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German Pages 205 [215] Year 2008
Ulrich Elwert Alexander Flassak
Nachtragsmanagement in der Baupraxis
Aus dem Programm Bauwesen
Musterbriefe für Auftragnehmer von W. Heiermann und L. Linke Musterbriefe für Auftraggeber von W. Heiermann und L. Linke Handkommentar zur VOB von W. Heiermann, R. Riedl und M. Rusam
Nachtragsmanagement in der Baupraxis von U. Elwert und A. Flassak Kommentar zur VOB/C von P. Fröhlich Leitfaden für Bausachverständige von N. Arbeiter und K.-H. Keldungs Baukosten bei Neu- und Umbauten von K. D. Siemon Beweissicherung im Bauwesen von K.-H. Keldungs
vieweg
Ulrich Elwert Alexander Flassak
Nachtragsmanagement in der Baupraxis Grundlagen – Beispiele – Anwendung 2., erweiterte und aktualisierte Auflage
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage April 2005 2. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Karina Danulat / Annette Prenzer Der Vieweg Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vieweg.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-8348-0193-7
V
Vorwort zur 2. Auflage Auch zwei Jahre nach der Erstauflage dieses Buchs ist das Thema Nachträge weiterhin ein alltägliches und dennoch mit erheblichem Konfliktpotenzial beladenes Gebiet des Baugeschehens. Erfreulicherweise wird den Verfahren zur alternativen, außergerichtlichen Konfliktbeilegung – nicht zuletzt auf Grund der in der § 18 Nr. 3 VOB/B Ausgabe 2006 neu aufgenommenen Regelung zur Streitbeilegung – immer größere Bedeutung zugemessen. Die positive Aufnahme in der Fachwelt machte eine Neuauflage erforderlich. Dies haben wir zum Anlass genommen, das Buch grundlegend zu aktualisieren und zu erweitern, sowie der aktuellen Rechtsprechung und Neufassung der VOB/B Folge zu tragen. Besonderer Dank gilt den zahlreichen Rezensenten der ersten Auflage, die mit wertvollen Hinweisen und Ergänzungsvorschlägen zu der nun vorliegenden Auflage beigetragen haben. Hinweise, Anregungen und Kritik – auch und gerade aus der Praxis – sind weiterhin ausdrücklich willkommen. Ravensburg/Heppenheim, im August 2007
Ulrich Elwert Alexander Flassak
VI
Vorwort
Vorwort zur 1. Auflage Das viel diskutierte Thema Nachträge hat in der Praxis – nicht zuletzt auf Grund der aktuell wirtschaftlich schwierigen Lage der Baubranche – nach wie vor eine besondere ökonomische Bedeutung. Bei nahezu jedem größeren Bauvorhaben treten Nachtragssachverhalte auf, die nicht selten erhebliches Konfliktpotenzial bergen und mitunter in langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen der Vertragsparteien münden. Nachträge werden häufig nur in ihrer negativen Auswirkung betrachtet. Dabei stellen sie bei entsprechender Handhabung für die Vertragspartner ein adäquates Mittel dar, um nach Abschluss des Bauvertrags während der Baumaßnahme auf Leistungsänderungen und -ergänzungen sowie Störungen des Bauablaufs reagieren zu können. Das vorliegende Buch soll daher in kompakter und leicht verständlicher Form einen umfassenden Einblick in das Themengebiet Nachtragsmanagement geben. Wir hoffen, damit einen Beitrag zu einem qualifizierten, objektiven und fairen Umgang mit Nachtragssachverhalten und zur Vermeidung von Konflikten leisten zu können. Dieses Buch ist im Besonderen an Leser gerichtet, die bereits beruflich, unabhängig davon, ob auf Auftraggeber- oder auf Auftragnehmerseite tätig, in das Thema involviert sind, eignet sich aber ebenso für Studenten und interessierte Praktiker, die sich mit dem Thema Nachtragsmanagement auseinandersetzen wollen. Es kann zudem zur Auffrischung bereits erlangter Kenntnisse sowie als Lehr- oder Nachschlagewerk Verwendung finden. Ein besonderer Dank gilt allen Fachkollegen, die durch anregende Diskussionen und Hinweise zur Entstehung des Buches beigetragen haben. Frau Kinscherf-Atanasov danken wir für die engagierte Unterstützung bei der Anfertigung des Manuskriptes. Hinweise, Anregungen und Kritik – auch und gerade aus der Praxis – sind ausdrücklich willkommen. Heppenheim, im Februar 2005
Ulrich Elwert Alexander Flassak
VII
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung.........................................................................................................................
1
1.1 Zielsetzung, Abgrenzung und Gliederung ..........................................................
1
1.2 Ausgangssituation ..................................................................................................
2
2 Begriffsdefinitionen ......................................................................................................
7
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen...................................................... 11 3.1 Der Bauvertrag ......................................................................................................... 11 3.1.1 Bauvertrag nach BGB Werkvertragsrecht.................................................................. 11 3.1.2 Bauvertrag nach VOB................................................................................................... 12
3.2 Bauvertragstypen ..................................................................................................... 12 3.2.1 Der Einheitspreisvertrag.............................................................................................. 12 3.2.2 Der Pauschalvertrag ..................................................................................................... 13 3.2.3 Stundenlohnvertrag und Selbstkostenerstattungsvertrag....................................... 14 3.2.4 Mischformen.................................................................................................................. 14 3.2.5 Neue Vertragsmodelle ................................................................................................. 15
3.3 Das Bausoll................................................................................................................ 18 3.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag ................................. 20 3.4.1 Auftragnehmerpflichten .............................................................................................. 21 3.4.2 Auftraggeberpflichten.................................................................................................. 23
3.5 Vertragsfristen und Termine .................................................................................. 26 3.5.1 Regelungen des BGB .................................................................................................... 26 3.5.2 Regelungen der VOB/B ................................................................................................ 26 3.5.3 Die Rechtsfolgen von Terminüberschreitungen ....................................................... 28
3.6 Terminplanung ....................................................................................................... 29 3.6.1 Darstellungsformen von Terminplänen .................................................................... 31 3.6.2 Vorgangsabhängigkeiten, Anordnungsbeziehungen .............................................. 37 3.6.3 Ermittlung der Vorgangsdauern ................................................................................ 38
3.7 Kalkulation................................................................................................................ 39 3.7.1 Bauauftragsrechnung ................................................................................................... 40 3.7.2 Kalkulationselemente................................................................................................... 41 3.7.3 Kalkulationsverfahren.................................................................................................. 43 3.7.4 Verfahrensablauf der Kalkulation über die Angebotssumme ................................ 46 3.7.5 Die EFB-Blätter der öffentlichen Auftraggeber......................................................... 50
VIII
Inhaltsverzeichnis
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen................................................ 53 4.1 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln ................................................................................. 54 4.1.1 Lohnpreisgleitklauseln ................................................................................................. 54 4.1.2 Stoffpreisgleitklauseln .................................................................................................. 56
4.2 Mengenänderungen ................................................................................................. 56 4.2.1 Auswirkung von Mengenminderungen .................................................................... 58 4.2.2 Auswirkung von Mengenmehrungen........................................................................ 59 4.2.3 Ermittlung des neuen Einheitspreises........................................................................ 59 4.2.4 Ausgleichsberechnung ................................................................................................. 62
4.3 Geänderte und zusätzliche Leistungen ................................................................. 62 4.3.1 Das Änderungsrecht des Auftraggebers.................................................................... 62 4.3.2 Die Leistungsänderung nach § 2 Nr. 5 VOB/B .......................................................... 64 4.3.3 Die zusätzliche Leistung nach § 2 Nr. 6 VOB/B ........................................................ 64 4.3.4 Abgrenzung geänderter und zusätzlicher Leistungen............................................. 65 4.3.5 Ankündigungserfordernis für gesonderte Vergütung............................................. 65 4.3.6 Vereinbarung des neuen Preises vor Ausführungsbeginn...................................... 66
4.4 Selbstübernahme oder Entfall vereinbarter Leistungen ..................................... 67 4.5 Leistungen ohne Auftrag......................................................................................... 69 4.6 Besondere planerische Leistungen......................................................................... 71 4.7 Stundenlohnarbeiten................................................................................................ 72 4.8 Behinderung des Auftragnehmers......................................................................... 73 4.8.1 Behinderungsanzeige und Offenkundigkeit ............................................................. 73 4.8.2 Verlängerung der Ausführungsfristen....................................................................... 74 4.8.3 Anpassungspflicht des Auftragnehmers ................................................................... 76 4.8.4 Die Berechnung der Fristverlängerung...................................................................... 77 4.8.5 Schadenersatzansprüche.............................................................................................. 80 4.8.6 Zusammenfassung........................................................................................................ 81
4.9 Der Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB .................................................... 83 4.10 Störung der Geschäftsgrundlage.......................................................................... 85 4.10.1 Voraussetzungen ...................................................................................................... 85 4.10.2 Rechtsfolgen .............................................................................................................. 86
4.11 Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen...................................... 88 4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen.......................................................................... 90 4.12.1 Nachlassvereinbarungen ......................................................................................... 90 4.12.2 Vergabegewinne bei der Mindermengenvergütung............................................ 91 4.12.3 Vergütung der Kosten für die Nachtragsbearbeitung ......................................... 91
Inhaltsverzeichnis
IX
4.12.4 Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers............................................ 93 4.12.5 Zur Ausschreibungspflicht von Nachträgen ........................................................ 94 4.12.6 Nachtragsforderungen von Nachunternehmern.................................................. 94 4.12.7 Vollmacht und Vertretungsbefugnisse .................................................................. 95 4.12.8 Kalkulationsirrtum ................................................................................................... 96 4.12.9 Spekulationspreise ................................................................................................... 97 4.12.10 Erschwernisse infolge nicht beachteter Bedenkenanmeldungen..................... 98
4.13 Zusammenfassung ................................................................................................. 99 5 Beispielrechnungen ....................................................................................................... 101 5.1 Kalkulation über die Angebotssumme ................................................................. 101 5.2 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln ................................................................................. 104 5.3 Mengenänderungen – Mehrmengen ..................................................................... 105 5.4 Mengenänderungen – Mindermengen.................................................................. 108 5.5 Ausgleichsberechnung ............................................................................................ 109 5.6 Geänderte Leistungen.............................................................................................. 111 5.7 Zusätzliche Leistungen............................................................................................ 112 5.8 Selbstübernahme/Entfall vereinbarter Leistungen .............................................. 113 5.9 Behinderung des Auftragnehmers......................................................................... 116 6 Dokumentation............................................................................................................... 125 6.1 Vertragsunterlagen .................................................................................................. 126 6.2 Vertragsterminplan mit Fortschreibung ............................................................... 127 6.3 Bautagesberichte....................................................................................................... 127 6.4 Besprechungsprotokolle.......................................................................................... 129 6.5 Dokumentenmanagement....................................................................................... 130 6.6 Planlieferlisten .......................................................................................................... 134 6.7 Foto- und Videodokumentation............................................................................. 136 6.8 Aufmaßprotokolle.................................................................................................... 138 6.9 Behinderungs- und Mängelanzeigen .................................................................... 138 6.10 Soll-Ist-Vergleiche .................................................................................................. 139 6.11 Übersicht.................................................................................................................. 140 7 Handhabung von Nachträgen...................................................................................... 143 7.1 Aufbau eines Nachtrags .......................................................................................... 143 7.2 Der Einsatz von Formblättern und Regelabläufen .............................................. 145 7.3 Nachtragsprüfung und -bewertung ...................................................................... 147 7.4 Nachtragsdurchsetzung – Nachtragsabwehr....................................................... 149 7.4.1 Nachtragsdurchsetzung............................................................................................... 149
X
Inhaltsverzeichnis 7.4.2 Nachtragsabwehr .......................................................................................................... 150
7.5 Abrechnung und Vereinbarung von Nachträgen................................................ 151 7.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen................................................. 152 7.6.1 Änderungs- und Vertragsmanagement ..................................................................... 152 7.6.2 Nachtragsmanagementsysteme .................................................................................. 153 7.6.3 Möglichkeiten des EDV-Einsatzes .............................................................................. 157
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung ................................................ 159 8.1 Nachtragsprophylaxe .............................................................................................. 160 8.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung ................................................. 165 8.2.1 Verfahren vor staatlichen Gerichten........................................................................... 165 8.2.2 Schiedsgerichtsverfahren (Arbitration)...................................................................... 166 8.2.3 Schiedsgutachtenverfahren.......................................................................................... 168 8.2.4 Schlichtung..................................................................................................................... 169 8.2.5 Anrufungsverfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B ............................................................. 169 8.2.6 Mediation ....................................................................................................................... 170
8.3 Neue Formen des Streitmanagements................................................................... 171 8.3.1 Dispute Review Board.................................................................................................. 172 8.3.2 Dispute Adjudication Board........................................................................................ 174 8.3.3 Adjudication in England .............................................................................................. 177 8.3.4 Die Baubegleitende Einigungsstelle (BEST) .............................................................. 178
8.4 Zusammenfassung ................................................................................................... 179 Anhang – VOB/B ................................................................................................................ 181 Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 195 Sachwortverzeichnis .......................................................................................................... 201
1
1 Einleitung Mengenänderungen, geänderte oder zusätzliche Leistungen und Behinderungen führen bei nahezu jedem Bauvorhaben zu Nachtragsforderungen des Auftragnehmers und nicht selten zu erheblichem Konfliktpotenzial zwischen den Vertragsparteien über die Berechtigung und Höhe der Ansprüche. Selbst bei einer im Wesentlichen reibungslos abgewickelten Hochbaumaßnahme muss unabhängig von der jeweiligen Vergabeform mit einem Nachtragsvolumen von ca. 5 % der ursprünglichen Vertragssumme gerechnet werden.1 Ein Nachtragsaufkommen in Höhe von 30 % der geplanten Kosten ist heute keine Seltenheit mehr.2 Und dennoch bereitet der Umgang mit der Dokumentation und Bewertung von Nachträgen den Vertragspartnern mitunter erhebliche Schwierigkeiten. Insbesondere bei Behinderungssachverhalten ist eine nachträgliche Rekonstruktion von Ursachenzusammenhängen objektiv kaum mehr möglich, so dass eine zeitnahe und pragmatische Nachtragsklärung unter Beachtung baubetrieblicher, technischwirtschaftlicher und juristischer Aspekte auch im Sinne eines zügigen Projektfortschritts unerlässlich ist. Ungeklärte Nachträge führen in der Regel zu einer Klimaverschlechterung zwischen den Vertragsparteien, binden Kapazitäten und können bei verschleppter Klärung erhebliche Kosten verursachen.
1.1 Zielsetzung, Abgrenzung und Gliederung Dieses Buch bietet eine grundlegende Einführung in die Thematik des Nachtragsmanagements. Aufbauend auf baubetrieblichen und baurechtlichen Grundlagen wird durch Anwendungshinweise und Praxisbeispiele der in der Baupraxis nahezu unvermeidliche Umgang mit Nachtragssachverhalten dargestellt. Ziel dieses Buches ist es, allen Baubeteiligten, die sich mit dem Thema Nachträge konfrontiert sehen, egal ob auf Auftragnehmer- oder Auftraggeberseite tätig, einen praxisnahen Handlungsleitfaden an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe sich Nachtragssachverhalte sachgerecht, kurzfristig, fair und emotionsbefreit – nach Möglichkeit außergerichtlich – klären lassen. Hierbei wurde besonderer Wert auf eine kompakte Darstellung gelegt.
1
Vgl. Eschenbruch, Recht der Projektsteuerung, 2. Aufl. 2003, Rdn. 682
2
Vgl. Wirth, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 92
2
1 Einleitung
Dem Inhalt ist ein Kapitel mit der Definition von Begriffen vorangestellt, die im Zusammenhang mit Nachträgen in der Praxis häufig synonym, missverständlich oder falsch verwendet bzw. unterschiedlich abgegrenzt werden (Kapitel 2). Ganz wesentlich für die zielgerichtete und wirtschaftliche Entwicklung und Anwendung eines Nachtragsmanagementsystems sind fundierte baubetriebliche und baurechtliche Fachkenntnisse. Aus diesem Grund wird den theoretischen Grundlagen eine besonders hohe Bedeutung beigemessen. Aufbauend auf allgemeinen baubetrieblichen und baurechtlichen Grundlagen (Kapitel 3) werden daran anschließend mögliche Nachtragsursachen sowie deren Anspruchsgrundlagen und die Nachtragsfolgen behandelt (Kapitel 4). Auf Basis der zuvor dargestellten Grundlagen beinhaltet Kapitel 5 Beispielrechnungen zu üblichen Nachtragssachverhalten. Die theoretischen Grundlagen werden hier anhand konkreter Praxisbeispiele nachvollziehbar angewendet. Unumgänglich für die Beurteilung von Nachtragssachverhalten ist die genaue Kenntnis des tatsächlichen Bauablaufs. Möglichkeiten zur Dokumentation zeigt Kapitel 6 auf. Die häufig auf Grund unsachgemäßer Anwendung konfliktauslösende Handhabung von Nachträgen – der Aufbau eines Nachtrags, die Nachtragsprüfung und -bewertung, Nachtragsdurchsetzung und Nachtragsabwehr sowie Abrechnung und Vergütung, Erfassung und Dokumentation von Nachträgen – ist in Kapitel 7 dargestellt. In Kapitel 8 werden Formen der Nachtragsprophylaxe sowie Methoden zur alternativen Streitbeilegung untersucht, um Nachtragsforderungen entweder gänzlich zu vermeiden oder diese sachgerecht, einvernehmlich und vor allem zügig aufzulösen. Im Interesse der Vertragsparteien sollten Nachtragsforderungen in jedem Fall kurzfristig und verbindlich geklärt werden, um den weiteren Bauablauf nicht übermäßig zu beeinträchtigen. Als Anhang ist der vollständige Text der VOB/B – Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen – in der Fassung von 2006 enthalten.
1.2 Ausgangssituation Das Thema Nachtragsmanagement hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt auf Grund der anhaltenden strukturellen Krise der Bauwirtschaft und stetig sinkenden Bauinvestitionen (Abbildung 1-1). In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wenn die Spielräume der Projektbeteiligten enger werden und der Kostendruck zunimmt, haben Nachtragsforderungen und die oftmals daraus resultierenden Konflikte Hochkonjunktur. Das durchschnittliche Nachtragsvolumen
1.2 Ausgangssituation
3
der Bauunternehmen liegt derzeit bei etwa 11 % der gesamten Bauleistungssummen im Jahr.3
220
Deutschland West Deutschland Ost
200
Gesamt
180
160
140
120
100
80 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Abbildung 1-1 Bauinvestitionen in konstanten Preisen, 1991=1004
Auch wenn sich die wirtschaftliche Lage der Baubranche zunehmend entspannt, sind die Wettbewerbspreise zum Teil auf einem Niveau angelangt, das den Bauunternehmen kaum noch ermöglicht, Gewinne zu generieren. Die Folge davon ist, dass Nachtragsforderungen zur vermeintlichen Aufbesserung der Baustellenergebnisse an Attraktivität gewonnen haben. Nachträge sind jedoch kein Rettungsanker für schlechte Vertragspreise. Ein solcher Ansatz mit überhöhten, unangemessenen Forderungen ist in der Regel nicht durchsetzbar und häufig streitauslösend. Kennzeichnend für Bauprojekte sind
immer kürzere Realisierungszeiträume,
knappe, feste Budgets sowie
hohe Qualitätsanforderungen.
Im Zuge steigenden Termin- und Kostendrucks ist eine zunehmende Zahl an Bauablaufstörungen zu verzeichnen. Fast kein Bauvorhaben größeren Umfangs wird genauso realisiert, wie es ursprünglich geplant war. Gerade bei Großbauvorhaben ändern sich im Zuge der Bauausführung die Anforderungen des Nutzers bzw. werden erst nach einer in der Ausführungsphase erfolgten Vermietung festgelegt.
3
Vgl. Kattenbusch/Kuhne, in: Baumarkt und Bauwirtschaft, 4/2002, S. 43
4
Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V.; Statistisches Bundesamt Deutschland
4
1 Einleitung
Ausschreibungen werden oftmals aus wirtschaftlichen und mitunter auch politischen Gründen unter hohem Zeitdruck gefertigt. Die Leistungsbeschreibung oder die der Leistungsbeschreibung zu Grunde liegenden Planungen werden häufig unvollständig, fehlerbehaftet oder nicht mit dem erforderlichen Vorlauf erbracht. Ein weiteres Charakteristikum von Bauprojekten liegt in der langen Produktionsdauer für die Herstellung eines Bauwerks. Dieses Langzeitverhältnis der Vertragspartner führt zu gegenseitigen Kooperationspflichten, die bei anderen Vertragsverhältnissen in dieser ausgeprägten Form nicht notwendig sind. Die Dauer eines Bauprojektes wird nicht nur durch den Zeitraum der Bauphase bestimmt, sondern auch durch das oft langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren. Der Zeitraum zwischen Investitionsentscheidung und Fertigstellung des Objekts kann in Abhängigkeit der Größenordnung und des Komplexitätsgrades zwischen drei und fünf Jahre, in Einzelfällen mehr als zehn Jahre betragen.5 Dies kann zu Nachfrageänderungen führen, so dass die Immobilie nicht mehr entsprechend der Planung am Markt nachgefragt wird oder infolge des Wettbewerbsdrucks auf Änderungswünsche des Nutzers auch während der Bauausführung eingegangen werden muss. Dies hat Abweichungen der Bauausführung von der Planung zur Folge, was wiederum zu Nachträgen der Bauunternehmen führt. Gleichzeitig wird zur Reduzierung der Gesamtdauer die Ausführungsphase gestrafft und mit Teilen der Planungsphase überlagert. Eine baubegleitende Planung bringt jedoch fast zwangsläufig Planänderungen und Planergänzungen mit sich. Die Folge der Änderungen des Bauvorhabens nach Art, Umfang und zeitlichem Ablauf sind Nachtragsforderungen, die bei komplexen Bauvorhaben in dreistelliger Anzahl nicht mehr unüblich sind. Nicht zuletzt auf Grund der angespannten wirtschaftlichen Situation vieler Unternehmen ist eine zunehmende Härte vertraglicher Auseinandersetzungen, die Häufung von Rechtstreitigkeiten aber auch eine nachlassende Entscheidungsbereitschaft der Auftraggeber zu verzeichnen. Auseinandersetzungen am Bau werden angesichts der derzeitigen Konjunkturlage am Baumarkt zunehmend mit juristischen Mitteln geführt. Bei Großbaumaßnahmen wirken regelmäßig offen oder aber verdeckt Baujuristen an den Bauverträgen, der Korrespondenz während der Durchführung der Bauphase und der Bewältigung von Krisensituationen im Bauverlauf mit. Bemerkenswert ist die hohe Anzahl von Nachtragsforderungen gegenüber öffentlichen Auftraggebern. Dies lässt darauf schließen, dass entweder die Leistungsbeschreibungen lückenhaft sind oder die Auftragnehmer davon ausgehen, dass gegenüber öffentlichen Bauherren zahlreiche Nachtragsforderungen durchsetzbar sind, was aber nachweislich Abbildung 1-2 nicht der Fall ist.
5
Vgl. Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 603
1.2 Ausgangssituation 50
5
gestellte Nachtragsforderungen
Prozent der Auftragssumme
genehmigte/akzeptierte Nachträge 40
40 %
30
20 15 % 11 % 10
10 %
0 private Bauherren
öffentliche Bauherren
Abbildung 1-2 Nachtragsforderungen und davon genehmigte Nachträge6
Ein Grundproblem im Umgang mit Nachträgen ist deren verzögerte Abwicklung und Klärung. So werden zum überwiegenden Teil erst nach dem Ende der Bauausführung Nachtragsvereinbarungen getroffen.
Zeitpunkt der Vereinbarung von Nachträgen vor der Bauausführung 2%
nach der Bauausführung 51%
während der Bauausführung 47%
Abbildung 1-3 Zeitpunkt der Nachtragsvereinbarung7
War vor einigen Jahren der Rohbau, gemessen an der Zahl der eingereichten Nachträge, noch die maßgebliche Gewerkegruppe, so hat sich dieser Trend mittlerweile verschoben. Nicht zuletzt auf Grund der Zunahme baubegleitender Planungen haben 6
Vgl. Girmscheid, 2003, S. 14
7
Bundesrechnungshof: Bemerkungen 2002 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 179
6
1 Einleitung
inzwischen insbesondere die Bereiche Ausbau und Gebäudehülle sowie Technische Gebäudeausrüstung (TGA) einen bedeutenden Anteil am Gesamtnachtragsvolumen einer Baumaßnahme.
49,8 %
50%
40%
30% 25,4 %
24,8 % 20%
10%
0% Rohbau
Ausbau- und Gebäudehülle
TGA
Abbildung 1-4 Nachtragsvolumen nach Gewerkegruppen8
In Anbetracht dieser gravierenden Probleme durch den in der Praxis immer wieder anzutreffenden unzulänglichen Umgang mit Nachträgen, die verschleppte und unsachgemäße Nachtragsklärung, die unsystematische und unstrukturierte Nachtragserfassung und -dokumentation sowie die kostenintensive und für das Bauvorhaben meist schädliche Zunahme von Baustreitigkeiten leistet dieses Buch einen Beitrag zum sachgerechten, methodischen und fairen Umgang mit Nachtragssachverhalten sowie zur Nachtragvermeidung und Risikominimierung.
