Angewandte Flugleistungen - Scheiderer - Springer - 1 - Auflage - Opt - GR PDF [PDF]

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Zitiervorschau

Angewandte Flugleistung

Joachim Scheiderer Lufthansa CityLine GmbH Flughafen Köln/Bonn Heinrich-Steinmann-Straße 51147 Köln [email protected]

ISBN 978-3-540-72722-4

e-ISBN 978-3-540-72724-8

DOI 10.1007/978-3-540-72724-8 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2008 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Satz: Digitale Vorlage des Autors Herstellung: le-tex publishing services oHG, Leipzig Einbandgestaltung: WMXDesign, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.com

Für meine Ehefrau Nicole und meine Töchter Julia und Nina

Geleitwort von Uwe Kirchgäßner

Ein Verkehrsflugzeug zu betreiben, es in die Luft zu bekommen, den Flug erfolgreich durchzuführen und sicher wieder zu landen, ist eine Aufgabe, deren Komplexität sich aus den unterschiedlichsten Parametern zusammensetzt. Unzählige behördliche Vorschriften müssen tagtäglich beachtet, die unterschiedlichsten Einflüsse berücksichtigt werden. Für einen sicheren und wirtschaftlichen Flugbetrieb sind all diese Faktoren von zentraler Bedeutung. Der Flugzeugführer muss das jeweilige Leistungsvermögen des Flugzeuges verstehen, seine Grenzen kennen und seinen eigenen Erfahrungsschatz bei entsprechendem Handlungsbedarf anwenden. Das Buch „Angewandte Flugleistung“ gibt dem Leser einen umfassenden Überblick über alle Teilbereiche der operationellen Flugleistung und ist auf dem deutschsprachigen Markt in seiner Form einzigartig. Es ist ein ausgezeichnetes Nachschlagewerk sicherlich nicht nur für jeden Berufspiloten sondern auch für alle anderen an der Fliegerei Interessierten. Ich wünsche Ihnen interessante Lesestunden!

Flugkapitän Uwe Kirchgäßner Flugbetriebsleiter Lufthansa CityLine GmbH

im Februar 2008

Vorwort

Obwohl Flugzeuge „potenziell gefährliche technische Systeme“ sind (Schänzer, 1997), gehören sie heute zweifelsfrei zu den sichersten Verkehrsmitteln. Ein Grund dafür sind die hohen Anforderungen an Ausfallsicherheit und Systemredundanz, aber auch weitreichende gesetzliche Vorschriften zum Leistungsvermögen. Alle Vorschriften und Anforderungen haben ein gemeinsames übergeordnetes Ziel: die Erhöhung der Flugsicherheit. Das Verständnis für die angewandte Flugleistung als Bindeglied zwischen Flugmechanik, Aerodynamik, gesetzlichen Forderungen und operativen Zwängen, ist daher sowohl für den Piloten als auch für den Ingenieur in der Luftfahrt eine wichtige Grundvoraussetzung. Das Buch wendet sich x als Fachbuch an Piloten, die ihr Wissen über Flugleistung auffrischen möchten, x als Fachbuch an Ingenieure in der Luftfahrtindustrie, die Flugleistung aus operationeller Sicht kennen lernen möchten, x als Lehrbuch an Studenten, x als Lehrbuch an Flugschüler, in Ergänzung zu ihren ATPL Unterlagen, x als Nachschlagewerk für alle in der Luftfahrt tätigen Kollegen, die mit dem Thema Flugleistung in Berührung kommen (z. B. Dispatcher). Während es sowohl in den USA als auch in Großbritannien viele hervorragende Bücher zu diesem Thema gibt, ist auf dem deutschen Markt nichts Vergleichbares zu finden. Die Motivation für diese Arbeit war daher unter anderem, ein Buch über Flugleistung in deutscher Sprache zu verfassen. Damit soll allen Interessierten die Möglichkeit zu geben, sich dieses Thema in ihrer Muttersprache zu erschließen. Dabei wird nicht der Anspruch erhoben, neue Erkenntnisse über Flugleistung darzulegen. Der Anspruch ist vielmehr, die vorhandenen Erkenntnisse über Flugleistung systematisch darzustellen und die Zusammenhänge

X

Vorwort

aufzuzeigen. Aus diesem Grund wurde besonders viel Sorgfalt auf die Erstellung der Grafiken verwendet. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die vielen Kollegen, die mir bei der Entstehung dieses Buches mit Rat und Tat zur Seite standen. Ihre Fachexpertise, ihre Anmerkungen, die Verbesserungsvorschläge und Denkanstöße haben mir maßgeblich bei der Manuskripterstellung weitergeholfen. Hierfür bin ich Ihnen sehr dankbar. Insbesondere möchte ich folgende Personen erwähnen: x x x x x x x x

Dipl.-Ing. Björn Appel, Institut für Luft- und Raumfahrt, TU Berlin Dr.-Ing. Daniel Bandow, DBS Systems Engineering GmbH Dipl.-Ing. Enrico Busse, Airbus Deutschland Prof. Dr.-Ing. Hugo Gabele, Hochschule Esslingen und Lehrbeauftragter der Hamburger Fern-Hochschule Prof. Dr. Herbert Groß, Hochschule Hof, www.air-institute.de Dipl.-Ing. Christof Kemény, Senior Trainingskapitän CRJ, Lufthansa CityLine Dr.-Ing. Stephan Kloidt, 1. Offizier CRJ, Lufthansa CityLine Steven Schechner, 1. Offizier CRJ, Tyrolean Airways

Stellvertretend für den Springer-Verlag danke ich Herrn Dr.-Ing. Boris Gebhardt, der meine Buchidee von Beginn an gefördert und unterstützt hat. Darüber hinaus bedanke ich mich bei den folgenden Unternehmen, die mich in Form von Bildmaterial und fachspezifischen Unterlagen unterstützt haben: Airbus Industries, Bombardier Aerospace, British Civil Aviation Administration, Deutsche Lufthansa AG, Lufthansa CityLine GmbH und PACE GmbH. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Familie, die gerade in der Zeit der Fertigstellung des Buchs eine große Unterstützung waren. Ihnen widme ich dieses Buch.

Joachim Scheiderer, im Februar 2008

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ................................................................................... XI Geleitwort von Uwe Kirchgässner........................................................ VII Vorwort .................................................................................................... IX Abkürzungen und Formelzeichen .......................................................XIX 1 Einführung .............................................................................................. 1 1.1 Einordnung des Fachgebiets Flugleistung in die Wissenschaft ........ 1 1.2 Das Ziel des Fachgebiets Flugleistung ............................................. 2 1.3 Flugleistung und verwandte Bereiche .............................................. 3 1.4 Einführung in die Terminologie der Luftfahrt .................................. 4 2 Gesetzliche Rahmenbedingungen .......................................................... 5 2.1 Einführung ........................................................................................ 5 2.2 International Civil Aviation Organization (ICAO) ........................... 5 2.2.1 ICAO-Anhänge.......................................................................... 6 2.2.2 ICAO Documents ...................................................................... 7 2.3 Joint Aviation Authorities (JAA)...................................................... 7 2.3.1 Flugleistungsklasse A ................................................................ 9 2.3.2 Flugleistungsklasse B und C.................................................... 10 2.4 European Aviation Safety Agency (EASA) ................................... 11 2.4.1 EASA CS 23 ............................................................................ 12 2.4.2 EASA CS 25 ............................................................................ 12 3 Einheiten in der Luftfahrt .................................................................... 13 3.1 Historischer Hintergrund zum Einheitensystem ............................. 13 3.2 SI-Basiseinheiten ............................................................................ 13 3.3 Kohärente und nicht-kohärente Einheiten ...................................... 14 3.4 Vielfache und Teile von Einheiten ................................................. 15 3.5 Nicht-SI-Einheiten .......................................................................... 15 3.6 Besondere Einheiten ....................................................................... 18

XII

Inhaltsverzeichnis

3.7 Umrechnungen zwischen Einheiten ............................................... 19 3.7.1 Temperaturumrechnungen ....................................................... 19 3.7.2 Längenumrechnungen ............................................................. 20 3.7.3 Volumenumrechnungen........................................................... 20 3.7.4 Geschwindigkeits- und Beschleunigungsumrechnungen ........ 20 3.7.5 Leistung ................................................................................... 21 3.7.6 Druck ....................................................................................... 21 3.7.7 Dichte und Wichte ................................................................... 21 4 Aerodynamische Grundlagen .............................................................. 23 4.1 Einführung ...................................................................................... 23 4.2 Grundlegende Bewegungsgesetze .................................................. 23 4.2.1 Die Axiome von Newton ......................................................... 24 4.2.2 Grundlegende Begriffe bei Bewegungsgleichungen im Fachgebiet der Flugleistung ............................................................. 25 4.3 Der Tragflügel ................................................................................ 28 4.3.1 Geometrie des Tragflügels....................................................... 28 4.3.2 Profil einer Tragflügels............................................................ 29 4.3.3 Anstellwinkel ........................................................................... 30 4.3.4 Kenngrößen eines Tragflügelprofils ........................................ 32 4.3.5 Das Polardiagramm ................................................................. 35 4.4 Auftrieb........................................................................................... 36 4.4.1 Einführung ............................................................................... 36 4.4.2 Profilströmung ......................................................................... 38 4.5 Widerstand ...................................................................................... 42 4.5.1 Einführung ............................................................................... 42 4.5.2 Nullwiderstand ........................................................................ 43 4.5.3 Auftriebsabhängiger Widerstand ............................................. 46 4.5.4 Gesamtwiderstandskurve ......................................................... 49 4.6 Strukturelle Limitierungen ............................................................. 50 4.6.1 Beanspruchungsarten ............................................................... 51 4.6.2 Lasten am Flugzeug ................................................................. 51 4.6.3 V-n Diagramm ......................................................................... 52 4.7 Limitierung durch die Geschwindigkeit ......................................... 57 5 Geschwindigkeiten ................................................................................ 61 5.1 Pitot-Static-Systeme ....................................................................... 61 5.1.1 Funktionsweise ........................................................................ 62 5.1.2 Systemfehler ............................................................................ 64 5.1.3 Messfehler ............................................................................... 65 5.2 Definitionen von Fluggeschwindigkeiten ....................................... 67 5.2.1 Indicated Airspeed (IAS) ......................................................... 67

Inhaltsverzeichnis

XIII

5.2.2 Calibrated Airspeed (CAS) ...................................................... 68 5.2.3 Equivalent Airspeed (EAS) ..................................................... 68 5.2.4 True Air Speed (TAS) ............................................................. 69 5.2.5 Machzahl ................................................................................. 69 5.2.6 Umrechnungsgleichungen ....................................................... 70 5.3 Operationelle Geschwindigkeiten ................................................... 71 5.4 Bemessungsgeschwindigkeiten ...................................................... 76 6 Strahltriebwerke ................................................................................... 77 6.1 Einführung ...................................................................................... 77 6.2 Die historische Entwicklung der Strahltriebwerke ......................... 78 6.3 Funktionsweise und allgemeine Schubgleichung ........................... 79 6.4 Schubbeeinflussende Faktoren ....................................................... 80 6.4.1 Luftdichte, Temperatur und Luftdruck .................................... 81 6.4.2 Fluggeschwindigkeit ................................................................ 81 6.4.3 Weitere Schub verringernde Faktoren ..................................... 82 6.5 Triebwerksleistungsstufen .............................................................. 82 6.5.1 Maximum Take-off Thrust ...................................................... 83 6.5.2 Go-around Thrust .................................................................... 84 6.5.3 Maximum Continous Thrust .................................................... 84 6.5.4 Maximum Climb / Cruise Thrust............................................. 85 6.6 Treibstoffverbrauch ........................................................................ 85 7 Die Atmosphäre..................................................................................... 87 7.1 Einführung ...................................................................................... 87 7.2 Die Internationale Standard Atmosphäre (ISA).............................. 87 7.3 Atmosphärische Parameter ............................................................. 90 7.3.1 Temperaturquotient ................................................................. 90 7.3.2 Luftdruckquotient .................................................................... 91 7.3.3 Luftdichtequotient ................................................................... 92 7.3.4 Einfluss von Machzahl auf atmosphärische Parameter ........... 92 7.4 Darstellung von atmosphärischen Informationen in der Praxis ...... 94 7.4.1 Operational Flight Plan ............................................................ 94 7.4.2 Significant Weather Chart ....................................................... 95 7.4.3 Lateraler Flugweg .................................................................... 97 7.4.4 Flugprofil ................................................................................. 98 7.4.5 Wetter ...................................................................................... 99 7.5 ISA Tabelle ................................................................................... 101 8 Barometrie ........................................................................................... 103 8.1 Bedeutung der Barometrie ............................................................ 103 8.2 Barometrische Höhenstufe............................................................ 104

XIV

Inhaltsverzeichnis

8.3 Druckhöhe .................................................................................... 104 8.3.1 Berechnung der Druckhöhe ................................................... 105 8.3.2 Einfluss der Luftdichte auf die Druckhöhe............................ 107 8.3.3 Einfluss der Temperatur auf die Druckhöhe.......................... 108 8.4 Dichtehöhe .................................................................................... 109 8.5 Anwendung in der Praxis ............................................................. 112 8.5.1 Berechnung der True Altitude ............................................... 112 8.5.2 Berechnung des MUFL ......................................................... 114 8.5.3 Korrektur für niedrige Temperaturen .................................... 115 9 Flughafenbetriebsflächen ................................................................... 119 9.1 Definitionen von „ausgewiesenen Strecken“................................ 119 9.1.1 Verfügbare Startabbruchstrecke ............................................ 119 9.1.2 Verfügbare Landestrecke ....................................................... 119 9.1.3 Verfügbare Startstrecke ......................................................... 120 9.1.4 Verfügbare Startrollstrecke.................................................... 120 9.1.5 Freifläche ............................................................................... 120 9.1.6 Stoppbahn .............................................................................. 121 9.1.7 Einfluss von Freifläche und Stoppbahn auf die verfügbaren Strecken .......................................................................................... 121 9.2 Minderung der Pistenlänge durch Aufrollen ................................ 124 9.2.1 90° Turn to Centerline ........................................................... 125 9.2.2 180° Turn to Centerline ......................................................... 126 9.3 Pistenoberflächentraglast .............................................................. 127 9.3.1 Einflussgrößen auf die Oberflächentraglast........................... 127 9.3.2 Darstellungsmethodik der Oberflächentraglast ..................... 129 9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen ................................... 131 9.4.1 Eigenschaften von Kontaminierung ...................................... 132 9.4.2 Definitionen für nasse und kontaminierte Pisten ................... 135 9.4.3 Einfluss von Kontaminierung ................................................ 135 9.4.4 Darstellung der Rollreibung und Bremswirkung ................... 139 9.4.5 Hydroplaning ......................................................................... 140 9.5 Pistenneigungswinkel ................................................................... 142 10 Der Start ............................................................................................ 145 10.1 Einführung .................................................................................. 145 10.2 Die Ermittlung der Startstrecke .................................................. 146 10.2.1 Kräfte am Flugzeug beim Start ............................................ 146 10.2.2 Berechnung des Startlaufs ................................................... 148 10.2.3 Berechnung der Abhebestrecke ........................................... 149 10.3 Die Limitierung des Startgewichts ............................................. 151 10.3.1 Limitierung durch das strukturelle Gewicht ........................ 151

Inhaltsverzeichnis

XV

10.3.2 Limitierung durch die Bahnlänge ........................................ 152 10.3.3 Limitierung durch die Steigleistungsforderung ................... 158 10.3.4 Limitierung durch Hindernisse ............................................ 162 10.3.5 Limitierung durch die maximale Bremsenergie .................. 167 10.3.6 Limitierung durch die maximale Reifengeschwindigkeit .... 168 10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start ........................................... 168 10.4.1 Flugzeugbedingte Einflüsse ................................................. 169 10.4.2 Startbahnbedingte Einflüsse ................................................ 173 10.4.3 Meteorologisch bedingte Einflüsse...................................... 178 10.5 Optimierter Steigflug (improved climb) ..................................... 180 10.6 Triebwerksausfall beim Start ...................................................... 182 10.6.1 Einführung ........................................................................... 182 10.6.2 Triebwerksausfall am Beispiel CRJ 200.............................. 182 10.6.3 Kurvenflug ........................................................................... 184 10.7 Der Startabbruch ......................................................................... 191 10.7.1 Einführung ........................................................................... 191 10.7.2 AFM Transition Times ........................................................ 193 10.7.3 Beeinflussende Faktoren...................................................... 196 10.8 Start mit reduziertem Schub ....................................................... 202 10.8.1 Einführung ........................................................................... 202 10.8.2 Gesetzliche Grundlagen ....................................................... 204 10.8.3 Derate Methode ................................................................... 204 10.8.4 Assumed Temperature Method (ATM) ............................... 206 10.8.5 Variable Thrust Rating (VTR) ............................................. 213 10.8.6 Umweltrelevante Vorteile durch Reduced Thrust ............... 213 10.9 Methoden der Startdatenberechnung .......................................... 214 10.9.1 Ermittlung der Startgeschwindigkeiten ............................... 214 10.9.2 Startdatenberechnung mit Runway Weight Charts .............. 217 10.9.3 Computergestützte Berechnung ........................................... 222 10.10 Start auf nassen und kontaminierten Pisten .............................. 224 10.10.1 Einfluss auf die TODR und die ASDR .............................. 224 10.10.2 Reduzierung der screen height .......................................... 225 10.10.3 Berechnung der Startdaten................................................. 225 11 Der Steigflug ...................................................................................... 227 11.1 Kräfte am Flugzeug im Steigflug ............................................... 227 11.1.1 Kräftebilanz parallel zur Flugbahn ...................................... 228 11.1.2 Kräfte senkrecht zur Flugbahn............................................. 228 11.2 Berechnung des Steigwinkels ..................................................... 228 11.3 Berechnung des Steiggradienten................................................. 229 11.4 Berechnung der Steigrate ............................................................ 230 11.5 Geschwindigkeitspolare des Steigfluges .................................... 233

XVI

Inhaltsverzeichnis

11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug ............................ 235 11.6.1 Fluggeschwindigkeit............................................................ 235 11.6.2 Gewicht................................................................................ 238 11.6.3 Flughöhe .............................................................................. 239 11.6.4 Temperatur .......................................................................... 240 11.6.5 Wind .................................................................................... 241 11.6.6 Widerstand und Schub ......................................................... 242 11.7 Steigflugverfahren im Flugbetrieb .............................................. 243 11.7.1 Steigflug mit Constant IAS/Mach ....................................... 243 11.7.2 Steigflug mit maximalem Steiggradienten .......................... 244 11.7.3 Steigflug mit maximaler Steigrate ....................................... 244 11.7.4 Wirtschaftlicher Steigflug.................................................... 244 11.8 Auswertung von Herstellerunterlagen ........................................ 245 12 Der Reiseflug ..................................................................................... 249 12.1 Einführung .................................................................................. 249 12.2 Der unbeschleunigte Horizontalflug ........................................... 250 12.2.1 Kräftebilanz am Flugzeug ................................................... 250 12.2.2 Die Schwebeschubkurve...................................................... 251 12.2.3 Die Schwebeleistungskurve ................................................. 253 12.3 Beeinflussende Faktoren............................................................. 255 12.3.1 Gewicht................................................................................ 255 12.3.2 Flughöhe .............................................................................. 258 12.3.3 Konfiguration ...................................................................... 260 12.4 Maximale Flugdauer ................................................................... 262 12.5 Reichweite .................................................................................. 264 12.5.1 Ermittlung der Reichweitengleichung ................................. 264 12.5.2 Darstellung der SAR im Flugbetrieb ................................... 267 12.5.3 Einflüsse auf die SAR ......................................................... 268 12.6 Optimum Altitude ....................................................................... 273 12.7 Stabilität der Geschwindigkeit.................................................... 280 12.8 Reiseflugverfahren...................................................................... 282 12.8.1 Maximum Range Cruise ...................................................... 282 12.8.2 Long Range Cruise .............................................................. 282 12.8.3 Constant Speed/Mach Cruise............................................... 283 12.8.4 Minimum Cost Cruise ......................................................... 284 12.9 Integrated Range and Time......................................................... 284 12.9.1 Einführung ........................................................................... 284 12.9.2 Anwendung von integrated range im Flugbetrieb ............... 287 12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall ..................................... 289 12.10.1 Einführung ......................................................................... 289 12.10.2 Gesetzliche Vorgaben ........................................................ 291

Inhaltsverzeichnis

XVII

12.10.3 Hindernisfreiheit im Reiseflug .......................................... 292 12.10.4 Anwendung und Darstellung von Driftdown-Daten .......... 298 13 Der Sinkflug ...................................................................................... 303 13.1 Kräftebilanz am Flugzeug im Sinkflug ....................................... 303 13.1.1 Kräfte parallel zur Flugbahn ................................................ 304 13.1.2 Kräfte senkrecht zur Flugbahn............................................. 305 13.2 Sinkwinkel und Sinkgradient ...................................................... 305 13.3 Geschwindigkeitspolare des Sinkfluges ..................................... 306 13.4 Einflüsse auf die Sinkflugpolare ................................................. 309 13.4.1 Einfluss der Flughöhe .......................................................... 309 13.4.2 Einfluss des Gewichts .......................................................... 311 13.4.3 Einfluss der Konfiguration .................................................. 312 13.4.4 Einfluss von Wind ............................................................... 313 13.5 Der Sinkflug im Flugbetrieb ....................................................... 315 13.5.1 Sinkflugverfahren ................................................................ 315 13.5.2 Flugbetriebliche Aspekte des Sinkflugs .............................. 317 13.5.3 Auswertung von Herstellerunterlagen ................................. 318 14 Anflug und Landung ........................................................................ 321 14.1 Einführung .................................................................................. 321 14.2 Limitierung des Landegewichts .................................................. 322 14.2.1 Limitierung durch das MLW ............................................... 322 14.2.2 Limitierung durch die Bahnlänge ........................................ 322 14.2.3 Limitierung durch Steigleistungsforderungen ..................... 328 14.2.4 Maximum Quick Turnaround Weight ................................. 331 14.2.5 Einflüsse auf die Landeflugleistung .................................... 332 14.3 Ermittlung der Landestrecke....................................................... 333 14.4 Empfehlungen ............................................................................. 338 15 Wirtschaftliches Fliegen ................................................................... 341 15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft ................................. 341 15.1.1 Einführung ........................................................................... 341 15.1.2 Begriffe des Rechnungswesens ........................................... 342 15.1.3 Betriebskosten einer Luftverkehrsgesellschaft .................... 343 15.2 Die Cost Index Idee .................................................................... 348 15.2.1 Einführung ........................................................................... 348 15.2.2 Mathematische Herleitung der Cost Index Gleichung ......... 349 15.2.3 Praktische Umsetzung ......................................................... 351 15.2.4 Grenzen der Anwendung ..................................................... 352 15.3 Das ökonomische Flugprofil....................................................... 353 15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten............................... 355

XVIII

Inhaltsverzeichnis

15.4.1 Treibstoffpreis ..................................................................... 355 15.4.2 Ermittlung der relevanten Technikkosten............................ 356 15.4.3 Ermittlung der relevanten Personalkosten ........................... 360 Glossar .................................................................................................... 361 Height, Altitude und Elevation ........................................................... 361 Bezugsgrößen ..................................................................................... 363 Höhenmessereinstellungen ................................................................. 364 Atmosphärische Bedingungen ............................................................ 365 Beladung und Schwerpunkt (Weight and Balance) ............................ 366 Triebwerke .......................................................................................... 368 Literaturverzeichnis .............................................................................. 371 Sachverzeichnis ...................................................................................... 375 

Abkürzungen und Formelzeichen

Abkürzung Einheiten a [m/s2] a [m/s] a0

[m/s]

A Aex

[m2] [m2]

A/C AEO AFM AGL AIP

[-] [ft]

ALA

Deutsche Bezeichnung Beschleunigung Schallgeschwindigkeit (der aktuellen Flughöhe) Schallgeschwindigkeit der Luft in MSL bei ISA Flügelfläche Fläche des Luftaustrittsbereichs am Triebwerk Klimaanlage alle Triebwerke operativ Flugzeughandbuch über Grund Flughandbuch Anflug- und Landeunfall

ALD ALT AMJ

[m] [ft]

aktuelle Landestrecke Höhemesser

AMSL

[ft]

APU ASD ASDA

[m] [m]

ASDR

[m]

Über mittlerem Meeresspiegel Hilfsturbine Startabbruchstrecke Verfügbare Startabbruchstrecke Benötigte Startabbruchstrecke Flugverkehrskontrolle

ATC ATIS ATM ATOW b BEW

[m] [kg]

aktuelles Startgewicht Spannweite Basis-Leergewicht

Englische Bezeichnung acceleration speed of sound in the actual altitude speed of sound in the air in MSL at ISA wing area exhaust area air conditioning all engines operating airplane flight manual above ground level aeornautical information publication approach and landing accident actual landing distance altimeter acceptable means of compliance above mean sea level auxiliary power unit accelerate stop distance accelerate stop distance available accelerate stop distance required air traffic control automatic terminal information service assumed temperature method actual take-off weight span basic empty weight

XX

Abkürzungen und Formelzeichen

BFL BRP

[m] [m]

cD cDI

[-] [-]

cDP

[-]

cL cM cp

[-] [-]

cv

ª NM º « kg ˜ K » ¬ ¼ ª NM º « kg ˜ K » ¬ ¼

[EUR] CC [EUR/kg] Cf [EUR] CF [EUR] CNO [EUR] CO [EUR/min] Ct [EUR] CT [EUR] CV CAS [kt] CAT (I, II, III) CP CG CI [kg/min] CONF1+FS CONF 2 CONF 3 CRJ CS CWY D DA DAS Daero

[N] [ft] [kt] [N]

Di Df Di DOC DOW

[N] [N] [N] [€] [$] [kg]

optimierte Startstrecke Punkt, wo die Bremsen gelöst werden. Widerstandsbeiwert induzierter Widerstandsbeiwert schädlicher Widerstandsbeiwert Auftriebsbeiwert Momentenbeiwert spezifische Wärme bei konstantem Druck

balanced field length brake release point drag coefficient induced drag coefficient parasite drag coefficient lift coefficient moment coefficient specific heat at constant pressure

spezifische Wärme bei konstantem Volumen

specific heat at constant volume

cycleabhängige Kosten Treibstoffpreis Treibstoffkosten nicht optimierbare Kosten optimierbare Kosten Zeitkosten flugzeitabhängige Kosten variable Kosten berichtigte Fluggeschw. Betriebsstufe für Anflüge bei schlechten Sichten. Druckpunkt Schwerpunkt

cycle cost fuel price cost of fuel

Startkonfigurationen beim Airbus Canadair Regional Jet (Typ 200, 700 oder 900) Zulassungsspezifikationen Freifläche Widerstand Dichtehöhe Dichte-Geschwindigkeit aerodynamischer Widerstand induzierter Widerstand Reibungswiderstand Interferenzwiderstand direkte Betriebskosten Betriebsleermasse

time cost cost of time variable cost calibrated airspeed approach categorie for low visibility operation center of pressure center of gravity cost index take-off configuration

certification specifications clearway drag density altitude density airspeed aerodynamic drag induced drag friction drag interference drag direct operating costs dry operating weight

Abkürzungen und Formelzeichen dpa EASA

[kt]

EAS ECCF EDDS EFP

[kt]

EGT ELEV EOSID

[ft]

facc F Fa Fb Fi Fn FN Fr FAA

[N] [N] [N] [N] [N] [N] [N]

FAF FAR FCOM FF FFC

[kg/min] [kg/min]

FH FL FLL FMGS

[h] [-] [kg]

FMS FP FPA fps ft g GDFP GS GW h

[-] [°] [ft/sec] [-] [m/s2] [kt] [h]

Fehler des statischen Drucks Europäische Agentur für Flugsicherheit äquivalente Fluggeschw. ICAO Code für Stuttgart Abflugverfahren nach Triebwerksausfall Abgasstrahltemperatur Höhenlage Instrumentenabflug– verfahren nach Triebwerksausfall Beschleunigungsfaktor Kraft Beschleunigungskraft Bremskraft Trägheitskraft nutzbare Schubkraft Normalkraft Reibungskraft US Lufthahrtbehörde

XXI

static error, position error European Aviation Safety Agency equivalent airspeed econ cruise cost function engine failure procedure exhaust gas temperature elevation engine out standard instrument departure

acceleration factor force acceleration force braking force inertia force net thrust net force friction force federal aviation administration final approach fix Endanflugpunkt federal aviation US Zertifizierungsrequirements anforderungen Flight Crew Operating Manual fuel flow Treibstoffdurchfluss korrigierter Treibstoffdurch- fuel flow corrected fluss Flugstunde flight hour Flugfläche flight level Pistenlängeneinschränkung field length limit flight management and guidance system flight management system flight path Flugbahn flight path angle Flugbahnwinkel foot per second Fuß pro sekunde feet Fuß Gravitationskonstante gravitational constant gross driftdown flight path ground speed Geschw. über Grund gross weight Flugzeuggewicht Stunde hour

XXII

Abkürzungen und Formelzeichen

Hi HSm HT hPa HWC IATA

(J/kg) [m] [ft] [m] [ft] [hPa] [kt]

ICAO IAS IFR INBD IOC JAA K kg KOS kt L lbs LDA LEBL LOP LR LT m ীa ীf M MAC MALW MAP MATOW MCLT MCRT MCT MDA MEL METAR

[kt] [€] [$]

Heizwert des Treibstoffs mittlere Stratosphärenhöhe Tropopausenhöhe Hecto Pascal Gegenwindkomponente Internationale LufttransportVereinigung Internationale Organisation der Zivilluftfahrt angezeigte Fluggeschw. Instrumentenflugregeln

indirekte Betriebskosten europäische Luftfahrtbehörde [K] Kelvin [kg] Kilogramm [-] Koordinatensystem [kt] Knoten [N] Auftrieb [lbs] Pfund [m] verfügbare Landestrecke ICAO-Code für Barcelona [m] Abhebepunkt [°C/1000 ft] Temperaturabnahme über Höhe Linkskurve [kg] Masse [kg/h] Luftmassendurchsatz [kg/h] Treibstoffdurchsatz [-] Mach [%] mittlere aerodynamische Flügeltiefe [kg] höchstzulässiges Landegewicht Fehlanflugpunkt [kg] höchstzulässiges Startgewicht [kg] höchstzulässiger Schub für den Steigflug [kg] höchstzulässiger Schub für den Reiseflug [kg] maximaler Dauerschub [ft] Sinkflugmindesthöhe Mindestausrüstungsliste

heat value mean height of stratosphere headwind component International Air Transport Association International Civil Aviation Organization indicated airspeed instrument flight rules inbound indirect operating costs Joint Aviation Authorities Kelvin kilogram coordinate system knots lift pounds landing distance available lift-off point temperature lapse rate left turn mass Mach mean aerodynamic chord maximum allowable landing weight missed approach point maximum allowable takeoff weight maximum climb thrust maximum cruise thrust maximum continouos thrust minimum descent altitude minimum equipment list meteorological aviation

Abkürzungen und Formelzeichen

MH MLW

[h] [kg]

MRW

[kg]

MSA MSL

[ft] [ft]

MTOW

[kg]

MUFL

[ft]

MZFW

[kg]

NAM

[NAM]

NDFP NGM

[NM]

NM OAT OEI OM-B pd pexhaust

[NM] [°C]

ps pp pt q qc PA PEM

[hPa] [hPa] [hPa] [hPa] [hPa] [ft]

PLW

[kg]

[hPa] [hPa]

PMC PTL PTOW

[kg]

R

[m]

Mannstunde höchstzulässiges strukturelles Landegewicht höchstzulässiges Rollgewicht Mindestsektorenhöhe mittleres Meeresspiegelniveau höchstzulässiges Startgewicht niedrigste nutzbare Flugfläche höchstzulässiges Leertankgewicht nautsiche Meile gegenüber der Luft

XXIII

routine weather report man hour maximum landing weight maximum ramp weight minimum sector altitude mean sea level maximum take-off weight minimum usable flightlevel maximum zero fuel weight nautical air mile

net driftdown flight path nautische Meile gegenüber nautical ground mile dem Boden nautische Meile nautical mile Außentemperatur outside air temperature ein Triebwerk ausgefallen one engine inoperative Flugbetriebshandbuch Teil B Operations Manual Part B Dynamischer Druck dynamic pressure Druck des Gasgemischs am exhaust pressure Austritt statischer Druck static pressure Pitotdruck pitot pressure Gesamtdruck total pressure kinetischer Druck kinetic pressure Auftreffdruck impact pressure pressure altitude Druckhöhe performance engineer manual performance landing höchstzulässiges weight flugleistungslimitiertes Landegewicht performance management computer PropellerTurbo Prop Engines Turbinenluftstrahltriebwerke performance take-off höchstzulässiges weight flugleistungslimitiertes Startgewicht Kurvenradius radius

XXIV R RS,Luft RFL RLD RLDA RLDwet RLDcont RLDM ROC ROD RPM RTO RWC RWY RZ S sflare SG

Abkürzungen und Formelzeichen [-] Temperatur Rankine [J/(kg·K)] spezifische Gaskonstante für Luft [m] benötigte Pistenlänge [m] benötigte Landestrecke [m] benötigte Landestrecke bei automatischer Landung [m] benötigte Landestrecke auf nasser Bahn [m] benötigte Landestrecke auf kontaminierter Bahn [m] benötigte Landestrecke bei manueller Landung [fpm] Steigrate [fpm] Sinkrate [rpm] Umdrehungen pro Minute Startabbruch [ft] [m2] [m] [m]

SAD

[NAM]

SAR

[NAM]

SAT SFC

[°C] [°F] z. B. [kg/min]

SPWR SR

[NM]

SWY ta tflare ti T T. Alt. T. Hgt. TA TR Tact

[m] [s] [m] [N] [ft] [ft] [N] [N] [K] [°C]

Piste Bezugsfläche Null Flügelfläche Strecke vom Bremsen lösen bis zum Abheben spezifische Distanz gegenüber der Luft spezifische Reichweite gegenüber der Luft statische Lufttemperatur spezifischer Treibstoffverbrauch spezifische Reichweite gegenüber dem Boden Stoppfläche Flügelspitzentiefe Flügelwurzeltiefe Schub wahre Höhe wahre Höhe über Grund verfügbarer Schub Schubbedarf aktuelle Temperatur in entsprechender Höhe

specific gas constant air required field length required landing distance required landing distance with autoland required landing distance on wet runway required landing distance on contaminated runway required landing distance at manual landing rate of climb rate of descent revolutions per minute rejected take-off runway weight chart runway reference zero wing area flare distance ground run (at take-off) specific air distance specific air range static air temperature specific fuel consumption specially prepared winter runway specific range stopway wing chord flare time root chord thrust true altitude true height thrust available thrust required actual temperature

Abkürzungen und Formelzeichen TISA

[K] [°C]

T0 TS

[K] [°C] [K] [°C]

TA TAF

[ft]

TAS (V)

[kt]

TAT TLR TOC TOC TOD TOD TODA TODR TOPAS TOR TORA TORR TOW TSFC TWC V Vin Vout VW VSI VTR W WC ZFW ZTL D D

ISA Temperature in entsprechender Höhe ISA Temperatur in MSL Temperatur in der Stratosphäre tatsächliche Flughöhe

tatsächliche Fluggeschwindigkeit [°C] [°F] Außentemperatur mit Reibungswärme [°C/1000 ft] Temperaturabnahme über Höhe [-] Ende des Steigflugs [€] [$] Gesamtbetriebskosten [-] Beginn des Sinkflugs [m] Startstrecke [m] verfügbare Startstrecke [m] benötigte Startstrecke [m] [m] [m]

Startlaufstrecke verfügbare Startlaufstrecke benötigte Startlaufstrecke Startgewicht [(kg/h)/N] schubspezifischer Treibstoffverbrauch [kt] Rückenwindkomponente [kt] (wahre) Geschwindigkeit [kt] oder Eintrittsgeschwindigkeit der [m/s] Luft am Triebwerk [kt] oder Austrittsgeschwindigkeit der [m/s] Luft am Triebwerk [kt] Windgeschwindigkeit [ft/min] Steiggeschwindigkeitsmesser variable Leistungsstufe [kg] Gewicht [kt] Windkomponente [kg] Leertankmasse ZweikreisTurbinenluftstrahltriebwerk [°] Anstellwinkel [°] Nullauftriebswinkel

XXV

ISA temperature at altitude ISA temperature in MSL true altitude terminal aerodrome forecast true airspeed total air temperature temperature lapse rate top of climb total operating costs top of descent take-off distance take-off distance available take-off distance required take-off performance advisory system take-off run take-off run available take-off run required take-off weight thrust specific fuel consumption tailwind component (true) airspeed

windspeed vertical speed indicator variable thrust rating weight wind component zero fuel weight twin-spool turbofan engine angle of attack zero lift angle

XXVI

Abkürzungen und Formelzeichen

DCLmax

[°]

Deff Dgeo Di J J

[°] [°] [°] [-] [°]

G H Kp T Tcorr  T  N / O M Z U V

[hPa] [-] [-] [-] [°] [°] [-] [-] [-] [-] [-] [kg/m3] [-]

Anstellwinkel für maximalen Auftrieb effektiver Anstellwinkel geometrischer Anstellwinkel induzierter Anstellwinkel Verwindung Flugbahnwinkel, Steigwinkel, Sinkwinkel Luftdruckquotient p/p0 Gleitzahl Vortriebswirkungsgrad Temperaturquotient T/T0 korrigierter T.-Quotient Nicklage Isentropenexponent Streckung Zuspitzung Pfeilwinkel des Flügels Winkel Dichte Luftdichtequotient U/U0

angle of attack for maximum lift effective angle of attack geometric angle of attack induced angle of attack twist flight path angle, climb angle, descent angle pressure ratio lift to drag ratio thrust efficiency temperature ratio corrected temp. ratio pitch adiabatic constant aspect ratio taper ratio sweep angle angle density density ratio

1 Einführung

1.1 Einordnung des Fachgebiets Flugleistung in die Wissenschaft Der Betrieb eines Verkehrsflugzeuges ist in der heutigen Zeit eine hochkomplexe Aufgabe und bedarf der Beachtung vieler Parameter, Vorschriften und Einflüsse. Zum Betrieb eines Flugzeuges gehört in erster Linie das direkte Führen bzw. Steuern eines Flugzeuges, das die Haupttätigkeit der Piloten darstellt. Durch die zunehmende Automatisierung und Komplexität unterlag diese Tätigkeit in der Vergangenheit zum Teil erheblichen Veränderungen. So ist das „Fliegen“ heutzutage weit mehr als das handwerkliche Steuern eines Flugzeugs. Komplexere technische Systeme generieren komplexere Störungen und verlangen eine fach- und sachgerechte Problemlösung. Das Führen eines Flugzeuges mit all seinen Eigenschaften könnte man einer sogenannten Operatorwissenschaft1 zuordnen. Das Thema Flugleistung wird bislang innerhalb der beiden Wissenschaftsdisziplinen Aerodynamik und Flugmechanik behandelt. Eine eigene Wissenschaftsdisziplin bildet die Flugleistung bislang nicht. Eshelby definiert die Flugleistung als das Vermögen eines Flugzeuges eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen (Eshelby 2005). Diese Definition im weiten Sine kann durch die Einbeziehung operativer Faktoren weiter konkretisiert werden: Im engeren Sinn ist sie das technische Leistungsvermögen eines Flugzeuges im Kontext behördlicher 1

Auf der Grundlage von Bezugsdisziplinen (Ingenieurwissenschaften, Informatik, Automatisierungstechnik, Kybernetik, Ergonomie/Anthropotechnik, Ökonomie, Psychologie u. a.) soll die Operatorwissenschaft als neue Forschungsdisziplin entstehen (Magazin der Technischen Universität Chemnitz-Zwickau, TU Spektrum 3/1995 über die Studie von Prof. Dr. Faber zur Hochschulausbildung von Piloten, http://www.tu-chemnitz.de/spektrum/95-3/7.html)

2

1 Einführung

Vorschriften unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und Flugsicherheit.

1.2 Das Ziel des Fachgebiets Flugleistung Gemäß den vorher genannten Definitionen dienen die Kenntnisse zur Flugleistung nicht nur dazu, die Leistung des Flugzeuges zu verstehen und deren Grenzen zu erkennen, sondern auch die Auswirkungen behördlicher Vorschriften auf den Flugbetrieb hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Sicherheit einschätzen zu können. Grundlegende Fragen, mit der sich die Bereiche der Flugleistung auseinandersetzen, sind unter anderem (Marchman III 1994): x Wie viel Gewicht kann das Flugzeug unter gegebenen Umständen tragen? Wie hoch kann die Zuladung (payload) sein? x Wie schnell kann das Flugzeug fliegen? x Wie hoch kann es fliegen? x Wie schnell kann es steigen? x Wie steil kann es steigen und sinken? x Wie viel Treibstoff benötigt es für eine bestimmte Strecke? Um diese und andere Fragen beantworten zu können, teilt man die Flugleistung in einzelne Segmente ein. Diese richten sich sinnvollerweise nach dem tatsächlichen Flugverlauf. x x x x x

Start (take-off) und Start-Steigflug (take-off climb) Steigflug (climb) Reiseflug (cruise) Sinkflug (descent) Anflug (approach), Landung (landing), Durchstarten (go around) und Flug zum Ausweichflughafen.

Nachdem die Segmentierung des Fluges nach Flugphasen erfolgt ist, stellt sich noch die Frage, wie die einzelnen Segmente abzugrenzen sind. Dies ist nicht trivial, denn in der Praxis gehen die einzelnen Flugphasen fließend ineinander über. Das gilt besonders für die Abgrenzung des Starts und des Steigflugs. Es wäre es naheliegend den Start enden zu lassen, sobald das Flugzeug in der Luft ist. Anbieten würde sich hier die sogenannte screen height.

1.3 Flugleistung und verwandte Bereiche

3

Diese liegt bei trockener Piste in 35 ft und bei nasser bzw. kontaminierter Piste in 15 ft über der Piste2. Der Start-Steigflug von 35 ft bis 1500 ft (Ende des 4. Segments) wäre dann Teil des Steigflugs. Aus Sicht der Flugmechanik endet der Start sobald das Flugzeug einen „sauberen“ Flugzustand (clean configuration) erreicht hat. Unter „sauber“ versteht man in diesem Zusammenhang, dass Fahrwerk und Startklappen eingefahren sind. Allerdings limitiert der Start-Steigflug den Start durch die Steigleistungsforderung und ist über die Segmentierung der Startflugbahn eng mit ihm verbunden. Somit ist eine Betrachtung des Starts vom Punkt, an dem der Startlauf beginnt (break release point), bis zum 1500-ft-Punkt sinnvoll. In diesem Buch wird der Start-Steigflug daher dem Start hinzugerechnet, da diese Anschauung der flugbetrieblichen Praxis am nähesten kommt.

1.3 Flugleistung und verwandte Bereiche Flugleistungsthemen sind eng verknüpft mit den Bereichen Flugmechanik und Flugzeugentwurf. Die Konstruktion eines Flugzeuges hat das grundlegende Ziel, Minimalanforderungen an die Flugleistung, wie sie vom Gesetzgeber gefordert wird, zu erfüllen, oder optimalerweise sogar zu übertreffen. Dabei muss zum einen die aerodynamische Effizienz aber auch unbedingt die Kosteneffizienz des zu konstruierenden Flugzeuges gewahrt werden. Das vorliegende Buch soll allerdings nicht auf die Flugleistung im Rahmen des Flugzeugentwurfs eingehen, sondern die praktische Seite der Flugleistung herausstellen, so wie sie vom Piloten im täglichen Flugbetrieb berücksichtigt und erlebt wird. Tabelle 1.1 zeigt einige Entwurfsparameter mit Bezug zu flugleistungsbedingten Parametern.

2

Genau genommen ist die screen height eine Höhe über einer Bezugsfläche namens reference zero. Dieser Ausdruck wird im Kapitel 9 genauer erklärt.

4

1 Einführung

Tabelle 1.1 Entwurfsparameter mit Flugleistungsbezug (nach Chung 2007)

1.4 Einführung in die Terminologie der Luftfahrt Wie jedes Fachgebiet, so hat auch die Luftfahrt eine ausgeprägte Fachsprache. Diese Terminologie ist zumindest in der flugbetrieblichen Praxis fast ausschließlich englischsprachig. Die Abkürzungen und Formelzeichen, sowie das Glossar sollen einen Überblick über die verwendeten Fachausdrücke und Begrifflichkeiten geben und schaffen die Grundlage für das Verständnis des Buches. Bei den Begriffen wird die „Luftfahrt-Norm“ DIN 9300, herausgegeben von der Normstelle Luftfahrt im DIN Deutsches Institut für Normung e. V. beachtet. Sie hat den Zweck, die hauptsächlichen Begriffe der Luftfahrt einzuführen und die wichtigsten Benennungen festzulegen. Darüber hinaus werden auch, soweit möglich, die Formelzeichen in der Norm angegeben. In der DIN 9300 wurden dem deutschen Text die englische und die französische Fassung der internationalen Norm ISO 1151-1, 4 gleichberechtigt zugrundegelegt. Da sich dieses Buch hauptsächlich auch durch seine Praxisnähe auszeichnen soll, werden im Weiteren neben deutschen Begriffen auch regelmäßig die englischen Begriffe aus der internationalen Norm verwendet. In diesem Buch werden für das Flugzeuggewicht und weitere Gewichtsbegriffe der Begriff Weight im Sinne der Masse verwendet. Wohl wissend, dass dies physikalisch nicht korrekt ist, hat sich dieser Begriff im Laufe der Jahre eingeprägt und dominiert nach wie vor die internationale Fachterminologie.

2 Gesetzliche Rahmenbedingungen

2.1 Einführung Um Sicherheitsrisiken im Flugbetrieb weitestgehend zu reduzieren, werden flugleistungsrelevante Themen durch eine Vielzahl von Gesetzen, Vorschriften und Empfehlungen wesentlich beeinflusst. Die Vorschriften umfassen hauptsächlich die folgenden Gebiete: x Anforderungen an die Mindestleistungsfähigkeit eines Flugzeuges: sie sind schon im Entwurfsstadium des Flugzeuges zu berücksichtigen und gelten für den Zulassungsprozess (certification). Diese Vorschriften richten sich an den Flugzeughersteller. x Notwendige Informationen und Angaben im Flughandbuch (Aircraft Flight Manual, AFM) x Betrieb des Flugzeuges in den einzelnen Flugphasen (operation): sie müssen vom Flugzeugbetreiber berücksichtigt werden. Dafür stützt sich der Betreiber auf die Angaben im Flughandbuch, auf deren Basis ein betriebseigenes Flughandbuch (Operations Manual, Part B) erstellt wird. Die für den europäischen Luftverkehr relevanten behördlichen Institutionen sind die International Civil Aviation Organization (ICAO), Joint Aviation Authorities (JAA) und die European Aviation Safety Agency (EASA) (Mensen 2003).

2.2 International Civil Aviation Organization (ICAO) Die ICAO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Als eine Art Forum des zivilen Luftverkehrs ist ihre Aufgabe die internationale Standardisierung und Entwicklung der zivilen Luftfahrt. Die Ziele umfassen die folgenden vier Hauptthemen:

6

2 Gesetzliche Rahmenbedingungen

x Sicherheit: Erhöhung der weltweiten zivilen Flugsicherheit (Safety and Security) x Umweltschutz: Minimierung der negativen Auswirkungen des weltweiten zivilen Luftverkehrs auf die Umwelt. x Kontinuität: Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen Flugbetriebs x Rechtsgrundsatz: Ausbau des Rechts, das den internationalen zivilen Luftverkehr regelt. 2.2.1 ICAO-Anhänge Um den oben genannten Zielen gerecht zu werden, hat die ICAO 18 Anhänge erlassen. Diese Anhänge (Annex) zum internationalen Luftfahrtübereinkommen ermöglichen die international einheitliche Handhabung einer Vielzahl von praktischen Aspekten des Luftverkehrs. Sie stellen den Mindeststandard an Dienstleistungen und Vorschriften für die Luftfahrt dar und können länderweise von den ICAO Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Abweichungen von den Mindeststandards sind gestattet, müssen der ICAO aber gemeldet werden. Folgende Anhänge sind veröffentlicht:1: Tabelle 2.1 ICAO Anhänge Annex 1 2 3

Deutsch Lizenzierung von Luftfahrtpersonal Luftfahrtregeln Meteorologische Dienste

4 5

Luftfahrtkarten Messeinheiten zur Verwendung in der Luft und am Boden Betrieb von Luftfahrzeugen Nationalitäts- und Registrierungskennzeichen von Luftfahrzeugen Lufttauglichkeit von Luftfahrzeugen Erleichterungen Funk Luftverkehrsdienste Suche und Rettung Luftfahrzeug-Unfall und -Vorfall-

6 7 8 9 10 11 12 13 1

Englisch Personnel Licensing Rules of the Air Meteorological Services for International Air Navigation Aeronautical Charts Units of Measurement to be Used in Air and Ground Operations Operation of Aircraft Aircraft Nationality and Registration Marks Airworthiness of Aircraft Facilitation Aeronautical Telecommunications Air Traffic Services Search and Rescue Aircraft Accident and Incident

Eine hervorragenden kurzen Überblick über die Inhalte der einzelnen Anhänge bietet eine PDF Datei auf folgender URL: http://www.icao.int/cgi/goto_m.pl?icaonet/anx/info/annexes_booklet_en.pdf

2.3 Joint Aviation Authorities (JAA)

14 15 16 17

18

Untersuchung Flugplätze Flugverkehrsinformationsdienste Umweltschutz Sicherheit: Schutz der internationalen Zivilluftfahrt vor illegalen Eingriffen Sicherer Lufttransport gefährlicher Güter

7

Investigation Aerodromes Aeronautical Information Services Environmental Protection Security - Safeguarding International Civil Aviation against Acts of Unlawful Interference The Safe Transport of Dangerous Goods by Air

Hinsichtlich flugleistungsrelevanter Themen ist besonders der Annex 6 von Interesse. 2.2.2 ICAO Documents Neben den oben beschriebenen Anhängen gibt es noch die sogenannten Documents. Die wichtigsten mit Bezug zur Flugleistung sind: Tabelle 2.2 ICAO Documents Doc Nr. 8168 4444 9137 9157

Titel PANS-OPS Procedures for Air Navigation Services – Aircraft Operation PANS-ATM Procedures for Air Navigation Services – Air Traffic Management ASM - Airport Services Manual Part 2, Pavement Service Conditions Part 6, Control of Obstacles Aerodrome Design Manual Part 1, Runways Part 3, Pavements

Von besonderer Bedeutung ist vor allem das ICAO Doc 8168. Es regelt die Konstruktion von Sicht- und Instrumentenanflugverfahren und die damit verbundenen Hindernisfreiheiten, die einen gravierenden Einfluss auf die Leistungsberechnungen haben.

2.3 Joint Aviation Authorities (JAA) Die JAA war eine Körperschaft der European Civil Aviation Conference (ECAC) und wurde zum 31.12.2006 aufgelöst. Sie repräsentierte die Kooperation der Zivilluftfahrtbehörden einer Vielzahl europäischer Staaten.

8

2 Gesetzliche Rahmenbedingungen

Die Ziele der JAA waren: x Sicherstellung eines hohen und einheitlichen Sicherheitsniveaus der Mitgliedsstaaten im Bereich der Zivilluftfahrt. x Entwicklung eines kostengünstigen Sicherheitssystems und Unterstützung bei der Entwicklung einer effizienten Luftfahrtindustrie. x Erarbeitung einheitlicher Standards für einen fairen Wettbewerb unter den Mitgliedsstaaten. x Internationale Kooperationen zur weiteren Harmonisierung von Standards und Verfahren im zivilen Luftverkehr. x Harmonisierung der Vorschriften mit den USA und der dortigen FAA. Das wichtigste flugbetriebliche Regelwerk mit Relevanz für die Flugleistung war JAR-OPS 1. Als Nachfolge der JAR-OPS 1 ratifizierte das europäische Parlament am 16.12.2006 die EU-OPS 1. Allerdings gilt für deren Wirkung eine Öffnungsklausel, so dass die EU-OPS 1 erst im Juli 2008 verbindlich in Kraft treten wird. Für die Übergangszeit vom 01.01.2007 bis zum Inkrafttreten gelten die jeweiligen nationalen Gesetze. Deutschland hat in diesem Zusammenhang die JAR-OPS 1 mit dem sogenannten „Amendement 10 (deutsch)“ als nationales Recht eingeführt. Sie enthält umfangreiche Vorschriften für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und Sachen in Flugzeugen und richtet sich direkt an den Flugzeugbetreiber und dessen Besatzungen. Die JAR-OPS 1 ist in mehrere Abschnitt (Subparts) unterteilt. Tabelle 2.3 Abschnitte der JAR-OPS 1 Abschnitt A B C D E F G H I J K L M N O P

Titel Geltungsbereich Allgemeines Luftverkehrsbetreiberzeugnis und Aufsicht über Luftfahrtunternehmen Betriebliche Verfahren Allwetterflugbetrieb Flugleistungen – Allgemein Flugleistungsklasse A Flugleistungsklasse B Flugleistungsklasse C Masse und Schwerpunktlage Instrumente und Ausrüstung Kommunikations- und Navigationsausrüstung Instandhaltung Flugbesatzung Kabinenbesatzung Handbücher, Bordbücher und Aufzeichnungen

2.3 Joint Aviation Authorities (JAA) Q R S

9

Flugzeiten, Flugdienstzeiten und Ruhezeiten Beförderung gefährlicher Güter Luftsicherheit

Um für alle Flugzeuge einer bestimmten Kategorie identische Anforderungen an das Leistungsvermögen zu stellen, wird durch die JAROPS 1 eine Klassifizierung vorgenommen. Abschnitt F regelt im § 1.470 (Anwendungsbereiche) die Einteilung der Flugzeuge in die Flugleistungsklassen A, B oder C und verpflichtet den Flugzeugbetreiber zur entsprechenden Anwendung dieser Regeln. Ausschlaggebend für die Einteilung sind das maximale Startgewicht, die Anzahl der Passagierplätze und die Art des Antriebs, so dass zusammenfassend folgende Einteilung getroffen werden kann: 2.3.1 Flugleistungsklasse A Zur Flugleistungsklasse A gehören alle mehrmotorigen Flugzeuge mit Propellerturbinenantrieb, die mehr als 9 Passagierplätze haben, oder deren maximales Abfluggewicht 5.700 kg überschreitet. Darüber hinaus gehören auch alle mehrmotorigen Flugzeuge mit Turbinenstrahlantrieb in diese Leistungsklasse. Flugzeuge in dieser Klasse müssen die höchsten Anforderungen erfüllen. So darf beispielsweise ein Triebwerksausfall bei Flugzeugen dieser Kategorie nicht automatisch zu einer Notlandung führen. Ferner muss das Flugzeug auch auf kontaminierten Pisten (Schnee, Matsch) sicher betrieben werden können. Die flugleistungsrelevanten Vorschriften dieser Flugleistungsklasse finden sich im Subpart G und dessen Anhang. Tabelle 2.4 JAR-OPS 1, Subpart G Paragraph 1.485 1.490 1.495 1.500 1.505 1.510 1.515 1.520

Titel Allgemeines Start Hindernisfreiheit beim Start Reiseflug Berücksichtigung des Ausfalls eines Triebwerks Reiseflug Berücksichtigung des Ausfalls von zwei Triebwerken bei Flugzeugen mit mehr als zwei Triebwerken Landung - Bestimmungs- und Ausweichflugplätze Landung - Trockene Pisten Landung - Nasse und kontaminierte Pisten

10

2 Gesetzliche Rahmenbedingungen

Tabelle 2.5 Anhänge zum Subpart G Anhänge Titel Anhang 1 zu JAR-OPS 1.495 (c) (3) Genehmigung größerer Querneigungen im Kurvenflug Anhang 1 zu JAR-OPS 1.515 (a) (3) Steilanflugverfahren Anhang 1 zu JAR-OPS 1.515 (a) (4) Kurzlandeverfahren Anhang 2 zu JAR-OPS 1.515 (a) (4) Flugplatzeigenschaften für Kurzlandeverfahren

2.3.2 Flugleistungsklasse B und C Zur Flugleistungsklasse B gehören alle Propellerflugzeuge bis zu einem maximalen Startgewicht von 5.700 kg und maximal 9 Passagierplätzen. Im Anhang 1 zu JAR-OPS 1.525 (b) werden bestimmte Mindeststeigleistungen für mehrmotorige Flugzeug gefordert. Können diese nicht erfüllt werden, ist auch ein mehrmotoriges Flugzeug als „einmotorig“ einzustufen. Eine weitere Besonderheit ist, dass ein Triebwerksausfall bis zu einer Höhe von 300 ft AGL in dieser Flugzeugklasse nicht berücksichtigt werden muss (IEM OPS 1.535 §1). Zur Flugleistungsklasse C gehören alle Propellerflugzeuge mit Kolbenmotor und mehr als 9 Passagierplätzen oder einem maximalen Startgewicht von mehr als 5.700 kg. Flugzeuge dieser Klasse können, wie auch die Flugzeuge der A-Klasse, auf kontaminierten Pisten operieren und einen Triebwerksausfall sicher überstehen. Auf die Anforderungen der Flugleistungsklassen B und C werden in diesem Buch nicht weiter eingegangen. Folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über die Einteilung der Flugleistungsklassen und ihre Zuordnung zu den Vorschriften der JAROPS 1. Tabelle 2.6 Übersicht über die Einteilung

2.4 European Aviation Safety Agency (EASA)

11

2.4 European Aviation Safety Agency (EASA) Seit November 2004 übernimmt die „Europäische Agentur für Flugsicherheit“, wie die EASA auf Deutsch heißt, wesentliche legislative Aufgaben der nationalen Luftfahrtbehörden im Bereich der Musterzulassung und Musterbetreuung von Luftfahrtgeräten. Die exekutiven Aufgaben verbleiben bei den nationalen Luftfahrtbehörden. In Deutschland ist dies das Luftfahrt-Bundesamt (LBA). Darüber hinaus kommt ihr die Aufgabe zu, einheitliche technische Spezifikationen und Entwürfe für Luftfahrtvorschriften zu erarbeiten sowie deren Anwendung durch die nationalen Behörden zu standardisieren. Im Rahmen dieser Aufgabe veröffentlicht die EASA die gültigen Lufttüchtigkeitsforderungen als sogenannte Certification Specifications (CS), welche unter anderem die Mindestanforderungen an die Flugleistung eines Flugzeuges enthalten. Die Vorschriften der EASA CS richten sich zum Großteil direkt an den Flugzeughersteller. Zukünftig soll die EASA auch für die Bereiche „Operations und Licencing“ zuständig sein. Bis zur Aufnahme der Arbeit der EASA in 2004 waren die CS bekannt unter den von der JAA herausgegebenen Joint Aviation Requirements (JAR). Diese sind den Vorschriften der US-amerikanischen Federal Aviation Administration (FAA) veröffentlichten Federal Aviation Requirements (FAR) äquivalent. Die Lufttüchtigkeitsforderungen der einzelnen Flugzeugkategorien sehen eine Teilung entsprechend der, ihnen zugeordneten maximal zulässigen Lastfaktoren [n] vor. Nach diesem Grundsatz ergibt sich folgende Einteilung: x Normal category: Mit Flugzeugen, die in dieser Kategorie zugelassen sind, darf kein Kunstflug betrieben werden. Hierunter fallen allerdings nicht Manöver wie Stalls und z. B. Lazy Eights mit Querlagen bis zu 60°. x Utility category: Diese Klasse erweitert die oben erwähnte um Trudelmanöver (Spins) und Manöver mit Querlagen zwischen 60° und 90°. x Aerobatic category: Hier existieren keine Restriktionen. Allerdings sind die Vorgaben des Flughandbuchs zu beachten (z. B. max G-Loads). x Commuter category: wie Normal Category (EASA CS 23) x Transport category: wie Normal Category (EASA CS 25)

12

2 Gesetzliche Rahmenbedingungen

2.4.1 EASA CS 23 Die Lufttüchtigkeitsvorschriften der CS 23 gelten für Flugzeuge mit einem MTOW von maximal 5.670 kg (12.500 lbs) und maximal 9 Passagiersitzen (sog. Normal, utility and aerobatic category). Darüber hinaus gelten sie auch für propellergetriebene zweimotorige Flugzeuge mit einem MTOW von maximal 8.618 kg (19.000 lbs) und maximal 19 Passagiersitzen (sog. Commuter Category). 2.4.2 EASA CS 25 Die Lufttüchtigkeitsvorschriften der CS 25 gelten für große turbinengetriebene Flugzeuge der sogenannten transport category. Sie enthalten im Subpart B Flight das Kapitel Performance mit den folgenden Inhalten: Tabelle 2.7 EASA CS 25, Subpart B Paragraph CS 25.101 CS 25.103 CS 25.105 CS 25.107 CS 25.109 CS 25.111 CS 25.113 CS 25.115 CS 25.117 CS 25.119 CS 25.121 CS 25.123 CS 25.125

Titel General Stall speed Take-off Take-off speeds Accelerate-stop distance Take-off path Take-off distance and take-off run Take-off flight path Climb: general Landing climb: all-engines-operating Climb: one-engine-inoperative En-route flight paths Landing

Das vorliegende Buch befasst sich unter anderem mit diesen Vorschriften.

3 Einheiten in der Luftfahrt

3.1 Historischer Hintergrund zum Einheitensystem Der Abkürzung SI leitet sich ab von „Système International d’Unités“. In der Regel wird lediglich der Ausdruck „SI“ verwendet. Das SI-System ging ursprünglich aus dem System für Längen und Massen (Meter und Kilogramm) hervor. Dies wurde durch Mitglieder der Pariser Akademie der Wissenschaften entwickelt und von der französischen Nationalversammlung 1795 angenommen. Diese versprach sich hierdurch Vorteile für Industrie und Handel. Physiker und andere Wissenschaftler erkannten schnell den hohen Nutzen dieses neuen und einheitlichen „metrischen Systems“. So kam es zur zügigen Verbreitung in wissenschaftlichen Kreisen. Das Internationale Einheitensystem wurde von der General Conference of Weights and Measures (CGPM) entwickelt und wird auch heute noch durch diese Institution gepflegt. In Deutschland gelten für die Zivilluftfahrt die Regeln des ICAO Annex 5 „units of measurement“. Das Einheitensystem besteht grundsätzlich aus x SI-Einheiten x Nicht-SI-Einheiten x Besonderen Einheiten Nicht SI-Einheiten sollen nur ergänzend angewendet werden.

3.2 SI-Basiseinheiten Das SI-System besteht aus folgenden Basiseinheiten:

14

3 Einheiten in der Luftfahrt

Tabelle 3.1 SI-Basiseinheiten Basisgröße Länge Masse Zeit elektrische Stromstärke Temperaturt Lichtstärke Stoffmenge

Zeichen l m t I T IV n

Basiseinheit Meter Kilogramm Sekunde Ampere Kelvin Candela Mol

Zeichen m kg s A K cd mol

Nach Inkrafttreten der neuen SI-Einheiten war die Verwendung bis dahin gebräuchlicher und auch häufig traditioneller Einheiten verboten. Tabelle 3.2 Verbotene Einheiten Einheit at ata atü cbm ccm Fuß Grad Fahrenheit kcal Kilogramm bzw. Tonne (als Gewichtsangabe) Kilopond Meile Mikron Pferdestärke Pfund Quadratmeter Quadratkilometer Zentner Zoll

Bedeutung technische Atmosphäre absolute Atmosphäre Atmosphäre Überdruck Kubikmeter (jetzt m3) Kubikzentimeter (jetzt cm3) ft °F Kilokalorie jetzt Newton als Gewichtskraft kp M My (ein Millionstel) PS lbs (453,6 g) qm qkm 50 kg inch (2,54 cm)

3.3 Kohärente und nicht-kohärente Einheiten Die in Tabelle 3.1 aufgeführten Einheiten und alle aus ihnen mit dem Faktor 1 abgeleiteten Einheiten nennt man SI-Einheiten. Sie bilden ein System kohärenter Einheiten. Solche abgeleiteten Einheiten können auch besondere Namen und ein ebenso besonderes Einheitenzeichen tragen. Eine entsprechend abgeleitete

3.5 Nicht-SI-Einheiten

15

Einheit wäre beispielsweise die Einheit Newton als Krafteinheit mit dem Zeichen N. Darüber hinaus können SI-Einheiten auch Produkte oder Quotienten von Basiseinheiten sein. Ein Beispiel wäre hier die Einheit Joule als Produkt aus Kraft und Weg bzw. aus Leistung und Zeit (1 J = 1 NM bzw. 1 Ws). Wird eine Einheit mit einem anderen Fakor als 1 von einer SI-Basiseinheit abgeleitet, ist sie keine SI-Einheit. Als Beispiel sei hier die nautische Seemeile mit dem Einheitenzeichen NM genannt. Die NM entspricht 1,852 km.

3.4 Vielfache und Teile von Einheiten Vielfaches oder Teile von SI-Einheiten werden oft in Zehnerpotenzen angegeben. Tabelle 3.3 Zehnerpotenzen zur Beschreibung von Größenordnungen Zehnerpotenz 1012 109 106 103 102 10 10-1 10-2 10-3 10-6 10-9 10-12 10-15 10-18

1000000000000 1000000000 1000000 1000 100 10 0,1 0,01 0,001 0,000001 0,000000001 0,000000000001 0,000000000000001 0,000000000000000001

Vorsatz Tera Giga Mega Kilo Hekto Deka Dezi Zenti Milli Mikro Nano Piko Femto Atto

Vorsatzzeichen T Billion G Milliarde M Million k Tausend h Hundert da Zehn d Zehntel c Hunderstel m Tausendstel Millionstel P n Milliardstel p Billionstel f Billiardstel a Trillionstel

3.5 Nicht-SI-Einheiten Neben den Basiseinheiten existieren noch sogenannte Nicht-SI-Einheiten. Diese gehen aber grundsätzlich aus Basiseinheiten hervor. Die folgende Tabelle zeigt solche Nicht-SI-Einheiten.

16

3 Einheiten in der Luftfahrt

Tabelle 3.4 Einheitenliste mit SI- und Nicht-SI Einheiten Größe Volumen

SI-Einheit Name Kubikmeter

Masse

Kilogramm

Dichte

Kilogramm durch Kubikmeter Sekunde

Zeit

Drehzahl

Nicht-SI Einheiten Beziehung Zeichen Name Zeichen m3 Liter l 1l= 1 dm3 kg Gramm, g 1g= Slugs1 10-3 kg kg/m3 s

1/s

Minute Stunde Tag Jahr -

min h d a -

-

reziproke Sekunde Geschwindigkeit Meter durch Sekunde Kraft Newton2

m/s

-

-

-

N

-

-

Impuls

Newtonsekunde

1 Ns

-

-

Druck

Newton durch Quadratmeter Pascal

N/m2 Pa

Bar, psi

bar, psi

Energie, Arbeit, Wärmeenergie

Joule

J

Kilowatt- kWh stunde

Leistung

Watt3

W

horsepower

PS

Moment einer Kraft

Newtonmeter

Nm

-

-

1N= 1 kg m/s2 1 Ns = 1 kg m/s 1 Pa = 1 N/m2 1 bar = 105 Pa 1J= 1 Nm = 1 Ws = 1 kg m2/s2 1W= 1 m2kg/s-3 = 1 Js-1 1 Nm = 1J= 1 Ws

Die Einheit slug kommt aus dem englischen System und findet sich häufig in englischer und amerikanischer Fachliteratur wieder. Es ist die Masse, die sich ergibt, wenn eine auf sie wirkende Kraft von 1 lb eine Beschleunigung von 1 ft/s2 ergibt. 1 slug entspricht 14,5939 kg. 2 Ein Newton ist definiert als die erforderliche Kraft, um eine Masse von 1 kg um 1 m/s2 zu beschleunigen. Die frühere Einheit Kilopond ist nicht mehr geläufig. Um ältere Kilopond-Werte in Newton umzurechnen, wird der Faktor 0,102 verwendet. (1 N = 0,102 kp). 3 Die SI-Einheit Watt gilt auch gleichzeitig für den Wärme- und Energiestrom. 1

3.6 Besondere Einheiten Temperatur Kelvin Entropie Wärme- Joule/Kelvin kapazität Spezifische Wärmekapazität IsentropenKappa exponent5

17

K J/K

° Celsius4 °C -

-

cp cv N

-

-

NM/(kg·K)

-

-

-

Neben den Nicht-SI Einheiten existieren gemäß ICAO drei weitere NichtSI Einheiten, die zur zeitweiligen Nutzung in Verbindung mit SI Einheiten geduldet sind. Tabelle 3.5 Temporär genehmigte Nicht-SI Einheiten Größe Distanz (horizontal)

Einheit

Symbol

Nautische Meile NM (Seemeile) Nautical Mile Fuss Distanz6 ft (vertikal) foot / feet Geschwindigkeit Knoten kt knot

Definition (auf Basis von SIEinheiten) 1 NM = 1852 m 1 ft = 0,3048 m 1 kt = 1 NM/h = 0,514444 m/s

Die Umrechnung in °C erfolgt durch das Subtrahieren von 273,15 vom KelvinWert (°C = K – 273,15) 5 N ist das Verhältnis der spezifischen Wärmen c und c . Für Lufttemperaturen p v von 50 K bis ca. 350 K kann ein Wert von 1,4 als hinreichend genau betrachtet werden. 6 altitude, elevation, heigt, vertical speed 4

18

3 Einheiten in der Luftfahrt

3.6 Besondere Einheiten Die Anwendung von bestimmten Einheiten zur Messung bzw. Darstellung luftfahrtspezifischer Eigenheiten, zeigt die folgende Tabelle 3.6 Tabelle 3.6 Allgemeine Anwendung luftfahrtspezifischer Einheiten7 Deutsche Bezeichnung Höhe Fläche

Englische Bezeichnung Primäre Einheit altitude area

m m2

horizontale Distanz Höhe Ausdauer Höhe Breite

distance elevation endurance height latitude

Länge Bahnlänge Bahnsichtweite Tankkapazität Sichtweite Luftdichte Luftdruck Höhenmessereinstellung atmosphärischer Druck Schub spezifischer Treibstoffverbrauch

longitude runway length runway visual range tank capacity visibility air density air pressure altimeter setting

km m h und min m ° ’ ’’ (Grad, Bogenminute, Bogensekunde) ° ’ ’’ m m l (liter) km kg/m3 kPa hPa

7

Alternative Einheit ft sqaure inch square foot NM ft ft kg inch Hg inch Hg

atmospheric pressure hPa

-

thrust (thrust) specific fuel consumption

kP -

kN kg/(kWh) (prop) kg/(kNh) (jet)

Auszug aus dem ICAO Annex 5 „Units of Measurement“

3.7 Umrechnungen zwischen Einheiten

19

3.7 Umrechnungen zwischen Einheiten Häufig muss innerhalb verschiedener Einheiten umgerechnet werden. Die nachfolgende Tabelle zeigt nochmals in einer Übersicht die unterschiedlichen Einheiten innerhalb der einzelnen Systeme. Danach folgen die Umrechnungsgleichungen der wichtigsten Einheiten. Tabelle 3.7 Einheiten innerhalb der Systeme Metrisches System °C

Englisches System °F

Aeronautisches System Temperatur Grundsätzliche Verwendung beider Dimensionen. Häufig aber K. Längen m, km statute mile, feet nautical mile, feet liter, US gallons, Volumen Liter, US gallons, Kubikmeter imperial gallons, imperial gallons ft3, inches3 Geschwindigkeiten km/h, m/s miles per hour knots (NM/h), (mph), feet per min (fpm), feet per second Mach (fps) kt/s2, g, ft/s Beschleunigung meter pro s2, g ft/s2, g Leistung Watt (NM/s) foot-pounds per second, horsepower Druck Pascal (N/m2), lbs/ft2, lbs/inch2 atmospheres, hPa (milli(psi). bars), inches of Mercury, bar millimeters of Mercury, lbs/inch2 (psi). 3 3 slugs/ft kg/l, kg/m3, lbs/gallon, Dichte kg/m lbs/ft3

3.7.1 Temperaturumrechnungen Fahrenheit in Celsius

T >qC @ T >q F @  32 Celsius in Fahrenheit

5 9

(3.1)

20

3 Einheiten in der Luftfahrt

9· § T >q F @ ¨ T >qC @ ¸  32 5¹ ©

(3.2)

Celsius in Kelvin (relativ in absolut, metrisches System)

T >q K @ T >qC @  273,15

(3.3)

Fahrenheit in Rankine (relativ in absolut, englisches System)

T >q R @ T >q F @  459,67

(3.4)

Kelvin in Rankine T >q R @

T >q K @ u 9 5

(3.5)

3.7.2 Längenumrechnungen

x x x x

Inches = centimeter/2,54 Meter = feet/3,28084 Feet = meter·3,28084 Nautische Meile = ft/6076,1 = st. Mile/1,1508 = meter/1852

3.7.3 Volumenumrechnungen

x x x x

Kubikmeter = cubic feet/35,3147 US gallons = liter/3,7854 Imperial gallons = US gallons/1,2009 Imperial gallons = liter/4,54588686

3.7.4 Geschwindigkeits- und Beschleunigungsumrechnungen

x x x x x x x

kt = mph/1,1508 kt = kmh/1,8520 kt = fps/1,6878 m/s = kt/1,944 ft/min = 0,00508 m/s ft/sec = 0,3048 m/s Beschleunigung [m/ s2] = [ft/s2]/3,28084

3.7 Umrechnungen zwischen Einheiten

21

3.7.5 Leistung

Unter Leistung versteht man im physikalischen Sinn die Kraft multipliziert mit der Geschwindigkeit. Daraus ergibt sich die Gleichung:

P

F ˜V

(3.6)

Für die Geschwindigkeit V kann man auch die mathematische Ableitung der Strecke s nach der Zeit t einsetzen. Daraus ergibt sich: P



(3.7)

ds dt

x 1 PS = 0,7 kW 3.7.6 Druck

Unter dem Druck versteht man eine Kraft pro Flächeneinheit. p

(3.8)

F a

x Pa [mb] = N/m2 = (lb/ft2)/0,208855 x bar = 10-5 Pa x atmosphären [atm] = mb/1013,25 = inHg/29,92 = mmHg/760 = (lb/ft2)/2116,2166 3.7.7 Dichte und Wichte

Unter der Dichte bzw. der Massendichte (mass density) versteht man die Masse eines Körpers pro Volumeneinheit. U

dm dV

kg m

(3.9)

3

Unter der Wichte (weight density) versteht man das Verhältnis aus der Gewichtskraft eines Körpers zu seinem Volumen.

J

FG V

dm ˜ g dV

(3.10)

22

3 Einheiten in der Luftfahrt

Aus Gl. (3.10) erkennt man den Unterschied zwischen Dichte und Wichte. Denn sie unterscheiden sich um den Faktor der Fallbeschleunigung g. Die Einheit der Wichte ergibt sich daher wie folgt:

J

kg m m3 s 2

N m3

(3.11)

Aus der Abhängigkeit von der Fallbeschleunigung ergibt sich, dass die Wichte - im Gegensatz zur Dichte - ortsabhängig ist. Denn die Fallbeschleunigung ändert sich ja bekanntermaßen mit der geographischen Breite. 1 kg/l = (lbs/gallon)/8,3454 = 1 g/cm3 = 1000 kg/m3 = 62,43 lbs/ft3

4 Aerodynamische Grundlagen

4.1 Einführung Flugleistung und Aerodynamik sind in vielen Fällen eng miteinander verknüpft. Für viele Themen der Flugleistung sind daher grundlegende Kenntnisse der Aerodynamik unabdingbar. Dieses Kapitel soll die wichtigsten Grundlagen der Aerodynamik darstellen, ohne hierbei zu stark in die Tiefe zu gehen. Dies sei den entsprechenden Fachbüchern vorbehalten. Nach der Darstellung der grundlegenden Bewegungsgesetze wenden wir uns dem Tragflügel zu. Die Kenntnis der wichtigsten Begriffe der Tragflügelgeometrie und des Tragflügelprofils sind die Voraussetzungen für das Verständnis der darauf folgenden Ausführungen über Auftrieb, Widerstand und Flugzeugpolare.

