Wasserstoff in der Fahrzeugtechnik: Erzeugung, Speicherung, Anwendung, 2. Auflage (ATZ MTZ-Fachbuch) 3834810274, 9783834810274 [PDF]


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Cover......Page 1
Wasserstoff in der Fahrzeugtechnik, 2. Auflage (Vieweg+Teubner Verlag, 2010)......Page 3
ISBN 978-3-83 48-1027-4......Page 4
Vorwort zur 1. Auflage......Page 5
Vorwort zur 2. Auflage......Page 6
Inhaltsverzeichnis......Page 7
Lateinische Fonnelzeichen......Page 11
Griechische Formelzeichen......Page 12
Weitere Indices und Abkürzungen......Page 13
Anmerkung......Page 16
1 Energie und Umwelt......Page 17
1.1 Bevölkerung, Energiebedarf und Ressourcen......Page 18
1.2 Emissionen, Umwelt und Klima......Page 23
1.3.1 Well-to-Tank Wirkungsgrade und CO2-Emissionen......Page 26
1.3.2 Tank-to-Wheel Wirkungsgrade und CO2-Emissionen......Page 32
1.3.3 Well-to-Wheel Wirkungsgrade und CO2 -Emissionn ......Page 34
2 Geschichtliches......Page 36
3.2 Thermodynamischer Zustand......Page 46
3.3 Stoffeigenschaften......Page 53
3.4.1 Isotope......Page 56
3.4.2 Atomspin......Page 57
3.5 Chemische Verbindungen......Page 59
3.5.1 Hydride......Page 60
3.5.2 Verbindungen mit Kohlenstoff......Page 61
3.6 Verbrennung......Page 63
3.6.1 Bruttoreaktionsgleichung......Page 64
3.6.2 Chemisches Gleichgewicht......Page 68
3.6.3 Reaktionskinetik......Page 70
3.6.4 Kettenreaktion......Page 71
4.1 Überblick......Page 74
4.2.1 Benzinreformierung ......Page 76
4.2.3 Chlor-Alkali-Elektrolyse......Page 77
4.3 Reformierung......Page 78
4.3.1 Dampfreformierung......Page 79
4.3.2 Partielle Oxidation......Page 80
4.4.1 Cracken......Page 82
4.5 Vergasung......Page 83
4.5.2 Thermolyse oder Pyrolyse......Page 84
4.5.5 Vergaser bauarten......Page 85
4.5.6 Pyrolyse von Glycerin......Page 87
4.6 Reinigung ......Page 88
4.6.1 Reinigung der Ausgangsstoffe......Page 89
4.6.2 Reinigung des Endprodukts......Page 90
4.7.1 Grundlagen......Page 92
4.7.2 Elektrolysesysteme......Page 97
4.8.1 Gnmdlagen......Page 99
4.8.2 Die Reaktion von NaK und Wasser......Page 101
4.9 Biologische Herstellungsverfahren ......Page 106
4.9.2 Biophotolyse......Page 107
4.9.3 Fermentation......Page 109
5.1 Gasförmige Speicherung......Page 110
5.1.1 Verdichtung and Expansion......Page 111
5.1.2 Tanksysteme und Infrastruktur......Page 113
5.2 Flüssige Speicherung......Page 118
5.2.1 Verllüssigung......Page 119
5.2.2 Verdichtung des flüssigen Wasserstoffs......Page 121
5.2.3 Tanksysteme und Infrastruktur......Page 125
5.3 Hybride Speicherung......Page 128
5.4.1 Physikalische und chemische Adsorption......Page 130
5.4.2 Chemische Absorption......Page 131
5.5 Zusammenfassung und Vergleich der Energiedichten......Page 134
5.6.1 Anlage am HyCentA......Page 139
5.6.2 Thermodynamisches Modell......Page 142
5.6.3 Druckaulbauverhalten im thermodynamischen Gleichgewicht......Page 145
5.6.4 Druckaulbauverhalten im thermodynamischen Ungleichgewicht......Page 152
5.6.5 Boll-Off-Verhalten......Page 157
5.6.6 Abkühlen von Leitungen und Befüllen des Konditionierbehälters......Page 158
5.6.7 Rückgasverhalten beim Befüllen eines LH2 Tanks ......Page 163
6 Verbrennungsmotoren......Page 166
6.1 Relevante Stoffeigenschaften von Wasserstoff im Verbrennungsmotor......Page 167
6.2 Einteilung und Gliederungsmerkmale......Page 170
6.3 H2-Betrieb mit äußerer Gemischbildung ......Page 174
6.4 Innere Gemischbildung bzw. H2-Direkteinblasung ......Page 177
6.4.1 Verbrennungsverhalten bei Wasserstoff-Direkteinblasung......Page 182
6.4.2 Ladungsschichtung......Page 184
6.4.3 Verbrennungssteuerung......Page 187
6.4.4 H2-Verbrennung mit Selbstzündung......Page 190
6.5 Fahrzeuge mit Wasserstoffmotor......Page 193
7.1 Motivation und Besonderheiten der Gemische......Page 201
7.1.1 Eigenschaften von Erdgas, Biogas und Gemischen......Page 202
7.1.2 Auswirkungen auf die Verbrennung......Page 210
7.1.3 Betriebsstrategien......Page 215
7.2 Aufbau eines Prototypenfahrzeugs......Page 216
7.2.1 Motoradaption......Page 217
7.2.2 Fahrzeugadaption......Page 219
7.2.3 Elektronisches Gas-Sicherheitssystem (ELGASS)......Page 223
7.2.4 Zulassu ng. Betr ieb und Wertung......Page 227
7.3 Weitere Anwendungen......Page 228
8 Brennstoffzellen......Page 232
8.1 Prinzip der Brennstoffzelle......Page 234
8.2 Kenngrößen der Brennstoffzelle......Page 235
8.3 Aufbau von Brennstoffzellen......Page 239
8.4 Arten von Brennstoffzellen......Page 242
8.5.1 Portable Brennstoffzellen......Page 252
8.5.2 Stationäre Brennstoffzellen......Page 253
8.5.3 Mobile Brennstoffzellen zu Lande......Page 256
8.5.4 Mobile Brennstoffzellen zu Wasser......Page 263
9 Weitere Anwendungen......Page 267
9.1 Raffinerieprozesse......Page 268
9.1.2 Hydrocracken......Page 270
9.2.1 Haber-Bosch-Verfahren......Page 271
9.2.2 Fischer-Tropsch-Verfahren......Page 273
9.2.4 Halbleiterindustrie......Page 275
9.2.7 Wasseraufbereitung......Page 276
9.3.2 Schweißen und Schneiden......Page 277
9.4 Energietec hnik und Verkehrstechni k......Page 279
10.1 Werkstoffe......Page 282
10.2.1 Verordnungen und Richtlinien in der EU......Page 284
10.2.2 Die Genehmigung von Kraftfahrzeugen in der EU......Page 291
10.2.3 Normen und technische Regelwerke......Page 294
10.2.4 Vergleichender Brandversuch für Fahrzeugtanks......Page 297
10.2.5 Prüfstände für Wasserstoffanwendungen......Page 298
10.2.6 Sicherheit am HyCentA......Page 304
Literatur......Page 309
Sachwortverzeichnis......Page 325
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Wasserstoff in der Fahrzeugtechnik: Erzeugung, Speicherung, Anwendung, 2. Auflage (ATZ MTZ-Fachbuch)
 3834810274, 9783834810274 [PDF]

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Zitiervorschau

Helmut Eichlseder

I Manfred Klell

Wasserstoff in der Fahrzeugtechnik

Helmut Ei chl seder

I Manfred Kl ell

Wasserstoff in der Fahrzeugtechnik Erzeugung, Speic herung, Anwendung 2., überarbeit ete und erweite rte Aufl age Mit 228 Abbildun gen und 29 Tabellen PRAXI S

11 VIEWEG+ TEUBNER

I ATZjMTZ-Fachbu ch

Bibliografische Information der Deutsc hen Nationalbibliot hek Die Deutsc he Nationalbibliot hek verzeichnet d iese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Ober abrufbar.

1. Auf lage 200B 2., er wei terte und überarbeitete Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten

© Vieweg -teubner Verlag I Springer Fachme dien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ewal d Schmitt

I Gabriete Mcl emore

Der Vieweg +Teubner Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien . Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Busine ss Medi a. www.viewegte ubner.de Das Werk einschließlich alle r seiner Teile ist urheberrechtlich geschü tzt. Jede Verwert ung außerha lb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzuläss ig und st rafbar. Das gilt insbesondere für Vervielf ält igungen, Übersetzungen, Mikroverf ilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elekt ronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen. Handelsnamen. Warenbezeichnungen usw. in diese m Werk berechtigt auch ohne besonder e Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne de r Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Künkell opka Med ienentw icklung, Heide lberg Umschtagbitd: Peter Grabner Satz und Technische Reda ktion: FROMM MediaDesign, serters/re. Druck und buchbind enseh e Verarbeitung: Merced esDruCk, Berlin Gedruck t auf säurefreiem und chlorfrei gebleic htem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-83 48-1027 -4

v

Vorwort zur 1. Auflage Wasserstoff - der unbegrenzt verfügbare kohlenstofffreie Energieträger, der alle unsere Energie- und Umweltprobleme nachhaltig löst die idealisierende Euphorie mancher Proponenten der Wasserstoffwirtschaft wurde inzwischen wohl von der wirtschaftlichfossilen Realität eingeholt Den aus Umweltsicht zweifelsfrei bestehenden Vorteilen beim Einsatz von Wasserstoff steht gegenüber, dass dieser mit Energieaufwand hergestellt, gespeichert und verteilt werden muss, was einigen technischen und finanziellen Aufwand erfordert. Dennoch ist es angebracht, angesichts global steigenden Energiebedarfs und zunehmender Urnweltbelastung eine derart reizvolle Alternative zu fossilen Energieträgern eingehend zu prüfen Dazu ist es notwendig, jetzt in Forschungs- und Pilotprojekten wirtschaftlich und technisch effiziente und sichere Rahmenbedingungen für die Anwendung von Wasserstoff zu schaffen und seinen Nutzen für die Umwelt zu verifizieren. Schon seit dem Jahre 2001 läuft am Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik der Technischen Universität Graz ein mit Wasserstoff betriebener Forschungsmotor. Die zunächst in einem bilateralen Projekt mit BMW begonnenen Arbeiten wurden ab 2004 im Rahmen des EU Integrated Projects HyICE fortgesetzt und laufen derzeit im A3 Projekt H2BV+. Nach der bereits vor Jahrzehnten dargestellten Verbrennung von Wasserstoff in Motoren steht nunmehr die Optimierung des Brennverfahrens im Mittelpunkt des Interesses. Im Zuge des Aufbaus der erforderlichen Prüfstandsinfrastruktur mussten Fragen der Werkstoffwahl, der Sicherheitseimichtungen, der Gasversorgung usw, gelöst werden. Dabei zeigte sich, dass die dazu nötigen Informationen nicht immer einfach verfügbar waren. In Gesprächen mit der Firma MAGNA STEYR, die zur gleichen Zeit eine Fertigung für Flüssig-Wasserstofftanksysteme aufbaute und das EU Integrated Project StorHy koordinierte, und der OMV entstand aus den gemeinsamen Interessen die Idee, eine dem Thema Wasserstoff gewidmete Forschungseinrichtung ins Leben zu rufen. Dies wurde von einigen Partnern aus Wissenschaft und Industrie unterstützt und die entstandene Initiative von der öffentlichen Hand nachhaltig gefördert. So entstand auf dem Gelände der Techmschen Universität Graz das HyCentA, Hydrogen Center Austria, die erste österreichische Forschungs- und Abgabestelle für Wasserstoff, die von der HyCentA Research GmbH betrieben wird. Als nächster Schritt folgte der Wunsch, die Erfahrungen der Forschungs- und Prüftätigkeit in die Lehre der Technischen Universität Graz einfließen zu lassen. Die erste dem Thema Wasserstoff gewidmete Vorlesung wurde 2007 von den Autoren angeboten. Im Zuge der Ausarbeitung der Studienunterlagen dazu kam der Anstoß, diese in gebundener Form zu veröffentlichen. Das vorliegende Studienbuch ist in diesem Kontext mit Schwerpunkten auf der angewandten Thermodynamik des gasförmigen und flüssigen Wasserstoffs sowie seiner Anwendung in der Verbrennungskraftmaschine zu verstehen. Um einen breiteren überblick zum Thema Wasserstoff zu geben, wurden neben einleitenden und geschichtlichen Anmerkungen auch Abschnitte über die Herstellung von Wasserstoff, über seine Anwendung

VI

Vorwort zur 2. Auflage

in der Brennstoffzelle und darüber hinaus über Normung, Recht und Sicherheit aufgenommen. Wir hoffen, dass das so entstandene Werk Studierenden wie auch Ingenieuren in

der Praxis als brauchbarer Arbeitsbehelf dienen kann. Das Buch konnte unter Mitwirkung zahlreicher Fachleute realisiert werden, die Abschnitte des Texts gelesen und korrigiert oder mit Anregungen zur Bereicherung des Inhalts beigetragen haben Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt, insbesondere den Mitarbeitern des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik der Technischen Universität Graz sowie der HyCentA Research GmbH. Unser besonderer Dank gilt Herrn Prof Peter DeJaegher, der in zahlreichen Diskussionen wertvolle Beiträge zur inhaltlichen Gestaltung geliefert hat Wir danken weiters den Herren Bernhard Wagner, Manuel Morcos, Christian Kastler und Peter Grabner für Ihre Mitarbeit Für das vorliegende Buch wurden die Kapitel 1 und 2 sowie 8 von den beiden Autoren gemeinsam verfasst, Kapitel 7 überwiegend von Eichlseder, die übrigen von KlelL Wir danken den Gesellschaftern der HyCentA Research GmbH und insbesondere den Fördergebern, bm.wa, bm.vit und Land Steiermark mit Zukunftsfonds und SFG. Last but not least gilt unser Dank dem Vieweg Verlag für seine kompetente und effiziente Projektbetreuung, Graz, Jänner 2008

Helmut Eichlseder, Man/red Klell

Vorwort zur 2. Auflage Es freut uns sehr, dass die 1. Auflage dieses Studienbuchs so gut angenommen wurde, dass schon nach kurzer Zeit diese 2. Auflage erscheinen kann. Wir haben das Konzept, ei-

nen möglichst umfassenden überblick zum Thema zu geben und die Thermodynamik des flüssigen und gasförmigen Wasserstoffs sowie die Anwendung in der Fahrzeugtechnik zu vertiefen, beibehalten und ausgebaut Der Inhalt des Buchs wurde in allen Abschnitten aktualisiert, das Thema Verbrennung des Wasserstoffs in der Verbrennungskraftmaschine wurde vertieft und vor allem im Bereich Gemische mit Methan (Biogas, Erdgas) erweitert In dieser Technologie sehen wir großes Potential, mit der Verbindung von bewährter konventioneller Furiktionalität mit erneuerbar hergestellten Kraftstoffen CO,-freie Mobilität wirtschaftlich darzustellen. Wir geben der Hoffnung Ausdruck, dass auch diese 2. Auflage bei Interessierten und Fachleuten auf so gute Resonanz stößt Wir bedanken uns wieder bei allen HelferInnen, die uns unterstützt haben, sowie beim Verlag für die freundliche und kompetente Betreuung. Graz, März 2010

Helmut Eichlseder, Manfred Klell [email protected] [email protected]

VII

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 1. Auflage . Vorwort zur 2. Auflage . Formelzeichen, Indizes und Abkürzungen.

V VI XI

1 Energie und Umwelt . 1.1 Bevölkerung, Energiebedarf und Ressourcen . 1.2 Emissionen, Umwelt und Klima. 1.3 Wirkungsgradketten und C02-Emissionen . 1.3.1 Well-to-Tank Wirkungsgrade und CO,-Emissionen . 1.3.2 Tank-to-Wheel Wirkungsgrade und CO 2-Emissionen . 1.3.3 Well-to-Wheel Wirkungsgrade und CO,-Emissionen .

2 7 10 10 16 18

2

Geschichtliches.

21

3

Grundlagen. 3.1 Vorkommen. 3.2 Thermodynamischer Zustand. 3.3 Stoffeigenschaften . 3.4 Chemische Eigenschaften. 3.4.1 Isotope . 3.4.2 Atomspin . 3.4.3 Spektrallinien. 3.5 Chemische Verbindungen. 3.5.1 Hydride. 3.5.2 Verbindungen mit Kohlenstoff. 3.5.3 Zerlegung von Wasserstoffmolekülen . 3.6 Verbrennung. 3.6.1 Bruttoreaktionsgleichung . 3.6.2 Chemisches Gleichgewicht . 3.6.3 Reaktionskinetik . 3.6.4 Kettenreaktion .

31 31 31 38 41 41 42 44 44 45 46 48 48 49 53 55 56

4 Erzeugung. 4.1 überblick. 4.2 Wasserstoff als Nebenprodukt. 4.2.1 Benzinreformierung .

1

59 59 61 61

Inhaltsverzeichnis

VIII

4.3

4.4

4.5

4.6

4.7

4.8

4.9

4.2.2 Ethenproduktion . 4.2.3 Chlor-Alkali-Elektrolyse. Refonnierung. 4.3.1 Dampfrefonnienmg 4.3.2 Partielle Oxidation. 4.3.3 Autotherme Refonnienmg . 4.3.4 Reformierung bei niedrigen Temperaturen. Direkte Spaltung von Kohlenwasserstoffen . 4.41 Cracken. 4.42 Kvrerner- Verfahren. Vergasung. 4.5.1 Trocknung . 4.5.2 Thermolyse oder Pyrolyse 4.5.3 Oxidation. 4.5.4 Reduktion. 4.5.5 Vergaserbauarten . 4.5.6 Pyrolyse von Glycerin. Reinigung 4.6.1 Reinigung der Ausgangsstoffe . 4.6.2 Reinigung des Endprodukts . Elektrolytische Spaltung von Wasser. 4.71 Grundlagen. 4.72 Elektrolysesysteme . Chemische Spaltung von Wasser . 4.8.1 Grundlagen. 4.8.2 Die Reaktion von NaK und Wasser. Biologische Herstellungsverfahren . 4.9.1 Enzyme der Wasserstofferzeugung . 4.9.2 Biophotolyse 4.9.3 Fermentation .

5 Speicherung und Transport . 5.1 Gasförmige Speicherung. 5.1.1 Verdichtung and Expansion. 5.1.2 Tanksystem e und Infrastruktur . 5.2 Flüssige Speichenmg . 5.2.1 Verflüssigung. 5.2.2 Verdichtung des flüssigen Wasserstoffs. 5.2.3 Tanksystem e und Infrastruktur . 5.3 Hybride Speicherung. 5.4 Speichenmg in physikalischen und chemischen Verbindungen. 5.41 Physikalische und chemische Adsorption. 5.42 Chemische Absorption. 5.5 Zusammenfassung und Vergleich der Energiedichten .

62 62 63 64 65 67 67 67 67

68 68 69 69 70 70 70 72

73 74 75 77 77 82 84 84

86 91 92 92 94 95 95 96 98 103 104 106 110 113 115 115 116 119

Inhaltsverzeichnis 5.6 Thermodynamische Analyse einer Flüssigwasserstoffinfrastruktur . 5.6.1 Anlage am HyCentA. 5.6.2 Thermodynamisches Modell. 5.6.3 Druckaufbauverhalten im thermodynamischen Gleichgewicht. 5.6.4 Druckaufbauverhalten im thermodynamischen Ungleichgewicht . 5.6.5 Boil-Off-Verhalten. 5.6.6 Abkühlen von Leitungen und Befüllen des Konditionierbehälters 5.6.7 Rückgasverhalten beim Befüllen eines LH2 Tanks.

IX

124 124 127 130 137 142 143 148

6 Verbrennungsmotoren. 6.1 Relevante Stoffeigenschaften von Wasserstoff im Verbrennungsmotor. 6.2 Einteilung und Gliederungsmerkmale . 6.3 H2-Betrieb mit äußerer Gemischbildung . 6.4 Innere Gemischbildung bzw, H2-Direkteinblasung . 6.4.1 Verbrennungsverhalten bei Wasserstoff-Direkteinblasung . 6.4.2 Ladungsschichtung . 6.4.3 Verbrennungssteuerung 6.4.4 H2-Verbrennung mit Selbstzündung 6.5 Fahrzeuge mit Wasserstoffmotor .

151 152 155 159 162 167 169 172 175 178

7 Gemische aus Wasserstoff und Methan. 7.1 Motivation und Besonderheiten der Gemische. 7.1.1 Eigenschaften von Erdgas, Biogas und Gemischen. 7.1.2 Auswirkungen auf die Verbrennung. 7.1.3 Betriebsstrategien . 7.2 Aufbau eines Prototypenfahrzeugs . 7.2.1 Motoradaption . 7.2.2 Fahrzeugadaption . 7.2.3 Elektronisches Gas-Sicherheitssystem (ELGASS) . 7.2.4 Zulassung, Betrieb und Wartung 7.3 Weitere Anwendungen.

187 187 188 196 201 202 203 205 209 213 214

8 Brennstoffzellen. 8.1 Prinzip der Brennstoffzelle. 8.2 Kenngrößen der Brennstoffzelle 8.3 Aufbau von Brennstoffzellen. 8.4 Arten von Brennstoffzellen. 8.5 Anwendung der Brennstoffzelle. 8.5.1 Portable Brennstoffzellen. 8.5.2 Stationäre Brennstoffzellen. 8.5.3 Mobile Brennstoffzellen zu Lande. 8.5.4 Mobile Brennstoffzellen zu Wasser.

219 221 222 226 229 239 239 240 243 250

X

Inhaltsverzeichnis

9 Weitere Anwendungen. 9.1 Raffinerieprozesse . 9.1.1 Hydrofining . 9.1.2 Hydrocracken . 9.2 Chemie. 9.2.1 Haber-Bosch-Verfahren. 9.2.2 Fischer-Tropsch-Verfahren. 9.2.3 Methanolherstellung 9.2.4 Halbleiterindustrie . 9.2.5 Analytische Chemie. 9.2.6 Lebensmittelchemie. 9.2.7 Wasseraufbereitung. 9.3 Metallurgie 9.3.1 Reduktion und Behandlung von Metallen. 9.3.2 Schweißen und Schneiden. 9.4 Energietechnik und Verkehrstechnik .

255 256 258 258 259 259 261 263 263 264 264 264 265 265 265 267

10 Werkstoffe, Recht und Sicherheit.

271 271 273 273 280 283 286 287 293

10.1 Werkstoffe. 10.2 Recht und Sicherheit. 10.2.1 Verordnungen und Richtlinien in der EU. 10.2.2 Die Genehmigung von Kraftfahrzeugen in der EU . 10.2.3 Normen und technische Regelwerke . 10.2.4 Vergleichender Brandversuch für Fahrzeugtanks . 10.2.5 Prüfstände für Wasserstoffanwendungen . 10.2.6 Sicherheit am HyCentA . Literatur Sachwortverzeichnis

299 315

Fonnelzeichen, Indizes und Abkürzungen

XI

Formelzeichen, Indizes und Abkürzungen! Lateinische Fonnelzeichen a

A b B c

e e, E

H Ho

Hm HO m

n;

u.; LBH LRH

I k I

Schallgeschwindigkeit [m/s]; spezifische Arbeit [J/kg]; Temperaturleitfähigkeit [mvs]; Kohäsionsdruck [ms Pa/moJ2] (Querschnitts-)Fläche [m2 ] Kovolumen [m-/mol] Brennwert (früher: oberer Heizwert) [J/kg] spezifische Wärmekapazität (früher kurz: spezifische Wänne), c ~ dq"jdT [J/kg K], Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, c ~ 2,997925 ·10' m/s spezifische Wärmekapazität bei v ~ konst bzw, p ~ konst [J/kg K] Konstante (verschiedene Dimensionen) molare Wärmekapazität (früher auch: Molwärme) bei v ~ konst [Jlkmol K] molare Wärmekapazität (früher auch: Molwärme) bei p ~ konst [Jlkmol K] relative Dichte [m] Diffusionskoeffizient [cmvs] spezifische Energie [J/kg]; elektrische Elementarladung e ~ 1,6022 '10-19 C spezifische äußere Energie [J/kg] Energie [J]; Exergie [J]; Energiepotential, Zellspannung, elektrisches Potential [V] äußere Energie [J] Nemstspannung [V] Frequenz [s-1J Faraday Konstante [As/mol], freie Energie [J] Erdbeschleunigung, Nonnfallbeschleunigung: gu ~ 9,80665 m/sfreie Enthalpie [J] molare freie Enthalpie [Jlkmol] molare freie Enthalpie beim Ständarddruck pO [Jlkmol] spezifische Enthalpie [J/kg] ; Plancksches Wirkungsquantum: h ~ 6,626 .10-34 J s [J s] Enthalpie [J] Gemischheizwert [MJ/m 3 ] molare Enthalpie [Jlkmol] molare Enthalpie beim StandarddruckpO [Jlkmol] Heizwert (früher unterer Heizwert) [kJ/kg] volumetrischer Heizwert [k.l/dm'] Bildungsenthalpie [kJlkmol] Reaktionsenthalpie [kJlkmol] Stromstärke [A] turbulente kinetische Energie [mvs-] Länge [m]

1 In Anlehnung an DIN 1304, DIN 1345 sowie DIN 1940.

XII

Fonnelzeichen, Indizes und Abkürzungen Masse [kg] oder [kmol] Massenstrom [kg/s] molare Masse [glmol] Stoffmenge, Molzahl [kmol]; Laufvariable [-] Anzahl der Teilchen Avogadro-Konstante: NA ~ 6,02214 . 1023 I/mol Druck, Partialdruck [bar, Pa] Standarddruck, pO ~ I atm ~ I, 13 bar I häufig auch pO ~ I bar indizierter Mitteldruck [bar] Leistung [W, kW] spezifische Wänne(menge) [J/kg] Wänne [J]; elektrische Ladung [C] spezifische Verdampfungswärme [J/kg]; spezifische Gaskonstante [J/kg K]; elektrischer Widerstand [0] allgemeine (molare) Gaskonstante: R m ~ 8314,472 J/kmolK spezifische Entropie [J/kg K] Entropie [J/K] Zeit[s], Temperatur [cC] Temperatur [K] Siedetemperatur spezifische innere Energie [J/kg] innere Energie [J]; elektrische Spannung [V] spezifisches Volumen [mvkg]; Geschwindigkeit [m/s] Volumen [m3 ] Molvolumen [mvkmol] spezifische Arbeit [J/kg]; Geschwindigkeit [m/s] Arbeit [J] Wobbeindex [MJ/Nm 3 ] Koordinate [m]; Dampfziffer H Koordinate [m] Koordinate [m]; Ladungszahl [-] Realgasfaktor, Kompressibilitätsfaktor [-]

m

m M n N

NA

°

p

pO Pi P q

Q r

R Rm s S t T

t;

u U v V Vm w

W

Wo x y

z Z

Griechische Formelzeichen a

ß S E: 1) 1)c 1)0 1)g 1)m

'7i

Wänneübergangskoeffizient [W/m 2K] thermischer Ausdehnungskoeffizient (l/K) Grenzschichtdicke [m] Verdichtungsverhältnis [-]; Dissipation [mvs-] (dynamische) Viskosität [Ns/m' ~ kg/ms]; Wirkungsgrad H Wirkungsgrad des Camot-Prozesses [-] effektiver Wirkungsgrad, indizierter (innerer) Wirkungsgrad [-] Gütegrad H mechanischer Wirkungsgrad [-]

Fonnelzeichen, Indizes und Abkürzungen iJs-i,K, iJs-i,T

1)'h

n; K

A

I" 1", I"JT v Vi

V"_A

p CY

t

'P 'Pi UJ

S

su

ep

innerer isentroper Wirkungsgrad des Kompressors (Verdichters), der Turbine [-] thermodynamischer Wirkungsgrad [-] Wirkungsgrad des vollkommenen Motors [-] Isentropenexponent [-] Wärmeleitfähigkeit, Wärmeleitzahl [W/mK]; Wellenlänge [m]; Luftverhältnis, Luftzahl [-] Durchflusszahl [-]; überströmkoeffizient [-]; chemisches Potential [kJ/kmol] Masseanteil der Komponente i [-] Joule-Thomson-Koeffizient [KiPa] kinematische Zähigkeit [mvs]; Geschwindigkeitsfunktion [-] Molanteil der Komponente i [-] stöchiometrischer Koeffizient der Komponente A [-] Dichte [kg/m'] Versperrungsziffer [-]; (Oberflächen-)Spannung [N/m'] Schubspannung [N/m']; Zeit [s] Kurbelwinkel [0 KW]; Geschwindigkeitsbeiwert [-J; relative Feuchte [-] Volumenanteil der Komponente i [-] Winkelgeschwindigkeit [S-l] exergetischer Wirkungsgrad [-]; Verlustbeiwert [-] Umsetzungsgrad [-] Equivalence Ratio (~I/A) [-]

Operatoren und Bezeichnungen [P] d 8

a

11 L: L

Konzentration der Spezies P [kmol/m»] vollständiges Differential unvollständiges Differential partielles Differential Produkt Summe Differenz zweier Größen; Laplace-Operator Zustand (im Querschnitt, am Punkt) " I. Ableitung Zustand (im Querschnitt, am Punkt) ", 2. Ableitung zeitliche Ableitung

W eitere Indices und Abkürzungen o

1 2 ID 3D a

XIII

Bezugs- oder Standardzustand Zustand (im Querschnitt, am Punkt) 1 Zustand (im Querschnitt, am Punkt) 2 eindimensional dreidimensional aus, außen, äußere

XIV

Formelzeichen, Indizes und Abkürzungen

ab abs

abgeführt(e Wänne) absolut

aq

wässrig

A

Aktivierung Akaline Fuel Cell äußere Gemischbildung Auxiliary Power Unit Atmospheres Explosibles Bildung Brennstoffzelle

AFC AGB APU AIEX B BZ C eh CFD CGH2 CZ D Da DI DIN DNS e el engl E EB ECE EN EU fl F FS g ggf gr G GB GDL GH2 CGH2 GuD H HF HI

I IPIS

Kompression chemisch Computational Fluid Dynamics

cornpressed gaseous hydrogen Cetanzahl Diffusion Damköhler-Zahl, Da ~ r I/ rch Direct Injection (Direkteinspritzung bzw, Direkteinblasung) Deutsches Institut für Normung

Desoxyribonukleinsäure, direkte numerische Simulation ein, (Behälter-)Eintritt; eingebracht elektrisch, Elektron englisch Exa (10 18 ) Einspritzbeginn bzw, Einblasebeginn Economic Comission for Europe

Europäische Norm Europäische Union flüssig, Flamme

Formation Füllstand gasförmig gegebenenfalls

gravimetrisch Gemisch, Giga (10 9) Gemischbildung Gasdiffusionsschicht gase aus hydrogen

cornpressed gaseous hydrogen Gas- und Dampfprozesskopplung Hochdruck(phase), Hub Hydrofining Hochtemperatur Laufvariable (I, 2, ..., n), innere Integral International Praktische I em peraturskala

Formelzeichen, Indizes und Abkürzungen ISO IUPAC

k konst. kr, krit K Kl KWK

1 LH2 LOX

m max mm M MEF MET MCFC MEA MLI MPI MVEG MZ n

N NEDC NEFZ NT Nu o OT ÖNORM P PAFC PEMFC Pr Re real rel, R rev R RNS ROZ s S sog.

International Organization far Standardization International Union ofPure and Applied Chemistry Kilo (10 3) konstant kritisch kühlen, Kolben Klemme Kraft-Wärme-Kopplung flüssig (liquid) liquid hydrogen liquid oxygen mittel; molar maximal

minimal Mega (lQ6) Mass Fraction Burnt Maximum Brake Torque Schm elzkarbonat-Brennstoffzelle Mem brane Electrode Assem bly Multi Layer Insulation Multi Point Injection Motor Vehicle Emissions Graup Methanzahl nach Normalbedingungen New European Driving Cycle Neuer Europäischer Fahrzyklus Niederternperatur Nußelt-Zahl, Nu ~ a l//l obere oberer Totpunkt Österreichische Norm Peta (10 15 ) Phosphorsaure-Brennstoffzelle Polym erelektrolym em bran-Brennstoffzelle Prandtl-Zahl, Pr ~ via Reynolds-Zahl, Re ~ w l/v real relativ reversibel Reaktion Ribonukleinsäure Research Oktanzahl isentrop, fest (solid) System, Sublimation, Siedesogenannt

xv

XVI st Sm SOFC STP

t T TP Tr TS u

U UCTE UEG UN v V VD VEXAT val W WIG zu zul Z

Formelzeichen, Indizes und Abkürzungen stöchiometrisch; Stoff Schmelzen Oxidkeramik-Brennstoffzelle Standard Temperatur and Pressure, Standardbedingung transportiert, turbulent Turbine, Tera (10 12 ) Taupunkt Tripelpunkt Siedepunkt untere, Umgebung Umgebung Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity untere Explosionsgrenze Unites Nations vor Verdampfung, Verlust Vakuum destillation Verordnung über explosionsfähige Atmosphären volumetrisch Widerstand, Wand Wolfram-Inertgas zugeführt(e) (Wänne) zulässig Zersetzung; Zelle

Anmerkung: Abkürzungen sind in "Times New Roman" geschrieben. Formelzeichen sind in "Times New Roman" bzw, "Symbol" kursiv geschrieben.

1

1

Energie und Umwelt

Die Zooahme der Weltbevölkerung, die begrenzte Verfügbarkeil fossiler Rohstoffe und deren geografisch ungleiche Verteilung, die steigende Umweltbelastung durch die Emission von Schadstoffen sowie der Klimawandel zählen zu den größten Herausfordenmgen dieses Jahrhunderts. Um unsere künftige Energieversorgung sicherzustellen wird neben der Steigerung der Effizienz und der Nutmng eines breiteren Spektrums an Energiequellen wohl auch ein bewussterer Umgang mit Energie erforderlich sein. Als kohlenstofffreier Energieträger steht Wasserstoff weltweit im Zentrum von Forschungsaktivitäten. Wasserstoff kann grundsätzlich umweltfreundlich und regenerativ hergestellt und in Verbrennungskraftmaschinen äußerst schadstoffarm oder in Brermstoffzellen schadstofifrei umgesetzt werden. Auch wenn derzeit noch eine Reihe von technischen und wirtschaftlichen Herausfordenmgen in der Herstellung, Verteilung und Speichenmg von Wasserstoff zu bewältigen sind, so ist doch davon auszugehen, dass Wasserstoff mittelbis langfristig eine Rolle in unserer Energietechnik und Verkehrstechnik spielen wird.

H,

Abbildung 1-1: Vision der nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft. Quelle: Züttel [331]

Ein mögliches Szenario sieht den konsequenten und flächendeckenden Ausbau der regenerativen Stromerzeugung mit Sonne, Wind und Wasser vor. Der Strom wird direkt genutzt und, speziell bei Erzeugungsspitzen. zur Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse verwendet. Der Wasserstoff kann gespeichert und als Kraftstoff in der mobilen Anwendung sowie zur Rückverstromung in Brennstoffzellen eingesetzt werden, siehe Abbildung 1-1. Weltweit wird die Vision der nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft disku-

2

1 Energie und Umwelt

tiert [251], besondere Forschungsanstrengungen werden in Japan [2], den USA [294] und in Europa [89, 90, 100] unternommen. Dieses Szenario ist aufgrund hoher Kosten allerdings nicht wirtschaftlich konkurrenzfähig zur derzeitigen fossilbasierten Energienutzung, es könnte sich nur durch eine entschlossene international koordinierte Intervention der Politik durchsetzen, etwa durch eine entsprechend hohe Besteuerung von COrErnissionen.

1.1

Bevölkerung, Energiebedarf und Ressourcen

Physiologisch betrachtet beträgt der energetische Grundumsatz des Menschen zur Aufrechterhaltung seiner Körperfunktionen, insbesondere der Körpertemperatur, ca. 7 MJ (1,94 kWh, 1670 kcal) pro Tag, was einer durchschnittlichen Dauerleistung von 80 W entspricht Bei körperlicher Betätigung kann sich der Energieumsatz vervielfachen. Nach der österreichischen Schwerarbeitsverordnung liegt schwere körperliche Arbeit u. a. vor, wenn während 8 Arbeitsstunden mindestens 8374 kJ (2000 kcal) bei Männern und 5862 kJ (1400 kcal) bei Frauen verbraucht werden, was einer mittleren Leistung von 290 W bzw, 203 W entspricht [40]. Sportler können befristet Leistungen über 500 Werbringen und kurzzeitig Spitzenleistungen bis 2000 W. Der globale Energieverbrauch hängt von der Bevölkerungszahl ab sowie vom lokal sehr unterschiedlichen Energieverbrauch pro Kopf Bei einer Weltbevölkerung im Jahr 2008 von ca. 6,7 Mrd. Menschen lag das jährliche Bevölkerungswachstum in Europa und den USA unter 1 %, während Teile Afrikas Wachstumsraten über 3 % pro Jahr aufwiesen [302]. Der global durchschnittliche Energieverbrauch pro Kopf lag im Jahr 2006 bei etwa 72 GJ (20 MWh, 1,7 t Öläquivalent), das entspricht einem durchschnittlichen Tagesenergieverbrauch von 200 MJ (56 kWh, 4,8 kg Öläquivalent) pro Kopf oder einer durchschnittlichen Dauerleistung von 2280 W. Der Energieverbrauch ist geografisch sehr unterschiedlich verteilt, wobei Katar mit mehr als dem Zwölffachen des Weltdurchschnitts an der Spitze liegt, gefolgt von Island, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Kanada und die USA weisen knapp das Fünffache des Durchschnittsverbrauchs auf Während Europa etwa das Doppelte an Energie verbraucht, liegen China mit 50 %, Indien mit 30 % und Afrika mit 25 % des Durchschnittsverbrauchs derzeit noch weit zurück Am wenigsten Energie pro Kopf mit unter 10 % des Durchschnitts wird in Eritreia verbraucht [97, 173, 324]. Die Zuwachsrate des Energieverbrauchs betrug im Jahr 2006 global 2,7 %, was nach den Regeln der Exponentialrechnung bei gleich bleibender Zuwachsrate eine Verdopplung des Energieverbrauchs in 26 Jahren bedeutet. Im asiatischen Raum lag die Zuwachsrate mit 5,8 % mehr als doppelt so hoch (Verdopplung in 12 Jahren), wobei die Hälfte des weltweiten Anstiegs auf China entfieL Der Ölverbrauch stieg im Jahr 2006 um 1 %, der Erdgasverbrauch um 2,2 % und der Kohleverbrauch um 5,6 %. Die zunehinende Weltbevölkerung und der wachsende Energieverbrauch insbesondere der weniger industrialisierten Länder führen zu einern exponentiell steigenden Energiebedarf. In globalen Energieszenarien wird das Maximum des Verbrauchs fossiler Rohstoffe meist in den nächsten Dekaden angesetzt, so dass der zukünftige Bedarf nur durch den massiven

Ausbau alternativer Energieerzeugung gedeckt werden kann, siehe Abbildung 1-2.

1.1 Bevölkenmg, Energiebedarfund Ressourcen

"~ 0

2006 20,000

~

0. ~

'",., ~

o

Hydro Wind



B io mas s

0 0 0

PV Ur ani um



i:'

'"E



0

~

-c

Geolhe rmal



10,000

Ge o' he rm al



o

C. 15,000

~

2030

Lege nd

,., e'

3

20,000

Solar cenectcre

- 15,000

SOT

c e at Go> O il

10,000

5,000

5,000

0.

;;;

...Ö

1930

1950

1970

1990

2010

2030

2050

2070

2090

Abbildung 1-2: Szenario Energiebedarf Quelle: D\VV [64]

Die Aufschlüsselung der Primärenergiequellen in Abbildung 1-3 zeigt, dass 2006 81 % des weltweiten Prim ärenergiev erbrauchs von 490 EJ durch fossile Energieträger gedeckt wurden, 13 % durch emeuerbare Energieträger und 6 % durch nukleare Energie. An dieser Verteilung wird sich global bis 2030 voraussichtlich wenig ändern [97, 324].

weltweiter Primärenergieverbrauch 2006: 490 Exajoule

weltweiter Primärenergieverbrauch 2030: 680 Exajoule

Emeuerbare

Erneuerbare

13%

Kohle

14%

23%

Erdgas

21% Öl

34%

Abbildung 1-3: Weltweiter Primärenergieverbrauch 2006 und Prognose 2030

4

1 Energie und Umwelt

Der Endenergieverbrauch verteilt sich zu etwa gleichen Teilen auf Haushalte (Heizung bzw, Kühlung und Strom), auf die Industrie sowie auf den Transport. Der weltweite Endverbrauch belief sich 2006 auf 340 EJ, das sind 69 % des Primärenergieverbrauchs. Die globale Aufschlüsselung der End- oder Sekundärenergieträger in Abbildung 1-4 zeigt, dass die meiste Endenergie in Form von Ölprodukten verbraucht wird, gefolgt von elektrischem Strom knapp vor brennbaren biogenen Stoffen und Erdgas.

weltweiter Sekundärenergieverbrauch 2006: 340 Exajoule Kohle

9%

Bio/Abfall

16%

Strom

17% Öl 43%

Abbildung 1-4: Weltweiter Sekundärenergieverbrauch 2006

Die größten Zuwachsraten mit 3 bis 4 % jährlich weist der Transportsektor auf, der etwa 60 % des globalen Ölverbrauchs verursacht Derzeit wird der Transportsektor fast ausschließlich mit Öl versorgt, der Verbrauch entspricht etwa dem Doppelten der weltweit erzeugten elektrischen Energie. 2010 wird die Zahl der weltweit registrierten PKW eine Milliarde überschreiten Die Anzahl der PKW pro 100 Einwohner über dem Bruttoinlandsprodukt für einige nach ISO 3166 bezeichnete Staaten zeigt Abbildung 1-5 [303]. Während Länder wie China und Indien weniger als 3 PKW pro 100 Einwohner aufweisen, besitzt in Mitteleuropa etwa jeder zweite Einwohner einen PKW, Spitzemeiter sind die USA mit 76,5 PKW pro 100 Einwohner, der weltweite Durchschnitt liegt bei 12 PKW pro 100 Einwohner. In Österreich betrug der Primärenergieverbrauch im Jahr 2007 etwa 1,4 EJ, die primären Energiequellen waren Erdöl mit 41 %, emeuerbare Energien mit 25 %, Erdgas mit 21 %, Kohle mit 11 % und Sonstige mit 2 %, siehe Abbildung 1-6. Der Endenergieverbrauch in Österreich betrug 2007 mit 1,1 EJ etwa 76 % des Primärenergieverbrauchs.

1.1 Bevölkenmg, Energiebedarf und Ressourcen

80

~

c

OS P I

. 51

50

üJ

8

LB

40

5.. 30

~

...

I.

y

......-eH

! ~~

"OJ~ 15 oder PR< 7,5 und 1,95 < T R < 2,4.

1.2U

...,.,

LI"

"."