8
Vgl. Racky, 1997, S. 98
7
2 Begriffsdefinitionen In der Praxis ist häufig die unrichtige oder widersprüchliche Verwendung terminologischer Begriffe zu beobachten und selbst in der Fachliteratur werden die Begriffe sehr unterschiedlich definiert, abgegrenzt und kontrovers diskutiert. Es erscheint daher zweckmäßig, die für das Verständnis der weiteren Ausführungen grundlegenden Begriffe vorab zu definieren. Bauinhalt
Dieser Begriff umfasst die bauvertraglich vereinbarte Art und den Umfang des herzustellenden Bauwerks, also was zu bauen ist.9
Bauumstände
Wie und unter welchen Randbedingungen zu bauen ist beinhaltet der Begriff der Bauumstände, der in die Kategorien Bauablauf, Bauverfahren und Beschaffenheit untergliedert werden kann.10
Behinderung
Behinderungen sind alle Ereignisse, die sich auf den vorhergesehenen Leistungsablauf sachlich, zeitlich oder räumlich, hemmend oder verzögernd auswirken, ohne die Leistungserbringung unmöglich zu machen.11 Die Behinderung kann nach Aufnahme der Bauarbeiten auftreten oder bereits zu Beginn und damit den Auftragnehmer schon an der Aufnahme seiner Tätigkeit hindern.12 Behinderungen sind BStörungen mit negativen zeitlichen und/oder finanziellen Folgen.13
Besondere Leistungen
Besondere Leistungen können nach § 2 Abs. 3 HOAI zu den Grundleistungen hinzu oder an deren Stelle treten, wenn besondere Anforderungen an die Ausführung des Auftrags gestellt werden, die über die allgemeinen Leistungen hinausgehen oder diese ändern. Sie sind in den Leistungsbildern nicht abschließend aufgeführt.
9
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 29
10
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, a. a. O.; Kapellmann, Schlüsselfertiges Bauen, 2. Aufl. 2004, Rdn. 33
11
Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 6 VOB/B Rdn. 2; Leineweber, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 136
12
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 2
13
Vgl. Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 606
8
2 Begriffsdefinitionen Besondere Leistungen sind entsprechend Abschnitt 4.2 der VOB/C (DIN 18 299 ff.) Leistungen, die nicht Nebenleistungen gemäß Abschnitt 4.1 sind und nur dann zur vertraglichen Leistung gehören, wenn sie in der Leistungsbeschreibung erwähnt sind. Werden solche Leistungen vom Auftraggeber nachträglich verlangt, so besteht für den Auftragnehmer ein Anspruch auf besondere Vergütung.14
Beschleunigungsmaßnahmen
Beschleunigungsmaßnahmen bezeichnen das direkte Eingreifen des Unternehmers in den planmäßigen Bauablauf, mit dem Ziel, die Bauzeit zu verkürzen um dadurch Zwischen- oder Endtermine einhalten zu können. Durch den Auftraggeber angeordnete Beschleunigungsmaßnahmen berechtigen zu Vergütungsansprüchen des Auftragnehmers.
Claim
Claims sind Forderungen aus einem Vertrag, die eine Vertragspartei an die andere stellen kann, wenn – die andere Partei auf Grund vertraglicher Regelungen Änderungen der Leistung fordert, – die Vertragsabwicklung durch Ursachen gestört wird, die der Sphäre der anderen Partei zuzurechnen sind, – die andere Partei ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht oder nur mangelhaft erfüllt – und kein Einvernehmen über die Berechtigung der Forderung dem Grunde und der Höhe nach gefunden wird.15 Eigenclaims sind Claims, die man selbst an die andere Vertragspartei stellt, Fremdclaims bezeichnen Forderungen, die die andere Vertragspartei an einen selbst stellt. Des Weiteren kann nach sachlichen, terminlichen und als Folge daraus auch nach finanziellen Claims unterschieden werden. Die Begriffe BNachtrag und Claim werden häufig synonym verwendet. Übersetzt bedeutet Claim jedoch Anrecht oder Rechtsanspruch und umfasst damit ohne Wortergänzungen nur die Durchsetzung eigener Ansprüche.
14
Vgl. Ahrens/Bastian/Muchowski, 2004, S. 34
15
Oberndorfer, 2003, S. 20
2 Begriffsdefinitionen
9
Claim-Management
Claim-Management hat zum Ziel, Abweichungen vom vertraglich Vereinbarten zu erkennen, gerechtfertigte Ansprüche daraus abzuleiten und diese durchzusetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Vorgaben geplant, Sachverhalte erfasst und ausgewertet sowie Ansprüche daraus angemeldet, aufbereitet, geltend gemacht und ihre Durchsetzung verfolgt werden. Oder anders ausgedrückt: Gegenstand des ClaimManagements sind die geordneten, zielgerichteten Aktivitäten zur Behandlung von BClaims bei der Abwicklung von Aufträgen, bezogen auf die Institutionalisierung, Wirkungsbereiche, Verfahrensweisen und Hilfsmittel/Werkzeuge.16
Gewerk
Veraltete, aber heute noch weitgehend übliche Bezeichnung für die einzelnen gewerblichen Bauleistungen. Diese werden auch zutreffend als Leistungsbereiche oder Fachlose bezeichnet (vgl. § 4 Nr. 3 VOB/A).
Nachtrag
Weder im gesetzlichen Werkvertragsrecht nach BGB noch in der VOB/B wird der Begriff des Nachtrags verwendet. Es handelt sich hier nicht um einen Rechtsbegriff, sondern um eine in der Baupraxis etablierte Bezeichnung für die nachträgliche Geltendmachung von Vergütungsanpassungen oder den Anspruch auf Bauzeitverlängerung durch den Auftragnehmer, begründet durch eine nach Vertragsschluss eingetretene Veränderung des BBauinhalts oder der BBauumstände.17 Nachtragsleistungen sind Leistungen, die ohne Einwirkung oder gar Verschulden des Auftragnehmers nach Vertragsschluss erforderlich werden.18
Nachtragsmanagement
Das Nachtragsmanagement umfasst alle Tätigkeiten, die bei der Vorbereitung und Durchsetzung (Auftragnehmer) bzw. bei der Prophylaxe und Prüfung (Auftraggeber) von Nachträgen oder Nachtragspotenzialen auftreten.19
16
Vgl. hierzu DIN 69 905:1997-05; Oberndorfer, 2003, S. 20 f.
17
Vgl. u. a. Girmscheid, 2003, S. 38; Konermann, 2001, S. 26; Heiermann, in: Baumarkt und Bauwirtschaft, 9/2003, S. 22
18
Vgl. Usselmann, in: BauR 2004, 1217
19
Vgl. Konermann, 2001, S. 138
10
2 Begriffsdefinitionen
Organisationshandbuch
Die aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen eines Projektes werden in Form eines Organisationshandbuches zusammengefasst. Es dient zur Schaffung von Klarheit über die Projektziele, die Projektstruktur, die Aufbau- und Ablauforganisation sowie das Informations- und Kommunikationssystem der Projektbeteiligten. 20
Projekthandbuch
Das Projekthandbuch beinhaltet die aktuelle Dokumentation der jeweils vorliegenden Pläne, Berechnungen und Beschreibungen.21 Es bildet damit die aktuelle Projektdokumentation und beinhaltet unter anderem auch das BOrganisationshandbuch.
Störung
Bei dem Begriff der Störung handelt es sich um einen Oberbegriff für alle Änderungen des BBauinhalts oder der BBauumstände, die eine Bedeutung für den geplanten Produktionsprozess, nicht aber notwendigerweise negative Folgen (höhere Kosten, längere Bauzeit) haben.22
Unterbrechung
Eine Unterbrechung liegt vor, wenn entgegen dem vertraglich vorgesehenen Ablauf ein vorübergehender Arbeitsstillstand bei der Leistungsdurchführung eintritt.23 Eine Bauunterbrechung ist somit im Vergleich zur BBehinderung eine wesentlich schwerwiegendere Ablaufstörung, da der Bauablauf für einen bestimmten Zeitraum völlig zum Erliegen kommt. Im Einzelfall ist es oft nur schwer möglich, eine Abgrenzung zwischen BBehinderung und Bauunterbrechung vorzunehmen, da in der Praxis die Grenzen häufig fließend sind. So kann eine BBehinderung sich durchaus auch aus einer Anhäufung kleinerer Bauunterbrechungen, insbesondere bei Einzelgewerken, ergeben.24
20
Vgl. Nr. 9 der Schriftenreihe des AHO, 2004, S. 177
21
Vgl. Ahrens/Bastian/Muchowski, 2004, S. 46; Nr. 9 der Schriftenreihe des AHO, 2004, S. 178 f.
22
Vgl. Winzen, in Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 605
23
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 2
24
Vgl. Reister, 2004, S. 362
11
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen Grundlegend für die Behandlung und Bewertung von Nachträgen sind sowohl baubetriebliche als auch baurechtliche Kenntnisse. Aus diesem Grund werden in diesem Kapitel zunächst die Bereiche Bauvertrag, Bauvertragstypen, Bausoll, Leistungspflichten der Vertragspartner, Vertragsfristen und Termine sowie Kalkulation behandelt.
3.1 Der Bauvertrag Der Bauvertrag unterliegt als Werkvertrag den Grundsätzen des Werkvertragsrechts der §§ 631 ff. BGB und ist Schuldvertrag mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, auf den die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts und des Schuldrechts des BGB anzuwenden sind. Das Vertragsrecht wird beherrscht von den Grundsätzen der Abschlussfreiheit, der Gestaltungsfreiheit sowie der Formfreiheit. Der Bauvertrag ist oft das wichtigste Dokument im Rahmen eines Bauvorhabens. Nach ihm richten sich Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Er beeinflusst jedoch nicht selten auch die Rechtsbeziehungen anderer Beteiligter. Im Idealfall sollten im Bauvertrag die Leistungspflichten des Auftragnehmers ebenso geregelt sein wie die Rechtsfolgen bei Leistungsstörungen, aber selbstverständlich auch die Gegenleistungen, nämlich die Vergütung, die Bereitstellung des Grundstücks und andere Bereitstellungs- und Koordinierungspflichten des Auftraggebers.25 Was nicht bereits im Bauvertrag geregelt wurde, lässt sich später zumeist nicht mehr oder nur mit hohem Aufwand korrigieren.
3.1.1 Bauvertrag nach BGB Werkvertragsrecht Der Bauvertrag ist kein Werklieferungsvertrag im Sinne des § 651 Abs. 1 BGB sondern stets Werkvertrag nach den Vorschriften der §§ 631 ff. BGB. Der Auftragnehmer schuldet als Vertragsleistung einen Erfolg – die Herstellung eines Werkes –, nicht bloße Arbeit; der Auftraggeber hingegen schuldet die Abnahme und Vergütung der Bauleistung. Einer der zentralen Grundsätze des Werkvertragsrechts ist die Vorleistungspflicht des Auftragnehmers, dessen Vergütung entsprechend § 641 BGB erst mit der Abnahme der Leistung fällig wird. Das BGB bietet grundlegende Regelungen für die verschiedensten Arten von Werkverträgen und ist vorwiegend auf punktuelle Austauschverträge, weniger auf die speziellen Belange des Bauvertrags ausgerichtet.
25
Näheres hierzu in Kapitel 3.2
12
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
Im Rahmen des Werkvertragsrechts kann die Bauleistung auch von Nachunternehmen und nicht vom Auftragnehmer selbst ausgeführt werden. Es kommt gemäß § 631 ff. BGB nicht darauf an, ob der Auftragnehmer die Werkleistung selbst erbringt, er schuldet diese lediglich.
3.1.2 Bauvertrag nach VOB Die VOB/B enthält die „Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen“. Die Vorschriften der VOB/B gelten nicht automatisch, sondern müssen als Abweichung vom gesetzlichen Werkvertragsrecht des BGB vereinbart werden. Die VOB/B enthält Regelungen, die auf die Besonderheiten von Bauleistungen ausgerichtet sind, während die BGB-Vorschriften Gültigkeit für sämtliche Werkverträge haben und daher Verallgemeinerungen beinhalten, die den Anforderungen eines durchschnittlichen Bauvorhabens oft nicht gerecht werden. Die VOB ist weder Gesetz, noch Rechtsnorm, Gewohnheitsrecht oder Handelsbrauch. Da es sich bei der VOB/B um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB handelt, gilt die VOB/B nicht ohne weiteres, sondern muss ausdrücklich als Vertragsbestandteil aufgenommen werden. Für öffentliche Auftraggeber ist die Verwendung der VOB/B zwingend vorgeschrieben, gleiches gilt für Teil A der VOB, der „Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen“ enthält und den Geschehensablauf bis zum Abschluss des Bauvertrages regelt. Ist die VOB/B wirksam vereinbart, gehen deren Bestimmungen den §§ 631 ff. BGB oder anderen einschlägigen gesetzlichen Regelungen des BGB vor, zumal diese grundsätzlich dispositivem Recht26 unterliegen.27
3.2 Bauvertragstypen Für die Realisierung von Bauvorhaben existieren unterschiedlichste Bauvertragstypen, die je nach Komplexität und Planungsstand individuell und projektabhängig ausgewählt und gestaltet werden müssen. Einen für alle Bauprojekte gleichermaßen gut geeigneten idealen Bauvertragstyp gibt es nicht.
3.2.1 Der Einheitspreisvertrag Beim Einheitspreisvertrag wird die Leistung in technische Teilleistungen (Positionen) aufgesplittet. Eine Position des Leistungsverzeichnisses enthält 26
Dispositives Recht (auch nachgiebiges bzw. abänderliches Recht) bezeichnet rechtlich vorgeschriebene Regelungen, die im Gegensatz zum zwingenden Recht durch die Beteiligten geändert werden können. So ist z. B. das Vertragsrecht des BGB grundsätzlich abänderbar, das Verfahrensrecht in aller Regel nicht. (vgl. hierzu Creifelds Rechtswörterbuch, 18. Aufl. 2004, S. 1094)
27
Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., Vor VOB/B Rdn. 1
3.2 Bauvertragstypen
die Ordnungszahl der jeweiligen Position,
die voraussichtliche Leistungsmenge (Vordersatz) und die Leistungseinheit,
die Leistungsbeschreibung,
den Einheitspreis und
den voraussichtlichen Gesamtpreis pro Position, der sich aus Multiplikation des Vordersatzes mit dem Einheitspreis ergibt.
13
In der Regel obliegt dem Auftraggeber beim Einheitspreisvertrag die Mengenermittlung. Abgerechnet und vergütet wird beim Einheitspreisvertrag entsprechend § 2 Nr. 2 VOB/B nach tatsächlich ausgeführten Mengen, auch wenn diese von den bei Vertragsschluss genannten Mengen abweichen sollten. Der im Angebot genannte Gesamtpreis ist nicht bindend, sondern stellt für den Bauherrn nur einen Anhaltspunkt dar, mit welchen Kosten er zu rechnen hat.28 Einheitspreise sind dagegen stets Festpreise und für den Auftragnehmer bindend, sofern keine Gleitklauseln (siehe hierzu auch Kapitel 4.1) vereinbart wurden. Um die tatsächliche Bauleistung und damit den zu vergütenden Gesamtpreis zu ermitteln, bedarf es eines Aufmaßes oder der rechnerischen Ermittlung gemäß § 14 VOB/B.
3.2.2 Der Pauschalvertrag Beim Pauschalvertrag steht die Vergütung von Anfang an fest, abgerechnet wird hier unabhängig von den ausgeführten Mengen, sofern der Auftraggeber nach Vertragsschluss keine Mengenänderungen angeordnet oder anderweitig verursacht hat. Unterschieden wird zwischen Detail- und Global-Pauschalvertrag. Der Detail-Pauschalvertrag ist grundsätzlich so aufgebaut wie ein Einheitspreisvertrag und wird lediglich auf der Vergütungsseite mit einer Pauschalvereinbarung versehen. Hier ist die Leistung nicht pauschal, sondern detailliert bestimmt. Es gilt die Vollständigkeitsvermutung des Bausolls, Abweichungen davon sind regelmäßig Grundlage von Mehrvergütungsansprüchen. Beim Global-Pauschalvertrag ist dagegen auch die Leistung, zumindest in Teilbereichen, global, d. h. durch allgemeine Beschreibungen bestimmt (funktionale Ausschreibung). Ein Global-Pauschalvertrag führt dazu, dass dem Auftragnehmer notwendigerweise planerische Aufgaben bei der Bausoll-Festlegung (Ausführungsplanung) übertragen werden. Ein Prototyp des Global-Pauschalvertrags ist der Schlüsselfertigbau in seinen unterschiedlichen Ausgestaltungsvarianten. Ein einfacher Global-Pauschalvertrag regelt typischerweise nur ein Gewerk. Dem gegenüber steht der komplexe Global-Pauschalvertrag, bei dem die Leistungsseite mehrerer Gewerke bzw. Leistungsbereiche, regelmäßig ein ganzes Bauwerk oder eine
28
Vgl. Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 1165
14
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
Gewerkezusammenfassung, z. B. Technische Gebäudeausrüstung, durch globale Elemente beschrieben ist, also insbesondere durch nur funktionale Beschreibung ohne Detaillierung.29
3.2.3 Stundenlohnvertrag und Selbstkostenerstattungsvertrag Bei geringerem Umfang von Leistungen, die überwiegend Lohnkosten verursachen, kann ein Stundenlohnvertrag geschlossen werden. In der Praxis wird der Stundenlohnvertrag oftmals auf andere Weise umgesetzt, beispielsweise als „Arbeiten auf Regie“ bzw. „Regiearbeiten“ oder auch „Arbeiten im Tagelohn“ als Anhang zu einem auf dem Leistungsgedanken basierenden Einheitspreisvertrag. Da die VOB jedoch den Leistungsgedanken als vorrangig anerkennt, sollen Stundenlohnverträge nur bei lohnintensiven Bauleistungen geringen Umfangs wie Neben- oder Hilfsleistungen zur Anwendung kommen und bedürfen der ausdrücklichen vorherigen Vereinbarung. Diesbezüglich entstehen in der Praxis immer wieder Streitigkeiten, da eine wirksame Vereinbarung mit dem Auftraggeber oftmals nicht geschlossen wurde. Sofern eine eindeutige und erschöpfende Beschreibung der Leistung als Grundlage zur Preisbildung nicht möglich ist, kann die Selbstkostenerstattung auf Nachweis zuzüglich eines vorbestimmten Zuschlags für den Gewinn vereinbart werden. Wie schon der Stundenlohnvertrag sollte der Abschluss eines Selbstkostenerstattungsvertrags eine wirkliche Ausnahme darstellen, weil er noch weniger als der Stundenlohnvertrag einen jedenfalls bei Vertragsabschluss eindeutig bewertbaren Ausgleich zwischen dem Marktwert der Leistung und der Gegenleistung des Auftraggebers darstellt. Aus diesem Grund sieht § 5 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A auch ausdrücklich vor, dass während der Ausführung ein Leistungsvertrag geschlossen werden soll, sobald eine einwandfreie Preisermittlung möglich wird.
3.2.4 Mischformen Mischformen zwischen den zuvor erläuterten Vertragstypen sind in der Praxis bei Bauverträgen häufig und in unterschiedlichsten Ausprägungen anzutreffen. Bei Einheitspreisverträgen werden oftmals einzelne Positionen oder Positionsgruppen mit einer pauschalen Vergütung versehen. Der Einheitspreisvertrag enthält damit Elemente des Pauschalvertrags. Häufig anzutreffen ist die Pauschalierung für das Einrichten, Vorhalten und Räumen der Baustelleneinrichtung oder eine Teilpauschale für die erforderlichen Wasserhaltungsarbeiten. Auch umgekehrt ist die Vereinbarung von Einheitspreispositionen im Rahmen eines Pauschalvertrags keine Seltenheit. Dies bietet sich z. B. dann an, wenn für einen Teil der vorgesehenen Leistung Ausführungsart und Umfang genau bestimmt werden kann, für einen anderen Teil der Leistungen aber diese Voraussetzungen fehlen. 29
Vgl. Kapellmann, Schlüsselfertiges Bauen, 2. Aufl. 2004, Rdn. 75 f.
3.2 Bauvertragstypen
15
Speziell im Schlüsselfertigbau werden in Ergänzung der Pauschalpreisangabe häufig Einheitspreislisten eingefordert, die den Preis für mögliche Änderungs- und Zusatzleistungen regeln und von den Vertragspartnern als Vertragsbestandteil vereinbart werden. Sie haben deshalb Vorrang vor der allgemeinen Vergütungsregelung gemäß § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B. Dem Vorteil der vermeintlichen Kostensicherheit steht allerdings die Kalkulationsschwierigkeit des Auftragnehmers entgegen, der diese Einheitspreise mengenunabhängig kalkulieren muss.
3.2.5 Neue Vertragsmodelle Auf der Grundlage der Struktur von Global-Pauschalverträgen kommen in der Praxis vermehrt Vertragsformen vor, die neben der Definition des Bausolls als komplexem Leistungsziel weitere Aufgaben aus dem Lebenszyklus eines Bauwerks vertraglich regeln. Die Ausweitung dieser originären Bauherrenaufgaben auf das ausführende Unternehmen erstreckt sich vor der Ausführung der eigentlichen Bauleistung neben den Planungsaufgaben auf den Bereich der Finanzierung sowie zeitlich nach Erstellung in die Bereiche des Betreibens und Unterhaltens eines Bauwerks hinein.30 Diese neuen Vertragsmodelle basieren zum überwiegenden Teil auf einem Partnering-Konzept. Hierbei werden klassische Vertragsbeziehungen zu echten Partnerbeziehungen ausgebaut, so dass ein Projektteam mit gemeinsamen Zielen entsteht. Partnering wurde im Zuge einer strukturellen Krise der Bauwirtschaft Ende der neunziger Jahre in den USA nach dem Vorbild bereits in der Automobilindustrie erfolgreich eingesetzter Kooperationskonzepte entwickelt. Grundgedanke des Partnerings ist es, die unterschiedlichen Zielsetzungen und Interessen der Vertragspartner zu bündeln und zu optimieren, um gemeinsam festgelegte Ziele kooperativ und partnerschaftlich erreichen zu können. Grundlage hierfür ist der Wandel gegenläufiger Interessen der Projektpartner zu einer Interessenkoalition zu beiderseitigem Vorteil.31 Partnering-Modelle lassen sich durchaus in vertragliche Regelungen fassen und operationalisieren. In der Regel werden die Projektpartner frühzeitig eingebunden, so dass bereits in der Planungsphase auf eine breitere Wissensund Erfahrungsbasis zurückgegriffen werden kann, um dadurch unter anderem Nachträge auf Grund unzureichender Planung zu vermeiden. Ein wertvoller Anfang für Partnering-Modelle in Deutschland wäre bereits ein entsprechendes Verhältnis zwischen Haupt- bzw. Generalunternehmer und Subunternehmern.32
30
Vgl. hierzu Reister, 2004, S. 27 ff.
31
Vgl. Ahrens/Bastian/Muchwoski, 2004, S. 408
32
Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 304
16
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
3.2.5.1 GMP-Vertrag Bei einem GMP-Vertrag (Guaranteed Maximum Price bzw. Garantierter Maximalpreis) handelt es sich um einen Bauvertrag mit zusätzlichen Vereinbarungen zur Vergütungsbestimmung. Diese zusätzliche Vereinbarung zur Vergütungsbestimmung sieht in der Regel vor, dass Gewerke, die nicht vom Auftragnehmer sondern von Nachunternehmern ausgeführt werden, auf Marktbasis vom Auftragnehmer, auch als GMP-Partner bezeichnet, an den Bauherrn berechnet werden, während Leistungen, die der Auftragnehmer selbst erbringt, in der Regel pauschal vergütet werden. Zusätzlich garantiert der Auftragnehmer auf eigenes Risiko für das Gesamtprojekt einen Höchstpreis.33 Die Abrechnung erfolgt nach dem in Deutschland bislang unüblichen „open-books-Prinzip“, das den Auftragnehmer zu weitgehender Offenlegung seiner Kalkulation und Abrechnungen verpflichtet. Durch gemeinsam zu optimierende Planung und Ausführung soll in kooperativer Form dieser garantierte Maximalpreis unterschritten werden. Die eingesparten Kosten werden nach festgelegten Prozentsätzen auf den Auftraggeber und den GMP-Partner verteilt. Prägendes Element eines GMP-Vertragsmodells ist die konzeptionell vorgegebene enge Kooperationsverpflichtung der Vertragspartner mit wechselseitigen Anreizmechanismen. Zielsetzung einer solchen Vereinbarung ist die Optimierung des Bauvorhabens zu beiderseitigem Vorteil, der Generalunternehmer als klassischer „Vertragsgegner“ wird zum Partner des Bauherrn. Unterschieden wird zwischen einem einstufigen und einem zweistufigen GMPModell: Beim einstufigen GMP-Modell handelt es sich prinzipiell um einen Generalunternehmer-Vertrag mit Pauschalfestpreisabrede, der mit zusätzlichen Regelungen zur Vergütungsfindung und einer klar definierten Kooperationsverpflichtung im Hinblick auf Optimierung, Nachunternehmervergabe und gemeinsame Problemlösung, z. B. bei Nachtragsstreitigkeiten, ergänzt wird.34 Im Rahmen des zweistufigen GMPModells berät der GMP-Partner den Bauherrn bereits bei der Grundlagenermittlung bis hin zur Genehmigungsphase. Erst auf Basis der gemeinsam ermittelten Planungsergebnisse erfolgt die Vergabe an den endgültigen GMP-Vertragspartner, der nicht zwingend identisch sein muss mit dem in einer Frühphase des Projekts beauftragten „GMP-Berater“.35 Die Nachtragsgefahr wird bei GMP-Modellen nur insoweit eingegrenzt, dass sich der GMP-Partner bereits in der Planungsphase optimierend beteiligt.36 Lösen sollte man
33
Vgl. Weeber/Bosch, 2000, S. 47
34
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, VOB/B Anhang, Rdn. 44
35
Vgl. Weeber/Bosch, 2000, S. 48 ff.; Passarge/Werner, in: Freiberger Handbuch zum Baurecht, 2001, § 1 Rdn. 148 ff.