4.2 Grundlegende Bewegungsgesetze In diesem Kapitel werden die grundlegenden Bewegungsgesetze eines Flugzeuges dargestellt. Bewegungsgesetze beschreiben in der Physik die Bewegung von Körpern, insbesondere unter der Wirkung von Kräften auf oder zwischen diesen Körpern. Die Kräftedarstellung erfolgt in diesem Kapitel für ein Flugzeug, das sich im Gleichgewicht befindet. Das heißt, es findet keine Beschleunigung statt und die Summe aller Kräfte ist „Null“. Eine zentrale Größe bei den Bewegungsgleichungen ist der Steigwinkel. Die aufgezeigten Gleichungen können daher für den Steigflug (positiver Steigwinkel), Reiseflug (neutraler Steigwinkel) und Sinkflug (negativer Steigflug) gleichermaßen angewendet werden. Eine eingehende Betrachtung des entsprechenden Flugzustandes erfolgt in den entsprechenden Kapiteln.

24

4 Aerodynamische Grundlagen

4.2.1 Die Axiome von Newton Untrennbar verbunden mit dem Begriff der Bewegungsgesetze sind die drei Axiome1 von Sir Isaac Newton. Er veröffentlichte im Jahre 1687 in seinem Werk „Philosophiae Naturalis Principia Mathematica“ (Mathematische Prinzipien der Naturphilosophie) die drei Grundsätze der Bewegung. 1. Axiom: Trägheitsprinzip

Das erste Axiom („lex prima“) beschreibt das Trägheitsprinzip. Demnach verharrt ein Körper im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Bewegung, solange die Summe aller auf ihn einwirkenden Kräfte Null ist. Es herrscht also eine konstante Geschwindigkeit (nach Betrag und Richtung) vor. Soll der Bewegungszustand geändert werden, kann dies nur durch eine am Körper angreifende Kraft erreicht werden. In der klassischen Mechanik entspricht das erste Axiom den Gleichgewichtsbedingungen, wie sie z. B. im unbeschleunigten Horizontalflug vorgefunden werden. 2. Axiom: Aktionsprinzip

Das zweite Axiom („lex secunda“) gilt dem Aktionsprinzip. Es besagt, dass die Änderung der Bewegung einer Masse der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional ist und nach der Richtung derjenigen geraden Linie geschieht, nach welcher jene Kraft wirkt. Die Kraft F entspricht der Änderung des Impulses nach der Zeit t. Es gilt folglich: F=

dp dt

(4.1)

mit dem Impuls p und der Geschwindigkeit V:

p = m ⋅V

(4.2)

Einsetzen von Gl. (5.1) in (5.2) liefert: F

1

m

dV dm V dt dt

(4.3)

Unter dem Begriff „Axiom“ versteht man im naturwissenschaftlichen Sinne ein grundlegendes Gesetz, das vielfach empirisch bestätigt wurde.

4.2 Grundlegende Bewegungsgesetze

25

Der zweite Term in Gl. (4.3) enthält die zeitliche Änderung der Masse. Bei technischen Systemen, bei denen eine Masseänderung über die Zeit auftritt, ist die Beschleunigung der Masse der wirkenden Kraft nicht proportional. Obwohl gerade bei Flugzeugen Masseänderungen durch den Treibstoffverbrauch vorliegen, ist diese aber in diesem Zusammenhang vernachlässigbar klein. Im Gegensatz hierzu wäre ein Raketensystem zu nennen. Die Masseänderung aufgrund des exzessiven Treibstoffverbrauchs pro Zeiteinheit ist so hoch, dass diese Masseänderung nicht vernachlässigt werden kann. Für Systeme, deren Masse während der Bewegungsänderung konstant bleibt, vereinfacht sich das zweite Newton‘sche Axiom zu F

m

dV dt

ma

(4.4)

3. Axiom: Reaktionsprinzip

Das dritte Axiom („lex tertia“) beschreibt das Reaktionsprinzip und wird häufig auch als Wechselwirkungsprinzip bezeichnet. Demnach treten Kräfte immer paarweise auf. Übt ein Körper A auf einen anderen Körper B eine Kraft aus (actio), so wirkt eine gleich große, aber entgegen gerichtete Kraft von Körper B auf Körper A (reactio). Die Kurzform lautet auch „actio = reactio“. 4.2.2 Grundlegende Begriffe bei Bewegungsgleichungen im Fachgebiet der Flugleistung Um die Bewegungsgleichungen weiter besprechen zu können, müssen zunächst einige grundlegende Begriffe erklärt werden. Hierbei reicht für die meisten Flugleistungsberechnung die Betrachtung der Längsbewegung aus. Koordinatensystem

Das Koordinatensystem (KOS) zur Beschreibung der Bewegungsgesetze sieht eine Längsachse, Querachse und Hochachse vor. Die Achsen sind typischerweise flugzeugfest definiert. Dies ist allerdings nur eine unter vielen möglichen Varianten von Koordinatensystemen. Der Ursprung der Achsen in einem solchen flugzeugfesten Koordinatensystem wird im Schwerpunkt des Flugzeuges angenommen.

26

4 Aerodynamische Grundlagen

x Die Längsachse trägt den Index X und ist positiv in Flugrichtung. x Die Querachse trägt den Index Y und ist positiv in Richtung der Steuerbordfläche. x Die Hochachse trägt den Index Z und ist positiv nach unten. Schub und Widerstand

Schub (T) und Widerstand (D) werden parallel zum Flugweg dargestellt. Der Schubvektor wird vereinfacht der Anströmrichtung ohne Wind bzw. der Flugbahn gleichgestellt. In der Realität kann der tatsächliche Schubvektor vom Vektor der Flugbahn leicht abweichen. Auftrieb und Gewicht

Auftrieb (L) und Gewicht (W) werden senkrecht zum Flugweg dargestellt. Der Auftriebsvektor verkörpert den gesamten am Flugzeug angreifenden Auftrieb. Das Gewicht des Flugzeuges wird mit dem Buchstaben (W) für weight wiedergegeben. Je nach Zusammenhang wird der Begriff weight analog dem Begriff der Masse verwendet. Physikalisch korrekt entspricht er der Masse multipliziert mit der Erdbeschleunigung.

W

m˜ g

(4.5)

Trägheitskräfte

Nach dem zweiten Newton’schen Axiom bewirkt die Beschleunigung einer Masse eine Gegenbeschleunigung. Die Trägheitskraft tangential zur Flugbahn (X-Richtung) ist



dV dt

m˜a

W ˜a g

(4.6)

Die Trägheitskraft senkrecht zur Flugbahn (Z-Richtung) ist § dJ ·  mV ˜ ¨ ¸ © dt ¹



W § dJ · V ˜¨ ¸ g © dt ¹

(4.7)

Sie ergibt sich durch die krummlinige Bewegung eine Flugzeuges und der Tatsache, dass bei einem Flugzeug auf einer krummlinigen Bahn der Steigwinkel immer kleiner wird. Da die Zentripetalbeschleunigung immer in Richtung des Kreismittelpunktes als positiv angesehen wird, erhält der Term dJ/dt in diesem Fall ein negatives Vorzeichen.

4.2 Grundlegende Bewegungsgesetze

27

Abb. 4.1 Krummlinige Bewegung eines Flugzeuges Anstellwinkel

Unter dem Anstellwinkel D(siehe auch Kapitel 4.3.3.) versteht man den Winkel zwischen der Flugzeuglängsachse und der relativen Anströmung der Luft (Geschwindigkeitsvektor). Steigwinkel

Der Steigwinkel J ist der Winkel zwischen der horizontalen Achse und dem Geschwindigkeitsvektor. Er wird auch Flugbahnwinkel (flight path angle) genannt. In aller Regel sind die Winkel so klein, dass die folgenden Vereinfachungen gelten: (4.8)

sin J | tan J | J rad und

cos J

1 und cos D

1

(4.9)

Die oben genannten Vereinfachungen und Annahmen kleiner Winkel erlaubt die Linearisierung der Bewegungsgleichungen. Bei großen Winkeln, wie sie beim Start vorkommen, ist die Vereinfachung nicht anwendbar. Nickwinkel (Pitch)

Die Summe aus Anstellwinkel D und Steigwinkel J ergibt den sogenannten Nickwinkel T. T

D J

(4.10)

28

4 Aerodynamische Grundlagen

Abb. 4.2 Steigwinkel

4.3 Der Tragflügel 4.3.1 Geometrie des Tragflügels Die nachstehende Abbildung zeigt die wichtigsten Größen der Tragflächengeometrie.

Abb. 4.3 Tragflügelgeometrie

4.3 Der Tragflügel

29

Tabelle 4.1 Größen der Tragflächengeometrie Abkürzung S b M / O ta ti J

Dimension m2 m ° m m -

deutsche Bezeichnung Flügelfläche Spannweite Pfeilwinkel (Pfeilung) Streckung Zuspitzung Flügeltiefe am Flügelende Flügeltiefe an der Wurzel Verwindung

englische Bezeichnung wing area span sweep angle aspect ratio taper ratio wing chord root chord twist

x Die meisten Flügel haben heutzutage eine Trapezform. Dabei nimmt bei typischen Flügeln von Verkehrsflugzeugen die Flügeltiefe von der Rumpfmitte nach außen zur Spitze hin ab. Das Verhältnis von ta zu ti wird als Zuspitzung bezeichnet. x Unter der Pfeilung versteht man den Winkel, den die Flügelvorderkante bzw. die 25% Linie mit der Querachse bildet. Der Wert ist positiv, wenn die Flügel in Pfeilform „nach hinten“ zeigen bzw. negativ wenn sie nach vorne zeigen. Eine negative Pfeilung wurde beispielsweise bei der HFB 320 „HansaJet“ verwirklicht und ist eher unüblich. x Unter der Streckung versteht man bei einem Rechteckflügel das Verhältnis von Spannweite b zur Flügeltiefe t. Rechteckflügel findet man z.B. bei einigen Sportflugzeugen. Bei modernen Verkehrsflugzeugen werden andere Flächenformen verwendet. Um auch diese anderen Flächenformen „berechenbar“ zu machen, wird die Gleichung um die Spannweite erweitert, so dass sich die Streckung wie folgt ergibt: /

b t

b˜b t ˜b

b2 S

(4.11)

4.3.2 Profil einer Tragflügels Die nachstehende Abbildung zeigt einen Schnitt durch ein Flügelprofil und die dazugehörige Terminologie.

30

4 Aerodynamische Grundlagen

Abb. 4.4 Terminologie des Tragflügelprofils

x Die Profilsehne ist eine gerade Linie von der Vorder- zur Hinterkante. x Die Skelettlinie ist die mittige Linie zwischen Profilober- und unterseite und beschreibt die Wölbung eines Profils. Die Wölbung wird durch Auftriebshilfen (Vorflügel und Landeklappen) beeinflusst. x Die maximale Wölbungshöhe ist der größte Abstand zwischen Skelettlinie und Profilsehne. x Die Wölbungsrücklage beschreibt die Position der maximalen Wölbungshöhe. Dieser Punkt ist für die aerodynamischen Eigenschaften eines Profils von besonderer Bedeutung. Schnellflugprofile haben eine geringe Wölbung, wobei die Wölbungsrücklage bei ca. 50% des Chords liegt. Bei Profilen, die einen hohen Auftrieb bringen und Langsamflugeigenschaften haben, weisen eine ausgeprägtere Wölbung auf. Die Wölbungsrücklage liegt bei ca. 25% des Chords. 4.3.3 Anstellwinkel Beim Anstellwinkel werden drei Varianten unterschieden: x Der geometrische Anstellwinkel (Dgeo) x Der induzierte Anstellwinkel (Di) x Der effektive Anstellwinkel (Deff) Unter dem geometrischen Anstellwinkel versteht man den Winkel zwischen der Profilsehne und der freien Anströmung.

4.3 Der Tragflügel

31

Abb. 4.5 geometrischer Anstellwinkel

Jedes Flügelprofil hat einen geometrischen Anstellwinkel, bei dem es keinen Auftrieb liefert (Nullauftriebswinkel D0). Im Polardiagramm ist dies der Punkt des „Sturzflugs“. Die Nullauftriebslinie ist eine gedachte Linie, die in Richtung der Hauptanströmung und der Flügelhinterkante verläuft und mit der Profilsehne den Nullauftriebswinkel bildet. Die Lage der Nullauftriebslinie hängt vom Profil ab und kann bei gekrümmten Profilen auch negativ sein.

Abb. 4.6 Nullauftriebswinkel

Bei einem Auftrieb erzeugenden Profil, wird die Strömung an der Hinterkante beim Verlassen des Profils nach unten abgelenkt (Kutter 1990). Das heißt, die Luft verlässt die Hinterkante des Flügels mit einem gegenüber der Anströmung anderen Winkel. Der Winkel zwischen An- und Abströmrichtung wird induzierter Anstellwinkel (Di) genannt und mindert den geometrischen Anstellwinkel zum effektiven Anstellwinkel (Deff).

Abb. 4.7 Effektiver und induzierter Anstellwinkel

32

4 Aerodynamische Grundlagen

D eff

D geo  D i

(4.12)

4.3.4 Kenngrößen eines Tragflügelprofils Um die Güte und Eigenschaften eines Tragflügels beschreiben und einordnen zu können, bedient man sich bestimmter Kenngrößen. Dies sind: x x x x

Auftrieb und Auftriebsbeiwert Widerstandsbeiwert Momentenbeiwert Gleitzahl

Auftriebsbeiwert

Der Auftrieb ergibt sich aus dem dynamischen Druck „U/2 V2“, der (projizierten) Flügelfläche S und dem dimensionslosen Auftriebsbeiwert cL, welcher als Formbeiwert durch Profilart, Anstellwinkel und Profilwölbung bestimmt wird.

cL

L

U 2

(4.13)

V2 ˜S

Abb. 4.8 Vergleich von cL über den geometrischen Anstellwinkel und den Nullauftriebswinkel

4.3 Der Tragflügel

33

Abb. 4.8 links zeigt den Auftriebsbeiwert als Graph über dem Anstellwinkel. Wird der Auftriebsbeiwert über dem Nullauftriebswinkel aufgezeichnet, wird die Gerade als Auftriebsanstieg bzw. lift curve slope bezeichnet (Abb. 4.8 rechts). Wie bereits erwähnt, ist der Auftriebsbeiwert (und damit auch der Auftrieb) eines Flügels abhängig von seinem Anstellwinkel. Vergrößert sich der Anstellwinkel, vergrößert sich auch der Auftrieb, bis ein Maximum erreicht wird. Wie in Abb. 4.9 erkennbar ist, wird die Strömung mit steigendem Anstellwinkel turbulenter. Der Druckpunkt wandert mit zunehmendem Anstellwinkel in Richtung Flügelvorderkante. Am Punkt des maximalen Auftriebs reißt die Strömung vom Profil ab.

Abb. 4.9 Einfluss des Anstellwinkels auf den maximalen Auftrieb

34

4 Aerodynamische Grundlagen

Widerstandsbeiwert

Auch der Widerstandsbeiwert eines Profils wird auf den dynamischen Druck bezogen. Die Gleichung ist derjenigen für den Auftriebsbeiwert sehr ähnlich:

D

cD

U 2

(4.14)

V2 ˜S

Abb. 4.10 Widerstandsbeiwert über Anstellwinkel Momentenbeiwert

Der Momentenbeiwert cM bestimmt sich aus der Gleichung: M

cM

U 2

(4.15)

V 2 S ˜ ta

mit M

R˜r

(4.16)

wobei R die resultierende Kraft aus Auftrieb und Widerstand ist, und r die Lage des Resultierenden in Bezug auf die Flügelvorderkante beschreibt. Der Momentenbeiwert stellt das Moment dar, das sich aus der Kraftwirkung der Resultierenden und deren Abstand von der Flügelvorderkante ergibt. Er ist besonders bei Fragen der Flugzeuglagenstabilität von Bedeutung. Um den Beiwert dimensionslos zu machen, wurde nochmals die Flügeltiefe in die Gleichung aufgenommen. Gleitzahl

Die Gleitzahl Hist eine Kennzahl der aerodynamische Güte eines Tragflügels. Sie beschreibt das Verhältnis von aufgegebener Höhe zur zurückgelegten Strecke. Eine Gleitzahl von 1:50 besagt z. B., dass ein Flugzeug pro 1 m Höhenverlust 50 m an horizontaler Strecke zurücklegt.

H

'H 's

(4.17)

4.3 Der Tragflügel

35

Eng verbunden mit der Gleitzahl ist der Sinkwinkel, der im Kapitel Sinkflug noch ausführlich erläutert wird. Er entspricht dem besten Verhältnis aus Widerstand zu Auftrieb.

Abb. 4.10 Gleitzahl und Sinkwinkel

H

tan J

D L

cD cL

(4.18)

4.3.5 Das Polardiagramm

Die übliche Darstellung der Beiwerte ist die Darstellung des Auftriebsbeiwertes über den Widerstandsbeiwert. Diese ist im Allgemeinen als Polardiagramm bekannt. Die Widerstandsbeiwerte werden meist überhöht dargestellt, da sie gegenüber den Auftriebsbeiwerten nur eine geringe Größe haben. Für den Fall, dass cD und cL im selben Maßstab, also „unverzerrt“, aufgetragen sind, ergibt der Winkel zwischen cL und der Tangente den besten Sinkwinkel. Im Polardiagramm werden die verschiedenen Anstellwinkel an der Kurve durch Punkte markiert. Der Punkt, an dem die Tangente aus dem Ursprung die Kurve berührt, markiert den Anstellwinkel, bei dem das beste Verhältnis von Auftrieb zu Widerstand erreicht wird. In Abb. 4.11 also bei 12°. Die Tangente an die Polare parallel zur Ordinate ergibt den Punkt des geringsten Widerstandes (hier bei ca. 5°). Wandert man entlang der Kurve weiter nach unten zu niedrigeren (negativen) Anstellwinkeln, wird der Nullwiderstand erreicht.

36

4 Aerodynamische Grundlagen

Abb. 4.11 Polardiagramm

4.4 Auftrieb 4.4.1 Einführung

Die Entstehung von Auftrieb basiert – vereinfacht ausgedrückt – auf den Erkenntnissen zur Strömungsmechanik von Venturi2 und Bernoulli3. Venturi fand heraus, dass sich die Strömungsgeschwindigkeit eines strömenden Fluids umgekehrt proportional zum Strömungsquerschnitt eines Rohres verhält. Das heißt, dass die Strömungsgeschwindigkeit in einem sich verjüngenden Querschnitt zunimmt. An der engsten Stelle im Querschnitt ist die Strömungsgeschwindigkeit am höchsten.

2 3

Giovanni Battista Venturi (1746 - 1822), italienischer Physiker Daniel Bernoulli (1700 - 1782), schweizerischer Mathematiker und Physiker

4.4 Auftrieb

37

Abb. 4.12 Venturi-Rohr (© FAA 2003) Bernoulli beschrieb den Zusammenhang zwischen der Fließgeschwindigkeit eines Fluids und dem Druck. Bei zunehmender Fließgeschwindigkeit nimmt der Druck ab und umgekehrt, wobei die Summe aus statischem und dynamischen Druck immer konstant ist.

Die Erkenntnisse von Venturi und Bernoulli lassen sich aber nicht nur auf durchströmte Körper, wie Röhren, anwenden, sondern auch auf umströmte Körper. Nachfolgende Abbildung zeigt ein symmetrisch geformtes Profil in einem Windfeld.

Abb. 4.13 Freie Strömung um ein symmetrisches Profil

In einem strömenden Fluid herrschen zwei Arten von Druck: Der statische Druck pst und der dynamische Druck q, die gemeinsam den Gesamtdruck pt ergeben. Die Luftströmung, die am vorderen Stagnationspunkt direkt auf das Objekt trifft erfährt eine vollständige Verzögerung. Die Geschwindigkeit sinkt an diesem Punkt auf Null, während der dynamische Druck der Luftströmung an diesem Punkt – mangels Strömung – in einen statischen Druck umgewandelt wird. Der statische Druck an diesem Punkt entspricht folglich dem Gesamtdruck (pt) des Luftstroms, der sich aus dem statischen Umgebungsdruck (ps) und dem kinetischen Druck (q) der Luftströmung zusammensetzt. Es gilt die Beziehung:

38

4 Aerodynamische Grundlagen

pd

(4.19)

ps  q

Für den kinetischen Druck gilt (DIN 9300 Teil 5): q

U 2

(4.20)

V2

Einsetzen von (4.20) in (4.19) ergibt: pd

ps 

U 2

V2

(4.21)

Nach Bernoulli ist der Gesamtdruck immer konstant: pd

ps 

U 2

V2

const.

(4.22)

4.4.2 Profilströmung

Bewegt sich das Flugzeug durch die Luft, entsteht durch die Anströmung der Tragflächen und der damit verbundenen Umlenkung der Luft eine Druckdifferenz. Diese Druckdifferenz ist maßgeblich von der Profilform abhängig und Voraussetzung für die Entstehung von Auftrieb. Abb. 4.15 zeigt den physikalischen Stromlinienverlauf, die Unter- und Überdrücke, sowie die Druckverteilung am Profil. Profilbedingt ist die Umlenkung der Luft an der Oberseite der Tragfläche größer als auf der Unterseite. Dies führt zu höheren Strömungsgeschwindigkeiten auf der Oberseite und zu einem Druckabfall. Auf der Unterseite ist die Umlenkung nicht so groß wie auf der Oberseite und die damit einhergehende Beschleunigung der Luft nicht so ausgeprägt. Dadurch kommt es dort auch zu einer anderen Druckverteilung. Auf der Oberseite kommt es zu einem Unterdruck mit entsprechenden Sogkräften, weshalb diese Seite auch „Saugseite“ genannt wird. Auf der Unterseite herrscht ein Überdruck mit entsprechenden Druckkräften. Diese Seite wird daher auch „Druckseite“ genannt.

4.4 Auftrieb

39

Abb. 4.14 Profilströmung an einer Tragfläche (© Hünecke 1998)

Mit steigendem Anstellwinkel ändern sich die Druckverhältnisse am Flügel und der Auftrieb nimmt zunächst zu und anschließend ab. Die nachstehende Abbildung zeigt beispielhaft die Auftriebsverteilung am Flügelprofil in Abhängigkeit des Anstellwinkels. Die Pfeile symbolisieren hierbei die Luftkräfte, die über das gesamte Profil in unterschiedlicher Größe und Richtung angreifen.

40

4 Aerodynamische Grundlagen

Abb. 4.15 Auftrieb und Anstellwinkel (© FAA 2003)

Diese angreifenden aerodynamischen Kräfte können in einer resultierenden Kraftkomponente subsummiert werden, die stellvertretend für alle angreifenden Kräfte im sogenannten Druckpunkt (center of pressure) an-greift. Sie setzt sich zusammen aus der Auftriebs- und Widerstandskraft. Die Kraftkomponente senkrecht zur Anströmung stellt den Auftrieb dar.

Abb. 4.16 Druckpunkt und Kräfte am Profil

4.4 Auftrieb

41

Die Lage des Druckpunktes beim jeweiligen Profil wird mit Hilfe von Windkanaltests und Berechnungen durch den Flugzeughersteller ermittelt und in Form einer Prozentangabe in Bezug zur Flügeltiefe angegeben. Hat ein Flugzeug beispielsweise eine mittlere Flügeltiefe von 100 cm und eine Druckpunktlage von 20%, würde dies bedeuten, dass der Druckpunkt 20 cm hinter der Flügelvorderkante liegt. Wenn der Flugzeugschwerpunkt und der Druckpunkt genau übereinander liegen, wäre das Flugzeug im absoluten Gleichgewicht. Allerdings würde dies nur für einen bestimmten Anstellwinkel gelten. Denn die Lage des Druckpunktes ist direkt abhängig vom Anstellwinkel. Während bei niedrigen Anstellwinkeln (Reiseflug) der Druckpunkt hinter dem Schwerpunkt des Flugzeuges liegt, wandert er mit Erhöhung des Anstellwinkels Richtung Vorderkante und vor den Schwerpunkt.

Abb. 4.17 Verschiebung des Druckpunktes mit dem Anstellwinkel

42

4 Aerodynamische Grundlagen

Die unterschiedliche Lage des Druckpunkts zum Schwerpunkt resultiert in einem Nickmoment, das zusätzlich über eine Auftriebs- oder Abtriebskraft des Höhenleitwerks ausgeglichen werden muss. Ohne näher auf diesen Umstand an dieser Stelle einzugehen, kann festgehalten werden, dass ein rückwärtig liegender Schwerpunkt (in Richtung Leitwerk) günstiger ist. Daher sagt man auch: „Aft CG saves fuel“.

Abb. 4.18 Auftrieb am Höhenruder zum Nickmomentausgleich

Die Auftriebskraft (L) lässt sich mit Gl. (4.23) bestimmen: L -

U 2

V 2 ˜ S ˜ cL

(4.23)

Fluggeschwindigkeit (V) Luftdichte (U) Flügelform und Oberfläche, in Form des Auftriebsbeiwerts cL Referenzflügelfläche (S)

4.5 Widerstand 4.5.1 Einführung

Während des Fluges muss das Flugzeug eine der Flugrichtung entgegen gesetzte Widerstandskraft überwinden. Hierzu verfügt es über einen Strahl- oder Propellerantrieb der einen bestimmten Schub bzw. eine bestimmte Leistung zur Verfügung stellt. Der Gesamtwiderstand eines Flugzeuges setzt sich grundsätzlich aus zwei Komponenten zusammen: dem auftriebsabhängigen Widerstand und dem auftriebsunabhängigen Widerstand.

4.5 Widerstand

43

Abb. 4.19 Arten des Widerstands

Abb. 4.19 enthält die gängigen deutschen und englischen Begriffe. In kursiver Schrift werden äquivalente Begriffe ausgewiesen, wie sie ebenfalls in der Literatur vorgefunden werden. Die verschiedenen Begriffe für die einzelnen Widerstandsarten unterlagen in der Vergangenheit einigen Veränderungen. So gibt es nicht nur Unterschiede in der amerikanischen und europäischen Terminologie, sondern auch zwischen alten und neueren europäischen Begriffen. 4.5.2 Nullwiderstand

Unter dem Überbegriff des Nullwiderstands werden alle Arten des auftriebsunabhängigen Widerstands subsummiert. Im Bereich der Unterschallgeschwindigkeit sind hier die Reibungseffekte die maßgebenden Größen. Im transsonischen und im Überschallbereich kommen zusätzlich noch sog. „Welleneffekte“ hinzu. In der Luftfahrtliteratur wird der Nullwiderstand häufig auch als „schädlicher Widerstand“ bezeichnet. Die Widerstandsarten können nach den Ursachen wie folgt unterteilt werden:

Abb. 4.20 Zusammensetzung des schädlichen Widerstands

44

4 Aerodynamische Grundlagen

Profilwiderstand

Der Profilwiderstand, teilweise auch Grenzschichtwiderstand genannt, ist die Summe aus dem Druckwiderstand und dem Oberflächenreibungswiderstand Druckwiderstand

Um den Druckwiderstand zu erklären, wird zunächst die Annahme getroffen, dass es sich bei der Strömung um eine ideales, also reibungsfreies Fluid handelt. Um den Vorgang plastischer zu erklären, stellen wir uns die Strömung als Ansammlung vieler einzelner Fluidelemente vor. Wird ein Körper in diese Strömung gehalten, versuchen die Fluidelemente um diesen Körper herum zu strömen. Hierbei kommt es aber zwangsläufig zum Auftreffen von Fluidelementen direkt auf den Körper, was zu ihrer vollständigen Verzögerung führt. In der Folge wird kinetische Energie in potentielle Energie gewandelt und der statische Druck an dieser Stelle steigt an. Direkt an der Wand des Körpers herrscht ebenfalls keine Strömung. Die Strömungsgeschwindigkeit ist also wie am Stagnationspunkt Null. Hinter dem Körper laufen die Stromlinien wieder zusammen und füllen den Raum dort aus. Der Größe nach entspricht der Druck hinter dem Körper dem Druck vor dem Körper, der Richtung nach ist er entgegengesetzt. Die Wirkung hebt sich also auf. Dies bedeutet, dass ein Körper in einem idealen Fluid kein Widerstand erzeugt.

Abb. 4.21 Strömungsvorgang um einen Zylinder

Im realen Fluid sieht dies aber ganz anders aus. Denn hier kommt es aufgrund der reibungsbehafteten Strömung zu einem Ablösen derselben. Dies hat zur Folge, dass vor und hinter dem Körper nicht die identische Strömung vorliegt und auch die statische Druckzunahme vor und hinter dem Körper nicht identisch ist. Vielmehr ist der Druck hinter dem Körper

4.5 Widerstand

45

kleiner als vor dem Körper. Die Druckdifferenz zwischen Punkt 1 und Punkt 2 übt eine Kraft aus, die den Druckwiderstand darstellt.

Dp

p1  p2

(4.24)

Reibungswiderstand

Der (Oberflächen)reibungswiderstand Df (skin friction oder surface friction drag) wird durch die Viskosität der Luft verursacht, die das Flugzeug umströmt. Er hängt einerseits vom Strömungsniveau der Grenzschicht (laminar oder turbulent) und andererseits von der Rauigkeit ab. Interferenzwiderstand

Unter dem Interferenzwiderstand Di (interference drag) versteht man den Widertand, der durch die bauliche Zusammenfügung und wechselseitige Beeinträchtigung der Komponenten entsteht. Als Beispiel dient die Verbindung von Flügel und Rumpf. An der „Nahtstelle“ entsteht Interferenzwiderstand. Schädlicher Widerstand

Die Summe aus Profilwiderstand, Interferenzwiderstand und Wellenwiderstand nennt man parasitären oder schädlichen Widerstand (parasite drag). Zusammengefasst ist dies der Widerstand, der durch Geschwindigkeit und Kompressibilitätseffekte entsteht. Der schädliche Widerstand ist grundsätzlich unabhängig vom Anstellwinkel und nimmt mit zunehmender Geschwindigkeit zu. Für den (schädlichen) Widerstand gilt folgende allgemeine Gleichung: D

U 2

V 2 ˜ S ˜ cD

(4.25)

Danach hängt der Widerstand eines Körpers ab x x x x

von der Geschwindigkeit (V) von der Luftdichte (U) Flügelform und Oberfläche, in Form des Widerstandsbeiwerts (cD) von der Referenzflügelfläche (S)

Bei Körpern, die hauptsächlich Widerstand erzeugen, wie z. B. das Fahrwerk oder die Motorgondel, wird in der Regel für (S) die Stirnfläche ein-

46

4 Aerodynamische Grundlagen

gesetzt. Bei Körpern, die Auftrieb erzeugen (Leitwerke, Tragflächen) wird für (S) in der Regel die Grundfläche bzw. Referenzfläche eingesetzt, denn auf dieser Basis wurden die entsprechenden Beiwerte entwickelt. 4.5.3 Auftriebsabhängiger Widerstand

Der auftriebsabhängige Widerstand kann in drei Einzelwiderstände unterteilt werden, wobei an dieser Stelle nur der induzierte Widerstand als der maßgeblichste behandelt werden soll.

Abb. 4.22 Arten des auftriebsabhängigen Widerstands Induzierter Widerstand

Den stärksten Anteil am auftriebsabhängigen Widerstand verursacht der induzierte Widerstand, der sich aufgrund der Auftriebserzeugung durch Wirbelbildung an den Tragflächenenden ergibt (Wirbelschleppen). Der induzierte Widerstand nimmt mit zunehmender Geschwindigkeit ab. Aus den Ausführungen zum Auftrieb wissen wir, dass es aufgrund der Profilströmung zu unterschiedlichen Drücken auf der Flügelober- und unterseite kommt (Stichwort: Saug- und Druckseite). Am Flügelende kommt es zu einem Druckausgleich, der zu einer Randwirbelbildung an den Tragflügeln führt. In Flugrichtung gesehen, kommt es an der linken Seite zu einer Umströmung im Uhrzeigersinn, an der rechten Seite gegen den Uhrzeigersinn. Diese Randwirbel wirken auftriebsmindernd und führen zu einer Zusatzanströmung des Flügels von oben. Dies bewirkt eine zusätzliche Anströmung und eine örtliche Änderung des Anstellwinkels aufgrund des induzierten Abwindes. Der geometrische Anstellwinkel ändert sich dadurch um den induzierten Anstellwinkel Di (siehe Kapitel 4.3.3). Setzt man eine elliptische Zirkulationsverteilung voraus, ergibt sich der induzierte Anstellwinkel zu:

4.5 Widerstand

Di

47

(4.26)

cL S ˜/

Nach der „Prandtlschen Traglinientheorie“ gilt diese Gleichung nur für ungepfeilte Flügel mit einer Streckung von /> 3. Da heutige Schnellflugprofile jedoch keine elliptische Zirkulationsverteilung haben, ist Gl. (4.25) noch um den sogenannten Oswald-Faktor e zu erweitern, wobei e ” 1 ist (Wilhelm 2000).

Di

cL S ˜/˜e

(4.27)

Die Größe des induzierten Widerstandes ergibt sich aus:

cDi

2

cL S ˜/˜e

(4.28)

Häufig werden in der Literatur die auftriebsabhängigen Widerstandsanteile durch den Faktor K zusammengefasst, so dass sich dieser Widerstandsanteil wie folgt subsummieren lässt. Drag due to Lift

cL 2 K

(4.29)

Abb. 4.23 zeigt den auftriebsabhängigen und auftriebsunabhängigen Widerstand im Rahmen eines Polardiagramms über den Auftriebsbeiwert.

Abb. 4.23 Nullwiderstand und auftriebsabhängiger Widerstand im Polardiagramm

48

4 Aerodynamische Grundlagen

Die durch den induzierten Widerstand hervorgerufenen Randwirbel bzw. Wirbelschleppen stellen ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential dar. Wie aus nachstehender Abbildung zu erkennen ist, erzeugt das Flugzeug in seinem Nachlauf ein System von Wirbelschleppen. Die Intensität der Randwirbel ist in erster Linie abhängig von der Flügelform und dem Gewicht des wirbelerzeugenden Flugzeugs.

Abb. 4.24 Entstehung von Randwirbeln (© Hünecke 1998)

Je mehr Auftrieb das Flugzeug produzieren muss, desto intensiver werden die Wirbelschleppen. So ist gerade im Anflug, wenn die Landeklappen ausgefahren sind und bei niedrigen Geschwindigkeiten und hohen Anstellwinkeln ein hoher Auftrieb erzeugt wird, die Gefahr für den nachfolgenden Verkehr am Größten. Das Gleiche gilt für den Start, wo im Moment des Ziehens am Steuerhorns, also dem Anstellen des Flugzeuges zum Abheben, ein hoher Auftrieb erzeugt und die Wirbelbildung intensiviert wird. Um eine Mindestsicherheit für den an- und abfliegenden Verkehr zu bieten, wurden Flugzeuge in drei Gewichtskategorien einteilt: Tabelle 4.2 Wirbelschleppenkategorien (aus Kloidt 2006)

4.5 Widerstand

49

In Bezug auf diese Kategorisierung wird der an- und abfliegende Verkehr gestaffelt. Das „Erzeugerflugzeug“ ist in diesem Sinne das vorausfliegende wirbelerzeugende Flugzeug. Tabelle 4.3 Staffelung (aus Kloidt 2006)

Diese Festlegungen wurden von der Federal Aviation Agency (FAA) bzw. der ICAO getroffen und gelten für den deutschen Luftraum seit 1978 (Kloidt 2006). 4.5.4 Gesamtwiderstandskurve

Trägt man den Verlauf des schädlichen Widerstandes und des induzierten Widerstandes in einem Koordinatensystem über den Widerstand und die EAS auf und summiert beide Kurven ergibt sich die Kurve des Gesamtwiderstands. Aufgrund der Tatsache, dass der dynamische Druck für eine gegebene EAS mit zunehmender Höhe immer gleich bleibt, also flughöhenunabhängig ist, gilt die Gesamtwiderstandskurve mit der EAS auf der Abszisse für alle Flughöhen. Anders gestaltet sich die Auswirkung der Flughöhe auf den Widerstand auf Basis der TAS. Mit zunehmender Flughöhe nimmt die TAS um den Faktor

1

V

zu, wobei Sigma für die relative Luftdichte steht.

Die TAS für den geringsten Widerstand nimmt daher mit zunehmender Flughöhe immer weiter zu. Die Kurve verschiebt sich nach rechts auf einer Geraden.

50

4 Aerodynamische Grundlagen

Abb. 4.25 Widerstandskurve

Diese Widerstandskurve entspricht auch dem benötigten Schub beim unbeschleunigten Horizontalflug und wird daher auch Schwebeschubkurve (Thrust Required Curve) genannt. Mehr zu diesem Thema und die Auswirkungen bestimmter Variablen auf die Kurve finden Sie in den Ausführungen zum Reiseflug in Kapitel 13.

4.6 Strukturelle Limitierungen Während des Betriebs ist das Flugzeug, sowohl am Boden als auch in der Luft, diversen Kräften bzw. Lasten ausgesetzt, die an der Struktur angreifen. Der Flugzeughersteller muss prüfen und festlegen, welche maximalen Belastungen das Flugzeug unbeschadet übersteht. Diese Grenzen werden zum einen durch die Fluggeschwindigkeit [V] und zum anderen durch Lastfaktoren [n] beschrieben und in einem sogenannten flugzeugspezifischen V-n-Diagramm dargestellt. Mit Hilfe eines solchen Diagramms können die Festigkeitslimits des entsprechenden Flugzeuges aufgezeigt werden.

4.6 Strukturelle Limitierungen

51

4.6.1 Beanspruchungsarten

Die Beanspruchung der Zelle im Fluge lässt sich grob in drei Kategorien einteilen (Hünecke, 1998): x Luftkräfte verursacht durch Flugmanöver, z. B. Kurvenflug oder Abfangen, Böen, Ruderausschläge, Interferenzen von Strukturteilen x Trägheitskräfte verursacht durch Beschleunigungen bei Flugmanövern (z. B. Start), Schwingungen einzelner Bauteile, Flattern (z. B. von Rudern) x Triebwerkslasten verursacht durch Schubkräfte, Drehzahländerungen, Kreiselkräfte und Schwingungen Am Boden entstehen Kräfte beispielsweise durch den Landestoß, durch das Schleppen des Flugzeuges (Zugkräfte am Bugrad) oder durch das Aufbocken bei Wartungsarbeiten oder Wägungen. Von besonderer Bedeutung sind die kritischen Lasten. Also Lasten und typische Kräfte, die immer wieder auftreten, wie z. B. die Böenlasten am Flügel. Die Bauteile, die solchen Belastungen ausgesetzt sind, müssen entsprechend bemessen sein. 4.6.2 Lasten am Flugzeug

Um die Flugbereichsgrenzen eines Flugzeuges festzulegen werden zwei Arten von Lasten unterschieden: Die Manöverlasten und die Böenlasten. Manöverlasten

Manöverlasten ergeben sich durch bestimmte Flugmanöver wie z. B. Kurvenflug oder Abfangen. Bei beiden Manövern ist das Gleichgewicht gestört, da eine Beschleunigung in Richtung der Bahnänderung stattfindet (Hünecke 1998). Die Masse des Flugzeuges ruft eine Zentrifugalkraft hervor, die der Beschleunigung entgegenwirkt. Er herrscht kein Gleichgewichtszustand mehr. Um das Kräftegleichgewicht wieder herzustellen, muss der Auftrieb um ein bestimmtes Lastvielfaches (load factor) erhöht werden. Das Lastvielfache [n] ergibt sich als Quotient aus Auftrieb [L] und Gewicht [W].

52

4 Aerodynamische Grundlagen

n

L W

(4.30)

Im Kräftegleichgewicht (z. B. im Reiseflug wenn Auftrieb = Masse) ist [n] = 1. Setzt man das Lastvielfache der Erdbeschleunigung gleich, ergibt sich für den Reiseflug eine „Last“ von 1 g. Böenlasten

Unter einer Böe versteht man eine temporär auftretende, kleinräumige Änderung der Anströmung. In der Regel treten Böen in Bodennähe auf, wo sie unter anderem durch orographische Gegebenheiten hervorgerufen werden. In der Luft findet man Böen hauptsächlich in der Nähe von Gewittern oder Starkwindfeldern. Von besonderer Bedeutung für die Festigkeit sind die vertikalen Böen (vertical gusts). Darunter versteht man einzelne Luftfelder, die in Relation zur anderen umgebenden (ruhenden) Luft über besonders hohe Vertikalgeschwindigkeiten verfügen. Fliegt man in eine solche Böe ein, erfährt das Flugzeug eine Belastung, unter anderem durch die plötzliche Änderung des Anstellwinkels. Die Lufttüchtigkeitsvorschriften fordern einen Nachweis darüber, dass das Flugzeug einer gewissen Böenbelastung standhält. Hierzu werden bis zu einer Höhe von 6.000 m bzw. 20.000 ft Böen mit einer Vertikalgeschwindigkeit von maximal 20 m/s bzw. 66 ft/s (3960 ft/min) unterstellt. Dieser Wert darf bis zu einer Höhe von 15.000 m bzw. 50.000 ft auf 7,5 m/s bzw. 25 ft/s (1500 ft/min) abnehmen. Im Anflug bzw. während der Landung sind auch die horizontalen Böen (horizontal gusts) zu beachten. Im ungünstigsten Fall treten diese in Form von Windscherungen auf und können durch den Einfluss auf die Landegeschwindigkeit sehr gefährlich sein. 4.6.3 V-n Diagramm

Das V-n Diagramm visualisiert die zulässigen Manöverlasten und die Flugbereichsgrenzen eines Flugzeuges. Neben den Manöverlasten definieren die Lufttüchtigkeitsvorschriften drei Böengeschwindigkeiten. Dies sind 66 ft/s, 50 ft/s und 25 ft/s, denen die drei Fluggeschwindigkeiten VB, VC und VD zugeordnet sind.

4.6 Strukturelle Limitierungen

53

Bei der Strukturfestigkeit werden zwei Kategorien unterschieden. Das sogenannte sichere Lastvielfache (limit load factor) und das Bruchlastvielfache (ultimate load factor). x sicheres Lastvielfaches Der limit load factor gibt die Grenze an, bis zu der eine temporäre, d. h. elastische Verformung einzelner Zellenteile stattfinden kann. Die EASA CS bestimmen für jeden Flugzeugtyp ein maximales positives und negatives Abfanglastvielfaches. x Bruchlastvielfaches Überschreitet das Lastvielfache den limit load factor kann es zu plastischen Verformungen bzw. zu bleibenden Strukturschäden kommen. Wenn auch der ultimate load factor überschritten wird, kann es zum Bruch der Struktur kommen. Das Bruchlastvielfache ergibt sich formal aus den Werten für das sichere Lastvielfache durch Multiplikation mit dem Faktor 1,5. Der Flugzeughersteller muss die Lastenbereiche ermitteln und in den Flughandbüchern veröffentlichen. Die Bauvorschriften unterscheiden aufgrund der konstruktiven Ausführung von Klappensystemen zwischen ein- und ausgefahrenen Landeklappen. Tabelle 4.4 zeigt die mindestens zu erreichenden Werte für das Lastvielfache. Tabelle 4.4 Load Factor Tabelle (CS 25.335, 25.337, 25.341)

Sicheres Lastvielfaches (Positiv) Sicheres Lastvielfaches (Negativ) Bruchlastvielfaches (Positiv) Bruchlastvielfaches (Negativ)

Klappen eingefahren Klappen ausgefahren 2,5 2,0 -1

0

3,75

3,0

-1,5

0

Das sichere Lastvielfache als Limitierung wird in den Flugzeughandbüchern der Hersteller ausgewiesen.

54

4 Aerodynamische Grundlagen

Abb. 4.26 Auszug aus dem entsprechenden Kapitel im AFM des CRJ 900 (© Bombardier)

Im Folgenden wollen wir ein V-n Diagramm für ein fiktives Flugzeug erstellen. Hierzu beginnen wir mit dem V-n Diagramm für Manöverlasten. Anschließend entwerfen wir das V-n Diagramm für Böenlasten. Im letzten Schritt werden beide Diagramme zusammengeführt. Dies führt zur typischen, integrierten Darstellung von Manöver- und Böenlasten in einem einzigen Diagramm. Diagramm für Manöverlasten

Die Kurve, die die Ordinate im Punkt n=0 schneidet und dann überproportional steigt bzw. fällt, wird Auftriebsgrenze genannt. Sie markiert die Grenze, ab welcher Geschwindigkeit das Flugzeug in den überzogenen Flugzustand gerät. Fliegt ein Flugzeug z. B. eine horizontale Kurve mit einer Schräglage von 60° liegt ein Lastvielfaches von 2g vor. Nach dem V-n Diagramm aus Abb. 4.27 müsste die Geschwindigkeit ca. 200 KEAS betragen, um nicht in den Bereich des Strömungsabrisses zu kommen (zu „stallen“). An dem Punkt, an dem die n=1 Linie von der Auftriebsgrenze geschnitten wird, befindet sich die VS1g. Dieser Punkt stellt die Strömungsabrissgeschwindigkeit im „normalen“ Reiseflug (1g) dar. Begrenzt nach oben wird die Kurve durch die Bemessungsgeschwindigkeit für Flugmanöver VA mit vollem Ruderausschlag (z. B. Abfangen aus dem Sturzflug). Bei der VA wird das maximale sichere Abfanglastvielfache erreicht. Das maximale Lastvielfache muss mindestens die in Tabelle 5.5 aufgeführten Werte aufweisen. Bei einer Geschwindigkeit über VA dürfen keine Manöver geflogen werden, die einen Vollausschlag des Höhenruders erfordern. Begrenzt wird der Bereich durch die Bemessungsbahnneigungsgeschwindigkeit VD. Bei dieser Geschwindigkeit erreicht der Staudruck seinen höchsten Wert.

4.6 Strukturelle Limitierungen

55

Abb. 4.27 V-n Diagramm für Manöverlasten Diagramm für Böenlasten

Beim Diagramm für Böenlasten bleibt die oben schon genannte Auftriebsgrenze erhalten. Nun werden „Böenlinien“ eingezeichnet, die jeweils die Höchstgeschwindigkeiten für die maximal zulässige Böenbelastung des Flugzeuges festlegen. Gefordert wird der Nachweis von Böenbelastungen mit 66 ft/sec (20 m/s), 50 ft/sec (15 m/s) und 25 ft/sec (7,5 m/s). Die Bemessungsgeschwindigkeit für Böenbelastung (VB) ergibt sich durch den Schnittpunkt der cLmax-Kurve mit der entsprechenden Böenlinie. Würde man bei turbulentem Wetter mit entsprechenden Böen schneller fliegen, wäre die Integrität der Zelle gefährdet. Dabei kann es auch vorkommen, dass einzelne Punkte ein Lastvielfaches von 2,5g kurzfristig überschreiten. Dies darf dann passieren, wenn die Festigkeit entsprechend geprüft und nachgewiesen wurde. Die Bemessungsgeschwindigkeit für den Reiseflug (VC) stellt sicher, dass es bis zu dieser Geschwindigkeit bei einer vertikalen Böe von 50 ft/sec nicht zu einer Überschreitung des Lastvielfachen von 2,5g kommt. Sie entspricht in der Regel der maximalen Reisefluggeschwindigkeit (VMO), muss aber immer größer als diese sein.

56

4 Aerodynamische Grundlagen

Wie bereits zuvor angesprochen, begrenzt die VD als Endgeschwindigkeit den V-n Diagramm. Bei der VD muss die Zelle noch eine Böe von 25 ft/sec ertragen können. Sie liegt etwa 10% über der VC und muss so gewählt werden, dass bei unabsichtlichem Überschreiten der VC eine Rückkehr in den sicheren Geschwindigkeitsbereich möglich ist. (Hünecke 1998).

Abb. 4.28 V-n Diagramm für Böenlasten

Negative Lasten müssen bis zu einer Stärke von -1g geprüft und nachgewiesen werden. Außerdem enthält das V-n Diagramm Werte für den Flug mit ausgefahrenen Klappen. Der Geschwindigkeitsbereich ist bei ausgefahrenen Klappen eingeschränkt und das maximale Lastvielfache liegt bei +2 g (anstatt 2,5g). Negative Lastvielfache werden hierbei nicht berücksichtigt. Die Bemessungsgeschwindigkeit für Klappen [VF] ist nach EASA CS 25.335 (e) definiert als das 1,8-fache der Überziehgeschwindigkeit für die jeweilige Klappenstellung (Hünecke 1998). Die Zusammenlegung der beiden V-n Diagramme ergibt folgendes Bild:

4.7 Limitierung durch die Geschwindigkeit

57

Abb. 4.29 V-n Diagramm für Manöver- und Böenlasten

4.7 Limitierung durch die Geschwindigkeit Im sogenannten speed envelope werden durch die Betrachtung der Maximalgeschwindigkeit (VMO bzw. MMO) und die Minimalgeschwindigkeit (VS) die Betriebsgrenzen eines Flugzeuges dargestellt. Der Schnittpunkt der VS- und MMO-Kurve definiert die aerodynamische Dienstgipfelhöhe (aerodynamic ceiling). In der Fliegersprache wird dieser Punkt auch als coffin‘s corner bezeichnet. Damit wird die Gefährlichkeit verdeutlicht, die ein Aufenthalt in diesem Bereich birgt. In der Praxis werden diese Betriebsgrenzen jedoch nicht erreicht, da das Flugzeug zuvor die sogenannten low bzw. high speed buffet limits erreicht. Von buffeting spricht man einerseits, wenn Verdichtungsstöße auf dem Profil vor und zurück springen (Brockhaus 2001). Das beginnende Ablösen der Strömung vom Profil bewirkt ebenfalls ein buffeting. Das low speed buffet limit definiert die minimum safe operating speed für ein vorgegebenes Verhältnis der VS zum Lastvielfachen. Die Geschwindigkeit liegt geringfügig über der VS. Meist beginnt bei dieser Geschwindigkeit ein leichtes Schütteln durch die beginnende Ablösung der

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4 Aerodynamische Grundlagen

Luftströmung oder durch die Formierung von Verdichtungsstößen bei hohen Anstellwinken. (Robson 2006). Das high speed buffet limit definiert die maximum operating speed und liegt in der Regel geringfügig unter der MMO. Bei dieser Geschwindigkeit beginnt das Schütteln aufgrund turbulenter Luftströmung, bedingt durch die Ablösung der Luftströmung hinter dem Verdichtungsstoß. Wie man aus nachfolgender Abbildung sehen kann, wird die zur Verfügung stehende Bandbreite der Geschwindigkeit mit zunehmender Höhe immer geringer. Je nach Gewicht, Flugzeugtyp und Flughöhe liegen zwischen low und high speed buffet gerade noch 10 kt. Eine Böe, die das Flugzeug beschleunigt oder verzögert, kann zu ernsten Problemen führen.

Abb. 4.30 Speed Envelope

Aus Sicherheitsgründen werden die Geschwindigkeitsgrenzen eingeschränkt. Der Flugzeughersteller hat entsprechende Daten zu liefern. Bei der Boeing 727 wurden beispielweise die drei folgenden Varianten im Flughandbuch veröffentlicht: x 1,0 g boundary chart. Dies entspricht dem Geradeausflug ohne Schräglage bzw. keine Turbulenz. x 1,3 g boundary chart. Dies entspricht einer Schräglage von 40° oder moderater Turbulenz. x 1,6 g boundary chart. Dies entspricht einer Schräglage von 50° oder schwerer Turbulenz.

4.7 Limitierung durch die Geschwindigkeit

59

Je höher der Lastfaktor wird, desto mehr wird die Geschwindigkeit eingeschränkt. In der Regel ist die 1,3 g boundary chart eine für die Praxis gut geeignete Variante, da man jederzeit mit leichter bis mittlerer Turbulenz rechnen muss. Die folgende Abbildung zeigt ein Flugzeug, das sich im 1,0 g Bereich aufhält. Sobald nun moderate Turbulenzen auftauchen, wäre das Flugzeug außerhalb seines sicheren Geschwindigkeitsbereichs. Dies könnte zum „Schütteln“ (buffeting) oder sogar zum Kontrollverlust führen.

Abb. 4.31 Darstellung verschiedener Buffet Grenzen

Bei höherem Gewicht, wird der zur Verfügung stehende Geschwindigkeitsbereich immer enger.

5 Geschwindigkeiten

5.1 Pitot-Static-Systeme Das Verständnis der verschiedenen Geschwindigkeitsdefinitionen ist von fundamentaler Bedeutung in allen fliegerischen Disziplinen. Aus diesem Grund werden in diesem Kapitel nicht nur die verschiedenen Definitionen umfassend behandelt, sondern auch die Messung der Geschwindigkeit erläutert. Um die Geschwindigkeit und die Flughöhe von Flugzeugen zu bestimmen, werden sogenannte Pitot-Static-Systeme verwendet. Diese gehen auf eine direkte Anwendung der Erkenntnisse von Venturi und Bernoulli zurück und messen zum einen den dynamischen Druck und den statischen Druck.

Abb. 5.1 Pitot-Static-System des CRJ 900 (FCOM © Bombardier)

Damit liefert das System zwei entscheidende Parameter zum Energiestatus des Flugzeugs, die für flugmechanische und aerodynamische Vorgänge besondere Bedeutung haben: die kinetische Energie des Flugzeugs in Form der Geschwindigkeit und die potentielle Energie in Form der Flughöhe.

62

5 Geschwindigkeiten

5.1.1 Funktionsweise Bei den ursprünglichen Pitot-Static-Systemen wird der Totaldruck und der statische Druck getrennt gemessen, über entsprechende Druckleitungen zusammengeführt und zur Anzeige gebracht. Moderne Systeme, wie sie in Verkehrsflugzeugen verwendet werden, messen sowohl den Total-, als auch den Statikdruck in einem Staurohr. (s. Abb. 5.2 left / right pitot-static probe). Aus Sicherheits- und Redundanzgründen werden zusätzlich zu den Öffnungen zur statischen Druckabnahme sogenannte alternative Statikdrucksonden am Flugzeug angebracht (alternate static source). Die nachstehende Abbildung zeigt das Pitot-Static-System eines CRJ 700.

Abb. 5.2 Pitot-Static System eines CRJ 700

Abb. 5.3 Pitot-Static-System und alternative statische Drucksonde am CRJ 700

5.1 Pitot-Static-Systeme

63

Abb. 5.5 zeigt eine schematische Darstellung eines solchen Systems.

Abb. 5.4 Schematische Darstellung eines Pitot-Static System -

ALT = Höhenmesser (altimeter) VSI = Steiggeschwindigkeitsmesser (vertical speed indicator) ASI = Fahrtmesser (airspeed indicator)

Aus der schematischen Darstellung erkennt man, dass der ALT und VSI im Gegensatz zum ASI nur durch den statischen Druck beeinflusst wird. Nachfolgend soll aber nur der Fahrtmesser betrachtet werden. Für Fluggeschwindigkeiten im Unterschallbereich gilt folgende Gleichung

pd

pt  p s kompressibel

q

U 2

V 2 f M

(5.1)

mit der Korrekturfunktion für die Kompressibilität (nach Gallagher, Higgins, Khnioo und Pierce): f M

º ª M2 M4 M6    ...» «1  4 40 1600 »¼ ¬«

(5.2)

Bei Fluggeschwindigkeiten mit niedrigen Machzahlen (bis ca. M < 0,4) kann der Kompressibilitätseffekt vernachlässigt werden. Dann wird f(M) = 1,0. Abb. 5.5 zeigt den Querschnitt durch einen klassischen Fahrtmesser. Gut erkennbar sind die Anschlüsse an das Drucksystem am linken Bildrand (static connection und pitot connection). Abb. 5.6 zeigt den Fahrtmesser eines Strahlflugzeuges mit einem integrierten Machzahlanzeiger und einer selbstanpassenden VNE Anzeige. Daneben ist ein klassischer Machmeter abgebildet.

64

5 Geschwindigkeiten

Abb. 5.5 Klassischer Fahrtmesser (© FAA 2001)

Abb. 5.6 Fahrtmesser mit Machanzeige und Mach-Fahrtmesser (© FAA 2001)

5.1.2 Systemfehler

Ein tiefes Verständnis der Funktionsweise dieses Systems durch die Piloten ist grundlegende Voraussetzung, um damit einhergehende Fehler zu erkennen und zu beurteilen. In der Vergangenheit gab es mehrere Unfälle, die durch die Fehlbarkeit solcher Pitot-Static Systeme verursacht wurden.

5.1 Pitot-Static-Systeme

65

Besonders bekannt in diesem Zusammenhang ist der Absturz einer B767 der Birgen Air im Jahre 1996. Eine häufige Fehlerquelle ist die Blockierung einer Druckleitung. So waren beispielsweise bei dem Aero Peru Flug 603 alle drei static ports durch ein nicht entferntes Klebeband blockiert. Je nach dem, welche Druckleitung betroffen ist, leiten sich verschiedene Anzeigefehler ab. Ist dies der Fall, muss der Pilot in sehr kurzer Zeit eine Fehleranalyse durchführen, die Fehlerquelle korrekt identifizieren und seine Entscheidungen entsprechend anpassen. Je nach Blockierung ergeben sich verschiedene Handlungsoptionen. Tabelle 5.1 Auswirkungen eines blockierten Pitot-Static Systems auf Höhen- und Fahrtmesser Blockiert ist/sind… … Staudruckleitung

… Statikdruckleitung … beide Leitungen

Auswirkung auf ASI Auswirkung auf ALT/VSI Geschwindigkeit nimmt mit Keine Auswirkungen steigender Höhe zu (Fahrtmesser funktioniert wie ein Höhenmesser) Geschwindigkeit nimmt mit Reagiert nicht auf zunehmender Höhe ab und Höhenzunahme bei abnehmender Höhe zu. Keine Reaktion auf Keine Reaktion auf GeGeschwindigkeits- oder schwindigkeits- oder Höhenänderung. Höhenänderung.

5.1.3 Messfehler Der Instrumentenfehler

Der Instrumentenfehler liegt ursächlich im Instrument selbst und muss beispielsweise durch Tabellen vom Flugzeughersteller korrigiert werden. Moderne Instrumente jedoch sind so genau, dass der Instrumentenfehler vernachlässigbar ist. Gesamtdruckfehler

Der Gesamtdruckfehler (total pressure error) entsteht durch die Strömungsvorgänge entlang des Flugzeugrumpfes. Hierdurch kann es passieren, dass das Staurohr in einem Gebiet niedriger Energie liegt. Um dem vorzubeugen, wird das Staurohr so angebracht, dass es nicht innerhalb

66

5 Geschwindigkeiten

der Grenzschicht liegt. Ein weiterer Gesamtdruckfehler kann dadurch entstehen, dass das Staurohr nicht exakt auf die anströmende Luft ausgerichtet ist. Der Gesamtdruckfehler kann bei hochwertigen Staurohren vernachlässigt werden. Fehler des statischen Drucks

Bei der Messung des statischen Drucks kommt es aufgrund der unvollkommenen Anordnung des Messfühlers am Flugzeug selbst und der Anströmcharakteristik des Messfühlers zu Messfehlern. Dieser Messfehler wird Statikdruckquellenfehler (static error) genannt. Die Messstellen für den statischen Druck müssen in einem Bereich am Rumpf oder am Staurohr angebracht werden, wo weder Über- noch Unterdruck herrscht. Diese Forderung kann jedoch nur für eine bestimmte Fluggeschwindigkeit und einen bestimmten Anstellwinkel umgesetzt werden. Weicht das Flugzeug von diesen vorgegebenen Parametern ab, kommt es auch zu einer Abweichung des gemessenen statischen Drucks. Er wird entweder zu groß oder zu klein. Da dieser Messfehler von der Position des Messstelle abhängt, wird er in der englischen Literatur position error genannt. Er wirkt sich sowohl auf die Geschwindigkeit als auch auf die Höhenanzeige aus. Zur Kompensation dieses Fehlers werden vom Flugzeughersteller Korrekturkurven für verschiedene Klappenstellungen veröffentlicht. Abb. 5.7 zeigt einen Ausschnitt aus dem AFM des CRJ 900 mit den Korrekturkurven für den position error für verschiedene Klappenstellungen. Wie man sehen kann, ist die Korrektur gering und mit Werten von 0,5 bis 1 kt im praktischen Flugbetrieb nicht von Bedeutung.

Abb. 5.7 Airspeed Position Error Correction CR9 (AFM CR9 © Bombardier)

5.2 Definitionen von Fluggeschwindigkeiten

67

5.2 Definitionen von Fluggeschwindigkeiten In der Flugmechanik und Flugleistung, aber auch im täglichen Flugbetrieb wird zwischen verschiedene Arten von Fluggeschwindigkeiten unterschieden. Der Ordnung halber unterteilen wir die Geschwindigkeiten in Geschwindigkeitsvarianten, operationelle Fluggeschwindigkeiten und Bemessungsgeschwindigkeiten. Unter den „Geschwindigkeitsvarianten“ versteht man die folgenden Geschwindigkeiten. x x x x x x x

Indicated Airspeed (IAS) Calibrated Airspeed (CAS) Density Airspeed (DAS) Equivalent Airspeed (EAS) True Airspeed (TAS) Ground Speed (GS) Mach Number (M)

Zwischen den Geschwindigkeitsvarianten bestehen Abhängigkeiten, die in Abb. 5.8 dargestellt werden. Die DAS wird hier nicht weiter behandelt.

Abb. 5.8 Abhängigkeiten zwischen den Geschwindigkeiten

5.2.1 Indicated Airspeed (IAS)

Der IAS (angezeigte Fahrt) ist die Geschwindigkeit, die auf einem nach ISA-Bedingungen geeichten Fahrtmesser angezeigt wird. Für die Verhältnisse in MSL ist die Kompressibilität der Luft bereits in der Skalenteinteilung berücksichtigt. Die IAS ist die für Besatzungen gebräuchliche Geschwindigkeit und wird auch häufig in Leistungstabellen verwendet.

68

5 Geschwindigkeiten

5.2.2 Calibrated Airspeed (CAS)

Die CAS (kalibrierte Fluggeschwindigkeit) ist die Geschwindigkeit, die direkt durch das Pitot-Static-System des Flugzeugs gemessen wird. Sie entspricht der IAS, korrigiert um den Statikdruckquellenfehler. Die Korrektur der CAS darf nur in engen Grenzen erfolgen. Die CS 25.1323 Airspeed Indication Systems enthalten die geltenden Vorschriften. In modernen Flugzeugen, werden die Fehler durch einen air data computer kompensiert, so dass die dem Piloten angezeigte Geschwindigkeit (IAS) der CAS entspricht. Im Unterschallbereich ergibt sich ihr Wert wie folgt:

CAS

2N p0 N  1 U 0

N 1 º ª «§¨ pt  p s  1·¸ N  1» ¸ » «¨ p 0 ¹ »¼ «¬©

(5.3)

5.2.3 Equivalent Airspeed (EAS)

Mit zunehmender Höhe und Machzahl unterliegt die CAS aufgrund des auf Meeresniveau geeichten Fahrtmessers einem zunehmenden Anzeigefehler. Dieser Effekt wird bei der EAS (Äquivalente Fluggeschwindigkeit) berücksichtigt. Unter ihr versteht man die um den Kompressibilitätseffekt korrigierte CAS. Diese Korrektur ('VC) wird bei Fluggeschwindigkeiten von Mach > 0,4 notwendig. Es ergibt sich daher folgende Beziehung zwischen EAS und CAS. EAS = CAS + 'VC

(5.4)

Die Gleichung für die EAS lautet: EAS

N 1 ª º N § · 2N p s « pt  p s ¨  1¸¸  1»» N  1 U 0 ««¨© ps ¹ »¼ ¬

Eine konstante EAS entspricht einem konstanten dynamischen Druck.

(5.5)

5.2 Definitionen von Fluggeschwindigkeiten

69

5.2.4 True Air Speed (TAS)

Die Gleichung für die „wahre Fluggeschwindigkeit“ im Unterschallbereich erhält man nun indem noch die Luftdichte U auf den korrekten Wert bezogen wird. TAS

2N p s N  1 U s

N 1 ª º N § ·  p p «¨ t s  1¸¸  1»» «¨ p s ¹ «¬© »¼

(5.6)

Die TAS kann mit Hilfe der folgenden Gleichung auch direkt aus der EAS berechnet werden: EAS

TAS

V

EAS

T G

(5.7)

Wird eine Rücken- oder Gegenwindkomponente berücksichtigt, ergibt sich aus der TAS die GS. 5.2.5 Machzahl

Die Machzahl ist das Verhältnis der wahren Eigengeschwindigkeit TAS zur örtlichen Schallgeschwindigkeit a. M

TAS a

(5.8)

Die Schallgeschwindigkeit ist abhängig von der Temperatur in der Atmosphäre und kann durch die Beziehung a

a0 ˜ 4

(5.9)

ausgedrückt werden. Einsetzen von Gl. (5.13) in Gl. (5.12) ergibt: M

TAS

(5.10)

a0 ˜ 4

und somit

TAS

M ˜ a0 ˜ 4

(5.11)

70

5 Geschwindigkeiten

5.2.6 Umrechnungsgleichungen

Für einige Flugleistungsberechnungen kann es hilfreich sein, zwischen den Geschwindigkeitsbegriffen umrechnen zu können. Die folgenden Gleichungen können für solche Aufgaben daher sehr nützlich sein: CAS nach EAS (G bekannt) 1 ª º 3, 5 · 2 3, 5 ½ «§¨ 1 ­ª » º ¸ § CAS · ° ° EAS 1479,1 G «¨ ®«1  0,2¨ ¸ »  1¾  1¸  1» «¨ G °« » © 661,4786 ¹ »¼ °¿ ¸ ¹ «© ¯¬ » ¬ ¼

(5.12)

EAS nach CAS (G bekannt)

CAS

1 ª º «§¨ ­ª 1 EAS 2 º 3,5 ½ ·¸ 3,5 » § · ° ° 1479,1 «¨ G ®«1  ¨ ¸ »  1¾  1¸  1» «¨ °« G © 1479,1 ¹ » » °¿ ¸ ¼ ¹ «© ¯¬ » ¬ ¼

(5.13)

CAS nach TAS (G und T bekannt)

TAS

1 ª º 3, 5 · 2 3, 5 ½ «§¨ 1 ­ª » º ¸ § CAS · ° ° 1479,1 T «¨ ®«1  0,2¨ ¸ »  1¾  1¸  1» «¨ G °« » © 661,4786 ¹ »¼ °¿ ¸ ¹ «© ¯¬ » ¬ ¼

(5.14)

TAS nach CAS (G und T bekannt) 1 ª º «§¨ ­ª 1 TAS 2 º 3,5 ½ ·¸ 3,5 » § · ° ° CAS 1479,1 «¨ G ®«1  ¨ ¸ »  1¾  1¸  1» «¨ °« T © 1479,1 ¹ »¼ » °¿ ¸ ¹ «© ¯¬ » ¬ ¼

(5.15)

5.3 Operationelle Geschwindigkeiten

71

Abb. 5.9 zeigt nochmal schematisch die einzelnen Korrekturen und Zusammenhänge der Geschwindigkeitsvarianten.

Abb. 5.9 Darstellung der Geschwindigkeitskorrekturen

5.3 Operationelle Geschwindigkeiten Unter den operationellen Geschwindigkeiten werden solche verstanden, die für die einzelnen Flugphasen relevant sind. Damit sie vom Piloten geflogen und eingehalten werden können, liegen sie in der Regel in Form einer CAS vor. Bei Strömungsabrissgeschwindigkeiten gilt allgemein der Grundsatz, dass analog auch die sogenannte minimum steady flight speed gemeint ist, für den Fall, dass kein Strömungsabriss eintritt. Während des Startlaufs werden verschiedene wichtige Geschwindigkeitsmarken erreicht. Diese werden im folgenden graphisch dargestellt und im nachfolgenden Text erläutert.

Abb. 5.10 Geschwindigkeiten im zeitlichen Verlauf

72

5 Geschwindigkeiten

VS Stall Speed bzw. Strömungsabrissgeschwindigkeit. Der Strömungsabriss liegt vor, wenn der Auftrieb plötzlich zusammenbricht. In diesem Moment ist der Lastfaktor n < 1. Sie ist definiert als die niedrigere der folgenden Geschwindigkeiten: x Die kleinste CAS, bei der das Flugzeug überzogen wird. x Die CAS, die 94 % der VS1G entspricht (siehe CS 25.103). VS1g One-g-stall-speed. Die VS1g ist die niedrigste CAS, bei der das Flugzeug einen Auftrieb in der Größenordnung seines Gewichts produziert. (CS 25.103 (c)). Bei der VS1g wird der maximale Auftrieb (cLmax) erreicht, kurz bevor die Strömung abreißt. In diesem Moment ist der Lastfaktor n = 1. VSR Reference stall speed. Die reference stall speed entspricht der zuvor besprochenen VS1g und wurde im Jahre 2000 mit der 15. Änderung in die damalige JAR 25 integriert. Die VSR darf nicht niedriger wie die VS1g sein und kann durch folgende Gleichung ausgedrückt werden (wobei VcLmax die Geschwindigkeit für maximalen Auftrieb (z. B. VS1g) und n den Lastfaktor darstellt):

VSR t

VcL max

(5.16)

n

Die Relation zwischen VS und VSR bzw. VS1g ist: VS

0,94 ˜ VS1g

(5.17)

Aus Gründen der Vollständigkeit sei noch angemerkt, dass die amerikanische Zivilluftfahrtbehörde FAA nur die VS kennt. VS1 Die Strömungsabrissgeschwindigkeit des Flugzeugs bezogen auf eine fallspezifische Flugzeugkonfiguration. VS0 Die Strömungsabrissgeschwindigkeit des Flugzeugs mit den Flügelklappen in Landestellung. VMCG Minimum Control Speed Ground. Gemäß CS 25.149 (e) steht die VMCG für die Mindestgeschwindigkeit, die notwendig ist, um ein Flugzeug nach Ausfall des kritischen Triebwerks alleine mittels aerodynamischer Steuerung zu kontrollieren und einen sicheren Start zu ermöglichen. Bei der Ermittlung wird ausschließlich laterale Kontrolle mittels der Seitenruder bei durchschnittlichen manuellen und psychomotorischen Fähigkeiten des Piloten unterstellt. Durch den Triebwerksausfall auftretende Asymmetrien müssen mit geeigneten Maßnahmen begegnet werden. Die Vorschriften gehen davon aus, dass die Gegenmaßnahmen so ausgeführt

5.3 Operationelle Geschwindigkeiten

73

werden sollen, dass die Flugbahn parallel zur Pistenmittellinie liegen soll. Der Abstand zwischen dieser Bahn und dem Punkt des Triebwerksaufalls darf lateral 30 ft nicht überschreiten. VMCA Minimum Control Speed Air. Im Gegensatz zur oben beschriebenen VMCG gilt die VMCA für den Flug. Gemäß CS 25.149 (b) ist die VMCA die Geschwindigkeit, bei der das Flugzeug gerade noch geradeaus gehalten werden kann. Es gelten folgende Grundsätze:

x Die Schräglage darf 5° nicht überschreiten. x Es werden keine außergewöhnlichen fliegerischen Fähigkeiten der Piloten vorausgesetzt. x Das Flugzeug darf keine gefährliche Fluglage einnehmen. VEF Engine Failure Speed. Die Geschwindigkeit, bei der ein Ausfall des kritischen Triebwerks angenommen wird. Es gilt die Beziehung:

VMCG ” VEF < V1 V1

Take-off Action Speed.

Die V1 ist keine Entscheidungsgeschwindigkeit, sondern eine Handlungsgeschwindigkeit. Im Englischen wird diese Geschwindigkeit etwas plakativer als „Action Speed“ bezeichnet. Sie ist die Geschwindigkeit, bei der im Falle eines Startabbruchs die erste Maßnahme hierfür eingeleitet werden muss (Bremsen, Schubhebel in Leerlauf bzw. Schubumkehr etc.). Eine Variation der V1 innerhalb vorgegebener Grenzen ist zulässig. Eine solche Variation beeinflusst den benötigten Startlauf (take-off run required) und die Startdistanz (take-off distance). Auf dieses Thema wird an anderer Stelle ausführlich eingegangen. Es gilt die Beziehung: VMCG ” V1 ” VR bzw. VMBE CS 25.107 (a) (2) Take-off speeds V1, in terms of calibrated airspeed, is selected by the applicant; however, V1 may not be less than VEF plus the speed gained with the critical engine inoperative during the time interval between the instant at which the critical engine is failed, and the instant at which the pilot recognizes and reacts to the engine failure, as indicated by the pilot’s initiation of the first action (e.g. applying brakes, reducing thrust, deploying speed brakes) to stop the aeroplane during accelerate-stop tests.

74

5 Geschwindigkeiten

VGO Niedrigste Entscheidungsgeschwindigkeit, bei der ein Start noch innerhalb der verfügbaren Startdistanz fortgesetzt werden kann. (AMJ 25X1591 (b)) VSTOP Höchste Entscheidungsgeschwindigkeit, bei der ein Startabbruch noch innerhalb der verfügbaren Startabbruchstrecke abgebrochen werden kann. (AMJ 25X1591 (b)) VR Rotation Speed. Bei Erreichen der VR wird das Flugzeug durch Ziehen am Höhenruder zum Start angestellt. Durch das Ziehen am Höhenruder ändern sich die Auftriebskräfte am Höhenruder, wodurch es zu einem Nickmoment um die Querachse kommt. Durch diese Nickbewegung kommt es zu einer Änderung des Anstellwinkels. Der höhere Anstellwinkel bewirkt eine Zunahme des Auftriebs und bringt das Flugzeug zum Abheben. Die VR ist vom Flugzeuggewicht, der Klappenstellung, der Umgebungstemperatur und der Druckhöhe abhängig. Die CS 25.107 (b) enthalten eine Reihe von Vorschriften zur Bestimmung der VR, die an dieser Stelle nicht abschließend dargestellt werden können. Prinzipiell darf die VR nicht kleiner sein als die V1 bzw. 1,05 VMC. VMU Minimum Unstick Speed. Die VMU ist die niedrigste Geschwindigkeit, bei der das Flugzeug sicher abheben kann. Sie liegt bezüglich ihrer Größenordnung zwischen der Rotationsgeschwindigkeit und der Abhebegeschwindigkeit. CS 25.107 und AMC 25.107 (d) VLOF Lift-off Speed. Bei Erreichen der Abhebegeschwindigkeit hebt sich das Hauptfahrwerk des Flugzeugs von der Startbahn, nachdem es bei VR um die Querachse rotiert wurde. CS 25.107 (f) V2 Take-off Safety Speed. Muss im Falle eines Triebwerksausfalls an der sogenannten screen height erreicht werden und ist die niedrigste sichere Steiggeschwindigkeit. Sie ist abhängig vom Abfluggewicht und der Stellung der Startklappen und variiert auch mit der Höhe des Flugplatzes und dessen Umgebungstemperatur. Auch bei der V2 gibt es eine bestimmte Bandbreite, die man sich zur Optimierung des maximalen Startgewichts zunutze machen kann. Gemäß CS 25.107 (c) darf die V2 nicht kleiner sein als V2min und VR V2min Die niedrigste V2 ist definiert durch x 1,13 VSR für zwei- und dreimotorige Turboprops und Strahlflugzeuge ohne Bestimmungen einer signifikanten Reduktion der VS. x 1,08 VSR für viermotorige Turboprops und Strahlflugzeuge mit Bestimmungen einer signifikanten Reduktion der VS. x 1,1 VMCA

5.3 Operationelle Geschwindigkeiten

75

V3 Anfängliche Steiggeschwindigkeit mit allen Triebwerken, die an der screen height erreicht werden muss. Es gilt

V3 • V2 + 10 kt V4 Geschwindigkeit des Steigflugs während des Startvorgangs, die an der Mindesthöhe zum Einfahren der Startklappen erreicht wird.