"-,,, ".:' 1 betrachtet. Im Luftüberschussbereich wird wie erwähnt angenommen, dass die Edukte vollstandig zu den Produkten reagieren. Die Änderung von Enthalpie, freier Enthalpie und Entropie entspricht der bei der stöchiometrischen Verbrennung mit remem Sauerstoff, weil der Luftstickstoff und der überschüssige Sauerstoff nicht reagieren.

1 1 0,79 1 1 Hz +- .1.0 z+ -.1. --Nz--+HzO + - (.1.-I)Oz+-.1.3,76N z 2 2 0,21 2 2 Die Zusammensetzung des Verbrennungsgases folgt direkt aus der Bruttoreaktionsgleichung. Die Atombilanzen für die Verbrennung von 1 kmol Hz mit Luft liefern die Molzahlen der Komponenten im Rauchgas. Durch den Bezug auf 1 kmol Wasserstoff entsprechen die Molzahlen den stöchiometrischen Koeffizienten Vsti .

n

1

-1) °2 =-(.1. 2

1 3,76 ng" = "H o+no +n" = 1+ - (.1. - 1) + - - .1. = 0, 5 + 2,38.1. 2 2 2 2 2

3.6 Verbrennung

51

Bei Division durch die Gesarntrnolzahl erhält man die Zusammensetzung des Rauchgases in Molanteilen t1:

Für ausgewählte Werte des Luftverhältnisses ergibt sich die Zusammensetzung des Rauchgases nach Tabelle 3-5. Eine graphische Darstellung der Molanteile (~ Volumenanteile) über dem Luftverhältnis gibt Abbildung 3-9. Tabelle 3-5: Zusanunensetzung der feuchten Rauchgase Luftverhältnis Ä = 1 Molzahln j [kmol]

Molanteil [%]

Luftverhältnis Ä = 2 Vj

Molzahln j [kmol]

Luftverhältnis Ä = 3

Molanteil [%]

Vj

Molzahln j [kmol]

Molanteil [%]

HzO

1

34,7

1

19,0

1

13,1

°z Nz

0

0

0,5

9,5

1

13,1

1,88

65,3

3,76

71,5

5,64

73,8

gesamt

2,88

100

5,26

100

7,64

100

80 70

1---

--

---

----- f - - - - - -

60 "#.

"0 50 ~

]i ~

,•E

40

0

30

'0

>

20 10 0

r-,

--

-

- -Volumenanteil 02

-

-

Volumenanteil N2

--Volumenanteil H20

r--

.-.--- 1,5

_. _.

- _.-2

f-. - .

2,5

-~

3

Lambda

Abbildung 3-9: Zus anunens etzung des Rauchgases über dem Luftverhältnis

Vj

52

3 Grundlagen

Die adiabate Verbrennungstemperatur t2 erhält man aus einer Energiebilanz der Verbrennung, wobei die abgeführte Wärmemenge als Heizwert definiert wird. Da die spezifischen Wärmekapazitäten vorn betreffenden Ternperaturbereich abhängen, muss die Berechnung von t2 iterativ erfolgen. Die mittleren molaren Wärmekapazitäten Cmp i sind aus Datenbanken zu entnehmen. Die resultierenden Werte für die Wärmekapazitäten und die adiabate Verbrennungstemperatur für die betrachtete Gleichdruckverbrennung des Wasserstoffs in Luft bei ausgewählten Werten des Luftverhältnisses finden sich in Tabelle 3-6. Den Verlauf der adiabaten Verbrennungstemperatur I z über dem Luftverhältnis zeigt Abbildung 3-10 Tabelle 3-6: Adiabate Verbremumgsternperaturen Luftverhältnis Ä. = 1 Mclzahl zq Cm D [kmol] [kJ/kmoIK]

HzO °z Nz

Luftverhältnis Ä. = 3

Luftverhältnis Ä. = 2

Cm D

Molzahl c, [kmol]

[kJ/kmoIK]

Molzahl n, Cm D [kmol] [kJ/kmoIK]

1

44,73

1

40,93

1

38,58

° 1,88

35,49

0,5

34,11

1

33,14

33,64

3,76

32,31

5,64

31,34

t2 = 2241 "C = 2514 K

t2 = 1348 "C = 1621 K

t2 = 974 "C = 1247K

2600

!


*

'il ~

\.

-, -, ~

1600

Abbildung 4-2: Wirkungsgrad verschiedener Herstellungsverfahren von Wasserstoff

4.2

Wasserstoff als Nebenprodukt

Die Herstellung und Anwendung von Wasserstoff bildet einen Schwerpunkt bei der Erdölverarbeitung. In der Raffinerie entsteht Wasserstoff als Nebenprodukt beim Reformieren von Benzin und bei der Ethenproduktion. Eingesetzt wird Wasserstoff bei der Entschwefelung von Benzin, Diesel und Heizöl durch Hydrofining sowie bei der Aufspaltung langer Kohlenwasserstoffketten durch Hydrocracken, siehe Abschnitt Anwendung. Bei der Chlor-Alkali-Elektrolyse entstehen Chlor, Natronlauge und Wasserstoff

4,2,1 Benzinreformierung Als Benzimeforrnierung bezeichnet man die Umwandlung von Kohlenwasserstoffen mit niedrigen Oktanzahlen zu klopffestem Benzin. Dazu gehören eine Reihe von chemischen Umwandlungsprozessen, die bei Drücken zwischen 5 bar und 50 bar bei Temperaturen um 500 "C in Anwesenheit von Katalysatoren ablaufen, wie das Isomerisieren (Umformung von n-Alkanen in iso-Alkane), das Polymerisieren (Umformung kurzkettiger Alkene in iso-Alkane) oder die Umformung in Aromaten, bei der in großem Umfang Wasserstoff anfällt [207], vgl, Abbildung 4-3 und Abbildung 4-4.

62

4 Erzeugung

Hz

'\

I

I

\

I

\

C-C

Hz-C

\

H

Hz

I

C-C

Hz

\

I

C-C

1/

\

\

I

H-C

C-H z

I

C-H

C=C

\

H

Hz

H

H

Abbildung 4-3: Dehydrienmg von Naphtenen zu Aromaten mit Freisetzung von 3 Hz

CX

-I

#

CHe CHe

Abbildung 4-4: Dehydrozyklisierung von Paraffinen zu Aromaten mit Freisetzung von 4 Hz

4.2.2

Ethenproduktion

Ethen (auch Ethylen,

~H4)

ist ein farbloses süßlich riechendes Gas, hoch entzündlich und

wirkt narkotisch sowie muskelentspannend. Die Anwendung des in der chemischen In-

dustrie häufig verwendeten Grundstoffs reicht von der Herstellung von Mitteln zur Schädlingsbekämpfung über das Nachreifen umeifer Früchte bis zur Erzeugung von Kunststoffen. Etwa 75 % des Ethens werden in der Kunststoffindustrie verarbeitet, und zwar zu Polyethylen, zu Ethylendichlorid zur Herstellung von PVC sowie zu Ethylenoxid und Ethylbenzol zur Herstellung von PolystyroL Ethen wird vor allem durch Cracken von Erdgas, Erdöl oder anderen Kohlenwasserstoffen gewonnen Nach mehreren Rektifikationsschritten werden die noch vorhandenen CrKohlenwasserstoffe getrennt und man erhält Acety-

len (~ Ethin) ~H2' Ethylen (~ Ethen) ~H4' Ethan C2H" Methan CH 4 und Wasserstoff Die Prozesse laufen bei Temperaturen von -150 "C bis über 800 "C und hohen Drücken ab [207].

4.2.3 Chlor-Alkali-Elektrolyse Chlor und Natronlauge sind wichtige Grundchemikalien in der Industrie, etwa zur Herstellung von Salzsäure oder Kunststoffen (PVC). Bei der Chlor-Alkali-Elektrolyse werden aus einer gesättigten und gereinigten wässrigen Natriumchloridlösung mittels Elektrolyse Chlor, Natriumhydroxid und Wasserstoff erzeugt An den Elektroden laufen folgende Re-

aktionen ab, vgL Abschnitt elektrochemische Wasserspaltung:

4.3 Refonnienmg

63

Von der Kathode (hier Minuspol) werden Elektronen an die Natriumchloridlösung abgegeben. Das Wasser dissoziiert, wobei die entstehenden positiven H 30+-Kationen Elektronen aufnehmen, sie werden zu Wasser reduziert und Wasserstoff wird frei. Kathode:

4 HzO

~

2 H 30+ + 20H-

2 H 30+ + 2 e-: Nettoreaktion:

~

2 HzO (1) + 2 e -

Dissoziation des Wassers

Hz + 2 HzO Reduktion (Elektronenaufnahme)

~

Hz (g) + 2 OH - (ag)

An der Anode, (hier Pluspol) werden Elektronen aufgenommen. Das Natriumchlorid dissoziiert, die negativen CI--Anionen geben Elektronen ab, sie werden zu Chlor oxidiert. 2 NaCI

Anode:

2 ClNettoreaktion:

~

~

2 Na+ + 2 Cl-

Cl z + 2 e-:

2NaCI(ag)

~

Dissoziation des Salzes Oxidation (Elektronenabgabe)

2Na+ (ag) + Clz(g)+2e-

Gesamtreaktion: 2 HzO (1) + 2 NaCI (ag)

~

Hz (g) + Cl z (g) + 2 Nar (ag) + 2 OH - (ag)

Bei der technischen Umsetzung ist darauf zu achten, dass das entstehende Chlor nicht mit dem Wasserstoff (Bildung von Knallgas) oder den Hydroxid-Ionen (Bildung von Hypochlorit) in Kontakt kommt Dies erreicht man im Membranverfahren durch Verwendung einer Membran aus Polytetrafluorethen (pTFE, Teflon), die für positive Nat-Kathionen durchlässig ist, die negativen Anionen OH- und Cl- aber nicht passieren lässt. Eine analoge Funktion übernimmt eine poröse Trennwand im so genannten Diaphragrnaverfahren. Das weniger verbreitete Amalgarnverfahren verwendet dazu eine Kathode aus Quecksilber. Für die Erzeugung einer Tonne NaOH benötigt man ca. 2000 kWh Strom, dabei fallen ca. 25 kg Wasserstoff an [178].

4.3

Reformierung

Unter Refonnierung versteht man die Erzeugung von Wasserstoff aus Kohlenwasserstoffen durch chemische Prozesse [13, 241, 266, 295]. Bei der Dampfreformierung werden leichte Kohlenwasserstoffe wie Methan mit Wasserdampf in einern endothermen Prozess in Synthesegas (CO und Hz) umgewandelt. Bei der partiellen Oxidation werden schwere Kohlenwasserstoffe (z. B. Rückstandsöle aus der Erdölverarbeitung, schweres Heizöl) mit Sauerstoff exotherm zu Synthesegas umgesetzt. Bei der autothermen Reformierung werden die beiden Prozesse so kombiniert, dass im Idealfall die exotherm ablaufende partielle Oxidationsreaktion den Energiebedarf der endotherm ablaufenden Dampfrefonnierreaktion deckt. Das Kohlenmonoxid im Synthesegas wird in der Wassergasreaktion mit Wasserdampf katalytisch weiter zu Kohlendioxid und Wasserstoff umgesetzt. In letzter Zeit wird auch die Refonnienmg von Biogas erforscht, das hohe CO z Anteile von über 50 % aufweist und damit eine geringere Wasserstoffausbeute liefert. Bei Hochtemperatur-Brennstoffzellen (SOFC und MCFC) kann die Reformienmg von Kohlenwasserstoffen aufgnmd der hohen Betriebstemperaturen intern erfolgen. Der Ein-

64

4 Erzeugung

satz geeigneter Katalysatoren ermöglicht die Reformierung von Diesel oder Methanol auch bei niedrigeren Temperaturen. Dies wird durch ein vorgeschaltetes Refonnersystern bei PEMFC-Anwendungen genutzt, wobei wegen der hohen erforderlichen Gasreinheit entsprechende Reinigungsstufen vorgesehen werden müssen. 4.3.1

Dampfreformierung

Unter Dampfreformierung versteht man die endotherme katalytische Umsetzung von leichten Kohlenwasserstoffen wie Erdgas, Flüssiggas und Naphta (Rohbenzin) mit Wasserdampf Diese Prozesse laufen großtechnisch üblicherweise mit Dampfüberschuss bei Temperaturen von 700 "C bis 900 "C und Drücken von 20 bar bis 40 bar, maximal 80 bar ab. Um die Reaktion zu beschleunigen, werden Katalysatoren aus Nickel oder Edelmetall eingesetzt. Die Nettoreaktionsgleichung lautet allgemein: CnHmOk + (n - k) HzO --+ n CO + (n + m/2 - k) Hz Das entstehende Gemisch aus CO und Hz wird Synthesegas oder Wassergas genannt Es findet in der chemischen Industrie weite Verwendung, etwa in der Amrnoniaksynthese, der Methanolproduktion oder in der Fischer-Tropsch-Synthese. Wird das Synthesegas zur Wasserstofferzeugung genutzt, lässt man das Kohlenmonoxid in der leicht exothermen Wassergasreaktion (auch Shiftreaktion genannt) mit Wasserdampf katalytisch weiter zu Kohlendioxid und Wasserstoffreagieren:

co + HzO

--+ CO z + Hz

Die bei dieser Reaktion freigesetzte Energie kann aufgrund des niedrigeren Ternperatur-

niveaus allerdings nicht direkt für die Reforrnierung genutzt werden. Es werden zwei Shiftreaktionen unterschieden. Die Hochtemperatur-Shiftreaktion erfolgt bei Temperaturen von 300 "C bis 500 "C mit Fe/Cr- oder CoiMo-Katalysatoren, die NiedertemperaturShiftreaktion bei 190 "C bis 280 "C mit Messing- oder CuOIZnO-Katalysatoren. Das Kohlendioxid wird anschließend durch Druckwechseladsorption oder Mem branabtrennung aus dem Gasgernisch entfernt, das dabei auch noch von weiteren unerwünschten Bestandteilen gereinigt wird. Die wichtigsten Komponenten einer Anlage zu der am Häufigsten eingesetzten Dampfreformierung von Methan zeigt Abbildung 4-5. Zum Schutz des Nickelkatalysators wird das Erdgas zunächst entschwefelt und dann mit Wasserdampf versetzt und auf ca. 500 "C erhitzt. In den von außen befeuerten Katalysator-Rohrbündeln im Reformerofen laufen folgende Reaktionen ab:

CH, + HzO

--+ CO + 3 Hz

I1RH ~ 206 kJ/mol

CH, + 2 HzO

--+ COz + 4 Hz

I1RH ~ 165 kJ/mol

Aus dem Reformer tritt das Gas mit etwa 850 "C aus. Nach einer Abkühlung wird das CO bei ca. 400 "C in der Shiftreaktion abgebaut.

co + HzO

--+ CO z + Hz

65

4.3 Reformierung

Brenner

Brenngas

.............................• --------. r···············

Luft! Sauerstoff

Reformer Erdgas

eH, Wasser Entschwefelung

--+

__ ....Rauchgas Wasser

co + H2 Wasser

CO-Shift Gasreinigung

Abbildung 4-5: Schema zur Dampfrefonnienmg von Erdgas

Die Reinigung erfolgt in einer Druckwechseladsorption. Das Restgas mit ca. 60 % brermbaren Anteilen (Rb C~, CO) wird zusammen mit dem Brermgas zur Befeuerung des Reformers verwendet. Große Dampfreformierungsanlagen weisen Produktionskapazitäten von bis zu 100000 Nmvh Wasserstoff auf, kleinere Anlagen erzeugen etwa 150 Nms/h. Die Wirkoogsgrade liegen zwischen 75 % und 80 %, für 1 Nm 3 hochreinen Wasserstoff werden ca. 0,45 Nm 3 Methan benötigt Im Vergleich manderen Reformierungsverfahren erzielt diese großtechnische Methode die höchste Wasserstoffausbeute. Eine ausgeführte Anlage zur Erzeugung von 35OO0Nm3/h Wasserstoff mit einer Reinheit von 99,99 Vol% zeigt Abbildung 4-6.

4.3.2

Partielle Oxidation

Unter partieller Oxidation (POX) versteht man die exotherme Umwandlung schwerer Kohlenwasserstoffe (z. B. Altöle, schweres Heizöl) mit Sauerstoff Es gilt folgende Nettoreaktionsgleichung:

Die Reaktion verläuft katalytisch bei Temperaturen von 600 "C bis 850 "C bei Sauerstoffunterschuss, je nach Prozessführung entstehen Synthesegas sowie Kohlendioxid und Ruß.

66

4 Erzeugung

Abbildung ..f -6: Anlage zur Dampfre fonn ierung von Erdgas in Leuna

A b bl ld u n~

(D~

Que lle: Linde [206]

-4-7: An lage zur parti ellen Ox idat ion von Erdgas. Que lle: Linde [206]

Das Synlhesegas reagiert in der Wassergasreaktion mit Wasserdampf weiter zu Kohlendioxid und Wasserstoff. Das Kohlendioxid wird ausgewaschen. das Produktgas in einer Druckwechseladsorpti on oder Membranabtrermung gereinigt.

4.4 Direkte Spaltung von Kohlenwasserstoffen

67

Das Verfahren erreicht Wirkungsgrade von etwa 70 % und wird großtechnisch mit Kapazitäten von bis zu 100000 Nm 3 H2/h eingesetzt, wenn Erdgas nicht direkt verfügbar ist Eine ausgeführte Anlage zur Erzeugung von 28000 Nm-/h Wasserstoff zeigt Abbildung 4-7. In Ländern mit großen Kohlevorkommen (Südafrika, China) kann auch Kohle als Ausgangsstoff für die partielle Oxidation genutzt werden. Die Kohle wird zerruahlen und anschließend durch Beirnengung von Wasser zu einer wenig viskosen Suspension mit einern

Feststoffgehalt von bis zu 70 % verruischt 4.3.3 Autotherme Reformierung Diese Kombination von Dampfreforruierung und partieller Oxidation erruöglicht den Einsatz beliebiger Kohlenwasserstoffe, etwa von Erdgas, Benzin oder Diesel. Die beiden Prozesse werden so miteinander verknüpft, dass die Vorteile von Darnpfrefonnierung (höhere

Wasserstoffausbeute) und partieller Oxidation (Abgabe von Wärrueenergie) bestmöglich kombiniert werden. Dabei werden die Wasserdampf- und Luftzufuhr so bemessen, dass die exotherru ablaufende partielle Oxidationsreaktion den Energiebedarf der endotherru ablaufenden Dampfreformierreaktion möglichst deckt. Die Katalysatoren für die Prozesse werden vor hohe Anforderungen gestellt, sie müssen die Dampfreforruierung, die partielle Oxidation wie auch die Wassergasreaktion begünstigen.

Die insgesamt leicht endotherrue Reformierung von Methan erfolgt bei ca. 850 "C nach folgender Nettoreaktionsgleichung:

Die Arbeitsternperatur des autothennen Reformers liegt über der anderer Reformer. Dabei

entstehen wesentlich mehr Stickoxide, die eine aufwändige Nachreinigung der Rauchgase notwendig machen.

4.3.4 Reformierung bei niedrigen Temperaturen Für portable Anwendungen hofft man, durch Einsatz von Katalysatoren die Reforruierung konventioneller flüssiger Kraftstoffe mit ihrer hohen Energiedichte bei niedrigen Temperaturen durchführen zu können. Hierbei spielt insbesondere die Partialoxidation von Me-

thanol eine Rolle. Beim Einsatz von Brennstoffzellen genügt deren Abwärrue, um die leicht endotherrue Reformierung zu unterhalten.

4.4

Direkte Spaltung von Kohlenwasserstoffen

4.4.1

Cracken

Bei den bisher beschriebenen therruochemischen Verfahren erhält man ein Produktgas, das im günstigsten Fall nur Wasserstoff und Kohlenmonoxid enthält, wobei das Kohlenmonoxid in diesem Synthesegas in der Shiftreaktion unter Bildung weiteren Wasserstoffs zu Kohlendioxidkonvertiert wird.

68

4 Erzeugung

Ein Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff aus fossilen Energieträgern ohne Bildung von Kohlendioxid stellt die fhennische oder katalytische Spaltung (Cracken) der Kohlenwasserstoffe dar, die bei hohen Temperaturen über 800 "C unter Luftabschluss abläuft Die Nettoreaktionsgleichung lautet allgemein sowie für Methan und Propan:

CH,

--+ C + 2 Hz

I1RH ~ 75 kJlmol

C3H8

--+ 3 C + 4 Hz

I1RH ~ 104 kJlmol

Prinzipiell kann mit diesem endothermen Prozess aus allen Kohlenwasserstoffen Wasserstoff ohne Kohlendioxid als Nebenprodukt hergestellt werden, allerdings ist der Energieeinsatz hoch und die Wasserstoffausbeute relativ gering. So ist etwa die Ausbeute an Wasserstoff pro Methaneinheit beim Cracken nur halb so hoch wie beim Dampfreformieren.

4.4.2 Kvrerner-Verfahren Seit Anfang der achtziger Jahre entwickelt die KVAERNER ENGINEERJNG S.A aus Norwegen einen so genannten Plasrnabogenprozess, der Kohlenwasserstoffe bei ca. 1600 "C in Reinstkohle und Wasserstoff trennt Zu diesem aufwändigen Prozess, bei dem selbst keine nennenswerten Emissionen auftreten, sind neben dem Primärenergieträger (Erdgas oder Öl) auch Kühlwasser und Elektrizität notwendig. Eine seit April 1992 arbeitende Pilotanlage stellt aus 1000 Nm-/h Erdgas und 2100 kWd etwa 500 kg/h Reinstkohle (Aktivkohle) und 2000 Nm-/h Wasserstoff her. Als weiteres Nebenprodukt wird Heißdampf mit einer Leistung von etwa 1000 kW erzeugt Unter Berücksichtigung aller potentiell verwertbaren Produkte arbeitet die Anlage mit fast 100 % Nutzungsgrad, wovon etwa 48 % im Wasserstoff, etwa 10 % im Heißdampfund die restlichen 40 % in der Aktivkohle enfhalten sind.

4.5

Vergasung

Die Vergasung von Rohstoffen ist eine traditionelle Methode zur Herstellung eines Brenngases, die seit dem 17. Jahrhundert angewendet wird. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurden Holzvergaser in Deutschland verbreitet eingesetzt, auch während der Zeit der Ölkrise um 1973 wurde die Vergasung verstärkt untersucht Sie konnte sich bisher nicht kommerziell durchsetzen, weil die Reinheit des Produktgases unzureichend ist und der Aufwand für die erforderliche Reinigung hoch ist Unter der thermo-chemischen Vergasung eines Brennstoffs versteht man die Umsetzung eines Kohlenstoffträgers mit einem sauerstoffhaltigen Vergasungsmittel (Dampf, Luft oder Sauerstoff) bei hohen Temperaturen. Im Folgenden werden die Grundzüge der Vergasung dargestellt, für eine ausführliche Darstellung sei auf die Literatur verwiesen [104, 105,266].

4.5 Vergasung

69

Je nach Verfahren entstehen Gase mit Wasserstoffgehalten bis 50 Vol%, flüssige Stoffe (Öle) und Feststoffe (Asche, Teer, Ruß). Industriell genutzt wird die Vergasung von Kohle, im Versuchsstadiurn befinden sich Verfahren zur Vergasung von biogenen Rückständen, Nebenprodukten und Abfällen [54, 99]. Die Wirkungsgrade zur Wasserstoffproduktion erreichen Werte um 50 %. Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Verfahren, die verschiedene fossile oder biogene Ausgangsstoffe von Kohle bis Biomasse verarbeiten können. Das Vergasen von festen Brennstoffen wird bei Temperaturen von 800 "C bis 2000 "C bei einern Druck von maximal 40 bar durchgeführt. Die Ausgangsstoffe unterscheiden sich ganz wesentlich in ihrer chemischen Zusammensetzung, in ihrem Wassergehalt und Aschegehalt (in Masseprozent): Anthrazit:

CH o,45 00,03

HzO: 1 %

Asche: 3 %

Braunkohle:

CHO,SÜ o,25

HzO: 15 - 65 %

Asche: 1 - 60 %

Biomasse:

CH1 ,4 S Ü O,6 5

HzO: 15 - 95 %

Asche: 0,3 - 70 %

Der Vergasungsprozess verläuft sehr komplex und lässt sich prinzipiell in vier Teilprozesse aufteilen:

• • • •

Trocknung Thermolyse oder Pyrolyse (Luftverhältnis A ~ 0) Oxidation Vergasung (Reduktion, 0 ~ A ~ 1)

Die Aufteilung der Teilschritte im Vergaser ist durch den Brennstoff und das Vergasungsmittel, durch die Vergaserbauart, durch die sich einstellende Temperatur sowie durch das Sauerstoffangebot bestimmt: 4.5.1

Trocknung

Das enthaltene Wasser wird durch eine Trocknung bei ca. 200 "C entfernt: Chemische Umwandlungen des Rohstoffs finden dabei nicht statt. Der besonders hohe Feuchtigkeitsgehalt von Biomasse kann durch anaerobe Methangärung zur Erzeugung von Biogas verwendet werden. Dieses Gas enthält 60 % bis 70 % Methan und kann in Verbrennungsmotoren oder Brennstoffzellen wie der MCFC (Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle) direkt umgesetzt oder durch Refonnierung in Wasserstoff umgewandelt werden 4.5.2

Thermolyse oder Pyrolyse

Der Ablauf der Pyrolysereaktion wird durch die Temperatur, die Aufheizgeschwindigkeit sowie die Größe der Brennstoffpartikel bestimmt: Der Rohstoff wird zwischen 200 "C und 500 "C thermisch unter Luftabschluss in Kohlenstoff- und Wasserstoffverbindungen zerlegt. Die niedersiedenden Bestandteile des Rohstoffs werden verflüchtigt: Ab ca. 280 "C kommt es mit steigender Temperatur bis ca. 400 "C zunehmend zur Bildung der unerwünschten langkettigen Kohlenwasserstoffe Öl, Teer und Koks.

70 4.5.3

4 Erzeugung

Oxidation

In der Oxidationszone wird der zerlegte Rohstoff durch das Oxidationsmittel in einer exo-

thermen Reaktion bei 500 "C bis 2000 "C teilweise verbrannt Die entstehende Reaktionswärme deckt den Bedarf an Energie für die endothermen Teilprozesse der Vergasung. Die wichtigsten Reaktionen in dieser Zone sind:

C+V,0z

--+

C + 0z Hz + V,0z

co

"'RH

~

-123,1 kJ/mol

Selektive Oxidation von Kohlenstoff

--+ CO z

"'RH

~

-392,5 kJ/mol

Oxidation von Kohlenstoff

--+ HzO

"'RH~ -241,8

kJ/mol

Selektive Oxidation von Wasserstoff

4.5.4 Reduktion In dieser Zone reagieren die in der Oxidationszone gebildete Produkte (CO, CO" HzO) mit Kohlenstoff bei 500 "C bis 1000 "C. Die ablaufenden Reaktionen sind die BoudouardReaktion und die heterogene Wassergasreaktion. Das Gleichgewicht dieser Reaktionen

geht mit steigender Temperatur und fallendem Druck in Richtung CO und anschließend weiter zu CO und Hz. C+CO z c;= 2CO

"'RH~

159,9 kJ/mol

Boudouard-Reaktion

C+ HzO c;= CO + Hz

"'RH

118,5 kJ/mol

Heterogene Wassergasreaktion

~

Gleichzeitig findet die homogene Wassergasreaktion statt. Das Gleichgewicht der Reaktion verschiebt sich mit hoher Temperatur zugunsten von CO und Wasser. Auch wird Me-

than gebildet, wobei mit steigender Temperatur die Bildung abnimmt CO + HzO c;= CO z + Hz

"'RH~

-41 kJ/mol

Homogene Wassergasreaktion

C +2 Hz c;= CH,

"'RH~

-87,5 kJ/mol

Boudouard-Reaktion

Am Ende findet noch eine Oxidation von Wasserstoff und Kohlenmonoxid statt Diese ist unerwünscht und führt zu einer Verminderung des Heizwerts des erzeugten Gases.

CO+ V, 0z c;= CO z

4.5.5

~

-283,0 kJ/mol

Selektive Oxidation von Kohlenmonoxid

"'RH~

-285,9 kJ/mol

Selektive Oxidation von Wasserstoff

"'RH

Vergaser bauarten

Die Reaktionen laufen in einern Vergaser genannten Reaktor ab, der in unterschiedlichen

Ausführungen betrieben wird. Je nach der Bewegung von Rohstoff und Oxidationsmittel unterscheidet man zwischen Festbelt- und Fließbeltvergaser. Die Festbettvergaser sind relativ einfach aufgebaut und werden für kleinere Anlagen eingesetzt, sie werden in Gegenund Gleichstrornvergaser unterteilt. Die Fließbettvergaser mit stationärer oder zirkulieren-

der Wirbelschicht erreichen höhere Wirkungsgrade und werden wegen des teureren Aufbaus für größere Anlagen gebaut. Außerdem gibt es noch eine Reihe weiterer Vergaser-

4.5 Vergasung

71

typen wie Flugstrornvergaser, Drehtrornrnelvergaser und zweistufige Vergaser. Der Wirkungsgrad des Vergasers wird aus dem Verhältnis von Brennwertstrom des Produktgases zu Brennwertstrom der zugeführten Rohstoffe gebildet und als Kaltgaswirkungsgrad bezeichet. Dieser erreicht Werte um 85 %. Gegenstromvergaser Oxidationsmittel und Rohstoff durchströmen den Gegenstromvergaser in gegenläufiger Richtung, siehe Abbildung 4-8 links . Der Rohstoff wird von oben, das Oxidationsmittel von unten in den Reaktor eingebracht Es bildet sich eine über 1000 "C heiße Oxidationszone am Vergaserboden Durch den Mangel an Sauerstoff kann der zu vergasende Stoff nicht vollständig oxidiert werden. Die Rauchgase ziehen nach oben. Es bilden sich die Reduktions-, Pyrolyse- und Trockenzone. Da diese Zonen einen hohen Wärmebedarf besitzen, tritt das Rohgas bei Temperaturen von 70 "C bis 200 "C aus. Die Vergaser sind für grobe Stückigkeit geeignet, unempfindlich gegen variable Wassergehalte und weisen einen guten Wirkungsgrad auf Wegen der niedrigen Rohgastemperaturen ist der Teeranteil hoch. Gleichstromvergaser Oxidationsmittel und Rohstoff durchströmen den Gleichstromvergaser in gleicher Richtung von oben nach unten, siehe Abbildung 4-8 rechts. Dabei wird durch die Wänne aus der heißen Oxidationszone der Rohstoff stark erhitzt und es bilden sich die Trocknungszone sowie die Pyrolysezone. Anschließend wird der Rohstoff mit dem Oxidationsmittel oxidiert und in der folgenden Reduktionszone das im Rauchgas enthaltene eoz und HzO arn Kohlebett reduziert. Die Oxidationszone besitzt eine Verengung, die eine einheitliche Temperaturverteilung um 1300 "C gewährleistet soll. Durch die hohen Temperaturen wird der Teer in der Pyrolysezone aufgespaltet Die Vergaser sind für grobe Stückigkeit geeignet und empfindlich gegen variable Wassergehalte. Wirbelschichtvergaser Bei dieser Vergasung wird der Rohstoff in feinen Stücken von 0,5 mm bis 8 mm eingebracht. Das zur Vergasung notwendige Oxidationsgas wird von unten in den Reaktor eingeblasen. Dadurch entsteht mit steigender Anströmgeschwindigkeit eine wirbelnde Schicht, die durch die hohen Gasgeschwindigkeiten den Wänne- und Stofftransport fördert. Dies beschleunigt den Vergasungsprozess, so dass große Mengen in kurzer Zeit umgesetzt werden können. Es entstehen wenig Staub und Teer. Höchste Leistungen werden bei zirkulierender Wirbelschicht erzeugt, wobei die Staub- und Teerbildung etwas höher ist. Flugstromreaktor Höchste Wirkungsgrade erzielt der Flugstromreaktor, in dem der Rohstoff feinkörnig kleiner 0,1 mm eingebracht wird. Das Rohgas ist frei von Öl und Teer.

4 Erzeugung

72

Rohstoff

I

V

Rohstoff

~

=>

Trocknung

Synlhesegas

Trocknung

Pyrolyse

Pyrolyse

f--c

99,999% rein

zur Brennstoffzelle

z ur Brennstoffzelle

Abbildung 4-10: Chemische und physikalische Reinigungsverfahren

Chemische Umwandlungsverfahren Nach der Absenkung des CO-Gehalts auf ca. 1 % in der Wassergas-Shiftreaktion wird das Kohlenmonoxid in den chemischen Umwandlungsverfahren mittels Wasser, Wasserstoff oder Sauerstoff durch folgende Reaktionen aus dem Produktgas entfernt: CO-Konvertierung:

CO + H 20

~

CO 2+ H 2

CO-Methanisienmg:

CO+3H2

~

CH 4+H20

CO-Oxidation:

CO +

~

CO 2

y" 02

Bei der CO-Oxidation muss auf eine genau geregelte Sauerstoff- oder Luftmfuhr geachtet werden, da sonst wieder eine Verunreinigung des Wasserstoffs eintritt bzw. Wasserstoff zu Wasser reagiert. Die Wirkoogsgrade dieser Verfahren werden durch die Reaktionsparameter (Gaskonzentration, Strömungsgeschwindigkeit, Druck, Temperatur und Katalysatorrnaterial) bestimmt. Die einzelnen Methoden können miteinander kombiniert werden

76

4 Erzeugung

und erreichen so Reinheitsgrade bis zu wenigen ppm CO. Wichtig bei der CO-Konvertierung ist eine nachgeschaltete CO 2- Wäsche. Physikalische Tr-ennung Die Druckwechseladsorption (DWA) ist ein bewährtes Industrieverfahren zur Wasserstoffreinigung nach Reforrnienmgsprozessen und zur Gewirmung von Wasserstoff aus wasserstoffhältigen Abgasen etwa von Raffinerieprozessen oder Koksöfen. Das zu reinigende Gas wird unter hohem Druck durch einen Aktivkohlefilter (Kohlenstoffmolekularsieb) geleitet. Dabei bleiben Kohlendioxid, leichte und schwere Kohlenwasserstoffe sowie andere Venmreinigungen an der Aktivkohle haften. Da der Filter regeneriert werden muss, kann nur ein diskontinuierlicher Betrieb erfolgen. Bei vollem Filter wird das Gas auf eine andere Einheit umgeleitet, im Filter wird der Druck abgesenkt und der Filter gespült, vgl. Abbildung 4-11. Mit Hilfe dieses Verfahrens können hohe Reinheiten bis zu 99,999Vol% Wasserstoffanteil erreicht werden (Reinheit 5.0). Anstelle der Aktivkohle werden auch spezielle Polymere eingesetzt, die Kohlendioxid selektiv aufnehmen.

reines H2

Spülgas

Aktivkohle oder Polymer

Hochdruck Gasreinigung

Verunreinigtes H2 mit H2 S, CO2 , CO

Niederdruck Spülung des Adsorbents

Hß , CO2 ,

CO mit HrR esten

Ab btldung 4-11: Arbeitsgang und Regeneration bei der Druckwechseladsorption

Die selten eingesetzte Temperaturwechseladsorption (nVA) arbeitet bei erhöhten Temperaturen und ermöglicht auch eine Entfernung von Wasser, Quecksilber , Ammoniak, Sauerstoff, Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid. Meist liegt eine hohe Bindungsenergie des Adsorptivs vor. Durch den hohen Energieaufwand ist das Verfahren teuer und wird deshalb nur bei besonderen Reinheitsanfordenmgen gewählt. Zur Erzeugung von Reinstwasserstoff (>99,999 %) wird in Membranverfahren Wasserstoffgas bei 5- bis 10-fachem überdruck durch Membranen aus Palladium sowie SilberlPalladium gedruckt. Die Membran lässt nur Wasserstoff durchdiffundieren, Kohlenmonoxid und andere Venmreinigungen werden abgeschieden. Da Edelmetalle teuer sind, werden irmner dürmere Membranen entwickelt. Dies begünstigt den Durchsatz und reduziert zugleich den Einsatz des kostbaren Materials.

4.7 Elektrolytische Spaltung von Wasser

77

Die Abtrennung von Kohlenmonoxid aus Wasserstoff kann auch durch Keramikmembranen erfolgen, Membranen aus kostengürrstigem Polysulfon befinden sich im Erprobungsstadium. Metallhydride Neben der Möglichkeit zur Speicherung von Wasserstoff werden Metallhydride auch zur Reinigung eingesetzt, weil Verunreinigungen im Trägermaterial zurückbleiben. Die Methode ist teuer, liefert aber höchstreine Gase, wie sie etwa im Bereich der Halbleiterindustrie benötigt werden.

4.7

Elektrolytische Spaltung von Wasser

4.7.1

Grundlagen

Die Spaltung von (flüssigem) Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff erfordert einen relativ hohen Energieaufwand. Aus einern kmol Wasser erhält man bei einern theoretischen Energieeinsatz von 286 MJ ein kmol Wasserstoff, d. h. pro Kilogramm Wasserstoff werden im Idealfall 143 MJ ~ 39,7 kWh an Energie benötigt (das entspricht dem Brennwert B von Wasserstoff).

HzO (1)

~

Hz (g) + Y, 0z (g)

Die direkte thermische Spaltung von Wasser erfolgt spontan erst bei sehr hohen Temperaturen und dort nur unvollkommen. Ab ca. 1700 "C treten nennenswerte Anteile an Wasserstoff auf, bei 2700 "C sind erst ca. 15 % des Wassers gespalten. Als industrielles Herstellungsverfahren für Wasserstoff spielt die Thermolyse keine Rolle, sie wird im Zusammenhang mit Hochternperatur-Nuklearprozessen erforscht. Bei Verwendung von elektrischer statt thermischer Energie kann man die Wasserspaltung schon bei Umgebungstemperatur durchführen. Die elektrochemische Zerlegung einer Substanz durch Strom zuführ heißt Elektrolyse. Dabei wird elektrische in chemische Energie umgewandelt Die Elektrolyse ist der Umkehrprozess eines galvanischen Elements. Galvanische Elemente wie eine Batterie, ein Akkumulator oder eine Brennstoffzelle (siehe entsprechenden Abschnitt) stellen Gleichspannungsquellen dar. Die Elektrolysezelle ist mit einer Gleichspannung zu beaufschlagen, um den elektrochemischen Umwandlungsprozess zu unterhalten. Eine galvanische Zelle gibt Arbeit ab, eine Elektrolysezelle nimmt Arbeit auf Im Folgenden werden einige elektrochemische Grundlagen dargestellt, zur Vertiefung sei auf die Literatur verwiesen [17,139, 178]. Oxidation bedeutet das Abgeben von Elektronen, das Aufnehmen von Sauerstoff oder das Abgeben von Wasserstoff (Dehydrierung, Erhöhung der Oxidationszahl), Reduktion bedeutet das Aufnehmen von Elektronen, das Abgeben von Sauerstoff oder das Aufnehmen von Wasserstoff (Hydrierung, Erniedrigen der Oxidationszahl). Als Anode wird immer jene Elektrode bezeichnet, an der der Oxidationsvorgang abläuft (die Elektronenab-

78

4 Erzeugung

gabe), als Kathode wird jene Elektrode bezeichnet, an der der Reduktionsvorgang abläuft (die Elektronenaufnahme), Elektrolytische und galvanische Zellen weisen einen ähnlichen Aufbau auf Zwischen zwei Elektronenleitem, den Elektroden, befindet sich ein Ionenleiter, der Elektrolyt. An der Grenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolyt laufen prinzipiell umkehrbare stromerzeugende oder strornverbrauchende Reaktionen ab. Bei der Elektrolyse wässriger Lösungen entstehen Sauerstoff und Wasserstoff, wenn an den Elektroden eine gewisse Spannung angelegt wird. Umspülen Sauerstoff und Wasserstoff die Elektroden, wird eine Spannung erzeugt Bei der Elektrolyse ist die Anode der Pluspol, die Kathode der Minuspol, bei der galvanischen Zelle ist es umgekehrt, siehe Tabelle 4-1. Tabelle 4-1: Elektrolyse und galvanische Zelle Elektrolysezelle

Galvanische Zelle

Anode (Oxidation)

Pluspol

Minuspol

Kathode (Reduktion)

Minuspol

Pluspol

elektrische Arbeit

zugeführt(positiv)

abgegeben(negativ)

Klernrnspannung

EK1 > Eo

EK1 < Eo

Das Prinzip des Elektrolysevorgangs wird an Hand des Schemas in Abbildung 4-12 beschrieben.

+ Anode +

--+

2e-l

Kathode-

2e

Abbildung 4-12: Prinzip des Elektrolysevorgangs

4.7 Elektrolytische Spaltung von Wasser

79

Als Elektrolyt wird reines Wasser angenommen. Dieses dissoziiert in geringem Maße in Ht-Ionen (protonen) und OH--Ionen (Hydroxid-Ionen): HzO~H++OH-

Das Proton besteht frei nur sehr kurze Zeit und verbindet sich sofort mit einern Wassermolekül zu einem H30+-Ion (Hydronium-Ion oder Oxonium-Ion), so dass gilt:

2 HzO ~ H30++ OHIn der Praxis wird das Wasser durch Zugabe von Säuren wie HCI, Basen wie KOH oder löslichen Salzen wie NaClleitfähiger gemacht und so der ohmsehe Widerstand herabgesetzt. Von der Kathode, die bei der Elektrolyse der Minuspol ist, werden Elektronen an das Wasser abgegeben. Das Wasser (1 ~ liquid) wird reduziert, es bilden sich Wasserstoff (g ~ gasförmig) und OH--Ionen (aq ~ in wässriger Lösung). Genauer betrachtet erfolgt die Reaktion über die Dissoziation des Wassers, wobei die entstehenden positiven H 30+Kationen Elektronen aufnehmen, sie werden zu Wasser reduziert und Wasserstoff wird frei. Kathode:

4 HzO ~ 2 H30+ + 20H2H30+ + 2e- ~ Hz + 2H zO

Nettoreaktion:

2 HzO (1) + 2 e-

~

Dissoziation des Wassers Reduktion (Elektronenaufnahme)

Hz (g) + 2 OH - (aq)

An der Anode, die hier der Pluspol ist, werden Elektronen von den negativen OH--Anionen aufgenommen, diese werden zu Wasser oxidiert und Sauerstoff wird frei. Anode 2 OH - (aq)

~

HzO (1) + Y, 0z (g) + 2 e-:

Oxidation (Elektronenabgabe)

Der Ausgleich der Ladungen findet durch Leitung der OH--Anionen im Elektrolyten statt: Gesamtreaktion: HzO (1)

~

Hz (g) + Y, 0z (g)

LRHmo

~

286 kJ/mol

Zur Bestimmung der molaren Standardreaktionsenthalpie I:!.RHmo dienen der Satz von Hess und das Kirchhaffsehe Gesetz . Nach dem Satz von Hess lässt sich die molare Standardreaktionsenthalpie LRHmo aus der Summe der Standardbildungsenthalpien mal der stöchiometrischen Koeffizienten der Reaktion bestimmen:

Wird die Enthalpieänderung bei einer Temperatur benötigt, die nicht direkt tabelliert ist, kann die Temperaturabhängigkeit der Enthalpieänderung nach der KirchhoffGleichung berechnet werden:

LRHg. (T)

= LRHg. (ro)+

T

T

TO

To i

f LRCmp (T)dT =LRHg. (TO)+ f ~>,ti Cmpi (T)dT

Für die Zerlegung von Wasser gilt, dass die Standardbildungsenthalpien von Wasserstoff und Sauerstoff gleich Null sind, die Bildungsenthalpie für flüssiges Wasser bei Standardbedingungen beträgt LBHmo ~ -286 kJ/mol, für gasförmiges Wasser LBHmo ~ -242 kl/mol.