36
Vgl. Eschenbruch, Seminardokumentation, 2002, S. 191
3.2 Bauvertragstypen
17
sich jedoch von der Vorstellung, dass dieses Modell Nachtragsforderungen gänzlich ausschließt.37
3.2.5.2 Construction-Management In den USA hat sich mit dem Construction-Management eine besondere Projektorganisationsform etabliert, die auch bei deutschen Großprojekten zunehmend Verbreitung findet. Der Construction-Manager nimmt hierbei die zentrale Stelle – quasi als Projektmanager – in der Projektorganisation ein. Prinzipiell unterscheidet man die zwei alternativen Abwicklungsformen38
Construction-Management mit Ingenieurvertrag und
Construction-Management mit Bauvertrag,
die sich vor allem in der vertraglichen Risikoübernahme für die Einhaltung von Bauzeit und Baukosten unterscheiden. Der Construction-Manager kann wie ein Projektsteuerer tätig werden (ConstructionManagement at agency). Er kann aber auch zusätzlich Objektplanungsleistungen mit erbringen (extended services Construction-Management). In der Einsatzform des „Management Contracting“ oder des „Construction-Management at risk“ beauftragt der Construction-Manager Nachunternehmer im eigenen Namen, ggf. auch mit Risikoübernahme, z. B. im Rahmen eines garantierten Maximalpreises.39
3.2.5.3 Verträge im Rahmen von BOT- bzw. PPP-Projekten Infolge angespannter Haushaltslagen von Bund, Ländern und Gemeinden hat die private Finanzierung öffentlicher Baumaßnahmen auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Erfahrungen aus dem europäischen Ausland zeigen, dass der Neubau und Ausbau, der Betrieb und die Instandhaltung von Hoch- und Ingenieurbauwerken einschließlich der Infrastruktur durch private Unternehmen in der Regel wirtschaftlicher umgesetzt werden und so zu finanziellen Entlastungen führen können. In Großbritannien werden beispielsweise bereits rund 20 % der öffentlichen Investitionen im Zuge von Public Private Partnership (PPP) realisiert. Unter optimistischen Annahmen wird sich das Public Private Partnership Volumen für das Bauhauptgewerbe in Deutschland mittelfristig aber bei maximal 5 % der heutigen Gesamtleistung bewegen.40
37
Vgl. Nunn, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 536
38
Vgl. Kochendörfer/Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 67 ff.
39
Vgl. Eschenbruch, Seminardokumentation, 2002, S. 191
40
Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 309
18
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
Build-Operate-Transfer- (BOT) sowie Public-Private-Partnership-Modelle sind hoch komplexe Vertragsformen, in denen Projekte, insbesondere unter Gründung von Projektgesellschaften, entwickelt, finanziert, errichtet, betrieben und schließlich übertragen werden.
3.3 Das Bausoll Was der Auftragnehmer auf Grund des Vertrags als Leistung schuldet wird als Bausoll bezeichnet. Es ist die durch den Bauvertrag nach Bauinhalt und ggf. nach Bauumständen näher bestimmte Leistung des Auftragnehmers zur Erreichung des werkvertraglich geschuldeten Erfolgs.41 Eine Abweichung von Bauist und Bausoll ist die Grundlage für Nachträge. Die VOB kennt den Begriff des Bausolls nicht. Stattdessen werden die Begriffe Leistung (§ 1 Nr. 1 VOB/B) bzw. Bauleistung (§ 1 VOB/A) verwendet. Das Bausoll wird durch die Gesamtheit aller zum Vertragsinhalt gewordenen Unterlagen bestimmt, ob unmittelbarer Vertragstext oder als Anlage zum Vertrag, verbal oder zeichnerisch. Wesentlicher Vertragsbestandteil ist die Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis beim Einheitspreisvertrag oder Detail-Pauschalvertrag bzw. die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm bei Funktionalausschreibungen.42 Der Auftragnehmer schuldet gemäß § 631 Abs. 1 BGB die „Herstellung des versprochenen Werks“. Er schuldet also, wie es für den Typus Werkvertrag kennzeichnend ist, nicht nur Arbeit, sondern den Erfolg, nämlich die Herstellung des Werkes wie versprochen, und dies zumindest bei Leistungsverträgen (Einheitspreisvertrag oder Pauschalvertrag) unabhängig davon, mit welchem Aufwand der Auftragnehmer das Herstellungsziel – bei unveränderten Randbedingungen – erreicht. Insbesondere bei funktionalen Leistungsbeschreibungen ist darauf zu achten, dass für die Erzielung des Werkerfolgs durch den Auftragnehmer Mindestqualitäten ausreichend sind, sofern der Auftraggeber keine weitergehenden Angaben hierzu gemacht hat. Stimmen die als Vertragspflicht des Auftragnehmers definierte Vertragsleistung, also das Bausoll, und die spätere Bauausführung, das Bauist, überein, so hat der Auftragnehmer nur Anspruch auf den vertraglich festgelegten Werklohn, das Vergütungssoll. Jeder Anspruch auf einen Nachtrag setzt eine Abweichung des im Vertrag festgelegten Bausolls vom Bauist voraus.43 Hierbei sind insbesondere auch nachträgliche Vertragsergänzungen und vertragsrelevante Nebenabreden zu berücksichtigen. Die exakte Bestimmung des Bausolls ist 41
Vgl. Diederichs, 1999, S. 453; Reister, 2004, S. 28; Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 26
42
Vgl. hierzu auch § 9 VOB/A
43
Vgl. Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 606
3.3 Das Bausoll
19
wesentlicher Einflussfaktor für das Nachtragsmanagement, da mit dem Bausoll Art und Umfang der vertraglichen Leistung bestimmt wird. Hinsichtlich der Interpretation über den Umfang des Bausolls haben Auftragnehmer und Auftraggeber häufig unterschiedliche Vorstellungen. Der Auftraggeber erwartet den optimalen Ausführungsstandard bei möglichst niedrigem Preis, der Auftragnehmer hingegen kalkuliert aus Wettbewerbsgründen zunächst den aus den Verdingungsunterlagen zu entnehmenden minimal geforderten Ausführungsstandard.44 Die Beurteilung, ob eine Nachtragsforderung des Auftragnehmers gerechtfertigt und begründet ist, setzt somit detaillierte Kenntnisse des vertraglich geschuldeten Leistungsumfangs voraus. Erst wenn dieses Soll klar ist, lässt sich feststellen, ob es von diesem Soll Abweichungen gegeben hat, die unter Umständen eine Anpassung des Werklohns zur Folge haben können.45 Für den Abschluss eines Bauvertrags ist es nicht maßgebend, ob die Leistung durch den Vertrag eindeutig bestimmt ist. Die Leistung muss jedenfalls bestimmbar sein, was ausreichend aber auch erforderlich ist.46 Das Bausoll kann demzufolge auch noch nachträglich festgelegt werden. Inhaltlich wird das Bausoll auch dadurch bestimmt, dass der Auftragnehmer mängelfrei bauen muss, also ein Werk herzustellen hat, das gemäß § 4 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 VOB/B und § 13 Nr. 1 VOB/B zum Zeitpunkt der Abnahme den anerkannten Regeln der Technik47 entspricht. Vertraglich können zudem die Bauumstände festgelegt werden, so z. B. der zeitliche, organisatorische oder logistische Ablauf, ebenso die Wahl der eingesetzten Bauverfahren. In der Praxis tritt des Öfteren der Fall widersprüchlicher oder mehrdeutiger Angaben in den Vertragsunterlagen auf. Grundsätzlich gilt: die speziellere geht der allgemeineren Vertragsregelung vor.48 Bei der Prüfung dieser Angaben in Bezug auf mögliche Nachtragssachverhalte, bei deren Auslegung der „objektive Empfängerhorizont“49 maßgebend ist, kann folgendes Schema herangezogen werden:
44
Vgl. Konermann, 2001, S. 25
45
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 100
46
Vgl. hierzu Grundsatzurteil BGH „Kammerschleuse“ BauR 1997, 126; Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 29
47
Als „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ werden Regeln bezeichnet, deren Richtigkeit wissenschaftlich erwiesen ist, die sich in der Praxis bereits bewährt haben und die der Mehrheit der Fachleute bekannt und von ihnen anerkannt sind. Hierzu zählen u. a. DIN-Normen, die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen der VOB/C, die Eingeführten Technischen Baubestimmungen (ETB) oder auch die Bestimmungen des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton. (vgl. hierzu u. a. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 100; Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 119 ff.)
48
Vgl. Hofmann/Frikell, 3. Aufl. 2000, S. 81
49
Zur Auslegung dürfen nur solche Umstände herangezogen werden, die für den Bieter erkennbar waren oder erkennbar sein mussten. (Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 110)
20
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen 1. Schritt: Wortlautauslegung
Auslegung ergibt: Leistung vom Bausoll umfasst
Auslegung ergibt: Leistung vom Bausoll nicht umfasst
Kein Anspruch des Bieters
2. Schritt: Prüfung der erkennbaren Randbedingungen
Hätte der Bieter den Widerspruch im LV erkennen können?
Widerspruch/Mehrdeutigkeit war erkennbar
Vorsätzlich unterlassene Rückfrage
Ansprüche gemäß § 2 Nr. 5/Nr. 6 VOB/B bei Leistungsanordnung gemindert durch § 254 BGB (Mitverschulden)
Widerspruch/Mehrdeutigkeit war nicht erkennbar
Ansprüche gemäß § 2 Nr. 5 oder Nr. 6 VOB/B bei entsprechender Leistungsanordnung
keine Ansprüche
Abbildung 3-1 Auslegung der Vertragsunterlagen50
3.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag Bei der Herstellung eines Bauprojektes stehen die Leistungspflichten des Auftragnehmers im Vordergrund. Er muss die technischen Verfahren, Materialien und Bauteile mit denen er baut selbst verantworten und dabei die anerkannten Regeln der Technik sowie die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen berücksichtigen. Es ist seine Sache, die Ausführung der Vertragsleistung zu leiten, Ordnung auf der Arbeitsstelle zu halten und die Unfallverhütungsvorschriften gegenüber seinen Arbeitnehmern zu beachten.51 Aber selbst bei vollständiger Erfüllung der eigenen Leistungspflichten ist der Auftragnehmer auf die Mitwirkung des Auftraggebers angewiesen.
50
In Anlehnung an Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 620
51
Vgl. Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 537
3.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag
21
Der Bauvertrag ist kein punktuell zu vollziehender Austauschvertrag, sondern zwingt die Vertragspartner gerade bei konfliktträchtigen, größeren Bauvorhaben in eine Langzeitbeziehung, deren Entwicklung sich in ihren Einzelheiten bei Vertragsschluss kaum verlässlich vorhersehen lässt.52 Die Parteien des Bauvertrags sind zur Kooperation verpflichtet, das heißt zur Mitwirkung und gegenseitigen Information.53 Deshalb darf der Auftraggeber nur in seltenen Ausnahmefällen passiv abwarten, ob der Auftragnehmer die Schwierigkeiten auf der Baustelle zu lösen imstande ist. Liegt das Problem nicht allein in der betrieblichen Sphäre des Unternehmers, muss der Bauherr aktiv im Sinne eines Mit-Arbeitens eingreifen.54 Nachfolgend werden die Leistungspflichten des Auftragnehmers und Auftraggebers im Einzelnen dargestellt.
3.4.1 Auftragnehmerpflichten Grundsatz der Eigenverantwortung des Unternehmers Entsprechend § 4 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 VOB/B muss der Auftragnehmer die Leistung unter eigener Verantwortung nach den anerkannten Regeln der Technik und unter Beachtung der gesetzlichen und behördlichen Vorschriften ausführen. Der Auftragnehmer muss dafür einstehen, dass er über die entsprechenden Kenntnisse fachlicher Art verfügt und die einschlägigen Vorschriften kennt. Die in dieser Regelung enthaltene Generalklausel gilt auch für den BGB-Werkvertrag.55 Die Verantwortlichkeit des Auftragnehmers wird nur in Ausnahmefällen gemindert. So wird der Grundsatz der Eigenverantwortung nicht dadurch eingeschränkt, dass sich der Auftragnehmer an eine Weisung des Auftraggebers oder des vom Auftraggeber eingesetzten Planers gehalten hat.56 Ob die jeweilige Anordnung technisch in Ordnung ist oder zu Mängeln oder Schäden führt, muss er selbst überprüfen und erforderlichenfalls Bedenken anmelden. Den Bauherrn trifft aber bei unzweckmäßigen und falschen Weisungen grundsätzlich ein Mitverschulden. Wenn die Leistung ohne Eingreifen des Bauherrn mangelhaft geworden ist, darf sich der Unternehmer nicht darauf berufen, dass dies bei ordnungsgemäßer Aufsicht durch die Projektleitung des Auftraggebers oder des Architekten nicht passiert wäre. Die Vertragspflichten des Projektleiters und Architekten bestehen nur gegenüber dem Bauherrn, nicht gegenüber dem Unternehmer.57 52
Vgl. Leupertz, in: Baurecht und Baupraxis (BrBp), 5/2003, S. 172
53
BGH BauR 2000, 409 f.; BauR 1996, 542
54
Vgl. Winzen, a. a. O.
55
Dähne, BauR 1973, 268
56
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 4 Rdn. 33; Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 4 Nr. 2 VOB/B Rdn. 13
57
Vgl. Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 2548; BGH, BauR 1982, 79
22
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
Pflicht zur Ordnung auf der Arbeitsstelle Die Verpflichtung des Auftragnehmers, Ordnung auf der Baustelle zu halten, ist ebenfalls ein Spezialfall des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit. Der Inhalt der Pflicht besteht beispielsweise darin, Material und Hilfsmittel richtig zu lagern, die Geräte sicher zu betreiben und die Arbeitsvorgänge einschließlich des Lärmschutzes so zu planen und durchzuführen, dass niemand persönlich oder in seinem Vermögen zu Schaden kommt. Pflicht zur Prüfung und Anzeige von Bedenken Nach § 4 Nr. 3 VOB/B hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vom Bauherrn bzw. seinen Planern vorgesehene Art der Ausführung, insbesondere hinsichtlich Vorleistungen anderer Unternehmer, bauseits gelieferter Stoffe oder Bauteile unverzüglich, und zwar möglichst schon vor Beginn der Arbeiten, schriftlich mitzuteilen. Der Auftragnehmer darf also die Planung und andere Anordnungen des Auftraggebers nicht blind umsetzen, sondern muss erkennbare Fehlerquellen aufdecken. Es handelt sich um eine Pflicht der gegenseitigen Rücksichtnahme, die aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben resultiert und deshalb auch beim BGB-Werkvertrag gilt.58 Pflicht zum Schutz der ausgeführten Leistung Gemäß § 4 Nr. 5 VOB/B hat der Auftragnehmer die von ihm ausgeführten Leistungen und die ihm zur Ausführung übergebenen Gegenstände bis zur Abnahme vor Beschädigung und Diebstahl zu schützen. Für den BGB-Bauvertrag gilt dasselbe, weil der Unternehmer gemäß den §§ 641 und 644 BGB bis zur Abnahme die Gefahr trägt, das heißt beschädigte oder abhanden gekommene Leistungen auf seine Kosten wieder herstellen muss. Für Schäden durch Witterung oder Grundwassereinwirkung ist der Auftragnehmer nach der ausdrücklichen Regelung in § 4 Nr. 5 Satz 2 VOB/B nicht verantwortlich. Entsprechendes gilt für die Beseitigung von Schnee und Eis, sofern nichts anderes vertraglich vereinbart wurde. Beseitigung vertragswidriger Stoffe oder Bauteile Nach § 4 Nr. 6 Satz 1 VOB/B sind Stoffe oder Bauteile, die dem vertraglichen Leistungssoll oder Proben nicht entsprechen, auf Anordnung des Auftraggebers innerhalb einer von ihm bestimmten Frist von der Baustelle zu entfernen. Bei diesen Verpflichtungen handelt es sich um Mängelbeseitigungsansprüche, die abweichend von der BGB-Regelung schon vor Abnahme gelten. Damit soll verhindert werden, dass der Auftragnehmer mangelhafte oder vertragswidrige Stoffe für die Leistungserbringung
58
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 4 Rdn. 46; Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 4 Nr. 3 VOB/B Rdn. 50
3.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag
23
verwendet; der Mangelhaftigkeit des Bauwerks wird dadurch in einem frühen Stadium vorgebeugt.59 Verpflichtung des Auftragnehmers, die Leistung selbst zu erbringen Gemäß § 4 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer die Leistung im eigenen Betrieb auszuführen. Einem Nachunternehmer darf er sie nur mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers übertragen. Die Zustimmung ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Betrieb des Auftragnehmers nicht auf die entsprechende Leistung eingerichtet ist. Diese Regelung gilt nur für den VOB-Vertrag. Im Werkvertragsrecht des BGB gibt es keine persönliche Leistungsverpflichtung des Unternehmers, so dass ohne Vereinbarung der VOB/B uneingeschränkt Nachunternehmer vom Auftragnehmer eingesetzt werden können. Pflicht zur Anzeige und Ablieferung wertvoller Funde In § 4 Nr. 9 VOB/B ist die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Anzeige und Ablieferung wertvoller Funde geregelt. Etwaige Mehrkosten, die mit dem Bergen des Fundes verbunden sind, erhält der Unternehmer unter den Voraussetzungen des § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 VOB/B – also bei vorheriger Ankündigung des Mehrvergütungsanspruchs – ersetzt. Pflicht zur gemeinsamen Zustandsfeststellung von Teilen der Leistung Nach Regelung des § 4 Nr. 10 VOB/B ist der Zustand von Teilen der Leistung, die später nur schwer oder gar nicht überprüft werden können, gemeinsam von Auftragnehmer und Auftraggeber festzustellen. Dies dient dazu, unselbständige Leistungsteile, für die keine Teilabnahme vorgesehen oder möglich ist, auf die ordnungsgemäße und funktionstüchtige Ausführung zu überprüfen. Das Ergebnis der Untersuchung ist schriftlich niederzulegen.60
3.4.2 Auftraggeberpflichten Der Auftragnehmer wird bei der üblichen Aufgabenteilung das Bauwerk nur dann pünktlich und ordnungsgemäß fertig stellen können, wenn der Bauherr mitwirkt. Die Beachtung dieser Mitwirkungspflichten ist jedoch nicht einklagbar. Trotzdem bleibt die Missachtung der Kooperationspflicht durch den Auftraggeber nicht ohne nachteilige Folgen: Er gerät in Annahmeverzug, wenn der Unternehmer bereit und in der Lage ist, die Leistung auszuführen.
59
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 4 VOB/B Rdn. 130 ff.
60
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 4 Rdn. 109
24
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
Pflicht zur Bereitstellung des Grundstücks Das Grundstück muss baureif zur Verfügung gestellt werden, d. h. alle Voraussetzungen, die nicht zu der vom Unternehmer geschuldeten Bauleistung gehören, müssen erbracht sein. Zur Mitwirkungspflicht des Auftraggebers zählen alle Leistungen von Vorunternehmern, deren vorherige Fertigstellung notwendige Voraussetzung für den Baubeginn des folgenden Unternehmens sind.61 Pflicht zur Herbeiführung der notwendigen Genehmigungen Entsprechend § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 VOB/B ist die Beschaffung öffentlich-rechtlicher Genehmigungen, die Voraussetzung für die Leistungserbringung sind, Aufgabe des Auftraggebers, sofern nichts anderes vertraglich vereinbart wurde. Die Mitwirkungspflicht bezieht sich auf das Beibringen der Genehmigungen aus verschiedenen Rechtsgebieten, wie öffentlichem Baurecht, Straßenverkehrsrecht, Wasserrecht und Umweltrecht. Entsprechendes gilt für privatrechtliche Genehmigungen, die Voraussetzung für das Bauvorhaben sind. Pflicht zum Abstecken der Hauptachsen, Baustrecken, Grenzen und Höhenfestpunkte des Baugeländes Das Abstecken der Hauptachsen, Baustrecken, Grenzen und die Schaffung von Höhenfestpunkten ist Sache des Auftraggebers (§ 3 Nr. 2 VOB/B). Häufig wird diese Vorbereitungsarbeit im Rahmen des Bauvertrags an den Auftragnehmer übertragen. Pflicht zur Zustandsfeststellung Der Zweck der Regelung des § 3 Nr. 4 VOB/B besteht darin, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, wenn nach Durchführung der Arbeiten Zufahrtsstraßen oder das Gelände Schäden aufweisen. Deshalb soll vor Beginn der Arbeiten in einer von den Vertragsparteien zu unterzeichnenden Niederschrift der Zustand der Straßen des Geländes und etwaiger baulicher Anlagen festgehalten werden. Diese Maßnahmen sind nach der Konzeption der VOB/B Aufgabe des Auftraggebers. Pflicht zur Übergabe der Ausführungsunterlagen Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer entsprechend § 3 Nr. 1 VOB/B brauchbare und zuverlässige Pläne zur Verfügung stellen. Entscheidend ist, dass die Ausführungsunterlagen rechtzeitig vor dem Beginn der jeweiligen Leistung vorliegen müssen, andernfalls hat der Auftragnehmer im Behinderungsfall Schadenersatzansprüche. Falls vertragliche Vereinbarungen hierüber nicht getroffen wurden, können die nachfolgend aufgeführten und als übliche und objektiv notwendige Mindestvorlaufzeiten
61
BGH BauR 2000, 722
3.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag
25
anzusehende Fristen für die Planlieferung angesetzt werden, sofern vom Auftragnehmer fristgebundene Leistungen zu erbringen sind:62 Schalpläne:
Vorabzüge:
6 Wochen
Ausführungsunterlagen:
3 Wochen bis 20 Arbeitstage
Bewehrungspläne:
3 Wochen bis 25 Arbeitstage
Aussparungspläne:
5 Arbeitstage
Fertigteilpläne:
1 bis 2 Wochen Dispositionszeitraum zusätzlich
Es ist dringend zu empfehlen, eine vertragliche Regelung der Planvorlauffristen zu vereinbaren, da eine fehlende Abmachung regelmäßig zum Konflikt zwischen den Bauvertragspartnern führt, sobald Störungen des planmäßigen Bauablaufs eintreten. Darüber hinaus ist eine vertragliche Festlegung der Planlieferfristen bereits in § 11 Nr. 3 VOB/A ausdrücklich vorgesehen. Ordnungs- und Koordinierungspflicht des Auftraggebers Arbeiten mehrere Unternehmer auf der Baustelle, so hat der Auftraggeber gemäß § 4 Nr. 1 Satz 1 VOB/B deren Zusammenwirken zu regeln. Ein Baustelleneinrichtungsplan mit Lagerplätzen für Material und Flächen für Unterkünfte, Baustellenbüros u. ä. ist Sache des Auftraggebers. Entsprechendes gilt für den Bauzeitenplan, in dem der zeitliche Ablauf und das Ineinandergreifen der Gewerke dargestellt wird. Nach der Baustellenverordnung63 ist der Auftraggeber zusätzlich verpflichtet, einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan aufzustellen. Die Koordinierungspflicht wird bei Einschaltung eines Generalunternehmers auf diesen übertragen. Pflicht zur Überlassung von Lager, Arbeitsplätzen und Energieanschlüssen Gemäß § 4 Nr. 4 VOB/B gehört es – sofern nichts anderes vereinbart ist – zur Mitwirkungspflicht des Auftraggebers, die notwendigen Lager- und Arbeitsplätze auf der Baustelle, wozu auch die Flächen für Unterkünfte und Sanitäreinrichtungen gehören, die vorhandenen Zufahrtswege und Anschlüsse für Wasser, Energie etc. zur Verfügung zu stellen. Pflicht zur Auskunft über den Beginn der Leistung und Abruf § 5 Nr. 2 VOB/B regelt den Sonderfall, dass im Vertrag kein Baubeginntermin festgelegt wurde. In diesem Fall ist der Auftraggeber dazu verpflichtet, auf Verlangen des Auftragnehmers über den voraussichtlichen Beginn Auskunft zu erteilen. Verletzt der Auftraggeber seine Mitwirkungspflicht, unverzüglich Auskunft über den Baubeginn
62
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1314; Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 353
63
Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (BaustellV)
26
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
zu geben, steht dem Auftragnehmer nach einer Behinderungsanzeige ein Anspruch auf Bauzeitverlängerung zu. Wenn dem Auftraggeber zusätzlich Verschulden zur Last fällt, darf der Auftragnehmer Schadenersatz verlangen und ggf. bei ergebnisloser Fristsetzung den Bauvertrag kündigen.
3.5 Vertragsfristen und Termine Terminsicherheit und die Einhaltung von Vertragsfristen ist für den Bauherrn insbesondere bei fremdfinanzierten Projekten von entscheidender Bedeutung. Häufig muss das Bauprojekt zu einem bestimmten Zeitpunkt dem späteren Nutzer auf Grund bereits abgeschlossener Miet- oder Kaufverträge übergeben werden. Auch die Einhaltung vereinbarter Zwischentermine kann für den Beginn der Leistungserfüllung anderer Unternehmen eine bedeutende Rolle spielen.
3.5.1 Regelungen des BGB Falls weder vertragliche Termin- und Fristfestsetzungen noch die Einbeziehung der VOB/B in den Bauvertrag vereinbart wurden, bestimmen sich die Zeitpunkte für den Ausführungsbeginn und den Fertigstellungstermin alleine nach den Vorschriften des BGB. Das Werkvertragsrecht selbst enthält keine Regelung, wann die Leistungen auszuführen sind. § 271 BGB sieht jedoch vor, dass der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken kann, wenn eine Leistungszeit weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist.64 Da die Leistung des Auftragnehmers häufig von Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers abhängt, wird deutlich, dass diese gesetzliche Regelung den Bauvertragsparteien wenig Sicherheit und Klarheit gibt. Eine weitergehende Vorschrift findet sich in den §§ 323 und 325 BGB, in denen die Folgen der Nichteinhaltung der Vertragsfristen geregelt sind. Als Rechtsfolge ist hier bei Terminüberschreitungen das für Bauvorhaben meist unangemessene Rücktrittsrecht vorgesehen. Auf Grund der für die Baupraxis ungenügenden Vorschriften des BGB sollten die Vertragsparteien, sofern die VOB/B nicht vereinbart wurde, Regelungen hinsichtlich der Ausführungstermine und -fristen und die Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung vorsehen.
3.5.2 Regelungen der VOB/B Regelungen zu Terminen und Fristen finden sich in § 5 der VOB/B. Hierbei wird unterschieden zwischen der Frist für den Ausführungsbeginn, den im Bauzeitenplan enthaltenen Einzelfristen sowie der Fertigstellungsfrist.
