibende, d. h. plastische, Verformungen.

412

Erich Pimentel

Bild 16. Bestimmung der Verformungsparameter mittels Druckversuchen

3.3

Elastoplastisches Materialverhalten

Die Formulierung elastoplastischer Stoffgesetze erfordert zustzlich zum elastischen Gesetz eine Zerlegungsannahme der Verformungen, die Definition einer Fließgrenze oder Grenzbedingung F, einer Fließregel und eines Ver- oder Entfestigungsgesetzes. Die Verformungsrate setzt sich zusammen aus der Summe der elastischen und plastischen Anteile e_ ¼ e_ el þ e_ pl . Basierend auf einer Vielzahl von Versuchsergebnissen ist fr den Druckbereich die Anwendung der Coulomb’schen Grenzbedingung, die in der Literatur auch als Mohr-Coulomb’sche Grenzbedingung (MC-Grenzbedingung) bekannt ist, gerechtfertigt (Bild 17). Sie gehçrt zu den Spannungshypothesen und besagt, dass auf keiner Ebene n eines Kçrpers eine von der Normalspannung sn abhngige Schubspannung tn berschritten werden kann: Fðsn ; tn Þ ¼ ktn k  sn tan j  c  0 Hierin bedeuten c die Kohsion und tan j den Reibungsbeiwert, bzw. j den Winkel der inneren Reibung. In Termen der Hauptspannungen hngt sie nur von der grçßten und kleinsten Hauptspannung ab:   1 1 Fðs1 ; s3 Þ ¼ ðs1  s3 Þ  ðs1 þ s3 Þ sin j þ c cos j  0 2 2 Hier gilt: s1  s2  s3 . Die Grenzbedingung ist im Zugspannungsbereich nur definiert fr s3  c cot j. Die einaxiale Festigkeit sD errechnet sich fr s3 = 0 zu sD ¼

2c cos j 1  sin j

Die MC-Gerade kann auch in Termen der maximalen Spannung ausgedrckt werden: s1 ¼ m s3 þ sD

mit



1 þ sin j 1  sin j

413

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

Bild 17. Grenzbedingung nach Mohr-Coulomb

In Bild 17 wird die MC-Grenzbedingung im t-s-Diagramm dargestellt. Es ist leicht erkennbar, dass die kritische Ebene unter einem Winkel h ¼ ð45 þ j=2Þ verluft. Bei einem kohsionslosen Material wre unter diesem Winkel das Verhltnis zwischen Schub- und Normalspannung maximal tn =sn ¼ max und im Falle einer vorhandenen Kohsion das Verhltnis tn =ðsn þ c cot jÞ ¼ max. Demzufolge besagt diese Festigkeitshypothese nicht nur, dass das Versagen als Scherbruch stattfindet, sondern auch unter welchem Winkel es sich ausbildet. Da sich der Versagensmodus infolge einer Zugbeanspruchung in Form eines Trennbruchs statt in Form eines Scherbruchs abbildet, wie bei einer Druckbeanspruchung, ist die MCGrenzbedingung zur Beschreibung der Festigkeit im Zugspannungsbereich ungeeignet. Da sie die Zugfestigkeit berschtzen wrde, wird die Umhllende durch die tatschliche Zugfestigkeit st begrenzt (Bild 18). Die einfachste Form dies zu bercksichtigen, ist mit einer Hauptspannungshypothese, d. h. indem die Grenzbedingung zustzlich die Bedingung s3  kst k erfllen muss. Die Umhllende wird im bergangsbereich durch einen Kreis tangential zu beiden Grenzbedingungen begrenzt (Bild 18). Dies hat den Vorteil, dass ihre Differenzierbarkeit gewhrleistet bleibt: Fðsn ; tn Þ ¼ ktn k  sn tan j  c  0

sn  s n

t2n þ ½sn  s0 2 R2  0

sn  s n

wobei

s n ¼ c cos j  st ð1 þ sin jÞ

R und s0 stellen die Kreisparameter dar R¼

c cos j  st sin j 1  sin j

und

s0 ¼ st þ R ¼

c cos j  st 1  sin j

Es ist zu vermerken, dass Spannungskreise, die bis in die grau markierte Flche reichen, physikalisch nicht mçglich sind. Die Darstellung der MC-Grenzbedingung im allgemeinen