80

4 Erzeugung

Für die Reaktionsenthalpien bei Standardbedingungen erhält man damit 6 RHmo ~ 0 + 0(-6B H w" ,,,,fl) ~ 286 kJ/kg bzw, 6 RHmo ~ 0 + 0 - (-6 BHw " "" g) ~ 242 kJ/kg. Bei der Umkehrung der Spaltungsreaktion, also der Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser, äußert sich dieser Unterschied der Verdampfungsenthalpie in der Differenz zwischen Heizwert und Brennwert, vgl, Abschnitt Verbrennung des Wasserstoffs Tabelle 3-4. Um den Zusammenhang zwischen elektrischer und mechanischer bzw. thermischer Energie darzustellen, dienen folgende Überlegungen.

Als SI-Basiseinheit für die elektrische Stromstärke ist das Ampere [A] definiert:

1 A ist die Stärke eines konstanten elektrischen Stroms I , der zwischen zwei parallelen Leitern im Vakuum mit 1 m Abstand je 1 m Länge eine elektrodynamische Kraft von 2 . 10-7 N hervorruft Als abgeleitete SI-Einheiten sind definiert Das Coulomb [C] für die elektrische Ladung Q: 1 C ist gleich der Elektrizitätsmenge Q, die während 1 s bei einem zeitlich unveränderlichen Strom I der Stärke 1 A durch den Querschnitt eines Leiters fließt Q ~ I t , 1 C ~ 1 A . 1 s. Das Volt [V] für die elektrische Spannung U oder das elektrische Potential E: Die elektrische Spannung U oder das elektrische Potential E von 1 V zwischen zwei Punkten eines Leiters liegt vor, wenn bei einern stationären Strom I von einern Ampere zwischen den beiden Punkten eine Leistung P von 1 Watt umgesetzt wird.

U~P/I IV=IW =~ ,

1A

1C

Damit kann die Gleichsetzung von elektrischer Energie mit mechanischer Energie bzw. Wärmeenergie über die Identität 1 VAs ~ 1 VC ~ 1 Ws ~ 1 J erfolgen. Die elektrische Energie (Arbeit) entspricht dem Produkt von Ladung mal Spannung.

Der elektrische Widerstand R in Ohm [0] ist der Quotient aus Spannung U und Stromstärke 1: 1 0 ~ 1 V/I A Für die Elektrolyse gilt folgender Zusammenhang zwischen Reaktionsenthalpie 6 RH, Stromstärke I, Zeit t bzw, elektrischer Ladung Q und ZellspannungE: 6 RHm ~ I tE ~ Q E ~ zNA e E ~ z F E Dabei stellt die Ladungszahl z die Anzahl der ausgetauschten Elektronen dar. Die Faraday-Konstante F ~ 96485,34 C/mol gibt die elektrische Ladung der Elektronen an, sie ergibt sich als Produkt aus der Elementarladung eines Elektrons (Naturkonstante e ~ 1,6022 10- 19 C) mal der Avogadro-Konstänten (NA~ 6,022 . 1023 molt). Weiters gilt 1 eV

~

1,602' 10- 19 J, 1 J

~

6,2415' 1018 eV

Für die theoretisch erforderliche Spannung E o zur elektrolytischen Spaltung von Wasser (auch Zersetzungsspannung E z genannt) erhält man bei einer Ladungszahl von z ~ 2: E = 6 RH = 285000 z zF 2.96485

1,48V

4.7 Elektrolytische Spaltung von Wasser

81

In Abbildung 4-13 ist schematisch der Spannungsverlauf über dem Stromfluss dargestellt Man sieht, dass für das galvanische Element (Brennstoffzelle) die Spannung bei Erhöhung des Stromes etwa linear abfällt, während bei der Elektrolyse eine die Zersetzungsspannung überschreitende Spannung aufgebracht werden muss, um einen höheren Strornfluss und somit eine höhere Gasausbeute zu erzielen. Im Falle des erzwungenen Strornflusses

durch eine Elektrolysezelle addiert sich der Spannungsabfall des inneren Widerstandes der Zelle I . R, zur Zersetzungsspannung E z und ergibt so die Klemmenspannung E K1: E K1 ~ E z + IR,. Diese steigt mit wachsendem Strom. Das heißt, je höher der Stromfluss, desto höher muss auch die der Zelle aufgezwungene Spannung sein, um die elektrolytische Reaktion in Gang zu setzen oder zu verstärken. Einen realen Verlauf des StrornSpannungsverhaltens einer Elektrolysezelle gibt Abbildung 4-14 schematisch wieder. Es ist der anfänglich nicht-lineare Bereich erkennbar, wobei eine merkliche Zunahme des Stromflusses erst ab dem Erreichen der Zersetzungsspannung E z einsetzt [139].

IR,

IR,

stran I ----

Ez Klemmensparmung E K1[V]

Abbildung 4-13: Strorn- Klemmspannungsverlauf a) galvanischenElement und

b) Elektrolysezelle

Abbildung 4-14: Elektrolysestrom als Funktion der Klernrnspamumg

82

4 Erzeugung

Aus thermodynamischen Gründen ist eine erhöhte Betriebstemperatur für die Elektrolyse vorteilhaft Die Verläufe von Reaktionsentropie LRS, freier Reaklionsenthalpie LRG und Reaktionsenthalpie LRH für die Wasserzersetzung über der Temperatur zeigt Abbildung 4-15 [138]. Es gilt LG ~ LH - T LS. Man erkennt, dass mit steigender Temperatur ein zunehmender Anteil der Reaklionsenthalpie durch Wänne anstelle von elektrischer Arbeit zugeführt werden kann. Bei sehr hohen Temperaturen erfolgt die Wasserspaltung wie erwähnt rein thermisch.

300

250

".E

~

• •c

~

~~kj

200

~

150

.~ W

I

I

100

I

I

I

I

I

I ~H

I

Q=T ss

~

~~ N~G ITl I ~s

50

o

--

o

500

1000

1500

2000

I

I

2500

3000

3500

4000

4500

5000

Temperatur[K]

Abbildung 4-15: Energieanteile der Elektrolyse über der Temperatur

4.7.2

Elektrolysesysteme

Elektrolyseure werden bereits seit vielen Jahren kommerziell betrieben, es gibt eine Rei-

he von Ausführungen, die sich vor allem durch den eingesetzten Elektrolyten unterscheiden [106, 277]. Höchste Wirkungsgrade bis über 70 % erreichen Großanlagen mit alkalischer Elektrolyse, die über 30000 Nm 3 Wasserstoff pro Stunde bei Eingangsleistungen bis 120 MW'1 erzeugen. Am weitesten verbreitet ist die PEM-Elektrolyse, bei der eine Protonen leitende Membran (Proton Exchange Membran) verwendet wird. PEM Elektrolyseure liefern typischerweise zwischen 0,5 und 10 Nm 3 Wasserstoff pro Stunde, die Wirkungsgrade liegen um 50 %. 1 Nm 3 Wasserstoff enthält entsprechend dem unteren Heizwert eine Energie von etwa 3 kWh. Der elektrische Energiebedarf zur Herstellung von 1 Nm3 Wasserstoff in der Elektrolyse beträgt daher zwischen 4 kWh bei einem Wirkungsgrad von 75 % und 6 kWh bei 50 %. Die Elektrolyse erfordert eine konstante Zufuhr von Wasser, es werden ca.

4.7 Elektrolytische Spaltung von Wasser

83

0,8 Liter Wasser pro Nm 3 Wasserstoff verbraucht. In einer Wasseraufbereitungsanlage wird das Wasser entsalzt. Dies erfolgt etwa durch Deionisation in regenerierbaren Mischbettentsalzungspatronen. Der erzeugte Wasserstoff weist eine Reinheit von über 99,9 % auf, eine weitere Reinigung kann etwa durch adsorptive Trocknung erfolgen.

In Elektrolyseuren soll die Betriebstemperatur möglichst hoch gewählt werden, was auch die Reaktionskinetik an den Elektroden verbessert. Allerdings ergeben sich mit steigender Temperatur zunehmend Materialprobleme, so dass in konventionellen Elektrolyseuren Temperaturen von 80 "C kaum überschritten werden, neue Systeme erreichen Temperaturen bis 120 -c Da der Wasserstoff meist unter Druck benötigt wird und der Stromverbrauch der Elektrolyse unter Druck kaum zunimmt, bietet sich die Druckelektrolyse an. Druckelektrolyseure bis 50 bar sind derzeit verfügbar, Geräte bis 130 bar befinden sich in Erprobung, jedoch ist die Konstruktion und Versiegelung der Zellen aufwändig. Die Wirkungsgrade liegen etwas unter denen atmosphärisch betriebener Elektrolyseure [255]. Der Einsatz hochwertiger elektrischer Energie zur Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse ist ökologisch und ökonomisch dann sinnvoll, wenn der Strom aus regenerati-

ven Quellen wie Sonne, Wind oder Wasser erzeugt wird und der Elektrolyseur in Zeiten von Angebotsspitzen betrieben wird. Der Wasserstoff kann dann gespeichert und bei Bedarf als Kraftstoff in der mobilen Anwendung oder zur Rückverstromung verwendet werden. Die Bedeutung des oft zitierten geringen Wirkungsgrads dieser weitgehend CO2 freien Energienutzung relativiert sich, wenn man bedenkt, dass im Gegensatz zu fossilen Ressourcen die regenerativen Energiequellen nicht verbraucht werden, sondern praktisch

unbegrenzt zur Verfügung stehen. Eine eine Analyse von Wirkungsgraden und CO,Emissionen verschiedener Arten der Energiebereitstellung und -nutzung findet sich im

ersten Abschnitt. Elektrolyse am HyCentA

Im Rahmen des geförderten A3 Leuchtturmprojekts "Öko-Wasserstoff-Tankstelle der Zukunft" wird am HyCentA in Graz eine Elektrolyse-Anlage zur gekoppelten Erzeugung von Wasserstoff, Sauerstoff und Wänne aufgebaut und im praktischen Einsatz erprobt. Projektpartner sind Joanneum Research, HyCentA, OMV, Biovest, Linde und Weizer Naturenergie [22, 45]. Mit Strom aus Kleinwasserkraftwerken wird ein Elektrolyseur betrieben, der aus Wasser

Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt und Wänne abgibt. Die Anlage ist in die Infrastruktur und Sicherheitsmatrix des HyCentA integriert. Der erzeugte Wasserstoff wird bei knapp 14 bar zwischengespeichert, im Kolbenkompressor des HyCentA auf 350 bar verdichtet und im Hochdruckspeicher gelagert. Der somit CO,-frei erzeugte Wasserstoff wird entweder über die GH2 Zapfsäule an Fahrzeuge betankt, an die Prüfstande des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik geliefert oder druckreduziert an den Prüfständen des HyCentA genutzt. Der Sauerstoff wird verdichtet und als technisches Gas in Druckflaschen zur Verfügung gestellt. Die anfallende Wänne wird zu Heizzwecken genutzt.

84

4 Erzeugung

AbbildIIllg4-16: PEM Elektrolyseur HOGEN 540

Abbildung 4-16 z eigt den v erwend eten PEM Elektrolys eur HOGEN S40 der Firma Proton Energy Systems. Er erzeugt pro Stund e maXima11, 05 Nm3 Wass erstoff der Remh e:tl 5 0 (99,999 %) bel einem Druck von 13,8 b ,.-. Dies enlspn chl ml1 dem Heizwert von W,.;s erstoff emer Energi e von 3 kWh pro Stund e und somit em er LeiStun g von 3 kW. D er Slromb edarfb eträgllaul Dal enblatt mkluSlve aller Nebenaggregal e 6 kWhiNm3, was e1nen Gesamtwirkungsgrad von 50 % b edeutet. Durch die Nutzung des S2llersloffs und der Wärm e kann die Effizi enz d er Anlage erh öht werd en

4.8

Chemische Spaltung von Wasser

4.8.1

Gnmdlagen

Zur ch emisch en Spaltung von Wa2ser können a11 e Stoffe dien en, die eme höhere Affinität w Sauersla ff a1 s der Wa" enloff hoo en. Das smd Jen e Elemente, die ein negativ eres Normalpot ential als Wass erstoff auf.velSen. Dazu gehören u. a. die Elemente der I biS 3 Hauptgrupp e, wob ei die Reaktionsfähigk eit von den Alkalim etall en Cl Hauptgrupp e) über die Erdalkalim etalle (2 Hauptgrupp e) zu den Erdm et allen (3 Hauptgrupp e) abmmmt und llUl erhalb der Gruppen von unten nach oben, weil die gebild eten Met allhydromd e zunehm end unlöslich er werd en und die Reaktion durch eme Schutzschicht um das Metall b ehind em. Während die Alkalim etalle Wasser bel Norm albedingung en mit so großer Hefti gkeit spalt en, dass di e entste hen de W ärme di e Metalle schmilzt und den gebil deten Was-

4.8 Chemische Spaltung von Wasser

85

serstoff entzündet, reagieren andere Metalle erst bei erhöhter Temperatur. Je nach Reaktionsbedingungen werden Hydroxide und Oxide gebildet [156]. Im Falle der Hydroxidbildung gilt: M + n HzO ~ M(OH)" + n/2 Hz

n

~

1, 2 und 3

Eine Übersicht über Reaktionen zur chemischen Spaltung von Wasser gibt Tabelle 4-2. Angegeben sind das Ausgangsmetall, dessen molare Masse und Dichte, die Reaktionsgleichung und die Standardreaktionsenthalpie [228]. Da die Reaktionen meist exotherm ablaufen, kann die Energiefreisetzung durch einen auf das Metall bezogenen volumetrischen und gravimetrischen Heizwert ausgedrückt werden. Tabelle 4-2: Reaktionen von Metallen und Wasser

Metall

Dichte

Reaktionsgleichung

ARHmO

n.;

Molare Masse [kg/kmcl]

[kg/dms]

Li

6,94

0,53

Li + HzO

~

LiOH + Yz Hz

- 202

29,1

15,4

Na

22,99

0,97

Na+ HzO

~

NaOH + Yz Hz

-141

6,1

5,9

K

39,10

0,86

K+HzO

~

KOH+ YzHz

- 140

3,6

3,1

Be

9,01

1,85

Be + 2 HzO

~

Be(OHlz + Hz

-336

37,3

70,0

Mg

24,31

1,74

Mg+2

Mg(OHlz + Hz

-355

14,6

25,4

Ca

40,08

1,55

Ca+ 2 HzO

~

Ca(OH)z + Hz

-416

10,4

16,1

Si

28,09

2,33

Si + 2 HzO

~

Si02 + 2 Hz

- 341

12,1

28,3

H~

[kJ/mol] [MJ/kg] [MJ/dm']

HzO ~

Diese Reaktionen können prinzipiell zur Wasserstoffproduktion genutzt werden. Allerdings kommen die Metalle in der Natur nicht rein vor und müssen erst gewonnen werden, etwa durch Schmelzflusselektrolyse. Die Kosten dafür sind in der Regel zu hoch, um eine wirtschaftliche Wasserstoffproduktion zu erlauben. Eisen-Dam pf-Prozess

Historisch von Interesse ist der Eisen-Dampf-Prozess, mit dem früher Wasserstoff produziert wurde, indem Wasserdampf über rotglühende Eisenspäne geleitet wurde. Bei Temperaturen ab ca. 500 "C bilden sich Eisenoxide und Wasserstoff In jüngster Zeit finden Eisenoxide zur emissionsfreien Herstellung von Wasserstoff wieder Interesse in der Forschung. In der solargestützten thermochemischen Wasserspaltung werden meist zweistufige Prozesse herangezogen, bei denen Wasserstoff aus der Reaktion von Eisenoxiden mit Wasser gewonnen wird. Das dabei oxidierte Metalloxid wird in einern endothermen Hochtemperaturschritt wieder reduziert. Die erforderlichen Temperaturen zwischen 800 "C und 2000 "C werden durch die Fokussierung von Sonnenstrahlen über Spiegel in einem Reaktor erzeugt [1, 250].

86

4 Erzeugung

Ist das Normalpotential des Reaktionpartners positiver als das von Wasserstoff, wie bei Kohlenstoff und den meisten anderen Nichtmetallen, ist zur Wasserspaltung Energiezufuhr erforderlich. Von technischer Bedeutung ist dabei die Spaltung von Wasser durch Kohlenstoff oder Kohlenwasserstoffe.

HzO + C --+

co + Hz

Bei dieser "chemischen Kohlenwasserstoffspaltung" handelt es sich um eine thermische Kohlenwasserstoffspaltung mit einer Oxidation des Kohlenstoffs, wobei der Sauerstoff dafür dem Wasser entzogen wird, vgl, Abschnitte Vergasung und Reformierung.

Silizium Aus Silizium kann unter basischen Bedingungen, z. B. in Gegenwart von Natronlauge, Wasserstoff gewonnen werden. Dabei wird Silizium mit Wasser direkt zu Silikaten und Wasserstoff umgesetzt: Si + 2 NaOH + HzO --+ Na zSi03 + 2 Hz Silizium kann auch in exothermen Reaktionen mit Sauerstoff und Stickstoff reagieren und der Energiegewinnung dienen. Die Prozesse laufen mit Kupferoxid bei Temperaturen um 600 "C ab und könnten in Solarreaktoren realisiert werden. Da Silizium aus Sand gewonnen wird, der in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, ist Silizium immer wieder als Energieträger im Gespräch, oft auch in Ergänzung zu Wasserstoff [18]. 4.8.2

Die Reaktion von NaK und Wasser

Die chemische Spaltung von Wasser mit einer Mischung aus Natrium und Kalium wurde am HyCentA als Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff untersucht. Die in der exothermen Reaktion freiwerdende Wärme sowie die Volumenvergrößerung durch die Umwandlung der Metalle und Wasser in Wasserstoff und Hydroxide können in einer Kolbenmaschine in mechanische Arbeit umgewandelt werden. Das Verfahren verspricht durch die Kombination der Wasserstofferzeugung mit Arbeitsgewinnung einen hohen Gesamtnutzen. Die Produkte können wieder zu den Ausgangsmetallen reduziert werden, so dass ein geschlossener Materialkreislauf möglich ist. Die Reaktionen laufen ohne Emissionen ab und sind COz-frei. Die Reaktion des eutektischen NaK-Gemischs mit Wasser liefert in einer exothermen Reaktion Wasserstoff, Natriumhydroxid und Kaliumhydroxid [184]. NaK + HzO

~

NaOH + KOH + Y, Hz

Wegen ihrer hohen Reaktionsfreudigkeit und ihren speziellen chemischen und physikalischen Eigenschaften finden Alkalimetalle breite Anwendung in der organischen und anorganischen Chemie sowie im Maschinenbau, dort oft als flüssige Verbindung von Natrium und Kalium (NaK) [110, 231]. Alkalimetalle werden als Reduktionsmittel und zur Trocknung eingesetzt, z. B. für Kohlenwasserstoffe, sie spielen eine Rolle als Katalysatoren bei Isomerisation, Kondensation und Veresterung sowie in der Synthese von Polymeren. Wegen ihrer hohen elektrischen und thermischen Leitfähigkeit wird flüssiges N aK in Batterien, als Hydraulikflüssigkeit, in Wännetauschem und zu Kühlzwecken eingesetzt,

4.8 Chemische Spaltung von Wasser

87

z. B. in Kraftwerken oder in Motorventilen. Die chemische Reaktion von Alkalimetallen mit Wasser wurde eingehend untersucht und beschrieben. Innerhalb weniger Millisekunden ab der Mischung erfolgt eine explosionsartige Reaktion [186]. Auch über die Nutmng der Reaktion zur Gewinnung von Wasserstoff[162] und Arbeit in einer Verbrennungsmaschine [49,223] wurde berichtet Eine Besonderheit stellt die Mischungsfähigkeit von Natrium (eng!. Sodium) und Kalium (eng!. Potassium) dar. Bei Kontakt der beiden Elemente fmdet eine fließende Verrnischung statt. Die beiden Metalle mischen sich in weiten Grenzen homogen und bilden bei Raumtemperatur eine Flüssigkeit mit silberrnetallischem Glanz (flüssiges Metall), siehe Mischungsdiagramm in Abbildung 4-17. Das eutektische Gemisch aus 22,2 Gew.% (32,7 Atom%) Natrium und 77,8 Gew.% (67,3 Atom%) Kalium wird als NaK bezeichnet und weist einen Schmelzpunkt von -12,6 °C auf.

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Abbildung 4-17: Mischungsdiagramm von Natrium und Kalium. Quelle: Foust [110]

Einige Eigenschaften der Reaktanten fasst Tabelle 4-3 zusammen [110, 228].

88

4 Erzeugung

Tabelle 4-3: Eigenschaften der Reaktanten

Eigenschaft

Na

NaOH

K

KOH

NaK

H20

MolareMasseM [glmol]

23

40

39

56

33,8

18

97,8

323

63,3

406

- 12,6

882

1390

765

1324

785

100

0,9

1

0,87

0,998

Schmelzpunkt T Sm

rci

Siedepunkt Ts [ce] (dynamische) Viskosität ry [g/m s] bei 20 -c Dichte p [g/crrö] bei 20 "C

0,97

2,13

0,86

2,04

°

Spez. Wärme c [limolK] bei 20 "C

28

30

34

4,182

Wärmeleitfähigkeit A [W/mK] bei 20 -c

130

108

218

0,604

Schmelzwärme I1smh [kl/mol]

2,6

2,3

6

Verdampfungswärme I1vh [kl/mol]

98

78

40,6

Standardbildungsenthalpie I1BHm o [kl/mol]

° 2,6

Relative Häufigkeit in der Erdkruste [Atorn%]

-426

° 2,4

-425

4,5

-286

NaK wird durch Zusammenführung der beiden metallischen Komponenten unter Luftausschluss gebildet Die Auslieferung erfolgt unter Schutzatmosphäre etwa aus Argon in Behältern aus Glas oder Metall [274]. Die Reinmetalle werden durch Schmelzflusselektrolyse aus Kochsalz (NaCl), Natronlauge (NaOH), Feldspat (KC1) oder Kalilauge (KOH) gewonnen [156]. Die Herstellung von Natrium und Kalium kann nach dem sogenannten Castner-Verfahren durch Schmelzelektrolyse von Natriumhydroxid und Kaliumhydroxid erfolgen Der erforderliche Energieaufwand für Natrium beträgt ca. 18 kWhikg Na. Das Verfahren kann günstig eingesetzt werden, wenn die Hydroxide vorliegen. Natrium wird heute meist nach dem sogenannten Downs-Verfahren durch Schmelzflusselektrolyse von Natriumchlorid hergestellt Durch Zugabe von Kalziumchlorid (CaC12 ) und Bariumchlorid (Ba) als Flussmittel wird die Schmelztemperatur von Natriumchlorid von 808 "C auf ca. 600 "C gesenkt An der Kathode entsteht flüssiges Natrium, an der Anode Chlorgas. Typische Anlagen stellen pro Tiegel 0,5 t Na pro Tag bei Spannungen um 7 V und Stromstärken um 35000 A her. Pro kg Na ist ein Energieaufwand von ca. 10 kWh (36 MJ) erforderlich. Zur Gewinnung von Kalium wird geschmolzenes Kaliumchlorid mittels Natriumdampf bei 900 "C reduziert. Durch nachfolgende fraktionierte Destillation wird das entstehende gasförmige Stoffgemisch getrennt Man erhält flüssiges Kalium und Natriumchloridschmelze, Wird angenommen, dass die Reaktion sehr rasch im oberen Totpunkt einer Kolbenmaschine abläuft, kann von einer Reaktion bei konstantem Volumen ausgegangen werden. Wasser und NaK werden über entsprechende Einspritzvorrichtungen in flüssiger Form in die Reaktionskammer eingebracht Die Alkalimetalle und das Wasser reagieren in einer exothermen chemischen Reaktion zu Metallhydroxiden und Wasserstoff Durch den

4.8 Chemische Spaltung von Wasser

89

Übergang von der flüssigen in die gasförmige Phase erzeugt die Reaktion eine deutliche Vergrößerung des spezifischen Volumens. Diese Volumenvergrößerung durch den Phasenübergang sowie die freigegebene Wänne der chemischen Reaktion führen zu einern Anstieg von Druck und Temperatur im Reaktionsraum. In weiterer Folge kann die Expansion der Reaktionsprodukte zur Arbeitsgewinnung in der Kolbenmaschine genutzt werden. Dabei werden die Produkte entspannt Nach Öffnen eines Auslassorgans wird bewegt sich der Kolben wieder in den oberen Totpunkt Das Arbeitsspiel kann nach dem Zeitaktverfahren wieder beginnen. Das "Abgas" des Prozesses besteht aus Metallhydroxiden und Wasserstoff Die Hydroxide werden abgekühlt, ausgefällt und können in weiterer Folge zu Alkalimetallen reduziert werden, so dass ein geschlossener Materialkreislauf entsteht. Durch Variation des Auslasszeitpunktes für den Wasserstoff kann dessen Druck geregelt werden, wobei die Höhe des Drucks auf Kosten der gewonnenen Arbeit gesteigert werden kann. Es lässt sich somit eine .Explosionskraftmaschine" darstellen, die bei hohem Mitteldruck und hoher Drehzahl im Zweitaktverfahren Arbeit leistet und als "Abgas" Wasserstoff bei erhöhtem Druck liefert. Die Methode verspricht die emissionsfreie Herstellung von Wasserstoff unter Nutzung von Arbeit mit einem hohen Nutzungsgrad [190]. Am HyCentA wurde ein Rechemnodell zur Modellierung der Reaktion erstellt [193]. Abbildung 4-18 zeigt den berechneten Druckanstieg der Reaktion über der eingebrachten Menge NaK für A ~ 1 (stöchiometrisches Wasserverhältnis) und A ~ 2 (Wasserüberschuss). Der Druck steigt mit der eingespritzten Menge an NaK sowie mit Wasserüberschuss.

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Kofess +n

t·J:lJUU KÜhlung 300-80 K

I

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10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

P [bar]

Abbildung 5-7: Energieaufwand der Teilschritte der Verflüssigung

5.2.2 Verdichtung des flüssigen Wasserstoffs Wasserstoff wird oft bei hohen Drücken benötigt, etwa für die gasförmige Speicherung bei Drücken zwischen 300 bar und 900 bar oder als Treibstoff für Raketen (20 bar bis 30 bar) oder Verbrennungskraftmaschinen (bis 10 bar bei äußerer Gemischbildung, bei 150 bar und mehr bei innerer Gemischbildung). Anstalt den Wasserstoff gasförmig zu verdichten, besteht die Möglichkeit bei Vorliegen der flüssigen Phase den Wasserstoff tiefkalt mit Kryopumpen zu komprimieren Infolge der weitgehenden Inkompressibilitat von Flüssigkeiten benötigt die Verdichtung eines flüssigen Mediums nur einen Bruchteil der Arbeit der Verdichtung im gasförmigen Zustand. Beispielhaft zeigt Tabelle 5-3 den Vergleich der spezifischen Arbeiten für isentrope Verdichtung Ws von flüssigem und gasfönnigern Wasserstoff von 1,1 bar und 20,56 Kauf 150 und 300 bar [82]. Die spezifischen Arbeiten sind im gasförmigen Zustand um einen Faktor 5 bis 6 höher. Die isentrope Verdichtung auf 300 bar überschreitet die kritische Dichte, so dass der Wasserstoff als überkritisches Fluid vorliegt, die Enthalpie hz ist in der Tabelle blau hinterlegt Die Leistungsangaben P, beziehen sich auf einen Massendurchsatz von ca. 12,8 kg/h,

5.2 Flüssige Speichenmg

107

Tabelle 5-3: Arbeitsaufwand:fur die Verdichtung von Wasserstoff Isentrope Verdichtung, Hz als reales Fluid flüssig, ein stufig

PI

Tl

P,

T,

hl

h,

W,

P,

[bar]

[K]

[bar]

[K]

[kJikg]

[kJikg]

[kJikg]

lkW]

1,1

20,54

150

26,13

197,9

0,70

1,1

20,56

300

30,1

380,8

1,35

gasförmig, einstufig

1,1

20,56

150

139,1

717,8

1275,2

4,52

1,1

20,56

300

173,6

717,8

1813,2

6,42

Abbildung 5-8 zeigt die spezifische isentrope Verdichtungsarbeit über der Ausgangstemperatur Tl mit dem Druckverhältnis pz / PI als Parameter. Die isentropen Verdichtungsarbeiten wurden für reales Gasverhalten berechnet. Man erkennt wieder, dass die Verdichtungsarbeiten im flüssigen Zustand bis etwa zur Temperatur Tl ~ 25 K fast unabhängig vom Druckverhältnis und wesentlich kleiner sind als im gasförmigen Zustand. Auf der zweiten Ordinate rechts ist die Endtemperatur T, aufgetragen.

Isentrope Verdichtung - real 5000 4500 4000 _ 3500

~

~ 3000

:.-

~ 2500 VI 2000 ~ 1500 1000 500

o

T2

p2/p1

:;..;

~ o

p1 =4 bar

p2/p1

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lK]

500

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400

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300

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200

\

100

o 100

150

200

T1[K]

1- 3 - 6 - 9 -12 -15 -18 -21-24 -27

30 1

Abbildung 5-8: Isentrope Verdichtungsarbeit a s über Tl mit pzl P t als Parameter [82]

5 Speicherung und Transport

108

Beim Einsatz von Kryopumpen für flüssigen Wasserstoff sind eine Reihe von Fragen in der Konstruktion und der Werkstoffwahl zu lösen. Da der Wasserstoff nicht verunreinigt werden darf, müssen die Pumpen ohne Schmiermittel auskommen, auch die Abdichtung stellt eine Herausforderung dar. Die entscheidende Frage ist aber, ob die Pumpe direkt im flüssigen Wasserstoff eingetaucht arbeitet oder außerhalb des Kryotanks liegt. Im ersten Fall befindet sich die Pumpe immer auf Tieftemperatur und fördert nur flüssigen Wasserstoff, allerdings wird durch den erforderlichen Antrieb der Pumpe Wärme in den Kryotank eingebracht, was wegen der resultierenden Verdampfungsverluste unerwünscht ist Auch die Wartung der Pumpe ist erschwert Liegt die Pumpe außerhalb des Tanks und damit auf höherem Temperatumiveau, muss die Pumpe für die Fördenmg kalt gefahren werden. Die Pumpe muss in diesem Fall als Zweiphasenverdichter ausgelegt werden, weil der flüssige Wasserstoff zunächst verdampft und die Pumpe kühlt bis die kritische Temperatur unterschritten wird. Erst ab dann kann flüssiger Wasserstoff gefördert werden [82]. In Japan am Musashi Institute wurden eine Reihe von Wasserstofifahrzeugen mit Verbrermungskraftmaschinen und Kryotanks entwickelt [116, 117]. In der Variante .musashi8" wurde eine Lllz-Pumpe mit einem Verdichtungsverhältnis von 11 für einen Systemdruck bis 100 bar eingesetzt. Die Pumpe lag nicht direkt im flüssigen Wasserstoff, war aber in den Vakuumtank. integriert. Diese einfach wirkende Kolbenpumpe mit Hub = Bohrung = 15 mm wurde elektrisch angetrieben. Das Gesamtkonzept mit der direkten Einblasung von Wasserstoff in den Zylinder zeigt Abbildung 5-9 [326].

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Abbildung 5--9: Schema Wasserstoffmotor und LH2-Pumpe [326]

Ein aktuelles Konstruktionsbeispiel einer Zweiphasenpumpe für eine automotive Anwendung zeigt Abbildung 5-10 [82]. Es handelt sich dabei um eine einstufige Kolbenpumpe mit elektrischem Antrieb, die außerhalb des Kryotanks betrieben wird.

5.2 F lüssige Speicherung

109

Technische Daten der Pumpe Hubvolumen Kolbendurchmesser Kolbenhub HublB ohrungsverhältnis Drehzah l Förderv olumenstrom

20,3 cma 22 mm 52~

2,36 ca. 300 min-i bis ca. 5 I Wasserstoff pro M inute

Die F lüssigwasserstoffpumpe ist eine trocken laufende Ausführung, d h. es w erden keine Schmiermittel eingesetz t Als Dichtung zwis chen Kolben und Zylinder kommen selbstschmierende D ichtringe aus UH:MWPE (Ultra-High-Molecular-Weight Polyethylen) zum Einsatz . Aus diesem Grund wird eine mittlere Kolbengeschwindigkeit von Cm = 0,5 mls gewählt Die LH2-Pumpe w ird aus Wartungsgründen außerhalb des Tanks betrieben, sie ist bei F eederbeginn noch nicht auf Tieftemperatur und muss kalt gefahren werden . Dabei verdampft der angesaugte flüssige Wasserstoff in der Pumpe und kühlt diese ab. Bis zum Erreichen der kritischen Temperatur fördert die Pumpe gasförmigem Wasserstoff. Es muss sich bei der Konstruktion also um eine Zweiphasenpumpe handeln, die möglichst geringe Schadräume aufweisen muss . Dies w ird durch eine spezielle Konstruktion des Zylinderkop fs sowie durch eine besondere Ventilanordnung im Zylinderkopf erreicht Die gesamte Pumpe ist zu Isolationszwecken in eine vaküumisolierte Stahlhülle eingebaut Derartige geregelte Kryopumpen für kleine Durchsätze und intermittierenden B etrieb sind teuer und aufwändig, sie befinden sich fallweise für autcmotive Anwendungen in Erprobung

Abbildung 5-1O: Zw eiphasenpump e für Wass erstoff [82]

110

5 Speicherung und Transport

Für große Durchsatzmengen können Turbopumpen eingesetzt werden. Für den Antrieb von Raketen werden flüssiger Wasserstoff und flüssiger Sauerstoff in getrennten Behältern gelagert. Für beide Medien werden großen Turbopumpen eingesetzt, während der relativ kurzen Brenndauer ist ein gleichmäßiger großer Volumenstrom erforderlich. Ein Beispiel für eine solche Pumpe zeigt Abbildung 5-11. Die Pumpe fördert bei einer Drehzahl von 60000 Umdrehungen pro Minute etwa 2,7 kg flüssigen Wasserstoff pro Sekunde bei 26 bar Druck in die Brennkammer.

Abbildung 5-11: LH2-Pumpe für einen Raketenantrieb. Quelle: Dadieu [58]

5.2.3 Tanksysteme und Infrastruktur Als Kryospeicher für flüssigen Wasserstoff werden Systeme eingesetzt, die aus einern Innentank und einern Außenbehälter bestehen, zwischen denen zur Isolation ein Vakuumraum liegt, siehe Abbildung 5-12. Das Vakuum verhindert den Wärmetransport durch Konvektion. Der für die Tanks meist verwendete austenitische Edelstahl behält auch bei sehr niedrigen Temperaturen sein gutes Verformungsvermögen und neigt nicht zur Versprödung. Der evakuierte Raum zwischen den beiden ineinander gefugten Behältern enthält in der Regel eine vielschichtige Isolation (MLI - Multi Layer Insulation) mit mehreren Lagen Aluminiumfolie im Wechsel mit Glasfiber-Matten, die den Wärmetransport durch Strahlung minimieren sollen. Wärmetransport durch Leitung tritt an den Distanzhaltern zwischen den beiden Behältern auf sowie bei allen Durchführungen wie an den Leitungen zur Befullung und Entuahme. Durch den unvermeidbaren Wärmeeintrag kommt es zum Verdampfen des siedenden Wasserstoffs im Behälter und damit zu einer Zunahme von Druck und Temperatur. Behälter für flüssigen Wasserstoff sind daher stets mit einem geeigneten Druckentlastungssystem und einern Sicherheitsventil auszustatten. Die Flüssigspeicherung erfolgt also in einern offenen System, bei dem nach einer Druckaufbauphase ab Erreichen des so genann-

5.2 Flüssig e Speicherung

111

ten Boil-Off-Drucks W asserst off abgeblasen we rden muss, vg1. Abschnitt thermo dynamische Analys e eines Behälters für Flüssigwasserstoff. Der austret ende W asserstoff w ird katalyti sch verbrannt oder ins Freie abg elas sen.

inner container outer container

super-insulation ~_._I

leve l sensor , filling pipe gas outlet liquid outlet fi lling port

inner container support

/

liquid hydrogen (-253°C) safety valve gaseous hydrogen

(+20°C to +60°C to e ngine); main shut-offvalve

eleclrical heating ---./ selector valve for gas I liquid

hydrogen heater Source: Linde gas

Abbildung 5-12 : Tanksys tem fur flüssigen Wasserstoff. Quelle: Lind e [206]

Die Abdampfverlus te liegen bei heutig en Tankanlagen in der Größenor dnung von etwa 0,3 % bis 3 % pro Tag , wobei größe re Tankanlagen wegen der geringeren Oberfläche im Verhältnis zum Vo lumen im Vorteil s ind. Die Kug el hat v on allen ge ometrischen Formen das kleinst e Verhältnis von Oberfläche zu Volumen. Dies bedeutet, dass der mögliche Wärmeeintrag v on außen am geringsten ist und außerdem bei Bela stung die Spannung en gleichmä ßig v erteilt sind . Nachteilig bei Kugeltanks ist jedoch die aufw änd ige Herstellung. Außerdem ist die freie Oberflä che der Flüs sigkeit im Inneren bei teilweise leerem Kugelta nk größer als bei einem stehend en Zylinder, we swegen in der Praxis mei st Zylindertanks gewählt werden. Um den flüssige n W asserstoff bei Be darf aus dem Tank entnehmen zu könn en, wird absichtlich Wärme eingebracht, beim Fahrzeug etwa über das Motorkühlwasser. Dadurch w ird Wa sserstoff verdampft, der Druck im Tank steigt und Wasserstoff wird über das Druckgefalle entnommen. Heutige automotiv e Flüss igwasserstoffb ehälter erreichen gravimetrische und volumetrische Energiedichten v on 0,06 kg Hz/kg oder 2 kWhJkg bzw. 0,04 kg H z/dm' oder 1,2 kWh /dm '- Das Flüssigtanksystem für die erste Kleinserienanwendung eines Fahr zeugs mit Verbrennungsmotor, den BMW Hyd rogen 7, wur de v on MAGNA STE YR in Graz gebaut [210]. Jedes Tanksystem wurde auf Funktionalität, Isolierung, Druckaufbau und Boil-Off am HyCentA getestet, siehe Abbildung 5-13. Das Tanksy stem speichert 9 kg Wasserstoff bei einem Systemgewicht von ca. 150 kg und einem Systemvolumen von ca. 170 1. Di es erlaubt eine Reichw eite von etwa 250 km , Kosten für das Tan ksystems sind nicht v eröffentlicht [86].

112

5 Speicherung und Transport

A bbildung 5-13: Prüfung eines LH2-Tanksystems am HyCentA

Infrastruktur

Außer dem Tank selbst ist auch die Infrastrnktur für flüssigen Wasserstoff technisch aufwändig: Transferleitungen, Ventile, Betankungskupplungen usw, sind ebenfalls vakuum isoliert auszuführen. Stellen mangelhafter Isolierung von Leitungen bilden Kältebrücken, die sich dadurch bemerkbar machen, dass Wasser aus der Umgebungsluft dort kondensiert und Eis bildet. Bei nicht isolierten Leitungen karm es durch die tiefe Temperatur des flüssigen Wasserstoffs auch lokal zur Luftverflüssigung kommen. A lle mit Wasserstoff in B e-

rührung kommenden Bauteile müssen aus geeigneten Werkstoffen wie austenitischen Edelstählen bestehen, die Wasserstoffdiffusion verhindern und nicht zur Versprödung neigen. Bei jeder Rohrleitung und bei jedem Behälter muss sichergestellt werden, dass

sich keine Luft und damit kein Sauerstoff im System befindet, bevor Wasserstoff eingefüllt wird. Behälter und Rohrleitungen werden daher vor der Befüllung mit Helium gespült. üblich ist die mehrmalige Druckwechselspülung, bei der wiederholt Helium bei erhöhtem Druck in das entsprechende Gefäß eingebracht und dieses dann entsparmt wird. Um in einen Behä lter von Umgebungstemperatur flüssigen Wasserstoff einfüllen zu können, muss der B ehälter zunächst kalt gefahren werden , d. h., seine Temperatur muss unter

die kritische Temperatur von Wasserstoff bei 33 K abgesenkt werden . Dies erfolgt durch Bespülen mit flüssigem Wasserstoff, der durch seine Verdunstungskälte den Behälter abkühlt. Das Kaltfahren venrrsacht nicht unwesentliche Verluste , wenn der zur Kühlung verwendete Wasserstoff nicht weiter verwendet, sondern in die Umgebung abgeblasen wird.

Drucktanks, Kryotank s und Feststoffspeicher werden heutzutage hauptsächli ch in LKW oder Zügen transportiert. Stand der Technik stellt der Transport von LH2 in 12-MeterContainern dar. D iese Container g ibt es mit und ohne Kühlung durch Ummantelung mit

5.3 Hybride Speichenmg

113

flüssigem Stickstoff Die Zeit bis zum Boil-Off beträgt für diese Container 30 Tage, mit Stickstoffummantelung 60 Tage. Schiffe für den Transport von flüssigem Wasserstoff wurden geplant, bisher aber nicht realisiert.