1,3 VS1 ” V4 • 1,2 VMCA VAT Target Threshold Speed. Geschwindigkeit, mit der die Landebahnschwelle in der entsprechenden Höhe überflogen werden soll. Sie ist abhängig vom Landegewicht, der Klappenstellung und vor allem von den vorherrschenden atmosphärischen Bedingungen am Flughafen. Von besonderer Bedeutung für die Geschwindigkeit sind in diesem Zusammenhang die Windverhältnisse und Turbulenzen. Sie beträgt mindestens 1,3 VS0 (bzw. 1,23 VS1g für fly-by-wire-Flugzeuge) und wird nach einem kontinuierlichen Sinkflug an der screen height erreicht, wobei die Neigung des Gleitweges 5 % nicht überschreitet. Die VAT kann durch die Suffixe 0 und 1 ergänzt werden, wobei die 0 für einen Anflug mit allen Triebwerken und die 1 bei einem OEI-Anflug verwendet wird. Die VAT1 darf nicht geringer sein, wie die VAT0. Darüber hinaus können Systemstörungen ebenfalls zu einer Beaufschlagung der VAT führen. VREF Reference Landing Speed. Die Referenzlandegeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, bezogen auf eine bestimmte Flugzeugkonfiguration, die bei 50 ft über der Pistenschwelle erreicht wird. Sie dient als Grundlage für die Berechnung der Landedistanz. Somit gleicht sie der VAT, mit dem Unterschied, dass sie keine Aufschläge (z. B. für Böen) enthält. Bei Windböen im Anflug empfehlen viele Flugzeughersteller eine Erhöhung der VREF um 50% der vorherrschenden Böenkomponente. VMD Minimum Drag Speed. Bei dieser Geschwindigkeit ist der Gesamtwiderstand als Summe aus schädlichem und induziertem Widerstand am niedrigsten. Da der Widerstand dem Schub gleichzusetzen ist (T = D) entspricht diese Geschwindigkeit auch dem Punkt, an dem der geringste Schub notwendig ist. Airbus nennt Geschwindigkeit green dot speed. VMP Minimum Power Speed. Bei Propellerflugzeugen spricht man in vielen Bereichen nicht vom Schub, sondern von der Leistung. Die VMP ist analog der VMD die Geschwindigkeit, bei der vom Triebwerk die geringste Leistung abverlangt wird.

76

5 Geschwindigkeiten

VX Best Angle of Climb Speed. Diese Geschwindigkeit ergibt den besten Steigwinkel bzw. Steiggradienten. Das heißt, man erreicht eine bestimmte Höhe auf kürzester Distanz. VY Best Rate of Climb Speed. Diese Geschwindigkeit ergibt die beste Steigrate. Das heißt, man erreicht eine bestimmte Höhe in kürzester Zeit.

5.4 Bemessungsgeschwindigkeiten Bemessungsgeschwindigkeiten (design Speeds) sind Geschwindigkeiten, die sich auf die Festigkeit der Zelle beziehen. Sie bilden die Grundlage für den Bau und die Dimensionierung der Flugzeugkonstruktion und ergeben sich aus den Lufttüchtigkeitsanforderungen zur strukturellen Festigkeit. Alle Bemessungsgeschwindigkeiten sind equivalent air speeds. VA Design Maneuvering Speed. Die VA ist die Höchstgeschwindigkeit für Flugmanöver mit vollem Ruderausschlag. Das heißt, dass das Flugzeug bei dieser Geschwindigkeit in den überzogenen Flugzustand (das Flugzeug „stallen“) gerät, wenn das maximale Lastvielfache (load factor) erreicht wird. Gemäß den Bauvorschriften liegt das maximale Lastvielfache für Passagierflugzeuge bei 2,5 g für eingefahrene Landeklappen und bei 2 g mit ausgefahrenen Landeklappen. VB Design Speed for maximum gust intensity. Die Bemessungsböengeschwindigkeit VB ist die Höchstgeschwindigkeit bei starker Böigkeit für eine maximale senkrechte Böe von 66 ft/sec (bzw. 20 m/s). EASA CS 25.335 (d) VC Design Cruise Speed. Die maximale Reisegeschwindigkeit (Bemessungsreisegeschwindigkeit) nach EASA CS 25.335 (a) bei der eine angenommene maximale vertikale Böe von 50 ft/sec bzw. 15 m/s keine strukturellen Schäden an der Zelle hinterlässt. Sie entspricht je nach Flugzeug der VMO/MMO, wobei sie immer gleich oder höher sein muss. VD Design Diving Speed. Die Bemessungsbahnneigungsgeschwindigkeit nach EASA CS 25.335 (b) unterstellt eine angenommene maximale vertikale Böe von 25 ft/sec bzw. 7,5 m/s. VF Design Flap Speed. Höchstgeschwindigkeit mit voll ausgefahrenen Klappen. Nach EASA CS 25.335 (e) (3) darf die VF nicht kleiner sein als x 1,6 VS1 mit Klappen in Startstellung bei maximalem Startgewicht x 1,8 VS1 mit Klappen in Anflugstellung bei maximalem Landegewicht x 1,8 VS0 mit Klappen in Landestellung bei maximalem Landegewicht

6 Strahltriebwerke

6.1 Einführung Die grundsätzliche Aufgabe eines Triebwerks ist, für den Vortrieb des Flugzeuges zu sorgen. Hierzu muss der Schub bzw. die Leistung des Triebwerks die auf das Flugzeug wirkende Widerstandskraft überwinden. Als sekundäre Aufgabe können alle Aufgaben und Leistungen zusammengefasst, die nichts mit dem direkten Vortrieb des Flugzeuges zu tun haben. x Bereitstellung von elektrischer und hydraulischer Leistung x Bereitstellung von pneumatischer Leistung für die Druckkabine. x Bereitstellung von heißer Luft (Zapfluft bzw. Bleed Air) für die Enteisungsanlagen. Turbinentriebwerke werden in drei Varianten unterschieden:

Abb. 6.1 Triebwerksvarianten

Dieses Kapitel befasst sich nur mit dem Strahltriebwerk in Form des ZTLTriebwerks.

78

6 Strahltriebwerke

6.2 Die historische Entwicklung der Strahltriebwerke Eine der ersten Strahltriebwerke war die Whittle Engine, benannt nach ihrem Erbauer Sir Frank Whittle, die in den 30er Jahren gebaut wurde. Während die ersten Triebwerke noch Radialturbinen aufwiesen, setzte sich im Laufe der Zeit immer mehr die Axialturbine durch. Das erste im kommerziellen Passagierluftverkehr eingesetzte Strahltriebwerk war eine Einwellenaxialturbine (single-spool axial flow turbojet). Der Terminus single-spool bezieht sich auf die Welle, die den Kompressor mit der Turbine direkt verband. Eine Weiterentwicklung nach den Einwellentriebwerken war die Einführung von Zweiwellentriebwerken (twin-spool turbojet engines), wie sie auch heute teilweise noch verwendet werden. Durch eine zweite Welle hatte das Triebwerk nun zwei unabhängige Verdichterstufen, die von zwei unabhängigen Turbinen angetrieben wurden. Dies verbesserte die Effizienz des Triebwerks. Die erste Verdichterstufe ist ein mit niedriger Geschwindigkeit drehender Rotor. Die zweite Verdichterstufe ist ein mit hoher Geschwindigkeit drehender Rotor. Im Cockpit werden die Geschwindigkeiten der Verdichterstufen in % angegeben und sind als N1und N2-Rotor bekannt. Die Drehzahl kann über den Schubhebel direkt beeinflusst werden. Ein weiterer Meilenstein in der Triebwerksentwicklung war die Einführung des sogenannten Turbofans (twin-spool bypass turbojet engine). Hierbei übernimmt ein von der Niederdruckturbine angetriebener „schaufelradartiger Propeller“, der sogenannte Fan, einen großen Anteil der Schuberzeugung, indem er eine große Luftmenge beschleunigt und am eigentlichen Verbrennungsprozess vorbeileitet. Dies verbessert nicht nur die Treibstoffeffizienz, sondern verringert auch die Lärmemissionen. Denn der Nebenstrom wirkt wie ein schalldämpfender „Mantel“ um den austretenden primären Luftstrom. Während die ersten Fantriebwerke ein niedriges Bypass Verhältnis (low bypass ratio) hatten, haben moderne Turbofans Nebenstromverhältnisse von 5:1 und mehr. Das bedeutet, dass 80 % des Schubs und mehr aus dem Nebenstrom gewonnen werden. Neben den Zweiwellenturbinentriebwerken gibt es auch die Dreiwellenturbinentriebwerke (triple-spool turbofan engines). Der Triebwerkshersteller Rolls-Royce produziert diese bereits seit 40 Jahren. So war der Erstlauf der RB211-22B für die Lockheed L1011 Tristar im

6.3 Funktionsweise und allgemeine Schubgleichung

79

Jahre 1969. Das Ziel dieser Weiterentwicklungen ist in erster Linie die Steigerung der Effizienz durch eine optimierte Anpassung und Abstimmung der Luftströmung an Verdichter und Kompressor. Die komplexe Dreiwellenarchitektur, mit drei voneinander unabhängigen Rotoren, kann jedoch nicht unbegrenzt auf kleinere Triebwerke skaliert werden. So hat gerade bei niedrigeren Schubklassen das Zweiwellentriebwerk durch das erheblich niedrigere Triebwerksgewicht einen wesentlichen Vorteil gegenüber dem „Dreiweller“.

6.3 Funktionsweise und allgemeine Schubgleichung Die Funktionsweise eines Strahltriebwerks kann anhand von vier Arbeitsschritten dargestellt werden: x Die Luft wird eingesaugt und in einem Verdichter komprimiert. Im Verdichter steigt der Druck kontinuierlich an und erreicht seinen höchsten Wert vor der Brennkammer. Die Höhe dieses Drucks mit entscheidend für den spezifischen Kraftstoffverbrauch und für die Leistung des Triebwerks (Engmann 2000). Mit der Druckerhöhung nimmt auch die Temperatur weiter zu. x In der Brennkammer wird Treibstoff hinzugefügt und gezündet. Der Druck bleibt während der Verbrennung nahezu konstant. x Das aus der Explosion resultierende Gas treibt eine Turbine an, die wiederum den Verdichter antreibt. Hier nehmen Druck und Temperatur stark ab. x Das Gas verlässt das Triebwerk an der sogenannte tailpipe. Die durchströmende Luft wird im hinteren Teil des Triebwerks vor dem Austritt stark beschleunigt. Dabei sinken sowohl Druck, als auch Temperatur. Die allgemeine Schubgleichung und das zugrunde liegende physikalische Grundprinzip lehnen sich an das zweite und dritte Newton’sche Axiom an (siehe Kapitel 4.2.1). Die Kraft, die ein Triebwerk entwickelt, basiert auf einer Luftmasse, die im Triebwerk eine Geschwindigkeitsänderung erfährt.

F -

m a ˜ (Vout  Vin )

F = Kraft (bzw. Schub) ীa = Luftmassendurchsatz in kg pro Zeiteinheit

(6.1)

80

6 Strahltriebwerke -

Vin = Eintrittsgeschwindigkeit der Luft Vout = Austrittsgeschwindigkeit der Luft

Neben der einströmenden Luft wird aber auch der Treibstoff im Triebwerk auf Austrittsgeschwindigkeit beschleunigt, welches zusätzlichen Schub bringt. Desweiteren gibt es noch einen dritten schuberhöhenden Effekt. Wenn der Gesamtdruck des Gasgemischs am Triebwerksauslass größer ist wie am Einlauf, kommt es durch diesen Druckunterschied zu einem zusätzlichen Schubanteil. Obwohl diese Komponente in Relation zum Gesamtschub sehr klein ist, soll sie nicht vernachlässigt werden. Somit ergibt sich die endgültige Schubgleichung wie folgt: Fnet -





Vout m air  m fuel  V ˜ m air  Aex ( pexhaust  pa )

(6.2)

Fnet = nutzbarer Triebwerksschub (ীa + ীf) = gesamter Massenstromaustritt am Triebwerk ীa = Luftmassendurchsatz V = Geschwindigkeit des Flugzeugs (TAS) pexhaust = Druck des Gasgemischs am Austritt pa = statischer Druck Aex = Fläche des Austrittsbereichs

Mit steigender Fluggeschwindigkeit nimmt die Differenz aus ein- und ausströmender Luft ab, was zu einer Verringerung des nutzbaren Schubs führt. Der nutzbare Triebwerksschub wird in der Fachterminologie als net thrust bezeichnet. Dieser ergibt sich aus dem Gesamtschub (gross thrust) des Triebwerks (erster Term der Gl. (6.2)) und einer Minderung, die aus der Fluggeschwindigkeit des Flugzeugs resultiert (zweiter Term der Gl. (6.2)).

6.4 Schubbeeinflussende Faktoren Nach der Fertigung eines Triebwerks wird am Triebwerksteststand der sogenannte test thrust ermittelt. Aufgrund optimaler Bedingungen und dem Fehlen von Verbrauchern (wie z. B. Klimatisierung) bei diesen Tests, ist der erzielte Schubwert nicht derjenige, der letztlich „am Flügel“ auch tatsächlich zur Verfügung steht. Der grundsätzlich theoretisch zur Verfügung stehende Schub wird installed thrust genannt. Dem steht der tatsächlich situationsbezogen verfügbare Schub (thrust available, TA) gegenüber, der einer Vielzahl an schubbeeinflussenden Faktoren ausgesetzt ist, die im Folgenden dargestellt werden.

6.4 Schubbeeinflussende Faktoren

81

6.4.1 Luftdichte, Temperatur und Luftdruck

Der wohl signifikanteste schubbeeinflussende Faktor ist die Luftdichte, als Funktion von Temperatur und Luftdruck. Direkt abhängig von der Luftdichte ist der Luftmassendurchfluss im Triebwerk, der bei dünner Luft kleiner und bei dicker Luft größer ist. Um den Einfluss der Temperatur gering zu halten, werden die heutzutage verwendeten Strahltriebwerke so ausgelegt, dass sie bis zu einer bestimmten Höchsttemperatur (flat rate temperature) den vollen Schub zur Verfügung stellen. In einem solchen Fall spricht man von flat rated. Den Bereich rechts des sogenannten brake points nennt man full rated. Mit steigender Temperatur (true air temperature, TAT) nimmt der Schub kontinuierlich ab, bis er bei der sogenannten maximum certified temperature den niedrigsten Wert erreicht.

Abb. 6.2 Full und flat rated thrust

Bewegt man sich entlang des full rated thrust in Richtung niedrigerer Temperatur (TAT), bleibt die Austrittstemperatur (EGT) zunächst konstant. Erst im Bereich des flat rated thrust fällt die EGT dann mit weiter abnehmender TAT. 6.4.2 Fluggeschwindigkeit

Wie zuvor bereits im Rahmen der Schubgleichung erläutert, wirkt sich die Fluggeschwindigkeit zum einen auf die Differenz ein- und ausströmender Luft aus und zum anderen auch auf den Druckunterschied. Durch eine Erhöhung der Fluggeschwindigkeit kommt es durch die höhere Einströmgeschwindigkeit zu einem Kompressionseffekt am Lufteinlauf des Triebwerks. Dieser Effekt wird Staueffekt (ram effect) genannt.

82

6 Strahltriebwerke

Während eine höhere Fluggeschwindigkeit zu einem niedrigeren Schub führt, erhöht wiederum der ram effect den Schub aufgrund der Druckdifferenz aus der Kompression. 6.4.3 Weitere Schub verringernde Faktoren

x Zapfluftentnahme für Klimaanlage oder Enteisungsanlage mindern den zur Verfügung stehenden Schub. x Leistungsentnahme für andere Verbraucher (Hydraulik, Treibstoffpumpen etc.) Abb. 6.3 soll die beeinflussenden Parameter auf den Schub nochmal zusammenfassen:

Abb. 6.3 Einflüsse auf den Schub

6.5 Triebwerksleistungsstufen Unter Triebwerksleistungsstufen (thrust ratings) versteht man den Schub, den ein Triebwerk in bestimmten Betriebsbedingungen entwickeln darf (Bräunling 2001). Ratings werden festgelegt, um das Triebwerk durch zu hohe Einstellungen nicht zu überlasten. Sie dürfen aus Sicherheitsgründen nicht überschritten werden. Je nach Flugphase bzw. Situation wird die entsprechende Leistungsstufe vom Piloten gesetzt.

6.5 Triebwerksleistungsstufen

83

Unterschieden werden Ratings hinsichtlich ihrer Zertifizierung durch die Zulassungsbehörde.

Abb. 6.4 Unterscheidung der Schubniveaus

6.5.1 Maximum Take-off Thrust

Der maximale Startschub ist der höchste zur Verfügung stehende Schub und wird nur für den Start angewendet. Aufgrund der hohen Triebwerksbelastung bei diesem Schubniveau existiert hierfür eine zeitliche Einschränkung. In aller Regel sind dies 5 Minuten. Für den Fall eines Triebwerksausfalles können diese 5 Minuten auch je nach Triebwerkstyp auf 10 Minuten ausgedehnt werden1. Die Werte für Maximum Take-off Thrust befinden sich im AFM und heißen dort auch – je nach Flugzeughersteller – normal take-off thrust. Die tabellarisch aufgelisteten Werte werden für unterschiedliche Konfigurationen der Zapfluftanlage geliefert. So gibt es Unterschiede, ob die Klimaanlage von den Triebwerken oder der Hilfsturbine versorgt wird, oder ob die Enteisungsanlage zugeschaltet wird. Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft den maximum take-off thrust eines generischen Verkehrsflugzeugs.

1

So beträgt das Zeitlimit beim CRJ 100 beispielsweise 5 Minuten, beim CRJ 700 und 900 aber 10 Minuten.

84

6 Strahltriebwerke

Tabelle 6.1 Maximum Take-off Thrust Setting (All Engines Operating), %N1 (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)

6.5.2 Go-around Thrust

Der go-around thrust wird häufig auch als inflight Take-off Thrust bezeichnet. Grundsätzlich ist der Schub in seinem Betrag identisch mit dem Maximum Take-off Thrust. Bei einem Durchstartmanöver hat das Flugzeug jedoch bereits eine gewisse Geschwindigkeit. Dies bewirkt andere Schubeinstellungen für %N1 und EPR. Das Zeitlimit für dieses zertifizierte Thrust Rating ist identisch mit dem Maximum Take-off Thrust Limit. 6.5.3 Maximum Continous Thrust

Dieses Thrust Rating ist für den Fall eines Triebwerksausfalles vorgesehen. Es ist ein emergency thrust setting und ist damit das maximal mögliche Schubniveau, das ohne Zeitlimit auf dem verbleibenden Triebwerk gesetzt werden darf. Diese Leistungsstufe ist auf einen einzelnen Flug beschränkt.

6.6 Treibstoffverbrauch

85

In den Flughandbüchern existieren verschiedene Darstellungsformen für Maximum Continous Thrust. Da neben dem Druck- und Temperaturlimit auch die Geschwindigkeit des Flugzeuges beachtet werden muss, liefert beispielsweise Bombardier für den CRJ 900 zwei verschiedene Tabellen. Zum einen für eine Geschwindigkeit von 170 kt und eine für eine Geschwindigkeit von 230 kt. Boeing wiederum liefert im AFM für die B747-400 eine graphische Darstellung. 6.5.4 Maximum Climb / Cruise Thrust

Diese Thrust Ratings sind ein Schubniveau für den „normalen“ Steigflug bzw. Reiseflug, die jeweils die Obergrenze des Schubes für die entsprechende Flugphase darstellen. Sie unterliegen keinem Zeitlimit. Je nach Triebwerkshersteller kann der MCLT auch dem MCT entsprechen. Da es kein zertifiziertes Schubniveau ist, findet man die Werte auch nicht im ebenfalls zertifizierten AFM, sondern in anderen flugzeugbezogenen Handbüchern, die dem Flugzeugbetreiber mit der Auslieferung übergeben werden. Da diese Bücher den einzelnen Piloten nicht immer zugänglich sind, werden sie in den entsprechenden Kapiteln der Flugbetriebshandbücher veröffentlicht.

6.6 Treibstoffverbrauch Der Treibstoffverbrauch (fuel flow, FF) ist ein wichtiger Parameter in nahezu allen Flugleistungsberechnungen, wenn es um Effizienz und Wirtschaftlichkeit geht, und spielt daher eine große Rolle im Reiseflug und den entsprechenden Formeln der spezifischen Reichweite und Flugdauer. Unter FF versteht man den Verbrauch einer Treibstoffmenge (mf) pro Zeiteinheit. Er kann im Cockpit direkt abgelesen werden. In metrischen Einheiten lautet Dimension in der Regel [kg/min]. FF



dm f

(6.3)

dt

Der Treibstoffverbrauch hängt ursächlich von den Eigenschaften und der Interaktion des Triebwerks mit der Flugzeugzelle ab (sog. engine/airframe combination). Um den FF höhenunabhängig anwenden zu können, kann er für atmosphärische Bedingungen korrigiert werden. Hierzu dividiert man den

86

6 Strahltriebwerke

FF durch die atmosphärischen Parameter Luftdruck G und Temperatur T. Der Exponent x steht dabei für die spezielle Charakteristik des entsprechenden Triebwerks und liegt in der Regel bei etwa 0,5. Der korrigierte Treibstoffverbrauch (corrected fuel flow) ergibt sich somit zu: FF G ˜ Tx

FFC



FF

(6.4)

G˜ T

Der Treibstoffverbrauch ist von der Geschwindigkeit abhängig und ergibt sich aus der Schwebeschub- bzw. Schwebeleistungskurve durch die Beziehung Pr -

FF ˜ H i ˜ K p

(6.5)

Pr = benötigte Schwebeleistung Hi = Heizwert des Treibstoffs

Durch Umstellen nach FF erhält man FF

Tr ˜ TAS H i ˜K p

(6.6)

Je nach Triebwerkshersteller unterscheiden sich die Darstellungsformen des Treibstoffverbrauchs. In einigen Fällen wird nicht der fuel flow angegeben, sondern der spezifische Treibstoffverbrauch SFC (specific fuel consumption). Bei Strahlflugzeugen wird der spezifische Treibstoffverbrauch in der Regel auf den Schub bezogen und mit TFSC (thrust specific fuel consumption) abgekürzt. Unter TSFC versteht man den Treibstoffverbrauch, der benötigt wird, ein bestimmtes Schubniveau zu generieren. Der TSFC kann wie auch der FF um die Einflüsse von Temperatur und Flughöhe korrigiert werden. Mathematisch betrachtet, entspricht TSFC [(kg/h)/N] dem Verhältnis aus Treibstoffmassendurchsatz FF [kg/h] zur produzierten nutzbaren Schubkraft Fnet.

7 Die Atmosphäre

7.1 Einführung Das tatsächliche Leistungsvermögen eines Flugzeuges und dessen Triebwerke stehen in enger Verbindung zu den vorherrschenden atmosphärischen Bedingungen. Die Atmosphäre der Erde ist ein Gasgemisch, das hauptsächlich aus Stickstoff (78 %) und Sauerstoff (21 %) besteht. Die verbleibenden 1 % entfallen hauptsächlich auf die Gase Argon (0,9 %) und Kohlendioxid (0,03 %), sowie weitere Gase in verschiedenen Mengen (z. B. Wasserdampf, Wasserstoff, Ozon, Methan). Die Energie der Sonne heizt die Atmosphäre auf, wobei die umgebende Luft nur wenig dieser Wärme aufnehmen kann. Der Großteil der Wärme trifft daher den Erdboden. Dieser heizt sich auf und erhitzt nun die bodennahen Luftschichten. Die warme Luft steigt auf und kühlt sich dabei ab. Der Punkt, an dem keine weitere Abkühlung mehr möglich ist, nennt man Tropopause. Über der Tropopause beginnt die Stratosphäre, darunter liegt die Troposphäre. In der Stratosphäre ist die Temperatur weitestgehend konstant. Die Tropopausenhöhe variiert in den unterschiedlichen Breiten und ist aufgrund ihrer Grenzschichtfunktion für die Flugplanung und Flugdurchführung von besonderer Bedeutung.

7.2 Die Internationale Standard Atmosphäre (ISA) Die reale Atmosphäre unterliegt ständigen Änderungen. Wechselnde Jahreszeiten, tatsächlich vorherrschende Winde und Luftmassenbewegungen haben großen Einfluss auf die Temperatur, den Luftdruck und die Luftdichte und somit auch auf die Leistung von Flugzeugen und deren Triebwerke.

88

7 Die Atmosphäre

Um Flugleistungs- und Triebwerksparameter vergleichbar zu machen, musste eine einheitliche Basis geschaffen werden. Darüber hinaus müssen auch Instrumente wie ASI, ALT und VSI, die Informationen über Druck, Dichte und Temperatur verarbeiten, auf eine bestimmte Referenz geeicht werden, damit die Instrumente bei allen Flugzeugen gleich anzeigen. Eine Staffelung der Flugzeuge durch die Flugverkehrskontrolle wäre sonst nicht möglich. Eine solche Referenz bietet die Internationale Standard Atmosphäre (ISA) der ICAO. Sie ist ein idealisiertes Modell der Atmosphäre und entspricht im übrigen der US Standard Atmosphäre von 1976 für Höhen bis zu 32 km. Die Basisdaten der ISA wurden durch langjährige Beobachtungen und Messungen von Wetterdaten auf der Nordhalbkugel abgeleitet und gelten weltweit. Grundsätzlich lässt sich die Atmosphäre für unsere Belange in zwei Bereiche einteilen. Troposphäre und Stratosphäre, getrennt durch die Tropopause. x Die Troposphäre reicht im Mittel bis zu einer Höhe von 11.000 m bzw. 36.089,24 ft. Es wird eine lineare Temperaturabnahme angenommen, wobei die Temperatur in Meeresspiegelniveau 15 °C beträgt. Die Temperaturabnahme beträgt 6,5 °C pro 1000 m bis zu einer Tiefsttemperatur von -56°C. x Die Tropopause ist die Grenzschicht zwischen der Troposphäre und Stratosphäre. x Die Stratosphäre beginnt über der Tropopause. In dieser Region wird Isothermie angenommen. Die Temperatur wird folglich konstant bei minus 56,5°C angenommen. Abb. 7.1 stellt die oben genannten Punkte grafisch dar. Die darauf folgende Tabelle 7.1 zeigt die Basisdaten der ISA, wobei der Zusatz „MSL“ bedeutet, dass sich der Wert auf Meeresspiegelniveau (mean sea level, MSL) bezieht (

7.2 Die Internationale Standard Atmosphäre (ISA)

89

Abb. 7.1 Temperaturabnahme in der Troposphäre Tabelle 7.1 Parameter der ISA Bezeichnung Temperatur (Troposphäre)

Symbol T0

Temperatur (Stratosphäre) Temperaturabnahme (Troposphäre) Luftdruck in MSL

TS TLR

Luftdichte in MSL Relative Luftfeuchte Tropopausenhöhe Mittlere Stratosphärenhöhe Stratosphärengrenze und ISA Grenze spezifische Gaskonstante für Luft Isentropenexponent Schallgeschwindigkeit in MSL

U0

Gravitationskonstante

p0

HT HSm

SI Einheit 288,15 (15 °C) 216,65 K 6,5·10-3 K/m

Non-SI Einheit 518,67 R

1013,25 hPa (101.325 N/m2) 1,225 kg/m3 0% 11.000 m

29,92126 inch Hg 2116,217 lb/ft2 0,002377 slugs/ft3

RS,Luft

287,058 J/(kg·K)

N a0

1,4 340,294 m/s

g

9,80665 m/s2

389,97 R 1,9812·10-3 °C/ft

36.089,24 ft 66.000 ft 105.000 ft

1,4 661,4786 kt 1116,45 ft/s 32,17405 ft/s2

90

7 Die Atmosphäre

7.3 Atmosphärische Parameter Zur Herleitung der atmosphärischen Parameter bedienen wir uns der Zustandsgleichung idealer Gase.

p

U ˜ R ˜T

(7.1)

In diese werden nachfolgend die Werte mit MSL-Bezug eingetragen.

p0

U 0 ˜ R ˜ T0

(7.2)

Durch Division der beiden Gleichungen kürzen sich die Gaskonstante R und g heraus und man erhält p p0

U T ˜ U 0 T0

(7.3)

mit den für viele aerodynamische Sachverhalte wichtigen Quotienten Theta (T , Delta (G und Sigma (V  als Verhältniszahlen für Temperatur, Luftdruck und Luftdichte. Die Gl. (7.3) kann auch in der folgenden Form geschrieben werden:

G

V ˜T

(7.4)

7.3.1 Temperaturquotient

T

TISA T0

Temperatur Temperatur in MSL

(7.5)

Weicht die Temperaturverteilung der realen Atmosphäre von der ISA Atmosphäre ab, muss T um diesen Wert korrigiert werden: Beispiel zur Korrektur von T

x Flughöhe: 29.000 ft. x Aktuelle Temperatur in 29.000 ft = -32,5 °C 1. Schritt: Ermittlung der ISA-Temperatur. Diese kann entweder durch einen Blick in die Tabelle oder mithilfe folgender Gleichung ermittelt werden. ª § ªqC º ·º TISA >qC @ T0 >qC @  «'h> ft @ ˜ ¨¨1,9812 ˜ 10 3 « » ¸¸» ¬ ft ¼ ¹¼» © ¬«

(7.6)

7.3 Atmosphärische Parameter

TISA

15  29000 ˜ 0,0019812 42,5 °C

91

(7.7)

2. Schritt: Vergleichen von TISA mit Tact: Dieser ergibt, dass die Atmosphäre 10 K wärmer ist. Es herrschen also „ISA+10“ Bedingungen. 3. Schritt: Korrektur von TUmwandlung von relativer Temperatur in absolute Temperatur: TISA= -42,5 °C = 230,65 K T0 = 15 °C entspricht 288,15 K Durch Einsetzen der ISA Abweichung in T erhält man: Tact T0

T corr

TISA  'ISA T0

230,65  10 288,15

0,8352

(7.8)

Zum Vergleich: TISA in 29.000 ft = 0,8006 7.3.2 Luftdruckquotient

G steht für das Verhältnis aus Luftdruck einer bestimmten Höhe p zu dem Standardluftdruck in Meeresniveau p0. G

p p0

Luftdruck Luftdruck in MSL

(7.9)

Der Zusammenhang von G und der Höhe nach ISA definiert die sogenannte Druckhöhe (pressure altitude, PA). Diese Druckhöhe ist in der Aerodynamik und der Flugleistung von besonderer Bedeutung und wird für die meisten Berechnungen verwendet. Darüber hinaus ist die Druckhöhe auch Basis der Höhenmesserkalibrierung. Die G-Werte, wie sie in ISA Tabellen zu finden sind, müssen nicht für „non-standard“ Bedingungen korrigiert werden und können daher auch bei Drucklagen verwendet werden, die von ISA Bedingungen abweichen. Die Änderung von G mit der Druckhöhe (pressure altitude, PA) erfolgt nach folgender Gleichung:

x Unter 36.089 ft

G x Über 36.089 ft

>1  6,875586 u 10

6

˜ PA

@

5, 25588

(7.10)

92

7 Die Atmosphäre

0,22336 ˜ e

G

§ 36089 PA · ¨¨ ¸¸ © 20805, 7 ¹

(7.11)

7.3.3 Luftdichtequotient U U0

V

Luftdichte Luftdichte in MSL

(7.12)

Umstellen von Gl. (7.4) nach V liefert: V

(7.13)

G T

Die V-Werte in der ISA-Tabelle beziehen sich – wie T– auf Standard Bedingungen. Bei abweichenden Bedingungen mussV korrigiert werden. Hierbei kann Gl. (7.13) helfen. 7.3.4 Einfluss von Machzahl auf atmosphärische Parameter

Luftdichte, Luftdruck und Temperatur werden durch die Kompressibilität der Luft maßgeblich beeinflusst. Die Kompressibilität muss daher bei hohen Geschwindigkeiten (ab ca. 60 m/s) berücksichtigt werden. Die Totalwerte (Index t) ergeben sich sodann aus den statischen Werten für den Druck mit:



p s ˜ 1  0,2 M 2

pt

(7.14)

3, 5



und für die Temperatur mit



SAT ˜ 1  0,2M 2

TAT



(7.15)

Die total air temperature Tt (TAT) und die static air temperature (SAT) sind im Cockpit direkt ablesbar. Bezogen auf Standardbedingungen ergeben sich durch Umstellen die folgenden Formeln: Gt

pt p0

ps 1  0,2 M 2 p0



3,5



(7.16)

7.3 Atmosphärische Parameter

Tt

Tt T0

Ts 1  0,2 M 2 T0





93

(7.17)

Zur schnellen Berechnung der TAT existieren Tabellen. Durch einen Vergleich des Tabellenwerts mit der angezeigten TAT ist im Flug schnell erkennbar, ob man in einer „warmen“ oder „kalten“ Atmosphäre fliegt. Tabelle 7.2 TAT bei ISA Bedingungen (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)

94

7 Die Atmosphäre

7.4 Darstellung von atmosphärischen Informationen in der Praxis Im Rahmen der Flugunterlagen bekommt die Flugbesatzung eine ganze Reihe von Informationen über das Wetter und die Atmosphäre, welche in die Planung und Flugdurchführung eingehen. Dieses Kapitel zeigt beispielhaft einen Ausschnitt der Flugunterlagen die Piloten der Lufthansa im Rahmen der Flugvorbereitung bekommen. Die Bilder und Daten der Abbildungen sind dem Lido OC Briefing Paket entnommen und können hier aus Platzgründen nur rudimentär erklärt werden. 7.4.1 Operational Flight Plan

Im Flugdurchführungsplan, dem sog. operational flight plan (OFP), erhält der Pilot alle Informationen rund um die Flugstrecke. Hier findet er auch essenzielle Informationen zu bestimmten atmosphärischen Parametern. Abb. (7.3) zeigt einen Ausschnitt aus einem OFP von Stuttgart nach Barcelona.

Abb. 7.2 Operational Flight Plan (© CLH)

7.4 Darstellung von atmosphärischen Informationen in der Praxis

95

Dem eingerahmten Ausschnitt können folgende Details entnommen werden:

x Das Flugzeug soll initial auf eine Reiseflughöhe von 35.000 ft (LVL CLB 350) steigen. Geplant ist, nach dem Start auf der Startbahn 07 in Stuttgart (siehe Spalte POSITION: EDDS/07) über den Wegpunkt NATOR die Reiseflughöhe nach 23 min. bzw. 144 NM zu erreichen (TOC = Top of climb). x Dabei wird das Flugzeug die Tropopause durchfliegen. Denn die liegt bei 33.000 ft (Spalte TP = 33). x Aus den Angaben kann man errechnen, dass die Atmosphäre etwas kälter als Standard ist. Die ISA-Temperatur in 35.000 ft müsste ca. -55 °C betragen. Laut OFP herrschen aber -60 °C (Spalte T = -60). Es herrscht also eine um 5 °C kältere Atmosphäre gegenüber der ISA. x Die Spalte W/V steht für wind and velocity und gibt den Wind zwischen zwei Wegpunkten an. 7.4.2 Significant Weather Chart

Die significant weather chart (SWC) gibt einen Überblick über die Gesamtwetterlage und – wie der Name schon sagt – über signifikante Wettererscheinungen. Es werden Frontensysteme abgebildet und Informationen zu Vereisungsbedingungen und Turbulenzen gegeben. Die Tropopausenhöhe wird als dreistellige Zahl in einem Rechteck dargestellt, wobei die höchste (Suffix H für high) und niedrigste (Suffix L für low) Zahl gesondert hervorgehoben werden und somit die höchste und tiefste Lage der Tropopause anzeigen. Die Zahl bezieht sich auf die Flugfläche (FL = flight level) als Höhenangabe. In unserer Beispielkarte liegt der höchste Punkt der Tropopause südwestlich von Island in 41.000 ft. Es gibt mehrere lokale Tiefpunkte. So befindet sich der tiefste Punkt in Südeuropa an der italienischen Ostküste in 30.000 ft. Ein weiterer Tiefpunkt findet man z. B. an der afrikanischen Nordküste in 25.000 ft (250 L).

96

7 Die Atmosphäre

Abb. 7.3 Significant Weather Chart (© CLH)

7.4 Darstellung von atmosphärischen Informationen in der Praxis

97

7.4.3 Lateraler Flugweg

Abb. (7.6) zeigt den Flugweg von Stuttgart nach Barcelona. Die atmosphärischen Daten (Windstärke, Windrichtung und Temperatur) beziehen sich auf eine Flughöhe von 35.000 ft (FL 350). Die Windpfeile sind zum geografischen Nordpol ausgerichtet (sog. true north Ausrichtung). Die Windkarten liegen für verschiedene Flughöhen vor und werden vor allem auf Langstreckenflügen zur Konstruktion der zeitlich kürzesten Route (minimum time track, MTT) verwendet.

Abb. 7.4 Lateraler Flugweg (© CLH)

98

7 Die Atmosphäre

7.4.4 Flugprofil

Das Flugprofil ist insofern interessant, als dass man auf einen Blick die Windverhältnisse in den anderen Flughöhen erkennt. So kann schnell ermittelt werden, welche Auswirkungen eine nicht vorhersehbare Höhenbeschränkung der Flugverkehrskontrolle auf die Flugzeit und den Treibstoffverbrauch hätte. Auf der Abbildung ist erkennbar, wie das Flugzeug bereits kurz nach dem Start über die Tropopause steigt und wie diese abnimmt, je weiter man nach Süden kommt. Der Startflughafen Stuttgart (EDDS) liegt am rechten Bildrand. Der Flug verläuft von rechts nach links.

Abb. 7.5 Flugprofil (© CLH)

7.4 Darstellung von atmosphärischen Informationen in der Praxis

99

7.4.5 Wetter

Die wichtigste Information über atmosphärische Parameter ist das Flughafenwetter. Hier werden alle für die Flugplanung und Flugdurchführung relevanten Daten zu verschiedenen Flughäfen aufgelistet. Die Besatzung kann sich so ein Bild über die Wetterlage zur Ankunftszeit am Zielflughafen machen. Z. B. ob zum Zeitpunkt der Ankunft mit einer nassen oder kontaminierten Piste zu rechnen ist. Dies wäre anzunehmen, wenn eine Vorhersage starke Regen- oder Schneefälle enthält. Manche Flughäfen verfügen aufgrund örtlicher Gegebenheiten über hochkomplexe Fehlanflugverfahren, die häufig das maximale Landegewicht einschränken. Eine Überprüfung der Flugleistung für die Landephase unter Berücksichtigung der Temperatur und des aktuellen Luftdrucks am Zielflughafen ist in solchen Fällen dringend notwendig. Darüber hinaus werden auch auf der Strecke liegende Flughäfen aufgeführt. Flughafenwetterberichte werden in METAR und TAF unterschieden.

x Ein METAR (Meteorological Aviation Routine Weather Report) ist eine standardisierte Meldung in codierter Form über die aktuelle Wetterbeobachtung eines Flughafens. Es wird alle 30 min. revidiert und ist zwei Stunden gültig. x Der TAF (Terminal Aerodrome Forecast) ist eine international normierte Wetterprognose für einen bestimmten Flughafen. Neben dem aktuellen Wetter am Flughafen enthält dieser Report eine Prognose zur Wetterentwicklung innerhalb des Gültigkeitszeitraums. Hier werden zwei Varianten unterschieden. Der 09h-TAF (FC) mit einer Gültigkeit von 9 Stunden und der 18h-TAF (FT) mit einer Gültigkeit von 18 Stunden. Die Decodierung eines METARs oder TAFs erfolgt nach einem festgelegten Schema, das nachfolgend am Beispiel des Flughafens Barcelona dargestellt werden soll:

Abb. 7.6 Flughafenwetter für Barcelona

100

7 Die Atmosphäre

Tabelle 7.3 Decodierung des METARS (SA) Code SA 240900 34008KT 6000 FEW023 SCT082 08/02 Q1008 NOSIG

Bedeutung Aktueller Wetterbericht für den 24. des Monats, 09 Uhr UTC Wind aus 340° mit 8 kt 6000 m Sicht Wolken: schwach bewölkt in 2300 ft (FEW = few), bewölkt in 8200 ft (SCT = scattered) Temperatur 8 °C, Taupunkt 2 °C Luftdruck 1008 hPa Keine signifikanten Veränderungen zu erwarten

Tabelle 7.4 Decodierung des 9h-TAF (FC) Code FC 240800 240918 34010KT 9999 SCT025 PROB30 TEMPO 0918 SHRA FEW018CB BECMG 16010 KT

Bedeutung Wettervorhersage für den 24. des Monats, 08 Uhr UTC Gültig am 24. des Monats von 09 – 18 Uhr UTC Wind aus 340° mit 10 kt Sicht mehr als 10 km bewölkt in 2500 ft Mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 % tritt zwischen 09 und 18 Uhr UTC folgende Wetterveränderung ein. Regenschauer mit leichter Bewölkung in 1800 ft und Bildung von Kumulonimbusbewölkung (Vorstufe zum Gewitter!) Wetteränderung zwischen 10 und 12 Uhr UTC. Wind aus 160° mit 10 kt. (Der Wind dreht hier also fast um 180°, was für die Planung der Landerichtung wichtig sein kann)

7.5 ISA Tabelle

101

7.5 ISA Tabelle Höhe (h) ft

Temperatur (T)

m

K

°F

°C

T

Druck (p) T0,5

in Hg

hPa

Dichte (U) G

kg/m3

V

0

0

288,16

59,0

15,0

1,0000

1,0000

29,921

1013,25

1,0000

1,2250

1,0000

1.000

305

286,18

55,4

13,0

0,9931

0,9966

28,855

977,17

0,9644

1,1896

0,9711

2.000

610

284,20

51,9

11,0

0,9862

0,9931

27,821

942,13

0,9298

1,1549

0,9428

3.000

914

282,22

48,3

9,1

0,9794

0,9896

26,816

908,12

0,8962

1,1210

0,9151

4.000

1.219

280,24

44,7

7,1

0,9725

0,9862

25,842

875,11

0,8637

1,0879

0,8881

5.000

1.524

278,25

41,2

5,1

0,9656

0,9827

24,896

843,07

0,8320

1,0555

0,8617

6.000

1.829

276,27

37,6

3,1

0,9587

0,9792

23,978

812,00

0,8014

1,0239

0,8359

7.000

2.134

274,29

34,0

1,1

0,9519

0,9756

23,088

781,85

0,7716

0,9930

0,8106

8.000

2.438

272,31

30,5

-0,8

0,9450

0,9721

22,225

752,62

0,7428

0,9629

0,7860

9.000

2.743

270,33

26,9

-2,8

0,9381

0,9686

21,388

724,28

0,7148

0,9334

0,7620

10.000

3.048

268,35

23,3

-4,8

0,9312

0,9650

20,577

696,82

0,6877

0,9046

0,7385

11.000

3.353

266,37

19,8

-6,8

0,9244

0,9614

19,791

670,20

0,6614

0,8766

0,7156

12.000

3.657

264,39

16,2

-8,8

0,9175

0,9579

19,029

644,41

0,6360

0,8491

0,6932

13.000

3.962

262,40

12,6

-10,8

0,9106

0,9543

18,292

619,43

0,6113

0,8224

0,6713

14.000

4.267

260,42

9,1

-12,7

0,9037

0,9507

17,577

595,24

0,5875

0,7963

0,6500

15.000

4.572

258,44

5,5

-14,7

0,8969

0,9470

16,886

571,82

0,5643

0,7708

0,6292

16.000

4.877

256,46

1,9

-16,7

0,8900

0,9434

16,216

549,15

0,5420

0,7460

0,6090

17.000

5.181

254,48

-1,6

-18,7

0,8831

0,9397

15,569

527,22

0,5203

0,7218

0,5892

18.000

5.486

252,50

-5,2

-20,7

0,8762

0,9361

14,942

506,00

0,4994

0,6981

0,5699

19.000

5.791

250,52

-8,8

-22,6

0,8694

0,9324

14,336

485,48

0,4791

0,6751

0,5511

20.000

6.096

248,54

-12,3

-24,6

0,8625

0,9287

13,750

465,63

0,4595

0,6527

0,5328

21.000

6.401

246,55

-15,9

-26,6

0,8556

0,9250

13,184

446,45

0,4406

0,6308

0,5150

22.000

6.705

244,57

-19,5

-28,6

0,8487

0,9213

12,636

427,91

0,4223

0,6095

0,4976

23.000

7.010

242,59

-23,0

-30,6

0,8419

0,9175

12,107

410,01

0,4046

0,5888

0,4807

24.000

7.315

240,61

-26,6

-32,5

0,8350

0,9138

11,597

392,71

0,3876

0,5686

0,4642

25.000

7.620

238,63

-30,2

-34,5

0,8281

0,9100

11,103

376,01

0,3711

0,5489

0,4481

26.000

7.925

236,65

-33,7

-36,5

0,8212

0,9062

10,627

359,89

0,3552

0,5298

0,4325

27.000

8.229

234,67

-37,3

-38,5

0,8144

0,9024

10,168

344,33

0,3398

0,5112

0,4173

28.000

8.534

232,69

-40,9

-40,5

0,8075

0,8986

9,725

329,32

0,3250

0,4931

0,4025

29.000

8.839

230,71

-44,4

-42,5

0,8006

0,8948

9,297

314,85

0,3107

0,4754

0,3881

30.000

9.144

228,72

-48,0

-44,4

0,7937

0,8909

8,885

300,90

0,2970

0,4583

0,3741

31.000

9.448

226,74

-51,6

-46,4

0,7869

0,8870

8,488

287,45

0,2837

0,4417

0,3605

32.000

9.753

224,76

-55,1

-48,4

0,7800

0,8832

8,106

274,49

0,2709

0,4255

0,3473

33.000

10.058

222,78

-58,7

-50,4

0,7731

0,8793

7,737

262,01

0,2586

0,4097

0,3345

34.000

10.363

220,80

-62,2

-52,4

0,7662

0,8753

7,382

249,99

0,2467

0,3944

0,3220

35.000

10.668

218,82

-65,8

-54,3

0,7594

0,8714

7,041

238,42

0,2353

0,3796

0,3099

36.000

10.972

216,84

-69,4

-56,3

0,7525

0,8675

6,712

227,29

0,2243

0,3652

0,2981

36.089

11.000

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

6,683

226,32

0,2234

0,3639

0,2971

37.000

11.277

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

6,396

216,59

0,2138

0,3483

0,2843

38.000

11.582

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

6,092

206,29

0,2036

0,3317

0,2708

39.000

11.887

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

5,800

196,40

0,1938

0,3158

0,2578

40.000

12.192

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

5,519

186,89

0,1845

0,3005

0,2453

41.000

12.496

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

5,249

177,76

0,1754

0,2858

0,2333

42.000

12.801

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

4,990

169,00

0,1668

0,2717

0,2218

43.000

13.106

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

4,742

160,59

0,1585

0,2582

0,2108

44.000

13.411

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

4,504

152,52

0,1505

0,2452

0,2002

45.000

13.716

216,66

-69,7

-56,5

0,7519

0,8671

4,275

144,78

0,1429

0,2328

0,1900

8 Barometrie

8.1 Bedeutung der Barometrie Unter Barometrie versteht man im Allgemeinen Druckmessungen und insbesondere Verfahren zur Bestimmung der Flughöhe durch die Messung des Luftdrucks. Hierbei macht man sich die Tatsache zunutze, dass der Luftdruck mit der Höhe exponentiell abnimmt. Bestimmte Druckwerte lassen sich dadurch bestimmten Höhen eindeutig zuordnen. Bei dieser Zuordnung geht man für die Konstruktion von Höhenmessern von der ISA aus. Im Unterschied zur Standard-Atmosphäre umgibt uns allerdings die reale Atmosphäre, die häufig von der ISA abweicht. Diese Abweichungen bedingen Unterschiede in den Druckhöhen, was zu einer Fehlanzeige des Höhenmessers führt. Mit Fehlanzeige ist hier gemeint, dass der barometrische Höhenmesser eine zu hohe oder zu niedrige Höhe in Relation zur geodätischen, physikalischen (wahren) Höhe anzeigt. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Berechnung der true altitude (TA) bzw. des minimum usable flight levels (MUFL), auf die im Verlauf des Kapitels eingegangen wird. Gründe für Fehlanzeigen sind unter anderem Druck- und Temperaturabweichungen. Neben bekannten Druckabweichungen, die der Pilot durch Kenntnis des QNH berücksichtigt, gibt es auch solche, die nicht vorhersehbar sind. Ein solches Beispiel ist der sogenannte Leewindeffekt. Hervorgerufen wird dieser Effekt durch eine schnelle Luftströmung über eine Bergkette. Nach dem Venturi-Prinzip führt dies zu einem Druckverlust auf der Leeseite des Berges. Die Folge ist eine zu hohe Höhenmesseranzeige. Der Pilot denkt, er ist in sicherer Höhe, obwohl er möglicherweise zu niedrig fliegt. In der realen Atmosphäre bestimmt das aktuelle Wettergeschehen mit seinen Hochs und Tiefs den aktuellen Luftdruck. Im Tief liegt der Luftdruck unter 1013 hPa, im Hoch liegt er darüber. Die aktuelle Höhenlage der 1013 hPa-Fläche kann mit Hilfe der barometrischen Höhenstufe bestimmt werden.

104

8 Barometrie

8.2 Barometrische Höhenstufe Gemäß der barometrischen Höhenstufe verringert sich der Luftdruck pro 30 ft Höhenzunahme um ca. 1 hPa. Die Höhenlage der 1013 hPa-Fläche berechnet man näherungsweise wie folgt:

Höhenlage [ ft ] 30 ˜ aktueller Luftruck [hPa] - 1013 hPa

(8.1)

Diese Faustformel gilt bis zu einer Höhe von ca. 18.000 ft. Danach wird mit 50 ft pro 1 hPa gerechnet. Die reale Atmosphäre unterscheidet sich im Druck, aber auch in der Temperatur von der Standard-Atmosphäre. Ist die aktuelle Temperatur größer als der ISA-Wert, spricht man von einer warmen Atmosphäre. Das entsprechende Gegenteil bildet die kalte Atmosphäre bei Werten unter ISA. Bekanntermaßen dehnt sich warme Luft aus, während sich die kalte zusammenzieht. Generell gilt: x In einer warmen Atmosphäre liegen die Druckflächen weiter auseinander. Dadurch liegen bestimmte Druckflächen höher. x In einer kalten Atmosphäre liegen die Druckflächen enger zusammen. Dadurch liegen die Druckflächen tiefer. Um dieses Phänomen zu berücksichtigen, wendet man die sogenannte 4 %-Regel an. Diese besagt, dass sich die Dicke einer Druckschicht um 4 % ändert, wenn die ISA-Abweichung 10 K beträgt. Ist die Temperaturabweichung positiv, sind die 4 % zu addieren. Ist sie negativ, sind 4 % abzuziehen.

8.3 Druckhöhe Für Flugleistungsberechnungen wird die Druckhöhe (pressure altitude, PA) verwendet. Aus Pilotensicht ergibt sich die Druckhöhe als die angezeigte Höhe, wenn am Höhenmesser im Kollman-Fenster (Unterskala) der Standarddruck von 1013 hPa eingestellt wird. Innerhalb der QGruppen wird diese Höhe als QNE bezeichnet. Stellt man sich die 1013 hPa als Druckfläche vor, ist die Druckhöhe eines Flughafens die Höhe über (oder unter) dieser 1013 hPa-Druckfläche. Die Druckhöhe eines Flughafens ändert sich folglich mit dem atmosphärischen Umgebungsdruck.

8.3 Druckhöhe

105

Der Pilot muss für Leistungsberechnungen, wie z. B. die Startdatenberechnung, diese Druckhöhe berechnen und berücksichtigen, da sie sich auf das Leistungsvermögen des Flugzeugs auswirkt. Im Gegensatz zu den Druckhöhen über Grund oder dem mittleren Meeresspiegelniveau (mean sea level, MSL) unterscheidet man die wahren Höhen über MSL (true altitude, T. Alt.) bzw. über Grund (true height, T. Hgt.), die beispielsweise vom Radarhöhenmesser angezeigt werden. 8.3.1 Berechnung der Druckhöhe Zur Berechnung der Druckhöhe werden zwei Informationen benötigt: x Die Höhenlage des Flughafens (elevation, ELEV) x Der aktuelle Luftdruck am Flughafen in hPa (QNH) Das QNE berechnet sich wie folgt.

QNE >ft @ ELEV >ft @  30 ˜ QNH >hPa @ - 1013 hPa

(8.2)

In aller Regel wird die Höhenlage des Flughafens international standardisiert in ft „über MSL“ (Balve MSL, AMSL) angegeben und auf Navigationskarten angegeben. Das QNH erhält der Pilot über die ATIS oder anderweitige Wettermeldungen. Beispielaufgabe für QNH < 1013 hPa: Ermitteln Sie die Druckhöhe für den Flughafen Stuttgart. Die Elevation beträgt 1181 ft, das QNH ist 1001 hPa. Lösung:

QNE [ft] = 1181 ft – [30 (1001 – 1013)] = 1541 ft

Abb. 8.1 Berechnung der Druckhöhe für QNH < 1013

106

8 Barometrie

Beispielaufgabe für QNH > 1013 hPa: Ermitteln Sie die Druckhöhe für den Flughafen Stuttgart. Die Elevation beträgt 1181 ft, das QNH ist 1030 hPa. Lösung:

QNE [ft] = 1181 [ft] + [30·(1013 – 1030)] = 671 ft

Abb. 8.2 Berechnung der Druckhöhe für QNH > 1013

Wird zur Berechnung des QNE anstatt dem QNH das QFE genutzt, wird die elevation des Flughafens nicht mehr berücksichtigt. Die Gleichung vereinfacht sich dann zu: QNE [ft] = 30 (1013 hPa – QFE [hPa])

(8.3)

Aus Staffelungsgründen müssen alle Flugzeuge ab einer bestimmten Höhe den Standarddruck einstellen, um nach einer einheitlichen Bezugsbasis zu fliegen. Die Umstellung von QNH auf 1013 erfolgt im Steigflug beim Durchfliegen der sogenannten transition altitude. Bei der Annäherung an einen Flughafen wird dann wieder beim Passieren des sogenannten transition levels das örtliche QNH eingestellt. Die nachstehende Tabelle gibt nochmals einen geschlossenen Überblick über die Einstellungen (subscale setting) und Anzeigen am Höhenmesser Tabelle 8.1 Einstellungen und Anzeigen am Höhenmesser Einstellung Unterskala 1013 QNH QFE

Anzeige des Höhenmessers am Boden im Flug QNE Flight Level Elevation Pressure Altitude 0 Height

8.3 Druckhöhe

107

8.3.2 Einfluss der Luftdichte auf die Druckhöhe Schwankungen in der Luftdichte haben großen Einfluss auf die Anzeige des Höhenmessers. Denn dieser ist auf die Standardatmosphäre geeicht und unterstellt einen linearen Zusammenhang zwischen Luftdruck und Flughöhe. Im wärmeren oder kälteren Umfeld weicht dieser lineare Zusammenhang jedoch von ISA Bedingungen ab. An warmen Tagen nimmt die Luftdichte ab, an kalten Tagen verhält es sich umgekehrt. Die „Dicke“, oder besser gesagt die „Höhe“ des Luftpakets variiert also immer in Relation zu dem „Standard-Luftpaket“. Abb. 8.3 soll den Zusammenhang verdeutlichen:

Abb. 8.3 Einfluss von Luftdichte auf den Luftdruck

Wenn an warmen Tagen die Luft dünner als „Standard“ ist, nimmt der Luftdruck mit der Höhe weniger schnell ab wie im ISA-Modell. Die Steigung der Geraden in Abb. 8.4 ist daher steiler wie die Standardgerade. Ein Höhenmesser, der im Steigflug einen Höhenzuwachs von 1000 ft an-

108

8 Barometrie

zeigt, läuft daher etwas nach. Das Flugzeug ist tatsächlich schon höher gestiegen. An kalten Tagen passiert das Gegenteil. Der Luftdruck ändert sich mit der Höhe schneller, weshalb die Gerade der hohen Luftdichte flacher wie „Standard“ ausfällt. Ein Höhenmesser, der einen Steigflug von 1000 ft anzeigt, ist hier etwas voraus. Das Flugzeug ist tatsächlich noch keine 1000 ft gestiegen.

Abb. 8.4 Zusammenhang zwischen angezeigter Höhe, Luftdichte und Luftdruck

8.3.3 Einfluss der Temperatur auf die Druckhöhe In Kapitel 8.2 wurde der direkte Zusammenhang zwischen der Luftdichte und der Temperatur erläutert. Aufgrund dieses Zusammenhangs wirkt sich die Temperatur analog der Luftdichte auf die Druckhöhe aus. Zur Berechnung der Dicke eine Atmosphärenschicht kann die sogenannte „4%-Regel“ herangezogen werden. Diese Regel besagt, dass sich die Dicke einer Atmosphärenschicht um 4 % pro 10 K Temperaturabweichung von ISA ('7ISA) ändert. Bei positiver '7ISA (wärmere Atmosphäre) sind die 4 % zu addieren, bei negativer '7ISA sind sie abzuziehen. Zur Berechnung von '7ISA wird zuerst mit Hilfe des QNH geprüft, in welcher Höhe die „1013 hPa-Fläche“ in Relation zur MSL liegt. Es wird also zuerst das QNE ermittelt und anschließend die korrespondierende

8.4 Dichtehöhe

109

ISA-Temperatur (TISA). Ist TISA bekannt, kann man '7ISA berechnen. Hierzu werden die folgenden Gleichungen verwendet:

§ QNE >ft @ · TISA [qC ] 15qC  ¨ 2 ˜ ¸ © 1000 ft ¹

'TISA >qC@ OAT [qC]  TISA [qC]

(8.4)

(8.5)

Eine Berechnung des exakten Prozentwertes bietet folgende Gleichung: Korrektur [%] = 0,004·('7ISA)

(8.6)

Die Abb. 8.5 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Temperaturabweichung und angezeigter Höhe. Ein Höhenmesser, der in einer kalten Umgebungsluft 1500 ft anzeigt, befindet sich tatsächlich tiefer.

Abb. 8.5 Fehlanzeige des Höhenmessers durch Temperaturabweichung von ISA

8.4 Dichtehöhe Die Dichtehöhe (density altitude, DA) ist für das tatsächliche Leistungsvermögen eines Flugzeuges von großer Bedeutung. Wie in den vorhergehenden Ausführungen bereits dargestellt, beeinflussen sich Luftdruck, Temperatur und Luftdichte gegenseitig. Mit steigender Flughöhe nehmen

110

8 Barometrie

Druck und Temperatur ab. Die Dichte verringert sich exponentiell mit der Höhe. Per Definition ist die Dichtehöhe die Höhe innerhalb der Standardatmosphäre, in der eine bestimmte Luftdichte herrscht. Mit anderen Worten: Die Dichtehöhe ist eine nur hinsichtlich der aktuellen Temperatur korrigierte Druckhöhe auf Basis von 1013 hPa. Die Dichtehöhe in ft kann auf Basis der Druckhöhe und der Temperatur entweder mit der folgenden Gleichung oder der mit Hilfe von Abb. 8.6 ermittelt werden. DA [ft] = QNE [ft] + 118,6 (OAT [°C] - TISA [°C])

(8.7)

Aus der Gleichung bzw. der Abb. 8.6 geht hervor, dass bei gleichem Druck in kälterer Luft eine größere Dichte vorherrscht. Das Flugzeug ist bei solchen Bedingungen leistungsfähiger, wie bei hoher Temperatur und niedriger Luftdichte. Eine kurze Abschätzung zur Flugleistung liefert der Vergleich mit der Flugplatzhöhe. Ist die Dichtehöhe größer als die Platzhöhe, muss mit einer beeinträchtigten Flugleistung gerechnet werden. Beispiel: Gegeben: Flugplatzhöhe: 1000 ft, Temperatur: 35 °C, QNH: 1001 hPa

Zunächst wird das QNE bestimmt: QNE [ft] = ELEV [ft] – 30·(QNH [hPa] – 1013 [hPa]) QNE = 1000 – 30·(1001 – 1013) QNE = 1000 – (-360) = 1360 ft Anschließend wird TISA berechnet: TISA [°C] = 15 °C – 2(QNE [ft]/1000 [ft]) TISA = 15 – 2(1,36) = 12,28 °C Mit diesen Angaben wird mittels Gl. (8.7) die Dichtehöhe berechnet: DA [ft] = QNE [ft] + 120(OAT [°C] – TISA [°C]) DA [ft] = 1360 ft + 120(35 °C – 12,28 °C) DA [ft] = 1360 ft + 2726 ft = 4086 ft

8.4 Dichtehöhe

111

Abb. 8.6 Ermittlung der DA auf Basis von PA und OAT (© FAA 2003)

Die Dichtehöhe liegt mit 4086 ft unter den gegebenen Umständen weit über der Flugplatzhöhe von 1000 ft. Es ist folglich mit einer erheblichen Verschlechterung der Flugleistung zu rechnen. Dies kann gerade bei kleinen Flugzeugen, wie z. B. einmotorige Sport- und Reiseflugzeuge, zu sicherheitskritischen Situationen führen. Besonders beim Start auf kurzen Pisten oder beim Start über Hindernisse.

112

8 Barometrie

8.5 Anwendung in der Praxis Um die Übersichtlichkeit bei den barometrischen Berechnungen zu erhöhen, unterscheiden wir zum einen in Ermittlung der true altitude und zum anderen in die Ermittlung des minimum usable flight level, MUFL. Diese beiden Varianten lassen sich darüber hinaus weiter unterteilen hinsichtlich der Frage, ob die der Berechnung zugrunde liegende Temperatur in der Flughöhe oder am Boden vorliegt. Die Berechnungsschemata sind sehr ähnlich und unterscheiden sich lediglich in der Abfolge der Rechenschritte in jeweils umgekehrter Reihenfolge.

Abb. 8.7 Berechnungsschemata zur Berechnung von TA und MUFL

8.5.1 Berechnung der True Altitude Kenntnis der OAT im Flight Level

Ein Flugzeug fliegt in FL 200. Die beobachtete OAT in FL 200 beträgt -40 °C. Das QNH des nächstgelegenen Flughafens beträgt 990 hPa. Dessen Höhe (ELEV) beträgt 1000 ft. Welche wahre Höhe ergibt sich aus diesen Angaben? Die Berechnung ist wie folgt durchzuführen:

8.5 Anwendung in der Praxis

113

1. Schritt: Berechnung des QNE

QNE = ELEV [ft] – 30·[ft/hPa] (990 hPa – 1013 hPa) QNE = 1000 - 30·(990 hPa - 1013 hPa) QNE = 1.000 - (-690) = 1690 ft 2. Schritt: Berechnung der ISA-Temperaturabweichung

TISA = 15 °C - 2 °C·(FL/10) TISA = 15 - 2·(200/10) = -25 °C 'ISA = OAT – TISA = (-40) – (-25) = 15 K Die Ermittlung von 'ISA ergibt, dass die Atmosphäre 15 K kälter ist, als die Standardatmosphäre. In Verbindung mit dem niedrigen Luftdruck ergibt sich die Situation eines „kalten Tiefs“. Gemäß der 4-%-Regel ist für die Temperaturkorrektur ein Wert von -6 % anzusetzen. 3. Schritt: Berechnung der True Altitude

PA 20.000 ft - QNE 1.690 ft =================== = Height 18.310 ft - Temp. Corr. -(-1.099 ft) =================== = True Height 19.409 ft + ELEV 1.000 ft =================== True Altitude 20.409 ft

Druckhöhe über 1013 Druckhöhe über Grund 6% von 18.310 ft Wahre Höhe über Grund Wahre Höhe über MSL

Interpretation des Ergebnisses: Der Höhenmesser im Flugzeug zeigt eine Höhe von 20.000 ft an (Subscale Setting 1013). Tatsächlich befindet sich das Flugzeug jedoch in 20.409 ft. Kenntnis der OAT in Elevation

Ein Flugzeug fliegt in FL 200. Der nächstgelegene Flughafen (ELEV 1100 ft) meldet ein QNH von 1033 hPa und eine Temperatur von 34 °C. Welche wahre Höhe ergibt sich aus diesen Angaben? 1. Schritt: Berechnung des QNE

QNE = ELEV [ft] – 30·[ft/hPa] (QNH [hPa] - 1013 hPa) QNE = 1.000 ft – 30(20) QNE = 1.000 ft – (600) = 400 ft

114

8 Barometrie

2. Schritt: Berechnung der ISA-Temperaturabweichung

TISA = 15 – 2·(QNE/1000) TISA = 15 – 2·(0,4) = 14,2 °C 'ISA = OAT – TISA = 32 – 14,2 = 17,8 K Gemäß der 4-%-Regel ist für die Temperaturkorrektur ein Wert von 7,1 % anzusetzen. (0,004(17,8) = 7,1 %). 3. Schritt: Berechnung der True Altitude

PA 20.000 ft - QNE -400 ft =================== = Height 19600 ft - Temp. Corr. -(-1392 ft) =================== = True Height 20.801 ft + ELEV 1.000 ft =================== True Altitude 21.801 ft Interpretation des Ergebnisses: Der Höhenmesser im Flugzeug zeigt eine Höhe von 20.000 ft an (subscale setting 1013). Tatsächlich befindet sich das Flugzeug jedoch in 21.801 ft. 8.5.2 Berechnung des MUFL

Bei der MUFL-Berechnung wird die Flugfläche bestimmt, bei der das Überfliegen einer wahren Höhe, also z. B. einer Mindestsicherheitshöhe, sichergestellt ist. Es wird die Mindestanzeige des Höhenmessers (mit Einstellung von 1013 hPa in der Unterskala) berechnet. Um den Mindest-FL zu erhalten, muss das Ergebnis auf die nächsthöhere zulässige Flugfläche aufgerundet werden. Das folgende Beispiel zeigt das Berechnungsschema bei Kenntnis der OAT im Flight Level. Bei Kenntnis der OAT in ELEV sind die Rechenschritte analog (siehe auch True Altitude Berechnung). Kenntnis der OAT im Flight Level

Ein Flugzeug fliegt in FL 180. Die festgestellte OAT in FL 180 beträgt -41 °C. Das QNH des nächstgelegenen Flughafens beträgt 988 hPa. Dessen Höhe (ELEV) beträgt 450 ft. Das Flugzeug soll am Zielflughafen einen Standardanflug durchführen. Dies sieht einen Sinkflug auf eine Mindestsicherheitshöhe von 5000 ft vor. Auf welchen Flight Level dürfte

8.5 Anwendung in der Praxis

115

höchstens gesunken werden, um eine Mindestsicherheitshöhe von 5000 ft einzuhalten? Die Berechnung ist wie folgt durchzuführen: 1. Schritt: Berechnung des QNE QNE = 450 – 30·(988-1013) QNE = 450 – 30(-25) = 450 -(-750) = 1.200 ft

Erwartungsgemäß ist das QNE höher als die Elevation, denn die „1013Druckfläche“ liegt hypothetisch weit unter MSL. 2. Schritt: Berechnung der ISA-Temperaturabweichung

TISA = 15 – 2·(FL/10) TISA = 15 – 2·(180/10) = 15 - 2·18 = -21°C 'ISA = OAT - TISA = (-41) - (-21) = -20 K Die Ermittlung von '7ISA ergibt, dass die Atmosphäre 20 K kälter ist, als die Standardatmosphäre. In Verbindung mit dem niedrigen Luftdruck ergibt sich die Situation eines „kalten Tiefs“. Gemäß der 4-%-Regel ist für die Temperaturkorrektur ein Wert von -8% anzusetzen. 3. Schritt: Berechnung des MUFL

MSA 5000 ft - ELEV 450 ft =================== = True Height 4550 ft - Temp. Corr. +364 ft =================== Height 4.914 ft + QNE 1.200 ft =================== Pressure Level 6.114 ft

(8 % von 4.550 ft, -(-364 ft) = + 364 ft)

Interpretation des Ergebnisses: Um unter den gegebenen atmosphärischen Umständen eine MSA von 5000 ft einzuhalten, ist die nächste mögliche Höhe im Rahmen der FL-Einteilung nach Instrumentenflugregeln FL 70. 8.5.3 Korrektur für niedrige Temperaturen

Eine explizite Form der MUFL-Berechnung ist die Kompensation für sehr tiefe Temperaturen (cold temperature correction). Insbesondere an sehr

116

8 Barometrie

kalten Tagen können große Abweichungen des atmosphärischen Zustands vom Standard zu einem Sicherheitsproblem werden. 1999 kam es zu einem „Beinahe-Absturz“ einer kanadischen Verkehrsmaschine während des Anfluges. Zu diesem Zeitpunkt herrschten am Flughafen Temperaturen bis zu -30 °C. Das Flugzeug entkam nur knapp einer Kollision mit den Bäumen im Anflug. Der Pilot unterlag hier dem Höhenmesserfehler. Dieser wird besonders signifikant, wenn extrem tiefe Temperaturen vorliegen. Gerade bei schwierigem Terrain ist hier das Situationsbewusstsein und besondere Aufmerksamkeit der Piloten gefragt. Wird man tatsächlich mit der Situation einer sehr niedrigen Temperatur konfrontiert, sollen folgende Sicherheitszuschläge zu den veröffentlichten Verfahrensflughöhen hinzuaddiert werden: Tabelle 8.2 ICAO Tabelle zur „cold temperature correction“ Airport Temp. (°C) 0

200

400

600

800

0

20

20

40

40

60

80

120

160

200

-10

20

40

40

60

80

120

160

240

320

400

-20

20

40

80

100

120

180

240

360

500

620

-30

40

60

100

140

160

260

340

500

680

860

-40

40

80

120

180

220

320

440

660

880

1100

-50

60

100

160

220

280

400

540

820

1100 1380

Height above Aerodrome Elevation (ft) 1000 1500 2000 3000 4000 5000

Beispiel

Sie befinden sich aus Norden kommend im Anflug auf Stuttgart, Piste 07. Der Flughafen meldet eine Temperatur von -20°C. Der Anflugkarte (instrument approach chart, IAC) entnehmen Sie Mindestsicherheitshöhe (minimum sector altitude, MSA) von 4.700 ft. Die minimum descent altitude (MDA), ist die Höhe, bis zu der das Flugzeug höchstens sinken darf, ohne dass die Piste in Sicht ist. Mit erreichen der MDA muss die Pisten in Sicht sein, ansonsten muss das Fehlanflugverfahren eingeleitet werden. Am final approach fix (FAF) wird mit dem Endanflug begonnen.

8.5 Anwendung in der Praxis

117

Dem vertikalen Anflugprofil auf die Piste 07 entnehmen Sie zusammengefasst die folgenden relevanten Höhen: Schwellenhöhe 07 MSA: Final Approach Fix: Check Altitude: MDA:

1.267 ft 4.700 ft 4.000 ft 2.500 ft 1.980 ft

Aus Platzgründen können nicht alle Inhalte der IAC erläutert werden.

Abb. 8.8 STR GPS 07, vertikales Anflugprofil (© Lido FlightNav)

Dieser Tabelle entnehmen wir eine Entscheidungshöhe von 1.670 ft für eine Anflug der Kategorie 1 (CAT I). Alle anderen wichtigen Höhen können dem Vertikalprofil entnommen werden. Gemäß Tabelle 8.2 sollten die angezeigten Flughöhen mindestens folgende Werte haben:

118

8 Barometrie

Tabelle 8.3 Ermittlung der angezeigten Mindesthöhe am Höhenmesser (alle Werte in ft)

MSA

FAF

Veröffentlichte Verfahrenshöhe Höhe über der Schwelle Sicherheitszuschlag gem. Tabelle Korrigierte Mindesthöhe

4700 3433 430 5130

4000 2733 340 4340

Check Altitude 2500 1233 130 2630

MDA 1980 713 90 2070

Folgende Verfahren sollten in Bezug auf temperaturbedingte Höhenkorrektur befolgt werden: 1) Eine zugewiesene IFR-Altitude kann im Falle einer nach eigenem Ermessen zu niedrigen Höhe zurückgewiesen werden. 2) Akzeptiert man eine zugewiesene IFR Höhe, soll diese nicht um den Temperatureinfluss korrigiert werden, ansonsten kann es zu Konflikten in der vertikalen Staffelung kommen. 3) Wird eine Höhenkorrektur an eine veröffentlichte procedure altitude angebracht, sollte der Pilot ATC über die Höhe der Korrektur informieren.

9 Flughafenbetriebsflächen

Um alle Bereiche der Flugleistung und deren operationelle Auswirkungen zu verstehen, muss man sich mit dem Umfeld beschäftigen, in dem sich das Flugzeug bewegt. Dies ist neben der Atmosphäre, in der sich das Flugzeug bewegt auch der Flughafen und seine Betriebsflächen, auf denen sich das Flugzeug bewegt. Vor allem die Inhalte des Kapitels „Start“ und „Landung“ bauen auf die hier dargestellten Grundlagen auf.

9.1 Definitionen von „ausgewiesenen Strecken“ In den Begriffsbestimmungen des ICAO Anhang 14 findet man die Definitionen der sogenannten „ausgewiesenen Strecken“ (declared distances). Durch die Übernahme dieser Definitionen in die JAR-OPS 1.480 wurde ihre Anwendung verbindlich. 9.1.1 Verfügbare Startabbruchstrecke Accelerate Stop Distance Available (ASDA), JAR-OPS 1.480 (a) (1) Unter der verfügbaren Startabbruchstrecke versteht man die Länge der verfügbaren Startrollstrecke zuzüglich der Länge der Stoppbahn, soweit eine solche Stoppbahn von der zuständigen Behörde für verfügbar erklärt worden ist und die Masse des Flugzeugs bei den gegebenen Betriebsbedingungen zu tragen vermag. 9.1.2 Verfügbare Landestrecke Landing Distance Available (LDA), JAR-OPS 1.480 (a) (5) Die verfügbare Landestrecke ist die Länge der Piste, die von der zuständigen Behörde für das Ausrollen eines landenden Flugzeugs für verfügbar und geeignet erklärt worden ist.

120

9 Flughafenbetriebsflächen

9.1.3 Verfügbare Startstrecke Take-off Distance Available (TODA), JAR-OPS 1.480 (a) (7) Hierunter versteht man die Länge der verfügbaren Startrollstrecke zuzüglich der Länge einer eventuell verfügbaren Freifläche. 9.1.4 Verfügbare Startrollstrecke Take-off Run Available (TORA) JAR-OPS 1.480 (a) (9) und ICAO Anhang 14, Band 1, Kapitel 1.1 Dies ist die ausgewiesene Länge einer Piste, die von der zuständigen Behörde für den Startlauf eines Flugzeuges als geeignet erklärt wurde. In diesem Zusammenhang muss die entsprechende Startbahn bestimmte Eigenschaften aufweisen: x Der Belag einer Piste muss eine einheitliche Lasttragfähigkeit aufweisen. x Die Piste muss regelmäßig hinsichtlich ihrer Reibungscharakteristik überprüft werden, um jederzeit einen Mindestwert an Bremsfähigkeit vorzuhalten. Dieser liegt in aller Regel bei P 0,5. x Die maximale Pistenneigung (slope) darf einen Wert von 2 % (gilt für Europa) nicht überschreiten. x Die Aufrollstrecke (line-up distance) muss von der verfügbaren Startrollstrecke abgezogen werden. x Bauarbeiten in der Nähe der Piste können zu einer zeitweiligen Reduzierung der Startrollstrecke führen. Dies wird im Rahmen von sogenannten NOTAMS (notice to airmen) bekannt gegeben. 9.1.5 Freifläche Clearway, ICAO Anhang 14, Band 1, Kapitel 3.5 Im Anschluss an die Startbahn kann sich eine sogenannte Freifläche anschließen. Diese Freifläche hat zwar nicht die tragenden Eigenschaften einer Piste, bietet aber entsprechende Hindernisfreiheit und beeinflusst dadurch die verfügbare Startstrecke. An die physische Beschaffenheit einer Freifläche werden bestimmte Empfehlungen gestellt: x Die Freifläche sollte sich an die verfügbare Startrollstrecke anschließen. x Die Länge der Freifläche sollte die halbe Länge der verfügbaren Startstrecke nicht überschreiten.