414

Erich Pimentel

Bild 18. Begrenzung der MC-Grenzbedingung durch die Zugfestigkeit

Spannungsraum bildet eine schrg verlaufende Pyramide mit ungleichmßiger hexagonaler Basis (Bild 19). Aus Symmetriegrnden verluft die Achse der Pyramide durch den Ursprung des Koordinatensystems und hat die Orientierung fs1 ; s2 ; s3 g ¼ f1; 1; 1g. Die Oberflchen der Pyramide werden in Termen der drei Invarianten des Spannungstensors beschrieben:   sin j sin j sin q pffiffiffiffi pffiffiffi J2  c cos j  0 þ cos q  Fðs1 ; s2 ; s3 Þ ¼ I1 3 3 Hierin bedeuten I1 , J2 und q die erste Spannungsinvariante, die zweite Invariante des deviatorischen Spannungstensors bzw. den Lode-Winkel. Letzterer hngt ab von J2 und von der dritten Invariante des deviatorischen Spannungstensors J3 : i 1h I1 ¼ s1 þ s2 þ s3 J02 ¼ ðs1  s2 Þ2 þðs2  s3 Þ2 þðs3  s1 Þ2 6 0 1 pffiffiffi 1 B 0 3 3 C J03 ¼ ðs1  I1 Þðs2  I1 Þðs3  I1 Þ q ¼ arcsin@J3 A 0 3= 3 2 2 J2 Die Differenzierbarkeit der Oberflche der Pyramide an den Kanten ist mathematisch nicht gegeben. Daher werden diese Bereiche entweder numerisch gerundet oder nach den Regeln von Koiter behandelt. Unter anderem um dies zu umgehen, wurde das Drucker-PragerKriterium vorgeschlagen, dessen Oberflche im Spannungsraum eine Kegelform annimmt, die in der MC-Pyramide entweder ein- oder ausgeschrieben ist. Da die Basis der Pyramide kein gleichmßiges Hexagon ist, wrde dieses Kriterium im Bereich der Kanten, d. h. bei den triaxialen Kompressions- oder Extensionsfllen, keine gute Approximation darstellen und sollte nicht verwendet werden. Mit zunehmendem mittlerem Druck kann die Grenzbedingung, d. h. die Hllkurve der mçglichen Spannungskreise, eine gekrmmte Form annehmen. Dies ist auf ein Zermalmen

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

415

Bild 19. MC-Kriterium im Spannungsraum und auf der deviatorischen Flche

des Fels infolge Zwngung zurckzufhren, wobei die Kornfestigkeit der Partikel berbeansprucht wird und so der Betrag der Reibung abnimmt. Besonders im englischsprachigen Raum hat sich die von Hoek und Brown [13] vorgeschlagene empirische Grenzbedingung etabliert:  a s3 þs s1 ¼ s3 þ sDi mb sDi Hierin bedeuten sDi die einaxiale Druckfestigkeit des intakten Fels und mb, s und a sind Materialkonstanten, die von den Verbandseigenschaften abhngen. Fr den Fall eines intakten Fels sind die Konstanten s und a vorgegeben:  0;5 s3 þ1 s1 ¼ s3 þ sDi mi sDi Mogi [14] fasst eine Vielzahl eigener und in der Literatur verçffentlichter Ergebnisse aus Triaxialversuchen zusammen. Er unterteilt sie nach deren mineralogischer Zusammensetzung in silikathaltige und karbonathaltige Gesteine (Bild 20). Die geprften silikathaltigen und karbonathaltigen Gesteine umfassen Tuffsteine ber Sandsteine bis hin zu Graniten (1 bis 11), Diorite und Quarzite (12 bis 24) bzw. Marmor (1 bis 7) Kalksteine (8 bis 14) und Dolomite (15 bis 21). Die in Klammern angegebenen Zahlen beziehen sich auf die jeweiligen Versuche, die in Bild 20 dargestellt sind. Tendenziell lsst sich eine gekrmmte Hllkurve erkennen, allerdings muss dafr ein sehr hoher Spannungsbereich bercksichtigt werden, d. h. bis s3  50 MPa. Fr praktische Zwecke lsst sich die Hllkurve im Spannungsbereich s3  25 MPa gut durch eine Gerade beschreiben. Solch ein Druck entspricht dem berlagerungsdruck etwa einer 1000 m hohen Gesteinssule. Hinzu kommt, dass die Ergebnisse aus Laborversuchen an Fels immer mit einer natrlichen Streuung behaftet sind. Dadurch relativieren sich die Vorteile einer vermutlich genaueren Hllkurve. Daher ist, zumindest fr die meisten Aufgaben des Grundbaus, die Verwendung einer MC-Grenzbedingung angemessen. Die gleiche Argumentation gilt fr einen geklfteten Fels, zumal in der Literatur keine Versuchsergebnisse vorliegen, die die umstndlichere Anwendung einer gekrmmten Hllkurve rechtfertigen (s. Abschn. 3.5.3).