5.3

Hybride Speicherung

Verwendet man den Begriff "Hybrid" für eine Kombination unterschiedlicher Technologien, kann man von einer Reihe hybrider Speicherverfahren für Wasserstoff sprechen, die diskutiert werden. Kühlt man Wasserstoff unter den Erstarrungspunkt bei -259 "C ab, erhält man ein Gemisch aus flüssigem und festem Aggregatzustand, einen Matsch, der "Slush" genannt wird. Dieser verspricht höhere Dichten, erfordert aber einen hohen Her-

stellungsaufwand. Auch die "kaltverdichtete" Speichenmg von Wasserstoff als überkritischem Fluid wird untersucht Die Kombination von flüssiger Speichenmg mit Festkörperspeichenmg erlaubt etwa die Absorption der Boil-Off- Verluste in Festkörperspeichern. Die Möglichkeiten und Grenzen der Speichenmg von Wasserstoff als Reinstoff folgen aus den Zustandsdiagrammen Die Dichte jeden Stoffs hängt von Druck und Temperatur ab. Für Gase überwiegt dabei die Druckabhängigkeit Bei Annähenmg an den kritischen Punkt nimmt der Einfluss der Temperatur stark zu. Die Dichte von Wasserstoff als realem Fluid über dem Druck mit der Temperatur als Parameter zeigt Abbildung 5-14, in Abbildung 5-15 ist die Dichte über der Temperatur mit dem Druck als Parameter dargestellt Beide Abbildungen zeigen den Bereich niedriger Temperaturen mit dem kritischen Punkt CP und der Tripeltemperatur für den festen, flüssigen und gasförmigen Zustand TPS, TPL und TPV sowie den Phasengrenzlinien. Man erkennt das Potential für hohe Dichten bei niedrigen Temperaturen und hohen Drücken

90

TPS 80

TPl 70 100 K

f~ 60 1~1"/""'-----=::/7''''''-----=::::::~-'''''=-----:=:::.:::::~='-1

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150 K

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200 K 250 K

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200

300

400

500

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Abbildung 5-14: Dichte von Wasserstoff als Funktion von Druck und Temperatur [192]

700

114

5 Speichenmg und Transport

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Temperature T [K]

Abbildung 5-15: Dichte von Wasserstoff als Funktion von Temperatur und Druck [192]

Überkritische Speicherung

Ein Stoff bei Temperaturen und Drücken über den kritischen Werten wird als "überkritisches Fluid" bezeichnet, die Zustandsgrößen liegen zwischen denen des gasförmigen und flüssigen Zustands. Bei Wasserstoff trifft das auf Temperaturen über 33,2 K und Drücke über 31,1 bar zu. Wie aus Abbildung 5-15 ersichtlich ist, erreicht der Wasserstoff bei 350 bar und 35 K eine Dichte von 80 kg/m>. Diese liegt über der Dichte der gesättigten Flüssigkeit Die Speichenmg als überkritisches Fluid wird als kaltverdichtete Speicherung (cryo-compressed) bezeichnet Durch das Entfallen des Phasenübergangs können Abdarnpfverluste verringert werden, die Druckaufbauzeit wird größer, weil hohe Drücke zugelassen werden [91]. Durch den unvermeidbaren Wärmeeintrag steigt der Druck im Tank dennoch an, bis beim Erreichen des Grenzdrucks ein Boil-Off-Prozess in Gang gesetzt werden muss. Durch die Kombination von Hochdruck und Tieftemperatur sind die Anfordenmgen an die Tanksysteme und die Infrastruktur sehr hoch. Slush

Hydrogen Slush ist ein zweiphasiges Gemisch aus festen Wasserstoffpartikeln und flüssigem Wasserstoff am Tripelpunkt bei 13,8 K. Bei 50 Masseprozent Festanteil ergibt sich eine Dichte von 82 kg/m>, die zwischen den Dichten des Feststoffs und der Flüssigkeit liegt und somit 16 % über der Dichte der siedenden Flüssigkeit bei 1 bar [233]. Da die Sublimationsenergie die Verdampfungsenthalpie übersteigt, weist ein Slushspeicher eine deutlich höhere Druckaufbauzeit als ein Flüssigspeicher auf Wegen seiner höheren Dich-

5.4 Speichenmg in physikalischen und chemischen Verbindungen

115

te ist Slush vor allem als Raketentreibstoff von Interesse. Seine Herstellung ist allerdings aufwändig, eine Reihe von Verfahren mit flüssigem Helium und Expansionskühlung sind im Labormaßstab in Erprobung [137].

5.4

Speicherung in physikalischen und chemischen Verbindungen

Viele Stoffe besitzen die Eigenschaft, physikalische oder chemische Verbindungen mit Wasserstoff einzugehen. Die Bindungen können in festen, flüssigen oder gasförmigen Medien erfolgen. Als wesentliche Bewertungskriterien für die Eignung einer Verbindung als Wasserstoffspeicher sind zu nennen: • • •

Wasserstoffmenge, die pro Gewichts- und Volumeneinheit gespeichert wird Bedingungen für die Be- und Entladung des Speichers (Temperatur, Druck, Kinetik) Anzahl der möglichen Beladungszyklen (Lebensdauer).

Trotz teilweise theoretisch sehr hoher gravimetrischer und volumetrischer Speicherdichten befinden sich die meisten gebundenen Speicherforrnen im Versuchsstadium. Bei arn Markt erhältlichen Feststoffspeichem in Hydriden liegt das Speichergewicht bei rund 30 kg bis 40 kg pro kg gespeichertem Wasserstoff, das entspricht einer gravimetrischen Speicherdichte von ca. 3 Masseprozent Wasserstoff. Meist erweisen sich die Bedingungen für die Be- und Entladung als aufwändig. Die Speichenmg in Verbindungen birgt jedenfalls ein hohes Potential und ist Gegenstand intensiver Forschung. Hier soll auf einige allgemeine Gnmdlagen hingewiesen werden, Details sind der Literatur zu entnehmen [151, 265,331].

5.4.1 Physikalische und chemische Adsorption In Abhängigkeit von Druck und Temperatur adsorbiert Wasserstoff physikalisch in molekularer Form (physisorption) oder chemisch in atomarer Form (Chemisorption) auf Festkörperoberflachen. Bei der Physisorption kommt es zur Bindung durch Wechselwirkungen ohne strukturelle Änderung des Wasserstoffmoleküls. Die Bindungsenergie ist bei der physikalischen Adsorption deutlich geringer. Der Werkstoff sollte eine große Oberfläche (Poren) besitzen, um die Speicherfläche zu maximieren. Eingehend untersucht wurde die physikalische Adsorption von Wasserstoff auf Kohlenstoff Kohlenstoffatome können Fullerene bilden, das sind mehrere fünf- und sechseckige Kohlenstoffringe, die ein Gitter formen, Diese Gitter können zu zylindrischen Röhrchen aufgerollt werden, so genannten Nanotubes, siehe Abbildung 5-16. Durch physikalische Adsorption an der Oberfläche dieser Gitter wird Wasserstoff bei meist niedrigen Temperaturen von 50 K bis 80 K gespeichert. Nach anfänglichen sehr hohen Erwartungen [52] konnten bisher Speicherdichten von 3 bis 5 Gewichtsprozent Wasserstoff umgesetzt werden [152]. Da auch die rasche Freisetzung des gebundenen Wasserstoffs Probleme bereitet, sind noch keine Nanospeicher am Markt. Neuere Forschungen sprechen davon, dass gewisse Kunststoffe (polyanilin, Polypyrrol) bis zu 8 Gewichtsprozent Wasserstoff speichern können Untersucht werden etwa auch Kom binationen von physikalischen und chemischen Verfahren [183].

116

5 Speicherung ood Transport

Abtnldung 5-16: links: physikalische Adsorption von Wasserstoff. Quelle: DoE [294] rechts: Struktur von Nanotubes. Quelle: University ofReading [305]

5.4.2

Chemische Absorption

Wasserstoffverbindungen mit Halb- und Nichtmetallen aus der 3. bis 7. Hauptgruppe sind meist Gase oder Flüssigkeiten. Die wichtigsten Vertreter dieser Gruppe sind die Kohlenwasserstoffe (z. B. Methan, Benzin und Diesel) und Wasser. Je nach Polarität der Bindung unterscheidet man Bindungspartner mit formal positiv geladenem Wasserstoff (z. B. Wasser - H 20, Ammoniak - NH 3 , Salzsäure - HCl), Bindungspartner mit formal negativ geladenem Wasserstoff (z. B. Silane Si~ oder Borane B 2H6) sowie Verbindungen, die schwache polare Wasserstoffbindungen aufweisen und als unpolar oder kovalent bezeichnet werden (z. B. Methan C~). Es gibt auch Metalle, die kovalente Hydride bilden können wie z. B. Aluminium, Beryllium und Gallium. Aus einigen flüssigen Wasserstoffverbindungen körmte durch Reformienmg direkt an Bord von Fahrzeugen Wasserstoff gewonnen werden. Dem Vorteil der höheren Energiedichte des Ausgangshydrids stehen Nachteile gegenüber wie der Aufwand für den Reformer, der oft hohe Temperaturen, Katalysatoren und Umsetzungszeit benötigt, die Freisetmng von CO 2 bei Kohlenwasserstoffen oder die Giftigkeit mancher Verbindungen. Versuche mit Reformern gibt es z. B. mit Methan, Methanol und Ammoniak. Salzartige Hydride sind ionische verbtndungen, die in einem Ionengitter kristallisieren. Sie besitzen das Hydridion H- und weisen als Bindepartner elektropositive Alkali- und Erdalkalimetalle, mit Ausnahme von Beryllium, auf (z. B. Alanate wie Lithiumaluminiumhydrid Li.All-L). Hydridionen Hz fmden sich auch in komplexen Verbindungen mit übergangsmetallen My und einem elektropositiven Metall Gx. Diese Hydride werden auch als komplexe Metallhydride bezeichnet und haben die allgemeine Form GxMyHz. Es gibt viele Verbindungen dieser Art mit Erdalkalimetallen und Alkalimetallen. Ein Beispiel ist Natriumborhydrid (NaB~): NaB~ + 2 Hp ---,l> NaB0 2 + 4 H 2. Die für die Speicherung von Wasserstoff wichtigsten Hydride sind die metallischen Hydride. Elementare Metalle (z. B. Palladium, Magnesium, Lanthan), intermetallische Ver-

5.4 Speicherung in physikalischen und chemischen Verbindungen

117

bin durigen un d Leichtm etalle (z. B . Aluminium) sowie be stimmt e Legi erung en (z . B . TiNi-Ti2Ni. Mg -Mg 2Ni) sind in d er Lage , Wasserstoff zu speichern . Wasserstoffatome werden chemisch ins Metallg itte r eingebunden. Das Interesse der Forscher richtet sich insbeso ndere auf intermetallische Verbindungen, die aus einem Element mit hoher Wass erstoffaffini tä und aus einem Element mit niedriger Wasserstoffaffinitä bestehen (z. B.

ZrMn2. LaNi,. Mg2Ni. LiB) [332]. Be- und Entl adung metal lischer Hydride

Wenn der Wasserst off auf das Metall trifft, wird das Wasserstoffmolekt1l z unächst an die

Oberfläche gebunden und in seine Atome dissoziiert (l. ösungs-c-Phase). Die Wasserstoffatome diffimdieren dann in das Material und werden ins M etal lgitter eingebaut bis sie die Hydrid-ß-Phase bilden. siehe Abbildung 5-17 links. Thermodynamisch wird der Vorgang dur ch Isotherme in einem Druck-Konz entrations-Diagramm darg estellt, siehe Abbildung 5-17 rechts . In der c -Phase steigt der Wasserstoffdruck mit der Konzentrati on [H] (H· Atom pro Metall-Atom) stark an. bis bei [H] = 0,1 - 0,2 der Wasse rstoff in die Hydri dphase übergeht . Wahren d des Zeitraums der Koexistenz der beiden Phasen wird bei annähemd konstanten Werten filr Temperatur und Druck Wasserst off ins Metallgitter einge baut . Die Breite des horizontalen Plateaus ist ein Maß dafür, wie viel Wasserst off reve rsi bel im Hydrid ge speichert werde n kann Ist die Hydridbil dung abgeschlo ssen. steigt der Wasserstoffdru ck mit weiterer Konze ntra tions zunahme stark an . Die Plateaubreite ist von der Temperatur abhangig. Oberhalb der kritischen Temperatur Tc bild et sich kein Plateau mehr aus. Hz gas

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Metal adsorbed , hyrod gan

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,

1.0

Abbtldung 5-17: Bildung und Obergangsphasen von Metallhydriden Quelle: Sch lepbach [ 265]

Die Be- und Entladung erfolgt bei Drucken z wisc hen I bar und 60 bar. Liegt ein PlateauGleichgewicht bei Temperature n um 20 "C bis 90 "C vor, spricht man von Niedertempe rerurh ydriden, bei Temperaturen von 200 "C bis 300 "C von Hoc hrernpereturh ydri den . Für die meisten Hydri de hat die Standardbil dungsenthalpie einen We rt lD1l li Ef!

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Abbildung 5-21: Volumetrische Energiedichten von Speichersysternen

• Gravime trie Energy Densi t y P ure

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GH2 (350 bar)

GH2 (700 bar)

LH 2 (2 bar)

Solid Storage MH

U Ion B atte rv

eNG (200 bar)

LNG

Gasoline

Abbildung 5-22: Gravimetrische Energiedichten von Speichersysternen

Abbildung 5-21 zeigt die volumetrische Energiedichte für Wasserstoff bei 350 bar und 700 bar, für flüssigen Wasserstoff und für Festkörperspeicher. Die niedrigeren (gelben) Balken gelten jeweils für das Gesamtsystem, die höheren (blauen) für den Reinstoff Ebenfalls eingetragen ist die Speicherdichte der Lithium-Ionen-Batterie, die eine Größen-

122

5 Speichenmg und Transport

ordnung unter der der flüssigen Wasserstoffspeichenmg liegt Deutlich höhere Energiedichten erreicht Erdgas, vor allem in flüssiger Form. Die bei weitem höchsten Dichten und damit Reichweiten in Fahrzeugen weisen die flüssigen Kohlenwasserstoffe wie Benzin oder Diesel auf, bei denen zudem die Tanksysterne vergleichsweise leicht und einfach gebaut sind. Abbildung 5-22 zeigt den entsprechenden Vergleich für die gravimetrischen Energiedichten. Obwohl Wasserstoff mit 33,3 kWhJkg den mit Abstand höchsten Heizwert aller Kraftstoffe aufweist, erreichen die Speicher mit ihrem hohen Eigengewicht bei weitem nicht die Werte der flüssigen Kohlenwasserstoffe. Festkörperspeicher und Batterien liegen wieder eine Größenordnung darunter. Eine zusammenfassende Übersicht über die Speichermöglichkeiten von Wasserstoff gibt Abbildung 5-23, in der die volumetrische Speicherdichte über der gravimetrischen Speicherdichte für verschiedene Wasserstoffspeicher aufgetragen ist [nach 265,330]. Dabei ist zu beachten, dass für die Druckgasspeichenmg und Kryospeichenmg Gewicht und Volumen des Speichers selbst berücksichtigt wurden, nicht aber für die Hydride. Die strichlierten Linien im unteren Bildteil für Druckspeicher (pressurized Hz) zeigen, dass Kompositmaterialien mit ca. 14 Masseprozent (14 kg Hz / 100 kg Tank) gegenüber Stahl mit ca. 2 Masseprozent einen entscheidenden Vorteil in der gravimetrischen Dichte bieten, die volumetrische Speicherdichte jedoch gering bleibt Mit Flüssigspeicherung (H2liq) ist eine höhere volumetrische Energiedichte bei mittlerer gravimetrischer Dichte erreichbar. Die Kurve für Oberflächenanlagerung (physisorbed on carbon) zeigt, dass durch die Vergrößenmg der Speicheroberfläche hohe gravimetrische Speicherdichten möglich sind, allerdings bei bescheidener volumetrischer Dichte. Höchste gravimetrische Speicherdichten erreichen die flüssigen Kohlenwasserstoffe (chemisorbed on carbon).

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300. K, 2 bar

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Mg 2FeH 6 / 620 K, 1 bar ,

und 1,3 kwh/dm> entspricht Einschließlich des Tanksystems werden bei 700 bar Gesamtsystemdichten bis 0,9 kwh/dm> bzw, 1,8 kWh/kg erreicht Der für die Verdichtung erforderliche Energieaufwand beträgt etwa 15 % des Heizwerts des Wasserstoffs. Höhere Energiedichten können mit flüssigem Wasserstoff erreicht werden. Bei 2 bar weist flüssiger Wasserstoff eine Dichte von 67,67 kg/m> auf, das entspricht einer Energiedichte von 2,3 kwh/dms. Mit den schweren und voluminösen Tanksystemen können derzeit Gesamtsystemdichten von 2 kWh/kg bzw, 1,2 kwh/dm> erzielt werden. Der Energieaufwand für die Verflüssigung des Wasserstoffs beträgt 20 % bis 30 % seines Heizwerts. Die vakuumisolierten Speicherbehälter verfügen in der Regel über keine aktive Kühlung, durch den unvermeidlichen Wärmeeintrag kommt es zum Verdampfen des siedenden Wasserstoffs, zum Druckaufbau im Behälter und bei Erreichen des Grenzdrucks zum Abblasen von Wasserstoff. Dies verursacht Verdampfungsverluste von 0,3 % bis 3 % pro Tag. Nur in Ausnahmefällen wird der abdampfende Wasserstoff zur Energiegewinnung genutzt, in der Regel wird er in die Umgebung abgeblasen, was neben dem Energieverlust auch Sicherheitsfragen aufwerfen kann. Alle Komponenten für flüssigen Wasserstoff wie Leitungen, Ventile, Kupplungen etc, bestehen aus austenitischem Edelstahl, sie sind vakuum isoliert gegen Wärmeeintrag auszuführen und entsprechend komplex und teuer.

Aus Sicht der praktischen Anwendung liefert die gasförmige Speicherung bei 700 bar eine akzeptable Energiedichte bei vertretbaren Kosten, Typ 4 Tanks sind ausgereift und kommerziell verfügbar. Mit entsprechend höherem Aufwand in Herstellung, Speicherung und Infrastruktur können mit flüssigem Wasserstoff höhere Energiedichten erreicht werden. Flüssiger Wasserstoff wird eingesetzt, wenn die Fahrzeugreichweite ausschlaggebend ist

124

5 Speichenmg und Transport

oder wenn große Mengen anfallen, wie bei der Verteilung von Wasserstoff aus zentraler Herstellung oder bei Raketenantrieben. Sonderverfahren wie druckverdichtete Speicherung oder Slush sowie Festkörperspeicher versprechen ein hohes Potential hinsichtlich der Speicherdichte, befinden sich aber noch im Entwicklungsstadium .

Hinsichtlich der Nutzung als CO,-freier Energieträger ist Wasserstoff aus technischer Sicht sowohl in gasförmiger wie auch in flüssiger Form ausgereift und rnarktbereit. Wasserstoff muss, wie auch elektrische Energie, hergestellt werden. Der konsequente Ausbau der alternativen Energiegewinnung aus Wasser-, Wind- und Sonnenkraft wäre dazu hilfreich. Aufgnmd der höheren Kosten von Wasserstoff gegenüber konventionellen fossilen Technologien in Herstellung, Speichenmg und Verteilung scheint dessen weitverbreiteter Einsatz in absehbarer Zukunftnur durchpolitische Steuerungsrnaßnahmen wie einer substanziellen CO2-Besteuerung denkbar. Dies gilt im übrigen ebenso für elektrische Antriebe.

5.6

Thermodynamische Analyse einer F1üssigwasserstoffinfrastruktur

In diesem Abschnitt wird die Flüssigwasserstoffinfrastruktur am HyCentA thennodynamisch analysiert Dazu werden geschlossene und offene Systeme der Behälter und Leitungen für flüssigen Wasserstoff betrachtet Die Befüllung des Großtanks, sein Druckaufbau- und Boil-Off-Verhalten, das Befüllen des Konditionierbehalters, das Kaltfahren von Anlagenkomponenten sowie das Befüllen eines Testtanks unter Einbeziehung des Rückgasverhaltens werden theoretischund experimentell untersucht.

5.6.1 Anlage am HyCentA Die Infrastruktur für flüssigen Wasserstoff am HyCentA besteht aus einem Großtank zur Speicherung von ca. 1000 kg Wasserstoff und aus einem Konditionierbehälter für ca. 60 kg Wasserstoff, aus dem die Prüfstände und die Abgabestellt versorgt werden. Abbildung 5-24 zeigt den Standtank für flüssigen Wasserstoff am HyCentA Technische Daten: Abmessungen:

Volumen Leergewicht Gesamtgewicht inkl. Füllung: Betriebsdruck Max. zul, Betriebsdruck Verdam pfungsrate

D x H: 3000 x 9050 mm (Gesamthöhe inklusive Kamin 12550 mm) 176001 16 t 17,2 t 8 bar 12 bar 0,9 % pro Tag

Der Standtank besteht aus einem Innenbehälter aus kaltzähem Chrom-Nickel-Stahl und einem Au13enbehälter aus Baustahl. Zwischen den beiden Behältern liegt eine evakuierte Isolierschicht mit einer MLI aus 50 Lagen Aluminiumfolie und Glasfaser. Wärmebrücken durch Wärmeleitung bilden sich an Aufhängungspunkten zwischen Innen- und Au13en-

5.6 Thermodynamische Analyse einer Flüssigwasserstoffinfrastruktur

125

behälter sowie an Durchführungen für Anschlüsse und Sensorik. Der Standtank wird elektronisch überwacht und ist mit einem Druckregelsystem ausgestattet, das einen einstellbaren Systemdruck zwischen 5 bar und 10 bar hält. Wird kein Wasserstoff entnommen, steigt der Druck im Tank an. Beim Erreichen des oberen Grenzdrucks öffnet ein Boil-Off-Ventil und gasförmiger Wasserstoff wird über den Kamin ins Freie abgeblasen. Sämtliche für die Befüllung, Entnahme und für den Betrieb benötigten Armaturen befinden sich vorne am Standtank, siehe Abbildung 5-24 rechts. Dazu gehören die Sicherheitsventile, die bei 13 bar in den Kamin öffnen, die Anzeigen für Tankdruck und Tankstand sowie der vakuumisolierte Befüllstutzen. Das Tankvolumen von 17600 I fasst bei einem Druck von 5 bar (entspricht einer Dichte von 60,22 kg/m-) eine Masse von etwa 1060 kg Wasserstoff. Der Tankstand wird über eine Differenzdruckmessung zwischen Kopfraum und Boden im Tank über den hydrostatischen Druck bestimmt. Der flüssige Wasserstoff wird in Spezialfahrzeugen mit einem vakuumisolierten Trailer angeliefert. über einen Verbindungsschlauch zwischen Tankfahrzeug und Befüllstutzen wird der Standtank über die Druckdifferenz zwischen Fahrzeug und Tank befüllt. Die Entnahme des flüssigen Wasserstoffs aus dem Standtank erfolgt über ein vakuumisoliertes Faltenbalgventil. Wird Wasserstoff gasförmig benötigt, wird dieser aus dem Kopfraum des Standtanks entnommen , was den Tankdruck senkt. Bei größeren Entnahmemengen wird flüssiger Wasserstoff in Verdampfern verdampft, das sind Wärmetauscher aus gerippten Edelstahlrohren, die Wärme aus der Umgebungsluft beziehen. Bei Bedarf wird der gasförmige Wasserstoff am HyCentA über einen Kolbenkompressor auf maximal 480 bar verdichtet.

Abbildung 5-24: Kryospeicher für Wasserstoff mit Befüllstutzenam HyCentA

Alle Flüssigverbraucherstationen der Anlage werden vom Standtank über Rohrleitungen und Kaltventile versorgt, die analog zum Standtank vakuumisoliert ausgeführt sind. Für die Versorgung der Prüfstände und der Abgabestation wird der flüssige Wasserstoff zu-

5 SJ"ichemng urrl Transport nächst in einen vakuumisoherten KonditionioIbehälter gefUhrt. Dieser hat ein Fa",ungs_ volurren von 1000 I und wird vom Standtank ooer ein Drockgefal le bef\illt. Der Wasser_ stoff kann oort ih r ein elektronisches Drockregelsystem aufDrücke zwi",hen 2 bar und 4 bar konditioniert werden, siehe Abbildung 5_25

Die wichtigsten Betriebsdaten von Glliltank und Konditionielbehalter wie Behiil ~rdro:;k urrl Füllstand des flüssigen Wasserstoffs werden in der elektroni",he n Dal3nverarbei_ tunpanlage des HyCentA elfasst und gesJ"ichert Abbildung 5_26 zeigt die gemessenen Verläufe von Drock und Flüssigwassersloflfüll_ stand im Standtank während und nach einer Befüllung des Tanks. Im oberen Bildl3il sind die Verläufe über einen Zeitraum von 50 Stunden dargestellt, der untere Bildl3il ",igt zeidioh ooher aufgeliist den Betankungsvorgang sowie das Druckaufbauverhiil ~n. Man erkennt folgende Charakteristika

Betankungsvor;an;;: Zunächst wird der Drock im Gr~tank "'gesenkt, um ein Uber_ strömen des flü",igen Was",rsloffs aus dem Trailer in den Glliltank zu mnögliohen. Da während der Betankung das Abgasventil offen bleil t, sinkt der Drock ".;[hrend der Betan_ kung ooch weiter ab, erst nach Beendigung der Betankung beginnt der D:ock wieder an_ zusteigen. Eine zeitlich höher aufgeliiste Darstellung zeigt Abbildung 5_26 unten links Der Betankungsvorgang dauert etwa 45 Minuten Druckaulbau: Da trolz der Vakuumisol ierung des Tanks ein Wärrneeintrag rOCht voll_ ständig verhindert werden kann, kommt" zum Verdampfen von Was",rsloff urrl damit zu einem Drockanstieg im Tank. Die zeitlich ooher aufgelöste Darstellung un ~n rechts in Abbildung 5_26 zeigt, da", der DrockllIlStieg in guter Näherung iils linear betrachtet wer_

,.-

Boil_Off: EITe ioht der D:ock im Tank den gewünschten Albeitsdruck PThri 1

6)

bei 350 bar und 280 K

7)

bei 100 bar und 1000 K

154

6 Verbrennungsrnatmen

Die hohe laminare Flammengeschwindigkeit macht deutlich, dass mit Wasserstoff extrem kurze, wirkungsgradgünstige Brenndauem realisierbar sind. Auch bei mageren Gemischen liegt die laminare Brenngeschwindigkeit deutlich über der konventioneller Kraftstoffe. Jedoch wird bei der vorgernischten Verbrennung stöchiometrischer Gemische das Triebwerk durch den schnellen und damit höheren Druckanstieg stärker belastet und angeregt, was auch zu einem höheren Verbrennungsgeräusch führt. Abbildung 6-2 zeigt typische Werte der Verbrennungsdauer von Benzin (mit äußerer Gemischbildung) und Wasserstoff (mit Direkteinblasung) bei A ~ 1 als Funktion der Drehzahl.

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4000

5000

6000

Drehzahl [min- 1j

Abbildung 6-2: Verbrennungsdauer von Benzin und Wasserstoff bei A = 1 [127]

Die Kohlenstofffreiheit macht Wasserstoff zum einzigen Kraftstoff, der zumindest theoretisch eine motorische Verbrennung ohne Ausstoß von Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen ermöglicht. Im realen Motorbetrieb sind aufgrund des Vorhandenseins von Schmieröl im Brennraurn zwar Spuren dieser Schadstoffe im Abgas vorhanden, das Niveau liegt allerdings nahe der Nachweisbarkeitsgrenze. Die bei Wasserstoffbetrieb einzig relevanten Emissionen von Stickoxiden müssen besonders beachtet werden. Insgesamt machen die dargestellten Eigenschaften von Wasserstoff deutlich, dass dieser als Kraftstoff zum Betrieb eines Verbrennungsmotors hervorragend geeignet ist. Hierbei sind verschiedene Verbrennungskonzepte denkbar, die sich vor allem bezüglich Volllastpotential aber auch hinsichtlich Komplexität markant unterscheiden.

6.2 Einteilung und Gliedenmgsmerkmale

6.2

155

Einteilung und Gliederungsmerkmale

Nach Gemischbildungsort bzw. Gemischbildungszeitpunkt Gnmdsätzlich kann eine Einteilung der Gemischbildungsverfahren anhand des Ortes bzw, Zeitpunktes erfolgen, zu dem der Kraftstoff der Frischluft zugeführt wird, vgL Abbildung 6-3. Im Gegensatz zur äußeren Gemischbildung (H,-AGB), bei der Wasserstoff in das Saugrohr des Motors eingebracht wird, erfolgt die Wasserstoffeinblasung bei innerer Gemischbildung (H,-DI) direkt in den Brenmaum des Motors. Als kombinierte Verfahren werden jene Gernischbildungskonzepte bezeichnet, die aus einer Zusammensetzung der zuvor genannten Varianten bestehen.

Gemischbildung kontinuierlich

äußere sequentiell

kombinierte homogen

innere

geschichtet vorgemischt Verbrennungssteuerung

Abbildung 6-3: Gemischbildungskonzepte im Wasserstoffbetrieb [126]

Die äußere Gernischbildung lässt eine weitere Unterteilung in kontinuierlich und sequentiell arbeitende Systeme zu. Bei Direkteinblasung kann der Kraftstoff mit einem oder mehreren Pulsen pro Arbeitsspiel zugeführt werden, wodurch sich signifikante Unterschiede in der Ladungszusarnrnensetzung realisieren lassen, z. B. Einblasung eines Teils des Kraftstoffes während der laufenden Verbrennung (Verbrennungssteuerung). Ein Versuchsrnotor in modularer Bauweise, der Untersuchungen zu verschiedenen Gemischbildungskonzepten erlaubt, ist in Abbildung 6-4 a) und b) dargestellt Damit lassen sich sowohl innere Gemischbildung (seitliche oder zentrale Injektorlage) als auch äußere Gemischbildung (Benzin oder Wasserstoff) einfach realisieren.

6 Verbreruumgsmotoren

156

Injektordurrmy

Benzininjektoren

Hoehdruckinjektor (inkl. Spannhülse)

Zündkerze einstellbare Verdichtung

~

b)

Abbildung 6-4: a) Versuchsmotor mit modularem Aufbau für äußere und innere Gemischbildung mit gasförmigen Kraftstoffen und Benzin; b) Außenansicht Prüfstand [127]

Nach Triebwerksbauart: Ebenso wie bei Motoren für konventionelle Kraftstoffe werden Hubkolben- und Kreiskolbenausfuhrung unterschieden. Bis auf die in Abbildung 6-6 und Abbildung 6-32. dargestellte Ausnahme (Mazda Hj-wankel) werden Wasserstoff-Verbrennungsmotoren als Hubkolbenmotoren gebaut. Abbildung 6-5 zeigt einen in Kleinserie hergestellten Hubkolbenmotor von MAN, der sowohl freisaugend als auch aufgeladen ausgeführt wird und als Busantrieb zum Einsatz kommt [211]. Das Prinzip des Hj-wankelmotors, der anstelle von Hubkolben Kreiskolben besitzt, ist in Abbildung 6-6 dargestellt. Für die Kreiskolbenbauart nach wankel und die damit verbundene Brennraumforrn stellen die Stoffeigenschaften von Wasserstoff mit der raschen Durchbrermgeschwindigkeit eine günstige Voraussetzung dar. Beim dargestellten Motor wird die Luft in die obere Kammer gesaugt und Wasserstoff über ein elektronisch gesteuertes Einblaseventil eingebracht. Durch die Rotation des Läufers wird das Kraftstoff-LuftGemisch komprimiert und anschließend durch Zündkerzen gezündet Die durch die Verbrennung verursachte Drucksteigenmg treibt den Läufer weiter an, die Verbrennungsgase werden durch den Auslasskanal (im Bild links unten) aus dem Motor befördert.

6.2 Einteilung und Gliederung smerkmale

157

Abblldun lJ. 6-5: MAN wessersroff-Busmoror (6-Zy liodt'r-Rt'iht'nmotor). Quelle: MAN [211]

... ... luft

Abgas

ZUndkerze n

Dichtbol zen läufe r

Abbildun g 6-6: Prinzip Wasserstoffwenkejmcrc r.

Quelle: ~l azda [ 2 15 ]

158

6 Verbrennungsrnatmen

Weitere Gliederungsmerkmale Neben einer Unterscheidung der Gemischbildungsverfahren anband des Orts bzw, Zeitpunkts der Kraftstoffeinblasung kann eine weitere Gliederung u. a. hinsichtlich folgender Merkmale erfolgen: • • • •

Temperaturniveau des zugeführten Wasserstoffs Art der Zündungseinleitung Teillastregelung 2,2) werden praktisch keine Stickoxidemissionen gebildet. Eine dazu durchgeführte ZweiZonen-Motorprozessrechnung zeigt, dass die maximalen Temperaturen der verbrannten Zone 2000 K nicht wesentlich überschreiten. Wird das Luftverhältnis .1. von ca. 2,2 unter-

6.3 H2-Betrieb mit äußerer Gemischbildung

161

schritten, treten NOx-Ernissionen auf. Diese nehmen mit sinkendem A zu und erreichen bei einern Luftverhältnis A von ca. 1,3 ein Maximum. Bei weiterer Armäherung an das stöchiometrische Luftverhältnis nehmen die Stickoxidemissionen aufgrund des verringerten Sauerstoffgehaltes wieder ab. Die von 1.1AN veröffentlichten Ergebnisse von ersten Ernissionsrnessungen an einern stöchiometrisch betriebenen Busmotor mit äußerer Gemischbildung und nachgeschaltetern Katalysator zeigen ein entsprechend niedriges Emissionsniveau (siehe Abbildung 6-27). Bei He und NO x liegt dieses um eine Größenordnung niedriger als die Euro 5 Grenzwerte. Auch beim Wasserstoffmotor des BMW Hydrogen 7 werden die aktuell geltenden Grenzwerte für Europa und USA deutlich unterschritten (siehe Abbildung 6-31). Die Emissionen im europäischen Testzyklus liegen unter 2 % der Euro 4 Grenzwerte, in rnonovalenter Ausführung sogar 90 % unter den SULEV Grenzwerten. Eine emissionsoptimierte Betriebsstrategie für Wasserstoffrnotoren mit äußerer Gemischbildung kann demnach aus einem Magerbetrieb oder zwei Betriebsbereichen bestehen, siehe Abbildung 6-9. Im zweiten Fall kann der Motor bis zum Erreichen des NO x kritischen Luftverhältnisses mager betrieben werden. Da die NOx-Ernissionen auf extrem niedrigem Niveau liegen, ist eine Abgasbachbehandlung nicht erforderlich. Bei Unterschreiten eines definierten A-Wertes wird auf stöchiometrischen Betrieb umgeschaltet. In diesem A~I-Betrieb kann ein herkömmlicher 3-Wege-Katalysator zur Abgasnachbehandlung eingesetzt werden.

HTBetrieb mit AGB

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globales Luftverhältnis [-]

Abbildung 6-9: NOx-Emissionen, Oj-Konzentration und Verbrennungstemperatur im Hz-Betrieb mit äußerer Gemischbildung und mögliche Betriebsstrategie [311]

162

6 Verbrennungsrnatmen

Die Einbringung von Wasserstoff mit Umgebungstemperatur in das Saugsystem des Motors bringt aber auch erhebliche Nachteile mit sich. Aufgrund der geringen Dichte von Wasserstoff im Vergleich zu konventionellen, flüssigen Kraftstoffen wird ein Teil der angesaugten Frischluft verdrängt Dadurch sinkt der Gemischheizwert im Wasserstoffbetrieb mit äußerer Gemischbildung (Ho ~ 3,2 MJ/m 3 ) erheblich gegenüber Benzinbetrieb, vgL Tabelle 6-1. Bei stöchiometrischem Gemisch resultiert hieraus bei ansonsten gleichen Bedingungen ein Leistungsnachteil von ca. 17 %. Bei den aufgrund von Verbrennungsanornalien häufig nur mager realisierbaren Luftverhältnissen ist der Volllastnachteil noch wesentlich ausgeprägter. Wie erwähnt kann das Vorhandensein von zündfähigem Wasserstoff-Luft-Gemisch außerhalb des Brennraumes zum Auftreten von Rückzündungen führen. Diese vor allem bei hohen Motorlasten respektive Annäherung an das stächiometrische Luftverhältnis auftretenden Phänomene entstehen durch Entzündung der Frischladung an heißen Stellen (z. B. Auslassventile oder Zündkerzenelektroden bzw, rücksträmendes Verbrennungsgas) oder Restladungen des Zündsystems während der Ladungswechselphase. Dieser Mechanismus ist auch bei der Entwicklung wasserstoffspezifischer Zündsysteme zu berücksichtigen. Durch Optimierung der Einblasestrategie bei sequentieller Einblasung in Kombination mit angepasster Einblaseventilposition und Sauganlage sowie optimiertem Ladungswechsel ist die Rückzündungsneigung bei hoher Last zwar beherrschbar, sie ist aber nicht prinzipbedingt ausgeschlossen.

6.4

Innere Gemischbildung bzw. Hj-Direkteinblasung

Bei innerer Gemischbildung wird der Kraftstoff direkt in den jeweiligen Zylinder eingeblasen Eine Unterteilung der Gemischbildungskonzepte mit direkter Wasserstoffeinblasung kann zum einen anhand der Pulsanzahl pro Arbeitsspiel (Einfach-IMehrfacheinblasung) und zum anderen anhand des Einblasezeitpunktes erfolgen. Bei letzterem werden Konzepte mit relativ homogener Ladungszusammensetzung (frühe Einblasung im Bereich Einlass schließt aber auch früher) und geschichteter Ladungszusammensetzung (späte Einblasung) unterschieden. Geht man von einer Einblasung nach Schließen der Einlassventile aus, so kann das Auftreten von Rückzündungen ausgeschlossen werden. Frühzündungen, eine andere Form von Verbrennungsanornalien, bei der sich das Kraftstoff-Luft-Gemisch während der Kornpressionsphase bei bereits geschlossenen Einlassventilen entzündet, sind bei früher innerer Gemischbildung nicht generell ausgeschlossen aber aufgrund des inhomogeneren Gemischs im Vergleich zur äußeren Gemischbildung weniger wahrscheinlich. Durch späte Einblasung kann auch dieses unerwünschte Phänomen sicher vermieden werden, da während eines Großteiles der Kompressionsphase kein zündfähiges Kraftstoff-Luft-Gemisch im Brennraum vorliegt. Eine eindeutige Grenze zwischen den beiden Verfahren existiert nicht, viehnehr kann von einem schleifenden übergang bei Spätverlagerung der Einblasung gesprochen werden. Eine Unterscheidung der Varianten kann anhand des erforderlichen Einblasedruckes getroffen werden. Systeme mit früher innerer Gemischbildung arbeiten mit Wasserstoff- Versorgungsdrücken von etwa 10 bis 40 bar. Um bei später Einblasung ein überkritisches Druckverhältnis und damit eine gegendrückunabhängige Einblasedauer sicherstellen zu

6.4 Innere Gemischbildung bzw, H2-Direkteinblasung

163

können, sind abhängig vorn Verdichtungsverhältnis Versorgungsdrücke von mindestens 50 bar notwendig. Soll eine Einblasung auch während der Verbrennung durchgeführt werden, steigen die erforderlichen Einblasedrücke aufWerte von 100 bar bis 300 bar. Ein weiterer Vorteil der inneren Gernischbildung liegt in der erreichbaren Leistungsdichte. Da ein Luftverdrängungseffekt im Saugrohr unterbunden wird, liegt der Gemischheizwert im stöchiometrischen Betrieb ca. 42 % höher als bei äußerer Wasserstoffzuführung. Dies führt zu einem Volllastpotential, das unter ansonsten gleichen Bedingungen theoretisch 17 % über dem eines konventionellen Benzinmotors liegt. Welcher Anteil dieses Potentials der Direkteinblasung von Wasserstoff im Vergleich zu äußerer Gemischbildung und Benzinbetrieb umgesetzt werden kann, zeigt das Ergebnis experimenteller Untersuchungen in Abbildung 6-10. Der Volllastnachteil der äußeren Gemischbildung kann durch Direkteinblasung aufgehoben und in der untersuchten Konfiguration in einen Vorteil von etwa 15 % gegenüber konventionellem Benzinbetrieb umgewandelt werden.

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Luftverhältnis [-J

Abbildung 6-10: Volllastvergleich von Wasserstoff und Benzin [80]

Einfluss des Einblasezeitpunktes Als dominante Einflussgröße auf die Ladungsschichtung zum Zündzeitpunkt und damit den Verbrennungsablauf und die resultierenden Emissionen konnte der Einblasezeitpunkt identifiziert werden [80, 111]. Bei früher Einblasung kurz nach dem Schließen der Einlassventile (BB ~ 120 cKW vor in Abbildung 6-11) steht ausreichend Zeit für eine gute Homogenisierung des KraftstoffLuft-Gemischs zur Verfügung. Der symmetrische Verbrennungsablauf ist dem eines Ben-

6 Verbrennungsrnatmen

164

zinmotors sehr ähnlich, die Verbrennungsdauer hängt wie im Betrieb mit äußerer Gemischbildung wesentlich vom Luftverhältnis und damit vom gewählten Lastpunkt ab. Mit späterem Einblasezeitpunkt (EB ~ 80 und 40 cKW vOT) kommt es zur Ausbildung einer ausgeprägten Ladungsschichtung zum Zündzeitpunkt Eine kraftstoffreiche Gemischwolke im Bereich der Zündkerze führt zu einer sehr kurzen, wirkungsgradgünstigen Verbren-

nung mit hohen Umsetzungsraten. Das kraftstoffreiche Gemisch im Nahbereich der Zündkerze führt außerdem zu einem sehr stabilen Motorlauf mit geringen zyklischen Schwankungen. Die ausgeprägte Schichtung und das damit verbundene schnelle Anbrennen des Wasserstoff-Luft-Gemischs führen jedoch auch zu sehr steilen Druckanstiegen, die teilweise über denen von ausgeführten Dieselmotoren liegen. n = 2000 min-t,

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40

Abbildung 6-11: Einfluss des Einblasezeitpunktes auf den Brennverlauf im DI-Betrieb [80]

Der dominante Einfluss des Einblasezeitpunktes auf das Betriebsverhalten des Motors zeigt sich auch deutlich bei den Stickoxidemissionen, siehe Abbildung 6-12. Das bei früher Kraftstoffeinblasung entstehende, gut homogenisierte Wasserstoff-Luft-Gemisch verbrennt bei niedrigen Motorlasten ohne nennenswerte Bildung von NOx-Ernissionen. Bei früher Einblasung nimmt das Stickoxidemissionsniveau mit steigendem Mitteldruck stetig zu, die Höhe der emittierten Stickoxide hängt wie bei äußerer Gemischbildung ausschließlich vom globalen Luftverhältnis bzw, der maximalen Verbrennungstemperatur ab. Die bei hohen Motorlasten und früher Wasserstoff-Einblasung entstehenden Stickoxidemissionen können durch spätere Kraftstoffeinblasung deutlich reduziert werden. Ursache für dieses Phänomen ist wiederum die ausgeprägte Schichtung. Da bei hohen Motorlasten ein global stöchiometrisches Gemisch entstehen würde, das unter starker Bildung von NO x Emissionen verbrennt, kann durch eine gezielte Schichtung im Brennraurn gleichzeitig ein

6.4 Innere Gemischbildung bzw, H2-Direkteinblasung

165

überfetteter Bereich neben einern mageren erzeugt werden. Bei der Verbrennung wird der Luftverhältnisbereich, in dem die meisten Stickoxide entstehen, "unterlaufen". Im Gegensatz dazu führt ein späterer Einblasezeitpunkt bei niedrigen Motorlasten zu einern Ansteigen der Stickoxidernissionen, welche in kraftstoffreichen Zonen innerhalb des insgesamt mageren Kraftstoff-Luft-Gemischs entstehen Ein Stickoxid-optimierter Motor wird also bei niedriger Last mit früher Einblasung, im Hochlastbereich dagegen mit möglichst später Einblasung betrieben werden, was zusätzlich die Klopfneigung wesentlich verringert.