9.1 Definitionen von „ausgewiesenen Strecken“

121

x Die Freifläche sollte mindestens eine Breite von 150 m haben (75 m beiderseits der Mittellinie). x Es sollten keine Hindernisse über eine gedachte Fläche mit einer Steigung von 1,25 % herausragen. x Objekte auf der Freifläche, die Flugzeuge in der Luft gefährden, sollten als Hindernisse berücksichtigt und entfernt werden. 9.1.6 Stoppbahn Stopway, ICAO Anhang 14, Band 1, Kapitel 3.6 Schließt sich an die Startbahn eine Stoppbahn an, verlängert diese die verfügbare Startabbruchstrecke. Für die Stoppbahn gilt: Die Breite der Stoppbahn soll der Breite der Startbahn entsprechen. Die Steigung der Stoppbahn darf höchstens 0,8 % betragen. Sie muss die Last eines Flugzeuges nach dem Startabbruch tragen. Eine gepflasterte Stoppbahn muss in nassem Zustand einen vergleichbaren Reibungskoeffizienten haben wie die Startbahn. x Die Reibungscharakteristik einer ungepflasterten Stoppbahn darf nicht unverhältnismäßig schlechter sein, als die der entsprechenden Startbahn. x x x x

9.1.7 Einfluss von Freifläche und Stoppbahn auf die verfügbaren Strecken Ein clearway bzw. stopway beeinflusst die Länge der verfügbaren Startund Landestrecke. Da das maximale Start- und Landegewicht - und damit auch die mögliche Nutzlast - ursächlich durch die verfügbaren Strecken limitiert sein kann, ist das Vorhandensein solcher Strecken - je nach Flughafen - von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Denn nur wenn eine Fluggesellschaft entsprechende Start- und Landegewichte erzielen kann, wird sie den Flughafen auch anfliegen wollen. Balanced Field Length

Eine sogenannte balanced field length (BFL) existiert, wenn die verfügbare Startstrecke (TODA) gleich der verfügbaren Startabbruchstrecke (ASDA) ist. Dies ist dann der Fall, wenn weder Stoppbahn noch Freifläche vorhanden sind (Layout A), oder wenn Stoppbahn und Freifläche die gleiche Länge haben (Layout B).

122

9 Flughafenbetriebsflächen

Die nachfolgende Ansicht zeigt das Layout A mit einer Start- und Landebahn ohne Freifläche und Stoppbahn. In dieser Konstellation sind alle Distanzen identisch.

Abb. 9.1 Layout A, keine Freifläche, keine Stoppbahn

Layout B zeigt den zweiten Fall, wenn Stoppbahn und Freifläche identisch sind. Auch hier herrscht eine balanced field length.

Abb. 9.2 Layout B, Freifläche und Stoppbahn identisch. Unbalanced Field Length

Es existieren drei Konstellationen, die zu einer sogenannten unbalanced field length führen. x Es existiert keine Stoppfläche, aber eine Freifläche (Layout C) x Es existiert keine Freifläche, aber eine Stoppbahn (Layout D) x Stoppbahn und Freifläche sind unterschiedlich lang (Layout E) Schließt sich nur eine Freifläche an die Startbahn an, vergrößert dies die verfügbare Startstrecke, während die Startrollstrecke unberücksichtigt bleibt.

9.1 Definitionen von „ausgewiesenen Strecken“

123

Abb. 9.3 Layout C, Freifläche, keine Stoppbahn

Fügt sich hingegen im Anschluss an die Startbahn eine Stoppbahn an, verlängert dies die verfügbare Startabbruchstrecke. Besonders hervorzuheben bei diesem Layout ist die Tatsache, dass die Stoppbahn nicht zur verfügbaren Landestrecke zählt, wenngleich sie zum Startabbruch berücksichtigt werden darf.

Abb. 9.4 Layout D, keine Freifläche, mit Stoppbahn

Abb. 9.5 zeigt die verfügbaren Strecken bei versetzter Schwelle und anschließender Freifläche und Stoppbahn.

Abb. 9.5 Layout E, versetzte Schwelle, Freifläche und Stoppbahn Versetzte Schwelle

Eine versetzte Schwelle hat lediglich Einfluss auf die verfügbare Landestrecke, die um ein bestimmtes Stück gekürzt ist. In der Regel kann zum

124

9 Flughafenbetriebsflächen

Start dieser Teil der Piste genutzt werden (siehe auch 14.2.2 Anflug über Hindernisse).

Abb. 9.6 Versetzte Schwelle

Das folgende Beispiel entstammt dem ICAO Annex 14 und soll die Berechnung der einzelnen Distanzen anhand von Zahlen darstellen.

Abb. 9.7 Ausgewiesene Strecken Tabelle 9.1 Berechnung der Strecken in m Piste 09 27

TORA 2.000 2.000

ASDA 2.300 2.350

TODA 2.580 2.350

LDA 1.850 2.000

9.2 Minderung der Pistenlänge durch Aufrollen Wenn ein Flugzeug auf die Startbahn aufrollt, kommt es dabei zwangsläufig zu einem mehr oder weniger großen Verlust an verfügbarer Startstrecke. Die Größe des Verlustes durch das Aufrollen hängt zum einen ab vom Flugzeugtyp und zum anderen von der Technik des Aufrollens. Die JAR-OPS 1.490 (c) (9) fordert, dass die verfügbaren Distanzen um diesen Verlust korrigiert werden, bevor eine Startdatenberechnung durchgeführt wird.

9.2 Minderung der Pistenlänge durch Aufrollen

125

Abb. 9.8 Line-up Korrekturen

Es existieren zweierlei Arten der Korrektur: Korrektur der verfügbaren Startstrecke: Das Korrektursegment (A) geht von der Startbahnschwelle bis zum Hauptfahrwerk, da auch die Screen Height vom Hauptfahrwerk gemessen wird. Korrektur der verfügbaren Startabbruchstrecke: Das Korrektursegment (B) reicht von der Startbahnschwelle bis zum Bugrad, da das Flugzeug im Falle eines Startabbruchs an der Schwelle am Ende der Startbahn zum Stehen kommen muss. Dabei darf das Bugrad die Startbahn nicht verlassen. 9.2.1 90° Turn to Centerline Das rechtwinklige Aufrollen auf die Startbahn (90° turn to center line) ist die häufigste Methode. In Abb. 9.9 erkennt man das Haupt- und Bugfahrwerk als Referenzpunkte für die unterschiedlichen Korrekturen (siehe hierzu auch Abb. 9.10).

Abb. 9.9 90° Line-up vom Rollhalteort zur Startbahnmitte (© Airbus 2002)

126

9 Flughafenbetriebsflächen

Line-up Distance Korrekturen für einen 90° Line-up

Die TODA und ASDA Korrekturen beinhalten eine sogenannte minimum edge safety distance in Meter wie im FAA AC150/5300 -13 und im ICAO Annex 14 gefordert. (z. B. 10 ft für A320 und 15 ft für alle anderen Airbus Typen.) Tabelle 9.2 90° Line-up Korrekturen einiger Flugzeuge Flugzeugtyp 737-500 747-400 A320 all models A340-300

Maximaler Steuerwinkel 75° 63° 70° 62°

TODA Korrektur ft (m) 30.2 (9.2) 75.7 (23.1) 39.7 (12.1) 80 (24.6)

ASDA Korrektur ft (m) 66.5 (20.3) 154.7 (47.2) 81.4 (24.8) 164 (50)

9.2.2 180° Turn to Centerline Der 180° Turn to Centerline stellt quasi eine Umkehrkurve auf der Startbahn dar und kommt seltener vor, als die zuvor erwähnte 90° Technik. Notwendig wird sie aber beispielsweise dort, wo Bauarbeiten am Startbahnanfang durchgeführt werden. Aus diesem Grund kann z. B. der letzte Rollweg gesperrt sein. Um trotzdem die volle Bahnlänge nutzen zu können, wird dann auf der Startbahn zurückgerollt (backtrack). Am Pistenende kommt es dann zu einer 180°-Kurve. Auch bei kleinen Flugplätzen, die z. B. nur einen Rollweg in der Mitte haben wird mittig auf die Bahn aufgerollt und dann auf der Startbahn zum Startpunkt gerollt.

Abb. 9.10 180° Line-up (© Airbus 2002)

9.3 Pistenoberflächentraglast

127

9.3 Pistenoberflächentraglast Unter der Pistenoberflächentraglast wird das Vermögen des Oberflächenbelages bestimmter Betriebsflächen verstanden, eine bestimmte Last zu tragen. Grundsätzlich muss der Oberflächenbelag der Betriebsflächen (z. B. Piste, Rollwege, Vorfeld) eines Flughafens so fest bzw. widerstandsfähig sein, dass es nicht zu Schäden am Flugzeug oder an den Betriebsflächen des Flughafens kommen kann. Alle Flugbetriebsflächen, die aus Beton oder aus Tarmac hergestellt sind, wurden entsprechend ihrer Tragfähigkeit klassifiziert. Jeder Bereich hat seine eigene Tragfähigkeitsklassifikationszahl. Das Gewicht des Flugzeuges darf die Tragfähigkeit der Bereiche, die das Flugzeug bei seinem Betrieb überrollt, nicht überschreiten. Soll die flugbetriebliche Anfliegbarkeit eines Flughafens evaluiert werden, z. B. bei der Neuaufnahme einer Flugverbindung, ist die Festigkeit des Belages bei der Untersuchung des Flughafens unbedingt zu berücksichtigen. Dies gilt selbstverständlich auch für eventuell neu aufzunehmende Ausweichflughäfen. Aber nicht nur bei der innerbetrieblichen Vorplanung kommt es zu einer Überprüfung der Oberflächentraglast. Auch bei einer Ausweichlandung kann es zu einer Landung auf einem fremden Ausweichflughafen kommen. Unter Umständen kann auch in einem solchen Fall die Überprüfung der Oberflächentraglast die Entscheidung für oder gegen die Nutzung eines Ausweichflughafens beeinflussen. Um schnell und objektiv eine Entscheidung treffen zu können, bedarf es eines einfach zu handhabenden Systems. Ein solches ist zum einen das System der Load Classification Number (LCN) und dessen Weiterentwicklung das System der Load Classification Group (LCG). Beide Systeme wurden zwar in der Vergangenheit durch das Aircraft Classification Number (ACN) / Pavement Classification Number (PCN) System ersetzt, sind aber trotzdem immer noch in verschiedenen luftfahrtspezifischen Länderveröffentlichungen, den Aeronautical Publication Information (AIP) zu finden. 9.3.1 Einflussgrößen auf die Oberflächentraglast Art des Belages

Es existieren zwei Arten von Belag: Rigid (R)wird verwendet, wenn sich die Traglastfähigkeit auf Basis einer Betonplattenoberfläche bezieht.

128

9 Flughafenbetriebsflächen

Flexible (F) wird verwendet, wenn die Oberfläche in der Art einer Straße hergestellt wurde. Das heißt, es wurde weiches Material (Schotter etc.) verdichtet und mit einer Bitumenschicht (meist als Teerbelag) bedeckt. Belastung

Die Belastung variiert mit dem Flugzeuggewicht, der Fahrwerksanordnung und der Anzahl der Räder und dem Reifendruck sowie der Art des Belags und dessen Dicke. Ein Fahrwerk mit Zwillingsbereifung ist aufgrund der Lastverteilung auf einem dünnen Belag weniger eingeschränkt, als auf einem dicken. Der Grund ist die dreiecksförmige Lastausbreitung, die bei einem dicken Belag zu einer sogenannte multi-loaded fracture führen kann. Pistenoberflächen

Der Pistenbelag muss in einem einwandfreien Zustand sein. Schlaglöcher, wie sie durchaus an manchen Flughäfen zu finden sind, können negative Auswirkungen auf die Bremseffektivität oder die Steuerbarkeit des Flugzeuges haben. Der Reibungskoeffizient des Belages muss sowohl in trockenem, als auch im nassen Zustand noch einen zufriedenstellenden Wert erreichen. ICAO Annex 14 regelt die Pflicht aller Mitgliedsstaaten, die Oberflächentraglasten ihrer Flughäfen in den entsprechenden Luftfahrthandbüchern (AIPs) zu veröffentlichen. Hier werden 2 Verfahren genannt. Das erste Verfahren bezieht sich nur auf Betriebsflächen, die von Flugzeugen mit einem MTOW von maximal 5.700 kg genutzt werden. In der Regel sind dies kleinere Verkehrslandeplätze der allgemeinen Luftfahrt. Dieses Verfahren ist in der Praxis nur von geringer Relevanz und wird daher nicht weiter vertieft. Das zweite Verfahren bildet die Grundlage für diejenigen Flugbetriebsflächen, die für die Nutzung durch Flugzeuge mit einem MTOW über 5.700 kg vorgesehen sind. Es ist somit das relevante Verfahren für alle Verkehrsflughäfen und wird abgekürzt PCN/ACN Methode genannt. Pavement Classification Number (PCN) heißt zu Deutsch so viel wie Tragfähigkeitsklassifikationszahl. Sie beschreibt die Tragfähigkeit von Flughafenbetriebsflächen. Das Gegenstück zur PCN ist die Aircraft Classification Number (ACN) und beschreibt die Lastwirkungsklassifikationszahl des Flugzeuges. Gemeinsam bilden diese Zahlen eine schnelle Vergleichsmöglichkeit, ob

9.3 Pistenoberflächentraglast

129

eine bestimmte Betriebsfläche dem Gewicht eines Flugzeuges standhalten kann. Einfach ausgedrückt darf die ACN nicht größer als die PCN sein. 9.3.2 Darstellungsmethodik der Oberflächentraglast Die Oberflächentraglast wird mit Hilfe eines fünfstelligen Codes angegeben und in der AIP des jeweiligen Landes veröffentlicht. x x x x x

PCN Art des Belages Sub Grade Strengh Category Reifendruck Evaluierungsmethodik

Die PCN ist eine dimensionslose Zahl und gibt die Grenztragfähigkeit des Gesamtaufbaus der jeweiligen Betriebsfläche an. Generell gilt: Je größer der Wert, desto größer ist die Tragfähigkeit. Die Einstufung beginnt bei 0 und endet theoretisch im Unendlichen. Ein PCN steht für eine ausreichende Oberflächentraglast für ein Einzelrad mit einem Gewicht von 500 kg. Abb. 9.11 zeigt die Codierung der PCN.

Abb. 9.11 Darstellung der Oberflächentraglast in kodierter Form

Traglast des Belaguntergrundes (subgrade strength category): x x x x

A für high B für medium C für Low D für ultra low.

Reifendruck (tyre pressure): x x x x

W – hoher Reifendruck ohne Limit nach oben X – Mittel, maximaler Reifendruck 1,5 MPa (217,5 psi) Y – Niedrig, maximaler Reifendruck 1,0 MPa (145 psi) Z – Sehr niedrig, maximaler Reifendruck 0,5 MPa (72,5 psi)

130

9 Flughafenbetriebsflächen

Evaluierungsmethode x „T“ - vollständige technische Evaluierung des Belages. x „U“ - aus der Erfahrung der Nutzer („user“) gewonnener Wert. Die ACN ist ebenfalls eine dimensionslose Zahl, die den relativen Effekt des Flugzeuggewichts auf eine Oberfläche mit bestimmten Eigenschaften angibt. Analog der PCN entspricht die ACN von 1 einer Einzelradlast von 500 kg bei einem Reifendruck von 1,25 MPa (181,25 psi), wodurch ein einfacher Vergleich zwischen ACN und PCN ermöglicht wird. Bei neuen Flugzeugtypen muss die ACN vom Hersteller errechnet und im flugzeugspezifischen Airport Planning Manual veröffentlicht. Dieses Handbuch wird in der Regel noch vor der Auslieferung des Flugzeuges vom Hersteller an den zukünftigen Eigentümer bzw. Betreiber geschickt. Auf Grundlage der Angaben in diesem Handbuch kann eine Fluggesellschaft die Vorplanungen zum Einsatz des Flugzeuges durchführen. Bei leichten Flugzeugen, wie z. B. Regionalflugzeugen wird aus Gründen der Vereinfachung oftmals nur die maximale ACN gegen die PCN geprüft. Dieses „worst case“-Verfahren kann bei schwerem Fluggerät wie der B747 oder dem A340 schnell zu Einschränkungen führen. Gerade auch im Fracht- und Charterverkehr werden oft Flughäfen angeflogen, die nicht immer den Ausbaustandard internationaler Großflughäfen aufweisen. In diesen Fällen kann es hilfreich sein, die ACN genau zu berechnen. Die Tabelle der ICAO gibt je nach Art des Belages und seines Unterbelages zwei ACN an. Einmal für das maximale Startgewicht und zum anderen für das Leergewicht. Die tatsächliche ACN für ein bestimmtes Gewicht kann mit Hilfe folgender Gleichung bestimmt werden. ACN act.

ACN max 

(MTOW  Weight act. ) u (ACN max  ACN miny )

(9.1)

MTOW  DOW

Am Beispiel des CRJ 200 soll die oben genannte Formel dargestellt werden. Die maximale ACN des CRJ 200 beträgt 18, die minimale ACN in dieser Klasse beträgt 9. Geht man von einem MTOW von 23.995 und einem DOW von 15.000 kg aus, erhält man für ein tatsächliches TOW von 21.000 kg folgende aktuelle ACN. ACN act.

18 

(23.995  21.000) u (18  9 ) 23.995  15.000

Die aktuelle ACN beträgt somit 15.

15

(9.2)

9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen

131

Neben der erheblichen Vereinfachung bietet das ACN/PCN Verfahren auch eine Empfehlung bei Überschreiten der PCN. Hilfestellung bietet hier das ICAO Doc 9157-AN/901, Part 3, Chapter 2 „Guidance on Overload Operations“. Demnach können bei durchschnittlichem Verkehrsaufkommen die Oberflächenlimits um 5 - 10 % überschritten werden, ohne nennenswerte Auswirkungen auf deren Lebensdauer zu haben. Bei Flugplätzen mit wenigen Flugbewegungen ist sogar eine Überschreitung der Limits um 10 bis 25 % akzeptabel, wenngleich die Betriebsflächen grundsätzlich in gutem Zustand sein sollten. In Notfällen wird eine Überschreitung von 50 – 100 % der Limits als akzeptabel angesehen. Letztlich liegt die Entscheidung, eine solche Überschreitung zu genehmigen, beim Flughafenbetreiber, wobei die Art und Dringlichkeit des Notfalls eine Entscheidung obsolet machen kann. Die Angaben in Prozent beziehen sich direkt auf die PCN. Hat ein Flughafen beispielsweise eine PCN von 40, wäre die overload allowance PCN für einen Flugbetrieb mit normalem Verkehrsaufkommen nun 50. Diese Erhöhung der PCN um 10 Punkte würde erheblich höhere Flugzeuggewichte zulassen.

9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen haben einen erheblichen Einfluss auf den Betrieb von Flugzeugen. Der Pilot muss nach der Landung oder nach einem Startabbruch das Flugzeug auf einem Untergrund zum Stillstand bringen, dessen Wirkung nicht genau vorausgesagt werden kann. Die geringere Bremsleistung aufgrund von Nässe und/oder Kontaminierung resultiert nicht selten in einer Verlängerung des Bremsweges von bis zu 100% gegenüber einer trockenen Bahn. Darüber hinaus kann die Oberflächenbeschaffenheit auch Auswirkungen auf die Steuerbarkeit des Flugzeuges haben. Daher steht bereits seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts im ICAO Anhang 6 Operations of Aircraft, dass die Auswirkungen von Wasser, Schneematsch oder Schnee und anderen Kontaminierungen bei Start und Landung berücksichtigt werden müssen. In Deutschland wurden erstmals 1976 vom Hersteller gelieferte Informationen für kontaminierte Bahnen verwendet.

132

9 Flughafenbetriebsflächen

9.4.1 Eigenschaften von Kontaminierung Nach EASA CS 25.1591 muss der Flugzeughersteller, ergänzende Hinweise über die zu erwartende Leistung für den Betrieb von Flugzeugen auf nassen und kontaminierten Pisten entwickeln. Zu berücksichtigen sind stehendes Wasser, Schneematsch, Schnee und Eis. Die Informationen müssen im AFM veröffentlicht werden. Bei Bombardier geschieht dies beispielsweise innerhalb der Rubrik Supplementary Procedures. Die Informationen des Herstellers sind die Grundlage für die Entwicklung flugbetrieblicher Verfahren durch den Luftfahrtunternehmer. Da die AFMInformationen zu wet and contaminated runway im täglichen Flugbetrieb nicht handhabbar sind, werden zusätzlich noch sogenannte quick reference tables für die Besatzungen veröffentlicht. Diese Tabellen enthalten einfach zu nutzende Daten, wie z. B. Gewichts- und Geschwindigkeitsabschläge zur Startdatenberechnung und Landestreckenbestimmung. Von besonderer Bedeutung im Zusammenhang mit der CS 25.1591 sind die dazu veröffentlichten Acceptable Means of Compliance (AMC25.1591). Dort werden generelle Hinweise und Richtlinien gegeben, wie die entsprechenden Flugleistungsdaten durch den Flugzeughersteller zu ermitteln sind. Die dort beschriebenen Methoden verzichten gänzlich auf Flugtests und bauen auf mathematischen Ansätzen auf. Darüber hinaus werden bei den Kalkulationen nach AMC 25-1591 folgende Prämissen unterstellt. x Die Kontaminierung erstreckt sich über die gesamte Piste mit einer einheitlichen Schichtdicke. x Die Kontaminierung hat eine einheitliche spezifische Dichte. x Wenn die Kontaminierung gesandet, geglättet oder anderweitig behandelt wurde, muss dies in Übereinstimmung mit genehmigten, nationalen Vorschriften geschehen sein.

9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen

133

Tabelle 9.3 Defnitionen nach AMC 25.1591 Zustand Standing Water

Stehendes Wasser

Slush

Schneematsch

Wet Snow

Nasser Schnee

Dry Snow

Trockener Schnee

Compacted Komprimierter Snow Schnee

Ice

Eis

SPWR2

-

Definition Wasser mit einer Schichtdicke von über 3 mm. (Wasser mit einer Schichtdicke unter 3 mm wird als „nass“ definiert, wofür AMC 25.1591 nicht anzuwenden ist). Teilweise geschmolzener Schnee oder Eis mit hohem Wassergehalt, aus dem Wasser fließen kann. Das angenommene spezifische Gewicht1 beträgt 0,85. Slush ist normalerweise eine Art Übergangsstadium zwischen Wasser und Schnee oder Eis, das hauptsächlich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt zu finden ist. Schnee, der zusammenhält, wenn er gepresst wird. Im Unterschied zum Slush fließt beim nassen Schnee kein Wasser wenn man ihn zusammen presst. Das angenommene spezifische Gewicht beträgt 0,5. Frischer Schnee, der auseinander fällt, wenn man ihn presst, oder der weggeblasen werden kann. Häufig auch als „loose snow“ bezeichnet, ist das angenommen spezifische Gewicht bei 0,2. Schnee der zu einer so festen Masse komprimiert wurde, dass ein Flugzeugreifen, mit repräsentativer Last und Reifendruck, auf der Oberfläche rollen kann, ohne signifikante Spurrillen zu erzeugen. Wasser, das auf der Pistenoberfläche angefroren ist, einschließlich dem Übergangsstadium von einer Oberfläche aus komprimierten Schnee in eine vereiste Oberfläche. Piste mit trockener, gefrorener Oberfläche aus komprimierten Schnee oder Eis, die durch Sand, Kies oder andere mechanische bzw. chemische Hilfen behandelt wurde, um die Oberflächenreibung zu erhöhen. Die Pistenreibung wird im Rahmen der nationalen Vorschriften ständig übermittelt.

Unter spezifischem Gewicht versteht man die Dichte der Kontaminierung, dividiert durch die Dichte des Wassers. 2 Specially Prepared Winter Runway 1

134

9 Flughafenbetriebsflächen

Den einzelnen Kontaminationsarten lassen sich bestimmte Eigenschaften unterstellen. Hierbei lassen sich diese wie folgt klassifizieren: x Widerstandserhöhend, z. B. durch die Verdrängung oder dem Auftreffen von Matsch. x Bremswirkungshemmend x eine Kombination aus beiden Tabelle 9.4 Klassifizierungen und Annahmen zur Erstellung von Flugleistungsdaten auf kontaminierten Pisten Art (1) Stehendes Wasser geflutete Piste Schneematsch Nasser Schnee5 Nasser Schnee6 Trockener Schnee7 Trockener Schnee Komprimierter Schnee Eis SPWR

Tiefe (2) 3 – 153

Spez. Gew. Widerstand Bremswirkung (3) (4) (5) 1,0 Ja Ja

3 – 154 0,85 unter 5 5 – 30 0,5 unter 10 10 – 130 0,2 08 0 0

Ja Nein Ja Nein Ja Nein Nein Nein

Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

(1) Kontaminationsart (2) Bandbreite der zu berücksichtigenden Tiefe in mm (3) Angenommenes spezifisches Gewicht für die Berechnung (4) Wird der Widerstand erhöht? (5) Fällt die Bremswirkung unter das Niveau für trockene Pisten?

Tiefen unter 3 mm werden als „nass“ berücksichtigt wie oben 5 Widerstand aufgrund der Kontaminierung kann unberücksichtigt bleiben 6 Für nassen Schnee und Schneematsch werden konservativ dieselben Berechnungsverfahren hinsichtlich des Verdrängungs- und Kollisionswiderstandes angewendet. 7 Widerstand aufgrund der Kontaminierung kann unberücksichtigt bleiben 8 Bei Werten von Null wird angenommen, dass sich das Flugzeug auf der Kontamination bewegt. 3 4

9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen

135

9.4.2 Definitionen für nasse und kontaminierte Pisten Die JAR-OPS 1 definiert den Zustand der Piste wie folgt: Tabelle 9.5 Definitionen von Bahnzuständen gem. JAR-OPS 1.480 Zustand Trocken

Definition Eine trockene Piste ist eine Piste, die weder nass noch kontaminiert ist. Eingeschlossen sind solche befestigten Pisten, die mit Querrillen oder einem porösen Belag versehen sind und so instand gehalten werden, dass selbst bei vorhandener Feuchtigkeit eine Bremswirkung wie bei einer tatsächlich trockenen Piste erhalten bleibt. Feucht Damp Eine Piste gilt als feucht, wenn ihre Oberfläche nicht trocken ist, aber die vorhandene Feuchtigkeit der Piste noch kein glänzendes Aussehen verleiht. Nass Wet Eine Piste gilt als nass, wenn ihre Oberfläche zu einem geringeren Teil als unter „Kontaminiert“ angegeben mit Wasser, Schnee oder Matsch bedeckt ist, oder wenn soviel Feuchtigkeit vorhanden ist, dass die Piste zwar eine reflektierende Oberfläche, jedoch keine nennenswerten Bereiche mit stehendem Wasser aufweist. Kontaminiert Contaminated Eine Piste gilt als kontaminiert, wenn mehr als 25% ihrer Oberfläche (ob in verstreuten oder zusammenhängenden Bereichen) innerhalb der geforderten Länge und Breite, die benutzt wird, mit einer der folgenden Kontaminierungen bedeckt ist. x Stehendes Wasser mit mehr als 3 mm (0,125 in) Tiefe x Schneematsch oder losem Schnee mit einer Tiefe, die einer Wassertiefe von mehr als 3 mm (0,125 in) entspricht; x komprimierter Schnee gem. Tabelle 16.2 x Eis, einschließlich nassem Eis. Dry

9.4.3 Einfluss von Kontaminierung Der Einfluss von Kontaminierung auf die Flugleistung ergibt sich aus einem zusätzlichen Widerstand und einer verminderten Bremsleistung. x Zusätzlicher Widerstand, der sich an den Reifen aus der Verdrängung der Kontaminierung ergibt (tire displacement drag).

136

9 Flughafenbetriebsflächen

x Zusätzlicher Widerstand durch hochgeschleudertes Materials (spray impingement drag). x Verminderter Reibungskoeffizient und eingeschränkte Seitenführungsstabilität (braking capablility und cornering capability). Widerstandsarten

Grundsätzlich werden folgende Widerstandasrten unterschieden:

Abb. 9.12 Widerstandsarten bei kontaminierter Bahn

Widerstand durch nasse Kontaminierung Zur nassen Kontaminierung zählt man Schneematsch, Wasser und lockeren Schnee. Hierbei entsteht zum einen eine Widerstandskraft aufgrund der Verdrängung der Kontaminierung durch die Reifen beim Rollvorgang (tire displacement drag). Zum anderen entsteht bei nassen Kontaminierungen eine Widerstandskraft durch das Hochschleudern der Kontaminierung und das anschließende Anprallen an die Flugzeugzelle (spray impingement drag); also eine Art Gischtwiderstand. Bei trockenem Schnee wird dieser Gischtwiderstand vernachlässigt. An seine Stelle tritt der Kompressionswiderstand (compression drag). Die Summe aus Verdrängungswiderstand und Gischtwiderstand ergibt den Gesamtwiderstand durch Kontaminierung. In den AMC 25.1591 zur EASA CS 25 werden generelle Hinweise zur Berechnung dieser Widerstände gegeben. Demnach ergibt sich der Verdrängungswiderstand für einen einzelnen Reifen aus der Dichte der Kontaminierung, der frontalen Fläche des Reifens in der Kontaminierung, der Rollgeschwindigkeit und einem Widerstandsbeiwert.

9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen

137

Der Gischtwiderstand entsteht durch eine Art Zerstäubungseffekt, wenn Flugzeugreifen durch flüssige Kontaminierung wie Wasser oder Schneematsch fahren. Diese wird dabei aufgewirbelt und entlang der Außenhaut des Flugzeuges vorbeigeführt. Die Größe des Gischtwiderstands ist daher neben der Geschwindigkeit des Flugzeuges, der Form und den Dimensionen des Reifens und der Tiefe der Kontaminierung auch vom Rumpfdesign des Flugzeuges und dem Zerstäubungswinkel abhängig. In der Regel liegen diese Winkel zwischen 10° und 20°. Es existieren eine Reihe von Forschungsberichten, die auf die Ermittlung des Zerstäubungswinkels genauer eingehen9. Diese werden vom Flugzeughersteller dann herangezogen, wenn es keine Erkenntnisse aus eigenen Untersuchungen gibt. Neben der direkten Beeinflussung durch die Gischtbildung erzeugt die relative Geschwindigkeit zwischen der Fahrwerksgischt und den nassen Flugzeugkomponenten einen zusätzlichen Oberflächenreibungswiderstand. Zur Berechnung dieses Widerstandes existiert ebenfalls eine entsprechende Berechnungsmethode10, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen wird. Widerstand durch trockenen Schnee Die AMC 25.1591 liefert auch eine Basis zur Berechnung des Kontaminationswiderstandes durch trockenen Schnee. Diese beruht auf einem theoretischen Modell mit einem spezifischen Gewicht von 0,2 (siehe Tabelle 9.4). Der Gischtwiderstand ist beim Rollen auf Schnee wesentlich geringer, als bei nasser Kontaminierung und daher vernachlässigbar. Der Einzelradwiderstand eines rollenden Rades in trockenem Schnee ergibt sich als Summe aus Kompressionswiderstand und Verdrängungswiderstand. Beide Widerstände sind abhängig vom Reifendruck, Schneetiefe, Reifenbreite auf der Oberfläche, Rollgeschwindigkeit und Reifenradius. Bei Fahrwerken mit doppelter Bereifung verdoppelt sich der Widerstand aus der Einzelradberechnung. Interferenzeffekte zwischen beiden Reifen können beim Rollen über trockenen Schnee vernachlässigt werden. Bei einem Bogie11 Fahrwerk müssen nur die führenden Reifen berücksichtigt werden. Hier ist es daher ausreichend ein Doppelfahrwerk anzunehmen. z. B. ESDU Data Item 83042, Dec. 1983, with Amendment A, May 1998. “Estimation of Spray Patterns Generated from the Side of Aircraft Tyres Running in Water or Slush.” 10 ESDU Data Item 98001, May 1998. „Estimation of Airframe Sink-Friction Drag due to Impengement of Tyre Spray“. 11 Von einem „Bogie-Fahrwerk“ spricht man, wenn mehr als zwei Reifen an einem einzelnen Federbein montiert sind. 9

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9 Flughafenbetriebsflächen

Der Reibungskoeffizient P

Auf nassen und kontaminierten Pisten ist der Reibungskoeffizient aufgrund der verminderten Interaktion von Reifen und Pistenoberfläche reduziert. Wie hoch dieser verminderte Reibungskoeffizient ist, hängt direkt von der Art der Kontaminierung ab. Nasse Kontaminierungen (wet, slush, loose snow) Auf nassen und kontaminierten Pisten ist Pwet bzw. Pcont kleiner als Pdry. Mit steigender Geschwindigkeit nimmt P weiter ab. In der Vergangenheit wurden überschlägig folgende Verhältnisse angenommen:

P wet

P dry 2

bzw. P cont

P dry

(9.3)

4

Diese Berechnung gilt in dieser Form beispielsweise für die Airbus Typen A300, A310, A320 und A321 Mittlerweile existieren genauere Bestimmungsmethoden, die auch Aspekte wie Reifenbeschaffenheit, Pistenart, Reifendruck und Eigenschaften des Anti-Skid Systems berücksichtigen. Harte Kontaminierungen (comptacted snow, ice) Im Gegensatz zu den nassen Kontaminierungen, wo der Verlust an Reibung durch den Wasserfilm generiert wird, verhält es sich bei den harten Kontaminierungen anders. Auf ihnen rollt das Flugzeug wie auf einer trockenen Bahn, aber mit reduzierten Reibungskräften. Ein Rollwiderstand wie bei den nassen Kontaminierungen existiert nicht. Daher ist auch die Frage der Kontaminierungsmenge nicht relevant.

Der Rollreibungskoeffizient für solche Kontaminierungen liegt bei P = 0,2 für compacted snow und bei P = 0,05 für ice. Abb. 9.14 zeigt die Reibungsfähigkeit des Reifens in Abhängigkeit der Pistenoberfläche und der Geschwindigkeit. Wie man sehen kann, hat eine nasse Piste mit einer glatten Oberfläche bei hoher Geschwindigkeit eine Reibung die einer vereisten Piste gleichkommt, oder sogar noch schlechter ist.

9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen

139

Abb. 9.13 Reibungsfähigkeit des Reifens in Abhängigkeit der Oberfläche

9.4.4 Darstellung der Rollreibung und Bremswirkung

Dem Piloten wird der Rollreibungskoeffizient und die Bremswirkung (braking action) bzw. der Bremskoeffizient (braking coefficient) beispielsweise als Teil des Wetterberichts oder als runway condition report übermittelt. Die Information enthält die folgenden vier Bestandteile: x x x x

Art der Kontaminierung Durchschnittliche Tiefe für jedes Drittel der Piste Erwartete Bremswirkung Gemessener Bremskoeffizient P

Sollte an einem Flughafen entweder nur der Rollreibungskoeffizient oder nur die Bremswirkung gegeben werden, können die Werte mit Hilfe von Tabelle 9.6 ins Verhältnis gesetzt werden. Wie aus der Tabelle zu erkennen ist, weicht die ICAO-Vorschrift von den Bestimmungen in den CIS-Staaten ab. Bei Anflügen auf entsprechende russische Flugplätze ist folglich besondere Aufmerksamkeit angebracht, um Informationen nicht versehentlich falsch zu interpretieren.

140

9 Flughafenbetriebsflächen

Tabelle 9.6 Verhältnis von Rollreibungskoeffizient zur Braking Action Code 9 5 4 3 2 1

Bremswirkung Unreliable Good Medium-good Medium Medium-poor Poor

Bremskoeffizient ICAO Bremskoeffizient CIS12 9 - unreliable 9 - unreliable > 0,40 > 0,50 0,39 – 0,36 0,35 – 0,30 0,50 – 0,30 0,29 – 0,26 < 0,25 < 0,3013

Allerdings ist generell bei der Interpretation solcher Messwerte eine kritische Haltung angebracht. Je nach Pistenoberfläche, Art der Kontaminierung und verwendetem Messgerät unterscheiden sich die Ergebnisse zum Teil erheblich (Kiessling 2008). Boeing veröffentlichte hierzu in ihrem Flight Crew Training Manual den Hinweis, dass „eine Messung, die nach dem einen Verfahren „braking action good“ erhalten würde, könnte bei einem anderen Verfahren die Bewertung „poor“ erhalten…“. Das ICAO Airport Services Manual kommt zu einem ähnlichen Schluss und schreibt dort, dass die Zuverlässigkeit von Messungen bei anderen Bedingungen wie compatcted snow und ice hochgradig fragwürdig ist. Vor allem dann, wenn eine dünne Schicht aus Schneematsch oder losem Schnee auf der Piste ist. 9.4.5 Hydroplaning

Es existieren drei Arten von Hydroplaning.

Abb. 9.14 Arten von Hydroplaning

Gelegentlich werden den Wettermeldungen folgende Kürzel angefügt: IPZ = Runway fully contaminated, IP4Z = Runway partially contaminated 13 Bei Bremskoeffizienten P < 0,3 wird der Platz geschlossen. 12

9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen

141

Dynamic Hydroplaning

Dynamic Hydroplaning entspricht dem „Aquaplaning“. Es entsteht, wenn stehendes Wasser auf einer nassen Bahnoberfläche nicht schnell genug vom Reifen verdrängt wird, so dass der Reifen keinen oder nur teilweise Kontakt mit der Bahnoberfläche herstellen kann. Er „schwimmt auf“. Beim Aufschwimmen kann es dann zu einem Stillstand des Rades kommmen (da es ja gebremst wird). Dies resultiert in einem kompletten Verlust der Bremswirkung.

Die Geschwindigkeit, bei der dieses Phänomen auftritt heißt minimum total hydroplaning speed (Vh). Sie ist direkt abhängig vom Reifendruck und kann nach folgender Gleichung berechnet werden:

Vh

9 ptire

(9.4)

Beispiel: Der Reifendruck für ein Verkehrsflugzeug beträgt z. B. 144 psi. Dies resultiert in einer Vh von 108 kt. ( Vh 9 144 ). Hydroplaning tritt nicht auf, wenn das Reifenprofil tiefer ist, als der Wasserbelag auf der Piste. Viscous Hydroplaning

Viscous Hydroplaning kann entstehen, wenn die Bahnoberfläche nicht nur nass ist, sondern dazu auch noch durch andere Substanzen kontaminiert ist (z. B. Öl, Gummiabrieb, Schmutz). Diese Substanzen verbinden sich mit dem Wasser und ergeben einen Schmierfilm, der schnell zu einem Totalverlust der Bremswirkung führen kann. Dies geschieht auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten als Vh. So kann dies sogar beim Rollen zur Parkposition passieren. Besondere Vorsicht ist hier im Winter geboten, wo Teile des Vorfeldes mit Enteisungsflüssigkeiten kontaminiert sind. In Verbindung mit Wasser kann dies einen gefährlichen Schmierfilm ergeben. Rubber Reversion Hydroplaning

Rubber Reversion Hydroplaning entsteht durch Reibungshitze. Diese erzeugt an der Reifenauflagefläche sehr heißen Dampf unter hohem Druck.

Die hohe Temperatur führt zu einer Zustandsänderung des Gummimaterials, wobei sich eine Art Blase um den Reifen entwickelt, die den Hochdruckdampf einschließt. Dies verhindert das Drehen des Reifens,

142

9 Flughafenbetriebsflächen

sobald er Kontakt mit der Piste hat. Das Flugzeug schliddert über die Bahn. Man spricht dann auch von reverted rubber skid.

9.5 Pistenneigungswinkel In aller Regel werden die Flugleistungsdaten vom Flugzeughersteller für ebene Start- und Landebahnen veröffentlicht. Also ohne die Berücksichtigung einer eventuell vorhandenen Steigung oder einem Gefälle der Start- und Landebahn. In der Realität weisen allerdings viele Pisten eine solche Steigung oder ein Gefälle auf, die sich auf die Flugleistung eines Flugzeuges beim Start bzw. dem Startabbruch und der Landung auswirken. Mehr zu diesen Auswirkungen wird in den entsprechenden Kapiteln erläutert. Der Neigungswinkel wird als Prozentwert ausgedrückt, wobei entweder der Zusatz upslope oder downslope verwendet wird, oder die Richtung der Neigung mit den Vorzeichen „plus“ und „minus“ kenntlich gemacht wird. Zur Berechnung des Neigungswinkels existierten vier Methoden, die auf dem ICAO Circular 91-AN 75/1968 The effect of variable runway slopes on take-off runway lengths for transport aeroplanes basieren. Methode 1 Die durchschnittliche Neigung errechnet sich aus der Differenz der Schwellenhöhen der Piste, dividiert durch die Pistenlänge. Neigung [% ]

Höhe der Schwelle A - Höhe der Schwelle B ˜ 100 TORA

(9.5)

Wird die Pistenhöhe in [ft] und die TORA in [m] angegeben, wird ein Umrechnungsfaktor [3,28] genutzt. Die Formel ergibt sich dann wie folgt: Neigung [%]

Differenz der Schwellenhöhen [ft] ˜ 100 TORA [m] ˜ 3,28

Eine Berechnung der Neigung nach Methode 1 zeigt die Abb. 9.15.

(9.6)

9.5 Pistenneigungswinkel

143

Abb. 9.15 Berechnung nach Methode 1

Verfügt die Piste über eine versetzte Schwelle in einer Richtung, ergeben sich aufgrund der unterschiedlichen relevanten TORA-Werte auch verschiedene Neigungswinkel. Dies soll Abb. 9.16 verdeutlichen.

Abb. 9.16 Berechnung mit versetzter Schwelle bei verschiedener TORA

Methode 2 Die USA definieren einen effective gradient als die Distanz zwischen dem niedrigsten und höchsten Punkt einer Piste, dividiert durch die gesamte Pistenlänge. Methode 3 Bei dieser Methode wird bei der Berechnung zwischen dem Startfall und dem Startabbruchfall unterschieden. Der effektive Pistengradient ist definiert als der größte Wert in beliebige Richtung.

144

9 Flughafenbetriebsflächen

Die Berechnungen zeigen die nachstehenden Formeln: x Für die Startstrecke Gradient eff. T/O

G1  G2  (2 u G3)  (4 u G4) 8

(9.7)

x Für die Startabbruchstrecke Gradient eff. AS

G1  G2  G3  G4 4

(9.8)

G1, G2, G3 und G4 sind die durchschnittlichen Gradienten (berechnet nach Methode 1) des ersten, zweiten, dritten und vierten Segments einer Piste. Methode 4 Die vierte Methode wurde von den Herren „Alsborn“ und „Horonjeff“ auf Basis der dritten Methode weiterentwickelt. Gradient effektiv

1 1 1 G1  1 G2  2 G3  3 G4 3 3 3 8

(9.9)

10 Der Start

10.1 Einführung Der Startvorgang gehört neben dem Anflug und der Landung zu den kritischen Flugphasen. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen beschleunigt das Flugzeug am Boden auf eine hohe Rollgeschwindigkeit, zum Anderen werden die Triebwerke unter hoher Last betrieben. Die thermischen Belastungen der Triebwerke ist in dieser Phase sehr hoch was das Risiko eines Triebwerksausfalls erhöhen kann. Um die Risiken zu minimieren, hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Vorschriften erlassen, die es einzuhalten gilt. Diese sind sowohl an die Flugzeughersteller, als auch an die Betreiber und letztlich auch an die Piloten, welche die Vorschriften für den täglichen Flugdienst in ihrer operationellen Dokumentation finden, adressiert. Gemäß CS 25.111 (a) beginnt die Startphase (take-off path) an dem Punkt, an dem der Startlauf beginnt. Sie endet an dem Punkt, an dem das Flugzeug eine Höhe von 1500 ft über dem Abhebepunkt erreicht hat. Um Berechnungen zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten, wird die Startphase häufig in zwei Phasen unterteilt. x Phase 1: Startstrecke (take-off distance) Hierzu gehört der Startlauf (ground run), die Rotation (rotation) und das Abheben und Erreichen der Überflughöhe (flare to screen height). x Phase 2: Start-Steigflug (take-off climb) Vom 35-ft-Punkt bis zum 1500-ft-Punkt mit den entsprechenden Steigsegmenten.

146

10 Der Start

10.2 Die Ermittlung der Startstrecke 10.2.1 Kräfte am Flugzeug beim Start Beim Startlauf eines Flugzeuges wirken Kräfte, die sich aus der beschleunigten Bewegung des Flugzeuges ergeben.

Abb. 10.1 Kräfte am Flugzeug beim Startlauf

Während des Startlaufs wirken verschiedenste Kräfte auf das Flugzeug: x x x x x x x

Schub (thrust, T) Auftrieb (lift, L) Gewichtskraft (weight, W) bzw. Normalkraft (FN = m·g) Reibungskraft (friction force, FF) Massenträgheitskraft entgegen der Beschleunigung (ma) Wind (Vw) Pistenneigungswinkel (J)

Diese Kräfte werden in einer Kräftebilanz in Flugzeuglängsrichtung festgehalten.

T  D  W ˜ sin J  FF  m ˜ a 0

(10.1)

Die Reibungskraft FF ergibt sich aus der Gewichtskraft W bzw. deren Normalkraftanteil multipliziert mit dem Rollreibungskoeffizienten PR.

FF

mg ˜ P W ˜ P R

(10.2)

Allerdings muss im vorliegenden Fall ein weiterer Aspekt beachtet werden. Da das Flugzeug mit zunehmender Geschwindigkeit immer mehr Auftrieb entwickelt, wird die Normalkraft um diesen Auftriebsanteil geringer. Um diesem Aspekt Rechnung zu tragen, muss Gl. (10.2) erweitert werden.

10.2 Die Ermittlung der Startstrecke

FN

W  L ˜ P R

147

(10.3)

Eingesetzt in Gl. (10.3) und umgestellt nach ma ergibt:

ma T  D  W ˜ sin J  W  L P R

(10.4)

Aufgrund der kleinen Pistenneigungswinkel bis maximal 2° wird der Term (W sin J durch (WJrad) ersetzt. Dies wird durch die Linearisierung kleiner Winkel möglich. Die Masse wird durch den Term m = W/g ersetzt, um „kompatibel“ zur rechten Seite der Gleichung zu sein. Auflösen nach a ergibt:

a

g ˜ >T  D  P W  L  WJ @ W

(10.5)

Die Gl. (10.5) kann noch weiter umgestellt und erweitert werden, um die geschwindigkeitsabhängigen Variablen herauszuarbeiten.

a

g ˜ >T  PW  D  PL  WJ @ W

(10.6)

Sowohl der Widerstand (D) als auch der Auftrieb (L) sind eine Funktion des dynamischen Drucks (q). Durch Einbeziehung dieser Tatsache in die Gleichung erhält man:

a

g ˜ >T  P R ˜ W  c D  P R ˜ c L ˜ q ˜ S  W ˜ J @ W

(10.7)

Gl. (10.7) zeigt nun alle Abhängigkeiten des Beschleunigungsvermögens:

x Schub T (entsprechend der Druckhöhe, Temperatur und Zapfluftkonfiguration) x PR mit den Parametern Rollreibung, Fahrwerksart und Pistenoberflächenbeschaffenheit x cD und cL mit den Parametern Flugzeugkonfiguration und Klappenstellung. x Dynamischer Druck q als Parameter der Geschwindigkeit und Dichte. Je schneller das Flugzeug, desto geringer wird die Beschleunigung. x Flugzeuggewicht. Je leichter das Flugzeug, desto besser die Beschleunigung.

148

10 Der Start

10.2.2 Berechnung des Startlaufs Zur weiteren Berechnung des Startlaufs bedienen wir uns nun bekannter Gleichungen und fügen in diese unsere Erkenntnisse aus der Kräftebilanz ein.

x Die Geschwindigkeit (V) entspricht der zurückgelegten Strecke (s) pro Zeiteinheit (t): V

ds dt

(10.9)

x Die Beschleunigung (a) entspricht der Geschwindigkeit (V) pro Zeiteinheit (t). a

dV dt

(10.11)

Zusammenführen und umstellen von Gl. (10.9) und (10.10) nach der Strecke führt zu:

ds

V ˜ dV a

(10.12)

Wird Gl. (10.12) nun zwischen zwei Geschwindigkeiten und zwei Strecken integriert ergibt sich:

sy  sx

VY

³

VX

V ˜ dV a

(10.13)

Für die Strecke des Startlaufs wird der Term (sy - sx) durch sG ersetzt. Die Geschwindigkeiten werden ersetzt durch die Anfangsgeschwindigkeit am BRP. Dort beträgt die Geschwindigkeit des Flugzeuges zwar null, aber es muss auch die vorhandene Gegenwindkomponente (headwind component, HWC) berücksichtigt werden. Nach dem Lösen der Bremsen beschleunigt das Flugzeug bis zur Abhebegeschwindigkeit. Es muss folglich zwischen dem Stillstand V0 und dem Abheben VLOF integriert werden. Darüber hinaus muss die herrschende Windkomponente auch im Zähler der Formel berücksichtigt werden. Aus V wird daher (V0-VHWC). Die Gl. (10.13) wird daher zu:

10.2 Die Ermittlung der Startstrecke

sG

VLOF

³

VW

V0  VHWC dV

149

(10.14)

a

Einsetzen von Gl. (10.5) in Gl. (10.14) ergibt die allgemeine Formel für den Startlauf vom Punkt des Bremsenlösens (brake release point, BRP) bis zum Abhebepunkt (lift of point, LOP).

sG

VLOF

³

VW

V0  VHWC dV g >T  D  P W  L  WJ @

(10.15)

W

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch in der vertikalen Richtung eine Kräftebilanz möglich und gegebenenfalls nötig ist. 10.2.3 Berechnung der Abhebestrecke An den zuvor berechneten Startlauf schließt sich nun die Abhebestrecke (flare distance, sflare)1 als Funktion der Geschwindigkeit und der Zeit an, die für die Rotation des Flugzeuges bis zum Erreichen der screen height vergeht (flare time, tflare). Die screen height ist eine Referenzhöhe, die es initial zu erreichen gilt. Sie liegt bei trockener Bahn in 35 ft über der Bezugshöhe reference zero (RZ). Bei nasser und kontaminierter Piste ist eine Reduktion der screen height auf 15 ft erlaubt. Die Bezugshöhe RZ ergibt sich aus einem vorhandenen Pistenneigungswinkel. Ist kein Neigungswinkel vorhanden, entspricht RZ dem Boden. Die screen height wäre in diesem Fall eine Höhe über Grund. Neben dem mathematisch-analytischen Ansatz, der die sflare ähnlich wie die Rolldistanz auf Basis von Bewegungsgleichungen ermittelt, existiert noch ein vereinfachter Ansatz über das Schubgewichtsverhältnis (thrust/weight ratio) und der daraus resultierenden tflare. Nach diesem Ansatz kann sflare wie folgt ermittelt werden:

x Bestimmung von VR und V2 x Ermittlung von tflare: Die Zeiten werden durch Testflüge ermittelt und sind abhängig von der jeweiligen Klappenstellung und dem 1

Im allgemeinen wird der Begriff flare nur mit der Landung in Zusammenhang gebracht. Der Begriff flare wird jedoch generell für den Flug zwischen Piste und screen height verwendet.

150

10 Der Start

Schugewichtsverhältnis des Flugzeuges. Die Darstellung erfolgt beispielsweise in Form eines Graphen von Zeit über dem Schubgewichtsverhältnis (siehe Abb. 10.2). Der Graph gibt Auskunft über die Zeit vom Rotationspunkt (rotation point, RP) zur screen height und vom lift-off point zur screen height. Der RP ist der Punkt, an dem das Flugzeug durch Ziehen am Höhenruder angestellt wird (erreichen der VR). x Die Addition beider Längen und eine Beaufschlagung der Summe mit dem 15 %-Zuschlag ergibt dann die Startstrecke bis zum 35 ft Punkt (all engine go distance).

Abb. 10.2 Schubgewichtsverhältnis über Zeit zur Ermittlung der flare time

Beispiel: Ein Flugzeug mit einem Schub/Gewichtsverhältnis von 0,3 benötigt für die Strecke vom BRP zum RP 3600 ft. Die VR beträgt 140 kt, die Geschwindigkeit an der screen height (V35) beträgt 160 kt. Wie groß ist die all engine go distance? Ergebnis: Aus dem Graphen (rotation bis screen height) entnehmen wir eine tflare von 4 sec. Die Ermittlung von sflare erfolgt nach folgender Gleichung.

s flare

s flare

t flare ˜ Vavg ˜ Umrechnungsfaktor

ft / s § 160  140 · 4 sec˜ ¨ ¸ ˜ 1,6878 2 kt © ¹

1013 ft

(10.16)

(10.17)

10.3 Die Limitierung des Startgewichts

151

Die Addition der beiden Strecken sG und sflare ergibt eine Wegstrecke von 4613 ft. Diese Strecke wird nun noch um 15 % erhöht. Das ergibt 5305 ft bzw. 1617 m. Die Berechnung für die Situation des Triebwerksausfalls ist grundsätzlich identisch. Allerdings müssen hier weitere Teilstücke berücksichtigt werden. Beispielsweise die Strecke, vom Punkt des Ausfalls des kritischen Triebwerks, der sich aus der dazugehörigen Geschwindigkeit VEF definiert und der weiteren Beschleunigung mit dem verbleibenden Triebwerk.

10.3 Die Limitierung des Startgewichts Beim Studium des Startvorgangs ist die Begrenzung des Startgewichts durch verschiedenste Parameter von zentraler Bedeutung. Von flugbetrieblicher Relevanz ist letztlich die Kenntnis, wie viel Nutzlast beim jeweiligen Flugereignis transportiert werden kann und welches Kriterium limitierend ist. Zu diesem Zweck wird vor jedem Start von den Piloten ein maximales Startgewicht mit den dazu gehörenden Startgeschwindigkeiten errechnet. Für dieses maximale Startgewicht existiert eine Vielzahl von Fachtermini. Wir verwenden in diesem Buch den Begriff des maximum allowable takeoff weight (MATOW).Dieses wird durch die folgenden Faktoren limitiert: x x x x x x

Strukturell bedingtes Maximalgewicht (maximum take-off weight) Pistenlänge (field length limit) Steigleistungsforderung (climb limit) Hindernisse (obstacle limit) maximale Bremsenergie (maximum brake energy) maximale Reifengeschwindigkeit (maximum tire speed)

10.3.1 Limitierung durch das strukturelle Gewicht

Jedes Flugzeug hat ein strukturbedingtes maximales Startgewicht. Die JAR-OPS 1.490 (a) verpflichtet den Luftfahrtunternehmer, sicherzustellen, dass dieses Gewicht nicht überschritten wird. In der Fachsprache nennt man dieses Gewicht maximum take-off weight (MTOW). Das MTOW wird im Rahmen der Musterzulassung des Flugzeugs ermittelt und berücksichtigt unter anderem die folgenden Kriterien: x strukturelle Beständigkeit im Fluge

152

10 Der Start

x Widerstandsfähigkeit des Fahrwerks x strukturelle Widerstandsfähigkeit bei einem Landestoß mit einer Vertikalgeschwindigkeit von -1,83 m/s bzw. -360 ft/min. 10.3.2 Limitierung durch die Bahnlänge

Die Begrenzung des Startgewichts durch die Bahnlänge wird field length limit genannt. Das durch die Bahnlänge limitierte Startgewicht nennt sich hierzu analog field length limited PTOW. Im allgemeinen wird eine solche Limitierung F-Limit genannt. Die Anwendungsbestimmungen für den Luftfahrtunternehmer ergeben sich aus JAR-OPS 1.490 (b) und (c). Demnach hat der Luftfahrtunternehmer bei der Ermittlung der höchstzulässigen Startmasse die folgenden Forderungen zu erfüllen: x Die benötigte Startstrecke (take-off distance required, TODR) darf die verfügbare Startstrecke (take-off distance available, TODA) nicht überschreiten, wobei der Anteil der Freifläche nicht mehr als die Hälfte der verfügbaren Startrollstrecke betragen darf; TODR ” TODA x Die benötigte Startrollstrecke (take-off roll required, TORR) darf die verfügbare Startrollstrecke (take-off roll available, TORA) nicht überschreiten; TORR ” TORA x Die benötigte Startabbruchstrecke (accelerate stop distance required, ASDR) darf die verfügbare Startabbruchstrecke (accelerate stop distance available, ASDA) nicht überschreiten; ASDR ” ASDA Zur Erfüllung der Bestimmungen dieses Paragrafen muss die V1 für den Startabbruch derjenigen für den fortgesetzten Start entsprechen. Ferner darf das für einen Start auf nasser oder kontaminierter Piste ermittelte Startgewicht nicht höher sein, als das Startgewicht für einen Start auf einer trockenen Piste unter sonst gleichen Randbedingungen. Limitierend für das Startgewicht ist schließlich die längste benötigte Wegstrecke aus Startfall und Startabbruchfall.

10.3 Die Limitierung des Startgewichts

153

Startstrecke (Take-off Distance)

Die benötigte Startstrecke (take-off distance required, TODR) ergibt sich aus dem Vergleich der Startstrecken mit und ohne Triebwerksausfall.

Abb. 10.3 Ermittlung der Take-off Distance Required (TODR)

Abb. 10.4 Take-off Distance

Kalkulationsprämissen der TODR AEO Variante: x Das Flugzeug wird mit allen Triebwerken beschleunigt. x Bei Erreichen der VR: Rotieren, abheben und steigen auf screen height x Beaufschlagung der zurückgelegten Strecke um 15 %. Kalkulationsprämissen der TODR OEI Variante: x Das Flugzeug wird mit allen Triebwerken bis zur Geschwindigkeit VEF beschleunigt.

154

10 Der Start

x Das kritische Triebwerk fällt aus und der Start wird fortgesetzt. x Bei Erreichen der VR: Rotieren, abheben und steigen auf screen height. x Die screen height über der Startbahn wird mit V2 erreicht. Startlaufstrecke (Take-off Run)

Auch die benötigte Startlaufstrecke (take-off run required, TORR) unterscheidet den Fall mit und ohne Triebwerksausfall.

Abb. 10.5 Ermittlung des Take-off Run

Abb. 10.6 Take-off Run

10.3 Die Limitierung des Startgewichts

155

Die Startlaufstrecke ist dann von Bedeutung, wenn die TODA einen clearway beinhaltet. x Die Startlaufstrecke mit einem ausgefallenen Triebwerke (TORR OEI) ist die benötigte Distanz aus dem Stillstand vom BRP bis zu dem Punkt, an dem VLOF erreicht wird (Distanz A), zuzüglich 50 % der Strecke vom VLOF-Punkt bis zu dem Punkt, an dem das Flugzeug die screen height mit V2 erreicht (Distanz B). x Die Startlaufstrecke mit allen Triebwerken (TORR AEO) entspricht 115 % der zuvor beschriebenen Strecke. Zwischen der take-off distance und dem take-off run ergibt sich folgender Zusammenhang: Schließt sich an das Ende der Startbahn ein großer clearway an, wäre es theoretisch möglich, den 35 ft Punkt soweit über die Freifläche zu legen, dass der Abhebepunkt genau am Bahnende liegt. Die Forderung „TODR ” TODA“ wäre damit noch immer erfüllt. Um dies zu verhindern, existiert die Vorschrift „TORR ” TORA“, nach welcher der TORR nicht über das Bahnende hinausgehen darf. Genauer gesagt darf der Punkt, der in der Mitte zwischen VLOF und dem 35-ft-Punkt liegt, nicht hinter dem Ende der Piste liegen. Startabbruchstrecke (Accelerate Stop Distance)

Die Startabbruchstrecke untersucht den Stopp-Fall und unterscheidet ebenfalls zwischen einer AEO- und einer OEI-Variante.

Abb. 10.7 Ermittlung der Accelerate Stop Distance

156

10 Der Start

Abb. 10.8 Accelerate Stop Distance Required

Unter ASDR AEO versteht man die benötigte Strecke, um das Flugzeug mit allen Triebwerken bis zur Geschwindigkeit V1 zu beschleunigen und anschließend zum Halten zu bringen. Dabei werden folgende Faktoren berücksichtigt: x Das Flugzeug wird mit allen Triebwerken bis zu der Geschwindigkeit V1 + 2 sec beschleunigt. x Am Punkt V1 + 2 sec wird die Bremsung eingeleitet. x Das Flugzeug wird unter Nutzung der maximalen Verzögerungsleistung der Radbremsen und den ausgefahrenen Bremsklappen zum Stehen gebracht. Die Schubumkehr darf im Falle einer trockenen Bahn nicht berücksichtigt werden. Unter der ASDR OEI versteht man die benötigte Distanz, um das Flugzeug unter Annahme des Ausfalls des kritischen Triebwerks bei VEF zum Halten zu bringen. Dabei werden folgende Faktoren berücksichtigt: x Das Flugzeug wird mit allen Triebwerken bis zu der Geschwindigkeit V1 beschleunigt.

10.3 Die Limitierung des Startgewichts

157

x Das kritische Triebwerk fällt aus. x Der Triebwerksausfall wird erkannt und das Flugzeug beschleunigt noch weitere 2 sec mit dem verbleibenden Triebwerk. x In dieser Zeit wird die Bremsung eingeleitet. x Das Flugzeug wird unter Nutzung der maximalen Verzögerungsleistung der Radbremsen und den ausgefahrenen Bremsklappen zum Stehen gebracht. Wie oben schon erwähnt, darf auch hier die Schubumkehr im Falle einer trockenen Bahn nicht berücksichtigt werden. Balanced Field Length

Stimmen TODA und ASDA überein, spricht man von balanced field conditions (siehe Kapitel 9.2.7). Die Frage ist nun, in welcher Höhe die V1 innerhalb ihrer Grenzen zu wählen ist, um auf einer gegebenen Pistenlänge das maximal mögliche Startgewicht zu erzielen. Die Antwort liefert die sogenannte balanced field length (BFL) mit der korrespondierenden balanced V1. Diese ergeben sich durch das Auftragen der TODR und der ASDR in einem Koordinatensystem mit der Pistenlänge als Ordinate und der V1 als Abszisse. Nachstehende Abbildung soll dies veranschaulichen:

Abb. 10.9 Balanced Field Length

158

10 Der Start

Die Abbildung zeigt die Kurven der TODR und ASDR für ein gegebenes Gewicht: x Die ASDR (Stopp-Fall) steigt mit zunehmender V1 in Richtung größerer Pistenlängen an. Eine niedrige V1 bedeutet daher, dass ein möglicher Startabbruch auch entsprechend früh eingeleitet werden würde. Die resultierende Startabbruchstrecke ist also relativ gering. Je höher die V1 und damit auch der Punkt des Triebwerksausfalls gewählt werden, desto später erfolgt der Startabbruch, was in einer längeren Startabbruchstrecke resultiert. Zum einen hat das Flugzeug eine höhere kinetische Energie, die abgebremst werden muss und zum anderen liegt schon ein beträchtliches Stück der Piste hinter dem Flugzeug. x Bei der TODR-Kurve (Go-Fall) verhält es sich umgekehrt. Die benötigten Pistenlängen sinken mit steigender V1, d. h., eine niedrige V1 führt zu einer großen Startstrecke. Dies rührt daher, dass eine Fortsetzung des Starts unterstellt wird. Fällt das Triebwerk nun „früh“ aus, muss das Flugzeug mit dem verbleibenden Triebwerk auf die VR beschleunigt werden. Dies dauert länger und benötigt mehr Startbahn, als dies bei einem Triebwerksausfall kurz vor der VR (also „spät“) der Fall wäre. Daraus ergibt sich wiederum, je höher die V1, desto kürzer wird die Startstrecke. Die optimale Geschwindigkeit liegt im Schnittpunkt beider Kurven. Dieser definiert die balanced V1 und die korrespondierende balanced field length. Der grau schattierte Bereich stellt die Grenzen der V1 dar, innerhalb derer variiert werden kann. Betrachtet man die Punkte L1 und L2 bzw. H1 und H2 erkennt man, was passiert, wenn eine niedrigere (L) oder höhere (H) V1 gewählt wird. Eine niedrigere V1 (Low V1) führt zwar zu einer kürzeren Startabbruchstrecke (Punkt L2) gleichzeitig auch zu einer höheren Startstrecke. Gemäß der Regel, dass die längere der beiden Strecken limitierend ist, führt die niedrige V1 zu einer höheren benötigten Pistenlänge. Die Wahl einer höheren V1 führt zu den umgekehrten Ergebnissen. Wurde die BFL für ein gegebenes Gewicht ermittelt, muss das Ergebnis mit der physisch vorhandenen Pistenlänge verglichen werden. Die Pistenlänge muss mindestens der BFL entsprechen. Tut sie dies nicht, hilft nur eine Gewichtsreduktion (Gepäck, Fracht oder Passagiere zurücklassen, Betankungsmenge überprüfen). 10.3.3 Limitierung durch die Steigleistungsforderung

Neben der Startstrecke kann auch der Start-Steigflug (take-off flight path) das maximale Startgewicht einschränken und muss daher überprüft

10.3 Die Limitierung des Startgewichts

159

werden. Dieses Limit wird auch climb limit oder WAT Limit (weight , altitude, temperature) genannt. Der take-off flight path beginnt gemäß CS 25.115 in 35 ft am Ende der Startstrecke und endet am selben Punkt wie der Take-off Path. Nach den Zertifizierungsvorschriften muss das Steigvermögen des Flugzeugs bestimmten Mindestanforderungen genügen. Um die vielfältigen Konfigurations- und Schubänderungen in dieser Flugphase zu reflektieren, wurde der take-off flight path in mehrere Segmente unterteilt, wobei die Mindestanforderungen in den einzelnen Segmenten variieren. Bei der Segmentierung des müssen folgende Prämissen beachtet werden: x Der Ausfall des kritischen Triebwerks wird bei VEF angenommen. (CS 25.111 (a) (2)) x Das Flugzeug wird auf V2 beschleunigt, wobei V2 erreicht werden muss, bevor die screen height erreicht wird. Beim weiteren Steigflug bis 400 ft darf die Geschwindigkeit nicht unter die V2 gehen (CS 25.111 (a) (3) und (c) (2)). x Keine Konfigurationsänderungen unter 400 ft über RZ außer Einfahren des Fahrwerks. (CS 25.111 (c) (4)) In der Literatur wird der take-off flight path häufig in vier Segmente unterteilt (Abb. 10.10). Flugzeughersteller weichen jedoch je nach Flugztyp von dieser Einteilung ab. So liegt beispielsweise gerade bei strahlgetriebenen Verkehrsflugzeugen die Beschleunigungshöhe regelmäßig in 1500 ft, wodurch das 3. und 4. Segment in einem Final Segment zusammengefasst werden (Abb. 10.11). Die Bestimmungen des 2. Segments gehören zu den anspruchsvollsten Forderungen an die Leistungsfähigkeit eines Flugzeuges. Diese gilt es, im Rahmen des Konstruktionsprozesses zu berücksichtigen.

160

10 Der Start

Abb. 10.10 Take-off Flight Path, 4 Segmente

Abb. 10.11 Take-off Flight Path, 3 Segmente Segment 1 Beginn Ende Auftriebshilfen Steiggradient Geschwindigkeit Ziel: Sonstiges

35 ft (screen height) über RZ Fahrwerk eingefahren. Startstellung Positiv Beschleunigung auf V2 (= 1,2 bis 1,4 VS) Reduzierung von Widerstand Das Fahrwerk ist zu Beginn ausgefahren und die Fahrwerksklappen sind geöffnet. Das verbleibende Triebwerk läuft mit maximalem Startschub. Bei Propellerflugzeugen gehört auch dazu, den Propeller in Segelstellung (feather) zu bringen, falls dies nicht automatisch geschieht (auto feather mode).

10.3 Die Limitierung des Startgewichts Segment 2 Beginn Endet

Startklappen Steiggradient Geschwindigkeit Ziel: Sonstiges

161

Ende des 1. Segments Höhe, in der mit dem Einfahren der Klappen begonnen wird. Frühestens in 400 ft (minimum level-off height), spätestens in 1500 ft, bzw. in der Höhe, wo das Zeitlimit für den Startschub erreicht wird (maximum level off height). Startstellung 2-mot: mindestens 2,1 % 3-mot: mindestens 2,7 % 4-mot: mindestens 3,0 % V2 Überfliegen von nahen Hindernissen, Höhengewinn Häufig wird das Startgewicht durch diese Forderung eingeschränkt. Man spricht in einem solchen Fall auch vom second segment limit.

Segment 3 Beginn Endet Startklappen Steiggradient Geschwindigkeit Ziel: Sonstiges

(level flight acceleration) Ende des 2. Segments Startklappen eingefahren In Bewegung 0 % (Geradeausflug) Beschleunigung auf VFTO Beschleunigung und Herstellung der clean configuration Während des Geradeausfluges beschleunigt das Flugzeug zunehmend. Beachtet werden muss in diesem Zusammenhang, dass bis jetzt immer noch der maximale Schub anliegt, der nach Realisierung des Triebwerksausfalls gesetzt wurde. Dieser ist jedoch zeitlich begrenzt und liegt – je nach Flugzeugtyp – zwischen 5 min und 10 min. Anschließend muss auf maximum continous thrust reduziert werden.

Segment 4 Beginn Endet Startklappen Steiggradient Geschwindigkeit Ziel: Sonstiges

(final segment) Ende des 3. Segments 1.500 ft über reference zero Eingefahren mindestens 1,2 % VFTO Steigflug auf 1.500 ft

Für den Fall, dass das 3. und 4 Segment in einem „Final Segment“ zusammengefasst werden, ergeben sich hierfür folgende Forderungen:

162

10 Der Start

Final Segment Beginn Endet Startklappen Steiggradient Geschwindigkeit Ziel: Sonstiges

Ende des 2. Segments bei Erreichen der Konfiguration für den Reisesteigflug (cruise climb) Eingefahren 2-mot: mindestens 1,2 % 3-mot: mindestens 1,5 % 4-mot: mindestens 1,7 % V2 (1,25 VS bis 1,65 VS in clean configuration) Steigflug auf 1.500 ft

10.3.4 Limitierung durch Hindernisse

Häufig befinden sich im direkten Umfeld des Flughafens Hindernisse, die im Abflug berücksichtigt werden müssen. Der Gesetzgeber schreibt diesbezüglich vor, dass Hindernisse grundsätzlich mit einer gewissen Sicherheitsmarge zu überfliegen sind. Hierbei sind alle Hindernisse zu berücksichtigen, die innerhalb eines bestimmten Korridors (take-off funnel) liegen. Die Hindernisfreiheit muss sowohl lateral, als auch vertikal gewährleistet werden. Ist ein Hindernis limitierend, spricht man vom obstacle limit. Die JAR-OPS 1.495 (Hindernisfreiheit beim Start) verpflichtet den Flugzeugbetreiber sicherzustellen, dass die Nettoflugbahn zu allen Hindernissen innerhalb eines bestimmten Gebiets einen senkrechten Abstand von mindestens 35 ft einhält. Bei der Erfüllung dieser Forderungen müssen folgende Kriterien berücksichtigt werden: x x x x

die Flugzeugmasse zu Beginn des Startlaufes; die Druckhöhe am Flugplatz; die am Flugplatz herrschende Umgebungstemperatur, und höchstens das 0,5fache der gemeldeten Gegenwindkomponente und mindestens das 1,5fache der gemeldeten Rückenwindkomponente.

Diese Vorschriften zur Hindernisfreiheit führen zu der Unterscheidung zwischen dem Brutto- und Nettoflugweg (gross und net take-off flight path). In der „fliegerischen Umgangssprache“ wird in der Regel nur vom net und gross flight path gesprochen.

10.3 Die Limitierung des Startgewichts

163

Gross Flight Path

Der gross flight path ist der tatsächlich realisierbare Steigflug. Er wird in Flugversuchen nachgewiesen, beginnt an der screen height und endet am Ende des take-off path. Durch die oben genannte Abminderung ergibt sich die Mindesthöhe, die das Flugzeug tatsächlich über einem Hindernis haben muss. Dabei gilt der grundsätzliche Gedanke, dass die Höhe über einem Hindernis umso größer sein muss, je weiter dieses vom Ende der Startstrecke entfernt ist. Für ein zweimotoriges Flugzeug ergibt sich daraus die Forderung, ein vorhandenes Hindernis in mindestens 35 ft zzgl. einem Zuschlag von 0,8 % der zurückgelegten Strecke zu überfliegen. Der Gross Flight Path und die tatsächlich nachgewiesenen gross gradients sind vom Hersteller nachzuweisen. Net Flight Path

Der net flight path ergibt sich aus dem gross flight path, indem dieser um eine bestimmte Steigung abgemindert wird. Die Höhe des Abschlags richtet sich nach der Anzahl der Motoren und ist auf alle Segmente anzuwenden. Tabelle 10.1 Gradient-Minderung 2 Triebwerke 3 Triebwerke 4 Triebwerke

Gradient Minderung 0,8 % 0,9 % 1,0 %

Durch die oben genannte Minderung des gross flight path ergibt sich die Mindesthöhe, die das Flugzeug tatsächlich über einem Hindernis haben muss. So muss z. B. ein zweimotoriges Flugzeug ein vorhandenes Hindernis in mindestens 35 ft zzgl. einem Zuschlag von 0,8 % der zurückgelegten Strecke überfliegen. Beispiel: In einer Entfernung D von 20.000 ft vom BRP steht ein Hindernis mit einer Höhe von 5.000 ft über MSL. Wie hoch ist der Hinderniszuschlag Z und in welcher Höhe muss das Flugzeug dieses Hindernis mindestens überfliegen?

x Mindestüberflughöhe = H+35 ft+Z x Z = 0,008·D = 0,008·20.000 ft = 160 ft x Mindestüberflughöhe = 5.000 ft + 35 ft + 160 ft = 5.195 ft

164

10 Der Start

Zu der Hindernisfreiheit von aus dem Nettoflugweg kommen nochmals 160 ft (0,8 % von 20.000 ft) hinzu. Das Flugzeug muss das Hindernis mindestens in einer Höhe von 5195 ft AMSL überfliegen. Take-Off Funnel

Die Vorschriften der JAR-OPS 1.495 ergeben den zu untersuchenden Abflugsektor. Dabei wird zwischen einem geraden Abflug (Flugwegänderungen < 15°) und einem Abflug, der einen Kurvenflug beinhaltet (Flugwegänderungen > 15°) unterschieden. Allerdings gilt diese Unterscheidung nur bei Kurven mit Schräglagen über 15°. Bei Abflügen mit Kurven < 15° Schräglage. Nach JAR-OPS 1.495 (a) müssen Hindernisse mit einer Sicherheitsmarge von 35 ft überflogen werden. Enthält ein Abflug Kurven, die eine Schräglage über 15° erfordern, müssen Hindernisse mit 50 ft Sicherheitsmarge überflogen werden (JAR-OPS 1.495 (c) (2)). Um die Vorschriften hinsichtlich der Hindernisfreiheit erfüllen zu können, sind die Luftfahrtunternehmer verpflichtet, eine Hindernisanalyse der entsprechenden Flughäfen anzufertigen. Zu untersuchen ist ein spezifizierter Sektor (depature sector oder take-off funnel), der den take-off flight path umgibt. Dieser take-off funnel ist nicht zu verwechseln mit dem geschützten Bereich eines Standard-Instrumentenabflugs nach ICAO PANSOPS. Der take-off funnel, der sich auf den Abflug mit einem ausgefallenen Triebwerk bezieht, ist wesentlich enger. Alle Hindernisse, die innerhalb dieses Sektors liegen, müssen überflogen werden, als würden sie direkt auf der Abfluglinie liegen. Dies kann auch dazu führen, dass Hindernisse berücksichtigt werden, die direkt neben der Abfluggrundlinie liegen. Die Ergebnisse einer solchen Untersuchung werden in der Regel in einer Hindernisdatenbank (airport obstacle data base) abgelegt. Dem Operator stehen zur Erfüllung seiner Verpflichtung mehrere Quellen zur Verfügung, aus denen sich Hindernisdaten ableiten lassen. Die nachfolgenden Punkte stellen eine nicht unbedingt vollständige Beispielliste möglicher Quellen dar. x x x x x x x

ICAO Obstruction Charts, Type A, B, C Aeronautical Information Publications (AIP), Section AGA Instrument Approach Charts Terminal Area Charts (USA) Tactical Pilotage Charts (USA) Operational Navigation Charts Lokale geografische Landkarten mit entsprechend hohem Maßstab

10.3 Die Limitierung des Startgewichts

165

Ferner können solche Datenbanken auch bei entsprechenden Unternehmen gekauft werden (z. B. Lufthansa Systems Aeronautics, Jeppesen). Die nachfolgende Abbildung zeigt den zu berücksichtigenden Sektor bei einem geraden Abflug und einem Abflug mit Flugwegänderung > 15°.