64
Vgl. Nunn, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 552
3.5 Vertragsfristen und Termine
27
Sofern für den Ausführungsbeginn keine Vertragsfrist vereinbart wurde, hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn zu erteilen. Der Auftragnehmer hat mit den Arbeiten entsprechend § 5 Nr. 2 VOB/B innerhalb von 12 Werktagen nach Aufforderung zu beginnen. Voraussetzung ist allerdings die Erfüllung der erforderlichen auftraggeberseitigen Mitwirkungshandlungen. Der Auftragnehmer muss die Baustelle insoweit einrichten, dass dies auf einen ernsthaften Baubeginn schließen lässt. Das kann die Errichtung der Baustelleneinrichtung oder aber auch die Herstellung von Bauteilen im Werk des Auftragnehmers sein, nicht jedoch die Aufstellung eines Bauschildes oder Bauvorbereitungsmaßnahmen wie Planung und Arbeitsvorbereitung.65 Den Beginn der Ausführung hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber gemäß § 5 Nr. 2 Satz 3 VOB/B anzuzeigen. Diese Regelung ist hinsichtlich einer möglichen Teilfertigung im Werk des Auftragnehmers und vor allem bei einer vertraglich vereinbarten Fertigstellungsfrist nach Baubeginn zweckmäßig. Der Auftragnehmer hat die Bauausführung angemessen zu fördern (§ 5 Nr. 3 VOB/B). Hierzu zählt auch die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Zwischentermine. Verbindliche Fristen (Vertragsfristen) liegen nur vor, wenn sie im Bauvertrag als solche bestimmt sind oder sich deren Verbindlichkeit zweifelsfrei bei der Vertragsauslegung ermitteln lässt.66 Eine Vertragsfrist muss somit klar und eindeutig als Vertragsfrist festgelegt sein. Notwendig ist weiterhin die eindeutige Bestimmbarkeit der Frist und die Regelung, welcher Leistungsumfang bis zu diesem Termin zu erbringen ist. Der Grund für die strengen Anforderungen an die Vereinbarung von Vertragsfristen liegt in den erheblichen Rechtsfolgen von Vertragsstrafen nach § 11 VOB/B bis hin zur Auftragsentziehung. Termine aus Bauzeitenplänen sind regelmäßig nicht Vertragsfristen (§ 5 Nr. 1 VOB/B), sofern sie nicht ausdrücklich und verbindlich als solche vereinbart wurden. Die Fristen des Bauzeitenplans dienen in erster Linie der Überwachung des Baufortschritts. Sollen nach Ansicht des Auftraggebers bestimmte Zwischentermine zwingend eingehalten werden, so sind diese vertraglich eindeutig zu fixieren. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die geschuldete Bauleistung termingerecht fertig zu stellen. Maßgeblich hierfür ist die vertraglich vorgesehene Frist. Der vertragsvereinbarte Fertigstellungszeitpunkt ist, unabhängig davon, ob er kalendermäßig bestimmt ist oder ob er sich aus dem Vertrag errechnen lässt, Vertragsfrist. Die Fertigstellung der Leistungen bedeutet indes nicht, dass sämtliche Leistungen bereits mängelfrei erbracht wurden, Voraussetzung ist aber, dass die Leistung keine wesentlichen Mängel aufweist.
65
Vgl. Nunn, a. a. O.
66
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 5 Rdn. 4
28
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
3.5.3 Die Rechtsfolgen von Terminüberschreitungen Die Rechtsfolgen einer Terminüberschreitung regelt § 5 Nr. 3 und 4 VOB/B. Die dort aufgeführten Rechtsfolgen treten ein bei
Verzögerung des Beginns der Ausführung,
Verzug mit der Fertigstellung,
Verletzung der Pflicht zur Abhilfe nach § 5 Nr. 3 VOB/B.
Für die aufgeführten Verzögerungen kommen nachfolgend aufgeführte Rechtsfolgen in Betracht:
Der Auftraggeber kann am Vertrag festhalten und Schadenersatz nach § 6 Nr. 6 VOB/B verlangen.
Der Auftraggeber kann den Vertrag nach fruchtlosem Ablauf einer angemessenen Nachfrist, verbunden mit einer Kündigungsandrohung, kündigen.
Darüber hinaus kann der Auftraggeber bei entsprechender Vereinbarung Vertragsstrafen geltend machen.
Sind die Arbeitskräfte, Geräte und Stoffe oder Bauteile so unzureichend, dass die Bauausführung offenbar nicht eingehalten werden kann, muss der Auftragnehmer, § 5 Nr. 3 VOB/B folgend, auf Verlangen unverzüglich Abhilfe schaffen. Zeigt sich während der Ausführung, dass die Ausführungsfristen nicht mehr eingehalten werden können, steht dem Auftraggeber das Eingriffsrecht zu, den Auftragnehmer aufzufordern, durch erhöhten Personaleinsatz oder Aufstockung von Geräten, Stoffen oder Bauteilen unverzüglich Abhilfe zu schaffen. Eine Fristsetzung zur Abhilfe sieht § 5 Nr. 3 VOB/B nicht vor, ist aber aus Gründen der Rechtssicherheit durchaus zu empfehlen.67 Voraussetzung hierfür ist, dass die Ausführungsfristen offensichtlich nicht eingehalten werden können und die Ursachen der unzureichenden Bauausführung im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers liegen. Bei auftraggeberseitiger Verursachung der Ausführungsverzögerung ist die Vorschrift nicht anwendbar, es besteht für den Auftraggeber aber die Möglichkeit, allerdings kostenauslösende Beschleunigungsmaßnahmen zu vereinbaren. Anhaltspunkt für offenbar nicht einhaltbare Ausführungsfristen kann die Überschreitung von Einzelfristen sein, wobei es sich hier auch um Fristen und Termine aus dem Bauzeitenplan handeln kann, ohne dass diese zwingend als pönalisierte, also vertragsstrafenbewehrte, Zwischentermine vereinbart sein müssen. Sofern eine Frist nicht kalendermäßig bestimmt ist, ist als weitere Voraussetzung eine Mahnung erforderlich.
67
Vgl. Nunn, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 559
3.6 Terminplanung
29
Für die Geltendmachung des Schadenersatzes muss der Auftragnehmer in Verzug geraten sein. Dies setzt Verschulden des Auftragnehmers voraus. Zum Umfang des Schadens im Sinne des § 6 Nr. 6 VOB/B gehört jeder Nachteil, den der Geschädigte an seinem Vermögen oder seinen sonstigen geschützten Rechtsgütern erleidet. Voraussetzung ist hierfür, dass der Schaden kausal auf den vom Auftragnehmer zu vertretenden Umstand zurückzuführen ist. Zu den Vermögensschäden zählen u. a.
verlängerte Zwischenfinanzierungskosten,
vorübergehende Lagerung von Gegenständen,
Mehrkosten für Architekten- und Ingenieurleistungen bei verlängerter Bauzeit.
Der Schaden selbst wird nach der sog. Differenzhypothese als Unterschied des bei ungestörtem Bauablauf zu erwartenden und wegen der Behinderung eingetretenen Vermögensstandes ermittelt. Den entgangenen Gewinn hat der Auftragnehmer nur dann zu ersetzen, wenn er die zum Schadenersatz führenden Umstände grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht hat. Voraussetzung für die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches ist der konkrete Schadensnachweis. Voraussetzung für eine Auftragsentziehung ist die angemessene Nachfristsetzung zur Vertragserfüllung sowie die Kündigungsandrohung bei fruchtlosem Fristablauf. Die Kündigung ist zudem nach Fristablauf ausdrücklich zu erklären. Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B kann die Entziehung des Auftrags auch auf einen in sich abgeschlossenen Teil der vertraglichen Leistung beschränkt werden.
3.6 Terminplanung Wesentlicher Bestandteil der Strukturierung und Organisation einer Baumaßnahme ist die Terminplanung, die je nach Anwendungszweck und Projektfortschritt in unterschiedlichen Detaillierungsstufen und Darstellungsformen erstellt wird. Im Rahmen der Terminplanung wird das komplexe Projektgeschehen in Teilvorgänge zerlegt, deren logische Abfolge unter Berücksichtigung technischer, technologischer, produktionsbedingter und kapazitativer Abhängigkeiten festgelegt und ihre Dauer bestimmt wird.68 Terminpläne können darüber hinaus für die Ermittlung der erforderlichen Kapazitäten und des Ausgabenverlaufs eingesetzt werden. Der zeitliche Umfang des Terminplans hängt von der jeweiligen Betrachtungsweise ab. Die Terminplanung des Bauherrn enthält neben der Planung und Ausführung des Bauvorhabens auch vorgelagerte Tätigkeiten, z. B. die Bedarfsermittlung, sowie Inbetriebnahme und Verfolgung der Gewährleistungsfristen. Hierbei steht die Koordina68
Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 115
30
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
tion der Projektbeteiligten im Vordergrund. Der bauherrenseitige Terminplan ist demzufolge projektorientiert, während die Terminplanung von Planern und ausführenden Unternehmen objektorientiert ist und sich mitunter nur auf Teilbereiche des Gesamtvorhabens bezieht. Die Erstellung eines Terminplans für ein Projekt ist ohne Klärung der Ablaufsstruktur des Projekts und einer sorgfältigen und ausreichenden Bemessung der Fristen nicht möglich. Da Bauprojekte aus wirtschaftlichen Erwägungen in immer kürzeren Realisierungsphasen durchgeführt werden, nimmt die Bedeutung aber auch der Komplexitätsgrad der Terminplanung weiter zu. Dabei ist die Terminplanung der Planung ebenso bedeutend wie die Terminplanung der Ausführung. Die Koordination paralleler Tätigkeiten und Planungen ist hierbei besonders störanfällig. Im Laufe eines Bauprojekts werden Terminpläne in unterschiedlichen fortschreitenden Detaillierungsstufen erstellt. Folgende Unterscheidung in vier Stufen hat sich in der Praxis bewährt:
Rahmenterminplan
Generalterminplan
Grobterminplan
Detailterminplan
Der Rahmenterminplan beinhaltet die Termine der signifikanten Planungs- und Ausführungsphasen und hat die Gesamtdarstellung des Projektablaufes zum Zweck. Er wird bereits in einer frühen Projektphase erstellt, um einen groben Gesamtüberblick der zeitlichen Projektabwicklung zu erhalten.69 Der Generalterminplan stellt den Terminrahmen für die Planung, Bauvorbereitung und Bauausführung dar, bietet also ebenfalls eine Gesamtdarstellung des Projektablaufs, gliedert die Baumaßnahme allerdings in deutlich mehr Einzelvorgänge. Er definiert als sog. Meilensteinplan die Eckdaten des Planungs- und Bauablaufs. Mögliche Meilensteine70 bei Bauprojekten sind:
Planungsbeginn
Erteilung der Baugenehmigung
Baubeginn
Beginn Rohmontage Haustechnik
Regenfester Rohbau (Kanal, Fallrohre, Regenrinnen)
Wetterfester Rohbau (Fassade, Fenster, Verglasung)
69
Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 110
70
Meilensteine werden mitunter auch als Ecktermine bezeichnet.
3.6 Terminplanung
Winterfester Rohbau (Heizung, evtl. auch provisorisch)
Start „nasser“ Ausbau (Putz, Estrich etc.)
Gesamtfertigstellung und Abnahme/Übergabe
Einzug, Nutzungsbeginn
31
Der Generalterminplan enthält im Gegensatz zum Rahmenterminplan oftmals bereits durch Anordnungsbeziehungen verknüpfte Vorgänge, so dass Abhängigkeiten einzelner Vorgänge direkt aus dem Terminplan ableitbar sind.71 Detailterminpläne sind für die eigentliche Planungs- und Ausführungsorganisation erforderlich. Auf dieser detaillierten Ebene der Ablaufplanung können die Dauern einzelner Vorgänge wenige oder auch nur einen Tag betragen. Diese Terminpläne in Form von Feinnetzplänen oder vernetzten Balkenplänen sind Grundlage einer detaillierten Kapazitätseinsatzplanung sowie der Ablaufkontrolle und -steuerung. Die Terminplanung ist ein über die Projektdauer anhaltender dynamischer Prozess. Terminpläne sollten stets den tatsächlichen Gegebenheiten Folge tragen und Veränderungen oder Störungen des Bauablaufs durch Überarbeitungen und Aktualisierungen nachführen. Ein nicht fortgeschriebener und durch die tatsächlichen Gegebenheiten bereits überholter Terminplan ist wertlos. Von besonderer Bedeutung ist der Vertragsterminplan. Dies ist der Terminplan, der als Vertragsbestandteil in den Bauvertrag einbezogen wurde und für mögliche terminbedingte Ansprüche der Vertragspartner maßgebend ist. In der Praxis wird oftmals vertraglich geregelt, dass ein noch zu erstellender Terminplan zum Vertragsbestandteil vereinbart wird. Dem ist nicht zu widersprechen sofern es sich um einen realisierbaren Ablaufplan handelt, dem die Vertragspartner zustimmen können. Leider sind die nachgereichten Terminpläne viel zu oft auf Grund sehr undetaillierter Darstellung nur begrenzt aussagekräftig. Der Vertragsterminplan ist besonders zu kennzeichnen um Verwechslungen vorzubeugen, da zunächst nur dieser Terminplan bindend ist.
3.6.1 Darstellungsformen von Terminplänen In der Baupraxis haben sich bei der Terminplanung folgende Darstellungsformen bewährt:
71
Balkenpläne
Terminlisten
Netzpläne
Liniendiagramme
Bauphasenpläne
Mehr dazu in Kapitel 3.6.2
32
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
Die Wahl der Darstellungsform einer Terminplanung hängt davon ab, wer mit dem Terminplan arbeiten wird, welche Darstellungsform für diese Zielgruppe verständlich und übersichtlich ist, welche Detaillierungsstufe in welcher Projektphase möglich und notwendig ist und welcher Aufwand mit der Terminplanerstellung aber auch der Fortschreibung des Terminplans verbunden ist.
3.6.1.1 Balkenplan Ein Balkenplan ist die einfachste und gebräuchlichste Darstellungsform von Terminplänen. Er bietet eine zeitproportionale Darstellung des Terminablaufs und ermöglicht auf einfache Weise stichtagsbezogene Fortschrittskontrollen. Die Vorgänge72 können unterschiedlich gegliedert und zu Sammelvorgängen zusammengefasst werden. Bei zunehmender Vorgangszahl verliert der Balkenplan jedoch an Übersichtlichkeit. Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Vorgängen sind grundsätzlich nicht erkennbar. Auswirkungen von Veränderungen einzelner Vorgänge und etwaige Pufferzeiten und Flexibilitäten lassen sich somit nicht direkt ableiten. Hinzu kommt, dass bei der Erstellung eines Balkenplans kein Zwang zur Einhaltung einer Ablauflogik besteht, wie es beispielsweise bei der Netzplanerstellung der Fall ist, so dass bereits bei der Aufstellung die Gefahr existiert, dass wesentliche Abhängigkeiten nicht erkannt und berücksichtigt werden.
Abbildung 3-2 Balkenplan
Eine Weiterentwicklung des Balkenplans ist ein sog. vernetzter Balkenplan, der die Darstellung der Anordnungsbeziehungen der jeweiligen Vorgänge durch Pfeilverbindungen zwischen den Balken vorsieht. 72
Als Vorgang wird ein Zeit erforderndes Ablaufelement bezeichnet, das ein bestimmtes Geschehen beschreibt, z. B. einen Teilprozess oder einen Arbeitsgang, und eindeutig definiert und abgegrenzt ist. Ein Ereignis beschreibt das Eintreten eines bestimmten Zustands.
3.6 Terminplanung
33
Abbildung 3-3 Vernetzter Balkenplan
Werden Balkenpläne für die Steuerung der Projektabwicklung verwendet, ergibt sich das Problem, dass der Balkenplan auf Grund seiner statischen Darstellung an Aussagekraft verliert, sobald Störungen des Bauablaufs auftreten. Bei störungsbedingten Verschiebungen oder Ausführungsverlängerungen einzelner Vorgänge müssen die abhängigen Nachfolgevorgänge entsprechend neu ausgerichtet werden. Das hat zur Folge, dass bei jeder bauzeitrelevanten Störung ein neuer Balkenplan erstellt werden muss.73
3.6.1.2 Terminlisten Bei Terminlisten handelt es sich um tabellarische Auflistungen von Vorgängen mit ihren jeweiligen Anfangs- und Endterminen und ggf. auch der Vorgangsdauer ohne jegliche grafische Darstellung des Terminablaufs. Terminlisten sind einfach und ohne besondere Hilfsmittel in kurzer Zeit zu erstellen, jedoch weitestgehend ungeeignet bei komplexen Projekten und der Darstellung von Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Vorgängen.
3.6.1.3 Netzplan Mit Hilfe der Netzplantechnik können komplexe Ablaufstrukturen mit gegenseitigen Abhängigkeiten erfasst und dargestellt werden. Der Aufsteller des Plans wird hierbei zu einer konsequenten Vorgehensweise unter Berücksichtigung der Abläufe und Abhängigkeiten gezwungen. Charakteristisches Merkmal von Netzplänen ist die Verknüpfung der einzelnen Tätigkeiten durch Anordnungsbeziehungen (siehe hierzu Kapitel 3.6.2). Durch die vollständige Verknüpfung der einzelnen Vorgänge kann rechnerisch ein sog. kritischer Weg ermittelt werden. Die Veränderung der Dauer
73
Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 465
34
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
eines Vorgangs auf dem kritischen Weg wirkt sich unmittelbar auf alle nachfolgenden Vorgänge auf dem kritischen Weg sowie den Endtermin aus. Vorgänge, die nicht auf dem kritischen Weg liegen, verfügen über zeitliche Puffer, so dass hier eine Verlängerung der Dauer unter Umständen für alle übrigen Vorgänge irrelevant sein kann. Gemäß DIN 69 900, Teil 1, werden folgende Pufferzeiten74 unterschieden:
Gesamte Pufferzeit (GP) Zeitspanne zwischen frühester und spätester Lage eines Ereignisses bzw. Vorgangs
Freie Pufferzeit (FP) Zeitspanne, um die ein Ereignis bzw. ein Vorgang gegenüber seiner frühesten Lage verschoben werden kann, ohne die früheste Lage anderer Ereignisse bzw. Vorgänge zu beeinflussen
Freie Rückwärtspufferzeit (FRP) Zeitspanne, um die ein Ereignis bzw. ein Vorgang gegenüber seiner spätesten Lage verschoben werden kann, ohne dass die späteste Lage anderer Ereignisse bzw. Vorgänge beeinflusst wird
Unabhängige Pufferzeit (UP) Zeitspanne, um die ein Ereignis bzw. ein Vorgang verschoben werden kann, wenn sich seine Vorereignisse bzw. Vorgänger in spätester und seine Nachereignisse bzw. Nachfolger in frühbester Lage befinden
,
Es existieren verschiedene Verfahren der Netzplantechnik, von denen der Vorgangsknoten-Netzplan am häufigsten Verwendung findet.75 Hierbei werden die einzelnen Vorgänge als Knoten des Netzplanes, die Abhängigkeiten durch vorgangsverbindende Pfeile dargestellt. Ein Knoten bzw. Vorgangsfeld eines Netzplanes kann folgendermaßen dargestellt werden: Kapazitätsangabe
Vorgangs-Nr. Vorgangsbeschreibung Frühester Anfang (FA)
Frühestes Ende (FE)
Freier Puffer (FP)
Spätester Anfang (SA)
Spätestes Ende (SE)
Gesamtpuffer (GP)
Dauer D
Abbildung 3-4 Vorgangsfeld eines Netzplanes 74
Pufferzeit = Zeitspanne, um die, unter bestimmten Bedingungen, die Lage eines Ereignisses bzw. eines Vorgangs verändert oder die Dauer eines Vorgangs verlängert werden kann (DIN 69 900, Teil 1).
75
Daneben existieren noch der Ereignisknoten-Netzplan, bei dem Ereignisse als Knoten dargestellt werden, und der Vorgangspfeil-Netzplan, bei dem die Darstellung der Vorgänge in Pfeilform erfolgt.
3.6 Terminplanung
35
Nachdem zunächst Dauer und Abhängigkeiten aller Vorgänge des Netzplanes ermittelt wurden, werden im Zuge einer Vorwärtsrechnung die frühest möglichen Anfänge der Vorgänge einschließlich des frühest möglichen Projektendes berechnet. Anschließend werden, ausgehend von der Einhaltung des angestrebten Projektendes, die spätest möglichen Endtermine der Vorgänge ermittelt. Vorgänge, bei denen die frühest möglichen und spätest zulässigen Termine identisch sind, liegen auf dem kritischen Weg. Für die übrigen Vorgänge können entsprechende Pufferzeiten dargestellt werden. Netzpläne sind ohne besondere Fachkenntnisse nur schwer lesbar, erfordern einen in der Regel deutlich höheren Bearbeitungsaufwand als andere Darstellungsformen und bieten keine zeitproportionale Darstellung. Oftmals werden sie im Rahmen der Terminplanung für die interne Bearbeitung verwendet, während die Projektbeteiligten die transformierten Pläne z. B. in Form von Balkenplänen erhalten.
Anfang 0
NF=0
1
1
0
1
1
0
NF=0
Ausschreibung Rohbau 30
1
3
0
14
16
13
NF=0
15
18 31
0
40
31
71
50
81
121
50
90
31
121
0
31
121
0
NF=0
Vorgang D
NF=0
Ausführung Rohbau
Ausführung Ausbau NF=0
120
13
FA
FE
FP
SA
SE
GP
kritischer Weg
121
241
0
121
241
0
Baustelle räumen
NF=0
5
241
246
0
241
246
0
NF=-10t
NF=0
Außenanlagen 13 NF=0
16
0
31 NF=0
Erdarbeiten 3
31
1 NF=0
Baustelleneinrichtung 2
1
Ausschreibung Ausbau NF=0
20
Ende
111
131
110
221
241
110
NF=0
0
246
246
0
246
246
0
Abbildung 3-5 Netzplan
3.6.1.4 Liniendiagramm Liniendiagramme finden im Bauwesen vorwiegend als Weg-Zeit- oder aber als Volumen-Zeit-Diagramme Anwendung.76 Liniendiagramme werden bei Bauvorhaben mit ausgeprägter Fertigungsrichtung verwendet. Diese Darstellungsform eignet sich daher insbesondere für die Planung von Linienbaustellen (z. B. Verkehrswege- und
76
Vgl. Kochendörfer/ Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 97 ff.
36
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
Leitungsbau) aber auch für die Taktplanung wiederkehrender Prozesse bei Hochbauprojekten.
Erdarbeiten / Pla Pflaste r-
und B ordste ina
+350
+300
+250
+200
+150
+100
+50
0+000
Bei einem Weg-Zeit-Diagramm wird auf einer Achse der Baufortschritt in Fertigungsrichtung – zumeist maßstabsgerecht – aufgetragen, die andere Achse bildet die Zeitachse. Die einzelnen Tätigkeiten ergeben in diesem Diagramm Kurven, bei konstantem Arbeitsfortschritt Geraden. Die Neigung dieser Linien stellt den Arbeitsfortschritt je Zeiteinheit dar. Die Leistungsgeschwindigkeit ist bei einer zweidimensionalen Darstellung umso größer, je steiler oder – wie in nachfolgendem Beispiel – flacher die Vorgangslinie verläuft; je nachdem, ob die Zeitachse horizontal oder vertikal angeordnet ist. Gleichzeitig können die kritischen Abstände zwischen den Vorgängen direkt im Plan abgelesen werden. Arbeitsunterbrechungen werden parallel zur Zeitachse dargestellt.
Weg
num
Frostsch utzschic ht rbeite n
Lichtzeichenanlage
te Pflas
Bor r- und
en arbeit dstein
Trag schic ht
Baustelle räumen
Zeit
Abbildung 3-6 Liniendiagramm
3.6.1.5 Bauphasenplan Bei Bauphasenplänen wird der planmäßige Arbeitsfortschritt anhand von mehreren grafischen Darstellungen veranschaulicht, die den Stand der Tätigkeiten zum jeweiligen Stichtag abbilden. Damit ist diese Darstellungsform auch für einen Personenkreis ohne bauspezifische Vorkenntnisse sehr anschaulich und leicht verständlich.77 77
Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-214 f.
3.6 Terminplanung
37
Andererseits enthält diese abstrahierende Stichpunktbetrachtung nur einen groben und eingeschränkten Informationsgehalt und ist für komplexe Bauabläufe und die Planungskoordination nicht geeignet, kann aber sehr wohl als Ergänzung einer weiteren Darstellungsform der Terminplanung eingesetzt werden.
3.6.2 Vorgangsabhängigkeiten, Anordnungsbeziehungen Die einzelnen Vorgänge des Terminplans sind Bestandteil eines strukturierten Gesamtablaufs. Hierbei bestehen Abhängigkeiten zwischen den Vorgängen, die auch als Anordnungsbeziehungen bezeichnet werden. Diese Abhängigkeiten können sowohl technischer als auch betrieblicher Art sein. Abhängigkeiten technischer Art beeinflussen die Ablaufstruktur auf Grund konstruktiver, technologischer und bautechnischer Gesichtspunkte. Hierbei stellt sich die Frage, welcher Vorgang oder Teile davon fertig gestellt sein muss, damit der betrachtete Vorgang beginnen oder enden kann. Daneben können auch betriebsbedingte (Bereitstellung von Ressourcen), rechtliche (Baugenehmigung) oder sonstige externe Bedingungen ausschlaggebend sein.78 Bei einer zeitlichen Folge voneinander abhängiger Vorgänge werden die unmittelbar vor- bzw. nachgeordneten Vorgänge als Vorgänger bzw. Nachfolger bezeichnet. Anordnungsbeziehungen bezeichnen quantifizierbare Abhängigkeiten zwischen Ereignissen oder Vorgängen und stellen die Abhängigkeiten der Vorgänge untereinander, die Reihenfolge und Startbedingungen der Vorgänge oder Abhängigkeiten von Ereignissen dar:
Normalfolge (NF) oder auch Ende-Anfang-Beziehung (EA) Anordnungsbeziehung vom Ende eines Vorgangs zum Anfang seines Nachfolgers
Anfangsfolge (AF) oder auch Anfang-Anfang-Beziehung (AA) Anordnungsbeziehung vom Anfang eines Vorgangs zum Anfang seines Nachfolgers
Endfolge (EF) oder auch Ende-Ende-Beziehung (EE) Anordnungsbeziehung vom Ende eines Vorgangs zum Ende seines Nachfolgers
Sprungfolge (SF) oder auch Anfang-Ende-Beziehung (AE) Anordnungsbeziehung vom Anfang eines Vorgangs zum Ende seines Nachfolgers
Eine Normalfolge, bei der ein Nachfolgevorgang unmittelbar nach Beendigung seines Vorgängers ohne Wartezeit beginnen kann, wird kurz mit NF=0 bezeichnet. Beim Einsatz von Anordnungsbeziehungen ist auf eine eindeutige Darstellung der zeitlichen Abstände zu achten.79
78
Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 136
79
Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Ein Arbeitstag bezeichnet schlicht einen Tag, an dem gearbeitet wird. Dies kann auch ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag sein. Üblicherweise werden für eine volle Woche fünf Arbeitstage angesetzt.