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Drehzahl [min-11 Abbildung 7-6: Motorkennfeld, Luftverhältnis A [201]

Durch den qualitätsgeregelten Betrieb ergeben sich in der Teillast Vorteile für den Wirkungsgrad im Wasserstoffbetrieb. Das höhere Luftverhältnis führt zu einem thenmodynamisch höheren Wirkungsgrad. Die geringe Verbrennungsdauer ist für den Verbrennungswirkungsgrad von Vorteil, mit der Kraftstoffumsetzung in der Nähe des oberen Totpunktes erhöhen sich jedoch die Wandwärrneverluste . Insgesamt ergibt sich somit im Wasserstoffbetrieb ein bis zu 3 % höherer Wirkungsgrad als bei Benzinbetrieb in der Teillast Da beim hier verwendeten Motor die Aufladung mechanisch erfolgt, muss mit zunehmender Last erhöhte Antriebsleistung für den Kompressor bereitgestellt werden. Dies reduziert den Wirkungsgrad bei Mitteldrücken über ",6 bar und ergibt bei höherer Last einen Wirkungsgradnachteil des Wasserstoffs gegenüber Benzin. Volllastpotential von H2NG Die Einschränkungen im Betrieb einer Verbrennungskraftmaschine mit Wasserstoff bei äußerer Gemischbildung hinsichtlich Volllastfähigkeit führen zur überlegung, durch Beirnengung von Erdgas zum Wasserstoff die Rückzündungsneigung zu reduzieren und dadurch niedrigere Luftverhältnisse zu realisieren. Mit Hilfe von reaktionskinetischen Berechnungen und durch Vergleichen des unterschiedlichen Zündenergiebedarfes von Gasgemischen wurde das Volllastpotential von HzNG abgeschätzt, siehe Abbildung 7-7. Dabei zeigt sich, dass etwa mit einer Zumischung von 60 Vol% Wasserstoff zu Methan (entspricht ",20 Massen% Wasserstoff) ein stöchiometrischer Betrieb an der Volllast möglich sein sollte. Entsprechend der Zündgrenzen dieses Gemischs könnte damit im Teillastbereich ein Magerbetrieb bis zu einern Lambda von ,:::::2,5 realisiert werden. Somit würden die Wirkungsgradvorteile in diesem Kennfeldbereich erhalten bleiben. Bei Volllast muss

7.2 Aufbau eines Prototypenfahrzeugs

205

trotz des stöchiometrischen Betriebes aufgrund des geringeren Gemischheizwertes mit einern Leistungsnachteil von ::::J 10 % gegenüber Benzin gerechnet werden. 250 - - - - - - - - - -_ _J'Benzin 200

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6000

Drehzahl [rnirrt] Abbildung 7-7: Potentialabschätzung Volllast H2NG-Gemi sch e [77]

7.2.2

Fahrzeugadaption

Die serienmäßig verbaute Erdgasversorgungsanlage des Fahrzeugs wurde einerseits we-

gen Materialinkompatibilitäten und andererseits wegen des geringen Arbeitsdrucks (200 bar) teilweise ausgetauscht So wurden die Einblasedüsen ersetzt und neue Drucktanks für 350 bar Wasserstoff eingebaut, die auch für Erdgas und Gemische geeignet sind. Das Tanksystem wurde im Kofferraum in einer gasdichten Kapselung untergebracht Ein elektronisches Gas-Sicherheitssystem (ELGASS) zur laufenden überwachung von Funktion und Dichtheit des Gassystems wurde eigens entwickelt Einblasedüsen

Wasserstoff hat im Vergleich zu Erdgas bei gleichen Randbedingungen eine wesentlich geringere Dichte. Durch den vergleichsweise hohen Heizwert von Wasserstoff wird der

Einfluss der geringen Dichte bei der Einblasung jedoch weitgehend kompensiert, womit Erdgas und Wasserstoff ähnliche Energiedurchsätze infolge ähnlicher Wobbeindizes aufweisen. Dies hat zur Folge, dass für beide Gase grundsätzlich gleiche Injektoren ohne wesentliche Änderung des Öffnungsquerschnittes oder der Öffnungsdauer verwendet werden können. Um Diffusion und Versprödung durch Wasserstoff zu vermeiden, sind geeignete Werkstoffe wie austenitische Edelstähle einzusetzen. Aufgrund der geringen Schniierfähigkeit von Wasserstoff besteht die Gefahr des Verreibens der Injektomadel im Nadelsitz [141,180].

206

7 Gemische aus Wasserstoff und Methan

Am Hydrogen Center Austria wurde ein automatisierter Prüfstand mit elektronischer Datenerfassung für Tests von Injektoren für Wasserstoff bei Einblasedtücken bis 300 bar aufgebaut, siehe Abbildung 7-8. Detektiert die Prüfstandssteuerung ein sicherheitsrelevantes Abschaltkriterium wie Leckage oder Anomalien im Durchflussverhalten, so wird der Testlauf unterbrochen und der Prüfstand in einen sicheren Zustand versetzt, indem alle Gasventile geschlossen werden.

Abbildung 7-8: Injektorprüfstand [76]

Irmere Leckage tritt auf, werm trotz geschlossenem Injektor ein Durchfluss feststellbar ist Bei hoher irmerer Leckage könnte sich unkontrolliert ein zündungsfähiges Gemisch im Saugrohr bilden und zu unerwünschten Fehlzündungen führen. Äußere Leckage wird durch Undichtigkeiten von Bauteilen verursacht, die das Gas von der äußeren Umgebung abgrenzen. In diesem Falle würde Wasserstoff in den Motorraum entweichen und dort explosionsfähige Gemische bilden, die sich an heißen Obert1ächen entzünden körmten. Die Änderung des Durchflussverhaltens mit zunehmender Schädigung des Injektors kann sich durch Steckenbleiben der Ventilnadel im geschlossenen Zustand äußern, womit kein Gas mehr in das Saugrohr eingeblasen wird. Die Injektomadel kann jedoch auch im geöffneten Zustand stecken bleiben, womit Gas ununterbrochen in das Saugrohr einströmen und dort zu unkontrollierten Fehlzündungen führen könnte. Ausgewählte Injektoren wurden stationär mit einer für den Motorbetrieb charakteristischen Ansteuerfrequenz entsprechend 3000 min-t und einer Öffnungsdauer von 16 ms bei 8 bar Wasserstoffvordruck betrieben und auf innere wie äußere Leckage, Durchflussverhalten und Langzeitstandfestigkeit untersucht. Das Schadensbild des Injektors Typ 1 äußerte sich durch plötzliches Steckenbleiben der Ventilnadel im geschlossenen Zustand nach etwa 70 Betriebsstunden. Beim Injektor Typ 2 war ein kontinuierliches Absinken des Durchflusses ab etwa 250 Betriebsstunden beobachtbar, was auf die ständig zunehmende

7.2 Aufbau eines Prototypenfahrzeugs

207

Reibung zwischen Injektornadel und Nadelsitz zurückzuführen sein dürfte. Die wesentlich längere Lebensdauer des Typ 2-Injektors kann auf eine spezielle Bauweise auf der Oberfläche des Magnetankers zurückgeführt werden, womit der Einfluss der erhöhten Reibung zufolge der geringen Schmierfähigkeit von Wasserstoff vermindert wird. Bei beiden Injektoren wurde weder irmere noch äußere Leckage festgestellt. Gasversorgungssystem Konstruktion und Einbau des Gasversorgungssystems erfolgte in Übereinstimmung mit den verschiedenen Richtlinien für Erdgas und Wasserstoff, wie der ÖVGW G95, dem VdTÜV Merkblatt 757, den UNIECE-Richtiinien Nr. 110 und Nr. 115, der EinzeIverordnung (EG) Nr. 7912009 und den UNECE Entwürfen für wasserstofibetriebene Fahrzeuge [95,236, 299, 300, 307]. Ein Schema der Gasversorgungsanlage zeigt Abbildung 7-9. über automatische Tankventile, Druckregler und Sicherheitsabsperrventile werden die im Saugrohr angebrachten Gaseinblaseinjektoren versorgt Um bei Fehlern von Komponenten unzulässig hohe Drucke zu verhindern, befindet sich nach jeder Druckreglerstufe ein Sicherheitsventil. Tankr::-,---,-...,,:,: ventile Druckgastank 350 bar

Sicherheitsabsperrventil

Druckoastank 350 bar

GaSiail

Druck-

regler

Goslnjektoren Betankungsnippel mit Rückschlagventil

Abbildung 7-9: Schema der Gasversorgungsanlage Die serienmäßig im Kofferraum verbauten Gaszylinder vom Typ 1 für die Speicherung von 18 kg Erdgas bei 200 bar mit den zugehörigen Tankventilen, Leitungen und Tanknippet wurden durch wasserstofikompatible Komponenten ersetzt Es wurden zwei Druckgastanks vom Typ 3 (metallischer Liner vollumwickelt mit Karbon) mit einem Gesamtfassungsvermögen von 68 I verbaut. Damit körmen bei 350 bar etwa 1,7 kg Wasserstoff (entsprechend 56,6kWh) gespeichert werden. An den Tanks befmden sich neben Filter, Druck- und Temperatursensor ein automatisches Abschaltventil, ein manuelles Abschaltventil sowie thermische und mechanische Sicherheitseinrichtungen. Um unkontrolliert hohe Druckanstiege infolge erhöhter thermischer Belastung der Druckgastanks z. B. im Brandfall zu vermeiden, ist an jedem Tankventil eine Schmelzsicherung angebracht. Bei Erreichung einer bestimmten Temperatur gibt die Schmelzsicherung unabhängig von anderen Absperr- oder Sicherheitseinrichtungen zum Druckabbau irreversibel eine Ausströmöffnung frei. Im Falle eines Leitungsbruches wird durch den Einsatz eines Durchflussmengenbegrenzers direkt am Tankventil der Gasstrom aus dem Druckgaszylinder reduziert.

208

7 Gemische aus Wasserstoff und Mefhan

Für die Druckreduzierung auf Injektorversorgungsdruck von 8 bar im Gasrail wird der original verbaute Erdgasdruckregler verwendet Im Druckregler ist neben einem Magnetventil und einern Drucksensor auf der Mitteldruckseite ein Sicherheitsventil auf der Niederdruckseite integriert. Die Eignung der verwendeten serienmäßig verbauten Erdgaskomponenten für Wasserstoff ist während des Betriebes des Motors arn stationären Motorprüfstand überprüft worden. Die Kraftstoffanlage muss fest mit dem Fahrzeug verbunden sein und bei ordnungsgemäßem Betrieb den erwarteten Beanspruchungen sicher widerstehen und dicht bleiben. Die Funktionsfähigkeit muss in einem Temperaturbereich von -20 "C bis +70 "C gewährleistet sein. Weiters müssen die verwendeten Bauteile eine Zulassung der Bauart nach besitzen oder bei einer Prüfstelle für gastechnische Ausrüstung von Kraftfahrzeugen einer Einzelprüfung unterzogen werden. Sämtliche Befestigungen der Kraftstoffanlagenteile dürfen keine scharfen Kanten aufweisen und es müssen korrosionsvermeidende Zwischenlagen verwendet werden. Das Innere des Fahrzeuges muss dort gasdicht abgekapselt und ausreichend be- und entlüftet werden, wo Verbindungsstellen von gasführenden Teilen den Innenraum durchlaufen. Bei bivalenten Fahrzeugen darf immer nur eine Kraftstoffanlage in Betrieb sein. Die Gastanks sind im Fahrzeug mit mindestens zwei Halterungen pro Tank kraftschlüssig so einzubauen, dass sie vor mechanischen oder sonstigen Beschädigungen geschützt sind und nur den zulässigen Stoßbelastungen ausgesetzt sind. Die Befestigungen müssen, je nach Fahrzeugklasse, Beschleunigungen zwischen 6,6 g und 20 g in Fahrtrichtung und zwischen 5 g und 8 g horizontal seitwärts zur Fahrtrichtung aufnehmen können. Es müssen Vorrichtungen getroffen werden, mit denen Verschiebungen oder Verdrehungen der Gastanks optisch erkennbar sind. Elastische Materialien müssen zwischen Gastanks und Halterungen angebracht sein. Durch den Durchflussmengenbegrenzer muss bei Rohrbruch der ausströmende Gasstrom auf das Ol-fache des maximal möglichen Gasstromes reduziert werden. Die Hauptabsperreinrichtung muss automatisch betätigt werden und stromlos geschlossen sein. Die Verbindungsleitungen können als Rohre oder Hochdruckschläuche ausgeführt sein. Hochdruckführende Rohre aus Stahl müssen nahtlos sein und der Druckbehälterverordnung entsprechen. Die Rohrleitungen müssen schwingungsfrei befestigt sein, so dass keine Reibstellen durch Eigenschwingungen entstehen. Gasdichte Kapselung Entsprechend den Regelungen für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sind Wasserstoff führende Bauteile so zu sichern, dass austretender Wasserstoff nicht zur Bildung explosionsfähiger Atmosphären in geschlossenen Räumen führen kann. Der Fahrgastraum ist gegenüber dem Wasserstoffsystem abzuschotten. Wird ein Fahrzeug von vom herein für Gasbetrieb konzipiert, ist es am günstigsten, die gasführenden Bauteile nach außen offen im Unterboden anzubringen. Befinden sich gasführende Teile wie die Tanks und Leitungen etwa im Kofferraum, ist dieser mit Wasserstoffdetektoren zu überwachen und mit einer Zwangsbelüftung zu versehen oder die gasführenden Bauteile sind mit einer überwachten gasdichten Hülle zu kapseln, die nach außen entlüftet ist.

7.2 Aufbau eines Prototypenfahrzeugs

209

Im vorliegenden Fall wurden alle im Kofferraum verbauten Gaskomponenten wie Druckgasbehälter, Druckregler, Sicherheitsventile, usw, innerhalb einer gasdichten Aluminiumbox verbaut Für die Umhüllung der Zu- und Abgänge und zur Entlüftung des gekapselten Volumens werden gasdichte Schläuche verwendet, die nach außen entlüftet sind, siehe Abbildung 7-10. Die gasdichte Kapselung wird von zwei eigensicheren Wasserstoffdetektoren überwacht, deren Signale von zwei unterschiedlichen Mikroprozessoren ausgewertet werden. Wird von einern Sensor Wasserstoff detektiert, werden die anschließend erwähnten Notmaßnahmen eingeleitet.

Abbildung 7-10: Kapselung von Tank, Gaskornponenten und Leitungen

7.2.3

Elektronisches Gas-Sicherheitssystem (ELGASS)

Mit einem eigens entwickelten rlektronischen Gas-Sicherheitssystem ELGASS [189] kann der Status von Gasversorgungssysternen in Fahrzeugen aber auch in anderen Anwendungen wie in Gasherden oder Gasheizungen dargestellt und überwacht werden. ELGASS besteht aus Sensorik (Druck, Temperatur, Wasserstoffkonzentration usw.), Aktorik (z. B. Magnetventile), dem ELGASS Steuergerät und einer interaktiven Anzeigeeinheit, siehe Abbildung 7-11. Je nach Bedarf können weitere Eingänge und Ausgänge (externe Geräte z. B. Zwangsbelüftung) integriert werden.

ELGASS im Versuchsfahrzeug Folgende Furiktionen für die Darstellung und überwachung des Gasversorgungssystems des beschriebenen Versuchsfahrzeugs wurden mit ELGASS umgesetzt: • • • • • • •

Messdatenerfassung und -verarbeitung in Echtzeit Exakte Füllstandsberechnung für die Gastanks Leckageüberwachung auf mehrere Arten Umschaltung zwischen Gas-/Benzinbetrieb ggf Einleitung von Notmaßnahmen Visualisierung des Systernstatus Interaktives elektronisches Fahrtenbuch.

210

7 Gemische aus Wasserstoff und Methan

Visuallsierung

externe Geräte

ELGASS

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Verbraucher

Abbildung 7-11: Schema des elektronischen Gas-Sicherheitssystems ELGASS

ELGASS erhält Signale v on Druck- und Temperatursensoren, von fünf wasserstoffdetektoren und kommuniziert über CAN-Bus mit den Steuergeräten des Fahrzeugs.

Füllstandsberechnung und Massenbilanz Die aktuelle Gasmasse mT im Tank wird aus der Messung von Druck Pr und Temperatur TT nach der Zustandsgleichung unter Berücksichtigung des Realgasfaktors Z (PT, TT) im Steuergerät berechnet und für eine exakte Füllstandsanzeige genutzt. Der Realgasfaktor ist in Abhängigkeit von Dru ck und Temperatur der L iteratur zu entnehmen [228] und tabellarisch im Steuergerät abgelegt.

Die Gaskonstante RT wird im Falle eines Gasgemischs aus den gemessenen Massenanteilen }li und den bekannten Gaskonstanten der Gemischkomponenten R; berechnet.

Die aus dem Tank entnommene Gasmasse tJ.mT wird als Differenz zweier aufeinander folgend bestimmter Gasmassen m T(k-l) und m T(k) im Tank berechnet.

tJ.mr = T1lr(k) -mT( k- l)

7.2 Aufbau eines Prototypenfahrzeugs

211

Die verbrauchte Gasmasse /',mv wird ebenfalls gemessen oder berechnet Im Fall des Fahrzeugs wird der Gasverbrauch aus der von Druck p und Temperatur Tabhängigen Dichte des Gases p, dessen Strömungsgeschwindigkeit w (bei überkritischem Druckverhältnis die Schallgeschwindigkeit), der Gasdurchtrittsfläche A und der Öffnungszeit 111 der Gasinjektoren berechnet. Die erforderlichen Daten werden über einen CAN-Bus aus dem Motorsteuergerät eingelesen.

Aus dem Kontinuitätssatz folgt bei einer Differenz aus entnommener Gasrnasse fillz T und verbrauchter Gasrnasse fmz v eine Leckmassse i1mLeck11m Leck = lillzT

-

!'1m v

Im Steuergerät von ELGASS werden entnommene und verbrauchte Gasrnasse laufend verglichen und so Undichtheiten im Betrieb erkannt Das Steuergerät setzt im Falle einer Leckage entsprechende Maßnahmen wie Schließen der Versorgungs- und Sicherheitsventile, Einschalten einer Zwangsbelüftung, Auslösung von Alarm usw, Gasdetektoren und Druckgradienten

Zusätzlich zur Leckageüberwachung über die Bilanzierung der Gasmassen wird die Dichtheit des Gassystems mit Gasdetektoren und mit der Bewertung von Druckgradienten überwacht Wasserstoffdetektoren sind im Motorraurn über den Einblaseventilen, über dem Gasdruckregler, im Fahrgastraum und in der gasdichten Ummantelung der Wasserstofftanks angebracht Die Atmosphäre innerhalb der gasdichten Umhüllung wird aus Gründen der Redundanz von zwei eigensicheren Wasserstoffdetektoren überwacht, deren Signale von zwei unterschiedlichen Mikroprozessoren ausgewertet werden. Es ist darauf zu achten, dass die verwendeten Gasdetektoren auf das zu detektierende Gas oder Gasgemisch abgestimmt sind, weil die Sensoren je nach Typ unterschiedliche Empfindlichkeiten und Querempfindlichkeiten aufweisen. Wie im originalen CNG-Steuergerät kann auch im ELGASS durch die Bewertung des Druckverlaufs in den Rohrleitungen über der Zeit unabhängig vom verwendeten Gas auf Undichtigkeiten geschlossen werden. Unzulässig hohe Drücke und/oder Druckänderungen lassen auf große Leckagen schließen, geringe Leckagen können auf Basis eines langsamen betriebsunabhängigen Druckabfalls detektiert werden. Eine Freigabe für den Gasbetrieb erfolgt nur, wenn kein Sensor Wasserstoff detektiert und alle gemessenen und berechneten Werte auf normalen Systemzustand hinweisen, ansonsten wird Alarm ausgelöst und geeignete Notmaßnahmen werden eingeleitet. U mschaltwunsch

Der Umschaltwunsch des Fahrers von Benzin- auf Gasbetrieb oder umgekehrt wird durch Betätigen von Tasten am Multifunktionslenkrad des Fahrzeuges eingelesen. Wenn sich das System in einem sicheren Zustand befindet, erfolgt die Umschaltung. Wegen der mo-

7 Gemische aus Wasserstoff und Methan

212

mentenangepass ten Motorsteuerung erfolgt die Umschaltung zwischen Benzin- und Gasbetrieb auch im Fahren rucklos. Im Falle einer Störung während des Gasbetriebs schaltet ELGASS auf Benzinbetrieb um und leitet Notmaßnahmen ein. Notmaßnahmen Die Notmaßnahmen umfassen die Desaktivierung des Gassystems durch Schließen aller Magnetventile an den beiden Tanks und am Druckregler und die Auslösung einer optischen Warnung an den Fahrer über die Anzeigeeinheit. Wird speziell in der gasdichten Umhüllung eine Undichtigk eit festgestellt, unterbricht ELGASS die gesamte Stromversorgung für die nicht eigensicher ausgeführten elektrischen Bauteile innerhalb der Aluminiumbox (Drucksensoren, Temperatursensoren, automatische Tankventil e) um potentielle Zündquellen zu vermeiden. Die im Fahrzeug verbauten Crashsensoren liefern im Falle eines Unfalles ein entsprechendes Signal, auf das ELGASS die Magnetabsperrventile des Gassystems schließt. Anzeigeeinheit Zur Visualisierung des Systemstatus und der erfassten Daten sowie zum Abrufen des elektronischen Fahrtenbuchs ist am Armaturenbrett des Fahrzeuges ein 8" TFT-Touchscreen installiert, siehe Abbildung 7-12 links. Die wichtigsten Informationen des Gasversorgungssystems wie Zustand der Wasserstoffdetektoren (grün/rot), Systemstatus, Betriebsmodus , Druckgasbehälterfüllstand und aktueller Verbrauch von Wasserstoff sind auf der Oberfläche des Hauptmenüs von ELGASS ersichtlich, siehe Abbildung 7-12 rechts. Von der Hauptseite sind über entsprechende Buttons in Untermenüs weitere Daten des Gassystems und des Fahrzeugs abrutbar. Der Verlauf der aktuellen Mess- und Rechendaten wie Druck- und Temperatur in den Druckgastanks , Gasentnahme und Gasverbrauch kann in einem elektronischen Fahrtenbuch über einer Zeitachse dargestellt werden. Für eine komfortable Visualisierung und Interaktion werden alle Daten vorn ELGASS Steuergerät an einen Car PC übergeben, der mit dem Touchscreen verbunden ist.

~ H~cent~

Gas security system

0 ,1.•.

Wasserstoff

Abbildung 7-12: ELGASS Touchscreen und Hauptmenü

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1II:

7.2 Aufbau eines Prototypenfahrz eugs

213

7.2.4 Z ulassu ng. Betr ieb und W ertung Die gasführenden Kornponent en, deren Einbau und das Gesamtsystem entsprechen wie erwähnt den Regelunge n der EU über Gas versorg ungssysteme in Kraftfahrzeuge n. Die vorges chrie benen Druc kprü fungen wurd en am HyCentA durchg eftthrt und dok umentiert. Basierend au f einem Gutachten des TüV Österreic h erfolgt e durch die Landesbehörde eine uneingeschränkte Einzelgenehmigung des Fahrzeugs für den allgem ein en Straß enbetrieb . Es ist das einzige in Ös terreich zum Straßenbetrieb zuge lassene Fahrzeug mit Wassersto ffantrie b, sei ne Pressepräsentation erfolgte am ·4.11.2009, siehe Abbildung 7- 13. Am HyC entA wird Wass erstoff Crö--frei aus Strom aus Wasserkra ft über einen Elektrolyseur erzeugt, vgl . Abschnitt Erzeugung, so dass das Versuchs fahrz eug COz· freie Mobilität mit Wasserstoff ums etzt

Abbildung 7-13: HYCAR 1 am HyCentA

Reparaturen und Wartungen der KraftstotTanlage dürfen nur durch Fachbetriebe durchge führt werden . Zu den Vo rgaben an solche Fachbetriebe zähle n : • • • • •

Belüftete Räume mit Explos ionsklappen Warnsen soren für Gas konze ntra tio nen von 20 % U EG Zwangslüftung bei Ansprechen der Warnsensoren Antistatische Bode nbe läge und Arbeitsschuhe Für den Umg ang mit dem betre ffenden Gas ausgebildetes Personal .

Jm Motorraum und im Bereich des Füllanschlusses sind Hinweise bezüglich des verw endeten Gases und dessen maxim alen Speicherdruckes anz ubringe n. Die gesam te Kraftstoffanlage muss einmal pro Jahr einer Dichtheitsprüfung unterzogen werden. Aufzeichnungen bezüglich wiederkehrender Überprüfungen der Kraftstoffanlage haben in einem Betriebsbuch zu erfolgen.

214

7 Gemische aus Wasserstoff und Methan

Das Versuchs fahrzeug wurde aufgnmd begrenzter Ressourcen zunächst für die Umschaltung zwischen Benzin- und reinem Wasserstoffbetrieb bedatet. Um die festgestellten Potentiale für WasserstoffiErdgasgemische voll ausschöpfen zu können, soll das Fahrzeug in einem nächsten Schritt für beliebige MischlUlgsZlIsammensetzungen von Wasserstoff und Erdgas im seihen Tank ausgelegt werden. Dazu ist zusätzlich zur bereits erfolgten Adaption von Motor und Fahrzeug ein Sensor für di e Erfassung des Mischungsverhältnisses im Tank einzubauen. Je nach Zusammensetzung aktiviert dieser Sensor die entsprechende Bedatung der Motorsteuenmg. Das Konzept eines multivalenten Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor wird wie erwähnt als vielversprechendes Brückenkonzept für die Einfiihnmg von Wasserstoff als Kraftstoff angesehen, das unter Nutzung der vorhandenen Erdgasinfrastruktur und zu vertretbaren Kosten kurzfristig auch in größeren Stückzahlen ums etzbar ist. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die FVT und das HyC entA inzwischen im Kundenauftrag ein weiter es Fahrzeug von Benzin- aufWasserstoffbetrieb umgerüstet haben.

7.3

Weitere Anwendungen

Um die erwähnten Synergieeffekte mit dem gasförmigen Kraftstoff Erdgas nutzen zu können, gibt es weltweit verstärkt Bemühungen, Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff-Erdgas-Gemischen zu betreiben. Europa In Schweden wurde 2003 das erste H 2NG-Projekt Europas gestartet. In Malmö wird seit 2003 von E.ON Gas AB Wasserstoff aus Elektrolyse mit Windkraft erzeugt und bei knapp 400 bar gespeichert. Nachdem zwei Erdgasbusse erfolgreich ohne Modifikationen mit H 2NGS betrieben wurden, siehe Abbildung 7-14, ist der Wasserstoffanteil auf 20 Vol% erhöht worden. Für die H 2NG20 Busse wurde die Motorsteuenmg hinsichtlich des Luftverhältnisses und des Zündzeitpunktes angepasst [24].

Abbildtmg 7-14: Abgabestelle von H2 und H2NG in Malme mit H2NG Bus

Quelle Malme hydrogen project [24]

7.3 Weitere Anwendungen

215

In Norwegen wurde 2005 das HzNG-Konzeptfahrzeug FYK von Aetek vorgestellt, siehe Abbildung 7-15, das mit HzNG-Gemischen bis 20 Vol% Wasserstoff betrieben werden kann. In Stavanger ist seit 2006 eine Tankstelle in Betrieb, an der CNG und H zNG8 bei 200 bar und reiner Wasserstoff bei 350 bar sowie 700 bar in Brennstoffzellenqualität abgegeben werden kann. Im Ralunen des HyNor Projekts soll bis 2009 ein geschlossenes Wasserstofftankstellennetz zwischen Oslo und Stavanger entstehen [166].

Abbildung 7-15: HzNG-Fahrzeug FYK. Quelle: FYK [118]

In Frankreich werden im Ralunen des Projektes .Althytude" ab 2007 in Dunkerque und Toulouse CNG-Busse mit einern HzNG-Gemisch mit 20 Vol% Wasserstoff betrieben [4]. Der Wasserstoff wird lokal mit einern Elektrolyseur (4 Nrnvh, 20 k\V) aus Windenergie erzeugt, verdichtet und in 300 bar Bündeln gespeichert. Die Vermischung von Wasserstoff und Erdgas erfolgt direkt während der Betankung der Busse, die über Druckspeicher für 200 bar verfugen. Als Basis werden CNG-Busse von Irisbus-Heuliezbus verwendet. Die Motorsteuerung der Iveco "Cursor 8" Motoren wird an den Gemischbetrieb angepasst. Ziele des Projektes sind die Demonstration der Tauglichkeit von Hythane® als Übergangslösung zu reinem Wasserstoff und gleichzeitig die positiven Effekte bezüglich Emissionen und die Möglichkeit der Nutzung von Synergien mit der Erdgasinfrastruktur aufzuzeigen. Amerika In Palm Springs (Kalifornien) wurden 2003 und 2004 von Westport und Cummins Westport zusammen mit der SunLine Transit Agency Feldtests mit H zN G20 Bussen durchgeführt, siehe Abbildung 7-16. Es wurde die Motorsteuerung von zwei CNG Bussen an den Betrieb mit H zN G20 angepasst und die Gasspeicherkapazität der Busse erhöht. Um eine Vergleichsbasis zu haben, wurden parallel zwei Busse mit CNG betrieben. Bei den HzNG Bussen konnte eine deutliche Reduktion der NOx-Emissionen um bis zu 50 % olme wesentliche Einbußen an Leistung oder Drelunoment erreicht werden. Die Busse überschrittenim Juli 2005 ohne Probleme die Fahrtstrecke von 100000 km [220]. In Los Angeles führt die Los Angeles County Metropolitan Transit Authority (LACMTA) ein l8-monatiges Projekt mit zwei HzNG30-Bussen durch. Um eine Vergleichsbasis für

216

7 Gemische aus Wasserstoff und Methan

die Emissionen und die Leistung der Fahrzeuge zu haben, werden parallel zwei CNGBusse betrieben. Ziel des Projektes ist es, im mageren H 2NG30-Betrieb bei hohem Wirkungsgrad die NOx-Emissionen soweit zu reduzieren, dass der 2007 California CARB/ EPA heavy-duty Emissions Standard ohne Katalysator eingehalten wird. In Arizona gibt es seit 2002 in Phoenix eine Tankstelle, an der reiner Wasserstoff, reines Erdgas und verschiedene H 2NG-Gemische getankt werden können. Täglich werden 18 kg Wasserstoff vor Ort mit einem 57 kW PEM Elektrolyseur erzeugt Im Rahmen von AVTA (Advanced Vehicle Testing Activity des U S. Departement of Energy) werden verschiedene Fahrzeuge mit Verbrennungskraftmotoren mit reinem Wasserstoff und H 2NGGemischen mit 15 Vol% bis 50 Vol% Wasserstoff betrieben. Diese Fahrzeuge (u. a. Ford, Mercedes, Daimler Chrysler, GM) werden mit unterschiedlichsten Modifikationen in Laborumgebungen, in bestimmten Fahrzyklen, aber auch unter realen Einsatzbedingungen getestet [111].

Abbildung 7-16: H2NG20 Bus vor der zugehörigenZapfsäule.

Quelle: Westport Innovations Inc. [318]

Asien Indien betreibt seit 2001 die gesamte öffentliche Verkehrsflotte Delhis mit über 75000 Fahrzeugen mit CNG und stellt damit die weltweit größte urbane Erdgasflotte gefolgt von Beijing und Seoul, die ungefähr 1600 bzw, 1000 Busse mit CNG betreiben. Um die Unabhängigkeit von fossilen Kraftstoffen zu fördern und eine weitere Abserikungen der Emissionen zu realisieren, wird für den übergang zu einer reinen Wasserstoffinfrastruktur die Beimengung von Wasserstoff zu Erdgas als Lösungsweg gesehen. Beginnend mit einer Beimischung von 10 Vol% Wasserstoff (H 2NG 10) werden Erdgasfahrzeuge ohne Modifikationen mit diesem Gasgemisch betrieben. Seit Oktober 2005 gibt es in Faridabad eine Wasserstofftankstelle, an der Wasserstoff, H 2NG 10 und H 2NG20 getankt werden kön-

7.3 Weitere Anwendungen

217

nen, siehe Abbildung 7-17 links. Neben dem Einsatz von H 2NG in Fahrzeugen wie Bussen und Autorikschas, siehe Abbildung 7-17 rechts, wird auch der H 2NG-Betrieb von bisher dieselbetriebenen Stromgeneratoren, Lokomotiven und Kraftwerken erwogen. In einem weiteren Schritt sollen die Fahrzeuge modifiziert werden, um mit bis zu 30 Vol% Wasserstoff betrieben werden zu können [270]. Im März 2009 hat Ashok Leyland in Delhi bekannt gegeben, dass es einen 6-Zylinder-Motor mit 6 Liter Hubraum und 92 kW für den Betrieb mit Gemischen aus 20 % Wasserstoff und Methan entwickelt hat. Der Motor soll zunächst in Bussen zum Einsatz kommen [14]. Weitere Länder wie China, Bangladesh, Iran und Indonesien zeigen ebenfalls Interesse an Transportsystemen mit H 2NG und könnten auf den in Indien gemachten Erfahrungen aufbauen.

Abbildung 7-17: links: Zapfsäule für H 2NG-Gemische rechts: Aulorikscha für H 2NG-Gemische. Quelle: Sharma [270]

219

8

Brennstoffzellen

Das Funktionsprinzip der Brennstoffzelle wurde 1838 von Christian Friedrich Schönbein entdeckt Im darauf folgenden Jahr konnte der Physiker und Jurist Sir William Robert Grove auf dieser Basis die erste Brennstoffzelle entwickeln, siehe Abschnitt Geschichtliches. Die Brennstoffzelle konnte sich jedoch gegen die zeitgleich entwickelten mechanisch angetriebenen Dynamomaschinen zur Strornerzeugung nicht durchsetzen. Ihre Anwendung blieb auf Spezialgebiete beschränkt, so hat sie sich als Energiequelle in der Raumfahrt bewährt. In letzter Zeit wird wieder intensiv an der Weiterentwicklung der Brennstoffzelle gearbeitet, die als zukünftiger Energiewandler gilt, der emissionsfrei und mit hohem Wirkungsgrad unabhängig von fossilen Kraftstoffen betrieben werden kann. Vorteile der Brennstoffzelle als Energiewandler sind: •

Direkte Umwandlung von chemisch gebundener Energie in elektrische Energie



Das Potential höherer Wirkungsgrade bei niedrigen Ternperaturniveaus, da sie nicht an den Camot-Prozess gebunden ist



Es treten keine Emissionen von Schadstoffen oder Lärm auf, bei Wasserstoff als Brennstoff auch keine CO z Emissionen



Die Brennstoffzelle arbeitet ohne bewegte Bauteile.

Nachteile der Brennstoffzelle beim derzeitigen Stand der Technik sind: •

Die Brennstoffzelle weist hohe Herstellkosten auf



Das hohe Wirkungsgradpotential konnte in der Praxis noch nicht ausreichend demonstriert werden



Das Langzeitverhalten und die Lebensdauer von Brennstoffzellen sind vor allem bei instationärem Betrieb noch nicht zufrieden stellend



Einige Brennstoffzellentypen benötigen hochreinen Wasserstoff



Die Erzeugung, Verteilung und Speicherung des Brennstoffs Wasserstoff ist teuer.

Die Brennstoffzelle ist ein elektrochemischer Energiewandler, eine Art galvanisches Element, bei dem die Reaktanten kontinuierlich zugeführt werden. Dabei findet eine Redoxreaktion statt, bei der durch das Fließen von Elektronen Arbeit geleistet wird. Als Reduktionsmittel kommen z. B. Wasserstoff, Methanol oder Erdgas zur Anwendung. Das Oxidationsmittel ist meist Sauerstoff aus der Umgebungsluft Ein wesentlicher Vorteil der Brennstoffzelle gegenüber der Verbrennungskraftmaschine ist ihre direkte Umwandlung von stoffgebundener chemischer Energie in elektrische Energie. Bei der Verbrennungskraftmaschine treten zusätzliche Urnwandlungsprozesse auf, zunächst wird die chemische Energie des Brennstoffs in Wänne umgewandelt, diese dann in mechanische Energie und diese ggf. in einern Generator in Strom. Dabei ist vor allem die Umwandlung von Wänne in mechanische Energie im Wirkungsgrad begrenzt,

220

8 Brennstoffzellen

es kann maximal der Carnotsche Wirkungsgrad erreicht werden, der von der mittleren oberen und unteren Temperatur des Prozesses bestimmt wird [242]. 1)c

=1- Tu

Tu

Die obere mittlere Temperatur T; wird durch die mechanische und thermische Belastbarkeit der Bauteile begrenzt, die Absenkung der unteren Prozesstemperatur Tu ist durch die Umgebungstemperatur eingeschränkt

Der thenuodynamische Wirkungsgrad 1)th der Brennstoffzelle ist durch den Quotienten aus der Änderung der freien Enthalpie LG (nutzbare stoffgebundene Energie) zur Ändenmg der Enthalpie !',H (gesamte stoffgebundene Energie) gegeben:

Eine Gegenüberstellung des thenuodynamischen Wirkungsgrads der Brennstoffzelle und des Camot-Wirkungsgrads über der mittleren oberen Prozesstemperatur zeigt Abbildung 8-1. 100

~

"0

I"

r» in r» c;

" S ""

I-

80 60 40 20

o

/

-:

L----

(..--~c

(Tu - 298.15 K)

-

nth der Brennstoffzelle

1/

273

523

773

1023

1273

1523

1773

2023

Temperatur [K] Abbildung 8-1: Gegenüberstellung der ternperaturabhängigen idealen thermodynamischen

Wirkungsgrade einer Brennstoffzelle (rot) und einer Verbremumgskraftrnaschine (blau)

Man erkennt, dass der thenuodynamische Wirkungsgrad der Brennstoffzelle bis zu einer Temperatur von ca. 1100 "C über dem Camotschen Wirkungsgrad liegt In der Praxis treten sowohl bei der Brennstoffzelle als auch bei der Verbrennungskraftmaschine Verluste auf, so dass die theoretischen Werte bei weitem nicht erreicht werden. Tendenziell gilt jedoch, dass die Brennstoffzelle sowie Elektromotoren bereits bei niedriger Last gute Wirkungsgrade aufweisen und dass Verbrennungsmotoren den Bereich bester Wirkungsgrade bei höherer Last erreichen. Für Fahrzeugantriebe bedeutet dies, dass Elektromotoren und

8.1 Prinzip der Brennstoffzelle

221

Brennstoffzellen vor allem im Stadtbetrieb einen Wirkungsgradvorteil gegenüber Verbrennungsmotoren aufweisen. So wird für den neuen europäischen Fahrzyklus NEFZ (New European Driving Cycle NEDC) für ein Brennstoffzellenfahrzeug ein durchschnittlicher Wirkungsgrad von 36 % angegeben, das baugleiche Dieselfahrzeug erreicht 22 % [146]. In jüngster Zeit berichten japanische Hersteller über verbesserte Brennstoffzellensysterne, die im LA-4 Stadtzyklus Gesamtwirkungsgrade der Fahrzeuge bis 60 % erreichen [188, 213]. Aufgrund der theoretischen Wirkungsgradvorteile, vor allem aber wegen des schadstofffreien Betriebs gilt die Brennstoffzelle als zukunftsweisende Technologie und findet derzeit großes Interesse in Forschung und Industrie. Im Folgenden wird kurz auf die Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie eingegangen, zur weiteren Vertiefung sei auf die Fachliteratur verwiesen [138, 197, 199].

8.1

Prinzip der Brennstoffzelle

Am Beispiel einer Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle (H2/0,-BZ) mit alkalischem Elektrolyten (Alkaline Fuel Cell: AFC) wird die prinzipielle Arbeitsweise einer Brennstoffzelle erläutert, siehe Abbildung 8-2. Es handelt sich dabei um die Umkehrung des Elektrolyseprozesses, siehe Abschnitt Erzeugung.

Anode -

.. .... .

Kathode +

-

H,

Abbildung 8-2: Prinzip der Brennstoffzelle CAFe)

Wasserstoff als Brennstoff wird an die Anode (Brennstoffelektrode ) herangeführt. Der Wasserstoff reagiert mit negativ geladenen Hydroxid-Ionen (OH-) zu Wasser, wobei zwei

222

8 Brennstoffzellen

Elektronen abgegeben werden. Diese werden von der Anode aufgenommen, die hier der Minuspol ist Das Reduktionsmittel (Elektronendonator, reduziert den Sauerstoff) Wasserstoff wird oxidiert.

Anode:

Hz (g) + 2 OH - (ag)

2 HzO (1) + 2 e -

--+

Oxidation (Elektronenabgabe)

Da die Elektronen nicht durch den Elektrolyten geleitet werden, fließen sie über den äußeren Stromkreis, um für die Reduktionsreaktion an der Kathode zur Verfügung zu stehen. An der Kathode (Sauerstoffelektrode) reagiert Sauerstoff mit Wasser unter Aufnahme von Elektronen zu Hydroxid-Ionen. Die Kathode gibt Elektronen an die Reaktanten ab, sie ist hier der Pluspol. Das Oxidationsmittel (Elektronenakzeptor, oxidiert den Wasserstoff) Sauerstoff wird reduziert. Kathode: HzO (1) + Y, 0z (g) + 2 e-: --+ 2 OH - (ag)

Reduktion (Elektronenaufnahme)

Die OH--Ionen schließen die Reaktionskette, indem sie durch den Elektrolyten auf die Anodenseite wandern, wo sie für die Oxidation von Wasserstoff zur Verfügung stehen. Die Gesamtreaktion (Redoxreaktion), bei der ein Strom von 2 e- je Molekül Hz fließt, lautet

Hz (g) + Y, 0z (g) --+ HzO (1) Die Elektroden einer AFC können aus Metall, Polytetrafluorethylen (PTFE) oder Grafit bestehen und sind porös ausgeführt. Durch die Porosität wird die Diffusion der gasförmigen Reaktanten zum Elektrolyten erleichtert und so eine möglichst große Oberfläche für die Reaktion bereitgestellt Zur Beschleunigung der Reaktion ist diese Oberfläche bei den Niedertemperatur-Brennstoffzellen mit einem Katalysator aus Edelmetall wie beispielsweise Platin oder Palladium beschichtet

8.2

Kenngrößen der Brennstoffzelle

Zur Bestimmung der elektrochemischen Kenngrößen einer Brennstoffzelle wie Heizwertspannung, Standardpotential, Zellspannung und Wirkungsgrad werden die Reaktionsenthalpie LRH und die freie Reaktionsenthalpie LRG herangezogen, siehe auch die Abschnitte Elektrolyse und Verbrennung, für Details sei auf die Literatur verwiesen [17, 138, 139, 197, 199].