Abb. 10.12 Draufsicht, Take-off Funnel, straight out departure

Abb. 10.13 Draufsicht, Take-off Funnel, Curved Departure

Bei Abb. 10.13 beginnt der departure sector entweder am Ende der TODR, wenn die Kurve vor Erreichen des Endes der TODA eingeleitet wird, oder am Ende der TODA, wenn der Turn nach dem Ende der TODA eingeleitet wird. Der Wert für die Breite W („Width“) ist abhängig von der Spannweite des Flugzeuges. Es wird unterschieden in b < 60 m und b • 60 m.

166

10 Der Start

Tabelle 10.2 Mindestbreite des zu berücksichtigenden Sektors b < 60 m

W0 W1 W

b t 60m. 60 m + 0,5b 90 m W0 + 0,125D = W0 + 0,125D (60 m + 0,5b) + 0,125D 90 m + 0,125 D 300 m bzw. 600 m bei Änderung des Flugweges > 15°: 600 m bzw. 900 m

Obstacle Envelope

Der sogenannte obstacle envelope wird durch die Hindernisse im Abflug bestimmt.

Abb. 10.14 Obstacle Envelope Level-Off Height

Die level-off height (oft auch als acceleration height bezeichnet) ist die Höhe, in der das Flugzeug nach einem Triebwerksausfall in den Horizontalflug übergeht, um zu beschleunigen. Sie entspricht der Höhe am Ende des 2. Segments. Die minimum level-off height beträgt 400 ft über reference zero. Die maximum level-off height ergibt sich aus dem sogenannten thrust time limit der Triebwerke. Dies beträgt je nach Flugzeugtyp entweder 5 oder 10 Minuten. Innerhalb dieses Zeitlimits müssen die Klappen eingefahren sein. Die resultierende Höhe am Ende des Zeitlimits entspricht der maximum level-off height.

10.3 Die Limitierung des Startgewichts

167

Die Höhe der level-off height kann also variiert werden und hängt davon ab, in welcher Entfernung das Hindernis steht, das zu überfliegen ist. Extended Second Segment

Können die in den EASA CS vorgeschriebenen Mindeststeiggradienten des Start-Steigflugs über 400 ft (1,2 % für 2-motorige, 1,5 % für 3motorige und 1,7 % für 4-motorige) auch mit maximum continuous thrust bei entsprechender Flugzeugkonfiguration erreicht werden, ist die maximum level-off height kein einschränkender Faktor mehr. Bei Erreichen des jeweiligen thrust time limits entspricht die Geschwindigkeit der V2, der Schub wird auf MCT reduziert und es wird mit dem Einfahren der Startklappen und der Beschleunigung begonnen. Die Fähigkeit, das zweite Segment zu verlängern, wird dann genutzt, wenn sich Hindernisse in einer solchen Entfernung befinden, dass ein Horizontalflug erst über der maximum level-off height möglich ist. 10.3.5 Limitierung durch die maximale Bremsenergie

Um bei einem Startabbruch sicher zum Stehen zu kommen, muss die Bremsanlage die kinetische Energie des Flugzeuges aufnehmen können. Wie bei allen Bremsvorgängen wird dabei die kinetische Energie der Geschwindigkeit in Wärmeenergie umgewandelt. Limitierend ist also die maximale Betriebstemperatur der Bremsanlage. Diese liegt in der Regel zwischen 450 °C und 500 °C. Überschreitet die Temperatur diesen Bereich, lässt die Effektivität der Anlage nach. Der Flugzeughersteller legt in Abhängigkeit dieser Betriebstemperatur eine maximale Geschwindigkeit fest, bei dem das Flugzeug sicher innerhalb der Startabbruchstrecke zum Stehen kommt. Wichtig ist, dass die Temperatur der Bremsanlage eine typspezifische Temperatur zu Beginn des Startlaufs nicht überschreitet. Tut sie dies doch, muss das Startgewicht des Flugzeugs reduziert werden. Wird ein Flugzeug durch die maximale Bremsenergie eingeschränkt, spricht man vom brake energy limit.

168

10 Der Start

10.3.6 Limitierung durch die maximale Reifengeschwindigkeit

Je höher das Abfluggewicht ist, desto schneller muss das Flugzeug beim Abheben sein, um den notwendigen Auftrieb zu entwickeln. Die Reifen sind bei hoher Geschwindigkeit hohen diversen Kräften ausgesetzt. Um die Reifenstruktur nicht zu gefährden, werden daher Maximalgeschwindigkeiten festgelegt, bis zu denen der Reifen nicht beschädigt wird (maximum tire speed limit).

10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start Die Startleistung eines Flugzeuges ist von einer Vielzahl von Variablen abhängig, die seitens des Luftfahrtunternehmers bei der Bestimmung des maximalen Startgewichts zu berücksichtigen sind. Die JAR-OPS 1 konkretisiert diese Forderung in den Vorschriften 1.490 und 1.495 für die Limitierung des Starts durch die Bahnlänge und durch Hindernisse. Tabelle 10.3 Vorschriften zur Berücksichtigung von Variablen beim Start JAR-OPS 1.490 (b) Field Length Limit (1) die Druckhöhe am Flugplatz; (2) die am Flugplatz herrschende Umgebungstemperatur, und (3) der Zustand und die Art der Pistenoberfläche; (4) die Neigung der Piste in Startrichtung; (slope correction) (5) höchstens das 0,5fache der gemeldeten Gegenwindkomponente und mindestens das 1,5fache der gemeldeten Rückenwindkomponente; und (6) der Pistenlängenverlust durch Ausrichten des Flugzeugs vor dem Beginn des Startlaufs. (line-up correction)

JAR-OPS 1.495 (c) Obstacle Limit (1) die Flugzeugmasse zu Beginn des Startlaufes; (2) die Druckhöhe am Flugplatz; (3) die am Flugplatz herrschende Umgebungstemperatur, und (4) höchstens das 0,5fache der gemeldeten Gegenwindkomponente und mindestens das 1,5fache der gemeldeten Rückenwindkomponente.

Die Einflüsse auf das maximale Startgewicht können in drei Kategorien eingeteilt werden. x Flugzeugbedingte Einflüsse x Startbahnbedingte Einflüsse

10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start

169

x Meteorologisch bedingte Einflüsse 10.4.1 Flugzeugbedingte Einflüsse Gewicht

Ein höheres Gewicht führt bei gleichbleibendem Schub zu einer kleineren Beschleunigung. Darüber hinaus kommt es zu einer größeren Bodenreibung, was ebenfalls das Beschleunigungsvermögen des Flugzeugs reduziert. Grundsätzlich gilt also: Je schwerer das Flugzeug, desto höher die relevanten Startgeschwindigkeiten und desto höher die entsprechenden Startstrecken. Abb. 10.16 zeigt die Auswirkung auf die RFL in [m] und die V1 bei unterschiedlichem Gewicht.

Abb. 10.15 Einfluss des Gewichts auf die RFL und V1

Außerdem wirkt sich ein höheres Gewicht auch negativ auf den Steiggradienten aus. Dadurch sind auch das climb limit und das obstacle limit betroffen. Einfluss der Startklappenstellung

Eine niedrigere Klappenstellung (in Abb. 10.16 als lower flaps bezeichnet) bewirkt höhere Startgeschwindigkeiten, da das veränderte Flügelprofil

170

10 Der Start

(kleine Wölbung) weniger Auftrieb liefert, als dies eine große Klappenstellung (große Wölbung) tun würde. Damit verbunden ist auch eine höhere TODR. Die ASDR hingegen nimmt bei niedrigerer Klappenstellung ab. Grund dafür ist zum einen ein verminderter Widerstand und zum anderen ein geringerer Auftrieb, der in einem höheren Gewicht auf dem Fahrwerk resultiert, was das Bremsvermögen verbessert. Die höhere Geschwindigkeit beim Abheben bewirkt eine bessere Steigrate. Weiter wegstehende Hindernisse können so höher überflogen werden. Bei großer Klappenstellung ist dies umgekehrt. Die nun große Profilwölbung erlaubt einen Start mit geringerer Geschwindigkeit. Das Flugzeug muss folglich nicht so lange beschleunigen, was in einer reduzierten TODR und TORR resultiert. Die Flugbahn des Flugzeuges ist anfänglich steiler, weshalb nahe stehende Hindernisse (sog. close-in obsacles) besser überflogen werden können.

Abb. 10.16 Einfluss der Klappenstellung auf RFL und V1

Bei Verkehrsflugzeugen existieren in der Regel verschiedene Klappenstellungen für den Start. Die Auswahl der geeigneten Variante erfolgt durch die Cockpitbesatzung aufgrund der Frage, welche Klappenstellung entweder das höchste Startgewicht ermöglicht, oder eine kurzen Startlauf ermöglicht. Dabei ist die Klappenstellung möglichst niedrig zu wählen, denn Startklappen produzieren nicht nur Auftrieb, sondern auch Widerstand.

10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start

171

Ein Vorteil für die Wahl einer großen Klappenstellung ist, wenn das Flugzeug aus bestimmten Gründen zügig abheben soll (kurzer Startlauf). Beispielhaft anzuführen wäre hier eine schlechte Pistenoberfläche (Steinschlaggefahr bzw. Schäden durch sogenanntes foreign object damage) oder auch eine bestimmte Kontaminierung, wie z. B. Schneematsch.

Abb. 10.17 Einfluss der Klappenstellung Zapfluft (Bleed Air and Anti-Ice)

Neben dem Antrieb des Flugzeugs haben die Triebwerke noch die Aufgabe, verschiedene Verbraucher mit Verdichterzapfluft (bleed air) zu versorgen. In erster Linie sind dies die Klima- und Enteisungsanlagen des Flugzeuges. Für solche Fälle wird den Triebwerken an einer bestimmten Stelle im Verdichter Luft entnommen. Diese Luftentnahme mindert die Startleistung und dadurch auch das MATOW. Um diese Leistungsverluste auszugleichen, müsste mehr Treibstoff eingespritzt werden. Dies jedoch ist aufgrund der verwendeten Werkstoffe im Triebwerk und deren Temperaturgrenzen nur bedingt möglich. Der Leistungsverlust durch das Betreiben der Klimanlage kann in gewichtsbeschränkten Situationen teilweise kompensiert werden. Z. B. durch die Versorgung der Klimaanlage durch die Hilfsturbine oder - im Einzelfall - durch die Durchführung eines drucklosen Starts (sogenannter bleedless bzw. unpressurized take-off). in einem solche Fall wird die Klimaanlage in einer bestimmten Höhe (z. B. acceleration altitude) wieder aufgeschaltet.

172

10 Der Start

Technische Beanstandungen

Es existieren verschiedenste technische Beanstandungen, die Einfluss auf die Startleistung haben. Die Größe des Einflusses ist der minimum equipment list (MEL) zu entnehmen. Sie ist offizieller Bestandteil der Flugzeugdokumentation und enthält Angaben zur Mindestausrüstung des Flugzeugs und flugleistungsrelevanter Korrekturen bei Beanstandungen von technischen Systemen. Dies können entweder Korrekturen am maximalen Startgewicht oder an den Startgeschwindigkeiten sein, oder auch Zuschläge an Treibstoff sein. Der Flugzeughersteller muss im AFM entsprechende Korrekturen zu den Flugleistungsdaten vorhalten. Typische Beanstandungen mit Relevanz für die Flugleistung sind beispielsweise anti-skid inoperative und thrust reverser inoperative. In beiden Fällen könnte das Flugzeug nicht mehr optimal verzögert werden, was zu Aufschlägen bei der ASDR führt. Bremsanlage

Ein generell verbessertes Bremsvermögen (z. B. durch den Einbau von besseren bzw. stärkeren Bremsen) wirken sich nur auf das field length limit aus und auch hier lediglich auf den „Stoppfall“. Die TODR (OEI und AEO) verändert sich nicht. Durch die Änderung der ASDR kann in einem solchen Fall auch die TODR AEO zur limitierenden Strecke werden. Eine weitere mögliche Limitierung ist die VR als Obergrenze der V1 sein.

Abb. 10.18 Einfluss von besseren Bremsen auf RFL und V1

10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start

173

Auch die Geschwindigkeit für die maximale Bremsenergie (V1MBE) kann sich limitierend auswirken, wie Abb. 10.19 zeigt:

Abb. 10.19 Einfluss der V1MBE auf RFL und V1

10.4.2 Startbahnbedingte Einflüsse Einfluss des Neigungswinkels

Bei einer Steigung (upslope) kommt es aufgrund der geringeren Beschleunigung zu einer Verlängerung der TODR und des TORR. Durch die verminderte Beschleunigung wird die Abhebegeschwindigkeit später erreicht. Der Abhebepunkt verlagert sich in Richtung Bahnende. Der Überflug der screen height findet dadurch später statt. Bei einer Neigung (downslope) kommt es zum umgekehrten Effekt. Durch die Hangabtriebskraft beschleunigt das Flugzeug schneller. Die Abhebegeschwindigkeit wird früher erreicht und der Abhebepunkt verlagert sich weiter in Richtung Bahnanfang. Dadurch wird auch die screen height früher erreicht. Über die TODR und TORR hinaus ist aber auch die ASDR betroffen. Im Falle eines Startabbruchs würde sich ein up slope positiv auf die Startabbruchstrecke auswirken. Die ansteigende Piste würde – wenn auch nur geringfügig – den Bremseffekt und die Verzögerung des Flugzeugs unterstützen. Neben dem Effekt auf die TODR und den TORR ist auch die Hindernisfreiheit durch eine vorhandene Bahnneigung betroffen. Obwohl die JAROPS 1.495 die Berücksichtigung des Pistengradienten nicht explizit vor-

174

10 Der Start

schreibt, kann ein solcher gravierende Auswirkungen gerade auf nah stehende Hindernisse haben. Die in der AIP aufgeführten Hindernisse, die bei der Startdatenberechnung zu berücksichtigen sind, werden in Bezug auf den BRP in ft über MSL angegeben. Am Ende der TODR kann das Flugzeug aber aufgrund der Pistenneigung höher oder auch tiefer als der BRP sein (siehe Abb. 10.23 und 10.24). Es ergibt sich dadurch eine neue Bezugshöhe die reference zero (RZ) genannt wird.

RZ [ ft ] ELEVBRP [ ft ] r TODR [m] ˜ Slope [%] ˜ 3,28 Beispiel:

(10.18)

Wie hoch liegt reference zero (in ft)?

Höhe des BRP (ELEVBRP): 2000 ft MSL TODR: 2700 m, Bahnneigung: 1,4 %, Hindernishöhe: 2500 ft MSL RZ

2000  2700 ˜ 0,014 ˜ 3,28 2123,984

(10.19)

Abb. 10.20 stellt den Zusammenhang nochmals bildhaft dar:

Abb. 10.20 Ermittlung von RZ und Hindernishöhe bei positivem Pistengradienten

Liegt ein negativer Pistengradient vor, bleibt die Rechnung gleich, lediglich das Vorzeichen vor der Klammer ändert sich. RZ

2000  2700 ˜ 0,014 ˜ 3,28 1876,016

(10.20)

Die Abb. 10.21 zeigt einen negativen Pistengradienten bei sonst gleichen Werten.

10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start

175

Die Vorschriften zur Berechnung des Pistengradienten, wie sie im Kapitel Flughafenbetriebsflächen vorgestellt wurden, können zu irreführenden Ergebnissen führen.

Abb. 10.21 Ermittlung von RZ und Hindernishöhe bei negativem Pistengradienten

So kann der durchschnittliche Pistengradient beispielsweise positiv sein, obwohl das Ende der TODR auf die Anfangshöhe wieder abfällt (Abb. 10.22). Das Ergebnis ist durchaus kritisch zu betrachten, denn es kann durch diesen Effekt zu einer Reduzierung der Mindesthindernisfreiheit kommen, da der tatsächliche Flugweg unter dem berechneten Flugweg liegt.

176

10 Der Start

Abb. 10.22 Hindernisfreiheit bei einer positiven Steigung der Startbahn Einfluss der Pistenoberfläche

Die Beschaffenheit der Pistenoberfläche hat je nach Art Kontaminierung einen erheblichen Einfluss auf die Startleistung.

der

Nach einem starken Regen oder Schneefall kann die Piste nass (wet) und dadurch rutschig (slippery), oder sogar kontaminiert (contaminated) sein. In solchen Fällen gelten andere Bedingungen. Zum einen reduziert sich die screen height am Ende der TOD von 35 ft auf 15 ft, zum Anderen darf als Bremshilfe die Schubumkehr berücksichtigt werden. Diese Vorteile können unter besonderen Umständen sogar dazu führen, dass z. B. die TODR oder die TORR kürzer sind, als bei trockener Bahn. In diesem Fall ist die längere Wegstrecke limitierend, auch wenn es sich dabei um dry conditions handelt. Bei einer rutschigen Bahn bleibt im Gegensatz zur kontaminierten Bahn die Startstrecke ohne Triebwerksausfall (AEO TODR) unverändert. Sowohl bei nasser, als auch kontaminierter Bahn kann die OEI TODR sogar etwas niedriger sein. Dies liegt an der Reduzierung der screen height auf 15 ft. Im Falle des Startabbruchs verschiebt sich die ASDR nach oben zu einer längeren Startabbruchstrecke. Auch dieser Effekt wird allerdings gegenüber einer trockenen Bahn durch den „thrust reverser credit“ teil-

10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start

177

weise eliminiert. Die Summe aller Faktoren kann unter Umständen dazu führen, dass sich die RFL für nasse oder kontaminierte Bahnen nicht oder nur kaum von der einer trockenen Bahn unterscheidet.

Abb. 10.23 Einfluss einer rutschigen Bahn auf RFL und V1

Abb. 10.24 Einfluss von nasser und kontaminierter Piste auf RFL und V1

178

10 Der Start

10.4.3 Meteorologisch bedingte Einflüsse Luftdruck

Ein abnehmender Luftdruck (QNH) resultiert in einer ansteigenden Druckhöhe und einer geringer werdenden Luftdichte U. Projizieren wir diese Erkenntnis auf die Auftriebsformel, erkennt man, dass ein niedrigeres U in einem geringeren Auftrieb resultiert. Soll ein gegebener Auftrieb (bei gegebenem Startgewicht) erreicht werden, kann das kleinere U nur durch eine höhere Geschwindigkeit ausgeglichen werden. Hinsichtlich eines field length limits resultiert eine höhere Geschwindigkeit in einer höheren required field length. Hinsichtlich des obstacle limits ergibt sich folgendes: Bedingt durch die höhere Geschwindigkeit verlagert sich der Abhebepunkt weiter in Richtung Bahnende. Der Abstand zu einem Hindernis im Abflugsektor verringert sich dadurch, was möglicherweise einen höheren Steiggradienten erfordert. Ein weiterer Faktor bei zunehmender Druckhöhe ist die verminderte Triebwerksleistung, die zur Beschleunigung bzw. für den Steigflug des Flugzeuges zur Verfügung steht. Temperatur

Eine zunehmende Temperatur resultiert in einer geringeren Luftdichte. Dies führt zu denselben Effekten wie bei der oben beschriebenen zunehmenden Druckhöhe. Die Triebwerksleistung steht bis zur flat rated temperature in vollem Umfang zur Verfügung. Bei höheren Temperaturen nimmt die Leistung ab. Einfluss von Wind

Wind beeinflusst sowohl die Start- und Startabbruchstrecken, als auch die Flugbahn nach dem Abheben. Somit beeinflusst er das field length limit und das obstacle limit. Bei einer Gegenwindkomponente (headwind component – HWC) wird die VLOF um den Betrag der Komponente früher erreicht. Das Flugzeug muss also nicht so lange beschleunigt werden. Liegt hingegen eine Rückenwindkomponente (tailwind component – TWC) vor, muss das Flugzeug um diesen Betrag mehr beschleunigt werden, sodass die Beschleunigungsstrecke länger wird.

10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start

179

Betrachtet man den Startabbruchfall, ist auch hier eine HWC vorteilhafter als eine TWC, denn eine HWC reduziert die relevante Geschwindigkeit über Grund. Hinsichtlich der Hindernisfreiheit führt eine HWC zu einem steileren Flugweg und eine TWC zu einem flacheren Flugweg. Aus Sicherheitsgründen sind die Vorteile einer HWC nur zu 50 % anrechenbar, während die Nachteile einer TWC mit 150 % zu berücksichtigen sind. Oftmals ändert sich der Wind mit der Höhe nach Betrag und Richtung. Eine zu 50 % berücksichtigte HWC bei der Berechnung der Hindernisfreiheit kann also möglicherweise nicht mehr bestehen. Die Option, eine HWC bei der Berechnung der Hindernisfreiheit zu berücksichtigen, ist also mit Vorsicht zu genießen und eher zu unterlassen. Tabelle 10.4 Zusammenfassung der meteorologischen Einflüsse

Vereisung

Die Kontaminierung des Flugzeuges durch Eis oder Schnee am Boden ist eine unter keinen Umständen zu unterschätzende Gefahr. Besonders bei Vereisung des Flügels kann es aufgrund veränderter aerodynamischer Verhältnisse zu gravierenden Beeinträchtigungen der Flugleistung kommen. Zum einen verringert sich der Auftrieb, zum anderen erhöht sich der Widerstand. Die Strömungsabrissgeschwindigkeit steigt an, wodurch sich die Sicherheitsmarge zum Strömungsabriss verringert. Für eine Vereisung des Flügels müssen am Boden keine Minusgrade herrschen. Ein langer Flug in großen Höhen mit tiefen Temperaturen sorgt für eine Auskühlung des Treibstoffs und einer damit verbundenen sehr kalten Flügeloberfläche. Regen und Nebel können dadurch schnell am Flugzeug gefrieren. Besonders sensibel für Vereisung und generelle Rauigkeit ist die Flügelvorderkante (leading edge). Hier reichen bereits kleine Rauigkeiten aus, um den Auftrieb signifikant zu mindern.

180

10 Der Start

10.5 Optimierter Steigflug (improved climb) Dieses Verfahren nutzt die Tatsache, dass die von den Flugzeugherstellern veröffentlichten Startgeschwindigkeiten vielfach nur hinsichtlich der benötigten Pistenlänge optimiert sind. Die Startgeschwindigkeiten basieren auf einem konstanten Verhältnis der V2 zur VS (bzw. V1SG). Die Geschwindigkeiten sind daher bei langen Pisten niedriger, als eigentlich notwendig und entsprechen nicht dem Optimum des Steiggradienten. Die folgende Abbildung soll dies schematisch für ein gegebenes Gewicht darstellen.

Abb. 10.25 Erhöhung des Steiggradienten durch Erhöhung der V2

Durch eine variable Handhabung der V2 kann bei gegebenem Gewicht der Steiggradient erhöht werden, oder unter Beibehaltung des Steiggradienten das maximale Startgewicht erhöht werden. Bei Airbus ist dieses Verfahren unter dem Begriff „KVS“ bekannt. KVS ist das Verhältnis der V2 zur VS. Die zulässige Bandbreite der V2 liegt in der Regel zwischen 1,2 und 1,39 VS.

10.5 Optimierter Steigflug (improved climb)

181

Abb. 10.26 Erhöhung des maximalen Startgewichts bei gegebenem Gradienten

Abb. 10.26 zeigt einen vorgegebenen Mindestgradienten und die mögliche Steigerung des Gewichts durch Erhöhung der V2. Durch Erhöhung der V2 bzw. des Verhältnisses V2/VS nimmt zwar einerseits der erzielbare Steiggradient und damit auch das climb limited weight, zu, andererseits nimmt aber auch das field length limited weight ab. Der Schnittpunkt der beiden Limits ergibt die optimale Geschwindigkeit für ein gegebenes Gewicht.

Abb. 10.27 Ermittlung der optimalen Geschwindigkeit V2

182

10 Der Start

Dieses Verfahren ist insbesondere dann von Vorteil, wenn das PTOW durch die Steigleistungsforderung limitiert ist, andererseits aber genügend Piste zur Verfügung steht. In der Folge wird mit einer erhöhten VR gestartet, um anschließend mit der erhöhten V2 zu steigen.

10.6 Triebwerksausfall beim Start 10.6.1 Einführung

An nahezu allen Verkehrsflughäfen existieren auf Instrumentenflugverfahren basierende Abflugrouten (sog. Standard Instrument Departure, SID). Diese Abflugrouten können in Abhängigkeit vom umgebenden Gelände gewisse Mindestanforderungen an das Steigvermögen eines Flugzeuges haben. Wie solche Abflugrouten zu gestalten sind, wird in den Vorschriften zum Verfahrensdesign (ICAO Doc. 8168 „PANS-OPS2“) beschrieben. Dort wird explizit darauf hingewiesen, dass diese Abflugverfahren nach Ausfall eines Triebwerks möglicherweise nicht mehr geflogen werden können. Für diesen Fall muss der Luftfahrtunternehmer geeignete Notverfahren entwerfen, die im Falle eines Triebwerksausfalles angewendet werden. Ziel dieser Notverfahren ist es zum einen, das Flugzeug sicher um alle Hindernisse zu führen und dabei die reduzierte Steigfähigkeit zu berücksichtigen. Zum anderen soll das Flugzeug dabei nicht zu weit vom Flughafen weggeführt werden, damit es schnellstmöglich wieder landen kann. Diese Verfahren werden Engine Failure Procedure (EFP) oder auch Engine Out Standard Instrument Departure (EOSID) genannt und werden in der Regel entweder auf der runway weight chart abgedruckt, oder in einem entsprechenden Computerprogramm zur Startdatenberechnung veröffentlicht3. 10.6.2 Triebwerksausfall am Beispiel CRJ 200

Nach einem Triebwerksausfall wird mit Max Thrust und mit der Geschwindigkeit V2 als best angle of climb speed bis zur berechneten level2 3

Procedures for air navigation services – aircraft operations siehe Angabe zur special EOSID in der Abb. 10.43 unten

10.6 Triebwerksausfall beim Start

183

off altitude gestiegen. In aller Regel liegt diese standardmäßig bei 1500 ft über Grund. Dort angekommen wird das Flugzeug beschleunigt. Enthält die EOSID eine Kurve zu einem Holding Fix, wird diese mit Erreichen der level-off altitude eingeleitet, sofern aufgrund von Hindernissen nicht ein anderer Flugweg zu fliegen ist. Wurde mit der Klappenstellung von 20° gestartet, beginnt bei Erreichen von „V2 + 12 kt” das dritte Segment: x Die Klappen werden auf „8°”gefahren und bei „V2 + 20 kt” werden sie ganz eingefahren; x Bei Erreichen der VFTO wird mit dieser Geschwindigkeit der Steigflug fortgeführt (hierzu bietet sich der Speed Mode des Autopiloten an.) x der Schub wird auf maximum continuous thrust gesetzt. x der Steigflug wird mindestens bis zur minimum sector altitude (MSA) fortgesetzt. Der Flugweg nach einem Triebwerksausfall ergibt sich aus der Beschreibung der EOSID. Kurven sind bis zum Erreichen der VFTO mit einer Schräglage von maximal 15qzu fliegen und können anschießend mit 25q geflogen werden. Die VFTO entspricht beim CRJ somit der clean maneuvering speed, ab der Kurven ohne Einschränkung geflogen werden dürfen. Bei einem Start ohne Triebwerksausfall darf mit dem Einfahren der Klappen während einer Kurve (z. B. wenn die Beschleunigungshöhe und eine Kurve zusammenfallen) erst begonnen werden, wenn die VFTO erreicht wurde und die Fluggeschwindigkeit zunimmt. Damit wird der Möglichkeit eines Triebwerksausfalls während einer Kurve Rechnung getragen. Das Einfahren der Startklappen wäre zwar nach Erreichen von „V2+12 kt“ und bei einer Schräglage von höchstens 15q erlaubt, würde aber dazu führen, dass die Abflugroute deren Kurven einen „Standard-Radius“ aufweisen, eventuell nicht eingehalten werden kann. Der Standard-Radius für Kurven unterstellt eine Drehgeschwindigkeit von 3qpro Sekunde. Die notwendige Schräglage (bank angle) kann mit folgender Faustformel bestimmt werden. Bank Angle

TAS 7 10

Beispiel: TAS = 150 kt, Schräglage für Standard-Kurve = 22°

(10.21)

184

10 Der Start

10.6.3 Kurvenflug

Dem Kurvenflug kommt im Rahmen des Triebwerksausfalls beim Start und dem Entwurf geeigneter Notverfahren eine besondere Bedeutung zu. Durch eine geplante Kurve kann das maximale Startgewicht und damit auch die payload oftmals erhöht werden, indem limitierende Hindernisse umflogen werden. Dies könnte allerdings dazu führen, dass andere Hindernisse, die bisher außerhalb der Betrachtung lagen, berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus könnte die Bandbreite der erlaubten V2 durch einen vorgegebenen Kurvenradius eingeschränkt sein. Die Physik des Kurvenfluges

Die folgende Abbildung zeigt ein Flugzeug mit der Schräglage I und dem Radius R.

Abb. 10.28 Kräfte am Flugzeug im Kurvenflug

Das Kräftegleichgewicht in vertikaler Richtung ergibt: n

¦ F : L cosI  mg Daraus folgt:

0

(10.22)

10.6 Triebwerksausfall beim Start

L cosI

mg

185

(10.23)

Der Auftrieb übersteigt also das Gewicht im Kurvenflug um den Faktor cos I Durch umstellen der Gl. (10.23) nach cos I erhalten wir (10.24)

mg L

cos I

Nach einsetzen von Gl. (10.24) in Gl. (4.32) erhalten wir die Beziehung des Lastvielfachen zum Kurvenflug.

L W

n

L mg

(10.25)

1 cosI

Gl. (10.25) erlaubt uns nun das Lastvielfache in Kurven zu berechnen. So ergibt eine Kurve mit einer Schräglage von 60° ein Lastvielfaches von 2 g. In Kurven wiegt das Flugzeug folglich mehr, was durch zusätzlichen Auftrieb ausgeglichen werden muss und in einem verminderten Steiggradienten resultiert. Nachdem wir nun die vertikalen Kräfte berechnet haben, wollen wir auch die horizontalen Kräfte untersuchen. Hier wirkt unter anderem die Zentrifugalkraft als Produkt aus Zentrifugalbeschleunigung und Flugzeugmasse. Die Zentrifugalbeschleunigung wiederum ist der Quotient dem Quadrat der Geschwindigkeit und dem Kurvenradius, wobei mit Geschwindigkeit die TAS gemeint ist. Das Kräftegleichgewicht in horizontaler Richtung ergibt sich somit zu:

¦

o

F:

V 2m  L sin I R

0

(10.26)

Daraus folgt:

L sin I

V 2m R

(10.27)

Durch das Zusammenführen von Gl. 10.24 und 10.27 und Auflösung nach R erhalten wir die Gleichung zur Berechnung des Turnradius.

R

V2 g ˜ tan I

(10.28)

186

10 Der Start

Beispiel zum Kurvenradius

An einem kleinen Flugplatz mit einer Platzhöhe von 1.500 ft ist folgende Abflugrute vorgegeben: Climb straight ahead. At 3000 ft, turn left to ALPHA VOR. Stay within 4 NM from Runway Centerline“. Die Geschwindigkeit im Steigflug beträgt 150 kt CAS. Wie hoch muss die Schräglage mindestens sein, um innerhalb des vorgegebenen Radius zu bleiben unter ISA Bedingungen. Um diese Frage zu beantworten, bedarf es mehrerer Rechenschritte: 1. Umrechnung der CAS in eine TAS mit Hilfe von Gleichung (5.18). Hierzu benötigen wir G (0,8962) und T (9,9794) aus der ISA-Tabelle für 3.000 ft. Wir erhalten somit eine TAS von 157 kt. 2. Umrechnen der TAS von kt in m/s mit Hilfe der Umrechnungsformel aus Kapitel 3.7.4. (= ca. 157 kt = ca. 291 km/h = ca. 81 m/s) und umrechnen des vorgegebenen maximalen Radius‘ mit Hilfe von Kapitel 3.7.2 (4 NM = 7.408 m) 3. Einsetzen der Formel in die nach tan I umgestellte Gl. (10.28). (10.29)

2

tan I

§m· 812 ¨ ¸ ©s¹ m 9,81 2 ˜ 7408m s

0,09

Das Flugzeug muss folglich eine Schräglage von mindestens 5° einhalten, was kein Problem darstellen sollte und kann somit als unkritisch bewertet werden. Beispiel zur Kurvenanalyse

In der Beispielsituation verlangt das Abflugverfahren aufgrund hoher Hindernisse im Norden eine Linkssteigflugkurve von 360° auf 180°, wobei die Schräglage mit 15° angenommen wird. Die Kurve muss 4.800 m nach dem Pistenende eingeleitet werden. Der Kurvenradius darf maximal 3.000 m betragen. Im Abflug liegen zwei zu berücksichtigende Hindernisse.

10.6 Triebwerksausfall beim Start

187

Abb. 10.29 Kurvenanalyse

Ermittlung der maximalen GeschwindigkeitV2max

Die Geschwindigkeit bei gegebenem Kurvenradius erhält man durch Umstellen von Gl. (10.28):

V

V

(10.30)

R ˜ g ˜ tan I

3000 ˜ 9,81 ˜ tan 15

88,8 m/s

(10.31)

Umwandeln der Geschwindigkeit von m/s in kt durch den Umrechnungsfaktor aus Kapitel 3.7.4. 88,8 m/s ˜ 1,944 # 172 kt

(10.32)

Bei dem Ergebnis handelt es sich um eine TAS. Diese muss noch in eine IAS umgewandelt werden. Da bei diesen niedrigen Geschwindigkeiten noch keine Kompressibilität zu berücksichtigen ist, entspricht die IAS der EAS. Zur Umrechnung bedienen wir uns der Gl. (5.11) und schreiben:

188

10 Der Start

V2 min

(10.33)

TAS ˜ V

Hierfür nehmen wir an, dass unser Flughafen in einer Höhe von 2000 ft liegt. Die Temperatur beträgt 25 °C und weicht offensichtlich von ISA ab. Wir müssen im nächsten Schritt also T und G ermitteln. G ist durch einen Blick in die ISA-Tabelle schnell ermittelt ist: 0,9298. Bei der Temperatur ist etwas mehr Aufwand gefordert. Da die Atmosphäre im Beispiel von ISA abweicht, kann der Wert nicht direkt aus der ISATabelle abgelesen werden. Es muss eine Korrektur erfolgen. x Ermittlung der ISA-Temperatur gem. ISA-Tabelle: (2000 ft = 11 °C) x Vergleichen von TISA mit Tact: Der Vergleich zwischen der Temperatur nach ISA und der aktuellen Temperatur ergibt, dass die Atmosphäre 14 K wärmer ist. Es herrschen also „ISA+14“ Bedingungen. x Korrektur von TUmwandlung von relativer Temperatur in absolute Temperatur: TISA= 11 °C = 284,2 K Durch einsetzen der ISA-Abweichung in T erhält man:

T corr

Tact T0

TISA  'ISA T0

284,2  14 288,15

1,0349

(10.34)

Ermittlung von V

V

G T

0,9298 1,0349

0,8984

(10.35)

Einsetzen in Gl. (10.33) liefert V2 min

172 ˜ 0,8984 # 163 kt

(10.36)

Das korrespondierende Gewicht zur V2min ist ein durch den Kurvenradius limitiertes Gewicht. Ermittlung der Hindernisentfernung Die Entfernung zum jeweiligen Hindernis setzt sich aus mehreren Teilstücken zusammen. Das Bogenmaß (arc) der einzelnen Teilstücke kann bei Kenntnis des Winkels (Z mit folgender Gleichung berechnet werden. arc

Z 180

˜S ˜ R

(10.37)

10.6 Triebwerksausfall beim Start

189

Abb. 10.30 Zusammensetzung der Teilstücke

Die Entfernungen zum ersten Hindernis (D1): D1

§ 50 · 4800  ¨ ˜ S ˜ 3000 ¸ 7418 m © 180 ¹

(10.38)

Entfernung zum zweiten Hindernis (D2): D1

4800  S ˜ 3000  1200 15425 m

(10.39)

Berechnung der Gradientenminderung in der Kurve

Für die Analyse des Abflugverfahrens wird ein fiktiver Geradeausflug angenommen, wobei die Hindernisse um den Wert der Gradientenminderung beaufschlagt werden. Jeder Flugzeughersteller veröffentlicht im AFM entsprechende Werte zur Steigleistungsminderung. Sie liegen entweder als einfache Tabelle vor, oder als Graph. Die nachstehende Abbildung zeigt die Information für den CRJ 900 aus dem Bombardier AFM. Für unsere Berechnung nehmen wir einen Start mit Flaps 8 an.

190

10 Der Start

Abb. 10.31 Gradientverlust beim CRJ 900 (AFM © Bombardier)

Ist der sogenannte gradient loss ermittelt, kann man den entsprechenden Höhenverlust (welcher der Beaufschlagung entspricht) mit folgender Gleichung errechnen. height loss

arc ˜ gradient loss 100

(10.40)

Höhenverlust am Hindernis 1: HL1

§ 50 · ˜ S ˜ 3000 ¸ ˜ 0,0055 # 2618 m ˜ 0,0055 # 15 m | 50 ft ¨ 180 © ¹

(10.41)

Höhenverlust am Hindernis 2: HL2

§ 180 · ˜ S ˜ 3000 ¸ ˜ 0,0055 # 9425 m ˜ 0,0055 # 52 m | 171 ft ¨ 180 © ¹

(10.42)

Durch die fiktive Erhöhung der Hindernisse um diese Werte wird der Forderung nach einem Ausgleich der verminderten Steigleistung im Kurvenflug Rechnung getragen. Welche Mindesthöhen muss ein zweimotoriges Flugzeug mindestens an den beiden Hindernissen erreichen? Nach den Vorschriften müssen die Hindernisse in 35 ft zuzüglich einer zusätzlichen Sicherheitsmarge von 0,8 % der zurückgelegten Strecke in Metern überflogen werden. Daraus ergeben sich folgende Rechnungen:

10.7 Der Startabbruch

191

Sicherheitsmarge am Hindernis 1:

7.418 m ˜ 0,008 | 60 m # 197 ft

(10.43)

Sicherheitsmarge am Hindernis 2:

15.425 m ˜ 0,008 | 124 m # 407 ft

(10.44)

Die Mindesthöhen beim Überflug ergeben sich aus der korrigierten Hindernishöhe zuzüglich den 35 ft und den Sicherheitsmargen. Würde man die Gradientkorrektur im Kurvenflug unterlassen, schmelzen diese Sicherheitsmargen mit zunehmender Entfernung schnell dahin. Tabelle 10.5 Tabelle zur Hindernisfreiheit Hindernishöhe [ft] Hindernishöhe mit Berücksichtigung der Kurve [ft] zzgl. Sicherheitsmarge [ft] zzgl. 35 ft Mindesthöhe beim Überflug [ft]

Hindernis 1 500 ft 550 ft

Hindernis 2 1.000 ft 1.171 ft

+ 197 ft + 35 ft = 782 ft

+ 407 ft + 35 ft = 1.613 ft

10.7 Der Startabbruch 10.7.1 Einführung

Der Startabbruch (rejected take-off, RTO), ist ein kritisches Verfahren, dem besondere Aufmerksamkeit gebührt. Vor 1978 wurde die V1 als critical engine failure speed bezeichnet. Dies Definition wurde 1978 geändert. Die V1 hieß fortan take-off decision speed. Gleichzeitig wurde die VEF als critical engine failure speed eingeführt. Die FAA sprach in ihrem Flight Test Guide for Certification of Transport Category Airplanes von der engine failure recognition speed. Diese unterschiedlichen Definitionen tragen maßgeblich zur jetzigen Konfusion über die korrekte Definition der V1 bei. 1990 gab das NTSB aufgrund einer Spezialuntersuchung zu mehreren Unfällen zum Thema Startabbruch folgende Empfehlung an die FAA:

192

10 Der Start

„Redefine V1 [...] to clearly convey that it is the takeoff commitment speed and the maximum speed at which rejected-takeoff action can be initiated to stop the airplane within the accelerate-stop distance“. Die FAA reagierte 1998 auf diese Empfehlung und definierte die V1 entsprechend neu. Die Definition der V1 lautet nun:

In respect of the NO GO criteria: V1 means the maximum speed in the takeoff at which the pilot must take the first action (e.g. apply brakes, reduce thrust, deploy speed brakes) to stop the airplane within the remaining field length under the conditions and procedures defined in the JAR/FAR. In respect of the GO criteria: V1 also means the minimum speed in the takeoff, following a failure of the critical engine at VEF, at which the pilot can continue the takeoff to achieve a screen height of 35 ft at the end of the runway. Aus dieser Definition lässt sich die operationelle Problematik herleiten: Um die erforderliche „erste Handlung“ einleiten zu können, muss, wie oben bereits erwähnt, die Entscheidung rechtzeitig vor Erreichen der V1 getroffen werden. Genau gesagt, in der Zeit zwischen VEF und V1. Um diesen Umständen Rechnung zu tragen, wurde der V1-Callout bei vielen Luftfahrtgesellschaften um beispielsweise drei Knoten „nach vorne verlegt“. Bei Lufthansa wurde der ehemalige V1-Callout durch einen GOCallout ersetzt, um die Problematik eines verspäteten Startabbruchs noch deutlicher zu machen. Der Hintergrund für diese drei Knoten ist die Tatsache, dass für das Erkennen eines Triebwerksausfalls ein Zeitraum von einer Sekunde vorgehalten wird. In dieser Sekunde wird eine Beschleunigung um ca. 3 kt unterstellt. An dieser Stelle seien die sogenannten AFM transition times erwähnt. Um die Startabbruchstrecke offiziell zertifizieren zu können, wird ein Flugzeug während des Zulassungsprozesses auch hinsichtlich des Verhaltens bei Startabbruch getestet. Hierbei wird das sogenannte transition segment untersucht. Hierunter versteht man die Zeit, die gebraucht wird, um das Flugzeug vom „Startmodus“ in den „Abbruchmodus“ zu überführen. Diese Überführung beinhaltet das maximale Bremsen mit den Radbremsen, das gleichzeitige Zurücknehmen der Schubhebel auf Leerlauf und das Ausfahren der Bremsklappen.

10.7 Der Startabbruch

193

Während der Zertifizierungstests wird das Flugzeug auf eine bestimmte Geschwindigkeit beschleunigt und anschließend durch Abstellen eines Triebwerks zum Startabbruch gebracht. Es ist sicherlich leicht vorstellbar, dass die Leistung eines Testpiloten, der weiß was auf ihn zukommt, von der Leistung eines Linienpiloten im täglichen Flugbetrieb abweicht. Unter Leistung versteht man in diesem Zusammenhang die Zeit, die benötigt wird, um den Triebwerksausfall zu erkennen, die Entscheidung zum Startabbruch zu treffen und das Flugzeug zum Abbremsen neu zu konfigurieren. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wurden die AFM Transition Times eingeführt. 10.7.2 AFM Transition Times

Während der Zertifizierung des Flugzeuges müssen die demonstrated transition times ermittelt werden. Hierzu werden die Zeiten, die ein Testpilot benötigt die Bremsen zu betätigen, den Schubhebel zurückzuziehen und die Bremsklappen zu aktivieren, genau gemessen. Aus mindestens sechs solcher Startabbrüche wird dann die durchschnittliche demonstrated transition time ermittelt. Diese wird dann noch um zusätzliche Pufferzeiten erweitert und sodann als AFM transition times bezeichnet. In der Vergangenheit wurde mehrfach das Konzept der AFM transition times geändert. Die aktuellste Regelung ist das sogenannte Amendement 92 zur CS 25.109. Dieses beinhaltet neben der Reaktionszeit von einer Sekunde eine konstante Beschleunigung bei V1-Geschwindigkeit für zwei Sekunden. Diese zwei Sekunden stellen einen zeitlichen Puffer dar. Zum einen für die oben erwähnte zu erwartende Diskrepanz zwischen Test- und Praxisszenario. Aber auch aufgrund der Erkenntnis, dass menschliches Handeln nicht vollständig und präzise mit rechnerischen Methoden abgebildet werden kann. Der Puffer deckt somit lediglich die leistungsmäßigen Unterschiede im täglichen Flugbetrieb ab, um das Flugzeug gemäß den Verfahren zum Halten zu bringen. Erst im Anschluss an diese zwei Sekunden wird die bei der Flugerprobung ermittelte Zeit hinzugerechnet. Abb. 10.32 bis 10.34 zeigen die Entwicklung der AFM Transition Times.

194

10 Der Start

Abb. 10.32 AFM Transition Times vor 1981

Abb. 10.33 AFM Transition Times nach 1981

10.7 Der Startabbruch

195

Abb. 10.34 AFM Transition Times nach den Amendments 42 bzw. 92

Mit der unterstellten Beschleunigung von drei kt pro Sekunde hätte die bisherige Definition der V1 als Entscheidungsgeschwindigkeit fatale Folgen. Im Falle eines bahnlimitierten Starts würde das Flugzeug mit ca. 40 kt über das Bahnende hinausschießen. Gerade schwere Flugzeuge haben bei V1 eine Geschwindigkeit von 120 – 70 kt/s und eine Beschleunigung von 3 – 6 kt/s. Dies lässt das Risiko mit der Größe und dem Gewicht des Flugzeuges noch ansteigen. Eine B747-400, die bei Erreichen ihrer V1 eine Beschleunigung von sechs kt/s erfährt, würde innerhalb von zwei Sekunden nach V1 ca. zwölf kt über V1 hinaus beschleunigt werden. Bei einem field length limited take-off würde sie die Startbahn am Ende mit einer Geschwindigkeit von ca. 120 kt verlassen.

196

10 Der Start

Abb. 10.35 Geschwindigkeit am Bahnende bei Startabbruch über V1

10.7.3 Beeinflussende Faktoren

Es existieren verschiedene Faktoren, die das flugzeugseitige Verhalten bei einem Startabbruch beeinflussen: x x x x x x x x x x x x x x x x

Oberflächenbeschaffenheit der Startbahn Atmosphärische Bedingungen Triebwerkszapfluft Räder, Reifen und Bremsen Einfluss der Bremsklappen auf die Bremswirkung Startschubeinstellung RTO Autobrake Der “Go Call” Flugzeugkonfiguration Startklappenstellung Fehlende oder fehlerhafte Ausrüstung Residual Brake Energy Startbahnparameter Manuelle Bremstechnik Reduzierte V1 Geschwindigkeit Aufmerksamkeit der Crew

10.7 Der Startabbruch

197

Räder, Reifen und Bremsen

Immer wieder kommt es vor, dass ein Start wegen eines geplatzten Reifens abgebrochen wird. Außer Frage steht, dass diese Entscheidung für die Besatzung nicht einfach zu treffen ist. Meistens ist lediglich ein undefinierbares Geräusch zu hören. Hinzu kommt dann noch oftmals, dass das Flugzeug in der Steuerbarkeit beeinflusst ist und die Richtung nicht hält. Die Summe dieser Wahrnehmungen bewegt oftmals die Besatzung dazu, den Start abzubrechen. Aber auch selbst dann, wenn das Platzen eines Reifens klar erkannt wird, muss die Besatzung damit rechnen, dass das Triebwerk oder die Flügelklappen durch hochgewirbelte Reifenteile beschädigt wurden. Dieses Szenario muss man sich während einer hochdynamischen Situation vorstellen. Die Besatzung hat keine Anzeigen im Cockpit für geplatzte Reifen, sondern stützt ihre Entscheidungen lediglich auf - bestenfalls in ihrer Summe eindeutige - Wahrnehmungen. Alles in allem ist dies keine leichte Entscheidung. Bei einem F-Limit gilt folgendes: Wird ein Reifenplatzer bei niedrigen Geschwindigkeiten (unter 80 kt) angenommen, sollte der Start abgebrochen werden. Bei hohen Geschwindigkeiten birgt ein Startabbruch im allgemeinen ein ungleich höheres Risiko, als die Fortführung des Startvorgangs - allerdings nur unter der Annahme, dass der geplatzte Reifen keine anderen Systeme beschädigt hat. Dies zu erkennen liegt im Ermessen der Besatzung. Aufgrund dieser Problematik haben die Flugzeughersteller eine Empfehlung herausgegeben, den Start bei Geschwindigkeiten über „V1 – 20 kt“ fortzusetzen, auch wenn tatsächlich mit einem geplatzten Reifen gerechnet wird. Die folgende Abbildung4 zeigt den Einfluss eines geplatzten Reifens auf die Sicherheitsmargen beim Start und bei der Landung.

4

(Takeoff Safety Training Aid, US DOT/FAA, Washington D.C., AUG 1992)

198

10 Der Start

Abb. 10.36 Margen bei einem Reifenschaden

Ein Startabbruch nach dem Platzen eines Reifen, kann zu einem Überschießen des Pistenendes um 300 bis 500 ft führen. Das Pistenende wird dabei mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 – 60 kt verlassen. Die sicherere Variante wäre, den Start fortzusetzen. Denn die Landung mit geplatztem Reifen ergibt eine kaum nachweisebare Verlängerung der Landestrecke.

10.7 Der Startabbruch

199

Allerdings: Ein geplatzter Reifen kann natürlich auch erhebliche Beschädigungen am Flugzeug nach sich ziehen. Durch das hochgeschleuderte Gummi nach dem Platzen können beispielsweise die Klappensysteme schwer beschädigt werden. Alles in allem also eine sehr komplexe Situation, wo die Entscheidungsfähigkeit und Erfahrung der Piloten von großer Bedeutung ist. Die zuvor genannten, allgemein gehaltenen Aussagen immer auch im Kontext einer konkreten Situation zu sehen. In besprochenen Szenario wurde ein field length limit unterstellt. Mit anderen Worten: Im Falle eines Startabbruchs kurz vor V1 würde das Flugzeug bei einem F-Limit mit dem Bugrad am Ende der Piste stehen. Startet ein „kleiner“ CRJ beispielsweise in München auf einer 4000 m langen Piste und hat dort einen sehr großen Puffer für einen Startabbruch, macht es sicherlich keinen Sinn den Start vor V1 abzubrechen. Einfluss der Bremsklappen auf die Radbremsleistung

Der Einfluss der Bremsklappen auf die Bremsleistung des Flugzeugs wird oft unterschätzt. So kann auf einer trockenen Startbahn das Nichtfahren der Bremsklappen zu einem Überschießen der Bahn führen, selbst wenn die maximale Schubumkehr genutzt wird. Abb. 10.37 bezieht sich auch auf ein F-Limit auf trockener Bahn. Positive Effekte der Schubumkehr dürfen bei trockener Bahn nicht zur Ermittlung des Bremswegs berücksichtigt werden. Dadurch ergibt sich bei deren Nutzung eine gewisse Marge.

Abb. 10.37 Auswirkung der Bremsspoiler auf den Bremsweg

200

10 Der Start

In Abhängigkeit der Landeklappenstellung kann durch das Ausfahren der Bremsklappen der Auftrieb am Flügel reduziert, aufgehoben oder sogar in einen Abtrieb umgekehrt werden. Das hat zur Folge, dass die auf dem Rad lastende vertikale Kraft erhöht wird, was wiederum das Bremsvermögen signifikant verbessern kann. Abb. 10.38 zeigt diesen Einfluss ganz deutlich. Das Ausfahren der Bremsklappen erhöht bei dem im Beispiel verwendeten Flugzeug die Radlast um 38 % von 64.218 kg auf 88.345 kg. Analog dazu erhöht sich auch die Bremskraft um 38 %. Der Widerstand erhöht sich um 73 %, während der Auftrieb um 102 % reduziert wird – tatsächlich wird der Auftrieb also zu einem Abtrieb umgekehrt. Das Flugzeug wird also nach unten gedrückt. Insgesamt erhöht sich die maximale Bremskraft unter Berücksichtigung von Bremsen und Widerstand um 34 %. Fazit: Ein frühes Ausfahren der Bremsklappen ist für ein erfolgreiches Abbremsen sehr wichtig. Verzögerungen können zu einer signifikanten Zunahme der Stoppstrecke führen.

10.7 Der Startabbruch

201

Abb. 10.38 Einfluss der Bremsklappen auf das Bremsvermögen für ein typisches mittelgroßes zweimotoriges Flugzeug Einfluss der Geschwindigkeit

Abb. 10.39 zeigt die Wichtigkeit des Startabbruchs bei einem Triebwerksausfall vor V1 im Falle von balanced field conditions. Würde die Besatzung in einem solchen Fall den Start fortsetzen, würden sie sich am Bahnende je nachdem, wann das Triebwerk ausgefallen ist erheblich unter der screen height befinden. Eine Fortsetzung des Starts bei einem Triebwerksausfall nur 3 kt unter der V1 führt zu einer screen height am Pistenende von 20 ft. Alle

202

10 Der Start

folgenden Hindernisse werden folglich mit reduzierter Sicherheitsmarge zu tief überflogen.

Abb. 10.39 Einfluss der V1 auf die screen height

10.8 Start mit reduziertem Schub 10.8.1 Einführung

Verkehrsflugzeuge sind von Haus aus mit einem beträchtlichen Schubüberschuss ausgestattet. Dies ist insofern notwendig, als dass die behördlichen Vorschriften hohe Anforderungen an die Flugleistung im Falle eines Triebwerksausfalles stellen. Denn auch in so einem Fall muss das Flugzeug noch eine bestimmte Mindestleistung erbringen und beispielsweise Hindernisse in sicherer Höhe überfliegen. Die volle Leistung ist im täglichen Flugbetrieb nur selten notwendig, denn nicht immer wird z. B. das maximale Startgewicht erreicht, oder liegen ungünstige atmosphärische Bedingungen vor. Bei vielen Flügen kann daher die Startleistung zum Teil erheblich unterschritten werden. Es existieren drei Varianten, den Schub zu reduzieren. Zum einen die Reduced Thrust (oder auch Flex Thrust) Variante mit der sogenannten assumed temperature method und zum anderen die derate Variante.

10.8 Start mit reduziertem Schub

203

Darüber hinaus gibt es noch die Variante des Variable Thrust Rating, die aber heute kaum noch von Bedeutung ist und hier nicht behandelt wird.

Abb. 10.40 Verfahren zur Schubreduzierung

Alle reduced thrust Verfahren haben gemeinsam, dass nicht der maximal mögliche Schub genutzt wird, sondern ein geringerer Wert. Dadurch ergeben sich für das Triebwerk eine geringere thermische und mechanische Belastung und ein niedrigerer Druck. Diese Tatsache resultiert in vielen Vorteilen für das Triebwerk: x x x x

Geringere Abnutzung des Triebwerks Geringere Kosten für Teile und Überholung Erhöhung der Lebensdauer der Triebwerke Erhöhte Zuverlässigkeit und dadurch erhöhte operative Sicherheit gegen Ausfall.

Abb. 10.41 Minderung der Überholungskosten für Triebwerke

204

10 Der Start

Die Abbildung zeigt die Triebwerksüberholungskosten als Funktion der EGT. 10.8.2 Gesetzliche Grundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen zur Schubreduzierung beim Start findet man in den acceptable means of compliance (AMC) zur EASA CS 25-13 (1) (Reduced And Derated Take-off Thrust (Power) Procedures) Die AMC legen in diesem Abschnitt auch die Bedingungen für eine Schubreduzierung fest. Dies sind: x Der reduzierte Schub darf nicht zum Verlust von Systemen oder Funktionen führen, die normalerweise für den Startvorgang wichtig sind. Hierzu zählen z. B. automatische Bremsklappen, Warnungen zum Triebwerksausfall oder zur Konfiguration oder Systeme, die auf Triebwerkszapflust angewiesen sind. x Für den Fall, dass während eines Starts mit reduziertem Schub der volle Schub (flex oder derate) gesetzt wird, muss die Kontrollierbarkeit des Flugzeuges gemäß den gültigen Zertifizierungsvorschriften gewährleistet sein. x Der reduzierte Schub muss mindestens 75 % des normal thrust oder des derate thrust für die existierenden atmosphärischen Bedingungen betragen. Eine Reduzierung unter die 75 % ist nicht erlaubt. x Ein reduced thrust take-off darf grundsätzlich nicht zu signifikanter Erhöhung der Arbeitsbelastung im Cockpit oder zu signifikant modifizierten Startverfahren führen. 10.8.3 Derate Methode

Bei der Derate Methode werden zwei Varianten unterschieden. Entweder wird ein fester Prozentsatz vom originären Schub abgezogen, oder es existieren separate „Derate Tabellen“. Dies sind zugelassene Schubwerte, die den „Status“ eines Ratings haben. So kann beispielweise eine DC-10 mit einem CF6-50C Triebwerk durch Drücken des Alternate 1 push button im Cockpit die Leistungsstufe eines CF6-50A Triebwerks simulieren. Ein Triebwerk im Derate Modus zu betreiben ist also quasi so, als ob ein schwächeres Triebwerk eingebaut wäre. Beispiele von fixed derates zeigt die folgende Tabelle:

10.8 Start mit reduziertem Schub

205

Tabelle 10.6 Typische Fixed Derates5 Flugzeugtyp B747-200/-300

Triebwerkstyp VF6-50E2

B747-200/-300

CF6-80C2

DC-10 B767

CF6-50 CF6-80A

Typisches Derate -4% (Derate 1) -10% (Derate 2) -5% (Derate 1) -15% (Derate 2) -6,7% (Derate 2 verglichen mit Derate 1) -8% (Derate 1) -17% (Derate 2)

Die folgende Abbildung verdeutlicht nochmals das Prinzip des derate thrusts. Im Vergleich zum vorhandenen „vollen“ Schubs verschiebt sich das Niveau parallel nach unten. Das Besondere an der derate method ist, dass auf dieser niedrigeren Leistungsstufe auch noch die assumed temperature method angewendet werden kann. Wird ein derate genutzt, gelten auch gleichzeitig andere EGT bzw. RPM Limits, die während des normalen Flugbetriebs nicht überschritten werden dürfen, obwohl tatsächlich ein anderes Triebwerk betrieben wird.

Abb. 10.42 Derate Verfahren

Ebenfalls reduziert auf die alternative Leistungsstufe werden die VMCG und die VMCA. Diese Tatsache kann besonders auf kurzen Pisten von Bedeutung sein, wie nachstehende Abbildung zeigt.

5

Quelle: Lufthansa System Aeronautics

206

10 Der Start

Abb. 10.43 Erhöhung des PTOW durch derate auf kurzen Pisten

Je länger die Piste, desto höher ist das mögliche Startgewicht. Man erkennt klar das höhere Startgewicht bei höherem Schub. Allerdings erkennt man auch den Effekt auf kurzen Pisten. Hier kann die derate method aufgrund der niedrigeren VMCG ein Vorteil sein. 10.8.4 Assumed Temperature Method (ATM)

Die assumed temperature method (auch flex thrust method genannt) macht sich die Charakteristik der Fan Triebwerke mit einer sogenannten flat rate temperature zu Nutze (siehe Kapitel 6.4.1). Solange das aktuelle Startgewicht kleiner als das MATOW ist, würde man bei einem Start mit maximum take-off thrust mit einem enormen Schubüberschuss starten. Beim einem „flex take-off“ wird nun die Temperatur gesucht, an dem das aktuelle Startgewicht dem MATOW entspricht. In aller Regel ist dies hinter dem sogenannten brake point bei einem niedrigeren Schub. Diese so gefundene Temperatur ist die für den Start nun „angenommene“ (= assumed) Temperatur, was zu einem niedrigeren Schub führt.

10.8 Start mit reduziertem Schub

207

Abb. 10.44 Assumed Temperature Methode

Flex Thrust erlaubt eine maximale Reduzierung des Schubs um 25%. Dabei kann der Ausgangsgröße sowohl der maximale Schub sein, als auch ein derate. Eine solche Kombination von flex und derate thrust zeigt die folgende Abbildung:

208

10 Der Start

Abb. 10.45 Kombination von flex und derate thrust

Beim flex thrust findet keine Anpassung der minimum control speeds statt. Die Kontrollierbarkeit ist somit sichergestellt. Denn es kann jederzeit der volle Schub gesetzt werden. Flex Thrust darf unter folgenden Bedingungen nicht angewendet werden: x kontaminierte Piste x erwartete oder mögliche Windscherung x Anti-Skid System nicht nutzbar Weitere Einschränkungen sind je nach Flugzeughersteller möglich und in den entsprechenden Handbüchern veröffentlicht. Vorteile von Flex Thrust

In der Vergangenheit war das ATM bzw. Flex Thrust Verfahren immer wieder vielen Vorbehalten ausgesetzt. Viele Piloten fühlten sich unwohl bei der Anwendung und äußerten Sicherheitsbedenken. Eine häufig geäußerte Vermutung ist der Wegfall jeglicher Sicherheitsmargen bei einer Limitierung durch die Bahnlänge oder durch Hindernisse. Diese Vorurteile sind jedoch unbegründet. Die Anwendung von flex thrust beim Start bringt neben den bereits beschriebenen Vorteilen durch die geringere Triebwerksbelastung noch

10.8 Start mit reduziertem Schub

209

weitere Sicherheitsvorteile. Diese begründen sich in der Tatsache, dass in einer tatsächlich kälteren Umgebung operiert wird, als in der Startdatenberechnung unterstellt wurde. Man kann sagen, dass die Vorteile aus der Anwendung von flex thrust direkt proportional zur Differenz von assumed zur aktuellen Temperatur sind. Denn die errechnete Flugleistung wird durch die tatsächlich kältere Atmosphäre mit einer niedrigeren TAS erbracht, als es an einem heißen Tag der Fall wäre. Die TAS jedoch steigt bei gleich bleibender IAS proportional mit ansteigender Temperatur. Dieser Effekt wird auch TASEffekt genannt. Zur Verdeutlichung des TAS Effekts vergleichen wir zwei Szenarios: x aktuelle Temperatur < angenommene Temperatur (z. B. 20°C < 38°C) und x aktuelle Temperatur = angenommene Temperatur (z. B. 38°C = 38°C) Die Startgeschwindigkeiten bleiben als IAS Werte in beiden Fällen (bei sonst gleich bleibenden Parametern) unverändert. Denn in beiden Fällen wird die höhere Temperatur zugrunde gelegt. Als TAS-Werte sind die Startgeschwindigkeiten jedoch ist im ersten Szenario aufgrund des TASEffekts geringer als im zweiten Szenario. Daher ist im ersten Fall sowohl die ASDR als auch die TODR geringer als im zweiten Fall. Dieser Effekt wird mit zunehmender Differenz zwischen aktueller und angenommener Temperatur größer. Eine geringere ASDR und TODR kann auch in Form einer Gewichtsreserve ausgedrückt werden: Bei gleich bleibender ASDR bzw. TODR ist durch die geringere aktuelle Temperatur ein höheres Gewicht möglich. Darüber hinaus verringert sich im Falle eines Startabbruchs die von den Bremsen zu absorbierende kinetische Energie aufgrund der geringeren ground speed als Resultat einer geringeren TAS. Dies kann ebenfalls wieder in eine höhere Gewichtsreserve umgerechnet werden.

210

10 Der Start

Abb. 10.46 Sicherheitsgewinn an Gewicht oder Pistenlänge

Ein aus der Sicht des Piloten wohl noch interessanterer Punkt ist die Abbildung der Sicherheitsmarge bei der Startstrecke. Gerade bei kurzen Pisten gibt es häufig Vorbehalte, die höchstmögliche assumed temperature anzuwenden. Bei einem durch Bahnlänge limitierten Start kommt das Vorurteil auf, „man würde sich an das Ende der Piste flexen“. Das ist jedoch aufgrund des TAS Effekts nicht ganz richtig.

10.8 Start mit reduziertem Schub

211

Abb. 10.47 Startstreckenmarge durch TAS Effekt

Beispiel:

Die Außentemperatur betrage 2 °C. Die Startdatenberechnung ergibt ein Field Length Limit mit einer Startstrecke von 2.400 m und einer assumed temperature von 40 °C. Das 'T beträgt folglich 38 °C. Ein Field Length Limit bedeutet, dass im Falle eines Startabbruchs das Flugzeug genau am Pistenende zum stehen kommt. Die sogenannte stop margin würde also „auf dem Papier“ 0 m betragen. Nach Berücksichtigung des TAS Effekts jedoch ergibt sich eine Sicherheitsmarge von ca. 12,5 %. Dies sind bei 2400 m Startstrecke immerhin ca. 300 m. Die folgende Abbildung zeigt den Flugweg nach einem Triebwerksausfall beim Start. Im Vergleich zu einem full thrust take-off in tatsächlicher warmer Atmosphäre birgt der flex thrust take-off in kälterer Atmosphäre aber mit der Flex N1 auf Basis einer hohen Tass. einen Sicherheitsvorteil. Die geforderten Sicherheitsmargen können jederzeit sichergestellt werden. Die Hindernisfreiheiten sind aufgrund des früheren Abhebepunktes auf der Piste und dem identischen Steiggradienten etwas höher. Darüber hinaus kann jederzeit das verbleibende Triebwerk auf Volllast gefahren werden.

212

10 Der Start

Abb. 10.48 Sicherheitsmargen bei Triebwerksausfall beim Start Berechnung der Flex N1

Die Berechnung der reduzierten N1 als Einstellparameter geschieht in zwei Schritten: 1. Berechnung der corrected N1 N1corr

N1

(10.45)

Tassumed T0

2. Berechnung der Flex N1 aus der corrected N1 N1redu

N1corr Tambient T0

(10.46)

10.8 Start mit reduziertem Schub

213

10.8.5 Variable Thrust Rating (VTR)

Diese Methode erlaubt dem Luftfahrtunternehmer aus einer Spanne zwischen maximaler und minimaler Leistungsstufe des Treibwerks zwei ratings auszuwählen. Die Spanne zwischen maximalem und minimalem Schub beträgt ca. 30 %. Die Auswahl der beiden Ratings sollte dem individuellen Flugbetrieb des Luftfahrtunternehmers entsprechen. Durch das VTR-Konzept können somit die vorgegebenen fixen Derates durch individuelle Derates ersetzt werden. Im Zusammenhang mit einem VMCG-Limit kann die Nutzung der VTRMethode Vorteile bringen. Durch die Absenkung des Schubpotenzials wird auch die VMCG gesenkt. Dies kann, wie schon bei fixed derate erläutert, zu Vorteilen führen. 10.8.6 Umweltrelevante Vorteile durch Reduced Thrust Lärmschutz

Beim Start mit reduced thrust ergibt sich im Vergleich zum Start mit maximum take-off thrust eine längere Startstrecke und ein geringeres Steigvermögen. Dies resultiert in geringeren Überflughöhen während des Startsteigflugs, was zu einem leichten Anstieg des Lärms direkt unterhalb des Flugwegs führt. Dieser leicht erhöhte Lärmpegel wird zum Großteil durch den geringeren Schub wieder ausgeglichen. Seitlich des Flugwegs reduziert sich der Lärm ab einer bestimmten Distanz durch die natürliche Dämpfung des Bodens und durch Abschirmeffekte des Triebwerks. Auf den gesamten „Lärmteppich“ gesehen führt der reduced thrust take-off zu einer Reduktion der Geräuschemission. Treibstoff

Durch die geringere Steigleistung und der daraus resultierenden längeren „Verweildauer“ in ungünstigen (niedrigen) Flughöhen führt der reduced thrust take-off zu einem insgesamt leicht erhöhten Treibstoffverbrauch. Dieser Effekt relativiert sich jedoch bei Flügen mit großem Reisefluganteil. Luftverschmutzung

Die zwei wesentlichen giftigen Abgase bei Strahltriebwerken sind Kohlenwasserstoffe (CH), die durch eine unvollständige Verbrennung ent-

214

10 Der Start

stehen und Stickstoffmonoxide (NOX), die durch die Verbrennung von Stickstoff unter hohem Druck bei hohen Temperaturen entstehen. Beim reduced thrust take-off kommt es im Vergleich zum unreduzierten Start zu niedrigeren Temperaturen und einem geringeren Druck in der Brennkammer. Die Emission von Stickstoffmonoxiden wird dadurch signifikant verringert. Untersuchungen haben ergeben, dass jedes Prozent Schubreduzierung in einer NOX-Emissionsverringerung von ca. einem Prozent resultiert. Der Einfluss auf die Emission von Kohlenwasserstoffen ist dahingegen vernachlässigbar.

10.9 Methoden der Startdatenberechnung Die Startdatenberechnung kann nach den beiden Methoden second principle und first principle erfolgen. Die Berechnung nach second principle beruht auf Basis von Tabellen und Graphen des Flugzeugherstellers. Beim first principle erfolgt die Berechnung auf Basis der aerodynamischen Gleichungen und der Triebwerkscharakteristik des Flugzeugs. Dies ist die genaueste Methode, erfordert aber bei comuptergestützten Berechnung auch die längste Rechenzeit. Zur Berechnung des MATOW enthält das Aircraft Flight Manual (AFM) eine Vielzahl von Graphen und Berechnungsmodalitäten, mit denen man unter Berücksichtigung eines gegebenen Gewichts verschiedene Limitierungen wie field length, obstacle und climb limit bestimmten kann. Aus Gründen des Umfangs kann an dieser Stelle nicht weiter auf die Auswertung dieser Graphen eingegangen werden. Lediglich die Ermittlung der Startgeschwindigkeiten anhand beispielhafter AFM-Unterlagen soll nachstehend kurz erläutert werden. 10.9.1 Ermittlung der Startgeschwindigkeiten

In der Regel veröffentlichen die Flugzeughersteller Geschwindigkeitstabellen im AFM, basierend auf Startgewicht und balanced field condition. Im ersten Schritt ermittelt man mit Hilfe eines sogenannten density sub graph (Abb. 10.49), welche Tabellenspalte zu benutzen ist. Dazu sucht man den Schnittpunkt aus Temperatur und Druckhöhe. Bei einer OAT von 20 °C und einer PA von 3000 ft ergibt sich z. B. Spalte B.

10.9 Methoden der Startdatenberechnung

215

Abb. 10.49 Density Sub Graph (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)

Anschließend wählt man die Tabelle 10.7 für die entsprechende Klappenstellung und ermittelt die Geschwindigkeiten für das aktuelle Startgewicht. Tabelle 10.7 V1 Ermittlung (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)

216

10 Der Start

Diese sind noch für Wind und Pistenneigung zu korrigieren (Beispiel für Flaps 5, PMC6 ON). Bei einem Flugzeug mit einem Startgewicht von 55 t ergeben sich aus Abb. 10.41 die folgenden Geschwindigkeiten: V1 = 138 kt, VR = 140 kt und V2 = 149 kt. Nun wird mit Hilfe der Tabelle 10.8 die aktuelle VMCG ermittelt. Tabelle 10.8 VMCG Ermittlung (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)

Ist diese größer, als die ermittelte V1, ist der Start nicht erlaubt. In unserem Beispiel (OAT 20 °C, PA 3000 ft) ergibt sich interpoliert eine VMCG von 112 kt und liegt damit unter der zuvor ermittelten V1. Existiert ein stop- oder clearway, muss eine weitere Tabelle konsultiert werden, die unter Umständen eine weitere V1-Korrektur zur Folge hat. Tabelle 10.9 V1 Korrekturen für Stop- und Clearway (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)

6

PMC = Performance Management Computer

10.9 Methoden der Startdatenberechnung

217

10.9.2 Startdatenberechnung mit Runway Weight Charts

Die Methodik der Startdatenberechnung mittels Graphen und Tabellen ist in der heutigen Verkehrsluftfahrt mit immer kürzer werdenden Bodenzeiten nicht praktikabel. In der Praxis wird daher ein anderer Weg gewählt: Man geht von einer gegebenen Bahnlänge aus und bestimmt neben den Geschwindigkeiten ein maximal mögliches Startgewicht. Die Frage ist also nicht „wie viel Bahnlänge wird benötigt, um ein bestimmtes Gewicht herausfliegen zu können?“, sondern vielmehr „wie viel Gewicht kann bei einer gegebenen Bahnlänge rausgeflogen werden?“ Diese Überlegung führte zur Einführung der sogenannten Runway Weight Chart (RWC), die neben der Pistenlänge auch alle anderen Limits aufführt. Denn nach JAROPS ist es notwendig, das PTOW durch den Hinweis auf den limiterenden Faktor zu ergänzen. Die Grundlage für die Berechnung einer RWC ist zum einen eine Datenbank mit den entpsrechenden flugzeugbezogenen Flugleistungsdaten (manufacturer module) und eine Datenbank mit den Informationen zu den einzelenen Pisten und den relevanten Hindernissen (airport obstacle database). Das manufacturer module richtet sich nach den sogenannten SCAPStandards (Standardized Computerized Airplane Performance). Dieser Standard wird von der IATA festgelegt und soll einen einheitlichen Standard der manufacturer modules festlegen. Mit Hilfe einer RWC kann einerseits das performance take-off weight (PTOW) und andererseits die maximal mögliche assumed temperature für einen reduced take-off ermittelt werden. Eine RWC existiert für jede mögliche Startpiste und wiederum von jeder möglichen Pisteneinmündung (intersection), von der aus ein Start erlaubt ist. Bei einem Start von einer solchen Einmündung spricht man vom intersection take-off. Abb. 10.50 zeigt eine RWC für einen Canadair Jet 200 (CR2) der Lufthansa CityLine für den Flughafen Madrid. Sie entspricht dem RWCLayout des Lufthansa Konzerns, wobei sich die RWC je nach Flugzeugtyp etwas unterscheiden. So enthält diese Version beispielsweise keine Angaben zu den Startgeschwindigkeiten. Diese wurden beim CR2 mit anderen Methoden ermittelt. Häufig jedoch enthalten RWC auch die Startgeschwindigkeiten.

218

10 Der Start

Abb. 10.50 Runway Weight Chart eines Canadair Jets 200 für den Flughafen Madrid Barajas (© Deutsche Lufthansa AG)

10.9 Methoden der Startdatenberechnung

219

Kopf [A]

1) 2)

3) 4) 5) 6)

Flugzeugtyp In diesem Feld finden sich Angaben über die Berechnungsbedingungen der RWC. Alle unkorrigierten Daten basieren zunächst auf den Systemparametern „Air Condition ON, Anti-Ice OFF, APR und Anti-Skid ARMED“. Liegen andere Bedingungen vor, sind die unter [C] aufgeführten Korrekturen anzubringen. Flughafendaten Piste (RWY): Bezeichnung der RWY oder RWY Intersection Name des Flughafens. Der Drei- bzw. Vier-Letter-Code steht in der unteren rechten Ecke [E/4]). ISA-Temperatur und QNH Korrektur bezogen auf den Flughafen. Da Madrid eine elevation von 1.998 ft hat, beträgt die ISA-Temperatur dort 11 C. Die QNH-Korrektur ermöglicht, die Umrechnung von QNH in QFE.