38
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen Balkenplan
Anfangsfolge (AF); Anfang-AnfangBeziehung (AA)
Endfolge (EF); Ende-EndeBeziehung (EE)
Sprungfolge (SF); Anfang-EndeBeziehung (AE)
Liniendiagramm
A
Normalfolge (NF); Ende-AnfangBeziehung (EA) - ohne Wartezeit -
Normalfolge (NF); Ende-AnfangBeziehung (EA) - mit Wartezeit -
Netzplan
A
NF 0
B
A
t A
NF t
t
B
A
B A t
B
A
t
A
A
AF t
EF t
B
A
B
B
t B
A
B
B
B
t A
B
A t
A
SF t
B
B
t A
B
Abbildung 3-7 Anordnungsbeziehungen80
3.6.3 Ermittlung der Vorgangsdauern Die Berechnung der Vorgangsdauern für die Terminplanung erfolgt durch Quantifizierung des Arbeitsumfangs, den Ansatz entsprechender Zeitbedarfs- oder Aufwandswerte für die Leistungserbringung und unter Berücksichtigung der einzusetzenden Arbeitskräfte, sonstiger Kapazitäten sowie der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit. Die kalkulativen Zeitbedarfswerte stammen im Regelfall aus der unternehmensinternen Nachkalkulation. Daneben existieren zahlreiche Publikationen mit statistisch ermittelten Kennwerten, die jedoch unter Umständen auf die projektspezifischen Einflussfaktoren angepasst werden müssen. Eine Prognose von Vorgangsdauern ist stets mit Unsicherheiten behaftet. Daher sollten die Vorgangsdauern bei zunehmendem Detaillierungsgrad oder Fortschreibung der Terminplanung wiederholt auf die aktualisierten Rahmenbedingungen abgestimmt werden. 80
In Anlehnung an Kochendörfer/ Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 103
3.7 Kalkulation
39
Tabelle 3.1 Zeitbedarfswerte und Tagesleistungen im Ausbau81 Zeitwert (h/m2)
Kolonnenstärke
Tagesleistung (m2/Tag)
Wochenleistung (m2/Woche)
Betonwerkstein
1,00
3
24
120
Zimmerarbeiten
0,20
4
160
800
Dachdeckung – Ziegel – Blech
1,30 1,00
3 3
18 24
90 120
Putzarbeiten – Innen – Außen
0,50 1,20
48 20
240 100
Fliesenarbeiten – Wand – Boden
1,50 1,00
11 16
55 80
Estricharbeiten
0,30
2+1
80
400
Malerarbeiten
0,30
4
107
535
Bodenbeläge (Textil)
0,30
2
53
265
43 71
215 355
Leistung
Trockenbau – abgehängte Decke – Paneel-Decke
2+1
2
4 0,75 0,45
Tabelle 3.2 Zeitbedarfswerte für die haustechnischen Gewerke82 Gewerk
Zeitaufwand
Klima / Lüftung
0,20 – 0,25 h/m3 BRI
Heizung
0,10 – 0,15 h/m3 BRI
Sanitär
0,15 – 0,25 h/m3 BRI
Elektro
0,25 – 0,35 h/m3 BRI
3.7 Kalkulation Um Nachtragsforderungen sachgemäß beurteilen zu können, ist ein Grundverständnis für die Kalkulationsverfahren von Bauunternehmungen unerlässlich, da im Regelfall Mehrkostenforderungen auf die Preisermittlungsgrundlagen und somit die Urkalkulation der Unternehmen abzustellen sind. Die Qualität der kalkulatorisch ermittelten Vertragspreise bzw. das Vertragspreisniveau soll auch bei Nachtragsvergütungen erhalten bleiben. 81
Vgl. Kochendörfer/Liebchen/Viering, 2006, S.116; Greiner/Mayer/Stark, 2007, S.161
82
Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2007, S.162
40
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
3.7.1 Bauauftragsrechnung Die Hauptaufgaben der Bauauftragsrechnung bestehen in der Kostenermittlung für Bauleistungen vor, während und nach der Leistungserstellung. In Abhängigkeit vom Abwicklungsstadium des Bauauftrags werden die in Abbildung 3-8 dargestellten Kalkulationsarten unterschieden:
Erstellung des Angebots
Auftragsverhandlungen
Arbeitsvorbereitung
vor Auftragserteilung
Erstellung der Bauleistung
nach Auftragserteilung
Kalkulation
Nachkalkulation
Vorkalkulation
Angebotskalkulation
Auftragskalk. (Vertragskalk.)
Arbeitskalkulation
Nachtragskalkulation
Abbildung 3-8 Aufbau der Bauauftragsrechnung83
Vor Vertragsschluss wird durch das Unternehmen zunächst eine Angebotskalkulation erarbeitet, die sich an der auftraggeberseitig vorgegebenen Leistungsbeschreibung und den Rahmenbedingungen ausrichtet. Sie dient der Ermittlung der zu erwartenden Kosten und der Angebotspreisfindung. Die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültige Angebotskalkulation wird als Auftrags- oder Vertragskalkulation bezeichnet und kann entweder die unveränderte oder eine im Zuge der Auftragsverhandlungen modifizierte und beispielsweise mit einem Nachlass versehene Angebotskalkulation sein. Für öffentliche Auftraggeber sind Verhandlungen über den Angebotspreis jedoch unzulässig. Da Nachtragsforderungen im Regelfall, zumindest wo möglich, auf die Preisermittlungsgrundlagen des Hauptvertrags abzustellen sind, ist die Auftrags- oder Vertragskalkulation für die Kalkulation von Nachtragsangeboten von maßgebender Bedeutung. Bei sorgfältiger Ausschreibung wird der Auftraggeber bereits mit dem Angebot die verschlossene und versiegelte Kalkulation zur Hinterlegung verlangen, um dadurch die Preisermittlungsgrundlagen zu dokumentieren und im Bedarfsfall einsehen zu können. Diese hinterlegte Kalkulation wird auch als Urkalkulation bezeichnet.
83
Vgl. hierzu Drees/Paul, 2002, S. 20; KLR Bau, 2001, S. 30
3.7 Kalkulation
41
Die Arbeitskalkulation dient der Konkretisierung der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oftmals auf Erfahrungswerte, frühere Angebote, unvollständige Preisanfragen und grobe Planungsvorgaben gestützten Kalkulation. Sie ist Basis des KostenControllings für das Bauunternehmen. Im Rahmen der abschließenden Nachkalkulation werden die bei der Ausführung tatsächlich entstandenen Kosten ermittelt, so dass die Ansätze der Vorkalkulation überprüft und für künftige Bauvorhaben Richtwerte für die Erstellung von Angebotskalkulationen geschaffen werden können.
3.7.2 Kalkulationselemente Die Kalkulation setzt sich aus verschiedenen Leistungselementen zusammen, die nachfolgend kurz erläutert werden: Einzelkosten der Teilleistungen (EKdT) Die Einzelkosten der Teilleistungen, das heißt die einzelnen Teilleistungen direkt und verursachergerecht zurechenbaren Kosten, können in Kostenartengruppen untergliedert werden. Die Einzelkosten werden folglich ohne Schlüsselung direkt dem jeweiligen Kostenträger zugeordnet. Nach Vorgabe der Kosten- und Leistungsrechnung Bau (KLR Bau) werden acht Kostenarten unterschieden, die in der Praxis häufig zu vier Kostenarten verdichtet werden (Lohnkosten, Gerätekosten, Sonstige Kosten und Fremdleistungskosten). Gemeinkosten der Baustelle (BGK) Gemeinkosten der Baustelle sind solche Kosten, die durch das Betreiben der Baustelle als Ganzes entstehen und sich keiner Teilleistung direkt zuordnen lassen.84 Die Gemeinkosten der Baustelle werden in einer gesonderten Berechnung erfasst und bei der Bildung der Einheitspreise den Einzelkosten der Teilleistungen indirekt über Verteilungsschlüssel zugeschlagen. Einen Sonderfall bilden die unechten Gemeinkosten, die zwar bestimmten Leistungen direkt zurechenbar wären, aber aus Vereinfachungsgründen wie Gemeinkosten behandelt werden. Dies ist vorwiegend der Fall, wenn die direkte Zuordnung dieser Kosten zu den einzelnen Kostenträgern einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde, z. B. bei Kleinmaterialien wie Schrauben. Im Zusammenhang mit der Kostenermittlung eines Bauprojektes ist es notwendig, die Kosten nach ihrem zeitlichen Verhalten zu differenzieren. Während sich bestimmte Kostenarten in Abhängigkeit der Dauer des Bauvorhabens – oft zeitproportional – verändern, fallen andere Kosten nur einmal an und sind unabhängig von der Bauzeit. Diese Unterscheidung ist von besonderer Bedeutung bei der Bewertung einer Bauzeitveränderung, z. B. im Zusammenhang mit Leistungsänderungen, Zusatzleistungen und Behinderungen. 84
Vgl. KLR Bau, 2001, S. 41
42
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen Baustellengemeinkosten
Zeitunabhängige Gemeinkosten
Zeitabhängige Gemeinkosten
Kosten der Baustelleneinrichtung
Vorhaltekosten
Ladekosten Frachtkosten Auf-/Um-/Abbaukosten
Geräte Besondere Anlagen Baracken, Container Fahrzeuge Einrichtung, Büroausstattung Rüst-/Schal- und Verbrauchsstoffe
Kosten der Baustellenausstattung Hilfsstoffe Werkzeuge und Kleingeräte Ausstattung für Büros und Unterkünfte (soweit nicht unter zeitabh. Kosten erfasst) Technische Bearbeitung und Kontrolle Konstruktive Bearbeitung Arbeitsvorbereitung Baustoffprüfung, Bodenuntersuchung Bauwagnisse Sonderwagnisse der Bauausführung Versicherungen Sonderkosten Ungewöhnliche Bauzinsen Lizenzgebühren Lohnsummensteuer ARGE-Kosten Winterbaumaßnahmen Sonstige einmalige Kosten
Betriebskosten Geräte Besondere Anlagen Unterkünfte Fahrzeuge Kosten der örtlichen Bauleitung Gehälter Telefon, Porto, Büromaterial Pkw-/Reisekosten Allgemeine Baukosten Hilfslöhne Instandhaltung der Wege, Plätze und Zäune Pachten und Mieten Kosten zur Versorgung der Baustelle
Abbildung 3-9 Zeitunabhängige und zeitabhängige Baustellengemeinkosten85
Allgemeine Geschäftskosten (AGK) Während die Gemeinkosten der Baustelle auftragsbedingt anfallen, entstehen die Allgemeinen Geschäftskosten durch den Betrieb als Ganzes und nicht durch einen bestimmten Bauauftrag. Hierzu zählen u. a. die Kosten der Unternehmensleitung oder -verwaltung, Büromieten, Betriebskosten, Kosten des Bauhofes, Steuern, öffentliche Abgaben (sofern nicht gewinnabhängig), Werbung, allgemeine Rechtsberatung und die Unternehmenspräsentation.86 Die Allgemeinen Geschäftskosten können den einzelnen Bauaufträgen nur mit Hilfe von Zuschlagssätzen, die im Allgemeinen zwischen 6 % und 8 % der Auftragssumme liegen, zugerechnet werden.87
85
Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-63
86
Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 663
87
Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-67; nach Auffassung Brecheler/Friedrich/Hilmer/Weis, 1998, S. 66, liegt der AGK-Anteil in der Größenordnung von 8 % bis 15 % des Nettoumsatzes.
3.7 Kalkulation
43
Wagnis und Gewinn (WuG) Der Zuschlag für Wagnis und Gewinn wird in der Regel in einem Prozentsatz, bezogen auf den Umsatz (Nettoangebotspreis), ausgedrückt. Der Wagnisanteil deckt das allgemeine Unternehmenswagnis, das Kalkulationswagnis, Preiswagnis, Wagnis aus personellen Fehlleistungen und das Gewährleistungswagnis nach Abnahme ab.88 Wagnisse, die sich individuell aus einem Bauobjekt ergeben, sind innerhalb der Baustellengemeinkosten als Sonderwagnisse anzusetzen.89 Der Wagnisanteil dient in der Kalkulation zur Berücksichtigung kostenverursachender, im Einzelnen aber unvorhersehbarer Ereignisse, mit deren Eintreten aber auf Grund der betrieblichen Erfahrung gerechnet werden muss. Den Selbstkosten des Unternehmers, also der Summe aus den Einzelkosten der Teilleistungen, den Baustellengemeinkosten und den Allgemeinen Geschäftskosten, wird ein Gewinnzuschlag hinzugerechnet. Dieser kann bei schwierigen Marktverhältnissen durchaus ǂ 0 sein, sollte sich aber jedenfalls mittel- bis langfristig positiv entwickeln. Da ein kalkuliertes aber nicht realisiertes Wagnis als Gewinn erscheint, werden Wagnis und Gewinn zusammengefasst und üblicherweise mit einem gemeinsamen Prozentsatz in die Kalkulation aufgenommen.90
3.7.3 Kalkulationsverfahren Im Baugewerbe finden wegen der Einzelfertigung auf immer wieder neuen Baustellen mit jeweils projektspezifischen Produktionsbedingungen die in der stationären Industrie verwendeten Kalkulationsverfahren, beispielsweise die Divisionskalkulation, nicht oder nur sehr vereinzelt Anwendung. Das für Bauprojekte übliche Kalkulationsverfahren ist die Zuschlagskalkulation, entweder als Kalkulation über die Angebotssumme oder aber als Kalkulation mit vorberechneten Zuschlägen. Bei einer Zuschlagskalkulation werden die Gesamtkosten in Einzel- und Gemeinkostenanteile untergliedert. Im Rahmen der Kalkulation von Bauleistungen auf Grundlage eines Leistungsverzeichnisses können die Einzelkosten der Teilleistungen den Positionen direkt zugeordnet werden. Die Gemeinkosten der Baustelle, die Allgemeinen Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn werden auf die Leistungspositionen umgelegt. Der Einheitspreis beinhaltet demnach einen Kostenanteil, der dieser Position direkt zuzuordnen ist und auch nur auf Grund dieser Position verursacht wird sowie einen weiteren Anteil der insgesamt anfallenden oder im Fall von Wagnis und Gewinn erwünschten Gemeinkosten. Aus der Summe der Einzelkosten der Teilleistungen und den umgelegten Gemeinkostenanteilen ergibt sich die Angebotssumme.
88
Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 663; Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-67
89
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 20
90
Kapellmann hält die Unterscheidung zwischen Wagnis und Gewinn im Rahmen der Kalkulation sogar für unrichtig und sinnlos (Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 139).
44
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
a) Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen91 Bei kleineren oder gleichartigen Bauvorhaben wird gelegentlich auf eine detaillierte Bestimmung der Gemeinkosten verzichtet. Die Zuschläge werden mit Hilfe der Baubetriebsrechnung oder auf Grund von Erfahrungswerten mit ähnlichen Bauwerken festgelegt. Diese Variante ist eine Vereinfachung der unter b) beschriebenen Kalkulation über die Angebotssumme und immer dann anwendbar, wenn für die Kalkulation einer Baumaßnahme genügend Erfahrungswerte von früheren Baumaßnahmen mit vergleichbarer Kostenstruktur vorliegen und herangezogen werden können.
Einzelkosten der Teilleistungen
Gemeinkosten der Baustelle
Allgemeine Geschäftskosten
Wagnis und Gewinn
Netto-Angebotssumme
Mehrwertsteuer
Brutto-Angebotssumme
Abbildung 3-10 Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen
91
Auch als „Kalkulation mit vorberechneten Zuschlägen“ bezeichnet.
Ermittlung der Einheitspreise
Herstellkosten
Selbstkosten
Den direkten Kosten der einzelnen Teilleistungen werden prozentual vorgegebene Deckungsanteile der Baustellengemeinkosten, der Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn hinzugerechnet.
3.7 Kalkulation
45
b) Kalkulation über die Angebotssumme92 Das am häufigsten verwendete Zuschlagsverfahren ist die Kalkulation über die Angebotssumme. Hierbei werden die Baustellengemeinkosten nicht anhand eines pauschalen Zuschlagsatzes, sondern objektspezifisch kalkulativ ermittelt. Die Allgemeinen Geschäftskosten sowie die Zuschläge für Wagnis und Gewinn werden, wie bei der Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen auch, mit vorberechneten Zuschlagsätzen den Herstellkosten hinzugerechnet. Durch eine möglichst detaillierte Ermittlung der projektspezifischen Baustellengemeinkosten werden die Besonderheiten und Rahmenbedingungen der jeweiligen Baumaßnahme berücksichtigt und die Kalkulationsrisiken erheblich verringert.
Herstellkosten
Selbstkosten
Bei der Kalkulation über die Angebotssumme kann der Umlagebetrag mit einem einheitlichen oder auch unterschiedlichen Zuschlagsätzen auf alle Kostenarten verteilt werden
Einzelkosten der Teilleistungen
Ermittlung der Einheitspreise
Gemeinkosten der Baustelle
Allgemeine Geschäftskosten
Wagnis und Gewinn
Netto-Angebotssumme
Mehrwertsteuer
Brutto-Angebotssumme
Abbildung 3-11 Kalkulation über die Angebotssumme
92
Auch als „Kalkulation über die Angebotsendsumme“ bezeichnet.
Ermittlung der Einzelkostenzuschläge
46
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
3.7.4 Verfahrensablauf der Kalkulation über die Angebotssumme Bei einer Kalkulation über die Angebotssumme sind zwei Rechengänge durchzuführen: Zunächst wird die vorläufige Angebotssumme durch Addition der Einzelkosten der Teilleistungen, den Gemeinkosten der Baustelle sowie den umsatzbezogenen Gemeinkosten ermittelt. Die Summe aller Kosten ist in einem zweiten Schritt auf die einzelnen Positionen zu verteilen. Daraus ergeben sich die Einheitspreise der Positionen, die neben den direkten Einzelkosten der Teilleistungen zudem Deckungsanteile der Gemeinkosten enthalten.
3.7.4.1 Ermittlung der Einzelkosten der Teilleistungen Ausgehend von einer Gliederung der Kosten in vier unterschiedliche Kostenarten werden in einem ersten Kalkulationsschritt zunächst die Einzelkosten der jeweiligen Teilleistungen getrennt nach Lohnkosten, Gerätekosten, Sonstigen Kosten und Fremdleistungskosten ermittelt. Die Kostenartengliederung kann auch in anderer Weise mit weniger oder mehr Kostenarten vorgenommen werden. Ein Ansatz mit vier Kostenarten hat sich in der Praxis jedoch im Allgemeinen als ausreichend erwiesen. Hierzu zählen die Lohnkosten der einzelnen Teilleistungen, die sich aus der Multiplikation des erwarteten Aufwandswertes (Arbeitsstunden je Mengeneinheit) und dem angesetzten Mittellohn ergeben. Unter Mittellohn versteht man das arithmetische Mittel sämtlicher auf einer Baustelle oder in Teilbetrieben einer Baustelle voraussichtlich entstehenden Lohnkosten je Arbeitsstunde.93 Folgende Mittellöhne werden in der Bauwirtschaft gebildet: Tabelle 3.3 Die verschiedenen Mittellohnarten Bezeichnung
Beschreibung
Mittellohn A
Mittellohn Arbeiter – Mittellohn ohne anteilige Kosten des aufsichtführenden Personals, auch als Grundmittellohn bezeichnet
Mittellohn AP
Mittellohn Arbeiter und Poliere – Mittellohn mit anteiligen Kosten des aufsichtführenden Personals
Mittellohn APS bzw. Mittellohn AS
Der Mittellohn A und P einschließlich der Anteile für lohngebundene Kosten (Sozialkosten) wird als Mittellohn AS bzw. Mittellohn APS bezeichnet
Mittellohn APSL bzw. Mittellohn ASL94
Durch die Einbeziehung der Lohnnebenkosten in den Mittellohn APS oder AS ergibt sich der Mittellohn APSL bzw. ASL
93
KLR Bau, S. 32
94
Die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen veröffentlichten Formblätter EFB 1a und EFB 1b erweitern den Mittellohn APSL bzw. ASL um „Sonstiges“ und bezeichnen diesen Lohn als Kalkulationslohn. Im Formblatt EFB-Preis 1c wird der Mittellohn APS bzw. AS als Kalkulationslohn bezeichnet (vgl. hierzu Drees/Paul, 2002, S. 51).
3.7 Kalkulation
47
Im Rahmen der Baukalkulation werden die Lohnkosten anhand des Mittellohns einschließlich lohngebundener Kosten und Lohnnebenkosten (APSL bzw. ASL) berechnet. Die Verwendung von Mittellöhnen dient der Vereinfachung der Kalkulation, führt aber gleichzeitig zu Kalkulationsungenauigkeiten. Die kalkulierten Gerätekosten umfassen im Regelfall nur die Vorhaltekosten. Hierzu zählen:
Kalkulatorische Abschreibung und Verzinsung
Reparaturkosten
Fremdmieten der Geräte
Kosten des Gerätebetriebs (Betriebs- und Schmierstoffe, Bedienung) und der Gerätebereitstellung (Transport, Auf- und Abbau) werden meist anderen Kostenartengruppen wie Lohn- und Gehaltskosten oder Baustelleneinrichtung zugerechnet. Zur Berechnung der Gerätekosten kann die Baugeräteliste 2001 (BGL)95 herangezogen werden. Gerätekosten, die nicht eindeutig als Bestandteil einer bestimmten Teilleistung zu klassifizieren sind und für die Ausführung unterschiedlicher Teilleistungen verwendet werden, können entweder als eigene Position oder aber auch in den Gemeinkosten der Baustelle Berücksichtigung finden. Die Sonstigen Kosten umfassen vorwiegend die für die jeweilige Teilleistung benötigten Kosten der Bau- und Fertigungsstoffe. Diese setzen sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:
Einkaufspreis nach Abzug aller Rabatte ohne Skontoabzug
Bezugskosten für die Anlieferung zur Baustelle
Baustoffverluste (z. B. infolge von Streuverlusten, Bruch, Verschnitt)
Hinzu kommen Kosten des Rüst-, Schal- und Verbaumaterials einschließlich der Hilfsstoffe sowie alle übrigen Kosten, die sich eindeutig einer bestimmten Teilleistung zuordnen lassen und nicht zu den Lohn- oder Gerätekosten zählen. Als Fremdleistungskosten werden die Leistungen gewertet, die zwar Bestandteil der vertraglich zu erbringenden Bauleistung sind, jedoch nicht selbst ausgeführt sondern von einem Nachunternehmer erbracht werden. Hier hat der Hauptunternehmer nur Bauleitungsaufgaben, so dass hier der Ansatz für die Allgemeinen Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn geringer veranschlagt werden kann als bei Eigenleistungen. 95
Baugeräteliste 2001 (BGL), herausgegeben vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Wiesbaden; Berlin: Bauverlag, 2001
48
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
Damit können nun für jede Teilleistung bzw. Position entsprechend dem Kostenverursachungsprinzip die direkten Kosten berechnet werden.
3.7.4.2 Ermittlung der Angebotssumme Nachdem die direkten Kosten der einzelnen Positionen, die Einzelkosten der Teilleistungen, ermittelt wurden, müssen die Kosten – wieder getrennt nach Kostenarten (Lohnkosten, Gerätekosten, Sonstigen Kosten und Fremdleistungskosten) – ermittelt werden, die zwar durch die Baumaßnahme insgesamt anfallen, aber nicht oder nur mit unwirtschaftlichem Aufwand einzelnen Positionen zugeordnet werden können. Diese als Gemeinkosten der Baustelle bezeichneten Kosten bilden zusammen mit der Summe der Einzelkosten der Teilleistungen die Herstellkosten, die unmittelbar durch die Leistungserbringung entstehen. Hinzu kommt noch ein umsatzbezogener Anteil für die Allgemeinen Geschäftskosten, der in Verbindung mit den Herstellkosten zu den Selbstkosten des Unternehmens führt. Abschließend wird den Selbstkosten ein prozentualer Ansatz für Wagnis und Gewinn zugerechnet, um die (vorläufige) Angebotssumme zu erhalten. Die Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn werden in der Regel mit umsatzbezogenen Prozentsätzen in die Kalkulation einbezogen. In diesem Kalkulationsschritt ist der Umsatz, also die Angebotssumme inklusive der umsatzbezogenen Kostenelemente, noch nicht bekannt. Es ist daher eine Umrechnung der umsatzbezogenen Elemente auf eine bis dahin errechenbare Bezugsgröße erforderlich. Dies sind die Herstellkosten, so dass eine Umrechnung der umsatzbezogenen Kostenelemente in Bezug auf die Herstellkosten wie folgt durchgeführt werden muss:
pȇ
100 x p 100 p
p = Prozentsatz der Zuschläge bezogen auf die Angebotssumme p’ = Prozentsatz der Zuschläge bezogen auf die Herstellkosten Beispiel:
AGK – 8 % der Angebotsendsumme WuG – 4 % der Angebotsendsumme p’ = AGK + WuG, bezogen auf die Herstellkosten pȇ
100 x (8 4) 13 ,64 % 100 (8 4)
3.7 Kalkulation
49
3.7.4.5 Ermittlung der Einzelkostenzuschläge Nachdem die Angebotssumme ermittelt wurde, müssen die Gemeinkosten der Baustelle, die Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn nach einem zu wählenden Schlüssel als Zuschläge auf die Einzelkosten der Teilleistungen verteilt werden. Hierbei werden zumeist unterschiedliche Zuschlagsätze für die einzelnen Kostenarten verwendet. Üblicherweise wird eine Verteilung gewählt, bei der die Lohnkosten einen hohen Anteil, die übrigen Kostenarten einen vergleichsweise niedrigen Anteil erhalten:
Sonstige Kosten
10 bis 20 %
Gerätekosten
10 bis 20 %
Kosten der Fremdleistungen
5 bis 15 %
Der Restumlagebetrag ist anschließend auf die Lohnkosten umzulegen: Lohnzuschlag
Restumlage betrag x 100 [%] Summe der Einzelkosten Löhne
Der um den Lohnzuschlag erhöhte Mittellohn (ASL bzw. APSL) wird auch als Kalkulationslohn bezeichnet. Vorsicht ist geboten, falls ein überwiegender Teil der Leistungen von Nachunternehmern erbracht werden soll. Hier kann die Zuschlagsverteilung auf die geringe Zahl der mit Eigenlohnanteilen kalkulierten Positionen zu völlig verzerrten Einheitspreisen führen, die bei der Ableitung einer Nachtragsforderung zu Problemen führen können. Für diesen speziellen Fall ist eine einheitliche Verteilung der Zuschläge zweckmäßiger.