Die Änderung der freien Reaktionsenthalpie entspricht der maximal abgebbaren Arbeit (Vorzeichen definitionsgemäß negativ), sie ist gleich der Ladungszahl z mal der FaradayKonstanten F mal der Zellspannung E. LRGm

~

W,! ~- zF E

Für die besprochene Brennstoffzellenreaktion erhält man mit den Zahlenwerten aus Tabelle 3-4 für Produktwasser in flüssiger Form für das so genannte Standardpotential (auch: reversible Zellspannung, Energiepotential) EO der galvanischen Zelle: EO=- LRG:?,

z·F

=_ -237,3·103J/mol 2·96485As/mol

1,23V

223

8.2 Kenngrößen der Brennstoffzelle

Dieser Zusammenhang lässt sich analog für die Reaktionsenthalpie t.RH ableiten, womit man die Heizwertspannung oder thermoneutrale Spannung ERü erhält:

Neben der elektrischen Leistung beziehungsweise der elektrischen Arbeit und dem Standardpotential der Brennstoffzelle interessiert deren Wirkungsgrad. Für den thermodynamischen Wirkungsgrad der elektrochemischen Umwandlung gilt: _ !J.G _I_T!J.S !J.H !J.H

l)lli -

Brennstoffzellen können mit einer Reihe verschiedener Brennstoffe betrieben werden. Daraus ergeben sich aufgrund der chemisch gebundenen Energiernenge unterschiedliche Spannungen und Wirkungsgrade. Einen überblick über mögliche Brennstoffe und deren Gesamtreaktion gibt Tabelle 8-1. Angegeben sind auch die Anzahl der an der Reaktion beteiligten Elektronen n,i (~ Ladungszahl z), die auf 1 mol Brennstoff bezogene Standardreaktionsenthalpie !J.RHmo, die freie Standardreaktionsenthalpie !J.RGmo, das Standardpotential EO und der thermodynamischen Wirkungsgrad l)!h. (Exergie) Tabelle 8-1: Kenngrößen für Brennstoffzellen bei unterschiedlichen Brennstoffen [197, 199] Brennstoff

Gesamtreaktion

+ Yz 02

ARHmo

EO

[U/mol]

ARGmo [U/mol]

[V]

[%]

2

-285,0

-237,3

1,23

83,0

8

-890,8

-818,4

1,06

91,9

nd

'Ith

Wasserstoff

Hz

Methan

CH 4 + 202

Methanol

CH 30H + 3/2 02 --> 2 H20 + CO 2

6

-726,6

-702,5

1,21

96,7

Kohlenstoff

C+O z

4

-393,7

-394,6

1,02

100,2

Kohlenstoff

C+Y20 z

2

-110,6

-137,3

0,71

124,2

~

----,J>

HzO

----,J>

CO] + 2H 2O

COz ----,J>

CO

In der Tabelle fällt auf, dass die thermodynamischen Wirkungsgrade von Brennstoffzellen mit Kohlenwasserstoffen als Brennstoff sehr hoch sind, bei reinem Kohlenstoff liegen die Werte sogar über 100 %. Dies ist in obiger Gleichung, in der!J.H negativ ist, formal möglich, wenn die Entropie im System zunimmt (!J.S > 0). Da die Entropie vor allem bei der Verdampfung zunimmt, tritt dieser Fall bei chemischen Reaktionen auf, bei denen die Molzahl gasförmiger Produkte die Molzahl gasförmiger Edukte übersteigt, bei denen also gasförmige Komponenten gebildet werden. Die Entropiezunahme des Systems !J.S wird manchmal als Aufnahme einer reversiblen Wänne T !J.S aus der Umgebung interpretiert [199]. Tatsächlich handelt es sich bei den Standardzustandswerten allerdings um fiktive Rechenwerte, die sich definitionsgemäß für alle Komponenten auf den Standardzustand von 1 bar und 25 "C beziehen ohne etwa den Partialdruck von Sauerstoff oder Wasser in der Umgebungsluft zu berücksichtigen. Eine genaue Exergiebetrachtung ergibt, dass für einige feste Brennstoffe (wie Kohlenstoff) die Exergie über dem Heizwert liegt, für die

224

8 Brennstoffzellen

meisten flüssigen Brennstoffe stimmt die Exergie mit dem Brennwert überein, bei den meisten Gasen (wie Wasserstoff) liegt die Exergie deutlich unter dem Brennwert [19]. Die teilweise hohen theoretischen Wirkungsgrade der Brennstoffzelle können real jedoch nicht erreicht werden, weil eine Reihe von Verlusten auftreten und die Zellspannung mindern. Eine anschauliche Darstellung der einzelnen Verluste einer Brennstoffzelle gibt das Spannungs-Strom-Diagramm in Abbildung 8-3. Darin ist zunächst die HeizwertspanDung E~ aufgetragen, also das maximal erreichbare Spannungsniveau bei Standardzustand. Diese Spannung vermindert sich um den Entropieanteil TLS, der aufgrund des jeweiligen Umgebungszustands nicht genutzt werden kann und man erhält das Standardpotential EO .

Heizwertspannung EHo

Standardpotenzial EO Nernstspannung EN Bereich der Aktivierungsüberspannungen

,, ,

,

r

,-

,,'\ : ereiCh derDiffusionsüberspannungen I

\

Zellenleistung

Strom I [Al Abbildung 8-3: Strorn-Spannungs-Kennlinie einer Brennstoffzelle [219]

Bei Abweichungen von Standardzustand erreicht man nur die so genannte Nernstspannung E N , die auch als Leerlaufspannung bezeichnet wird. Die Nemstgleichung berücksichtigt die Temperatur und die Aktivitäten ai der Reaktionspartner, die bei Lösungen den Konzentrationen und bei idealen Gasen den Partialdrücken der Komponenten entsprechen. Die Nemstgleichung lautet:

E N = EO - R", .r z·F

.L v, .!n( a,) = EO -

R m .r . z·F

LV, .!n(A) ~

225

8.2 Kenngrößen der Brennstoffzelle

Ausgehend von der Nernstspannung verringert sich die reale Zellspannung bei Belastung, d. h. bei Anschluss eines elektrischen Verbrauchers, aufgrund unterschiedlicher Hemmungen des Ladungstransports. Die resultierende effektive Spannung der Zelle ist die Zellspannung E z . Bei den Verlusten sind drei Bereiche zu unterscheiden, die als Bereich der Aktivierungsüberspannungen, der Widerstandsüberspannungen (Ohmsehe Verluste) und der Diffusionsüberspannungen bezeichnet werden, wobei das Verhältnis von realer zu

idealer Spannung jeweils als Wirkungsgrad definiert wird [199]: Aktivierungsüberspannungen (1)A) treten aufgrund der Endlichkeit der Ladungsdurchtrittsgeschwindigkeit durch die Phasengrenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolyt auf Die Widerstandsüberspannungen (1)w) bilden den Innenwiderstand der Zelle ab (Ohmsehe Verluste). In diesem Bereich wird die Brennstoffzelle hauptsächlich betrieben, die Zellspannung sinkt annähernd linear mit steigender Stromstärke. Der Elektrolyt stellt im System Brennstoffzelle die determinierende Komponente dar, die den höchsten Innenwiderstand aufweist.

Die Diffusionsüberspannungen (1)n) lassen sich durch die bei hohen Strömen auftretenden unzureichenden Transportprozesse erklären. Die Zufuhr der Reaktionsgase zur Reaktionszone beziehungsweise der Abtransport der Produkte aus der Reaktionszone laufen zu

langsam ab und bewirken dadurch ein stärkeres Absinken der Zellspannung. Außerdem kommt es in allen Bereichen der UI-Kennlinie zu so genannten Reaktionsüberspannungen (l)pj, die sich aufgrund von eingeschränkten Reaktionsgeschwindigkeiten bei gekoppelten Reaktionen ausbilden (beispielsweise vor- und nachgelagerte Teilreaktionen),

Grau strichliert in Abbildung 8-3 dargestellt ist die elektrische Zellenleistung P'l

~

U: 1.

Aufgrund der beschriebenen Verluste verringert sich die Zellspannung stark Das aus Abbildung 8-3 wunittelbar ablesbare Verhältnis aus der tatsächlichen momentänen Zellspannung E z zur theoretischen Heizwertspannung ERD wird als Zellenwirkungsgrad riz bezeichnet:

Der thermodynamische Wirkungsgrad lässt sich auch mit Hilfe der Spannungen anschreiben als:

Brennstoffzellen erreichen Zellenwirkungsgrade um 60 % (Einzelzelle), für einen Zellstapel können Werte bis 50 % angesetzt werden und für ein Gesarntsystern um 40 %. Wie erwähnt wird in jüngster Zeit über verbesserte Brennstoffzellensysteme berichtet mit Fahrzeugwirkungsgraden von 60 % [188, 213].

226

8.3

8 Brennstoffzellen

Aufbau von Brennstoffzellen

Da mit einer Brennstoffzelle nur geringe Spannungen (Standardpotential Eü um 1 V, vgL Tabelle 8-1) erreichbar sind, werden für technische Anwendungen mehrere Einzelzellen zu Zellstapeln (Stacks) seriell verbunden. So lassen sich durch deren Serienschaltung höhere Spannungen bereitstellen, gleichzeitig ermöglicht es eine kompakte, Platz sparende Bauweise.

Der grundsätzliche Aufbau eines Zellstapels mit den einzelnen Komponenten wird anhand einer Brennstoffzelle mit einem Festkörperelektrolyten (polymerelektrolytmembran PEMFC) besprochen, siehe Abbildung 8-4.

+ Bipolarplatte

Dichtung

..........................

Strömungsstruktur

(Reaktanden) Endplatte

...... . . ...

Elektrolyt

GDL Elektrodemit Katalysator

Abbildung 8-4: Aufbau eines Brennstoffzellenstacks [219]

Die einzelne Brennstoffzelle besteht aus einem Elektrolyten, an den zwei poröse Elektroden mit einer katalytischen Schicht angrenzen. Der Verbund von Elektrolyt und den Elektroden wird auch als Membran-Elektroden-Einheit (MEA ~ Membrane Electrode Assembly) bezeichnet Die Elektroden sind an der Grenzfläche zum Elektrolyten mit einer Katalysatorschicht versehen, weil an dieser Fläche die Redoxreaktion abläuft und der Katalysator zur Beschleunigung der Reaktion dient Genauer findet die Reaktion an Stellen statt, wo Elektrode (Katalysator), Elektrolyt und Gas zusammentreffen. Diese Zone wird als Dreiphasengrenze bezeichnet Ziel ist es bei der Herstellung von MEAs, diese Zone möglichst groß auszubilden, um hohe Stromdichten zu realisieren. Die MEA wird beidseitig von so genannten Gasdiffusionsschichten (GDL ~ Gas Diffusion Layer) begrenzt und schließlich durch die Bipolarplatten (auch Interconnector genannt) zusammengehalten. In

8.3 Aufbau von Brennstoffzellen

227

die Bipolarplatten sind Strömungsstrukturen eingearbeitet Diese ermöglichen die Zu- und Abfuhr der Reaktanten und des Kühlmediums. Die Verteiler- und Sammlerkanäle werden oft als Manifolds, die in die Bipolarplatten eingeprägten Strömungsstrukturen als Flowfields bezeichnet Der Brennstoffzellenstack wird von zwei Endplatten zusammengehalten

Membran-Elektroden-Einheit (MEA) Die MEA ist das Herzstück der Brennstoffzelle und bestimmt deren Leistungsfähigkeit Sie besteht aus mehreren Schichten, dem Elektrolyten, den Katalysatorschichten, den Elektroden und den Gasdiffusionsschichten, siehe Abbildung 8-5.

Verpressen

c:===> '-------y-----Elektrolyt Katalysatorschicht

Elektrode

GDL

MEA inkl. GDL

Abbildung 8-5: Schematischer Aufbau einer Membran-ElektrodenEinheit [219]

Bei der PEMFC wird der Elektrolyt beidseitig mit einem durch Kohlenstoffpartikel getragenen Katalysator beschichtet Die Elektroden- und Katalysatorschichten liegen also in gemischter Form vor, wodurch sich die aktive Oberfläche (Reaktionszone) vergrößert Dieser Verbund ist schematisch in Abbildung 8-6 dargestellt Dabei sind die erkennbaren groben Körner die Kohlenstoffpartikel (20 nm bis 40 nm) an welchen die kleinen Platinoder PtIRu-Partikel (2 nm bis 4 nm) haften. Dieser Verbund wird mit Membranmaterial korn biniert, das die bei der Reaktion entstehenden Protonen abtransportiert.

Nation" Polyrnennernbran

KatalysatorJE 1ektrcdenschieht Gasdiffusionsschicht (GDL)

Abbildung 8-6: Schematischer MEA-Autbau einer PEMFC [219]

8 Brennstoffzellen

228

Elektrolytmembran

Als Elektrolyt kommt eine nicht korrosive Polyrnennern bran zum Einsatz. Das bekannteste Membranmaterial ist Nafiorre, das von der Firma DuPont entwickelt wurde. Es besteht aus einer PTFE-Grundstruktur (polytetrafluorethylen), an die Sulfonsäuregruppen (S03H-) angelagert sind. In Kombination mit Wasser sind diese Säuregruppen für den Leitmechanismus verantwortlich. Die Polyrnerfolie weist im ungequollenen Zustand Dicken zwischen 25 und 180 firn auf und ist bei ausreichender Befeuchtung bis zu einer Temperatur von 120 "C einsetzbar. Die wesentlichsten Anforderungen an eine Membran

sind: •

Gasdichte Trennung der Elektrodenräume



keine Elektronenleitfähigkeit bei gleichzeitig möglichst hoher Protonenleitfähigkeit (niedriger Ohm scher Widerstand)



mechanische, chemische und thermische Langzeitstabilität



niedrige Material- und Herstellkosten.

Katalysatorschicht

Als Katalysatormaterialien kommen bei der PEMFC Platin und Ruthenium für die Anode und Platin für die Kathode zum Einsatz. Wesentliches Ziel bei der Weiterentwicklung von Katalysatoren ist die Senkung der Kosten. Einerseits wird die für eine hinreichende Leistungsausbeute notwendige Menge an Edelmetallen reduziert, andererseits werden alternative Materialien erforscht Derzeit werden zwischen 0,1 mg bis 0,6 mg Katalysatormaterial pro cm- verwendet Folgende Eigenschaften werden gefordert: • • •

hohe katalytische Aktivität gutes Langzeitverhalten hohe Konvertierungsrate (große Oberfläche in feinporöser Struktur).

GasdifTusionsschicht

Die Gasdiffusionsschicht (GDL) soll eine Gleichverteilung der zuströmenden Gase über die gesamte Zellenfläche sicherstellen. Die Gase diffundieren von der Verteilerstruktur (Kanäle) der Bipolarplatte zur Katalysatorschicht Gleichzeitig hat die GDL die Aufgabe, die Reaktionsprodukte (Produktwasser) abzuführen, was durch eine grobporöse Struktur erleichtert wird. Zudem muss sie eine hohe elektrische Leitfähigkeit aufweisen, um die Elektronen mit möglichst geringen Verlusten von der anodenseitigen zur kathodenseitigen Reaktionszone zu transportieren. Auch die Prozesswärme wird über die GDL in die Bipolarplatten und weiter in die Kühlmittelebene geleitet. Für die GDL kommen Kohlenstoffgewebe oder Kohlenstoffpapier zum Einsatz. Bipolarplatten

Neben der MEA ist die Bipolarplatte bzw, der Strömungsverteiler die wichtigste Komponente der Brennstoffzelle. Bei der seriellen Verschaltung von Zellen zu einem Stack versorgen diese Platten über ihre eingeprägten Strömungsstrukturen die aktive Zellenfläche mit den erforderlichen Medien, wobei eine gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten ist.

8.4 Arten von Brennstoffzellen

229

Außerdem leiten sie den Strom zur benachbarten Zelle, was einen möglichst niedrigen elektrischen Widerstand erfordert. Die Bipolarplatte nimmt die mechanischen Belastungen auf und sie soll einen gleichmäßigen Anpressdruck auf die GDL und die MEA sicherstellen. Sie muss korrosionsbeständig sein und ihre Eigenschaften dürfen sich unter thermischer Beanspruchung nicht zu stark verändern. Darüber hinaus soll sie eine möglichst hohe Temperaturleitfähigkeit aufweisen, weil bei vielen konstruktiven Ausführungen die Prozesswärme über sie an das Kühlrnediurn abgegeben wird. Der Strömungsverteiler hat ebenfalls Gasdichtheit zwischen Anoden- und Kathodenraum beziehungsweise zur Umgebung hin zu garantieren. Da die Bipolarplatten den Hauptanteil des Stackgewichts ausmachen, ist auf das spezifische Gewicht der Materialien besonderes Augenmerk zu legen. Bipolarplatten können aus Grafit, (beschichtetem) Edelmetall, Grafit-Polymer-Compound oder Keramik gefertigt sein. Dichtungen Die Hauptaufgabe der Dichtelemente besteht in der sicheren Abdichtung der Reaktanten zueinander und zur Umgebung hin. Wesentliche Anforderungen sind die mechanische und vor allem thennische und chemische Langzeitbeständigkeit Die Dichtungseigenschaften müssen über die gesamte Lebensdauer des Stacks stabil bleiben. Es dürfen sich keine Dichtungsbestandteile lösen, denn diese würden sich in der Zelle ablagern und gegebenenfalls die Leistungsfähigkeit beeinflussen. Für eine kommerzielle Stackproduktion sind Dichtungselemente anzustreben, die entweder in der Bipolarplatte oder in der MEA integriert sind. Dies erlaubt eine Bauteilreduktion und minimiert Fehler beim Zusammenbau.

Endplatten Die Endplatten halten die einzelnen Zellen zusammen und versorgen diese mit den Reaktanten und dem Kühlmedium. Sie müssen mechanisch stabil, chemisch beständig und möglichst leicht sein. Darüber hinaus haben sie einen gleichmäßigen Anpressdruck über die gesamte Zellenfläche sicher zu stellen. Mit Hilfe von Zugankern oder Bändern werden die beiden Endplatten verspannt, wodurch die Zellen mit der erforderlichen Anpresskraft beaufschlagt werden.

8.4

Arten von Brennstoffzellen

Brennstoffzellen werden entweder nach deren Betriebstemperatur oder nach der Art des verwendeten Elektrolyten eingeteilt Aufgrund iluer Betriebstemperatur unterscheidet man Niedertemperaturbrennstoffzellen (NT) und ab ca. 600 "C Hochtemperaturbrennstoffzellen (BT). Einen überblick über Brennstoffzellentypen gibt Tabelle 8-2. Nach dem Elektrolyten wird unterteilt in die Alkalische Brennstoffzelle (AFC), die Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (PEMFC), die Phosphorsaure-Brennstoffzelle (PAFC), die Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle (MCFC) und die Oxidkeramische Brennstoffzelle (SOFC). Die PEMFC lässt sich weiter in die Direktmethanol-Brennstoffzelle (DMFC), Niedertemperatur-Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (NT-PEMFC) und die Hochtemperatur-Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (HT -PEMFC) einteilen. Man bezeichnet PEMFCs auch häufig als Polymerelektrolyt-Brennstoffzellen (PEFC). Brenn-

230

8 Brennstoffzellen

stoffzellen werden in einer Reihe von portablen, autornotiven und stationären Anwendungen eingesetzt Einen überblick über Leistung, elektrischen Wirkungsgrad und Anwendungsbereiche von Brennstoffzellen gibt Tabelle 8-2. Es folgt eine Kurzcharakterisierung der verschiedenen Brennstoffzellentypen, für Details sei auf die Literatur verwiesen [138,

197, 199]. Tabelle 1>-2: Brennstoffzellentypen [219] Typ AFC

Betriebstemperatur 60 80

-c bis -c

Temp.,

stoff

bereich

OH-

SI ppm

Hz

eH30H

-c bis 120 -c

Protonenleitende Membran

W

S 100ppm

Hz

Protonenleitende Membran

W

S 500ppm

Hz

Konzentrierte Phosphorsäure

W

KarbonatSclunelze

e03-

Dotiertes

0--

120

-c bis

200 -c 160

-c bis

200 -c

-c

MCFC

ca. 650

SOFC

ca. 1000

NT

Kalilauge

---

60

PAFC

Brenn-

Toleranz

W

NT-

PEMFC

CO,-

Protonenleitende Membran

ca. 80

HT-

Wässrige

Ionenleitung

-c

DMFC (PEMFC)

PEMFC

Elektrolyt

-c

NT

bis 1 %

-

:::; 1 %

Hz

NT

verträglich

Hz, CO

HT

verträglich

Hz, CO

HT

Zirkoniumdioxid

Tabelle 8-3: Eigenschaften von Brennstoffzellen [197] Brennstoffzelle

Leistung

eL Wirkungsgrad

lkW]

[%]

Anwendung

AFC

10-100

Zelle 60-70, System: 60

Raumfahrt, Fahrzeuge

PEMFC

0,1-500

Zelle 50-70, System 30-50

Raumfahrt, Fahrzeuge

DMFC

O,ül-l

Zelle 20-30

Kleingeräte

PAFC

bis 10000

Zelle 55, System 40

Kleinkraftw.

MCFC

bis 100000

Zelle 55, System 50

Kraftwerke

SOFC

bis 100000

Zelle 60-65, System 55-60

Kraftwerke und APU

8.4 Arten von Brennstoffzellen

231

AFC - Alkaline-FC (Alkalische- BZ)

Die alkalische Brennstoffzelle zählt zu den Niedertemperatur-Brennstoffzellen. Das Funktionsprinzip dieses Zelltyps ist in Abbildung 8-7 dargestellt Die erste Anwendung der AFC erfolgte in der Raumfahrt bei der Apollo Mission und in den US Space-Shuttels. Es wird meist eine wässrige Kaliumhydroxid-Lösung (KOH-Lösung) als Elektrolyt verwendet Ein solcher Elektrolyt ist für OH--Ionen leitend. Diese werden an der Kathode gebildet, wandern durch den Elektrolyten auf die Anodenseite, um dort mit dem vorliegenden Wasserstoff Wasser und Elektronen zu bilden. Bei der so genannten mobilen Variante der AFC liegt der Elektrolyt in flüssiger Form vor und muss in einern Elektrolytkreislauf umgewälzt werden. Dabei kann die Prozesswärme über den Elektrolyten abgeführt werden. Bei der immobilen Bauweise wird die KOHLösung durch ein saugfähiges Material (Matrix) aufgenommen und auf diese Weise zwischen den Elektroden gespeichert. Aufgrund der umweltschädigenden Wirkung darfKOH nicht austreten. Als Brennstoff wird Wasserstoff an die Anode geführt. Da der CO,Gehalt der Atmosphäre bei über 360 ppm liegt, muss der Kathode reiner Sauerstoff zugeführt werden. CO z führt zur Karbonatbildung und dies verstopft die feine Porenstruktur der GDL und der Elektrode. Ein Teil des gebildeten Wassers der Anodenseite wird der Kathode zugeführt, weil die chemische Reaktion Wasser benötigt e_

Sauerstoff

~= 02

Katalysator

Abbildung S-7: Prinzip AFC

Reaktion:

Anode:

Hz + 2 OH - --+ 2 HzO + 2 e-:

OxidationlElektronenabgabe

Kathode:

HzO + Y, 0z + 2 e - --+ 2 OH -

ReduktionlElektronenaufnahrne

Gesarntreaktion

Hz + Y, 0z --+ HzO

Redoxreaktion

232

8 Brennstoffzellen

Vergleich mit anderen Brennstoffzellen:

Die AFC wird bei Leistungen zwischen etwa 10 kW und 100 kW eingesetzt. Sie ist einfach und robust aufgebaut und erreicht gute Wirkungsgrade. Als Nachteil ist die Verwendung von Kalilauge als Elektrolyt zu sehen, was ein Sicherheitsrisiko darstellt und durch Korrosion der Elektroden zu einer kurzen Lebensdauer führt. Die AFC muss mit reinem Sauerstoff versorgt werden.

PEMFC - Proton-Exchange-Membrane-FC (polymerelektrolytmembran-BZ)

Die PEMFC zählt zu den Niedertemperaturbrennstoffzellen, auch die Bezeichnung PEFC (Polymerelektrolyt-BZ) ist üblich. Sie arbeitet je nach Typ in einem Temperaturbereich zwischen 60 "C und 200 "C. Alle drei PEM-Zelltypen - die DMFC, die NT-PEMFC und die HT-PEMFC - verwenden ein nicht korrosives Polymer als Elektrolyt Die PEMFC ist in stationären, mobilen und portablen Anwendungen weit verbreitet.

DMFC - Direct Methanol FC (Direkt-Methanol-BZ)

Als Sonderform der PEMFC gilt die DMFC, bei der Methanol in flüssiger Form oder dampffönnig der Anode zugeführt wird. Das Prinzip ist in Abbildung 8-8 dargestellt

Sauerstoff

O2

CH,QH

Protonenaustauscher-Membran Anode

Pt- Ru- Katalysator Abbildung 1>-8: Prinzip DMFC

Reaktion:

Anode:

CH30H + H20 --+ CO2 + 6 H+ + 6 e-:

OxidationiElektronenabgabe

Kathode:

3/202+6H++6e---+ 3H20

ReduktioniElektronenaufnahme

Gesamtreaktion: CH30H + 3/2 O2 --+ 2 H20 + CO2

Redoxreaktion

8.4 Arten von Brennstoffzellen

233

An der Anode entsteht als Abgas CO z . Der Kathode wird Luftsauerstoff zugeführt. Als Elektrolyt kommt eine protonenleitende Polymennembran zum Einsatz, die für den Leitmechanismus stets Wasser benötigt. Dies erfordert ein Befeuchten über die zugeführten Stoffströme oder durch Rückdiffusion von Produktwasser von der Kathode zur Anode. Meist wird der Anode ein flüssiges Methanol-Wasser-Gemisch zugeführt. Dabei ist jedoch eine präzise Dosierung der Gemischkonzentration über eine Dosierpumpe notwendig. Der Ladungstransport erfolgt mit Hilfe von Ht-Ionen, Ein Problem stellt der so genannte Methanoldurchtritt (Methanol-Crossover) dar. Dabei diffundiert Methanol von der Anoden- zur Kathodenseite und mischt sich an der Kathodenoberfläche mit Sauerstoff Die unerwünschte Methanoloxidation reduziert die Leistungsfähigkeit und damit den Wirkungsgrad der Zelle. Wesentliche Vorteile der DMFC sind eine direkte Umwandlung des Brennstoffs Methanol und eine einfache Systemtechnik, weil es im Gegensatz zur herkömmlichen PEMFC keiner komplexen Befeuchtereinheit bedarf DMFCs werden meist für Kleinanlagen bis maximal 5 kW eingesetzt Hauptsächlich findet diese Zelle Anwendung im portablen Bereich.

Vergleich mit anderen Brennstoffzellen: Die DMFC wird bei geringen Leistungen bis etwa 1 kW in Kleingeräten eingesetzt Sie ist einfach aufgebaut, weist eine gute Lebensdauer auf und ist einfach zu betanken. Der Wirkungsgrad ist relativ gering, ein Problem stellt die Penneation von Methanol dar, als Abgas entsteht CO z . NT -PEMFC - Low- Temperature-Proton-Exchange-Membrane-FC (Niedertem peratur-Polym erelektrolytmembran-BZ) Das Funktionsprinzip einer NT -PEMFC ist in Abbildung 8-9 dargestellt Wasserstoff dient als Reduktionsmittel und Luftsauerstoff als Oxidationsmittel. Wasserstoffmoleküle gelangen über die GDL zur Katalysatorschicht bzw, zur Reaktionszone. Dort wird Hz an der Katalysatoroberfläche adsorbiert, zu H dissoziiert und weiters zu Wasserstoffprotonen H+ oxidiert (Elektronenabgabe). Die Protonen bilden mit Wasser H-O t-Ionen, die die Grundlage des Leitungsrnechanisrnus darstellen. Nun können einerseits Wasserstoffprotonen durch den so genannten Grotthuß-Mechanismus von Wassermolekül zu Wassermolekül zur Kathode wandern [17], andererseits können H30+-Ionen Richtung Kathode diffundieren. An der Kathode wird der Sauerstoff an der Katalysatoroberfläche reduziert, nimmt zwei Elektronen auf und bildet schließlich mit zwei Ht-Ionen Wasser. Durch den Diffusionsprozess kommt es zu Austrocknungserscheinungen, weil Wasser beim Transport der Ionen mitwandert. Um den Wasserbedarf an der Anodenseite zu decken, muss das gebildete Wasser von der Kathode durch die Membran rückdiffundieren oder außerhalb der Zelle mittels unterschiedlicher Befeuchtungstechniken dem Stoffstrom zugeführt werden. Dieser Brennstoffzellentyp ist empfindlich gegenüber Kohlenmonoxid, das bei Konzentrationen über 100 ppm die aktiven Zentren der Elektroden blockiert, was zur Venninderung der Leistungsfähigkeit führt. Diese Katalysatorblockade ist reversibel. Auch die Beaufschlagung der Zelle mit Schwefel und Schwefelverbindungen (HzS) sollte unter 1 ppm liegen, um die Katalysatoraktivität nicht zu mindern.

234

8 Brennstoffzellen

Sauerstoff

H20 Protonenaustau scher-Membran

Pt- Katalysator

Abbildung 8-9: Prinzip NT-PEMFC

Reaktion:

Anode:

Hz --+ 2 H++ 2 e-:

OxidationiElektronenabgabe

Kathode:

V,0z+2H++2e- --+ HzO

ReduktioniElektronenaufnahme

Gesarntreaktion

Hz + lIz O2 ----+ HzO

Redoxreaktion

Vergleich mit anderen Brennstoffzellen: Die NT -PEMFC wird bei Leistungen bis etwa 500 kW eingesetzt. Sie erreicht eine hohe Strom dichte und weist ein gutes dynamisches Verhalten auf Die Zelle benötigt ein aufwändiges Wassermanagement und ist empfindlich gegen Verumeinigungen durch Kohlenmonoxid, Ammoniak und Schwefelverbindungen. HT-PEMFC - High-Temperature-Proton-Exchange-Membrane-FC (Hochtem peratur-Polymerelektrolytmembran-BZ)

Die so genannte HT-PEMFC entspricht im Prinzip der NT-PEMFC, vgL Abbildung 8-9, unterscheidet sich von dieser aber durch eine neue Membran, die verfahrenstechnische und elektrochemische Vorteile verspricht [219]. Die neu entwickelte Polybenzimidazol-Membran (pEI) benötigt kein Wasser für die Leitfähigkeit Die Membran wird in Phosphorsäure (H3P04) getränkt, nimmt die Säure teilweise auf und gewährleistet dadurch die Protonenleitfähigkeit Dadurch entfällt bei diesem Zelltyp das komplexe Wassermanagement. Das stellt einen der wesentlichen Vorteile dieser Brennstoffzelle dar. Darüber hinaus ermöglicht die phosphorsäuredotierte PEIMernbran höhere Betriebsternperaturen, wodurch bei Nutzung der Prozesswärme der An-

8.4 Arten von Brennstoffzellen

235

lagenwirkungsgrad deutlich gesteigert werden kann. Weiters hat die Temperaturanhebung eine höhere CO-Toleranz zur Folge, was sich durch ein günstigeres AdsorptionsIDesorptionsverhalten des Katalysators erklären lässt So beträgt die CO-Verträglichkeit der HT -PEMFC gegenüber der NT -PEMFC ein Vielfaches, nämlich bei 120 "C 500 ppm und bei 180 "C 5000 ppm (0,5 %) CO. Wird Wasserstoff aus fossilen Energieträgern erzeugt, ist für den Einsatz in einer NT-PB1v1FC im Refonnierungssystern stets eine Feinreinigungsstufe notwendig, was bei der HT -PEMFC entfällt Bei mobilen Anwendungen spielt das erhöhte Ternperaturniveau eine entscheidende Rolle, da sich die Wännetauscherflächen aufgrund der größeren Temperaturdifferenz zwischen Betriebstemperatur und Umgebung verringern lassen. Dies führt zu Gewichts-, Kosten- und Packagingvorteilen im Vergleich zur herkömmlichen NT-PEMFC. Im Bereich der Hausenergieversorgung lässt sich die Wänne zur Brauchwasser- und Heizwasseraufbereitung heranziehen, womit höhere Gesamtwirkungsgrade erreichbar sind [198]. Nachteilig sind die erhöhten Kosten für temperaturbeständige Systemkomponenten (Verdichter, Ventile, Kompressoren etc.) und für temperatur- und säurebeständige Materialien. Außerdem muss ein Kondensieren des Produktwassers unbedingt vermieden werden, da es sonst zur Phosphorsäureauswaschung der Membran kommt. Diese Gefahr besteht hauptsächlich bei Anfahr- und Abschaltvorgängen.

Reaktion: Anode:

Hz --+ 2H++2e-

OxidationlElektronenabgabe

Kathode:

y, 0z + 2 H++ 2 e- --+ HzO

ReduktionlElektronenaufnahme

Gesarntreaktion

Hz + Y, 0z --+ HzO

Redoxreaktion

Vergleich mit anderen Brennstoffzellen: Die HT-PEMFC benötigt kein aufwändiges Wassennanagement, allerdings muss Wasserkondensation wegen der Phosphorsäurebildung vermieden werden. Die Zelle ist wegen der temperatur- und säurebeständigen Materialien teurer in der Herstellung, dafür kann der Gesamtwirkungsgrad durch Nutzung der Abwärme verbessert werden.

PAFC - Phosphoric Acid FC (phosphorsaure-BZ) Die PAFC zählt zu den Niedertemperaturbrennstoffzellen. Sie ist weit verbreitet und deckt einen weiten Leistungsbereich von 50 kW'1 bis 11 MW'1 ab. Weltweit sind ca. 250 Anlagen in Betrieb [198]. Die PAFC verwendet als Elektrolyt konzentrierte Phosphorsäure, die in einer PTFE-gebundenen Siliziumkarbidinatrix (Sie) fixiert ist, Prinzip siehe Abbildung 8-10.

Reaktion: Anode:

Hz --+ 2H++2e-

OxidationlElektronenabgabe

Kathode:

y, 0z + 2 H++ 2 e -: --+ HzO

ReduktionlElektronenaufnahme

Gesarntreaktion

Hz + Y, 0z --+ HzO

Redoxreaktion

236

8 Brennstoffzellen

===0 Sauerstoff 2

Pt- oder P- Katalysator

Abbildung 1>-10: Prinzip PAFC

Die Leitfähigkeit wird durch Ht-Ionen dargestellt, die von der Anode zur Kathode wandern. Aufgrund des säurehaltigen Elektrolyten werden hohe Materialanforderungen an die Zellkomponenten gestellt Als Brennstoff kommt Wasserstoff und als Oxidationsmittel Luftsauerstoff zum Einsatz. Für die Elektroden wird poröses Grafit verwendet, das meist mit Platin als Katalysator beschichtet ist An der Anode wird Wasser zur Reaktion benötigt, das auf der Seite der Kathode wieder rückgebildet wird. Ein aufwendiges Wassermanagernent über eine Membran ermöglicht eine Rückdiffusion. überschüssiges Wasser wird als Wasserdampf an der Kathodenseite abgeführt. Trotz des hohen technischen Reifegrads dieser Brennstoffzelle kann sich die PAFC nicht weiter durchsetzen, weil sie zu hohe Kosten verursacht und ihr Kostensenkungspotential weitgehend erschöpft ist [198]. Vergleich mit anderen Brennstoffzellen:

Die PAFC wird in Kleinkraftwerken bei Leistungen bis etwa 10000 kWeingesetzt. Sie ist robust und weist eine erhöhte Verträglichkeit gegenüber CO, CO 2 und Schwefel auf. Wegen der Phosphorsäure ist die Lebensdauer begrenzt, die Leistungsdichte ist gering, die Materialkosten sind hoch ohne Potential zur Senkung. Die höhere Betriebstemperatur erlaubt bessere Gesamtwirkungsgrade. MCFC - Mollen Carbonale FC (Carbonal-Schmelze BZ)

Die MCFC ist eine Hochtemperaturbrennstoffzelle, die Betriebstemperatur bewegt sich um 650 "C, Prinzip siehe Abbildung 8-11.

8.4 Arten von Brennstoffzellen

237

Reaktion:

H2 + C03 - - --+ HzO + CO z + 2 e-: (CO + C03 - - --+ 2 CO z + 2 e-') (CO + HzO --+ CO z + Hz )

Anode:

+ CO z + 2 e- --+ C03 -

Kathode:

Y, 0z

Gesamtreaklion:

Hz + Y, 0z + CO z --+ HzO + CO z

-

OxidalionlElektronenabgabe interne Reformienmg ReduklionlElektronenaufnahme Redoxreaktion

Sauerstoff ..... - - °2+ C02

°2

CO 2

Carbonatschmelze Li 2C0 3 und K2C0 3 Anode (poröses Ni) H20 + CO2 + Wärme

Abbildung 8-11: Prinzip MCFC

Eine Alkalicarbonatschmelze aus Lithiumcarbonat (LizC03) und Kaliumcarbonat (K zC0 3 ) dient als Elektrolyt. Dieser wird in einer Matrix aus Lithiumaluminat fixiert Der Elektrolyt leitet Karbanalionen von der Kathode zur Anode. Im Gegensatz zu den bisher genannten Brennstoffzellentypen kann ein Gasgemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid als Brennstoff verwendet werden. Dieses Gemisch wird durch interne Reforrnierung eines metharihalligen Energieträgers hergestellt Auf der Kathodenseite muss ein Gemisch aus Sauerstoff und Kohlendioxid zugesetzt werden. Der Sauerstoff bindet sich unter Elektronenaufnahme mit Kohlendioxid und es kommt zur Karbonatbildung. Auf der Anodenseite entstehen aus Wasserstoff und Karbonationen Wasser und Kohlendioxid.

Das Karbonat wandert durch die Elektrolytmatrix. Bei den hohen Betriebstemperaturen sind keine teuren Edelmetall-Katalysatoren notwendig. Als Elektrodenmaterial kann Nickel zum Einsatz kommen, allerdings müssen für die Zelle hochtemperaturfeste Werkstoffe verwendet werden. Die Giftigkeit sowie die Entzündlichkeit der MCFC- Reaktanten stellen ein Problem dar. Die hohen Temperaturschwankungen aufgnmd der ständigen Erwärm- und Abkühlvorgänge führen zu einem hohen Verschleiß der Brennstoffzelle. Die interne Refonnienmg stellt auch hohe, aber kontrollierbare Anfordenmgen an die Sicherheit. Bei gleichzeitiger Wärrnenutzung wird ein Gesarntwirkungsgrad von bis zu 90 % er-

reicht.

238

8 Brennstoffzellen

Vergleich mit anderen Brennstoffzellen: Die MCFC wird in Kraftwerken bei Leistungen bis 100000 kW eingesetzt. Da keine teuren Katalysatoren verwendet werden, sind die Herstellungskosten relativ niedrig. Die MCFC ist unempfindlich gegen CO sowie CO z und erlaubt eine interne Reformierung. Durch Nutzung der Abwärme sind hohe Wirkungsgrade möglich. Wegen der hohen Temperaturen sind entsprechende Sicherheitsvorkehrungen nötig, die Zelle hat einen hohen Platzbedarf und es tritt CO z als Emission auf.

SOFC - Solid Oxide FC (Oxid-Keramik BZ) Die SOFC ist eine Hochtemperaturbrennstoffzelle mit einer Betriebstemperatur zwischen 750 "C und 1000 "C, Prinzip siehe Abbildung 8-12. Ihr Elektrolyt besteht aus einem unveränderlichen festen keramischen Werkstoff, etwa aus yttriumdotiertem Zirkonium dioxid (YSZ). YSZ ist in der Lage, Sauerstoffionen zu leiten, Elektronen werden jedoch nicht geleitet Die Kathode besteht aus einem für Elektronen und Ionen leitfähigen keramischen Material, etwa Lanthan-Strontium-Manganoxid (LSM). Für die Anode verwendet man einen ionen- und elektronenleitfähigen, keramisch-metallischen Cermet-Werkstoff Da Ternperaturen über 500 "C vorliegen, kann auf einen externen Reformer verzichtet werden. Der Brennstoff wird direkt im System mit Hilfe von Katalysatormetallen wie Ruthenium und Cer zu Kohlenmonoxid und Wasserstoffreformiert Zum Start der Brennstoffzelle ist jedoch eine externe Heizung notwendig. Der Ladungstransport erfolgt mittels 02 -Ionen.

Reaktion: Anode:

Hz + 0- - ---+ HzO + 2 e OxidationiElektronenabgabe (CO + 0-- ---+ CO z + 2 e-')

Kathode:

y, 0z + 2 e -

Gesarntreaktion:

Hz + Y, 0z

---+ 0- -

---+ HzO

ReduktioniElektronenaufnahme Redoxreaktion (CO + Y, 0z ---+ CO z)

Vergleich mit anderen Brennstoffzellen: Die SOFe weist einen weiten Anwendungsbereich von der Strornversorgungseinheit bis zum Kraftwerk bei Leistungen bis 100000 kW auf Die SOFC ist einfach und robust aufgebaut, sie erfordert kein Flüssigkeitsrnanagernent. Sie hat eine lange Lebensdauer und erlaubt eine interne Reformierung. Durch Nutzung der Abwärme sind hohe Wirkungsgrade möglich. Wegen der hohen Temperaturen sind entsprechende Sicherheitsvorkehrungen nötig, die Zelle emittiert CO z . Die SOFC befindet sich im Forschungsstadium und soll in der Energieversorgung eingesetzt werden. Von besonderem Interesse ist die dezentrale Energieversorgung aus der Vergasung von biogenen Rohstoffen. Das dabei entstehende Produktgas kann außer in Verbrennungsmotoren und Turbinen auch in einer SOFC genutzt werden. Vorteilhaft dabei sind der hohe Wirkungsgrad mit Kraft-Wärme-Kopplung, ein Forschungsthema sind die Auswirkungen der verschiedenen Gaskomponenten auf den Betrieb der SOFC [155, 181, 182].

8.5 Anwendung der Brennstoffzelle

239

e ..... Sauerstoff

°2

°2 yttriumdotieries Zirkoniumdioxid Anode (Cermet)

Abbildung 1>-12: Prinzip SOFe

8.5

Anwendung der Brennstoffzelle

Bewährt haben sich Brennstoffzellen zur Energieversorgung in der Raumfahrt. Derzeit etablieren sich Brennstoffzellen in Nischenmärkten in der Energie- und Verkehrstechnik Im Weiteren soll anband einiger Beispiele auf die portable, stationäre und mobile Nutzung von Brennstoffzellen hingewiesen werden, für aktuelle Anwendungen sei auch auf das Internet verwiesen [158, 159].

8.5.1

Portable Brennstoffzellen

Brennstoffzellen sind als Stromversorgungsaggregate für Kleingeräte wie Laptops, Kameras, Mobiltelefone und Laborgeräte in Erprobung. Gute Wirkungsgrade und gegenüber Batterien oder Akkus höhere Betriebsdauern sind die Vorteile, auf Grund derer an der Brennstoffzelle trotz hoher Kosten großes Interesse besteht Unter der Bezeichnung EFOY, Energy for you, bietet die deutsche Finua SFC Smart Fuel Cell AG portable Brennstoffzellen an, siehe Abbildung 8-13 [269]. Die Direktmethanolbrennstoffzellen (DMFC) benötigen I, I Liter Methanol pro kWh Strom bei Ladekapazitäten zwischen 0,6 und 1,6 kWhfTag, die Nennleistungen liegen bei 12 V zwischen 25 W und 65 W. Diese Zelle ist für die Versorgung von elektrischen und elektronischen Geräten abseits eines Stromnetzes geeignet, wie z. B. in Ferienhütten, in Reisemobilen oder auf Booten sowie in netzfemen industriellen Inselsysternen. Das Methanol ist in Tanks zu 5 oder 10 Liter erhältlich, die an die Brennstoffzelle angeschlossen werden Laut Hersteller beträgt die Laufzeit mit einem 10 Liter Tank bis zu acht Wochen. Die Abmaße der DMFC betragen ca. 40 x 20 x 30 cm, Gewicht um 7,5 kg.