Kalkulationsspalte [B]

1) 2)

3)

Startklappenstellung (8° oder 20°): Hier werden alle Daten für Flaps 8 und Flaps 20 dargestellt. OAT-Spalte: Für den CRJ 200 existiert eine sogenannten limitation, dass nur bis zu einer Außentemperatur von ISA +35 °C gestartet werden darf. Daher werden die RWC auch nur bis zu dieser Temperatur berechnet. Die OAT-Spalte endet daher spätestens bei 50 °C. Aufgrund der elevation des Flughafens von Madrid von ca. 2000 ft und der korrespondierenden ISA von 11 °C endet die OATSpalte dort bei aufgerundet 47 °C. TOW Limits: Die Spalte zeigt das geringste Gewicht in Tonnen und die Abkürzung des einschränkenden Parameters. Die Bedeutung der Abkürzung wird in [E/3] am Ende der RWC aufgeführt. Das Climb Limit (C) (oder auch second segment limit) wird in einer separaten Spalte (6) ausgewiesen. Die Korrekturen werden am geringeren der beiden Gewichte aus Spalte (3) und (6) abgezogen. Das limitierende Gewicht aus TOW und Climb wird fettgedruckt dargestellt. Die folgende Tabelle zeigt die Bedeutung der einzelnen Abkürzungen, wie sie in der Fußzeile [E/3] dargestellt werden: F = field length limit C= climb limit T = tire speed limit E = engine thrust time limit

* = obstacle limit B = brake energy limit V = VMCG bzw. VMCA limit M = AFM Limit

220

4)

10 Der Start

DELTA TOW (F,*): In dieser Spalte wird abhängig davon, welche Art der Limitierung gem. „TOW Limits” vorliegt, jeweils einer der folgenden Werte (in Tonnen) aufgeführt: Spalte ”TOWLimits” Limits außer (F) und (*) Beispiele: 25.0 E Beispiele: 24.0 B Beispiele: 23.0 T ( F ) Limit Beispiel: 25.0 F ( * ) – Limit Beispiel: 25.0 *

5)

Spalte ”DELTA TOW (F,*) Differenz zwischen dem in der Spalte ”TOW-Limits” aufgeführtem Gewicht und dem field length limit oder dem obstacle limit, „whichever is lower.“ 1.00 F Das field length limit beträgt 26.000 kg (= 25.0 E + 1.00 F) 1.50 * Das obstacle limit beträgt 25.500 kg (= 24.0 B + 1.5 *) 0.00 Das limitierende Startgewicht entspricht dem field length limt oder dem obstacle limit. In diesem Fall wird immer der Wert ”.00” ausgedruckt. .00 Differenz zwischen dem in der Spalte ”TOW-Limits” aufgeführten obstacle limit und dem field length limit 1.00 F

Die Spalte “DELTA TOW (F, *)” ist nur dann relevant, wenn in der Spalte “TOW LIMITS” ein Gewicht aufgeführt ist, das weder field length- noch obstacle limited ist. Der Hintergrund ist die Tatsache, dass bestimmte Korrekturen, z. B. für nasse und kontaminierte Bahn, nur am (F) oder am (*)-Limit anzubringen sind. QNH Correction (in kg): Alle bisher ermittelten Werte basieren auf einem Standar-QNH von 1013 hPa. Die JAR-OPS schreibt jedoch eine QNH Korrektur vor. Der angegebene Wert in dieser Spalte ist mit der Differenz zwischen aktuellem QNH und Standard-QNH zu multiplizieren. Das bisher errechnete PTOW wird, je nach Vorzeichen, um diesen Wert korrigiert. Beispiel: MAD RWY 15, OAT 7 °C, QNH 1003 hPa 27.340 kg (B) Spalte TOW-Limits für Flaps 8 - 170 kg Spalte QNH-Corr.–below 1013 (17 kg·10 hPa) 27.170 kg (B) = PTOW für Flaps 8

6)

TOW Limits (C): In dieser Spalte wird das Climb Limit ausgewiesen ungeachtet, ob es limitierender Faktor ist, oder nicht. Ist es jedoch limitierend, so wird der Wert größer und fetter dargestellt als der Wert in Spalte 3. Allerdings kann es vorkommen, dass der zunächst nicht limitierende Faktor, durch anzubringende Korrekturen doch noch zum limitierenden Faktor wird.

10.9 Methoden der Startdatenberechnung

7)

221

QNH Correction: Von der praktischen Anwendung her unterscheidet sich diese Spalte nicht von Spalte (5), bezieht sich aber auf das climb limt (C).

Korrekturspalte [C]

1) Wind correction - kg/kt: Die Werte für die Windkorrektur berücksichtigen bereits die gesetzliche Forderung, dass Rückenwind (tail) zu 150% berücksichtigt werden muss und Gegenwind (head) zu 50% berücksichtigt werden darf. Am climb limit ist keine Windkorrektur anzubringen. Das folgende Beispiel zeigt eine Rückenwindkomponente von 10 kt. Beispiel: MAD RWY 15, OAT = 7 °C, QNH 1013 hPa, W/V 330/10 27.340 kg (B) Spalte TOW-Limits für Flaps 8 - 1.500 kg Spalte Wind Correction-kg/kt für Flaps 8 = - 150 B) 25.840 kg (B) = PTOW für Flaps 8

2) 3) 4) 5)

Dasselbe Korrekturprinzip gilt auch für die folgenden Korrekturspalten zur sogenannten „airbleed correction – kg“ Korrekturspalte für die Triebwerksenteisung (cowl anti-ice ON) Korrekturspalte für Triebwerks- und Flügelenteisung (wing and cowl anti-ice ON) Korrekturspalte für die Schaltung der Klimanlage „air conditioning OFF“

Engine Failure Procedure [D]

1) In diesem Fenster wird das Verfahren beschrieben, das nach einem Triebwerksausfall die notwendige Hindernisfreiheit garantiert. Das hier dargestellte standard engine failure procedure (EFP) erfordert eine Linkskurve (LT) zum Funkfeuer CPL. Als zusätzliche Hilfe ist noch die Sendefrequenz des Funkfeuers (114,5) angegeben, sowie Angaben darüber, wie die Warteschleife am Funkfeuer zu fliegen ist (328INBD,LT). 2) Acceleration Altitude: Gibt die Höhe der acceleration altitude (auch level-off altitude genannt) an. Fußzeile [E]

1)

60 / 60 L: Angabe zu der Minderung der Pistenlänge durch aufrollen (siehe auch Kapitel 9.3). In diesem Fall bedeutet dies, dass sowohl die ASDA, als auch dieTODA für die Berechnung der RWC um

222

2) 3) 4)

10 Der Start

jeweils 60 Meter verkürzt worden sind. Ferner wird berücksichtigt, dass mit einem rolling take-off gestartet wird. Hierbei wird der Startschub gesetzt und der Startlauf „rollend“ begonnen, bevor sich der volle Startschub der Triebwerke entwickelt hat. Dieses Verfahren ist zwar passagierfreundlicher, führt aber zu marginalen Leistungsverlusten. Das Gegenstück zum rolling take-off ist der static take-off. Dabei wird mit betätigten Bremsen erst der Startschub gesetzt, und erst wenn er voll entwickelt ist, werden die Bremsen gelöst. Legende für die verschiedenen Limitation Codes (siehe [B/3]: Die in der RWC berücksichtigten Hindernisse: Höhe in ft und Entfernung in Metern. Die mit einem * gekennzeichneten Hindernisse sind die limitierenden. Drei- Vier-Letter-Code des Flughafens.

Neben der dargestellen Lufthansa-RWC, die bis zur Einführung der elektronischen Startdatenberechnung bei Lufthansa CityLine genutzt wurde, existieren je nach Anbieter noch eine Vielzahl anderer RWCLayouts. Die Handhabung ist aber grundsätzlich sehr ähnlich. 10.9.3 Computergestützte Berechnung

Die computerunterstützte Ermittlung der Startdaten ist heutzutage bei den meisten Fluggesellschaften der Standard. Gerade im Kurzstreckenverkehr mit den geringen Bodenzeiten bietet dies eine gewisse Entlastung der Cockpitbesatzung. Wie bei der RWC sind die Grundlagen für eine computergestützte Berechnung das manufacturer module und die airport obstacle database. Abb. 10.51 zeigt beispielhaft das von Lufthansa Systems entwickelte Startdatenberechnungsprogramm TOPAS (Take-off Performance Advisory Systems) das von allen Konzernflotten der Lufthansa benutzt wird. Gegenüber der Startdatenberechnung mit einer RWC ist die Nutzung eines solchen Programms wesentlich einfacher, schneller und auch genauer. Die RWC kann aus Gründen der Darstellung nur bestimmte konservative Korrekturwerte beinhalten, um möglichst viele Situationen abzudecken. Das TOPAS hingegen errechnet in Abhängigkeit der eingegebenen Parameter für jede Situation individuelle Ergebnisse, was häufig zu einem höheren MATOW führt, als dies mit einer RWC möglich wäre. Dies ist gerade bei der Berechnung der Startleistung auf nasser und kontaminierter Piste der Fall.

10.9 Methoden der Startdatenberechnung

223

Abb. 10.51 Ein- und Ausgabemaske des TOPAS (© Lufthansa Systems)

A = Software und Database Information B = Flugzeugkennzeichen und Abflughafen C = Flugzeugkonfiguration und äußere Bedingungen D = Auswahl und Zustand der Startbahn E = Ergebnisse der Take-off Performance Kalkulation Die computergestütze Startdatenberechnung bietet eine Vielzahl von Berechnungsmöglichkeiten, einschließlich der Berücksichtigung von technischen Beanstandungen, der manuellen Eingabe zusätzlicher Hindernisse. Hierbei überprüft eine Abteilung der Lufthansa Systems Aeronautic täglich sämtliche NOTAMs, um eventuell darin enthaltene limitierende Gegebenheiten, wie z. B. Kräne im Abflugsektor o. ä., sofort zu berücksichtigen und dem Flugbetrieb zur Verfügung zu stellen. Handelt es sich dabei um sehr kurzfristige Änderungen, bei denen die Veröffentlichung eines neuen Datensatzes zu spät wäre, werden diese Informationen im Rahmen eines Company NOTAM veröffentlicht. So kann das Hindernis im TOPAS eingegeben werden.

Abb. 10.52 Lido Performance Remark

224

10 Der Start

10.10 Start auf nassen und kontaminierten Pisten Das Leistungsvermögen eines Flugzeuges auf nassen und kontaminierten Bahnen hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Abb. 10.53 zeigt leistungsbeeinflussenden Faktoren für eine nasse Piste (nach Yager 1991).

Abb. 10.53 Einschräkende Faktoren bei nasser Startbahn (© Yager 1983)

10.10.1 Einfluss auf die TODR und die ASDR

Zu Beginn dieses Kapitels wurde die Kräfebilanz des startenden Flugzeuges dargestellt. Daraus ergbit sich, dass die Länge der TODR umgekehrt proportional zur Beschleunigung ist. Berücksichtigt man nun einen zusätzlichen Widerstand durch die Kontaminierung (Dcont), wird der die Beschleunigung kleiner. Je kleiner die Beschleunigung, desto länger die Startstrecke (und umgekehrt). Die Startabbruchstrecke (ASDR) vergrößert sich durch das verminderte Beschleunigungsvermögen. Dadurch wird die V1 später erreicht und der Startabbruch würde somit später erfolgen. Außerdem beeinflusst die Kontaminierung das Bremsvermögen durch schlechtere Reibungswerte.

10.10 Start auf nassen und kontaminierten Pisten

225

10.10.2 Reduzierung der screen height

Wie wir aus dem Kapitel zum Startvorgang bereits wissen, endet die Startstrecke, wenn das Flugzeug die screen height erreicht. In den IEM OPS 1.495(a) (1) (b) (iii) (TOD for wet or contaminated runway), wird bei nasser oder kontaminierter Piste eine Reduzierung dieser screen height von 35 ft auf 15 ft gestattet. Dadurch wird die TODR etwas kürzer, da der 15ft- Punkt früher erreicht wird. Diese „Erleichterung“ wurde eingeführt, um die wirtschaftlichen Nachteile durch geringere Startgewichte etwas auszugleichen. Sie gilt jedoch nicht für die TODR AEO sondern nur für die Ermittlung der TODR OEI. Durch die Reduzierung der screen height, muss für den Fall des Triebwerksausfalls auch die Hindernisfreiheit entsprechend reduziert werde. Denn wenn das Flugzeug am Ende der Piste tiefer fliegt, wird es auch nachfolgende Hindernisse tiefer überfliegen. Der gesamte Take-Off Flight Path verläuft etwas flacher. Daher erlaubt die IEM OPS 1.495 (a) (2) auch die Reduzierung der Hindernisfreiheit des Nettoflugwegs von 35 ft auf 15 ft. In bestimmten Fällen kann es dazu kommen, dass durch die reduzierte screen height das PTOW auf nasser bzw. kontaminierter Bahn höher ist, also auf trockener Bahn. In einem solchen Fall muss immer das Limit für die trockene Bahn herangezogen werden. 10.10.3 Berechnung der Startdaten

Steht für die Startdatenberechnung keine elektronsiche Variante zur Verfügung, existieren flugzeugabhängig unterschiedliche, aber im Grunde sehr ähnliche Verfahren auf Basis von Korrekturtabellen. Diese werden vom Flugzeughersteller in Abhängigkeit der Kontaminierung erstellt. Die Darstellung der Korrekturtabellen sind abhängig vom Flugzeugtyp und vom Hersteller. So enthalten die Korrekturtabellen von Bombardier beispielsweise keine absoluten Geschwindigkeiten, sondern nur Abschlagswerte, die an der V1 anzubringen sind. Am Beispiel der Airbus A320 Familie soll die Startdatenberechnung für eine kontaminierte Bahn dargestellt werden. Hierzu verwenden wir die in Abb. 10.54 dargestellte Korrekturtabelle für die Kontaminierungsart slush bis zu einer Schichtdicke von 6,3 mm.

226

10 Der Start

x Im ersten Schritt wird das PTOW für eine trockene Piste ermittelt. Hierzu kann z. B. eine RWC verwendet werden. x Anschließend wird das PTOW in Abhängigkeit von Flugzeugkonfiguration (CONF1+F, CONF2 oder CONF3) und Pistenlänge um ein bestimmtes Gewichtsdekrement verringert (obere Tabelle in Abb. 10.54). Bei einem Start in Frankfurt (4000 m Pistenlänge) mit CONF2 beträgt das Dekrement beispielsweise 7.000 kg. x Mit diesem korrigierten Gewicht wird dann in die der Konfiguration entsprechende untere Tabelle gegangen, um das MATOW zu bestimmen. x Zur Ermittlung der Geschwindigkeiten (V1, VR und V2) wird das aktuelle Startgewicht ermittelt (nicht das PTOW oder corrected weight)

Abb. 10.54 Ausschnitt aus der Contaminated Runway Correction Tabelle, A320 Familie (© Airbus)

11 Der Steigflug

11.1 Kräfte am Flugzeug im Steigflug Nachdem in Kapitel 4.3 die grundlegenden Begriffe der Bewegungsgesetze erklärt wurden, zeigt die Abb. 11.1 nun jene Kräfte, die an einem Flugzeug im Steigflug angreifen.

Abb. 11.1 Kräfte am Flugzeug im Steigflug

Die einzelnen Kräfte greifen in unterschiedlichen Koordinatensystemen an. Für die Belange des folgenden Kapitels wurde die Darstellung in Abb. 11.1 vereinfacht, in dem bestimmte Annahmen getroffen werden. x Es herrscht Windstille. Die Flugzeugbewegung erfolgt entlang der flugbahnfesten und aerodynamischen Achse, die in diesem Fall identisch

228

11 Der Steigflug

sind. Damit ist die Anströmrichtung entgegengesetzt zur Flugbahnrichtung. x Es existiert kein Schubeinstellwinkel. Das heißt, die Schubkraft wirkt entlang der flugbahnfesten Achse. x Ein Hängewinkel wird nicht berücksichtigt. 11.1.1 Kräftebilanz parallel zur Flugbahn Die Zerlegung der Kräfte parallel zur Flugbahn ergibt:

¦ FX : T  D  W sin J  ma 0

(11.1)

Umstellung von m·a mit V als Bahngeschwindigkeit liefert:

ma

m

(11.2)

dV dt

11.1.2 Kräfte senkrecht zur Flugbahn Die Zerlegung der Kräfte senkrecht zur Flugbahn ergibt: dJ · § ¦ FZ : L  W cos J  ¨  mV ¸ dt ¹ ©

0

(11.3)

Die Fliehkraft ist allerdings vernachlässigbar klein, sodass sich Gl. (11.3) vereinfacht zu: L

W cos J

(11.4)

Aufgrund der Annahme kleiner Winkel kann man cos J = 1 setzen und deswegen Gl. (11.4) linearisieren zu: L

(11.5)

W

11.2 Berechnung des Steigwinkels Zur Berechnung des Steigwinkels greifen wir auf die Gl. (11.1) zurück und stellen um:

W sin J

T Dm

dV dt

(11.6)

11.3 Berechnung des Steiggradienten

229

Division durch W führt zu: sin J

T D m dVT   W W W dt

Im unbeschleunigten Flug ( m

dVT dt

sin J

(11.7)

0 ) ergibt sich der Steigwinkel zu: T D W

(11.8)

Unter der Annahme kleiner Winkeln kann Gl.(11.8) wieder linearisiert werden: J rad

T D W

(11.9)

Durch Einsetzen von Gl. (11.4) in Gl. (11.9) wird das Gewicht durch den Auftrieb ersetzt. Daraus ergibt sich die Gl. (11.10): J rad

T D  W L

(11.10)

In anderer Schreibweise erhält man:

J rad

T 1  W L D

(11.11)

11.3 Berechnung des Steiggradienten Oft ist es jedoch wichtiger, den Steiggradienten zu kennen. Also das Verhältnis von erreichter Höhe zur zurückgelegten Strecke. Mathematisch ausgedrückt entspricht dies dem Tangens des Steigwinkels. Unter Berücksichtigung von Gl. (11.10) ergibt sich der Steiggradient in [%] durch Multiplikation mit 100.

J% bzw.

J%

T D u 100 W §T 1 · ¨¨  ¸¸ u 100 ©W L D ¹

(11.12)

230

11 Der Steigflug

Der Term L/D (sprich: „L over D“) wird auch als aerodynamischer Gütegrad bezeichnet. Gl. (11.9) und (11.12) zeigen die Abhängigkeit des Steigwinkels und des Steiggradienten von den beiden Parametern: x Schubüberschuss (T – D) x dem Flugzeuggewicht (m·g = W) bzw. von den Parametern: x Schub-/Gewichtsverhältnis x Aerodynamischer Gütegrad

11.4 Berechnung der Steigrate Die Steigrate ist definiert als der Höhenzuwachs über der Zeit. Die Einheit in der Luftfahrt für die Steigrate ist feet per minute (fpm). Sie kann im Cockpit direkt am vertical speed indicator abgelesen werden. Für die Steigrate gilt die Beziehung:

ROC

TAS ˜ sin J

(11.13)

ROC TAS

(11.14)

bzw. sin J

Um die Abhängigkeiten der Steigrate zu untersuchen, setzen wir nun Gl. (11.6) in Gl. (11.14) ein. Dies ergibt: ROC TAS

T  D m dVT  W W dt

(11.15)

Bei einem Steigflug mit konstanter TAS ergibt das Beschleunigungsdifferenzial

m dVT W dt

0.

Daraus ergibt sich die Gleichung für die Steigrate: ROC

T D VT W

(11.16)

In der Praxis wird allerdings nicht mit einer konstanten TAS gestiegen, sondern mit const. IAS/Mach oder einer bestimmten Steigrate (vertical speed). Dadurch ergibt sich eine mit zunehmender Höhe ständig ändernde TAS.

11.4 Berechnung der Steigrate

231

x Bei konstanter IAS wird die TAS mit zunehmender Höhe größer. x Bei konstanter Machzahl wird die TAS mit zunehmender Höhe kleiner (unter der Tropopause).

Abb. 11.2 Steigflugprofil mit konstanter Geschwindigkeit (250/290/M.74)

Die IAS bzw. CAS wird solange beibehalten, bis sie der gewünschten Machzahl entspricht, mit der der Steigflug fortgesetzt werden soll. Die Höhe, in welcher der Wechsel von Const. IAS auf Const. Mach stattfindet, heißt crossover altitude. Aus der beim Steigflug mit Const. IAS stattfindenden kontinuierlichen Beschleunigung kann ein Beschleunigungsfaktor abgeleitet werden. Er ist eine Funktion aus Steigflugverfahren (const. IAS, EAS, TAS oder Mach), Temperatur (ISA oder Non-ISA) und Flughöhe (über oder unter der Tropopause) und ist wie folg definiert: f acc

§ V dV · ¨¨ ¸¸ © g dh ¹

(11.17)

Unter Berücksichtigung dieses Faktors ergibt sich die Gleichung für den beschleunigten Steigflug:

232

11 Der Steigflug

T D ˜ TAS W 1  f acc

ROC

T D ˜ TAS W § V dV · ¨¨1  ¸ g dh ¸¹ ©

(11.18)

An dieser Stelle soll auf die Herleitung des Beschleunigungsfaktors verzichtet werden. Es können jedoch zur Berechnung die folgenden Werte eingesetzt werden: Tabelle 11.1 Beschleunigungsfaktoren (Quelle: Boeing) Temperatur Konstante Geschwindigkeit Standard M

Unter Tropopause

1  0,133184M 2

Über Tropopause 0

1  0,7 M 2 >I  0,190263@

1  0,7 M 2 I

EAS

1  0,566816M 2

M

1  0,133184M 2

1  0,7 M 2 0

CAS Non Standard

CAS

2 ª § T ·º 1  0,7 M I 1  0,7 M 2 «I  0,190263¨¨ ISA ¸¸» © T0 ¹¼» ¬«

EAS

2 ª § T ·º 1  0,7 M 1  0,7 M 2 «1  0,190263¨¨ ISA ¸¸» «¬ © T0 ¹»¼

mit: I



1ª 1  0,2M 2 «¬



3,5



 1º »¼

0,7 M 2 1  0,2 M 2

(11.19)

2,5



Diese Erkenntnis setzen wir nun teilweise in Gl. (11.20) ein: ROC

T D ˜ TAS W § V dV · ¨¨1  ¸¸ © g dh ¹

§ T D· ¨  ¸ ˜ TAS ©W L ¹ § V dV · ¨¨1  ¸¸ © g dh ¹

(11.20)

11.5 Geschwindigkeitspolare des Steigfluges

233

11.5 Geschwindigkeitspolare des Steigfluges Die Polare für den Steigflug zeigt die Verhältnisse von Schubbedarf und Widerstand in Relation zur TAS. Bei einem Flugzeug im unbeschleunigten Horizontalflug sind alle Kräfte im Gleichgewicht. Das heißt, dass die Schubkraft, der Widerstandskraft entspricht (daher tritt auch keine Beschleunigung auf). Die Widerstandskurve kann daher auch als „Thrust required“ Kurve bezeichnet werden. Soll nun ein Steigflug stattfinden, muss die Schubkraft erhöht werden, um die Widerstandskraft zu überwinden. Es kann also nur dann gestiegen werden, wenn die Triebwerke diesen Schub auch hergeben. Maßgeblich für die Steigleistung ist folglich die Differenz aus benötigtem und verfügbarem Schub, wie die oberste Abbildung zeigt. Die Geschwindigkeit für bestes Steigen ist dort gegeben, wo die Differenz aus benötigtem und verfügbarem Schub maximal ist. Die unterste Abbildung zeigt den Einfluss der Fluggeschwindigkeit auf die Steiggeschwindigkeit. Die Fluggeschwindigkeit für die maximale Steigrate (best rate of climb speed, VY ) wird am Maximum der Kurve erreicht. Die Fluggeschwindigkeit für den maximalen Steigwinkel (best angle of climb speed, VX) ergibt sich am Berührungspunkt der Tangente aus dem Ursprung mit der Kurve.

234

11 Der Steigflug

Abb. 11.3 Steigpolare bei konstantem Gewicht, Temperatur und Flughöhe für strahlgetriebene Flugzeuge

11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug

235

11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug Die Abbildungen in diesem Kapitel sollen den tendenziellen Einfluss von bestimmten Variablen veranschaulichen. Da sowohl der Steigwinkel, als auch die Steigrate durch den Schub- bzw. Leistungsüberschuss bestimmt wird, betrachten wir nachfolgend den Einfluss der Variablen anhand der sich verändernden Schwebeschub- und Schwebeleistungskurven. Für alle Abbildungen gilt grundsätzlich, dass außer der entsprechenden Variablen alle anderen Parameter konstant bleiben. In der fliegerischen Praxis beeinflussen sich die Parameter jedoch gegenseitig, sodass die gezeigten Kurven in anderen Flughöhen und bei anderen Temperaturen anders aussehen können. Die grundlegende Aussage zum Einfluss der Variablen bleibt hiervon allerdings unberührt. 11.6.1 Fluggeschwindigkeit

Mit der VX und der VY existieren für den Steigflug zwei grundlegende Geschwindigkeiten, die bei der Festlegung eines geeigneten operationellen Steigflugverfahrens berücksichtigt werden. Beim Flug mit der Geschwindigkeit VX erreicht das Flugzeug eine bestimmte Flughöhe innerhalb der kürzesten Flugstrecke. Die Geschwindigkeit VX wird erreicht, wenn der Schubüberschuss maximal ist. Grafisch ausgedrückt ist dies an der Stelle der Fall, wo die Schubkurve und die Widerstandskurve am weitesten entfernt sind. Für ein strahlgetriebenes Flugzeug entspricht die VX der Geschwindigkeit für den geringsten Widerstand (VMD). Der verfügbare Schub kann als unabhängig von der Geschwindigkeit betrachtet werden. Bei propellergetriebenen Flugzeugen ist dies etwas anders. Der Schub variiert hier in Relation zur Geschwindigkeit. Die VX liegt daher etwas unter der VMD.

236

11 Der Steigflug

Abb. 11.4 Best Angle of Climb Speed - Schwebeschubkurve

Im Gegensatz zur Widerstandskurve bedient man sich in diesem Fall der Leistungskurve. Sowohl für strahl-, als auch für propellergetriebene Flugzeuge gilt, dass die Geschwindigkeit für die maximale Steigrate (ROCmax) an dem Punkt erreicht wird, wo der Leistungsüberschuss maximal ist. Abb. 11.5 zeigt die gewichtsabhängige Änderung der VY in einem Schwebeleistungsdiagramm. Die Schwebeleistungskurve verschiebt sich

11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug

237

durch das höhere Gewicht nach rechts oben. Dadurch „rutscht“ auch die VY weiter nach rechts. Sie wird also größer.

Abb. 11.5 Best Rate of Climb Speed bei verschiedenen Gewichten

238

11 Der Steigflug

11.6.2 Gewicht

Ein höheres Gewicht resultiert in einem höheren aerodynamischen Widerstand. Dadurch nimmt der Schubbedarf zu. Folglich „rutscht“ die Widerstandskurve an die TA- bzw. PA Kurve ran, die sich selbst nicht ändern. Die Differenz aus vorhandenem und benötigtem Schub wird kleiner, was in einer geringeren ROC resultiert. Absolut gesehen verursacht eine Gewichtsdifferenz in MSL den größten Verlust an Steigleistung. Relativ gesehen ist der Einfluss der Gewichtsdifferenz mit steigender Flughöhe jedoch am größten. Aus der Abbildung 11.6 kann man erkennen, dass die Geschwindigkeit für bestes Steigen mit höherem Gewicht größer wird.

Abb. 11.6 Einfluss des Gewichts auf ROC

Abbildung 11.7 zeigt den Gewichtseinfluss auf die ROC über die TAS. Erwartungsgemäß nimmt die ROC mit zunehmendem Gewicht ab, wobei die TAS leicht zunimmt. Der best angle of climb nimmt ebenfalls ab und die dazugehörige VX wird größer.

11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug

239

Abb. 11.7 Gewichtseinfluss auf die ROC, VX und VY

11.6.3 Flughöhe

Während des Steigfluges und der zunehmenden Flughöhe verändern sich zwei Parameter. Zum einen verringert sich der Widerstand durch die abnehmende Luftdichte, zum anderen verringert sich aber auch aus demselben Grund der verfügbare Triebwerksschub. Da sich der verfügbare Triebwerksschub aber schneller verringert, als der Widerstand wird der Schubüberschuss mit steigender Flughöhe immer geringer. An dem Punkt, an dem kein Schubüberschuss mehr vorhanden ist, wird die „absolute Gipfelhöhe“ (absolute ceiling) des Flugzeuges erreicht. Die ROC ist an diesem Punkt „Null“.

240

11 Der Steigflug

Abb. 11.8 Einfluss der Flughöhe auf die Steigrate

11.6.4 Temperatur

Eine steigende Temperatur hat durch die sich ändernde Luftdichte grundsätzlich denselben Effekt wie eine steigende Flughöhe und beeinflusst die Triebwerksleistung und das aerodynamische Leistungsvermögen des Flugzeugs. Absolut gesehen ist die Erhöhung der ROC aufgrund niedriger Temperaturen in MSL am größten. Relativ betrachtet ist der Einfluss einer niedrigen Temperatur in großer Flughöhe am höchsten. Bei einer niedrigen Lufttemperatur wird die ROCmax mit einer höheren IAS erreicht, als bei einer hohen Temperatur. Da der Zusammenhang zwischen IAS und TAS abhängig von der Temperatur ist, kann es passieren, dass die TAS trotz niedriger IAS bei hohen Temperaturen größer ist, als bei niedrigen Temperaturen. Außerdem hat die Temperatur einen weiteren Einfluss auf die ROC. Da im praktischen Flugbetrieb auf eine pressure altitude gestiegen wird, muss das Flugzeug hinsichtlich seiner geometrischen Höhe in einer warmen Atmosphäre höher steigen. Bei einer um ISA+10 °C wärmeren

11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug

241

Atmosphäre entspricht eine Druckhöhe von 33.000 ft in einer geometrischen Höhe von ca. 34.300 ft. Es wird also mehr Energie benötigt, um das Flugzeug auf diese höhere tatsächliche Höhe zu heben. Die ROC in Form von pressure altitude pro Zeiteinheit wird dadurch geringer.

Abb. 11.9 Einfluss der Temperatur auf die IAS für ROCmax

11.6.5 Wind

Aus den weiter oben genannten Gleichungen kann bereits erkennen, dass Wind keinen Einfluss auf die Steigrate, den Steigwinkel und den Steiggradienten hat. Allerdings hat der Wind einen Einfluss auf den Flugwegwinkel. Dieser wird bei einer Gegenwindkomponente steiler und bei einer Rückenwindkomponente flacher. Abb. 11.11 zeigt dies am Beispiel einer Gegenwindkomponente.

Abb. 11.10 Einfluss von Gegenwind auf den Steigwinkel

242

11 Der Steigflug

Eine konstante Windkomponente hat somit keinen Einfluss auf die Steigzeit oder den Treibstoffverbrauch bis zum Top of Climb (TOC), aber auf die zurückgelegte Entfernung über Grund. Bei einer Gegenwindkomponente liegt z. B. der TOC näher am Ausgangsflughafen. Fliegt ein Flugzeug während des Steigfluges in den Bereich eines sogenannten Jetstreams (Starkwindfeld) ein, ändert sich die Windkomponente stetig, bis zum Erreichen des Kernwindfelds. Die energetische Betrachtung liefert den Rückschluss auf die Steigrate und den Steigwinkel. Nimmt beispielsweise bei einem Flugzeug im Steigflug die Gegenwindkomponente stetig zu, steigt die korrespondierende ground speed und die damit einhergehende kinetische Energie des Flugzeuges nicht so schnell an, wie bei Windstille. Die „überschüssige“ Energie wird in eine Höhenänderung, also eine potentielle Energie umgesetzt. Sie erhöht also Steigrate und Steigwinkel. 11.6.6 Widerstand und Schub

Widerstand und Schub beeinflussen direkt Steigleistung eines Flugzeugs. Jede Erhöhung des Schubs vergrößert den Schubüberschuss, was in besserer Steigleistung resultiert. Jede Erhöhung des Widerstandes verringert die Steigleistung durch Minderung des Schubüberschusses. Besonders bemerkenswert wird der Einfluss dann, wenn sich beide Parameter gleichzeitig ändern. Dies ist der Fall, wenn ein Triebwerk ausfällt. Neben dem plötzlichen Schubverlust kommt dann noch ein Widerstandsmoment durch das stehende bzw. sich im Luftstrom drehende (windmilling) Triebwerk hinzu. Zusätzlich zu diesem Widerstand, kommt noch ein weiterer Widerstand durch das auftretende und auszutrimmende Giermoment hinzu. Das Abhandeln der entsprechenden Checkliste kann weitere Widerstände hervorrufen. So ist z. B. beim CRJ in entsprechender Höhe die Hilfsturbine (APU) zu starten. Dies hat zur Folge, dass die sogenannte APU-Door auffährt und einen zusätzlichen (wenn auch geringen) Widerstand generiert. Ein geringerer Schubüberschuss führt zu einer geringeren Steigrate und zu einer kleineren VX. Die Abnahme der VX ist jedoch so gering, sodass sie grundsätzlich hinsichtlich Widerstands- und Schubänderungen als konstant angesehen werden kann.

11.7 Steigflugverfahren im Flugbetrieb

243

11.7 Steigflugverfahren im Flugbetrieb

11.7.1 Steigflug mit Constant IAS/Mach

Der Steigflug im täglichen Flugbetrieb wird in der Regel mit konstanter IAS bzw. Mach Zahl durchgeführt. Ein Beispiel hierfür wurde bereits in Kapitel 11.4 dargestellt. Zur Durchführung eines solchen Steigfluges liefern die Flugzeughersteller sogenannte climb speed schedules in Form von Datentafeln, die auch in digitaler Form in die jeweiligen Flugplanungsprogramme eingehen. Typische Climb Speed Schedule sind beispielsweise: x CRJ 200: 250 kt / 290 kt / M0.74 x Airbus 320: 250 kt / 300 kt / M0.78 Der Steigflug wird folglich in drei Segmente unterteilt (siehe auch Abb. 11.2) x Von 1500 ft bis 10.000 ft (FL 100) x Von 10.000 ft bis zur crossover altitude x Von der crossover altitude bis zum top of climb Das erste Segment berücksichtigt eine häufig vorhandene Geschwindigkeitsbeschränkung auf 250 kt im Nahbereich des Flughafens unterhalb von FL 100. Ab FL 100 wird dann im Steigflug auf 290 KIAS beschleunigt. Diese Geschwindigkeit wird solange beibehalten, bis die crossover altitude erreicht wird. Ab dieser Höhe wird dann mit const. Mach bis zum top of climb (TOC) weitergestiegen. Der TOC wird in Anlehnung an die optimale Reiseflughöhe und anderer möglicher Einschränkungen, wie z. B. Verkehrsflussbeschränkungen der Flugsicherung, vom Flugplanungsprogramm ermittelt. Der Vorteil dieses Steigflugverfahrens liegt in erster Linie in der Planbarkeit. Durch die Daten des Herstellers zum Steigflug mit einem bestimmten speed schedule wird das Verfahren für die automatisierte Flugplanung handhabbar gemacht. Die Tabellen werden im Kapitel 11.7 vorgestellt. Treffen bestimmte Faktoren zusammen, die negativen Einfluss auf die Steigleistung haben, kann in großen Flughöhen die Geschwindigkeit oft nicht beibehalten werden. Als Faktoren kommen z. B. eine positive

244

11 Der Steigflug

Temperaturabweichung von ISA und hohes Fluggewicht in Frage. In einem solchen Fall muss die zurückgehende Geschwindigkeit innerhalb sicherer Grenzen zum Erreichen der Höhe in Kauf genommen werden. 11.7.2 Steigflug mit maximalem Steiggradienten

Ein Steigflug mit maximalem Steiggradienten wird bei der Geschwindigkeit VX erreicht. Auf Airbus Mustern wird diese Geschwindigkeit auch als „green dot speed“ bezeichnet, vom Flight Management System auf Basis des aktuellen Gewichts errechnet und auf dem Primary Flight Display dargestellt. VX wird in der Regel beim Startsteigflug geflogen, wenn nah stehende Hindernisse überflogen werden müssen und aus diesem Grund ein steiler Steigwinkel notwendig ist. Ein weiterer Grund für hohe Steigwinkel kann luftraumtechnischer Natur sein. Manche Abflugrouten erfordern einen bestimmten Steiggradienten, den es einzuhalten gilt, um innerhalb einer gegebenen Entfernung eine bestimmte Flughöhe zu erreichen (sogenanntes altitude constraint). Darüber hinaus ist VX die Zielgeschwindigkeit für den Triebwerksausfall und entspricht der V2. Die V2 eines CRJ 900 mit einem Startgewicht von 34 Tonnen liegt beispielsweise bei 142 kt. 11.7.3 Steigflug mit maximaler Steigrate

Wenn Hindernisse im Abflugsektor oder andere Umstände nicht mehr relevant sind, kommt es darauf an, die Reiseflughöhe möglichst schnell zu erreichen. Ziel dabei ist, die für den Treibstoffverbrauch günstige Reiseflughöhe möglichst schnell zu erreichen. Das Flugzeug wird VY beschleunigt. Dabei wird die Steigrate maximiert und das Flugzeug erreicht eine bestimmte Flughöhe innerhalb der kürzesten Zeit. 11.7.4 Wirtschaftlicher Steigflug

Im praktischen Flugbetrieb ist das Hauptziel die Gesamtkosten für die jeweilige Flugstrecke zu minimieren. Dementsprechend sollte auch das Steigflugverfahren für die tägliche Operation ausgewählt werden. Häufig wird in der Performance Literatur darauf hingewiesen, dass ein Steigflug mit einer Geschwindigkeit nahe der VY, also der Maximum Rate of Climb Speed, zum geringsten Gesamttreibstoffverbrauch führt, da ein

11.8 Auswertung von Herstellerunterlagen

245

schneller Steigflug zu einem möglichst langen Reiseflugsegment führt. Gesucht ist also ein minimum fuel climb. Der Treibstoff, der während des Steigflugs verbraucht wird, kann mit Hilfe des specific climb als Höhengewinn über die Zeit [ft/min] zum fuel flow (FF) [kg/min] ausgedrückt werden. Die Dimension des specific climb ist daher [ft/kg]. Specific Climb

dH dt Q

(11.21)

Der Treibstoffverbrauch ist aber nur eine Seite der Medaille. Viel mehr ist für einen Flugbetrieb die Minimierung der Gesamtkosten wichtig. Neben den reinen Treibstoffkosten kommen hier noch die anteiligen Zeitkosten hinzu. Aus dem specific climb wird dadurch ein econ specfic climb, bzw. minimum cost climb. Ein Tool, anteilige Zeitkosten in einen Treibstoffwert umzurechnen, ist das Cost-Index-Prinzip als Grundlage für eine wirtschaftliche Flugdurchführung, das in einem späteren Kapitel vorgestellt wird. Nur soviel vorab:

11.8 Auswertung von Herstellerunterlagen Die Flugzeughersteller liefern den Luftfahrtunternehmern eine Reihe von Daten zum Steigflug, die zur Flugplanung verwendet werden können. Die Darstellung und der Umfang der Daten variieren von Hersteller zu Hersteller. Die Steigflugtabellen unterstellen immer bestimmte Prämissen, die den eigentlichen Tabellen vorangehen. So zeigt Abb. 11.11 die Prämissen zur Nutzung der climb performance der Airbus A320 Familie.

Abb. 11.11 Prämissen zu den Steigflugdaten für die A320 Familie (© Airbus)

246

11 Der Steigflug

Abb. 11.12 zeigt eine beispielhafte Datentafel zum Steigflug für das Verfahren mit konstanter Geschwindigkeit (250 kt/300 kt/M.78). Alle Daten beziehen sich auf den brake release point.

Abb. 11.12 Inflight Performance, Climb Data, Airbus A320 Familiy (© Airbus)

x TIME (MIN): Dauer des Steigflugs bis zum Erreichen der Flughöhe in Minuten. x DIST (NM): zurückgelegte Distanz bis zum Erreichen der Flughöhe in NAM an.

11.8 Auswertung von Herstellerunterlagen

247

x FUEL (KG): benötigte Treibstoffmenge in kg bis zum Erreichen der Flughöhe. x TAS (KT): durchschnittliche TAS während des Steigflugs in Knoten. Abb. 11.13 stellt beispielhaft ein Feld und dessen Bedeutung aus Abb. 11.12 dar.

Abb. 11.13 Beispiel zur Steigflug-Datentafel

Bei der Interpretation der enthaltenen Informationen müssen die zuvor erwähnten Prämissen ins Kalkül gezogen werden. Wie aus Abb. 11.11 erkennbar, gelten für die Daten ein bestimmtes Steigflugverfahren (250/300/M.78), eine bestimmte Schubleistungsstufe (maximum climb thrust) und ein Schwerpunkt (CG) von 33 %. Darüber hinaus wird die Enteisungsanlage nicht genutzt und es werden ISABedingungen unterstellt. Obwohl die Daten in dieser Tabelle nach dem first principle Verfahren, also auf Basis realer aerodynamischer Werte des spezifischen Flugzeugtyps, errechnet wurden, können die Werte in der Tabelle von der Realität abweichen. Hierfür kommen verschiedene Gründe in Frage: x Es herrschen keine ISA-Bedingungen. Für diesen Fall werden von ISA abweichende Tabellen angeboten (z. B. ISA+5, ISA+10 etc.) x Die Triebwerkleistung lässt aufgrund von Alterung und Abnutzung (engine deterioration) nach. Hier könnte eine Triebwerksüberholung oder ein sogenannter compressor wash Abhilfe schaffen. x Der Schwerpunkt weicht ungünstig vom unterstellten Schwerpunkt ab, sodass am Höhenruder mehr Abtrieb erzeugt werden muss. Diese Ausführungen gelten generell für die Auswertung von Herstellerunterlagen. Durch die Nichtbeachtung von unterstellten Prämissen kann nicht nur ein erwartetes Leistungsvermögen nicht eintreten, sondern können sich auch vermeintlich Sicherheitsmargen schnell in Luft auflösen.

12 Der Reiseflug

12.1 Einführung Der Reiseflug ist unter praktischen und unter flugleistungsspezifischen Gesichtspunkten in mehrfacher Hinsicht von besonderem Interesse. Er beeinflusst - je nach Strecklänge mehr oder weniger maßgeblich - die Wirtschaftlichkeit eines Flugereignisses. Auf einem Kurzstreckenflug ist der verbleibende Anteil des Flugzeuges in der Reiseflughöhe relativ gering im Verhältnis zu den anderen Flugphasen wie Steigen und Sinken. Bei Mittel- oder Langstreckenflügen ist die Zeit im Reiseflug die maßgeblichste Zeit. Grund genug also, um diese Phase zu optimieren. Zunächst werden die grundsätzlichen Zusammenhänge der Schwebeschubund Schwebeleistungskurven im unbeschleunigten Horizontalflug erläutert. Dem schließen sich typische Verfahren und Begriffe des Reisefluges an. Ebenfalls in diesem Kapitel angesiedelt ist die Erläuterung des sogenannten Driftdown Verfahrens, obwohl dieses Verfahren auch dem Sinkflug zugeordnet werden könnten. Grund sind die limitierenden Auswirkungen auf den Reiseflug. So fordern die Vorschriften der JAR-OPS 1 besondere Vorkehrungen hinsichtlich eines Triebwerksausfalls während des Reisefluges und eines dadurch bedingten Notabstiegs in der Umgebung von Hindernissen. Der Flugzeugbetreiber ist verpflichtet, jede geflogene Strecke hinsichtlich dieser Limitierungen und der notwendigen Hindernisfreiheit zu überprüfen. Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus der Möglichkeit eines Druckverlustes in der Flugzeugkabine. Die Einschränkungen ergeben sich hier durch die verwendeten Sauerstoffgeneratoren. Allerdings soll diese Thematik hier nicht weiter erläutert werden. In diesem Kapitel soll lediglich der Ausfall von einem bzw. zwei Triebwerken dargestellt werden.

250

12 Der Reiseflug

12.2 Der unbeschleunigte Horizontalflug 12.2.1 Kräftebilanz am Flugzeug Abb. 12.1 zeigt die Kräfte an einem Flugzeug im unbeschleunigten Horizontalflug. Es wird vereinfachend angenommen, dass alle Kräfte im Schwerpunkt angreifen und entlang des flugbahnfesten oder aerodynamischen KOS wirken.

Abb. 12.1 Kräfte im unbeschleunigten Horizontalflug

Unbeschleunigter Horizontalflug bedeutet, dass alle Kräfte im Gleichgewicht sind. Der Schub ist also gerade so groß, dass er den Widerstand überwindet. Wäre er größer als der Widerstand, würde das Flugzeug beschleunigen. Für den Auftrieb gilt dasselbe. Es wird genau so viel Auftrieb erzeugt, wie für das Gewicht notwendig ist. Mehr Auftrieb würde einen Steigflug bedeuten. Es gelten folglich die Beziehungen: Schubkraft (T) = Widerstandskraft (D)

(12.1)

Auftriebskraft (L) = Gewichtskraft (W)

(12.2)

und:

Kennt man also den Widerstand des Flugzeuges, kennt man auch seinen Schubbedarf (Thrust Required, TR). Der Fachbegriff für den Schubbedarf heißt Schwebeschub. An dieser Stelle erinnern wir uns an das Kapitel 4 „Aerodynamische Grundlagen“ und die dort vorgestellte Widerstandskurve in Abhängigkeit der Geschwindigkeit (Abb. 4.25).

12.2 Der unbeschleunigte Horizontalflug

251

12.2.2 Die Schwebeschubkurve Die benötigte Schubkraft eines Flugzeuges wird durch die sogenannte Schwebeschubkurve in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit ausgedrückt. Diese entspricht gem. Gl. (12.1) der Widerstandskurve des Flugzeuges.

Abb. 12.2 Schwebeschubkurve

Legt man eine horizontale Tangente an das Minimum der Schwebeschubkurve erhält man am Berührungspunkt die Geschwindigkeit für den geringsten Widerstand bzw. Schubbedarf (minimum drag speed). Dieser Punkt entspricht auch dem größten Verhältnis aus Auftrieb und Widerstand bzw. Schubbedarf (L/D max.). Diese Erkenntnis ergibt sich aus der grundlegenden Widerstands- bzw. Auftriebsformel. Wir nehmen nochmal einmal Rückgriff auf das Aerodynamik Kapitel und rekapitulieren die Widerstandsgleichung:

D

U 2

V 2 ˜ S ˜ cD

(12.3)

und die Auftriebsgleichung: L

U 2

V 2 ˜ S ˜ cL

Umstellen von Gl. (12.4) nach V ergibt:

(12.4)

252

12 Der Reiseflug

(12.5)

2˜ L U ˜ S ˜ cL

V

Einsetzen von Gl. (12.2) in Gl. (12.5) ergibt (12.6)

2 ˜W U ˜ S ˜ cL

V

Gl. (12.5) setzen wir nun in Gl. (12.3) ein und erhalten: (12.7)

2 ˜W ˜ S ˜ cD 2 U ˜ S ˜ cL

U

D

˜

Kürzen liefert cD W cL

D

Dmin

§c W ˜ ¨¨ D © cL

(12.8)

TR

(12.9)

· ¸¸ ¹ min

Legt man eine Tangente aus dem Ursprung der Schwebeschubkurve erhält man die Geschwindigkeit für die maximale Reichweite (maximum range speed).

§ c § D · bzw. ¨ L ¨ ¸ ¨ cD © TAS ¹ min ©

· ¸ ¸ ¹ max

(12.10)

Im ersten Schritt setzen wir Gl. (12.8) in Gl. (12.10) ein. Dies liefert:

D TAS

cD

W cL TAS

(12.11)

im nächsten Schritt ersetzen wir die TAS im Nenner mit Gl. (12.6). Dies ergibt dann: D TAS

cD U ˜ cL ˜ S ˜W ˜ cL 2 ˜W

Wir unterstellen, dass W, A und U konstant bleiben und erhalten:

(12.12)

12.2 Der unbeschleunigte Horizontalflug

D TAS

§ c ¨ D ¨ c © L

D TAS

§ cL · ¨ ¸ ¨ cD ¸ © ¹ max

· ¸ ¸ ¹ min

253

(12.13)

oder: (12.14)

12.2.3 Die Schwebeleistungskurve

Analog dem Schwebeschub entspricht die Schwebeleistung dem Leistungsbedarf eines Flugzeuges. Die Schwebeleistungskurve stellt den Leistungsbedarf eines Flugzeuges in Abhängigkeit der Geschwindigkeit dar und ist besonders für Leistungsbetrachtungen von Propellerflugzeugen von großer Bedeutung. Die Beziehung zwischen Schub und Leistung lautet:

PR

TR ˜ TAS

(12.15)

Abb. 12.3 Schwebeleistungskurve

Die horizontale Tangente an die Schwebeleistungskurve markiert den geringsten Leistungsbedarf (PR min.). Im Falle der Schwebeleitungskurve

254

12 Der Reiseflug

markiert dieser Punkt die Geschwindigkeit der maximalen Reichweite (maximum range speed). Zur Erinnerung: Beim Schwebeschub war dies die maximum endurance. Um diesen Punkt als Verhältnis von cD zu cL darzustellen, setzen wir die Gl. (12.5) und (12.7) in Gl. (12.12) ein. Dies liefert:

PR

PR

(12.16)

cD 2 ˜W W˜ cL U ˜ S ˜ cL cD cL

2 3

(12.17)

2 ˜W 3 ˜ U ˜S

Unterstellt man bei Gl. (12.17), dass das Gewicht, die Flügelfläche und die Luftdichte konstant bleibt (W, S, U = const.) ergibt sich: PR min

§ c 2 ¨ D ¨ c 3 © L

3 · § ¸ = ¨ cL ¸ ¨ c 2 ¹ min © D

· ¸ ¸ ¹ max

(12.18)

Eine Tangente aus dem Ursprung an die Schwebeleistungskurve ergibt das Verhältnis

§c · § PR · bzw. ¨¨ L ¸¸ ¨ ¸ © TAS ¹ min © c D ¹ max

(12.19)

Im Falle der Schwebeleistungskurve liefert also die Tangente aus dem Ursprung das Beste L/D Verhältnis. Der Beweis dieser Aussage ist einfach: Gemäß Gl. (12.15) entspricht der Quotient aus Schwebeleistung und TAS dem Schwebeschub. PR TAS

TR

(12.20)

Einsetzen von Gl. (12.8) in Gl. (12.20) ergibt für den Schwebeschub unter der Annahme eines konstanten Gewichts (W = const.): PR TAS

cL cD

(12.21)

12.3 Beeinflussende Faktoren

255

12.3 Beeinflussende Faktoren Bisher gingen wir immer davon aus, dass das Gewicht, die Flughöhe (bzw. Luftdichte) und die Konfiguration des Flugzeuges konstant bleiben. Dies ist natürlich in der Praxis nicht der Fall. Das Flugzeug bewegt sich in verschiedenen Flughöhen und wird leichter, indem es Treibstoff verbraucht. Darüber hinaus wird die Konfiguration des Flugzeuges auch geändert. Beispielsweise durch Ausfahren der Landeklappen im Anflug. Aus jeder Situation ergibt sich ein anderer Schub- bzw. Leistungsbedarf, was zu einer Verschiebung der Schwebeschub- bzw. Schwebeleistungskurve führt. Nachfolgend werden daher die Änderungen von x Gewicht x Flughöhe x Konfiguration auf die Schwebeschub- bzw. Schwebeleistungskurve untersucht. Von besonderem Interesse ist dabei, wie sich die Geschwindigkeit für maximale Reichweite (maximum range speed) und maximale Flugdauer (max. endurance speed) verhält. 12.3.1 Gewicht Einfluss des Gewichts auf den Schwebeschub

Es wird vorausgesetzt, dass das Verhältnis cL/cD konstant bleiben soll. Dies entspricht einem konstanten Anstellwinkel (D = const.). Die Frage ist nun, welche Auswirkungen ein höheres Gewicht haben. Gemäß Gl. (12.2) entspricht der Auftrieb dem Gewicht. Ein höheres Gewicht bedarf demzufolge eines höheren Auftriebs. Aus der Auftriebsformel ergibt sich, dass die Geschwindigkeit erhöht werden muss, um mehr Auftrieb zu erzeugen. Dies ergibt sich aus Gl. (12.6) und soll beispielhaft für zwei unterschiedliche Gewichte (W1 und W2) erläutert werden. Für W1 und W2 gelten die korrespondierenden Geschwindigkeiten V11 und V2:

1

Um eine Verwechslung mit den typischen Geschwindigkeiten beim Start zu vermeiden (V1 und V2), wird hier absichtlich auf eine Indizierung verzichtet.

256

12 Der Reiseflug

V1

2 ˜ W1 U ˜ S ˜ cL

und

V2

2 ˜ W2 U ˜ S ˜ cL

(12.22)

Somit ergibt sich: 2 ˜ W2 U ˜ S ˜ cL

V2 V1

(12.23)

2 ˜ W1 U ˜ S ˜ cL

Durch kürzen erhält man: (12.24)

W2

V2 V1

W1

Für die Geschwindigkeit des höheren Gewichts (V2) ergibt sich daher: V 2 V1˜

(12.25)

W2 W1

Eine Erhöhung der Geschwindigkeit resultiert jedoch auch in einem höheren Widerstand und einem entsprechend höheren Schubbedarf. Diese Erkenntnis kann aus der Widerstandsgleichung für die beiden Geschwindigkeiten V1 und V2 hergeleitet werden. In Anlehnung an Gl. (12.3) und Gl. (12.8) ergibt sich: TR1

U 2

V 12 ˜ S ˜ c D

(12.26)

Für TR2 ergibt sich analog: TR 2

U 2

V 2 2 ˜ S ˜ cD

(12.27)

Die erhöhte Geschwindigkeit V2 haben wir bereits in Gl. (12.26) definiert. Diese setzen wir nun in Gl. (12.28) ein und erhalten: TR 2

Dies entspricht:

W2 ˜ V 1˜ ¨ W1 2 ©

U §¨

2

· ¸ ˜ S ˜ cD ¸ ¹

(12.28)

12.3 Beeinflussende Faktoren

TR 2

TR1 ˜

W2 W1

257

(12.29)

Der Schwebeschub verhält sich folglich proportional zum Flugzeug.

Abb. 12.4 Einfluss von Gewicht auf die Schwebeschubkurve

Aus Abb. 12.4 kann man ableiten, dass mit höherem Gewicht die max. range speed und die minimum drag speed größer wird. Einfluss des Gewichts auf die Schwebeleistung

Wie bei der Schwebeschubkurve verschiebt sich die Schwebeleistungskurve bei höherem Gewicht in Richtung höherer Geschwindigkeit und zu höherer Leistung. Hierzu muss nach Gl. (12.15) der Schwebeschub für W2 mit der entsprechenden Geschwindigkeit multipliziert werden.

258

12 Der Reiseflug

Abb. 12.5 Einfluss des Gewichts auf die Schwebeleistungskurve

12.3.2 Flughöhe Einfluss der Flughöhe auf den Schwebeschub

Die Flughöhe beeinflusst den Schwebeschub durch die abnehmende Luftdichte mit steigender Höhe. Aus der Gleichung für den Auftrieb ergibt sich, dass eine geringere Luftdichte zu einem Auftriebsverlust führt (U wird kleiner). Dieser Auftriebsverlust kann unter Berücksichtigung der Randbedingungen (cL und S = konstant) nur durch die Erhöhung der Geschwindigkeit ausgeglichen werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass mit Geschwindigkeit die TAS gemeint ist. Die EAS wird nicht erhöht, was darin resultiert, dass der Widerstand bzw. der Schwebeschub gleich bleibt. Die Schwebeschubkurve verschiebt sich folglich nur horizontal zu einer höheren Geschwindigkeit, nicht aber zu einer höheren Leistung. Dies ergibt sich durch Einsetzen der EAS in die Widerstandsgleichung. TR

UH 2

TAS 2 ˜ S ˜ c D

(12.30)

Während der Widerstand in verschiedenen Flughöhen bei konstanter EAS gleicht bleibt, nimmt die TAS mit zunehmender Höhe nach der Gl. (12.32) zu.

12.3 Beeinflussende Faktoren

TAS

EAS

1

259

(12.31)

V

Umwandeln von Gl. (12.31) von TAS in EAS ergibt: TR

U 2

EAS 2 ˜

U0 ˜ S ˜ cD U

(12.32)

Abb. 12.6 Einfluss der Flughöhe auf die Schwebeschubkurve

Aus Abb. 12.6 ergeben sich folgende Konsequenzen: x Die max. range speed wird bei zunehmender Höhe größer x Die min. drag seed (und damit die Geschwindigkeit für max. endurance) nimmt mit zunehmender Höhe ebenfalls zu. x Der Schubbedarf nimmt mit zunehmender Höhe zu. Einfluss der Flughöhe auf die Schwebeleistung

Die Multiplikation des Schwebeschubs mit der Geschwindigkeit führt zu einer Verschiebung der Schwebeleistungskurve mit deren Punkt PRmin entlang der Tangente aus dem Ursprung.

260

12 Der Reiseflug

Abb. 12.7 Einfluss der Flughöhe auf die Schwebeleistungskurve

Es gelten die selben Konsequenten wie bei der zuvor beschriebenen Schwebeschubkurve. 12.3.3 Konfiguration

Bei einer Änderung der Flugzeugkonfiguration, wie z. B. das Ausfahren des Fahrwerks oder der Flügelklappen steigt der schädliche Widerstand an. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass das Ausfahren der Klappen auch den Auftrieb erhöht. Der induzierte Widerstand hingegen ändert sich nicht, bzw. nur geringfügig. Die Summe aus schädlichem und induziertem Widerstand verschieben die Schwebeschub- und Schwebeleistungskurve in Richtung niedrigerer Geschwindigkeiten und zu einem höheren Schub- bzw. Leistungsbedarf.

12.3 Beeinflussende Faktoren

261

Abb. 12.8 Einfluss des Fahrwerks auf den Schwebeschub

Durch die bereits bekannte Multiplikation der Schwebeschubkurve mit der TAS erhält man die Schwebeleistungskurve.

Abb. 12.9 Einfluss des Fahrwerks auf die Schwebeleistung

262

12 Der Reiseflug

12.4 Maximale Flugdauer Die maximale Flugdauer (maximum endurance) gibt an, wie lange sich ein Flugzeug bei gegebener Kraftstoffmenge in der Luft halten kann. Dies ist beispielsweise im Falle von Warteschleifen oder auch bei Aufklärungsflügen interessant. Die maximale Flugdauer wird dann erreicht, wenn der Treibstoffverbrauch minimal ist. Häufig wird in der Literatur ein konstanter spezifischer Treibstoffverbrauch unterstellt, was dazu führt, dass die maximale Flugdauer bei der Geschwindigkeit erreicht wird, wenn das Verhältnis aus Auftrieb zu Widerstand am größten ist (L/D max.). Die zugehörige Geschwindigkeit wäre in diesem Fall die minimum drag speed (Anderson 1999). In der Praxis ist der Treibstoffverbrauch jedoch von der tatsächlichen Triebwerkscharakteristik abhängig. Die Linien konstanten Treibstoffverbrauchs (FFC) sind daher nicht horizontale Tagenten, sondern fallen etwas ab. Zeichnet man diese abfallenden Verbrauchslinien in Form von Tangenten in das Schwebeschubdiagramm ein, erhält man den Punkt für die maximale Flugdauer am Schnittpunkt einer solchen Tangente mit der Kurve (Lufthansa 1990).

Abb. 12.10 Max. Endurance eines Strahltriebwerks im FFC/TAS Diagramm

12.4 Maximale Flugdauer

263

Die maximum endurance liegt daher in der Praxis etwas links von der minimum drag speed. Wie wir in einem späteren Kapitel noch darstellen werden, ist dies ein instabiler Geschwindigkeitsbereich. Aus diesem Grund eignet sich diese Geschwindigkeit auch nicht für den Flug in Warteschleifen. Hier sollte mit etwas höherer Geschwindigkeit (z. B. mit minimum drag speed) im neutralen oder stabilen Bereich geflogen werden. Etwas anders sieht das Ganze für Kolbenpropellertriebwerke und deren Schwebeleistungskurve aus, nachdem das TR/TAS Diagramm in ein PR/TAS Diagramm umgewandelt wurde. Die Geschwindigkeit für die Max. Endurance muss natürlich in beiden Diagrammen identisch sein.

Abb. 12.11 Max. Endurance eines Kolbenpropellertriebwerks im PR/TAS Diagramm

Die maximale Flugdauer ändert sich nicht durch Windeinfluss. Der Berührungspunkt der FFC-Tangente an die Schwebeschubkurve liegt immer bei der gleichen TAS. Mathematisch kann die Flugdauer mit Hilfe der Kombination von Gl. (6.3) und (6.7) ausgedrückt werden. Dies ergibt: 

dm f dt

TSFC ˜ TR

(12.33)

Auflösen nach dt ergibt: dt



dm f TSFC ˜ TR

(12.34)

264

12 Der Reiseflug

Da in der Regel immer mit dem Begriff der Gewichtskraft W gerechnet wird, wandeln wir Gl. (12.34) entsprechend um: dt



dW TSFC ˜ TR ˜ g

(12.35)

Nun setzen wir Gl. (12.8) in Gl. (12.34) ein und erhalten: dt



1 cL dW TSFC ˜ g cD W

(12.36)

Die Integration von Gl. (12.36) über zwei Gewichtsunterschiede mit W0 als Anfangsgewicht und W1 als Endgewicht ergibt die Flugdauer. Daraus folgt, unter der Annahme, dass TSFC und L/D konstant bleiben, die sogenannte Breguet Endurance Equation.

E

W cL 1 ˜ ˜ ln 0 c D TSFC ˜ g W1

(12.37)

12.5 Reichweite 12.5.1 Ermittlung der Reichweitengleichung

Analog der Flugdauer kann auch für die Reichweite die sogenannte Breguet Range Equation aufgestellt werden. Wie wir wissen, gilt für eine beliebig kleine Wegstrecke die Beziehung:

ds V ˜ dt

(12.38)

Für dt setzen wir nun Gl. (12.36) ein und erhalten:

ds

V

cL dW 1 TSFC ˜ g cD W

(12.39)

Unter der Annahme, dass die Geschwindigkeit (V) konstant bleibt, integrieren wir analog Gl. (12.37) zwischen W0 als Anfangsgewicht und W1 als Endgewicht und erhalten somit die Reichweite (R):

R

W0

cL V dW ˜ ˜ c TSFC ˜ g W W D

³

1

(12.40)

12.5 Reichweite

R

cL V W ln 0 cD TSFC ˜ g W1

265

(12.41)

Ersetzt man die Geschwindigkeit durch die in der Praxis relevantere Machzahl erhalten wir die folgende Gleichung:

R

cL M ˜ a0 T W0 ln cD TSFC ˜ g W1

(12.42)

Soll noch zusätzlich eine vorherrschende Windkomponente VW berücksichtigt werden, ergibt sich die Reichweite über Grund wie folgt: R

c L M ˜ a0 T  VW W0 ln cD TSFC ˜ g W1

(12.43)

Aus dieser Gleichung kann man nun die Einflussfaktoren auf die Reichweite erkennen: Temperatur in Atmosphäre bzw. Flughöhe Fluggeschwindigkeit [M] schubspezifischer Treibstoffverbrauch (= Triebwerksparameter) aerodynamische Güte des Flugzeuges und hauptsächlich des Flügels [cL/cD] x Flugzeuggewicht [W]

x x x x

Analysiert man diese Gleichung nach den regelbaren Parametern, so ergibt sich für den Piloten lediglich eine Beeinflussung der Machzahl und der Flughöhe. Alle anderen Parameter sind gegeben und nicht veränderbar. Die größte Reichweite (maximum range) eines Flugzeuges mit einer bestimmten Betankung ergibt sich aus dem größten Verhältnis der wahren Fluggeschwindigkeit zum Treibstoffverbrauch (TAS/FF). Dieses Verhältnis wird auch spezifische Reichweite (specific air range, SAR) genannt. Abb. 12.12 stellt die Abhängigkeit der maximum range vom Gewicht in Anlehnung an Abb. 12.4 nochmals dar.

266

12 Der Reiseflug

Abb. 12.12 Max. Range eines Strahlflugzeuges im

Die SAR ist ein Maß dafür, wie weit ein Flugzeug pro Treibstoffeinheit fliegen kann. Sie ist der Quotient aus Wegstrecke (R) pro Treibstoffeinheit (mf). SAR

R mf

ª NAM º « » ¬ kg ¼

(12.45)

Die Wegstrecke entspricht dabei der sogenannten still air distance (SAD). Diese erhält man über die Bodendistanz und der Berücksichtigung der Windkomponente (WC) aus der Beziehung: SAD

§ TAS · Distance ˜ ¨ ¸ © TAS r WC ¹

(12.46)

Differenziert man Gl. (12.45) nach der Zeit, erhält man einen Quotienten mit einer differenziellen Wegstrecke im Zähler und einem differenziellen Masseverbrauchs durch die Treibstoffverbrennung im Nenner2.

2

Da die SR ein positiver Wert ist, muss der Gleichung ein Minuszeichen vorangestellt werden, um das negative Vorzeichen aus dem Masseabnahme auszugleichen.

12.5 Reichweite

SAR



'R ª NAM º « » 'm f ¬ kg ¼

267

(12.47)

Die Ableitung der Strecke nach der Zeit entspricht bekanntermaßen der Geschwindigkeit. Somit ergibt sich der folgende Quotient: SAR

V m f

TAS ª kt º « » FF ¬ kg min ¼

(12.48)

Einsetzen von Gl. (6.7) in Gl. (12.48) ergibt: SAR

TAS FF

TAS T ˜ TSFC

(12.49)

Wird noch eine Windkomponenten berücksichtigt erweitert sich Gl. (12.49) zu SR

TAS  WC FF

GS FF

(12.50)

12.5.2 Darstellung der SAR im Flugbetrieb

Der Flugzeughersteller stellt dem Flugzeugbetreiber SAR-Daten zur Verfügung. Dies geschieht zum einen in Form von SAR-Kurven im flugzeugspezifischen AFM und zum anderen in Form von diskreten Daten als elektronische Datei. Abb. 12.13 zeigt beispielhaft eine SAR-Kurve in Abhängigkeit der Geschwindigkeit, an dessen Beispiel die markantesten Punkte erklärt werden sollen. Bei diesen Kurven handelt es sich verständlicherweise immer um windneutrale Daten, da ein vorherrschender Wind immer nur auf die spezielle Flugstrecke im Einzelnen berücksichtigt werden kann. Das Maximum der Kurve entspricht der maximalen Reichweite. Die zugehörige Geschwindigkeit heißt max. range speed. Die maximale Reichweite wird bei einer relativ geringen Geschwindigkeit erreicht. Für den täglichen Flugbetrieb war allerdings eine so geringe Geschwindigkeit nicht akzeptabel.

268

12 Der Reiseflug

Als Lösung wurde die sogenannte long range speed eingeführt. Hierbei wurde unter Verzicht auf 1% der Reichweite die Geschwindigkeit entsprechend erhöht. Die Tangenten aus dem Ursprung sind Linien gleichen Treibstoffverbrauches (FF-Tangente).

Abb. 12.13 Generische SAR-Kurve für ein bestimmtes Gewicht und Flughöhe

12.5.3 Einflüsse auf die SAR

Besonders für die Einschätzung der Wirtschaftlichkeit verschiedener Flugverfahren und äußerer Parameter ist die Kenntnis der verschiedenen Einflüsse auf die Reichweite wichtig. Gewicht

Abb.12.14 zeigt die SAR als Funktion des Flugzeuggewichts und der Fluggeschwindigkeit bei konstanter Höhe. Dies ist die gebräuchlichste Darstellung der SAR. Aus der Abbildung lassen sich zwei Erkenntnisse hinsichtlich ableiten: x Mit abnehmendem Gewicht, z. B. durch die Verbrennung von Treibstoff während des Fluges, nimmt die spezifische Reichweite zu. x Mit abnehmendem Gewicht nimmt die Geschwindigkeit für max. range cruise, also die Geschwindigkeit, mit der eine maximale Reichweite erreicht wird, kontinuierlich ab. Das gleiche gilt für long range cruise.

12.5 Reichweite

269

x Für die Geschwindigkeiten gilt: Bei abnehmendem Gewicht wird die max. range und long range cruise speed geringer.

Abb. 12.14 Gewichtseinfluss auf die SAR Flughöhe

Abb. 12.15 Einfluss der Flughöhe

270

12 Der Reiseflug

Mit zunehmender Flughöhe nimmt zum einen die max. range cruise speed zu, zum anderen nimmt die SAR zu. Wind

Die Schwebeschub- und Schwebeleistungskurve ändern sich unter Windeinfluss nicht. Die spezifische Reichweite, als Verhältnis von TAS/Q ändert sich ebenfalls nicht. Wird die TAS jedoch um die entsprechende Windkomponente VW erweitert und die Schwebeschub- und Schwebeleistungskurve über der Geschwindigkeit über Grund aufgetragen erkennt man, welchen besonderen Einfluss der Wind auf die Reichweite hat. Ihm kommt daher auch eine besondere Bedeutung bei der Optimierung der Fluggeschwindigkeit zu. Eine Rückenwindkomponente erhöht die spezifische Reichweite, während eine Gegenwindkomponente diese verringert. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht dies nochmals grafisch:

Abb. 12.16 Einfluss von Wind auf den Ursprung der Tangente

Eine Rückenwindkomponente (tailwind component, TWC) bzw. eine Gegenwindkomponente (headwind component, HWC) verschieben folglich den Ursprung der Tangente. Trägt man die Tangenten aus den neuen Ursprüngen durch den Berührungspunkt für Windstille auf, erkennt man anhand der Steigung der Tangenten die Änderung der SAR.

12.5 Reichweite

271

Hierbei führt Rückenwind zu einer kleineren Steigung und damit zu einer größeren spezifischen Reichweite und einer geringeren SAD. Gegenwind führt zu einer größeren Steigung und damit zu einer geringeren maximalen Reichweite, aber einer größeren SAD. Trägt man die spezifische Reichweite [NM/kg] über die Geschwindigkeit [M] auf, erhält man folgendes Bild:

Abb. 12.17 Einfluss von Wind auf die spezifische Reichweite

Die Abbildung zeigt die Variation der spezifischen Reichweite mit zunehmendem Gegen- bzw. Rückenwind. Mit zunehmendem Gegenwind nimmt die spezifische Reichweite ab und die Geschwindigkeit für die maximale Reichweite steigt an. Rechts der max. range cruise Linie kann ein Gegenwind teilweise durch Anpassung der Reisefluggeschwindigkeit ausgeglichen werden. Das Beispiel zeigt eine Reduzierung der Geschwindigkeit von M .78 auf long range cruise speed. Dadurch könnte eine Gegenwindkomponente von fast 50 kt ausgeglichen werden. Wind ist folglich von signifikanter Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit eines Fluges. So kann es durchaus vorteilhaft sein, eine Flughöhe zu wählen, in der eine große Rückenwindkomponente herrscht. Der Wind muss dann den Verlust an Reichweite durch die tiefere Höhe aufwiegen können.

272

12 Der Reiseflug

Die Piloten können für solche Abwägungen auf Tabellen bzw. Charts, zurückgreifen, die in den flugbetrieblichen Unterlagen zu finden sind. Die nachstehende Abbildung zeigt eine solche Chart von Airbus für die A320Familie.

Abb. 12.18 Wind Altitude Trade for Constant Specific Range (© Airbus)

12.6 Optimum Altitude

273

Temperatur

Bildet man den Quotienten von FF und TAS, kürzt sich der Einfluss der Temperatur aufgrund der nahezu identischen Abhängigkeit heraus. Der Einfluss ist daher vernachlässigbar, lässt sich aber trotzdem mit nachfolgender Gleichung berechnen. Auf eine Herleitung der Gleichung wird an dieser Stelle verzichtet. Mit ihrer Hilfe kann jedoch schnell und unkompliziert der Einfluss der Temperatur auf die spezifische Reichweite ermittelt werden: SR NS

§T SRST ¨¨ NS © TST

· ¸¸ ¹

0, 5  x

(12.51)

12.6 Optimum Altitude Unter der optimum altitude versteht man die Flughöhe, in der die maximale spezifische Reichweite für ein bestimmtes Gewicht und ein bestimmtes Flugverfahren erreicht wird. Trägt man die SAR in einem Diagramm über der Höhe auf, ergibt sich folgendes Bild:

Abb. 12.19 Optimum Altitude

Mit zunehmender Höhe nimmt die SAR immer weiter zu, um dann wieder ab der optimum altitude abzunehmen. Der Grund hierfür liegt zum einen im mit der Höhe abnehmenden Triebwerkswirkungsgrad und zum anderen

274

12 Der Reiseflug

mit der stetigen Vergrößerung des Anstellwinkels in immer größeren Höhen. Einen großen Einfluss auf die optimum altitude hat auch das Gewicht. Wie wir bereits aus den Ausführungen zur SAR wissen (siehe Abb. 13.15) nimmt diese mit zunehmendem Gewicht ab. In Relation zur Flughöhe ergibt sich folgendes Diagramm:

Abb. 12.20 Optimum Altitude als Funktion von SAR und Druckhöhe

Bei einem höheren Gewicht und konstanter Geschwindigkeit muss mit größerem Anstellwinkel geflogen werden. Der Anstellwinkel für ein optimales Auftrieb/Widerstandsverhältnis wird folglich schon in geringerer Höhe erreicht. Aus Abb. 12.20 kann man die optimum altitude Kurve im Verhältnis von Gewicht und Flughöhe darstellen und den Einfluss der Geschwindigkeit aufzeigen. Wandelt man diese Abbildung etwas um, ergibt sich Abb. 12.21.

12.6 Optimum Altitude

275

Abb. 12.21 Optimum Altitude als Funktion von Gewicht und Druckhöhe

Wichtig ist an dieser Stelle abermals der Hinweis, dass es sich hierbei um die theoretische Situation bei Windstille handelt. Bezüglich der Geschwindigkeit über Grund, d. h. unter Berücksichtigung von Wind, kann die optimum altitude auch wesentlich tiefer liegen, als angenommen. Es kann vorkommen, dass die optimum altitude gar nicht erreicht werden kann, da sie durch die maximum cruise altitude begrenzt wird. Dies ist z. B. denkbar, wenn das Flugzeug voll beladen ist und ungünstige atmosphärische Bedingungen herrschen (z. B. heißer Tag). Informationen zur optimum und maximum altitude sind in aller Regel in den einschlägigen Flughandbüchern der Fluggesellschaften zu finden und in der Regel unterteilt in Entfernungen bis ca. 350 NM darüber. Ermittlung der maximum und optimum altitude

Abb. 12.22 zeigt den optimum und maximum altitude graph der Airbus A320-Familie für eine Geschwindigkeit von M.78 und für long range cruise. Das Beispiel zeigt die maximum und optimum altitude für ein Gewicht von 69 t, einer Temperaturen von OAT ” ISA+15 bzw. OAT ” + 10 und

einer Geschwindigkeit von M.78.

Aus der Abbildung ergibt sich eine optimum altitude von 35.500 ft und eine maximim altitude von 37.000 ft.

276

12 Der Reiseflug

Abb. 12.22 Optimum und Maximum Altitude (© Airbus)

Diese Höhen sind allerdings noch um sogenannte bleed corrections zu korrigieren. Diese sind durchzuführen, wenn z. B. die Enteisungsanlage des Flugzeugs betrieben wird.

12.6 Optimum Altitude

277

Abb. 12.23 Bleed Correction zur Optimum und Maximum Altitude Ermittlung (© Airbus)

Wird ein Flug nicht in der optimum altitude durchgeführt (sog. offoptimum cruise flight) muss der dadurch verursachte Mehrverbrauch an Treibstoff berücksichtigt werden. Die notwendigen Informationen werden in der Regel ebenfalls in Form einer Tabelle zur Verfügung gestellt: Zur Ermittlung der optimum altitude auf kurzen Flugstrecken von bis zu maximal ca. 350 NM wird in der Regel ein separater Graph zur Verfügung gestellt. Je nach Hersteller werden diese Informationen auch in Form einer Tabelle geliefert. Abb. 12.24 zeigt den short distance graph der A320-Familie. Zu beachten ist hier, dass mit dem voraussichtlichen Landegewicht in den Graphen eingegangen wird. Für ein Landegewicht von 64 t und einer Entfernung von 250 NM ergibt sich eine optimale Flughöhe von 35.000 ft. Bei der Nutzung solcher Graphen ist es generell immer wichtig, die Prämissen und Geltungsbereiche zu beachten und entsprechende Korrekturen durchzuführen.

278

12 Der Reiseflug

Abb. 12.24 Optimum Altitude für Kurzstrecken (© Airbus)

12.6 Optimum Altitude

279

Hat man auf einem längeren Flug die optimum altitude erreicht, steigt diese jedoch durch das aufgrund des Treibstoffverbrauchs leichter werdende Flugzeug kontinuierlich an. Ein ständiges Beibehalten der optimum altitude würde bedeuten, dass sich das Flugzeug in einem konstanten Steigflug befinden würde. Dies ist natürlich nicht praxisgerecht. Es gilt daher, sich ständig der optimum altitude anzunähern. Um diese Notwendigkeit deutlich zu machen, wandeln wir Abb. 12.21 etwas ab und hinterlegen ein beispielhaftes Flugprofil.