416

Erich Pimentel

Bild 20. Versuchsergebnisse aus Triaxialversuchen [14]

Die Fließregel definiert die Richtung der plastischen Dehnungsrate. Falls sie normal zur Fließoberflche verluft, spricht man von einer assoziierten Fließregel. Diese wrde, infolge Verspannung, die Tragfhigkeit des Gesteins berschtzen. Daher wird eine nicht assoziierte Fließregel eingesetzt, die durch den Dilatanzwinkel y beschrieben wird. Mit dem Schervorgang, d. h. mit dem Erreichen der Grenzbedingung, erleidet das Gestein in der Regel eine Volumenzunahme aufgrund der sich durch Aufgleiten çffnenden Verzahnungen. Der Dilatanzwinkel entspricht dem Aufgleitwinkel. Es gilt 0 < y  j. Falls y ¼ j liegt eine assoziierte Fließregel vor. In der Regel wird ein Dilatanzwinkel eingesetzt, der nur etwa einen Bruchteil des Reibungswinkels betrgt, z. B. y  j=4. Der Dilatanzwinkel kann mithilfe von Triaxialversuchen unter der Erfassung der volumetrischen Dehnung erfasst werden. Das Ver- oder Entfestigungsgesetz beschreibt, wie sich die Grenzbedingung whrend des Fließens verndert. Bei Fels hngt es vom Spannungszustand ab. Betrachten wir als Beispiel den Marmor in Bild 14. Bei einaxialer Beanspruchung verhlt sich das Gestein sprçd mit einer deutlichen Entfestigung nach dem Erreichen der Grenzbedingung. Bei einem Seitendruck von s3 ¼ 67 MPa zeigt das Material ein duktiles und plastisches Verhalten ohne Entoder Verfestigung. Schließlich ist fr hçhere zunehmende Seitendrcke eine ebenfalls zunehmende Verfestigung erkennbar, Letztere allerdings fr Spannungsbereiche deutlich oberhalb der blichen Fragestellungen im Grundbau. Die obigen Gleichungen und Stoffbeziehungen sind fr absolute Spannungen angegeben. Sie sind auch bei Vorhandensein von Wasser gltig. Da bei den meisten intakten Gesteinen kein zusammenhngendes Porensystem vorhanden ist, wird Porenwasser keinen Einfluss auf das Materialverhalten haben. Eine Ausnahme bildet Gestein mit hoher Porositt, bei dem das aus

417

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

der Bodenmechanik bekannte Konzept der effektiven Spannungen s0ij angewendet werden soll, d. h. s0ij ¼ sij  ud ij , wobei u den Porenwasserdruck und d ij das Kronecker-Symbol bedeuten. Das oben beschriebene Materialverhalten bezieht sich auf intaktes Gestein. In Tabelle 12 des Kapitels 1.3 wird die typische Bandbreite der festigkeitsmechanischen Parameter einiger Gesteinsarten zusammengefasst. Fr Gesteine mit Schdigungen infolge Verwitterung und sonstigen Beanspruchungen kçnnen diese Werte stark davon abweichen, insbesondere betreffend der Kohsion bzw. der einaxialen Druckfestigkeit. Aufgrund der o. g. Bandbreite und dem a priori nicht quantifizierbaren Schdigungsgrad des Gesteins, kçnnen diese Materialparameter nicht geschtzt werden. Sie sollen mittels Triaxialdruckversuchen – evtl. ergnzt durch Einaxialversuche – bestimmt werden. Die Zugfestigkeit kann mit indirektem Zugversuch, auch Brazil-Test genannt, ermittelt werden. Fr eine erste Schtzung kann angenommen werden, dass sie etwa 10 % der einaxialen Druckfestigkeit betrgt. Die Durchfhrung dieser Versuche wird im Kapitel 1.3 und in [15] und [16] beschrieben.