240

8 Brermstoffzellen

Abbildung 8-13: Direktmethanolbrennstoffzelle. Quelle: SFC [269]

Von Panasonie wurde im Jahr 2006 ein Notebook mit Brermstoffzelle präsentiert, siehe Abbildung 8-14. Diese DMFC liefert 13 W bis 20 W und wird mit einem Gemisch aus Methanol und Wasser betrieben. Eine Tankfüllung erlaubt eine Betriebsdauer von ca. 20 Stunden [239].

Abbildung 8-14: N otebook mit Brennstoffzelle. Quelle: Panasonie [239]

8.5.2 Stationäre Brennstoffzellen Stationäre Brermstoffzellen dienen der Stromerzeugung meist in Kombination mit der Nutmng der Abwärme (cogeneration system). Sie laufen meist unter konstanten Betriebsbedingungen und decken einen weiten Leistungsbereich ab, von Hilfsaggregaten zur Stromversorgung in Fahrzeugen (Auxilary Power Unit - APU) über die Energieversorgung von Ein- oder Mehrfamilienhäusern bis zu Großkraftwerken mit Kraft-WärmeKopplung (KWK). Zur Anwendung kommen meist Hochtemperaturzellen wie die Schmelzkarbonat-Brermstoffzelle (MCFC) oder die oxidkeramische Brermstoffzelle (SOFC). Auch Gasturbinen zur Nutzung der Abwärme aus Hochtemperatur-Brennstoff-

8. 5 Anwendung der Brermstoffzelle

241

zellen werden eingesetzt. Durch entsprechende Regel- und Speicherstrategien kann ein Ausgleich zwischen elektrischem und thermischem Fnergiebedarfim Sommer- bzw. Winterbetrieb geschaffen werden. Zahlreiche Prototypen wurden in den letzten Jahren vorgestellt und in Feldtests auf ihr Langzeitverhalten und ihre Zuverlässigkeit untersucht. Firmen wie beispielsweise Vaillant, Viessmarm, Hexis, CFC Solutions (MfU) oder Siemens haben Systeme entwickelt und sehen diese kurz vor der Markteinführung Die technischen Daten der SOFC der Hexis AG [148] lauten: Type Elektrische Leistung Thermische Leistung Brennstoff Maße Gewicht

SOFC Galileo 1000 N 1 kWmax. 2,5 kWmax. Erdgas 55x55x160cm 170kg

Abbildung 8-15: Direktmethanolbrennstoffzelle. Quelle: Hexis AG [148]

Das deutsche Unternehmen CFC Solutions [51] hat ebenfalls zahlreiche europäische Feldversuchsprojekte in Zusammenarbeit mit Energieanbietern wie beispielsweise RWE, Vattenfall, EnBW oder E.ON durchgeführt. Der Konzern setzt auf die MCFC Technologie und nennt sein Produkt HotModule, siehe Abbildung 8-16. Es arbeitet bei 650°C und kann mit Erdgas, Biogas, Klärgas u. a. betrieben werden. Es liefert eine Leistung ab 245kW e1 und ca. 180kWth. Der elektrische Systemwirkungsgrad beträgt ca. 500/0, der Gesamtwirkungsgrad der Anlage mit KWK kann bis 90 % betragen. Betriebsdauern von etwa 30000 h konnten erfolgreich realisiert werden. In Chico, Kalifomien, wurde im Jahr 2005 von der Sierra Nevada Brewery ein Brermstoffzellenkraftwerk mit 1 MW elektrischer Leistung in Betrieb genommen, siehe Abbildung 8-17 [286]. Die Fnergiewandlung erfolgt in vier MCFCs der Firma FuelCell Energy [115], die jeweils 250 kW bereitstellen. Die Zellen werden mit Methan und Abgas des Brauprozesses betrieben. Die Abwärme der MCFC kann beim Bierbrauen verwendet werden und erhöht somit den Gesamtwirkungsgrad der Anlage. Der elektrische Wirkungsgrad beläuft sich aufungefähr 500/0, inklusive Kraft-wärme-Kopplung kann dieser auf ca. 75 % angehoben werden.

242

8 Brennstoffzellen

Abbildung8-16: HotModule (MC FC). Quell e: CFC Solutions GmbH [51]

Ab bildung 8-1 7: Brennstoffzellenkraftwerk in Kalifornien. Quelle: Th e Pacific Region CHP Appli cation Center [286]

In Japan wird seit Jahren mit hohem finan ziellem Einsatz an der Brermstoffzellentechnologie gearbeitet Bereit s im Jahr e 1991 g ing in Tokyo das größte BrennstoffzellenBlockheizkraftwerk (BHKW) der Welt mit einer elektrischen Leistung von 11 MW in Betrieb. Das Kraftwerk hat mit PAFC bis zu seiner Stilllegung im Jahr 1997 Strom und Wärme erzeugt. Betrieben wurde die Anlage von der Tokyo Electric Power Company (IEPCO).

8.5 Anwendung der Brennstoffzelle

243

8.5.3 Mobile Brennstoffzellen zu Lande Neben einer Absichtserklärung von Daimler, Ford, General Motors, Opel, Hyundai, Kia, Renault, Nissan und Toyota, die Entwicklung von Elektroautos mit Brennstoffzellenantrieb voranzutreiben und ab 2015 eine größere Anzahl (mehrere hunderttausend) Fahrzeuge auf den Markt zu bringen, haben führende Industrieuntemehmen inklusive OMV, Shell, Total, Linde, Vattenfall und EnBW im September 2009 die gemeinsame Initiative "H2 Mobility" mit dem Ziel gegründet, ein flächendeckendes Tankstellennetz für Wasserstoff in Deutschland aufzubauern [60]. In großen Pilotprojekten befinden sich unterschiedliche Arten von Wasserstofffahrzeugen im Probeeinsatz, so etwa vor allem PKW in der Clean Energy Partnership in Berlin [50], siehe Abbildung 8-18, Stadtbusse im unlängst abgeschlossenen Projekt HyFLEET:CUTE [93] sowie Stadtbusse im öffentlichen Verkehr in Hamburg [168].

Abbildung 8-18: Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzelle und Verbrennungsmeter im praktischen Einsatz in Berlin. Quelle: CEP [50]

Alle großen Fahrzeughersteller betreiben Versuchsfahrzeuge mit Wasserstoff in Brennstoffzellen und haben die baldige Markteinführung angekündigt Nach einem kurzen historischen überblick werden im Folgenden beispielhaft autornative Anwendungen mit Brennstoffzellen besprochen, siehe auch [293].

8 Brennstoffzellen

244

1966 GM Electrovan

1970 Prof. Kordesch

1989 FZ Karlsmhe

1994 N ECAR 1

1998 Ope l Zafua

2000 NECAR 5

20 07 Chevrolet Equi nox

20 07 Chevrol et Volt

8.5 Anwendung der BrelUlstoffzelle Derzeit b efinden Sich fol gende Fahrz euge mit BrelUlsto ffzellen m em em marktn "'en EntWl ck1 ungsstadium

Gtaro Stadtbu. [59] Ende 200 1 wurd e das von der EU geförd erte CUT E-ProJekt C, Clean Urb", Transport for Europ e") gestart et. Im R"'men des FToJekts fuhr en ab 2003 Mercedes-Benz CitaroStadtbusse mit BrelUlsto ffzellen-Antri eb auf Europ as St,-,& n, SI ehe Abbildung 8- I 9. Das BrelUlstoffzellensyst em und die Druckgasflaschen SInd auf dem Doch des Fahrzeugs unterg ebrocht Der erzeu gte Strom betreibt emen 200 kW stalken Elektromotor Im Bus haben 70 Pas sagiere Pl atz, er hat eine Reichweite von rund 200 Kilom etern. Die Spitzengeschwmdigk eit beträgt 80 kmih. W ettere Buss e waren mAustralien 1m Lill1 enems oiz sOWi e 1m Rahmen des eben f,. ls von der EU geförd erten FToJekts ECTOS G,Ecolog1Cal City Tr", sport System") m Reykjavik Mit dem FortsetzungsproJekt HyFLEETCUTE legten 36 Cit,.-obuss e biS heute über ZWet Millionen km zUlÜck [93]

Abbild un; 8_19: Citllfo Fuel C ell Bus Quelle: D ilUrtl er [59]

Im JUll1 2009 wurde das Nachfolgemodell vorgestellt, der Citac Fuel Cell Hybnd Bus, SIeh e Abbildung 8-20. Das w eiterentwick elte Brennstoffzellensystem Wird durch em kompl ell neues Hybnd-Antri ebssystem mit Rekuperation der Brems energJe erginzt, das ca. 20 % Wasserstoff etnspart. Der Bus verfugt üb er Radnooenmotoren und eme Lithiumlonen-Ball en e Zunächst soll en 30 Stück gebaut w erden, ,. s erster Einsatzort 1st Hamburg geplant

246

8 Brennstoffzellen

Abbildung 8-20: Citaro Fuel Cell Hybrid Bus. Quelle: Daimler [59]

Mercedes F-Cell [59] Auch PKW-Antriebe werden von Daimler entwickelt, so die erste Fahrzeugflotte mit der A-Klasse F-Cell, die mit 60 Automobilen den Feldtest auf internationalen Straßen bewältigte. Im Jahr 2005 wurde deren Folgegeneration, die B-Klasse F-Cell, präsentiert, siehe Abbildung 8-21. Die Fahrzeuge sind mit PEMFC-Aggregaten ausgestatten, besitzen einen 100 kW starken Elektromotor und erreichen mittels der neuen 700 bar Druckspeicher eine Reichweite von ca. 400 km. Laut Presseberichten des Unternehmens ist für 2010 der Einsatz von 20 Fahrzeugen im Rahmen der Clean Energy Partnership in Harnburg geplant.

Abbildung 8-21: Mercedes Benz B-Klasse F-Cell. Quelle: Daimler [59]

Honda Clarity FCX [157] Die neue Generation des Honda FCX wird ab 2009 an Leasingkunden in den USA und Japan übergeben. Das Fahrzeug erhielt den Preis "Green Car of the Year 2009". Bei einern Gewicht von 1625 kg bietet es eine Reichweite von ca. 470 km und 160 km/h Höchstgeschwindigkeit, siehe Abbildung 8-22. Etwa 4 kg Wasserstoff werden in einern

8.5 Anwendung der Brennstoffzelle

247

Drucktank bei 350 bar gespeichert Die PEMFC leistet maximal 100 kW, ebensoviel wie der Elektromotor, der das Fahrzeug mit einem maximalen Drehmoment von 256 Nm antreibt. Eine Li-Ionen-Batterie unterstützt den Antrieb, Bremsenergie wird zurückgewonnen. Für den LA-4 Fahrzyklus wird ein Gesamtwirkungsgrad von 60 % angegeben [213].

Abbildung 8-22: Honda Clarity FCX Quelle: Honda [157]

Toyota FCHV-adv [288] Im Juni 2008 begann Toyota, die neue Version seines Brennstoffzellen Hybrid Fahrzeugs

in Kalifomien zu verleasen. Bei einem Gewicht von 1880 kg bietet es eine Reichweite von über 800 km und 155 kmJh Höchstgeschwindigkeit, siehe Abbildung 8-23. Etwa 6 kg Wasserstoff werden in einem Drucktank bei 700 bar gespeichert Die PEMFC leistet maximal 90 kW, ebensoviel wie der Elektromotor, der das Fahrzeug mit einem maximalen Drehmoment von 260 Nm antreibt Eine Li-Ionen-Batterie unterstützt den Antrieb, Bremsenergie wird zurückgewonnen. Für den LA-4 Fahrzyklus wird ein Gesamtwirkungsgrad von 60 % angegeben [188]. Dazu ist anzumerken, dass es sich um Stadtzyklen mit relativ geringen Spitzengeschwindigkeiten und hohen Stop-and-Go-Anteilen handelt, bei denen die Rekuperation von Bremsenergie einen merklichen Einfluss auf den Wirkungsgrad ausübt

Abbildung 8-23: Toyota FCHV-adv. Quelle: Toyota [288]

248

8 Brennstoffzellen

Bei Spezialfahrzeugen wie Gabelstaplern oder Förderfahrzeugen, die oft in Innenräumen eingesetzt werden, kommen die Vorteile der Brennstoffzelle wie die lokale Emissionsfreiheit besonders Zlllll Tragen. Proton Motor Fuel Cell GmbH

Im Jahr 2003 stellte die Proton Motor Fuel Cell GmbH [245] einen Gabelstapler mit Brennstoffzellenantrieb (pEMFC) vor, siehe Abbildung 8-24. Das Projekt wurde in Kooperation mit der Still GmbH und der Linde Gas GmbH durchgeführt. Der Stapler verrichtete bis zum Projektende 2006 seinen Dienst am Münchner Flughafen. Das System ist für einen Betrieb über acht Stunden ausgelegt und ersetzt die herkömmliche Traktionsbatterie durch ein Brennstoffzellenaggregat mit einer Nermleistung von 18 kW. Dadurch entfällt das langwierige Aufladen der Batterien, die Betankung mit Wasserstoff erfolgt in wenigen Minuten.

Abbildung 8-24: Brennstoffzellen-Gabelstapler. Quelle: Proton Motor [245]

Hydrogen powered Logistics System HyLOG Im Rahmen des geförderten A3 Leuchtturmprojekts "HyLOG" (Hydrogen powered Logistic System) [45] unter Leitung der Firma Fronius International [113] wurde in Zusammenarbeit mit industriellen und wissenschaftlichen Partnern am Produktions- und Logistikstandort Sattledt ein Pilotprojekt zum Einsatz der Brennstoffzellen-Range-Extender Antriebstechnik bei Flurförderzeugen durchgeführt. Dabei wurde der Antrieb von der konventionellen Blei-Säurebatterie auf eine wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle lllllgestellt. Die Versorgung mit Wasserstoff erfolgt über einen Elektrolyseur, der mit Strom aus Solarzellen betrieben wird.

8.5 Anwendung der Brennstoffzelle

249

Eine Übersicht über das Projekt gibt Abbildung 8· 25. Auf dem Dach der Fertigungs halle der Firma Fronius wurde auf32 00 m" eine Photovoltaikanlage mit 6 15 kWpeak zur Stromerzeugung errichtet. ü ber einen Netzwe chselrich ter wird Strom ins Netz gespeist und ein Elektrolyseur HOG EN S40 betrieben. Der erze ugte Wasserstoff wird auf 350 bar komprimiert und in Wechselkartuschen gespeichert. Mit dem Druckwasserstoffwerden bis zu fünf Flurförd erfahrzeuge versorgt, die j eweil s mit einer PEM Brennstoffzelle mit einer Leistung von 2,5 kW ausgestattet sind, siehe Abbildung 8-26 . CD

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Fn:riJs ~ u. Logialkstandort Satlledt 650 J,lht~, 37.000 rri ProdukDom1IAche 1115 kWp PhotCM:lltlllk ~

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Schema der kombinierten Strom- und Wasserstofferzeugung. Quelle : Fronius [113]

Ab bild ung 8-26: Logistikzug mit PEMFC. Quelle: Fronius (113]

250

8 Brennstoffzellen

Neben der Entwicklung des Fahrzeugantriebs und dem Demonstrationsbetrieb beinhaltet das Projekt auch eine Abschätzung des Marktpotentials für das Gesamtsystem aus industrieller Brennstoffzellen-Logistikanwendung und autonomer Solarwasserstoff-Betankungsinfrastruktur im Bereich der Flurförderfahrzeuge und Stapler, dem weltgrößten Markt für Elektrofahrzeuge. Die begleitende technische und wirtschaftliche Systemanalyse wird vom HyCentA durchgeführt. Es handelt sich um eine CO,-freie Wasserstoffanwendung für den innerbetrieblichen Materialtransport. Einige der wesentlichsten Vorteile dieses Vorhabens sind der Ersatz der langen Batterieladezeiten durch eine wenige Minuten erfordernde Betankung mit Wasserstoff, die Verdoppelung der FahrzeugReichweite gegenüber den früher eingesetzten Batteriefahrzeugen und die Vermeidung von Emissionen etwa während des Ladevorgangs. Die Innovation und Umweltrelevanz des HyLOG Projekts wurde durch Zuerkennung einer Reihe von renommierten nationalen wie internationalen Preisen bestätigt, u. a. dem Österreichischen Solarpreis 2007, dem Österreichischen Klimaschutzpreis 2008 sowie dem Energy Golden Globe Award Welt 2007.

8.5.4 Mobile Brennstoffzellen zu Wasser Derzeit befinden sich vier Unterseeboote mit Brennstoffzellen im Dienst der deutschen Marine, siehe Abbildung 8-27 und Abbildung 8-28 [62]. Die Ubootsklasse 212A besitzt in ihren Modellen U31, U32, U33 und U34 neben den Dieselgeneratoren eine PEM-Brennstoffzelle. Die Zelle wird aus einem Metallhydridspeicher mit Wasserstoff versorgt Im April des Jahres 2006 stellte die U32 einen Rekord mit 2 Wochen langer Tauchfahrt auf Dies ist der längste Tauchgang eines nichtnuklear betriebenen Unterseeboots. Bei Einsatz des Bootes über Wasser wird das Dieselaggregat genutzt. Unter Wasser bei niedriger Geschwindigkeit arbeitet die PEM-Brennstoffzelle. Wird die Höchstgeschwindigkeit des Bootes unter Wasser erwünscht, bezieht das Boot Strom aus seinen Akkumulatoren. Technische Daten des U-Boots U32: Brennstoffzelle:

2 x Siemens PEM-Module mit je 120 kW Leistung Fahrmotor Siemens-Permasyn-Motor mit 3120 kW Leistung

Dieselantrieb:

4 x 6,2 MW Diesel Generator Sets 1 x 3 MW Diesel Generator Set

Reichweite: Abmessung:

8000 Seemeilen 56 m Länge, 7 m max, Rumpfdurchmesser, 6m Tiefgang, 11,5 m max, Höhe

Geschwindigkeit:

12 kn überwasser, 20 kn getaucht

Verdrängung:

über Wasser: 1450 t, unter Wasser: 1830 t

8. 5 Anwendung der Brermstoffzelle

251

Abbildung 8-27:

tma. Quelle: Deutsche Marine [62]

Abbildung 8-28: Innenleben der D2ll. Quelle: Deutsche Marine [62]

Nach einem Elektrornietboot mit einer 800 W PEM-Brermstoffzelle im Jahre 2005 rostete die Zebotec GmbH [328] 2006 das Forschungsschiff Solgenia für die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz aus, siehe Abbildung 8-29. Das Schiff verfügt über eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung mit 700 Wpeak , über drei Brermstoffzellen mit je 1,2kW, einen Wasserstoffiank mit 70 I bei 350 bar und einen 8kW Elektromotor. Bei der INIERBOOT 2007 in Friedrichshafen stellte die Zebotec GmbH das Sportboot COBALT 233 ZEr vor, siehe Abbildung 8-30. Das Zero-Emission-Sportboot verfugt über ein 50 kW Brennstoffzellensysstem mit einer Batterie zur Abdeckurig von Leistungsspitzen und über drei Wasserstoffdrucktanks mit 350 bar. Die Höchstgeschwindigkeit in Gleitfahrt wird mit 40 km/h angegeben.

252

8 Brermstoffzellen

Abbildung 8-29: Forschungsschiff Solgenia. Quelle: Zebotec [328]

Abbildung 8-30: Zero- Emission-Sportboot. Quelle: Zebotec [328]

Im August 2008 hat die Fes "Alsterwasser" den Dienst auf der Alster in Hamburg aufgenommen, siehe Abbildung 8-31. Das Fuel Cell Ship ist ein brermstoffzellenbetriebenes Fahrgastschiff, das von der Alster-Touristik GmbH im Rahmen des EU Projekts Zemships im alltäglichen Betrieb eingesetzt wird [94, 168]. Es handelt sich um ein so genanntes Ein-Rumpf-Schiff mit einer Kapazität für 100 Fahrgäste, das ausschließlich von 2 Brermstoffzellen mit je 50 kW Spitzenleistung angetrieben wird. Als Treibstoff des Schiffes dient Wasserstoff, der unter einem Druck von 350 Bar an Bord gespeichert wird. Das Schiff hat eine Länge von 25,5 m und einen Tiefgang von 1,2 m, die maximale Höhe beträgt 2,63 m. Im April 2009 präsentierten die österreichischen Unternehmen Fronius, Bitter und Frauscher im Schloss Orth am Traunsee ein serientaugliches Elektroboot mit WasserstoffBrermstoffzellen-Antrieb [160].

8.5 Anwe ndung der Brennstoffzelle

253

Abbildung 8-31: Fue1 Cell Ship ,,Alsterwasser" in Hamburg. Quelle: hyso1utions [168]

Im Dezember 2009 wurde in Amsterdam das Kanalschiff "N emo Hz" getauft, das von einer 65 kW PEM Brennstoffzelle und einer Batterie angetrieben wird. Als Treibstoff wer den 24 kg Wasserstoff bei 350 bar an Bord gespeichert. Das Schiff ist für 87 Passagiere ausgelegt und weist eine Länge von 22 rn bei einer Breite von 4,25 rn bei einern Tiefgang von 1 m auf, siehe Abb ildung 8-32 [114].

Abbildung 8-32: Kanalschiff "Nemo Hz" in Amsterdam, Quelle: Fue1Cell Boat [11 4]

255

9

Weitere Anwendungen

Etwa die Hälfte des industriell genutzten Wasserstoffs wird im Haber-Bosch-Verfahren zur Herstellung von Ammoniak verwendet, der als Ausgangsstoff für die Erzeugung von Stickstoffdünger dient Ein weiteres Viertel des Wasserstoffs wird in Raffinerieprozessen zur Verarbeitung von Erdöl eingesetzt, insbesondere zur Entschwefelung (Hydrofining) und zum Hydrocracking. Wasserstoff und Kohlenmonoxid (Synthesegas) bilden auch die Ausgangsstoffe für die Herstellung flüssiger Kraftstoffe aus Gas, Biomasse oder Kohle nach dem Fischer-Iropsch-Verfahren sowie für die Erzeugung von Methanol. Weiters findet Wasserstoff Anwendung in der Halbleiterindustrie, der analytischen Chemie, der Lebensmittelchemie, der Wasseraufbereitung und in der Metallurgie. Zunehmend an Bedeutung gewinnt die Nutzung von Wasserstoff in der Energietechnik und in der Verkehrstechnik Schließlich spielt Wasserstoff eine wichtige Rolle in Stoffwechselprozessen.

Einen überblick über die Anwendungsgebiete von Wasserstoff gibt Iabelle 9-1. Tabelle 9-1: Anwendung von Wasserstoff Raffinerieprozesse

Hydrotreating Hydrocracken

Chemie

Haber-Bosch-Ver fähren (Arnmoniakherstellung) Fischer-Tropsch-Verfahren Methanolherstellung Halbleiterindustrie Analytische Chemie Lebensmittelchemie Wasseraufbereitung

Metallurgie

Reduktionund Behandlung von Metallen Schweißen und Sclmeiden

Energietechnik

Nukleartechnik Kaltetechnik Verbremmngskraftrnaschinen Portable und stationäre Brennstoffzellen

Verkehrstechnik

Raumfahrt Luftfahrt Schifffahrt Landfahrzeuge

Stoffwechsel

Synthese von Adenosintriphosphat (AIP)

256

9.1

9 Weitere Anwendungen

Raffinerieprozesse

Ein Hauptanwendungsgebiet findet Wasserstoff in Raffinerieprozessen bei der Entschwefelung von Benzin, Diesel und Heizöl durch Hydrodfining (HF) sowie beim Aufspalten langer Kohlenwasserstoffketten durch Hydrocracken. Wasserstoff entsteht in der Raffinerie als Nebenprodukt beim Reformieren von Benzin und bei der Ethenproduktion. Destillation

Veredelung

Mischen I

I

Propen

'--- Gaswäsche ---rf-_-,--~I

Propan

LPG

Butan

--------------------------------1

I

Leicht HF

1

~~I Hochoctan Benzm.

r-r-

Rohbenzin

1--------+. Leichtbenzin I

I

Schwer

.

I

_

.

l ~~~:~~~c~~~~~ . f--_~I Kerosm.hydnert

Kerosin

Ottokrafistoff

Kat. Crackbenzm

K ' erosm

I

Gasöl

f-------tt+ Hydnertes Gasöl 1

1

I

I

.

Vakuumgasöl

Dieselkraftstoff

Kat Crackbenzin

Heizöl leicht

.

_

L ~~~~O~:~c~~~~~

-+-:-----------t+ Vakuumdestillat 1

I

Schmier öle

1---------------------------I--...,.-----------~I Vakuumrückstand

Heizöl schwer

L~~~ ~~:~s_t~d

.--

f--~-----------"": Vakuumrückstand

_

Bitumen

c_-_-~...,.-----------~ ;~~~:~~~:t~;-- ~o~:---------

Reinigung + Entsalzung

Rohöl

Röhrenofen mit Wärrnetauscher

Abbildung 9-1: Schema eines Raffinerieprozesses. Quelle: Jury [179]

9. 1 Raffinerieprozesse

257

Bei erhöhtem Bedarf muss der Wasserstoff aus schwerem Heiz öl oder Erdgas zusätzlich erzeugt werden Abbildung 9-1 zeigt das Schema eines Erdöl verarbeitenden R affin erieprozesses Nach dem Entw ässern und Entsalzen wird das Rohöl auf etwa 400 °C erwärmt und in den Destillatim stunn eingebracht Dcrl erfolgt bei Atmosphärendruck die Aufspaltung des Rohöls in vers chiedene Komponenten Die langkeltigen schwer siedenden Kohlenwasserstoffe sammeln sich am B oden des D estillationstunnes, mit zunehmender Höhe nimmt die Temperatur im Turm ab, die K ondensate werden zunehmend flüchtiger und kurzkettiger Die schwer siedenden Rü ckstände (>350°C) w erden der Vakuumdestillatim (VD) zugeführt, wo bei etwa 0,1 bar die Siedetemperatur um ca. 150 °C abgesenkt wird. Der Vaku umrückstand wird zur Herstellung von Heiz öl schwer, B itumen und Keks verwendet. Ein Teil des Vakuumdestillates wird in der Schmierstoffherstellung weiterverarbeitet. das restliche Vakuumgasöl wird in Crackanlagen veredelt und dient als Mischungskomp cnente für Heizöl leicht, Diesel und Benzin Als Kondensat am ersten Kondensationsboden (250°C bis 350°C) erhält man als erstes Milteldestillat Gasöl. Dieses wird nach der Entschwefelung im Hydrofin ing (HF) zur Mischung mit Dieselkraftstoff verwendet. Aus dem Mittel destillat der zweiten Ebene erhält man Kerosin und Petroleum (170 °C bis 250°C) Kerosin wird nach dem Hydrofining als Dü sentre ibstoff eingesetzt Die dritte Kmdensationsebene liefert als Le ichtdestillat Rohbenzin (Naphta). Dieses w ird in einer separaten Destillationskolonn e in Schwerbenzin (80°C bis 170 °C) und Leichtbenzin (20°C bis 80°C) aufgespaltet Das niedrigoktanige Schwerbenzin wird durch Reformierung klopffest gemacht und gemeinsam mit L eichtbenzin, katalytischem Crackbenzin und Hydrocrackbenz in zu Ottckraftstoff zusammengemischt Eine Ansicht der Raffinerie Schwe chat und eines Destillatimstunns zeigt Abbildung 9-2

Abbildung9-2: Raffineri e Schw echal und Destillationsturm. Quelle OMV [235]

258

9 Weitere Anwendungen

9.1.1 Hydrofining Die Entschwefelung von Mitteldestillaten mit Wasserstoff in Gegenwart eines Katalysators wird als Hydrofining, Hydrotreating oder Hydroentschwefelung bezeichnet Der Einsatz von Hydrofining ist in der Mineralölindustrie erst wirtschaftlich möglich geworden, seit Wasserstoff durch das Reformieren von Benzin in ausreichender Menge zur Verfügung steht Die Mitteldestillate werden im Hydrofiner mit Wasserstoff venuischt und erhitzt. Das heiße Gemisch wird in einen Reaktor mit einem Katalysator (z. B. Platin) geleitet Bei Temperaturen um 350 "C und bei Drücken bis 50 bar verbindet sich der Schwefel aus dem Mitteldestillat mit dem Wasserstoff zu Schwefelwasserstoff CH2S), In einem Trennturm werden dann gereinigtes Produkt, Schwefelwasserstoff und übrig gebliebener Wasserstoff voneinander getrennt. Der Wasserstoff kann erneut zum Entschwefeln verwendet werden, der Schwefelwasserstoff wird in einern speziellen Verbrennungsreaktor mit Sauerstoff zu

reinem Schwefel umgesetzt (Clans-Prozess). In Hydrieranlagen können die Schwefelgehalte auf< 50 ppm reduziert werden. Mit hohen Wasserstoffpartialdrücken und zweistufigen Verfahren lassen sich Schwefelgehalte < 10 ppm erzielen Eine ausgeführte Anlage zeigt Abbildung 9-3 links.

9.1.2 Hydrocracken Beim Cracken werden bei erhöhten Temperaturen hoch siedende langkettige Kohlenwasserstoffe in niedrig siedende kurzkettige aufgespaltet Durch das Cracken wird die Ausbeute an Benzin und Mitteldestillaten erhöht Man unterscheidet zwischen thenuischem Cracken, katalytischem Cracken und Hydrocracken. Das thenuische Cracken erfolgt bei Temperaturen um 500 "C unter Druck Das katalytische Cracken erfordert keine hohen Drücke, dafür dürfen keine den Katalysator schädigenden Schwefelverbindungen eingebracht werden und der entstehende Koks verlegt mit der Zeit die Katalysatoroberfläche und muss abgebrannt werden. Die Bildung von Koks kann venuieden werden, wenn Wasserstoff eingebracht wird, der sich an die gebildeten Molekülbruchstellen anlagert. Aufgrund seiner Produktvielfalt gewinnt das Hydrocracken trotz höherer Prozesskosten in der Industrie zunehmend an Be-

deutung. Dabei wird das Ausgangsmaterial bei Temperaturen von 300 "C bis 500 "C und Drücken von 80 bar bis 200 bar mit Wasserstoff und einem Nickel-Molybdän-Katalysator in kurze Kohlenwasserstoffverbindungen aufgespaltet Beim Hydrocracken entstehen folgende Produkte: 7%bis 18%

niedrig siedende Kohlenwasserstoffe (C, bis C,)

28 % bis 55 %

Benzine (C, bis C12 )

15%bis56%

Mitteldestillat

11 % bis 12%

hoch siedende Komponenten

Ein weiterer Vorteil des Hydrocrackens besteht darin, dass Verunreinigungen wie Schwe-

felwasserstoff und Ammoniak leicht abzuführen sind und Schwefel und Stickstoff als Nebenprodukte gewonnen werden können. Eine ausgeführte Anlage zeigt Abbildung 9-3 rechts.

9.2 Chemie

259

Abbildung 9-3: Hydrofiner (links)und Hydrocracker (rechts). Quelle: Aral [8]

9.2

Chemie

In der Chemie spielt Wasserstoff bei vielen Prozessen eine wichtige Rolle, etwa bei der Herstellung von Ammoniak nach dem Haber-Bosch-Verfahren oder im Synthesegas bei der Herstellung flüssiger Kohlenwasserstoffe nach dem Fischer-Tropsch- Verfahren oder bei der Methanolerzeugung. Breite Anwendung findet Wasserstoff auch als Betriebsgas und Trägergas in der Halbleiterindustrie und in der analytischen Chemie, Wasserstoff wird aber auch in der Lebensmittelchemie, bei der Wasseraufbereitung und bei der Glasbearbeitung eingesetzt.

9.2.1

Haber-Bosch-Verfahren

Um Ammoniak, die wichtigste Substanz bei der Düngemittelprodnktion, in großen Mengen herstellen zu können, wird das Haber-Bosch-Verfahren genutzt. Das Haber-BoschVerfahren wurde zwischen 1905 und 1913 von dem deutschen Chemiker Fritz Haber (1868-1934) und dem Ingenieur Carl Bosch (1874-1940) entwickelt Bei dem Verfahren wird Ammoniak mittels Synthese aus den Grundelementen Stickstoff und Wasserstoff nach folgender Reaktionsgleichung hergestellt N z + 3 Hz

e-e-

2 NH 3

260

9 Weitere Anwendungen

Haber und Boseh fanden durch langjährige Versuche heraus, dass für die Gleichgewichtsreaktion unter folgenden Bedingungen die größte Ammoniakausbeute erzielt werden kann; 1. bei einer Temperatur von 500 "C 2. unter hohem Druck von 450 bar 3. bei folgendem Mengenverhältnis der Ausgangsprodukte: Stickstoff: Wasserstoff ~ 3 1 (Stickstoff im überschuss) 4. beim Vorliegen eines Katalysators, der die Reaktion beschleunigt, Bei sehr hohem Druck verschiebt sich das Gleichgewicht nach rechts und die Ausbeute erhöht sich. Hohe Temperaturen verringern nach dem Prinzip von Le Chatelier jedoch wieder die Ausbeute. Daher wählt man einen M ittelweg und setzt Katalysatoren ein, die die Reaktionsgeschwindigkeit beschleunigen. Das Schema einer Haber-Boseh-Anlage zeigt Abbildung 9-4.

Ammoniak Tank Kompressor

Abbildung 9-4: Anunoniaksynthesein einer Haber-Bosch-Anlage

In einem Kompressor wird das Gasgemisch aus Stickstoff und Wasserstoff auf 450 bar komprimiert. In einem Gasreiniger wird das Gasgemisch von unerwünschten Venmreinigungen wie Schwefelverbindungen oder Kohlenmonoxid gereinigt. Im Kontaktofen läuft die eigentliche Reaktion nach der oben beschriebenen Reaktionsgleichung ab. In einem zylinderfönnigen, druckfesten Reaktionsrohr wird das Gasgemisch bei 450 bar auf 500 "C erhitzt. Dabei strömt das Gasgemisch an einer mit dem Katalysator beschichteten Fläche vorbei und reagiert zu Ammoniakgas. Der Katalysator besteht aus einem Gemisch von E isenoxid und Aluminiumoxid. Außen ist das Reaktionsrohr mit druckbeständigem Stahl verstärkt. Innen darf kein Stahl verwendet werden, weil der Wasserstoff mit dem im Stahl enthaltenen Kohlenstoff reagieren würde. Deshalb besteht das Innenrohr aus kohlen-

9.2 Chemie stoffannem, reinem Eisen. hn Kühler wird das noch heiße Ammoniakgas abgeküWt hn Abscheider wird das Ammoniakgas von nicht umgesetzten Ausgangsprodukten (Wasserstoff und Stickstoff) getrennt 1mKontaktofen setzen sich trotz optimaler Reaktionsbedingungen nur etwa 15 % der Ausgangsstoffe in Ammoniak um. Die nicht umgesetzten Restgase werden wieder in den Prozess eingefülut Das benötigt e Synthesegas kaM aus Erdgas refoffili ert w erden. Eine modem e Hab erBosch-Anlage verbraucht pro Ta g ca 72000 Nm' Erdgas und produziert 1350 Tonnen Ammoniakgas, vgt. Abbildung 9-5

Abbildung 9-5: Ammo nakanlage. Quell e Ara! [8]

9.2.2 Fischer-Tropsch-Verfahren Das V erfahren wurd e von den deutschen Chemikem Franz Fischer und Han s Tropseh im Jahre 1925 entwi ckelt [107] Es dient zur Umwandlung von Synthesegas in flüssige und feste langkettige KoWenwasserstofCe. Unter der Bez eichnung K ogasin (KoWe-Gas-Benzin-Verfahren) wurde es wahrend des Zw eiten Weltkriegs in D eutschland zur Treibstofferzeugung aus Steinkohle eingesetzt. Durch die gute V erfügbarkeit von Erdöl und Erdgas v erlor das Verfuhren später an Bedeutung und wurd e großtechnisch nur no ch in Südafrika eingesetzt. 1993 eröffnete Shell eine Fischer-Tropseh Anlage in Bintulu, Malaysia, die 2005 auf eine Kapazitat von 14700 barrel hochreine Kraftstoffe pro Tag aus Erdgas ausgebaut wurd e, siehe Abbildung 9-6

262

9 Weitere Anwendungen

Abbildung 9-6: Fischer-Tropsch GTL Anlage. Quelle: Shell [256] Beim Fischer-Tropsch-Verfahren wird reines Synthesegas unter 20 bar bis 40 bar Druck bei Temperaturen von 200°C bis 350 °C an Eisen- oder Kobaltkatalysatoren umgewandelt, indem die Reaktion

co + 2 Hz ~

-CH z- + HzO

wiederholt abläuft und lange gerade Ketten aus gesättigten Alkanen (früher: Paraffinen) entstehen. Die Reaktion verläuft exotherm, was eine entsprechende Kühlung erfordert, um die Prozesstemperatur konstant zu halten. Das optimale Verhältnis von Hz zu CO ist zwei zu eins. Höhere Prozesstemperaturen fördern die Bildung kurzkettiger leichtsiedender Komponenten, niedrigere Temperaturen begünstigen langkettige Alkane und Wachse. Durch gezielte Wahl der Prozessparameter und spezielle Legierungszusätze zum Katalysator (Alkalimetalle, Kupfer, Nickel, Ammoniak, Mangan etc.), kann die Produktzusammensetzung beeinflusst werden. Mit der Fischer-Tropsch-Synthese können hochreine schwefel- und aromatenfreie Kraftstoffe mit bestimmten Siedelagen und Zündeigenschaften reproduzierbar aus unterschiedlichen Rohstoffen hergestellt werden. Je nach dem Rohstoff für die Vergasung zur Erzeugung des Synthesegases unterscheidet man BTL- Treibstoffe (Biomass to liquid, SunFuel, Choren-Verfahren [54, 283]), GTL- Treibstoffe (Gas to liquid, Synfuel) oder CTL- Treibstoffe (Coal to liquid). Der Wirkungsgrad für die Kraftstoffherstellung mit Vergasung und Synthese erreicht bei CTL und BTL Werte um 50 %, bei GTL bis 70 %. Die synthetischen Kraftstoffe vermindern die Emissionen im Motor und werden für so genannte alternative Verbrennungsverfahren eingesetzt [281]. Ihr volumetrischer Energieinhalt ist um einige Prozent geringer als der konventioneller fossiler Kraftstoffe.

9.2 Chemie

263

9.2.3 Methanolherstellung Der Alkohol Methanol (CH 30H) wird nach folgenden Reaktionsgleichungen in großen Mengen aus Synthesegas hergestellt: CO + 2 Hz ~ CH 30H

LRH ~ -90,8 kJ/mol

COz + 3 Hz ~ CH 30H + HzO

LRH ~ -49,6 kJ/mol

Methanol wird als flüssiger Brennstoff und in der chemischen Industrie eingesetzt Durch die Dehydrierung von Alkoholen bei Temperaturen zwischen 200 "C und 300 "C erhält man Aldehyde und Ketone. Bei Dehydrierung eines primären Alkohols entsteht das entsprechende Aldehyd, während durch Dehydrierung eines sekundären Alkohols das entsprechende Keton gebildet wird. Aus Methanol wird auch nach dem so genannten Silberkontaktverfahren Formaldehyd (CHzO) hergestellt: Das Silberkontaktverfahren ist eine oxidative Dehydrierung und läuft bei Umgebungsdruck sowie Temperaturen um 600 "C bis 700 "C in Anwesenheit von Silberkristallen als Katalysator ab: CH 30H

~

Hz + lIz O2

CHzO + Hz -----)-

LRH ~ 84 kJ/mol LRH ~ -243 kJ/mol

HzO

Summenreaktion. CH 30H + Y, 0z

~

CHzO + HzO LRH ~ -159 kJ/mol

9.2.4 Halbleiterindustrie In der Halbleiterindustrie verwendet man Wasserstoff als Trägergas bei der Dotierung und Epitaxie. Unter Dotierung versteht man den gezielten Einbau von Frerndatornen in das Kristallgitter eines Halbleiters mit dem Ziel, die elektrische Leitfähigkeit des Halbleiters zu verändern. Unter Epitaxie versteht man das geordnete Kristallwachstum auf einer Trägerschicht: Dabei wird die atomare Ordnung der Trägerschicht auf das darauf wachsende Substrat übertragen. Je nachdem, ob die Trägerschicht aus demselben oder unterschiedlichen Materialien bestehen, spricht man von Homo- oder Heteroepitaxie [109].

Vorteile von Wasserstoff als Trägergas: •

in großen Mengen vorhanden



geringere Kosten gegenüber anderen Prozessgasen



leicht zu reinigen (durch Diffusion durch eine Palladiumfolie: nur das Hz-Molekül ist klein genug, um durch das Kristallgitter hindurch zu diffundieren)



günstige hydrodynamische Eigenschaften (Wasserstoff ennäglicht einen laminaren Fluss bei Atmosphärendruck und ergibt hohe Schichtqualitaten).

Nachteile von Wasserstoff als Trägergas: •

die explosive Gernischbildung mit Sauerstoff schon bei geringen Konzentrationen verlangt einen hohen Sicherheitsstandard der gesamten Produktionsanlage

264

9 Weitere Anwendungen



Wasserstoff sättigt die Akzeptoren der p-Dotierung ab und reduziert die Ladungsträgerzahl



Wasserstoff nimmt als inerter Stoßpartner an den Reaktionen teil und führt so zu reversiblen Einlagerungen in die Schicht, was zu geringerer Langzeitstabilität führt.

Größter österreichischer Verbraucher von Wasserstoff ist die Infineon Technologie Austria AG in Villaeh. Der Wasserstoff wird als Dotiergas im Fertigungsprozess für Chips und Leiterplatten verwendet [171].

9.2.5 Analytische Chemie In der analytischen Chemie wird Wasserstoff als Betriebsgas und Brenngas eingesetzt Wasserstoff wird als Trägergas in der Gaschromatographie verwendet, wobei zu beachten ist, dass dadurch kein Wasserstoff in den Proben nachgewiesen werden kann. Weiters wird Wasserstoff in Flarnrnenionisationsdetektoren als Brenngas verwendet, Die Beimengung von Wasserstoff zum Brenngas führt zu einer Erhöhung der Flammentemperatur und ermöglicht so ein höheres Ionisationspotential. Dadurch können Verbindungen und Elemente mit einern höheren Ionisationspotential ionisiert werden, die bei niedrigeren Temperaturen nicht detektiert werden könnten.

9.2.6 Lebensmittelchemie Bei der Härtung von Pflanzenölen und Fetten handelt es sich um ein Verfahren zur Umwandlung von flüssigen Ölen in feste Fette, etwa bei der Herstellung von Margarine. Pflanzenöle und unbehandelte Fette weisen aufgrund ihrer Doppelbindungen (ungesättigte Fettsäuren) einen niedrigeren Schmelzpunkt auf und sind deswegen meist nicht bei der Verarbeitung von Lebensmitteln brauchbar. Bei Temperaturen von ca. 200 "C, hohen Drücken und bei Anwesenheit eines Katalysators wird Wasserstoff an die Doppelbindungen (- CH ~ CH -) der Fettsäuren angelagert und reduziert diese zu weniger reaktiven Einfachbindungen (- CH z - CH z -). Dadurch kann der Schmelzpunkt der Fette angehoben werden (gesättigte Fettsäuren). Eine weitere Anwendung von Wasserstoff in der Lebensmittelchemie ist die Konservierung von LebensmitteL Unter der Abkürzung E 949 wird Wasserstoff statt sauerstoffhaltiger Atmosphäre genutzt, um Lebensmittel länger haltbar zu machen [44].