Abb. 12.25 Änderung der Optimum Altitude und Flugprofil (nach Radnoti 2002)

Nachdem die optimum altitude nach dem ersten Steigflug überschossen wird, steigt diese im Verlauf des Reiseflugs an, so dass wir bei diesem Flug eine ganz Zeit lang „zu tief“ fliegen würden. Erst ein sogenannter step climb würde das Flugzeug wieder in die Nähe der optimum altitude bringen. Ein solcher step climb ist auch dann einzuplanen, wenn ein Flugzeug gewichtsbedingt nicht gleich die optimum altitude erreichen kann. Das optimale Gewicht zur Bewältigung eines 4000 ft step climbs kann aus Abb. 12.26 ermittelt werden. Auch diese Abbildung ist Teil der Flugunterlagen der Besatzung.

Abb. 12.26 Optimum Weight for 4000 ft Step Climb (© Airbus)

280

12 Der Reiseflug

12.7 Stabilität der Geschwindigkeit Während des Fluges kommt es immer wieder zu Störungen in Form von Turbulenzen und Böen, die das Flugzeug kurzzeitig beschleunigen oder verzögern lassen. Nehmen wir an, ein Flugzeug fliege mit einer konstanten Geschwindigkeit von 440 kt TAS im Reiseflug. Der verfügbare Schub (charakterisiert durch die aktuelle Schubhebelstellung) und der benötigte Schub (Schnittpunkt der 440 kt-TAS-Linie mit der Schwebeschubkurve) stimmen überein (thrust required = thrust available). Nun wird das Flugzeug turbulenzbedingt um 'TAS beschleunigt. Augenblicklich entsteht ein Schubmangel, der die Geschwindigkeit wieder zurückführt. Bei einer Verzögerung verhält es sich umgekehrt. Der kurzfristig vorhandene Schubüberschuss beschleunigt das Flugzeug wieder zur Ausgangsgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit befindet sich folglich im Gleichgewicht, bzw. in einem stabilen Zustand.

Abb. 12.27 Stabilität der Geschwindigkeit

12.7 Stabilität der Geschwindigkeit

281

Würde man obiges Beispiel mit einer niedrigeren Geschwindigkeit darstellen, würde sich der Schnittpunkt der TA- und TR-Kurve immer weiter Richtung Kurvenminimum bewegen. Der Schnittwinkel zwischen beiden Kurven würde dabei immer kleiner werden, bis er am Kurvenminimum minimal ist. Daraus folgt, dass die Rückführungskräfte umso höher sind, desto größer der Schnittwinkel zwischen TA und TR ist. Die Stabilität der Geschwindigkeit nimmt mit steigender Geschwindigkeit zu. Links des Kurvenminimums verhält es sich umgekehrt. Fliegt das Flugzeug beispielsweise mit einer TAS von 180 kt und erfährt eine Verzögerung, führt der kurzfristig auftretende Schubmangel zu einem weiteren Geschwindigkeitsverlust. Eine Rückführung zum Sollwert findet nicht mehr statt. Bei einer Beschleunigung gilt dies ebenso. Der Schubüberschuss führt zu einer steten Geschwindigkeitszunahme. In dieser Region befindet sich das Flugzeug in einem labilen Zustand. Man nennt diese Region auch „the backside of the powercurve“. Der Schnittpunkt der TA-Linie mit dem Kurvenminimum ergibt ein neutrales Verhalten. Den Zustand nennt man indifferent, da kleine Geschwindigkeitsänderungen keine wirksamen Schubänderungen hervorrufen. Daher tritt auch keine Rückführung zur Ausgangsgeschwindigkeit auf. Je nach Verlauf der TA-Linie liegt der Punkt für neutrales Verhalten etwas oberhalb der min. drag speed. Mit Veränderung der Schwebeschubkurve, z. B durch Änderung von Gewicht, Flughöhe oder Konfiguartion, verändert sich auch die Lage des neutralen Punktes. Während der Reiseflug im stabilen Geschwindigkeitsbereich erfolgt, wird eine Warteschleife häufig mit der minimum drag speed geflogen. Beim Start und im Anflug sind die entsprechenden Geschwindigkeiten V2 und Vref ebenfalls in aller Regel im labilen Bereich. Dieser Umstand ist allerdings dann unkritisch, solange noch ein Schubpotential besteht. Da die TA-Kurve in diesem Fall nur die Schubhebelstellung darstellt, kann das Flugzeug jederzeit wieder durch „Gas geben“ beschleunigt werden und auf die stabile Seite kommen. Kritisch wird es dann, wenn sich das Flugzeug im labilen Bereich befindet, die Schubhebel aber am Maximum stehen. Mit anderen Worten: Es steht absolut gesehen kein weiterer Schub mehr zur Verfügung und das Flugzeug fliegt auf der backside of the powercurve. In einem solchen Fall, kann nur noch ein sofortiger Sinkflug einen Geschwindigkeitszuwachs bringen und das Flugzeug auf die „stabile Seite“ bringen.

282

12 Der Reiseflug

12.8 Reiseflugverfahren Bei der Flugplanung ist die Wahl des Reiseflugverfahrens ein wichtiger Planungsparameter. Als Reiseflugverfahren unterscheidet man x x x x

Maximum Range Cruise Long Range Cruise Constant Speed/Mach Cruise Minimum Cost Cruise

12.8.1 Maximum Range Cruise

Das Reiseflugverfahren maximum range cruise ist das Flugverfahren, das die größte Reichweite liefert. Dieses Verfahren garantiert den geringsten Treibstoffverbrauch. Diesen Vorteil „erkauft“ man sich allerdings durch eine relativ geringe Geschwindigkeit und damit eine lange Flugzeit. Max. Range entspricht somit auch der größten Reichweite, die ein Flugzeug mit einer gegebenen Treibstoffmenge zurücklegen kann. Während des Reisefluges verringert sich das Flugzeuggewicht kontinuierlich durch den verbrauchten Kraftstoff. Bei gleichbleibender Flughöhe erhöht sich dadurch die spezifische Reichweite, wobei die zugehörige Geschwindigkeit als Machzahl für die größte Reichweite kontinuierlich abnimmt. Bei zunehmender Flughöhe kann der umgekehrte Effekt beobachtet werden. Die Machzahl nimmt zu. 12.8.2 Long Range Cruise

Beim Long Range Cruise Verfahren wird 1 % der spezifischen Reichweite aufgegeben, um dafür etwas schneller zu fliegen als bei max. range cruise. Informationen zum Long Range Cruise findet man in den entsprechenden Flughandbüchern.

12.8 Reiseflugverfahren

283

12.8.3 Constant Speed/Mach Cruise

Dieses Flugverfahren ist ein häufig verwendetes Verfahren, da es einfach zu handhaben ist. Dabei wird vom Flugzeughersteller eine bestimmte Geschwindigkeit empfohlen, die der Geschwindigkeit für die geringsten Gesamtkosten (minimum cost speed) am nächsten kommt. In der Regel ist dies bei Strahlverkehrsflugzeugen eine bestimmte Machzahl. Daher wird dieses Verfahren auch häufig constant mach genannt.

Abb. 12.28 Cruise Tabel für M.78 (© Airbus)

284

12 Der Reiseflug

Im praktischen Flugbetrieb wird mit der Geschwindigkeit auch die Höhe für eine gewisse Streckenlänge beibehalten. Betrachtet man ein solches Segment bei gleichbleibender Flughöhe und abnehmendem Gewicht muss sich bei konstanter Geschwindigkeit der Anstellwinkel ändern. Er wird analog dem abnehmenden Gewicht kleiner, um das Verhältnis aus Gewicht zu Auftrieb konstant zu halten. 12.8.4 Minimum Cost Cruise

Der minimum cost cruise ist das wirtschaftlichste Flugverfahren und ergibt sich aus den geringsten Gesamtkosten eines Fluges. Basis des minimum cost cruise ist ein Cost Index als Verhältnis von marginalen Zeitkosten zu Treibstoffkosten. Auf Basis dieses Cost Index wird dann die sogenannte econ speed ermittelt. Das Besondere an diesem Verfahren ist die Tatsache, dass sich die econ speed mit der Zeit durch den Treibstoffverbrauch ändert. Flugzeuge mit einem automatischen Schubsystem und einer entsprechenden Funktionalität im Flight Management System (FMS) können einen konstanten Cost Index fliegen. Das FMS regelt die dazugehörige Geschwindigkeit automatisch nach.

12.9 Integrated Range and Time 12.9.1 Einführung

Das Integrated Range Konzept beruht auf SAR-Daten und erleichtert Flugplanungsberechnung sowohl vor, als auch während dem Flug. Zur Erläuterung zeichnen wir in die SAR-Kurven eine konstante Geschwindigkeit ein.

12.9 Integrated Range and Time

285

Abb. 12.29 Integrated Range

Nun ergeben sich auf dieser Geschwindigkeitslinie Gewichtsintervalle mit einer mittleren spezifischen Reichweite (SARm). Die Abbildung zeigt beispielhaft eine SARm für ein Gewicht von 60.000 kg innerhalb eines bestimmten Gewichtsintervalls (z. B. 52.000 kg und 68.000 kg). Da die Gewichtsabnahme 'W der Verbrennung von Treibstoff entspricht, kann man die SAR Gleichung wie folgt umformen und erhält die Gleichung für die mittlere spezifische Reichweite. 'SAD 'W

SARm

(12.52)

Umstellen der Gleichung nach 'SAD ergibt die Flugstrecke (SAD), die mit einer bestimmten Treibstoffmenge ('W) geflogen werden kann.

'SAD

SARm ˜ 'W

(12.53)

Durch Integration der Gl. (12.53) erhält man die Wegstrecke 'SAD1,2 für das Anfangsgewicht W1 und das Endgewicht W2, , wobei W1 > W2 ist. 'SAD

W2

³

W1

SARm ˜ dW

(12.54)

286

12 Der Reiseflug

Mit Hilfe von Gl. (12.54) erhält man die Intergrated Range Kurve aus Abb. 12.30.

Abb. 12.30 Integrated Range Kurve

Würde man nun noch ein weiteres Gewichtsintervall W3 berücksichtigen, ergäbe sich für die Gesamtstrecke folgende Gleichung (Padilla 1996): 'SAD1,3

W3

³

W2

SARm ˜ dW

³

W1

SARm ˜ dW 

W1

W3

³

SARm ˜ dW

(12.55)

W2

Mit Hilfe der Integrated Range Kurve bzw. der Gleichung lässt sich für jegliche Wegstrecke die notwendige Treibstoffmenge bestimmten. In der Regel ist die Integrated Range Kurve in Form von Tabellen in den entsprechenden Flugbetriebshandbüchern zu finden. Analog der Integrated Range basiert die Integrated Time auf denselben Lösungsansätzen und ergibt sich durch die Kombination der beiden Gl. (13.41) und (13.42). Löst man die Kombination beider Gleichungen nach dt auf und integriert über das Gewicht ergibt sich: 't

W2



³

W1

SARm dW TAS

(12.56)

Aus dieser Gleichung können die für eine Integrated Time Tabelle notwendigen Zeitdifferenzen errechnet werden.

12.9 Integrated Range and Time

287

12.9.2 Anwendung von integrated range im Flugbetrieb

Integrated Range Tabellen werden von den Herstellern in den entsprechenden Flughandbüchern veröffentlicht. Beim Canadair Jet von Bombardier werden die Daten im sogenannten Flight Planning and Cruise Control Manual veröffentlicht. Dort findet man intergrated range daten für die Geschwindigkeiten M0.74, M0.77 und M0.80 und LRC für Reiseflughöhen von 25.000 bis 41.000 ft. Die Bombardier Daten enthalten neben der cruise distance in NAM auch die Zeit. Die Integrated Range Tabellen basieren auf dem Differenzenprinzip. Das heißt, dass die Differenz von beliebigen zwei NAM-Werten einer Gewichtsdifferenz in Form eines Treibstoffverbrauchs entspricht. Für unser folgendes Beispiel verwenden wir die Daten aus dem CAP 697 Flight Planning Manual der britischen Civil Aviation Authority (CAA)3. Vorgabe

Ein Flugzeug fliegt im Reiseflug bei einer Geschwindigkeit von M0.74 (entspricht einer TAS von 430 kt) in einer Flughöhe von 33.000 ft. Es herrschen ISA Bedingungen. Die folgenden beiden Sektoren sollten betrachtet werden: x Abschnitt A – B: 240 NGM, Windkomponente: -20 kt x Abschnitt B – C: 370 NGM, Windkomponente: -30 kt Schritt 1

Ermittlung der SAD SAD A B SADBC

§ 430 · 240 ˜ ¨ ¸ 252 NAM © 430  20 ¹ § 430 · 370 ˜ ¨ ¸ 398 NAM © 430  30 ¹

Schritt 2

1) Auswählen der geeigneten Integrated Range Tabelle. In unserem Fall wählen wir die Seite für 33.000 ft und M 0.74.

3

http://www.caa.co.uk/application.aspx?catid=33&pagetype=65&appid=11

288

12 Der Reiseflug

Abb. 12.31 Beispielhafte Integrated Range Tabelle (CAP 697 © by Civil Aviation Authority)

2) Eingang in die Tabelle mit dem aktuellen Flugzeuggewicht von 53.500 kg: Wir entnehmen einen cruise distance Wert von 3796 NAM. 3) Von diesem Wert ziehen wir nun die Distanz (SAD) des 1. Abschnitts ab und erhalten damit einen neuen cruise distance Wert. 3.796 NAM – 252 NAM = 3.544 NAM 4) Mit diesem neuen Wert gehen wir wieder in die Tabelle und suchen das korrespondierende Gewicht. Das dem Wert am nächsten kommende Gewicht beträgt 52.100 kg (bei 3.536 NAM) Subtrahiert man nun dieses Gewicht von dem ursprünglichen Ausgangsgewicht erhalten wir den benötigten Treibstoff für den Abschnitt A – B. 53.500 kg - 52.100 kg = 1.400 kg

12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall

289

Für den zweiten Abschnitt wird das Verfahren wiederholt. 5) Subtraktion der SADB-C von der unter Punkt 4) ermittelten cruise distance. 3.544 NAM – 396 NAM = 3.146 NAM 6) Ermittlung des korrespondierenden Gewichts analog Punkt 4. Dies sind 50.000 kg. Subtraktion des Gewichts aus Punkt 6 von dem Ausgangsgewicht (aus Punkt 4). 52.100 kg – 50.000 kg = 2.100 kg Für den Streckenabschnitt B-C werden 2.100 kg Treibstoff benötigt. Zusammengefasst wird für den Streckenabschnitt von A nach C insgesamt 3.500 kg Treibstoff benötigt.

12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall 12.10.1 Einführung

Fällt im Reiseflug ein Triebwerk aus, verliert ein Flugzeug - je nach Motorisierung – bis zu 50% seiner verfügbaren Leistung. Dies kann darin resultieren, dass die bisherige Reiseflughöhe nicht beibehalten werden kann. Die Abb. 12.31 zeigt die Situation eines Flugzeuges im Reiseflug. Alle Triebwerke laufen.

Abb. 12.32 Schubkurve All Engines Operating in 35.000 ft

290

12 Der Reiseflug

Die TA-Kurve repräsentiert eine bestimmte Schubhebelstellung in einer bestimmten Flughöhe, die in dieser Stellung einen bestimmten Schub liefert. Im Schnittpunkt der TR- und TA-Kurven ergibt sich die aktuelle Geschwindigkeit für den unbeschleunigten Horizontalflug (TASactual). Abb. 12.32 zeigt die Verhältnisse nach dem Ausfall eines Triebwerks. Die gestrichelte Linie stellt nun den verfügbaren Schub dar. Aufgrund des Wegfalls eines Triebwerks verschiebt sich die TA-Kurve nach unten. Es existiert kein Schnittpunkt mehr. Das Flugzeug kann die Höhe nicht mehr halten. Wie also können die beiden Kurven wieder in Übereinstimmung gebracht werden?

Abb. 12.33 Schwebeschubkurve One Engine Inoperative in 35.000 ft

Hierzu gibt es zwei Maßnahmen: x Durch das Setzen von maximum continous thrust wird die TA-Kurve wieder angehoben (Veränderung der Schubhebelstellung zu mehr Schub auf dem verbleibenden Triebwerk). x Durch die Wahl einer niedrigeren Flughöhe (driftdown ceiling) verschiebt sich die TR-Kurve nach unten, so dass sich beide Kurven wieder treffen.

12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall

291

Abb. 12.34 Schubkurve nach Setzen von MCT und Sinkflug auf driftdown ceiling

Befindet sich das Flugzeug nun über Hindernissen (z. B. einem Bergmassiv) mit hohen Mindestsicherheitshöhen, muss es in der Lage sein, diese Hindernisse mit einem bestimmten Sicherheitsabstand zu überfliegen. Der Sinkflug muss also in diesem Fall besonders flach sein. Das Sinkflugverfahren heißt in der Fachterminologie driftdown procedure. Ein anderes denkbares Szenario wäre der Triebwerksausfall während dem Steigflug. In diesem Fall muss das Flugzeug noch eine bestimmte Mindestsicherheitshöhe erreichen. 12.10.2 Gesetzliche Vorgaben

Der Gesetzgeber definiert in den EASA CS 25.123 En-route flight paths die gesetzmäßige Flugbahn und in der JAR-OPS 1.500 und 1.505 die Anforderungen an die Hindernisfreiheit. Die CS 25.123 Subpart B unterscheiden zwischen dem sogenannten Bruttoflugbahn (gross drifdown flight path, GDFP) und der Nettoflugbahn (net drifdown flight path, NDFP). Der GDFP ist der Flugweg, den das Flugzeug tatsächlich nach einem Triebwerksausfall fliegen kann. Der Flugzeughersteller wird durch die CS 25.123 verpflichtet, dem Betreiber die notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen. Dabei muss der Flugweg unter Berücksichtigung der folgenden Prämissen berechnet werden:

292

12 Der Reiseflug

x Unvorteilhafteste Schwerpunktlage x Ausfall des kritischen Triebwerks x Verbleibende Triebwerke werden mit MCT betrieben. Der NDFP entspricht dem GDFP abzüglich einer gesetzlich vorgeschriebenen prozentualen Minderung des Gradienten. Die Höhe der Minderung richtet sich zum einen nach der Anzahl der Triebwerke und für drei- bzw. viermotorige Flugzeuge auch nach der Anzahl der ausgefallenen Triebwerke. Zusammenfassen können die Vorschriften der CS 25.123 (b) und (c) in folgender Tabelle dargestellt werden. Tabelle 12.1 Gradientminderung nach CS 25.123 (b) und (c) 2-motorig 3-motorig 4-motorig ein ausgefallenes Triebwerk 1,1% 1,4% 1,6% zwei ausgefallene Triebwerke n/a 0,3% 0,5%

12.10.3 Hindernisfreiheit im Reiseflug

Der Luftfahrtunternehmer ist gem. JAR-OPS 1.500 (Berücksichtigung eines ausgefallenen Triebwerks) bzw. 1.505 (Berücksichtigung des Ausfalls von zwei Triebwerken bei Flugzeugen mit mehr als zwei Triebwerken) für die laterale und vertikale Hindernisfreiheit bei Ausfall eines oder mehrerer Triebwerke verantwortlich. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, müssen speziell für kritische Flugwege über hohes Terrain detaillierte Routenstudien anhand von topografischen Karten durchgeführt werden. Dabei werden alle Hindernisse, die innerhalb der zu berücksichtigenden lateralen Grenzen liegen, über den Flugweg aufgetragen.

Abb. 12.35 Routenstudie

12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall

293

Gemäß AMC 1.500 Abs. 3 können alternativ zur Routenstudie mit topografischen Karten auch die Mindestflughöhen Minimum Enroute Altitude (MEA) oder die Minimum Off Route Altitude (MORA) verwendet werden. Dies vereinfacht die Flugplanungsarbeit erheblich, kann aber andererseits zu Flugleistungseinschränkungen durch einen zu hohen Konservatismus führen. x Laterale Hindernisfreiheit Der laterale Korridor, innerhalb dessen die Hindernisse zu berücksichtigen sind, beträgt 5 NM bzw. 9,3 km. Für den Fall, dass eine gewisse Navigationsgenauigkeit nicht eingehalten werden kann, steigt dieser Wert auf 10 NM bzw. 18,6 km an. Innerhalb dieses Korridors muss das Flugzeug in der Lage sein, alle Hindernisse zu überfliegen (s. Abb. 13.35).

Abb. 12.36 Hinderniskorridor

x Vertikale Hindernisfreiheit Die vertikale Hindernisfreiheit entspricht der Differenz zwischen dem Hindernis und der Nettoflugbahn (NDFP). Bei der Berechnung des NDFP müssen die aktuellen Bedingungen, wie Wind und Temperatur, berücksichtigt werden. Möglicherweise wird auch die Enteisungsanlage benötigt, was sich negativ auf das Leistungsvermögen auswirkt. JAR-OPS 1.500 (a) Der Luftfahrtunternehmer hat sicherzustellen, dass die mit den Angaben im Flughandbuch ermittelte Nettoflugbahn mit einem ausgefallenen Triebwerk im Reiseflug unter den für den Flug zu erwartenden Wetterbedingungen an allen Punkten der Flugstrecke die Bestimmungen des Absatzes (b) oder (c) erfüllt. Die Nettoflugbahn muss in 1500 ft Höhe über dem Flugplatz, auf dem nach Ausfall eines Triebwerkes gelandet werden soll, eine positive Neigung aufweisen. Müssen aufgrund der Wetterbedingungen Vereisungsschutzeinrichtungen betrieben werden, ist deren Einfluss auf die Nettoflugbahn zu berücksichtigen.

294

12 Der Reiseflug

Demnach müssen entweder die Vorschriften im Absatz (b) oder (c) erfüllt werden und darüber hinaus muss das Flugzeug in der Lage sein, in 1500 ft über dem Ausweichflughafen einen positiven Steiggradienten zu erzielen. JAR-OPS 1.500 (b) Die Nettoflugbahn muss in einer Höhe von mindestens 1000 ft über allen Bodenerhebungen und Hindernissen innerhalb eines Abstandes von 9,3 km (5 NM) beiderseits des beabsichtigten Flugweges eine positive Neigung haben.

Nachdem der Luftfahrtunternehmer mit Hilfe der vorgenannten Routenstudien die Hindernishöhen ermittelt hat, muss er nun feststellen, ob die Hindernisse mit einem positiven Net Climb Gradient und einer Sicherheitsmarge von 1000 ft überflogen werden können. Für den Fall des Steigfluges, kann man dies mit Hilfe der im AFM veröffentlichten Steigleistungsdaten überprüfen. In der Praxis wird für die Überprüfung zuerst ein konservativ hohes Gewicht angenommen (z. B. das MTOM). Kann mit diesem Gewicht in der Mindesthöhe (höchstes Hindernis + 1000 ft) noch ein positiver Steiggradient erreicht werden, gilt die Vorschrift als erfüllt. Für den Fall des Sinkfluges kann ebenfalls eine schnelle Überprüfung erfolgen, indem für ein konservatives Gewicht die driftdown altitude (auch häufig stabilizing altitude genannt) ermittelt wird. Anschließend wird untersucht, ob in dieser Höhe noch ein positiver Steiggradient möglich ist. Ist der Steiggradient bei den jeweiligen Verfahren negativ, muss das Gewicht so lange gesenkt werden, bis ein positiver Steiggradient erreicht wird.

Abb. 12.37 JAR-OPS 1.500 (b)

12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall

295

Falls die vorgenannte Vorschrift nicht eingehalten werden kann, oder falls das Gewicht zu stark eingeschränkt werden muss, ist alternativ ein driftdown Verfahren gemäß dem folgenden Abschnitt zu entwickeln. JAR-OPS 1.500 (c) Die Nettoflugbahn muss die Fortsetzung des Fluges aus der Reiseflughöhe bis zu einem Flugplatz ermöglichen, auf dem eine Landung nach den anzuwendenden Bestimmungen von JAR-OPS 1.515 oder 1.520 ausgeführt werden kann; sie muss zu allen Bodenerhebungen und Hindernissen innerhalb eines Abstandes von 9,3 km (5 NM) beiderseits des beabsichtigten Flugweges einen senkrechten Mindestabstand von 2000 ft aufweisen.

Dieses Verfahren ist auch als driftdown procedure bekannt, da die Hindernisse in einem kontinuierlichen Sinkflug überflogen werden.

Abb. 12.38 JAR-OPS 1.500 (c) Driftdown Verfahren

Dieses Verfahren soll sicherstellen, dass ein Flugzeug im Falle eines Triebwerkausfalls jederzeit in der Lage ist, einen Sinkflug einzuleiten und dabei Hindernisse noch mit einem Sicherheitsabstand von 2000 ft zu überfliegen. Die in der Literatur (Airbus 2002) auch als escape procedures bekannten, zur Verfügung stehenden Driftdown-Optionen sind: x umkehren (turn back), x ausweichen (divert) oder x weiterfliegen (continue).

296

12 Der Reiseflug

Bei der jeweiligen Verfahrensgestaltung muss der Ausfall des Triebwerks am kritischsten Punkt (critical point) angenommen werden. Dieser Punkt ergibt sich aus dem Schnittpunkt der beiden Driftdown-Flugwege für „weiterfliegen“ und „umkehren“ bzw. „ausweichen“. Per Definition ist der critical point der Punkt, an dem noch unter Berücksichtigung der Hindernisfreiheit umgekehrt werden kann. x Triebwerksausfall vor dem critical point: umkehren. x Triebwerksausfall nach dem critical point: weiterfliegen. Die vertikale Lage des critical points definiert gleichzeitig auch die Mindestreiseflughöhe. Die laterale Lage des critical points ist von der Hindernissituation abhängig und verschiebt sich durch eine vorhandene Windkomponente. Bei einer Rückenwindkomponente verschiebt er sich entgegen der Flugrichtung, bei Gegenwind verschiebt er sich in Flugrichtung.

Abb. 12.39 Mindestreiseflughöhe und critical point

In der Praxis kommt es jedoch selten vor, dass das Flugzeug in der Mindestreiseflughöhe fliegt. Dadurch ergeben sich die zwei neuen Schnittpunkte A und B, die wie folgt definiert werden können (Airbus 2002): x A = no-return point Ein Umkehren nach Überflug dieses Punktes ist nicht möglich. Die Hindernisfreiheit von 2000 ft (gegenüber dem Nettoflugweg) kann nicht eingehalten werden. x B = continuing point Ein Weiterflug nach passieren dieses Punktes ist möglich. Die Hindernisfreiheit ist sichergestellt.

12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall

297

Das Flugzeug fliegt über der Mindestreiseflughöhe

In diesem Fall liegt der Punkt A hinter Punkt B. Das Flugzeug überfliegt somit den continuing point zuerst. Dadurch ergeben sich folgende Verfahren hinsichtlich der Zeitpunkts des Triebwerksausfalls: x Triebwerksaufall vor Punkt B: umkehren Beim Weiterflug (im driftdown) könnte die Hindernisfreiheit nicht sichergestellt werden, da zu früh mit dem Sinkflug begonnen wird. x Triebwerksaufall zwischen Punkt B und Punkt A: umkehren oder weiterfliegen. x Triebwerksaufall nach Punkt A: weiterfliegen Beim Umkehren wäre im driftdown die Hindernisfreiheit nicht sichergestellt, da das Flugzeug schon „zu weit“ im Hindernisbereich fliegt.

Abb. 12.40 Driftdown: continuing point liegt vor no-return point Das Flugzeug fliegt unter der Mindestreiseflughöhe

In diesem Fall liegt der Punkt A vor Punkt B, was zu folgenden Verfahren führt: x Triebwerksaufall vor Punkt A: umkehren x Triebwerksaufall zwischen Punkt A und Punkt B: ausweichen. Das Ausweichverfahren muss ebenfalls die Hindernisfreiheit sicherstellen und führt zu einem Ausweichflughafen, der möglicherweise nicht auf der direkten Route liegt. Kann dies nicht erfüllt werden, muss das Startgewicht entsprechend reduziert werden.

298

12 Der Reiseflug

x Triebwerksaufall nach Punkt B: weiterfliegen

Abb. 12.41 Driftdown: no-return point liegt vor continuing point

12.10.4 Anwendung und Darstellung von Driftdown-Daten

Die Darstellung von flugbetrieblichen Informationen zum DriftdownVerfahren in den Flugzeughandbüchern variiert, von Hersteller zu Hersteller. Für das folgende Beispiel werden die generischen Daten aus dem CAP 697 der britischen Civil Aviation Authority verwendet. Diese Darstellung entspricht beispielsweise auch derer für die B757-200. Nach dem Triebwerksausfall müssen zunächst alle notwendigen Notfallverfahren abgearbeitet werden. In der Regel umfassen die Notverfahren auch das setzen von maximum continous thrust. Der entsprechende Wert ist bei modernen Verkehrsflugzeugen in der Regel im FMS abzulesen. Wenn das Flugzeug die aktuelle Reiseflughöhe nicht halten kann, wird das Driftdown Verfahren angewendet. Hierzu muss zuerst auf die entsprechende Driftdown Geschwindigkeit verzögert werden. Diese wird mit Hilfe der nachstehenden Tabelle ermittelt. Bei einem beispielhaften Gewicht von 60 t und ISA Bedingungen ergibt sich eine driftdown speed von 228 KIAS.

12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall

299

Abb. 12.42 Optimum Driftdown Speed und Gross Level Off Altitude (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)

Sobald die Driftdown-Geschwindigkeit erreicht wurde, wird mit dem Sinkflug begonnen. Hierzu empfiehlt sich (ja nach Flugzeugtyp) die Nutzung des sogenannten Speed Mode des Autopiloten. Dabei wird eine vorgewählte Geschwindigkeit eingehalten. Die Kombination aus maximum continous thrust auf dem verbleibenden Triebwerk und der driftdown speed resultiert dann in einer entsprechend flachen Flugbahn. Die level-off altitude wird ebenfalls der Abb. 12.41 entnommen. In unserem Fall liegt sie bei 19.200 ft. Dabei handelt es sich um die sogenannte gross level-off altitude. Also die tatsächliche Höhe. In der Praxis würde man dann FL 190 vorwählen, vorausgesetzt die Hindernisfreiheit ist sichergestellt. Wie wir bereits wissen, kann die gross altitude nicht für Flugplanungsaufgaben herangezogen werden. Hierzu benötigen wir die net level-off altitude, die um die Gradientenminderung verminderte Höhe. Sie kann mit der Grafik in Abb. 12.42 bestimmt werden. Beispiel: x Druckhöhe des Hindernisses: 17.200 ft. x Relevante Höhe: 18.200 ft (17.200 ft Hindernishöhe + 1000 ft Hindernisfreiheit. x Außentemperatur: ISA +20°C x Klimaanlage: auto (high)4

4

Bei dem Beispielflugzeug, das dem Graphen zugrunde liegt, ist die Klimaanlage ab einer Höhe von 17.000 ft die Klimaanlage im auto (high) mode, darunter off.

300

12 Der Reiseflug

x Enteisung: ENG & WING ANTI-ICE ON Die Abbildung ergibt zunächst Gewicht von 47.800 kg. Dieser Wert ist noch um die bleed configuration zu korrigieren: Gross Weight lt. Graph: ./. Anti-Ice Korrektur Maximales Gross Weight:

47.800 kg 5.650 kg 42.150 kg

Abb. 12.43 Net Level-Off Altitude (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)

Weitere Informationen zum Driftdown Verfahren liefern sogenannte Driftdown Profile Graphen, die sich auf den net flight path beziehen und Wird sie unter 17.000 ft im auto mode betrieben, ist ein Gewichtsabschlag anzubringen.

12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall

301

somit ebenfalls Planungsdaten sind. Sie liegen für verschiedene Flughöhen vor und ermöglichen die Ermittlung folgender Werte: x Entfernung über Grund vom Punkt des Triebwerksausfalls bis zur leveloff altitude. x Benötigter Treibstoff während des Sinkflugs x Benötigte Zeit vom Zeitpunkt des Triebwerksausfalls bis zur level-off altitude. Vor Nutzung des Hauptgraphen, muss das Gross Weight hinsichtlich bleed setting, air conditioning (A/C) und ISA Abweichung korrigiert werden. Als Ergebnis erhält man ein equivalent gross weight at engine failure. Beispiel (siehe Abb. 13.43):

x x x x x x

Reiseflughöhe: 37.000 ft Gross Weight 42.000 kg Hindernishöhe: 22.800 ft ISA Abweichung +20°C Windkomponente 50 kt Gegenwind Keine Enteisung, A/C Auto (high)

Lösung

x Es sind keine Gewichtskorrekturen notwendig. x Ermittlung des equivalent gross weight at engine failure. Hierzu wird die kleine Tabelle im rechten oberen Eck verwendet. Nach dem Eingang mit dem gross weight von 42.000 kg auf der linken Seite wandert man entlang der Kurven ganz nach rechts (+20°C). Das so ermittelte Gewicht beträgt 45.000 kg. x Eingang in die X-Achse mit der korrigierten Hindernisdruckhöhe von 24.800 ft (22.800 ft + 2.000 ft). Von diesem Achsenabschnitt ziehen wir eine horizontale Linie bis zum Schnittpunkt mit der gross weight Linie für 45 t. An diesem Schnittpunkt kann nun der Treibstoffverbrauch abgelesen werden. Hierzu muss zwischen der 500 kg und 100 kg Linie interpoliert werden. Als Ergebnis erhalten wir 800 kg. x Um die Zeit zu ermitteln gehen wir an dem Schnittpunkt außerdem senkrecht nach unten und erhalten somit 27,5 Minuten. x Zur Ermittlung der zurückgelegten Distanz über Grund wird die vertikale Linie weitergezogen und anschließend der Wind berücksichtigt. Hierzu wird die Linie bis zur Referenzlinie im „Windfeld“ gezogen. Von dort wird dann wie in der Abbildung beispielhaft dargestellt, die Windkomponente berücksichtigt. Als Ergebnis erhält man eine zurückgelegte Strecke über Grund von 128 NM.

302

12 Der Reiseflug

Abb. 12.44 Driftdown Profile – Net Flight Path (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)

13 Der Sinkflug

13.1 Kräftebilanz am Flugzeug im Sinkflug Die Kräfte am Flugzeug im Sinkflug sind denen im Steigflug sehr ähnlich.

Abb. 13.1 Kräfte am Flugzeug im Sinkflug

Die Abbildung zeigt die vereinfachte Kräfteverteilung des Sinkflugs. Es gelten die Prämissen, die bereits im Rahmen des Steigflugs dargelegt wurden. Die Beibehaltung der Vorzeichen aus dem Steigflug ergibt für den Sinkflug identische Gleichungen wie bei Steigflug. Allerdings erhält man für den Sinkwinkel (auch Gleitwinkel genannt) und die Sinkrate (rate of descent, ROD) negative Vorzeichen. Ein weiteres negatives Vorzeichen kann sich auch für den Schub ergeben. Denn Triebwerke mit einem hohen

304

13 Der Sinkflug

Nebenstromverhältnis erzeugen im Leerlauf oder auch bei sehr geringen Leistungseinstellungen eher einen Widerstand, als eine Schubkraft. 13.1.1 Kräfte parallel zur Flugbahn Die Zerlegung der Kräfte parallel zur Flugbahn ergibt: ¦ FX : T  D  W sin J  ma

0

(13.1)

mit:

dV dt

(13.2)

T  D 1 dV  W g dt

(13.3)

ma



Auflösen nach sin J ergibt:

sin J

In der Abb. 14.1 haben wir bereits die Sinkrate definiert. ROD

dh V sin J dt

(13.4)

Zusammenführen von Gl. (13.3) und (13.4) ergibt:

sin J

V (T  D ) V dV  ˜ W g dt

(13.5)

Durch Umstellen erhält man: V ˜ (T  D) W Im nächsten Schritt wird Gleichung führt:

V ˜ (T  D) W

V dV dh ˜  g dt dt

(13.6)

dV dV dh ˜ durch ersetzt, was zu folgender dt dh dt

V dV dh dh ˜ ˜  g dh dt dt

dh § V dV · ¸ ˜ ¨1  ˜ dt ¨© g dh ¸¹

Auflösen nach der Sinkrate ROD ergibt dann:

(13.7)

13.2 Sinkwinkel und Sinkgradient

ROD

305

(13.8)

V (T  D) W § V dV · ¨¨1  ¸ g dh ¸¹ ©

Der im Nenner stehende Beschleunigungsfaktor ist bereits vom Steigflug her bekannt (siehe Tabelle 11.2) und diesem identisch. 13.1.2 Kräfte senkrecht zur Flugbahn

Die Zerlegung der Kräfte senkrecht zur Flugbahn1 ergibt: dJ · § ¦ FZ : L  W cos J  ¨  mV ¸ dt ¹ ©

0

(13.9)

Analog dem Steigflug in Gl. (11.3) und (11.4) vereinfacht sich Gl. (13.9) aufgrund der zu vernachlässigenden Beschleunigungskraft senkrecht zur Flugbahn zu: L

W cos J

(13.10)

Unter der Annahme kleiner Sinkwinkel kann für cos J = 1 angenommen werden (Linearisierung kleiner Winkel). Daraus ergibt sich: L

(13.11)

W

13.2 Sinkwinkel und Sinkgradient Vom Steigflug sind uns bereits die Begriffe des Gradienten und des Steigwinkels bekannt. Beim Sinkflug verhält es sich sehr ähnlich. Betrachtet man den unbeschleunigten Sinkflug (also den Gleitflug) kann der Schubanteil aus Gl. (11.9) vernachlässigt werden. Es ergibt sich somit:

J rad



D W

(13.12)

Durch Nutzung des bekannten Verhältnisses L/D kann Gl. (13.12) auch wie folgt dargestellt werden:

1

Alle Kräfte „nach oben“ sind positiv.

306

13 Der Sinkflug

J rad



1 L D

(13.13)

Durch Multiplikation mit 100 erhält man den Gradienten in %:

J%



100 L D

(13.14)

Dies bedeutet, dass bei gegebenem Gewicht der kleinste Sinkfluggradient bei der Geschwindigkeit für den kleinsten Widerstand erreicht wird. Dies ist der Fall, wenn das Verhältnis L/D am größten ist.

13.3 Geschwindigkeitspolare des Sinkfluges Die Geschwindigkeitspolare des Sinkfluges (nachstehend „Sinkflugpolare“ genannt) wird zur Verdeutlichung der Sinkrate, des Gleitwinkel und den entsprechenden Geschwindigkeiten herangezogen. Grundsätzlich ist die Abbildung schon aus dem Steigflug (Kapitel 11.5) bekannt. Das dort erwähnte hat auch für den Sinkflug grundsätzlich Gültigkeit.

13.3 Geschwindigkeitspolare des Sinkfluges

307

Abb. 13.2 Sinkflugpolare bei konstantem Gewicht, Temperatur und Flughöhe für strahlgetriebene Flugzeuge

308

13 Der Sinkflug

Aus den Winkelbeziehungen des Sinkflugs kann man ableiten: sin J

(13.15)

ROD TAS

Unter Berücksichtigung von Gl. (13.13) und der Vereinfachung für kleine Winkel (sin J ~ Jrad) kann man dafür auch schreiben: ROD TAS



(13.16)

1 L D

Umstellen nach der Sinkrate ergibt: ROD



TAS L D

oder

ROD

TAS

D W

(13.17)

Aus dieser Gleichung lässt sich ableiten, dass sich die geringste Sinkrate dann ergibt, wenn das Produkt aus TAS und Widerstand minimal wird. Mit Hilfe dieser Gleichung und der Beziehung cD/cL erhält man nun die Geschwindigkeitspolare für den Sinkflug.

Abb. 13.3 Geschwindigkeitspolare im Sinkflug

Besonders markant sind die beiden Punkte: §c · x ¨¨ D ¸¸ als Punkt für den besten Gleitwinkel und © cL ¹ min

§c 2 · x ¨¨ D3 ¸¸ als Punkt für die geringste Sinkrate. © cL ¹ min

13.4 Einflüsse auf die Sinkflugpolare

309

13.4 Einflüsse auf die Sinkflugpolare

13.4.1 Einfluss der Flughöhe

Die Flughöhe beeinflusst die Luftdichte und hat dadurch Einfluss auf die Geschwindigkeit für gleiche aerodynamische Punkte auf der Sinkflugpolaren. Der beste Gleitwinkel ändert sich durch eine Höhenänderung nicht, denn in die Gleichung (s. Gl. 13.3) gehen lediglich die Beiwerte für Auftrieb und Widerstand ein. Die Geschwindigkeit für den besten Gleitwinkel jedoch ändert sich durch die Änderung der Luftdichte. Sie wird kleiner bei einer Zunahme der Luftdichte. Dies ergibt sich durch folgende Zusammenhänge. Die TAS für eine niedrige Höhe (Index „tief“) bzw. eine hohe Flughöhe (Index „hoch“) ergibt sich durch Umstellen der Auftriebsgleichung.

TAS tief

2 ˜ mg U tief ˜ c A ˜ S

und TAS hoch

2 ˜ mg U hoch ˜ c A ˜ S

(13.18)

Unter der Annahme, dass die Faktoren mg, S und cA konstant sind, ergibt sich die folgende Gleichung: TAS hoch TAS tief

U tief U hoch

(13.19)

Demnach verschiebt sich die Sinkflugpolare bei einer Dichteabnahme entlang der Tangente des besten Gleitwinkels zur größeren TAS. Das heißt, dass in großen Flughöhen die TAS für bestes Gleiten anfänglich höher ist und dann kontinuierlich abnimmt.

310

13 Der Sinkflug

Abb. 13.4 Einfluss der Flughöhe

Durch die Verschiebung der Tangente wird die geringste Sinkrate bzw. die größte Reichweite in niedrigen Höhen kleiner. Aus Sicht des Piloten kann man mit der TAS nicht viel anfangen. Die TAS wird zwar im Cockpit angezeigt, geflogen wird allerdings nach IAS bzw. Mach. Solange man eine inkompressible Strömung annimmt, bleibt die IAS für einen bestimmten Gleitwinkel bei Dichteänderung konstant, denn ein konstanter Gleitwinkel resultiert in einem konstanten Auftrieb und Anstellwinkel. Anders verhält es sich bei kompressibler Strömung ab ca. M > 0,5. Hier wird die IAS für einen bestimmten Gleitwinkel mit abnehmender Flughöhe geringfügig kleiner. Wie wir bereits wissen, nimmt die TAS für einen konstanten Gleitwinkel mit sinkender Flughöhe etwas ab. Die Schallgeschwindigkeit nimmt dabei etwas zu. Daraus folgt, dass die Machzahl als Verhältnis von TAS zu a kleiner wird. Dies wiederum führt zu einer abnehmenden Kompressibilität nach folgender Beziehung: § 1 2· ¨1  M ¸ © 4 ¹

(13.20)

Die anfängliche IAS wird somit nach folgender Gleichung um diese Staudruckzunahme verringert. IAS

§ 1 · q ˜ ¨1  M 2 ¸ © 4 ¹

(13.21)

13.4 Einflüsse auf die Sinkflugpolare

311

Die folgende Abbildung zeigt die Änderung von Sinkrate und Sinkwinkel in Relation zur Flughöhe für das Sinkflugprofil „M0.82/300/250“2 eines Airbus A330 (Airbus 2002).

Abb. 13.5 Descent gradient und rate of descent gegen Flughöhe und TAS (© Airbus 2002)

13.4.2 Einfluss des Gewichts

Beim Gewicht verhält es sich mit dem Sinkwinkel wie bei der Höhenänderung. Es bleibt konstant, denn das Gewicht geht nicht in die Gleichung für den Sinkwinkel ein. Dies bedeutet für die Sinkflugpolare folgendes: Eine Gewichtsabnahme (z. B. durch Abnahme der Treibstoffmenge) bewirkt eine Verschiebung der Polare entlang der Tangente zu niedrigeren Geschwindigkeiten (TAS). Zum Nachweis dieser Behauptung stellen wir wieder die Auftriebsgleichung nach der TAS um, mit dem Index „1“ für ein niedriges Gewicht und dem Index „2“ für ein hohes Gewicht.

TAS1

2

2 ˜ mg 1 U ˜ cA ˜ S

und TAS 2

2 ˜ mg 2 U ˜ cA ˜ S

(13.22)

Sinkflug mit M0.82 bis zur crossover altitude, 300 kt IAS bis 10.000 ft, 250 KIAS unter 10.000 ft.

312

13 Der Sinkflug

Unter der Annahme, dass die Faktoren mg, S und cA konstant sind, ergibt sich die folgende Gleichung: TAS 2 TAS1

mg 2 mg 1

(13.23)

Durch die Verschiebung der Tangente verringert sich bei einer Gewichtsabnahme auch die Minimum ROD, sowie die IAS für den besten Gleitwinkel.

Abb. 13.6 Einfluss des Gewichts

13.4.3 Einfluss der Konfiguration

Wird bei einem Flugzeug im „sauberen Zustand“ (sogenannte clean configuration) die Konfiguration geändert, wirkt dies immer Widerstandserhöhend. Das heißt der Widerstand erhöht sich prozentual gesehen immer mehr, als dass sich der Auftrieb erhöht. Dies gilt auch für Konfigurationsänderungen durch Fahren der Klappen, obwohl eine größere Klappenstellung natürlich auch einen höheren Auftrieb liefert. Das heißt, dass das Verhältnis (cD/cL) größer wird und damit wird auch der Gleitwinkel größer. Ebenso wird das Verhältnis (cD2/cL3) größer, was in größeren Sinkraten resultiert.

13.4 Einflüsse auf die Sinkflugpolare

313

Die Geschwindigkeit für den optimalen Gleitwinkel und für die minimale Sinkrate ist mit ausgefahrenen Klappen kleiner, als mit ausgefahrenen Klappen. Der Gleitwinkel wird durch die Zunahmen des Widerstands steiler. Neben den Klappen, können natürlich auch Bremsklappen und das Fahrwerk zu einem erheblichen Mehrwiderstand führen.

Abb. 13.7 Einfluss der Konfiguration am Beispiel der Klappen

13.4.4 Einfluss von Wind

Der Gleitwinkel und die Sinkrate werden immer gegenüber der umgebenden Luft angegeben und sind daher nicht vom Wind beeinflusst. Gegenüber dem Boden hat der Wind aber sehr wohl Einfluss. So ändert sich nämlich der Flugbahnwinkel, also der Winkel zwischen dem Boden und dem Flugweg.

314

13 Der Sinkflug

Abb. 13.8 Einfluss von Gegenwind auf die Flugbahn

Soll während eines Sinkflugs der flachste Flugweg und damit die größtmögliche Distanz erreicht werden, muss die TAS bzw. IAS um den Windeinfluss korrigiert werden. Für den optimalen Gleitwinkel über Grund ergibt sich bei Gegenwind eine höhere Sinkgeschwindigkeit und bei Rückenwind eine niedrigere Sinkgeschwindigkeit.

Abb. 13.9 Einfluss von Rücken- und Gegenwindkomponente auf die Sinkflugpolare

Moderne Flight Management Systeme (FMS) errechnen aufgrund des vorherrschenden Windes einen sogenannten geometrischen Sinkflugwinkel (geometric descent angle).

13.5 Der Sinkflug im Flugbetrieb

J geometrisch

ROD GS

315

(13.24)

Ausgehend von einem Wegpunkt mit einer Höhenbeschränkung wird auf Basis eines Sinkflugs mit Leerlaufschub ein geometrisches Sinkflugprofil errechnet. Der Schnittpunkt dieses Flugwegs mit der aktuellen Reiseflughöhe bestimmt den Punkt, an dem mit dem Sinkflug begonnen werden muss (top of descent, TOD).

Abb. 13.10 FMS Sinkflug

Das FMS kennt zwei Modi, den Sinkflug zu kontrollieren. Zum einen kann die Kontrolle über den Gradienten gesteuert werden (path descent) und zum anderen über die Geschwindigkeit (speed descent) Beim path descent kontrolliert der FMS die pitch, um den zuvor festgelegten Sinkwinkel einzuhalten. Die Geschwindigkeit wird in diesem Modus nicht direkt geregelt, so dass der Pilot die Geschwindigkeit aktiv kontrollieren muss, um weder zu schnell noch zu langsam zu werden. Beim speed descent kontrolliert das FMS die pitch, um die vorgewählte Geschwindigkeit zu halten. Damit wird die Flugbahn nicht mehr direkt kontrolliert. Auch hier ist es wieder Aufgabe des Piloten den gewünschten Flugweg durch aktives Eingreifen sicherzustellen.

13.5 Der Sinkflug im Flugbetrieb

13.5.1 Sinkflugverfahren

Der optimale Sinkflug hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit wäre in aller Regel ein Sinkflug mit Leerlaufschub. Das Flugzeug verlässt die Reise-

316

13 Der Sinkflug

flughöhe erst spät und sinkt dann im steilen Gleitwinkel in Richtung Zielflughafen. Leider ist dies eine Wunschvorstellung und die Praxis sieht anders aus. Gerade in Europa, mit einer Vielzahl von Flugverkehrskontrollstellen, bekommt man teilweise sehr früh Sinkfluganweisungen, die teilweise weit vor dem top of descent, also dem optimalen Punkt, wo der Sinkflug begonnen werden sollte, liegen. Aus der Sicht der Cockpitbesatzung lassen sich solche Anweisungen oft nur schwer nachvollziehen. Der Sinkflug richtet sich in aller Regel nach flugbetrieblich vorgegebenen Sinkfluggeschwindigkeiten, als Machzahl oder IAS (je nach Flughöhe). Diese festgelegten Geschwindigkeiten sind zwar einfach zu handhaben, bieten aber keine Flexibilität. So macht es beispielsweise keinen Sinn eine Sinkfluggeschwindigkeit von 310 KIAS mit Hilfe von Triebwerksleistung beizubehalten, wenn man sich gleichzeitig in einem Windfeld mit 100 kt Rückenwind befindet. Vorausgesetzt natürlich, es ist keine Verspätung aufzuholen. Die Sinkflugverfahren sind denen des Steigflugs sehr ähnlich und sollen daher an dieser nur noch kurz angesprochen werden. Sinkflug mit Constant IAS/Mach

Der Sinkflug mit const. IAS/Mach ist das standardmäßige Sinkflugverfahren. Wie auch für den Steigflug werden vom Flugzeughersteller bestimmte descent schedules bereitgestellt. Sie sind nicht vom Gewicht und Wind abhängig, sondern sollen ein einfaches und handhabbares Verfahren sicherstellen. Die operationelle Handhabung wurde bereits für den Steigflug in Kapitel 12.7.1 erläutert. Auf eine Wiederholung wird daher an dieser Stelle verzichtet. Sinkflug mit kleinstem Gradienten

Dieses Verfahren entspricht dem Driftdown-Verfahren. Es ermöglicht die Beibehaltung der größtmöglichen Höhe über die größtmögliche Distanz. In der täglichen Praxis ist dieses Verfahren praktisch nicht von Bedeutung, da der Sinkflug zu lange dauern würde. Sinkflug mit der geringsten Sinkrate

Dieses Verfahren ist für die Praxis nicht relevant. Aus Abb. 14.2 kann man sehen, dass die Geschwindigkeit für die geringste Sinkrate niedriger ist, als für den kleinsten Gradienten. Dies resultiert darin, dass das Flugzeug

13.5 Der Sinkflug im Flugbetrieb

317

länger braucht, eine vorgegebene Höhe zu erreichen, dabei aber eine geringere Strecke über Grund zurücklegt. Wirtschaftlicher Sinkflug

Die Wirtschaftlichkeit im Sinkflug wird durch den Treibstoffverbrauch und die Flugzeit definiert. In der Regel wird im Sinkflug aus Gründen der Wirtschaftlichkeit mit einer Geschwindigkeit geflogen, die über der Geschwindigkeit für bestes Gleiten liegt. Der minimum cost descent ist analog dem Steigflug das beste Sinkflugverfahren. Er basiert auf dem Cost Index Konzept und wird mit einer individuellen Geschwindigkeit geflogen. Dabei werden auch Parameter wie Wind und Gewicht berücksichtigt. Es gelten die Ausführungen aus Kapitel 12.7.4 analog. 13.5.2 Flugbetriebliche Aspekte des Sinkflugs Durchfliegen von Turbulenz

Häufig sind vorgegebene Sinkfluggeschwindigkeiten jenseits der Geschwindigkeit die bei auftretender Turbulenz einzuhalten sind (sogenannte turbulence penetration speed, Vturb). Um eine kurzfristige Verzögerung auf die Vturb sicherzustellen, sollte die Sinkfluggeschwindigkeit nicht zu weit von dieser entfernt sein. Passagierkomfort

Die Klimaanlage wird von dem Zapfluftsystem der Triebwerke gespeist. Je nach Systemauslegung kann es bei einem Sinkflug im Leerlauf zu einer Unterversorgung mit Verdichterzapfluft kommen, was zu stickiger Luft und nur zu einer geringen Kühlung in der Kabine führt. Außerdem kann ein steiler Sinkflug zu einem schnellen und unangenehmen Druckanstieg führen. Kabinendruck

Während des Sinkflugs sinkt die Druckkabine mit einer bestimmten voreingestellten Sinkrate mit. Bei Airbus Flugzeugen errechnet das Flight Management and Guidance System (FMGS) die benötigte Zeit für den cabin descent. Hierzu nutzt das System die voreingestellte Sinkrate und die

318

13 Der Sinkflug

voreingestellt Höhe des Zielflughafens. Bei hohen Sinkraten kann es vorkommen, dass die Sinkflugzeit des Flugzeuges kürzer ist, als die der Kabine. In einem solchen Fall muss zu Beginn des Sinkflugs die Vertikalgeschwindigkeit etwas reduziert werden, um der Kabine die notwendige Zeit zu geben. 13.5.3 Auswertung von Herstellerunterlagen

Wie beim Steig- und Reiseflug liegen auch für den Sinkflug verschiedene Datentabellen vor. Bei der A320-Familie liegen die Sinkflugtabellen für eine normal descent speed von M.78/300kt/250kt und für einen Notsinkflug (emergency descent) mit MMO/VMO und ausgefahrenen Bremsklappen (airbrakes). Die sonstigen Prämissen zur Nutzung der Tabelle sind: Die Zielhöhe beträgt 1500 ft. Die Klimaanlage läuft im Normal-Modus. Der Schwerpunkt (CG) liegt bei 33 %. Die Enteisungsanlage ist aus. Bei normal descent ist die Sinkgeschwindigkeit der Druckkabine auf 350 ft/min begrenzt. x Der Sinkflug erfolgt mit Leerlaufschub (flight idle) aus der entsprechenden Höhe. x x x x x

Der Tabelle können vier wichtige Informationen entnehmen: x x x x

Benötigte Zeit bis zu Landung Benötigter Treibstoff bis zu Landung Zurückgelegte Strecke bis zur Landung. N1-Wert (nur in großen Höhen relevant)

Beispiel:

Sie planen einen idle descent und fliegen gegenwärtig in einer Flughöhe von 33.000 ft. Das aktuelle Flugzeuggewicht beträgt 45 t. x Wie lange dauert es bis zur Landung? x Wie viel Treibstoff werden sie verbrauchen? x Welche Strecke legen Sie dabei noch zurück?

12 min 119 kg 70 NM

Bei entsprechenden Windverhältnissen der Treibstoff, aber auch die zurückgelegte Strecke und möglicherweise auch die Zeit noch entsprechend zu korrigieren.

13.5 Der Sinkflug im Flugbetrieb

Abb. 13.11 Descent Table für M.78/300/250 (© Airbus)

319

14 Anflug und Landung

14.1 Einführung Anflug und Landung birgt – wie auch der Start – ein gewisses Unfallrisiko. Dies zeigt auch die gegenwärtige Unfallstatistik (Stand 2006), nach der von insgesamt elf schweren Unfällen strahlgetriebener Flugzeuge sechs der Kategorie approach and landing (ALA), also Unfälle der Anflug- und Landephase, zuzuordnen sind. Einer der häufigsten ALA-Unfall ist der landing overrun, also das Überschießen der Piste nach der Landung. Eine Auswertung solcher Zwischenfälle konnte folgende Punkte als beitragenden Faktor identifizieren (Gurney 2006). x Der Anflug verlief zu schnell und das Aufsetzen erfolgte mit einer zu hohen Geschwindigkeit. In aller Regel lag diese mehr als 15 kt über der Referenzgeschwindigkeit. x Der Anflug verlief zu hoch. Die Pistenschwelle wurde nicht in der geforderten Höhe von 50 ft überflogen, sondern höher. x Es wurde eine weiche Landung angestrebt. Dazu wurde das Flugzeug zu lange über der Bahn gehalten ohne aufzusetzen. x Es wurde nicht innerhalb der Landezone (touch down zone) aufgesetzt x Die Landebahn war nass oder kontaminiert. x Es herrschte Rückenwind bei der Landung. Um ALA-Unfälle zu vermeiden ist es daher wichtig, die mit dieser Flugphase verbundenen Risikofaktoren zu kennen. Hierzu gehören unter anderem, die Berechnungsgrundlagen von Landestrecken zu kennen und dazugehörige Informationen richtig zu interpretieren. Nur das Kennen und die richtige Einschätzung von Sicherheitsmargen kann zu entsprechenden Entscheidungen führen.

322

14 Anflug und Landung

14.2 Limitierung des Landegewichts Wie das Startgewicht, wird auch das Landegewicht durch unterschiedliche Faktoren eingeschränkt. Der Pilot muss im Rahmen der Flugvorbereitung diese Faktoren in seine Entscheidungen einbeziehen, denn schließlich hat eine Einschränkung beim Landegewicht eine direkte Auswirkung auf das Startgewicht. Das maximal erlaubte Landegewicht (maximum allowable landing weight, MALW) wird durch folgende Faktoren eingeschränkt: x das strukturell bedingte Landehöchstgewicht (maximum landing weight) x die verfügbare Landestrecke (landing distance available) x die Steigleistungsforderungen nach einem Durchstartmanöver (approach climb und landing climb requirements) x operationelle Erwägungen (maximum quick turnaround weight) 14.2.1 Limitierung durch das MLW Für jedes Flugzeug existiert ein strukturell bedingtes Landehöchstgewicht, das nur in Notfällen überschritten werden darf. In einem solchen Fall spricht man von einer overweight landing. 14.2.2 Limitierung durch die Bahnlänge Die zur Landung verfügbare Pistenlänge (Landing Distance Available, LDA) ist eine hindernisfreie Fläche, die von einem Flughafen als brauchbar für das Landen und Ausrollen in einer bestimmten Richtung erklärt wurde und die das Gewicht des Flugzeugs unter den gegebenen Betriebsbedingungen tragen kann. Angaben zur Pistenlänge und -breite finden sich auf entsprechenden Anflugkarten. Das nachstehende Beispiel ist eine Abbildung aus den Lufthansa Karten und zeigt die Angaben zur Piste 25L des Frankfurter Flughafens. Die Abkürzung „TDZ“ steht für touch down zone. Die Prozentangaben geben die Pistenneigung an. Die 25L in Frankfurt hat demnach eine leichten downslope von 0,3%. Die Neigung der TDZ ist nochmal zusätzlich angegeben, wobei diese im Beispiel nicht von der eigentlichen Pistenneigung abweicht. Die Angabe „3.0°“ bezieht sich auf den Gleitpfad. Ein 3°-Gleitpfad resultiert in einem Sinkflug von ca. 300 ft pro NM. Im Falle einer displaced threshold wäre ein weiterer Zahlenwert rechts des grünen Strichs in Form einer Längenangabe in Metern.

14.2 Limitierung des Landegewichts

323

Der Wert „x“ bedeutet, dass die Landebahn „ungrooved“ ist. Im Falle einer „grooved“ Piste würde hier ein „G“ stehen.

Abb. 14.1 Informationen zur Piste (© Lido FlightNav)

Bei der grundsätzlichen Bestimmung der verfügbaren Landestrecke (landing distance available, LDA) kommt es darauf an, ob der Anflug über Hindernisse erfolgt, oder hindernisfrei ist. Anflug ohne Hindernisse

Ist der Anflug hindernisfrei, steht die gesamte Bahnlänge als Landestrecke zur Verfügung (LDA = TORA). Hierbei ist zu beachten, dass ein eventuell vorhandener stopway im Anschluss an die Bahn die verfügbare Landestrecke nicht erhöht. Ein stopway beeinflusst lediglich die verfügbare Startabbruchstrecke.

Abb. 14.2 Verfügbare Landestrecke beim Anflug ohne Hindernisse Anflug über Hindernisse

Führt der Anflugweg über Hindernisse, kann es zu einer Verkürzung der LDA kommen. Die Hindernisfreiheit im sogenannten approach funnel wird im ICAO Annex 8 geregelt. An das Hindernis, von dem die größte Beeinträchtigung ausgeht, wird eine Tangente mit einer Neigung von 2 % zur Landebahn gelegt. Am Berührungspunkt der Tangente mit der Piste wird eine Sicherheitsstrecke von 60 m addiert. Der so entstehende Punkt markiert die versetzte Schwelle, auch displaced threshold genannt.

324

14 Anflug und Landung

Abb. 14.3 Einfluss eines Hindernisses auf die LDA Tatsächliche Landestrecke

Gemäß CS 25.125 muss ein Flugzeughersteller grundsätzlich für jedes Landegewicht die tatsächliche Landestrecke nachweisen. Diese ist definiert, als die Strecke, die ein Flugzeug benötigt, um von einem Punkt 50 ft (15 m) über der Piste zum Stillstand zu kommen Diese nachgewiesene Landestrecke wird daher actual landing distance (ALD) oder auch demonstrated landing distance (DLD) genannt. Für die Ermittlung gelten folgende Bedingungen: trockene Piste ISA Temperatur Einhalten der VREF. (zur Definition siehe Kapitel 6.4) slam deceleration, d. h. abruptes zurückziehen der Schubhebel auf Leerlauf in 50 ft. x kein Einsatz der Schubumkehr

x x x x

Die ALD wird während des Zulassungsprozesses im Flugversuch durch Testpiloten ermittelt und ist daher für den realen Flugbetrieb eine eher optimistische Größe. Außerdem wird sie nur für eine trockene Bahn erflogen. Notwendige Landestrecke bei trockener Piste

Die JAR-OPS 1.515 schreibt vor, dass das Landegewicht eines Flugzeuges nur so hoch sein darf, dass es innerhalb bestimmter Strecken zum Stehen kommt.

14.2 Limitierung des Landegewichts

325

Abb. 14.4 Landedistanzen auf trockener Piste (Strahlflugzeuge)

Bei der Ermittlung dieser Strecken wird zwischen Strahlflugzeugen bzw. Jets und Turbopropflugzeugen unterschieden. Während Jets innerhalb von 60 % der verfügbaren Landestrecke zum Stillstand kommen müssen, sind es bei Turbopropflugzeugen 70 %. Mit anderen Worten: Die benötigte Landestrecke darf höchstens das 1,67fache (Jet) bzw. das 1,43-fache (Turboprop) der tatsächlichen Landestrecke betragen. Nach JAR-OPS 1.515 (b) (2) ist der Wind bei der Ermittlung der RLD wie folgt zu berücksichtigen: x Eine Gegenwindkomponente kann zu 50 % berücksichtigt werden; x Eine Rückenwindkomponente muss zu 150 % berücksichtigt werden. Im Zusammenhang mit der Landestrecke ist die Referenzgeschwindigkeit für die Landung (VREF) von großer Bedeutung. Sie wird im Rahmen der Landevorbereitungen für das voraussichtliche Landegewicht berechnet. Wird sie bei der Landung überschritten, erhöht sich auch die Landestrecke. Darüber hinaus kann es zu einem langen Ausschweben (sog. landing flare) kommen, sodass die Landung nicht innerhalb der Aufsetzzone (touch down zone) stattfindet. Drückt man die Vorschriften für Strahlflugzeuge in einer Formel aus, erhält man: ALDdry (14.1) RLDdry d LDA 0,6 bzw.:

RLDdry mit der Prämisse:

ALD dry ˜1,67

(14.2)

326

14 Anflug und Landung

LDA t ALDdry ˜1,67

(14.3)

Notwendige Landestrecke bei nasser Piste

Gemäß JAR-OPS 1.520 muss die benötigte Landestrecke mindestens 115 % derer bei trockener Bahn betragen.

Abb. 14.5 Landedistanzen auf nasser Landebahn (CS 25 Flugzeuge)

Somit ergibt sich: RLDwet

RLDdry ˜1,15

(14.4)

Einsetzen von Gl. (14.2) in (14.4) ergibt: RLDwet

ALDdry ˜1,67 ˜1,15

(14.5)

ALDdry ˜ 1,92

(14.6)

Dies führt zur RLDwet: RLDwet

Notwendige Landestrecke bei kontaminierter Piste

Nach JAR-OPS 1.520 muss die notwendige Landestrecke bei kontaminierter Bahn RLDC die größere der folgenden beiden Strecken sein: x 115 % der tatsächlich benötigten Landestrecke bei kontaminierter Bahn. x Die notwendige Landestrecke für nasse Bahn.

14.2 Limitierung des Landegewichts

327

Abb. 14.6 Bestimmung der notwendigen Landestrecke bei kontaminierter Bahn Notwendige Landestrecke bei automatischer Landung

Wenn die Landestrecke für eine automatische Landung die der manuellen Landung übersteigt, muss die benötigte Landestrecke im AFM definiert werden. Die tatsächliche Landstrecke bei trockener Bahn und automatischer Landung ergibt sich aus einer Luftphase (da) und einer Bodenphase (dg).

Abb. 14.7 Ermittlung der tatsächlichen Landestrecke

Die Luftphase setzt sich aus drei Abschnitten zusammen: x da1 ist die Strecke von der Pistenschwelle, bis zum Schnittpunkt des Gleitpfads mit der Piste. x da2 ist Strecke vom vorher benannten Schnittpunkt, bis zum durchschnittlichen Aufsetzpunkt. x Vda2 ist die Standardabweichung von da2, die statistisch aus über 1000 simulierten Landungen ermittelt wurde. Die Bodenphase (dg) ermittelt sich wie auch bei manuellen Landungen. Dabei wird eine durchschnittliche Aufsetzgeschwindigkeit VTD angenommen und die dreifache Standardabweichung von dieser Geschwindigkeit (Vvtd) angenommen.

328

14 Anflug und Landung

Abb. 14.8 Bestimmung der notwendigen Landestrecke bei automatischer Landung

Wird eine automatische Landung (autoland) durchgeführt, ergibt sich die benötigte Landestrecke aus der Forderung nach dem größeren Wert aus der benötigten Landestrecke für eine manuelle Landung und 115% der tatsächlichen Landestrecke bei automatischer Landung. 14.2.3 Limitierung durch Steigleistungsforderungen

Für den Fall, dass ein Anflug abgebrochen wird, werden an das Flugzeug formale Anforderungen hinsichtlich seiner Steigleistung gefordert. Diese schlagen sich wiederum direkt in einer Gewichtslimitierung nieder, die bereits in die Überlegungen bei der Flugplanung zu Beginn des Fluges einbezogen werden müssen. Denn je schwerer das Flugzeug, desto schlechter die Steigleistung. Nach CS 25.1001 muss eine Flugzeug innerhalb von 15 Minuten am Startflughafen wieder landen können. Dies könnte beispielsweise im Falle eines Triebwerksausfall notwendig sein. Zu diesem Zeitpunkt, haben die Flugzeuge jedoch noch den gesamten Treibstoff für den Reiseflug an Bord. Unter Umständen kann dies dazu führen, dass sie zu schwer sind und den geforderten Steiggradienten für einen approach climb nicht erzielen können. Für diesen Fall sind manche Flugzeug mit einem Schnellablassventil ausgestattet, das er erlaubt, innerhalb sehr kurzer Zeit, sehr viel Treibstoff abzulassen (fuel jettison) und dadurch das Landegewicht so zu verringern, dass der Mindeststeiggradient erreicht werden kann. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen den beiden Szenarien approach climb und landing climb. Je nach Szenario sind unterschiedliche Ausgangsparameter unterstellt. Während zweistrahlige Flugzeuge eher durch den approach climb limitiert sind, werden vierstrahlige Flugzeuge häufig durch den landing climb eingeschränkt.

14.2 Limitierung des Landegewichts

329

Abb. 14.9 Approach Climb

Abb. 14.10 Landing Climb

Zur Ermittlung des limitierenden Gewichts stellen die Flugzeughersteller Tabellen zur Verfügung. Die nachstehende Abbildung zeigt eine solche Tabelle der A320-Familie für den approach climb. Beispiel: Ermitteln Sie mit Hilfe der Abb. 14.11 das approach climb limited weight für einen Anflug auf Hamburg (OAT 4 °C, Total Anti-Ice On).

x Hamburg liegt auf Meeresniveau. Es kann daher eine PA von 0 ft angenommen werden. Zusammen mit einer OAT von 4 °C ergibt dies ein Gewicht von 83,8 t. x Die Gewichtskorrektur für Total Anti-Ice On beträgt 900 kg. Ergebnis: Die approach climb limited weight beträgt 82,9 t

330

14 Anflug und Landung

Abb. 14.11 Approach Climb Tabelle (© Airbus) Fehlanflugverfahren

Eng verknüpft mit der Limitierung durch die Steigleistungsforderung ist das Fehlanflugverfahren (missed approach procedure, MAP) Dessen Gestaltung und Berechnung wird im ICAO Doc. 8168 geregelt. Hierbei wird standardmäßig ein sogenannter Procedure Design Gradient (PDG) von 2,5 % unterstellt. Sollte ein MAP z. B. aufgrund der Hindernis-

14.2 Limitierung des Landegewichts

331

situation einen höheren Steiggradienten erfordern, muss dieser explizit in den Anflugkarten der Piloten ausgewiesen werden. Beim MAP müssen bezüglich des Steiggradienten zwei wichtige Umstände beachtet werden: x Der durch die Zulassungsvorschriften geforderte approach climb gradient beträgt lediglich 2,1 %. Ein Standard MAP erfordert jedoch mindestens 2,5 %. Hier gibt es offensichtlich eine Diskrepanz zwischen den Vorschriften zum Verfahrensentwurf und der Zulassungsvorschriften von Flugzeugen. Wird ein Fehlanflugverfahren mit ausgefallenem Triebwerk an der Entscheidungshöhe (decision altitude) eingeleitet, ist die Hindernisfreiheit möglicherweise nicht gewährleistet. Denn das Flugzeug „muss ja nur 2,1 % schaffen“. x Im Gegensatz zum Standard MAP, das direkt über die minimum sector altitude auf eine sogenannte missed approach altitude führt, schließt sich bei einem Fehlanflugverfahren mit ausgefallenem Triebwerk an der level off height ein Beschleunigungssegment an. Erst im Anschluss an dieses Segment wird der Steigflug auf die missed approach altitude fortgeführt. Durch dieses level-off segment wird der möglicherweise erzielbare approach climb gradient auf einen reference gradient reduziert.

Abb. 14.12 Darstellung des reference climb gradient

14.2.4 Maximum Quick Turnaround Weight

Nach einer Landung nehmen die Bremsen durch das Abbremsen des Flugzeugs Wärmeenergie auf und erhitzen. Würde das Flugzeug kurz nach der Landung wieder starten, könnte es sein, dass aufgrund der noch heißen

332

14 Anflug und Landung

Bremsen nicht genügend Bremsvermögen zur Verfügung steht. Das Maß, wie stark die Bremsen durch die Verzögerung erhitzen, hängt direkt mit dem Gewicht des Flugzeugs bei der Landung zusammen. Soll das Flugzeug kurz nach der Landung wieder starten, darf das Landegewicht einen bestimmten Schwellenwert nicht überschreiten. Dieses Gewicht wird Maximum Quick Turnaround Weight (MQTW) genannt und mittels Tabellen bestimmt. Das MQTW ist somit ein operationelles Limit und gibt darüber Auskunft, wie schnell ein Flugzeug nach der Landung wieder starten darf. Anhand der MQTW-Tabellen können die Piloten das maximale Landegewicht ermitteln, das noch ein schnelles „Umdrehen“ des Flugzeuges ermöglicht. Übersteigt das aktuelle Landegewicht das MQTW, bedarf es vor einem neuen Start einer gewissen Kühlzeit. Die Darstellung des MQTW und auch die Definition der Kühlzeiten, variiert von Hersteller zu Hersteller. In der Regel liegt die erforderliche Kühlzeit bei ca. 60 min. Tabelle 14.1 Maximum Quick Turn Around Weight Table (CAP 697 © by Civil Aviation Authority)

14.2.5 Einflüsse auf die Landeflugleistung Druckhöhe Mit zunehmender Druckhöhe nimmt die Dichte ab und die TAS wird größer. Dies führt zu größeren Landestrecken. Darüber hinaus nimmt der Schub ab, was in einem verminderten Steiggradienten für den Fall eines Fehlanflugverfahrens resultiert.

14.3 Ermittlung der Landestrecke

333

Temperatur Der Schub nimmt ab einer bestimmten Referenztemperatur (flat rate temperature) ab (siehe Abb. 6.2). Dieser geringere zur Verfügung stehende Schub resultiert an sehr warmen Tagen im Falle eines Durchstartmanövers in einem geringeren Steiggradienten. Pistenneigungswinkel Ein positiver Neigungswinkel verkürzt die Landestrecke und umgekehrt. Pistenbeschaffenheit Die Pistenoberfläche beeinflusst die Landeflugleistung durch den Reibungskoeffizienten und den Widerstand durch vorhandene Kontaminierung. Ein niedriger Reibungskoeffizient führt zu längeren Landestrecken. Widerstand durch Kontaminierung führt zu kürzeren Landestrecken (je nach Art und Beschaffenheit der Kontaminierung). Flugzeugkonfiguration Die Flugzeugkonfiguration beeinflusst die Landeflugleistung zum einen durch die Klappenstellung und zum anderen durch die Zapfluftentnahme. Eine große Klappenstellung führt zu einer niedrigeren Anfluggeschwindigkeit, aber auch zu höherem Widerstand. Daher nehmen die Landestrecke und der Steiggradient ab. Die Zapfluftentnahme verringert den zur Verfügung stehenden Schub. Der Steiggradient nimmt daher ab. Zusammenfassung Tabelle 14.2 Einflüsse auf die Landeflugleistung Druckhöhe Ê Temperatur Ê Pistenneigungswinkel Ê Reibungskoeffizient Ê Widerstand durch Kontaminierung Ê Klappenstellung Ê Zapfluft Ê

Landestrecke Ê Ì Ì Ì Ì -

Steiggradient Ì Ì Ì Ì

14.3 Ermittlung der Landestrecke Zur Ermittlung der Landestrecken durch die Cockpit-Crew werden vom Flugzeughersteller entsprechende Tabellen zur Verfügung gestellt. Die Art der Tabellen variieren von Hersteller zu Hersteller und von Flugzeugtyp zu Flugzeugtyp. Ihre Handhabung ist aber generell sehr ähnlich.

334

14 Anflug und Landung

Tabelle 14.3 zeigt die Ermittlung von ALD und RLD eines CRJ 700, wie sie bei Lufthansa CityLine verwendet wird. Tabelle 14.3 Ermittlung der Landestrecke auf trockener und nasser Piste (© CLH)

PA Pressure Altitude, Weight in kg, Ergebnisse in Meter

Beispiel für trockene und nasse Piste:

Bei einer PA von 0 ft und einem Landegewicht von 30.000 kg ergeben sich folgende Landestrecken: x ALD: 922 m x RLDdry: 1.537 m x RLDwet: 1.768 m Ist die Piste kontaminiert, muss eine andere Tabelle herangezogen werden. Eine solche zeigt Tabelle 14.4.

Beispiel für kontaminierte Piste (slush, standing water, wet snow):

Bei einer PA von 0 ft (SL = sealevel) ergibt sich eine faktorisierte ALD von 1.947 m. Diese Berechnung beinhaltet die Nutzung der Schubumkehr. Im Vergleich zur RLDwet ist die ALDC größer und somit die maßgebende Größe.