3.4

Viskoplastisches Materialverhalten

Die Viskositt ist eine Bezeichnung, die aus der Fluidmechanik stammt. Sie gibt den Scherwiderstand eines Fluids an, der zu einer Schichtenbewegung fhrt. Dagegen wird i. Allg. Felsverhalten als viskos bezeichnet, falls es zeitabhngig, d. h. von der Belastungsgeschwindigkeit abhngig ist. Die Ursachen des zeitabhngigen Verhaltens von Fels liegen meist in einer thermisch aktivierten Plastizitt. So kann z. B. eine Spannungsumlagerung infolge des Brechens lokaler Materialbrcken bei zu schneller Belastung nicht vollstndig als Dissipationsvorgang stattfinden und fhrt dadurch zu einem hçheren Widerstand. Eine weitere Mçglichkeit besteht bei sehr langsamer Belastung bestimmter Gesteine, bei denen eine Kristallgitterversetzung stattfinden kann. Der erste Fall betrifft eher zementierte Gesteine, wie z. B. bei Tonstein oder Sandstein, whrend der letzte Fall die Salzgesteine betrifft. Diese kçnnen sich bei schneller Belastung auch wie Erstere Verhalten. Salzgesteine weisen ein sehr ausgeprgtes viskoses Verhalten aus. Da sie keine Rolle im Grundbau spielen, sondern im Bergbau oder bei der Nutzung unterirdischer Hohlrume, wird in diesen Gesteinsformationen auf die einschlgige Literatur verwiesen [17]. Fr praktische Zwecke, d. h. bei den Aufgaben im Grundbau blichen Temperaturen, sind magmatische und metamorphische Gesteine als nicht viskos zu betrachten. Die ersten Anstze zur Bercksichtigung eines viskosen Materialverhaltens basierten auf sogenannten rheologischen Modellen, welche sich aus Elementen wie Feder (Hook), Gleitelement (St. Venant) und Dmpfer (Newton) zusammensetzen, die in Serie bzw. parallel zusammengeschaltet werden, um das elastische, bzw. plastisch-viskose Materialverhalten abzubilden. Durch diese Anordnung wird ein ideal plastisches Material impliziert, d. h. erst beim Erreichen der Grenzbedingung findet ein viskoplastisches Fließen statt. Eine weitere Entwicklung besteht in der Verallgemeinerung des viskosen Verhaltens, d. h. ohne NewtonKçrper fr den Dmpfer. Die einfachste Annahme fr die viskoplastische Dehnungsrate ist, dass sie nur von der Spannung abhngig ist [18]: e_ ¼ e_ el þ e_ vp hfðFÞi ¼ fðFÞ hfðFÞi ¼ 0

wobei

e_ vp ¼ g hfðFÞi F>0 F0

@Q @s

mit

Hierin bedeuten F die Grenzbedingung, Q das plastische Potential, g einen temperaturabhngigen Fluidittsparameter und f die eigentliche Funktion zur Beschreibung des vis-

418

Erich Pimentel

kosen Verhaltens. Fr Letzteres gibt es eine Potenzfunktion entsprechend des in der Literatur bekannten Norton-Ansatzes:   F  F0 N fðFÞ ¼ F0 F0 bedeutet eine Referenzspannung, wie z. B. die einaxiale Druckfestigkeit und N einen Materialkennwert. Mit den Materialkennwerten kçnnen Kriechversuche ermittelt werden. Die Durchfhrung dieser Versuche wird im Kapitel 1.3 sowie in [19] beschrieben.

3.5

Trennflchen

3.5.1

Allgemeines

Trennflchen stellen Unterbrechungen des Kontinuums dar und mssen gesondert bercksichtigt werden. Sowohl das Festigkeitsverhalten als auch das Verformungsverhalten hngen von den Normal- und Scherspannungen auf der Trennflche ab. Wie bereits erwhnt stellen gefllte Trennflchen ein bodenmechanisches Problem dar, das hier nicht weiter behandelt wird. Daher beziehen sich die nachfolgenden Ausfhrungen auf ungefllte Trennflchen. 3.5.2