3.7.4.6 Ermittlung der Einheitspreise Mit den im vorangegangenen Schritt ermittelten Zuschlagsätzen werden nun die einzelnen Kalkulationsansätze der Kostenarten beaufschlagt. Die mit den Umlageanteilen beaufschlagten Kostenarten der einzelnen Teilleistungen werden aufsummiert und ergeben somit den Einheitspreis. Dadurch sind die Kosten, die nicht direkt einzelnen Teilleistungen bzw. Positionen zugeordnet werden können vollständig über Zuschlagsätze in indirekter Form berücksichtigt. Die Addition der mit den jeweiligen Mengenansätzen (Vordersätzen) multiplizierten Einheitspreise führt zur Angebotssumme, die von der vorab berechneten Angebotssumme auf Grund von Rundungsungenauigkeiten geringfügig abweichen kann.
50
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
3.7.5 Die EFB-Blätter der öffentlichen Auftraggeber Bei Baumaßnahmen öffentlicher Auftraggeber muss der Bieter die Gliederung seiner Angebotssumme gemäß Vergabehandbuch, Ausgabe 2002, darlegen. Der Bieter hat, sofern die Angebotssumme mehr als 50.000 € beträgt, das seiner Kalkulationsmethode entsprechende EFB-Preis-Formblatt96 auszufüllen und mit seinem Angebot abzugeben.97 Erforderliche Eintragungen sind
die Einzelkosten der Teilleistungen: – Löhne, – Sonstige Kosten, – Gerätekosten und – Fremdleistungen;
die Gemeinkosten der Baustelle und
die umsatzbezogenen Gemeinkosten (Allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn).
Die Formblätter sollen aussagekräftige Grundlagen für die Beurteilung der Angemessenheit der Angebotspreise schaffen, können aber auch als Grundlage zur Wertung von Nachtragsangeboten herangezogen werden. Die EFB-Blätter werden häufig auch als „Lügenblätter“ tituliert, obwohl dies aus baubetrieblicher Sicht keine treffende Bezeichnung ist, da bei korrekter Angabe der in den EFB-Blättern abgefragten Details sich für zusätzliche und geänderte Leistungen eine für beide Seiten vernünftige und belastbare Grundlage ergibt, um prüfbare Nachtragspreise ermitteln zu können.98 Langwierige Nachtragsverhandlungen können dadurch auf ein vertretbares Maß reduziert werden. Die Formblätter EFB Preis 1 a–d, in denen Angaben zur Kalkulation zu machen sind und die ausdrücklich nicht Angebots- bzw. Vertragsbestandteil werden, dienen der Preisprüfung bei Vergabe und können bei der Bildung und Beurteilung von Nachtragspreisen als Kalkulationsgrundlage herangezogen werden.99 Bei Zweifeln an der Schlüssigkeit und Richtigkeit der Eintragungen in diese Formblätter darf der Auftraggeber umfassende Klärung verlangen. 96
EFB-Preis 1a – Angaben zur Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen EFB-Preis 1b – Angaben zur Kalkulation über die Endsumme EFB-Preis 1c – Angaben zur Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen bei Leistungen des Ausbaugew. EFB-Preis 1d – Angaben zur Kalkulation bei Leistungen des Maschinenbaus und der Elektrotechnik EFB-Preis 2 – Aufgliederung wichtiger Einheitspreise
97
VHB 2002, § 10 A, Seite 2 von 4
98
Vgl. Reister, 2004, S. 156
99
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 24 VOB/A Rdn. 12
3.7 Kalkulation
51
12,90 12,41 1,94 27,25
27,25
33,51
9,13 36,38
Abbildung 3-12 Anwendungsbeispiel zum Formblatt EFB-Preis 1b (Seite 1 von 2)
52
3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
27,25 €/h
9.800 h =
267.050,00
33,51
89.479,77
in 2.4 enth.
-
-
48.500,00
15,00
7.275,00
274.350,00
15,00
41.152,50
27.200,00
10,00
2.720,00
617.100,00
140.627,27
4.750,00 -
8.800,00
17.650,00
4.400,00
14.100,00 49.700,00 60.618,18 30.309,09 140.627,27 757.727,27
Abbildung 3-13 Anwendungsbeispiel zum Formblatt EFB-Preis 1b (Seite 2 von 2)100 100
Zeile 2.1 (Umlage auf eigene Lohnkosten): 89.479,77 € / 267.050,00 € = 33,5067 %, gerundet 33,51 %
53
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen In diesem Kapitel werden die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen und Auswirkungen von Nachträgen dargestellt. Hierbei wird die in Kapitel 2 vorgenommene Definition eines Nachtrags zu Grunde gelegt, die alle Ansprüche auf Vergütungsanpassung und Bauzeitverlängerung durch nach Vertragsschluss eingetretene Änderungen des Bauinhalts oder der Bauumstände erfasst. In der Fachliteratur wird der Begriff des Nachtrags zum Teil deutlich enger gefasst. Es erscheint jedoch auf Grund der unterschiedlichen Abgrenzung sinnvoll, alle möglichen Ursachen für Vergütungsanpassungen und Bauzeitmodifizierungen zu berücksichtigen. Die vier Ursachenblöcke von Nachträgen sind
Preisanpassungen während der Bauzeit,
Leistungsänderungen bzw. Zusatzleistungen,
Leistungsstörungen und
grobe Fehler in der Preisermittlung.
Die nachfolgend aufgeführten möglichen Nachtragsursachen werden in diesem Kapitel eingehend behandelt. Tabelle 4.1 Mögliche Nachtragsursachen Nachtragsursache
Anspruchsgrundlage
Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln Mengenänderungen
Kapitel Kapitel 4.1
§ 2 Nr. 3 VOB/B
Kapitel 4.2
§ 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B
Kapitel 4.3
Selbstübernahme oder Entfall von Leistungen
§ 2 Nr. 4 VOB/B
Kapitel 4.4
Leistungen ohne Auftrag
§ 2 Nr. 8 VOB/B
Kapitel 4.5
Besondere planerische Leistungen
§ 2 Nr. 9 VOB/B
Kapitel 4.6
Stundenlohnarbeiten
§ 2 Nr. 10 VOB/B
Kapitel 4.7
Behinderung des Auftragnehmers
§ 6 VOB/B
Kapitel 4.8
Entschädigungsanspruch
§ 642 BGB
Kapitel 4.9
§ 2 Nr. 7 VOB/B / § 313 BGB
Kapitel 4.10
HOAI
Kapitel 4.11
Geänderte und zusätzliche Leistungen
Störung der Geschäftsgrundlage Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen
54
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
4.1 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln Der einmal vertraglich vereinbarte Preis, egal ob beim Einheitspreisvertrag, beim Pauschalvertrag oder beim Stundenlohnvertrag, ist immer Festpreis, d. h. er verändert sich während der Laufzeit des Vertrags nicht, unabhängig davon, wie sich die Kosten des Auftragnehmers entwickeln. Ausnahmen hiervon sind die Regelungen des § 2 Nr. 3 VOB/B zu Mengenänderungen beim Einheitspreisvertrag (Kapitel 4.2) sowie der Entschädigungsanspruch nach § 2 Nr. 7 VOB/B (Kapitel 4.10). Soll der Preis während der Vertragslaufzeit veränderlich sein, muss dies ausdrücklich durch Gleitklauseln vereinbart werden. Der öffentliche Auftraggeber kann entsprechend § 15 VOB/A eine solche Änderungsmöglichkeit der Vergütung ausschreiben und vereinbaren, wenn „wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten (sind), deren Eintritt oder Ausmaß ungewiss ist.“ Ist das Preiswagnis hinsichtlich der Lohn- oder Baustoffkosten für den Auftragnehmer besonders hoch, können für Löhne, bei denen in ihrem Ausmaß nicht absehbare Änderungen zu erwarten sind und für Baustoffe, bei denen mit erheblichen Preisänderungen zu rechnen ist, Preisvorbehalte in Form von Preisgleitklauseln vereinbart werden. Voraussetzung hierfür ist, dass wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten sind, deren Eintritt oder Ausmaß zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ungewiss ist.101 Die Einzelheiten hierzu sind im Rahmen des Bauvertrags präzise zu regeln. Zu beachten ist dabei, dass jede Gleitklausel die tatsächlichen Voraussetzungen, gemäß denen sich der Festpreis ändern soll, klar festlegen und eindeutig regeln muss, was anstelle des Festpreises für die Vergütung der nach einem festgelegten Stichtag erstellten Leistung gelten soll.102 Neben den hier beschriebenen Lohn- und Stoffpreisgleitklauseln finden auch Indexklauseln und Umsatzsteuerklauseln vereinzelt Anwendung.
4.1.1 Lohnpreisgleitklauseln Für die Vereinbarung von Lohnpreisgleitklauseln existieren drei gebräuchliche Verfahren: a) Centklausel In der Praxis am weitesten verbreitet ist die Centklausel. Bei dieser wird bei einer Lohnänderung um einen Cent je Stunde die Vergütung für die nach Wirksamwerden der Lohnänderung zu erbringende Leistung um einen im Vertrag vereinbarten Änderungssatz erhöht oder auch vermindert. Der Personalkostenanteil an der Auftrags-
101
Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 15 VOB/A Rdn. 7
102
Vgl. Reister, 2004, S. 182
4.1 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln
55
summe muss dabei vom Bieter vorab festgelegt werden, und zwar mittelbar durch Angabe des Änderungssatzes. Ausgangsfaktoren für die Mehr- oder Mindervergütung sind
der für die Bauarbeiten maßgebende Lohn,
der Promillesatz, um den sich die Vergütung bei einer Änderung des maßgebenden Lohns um einen Cent je Stunde ändert, also der sog. Änderungssatz,
die Tarifänderung des maßgebenden Lohns und die nach der Lohnänderung noch zu erbringende Leistung.
Nach den „Grundsätzen zur Anwendung von Preisvorbehalten bei öffentlichen Auftraggebern“103 müssen Preisvorbehaltsregelungen eine Bagatell- oder Selbstbeteiligungsklausel einschließen. Üblich ist eine Vereinbarung, wonach Lohnmehrkosten bis zu 0,5 % der Abrechnungssumme nicht erstattet werden.104 Das Vergabehandbuch 2002 beinhaltet als Formblatt EFB-LV LGl einen Vordruck für die Vereinbarung einer Lohngleitklausel in Form einer Centklausel. Da der angebotene Änderungssatz dem Wettbewerb unterstellt ist, muss er bei der Wertung der Angebote berücksichtigt werden. b) Lohnlistenregelung Bei der sog. Lohnlistenregelung sind die Löhne der auf der Baustelle eingesetzten und in den Lohnlisten erfassten Arbeitskräfte Grundlage für die Erstattung von Lohnmehraufwendungen. Ausgangspunkt ist der „Lohnsprung“, d. h. die Erhöhung des Tariflohns unter Berücksichtigung der Lohnzusatzkosten und der vermögenswirksamen Leistungen. c) Prozentregelung Die Prozentregelung entspricht in ihrem Wesensmerkmal der Centklausel, mit dem Unterschied, dass bei der Prozentregelung die Ausgangsbasis für die Erstattung von Lohnmehraufwendungen nicht die Änderung des maßgebenden Lohns um einen Cent je Stunde, sondern um 1 % ist. Zu beachten ist vorwiegend bei langfristigen Bauvorhaben, dass vertraglich zu fixieren ist, ob die Ausgangsbasis für die Erstattung von Mehraufwendungen der ursprüngliche, d. h. bei Angebotsabgabe geltende, oder der jeweils bei Eintritt der Lohnerhöhung geltende Lohn sein soll.
103
Enthalten im VHB 2002
104
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, A § 15 Rdn. 21
56
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
4.1.2 Stoffpreisgleitklauseln Stoffpreisgleitklauseln dürfen nur bei Materialien vereinbart werden, die ihrer Eigenart nach Preisveränderungen in besonderem Maß ausgesetzt sind und bei der Herstellung des Auftragsgegenstandes einen wertmäßig hohen Anteil haben.105 Bedeutung haben die Stoffpreisgleitklauseln vor allem bei Materialien, deren Preise stark von den Energiepreisen abhängen. Das Vergabehandbuch enthält mit dem Formblatt EFB StGl (Stoffpreisgleitklausel Stahl) einen entsprechenden Vordruck für Stahlprodukte. Die einer Gleitung unterworfenen Stoffe müssen vertraglich vereinbart werden, ebenso, ob der Preis ab Werk oder der Preis frei Baustelle maßgebend sein soll.
Tabelle 4.2 Kurzübersicht: Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln Anspruchsgrundlage:
Vertragliche Vereinbarung (vgl. § 15 VOB/A) einer Änderungsklausel mit festgelegtem Änderungssatz
Voraussetzungen:
Lohn- oder Materialpreissteigerung mit Übersteigung des Bagatellbzw. Selbstbeteiligungsbetrags, sofern vereinbart Rechtzeitige Anzeige und Nachweis der Lohn- oder Materialpreissteigerung durch den Auftragnehmer
Anspruch:
Preisanpassung entsprechend der Vereinbarung als Lohnlisten-, Prozent- oder Centklausel
Lohn- und Stoffpreisgleitklauseln finden bei Nachträgen keine Anwendung, sofern in den Preisen der Nachtragsangebote bereits etwaige Lohn- oder Preisänderungen berücksichtigt wurden.
4.2 Mengenänderungen Im Rahmen eines Einheitspreisvertrags ist der Einheitspreis vorbehaltlich der Regelungen des § 2 Nr. 3 VOB/B eine grundsätzlich unveränderliche Größe. Dies gilt jedoch nur, solange die tatsächlich ausgeführte Leistungsmenge bei unveränderten Planinhalten nicht um mehr als 10 % von der ausgeschriebenen Menge abweicht. Der vertraglich festgelegte Einheitspreis bleibt auch dann unverändert, wenn Mengenschwankungen in einem Toleranzrahmen von ±10 %, d. h. insgesamt 20 %, eintreten. Eine Schwankungsbreite dieser Größenordnung ist dem Auftragnehmer nach Willen
105
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, A § 15 Rdn. 24
4.2 Mengenänderungen
57
des Verordnungsgebers durchaus zumutbar. Diesen Umstand hat der Auftragnehmer im Rahmen der Kalkulation zu berücksichtigen. Der Einheitspreis ist demzufolge für die Bandbreite zwischen 90 % und 110 % der Menge laut Vordersatz des Leistungsverzeichnisses fixiert. Sofern darüber hinaus Mehr- oder Mindermengen anfallen, ist der Einheitspreis nach Maßgabe des § 2 Nr. 3 VOB/B variabel. Die Leistungsmenge ist demgegenüber, als besonderes Kennzeichen des Einheitspreisvertrags, von Anfang an variabel und die Vergütung an den ausgeführten und nicht den ausgeschriebenen Mengen ausgerichtet.106 Abgerechnet wird stets nach tatsächlich ausgeführten Mengen. § 2 Nr. 3 VOB/B umfasst nur den Einheitspreisvertrag, nicht jedoch Stundenlohnverträge, selbst dann, wenn im Leistungsverzeichnis angenommene Personal- oder Gerätestunden ausgeworfen sind. Die Vorschrift ist ebenfalls nicht auf Pauschalverträge oder Selbstkostenerstattungsverträge anwendbar.107 Beim Pauschalpreis trägt der Unternehmer grundsätzlich das Mengenrisiko. Gleichzeitig hat der Auftraggeber aber bei Mengenminderungen keinen Rückforderungsanspruch wegen überhöhter Vergütung bei geringeren Mengen. Mengenabweichungen beim BGB-Werkvertrag sind nur über die Regelungen des § 313 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage – erfasst.108 Gründe für die Anpassung des Preises auf Verlangen bei Mehr- oder Mindermengen über 10 % gegenüber den Vordersätzen des Leistungsverzeichnisses sind: a) Basisänderungen für Kalkulationsumlagen Die ausgeschriebenen Vordersätze bilden die Ausgangsbasis für die Umlagezuschläge im Rahmen der Kalkulation des Auftragnehmers (vgl. hierzu Kapitel 3.1.1). Eine deutliche Mengenminderung würde bei der betreffenden Position neben der Senkung der direkten Kosten aber auch zu einer Unterdeckung der anteilig umzulegenden Deckungsbeiträge des Auftragnehmers führen. Hierzu zählen die Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn. b) Änderung der Rahmenvorgaben für auftragnehmerseitige Produktionsplanung Unter Umständen können deutliche Veränderungen der ausgeschriebenen Leistungsmengen unter Wirtschaftlichkeitsaspekten grundsätzlich andere Produktionsarten oder Betriebsmittel erfordern. Dies gilt für mengenabhängig geplante Fertigungsweisen, Geräte aber auch Kapazitätsplanungen des Auftragnehmers.
106
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 500
107
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 144
108
Vgl. hierzu Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 1173 und die Ausführungen in Kapitel 4.10
58
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 2 Nr. 3 VOB/B ist nach herrschender Meinung, dass die Mengenänderung ausschließlich auf einer Änderung der vorgefundenen Verhältnisse oder einer Realisierung bzw. Konkretisierung der inhaltlich unveränderten vertragsgegenständlichen Planung beruht.109 Voraussetzung ist also stets die unveränderte Leistungsbeschreibung. Hat sich die Planung und damit das Bausoll auf Grund einer Anordnung des Auftraggebers geändert, ist dies kein Fall von § 2 Nr. 3 VOB/B sondern von § 2 Nr. 5 VOB/B bzw. § 2 Nr. 6 VOB/B (vgl. Kapitel 4.3). Dies ist deshalb bemerkenswert, da die Vorschriften für Leistungsänderungen und zusätzliche Leistungen keinen Toleranzrahmen vorsehen, in dem die vereinbarten Einheitspreise unverändert bleiben. Jede nach Vertragsabschluss aufgetretene Planinhaltsänderung durch Anordnung des Auftraggebers schließt die Anwendbarkeit des § 2 Nr. 3 VOB/B aus. Eine angeordnete Mengenmehrung fällt hingegen in den Anwendungsbereich des § 2 Nr. 6 VOB/B, eine angeordnete Mengenminderung ist als freie Teilkündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B ggf. in Verbindung mit § 2 Nr. 4 VOB/B zu behandeln.110 Die Formulierung „unter einem Einheitspreis erfasste Leistung oder Teilleistung“ des § 2 Nr. 3 VOB/B kennzeichnet eine im Leistungsverzeichnis unter eigener Position mit eigenem Vordersatz erfasste Leistung, stellt also die Anwendung des Paragraphen auf Einzelpositionen dar.
4.2.1 Auswirkung von Mengenminderungen Bei der Kalkulation des Auftragnehmers fallen neben den direkten zuweisbaren Einzelkosten der Teilleistungen auf die einzelnen Positionen umzulegende Kostenanteile für Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn an. Diese werden in Relation zu den Vordersätzen in die Einheitspreise eingerechnet, so dass bei tatsächlicher Ausführung der ausgeschriebenen Mengen diese Kostenanteile vollumfänglich erlöst werden können. Eine Mengenminderung führt demzufolge regelmäßig zu einer Unterdeckung der umgelegten Kostenbestandteile. Üblicherweise wird sich der Einheitspreis also bei über 10 % der ausgeschriebenen Menge hinausgehenden Mengenminderungen berechtigterweise erhöhen, da nunmehr eine verringerte Leistungsmenge die für die betreffende Position einkalkulierten Umlagekosten erzielen muss. Nur in Ausnahmefällen ändern sich auch die direkten Kosten je Mengeneinheit. Die Erhöhung soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, „der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt“.111
109
Vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1991, 219; Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 2 Rdn. 77; Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 505
110
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Fn. 909
111
§ 2 Nr. 3 Satz 1 und 2 VOB/B
4.2 Mengenänderungen
59
Folge der über 10 % hinausgehenden Mengenminderungen ist der Anspruch beider Vertragsparteien auf die Anpassung des Einheitspreises nach Verlangen. Bei der Mengenminderung gibt es im Gegensatz zur Mengenmehrung nur einen neuen Einheitspreis. Ist die ausgeführte Menge geringer als 90 % des Vordersatzes, so wird auf Verlangen insgesamt ein neuer Einheitspreis gebildet, der alte Einheitspreis wird hinfällig.
4.2.2 Auswirkung von Mengenmehrungen Für die über 10 v. H. hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Daraus folgt, dass die erbrachte Menge beim Einheitspreisvertrag in jedem Fall vergütet wird, möglicherweise aber zu unterschiedlichen Preisen. Methodisch gibt es für den Fall der Mengenmehrung zwei Einheitspreise für ein- und dieselbe Leistungsposition (auch als „gespaltener Einheitspreis“ bezeichnet)112: Bis 110 % der vorgesehenen Menge bleibt es bei dem ursprünglich vertraglich vereinbarten Einheitspreis, bis dahin verbleiben also die Vorteile des für die überschreitenden 10 % regelmäßig zu hohen Preises beim Auftragnehmer. Die über 110 % hinausgehenden Mengen werden mit einem neuen, üblicherweise geringeren, Einheitspreis verrechnet. Da Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen sind, ist sowohl eine Herabsetzung des Einheitspreises für die Mehrmenge als auch eine Heraufsetzung möglich.
4.2.3 Ermittlung des neuen Einheitspreises Der neu zu bildende Einheitspreis ist auf der gleichen Kalkulationsgrundlage zu bilden wie der bisherige Preis. Er setzt sich zusammen aus
den direkten Kosten, den Einzelkosten der Teilleistung,
den Baustellengemeinkosten,
den Allgemeinen Geschäftskosten sowie
Wagnis und Gewinn.
Im häufigsten Fall sind die direkten Kosten (Lohn, Material etc.) je Mengeneinheit konstant, das heißt die direkten Kosten steigen proportional mit der ausgeführten Menge. Für die Einbeziehung der Baustellengemeinkosten kommt es auf den konkreten Einzelfall an. Bewirkt beispielsweise eine Mengenmehrung größer 10 % keine zusätzlichen Baustellengemeinkosten, da diese mit dem bis 110 % der ausgeschriebenen Menge gültigen Einheitspreis bereits gedeckt sind, so ist der neue Einheitspreis für die über 110 % hinausgehenden Mengen ohne Baustellengemeinkostenzuschlag
112
Vgl. Kapellmann/Langen, 16. Aufl. 2007, Rdn. 37
60
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
zu berechnen. Andererseits bewirkt die Mengenminderung nicht zwangsläufig eine Verringerung der Baustellengemeinkosten, so dass der ausfallende Deckungsbeitrag in den neuen Einheitspreis einzurechnen ist. Die Allgemeinen Geschäftskosten werden hingegen in der Regel je Geschäftsperiode geplant und umgelegt auf den gesamten Umsatz; zu dieser gehören die erfahrungsgemäß auftretenden Mengenmehrungen und -minderungen. Systemgerecht müssen also alle Herstellkosten mit den Allgemeinen Geschäftskosten beaufschlagt werden. 113 In Ergänzung der Formulierung des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B zählt nach herrschender Meinung der Gewinn zu den bei der Neuberechnung des Preises umlagefähigen Bestandteilen. Gleiches gilt für das Wagnis, sofern es allgemeine Unternehmerrisiken abdeckt und nicht auf ein konkretes Bauprojekt bezogen ist. Nicht realisiertes Wagnis ist Gewinn und damit umlagefähig. Der kalkulatorisch vorgesehene Zuschlag für Wagnis und Gewinn bleibt demnach unverändert. Ursprünglich eingeräumte Preisnachlässe und Skonti sind auch auf den neuen Preis zu gewähren.114 Wer für sich günstige Tatsachen behauptet, muss sie beweisen. Verlangt der Auftragnehmer bei Mengenunterschreitung oder ausnahmsweise Mengenüberschreitung die Vereinbarung eines neuen Preises, so hat er auch die Darlegungs- und Beweislast. Gleiches gilt für den Auftraggeber, sofern er bei Mengenmehrungen die Herabsetzung des ursprünglich vereinbarten Einheitspreises fordert. 115 Sowohl Auftragnehmer als auch Auftraggeber haben die Befugnis, eine Änderung des vertraglich vereinbarten Einheitspreises zu verlangen. Grund hierfür ist, dass sowohl eine Erhöhung als auch eine Minderung des Einheitspreises in Betracht kommt und damit im jeweiligen Fall sowohl der einen als auch der anderen Vertragspartei die Änderung des Einheitspreises zu Gute kommen kann. Ein Änderungsverlangen ist so lange möglich, bis die Schlussrechnungsforderung des Unternehmers auftraggeberseitig anerkannt oder beglichen wurde.116 In Bauverträgen wird mitunter die Anpassung des Einheitspreises bei Mengenänderungen vertraglich abbedungen.117 Eine solche Regelung ist individualrechtlich möglich, bei Formularverträgen oder als AGB durchaus umstritten.118 Durch ein BGHUrteil bestätigt, aber in der Fachliteratur kontrovers diskutiert, ist die Zulässigkeit
113
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 148
114
Vgl. Heiermann, in: Baumarkt und Bauwirtschaft, 11/2003, S. 22
115
Vgl. Hofmann/Frikell, 3. Aufl. 2000, S. 29
116
Vgl. Heiermann, a. a. O.