9.2.7 Wasseraufbereitung Infolge zu starker Düngung landwirtschaftlicher Flächen mit Gülle, Mineraldünger und Klärschlamm steigt der Nitratgehalt im Grundwasser kontinuierlich an [247]. Stickoxidemissionen aus Industrie und Verkehr tragen ebenfalls zu einer Zunahme des Nitratgehaltes im Grundwasser bei. Nitrat (NO,) selbst hat nur eine geringe Primärtoxizitat, so liegt die letale Dosis für Erwachsene bei 8 bis 30 g. Allerdings kann im Körper durch chemische Reaktion Nitrit (NO,) gebildet werden, das die Sauerstoffaufnahme des Hämoglobins stören kann. Bei Säuglingen können 10 bis 20 mg Nitrit bereits zu Sauerstoffmangelerscheinungen führen. Aus Nitrit können außerdem stark karzinogene Nitrosamine entstehen (I ertiärtoxizitat des Nitrats).

9.3 Metallurgie

265

Zur Reinigung des Wassers wird Wasserstoff eingesetzt. Bei der katalytischen Nitrat- und Nitritreduktion wird an einem bimetallischen Katalysator (palladium und Kupfer, Zinn oder Indium) Nitrat mit Wasserstoff zu Nitrit reduziert. Nitrit kann dann mit Palladium zu Stickstoff reduziert werden, wobei NO und NzO (Lachgas) als intermediäre Produkte auftreten können, auch Ammonium (NB4-) kann als unerwünschtes Nebenprodukt auftreten. Wie die folgenden Reaktionsgleichungen zeigen, entstehen bei der Reduktion von Nitrat und Nitrit Hydroxidionen. Das bedeutet, dass während der Reaktion der pH-Wert zunimmt, falls die entstehenden Hydroxidionen nicht durch Zudosieren einer Säure neutralisiert werden.

2

NO~

+ Hz ~

NO~

+ 3 Hz ~ N z + 2 OH- + 2 HzO

erwünscht

NO~

+ 4 Hz ~ NH 4++ 2H zO

unerwünscht

NO~

+ 2 OW

9.3

Metallurgie

9.3.1

Reduktion und Behandlung von Metallen

Wasserstoff wird in der Metallurgie zur Reduktion von Metalloxiden nach folgender Reaktion genutzt: MeO+ Hz ~Me + HzO Weiters wird Wasserstoff als Schutzgas verwendet, um mögliche Nebenreaktionen bei der Metallbehandlung zu verhindern. 9.3.2

Schweißen und Schneiden

Beim Schweißen und Schneiden findet Wasserstoff als Schutzgas Anwendung. Die Zugabe von Wasserstoff und Helium zum herkömmlichen Argonschutzgas bewirkt eine Verbesserung des Fließverhaltens. Wasserstoff reduziert wie Sauerstoff die Viskositat der Schirrelze und stellt ein gutes Anfließverhalten sicher. Bei 4000 "C ist die Wänneleitfähigkeit von Wasserstoff höher als die aller anderen Schutzgase. Die Wirkung eines Wasserstoffanteils von 2 % kann mit der von etwa 30 % Helium gleichgesetzt werden. Ob Wasserstoff tatsächlich verwendbar ist, hängt von der Löslichkeit und vom Löslichkeitssprung beim übergang von der Schirrelze zum festen Zustand ab. Besonders kritisch ist das bei Aluminium . Aber auch unlegierter Stahl mit seinem kubisch-raurnzentrierten Metallgitter neigt je nach Festigkeit zur Wasserstoffversprödung. Unproblematisch sind dagegen Wasserstoffanteile im Schutzgas bei austenitischen Stählen. Bei ihnen lassen sich der Einbrand und damit die Schweißgeschwindigkeit durch Zugabe von Wasserstoff erheblich erhöhen.

266

9 W eitere Anw endungen

B e im m echanisi ert en WIG-Sc:hw e ißen, b ei dem di e höhere Ene rgiee inbrin gun g in Geschwindigk eit umg esetzt werden kann, sind Wasserstoffanteile zwischen 5 % und 7,5 % möglich. B eim Handsc:hw eißen soll te der Wasserstoffanteil unter 5 % b etragen

Abbildung 9-7 z eigt den V ergl eich einer Schw eißnaht ohne und mit Wasserstoff als Zusatz zu Argen. D urch di e Zugab e VC-S.U 59 : Beh älter an einen g ut belüfteten Ort erfbe wahren 5 16: Von Zündquellen fernhalten - nicht

rat-

ob", 53 3: M aßnahmen treffen. um elektrost.. jsche Aufladung zu verbindem

Laut Ch emikal ienricht linie werden Stoffe und Zubereitungen als hochentzündlich eingestuft und mit dem Gefahrensymbol "F+" und der Gefahrenbezeichnung .Hochentzündlich'' gekennz eichnet, wenn sie •

in flü ssigem Zustand einen extrem niedrigen Flammpunkt (unter O°C) und einen niedrigen Siedepunkt (höchstens 35°C) haben oder



als Gase bei gewöhn licher Temperatur und Norrnaldruck in Mi schun g mit Luft einen Exp losionsb ereich haben .

Bei der Handhabung von hoche ntzündlichen Stoffen is. zu beachten : Von offenen Flammen , Wärmequellen und Funken f emhalten. In der Chemikalienrichtlinie sind einheitliche Gefahrensymbole sow ie so genannte R -Sätze und S-Sätze angegeben : R -Sät ze beinhalten die Bezeichnungen der besonderen Ri siken bei gefähr liche n Stoffen und Zubereitunge n, S-S ät ze stel len Sic herheitsrat schläge bei gefährlichen Stoffen und Zubereitungen dar. Eine toxische (gift ig. reizend atzend kreb serzeuge nd erbgutverändemd ) oder die Umwelt schädigende Wirk-ung von Wasserstoff oder Methan is: nicht bekan nt. Daher ist auch kein MAK -Wert (max imal zuläss ige Arbeitsplatzkonzentration) festge legt. Atem - oder

10.2 Recht und Sicherheit

275

Hautschutz sind nicht erforderlich. Werden hohe Konzentrationen der Gase eingeatmet, so

können durch den Mangel an Sauerstoff ab etwa 30 Vol% in Luft Bewegungsstörungen, Bewusstlosigkeit und Ersticken auftreten. Maschinenrichtlinie

Die Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG und der Richtlinie 98/37/EG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Maschinen (kurz: Maschinemichtlinie) wurde am 09.06.2006 veröffentlicht Sie ist 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft getreten und musste in den EU-Mitgliedstaaten spätestens 24 Monate danach national umgesetzt werden [31, 38]. Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG legt allgemeingültige Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen für Maschinen verbindlich fest Es werden typische Betriebszustände, bestimmte Arbeitsvorgänge, einzelne Maschinengruppen und die möglichen Gefahren und Risiken an den betrachteten Maschinen und Anlagen behandelt Kraftfahrzeuge und deren Komponenten außer auf Fahrzeugen angebrachte Maschinen sind vorn Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen.

Druckgeräterichtlinie

Die Richtlinie 97/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Mai 1997 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Druckgeräte ist am 29. November 1999 in Kraft getreten. Seit dem 29. Mai 2002 ist die Druckgeräterichtlinie in der gesamten Europäischen Union verbindlich. Die Richtlinie bietet, zusammen mit den

Richtlinien über einfache Druckbehälter (87/404/EG), ortsbewegliche Druckbehälter (99/36/EG) und Aerosolpackungen (75/324/EEC), einen angemessenen Rechtsrahmen auf europäischer Ebene für Geräte, bei denen Druckrisiken bestehen. Die nationale Umsetzung in Deutschland und Österreich erfolgte durch die entsprechenden Druckgeräteverordnungen [32, 36]. Die Druckgeräterichtlinie findet Anwendung für die Auslegung, Fertigung und Konfonnitätsbewertung von Druckgeräten und Baugruppen, die mit einern maximal zulässigen Druck von über 0,5 barü betrieben werden, und betrifft die Sachgebiete • • • • • •

Werkstoffe Konstruktion und Bemessung Herstellung Prüfung und Konformitätsbewertung Bewertung und überwachung von Herstellerbetrieben Kennzeichnung und Dokumentation.

Druckgeräte und Baugruppen dürfen in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn sie den Anforderungen dieser Verordnung entsprechen. Entsprechend der Druckgeräteverordnung sind Behälter mit einem Maximaldruck zu belasten, der je nach Anwendung einern Vielfachen des maximalen Betriebsdruckes entspricht. Hierbei muss auch die Druckerhöhung bei Erwärmung des Behälters miteinbezogen werden. Des Weiteren müssen Druckbehälter mit Sicherheitsventilen oder Bersteinrichtungen ausgestattet

276

10 Werkstoffe, Recht und Sicherheit

sein, die spätestens beim Erreichen des doppelten Betriebsdrucks ansprechen und eine weitere Druckerhöhung zuverlässig verhindern. Kraftfahrzeuge und deren Komponenten sind vorn Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen. ATEX-Richtlinien

Die Richtlinie 94/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestirnrnungsgernäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen ist ab dem 01.03.1996 in der gesamten Europäischen Union verbindlich. Einzelheiten über die Umsetzung finden sich in der Einzelrichtlinie 1999/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Mindeslvorschriften zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Arbeitnehmer, die durch explosionsfähige Atmosphären gefährdet werden können. Die Einzelrichtlinie ist ab dem 30.06.2003 in der gesamten Europäischen Union verbindlich.

Diese sogenannten ATEX-Richtlinien ("Atmospheres Explosibles") sollen den sicheren Umgang mit explosionsfähigen Atmosphären gewährleisten [16]. Als explosionsfähige Atmosphäre gilt ein Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen unter atmosphärischen Be-

dingungen, in dem sich der Verbrennungsvorgang nach erfolgter Zündung auf das gesamte unverbrannte Gemisch überträgt Als explosionsgefährdet gilt ein Bereich, in dem die Atmosphäre aufgrund der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse explosionsfähig werden kann. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein Explosionsschutzdokument zu erstellen, in dem Gefährdungen festgelegt, Risiken bewertet und Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer definiert sind. Dazu dienen der primäre Explosionsschutz, die Vermeidung der Bildung explosionsfähiger Atmosphären, der sekundäre Explosionsschutz, die Vermeidung von Zündquellen, sowie die Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen. Kraftfahrzeuge und deren Komponenten außer Fahrzeuge, die in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden, sind vorn Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen.

Die Umsetzung in österreichisches Recht erfolgte 2004 durch die Verordnung über explosionsfähige Atmosphären - VEXAT [33] für Arbeitsstätten und Baustellen im Rahmen des Arbeitnehmerlnnenschutzgesetzes [34]. Wie jeder Kraftstoff bildet Wasserstoff mit Luft Gemische, die innerhalb der sogenannten Zündgrenzen entzündlich sind, wenn eine Energie höher der minimalen Zündenergie eingebracht wird. Die Zusammenstellung der Stoffeigenschäften verschiedener Kraftstoffe in Tabelle 10-2 zeigt, dass Wasserstoff mit Luft in einem sehr weiten Konzentrationsbereich von 4 bis 75,6 Vol% zündfähige Gemische bildet. Außerdem ist die minimale Zündenergie mit 0,017 mJ um mehr als eine Zehnerpotenz geringer als bei anderen Kraftstoffen. Allerdings liegt die Energie elektrischer oder elektrostatischer Furiken in der Größenordnung um 10 mJ und reicht somit für die Entzündung der meisten Kraftstoffgemische aus. Wie im Abschnitt Verbrennung besprochen, kann es außerdem bei Beschleunigung der Flammenfront durch Turbulenzen oder bei der überlagerung von Stoßwellen durch Reflexion an Wänden zu einer Detonation kommen, bei der sich eine Stoßfront mit überschallgeschwindigkeit ausbildet, die mit einem ausgeprägten Druckstoß verbunden

10.2 Recht und Sicherheit

277

ist. Die Detonationsgrenzen, innerhalb derer es dazu kommen kann, liegen bei Wasserstoff in Luft zwischen 18,3 Vol% und 58,9 Vol% [130, 131]. Zur Charakterisierung von brennbaren Stoffen werden die folgenden Temperaturen verwendet, die in der Norm ISO 9038: "Prüfung der Weiterbrennbarkeit von Flüssigkeiten" definiert sind: Der "Flammpunkt" einer brennbaren Flüssigkeit ist die niedrigste Flüssigkeitstemperatur, bei der sich unter festgelegten Bedingungen Dämpfe in solcher Menge entwickeln, dass über dem Flüssigkeitsspiegel ein durch Fremdentzündung entzündbares DampffLuftGemisch entsteht Wird die Zündquelle entfernt, erlöschen die Flammen. Die "Zündtemperatur" ist die niedrigste Temperatur, bei der eine selbständige Entzündung des Kraftstoffs in einem offenen Gefäß erfolgt Grundsätzlich darf Wasserstoff nur für Zwecke benutzt werden, die mit keinem anderen Gas erreicht werden können. Tabelle 10-2: Zündungsrelevante Eigenschaften verschiedener Brennstoffe Untere Explosionsgrenze [Vol% in Luft]

Obere Explosionsgrenze [Vol% in Luft]

Flamm-

Zünd-

punkt

temperatur

['C]

['C]

Minimale Zündenergie [mJ]

Acetylen

1,5

82

- 136

305

0,019

Ammoniak (I)

15

34

132

651

14

Benzin (I)

0,6

8

>-20

240 - 500

0,8

Erdgas

4,5

13,5

> -188

600

0,3

Kohlenmonoxid

12,5

75

- 191

605

> 0,3

5

15

- 188

595

0,3

Petroleum (I)

0,7

5

55

280

0,25

Propan (I)

2,1

9,5

- 104

470

0,25

4

75,6

-270,8

585

0,017

Stoff (I)... fliisslg, sonst gasförmig

Methan

Wasserstoff

Um sicherheitsrelevante Eigenschaften von verschiedenen Gasen im geeigneten Maße gerecht zu werden, erfolgt eine Einteilung der Gefährlichkeit dieser Gase in Explosionsgruppen und Temperaturklassen. Weiters wird durch die Definition verschiedener Zonen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer explosionsfähigen Atmosphäre berücksichtigt, womit je nach Zone adäquate Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden können.

278

10 Werkstoffe, Recht und Sicherheit

Explosionsgefährdete Bereiche für brennbare Gase werden nach Ausmaß, Häufigkeit und Dauer in folgende Zonen eingeteilt: •

Zone 0: explosionsfähige Atmosphären sind ständig, über lange Zeiträume oder häufig vorhanden.



Zone 1: explosionsfähige Atmosphären sind gelegentlich vorhanden



Zone 2: explosionsfähige Atmosphären sind selten und nur kurzzeitig vorhanden.

Explosionsgefährdete Bereiche sind mit dem Warnzeichen "Warnung vor explosionsfähi-

gen Atmosphären" und dem Verbotszeichen "Feuer, offenes Licht und Rauchen verboten" zu kennzeichnen, siehe Abbildung 10-1.

Abbildung 10-1: Kennzeiclmung für explosionsgefährdete Bereiche

In Räumen, in denen sich explosionsgefährdete Bereiche befinden, dürfen nur nicht oder schwer brennbare Baurnaterialien verwendet werden, Türen und Tore müssen in Fluch-

trichtung öffnen und der elektrische Widerstand des Bodens darf nicht mehr als 108 Q betragen. Beim Umgang mit entzündlichen Stoffen sind folgenden Maßnahmen zu treffen: •

Primärer Explosionsschutz: Die Bildung von explosionsfähigen Atmosphären ist möglichst zu verhindern. Systeme mit entzündlichen Stoffen sind möglichst geschlossen und dicht auszuführen Behälter und Rohrleitungen sind technisch dicht und aus geeigneten Werkstoffen herzustellen. Bei Rohrverbindungen und Anschlüssen sind möglichst unlösbare Verbindungen durch Schweißen oder Hartlöten vorzusehen, bei lösbaren Verbindungen sind Klernrnringverschraubungen gegenüber Schneidringverschraubungen zu bevor-

zugen. Brandgefährliche Arbeitsstoffe sind zu vermeiden oder auf das Mindestmaß zu begrenzen. Werden entzündliche Stoffe freigesetzt, ist die Bildung explosionsgefährdeter Bereiche durch natürliche oder mechanische Belüftung zu verhindern. Ist die Bildung explosionsgefährdeter Bereiche nicht auszuschließen, sind kontinuierlich messende Einrichtungen zur Überwachung der Konzentration einzusetzen, die bei Erreichen der Warn- und Alarmbedingungen, das sind höchstens 20 % der unteren Explosionsgrenze (UEG), akustisch und evtl, optisch Warnung und Alarm auslöst: Im Falle mechanischer Absaugung oder Lüftung ist diese so früh zu aktivieren, dass 20 % UEG nicht überschritten werden können. Für Untertagearbeiten sind die Warnbedingungen bei höchstens 10 % UEG auszulösen.

10.2 Recht und Sicherheit •

279

Sekundärer Explosionsschutz: Falls die Bildung explosionsfähiger Atmosphären nicht ausgeschlossen werden kann, sind Zündquellen zu vermeiden, Zu vermeiden sind wirksame Zündquellen wie heiße Oberflächen oder offene Flammen und offenes Licht, mechanisch oder elektrisch erzeugte Funk en, elektrische Anlagen, statische Elektrizität, Ultraschall und Strahlung, Als potenzielle Zündquelle können auch die Reibungswärme beim Betätigen eines Ventils, im Stoffstrorn mitgerissene Teilchen oder die Erwärmung eines Gases bei einern Druckstoß wirken. Gegenstände und Arbeitsmittel müssen für den Betrieb geeignet sein, elektrische Anlagen sind gemäß der Kategorie 1G, 2G oder 3G gemäß Explosionsschutzverordnung auszuführen ("ex-geschützt").



Begrenzung möglicher Schäden: Können Zündquellen nicht ausgeschlossen werden, sind Maßnahmen zur Begrenzung möglicher Schäden im Brandfall zu treffen. Dazu zählen automatische und manuelle Notabschalteinrichtungen, bei deren Betätigung die Wasserstoffzuführ unterbrochen wird und alle elektrischen Verbraucher ausgeschaltet werden, Explosionsdruckentlastungen (Explosionsschutzklappen), die den Aufbau von Druckwellen verhindern. Im Störfall oder bei Energieausfall ist sicherzustellen, dass die Betriebseinrichtungen von Gas entleert werden und die Arbeitsmittel in einern sicheren Zustand gehalten werden. Die Unterbindung einer Ausbreitung von Flammen in Rohren kann mittels statischer Flammendurchschlagsicherungen realisiert werden [131, 280]. Diese bringen die Verbrennungsreaktion in engen Spalten oder Kanälen durch Wärrneentzug zum Verlöschen. Die einfachsten Flarnrnensperren sind Gewebe aus Stahldrähten. Die Flammensperre wird durch Aufwickeln von jeweils einem glatten und einem gewellten Metallband gefertigt Die charakteristische Spaltweite (Wellentiefe) der Filterscheibe ist gut reproduzierbar und kann gut abgestimmt werden, ein Beispiel zeigt Abbildung 10-2. Sollte Wasserstoff in Brand geraten, ist der Brand durch Absperren der Wasserstoffzufuhr zu löschen. Der Einsatz eines Löschmittels, speziell Wasser, ist wegen der Explosionsgefahr nicht zulässig. Für den Menschen sind Wasserstoffflammen am Tag fast nicht erkennbar, weil sie im ultravioletten Bereich leuchten. Aufgrund des Fehlens von Kohlenstoffverbindungen ist die Wännestrahlung nur sehr gering, bei der Verbrennung entstehen kein CO 2 und kein Ruß. Die Flammen haben eine hohe Verbrennungstemperatur und eine hohe Verbrennungsgeschwindigkeit. WasserstofflLuft-Gemische an der unteren Zündgrenze besitzen eine ähnliche Dichte wie Luft, sodass sich das Gemisch auch kurzfristig seitwärts bewegen kann. Wasserstoffflammen breiten sich sehr schnell aus, das Gas steigt auf und das Feuer verpufft rasch. Umliegende gefährdete Objekte wie Druckgasflaschen sollten mit Wasser gekühlt werden.

Zusätzlich zu diesen Maßnahmen sind Konzentrationsmessungen, Prüfungen, Gefahrenanalysen sowie die Unterweisungen der Mitarbeiter in bestimmten Intervallen vorgeschrieben.

10 Werkstoffe, Recht und Sicherheit

280

Umfassungs -

WHig

ZwiSChenloge geriffeltes

Band

glattes 800d

Abbildung 10-2: Flammensperre aus Bandwickeln mit Umfassungskäfig [280]

10.2.2 Die Genehmigung von Kraftfahrzeugen in der EU Richtlinien, Einzelrichtlinien und UN/ECE Regelungen Die Richtlinie 2007/46/EG des Eur opäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffimg eines Ralunens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfalrrzeuganhängem sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge wurde am 09.10.2007 veröffentlicht. Sie stellt eine Neufassung der Richtlinie 701156/EWG dar und ist ab dem 29.04.2009 in der gesamten Europäischen Union verbindlich. Die Rahmenrichtlinie 2007/46/EG regelt die Typengenehmigung und Einzelgenehmigung von Fahrzeugen in der EU, sie "schafft einen harmonisierten Rahmen mit den Verwaltungsvorschriften und allgemeinen technischen Anfordenmgen für die Genehmigung aller in ihren Geltungsbereich fallenden Neufalrrzeuge und der zur Verwendung in diesen Falrrzeugen bestimmten Systeme, Bauteile und selbstständigen technischen Einheiten; damit sollen ihre Zulassung, ihr Verkauf und ihre Inbetriebnahme in der Gemeinschaft erleichtert werden. Diese Richtlinie enthält außerdem die Vorschriften für den Verkauf und die Inbetriebnahme von Teilen und Ausrüstungen für Fahrzeuge, die nach dieser Richtlinie genehmigt wurden" (Kapitell, Artikel 1). Einzelgenehmigungen sind möglich für Fahrzeuge, die für Straßenrennen bestimmt sind, oder für Prototypen, die zur Durchführung bestimmter Tests auf der Straße betrieben wer-

10.2 Recht und Sicherheit

281

den. Dabei ist zu beachten, dass die Einzelgenehmigung nur für das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates, der sie erteilt hat, gilt Die Umsetzung der Richtlinien der EU wird durch Einzelrichtlinien der EU geregelt oder durch UNIECE Regelungen, die in den Anhängen der Richtlinien spezifiziert sind. In Anhang IV Teil I der Rahmenrichtlinie 2007/46IEG sind 58 Einzelvorschriften angeführt, in denen die genauen Anforderungen an die einzelnen Systeme und Komponenten beschrieben werden, z. B.:

• • • • • • • •

Emissionen: 70/220IEWG Lenkanlagen: 70/311IEWG Bremsanlage: 71/320IEWG Parkleuchten: 77/540IEWG Kopfstützen: 78/932IEWG CO2-EmissioneniKraftstoffverbrauch: 8011268IEWG Frontalaufprall: 96/79IEG Fußgängerschutz: 200311 02IEG

Die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (englisch: United Nations, Economic Commission for Europe, UN/ECE) ist eine der fünf regionalen Wirtschaftskommissionen der Vereinten Nationen und wurde 1947 durch den UN Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) mit dem Ziel gegründet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Mitgliedsländer zu fördern. Neben den europäischen Staaten gehören der ECE auch alle nicht-europäischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die USA, Kanada, die Türkei, Zypern und Israel an. Der Sitz der ECE ist in Genf Laut Beschluss 97/836IEG des Rates ist die Europäische Gemeinschaft dem übereinkommen der UNIECE über die Armahme einheitlicher technischer Vorschriften für Radfahrzeuge beigetreten. UNIECE Regelungen gelten daher als Anforderungen oder Alternative für die EG-Typengenehmigung. In Anhang IV Teil lIder Rahmenrichtlinie 2007/46IEG sind 55 UNIECE Regelungen angeführt, die als gleichwertig zu den entsprechenden Einzelvorschriften gelten, z. B.: • • • • • •

Emissionen: UNIECE R 83 Lenkanlagen: UNIECE R 79 Bremsanlage : UNIECE R 13 Parkleuchten: UNIECE R 77 Kopfstützen: UNIECE R 25 Frontalaufprall: UNIECE R 94

Aufgrund ihrer internationalen Bedeutung können ECE Regelungen als Vorstufe zu globalen Richtlinien betrachtet werden. Die aktuellen Versionen der UNIECE-Regelungen sind im Internet abrufbar [300]. Für die Genehmigung von Fahrzeugen mit Erdgasantrieb und die Nachrüstung von Flüssiggas und Erdgas gelten: •

Regelung Nr. 110 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNIECE) vom 18. Dezember 2000 über einheitliche Bedingungen für die Genehmigung I. Spezieller Bauteile von Kraftfahrzeugen, in deren Antriebssystem kompri-

282

10 Werkstoffe, Recht und Sicherheit miertes Erdgas verwendet wird, 11. Von Fahrzeugen hinsichtlich des Einbaus spezieller Bauteile eines genehmigten Typs für die Verwendung von komprimiertem Erdgas in ihrem Antriebssystern.



Regelung Nr. 115 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE) vom 30. Oktober 2003 über einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der I. speziellen Nachrüstsysteme für Flüssiggas zum Einbau in Kraftfahrzeuge zur Verwendung von Flüssiggas in ihrem Antriebssystem, 11. speziellen Nachrüstsysteme für komprimiertes Erdgas zum Einbau in Kraftfahrzeuge zur Verwendung von komprimiertem Erdgas in ihrem Antriebssystern.

Einzelverordnung für wasserstoßbetriebene Kraftfahrzeuge

Die Einzelverordnung (EG) Nr. 7912009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Jänner 2009 über die Typengenehmigung von wasserstoffbetriebenen Kraftfahrzeugen und zur Änderung der Richtlinie 2007/46/EG trat per 24. Februar 2009 in Kraft Sie ist ab dem 24.02.2011 in der gesamten Europäischen Union verbindlich. Zweck der Verordnung ist die Hannonisierung der technischen Anforderungen für die Typengenehmigung von Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb, von Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und technischen Einheiten für diese Fahrzeuge. Dabei beschäftigt sich die Verordnung mit den grundlegenden Anforderungen, die konkreten Einzelheiten und technische Spezifikationen werden in eigenen Durchführüngsmaßnahmen festgelegt Mit der Festlegung dieser einheitlichen Genehmigungsvorschriften soll das Vertrauen potenzieller Anwender und der Öffentlichkeit in die Wasserstofftechnik gestärkt werden. Außerdem soll die Markteinführüng von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen beschleunigt werden. In der Einleitung der Einzelverordnung (EG) Nr 79/2009 wird darauf hingewiesen, dass der Wasserstoffantrieb als sauberer Fahrzeugantrieb der Zukunft gilt, wobei der Wasserstoff auf nachhaltige Weise aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden sollte. Der Einsatz von Gemischen aus Wasserstoff und Erdgas/Biornethan könnte unter Nutzung der vorhandenen Erdgasinfrastruktur die Einführung von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen

fördern. Die Verordnung gilt für Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern für die Personenbeförderung (Klasse M) und für die Güterbeförderung (Klasse N). Die Verordnung enthält neben Begriffsbestimmungen und allgemeinen Pflichten der Hersteller •

allgemeine Vorschriften für Wasserstoff führende Bauteile und Wasserstoffsysteme (Artikel 5). Anhang I enthält eine Liste der Wasserstoff führenden Bauteile, die typengenehmigt sein müssen. Dazu gehören u. a.: Behälter, automatische und händisch

bestätigte Ventile, Rückschlag- und überdruckventile, Druckregler, Kraftstoffleitungen, Sensoren, Armaturen ... Für die Genehmigung sind abhängig vom Bauteil und der Beaufschlagung mit gasförmigem oder flüssigem Wasserstoff die in weiteren

Anhängen angeführten Prüfungen positiv zu bestehen.

10.2 Recht und Sicherheit

283



Vorschriften für Wasserstoffbehälter für flüssigen Wasserstoff (Artikel 6). Für die Genehmigung sind die in Anhang II angegebenen Prüfungen positiv zu bestehen (Berstprüfung, Feuersicherheitsprüfung, Prüfung des höchsten Füllstands, Druckprüfung und Dichtheitsprüfung).



Vorschriften für flüssigen Wasserstoff führende Bauteile mit Ausnahme von Behältern (Artikel 7). Für die Genehmigung sind abhängig vom Bauteil die in Anhang III angegebenen Prüfungen positiv zu bestehen wie Druckprüfung, Dichtheitsprüfung, Ternperaturzyklusprüfung .



Vorschriften für Wasserstoffbehälter für komprimierten (gasförmigen) Wasserstoff (Artikel 8). Für die Genehmigung sind abhängig vom Behältertyp 1 bis 4 die in Anhang IV angegebenen Prüfungen positiv zu bestehen wie Berstprüfung, Druckzyklusprüfung bei Umgebungstemperatur, Leck-vor-Bruch Verhalten, Feuersicherheitsprüfung, Prüfung auf Durchschlagsfestigkeit, Prüfung auf Bestandigkeit gegen Chemikalien, Risstoleranzprüfung am Verbundwerkstoff, Fallprüfung, Dichtheitsprüfung, Permeationsprüfung, Verdrehfestigkeitsprüfung für Anschlussstutzen, WasserstoffZyklusprüfung .



Vorschriften für komprimierten (gasförmigen) Wasserstoff führende Bauteile mit Ausnahme von Behältern (Artikel 9). Für die Genehmigung sind abhängig vom Bauteil die in Anhang V angegebenen Prüfungen positiv zu bestehen (Werkstoffprüfungen, Prüfungen der Korrosionsbeständigkeit, Dauerprüfung, Druckzyklusprüfung und Prüfung auf innere und äußere Dichtigkeit).



Allgemeine Vorschriften für den Einbau von Wasserstoff führenden Bauteilen und Wasserstoffsystemen (Artikel 10). Für die Genehmigung sind die in Anhang VI aufgeführten Vorschriften einzuhalten, etwa, dass das Wasserstoffsystem so einzubauen ist, dass es vor Beschädigungen geschützt ist, dass der Fahrgastraum gegen das Wasserstoffsystem abzuschotten ist oder dass Wasserstoff führende Bauteile, aus denen Wasserstoff in einen unbelüfteten Raum im Fahrzeug austreten kann, gasdicht zu kapseln oder auf andere Weise zu sichern sind.

Gemäß Artikel 12 erlässt die Kommission zur Einhaltung der Anforderungen dieser Richtlinie eine Reihe von Durchführungsmaßnahmen, die auf UNIECE Regelungen sowie auf Nonnen Bezug nehmen und die ausführliche Regelungen über die Randbedingungen und die genauen Versuchsabläufe enthalten.

10.2.3 Normen und technische Regelwerke In Nonnen und technischen Regelwerken sind konkrete Anforderungen für die Konstruktion von Produkten, für Abläufe von Prozessen oder die Durchführung von Messungen enthalten Als Basis für den Inhalt von Normen und technischen Regeln gelten gesicherte Ergebnisse aus der Wissenschaft und Technik. Experten aus verschiedensten Bereichen erstellen, aktualisieren und bearbeiten neue oder bereits vorhandene Normen und technische Regeln. Der Gesetzgeber kann eine Nonn oder ein technisches Regelwerk oder Teile davon als Gesetz oder Verordnung für verbindlich erklären. Die Richtlinien der EU enthalten üblicherweise Listen mit den relevanten Normen und technischen Regelwerken im Anhang.

10 Werkstoffe, Recht und Sicherheit

284

ISO Normen für Wasserstofftechnologien In vielen Ländern erlassen Normungsinstitute nationale Nonnen. Plattform für die Entwicklung von ästerreichischen Normen (ÖNORM) ist das Österreichische Normungsinstitut (ON) [237]. In Deutschland tragen nationale Normen die Bezeichnung DIN und werden vom Deutschen Institut für Normung e. Verarbeitet [68]. In Japan tragen nationale Normen die Bezeichnung JIS (Japanese Industrial Standards) und werden von der Japanese Standards Association (JSA) erarbeitet [177]. In den USA tragen nationale Normen die Bezeichnung ANSI und werden vom American National Standards Institute erarbeitet [6]. Tabelle 10-3: Liste der veröffentlichten Normen des ISOrrC 197 Norm

Titel

ISO 13984:1999

Liquid hydrogen ~ Land vehicle fuelling system interface

ISO 13985:2006

Liquid hydrogen - Land vehicle fuel tanks

ISO 14687:1999 ISO 14687: 1999/Cor 1:2001 ISO 14687: 1999/Cor 2:2008

Hydrogen fuel- Product specification

ISOrrS 14687-2:2008

Hydrogen fuel - Product specification - Part 2: Proton exchange membrane (PEM) fuel cell applications for road vehicles

ISOlNP 146873

Hydrogen fuel- Product specification - Part 3: Proton exchange membrane (PEM) fuel cell applications for stationary appliances

ISO/PAS 15594:2004

Airport hydrogen fuelling facility operations

ISOrrS 15869

Gaseous hydrogen and hydrogen blends - Land vehicle fuel tanks

ISOrrR 15916:2004

Basic considerations for the safety ofhydrogen systems

ISO 16110-1:2007

Hydrogen generators using fuel processing teclmologies- Part 1:Safety

ISO/ FDIS 16110-2

Hydrogen generators using fuel processing teclmologies - Part 2: Test methods for performance

ISOrrS 16111:2008

Transportable Gas Storage devices - Hydrogen absorbed in reversible metal hydride

ISO 17268:2006

Compressed hydrogen surface vehicle refuelling connection devices

ISOrrS 20100:2008

Gaseous hydrogen - Fuelling stations

ISO 22734 - 1:2008

Hydrogen generators using water electrolysis process - Part 1: Industrial and conunercial applications

ISO/DIS 22734-2

Hydrogen generators using water electrolysis process - Part 2: Residential applications

ISO/FDIS 26142

Hydrogen detection apparatus - Stationary applications

10.2 Recht und Sicherheit

285

Europäische Nonnen (EN) sind verbindlich in allen Ländern der Europäischen Union. Die europäische Normung erfolgt in Komitees des Europäischen Instituts für Normung (Comite Europeen de Nonnalisation - CEN) [98]. Internationale Normen werden von der Internationalen Organisation für Normung [174] (International Organization for Standardization - ISO) erarbeitet und gelten weltweit ISO-Nonnen können, müssen aber nicht in das nationale Nonnenwerk übernommen werden. Im Idealfall sind die nationalen und internationalen Nonnen gleichlautend, oft tragen sie auch gleiche Bezeichnungen wie ISO 7225 / ÖNORM EN ISO 7225 / DIN EN ISO 7225 "Ortsbewegliche Gasflaschen - Gasflaschen-Kennzeichnung". Oft unterscheiden sich die nationalen Nonnen aber in Details, was das Genehmigungsverfahren für Wasserstoffanwendungen auf internationaler Ebene

deutlich verkompliziert. Das ISO/TC 197 ist das Internationale Technische Komitee (TC) für Wasserstofftechnologien innerhalb der ISO, dessen Zuständigkeitsbereich die Entwicklung von Normen für Wasserstoffkornponenten und -systemen im Bereich Produktion, Speicherung, Transport,

Messung und Nutzung ist Derzeit sind 21 Staaten am Entwurfsprozess beteiligt, die aktuellen Normen sind im Internet angeführt [174]. Bis dato wurden vom Isorrc 197 die in Tabelle 10-3 aufgelisteten Dokumente veröffentlicht Regelwerke für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge Technische Regelwerke werden im Unterschied zu Nonnen ohne Beteiligung von Normungsinstituten etwa durch internationale Institutionen, Hersteller, Lieferanten oder große

Anwender erstellt, siehe etwa [63, 236]. Eine umfangreiche Liste von nationalen und internationalen Richtlinien zum Thema Wasserstoff können einem Bericht zum Arbeitspaket 2.1 des European Integrated Hydrogen Projects (EIHP) entnommen werden [101]. In Europa wurden im Rahmen des EIHP zwischen 1998 und 2004 in zwei Phasen Vorschläge für zwei internationale Richtlinien für Fahrzeuge mit gasförmigem (GH2) und flüssigem (LH2) Wasserstoff erarbeitet. Diese Richtlinien werden derzeit von der UNECE Transport Division vorn World Forum for Hannonization of Vehicle Regulations (wp.29) von der Working Party on Pollution and Energy (GRPE) als ECE Draft Regulation TRANS WP29 GRPE 2004-03 (ECE GH2) und ECE Draft Regulation TRANS WP29 GRPE 2003-14 (ECE LH2) bearbeitet [299]. Sie enthalten detaillierte Regelungen und exakte Versuchsabläufe für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge und einzelne Komponenten.

Ende 2003 sind unter Federführung der UNECE die Arbeitsgruppen SGS (Soubgroup on Safety) und SGE (Subgroup on Environment) mit dem Ziel gegründet worden, binnen maximal 10 Jahren eine Globale Technische Richtlinie (GTR) für Wasserstoffanwendungen für den Fahrzeugsektor zu erstellen. Im Folgenden werden beispielhaft Sicherheitsfragen für einige Anwendungen besprochen, zur Vertiefung sei auf die Literatur verwiesen [163, 164, 167,226,280].

10 Werkstoffe, Recht und Sicherheit

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10.2.4 Vergleichender Brandversuch für Fahrzeugtanks Die Bildreihe Abbildung 10-3 zeigt einen vergleichenden Brandtest zweier Fahrzeuge mit Wasserstoffdrucktank (links) und konventionellem Benzintank (rechts). An den Tanks beider Fahrzeuge wurde eine 1,6 mm große Öffmmg angebracht und der Tank in Brand gesteckt [284]. Die Bilder zeigen folgenden Verlauf des Versuchs: 1.

Bei beiden Fahrzeugen erfolgt die Zündung in unmittelbarer Umgebung des Lecks.

2.

Nach 3 Sekunden entsteht am Tank des wasserstofibetriebenen Fahrzeuges durch das mit großem Druck ausströmende Gas eine hohe Stichflamme. Beim benzinbetriebenen Fahrzeug gerät die Benzinlache unter dem Fahrzeug in Brand.

3.

Nach 60 Sekunden hat der Druck im Wasserstoffiank soweit abgenommen, dass die Flamme kleiner wird. Das Benzinfeuer breitet sich aus.

4.

Nach 90 Sekunden ist der Wasserstoff nahezu vollständig ausgeströmt, die Flamme erlischt. Die Temperatur im Irmeren des wasserstofibetriebenen Fahrzeuges geht nach einem Spitzenwert von 19,40 C wieder zurück, die Spitzentemperatur der Heckscheibe beträgt 47 0 C. Am benzinbetriebenen Fahrzeug entzünden sich Reifen und Kunststoffieile der Karosserie.

5.

Nach 140 Sekunden ist das Feuer am wasserstofibetriebenen Fahrzeug vollständig erloschen, das Fahrzeug bleibt bis auf die Umgebung des Lecks unversehrt. Das Benzinfeuer hat auf den Innenraum übergegriffen.

6.

Nach 160 Sekunden steht das benzinbetriebene Fahrzeug vollständig in Flammen.

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Abtnldung 10-3: Brandtestreihe mit Tanks für Wasserstoff (links) und Benzin(rechts) nach0, 3, 60, 90, 140 und 160 Sekunden [284]

6

10.2 Recht und Sicherheit

287

10.2.5 Prüfstände für Wasserstoffanwendungen Vor der Inbetriebnahme oder Befüllung von Wasserstoff führenden Bauteilen müssen Luft und Sauerstoff durch Evakuieren oder Spülen vollständig aus dem System entfernt werden. üblich ist die Druckwechselspülung mit Stickstoff, bei der ein Behälter mehrmals mit Stickstoff unter Druck gefüllt und wieder entleert wird. Bei kryogenen Anwendung ist eine Spülung nur mit Helium sinnvoll, das als einziges Gas einen tieferen Gefrierpunkt als Wasserstoff aufweist Stickstoff würde gefrieren und im festen Zustand Leitungen und Ventile verlegen oder beschädigen. Prüfstände bei denen brennbare Gase wie Wasserstoff eingesetzt werden, entweder direkt in Versuchen oder als Treibstoff für Motoren, sind mit entsprechenden Sicherheitseimichtungen auszustatten. Die Beurteilung des Gefahrenpotentials von gasförmigen Treibstoffen an Prüfständen erfolgt anband der Neigung zur Bildung und Entzündung explosionsfähiger Atmosphären wie Zündgrenzen, Entflammbarkeit (minimale Zündenergie) und Brenngeschwindigkeit Für Wasserstoff gelten dabei etliche Gemeinsamkeiten mit konventionellen Gasen wie Erdgas oder Flüssiggas aber auch mit flüssigen Treibstoffen wie Benzin [253]. Von besonderer Bedeutung für die Sicherheit von Prüfständen und Anlagen ist das Ausbreitungsverhalten des Gases in der Atmosphäre, das von folgenden Faktoren bestimmt wird: • • • •

Dichteunterschied zur Atmosphäre Diffusionsverhalten Belüftung Einbringungsdruck und Gasausflussrate am Leck

Wasserstoff ist ein sehr leichtes Element und verfügt über eine hohe Diffusivität. Daher entweicht freigesetzter Wasserstoff rasch in die Höhe und verdürmt sich schnell, so dass die untere Explosionsgrenze (UEG) des Wasserstoffgemischs relativ leicht unterschritten werden kann. Anlagen für Wasserstoff sollten daher möglichst im Freien liegen. In geschlossenen Räumen ist für eine Zwangsbelüftung, Dachöffnungen und die überwachung der Konzentration von Wasserstoff im Raum zu sorgen. Bei Erreichen von 20 % der unteren Explosionsgrenze, bei Wasserstoff in Luft sind das 0,8 Vol% oder 8000 ppm, ist ein entsprechender Alarm auszulösen und die Lüftung zu aktivieren. Um genauere Informationen über die Ausbreitung und Verteilung eines austretenden Leckgases in einer normal belufteten Prüfstandszelle zu erhalten, wurde eine 3D Strömungssimulation mit einern CFD-Programm am Beispiel eines Motorenprüfstands für Verbrennungskraftmaschinen mit Wasserstoffbetrieb durchgeführt [253]. Betrachtet wurde eine Motorenprüfstandszelle mit Frischluft/Abluft (keine Zirkulation) und einem Motor mit Wasserstoffzufuhr. Der Prüfstand verfügt über eine Absaughaube, die genau über dem Prüfmotor positioniert ist, um austretenden Wasserstoff abzusaugen bevor er sich in der gesamten Testzelle ausbreitet. Es wurde ein Gasleck in der Wasserstoffversorgung mit 3 mm Durchmesser nahe dem Testmotor angenommen. Abbildung 10-4 zeigt das Modell. Die Simulation erfolgte für drei Varianten für ausströmende Gase mit 7 bar Druck: "Wasserstoff warm" bei 300 K, "Wasserstoff kalt" bei 150 K und "Methan warm" bei 300 K.

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10 Werkstoffe, Recht und Sicherheit

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