Festigkeitsverhalten

Analog zum Gestein hngt der Versagensmechanismus von den Belastungsrichtungen bzw. von der -art ab. Daher muss zwischen einer Zug-, Druck- oder Scherbeanspruchung unterschieden werden (Bild 21). Aufgrund der durchgehenden Trennung kçnnen Trennflchen per Definition keine Zugfestigkeit mobilisieren, d. h. st T ¼ 0. Bei potenziellen Trennflchen ist die Zugfestigkeit ebenfalls vernachlssigbar (Bild 21, links). Die Klftigkeit, definiert als Kehrwert des Kluftabstands, reduziert die Festigkeit des Gebirges. Die bertragung der Krfte im Trennflchenbereich erfolgt durch Kontaktspannungen zwischen den Rauigkeiten. Dadurch entstehen Spannungskonzentrationen, die bei großer Klftigkeit zu Neubrchen zwischen den Trennflchen fhren kçnnen (Bild 21, Mitte). Bei ausreichendem Abstand zwischen den Klften entspricht die Gebirgsdruckfestigkeit etwa der Gesteinsfestigkeit. Die Scherfestigkeit hngt von der Normalspannung und der Beschaffenheit der Oberflche der Trennflche ab (Bild 21, rechts). So kann unter konstanter Normalspannung bei einer

Bild 21. Festigkeit einer Trennflche in Abhngigkeit der Belastungsart

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

419

Bild 22. Bilineare Grenzbedingung fr Trennflchen [20]

rauen Oberflche eine Spitzenfestigkeit (Peak) (Bild 22 b) bzw. bei einer ebenen oder glatten Trennflche nur die Restfestigkeit (Bild 22 c) mobilisiert werden. Fr dieses Scherverhalten, basierend auf einer Modellvorstellung, die die Rauigkeit der Trennflche als ein Sgezahnprofil darstellt, schlug Patton [20] eine bilineare Umhllende fr die Scherfestigkeit der Trennflche vor. Demnach findet im niedrigen Spannungsbereich das Versagen infolge Schubspannung als ein reines Aufgleiten mit entsprechender Dilatanz statt (Bild 22 a). Oberhalb einer Grenznormalspannung sT ist die Behinderung der Dilatanz ausreichend, um das Aufgleiten zu verhindern. Daher muss sich aus kinematischen Grnden eine teilweise neue Trennflche bilden und zwar vorzugsweise durch das Abscheren der Rauigkeitsspitzen (Bild 22 b). Dadurch wird die Scherfestigkeit des Gesteins lokal mobilisiert, d. h. die Trennflche weist eine Scherfestigkeit mit Kohsion aus, jedoch mit niedrigerem Reibungsbeiwert als beim Aufgleiten. Diese hohe Festigkeit wird Spitzenfestigkeit (Peak) bezeichnet. Es ist zu vermerken, dass die Scherfestigkeit demnach spannungsabhngig ist. Ein weiteres Abscheren fhrt zu Kohsionsverlust und damit zu einer Entfestigung. Die Festigkeit, die noch mobilisiert werden kann, wird als Restfestigkeit (Rest) bezeichnet. Dies ist auch bei einer relativ glatten bzw. ebenen Trennflche der Fall (Bild 22 c). Die Modellvorstellung von Patton ist anschaulich, aber beinhaltet einige Vereinfachungen wie z. B., dass das Rauigkeitsmuster eine konstante Amplitude hat und periodisch verteilt ist. In der Natur weichen die Rauigkeitsmuster davon ab. Somit besteht nicht bei allen Rauigkeitsspitzen ein vollstndiger Kontakt whrend der Scherbeanspruchung, sodass der bergang zwischen Aufgleiten und Abscheren bezglich der Normalspannung oft fließend stattfindet. Dies wurde von Ladanyi und Archambault bercksichtigt, indem die Scherflche aufgeteilt wurde, und zwar durch die Anteile, in denen maßgebend ein Gleiten ð1  as Þ oder ein Abscheren ðas Þ stattfindet. Diese Flchenanteile sind spannungsabhngig. Die entsprechende Beziehung ist empirisch abgeleitet worden (s. Abschn. 3.5.4). Saeb [21] modifizierte und vereinfachte diesen Ansatz zur Beschreibung der Spitzenfestigkeit tp zu: tp ¼ ð1  as Þsn tanðjb þ iÞ þ as tGestein ¼ ð1  as Þsn tanðjb þ iÞ þ as ðsn tanðjr Þ þ cÞ