117
Zum Beispiel: „Mengenänderungen führen nicht zu Änderungen von Einheitspreisen“ oder „Mehr- oder Minderleistungen, auch über 10 v. H., berechtigen nicht zu einer Änderung der Einheitspreise.“
118
Vgl. hierzu Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 1171; Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 142
4.2 Mengenänderungen
61
einer Klausel, die auch beim Einheitspreisvertrag das Mengenrisiko durch Vertragsvereinbarung auf den Auftragnehmer überträgt.119 Sofern die Mengenabweichung gegenüber dem Vordersatz auf mangelnder Sorgfalt des Auftraggebers bei der Planung und Ausschreibung beruht, besteht für den Auftragnehmer die Bindung an den alten Einheitspreis jedenfalls dann nicht, wenn die Mehrmengen in Größenordnungen von mehr als 25 % auftreten.120 Tabelle 4.3 Kurzübersicht: Mengenänderungen – Mehrmengen Mengenänderungen – Mehrmengen Anspruchsgrundlage:
§ 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B
Voraussetzungen:
Einheitspreisvertrag Überschreitung des Mengenansatzes einer Leistungsposition von über 10 % ohne Eingriff des Auftraggebers Preisanpassungsverlangen
Anspruch:
Abrechnung der Menge bis 110 % nach vertraglichem Einheitspreis Anpassung des Preises nach den Preisermittlungsgrundlagen des
Vertrages für die über 110 % hinausgehende Menge
Tabelle 4.4 Kurzübersicht: Mengenänderungen – Mindermengen Mengenänderungen – Mindermengen Anspruchsgrundlage:
§ 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B
Voraussetzungen:
Einheitspreisvertrag Unterschreitung des Mengenansatzes einer Leistungsposition um mehr als 10 % ohne Eingriff des Auftraggebers Preiserhöhungsverlangen Kein Ausgleich durch Erhöhung der Mengen anderer Positionen oder auf andere Weise
Anspruch:
Anpassung (Erhöhung) des Preises nach den Preisermittlungsgrundlagen des Vertrages Abrechnung der gesamten ausgeführten Menge mit dem neuen Einheitspreis
119
Die Formularklausel „Die Einheitspreise sind Festpreise für die Dauer der Bauzeit und behalten auch dann ihre Gültigkeit, wenn Massenänderungen im Sinne von § 2.3 VOB/B eintreten“ ist zulässig (so BGH BauR 1993, 723; a. A.: Knacke, in: Dem Baurecht ein Forum, 1997, S. 249 m. w. N.).
120
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 165
62
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
4.2.4 Ausgleichsberechnung Der Sinn des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B liegt darin, dem Auftragnehmer auch bei verringerter Menge insbesondere die kalkulatorischen Deckungsbeiträge gemäß Vordersatzmenge zu erhalten. Wenn allerdings der Auftragnehmer durch Überdeckung an anderer Stelle desselben Vertrags einen Ausgleich erhält, muss er die Überdeckung mit der Unterdeckung verrechnen. Sachgerecht ordnet § 2 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 VOB/B die Verrechnung der Überdeckung an, die der Auftragnehmer durch „Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise erhält.“ Eine Überdeckung der Baustellengemeinkosten wird sich dabei regelmäßig nicht ergeben, weil Mehrmengen im Rahmen des § 2 Nr. 3 VOB/B normalerweise nicht mit zusätzlichen Baustellengemeinkosten belastet sind. Verbleibende erhöhte Deckungsbeiträge sind erst von der 110 % überschreitenden Menge an zu berücksichtigen. Eine Überdeckung auf andere Weise kann dadurch entstehen, dass der Auftragnehmer für geänderte oder zusätzliche Leistungen Vergütung gemäß § 2 Nr. 5, 6, 7 Abs. 1 Satz 4 oder 8 VOB/B erhält und diese Vergütung einen Umlageanteil enthält.
4.3 Geänderte und zusätzliche Leistungen 4.3.1 Das Änderungsrecht des Auftraggebers Abweichend vom allgemein geltenden vertragsrechtlichen Grundsatz, dass Verträge nur unter der Voraussetzung einer Einigung der Vertragsparteien durch übereinstimmende Willenserklärung geändert werden können, räumt § 1 Nr. 3 VOB/B dem Auftraggeber das Recht ein, einseitig Änderungen des Bauentwurfes anzuordnen.121 Dieses Änderungsrecht stellt eine wesentliche Erweiterung des BGB-Werkvertragsrechts dar. Der im BGB geregelte Vertragstypus des Werkvertrags kennt keinen Änderungsvorbehalt zu Gunsten des Bestellers. Ein solcher kann jedoch gemäß § 315 BGB individualvertraglich vereinbart werden. Ohne eine solche Vereinbarung stellt jeder Nachtrag im BGB-Werkvertrag eine Vertragsänderung bzw. einen neuen Vertrag dar.122 Der Begriff Bauentwurf bezieht sich in dieser Regelung jedoch nicht nur auf die Entwurfsplanung gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 3 HOAI. Bauentwurf i. S. d. § 1 Nr. 3 VOB/B ist die Gesamtheit aller Vorgaben für die bautechnische Leistung des Auftragnehmers.123 Das einseitige Änderungsrecht bezieht sich nur auf den Bauentwurf und damit auf 121
Wortlaut des § 1 Nr. 3 VOB/B: „Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen, bleibt dem Auftraggeber vorbehalten.“
122
Vgl. Hertwig, Seminarunterlagen 2003, S. 4; Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 1148
123
Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 1 VOB/B Rdn. 51
4.3 Geänderte und zusätzliche Leistungen
63
den Bauinhalt, nicht jedoch unmittelbar auf eine Änderung der Bauumstände. Da der Bauablauf der Disposition des Auftragnehmers unterliegt, gibt es hier keine Veranlassung oder Rechtfertigung, den Auftraggeber in die vertraglichen Rechte des Auftragnehmers einseitig und willkürlich eingreifen zu lassen. Ausgeschlossen sind allerdings nur unmittelbare Bauumstands- oder Bauzeitänderungen, also wenn der Auftraggeber bei unverändertem Leistungsziel Änderungsanordnungen gibt, die sich allein auf Ausführungsart oder Bauzeit richten.124 Nach den Gesichtspunkten von Treu und Glauben ist die Grenze der Änderungsbefugnis des Auftraggebers dann überschritten, wenn der Betrieb des Auftragnehmers auf die im Wege der Änderung geforderte Leistung nicht eingerichtet ist. Eine Verpflichtung zur Einschaltung eines qualifizierten Nachunternehmers durch den Auftragnehmer existiert nicht.125 Während § 1 Nr. 3 VOB/B dem Auftraggeber das Recht zur einseitigen Änderung von Leistungen einräumt, verleiht ihm § 1 Nr. 4 VOB/B die Befugnis, „nicht vereinbarte Leistungen“ zu verlangen, sofern diese zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, nicht dem bloßen Gestaltungswillen des Auftraggebers unterliegen und unter der Voraussetzung, dass der Betrieb des Auftragnehmers auf derartige Leistungen eingerichtet ist. Eine besondere Formerfordernis für die Ausübung einer einseitig empfangsbedürftigen Willenserklärung ist im Rahmen der VOB/B nicht vorgesehen. Die Anordnung kann daher auch konkludent durch schlüssiges Verhalten erfolgen.126 Eine Vertragsklausel zur Schriftformerfordernis von auftraggeberseitigen Anordnungen im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach Ansicht Kapellmanns zulässig.127 Eine solche Klausel, die für Anordnungen gemäß § 1 Nr. 3 und Nr. 4 VOB/B die Schriftform erfordert, dient dem auftraggeberseitigen Interesse an Eindeutigkeit, Beweis- und Rechtssicherheit, da hiermit Streitigkeiten über angebliche Anordnungen wirksam unterbunden werden können. Das BGB enthält entsprechende Regelungen, wie bereits oben erwähnt, nicht. Nach, allerdings strittiger, Auffassung der einschlägigen Fachliteratur hat der Auftraggeber aber auch bei Bauverträgen ohne Einbeziehung der VOB/B eine einseitige Änderungsbefugnis, da bei größeren Bauvorhaben notwendige Änderungen stets unvermeidbar sind und dem Auftraggeber bei mangelnder Einigung mit dem Auftragnehmer nur die Vertragskündigung zu einer anderen aber notwendigen Ausführung verhelfen könnte.128 Im Falle auftragnehmerseitiger Planungsverpflichtungen kommt es mitunter vor, dass der Auftragnehmer die Pläne nach eigenem Empfinden verändert, dadurch den Vertragsinhalt modifiziert und dem Auftraggeber zur Freizeichnung vorlegt. Eine Frei124
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 1 VOB/B Rdn. 53
125
Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 1 Nr. 4 VOB/B Rdn. 5
126
Vgl. hierzu Kapellmann/Langen, 16. Aufl. 2007, Rdn. 49
127
Kapellmann, in: Dem Baurecht ein Forum, 1997, S. 231
128
Vgl. hierzu Jacob/Ring/Wolf, 2001, § 1 – Der Bauvertrag Rdn. 265
64
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
gabe von Plänen durch den Auftraggeber ist allerdings nur dann als Anordnung zu werten, wenn die auftragnehmerseitigen Änderungen für den Auftraggeber eindeutig und unmissverständlich kenntlich gemacht wurden, so dass davon auszugehen ist, dass der Auftraggeber die Veränderungen des Vertragsinhalts wissentlich angenommen hat. Eine Anordnung liegt nicht vor, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer zur Einhaltung des vorgegebenen Terminplans auffordert. Der Auftraggeber ist nach dem Weisungsrecht gemäß § 4 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B durchaus dazu berechtigt, dem Auftragnehmer Anweisungen zur vertraglichen Ausführung zu geben, ohne dass diese einen Nachtrag begründen.129
4.3.2 Die Leistungsänderung nach § 2 Nr. 5 VOB/B Gemäß § 1 Nr. 3 VOB/B steht dem Auftraggeber das Recht zu, die Planung zu ändern und die daraus folgende Ausführungsänderung auch ohne Zustimmung des Auftragnehmers von diesem zu verlangen. Die daraus resultierende geänderte Leistung führt nach Vorschrift des § 2 Nr. 5 VOB/B zu einer Vergütungsanpassung, ohne dass sich die Parteien auf eine Mehrvergütung dem Grund und der Höhe nach geeinigt haben müssen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 2 Nr. 5 VOB/B ist immer das Vorliegen einer Anordnung des Auftraggebers, die auch konkludent erfolgen kann. In diesem Zusammenhang zählen geänderte Pläne ausdrücklich als Anordnung des Auftraggebers.130
4.3.3 Die zusätzliche Leistung nach § 2 Nr. 6 VOB/B Die Vorschrift des § 2 Nr. 6 VOB/B korrespondiert mit § 1 Nr. 4 VOB/B, wonach dem Auftraggeber das Recht eingeräumt wird, zusätzliche Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, einseitig anzuordnen. Auch daraus resultiert ein entsprechender Vergütungsanspruch des Auftragnehmers. Die Mehrvergütung für zusätzliche Leistungen ist gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B möglichst auf Grundlage der Angebotskalkulation zu ermitteln, was im Einzelfall jedoch schwierig sein kann, da ja eine neue Leistung abzurechnen ist, für die es nicht unbedingt verwendbare Kalkulationselemente aus der bisherigen Kalkulation geben muss. Zusätzlich ist eine Leistung immer dann, wenn sie bisher als Bausoll nicht vereinbart war. Wenn der Auftraggeber allerdings eine völlig neue, mit dem bisherigen Bauvertrag nicht mehr unmittelbar zusammenhängende Leistung anordnet, ist dies keine zusätzliche Leistung im Sinne des § 2 Nr. 6 VOB/B, sondern im Ergebnis ein Angebot auf Abschluss eines neuen, ergänzenden Vertrags. Der Auftragnehmer ist dann weder 129
Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 3 Rdn. 13
130
BGH BauR 1998, 874
4.3 Geänderte und zusätzliche Leistungen
65
zur Ausführung noch zur Beibehaltung der Preisermittlungsgrundlagen des ursprünglichen Bauvertrags verpflichtet. Eine zusätzliche Leistung im Sinne des § 1 Nr. 4 VOB/B muss in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zum geschuldeten Werkerfolg stehen.
4.3.4 Abgrenzung geänderter und zusätzlicher Leistungen Bei einer Leistungsänderung i. S. d. § 2 Nr. 5 VOB/B kommt an Stelle der vertraglich vereinbarten Leistung eine andere Leistung zur Ausführung, d. h. die Art und Weise der Ausführung wird verändert. Eine zusätzliche Leistung hingegen liegt vor, wenn die Leistung außerhalb des bestehenden Vertrags liegt und nicht vertragsgegenständlich in der Leistungsbeschreibung enthalten war.
4.3.5 Ankündigungserfordernis für gesonderte Vergütung Bei auftraggeberseitig geforderten Leistungen, die nicht im Vertrag vorgesehen sind, regelt § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B den Anspruch des Auftragnehmers auf gesonderte Vergütung, dass er „jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen muss, bevor er mit der Leistung beginnt.“ Der Mehrvergütungsanspruch besteht nur dann, wenn ihn der Auftragnehmer vorher angekündigt hat. Die Übersendung eines Baubesprechungsprotokolls mit entsprechendem Vermerk kann als Ankündigung gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B bereits genügen.131 Für geänderte Leistungen enthält § 2 Nr. 5 VOB/B eine solche Anspruchsvoraussetzung nicht. Gerade bei angeordneten Leistungsänderungen wäre aber eine Ankündigung für den Auftraggeber angebracht, da er zwar bei zusätzlichen Leistungen davon ausgehen muss, dass der Auftragnehmer diese auch nur gegen zusätzliche Vergütung erbringt, auf der anderen Seite aber geänderte Leistungen keineswegs in jedem Fall Mehrkosten verursachen. Ein Ankündigungserfordernis auch für geänderte Leistungen wäre nach Ansicht der Autoren, wenn schon bei zusätzlichen Leistungen vorgeschrieben, auch bei geänderten Leistungen zur Gleichbehandlung erforderlich. Damit entfiele auch eine mit Ausnahme der Ankündigung als Anspruchsvoraussetzung unnötige Differenzierung zwischen geänderten und zusätzlichen Leistungen. Um beide Fälle der modifizierten Leistungen gleich zu stellen, hat der Bundesgerichtshof wie folgt entschieden:132 Ein Ankündigungserfordernis bei zusätzlichen Leistungen besteht danach nicht, so weit die Ankündigung im konkreten Fall für den Schutz des Auftraggebers entbehrlich ist.
131
BGH BauR 2004, 495
132
BGH BauR 1996, 542; BGH BauR 1991, 210
66
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Das ist der Fall, wenn
der Auftraggeber von der Entbehrlichkeit ausging oder davon ausgehen musste,
keine Alternative zur sofortigen Leistung durch den Auftraggeber blieb,
der Auftragnehmer die Ankündigung ohne Verschulden versäumt hat, wobei der Auftragnehmer auf Grund seiner fachlichen Kenntnisse regelmäßig in der Lage sein sollte, durch auftraggeberseitige Anordnungen verursachte Abweichungen vom planmäßigen Leistungsumfang zu erkennen.133
4.3.6 Vereinbarung des neuen Preises vor Ausführungsbeginn Zur Vergütung geänderter Leistungen „soll die Vereinbarung vor der Ausführung getroffen werden“ (§ 2 Nr. 5 Satz 2 VOB/B), bei zusätzlichen Leistungen ist die Vergütung gemäß § 2 Nr. 6 Abs. 2 Satz 2 VOB/B „möglichst vor Beginn der Ausführung“ zu vereinbaren. Der Auftraggeber hat auf Grund des vertraglichen Änderungsvorbehalts in § 1 VOB/B das Recht zur einseitigen nachträglichen Leistungsmodifizierung. Der Auftragnehmer muss die angeordnete Leistungsmodifikation ausführen,134 hat als Äquivalent aber ebenso das Recht zur Anpassung der Vergütung.135 „Die Kooperationspflichten sollen u. a. gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Vertrags an die geänderten tatsächlichen Umstände angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden. Ihren Ausdruck haben sie in der VOB/B insbesondere in den Regelungen des § 2 Nr. 5 und Nr. 6 gefunden. Danach soll über eine Vergütung für geänderte oder zusätzliche Leistungen eine Einigung vor der Ausführung getroffen werden. Diese Regelungen sollen die Parteien anhalten, die kritischen Vergütungsfragen frühzeitig und einvernehmlich zu lösen um dadurch spätere Konflikte zu vermeiden.“136 Nach herrschender Meinung hängt der Mehrvergütungsanspruch des Auftragnehmers sowohl bei geänderten Leistungen als auch bei zusätzlichen Leistungen nicht davon ab, ob die Preisvereinbarung vor der Ausführung zustande gekommen ist. Auch beim Pauschalpreisvertrag kann der Auftragnehmer eine gesonderte Vergütung verlangen, wenn der Auftraggeber nachträglich Leistungsänderungen oder zusätzli-
133
Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 200
134
Bei zusätzlichen Leistungen unter der Maßgabe, dass sein Betrieb auf derartige Leistungen eingerichtet ist (§ 1 Nr. 4 VOB/B).
135
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2003, § 2 VOB/B Rdn. 203
136
BGH „Kooperationspflicht“ BauR 2000, 409
4.4 Selbstübernahme oder Entfall vereinbarter Leistungen
67
che Leistungen verlangt. Entscheidend ist, ob im Vergleich zur vertraglichen Leistung tatsächlich eine geänderte oder zusätzliche Leistung vorliegt. Dies ist durch Auslegung der Leistungsbeschreibung festzustellen. Ein Anspruch des Auftragnehmers auf eine Vergütungsanpassung ist unabhängig davon, ob sich der Leistungsinhalt in erheblichem Umfang oder nur geringfügig verändert hat.
Tabelle 4.5 Kurzübersicht: Geänderte Leistungen Geänderte Leistungen Anspruchsgrundlage:
§ 1 Nr. 3 VOB/B i. V. m. § 2 Nr. 5 VOB/B
Voraussetzungen:
Änderung des Bauentwurfs oder der Leistungsbeschreibung einschließlich dadurch bedingter Mengenänderungen oder andere Anordnungen des Auftraggebers bzgl. Bauzeit oder Ausführungsart Auswirkung der Anordnung auf die Preisermittlungsgrundlagen
Anspruch:
Änderung des Einheits- oder Pauschalpreises unter Berücksichtigung aller durch die Änderung verursachten kalkulativen Mehroder Minderkosten
Tabelle 4.6 Kurzübersicht: Zusätzliche Leistungen Zusätzliche Leistungen Anspruchsgrundlage:
§ 1 Nr. 4 VOB/B i. V. m. § 2 Nr. 6 VOB/B
Voraussetzungen:
Auftraggeberseitig angeordnete notwendige Zusatzleistung und Ankündigung des zusätzlichen Vergütungsanspruches durch den Auftragnehmer
Anspruch:
Zusätzlicher Vergütungsanspruch nach den Kalkulationsgrundlagen und den besonderen Kosten der geforderten Leistung
4.4 Selbstübernahme oder Entfall vereinbarter Leistungen § 2 Nr. 4 VOB/B regelt die Selbstübernahme vereinbarter Leistungen durch den Auftraggeber und die Gültigkeit des § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Es handelt sich hierbei um eine Schutzbestimmung zu Gunsten des Auftragnehmers, deren Zweck darin besteht, dem Auftragnehmer den vertraglich festgelegten Vergütungsanspruch in berechtigtem Umfang zu erhalten.137 137
Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 4 VOB/B Rdn. 1
68
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Die Selbstübernahme ist nicht auf in sich abgeschlossene Teile der Leistung begrenzt, sondern kann auch auf Leistungselemente begrenzt werden sofern der Produktionsablauf des Auftragnehmers nicht in unvertretbarem Maße beeinträchtigt wird und untragbare Gewährleistungsvermischungen auftreten.138 Die Selbstübernahme ist ein Unterfall der freien Teilkündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B, der den Auftraggeber dazu berechtigt, den Vertrag bis zur Leistungsvollendung jederzeit einseitig ganz oder teilweise zu kündigen. Diesem dem Auftraggeber weitgehend eingeräumten einseitigen Kündigungsrecht steht der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers gegenüber, der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen oder anderweitigen Erwerbs hat. § 2 Nr. 4 VOB/B umfasst nicht die Fallgestaltung, dass der Auftraggeber die ganze Restleistung selbst übernehmen will; die Vorschrift stellt ersichtlich darauf ab, dass aus einer noch zu erbringenden Leistung nur einzelne Leistungsteile vom Auftragnehmer übernommen werden. Die Rechtsfolgen der Selbstübernahme durch den Auftraggeber regelt § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B. Zunächst ist durch den Auftragnehmer eine Teilvergütung für die ausgeführten Teilleistungen zu ermitteln, um von der dann verbleibenden Restvergütung die ersparten Kosten oder anderweitigen Erwerb in Abzug zu bringen, um schließlich den ersten Betrag mit und den zweiten ohne Mehrwertsteuer in Rechnung stellen zu können. Übernimmt der Auftraggeber Teile der ursprünglich dem Auftragnehmer übertragenen Arbeiten, so gehen diese Leistungen mit all ihren Folgen aus dem Verantwortungsbereich des Auftragnehmers heraus. Sind die auftraggeberseitig übernommenen Leistungsteile, wie z. B. die Beistellung von Baustoffen, jedoch in technischer und funktionaler Hinsicht untrennbarer Bestandteil oder Vorleistung der auftragnehmerseitigen Leistungsverpflichtung, so trägt der Auftragnehmer die Leistungs- und Gewährleistungspflicht auch weiterhin. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind Klauseln, die den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers bei freier Teilkündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B bzw. der entsprechenden Regelung in § 649 BGB einschränken oder beseitigen, unwirksam.139 Tabelle 4.7 Kurzübersicht: Selbstübernahme Selbstübernahme Anspruchsgrundlage:
§ 2 Nr. 4 VOB/B bzw. § 8 Nr. 1 VOB/B (§ 649 BGB)
Voraussetzungen:
Selbstübernahme von Leistungen durch den Auftraggeber oder Entfall vereinbarter Leistungen durch Teilkündigung
Anspruch:
Vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen
138
Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 171
139
Vgl. Vygen, 2007, S. 182 f.
4.5 Leistungen ohne Auftrag
69
4.5 Leistungen ohne Auftrag § 2 Nr. 8 VOB/B regelt die Folgen, wenn der Auftragnehmer Leistungen „ohne Auftrag“ (quantitative Abweichung) oder unter „eigenmächtiger Abweichung vom Vertrag“ (qualitative Abweichung) ausführt. Es handelt sich also um Leistungen, die der Auftragnehmer vertraglich nicht schuldet und zusätzlich, ohne bestehende Vertragsbasis, erbracht hat. In Abweichung von geänderten Leistungen (§ 1 Nr. 3 VOB/B, § 2 Nr. 5 VOB/B) bzw. zusätzlichen Leistungen (§ 1 Nr. 4 VOB/B, § 2 Nr. 6 VOB/B) fehlt hier die Legitimation oder Anordnung durch den Auftraggeber, der Auftragnehmer hat die Leistungen hier eigenmächtig erbracht. Entsprechend werden die Leistungen außerhalb des Vertrags nicht vergütet. Gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 VOB/B hat der Auftraggeber das Recht, die Beseitigung der Leistung zu verlangen, wenn der Auftragnehmer keinen Vergütungsanspruch hat. Der Beseitigungsanspruch setzt voraus, dass das Belassen der Leistung einen Schaden darstellt. Der Auftraggeber muss die Beseitigung ausdrücklich vom Auftragnehmer verlangen. Nach Ablauf einer angemessenen Frist kann der Auftraggeber die Leistung auch im Wege einer Ersatzvornahme auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen. Darüber hinaus haftet der Auftragnehmer für Schäden, die dem Auftraggeber hieraus entstehen.140 Wenn der Auftragnehmer eine Leistung ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Vertrag erbringt, erhält er dennoch eine Vergütung, wenn der Auftraggeber die Leistung nachträglich anerkennt. Als Anerkenntnis sind zu werten
die Abnahme der betreffenden Leistung,
Abschlagszahlungen auf die entsprechende Nachtragsrechnung,
Mängelrügen bezüglich der betreffenden Leistung.
Kein Anerkenntnis sind demgegenüber
das gemeinsame Aufmaß,141
die Prüfung der Rechnung,142
Leistungsausführung ohne Protest des Auftraggebers.143
Das Anerkenntnis des Auftraggebers setzt keine Schriftform voraus und kann konkludent abgegeben werden.144 140
Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 8 VOB/B Rdn. 2
141
BGH BauR 1974, 201
142
BauR 2002, 465
143
OLG Stuttgart BauR 1993, 743
144
BGH NZBau 2002, 153
70
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Eine weitere Vergütungsvorschrift enthält § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B, wonach der Auftragnehmer Anspruch auf Vergütung hat, wenn die Leistung notwendig war, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprach und der Auftragnehmer sie unverzüglich dem Auftraggeber angezeigt hat. Diese Regelung gilt sowohl für geänderte als auch zusätzliche Leistungen, hat aber auf Grund des 1996 neu eingefügten Absatzes 3 des § 2 Nr. 8 VOB/B mit verringerten Anspruchsvoraussetzungen keine praktische Bedeutung mehr. Nach den in § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B erwähnten Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag ist für den Aufwendungsersatz des Auftragnehmers lediglich erforderlich, dass die Leistung ohne Auftrag oder unter Abweichung vom Vertrag
interessengemäß war und
dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprach.