14.3 Ermittlung der Landestrecke

335

Tabelle 14.4 Ermittlung der Landestrecke auf kontaminierter Bahn (© CLH)

TWC tailwind component, HWC headwind component, PA Pressure Altitude, SL sea level, Gross Weight in kg, Ergebnisse in Meter

Abb. 14.13 zeigt die entsprechende Tabelle bei der A320-Familie. Wie man erkennen kann, ist die grundsätzliche Vorgehensweise sehr ähnlich.

336

14 Anflug und Landung

Abb. 14.13 Ermittlung von Landestrecken (© Airbus)

Bei der Ermittlung der required landing distance sind jedoch einige grundsätzliche Überlegungen ratsam: So ist der Übergang von einer nassen zu einer kontaminierten Piste graduell. In der Dokumentation ist es der Unterschied von „bis zu 3 mm“ zu „mehr als 3 mm“ Schichtdicke der Kontaminierung. Doch wie soll diese Dicke gemessen werden? Gewitterschauer regnen schnell ab und konvektives Wetter ist hochdynamisch.

14.3 Ermittlung der Landestrecke

337

Wird aus einer wet runway nun eine contaminated runway, hat dies nicht nur für die Landestrecke Konsequenzen, sondern auch für die maximale Querwindkomponente. Grundsätzlich sind die Werte aus den Tabellen kritisch zu betrachten. Sie „suggerieren eine Genauigkeit von +/- 10 m, was genauso viel mit der Realität zu tun hat, wie die Temperaturanzeige eines Digitalthermometers, dessen Display zwar noch die zweite Kommastelle anzeigt, während im Kleingedruckten steht: Toleranz +/- 2 °C“ (Kiessling 2007). Während die ALD für trockene Pisten noch tatsächlich erflogen wird, beruhen die Werte für nasse und kontaminierte Pisten auf mathematischen Modellen, wie sie in Kapitel 9 zu den Pistenoberflächen beschrieben wurden. Auch wenn die mathematischen Modelle grundlegend nicht falsch sind, berücksichtigen sie nicht alle in der Praxis vorkommenden Umstände. So gibt es z. B. keine besondere Aufschläge für eventuell vorhandenen Gummiabrieb auf der Piste, der den Bremsweg zum Teil signifikant verlängern kann. Eine vorhandene Sicherheitsmarge kann sich bereits dadurch schnell in Luft auslösen. Bei der Ermittlung der Landedaten und der Handhabung von Tabellen oder auch Computerprogrammen, ist es wichtig, die Parameter zu kennen, die einem Ergebnis unterstellt sind. Hierzu gehören nicht nur die Parameter, die dem Rechenalgorithmus hinterlegt sind, sondern auch diejenigen, die man selbst eingibt. Nicht selten kommt es am Schluss anders, als man denkt. So sind die wichtigsten Faktoren, die in der Vergangenheit zu einem Überschießen der Piste nach der Landung beigetragen haben unter anderem: x unerwarteter (schlechterer) Pistenzustand x inkorrekte Bodenwindinformation x unerwarteter Rückenwind oder negative Windscherung Um sich über die Margen im Klaren zu werden, die in den Landedistanztabellen enthalten sind, erfolgt nun eine kurze Exkursion ins „Kleingedruckte“ dieser Tabellen. Bei der Ermittlung der ALD für trockene Piste unterstellt beispielsweise Airbus folgende Prämissen: x Das Flugzeug hat bei der Landung über der Pistenschwelle eine Höhe von 50 ft. Dies sollte – zumindest theoretisch – zu einer Landung am 1.000-ft-Punkt führen. Wie man am Gummiabrieb der Reifen auf den meisten Pisten sehen kann, erfolgt allerdings die Landung in der Regel

338

x

x

x

x

14 Anflug und Landung

erst bei ca. 2.000 ft. Hier wurden also bereits die ersten 300 Meter an Sicherheitsmarge aufgegeben. Pro 5 Knoten höherer Landegeschwindigkeit braucht man etwa 10 % mehr Landedistanz. Bei einem Geschwindigkeitsaufschlag von 5 kt, z. B. in konvektivem Wetter wegen Böen, führt dies zu weiteren 150 m. Flughafenhöhe auf MSL: pro 1.000 Fuß fliegt das Flugzeug durch den Unterschied von TAS zu IAS etwa 2-3 kt schneller. In München mit einer ELEV von rund 1.500 ft werden dadurch weitere 100 m benötigt. Maximum Manual Braking: Der Unterschied zu autobrake medium beträgt beim A340 auf trockener Piste ca. 400 m, bei nasser Bahn ca. 170 m und bei kontaminierter Piste ca. 100 m. Aus Gründen des Passagierkomforts wird maximum manual braking in der Regel im Linienalltag nicht genutzt. Außerdem wird von einer ebenen Piste mit intaktem Oberflächenbelag ausgegangen. Gummiabrieb am Ende der Bahn in der Aufsetzzone der Gegenrichtung ist nie berücksichtigt.

14.4 Empfehlungen Folgende Empfehlungen kann man zur Landung auf nassen und kontaminierten Bahnen geben (nach Fourfis 2007), wobei grundsätzlich die Empfehlungen des Flugzeugherstellers zu beachten sind: x Die meisten Landebahnsysteme haben effektive Drainage Systeme. Diese funktionieren gut bis zu einer Querwindkomponente von ca. 10 kt. Bei höheren Querwindkomponenten kann die Drainagefähigkeit eingeschränkt sein. Im Zweifelsfall sollte die Landung solange verzögert werden, bis das Wasser abfließen konnte (z. B. bei einem unmittelbar vor der Landung niedergegangenen heftigen Schauer). x Alle Variablen, die mit der Landung auf nassen und kontaminierten Bahnen zusammenhängen, sollten bekannt sein: - Landewetter und Querwindkomponente - Flugzeuggewicht und Anfluggeschwindigkeit - Hydroplaning Speed - Reifenzustand - Bahnlänge und Bahnneigungswinkel - Gleitpfadwinkel x Die Geschwindigkeit von 1,3 VS (zuzüglich evtl. Aufschläge) soll nicht überschritten werden.

14.4 Empfehlungen

339

x Die Landeklappenstellung sollte so groß wie möglich sein, um eine geringe Anfluggeschwindigkeit zu erreichen. x Langes Ausschweben vermeiden. x Beim Ausschweben das Flugzeug nicht driften lassen x Durch positives und „festes“ Aufsetzen soll ein Aufschweben nach der Landung verhindert werden. Außerdem wird damit dem Flugzeug über den sogenannten weight on wheel Sensor signalisiert, dass es gelandet ist. Dies löst die Bremsspoiler aus, was den Auftrieb verringert und die Normalkraft zur Bremsung vergrößert. x Maximales Bremsen unter Nutzung des Anti-Skid Systems. Den Bremsdruck nicht „modulieren“, sondern gleichförmig und stetig bremsen. Keinesfalls die Bremsen schon vor der Bodenberührung betätigen und dadurch die Räder blockieren. Das Anti-Skid System arbeitet erst nachdem die Räder drehen (wheel spin up muss vorhanden sein). x Das Ausfahren der Bremsklappen (ground spoiler) muss geprüft werden. Falls das automatische Ausfahren nicht erfolgt, müssen die Spoiler manuell gefahren werden. x Maximale Schubumkehr wenn das Hauptfahrwerk am Boden ist (je nach Flugzeugtyp). x Die Flugzeugnase schnellstmöglich senken. x Je nach Flugzeugtyp kann es von Vorteil sein, die Steuersäule leicht nach vorne zu drücken. Dadurch wird die Last auf dem Bugrad erhöht, was zu einer verbesserten Steuerbarkeit führt. Zu starkes Andrücken der Steuersäule könnte jedoch zu einer Entlastung des Hauptfahrwerks führen, was wiederum zu einer verringerten Bremsleistung führt. x Sollte das Flugzeug ausbrechen oder wegrutschen, sollte die Schubumkehr eingefahren werden, um mögliche Seitenkräfte, die durch die Schubumkehr auftreten, zu eliminieren.

15 Wirtschaftliches Fliegen

Dieses Kapitel soll die Grundlagen schaffen, um wirtschaftliche Flugverfahren und deren Zusammenhänge zu verstehen. Hierzu muss man sich zu Beginn mit den Kosten einer Fluggesellschaft befassen. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wird dann auf das Cost-IndexVerfahren und die Ermittlung ökonomischer Fluggeschwindigkeiten eingegangen.

15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft

15.1.1 Einführung Jede Leistungserstellung eines Unternehmens ist mit Kosten verbunden. Für die Strukturierung dieser Kosten gibt es in der betrieblichen Praxis verschiedene brancheninterne Lösungen. Für die Luftverkehrsbranche existieren mehrere Empfehlungen zur Strukturierung des betrieblichen Rechnungswesens. Um die ereignisbezogenen flugzeitabhängigen Kosten zu ermitteln, muss man das betriebliche Rechnungswesen konsultieren. Hier werden alle quantitativen Daten (Mengen- und Wertgrößen) und betriebswirtschaftliche Sachverhalte erfasst, aufbereitet und ausgewertet. In diesem Sinne dient das Rechnungswesen der Dokumentation und Kontrolle wirtschaftlicher Zustände und Abläufe mit dem Ziel, die gewonnenen Informationen für Planungs-, Steuerungs- und Kontrollzwecke innerhalb des Betriebes oder auch zur Information von Außenstehenden zu verwenden. Man unterscheidet das interne und externe Rechnungswesen. Während das externe Rechnungswesen betriebswirtschaftliche Vorgänge finanzieller Art zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt abbildet, beschäftigt sich das interne Rechnungswesen mit dem innerbetrieblichen Verzehr von Produktionsfaktoren und den dabei entstehenden Leistungen.

342

15 Wirtschaftliches Fliegen

Darüber hinaus überwacht es die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und die Leistungserstellung. Ein Hauptbestandteil des internen Rechnungswesens ist die sogenannte Kosten- und Leistungsrechnung. Ihr obliegt es, die Kosten für die Leistungserstellung zu ermitteln. 15.1.2 Begriffe des Rechnungswesens Kosten: Unter Kosten versteht man den Wert aller verbrauchten Güter und Dienstleistungen einer Periode, die direkt zur Leistungserstellung notwendig waren. Stückkosten: Der Begriff ist auch unter dem Namen Durchschnittskosten bekannt. Hierbei werden die Gesamtkosten oder bestimmte Kostengruppen durch die Ausbringungsmenge dividiert (z. B. direkte Betriebskosten). Grenzkosten: Hierunter versteht man die zur Ausbringung einer zusätzlichen Produktionseinheit erforderlichen Kosten. Ist die Gesamtkostenfunktion differenzierbar, ergibt die erste Ableitung die Grenzkostenfunktion. Fixe Kosten: Dies sind Kosten, die unabhängig von einer betrachteten Einflussgröße sind. Sie verändern sich also nicht, wenn sich andere Variablen ändern (z. B. Flugzeit, Flughöhe). Variable Kosten: Variable Kosten sind, wie der Name schon sagt, veränderlich. Sie ändern sich in Abhängigkeit der „Beschäftigung“ des Unternehmens. Unter dem Begriff Beschäftigung ist der Output gemeint, den ein Unternehmen liefert. Die Beschäftigung in einer Fluggesellschaft kann demnach mehrere Parameter haben (z. B. angebotene Sitzkilometer, Flugstunden, zurückgelegte Entfernung etc.). In der vorliegenden Ausarbeitung steht die „Beschäftigung“ für die zurückgelegte Entfernung in nautischen Meilen pro Flugzeug. Einzelkosten: Kosten, die einem Flug direkt zugerechnet werden können (z. B. Flugsicherungsgebühren, Landegebühren). Gemeinkosten: Kosten, die einem Flug nicht direkt zugerechnet werden können (wie z. B. administrative Kosten des Flugbetriebs). Während in der Regel flugstundenabhängige Instandhaltungskosten zu den Gemeinkosten gezählt werden, da sie nicht auf die Streckenergebnisrechnung umgelegt werden können, sind für die vorliegende Betrachtung relevant.

15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft

343

15.1.3 Betriebskosten einer Luftverkehrsgesellschaft Jede Branche hat spezifische Kostenverursacher. Abb. 16.1 zeigt die typischen Kostenverursacher für den Luftverkehr.

Abb. 15.1 Kostenverursacher im Luftverkehr (Mensen 2003)

Bei Fluggesellschaften unterscheidet man hinsichtlich der Kosten zwischen direkten Betriebskosten (Direct Operating Costs, DOC) und indirekten Betriebskosten (Indirect Operating Costs, IOC). Die Summe aus direkten und indirekten Betriebskosten ergeben die Gesamtbetriebskosten (Total Operating Costs, TOC).

TOC

DOC  IOC

(15.1)

344

15 Wirtschaftliches Fliegen

Abb. 15.2 Betriebskosten im Luftfahrtunternehmen (Scheiderer 2007)

Direkte Betriebskosten

Die direkten Betriebskosten beinhalten die unmittelbar mit dem Betrieb des Flugzeuges verbundenen Kosten. Sie unterteilen sich nach fixen und variablen Kosten.

DOC -

mit:

-

(15.2)

CF = Treibstoffkosten (cost of fuel) [EUR] CT = operationelle Zeitkosten (cost of time) [EUR] CC = ereignisabhängige Kosten (cycle cost) [EUR] CFIX = Fixkosten [EUR] CMC = Verspätungskosten (misconnex cost) [EUR/min]

CF -

C F  CT  CC  C FIX  C MC

C

f



˜ m f , CT

Ct ˜ t und CMC Cmc ˜ t

Cf = Kosten pro Treibstoffmengeneinheit [EUR/kg] mf = Treibstoffmasse [kg]

(15.3)

15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft -

345

Ct = operationelle Kosten pro Zeiteinheit [EUR/min] Cmc = Verspätungskosten proZeiteinheit t = Flugzeit [min]

Die nachstehende Abbildung zeigt die Verteilung der direkten Betriebskosten des Jahres 2003 im Vergleich zum Jahr 2005.

Abb. 15.3 Aufteilung der DOC im Vergleich 2003 und 2005 (© AEA 2006)

Hierbei sind folgende Tendenzen hinsichtlich der Treibstoffpreisentwicklung zu erkennen: x Der Anteil der Treibstoffkosten ist von 24 % auf 34 % der direkten Betriebskosten gestiegen. x Der Anteil der Treibstoffkosten an den Gesamtkosten (Total Operating Cost) beträgt 19,7 %. Indirekte Betriebskosten

Abb. 15.4 zeigt die Verteilung der indirekten Betriebskosten:

Abb. 15.4 Aufteilung der IOC im Vergleich 2003 und 2005 (© AEA 2006)

346

15 Wirtschaftliches Fliegen

Durch den massiven Anstieg des Treibstoffpreises hat sich die Kostenstruktur der Fluggesellschaften verschoben. Während noch vor 10 Jahren die Anteile der direkten und indirekten Kosten ausgeglichen waren, stellt der Anteil der direkten Betriebskosten nun einen Anteil von 58 % an den Gesamtkosten dar. Dieser Trend beschleunigt sich noch durch den Abbau an administrativen Arbeitsplätzen in der Verwaltung. Erweiterter Begriff der variablen direkten Betriebskosten

Von besonderem Interesse im Sinne des Cost-Index-Verfahrens sind die optimierungsfähigen relevanten Kosten. Bei der Aufteilung und Zuordnung von Kosten zu einem spezifischen Flug ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit den einzelnen Kosten unerlässlich. In der Abb. 16.5 werden diese Kosten kursiv dargestellt. Für die Untersuchung der relevanten Kosten reicht die Unterteilung in fixe und variable direkte Betriebskosten nicht aus. Vielmehr sind die variablen Kosten weiter zu unterscheiden in ereignis- bzw. cycle- und zeitabhängige Kosten, wobei die zeitabhängigen Kosten hinsichtlich ihrer Optimierungsfähigkeit zu untersuchen sind.

Abb. 15.5 Aufspaltung der DOC (Scheiderer 2007/2)

Unter den optimierungsfähigen zeitabhängigen variablen Kosten versteht man nur die Kosten, die sich tatsächlich ausschließlich aufgrund der Flugzeit für einen spezifischen Flug ändern. Dies sind hauptsächlich die folgenden Kosten: x zeitabhängige Personalkosten x zeitabhängige Technikkosten x Kosten, die durch Verspätung entstehen (sogenannte misconnex costs)

15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft

347

x Treibstoffkosten

Gerade im Technikbereich fallen viele Kosten an, die zwar variabel sind, aber nicht zeitabhängig, sondern ereignisgetrieben. Ein Beispiel hierfür sind Kosten für die Überholung des Fahrwerks. Die Belastung des Fahrwerks ergibt sich aus dem Startlauf oder bei der Landung durch den sogenannten Landestoß. Welche Zeit das Flugzeug zwischen Start und Landung in der Luft war, ist für diesen Kostenblock nicht relevant. Die nachstehende Abbildung zeigt die Technikkosten in Abhängigkeit von „Trip Kosten“ und „Flight Hour“ Kosten.

Abb. 15.6 Einfluss von Ereignis und Flugzeit auf die DMC (© Airbus 1998)

Demnach sind die fixen Kosten nicht optimierungsfähig. Die Kosten für verpasste Anschlussflüge durch Verspätung (sogenannte misconnex costs) bedürfen einer sehr aufwendigen Untersuchung und können bei reiner Schätzung den Cost Index Wert und abgeleitete Geschwindigkeiten maßgeblich beeinflussen. Aus Gl. (15.2) ergeben sich die optimierungsfähigen, zeitabhängigen variablen Kosten (CO): CO

C F  CT

(15.4)

348

15 Wirtschaftliches Fliegen

15.2 Die Cost Index Idee

15.2.1 Einführung

Um die Idee des Cost-Index-Verfahrens einordnen zu können, muss man die sonstigen gängigen Flugverfahren mit konstanter Geschwindigkeit betrachten. Häufig basiert die Flugplanung auf vorgegebenen Plangeschwindigkeiten und auf Daten, die vom Flugzeughersteller geliefert werden. Manche Flugzeughersteller liefern lediglich Daten für wenige festgelegte Geschwindigkeiten. Unter Daten versteht man in diesem Zusammenhang die Kombination aus Treibstoffverbrauchsdaten in Abhängigkeit der Machzahl, Flughöhe, Temperatur und Fluggewicht. Auf Basis dieser Daten werden von den Fluggesellschaften Standardgeschwindigkeiten festgelegt, die einem Optimum zwar nahe kommen, dies aber nicht unter allen Umständen immer treffen. Denn beim Fliegen mit konstanter Geschwindigkeit ergeben sich zwangsläufig nicht genutzte Potenziale. So erhöht eine Rückenwindkomponente die Geschwindigkeit über Grund, was häufig zu einer zu frühen Ankunft führt. Diese zusätzliche Geschwindigkeit könnte genutzt werden, die Leistung des Triebwerks und damit auch den Treibstoffverbrauch zu reduzieren. Bei starkem Gegenwind könnte hingegen ein Flug verspätet ankommen, wenn die Crew nicht schneller fliegt. Die Frage, die sich sowohl aus dem Rückenwind, als auch aus dem Gegenwindszenario für die Crew ergibt, ist folgende: Welche Geschwindigkeit ist die wirtschaftlich Richtige? Soll man lieber schneller fliegen? Das bedeutet erhöhter Treibstoffverbrauch, aber dafür kürzere Flugzeit mit entsprechend reduzierten Zeitkosten. Oder soll man lieber langsam fliegen? Dies resultiert in längerer Flugzeit, höheren Zeitkosten, aber geringerem Treibstoffverbrauch? Die Idee des Cost-Index-Verfahrens ist, mit Hilfe eines Quotienten aus variablen Zeitkosten und Treibstoffkosten eine Verhältniszahl zu schaffen, mit deren Hilfe eine optimale Geschwindigkeit errechnet werden kann und damit ein verbrauchsoptimales Profil erflogen werden kann.

15.2 Die Cost Index Idee

CI

CT CF

349

(15.5)

Diese Geschwindigkeit nennt man in der Fachterminologie Econ Speed bzw. Econ Mach Number.

Abb. 15.7 ECON-Machzahl in Abhängigkeit von den Ereigniskosten

15.2.2 Mathematische Herleitung der Cost Index Gleichung

Im vorherigen Kapitel wurde die Cost Index Gleichung bereits kurz angesprochen. Nachfolgend soll die Herleitung dargestellt werden. Der benötigte Treibstoff entspricht dem Quotienten aus Reichweite (R) und spezifischer Reichweite (SAR) und die Flugzeit (t) entspricht dem Quotienten aus Reichweite und Geschwindigkeit. Daraus ergibt sich: Fuel

R und t SAR

R R bzw. a˜M TAS

Einsetzen von Gl. (15.6) in Gl. (15.4) ergibt:

(15.6)

350

15 Wirtschaftliches Fliegen

CO

Cf

R R  Ct a˜M SAR

(15.7)

Unter econ cruise speed versteht man die Geschwindigkeit, die zu einem Minimum der variablen Zeitkosten und Treibstoffkosten führt. Daraus folgt, dass ein ökonomischer Reiseflug dann vorherrscht, wenn dCO/dM = 0 ist. Daraus folgt: dCO dM

§  1 · § dSAR · Ct ˜ R §  1 · Cf ˜ R ˜¨ ˜ ˜¨ 2 ¸ ¸ 2 ¸ ¨ a © SAR ¹ © dM ¹ ©M ¹

(15.7)

ª§ C f ·§ dSAR · CT º ¸ 0  R ˜ «¨¨ ¸ 2 ¸¨ 2» ¬«© SAR ¹© dM ¹ a ˜ M ¼»

(15.8)

dCO dM

Ct a˜M2



Cf

dSAR SAR dM

(15.9)

2

Daraus folgt: Ct Cf

§ a ˜ T ˜ M 2 · dSAR ¸ ¨ 0 2 ¸ dM ¨ SAR ¹ ©

(15.10)

ª EUR/min º CI « » ¬ EUR/kg ¼

(15.11)

mit: Ct Cf

Der CI hat demnach die Einheit [kg/min]. Dadurch lassen sich Zeitkosten in Treibstoffmengen umrechnen, wobei der Treibstoffpreis hierbei wie eine Art Umrechnungsfaktor, ähnlich einer Währung handhabbar ist. Die Zeitkosten werden hierbei also wie eine Art „zusätzlicher“ Treibstoffverbrauch dargestellt. Besonders deutlich wird dies durch Umstellung der Gleichung (15.4) unter Verwendung des CI. CO

CI ˜ C f ˜ t  C f ˜ m f

(15.12)

Die Division von Gl. (15.12) durch den Treibstoffpreis ändert die Dimension bei CO von EUR in kg.

15.2 Die Cost Index Idee

CO Cf

COkg

351

(15.13)

CI ˜ t  m f

Der Vollständigkeit halber soll noch kurz die Herleitung der sogenannten Econ Cruise Cost Function (ECCF) dargestellt werden. Hierzu dividiert man die Gl. (15.4) durch NAM und erhält die Kosten für eine zurückgelegte Entfernungseinheit. CO R Mit

t ª h º R «¬ NAM »¼

CI ˜ C f

m f ª kg º 1 und TAS R «¬ NAM »¼ CO NAM

(15.14)

mf t  Cf R R FF TAS

1 erhält man: SAR

§ CI  FF · C f ˜¨ ¸ © TAS ¹

(15.15)

Dividiert man Gl. (15.15) durch den Treibstoffpreis CF erhält man die Econ Cruise Cost Function. ECCF

CO NAM ˜ C f

CI  FF >kg / h@ TAS >NAM / h@

(15.16)

15.2.3 Praktische Umsetzung

Zur Umsetzung des Cost Index in die fliegerische Praxis wird die Gleichung der spezifischen Reichweite variiert und zur ökonomischen spezifischen Reichweite (SRECON) ausgebaut. SARECON

geflogene Strecke R NAM bzw. bzw. optimierungsfähige Kosten COkg kg

(15.17)

Im Nenner wird nun allerdings nicht nur die Treibstoffmasse berücksichtigt, sondern die im Sinne optimierungsfähigen Kosten des Fluges insgesamt, die vorher auf eine „Massebasis“ umgerechnet wurden. Wie schon bei der SAR, wird auch diese Gleichung nach der Zeit abgeleitet. Es ergibt sich unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Windkomponente:

352

15 Wirtschaftliches Fliegen

SRECON

(15.18)

TAS  VW d COkg dt





Einsetzen von Gl. (15.13) in (15.18) ergibt: SRECON

TAS  VW

d CI ˜ t  m f dt

(15.19)

a 0 ˜ T ˜ M  VW CI  FF

In dieser Form ist die Gleichung jedoch noch nicht nutzbar, da Daten zum Treibstoffdurchfluss nicht direkt vorliegen. Allerdings liegen in der Regel die Leistungsangaben zur spezifischen Reichweite vor. Um diese verwenden zu können, wird im nächsten Schritt Gl. (15.10) in Gl. (15.19) eingesetzt. Es ergibt sich: SRECON

a 0 ˜ T ˜ M  VW § M · CI  a 0 ˜ T ˜ ¨ ¸ © SAR ¹



SAR ˜ a 0 T M  VW



(15.20)

SAR ˜ CI  a 0 ˜ T ˜ M

Mit Hilfe der obigen Gleichung kann die ökonomische Reichweite unter Verwendung von wenigen Variablen errechnet werden. Es gilt diejenige Machzahl, also Fluggeschwindigkeit, zu finden, die zu einer Maximierung der SREcon führt. 15.2.4 Grenzen der Anwendung

Der Cost Index kann sinnvoll nur innerhalb bestimmter Grenzen angewendet werden. Ein Cost Index von „null“ entspricht der maximum range cruise speed. In diesem Fall werden keine Zeitkosten berücksichtigt. Ein Cost Index von „999“ entspricht der maximal möglichen Machzahl. Ein hoher Cost Index wäre denkbar, wenn die Zeitkosten weit über den Treibstoffkosten liegen. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn eine unpünktliche Landung unverhältnismäßig hohe Folgekosten, z. B. durch verpasste Anschlussflüge, generieren würde.

15.3 Das ökonomische Flugprofil

353

Abb. 15.8 Obere und untere Grenze des Cost Index

In der Praxis wird der obere Wert des Cost Index durch einen Abschlag an der maximalen Reisefluggeschwindigkeit begrenzt, da der Grenznutzen einer höheren Geschwindigkeit den enorm höheren Treibstoffverbrauch auf der Kurz- und Mittelstrecke nicht mehr aufwiegen kann. Die Erhöhung der Geschwindigkeit hat dort seine Grenzen (Maximum CI), wo der Mehrverbrauch pro Minute Zeitgewinn höhere Treibstoffkosten verursacht als die Folgekosten einer Verspätung.

15.3 Das ökonomische Flugprofil Lässt man äußere Einflussfaktoren, wie z. B. Wind, außen vor, kann man grundsätzlich die Aussage treffen, dass ein Flug in großer Höhe hinsichtlich des Treibstoffverbrauchs günstiger ist, als in niedriger Flughöhe. Daher wird vielfach nur der Streckenflug optimiert. Dies ist aber im Sinne einer Gesamtoptimierung nicht ausreichend. Gerade im Kurzstreckenverkehr stellt der horizontale Streckenflug oft nur einen geringen Anteil am gesamten Flugprofil dar. Daher sollte grundsätzlich auch der Steig- und Sinkflug in die Optimierung einbezogen werden. In Abb. 15.9 deutlich, dass eine hohe Steiggeschwindigkeit (= hoher Cost Index) zu einem flacheren Steigwinkel führt. Die Reiseflughöhe wird folglich später erreicht. Umgekehrt verhält es sich bei einem niedrigen Cost Index (CI = 0) bzw. einer niedrigen Geschwindigkeit. Der Leistungsüberschuss der Triebwerke resultiert in einem höheren Steigwinkel, was dazu führt, dass die Reiseflughöhe früher erreicht wird. Beide Verfahren haben Auswirkungen auf die Gesamtflugzeit.

354

15 Wirtschaftliches Fliegen

Abb. 15.9 Betrachtungssegment Steigflug

Der Sinkflug ergibt ein ähnliches Bild.

Abb. 15.10 Betrachtungssegment Sinkflug

15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten

355

15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten Zu den optimierungsfähigen Kosten gehören neben den Technik- und Personalkosten auch diejenigen Kosten, die durch eine Verspätung verursacht werden. Die Ermittlung dieser Kosten ist sehr komplex, weshalb in dieser Betrachtung aufgrund des Umfangs auf eine Darstellung verzichtet wird. 15.4.1 Treibstoffpreis

Die Ausgaben für Treibstoff gehören schon immer zu den größten Ausgabenblöcken einer Luftverkehrsgesellschaft. Mittlerweile hat der Preis allerdings ein Niveau erreicht, das die Fluggesellschaften zu einem nachhaltigen Handeln zwingt. Die nachstehende Abbildung zeigt die Preissteigerung in den letzten 16 Jahren und maßgebende äußere Einflüsse.

Abb. 15.11 Treibstoffpreisentwicklung 1990 – 2006 (nach Lufthansa)

Im Jahr 2005 beliefen sich die Ausgaben der europäischen Fluggesellschaften für Treibstoff auf ca. 18 Milliarden US-Dollar. Im Gegensatz hierzu beliefen sich die Ausgaben im Jahr 2003 auf ca. 9 Milliarden Dollar. Erwartungsgemäß werden die Ausgaben in 2006 nochmals ansteigen, da die noch teilweise bestehenden Vorteile durch Treibstoffpreissicherungsgeschäfte nach und nach auslaufen. Der Treibstoffpreis, ursächlich abhängig vom Ölpreis, unterliegt vielen äußeren Einflüssen. Dies sind unter anderem: x x x x

Weltweite Nachfrage und generelle Versorgungssituation mit Kerosin OPEC-Politik und Versorgung von Non-OPEC-Ländern Politische Situation (regionale Stabilität, Krieg) Externe Faktoren wie Wetter, Unfall oder Streik.

356

15 Wirtschaftliches Fliegen

15.4.2 Ermittlung der relevanten Technikkosten

Für die Ermittlung des firmen- und flottenspezifischen Cost Index sind lediglich die Kosten von Interesse, die tatsächlich durch eine Verlängerung oder Verkürzung der Flugzeit eines spezifischen Fluges entstehen oder entfallen. Sie werden daher mit dem Zusatz „optimierungsfähige“ Kosten bezeichnet, da der Begriff der zeitabhängigen Kosten alleine nicht die tatsächlich gesuchte Größe hinreichend genau beschreibt. Zeitabhängige relevante Technik-Kosten entstehen einerseits durch zeitbedingte Wartungs- oder Überholungskosten und andererseits durch zeitbedingten Verschleiß. Da auch der Verschleiß wiederum zu Instandhaltungsereignissen führt, können die Technik-Kosten über die Kennzahlen des Instandhaltungssystems des Betreibers ermittelt werden. Entstehung von Instandhaltungsereignissen

Wie der Name schon sagt, geht es bei der Instandhaltung darum, die Flugzeuge des Betreibers in einem betriebsbereiten Zustand zu halten. Hierzu gehört: x x x x

Gewährleistung maximal möglicher betrieblicher Sicherheit, Erlangung und Beibehaltung einer hohen Einsatzzuverlässigkeit, Optimierung der Wirtschaftlichkeit im Betriebsablauf, Gewährleistung eines hohen Passagierkomforts und eines ordentlichen Erscheinungsbildes.

Instandhaltungskosten von Flugzeugen entstehen bei jeder Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen und den dazugehörigen Materialaufwendungen. Die Instandhaltung ist ein Sammelbegriff, der eine Vielzahl von Funktionen beinhaltet. Die Hauptfunktionen der Instandhaltung „Wartung“ und „Überholung“ müssen hinsichtlich relevanter Kosten überprüft werden: Die Wartung sorgt für die Betriebsfähigkeit des Flugzeuges bis zur nächsten Überholung. Ein Wartungsereignis beinhaltet die Durchführung verschiedener Kontrollen mit und ohne technisches Hilfsgerät. Die Reparatur ist Teil der Wartung. Die Wartung wird in der Regel während der flugplanbedingten Bodenzeiten und daher auch vielfach nachts durchgeführt. Unter Überholung versteht man eine umfassende Wartung und Reparatur des Flugzeugs bei weitgehender Zerlegung der technischen Systeme. Sie wird im Rahmen von Sonderliegezeiten durchgeführt. Für die Ermittlung

15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten

357

der relevanten Technikkosten ist die Frage der zeitabhängigen planbaren Wartung- und Überholungsereignisse wichtig. Unplanbare Ereignisse, die zu einer Wartung oder Überholung führen, sind zwar insgesamt für die technischen Betriebskosten relevant, aber nicht für die Betrachtung im Rahmen der CI-Entwicklung. Aufgrund der unterschiedlichen Belastung einzelner Flugzeugsysteme unterscheiden sich die Wartungsintervalle. Vorgeschriebene Überprüfungsintervalle enthält das sogenannte maintenance planning document (MPD), welches dem technischen Betrieb genau angibt, wann welches System zu überprüfen ist. Planbare Instandhaltungsereignisse können entweder in präventive oder korrektive Maßnahmen gegliedert werden. Präventive Instandhaltungsmaßnahmen

Die präventiven Instandhaltungsmaßnahmen beinhalten den fest geplanten Ausbau oder die vorprogrammierte Wartung einzelner Komponenten oder des gesamten Flugzeuges. Alle Maßnahmen richten sich nach einem festen Zeitplan, weshalb diese Instandhaltungsweise auch hard time maintenance genannt wird. Impulsgeber für die Planung ist entweder ein flugstundenbezogenes Ereignis oder das Erreichen einer bestimmten Anzahl von Flugbewegungen (cycles). Eine Übersicht der einzelnen Instandhaltungsereignisse zeigt die folgende Tabelle, wobei FH für Flugstunde und MH für Mannstunde steht. Tabelle 15.1 Intervalle, Aufwendungen und Umfang von Instandhaltungsereignissen (nach Mensen 2003) E Trip Check

ZI L A Pro Flug 0,5 h 0,5 mh

Ramp Check

1d

1h

2 mh

Service Check 9 d

4h

20 mh

350 fh 6 h (ca. 4 w)

40 mh

A-Check

DA walkaround und cockpit check Sichtkontrollen, kleine Wartungsarbeiten durch Cockpit und/oder Wartungspersonal walkaround Funktionsüberprüfungen durch Wartungspersonal Beinhaltet den ramp check, Sicht-, Zustandskontrollen und Reinigungsarbeiten Beinhaltet service check, Kabineninspektion, Systemüberprüfungen an den jeweiligen Stationen

358

15 Wirtschaftliches Fliegen

B-Check

5m

12 h

150 mh

Beinhaltet den A-Check und zusätzliche Überprüfungen der Struktur und Systeme C-Check 15 m 30 h 700 mh Beinhaltet den B-Check und Zerlegung einzelner Komponenten zur Überprüfung von Struktur und Systemen. IL20 66 m 2 w 12.000 mh Spezielle Untersuchungen des Rumpfes und der Struktur, eventuell Lackieren und Polieren. D-Check 130 m 4 w 30.000 mh Struktur- und Systemüberholung, beinhaltet alle oben genannten Überprüfungen E Ereignis, ZI typisches Zeitintervall (d Tage, m Monate, fh Flugstunden), L Liegezeit (h Stunden, w Wochen), A Aufwand (mh Mannstunden), DA durchgeführt Arbeiten.

Die Methode der präventiven Instandhaltung ist eine gut planbare, aber auch sehr teure Methode, da sie statische Wartungsintervalle vorsieht, die mit teuren Liegezeiten verbunden sind. Vor Einführung eines neuen Flugzeugmusters wird durch eine sogenannte Maintenance Steering Group (MSG), die sich aus dem Flugzeughersteller und Vertretern der Fluggesellschaft, der Behörden und des Triebwerkherstellers zusammensetzt, ein Erstinstandhaltungssystem entwickelt. Hierbei werden für einige Bauteile maximale Betriebsstundengrenzen vorgesehen, die zu einer so genannten time between overhaul (TBO) führen. Nicht selten kommt es vor, dass Einzelteile aufgrund der erreichten maximalen Betriebsstundengrenze ausgewechselt werden müssen, obwohl es auch technischer Sicht noch lange nicht notwendig wäre. Korrektive Instandhaltungsmaßnahmen

Die hohen Kosten für eine präventive Instandhaltung führen bei den Fluggesellschaften immer mehr zu dem Versuch, die statischen TBO-Zeiten zu verlängern. Der Austausch eines Teils soll also nicht mehr nach festen Intervallen erfolgen, sondern nur noch, wenn es sein Zustand erfordert. Es werden also Fehler im Betrieb zugelassen, die erst im Anschluss beseitigt werden. Eine solche Instandhaltungsmethode benötigt aber ein umfassendes Überwachen bestimmter Parameter, die bei Abweichungen vom Sollzustand eine Warnung generieren. Eine solche Überwachung ist beispielsweise das Engine Trend Monitoring.

15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten

359

Mit Hilfe der korrektiven Instandhaltung konnte in den 70er Jahren das starre Hard-Time-Verfahren teilweise abgelöst werden und zu einem System der variablen TBO umgewandelt werden. Die optimierungsfähigen Kosten

Zu ermitteln sind die Kostenanteile, die sich durch eine weitere Betriebsminute ergeben würden. Also, die Kostenanteile, die von der tatsächlichen Betriebszeit, also der Flugzeit, und welche Kosten durch ein Flugereignis, dem cycle, abhängen. Hierbei müssen auch die Kosten berücksichtigt werden, die sich durch zurückgestellte technische Beanstandungen ergeben, die aus Zeitgründen früher durchgeführt werden müssen. Von großer Bedeutung im Zusammenhang der optimierungsfähigen Kosten ist, welche Vertragsarten im Bereich der Instandhaltung vorliegen und ob das Flugzeug geleast oder gekauft ist. Die Wartungsereignisse für hoch belastete Bauteile, wie z. B. Schubumkehr und Fahrwerk, richten sich häufig nach der Anzahl der cycles und sind daher unabhängig von den Flugminuten. Die Lebensdauer vieler anderer Komponenten hängt von den tatsächlich erbrachten Betriebsminuten ab und werden in Abhängigkeit der Flugzeit gewartet. Auf Basis der internen Kostenrechnung und der Wartungsverträge müssen alle Technikkosten hinsichtlich ihrer Abhängigkeit analysiert werden. Dazu können folgende Prämissen beachtet werden: x Viele Instandhaltungskosten bei neuen Flugzeugmustern werden in den ersten Jahren zu einem großen Teil über die Garantie abgedeckt. x Wartungskosten für die Flugzeugzelle fallen häufig im Rahmen eines CChecks an. Hier muss die jeweilige Fluggesellschaft prüfen, ob der „Treiber“ für den C-Check tatsächlich die Flugstunde ist, oder eher die technische Reserveplanung und einem damit verbundenen Engpass. x Triebwerksüberholungen sind sehr häufig abhängig von den Flugereignissen. Ausnahme stellen sogenannte power-by-the-hour Verträge dar, was dann zur Abrechnung eines Kostensatzes pro Flugstunde führt. Erfolgt ein Rückgriff auf Leihtriebwerke, sind diese Kosten in der Regel flugstundenabhängig anrechenbar. x Überholungen der APU richten sich nach deren Laufzeit in Stunden. Eine APU-Stunde fällt im Wesentlichen während der Bodenstandzeit und teilweise auch bei Start und Landung an. x Reparaturen bei Bremsen und Fahrwerken richten sich nach geflogenen cycles und sind daher nicht anrechenbar.

360

15 Wirtschaftliches Fliegen

x Personalkosten von Technikpersonal sind Fixkapazitäten. Mehr- oder minder geflogene Flugzeit im Rahmen eines Flugereignisses führen nicht zu Kapazitätsanpassungen. x Kosten für Materialeinsatz, Verbrauchsmaterial und Gerätekosten sind individuell zu analysieren. x Diese Kostensätze müssen im Laufe der Zeit hinsichtlich neuer Bedingungen überwacht und angeglichen werden (z. B. Auslauf von Garantien) 15.4.3 Ermittlung der relevanten Personalkosten

Die Einbeziehung der Personalkosten in die flugminutenabhängigen Kosten hängt erstrangig vom jeweiligen Bezahlungsmodell der Airline ab. Während einige Gesellschaften ihrem fliegenden Personal einen auf Blockstunden basierten Stundenlohn bezahlen, das eine Berechnung relativ einfach macht, gibt es andere Gesellschaften mit hochkomplexen Tarifwerken und daraus resultierenden Bezahlungsmodalitäten. Bei den meisten Fluggesellschaften existiert ein Grundgehalt, dem ein bestimmtes zu leistendes Arbeitspensum gegenübersteht. Wird diese Grundzeit überschritten, erhält der Mitarbeiter zusätzlich zum Grundgehalt eine Mehrflugstundenzulage. Neben der Art des Bezahlungsmodells hängt oftmals die Frage, wie die Personalkosten in ein Cost Index basiertes Modell einfließen sollen, vom Betrachtungszeitraum ab. Kurz- und mittelfristig betrachtet, wirkt sich eine Verringerung der Flugzeit nur auf die Personalkosten aus, die im Mehrflugstunden-Bereich liegen. Wichtig ist die Erkenntnis, dass nur diese kurz- und mittelfristigen Personalkosten in die CI-Berechnung einfließen, denn die Einsparpotentiale müssen in einem direkten zeitlichen Zusammenhang mit den Ausgaben stehen. Langfristig betrachtet ergeben sich keine weiteren Auswirkungen. Die Annahme, dass beispielsweise über eine höhere Fluggeschwindigkeit die Gesamtblockzeit des Flugplannetzes verringert wird und dadurch die für die Personalplanung angesetzte Produktivität pro Flugzeug und Einsatztag steigt, ist eher ein theoretischer Ansatz und gerade im Kurz- und Mittelstreckenbereich nicht relevant. Fazit: Die Anwendung des Cost Index Verfahrens kann zu signifikanten Einsparungen führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine fundierte Identifizierung und Analyse der unternehmensspezifischen Kosten.

Glossar

Height, Altitude und Elevation Height Relative Höhe. Vertikale Distanz zwischen einer Bezugsebene (z. B. Erdoberfläche, reference zero, Schwellenhöhe der Pisten) und dem Einbauort des Höhenmessers. Die Height ist beispielsweise für Entscheidungshöhen von Präzisionsanflügen relevant. True Height Wahre Höhe über einem bestimmten Punkt auf der Erdoberfläche (Luftsäule). Diese Luftsäule ist hier bereits um die Temperatur korrigiert (Dichtekorrektur). Gross Height Wahre Höhe an einem spezifischen Punkt des Bruttoflugweges. (Die im Zusammenhang mit diesem Begriff häufig genannte gross performance ist die unkorrigierte Leistungsfähigkeit des Flugzeugs bei ISA.) Net Height. Die Netto-Flughöhe ist die gross height korrigiert um Einflüsse auf die Flugleistung, wie z. B. Triebwerksausfall als niedrigst möglichen Punkt auf dem geplanten Flugweg über Grund (net flight path). Altitude Absolute Höhe über MSL. Vertikale Distanz zwischen dem Meeresspiegel (MSL) und dem Einbauort des Höhenmessers unter ISA-Bedingungen. Die Einstellung an der Unterskala ist das QNH. Sie ist nicht zu verwechseln mit der pressure altitude, die sich generell auf 1013 hPa bezieht. Bei einem Flug über dem Meer entspricht die Erdoberfläche (hier Meer) genau dem Meeresspiegel. In diesem Fall ist altitude = height. True Altitude Tatsächliche Höhe. Unter der Bezeichnung true altitude versteht man die altitude korrigiert um Druck- und Temperaturabweichungen von ISA. Dieser Begriff kommt der tatsächlichen Höhe „tapeline altitude“ eines Gegentandes über dem Meeresspiegel am nächsten. Aus diesem Grund ist diese Höhe bei der Betrachtung von Minimum-Höhen von Bedeutung.

362

Glossar

Pressure Altitude (PA) bzw. Flight Level (FL) Druckhöhe bzw. Flugfläche. Unter der Bezeichnung pressure altitude versteht man die vertikale Distanz zwischen dem Einbauort des Drucksensors (Aneroiddose) und der spezifischen Druckbasis 1013 hPa unter ISA-Bedingungen (keine Temperaturkorrektur). Sie entspricht damit auch dem Flight Level. Die Flugfläche ist ein flugbetrieblicher Ausdruck für die PA. Sie wird immer dreistellig angegeben (z. B. FL060 = 6.000 ft, bezogen auf 1013 hPa.) Density Altitude (DA) Dichtehöhe. Die Luftdichte ist ein Maß dafür, wie eng die Moleküle einer bestimmten Materie „gepackt“ sind. Mit anderen Worten ist die Luftdichte ein Maß dafür, wie viel Masse einer Materie in einem gegebenen Raumvolumen gehalten werden kann. Die Dichtehöhe ist die der Luftdichte entsprechende Höhe. Ist die PA bekannt, kann mit ihrer Hilfe die Dichtehöhe berechnet werden. DA [ft]=PA [ft] +(118,6·'TISA) QNE Das QNE ist keine Höhenmessereinstellung, sondern ein Höhenbegriff. Es ist definiert als Druckhöhe des Flugplatzes über der 1013-hPa-Fläche und somit die „pressure altitude der elevation (ELEV)“. Das QNE wird also dann am Höhenmesser angezeigt, wenn am Boden ein Druck von 1013 hPa eingestellt wird. QNE [ft]=ELEV [ft]–30(QNH [hPa]–1013 [hPa]) Minimum Flight Altitude Zur Ermittlung von Mindestflughöhen gewährt der Gesetzgeber einen gewissen Spielraum. Einige Hinweise enthalten die IEM OPS 1.520, die drei Definitionen für Minimum Flughöhen aufzählt und Varianten zur Ermittlung solcher Flughöhen anbietet. Minimum Obstacle Clearance Altitude (MOCA) Die MOCA ist gem. KSS-Formel die Summe aus der höchsten Bodenerhebung oder dem höchsten Hindernis; plus 1000 ft bis zu einer Höhe von 6000 ft, bzw. 2000 ft für Höhen über 6000 ft, aufgerundet auf die nächsten 100 ft. Die niedrigste auf Karten dargestellte MOCA beträgt 2000 ft. (IEM OPS 1.250 (2)) Minimum Off Route Altitude (MORA) Die MORA wird für eine Fläche berechnet, die durch jedes oder jedes zweite Quadrat aus Längen- und Breitengrad auf einer Streckennavigationskarte (route facility chart) oder Anflugkarte (terminal approach chart) begrenzt wird. Die Berechnung basiert auf definierten Hindernisfreiheiten bezogen auf das höchste Hindernis. Dabei kommt es ja nach Kartenhersteller zu verschiedenen Definitionen. Die IEM OPS 1.250 führt mit der KSS-Formel und der Jeppesen Formel zwei Berechnungsmodelle beispielhaft auf. Es ist also wichtig, für die Interpretation der MORA die jeweilige Definition der verwendeten Karten zu kennen.

Bezugsgrößen

363

Minimum Safe Enroute Altitude (MEA) Die Berechnung der MEA (ATLAS Formel) basiert auf der der höchsten Erhebung eines Flugstreckensegments. Dieses Segment erstreckt sich von einem Navigationspunkt zum anderen und hat dabei eine seitliche Ausdehnung von 10 NM (bei Segmenten bis 100 NM) oder bei Segmenten über 100 NM, 10 % der Segmentlänge bis zu maximal 60 NM. Im Flughafennahbereich (sog. TMA) kann die Korridorbreite auf 5 NM reduziert werden, wenn die Navigationsgenauigkeit sichergestellt ist. Die MEA wird berechnet, indem auf die oben genannte höchste Erhebung wie folgt beaufschlagt wird: x Bei Erhebungen bis 5.000 ft: +1.500 ft x Bei Erhebungen über 5.000 ft bis 10.000 ft: +2.000 ft x Bei Erhebungen über 10.000 ft: +10 % der Erhebung zzgl. 1.000 ft. Das Ergebnis wird auf die nächsten 100 ft aufgerundet. Minimum Safe Altitude Sicherheitsmindesthöhe. Die Höhe, die auf Anflugblättern abgebildet ist und eine Hindernisfreiheit von mindestens 1.000 ft gewährleistet. Sie wird auf einen bestimmten Navigationspunkt bezogen und gilt für eine definierte Entfernung von diesem Punkt, auf dem ein bestimmtes Flugverfahren basiert. Häufig wird die minimum safe altitude mit MSA abgekürzt. Dies ist allerding nicht korrekt. Denn die MSA ist durch den Terminus minimum sector altitude belegt. (ICAO 8168, PANS-OPS) Minimum Sector Altitude (MSA) Die MSA ist die niedrigste Höhe, die noch einen Mindestsicherheitsabstand von 1000 ft, bezogen auf ISA Bedingungen, gewährleistet. Der Mindestsicherheitsabstand bezieht sich auf alle Hindernisse, die innerhalb eines Teilkreises mit einem Radius von 25 NM liegen. Der Mittelpunkt des Kreises basiert auf einer Navigationshilfe oder einem spezifischen Navigationspunkt.

Bezugsgrößen Airport Reference Point (ARP) Bezugspunkt des Flughafens. In Luftfahrtkarten angegeben in geografischen Koordinaten nach Länge, Breite und Höhenlage. Brake Release Point (BRP) Der Punkt auf der Startbahn, an dem die Bremsen gelöst werden und der Startlauf beginnt. Reference Zero (RZ) Der Punkt auf der Startbahn oder dem Clearway, am Ende der Take-off Distance. Er ist der örtliche Bezugspunkt für den Beginn des Take-off Flight Path und für die Hindernisanalyse.

364

Glossar

Maximum Ceiling (Flugleistungslimitierte) maximale Flughöhe, die bei gegebenem Gewicht, Temperatur und Flugverfahren mit max. cruise thrust gehalten werden muss. Absolute Ceiling Druckhöhe, in der die Steigrate zu null wird. Diese Höhe wird in der Regel Propellerflugzeugen angegeben, da für diese Flugzeuge keine VMO bzw. MMO Grenzen vorhanden sind oder diese nicht erreicht werden. Service Ceiling Dienstgipfelhöhe. Druckhöhe (PA) in der noch eine Steigrate von 500 fpm (Jet) bzw. 100 fpm (Prop) erreicht werden muss. In der Literatur (z. B. Swatton 2000) wird die service ceiling zum Teil noch unterschieden in gross ceiling und net ceiling. Die gross ceiling entspricht dabei der service ceiling und ist für die praktische Flugdurchführung von Bedeutung. Die net ceiling liegt etwas unter der gross ceiling und entspricht einer Flughöhe, bei der noch eine Steigrate von 750 fpm (Jet) bzw. 150 fpm (Prop) erreicht wird. Sie ist daher eher für die Flugplanung relevant. Aerodynamic Ceiling Die aerodynamische Gipfelhöhe wird erreicht, wenn sich die Linien der VMO und MMO treffen (siehe auch Kapitel 4.7).

Höhenmessereinstellungen QNH Druckwert in hPa bzw. (in USA Inch Hg) der am Höhenmesser eingestellt wird und die Anzeige der Höhe über dem Meeresspiegel bewirkt. Diese Einstellung wird in aller Regel von Flugzeugen gewählt, die sich in der Umgebung eines Flughafens in niedriger Höhe befinden. Am Boden zeigt der Höhenmesser mit QNH-Einstellung die Höhe des Flughafens über MSL an. QFE Druckwert des Flughafens. Am Höhenmesser eingestellt, zeigt dieser eine Höhe von 0 ft an. Diese Einstellung wird häufig von britischen Airlines benutzt. Übersicht über Einstellungen und Anzeigen Einstellung Unterskala 1013 QNH QFE

Anzeige des Höhemessers Am Boden Im Flug QNE FL Altitude ELEV 0 Height

Atmosphärische Bedingungen

365

Atmosphärische Bedingungen (Air-) pressure [p] Druck eines Punkts in der Atmosphäre, wie er von einem fehlerfreien Instrument gemessen würde, das gegenüber der Luft in Ruhe ist. (DIN 9300/5) Relative (air) humidity Relative (Luft-) Feuchtigkeit. Der Feuchtigkeitsgehalt der Luft, ausgedrückt in Prozent der absoluten Sättigung. (Air) Density [U] (Luft-) Dichte. Quotient aus der Masse der Luft eines Punktes der Atmosphäre und dem diesen Punkt umgebenden Volumen. (DIN 9300/5). Relative (air) density [V] Relative (Luft-) Dichte. Verhältnis der Luftdichte an einem Punkt der Atmosphäre zu einer Bezugsluftdichte. Im Allgemeinen ist die Bezugsluftdichte die Luftdichte in mittlerer Meereshöhe der gewählten Normatmosphäre. Bei Verwendung der Normatmosphäre nach DIN ISO 2533: (DIN 9300/5)

V

U mit Un = 1,225 kg m-3 Un

(Air) temperature [T] (Luft-) Temperatur. Die Temperatur drückt den „Wärmegrad” eines Objekts aus. Sie ist damit - physikalisch ausgedrückt - ein Gradmesser für die Bewegungstätigkeit der Moleküle in einem Medium (Festkörper, Fluid oder Gas). Unterschieden wird zwischen der relativen Temperatur und der absoluten Temperatur. Bei der relativen Temperatur erfolgen Temperaturangaben in Relation zu einer festgelegten Skala. Die gebräuchlichste relative Temperaturskala ist das gewöhnliche Thermometer. Hier wurden der Gefrierpunkt und der Siedepunkt von Wasser als Referenzpunkte gewählt. Temperaturangaben innerhalb dieses Systems sind sofort einzuordnen. Gefrierpunkt Siedepunkt Differenz Celsius Skala 0 °C 100 °C 100 °C Fahrenheit Skala 32 °F 212 °F 180 °F Im Unterschied zur relativen Temperatur, wo der Nullpunkt einer Skala beliebig bestimmt werden kann, ist bei der absoluten Temperatur der Nullpunkt durch die theoretisch tiefste Temperatur bestimmt. Theoretisch beenden die Moleküle bei dieser Temperatur jede Bewegung. Eine tiefere Temperatur als „Null“ ist daher nicht möglich. Die Skala für die absolute Temperatur hat die Dimension Rankine [R] oder Kelvin [K]. In Gleichungen zur Flugleistung ist immer mit der absoluten Temperatur zu rechnen.

366

Glossar

absoluter Nullpunkt Gefrierpunkt Siedepunkt

Celsius-Skala -273,15 °C 0 °C 100 °C

Kelvin Skala 0K 273,15 K 373,15 K

Rankine Skala 0 °Ra 491,67 °R 671,67 °R

Bei der Temperaturdifferenz zwischen Siede- und Gefrierpunkt entsprechen die Kelvinskala dem Celsius-System und die Rankineskala dem Fahrenheit-System. Total Air Temperature (TAT) Die mittels Fluginstrument angezeigte Temperatur der umgebenden Luft, erhitzt durch die adiabatische Kompression (ram effect). TAT = SAT (1,2yM2) Maximum/Minimum Temperature Die höchste/niedrigste Temperatur, unter der die maximale Flugleistung eines Flugzeuges für eine bestimmte Aufgabe (z. B. Start) gewährleistet werden kann.

Beladung und Schwerpunkt (Weight and Balance) Basic Empty Weight (BEW) Flugzeugrüstgewicht ist das Flugzeugleergewicht inkl. einiger Dinge, wie nicht nutzbarer Treibstoff und andere nicht nutzbare Flüssigkeiten, Schmieröl in Triebwerken und Hilfsaggregaten, Feuerlöscher, Sauerstoffnotausrüstung, zusätzliche elektronische Ausrüstungsgegenstände. Dry Operating Weight (DOW) Flugzeuggewicht ohne Nutzlast und nutzbaren Treibstoff, inklusive Crew und Crewgepäck, Servicebeladung (Catering, austauschbare Gegenstände des Passagierservices, Essen und Getränke), Wasser und Toiletten-Chemikalien. Das DOW wird auch teilweise operating empty weight (OEW) genannt. Gross Weight (GW) Gesamtgewicht des Flugzeugs inklusive Treibstoff, Crew, und traffic load zu einem bestimmten Zeitpunkt (auch All Up Weight (AUW) genannt). Maximum Taxi Weight Höchstzulässiges strukturelles Gewicht, mit dem noch gerollt werden darf (auch Maximum Ramp Weight (MRW) genannt). Maximum Zero Fuel Weight (MZFW) Höchstzulässiges Flugzeuggewicht ohne nutzbaren Treibstoff. Der Grund für die Festlegung des MZFW findet sich in den von den Flügeln verursachten Biegemomenten an der Flügelwurzel, wenn sie Auftrieb erzeugen. Diese Biegemomente sind bei einem leichten Flügel größer, denn der Auftrieb drückt den Flügel weiter nach oben, als einen vollbetankten schweren Flügel. Während des Fluges werden mit dem Treibstoffverbrauch die Biegemomente immer größer. Aus Sicherheitsgründen wird daher das Gewicht so limitiert, als wenn kein Treibstoff in den Tanks wäre.

Beladung und Schwerpunkt (Weight and Balance)

367

Maximum Take-Off Weight (MTOW) Höchstzulässiges strukturelles Startgewicht. Performance Take-Off Weight (PTOW) Höchstzulässiges Startgewicht, unter Berücksichtigung gewichtsmindernder Faktoren und Limitierungen (auch Regulated Take-off Weight, RTOW) genannt.) Maximum Allowable Take-off Weight (MATOW) Das niedrigere Gewicht aus PTOW und MTOW. Maximum Landing Weight (MLW) Höchstzulässiges strukturelles Landegewicht Performance Landing Weight (PLW) Höchstzulässiges Landegewicht unter Berücksichtigung gewichtsmindernder Faktoren und Limitierungen (auch Regulated Landing Weight, RLW genannt.) Maximum Allowable Landing Weight (MALW) Das niedrigere Gewicht aus MLW und PLW. Actual Take-Off Weight (ATOW) Tatsächliches Flugzeuggesamtgewicht zu Beginn des Startlaufs. Taxi Weight Tatsächliches Flugzeuggesamtgewicht zu Beginn des Rollvorgangs (teilweise auch Ramp Weight genannt). Traffic Load Die gesamte Nutzlast, bestehend aus Passagieren, Gepäck und Fracht, inklusive eventuell vorhandener „non-revenue“ Beladung (Beladung, die unentgeltlich befördert wird). In der Praxis wird diese „load“ auch als payload bezeichnet. Payload Siehe traffic load. Useful Load Wie traffic load zuzüglich dem ausfliegbaren Treibstoff. Die Differenz zwischen TOW und DOW entspricht der useful load (auch total traffic load genannt). Zero Fuel Weight (ZFW) Entspricht dem DOW zuzüglich traffic load. Center of Gravity (CG) Flugzeugschwerpunkt. Punkt, an dem das Gesamtgewicht des Flugzeugs angenommen wird. Der CG muss innerhalb bestimmter Grenzen liegen, um die Manövrierfähigkeit und Stabilität, sowie die strukturelle Sicherheit des Flugzeuges zu gewährleisten. Mean Aerodynamic Chord (MAC) Mittlere aerodynamische Flügeltiefe. Alle Beschränkungen und auch viele Definitionen aus den Bereichen Flugleistung und Beladung und Schwerpunkt be-

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Glossar

ziehen sich auf einen MAC-Wert. So werden in der Regel die Lage und die Grenzen des CG in %MAC ausgedrückt. Der MAC ist ein Referenzbereich auf dem Flügel, dessen Abmessungen im entsprechenden Weight and Balance Manual des Flugzeugtyps angegeben wird. Dry Operating Index (DOI) Der DOI ist der Index für die Position des CG bei gegebenem DOW. Loading Index (LI) Der LI ist eine dimensionslose Zahl und stellt einen skalierten Wert eines Moments dar. Balance Arm (BA) Hebelarm. Der Hebelarm ist die Distanz vom Referenznullpunkt (welcher vor dem Flugzeug im Bezug auf die Flügelvorderkante / Flügelwurzel definiert wurde) zur Lage des Schwerpunkts. Moment Produkt aus Masse und Hebelarm

Triebwerke Critical Engine Kritisches Triebwerk. Als kritisches Triebwerk bezeichnet man das Triebwerk (oder die Triebwerke), das bei einem Ausfall den größten negativen Einfluss auf die Flugleistung und Steuerbarkeit hat. Engine Pressure Ratio (EPR) Triebwerksdruckverhältnis. Verhältnis des Gesamtdrucks am Triebwerksaustritt zum Gesamtdruck am Eintritt vor dem Fan. Dieses Druckverhältnis ist ein gebräuchlicher Wert zur Bestimmung der Schubleistung. Bei Rolls-Royce und Pratt and Whitney Triebwerken ist die EPR die primäre Stellgröße des Schubs. Fan Rotor Speed (N1 oder N2 bzw. N3) Rotorgeschwindigkeit. Die N1 ist die Rotationsgeschwindigkeit des Fans eines Zwei- oder Dreiwellentriebwerks. Bei CFMI und General Electric Triebwerken ist die N1 die primäre Stellgröße des Schubs. Die Anzeige im Cockpit erfolgt in %N1. Die N2 bzw. N3 ist die Rotationsgeschwindigkeit der Hochdruckturbine. Bei Zweiwellentriebwerke existiert nur die N1 und N2. Bleed Air Zapfluft. Um verschiedene Systeme zu betreiben, wird dem Triebwerk an verschiedenen Stellen Zapfluft entzogen. Diese Luftentnahme hat negative Auswirkungen auf die Flugleistung. Engine Failure Triebwerksausfall. Der Verlust von Antriebskraft durch den Ausfall eines Triebwerks. Eine häufig verwendete Abkürzung, die den Zustand eines ausgefallenen

Triebwerke

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Triebwerks anzeigt, ist „OEI“. OEI steht für one engine inoperative. Analog hierzu verwendet man die Abkürzung AEO für all engines operative. Engine Failure Point Der Punkt, an dem der Ausfall eines Triebwerks angenommen wird. (Von großer Bedeutung bei der Betrachtung von Flugleistungsproblemen.) Maximum Engine Relight Altitude Die maximale Höhe, in der ein Wiederstartversuch eines ausgefallenen Triebwerks durchgeführt werden kann. Reverse Thrust Schubumkehr. Bei der Schubumkehr wird mittels technischer Hilfe die Vortriebskraft des Triebwerks umgekehrt, um das Flugzeug abzubremsen. Sie spielt eine bedeutende Rolle beim Startabbruch und bei der Landung. Fuel Flow (FF) Treibstoffdurchfluss. Der Treibstoffdurchfluss ist von besonderer Bedeutung, wenn es um Effizienzbetrachtungen geht. Die gebräuchliche Einheit des FF ist Masse pro Zeiteinheit (kg/min) und kann mit Hilfe der Division durch atmosphärische Parameter wie G oder T für verschiedene Höhen und Temperaturen korrigiert werden. Bypass Ratio Nebenstromverhältnis. Unter dem Nebenstromverhältnis versteht man das Verhältnis der Luftmenge, die das Triebwerk verlässt, ohne durch die Brennkammer zu strömen, zu der Luftmenge, die durch die Brennkammer geführt wird. Beide Luftmengen haben einen Anteil am Gesamtschub. Wird ein großer Luftmengenanteil an der Brennkammer vorbeigeleitet, spricht man von high bypass ratio. Im gegenteiligen Fall von low bypass ratio.

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Ground

Handling

Performance.

Sachverzeichnis

A Abfanglastvielfache 54 Abhebestrecke 149 Abtriebskraft 42 Accelerate Stop Distance 155 Accelerate Stop Distance Available 119 Actual Landing Distance 324 AFM Transition Times 193 Aircraft Classification Number 128 Aircraft Classification Number 127 Aktionsprinzip 24 Anflug 321 Anstellwinkel 27, 30, 39 Anströmung 38 Approach Climb 328 Approach Climb Gradient 331 Approach Funnel 323 Assumed Temperature Method 206 Atmosphäre 87 Aufrollstrecke 120 Auftrieb 26, 36, 250 Auftriebsbeiwert 32 Auftriebsgleichung 251 Auftriebsgrenze 54 B Balanced Field Length 121, 157 Barometrie 103 Barometrische Höhenstufe 104 Beanspruchungsarten 51 Belag 120, 127, 128, 135 Bemessungsgeschwindigkeit 55, 67, 76 Bernoulli 37

Beschleunigungsfaktoren 232 Betriebsflächen 127 Betriebskosten 343 direkte 343 gesamt 343 indirekte 343 Bewegungsgesetze 23 Bezahlungsmodell 360 Böenlasten 52, 55 Brake Energy Limit 167 Brake Release Point 149, 246 Bremsklappen 192, 199 Bremswirkung 139 Bruchlastvielfaches 53 Buffeting 57 Bypass Verhältnis 78 C Calibrated Airspeed 67, 68 Certification 5 Clearway 120 Climb Limit 159 Compacted 133 Constant Speed/Mach Cruise 283 Continuing Point 296 Cost Index 348, 353 Critical Point 296 D Declared Distances 119 Demonstrated Landing Distance 324 Density Airspeed 67 Density Altitude 109 Derate 204 Dichtehöhe 109, 111

376

Sachverzeichnis

DIN 9300 4 Displaced Threshold 322, 323 Downslope 173 Dreiwellenturbinentriebwerk 78 Driftdown Altitude 294 Driftdown Ceiling 290 Driftdown Procedure 291, 295 Driftdown Speed 299 Druckdifferenz 38 Druckhöhe 91, 104, 105, 108 Druckpunkt 40 Druckseite 38 Druckverlust 249 Druckwiderstand 44 Dry Snow 133 Dynamischer Druck 37 E Econ Cruise Cost Function 351 Econ Cruise Speed 350 Econ Mach Number 349 Einflüsse Sinkpolare 309 Flughöhe 309 Gewicht 311 Konfiguration 312 Wind 313 Einfluss Bremsanlage 172 Gewicht 169 Luftdruck 178 Neigungswinkel 173 Pistenoberfläche 176 Startbahnbedingt 173 Startklappenstellung 169 technische Beanstandungen 172 Temperatur 178 Vereisung 179 Wind 178 Zapfluft 171 Elevation 113 Equivalent Airspeed 67, 68 Escape Procedures 295 European Aviation Safety Agency 11 Extended Second Segment 167

F Fahrtmesser 63, 64, 65, 67 Fehlanflugverfahren 99, 330 Fehlanzeigen 103 field length limit 152, 178 Flex Thrust 202, 208 Flugdauer maximal 262 Flughafenbetriebsflächen 119 Flugleistungsklasse A 9 Flugleistungsklasse B 10 Flugleistungsklasse C 10 Flugprofil 98 Freifläche 120 Fuel Flow 85 Fuel Jettison 328 Full Rated Thrust 81 G Gegenwindkomponente 178 Gesamtdruck 37 Gesamtschub 80 Gesamtwiderstandskurve 49 Geschwindigkeit 201 Stabilität 280 Geschwindigkeitspolare Sinkflug 306 Gewicht 26 Gleichgewicht 250 Gleitwinkel 303, 313, 314 Gleitzahl 34 Go-around Thrust 84 Gradientenminderung 189 Gross Flight Path 163 Gross Thrust 80 Ground Speed 67 H High Speed Buffet 57 Hindernisfreiheit 179, 292, 299 lateral 293 vertikal 293 Höhenmesser 63, 65 Horizontalflug

Sachverzeichnis unbeschleunigt 250 Hydroplaning 140 Dynamic 141 Rubber Reversion 141 Viscous 141 I ICAO Anhänge 6 Ice 133 Impingement Drag 136 Improved Climb 180 Indicated Airspeed 67 Instandhaltungsereignisse 356 Instandhaltungsmaßnahmen korrektive 358 präventive 357 Integrated Range 284, 287 Interferenzwiderstand 45 Internationale Standard Atmosphäre 88 J Joint Aviation Authorities 7 K Kabinendruck 317 kontaminierte Pisten 224, 321 Kontaminierung 132 Koordinatensystem 25 Kosten 341, 342 Einzelkosten 342 Fixe Kosten 342 Gemeinskosten 342 Grenzkosten 342 optimierungsfähige Kosten 355, 359 pro Treibstoffmengeneinheit 344 relevante Technikkkosten 355 Stückkosten 342 variable Kosten 342 Kostenverursacher 343 Kräftebilanz Sinkflug 303 Kurvenanalyse 186

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Kurvenflug 184 Kurvenradius 186 L L/D 306 L/D max. 251, 262 Landeflugleistung Druckhöhe 332 Einflüsse 332 Konfiguration 333 Pistenbeschaffenheit 333 Pistenneigungswinkel 333 Temperatur 333 Landestrecke 334 kontaminierte Piste 335 trockene und nasse Pisten 334 Landing Climb 328 Landing Distance Available 119, 322, 323 Landing Flare 325 Landing Overrun 321 Landung 321 LDA 119 Leistungsbedarf geringster 253 Level-Off Height 166 lift of point 149 Limitierung Landegewicht Bahnlänge 322 MLW 322 Limitierung MALW Steigleistungsforderung 328 Line-up Distance 120 Line-up Korrekturen 125 Long Range Cruise 282 Luftdichte 81, 87, 107, 254 Luftdichtequotient 92 Luftdruck 81, 87, 103 Luftdruckquotient 91 Luftfahrt-Norm 4 Luftkräfte 51 M Mach Number 67 Manöverlasten 51, 54

378

Sachverzeichnis

Masse 4 Maximale Bremsenergie 167 Maximale Reichweite 252 Maximale Reifengeschwindigkeit 168 Maximum Climb Thrust 85 Maximum Continous Thrust 84, 85 Maximum Endurance 254, 262, 263 Maximum Quick Turnaround Weight 331 Maximum Range 265 Maximum Range Cruise 282 Maximum Range Cruise Speed 352 Maximum Range Speed 252, 254 Maximum Take-off Thrust 83 Maximum Take-off Weight 151 Maximum Tire Speed Limit 168 Mindestreiseflughöhe 297 Minimum Cost Cruise 284 Minimum Drag Speed 251, 263 Minimum Usable Flight Level 103, 112 Missed Approach Altitude 331 Missed Approach Procedure 330 Momentenbeiwert 34 N Nass 321 Net Flight Path 163 Net Level-off Altitude 299 Nickwinkel 27 No-return point 296 Notwendige Landestrecke automatische Landung 327 kontaminierte Piste 326 nasse Piste 326 trockene Piste 324 Nullauftriebswinkel 31 Nullwiderstand 43, 47 O Oberflächenbelag 127 Oberflächentraglast 127 Obstacle Envelope 166 Obstacle Limit 162, 178

Ökonomische Reichweite 352 Optimierter Steigflug 180 Optimum Altitude 273 P Passagierkomfort 317 Path Descent 315 Pavement Classification Number 127, 128 Piste feucht 135 kontaminiert 135 nass 135 trocken 135 Pistenlänge 119, 124, 322 Pistenneigungswinkel 142, 147 Pistenoberflächenbeschaffenheit 147 Pistenoberflächentraglast 127 Pitch 27 Pitot-Static-System 61, 64 Gesamtdruckfehler 65 Instrumentenfehler 65 Messfehler 65 Statikdruckquellenfehler 66 position error 66 Systemfehler 64 Polardiagramm 35 Pressure Altitude 91 Procedure Design Gradient 330 Profilströmung 38 Profilwiderstand 44 R Randwirbel 48 Rate of Descent 303 Reaktionsprinzip 25 Reduced Thrust 202 Reduzierter Schub 202 Reference Stall Speed 72 Reference Zero 149 Reibungskoeffizient 138 Reibungswiderstand 45 Reichweite 264 Reichweitengleichung 264

Sachverzeichnis Reiseflug 249 Kräftebilanz 250 Reiseflugverfahren 282 ROD 303, 304 Rollreibung 139, 147 Runway Weight Chart 217 S SAR 266, 267 Flughöhe 269 Gewicht 268 Temperatur 273 Wind 270 SAT 92 Saugseite 38 Schädlicher Widerstand 45 Schnee komprimiert 133 Matsch 133 nass 133 trocken 133 Schub 26 Schubgleichung 79 Schubkraft benötigte 251 Schubniveau 84 Schwebeleistung 253 Flughöhe 259 Gewicht 257 Schwebeleistungskurve 253 Schwebeschub 250 Flughöhe 258 Gewicht 255 Konfiguration 260 Schwebeschubkurve 251 Screen Height 149, 225 Segment 159 Short Distance 277 Sicheres Lastvielfaches 53 Sinkflugverfahren 315 Constant IAS/Mach 316 geringsten Sinkrate 316 kleinster Gradient 316 wirtschaftlicher Sinkflug 317 Sinkgradient 305

379

Sinkwinkel 303, 305, 311, 315 Slope 120 Slush 133 Specific Air Range 265 Specific Climb 245 Specific Fuel Consumption 86 Speed Descent 315 Speed Envelope 57 Spezifische Reichweite 265 Spezifischer Kraftstoffverbrauch 79 Stabilizing Altitude 294 Staffelung 49 Stagnationspunkt 37 Standing 133 Startabbruch 191 Startabbruchstrecke 155 Startdaten 225 Startdatenberechnung 214 Startgeschwindigkeiten 214 Startlauf 146, 148 Startlaufstrecke 154 Startphase 145 Start-Steigflug 145 Startstrecke 145, 146, 153 Startstreckenmarge 211 Startvorgang 145 Statikdruck 62 Statischer Druck 37 Stehendes 133 Steigflug Fluggeschwindigkeit 235 Flughöhe 239 Geschwindigkeitspolare 233 Gewicht 238 Kräfte 227 Kräftebilanz 228 Temperatur 240 Variablen 235 Widerstand und Schub 242 Wind 241 Steigflugprofil 231 Steigflugtabellen 245 Steigflugverfahren 243 Constant IAS/Mach 243 maximale Steigrate 244 maximaler Steiggradient 244

380

Sachverzeichnis

wirtschaftlicher Steigflug 244 Steiggeschwindigkeitsmesser 63 Steiggradient 229 Steigrate 230 Steigwinkel 27, 228 Still Air Distance 266 Stoppbahn 121, 323 Stratosphäre 87, 88 Stromlinienverlauf 38 Strömungsabriss 72 T Take-off Climb 145 Take-off Distance 145, 153 Take-off Distance Available 120 Take-off Distance Required 153 Take-off Flight Path 158 Take-Off Funnel 164 Take-off Path 145 Take-off Run 154 Take-off Run Available 120 TAS Effekt 211 TAT 92 Tatsächliche Landestrecke 324 Temperatur 81, 87, 108 Temperaturquotient 90 Terminologie 4 Thrust Rating 84 Thrust Specific Fuel Consumption 86 Tire Displacement Drag 135 Total Air Temperature 92 Totaldruck 62 Tragflügel Geometrie 28 Kenngrößen 32 Profil 29 Profilsehne 30 Skelettlinie 30 Terminologie 30 Wölbungshöhe 30 Wölbungsrücklage 30 Trägheitskräfte 26, 51 Trägheitsprinzip 24 Treibstoffpreis 350, 355

Treibstoffpreisentwicklung 355 Treibstoffverbrauch 85 Triebwerk 77 Triebwerksaufall 289 Triebwerksausfall 182, 212, 298 Triebwerkslasten 51 Triebwerksleistungsstufen 82 Tropopause 87, 88, 95 Tropopausenhöhe 95 Troposphäre 88 True Airspeed 67 True Altitude 103, 112 Turbulenz 317 U Unbalanced Field Length 122 Upslope 173 V Variable Thrust Rating 213 Venturi-Rohr 37 Verfügbare Landestrecke 119, 323 Verfügbare Startabbruchstrecke 323 Verfügbare Startabbruchstrecke 119 Verfügbare Startrollstrecke 120 Verfügbare Startstrecke 120 Versetzte Schwelle 124 V-n Diagramm 52 W WAT Limit 159 Weight 4 Wet Snow 133 Wetter 99 Widerstand 26, 42, 250 auftriebsabhängig 46 induzierter 46 Widerstandsbeiwert 34 Widerstandsgleichung 251 Widerstandskurve 50 Wirbelschleppenkategorien 48 wirtschaftliches Fliegen 341