420

Erich Pimentel

In der Literatur werden weitere Modellvorstellungen vorgeschlagen, wie z. B. von Maksimovic [22], oder Haberfield und Johnston [23]. Sie kçnnten zwar die Form der Umhllenden grundstzlich genauer wiedergeben, haben aber den Nachteil, dass die Bestimmung der erforderlichen Parameter problematisch ist und fanden daher keinen Einzug in die Praxis. Fr praktische Zwecke erfolgt die Bestimmung der Umhllenden in der Regel mittels direkter Scherversuche an Felstrennflchen im Labor oder in-situ unter Bercksichtigung des fr die Aufgabenstellung relevanten Spannungsbereichs. Je nach Fall kann sie durch eine lineare oder bilineare Grenzbedingung ausreichend genau beschrieben werden. Die Durchfhrung der Scherversuche wird im Kapitel 1.3 und in [24, 25] beschrieben. Ein rein empirischer Ansatz fr Trennflchen mit rauen Oberflchen wurde von Barton [26] vorgeschlagen und von Zhao [27] erweitert in nicht ebene oder glatte Trennflchen:    JCS t ¼ sn tan jb þ JMC  JRC  Log10 sn Hier bedeuten jb den Restreibungswinkel einer ebenen und unverwitterten Trennflche, JRC den Rauigkeitskoeffizienten (Joint Roughness Coefficient) und JCS die Druckfestigkeit des Gesteins im Trennflchenbereich (Joint Compressive Strength). Der JRC-Koeffizient wird durch optischen Vergleich der Beschaffenheit der Trennflchenoberflche mit typischen Rauigkeitsprofilen bestimmt, d. h. die Rauigkeit der gesamten Flche wird durch die Eigenschaften entlang einer ausgewhlten Linie bestimmt. Daher ist seine Bestimmung subjektiv. Der JCS-Parameter kann mittels Schmidt’schem Rckprallhammer ermittelt werden. Der Ansatz wurde von Zhao durch den Koeffizienten JMC (Joint Matching Coefficient) erweitert, der die Kontaktbedingungen zwischen den Unebenheiten der Trennflche bercksichtigt. Der JMC-Koeffizient kann Werte zwischen 0 und 1 fr keinen Kontakt bzw. vollstndigen Kontakt annehmen. Er wird durch Inaugenscheinnahme der Oberflchen festgelegt und ist daher eine weitere subjektiv bestimmte Grçße. Die implizite Zielsetzung dieses Ansatzes ist die indirekte Bestimmung der Scherfestigkeit von Trennflchen, d. h. ohne die explizite Durchfhrung von Scherversuchen bzw. nur anhand von Indexwerten mit den entsprechenden Unsicherheiten. Um die Subjektivitt bei der Beurteilung der Rauigkeit zu reduzieren, wurde verschiedentlich versucht, die morphologische Aufnahme und Auswertung der Oberflche durch Abtastung durchzufhren. Fortschritte wurden dank des Einsatzes von Photogrammetrie, optimierte Algorithmen und leistungsfhigere Rechner fr Proben im Labor erzielt. Dadurch wurde eine rumliche Aufnahme und Auswertung der Kontakteigenschaften unter Bercksichtigung der Scherrichtung mçglich. Diese Technik und ein in [28] empirisch abgeleiteter Ansatz kçnnen eine Alternative fr In-situ-Versuche sein, sofern es gelingt sie fr großmaßstbliche Versuche im Gelnde zu erweitern. 3.5.3

Anisotropes Scherverhalten

Die Trennflchen stellen, da sie ber eine geringere Festigkeit als das Gestein verfgen, potenzielle Schwachzonen dar und kçnnen je nach Raumlage und Belastung maßgebend fr das Versagen und somit fr das anisotrope Verhalten sein. In diesem Fall mssen die auf der Trennflche wirksamen Spannungen die Scherfestigkeit der Trennflche mobilisieren. Unter der Annahme einer gleichmßigen Spannungsverteilung entlang der Trennflche kçnnen fr den allgemeinen Fall (Bild 23 a) ihre Normalspannung sT und Schubspannung tT durch entsprechende Spannungstransformation in Termen der Hauptspannungen fs1 ; s2 ; s3 g und der Komponenten des Normalvektors der Trennflche fn1 ; n2 ; n3 g bestimmt werden. Unter Annahme einer MC-Grenzbedingung gilt fr ein Scherversagen entlang der Trennflche

421

1.7 Stoffgesetze und Bemessungsanstze fr Festgestein

Bild 23. Belastungsflle einer Trennflchenschar; a) allgemeiner Fall, b) Trennflchenebene pa