Auch hier ist es sachgerecht, die Vergütung nach den Maßstäben auszurichten, die auch für geänderte oder zusätzliche Leistungen gelten. Die Beweislast trägt der Auftragnehmer, der alle Anspruchsvoraussetzungen für § 2 Nr. 8 Abs. 2 oder Abs. 3 VOB/B darlegen muss, also
die Bausoll-Bauist-Abweichung,
die nachträgliche Anerkenntnis nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B oder
die Notwendigkeit der Leistung, den wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Auftraggebers und die unverzügliche Anzeige (§ 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B) oder
die Interessengemäßheit der Leistung und den wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Auftraggebers (§ 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B).
Tabelle 4.8 Kurzübersicht: Leistungen ohne Auftrag Leistungen ohne Auftrag Anspruchsgrundlage:
§ 2 Nr. 8 VOB/B
Voraussetzungen:
Leistungserbringung durch den Auftragnehmer Vergütungsanspruch dem Grunde nach durch: – nachträgliche Anerkenntnis des Auftraggebers – objektives Erfordernis für die Leistungserbringung (die Leistung war für die Vertragserfüllung notwendig und entsprach dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers und wurde frühzeitig durch den Auftragnehmer angezeigt)
Anspruch:
Vergütung entsprechend § 2 Nr. 5 VOB/B für geänderte Leistungen
oder gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B für zusätzliche Leistungen
4.6 Besondere planerische Leistungen
71
4.6 Besondere planerische Leistungen Verlangt der Auftraggeber die Erbringung zusätzlicher planerischer Leistungen durch den Auftragnehmer, hat er diese gemäß § 2 Nr. 9 VOB/B zu vergüten. Voraussetzung der Vergütung ist, dass die Erstellung von „Zeichnungen, Berechnungen oder anderen Unterlagen“ nicht zur Vertragspflicht des Auftragnehmers gehört. Außerdem muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine gesonderte Vergütung zugestehen, wenn er diesen nicht von ihm erstellte technische Berechnungen nachprüfen lässt. Die Regelung des § 2 Nr. 9 VOB/B ist einer zusätzlichen Leistung gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B gleichgestellt und gilt sowohl beim Einheitspreisvertrag als auch beim Pauschalvertrag, sofern die besonderen planerischen Leistungen nicht ohnehin vom Vertrags-Soll erfasst sind. Voraussetzung eines Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers ist das ausdrückliche Verlangen des Auftraggebers nach einer Beschaffung oder Anfertigung von Ausführungsunterlagen bzw. der Nachprüfung technischer Berechnungen.145 Grundsätzlich sind alle außerhalb des Vertrags liegenden Anforderungen des Auftraggebers zur Beschaffung von Ausführungsunterlagen vergütungspflichtig, mit Einschränkung der durch die gewerbliche Verkehrssitte umfassten Planungsleistungen, die keinen nennenswerten Eigenaufwand des Auftragnehmers erfordern und der ursprünglichen vertraglichen Leistungspflicht zuzurechnen sind.146 Die Verpflichtung des Auftragnehmers, der Aufforderung des Auftraggebers zur Beschaffung oder Anfertigung von Ausführungsunterlagen nachzukommen, beschränkt sich auf Unterlagen, die im Zusammenhang mit der auszuführenden vertraglichen Bauleistung stehen.147 Der Auftraggeber schuldet, wenn nichts anderes vereinbart wurde, die übliche Vergütung entsprechend § 2 Nr. 6 VOB/B oder § 632 Abs. 2 BGB. Die HOAI hat für die baubezogenen, hier angesprochenen ergänzenden Planungsleistungen keine passenden Leistungsbilder; so weit aber ein HOAI-Leistungsbild die geforderten Leistungen annähernd richtig beschreibt, lassen sich die entsprechenden Sätze der HOAI mit einer gegebenenfalls notwendigen Anpassung heranziehen.148
145
In der Fachliteratur umstritten ist die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Erbringung der auftraggeberseitig verlangten Nachprüfung technischer Berechnungen ohne Einverständniserklärung, wohingegen entsprechend der Formulierung des § 2 Nr. 9 Abs. 1 VOB/B zur Beschaffung oder Anfertigung von Ausführungsunterlagen eindeutig das Einverständnis des Auftragnehmers nicht erforderlich ist (vgl. hierzu Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 9 VOB/B Rdn. 8; Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 2 Rdn. 180).
146
Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 9 VOB/B Rdn. 3 ff.
147
Vgl. Ingenstau/Korbion, a. a. O.
148
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 315; Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 9 VOB/B Rdn. 10
72
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Tabelle 4.9 Kurzübersicht: Besondere planerische Leistungen Besondere planerische Leistungen Anspruchsgrundlage:
§ 2 Nr. 9 VOB/B i. V. m § 632 Abs. 2 BGB (ggf. i. V. m. HOAI)
Voraussetzungen:
Erbringung zusätzlicher planerischer Leistungen oder die Nachprüfung technischer Berechnungen durch den Auftragnehmer auf aus-
drückliches Verlangen des Auftraggebers Anspruch:
Vergütungsanspruch in Höhe der üblichen Vergütung, falls möglich entsprechend den Vorgaben der HOAI (Mindestsätze)
4.7 Stundenlohnarbeiten § 2 Nr. 10 VOB/B regelt, dass ein Auftraggeber lediglich dann Vergütung auf Stundenlohnbasis verlangen kann, wenn diese Vergütungsart bereits vor Beginn der Arbeiten ausdrücklich vereinbart worden ist. Der Stundenlohnvertrag wird in § 5 Nr. 3 VOB/A unter Vergabegesichtspunkten näher erläutert. Wenn eine Stundenlohnvereinbarung getroffen ist, regelt § 15 VOB/B die näheren Einzelheiten der Stundenlohnvergütung. Nur wenn eine Vereinbarung über die Bezahlung in Stundenlohn getroffen wurde, ist zur Beurteilung der Einzelheiten der Stundenlohnvergütung § 15 VOB/B relevant. Eine Stundenlohnvereinbarung muss ausdrücklich regeln, welche konkreten Arbeiten von der Stundenlohnregelung umfasst werden. Eine stillschweigende oder konkludente Vereinbarung ist nicht möglich, die Schriftform aber nicht zwingend erforderlich.149 Die Verpflichtung zur Stundenlohnvereinbarung vor Ausführung im Rahmen der Regelungen des § 2 Nr. 10 VOB/B ist allerdings eine unwirksame Einschränkung, da sich die Vertragsparteien auch noch während der Ausführung oder nachträglich auf eine Stundenlohnvergütung einigen können.150 Ohne weitere Anhaltspunkte und ausdrückliche Vereinbarung reichen unterschriebene Stundenlohnzettel nicht aus, um eine Stundenlohnvereinbarung nachzuweisen.151 Die Beweislast trägt der Auftragnehmer. Die Regelung des § 2 Nr. 10 VOB/B gilt grundsätzlich nur für VOB-Verträge. Bei Bauverträgen, die nach den §§ 631 ff. BGB abgeschlossen werden, kommt eine Stundenlohnbezahlung nach § 632 Abs. 2 BGB auch ohne besondere Vereinbarung der Vertragsparteien in Betracht, wenn die Art der Leistung sachgerecht ist sowie Treu und
149
Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 317
150
Bestätigt durch BGH BauR 1994, 760
151
BGH BauR 1994, 760; Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 2 Rdn. 182
4.8 Behinderung des Auftragnehmers
73
Glauben dies erfordern, weil eine anderweitige Kalkulation auf der Grundlage der für Leistungsverträge maßgebenden Richtpunkte nicht erfolgen kann.152
Tabelle 4.10 Kurzübersicht: Stundenlohnarbeiten Stundenlohnarbeiten Anspruchsgrundlage: Voraussetzungen:
§ 2 Nr. 10 VOB/B Ausdrückliche Stundenlohnvereinbarung mit konkreter Leistungs-
benennung Anspruch:
Vereinbarte Stundenlohnvergütung
4.8 Behinderung des Auftragnehmers Im Baugeschehen ist es nicht selten, dass es während der Ausführung der Leistung zu Behinderungen oder Unterbrechungen kommt, die bei Vertragsabschluss für den Auftragnehmer weder bekannt noch voraussehbar waren. Behinderungen sind, wie in Kapitel 2 bereits beschrieben, Störungen des Produktionsablaufs mit unplanmäßigen Einwirkungen auf den vom Auftragnehmer unter Beachtung vertraglicher Vorgaben geplanten Produktionsablauf. Eine Unterbrechung ist der vorübergehende Stillstand der Arbeiten. Dauert eine Unterbrechung länger als drei Monate, sind beide Vertragsparteien gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B nach Ablauf dieser Frist zur (schriftlichen) Vertragskündigung berechtigt.
4.8.1 Behinderungsanzeige und Offenkundigkeit Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung seiner Leistungen behindert, so hat er dies gemäß § 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Hierfür genügt, wenn der Auftragnehmer subjektiv der Meinung sein darf, eine Behinderung liege vor; eine bestimmte Kenntnis der hindernden Umstände ist nicht erforderlich.153 Der Auftragnehmer muss dem Auftraggeber gegenüber mit der Anzeige zum Ausdruck bringen, durch welche konkreten Umstände er sich in der Leistungserbringung behindert glaubt und welche Konsequenzen in terminlicher, organisatorischer und finanzieller Art sich hieraus für den weiteren Bauablauf ergeben.
152
Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 10 VOB/B Rdn. 5
153
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 6
74
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Die Behinderungsanzeige dient der Information des Auftraggebers über die Störung und soll ihm die Möglichkeit geben, Abhilfe zu schaffen und einen eventuell entstehenden Schaden möglichst gering zu halten. Für die Anzeigepflicht ist unerheblich, ob die Behinderung dem Auftragnehmer oder dem Auftraggeber zuzurechnen ist. Die Anzeige muss alle Tatsachen enthalten, aus denen sich für den Auftraggeber die Gründe für die Behinderung oder Unterbrechung ergeben. Eine Angabe zum ungefähren Umfang und der Höhe eines Ersatzanspruchs ist nicht zwingend erforderlich. Unterlässt der Auftragnehmer die Behinderungsanzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkundig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren (§ 6 Nr. 1 VOB/B). Der Auftragnehmer trägt die Beweislast, dass er die Behinderung formgerecht angezeigt hat oder dass die Störung und deren behindernde Auswirkungen offenkundig waren.154 Eine Verletzung der Anzeigepflicht hat für den Auftragnehmer zur Folge, dass er weder Anspruch auf Fristverlängerung noch auf Schadenersatz hat. Für eine Behinderungsanzeige ist die Schriftform vorgeschrieben, unter Umständen kann aber die mündliche Anzeige genügen.155 Eine ordnungsgemäße Anzeige kann auch dadurch nachgewiesen werden, dass der Auftragnehmer die entsprechenden Tatsachen richtig und vollständig in das Bautagebuch einträgt oder in einem Besprechungsprotokoll aufführt und diese Eintragungen unverzüglich an den Auftraggeber oder dessen bevollmächtigten Vertreter weiterleitet.156 Es sollte vermieden werden, auf formularmäßige und inhaltsleere Behinderungsanzeigen zurückzugreifen. Stattdessen ist stets die konkrete Behinderung anhand der tatsächlichen Baustellensituation zu schildern. Die Behinderungsanzeige ist prinzipiell an den Auftraggeber zu richten. Im Allgemeinen ist eine Anzeige an den mit der Objektüberwachung beauftragten Architekten ausreichend, sofern die Behinderung nicht durch diesen herbeigeführt wurde.157
4.8.2 Verlängerung der Ausführungsfristen Gemäß § 6 Nr. 2 VOB/B werden Ausführungsfristen verlängert, soweit der Unternehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung seiner Leistung behindert ist und diese Behinderung verursacht wird durch einen vom Auftraggeber zu vertretenden Umstand bzw. durch einen Umstand aus seinem Risikobereich, durch Streik oder Aus-
154
BGH BauR 1999, 645
155
Siehe hierzu ausführlich Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 6 Nr. 1 VOB/B Rdn. 4
156
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 7
157
Vgl. Herig, 2003, § 6 VOB/B Rdn. 7
4.8 Behinderung des Auftragnehmers
75
sperrung oder aber durch höhere Gewalt und andere für den Unternehmer unabwendbare Umstände.158 Wenn der Auftragnehmer in seiner planmäßigen Leistungserfüllung behindert ist, die Behinderung rechtzeitig angezeigt hat oder die Behinderungstatsache und deren hindernde Wirkung offenkundig waren, werden die Ausführungsfristen verlängert. Nur vom Auftraggeber zu vertretende Umstände berechtigen den Auftragnehmer zur Geltendmachung von Schadenersatzforderungen gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B infolge Behinderung.
4.8.2.1 Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers Umstände aus dem Risikobereich des Auftraggebers führen zur Verlängerung der Ausführungsfristen. Ein Verschulden des Auftraggebers ist hierzu nicht erforderlich. Wesentlich ist aber, dass es sich um Umstände handelt, die ihren Ausgangspunkt in dem dem Auftraggeber zuzurechnenden Bereich haben. Die hindernden Umstände können sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Natur sein. Hierzu zählen u. a. die Verletzung von Mitwirkungspflichten, das Verlangen geänderter oder zusätzlicher Leistungen, unzureichende oder verspätete Vorunternehmerleistungen, fehlende Baugenehmigungen aber auch unvorhersehbare Baugrund- und Wasserverhältnisse.159
4.8.2.2 Streik, Aussperrung Durch Streik im Betrieb des Auftragnehmers oder in einem unmittelbar für ihn arbeitenden Betrieb verursachte Behinderungen führen zur Verlängerung der Ausführungsfristen, unabhängig davon, ob der Streik arbeitsrechtlich rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Aussperrungen hingegen werden nur bei Anordnung durch die Berufsvertretung des Arbeitgebers fristverlängernd anerkannt. Das finanzielle Risiko von Streik oder Aussperrung regelt die VOB nur indirekt, indem sie Schadenersatzansprüche aus Behinderungen in § 6 Nr. 6 VOB/B an Verschulden anknüpft und daher jede Partei die finanziellen Folgen selbst zu tragen hat.160
4.8.2.3 Höhere Gewalt, unabwendbare Umstände Ausführungsfristen werden auch durch „höhere Gewalt“ oder andere „für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände“ verlängert.
158
Vgl. auch Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 123 ff.
159
Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 6 Nr. 2 VOB/B Rdn. 7; BGH BauR 1990, 210; BGH BauR 1997, 1019
160
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 24
76
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Höhere Gewalt ist ein betriebsfremdes, durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die äußerste nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit vom Unternehmer in Kauf zu nehmen ist.161 Unabwendbare Umstände sind demgegenüber Ereignisse, die zwar nicht als höhere Gewalt eingestuft werden können, die aber „nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass ihr Eintritt und ihre Folgen unter Einsatz wirtschaftlich vertretbarer Mittel auch bei äußerster Sorgfalt nicht verhindert oder ihre Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können.“162 Während außergewöhnliche Witterungsverhältnisse im Einzelfall ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der höheren Gewalt oder der unabwendbaren Umstände eine Verlängerung der Ausführungsfristen bewirken können, folgt aus § 6 Nr. 2 Absatz 2 VOB/B, dass Witterungseinflüsse, mit denen bei Abgabe des Angebots gerechnet werden musste, keinesfalls zu Fristverlängerungsansprüchen führen.163 Bereits das geringste Verschulden des Auftragnehmers schließt die Annahme höherer Gewalt oder eines unabwendbaren Umstandes aus. Die finanziellen Auswirkungen höherer Gewalt oder unabwendbarer Umstände trägt jede Partei selbst.
4.8.3 Anpassungspflicht des Auftragnehmers Gemäß § 6 Nr. 3 VOB/B hat der Auftragnehmer bei Behinderungen „alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Weiterführung der Arbeiten zu ermöglichen.“ Der Auftragnehmer muss dieser Pflicht ohne besondere Aufforderung des Auftraggebers nachkommen. Im Rahmen der auftragnehmerseitigen Anpassungspflicht kann es unter Umständen zweckmäßig sein, den planmäßigen Bauablauf zu ändern. Der Auftragnehmer muss sich im Zuge seiner Schadensminderungspflicht mit dem Auftraggeber über diese Anpassungsmaßnahmen abstimmen und ihn informieren.164 Für den Auftragnehmer ist es jedoch nicht erforderlich, Personal oder Maschinen zu verstärken, es besteht demzufolge keine Verpflichtung zu Beschleunigungsmaßnahmen.165 Sobald die hindernden Umstände weggefallen sind, hat der Auftragnehmer die Arbeiten ohne weiteres und unverzüglich wieder aufzunehmen und den Auftraggeber davon in Kenntnis zu setzen.
161
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 14; Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 126
162
BGH BauR 1997, 1019 f.
163
Hinsichtlich der oftmals streitbefangenen Abgrenzung außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse verweisen wir auf die Berechnungsmethode von Flassak/ Toffel, vorgestellt in: Baumarkt und Bauwirtschaft, 5/2007, S. 54 ff.
164
Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 30
165
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 36
4.8 Behinderung des Auftragnehmers
77
4.8.4 Die Berechnung der Fristverlängerung Gemäß § 6 Nr. 4 VOB/B setzt sich die Fristverlängerung aus der Dauer der Behinderung und, falls erforderlich, einem Zuschlag für die Wiederaufnahme sowie eine etwaige Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit zusammen. Die unmittelbare Verzögerung ergibt sich aus der verlängerten Leistungsdauer des Teilvorgangs gegenüber dem geplanten Soll-Ablauf. Der Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten dient zur Berücksichtigung von Einarbeitungsverlusten, die sich aus der Räumung von Schnee- und Eisresten, Wartungsarbeiten an Geräten und Installationen sowie Ausbesserungsarbeiten von Winterschäden und der Wiedereinarbeitung des Personals ergeben. Der Zuschlag richtet sich nach Art und Umfang der betroffenen Tätigkeiten und lässt sich ggf. aus dem ungestörten Bauablauf vergleichbarer Leistungsteile ableiten. In der Baupraxis hat sich für die Ermittlung der Verlustzeiten durch Wiederaufnahme der Arbeiten die Verwendung von Minderleistungskennzahlen bewährt. An dieser Stelle sei auf das Verfahren von Lang verwiesen.166 Weiter ist gemäß § 6 Nr. 4 VOB/B bei der Fristverlängerung eine etwaige Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit zu berücksichtigen, die bei witterungsabhängigen Tätigkeiten zu einer Bauverzögerung führen kann. Theoretische Gesamtverzögerung
Bauleistung in %
Id
50
ea lis be ierte iu B ng au es le tö istu r te n m gs Ab su lau mm e f
100
Bauzeit Minderleistung während der Störung
Minderleistung bei Wiederanlauf
Minderleistung aus jahreszeitlicher Verschiebung
Abbildung 4-1 Gestörter Bauablauf – Bauzeitverzögerung167 166
Lang „Ein Verfahren zur Bewertung von Bauablaufstörungen und zur Projektsteuerung“, 1988
167
Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 383
78
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Bei terminlichen Auswirkungen auftraggeberseitiger Störungen ist ein behinderungsbedingt modifizierter Soll-Ablauf, basierend auf dem ursprünglichen Vertragsterminplan, fortzuschreiben. Dabei sind jeweils dem Einzelfall entsprechend die Behinderungsauswirkungen, Unterbrechungen, Zeiträume für die Wiederaufnahme, Intensitätsabfälle und Verzögerungen durch Arbeitsverschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit ursachenkausal und plausibel zu berücksichtigen. Hierbei sind Abhilfemaßnahmen gemäß § 6 Nr. 3 VOB/B zu treffen und versteckte Puffer auszuschöpfen. Sekundärverzögerung Sekundärverzögerungen entstehen auf Grund von Behinderungen oder Bauablaufstörungen, die sich als Folgewirkungen aus Primärverzögerungen ergeben. Hierunter können z. B. eine witterungsbedingte Minderleistung und daraus resultierend ein verzögerter Bauablauf verstanden werden, die erst durch eine vorangehende Bauablaufstörung entstehen konnten, da der planmäßige Bauablauf nicht zur Ausführung in dieser Zeit geführt hätte.168 Primärverzögerung Bei Primärverzögerungen handelt es sich um direkte Auswirkungen von ÖBehinderungen oder Ablaufstörungen auf den Bauablauf auf Grund von Handlungen oder Unterlassungen einer der Vertragspartner bzw. auf Grund von Umständen, die keiner der Vertragspartner zu vertreten hat. 169 Besteht die Behinderung in einer Handlung (z. B. angeordneter Baustopp) und führt dies zum Baustillstand (Unterbrechung), so lässt sich der Beginn des Fristverlängerungszeitraumes leicht feststellen. Besteht die Behinderung dagegen in einer Unterlassung, so muss festgestellt werden, wann der Auftraggeber hätte handeln müssen. Diese Feststellung des Soll-Zeitpunkts für die Mitwirkung ist oft schwierig. Um die zeitmäßigen Auswirkungen verspäteter auftraggeberseitiger Behinderungen korrekt feststellen zu können, ist jeder tatsächliche oder vermeintliche Behinderungsfall zu untersuchen:170 Was ist in terminlicher Hinsicht als Soll vereinbart, und zwar sowohl für den Auftraggeber als auch für den Auftragnehmer? Nur dann, wenn bei Vertragsabschluss festgelegt worden ist, wann jeweils insbesondere die auftraggeberseitige Mitwirkung stattfinden soll, sind die auftraggeberseitig zu erfüllenden Soll-Termine klar vorgegeben. Nur in solchen Fällen ist durch spätere Ermittlung der jeweiligen Ist-Termine die auftraggeberseitige Mitwirkung festzustellen und ob diese tatsächlich verspätet war. Sind dagegen beim Vertragsabschluss 168
Vgl. Reister, 2004, S. 364
169
Vgl. Reister, a. a. O.
170
Vgl. hierzu ausführlich Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1243 ff.
4.8 Behinderung des Auftragnehmers
79
bzw. vor Baubeginn keine terminlichen Festlegungen für die Mitwirkungspflichten des Auftraggebers vereinbart worden, so ist nachträglich ein Soll für die auftraggeberseitigen Mitwirkungen zu formulieren. Welche Ist-Gegebenheiten sind eingetreten, und zwar sowohl für den Auftraggeber als auch für den Auftragnehmer? Was ist also Ist-Behinderungszeitraum? Im weiteren Sinn ist das auch eine Frage der Ursachenverknüpfung von Störung und Folge. Die Feststellung der jeweiligen Ist-Termine der Mitwirkung des Auftraggebers ist unproblematisch, sofern auftragnehmerseitig darauf geachtet wird, dass jeder Planeingang durch eine Quittung dokumentiert wird bzw. mindestens als solcher ins Bautagebuch eingetragen wird. Wie wirken sich die jeweils festgestellten Ist-Gegebenheiten – jede für sich – auf die Terminsituation des Auftragnehmers aus? Sofern eine auftraggeberseitige Mitwirkung zu spät erfolgt, besteht zunächst einmal die Vermutung, dass sie sich behindernd auf den Bauablauf auswirkt. Das ändert aber nichts daran, dass pro verspäteter Mitwirkung der Auftraggeber widerlegen kann, dass sich tatsächlich kein Ausführungstermin im Ist wegen dieser verspäteten Mitwirkung auf einen gegenüber dem Soll-Ausführungstermin später liegenden Termin verschiebt bzw. dass der Soll-Termin nur mit Hilfe von Beschleunigungsmaßnahmen einhaltbar ist. Man kann allerdings nicht deshalb, weil lediglich einer von 15 Ausführungsplänen um 5 Tage später als vereinbart, aber immer noch 3 Wochen vor Ausführung eintrifft, daraus zwingend schließen, dass sich die Ausführung um 5 Tage verschiebt. Jeder Einzelfall ist als solcher zu beurteilen, aber die Vermutungswirkung bleibt erhalten. Eine abstrakte Fristverlängerungsberechnung als Auswirkung mehrerer Störungen ist ebenso wie eine abstrakte Schadensberechnung unzulässig.171 Für jede Störung ist daher gegebenenfalls der Zeitpunkt der geschuldeten Mitwirkung, die vertraglich geplante Vorgangsdauer und die störungsmodifizierte Dauer unter Berücksichtigung der Minderungspflicht gemäß § 6 Nr. 3 VOB/B und eventuell bestehender Puffer zu untersuchen.172 In der Praxis sollte daher der Auftragnehmer für jede Störung bzw. jeden Störungskomplex einen störungsmodifizierten Bauzeitenplan aufstellen, der dann seinerseits Ausgangspunkt für die Untersuchung der nächsten Störungsauswirkung ist.173
171
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1268
172
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 40
173
BGH „Behinderungsschaden II“ NZBau 2002, S. 381
80
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
4.8.5 Schadenersatzansprüche Behinderungen in der Bauausführung können neben einer Verlängerung der verbindlich festgelegten Ausführungsfrist auch zu Schadenersatzansprüchen führen. Die Anwendung des § 6 Nr. 6 VOB/B setzt voraus, dass hindernde Umstände vorliegen, die der Auftraggeber zu vertreten hat. Schadenersatzansprüche seitens des Auftragnehmers kommen also ausnahmslos nur bei einem Verschulden des Auftraggebers in Betracht, z. B. bei einer Verletzung der Mitwirkungspflichten. Voraussetzung ist aber, dass die entstandenen Mehrkosten tatsächlich auf die Verzögerung der Bauarbeiten und diese Verzögerungen auf die vom Auftraggeber zu vertretenden hindernden Umstände zurückzuführen sind. Zu beachten ist weiterhin, dass Nachtragsangebote gemäß § 2 Nr. 5 und § 2 Nr. 6 VOB/B grundsätzlich alle durch die Änderungsanordnung verursachten Mehrkosten, einschließlich der zeitabhängigen, abdecken müssen und demnach keine Möglichkeit gegeben ist, die entstandenen Mehrkosten aus Bauzeitverlängerung gesondert über § 6 Nr. 6 VOB/B geltend zu machen.174 Um Ansprüche auf Schadenersatz geltend zu machen, muss der Auftragnehmer folgende Voraussetzungen nachweisen:
Vorliegen hindernder Umstände
hindernde Umstände stammen aus dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers
Anzeige oder Offenkundigkeit
Schaden
Hindernde Umstände bezeichnen hierbei Störungen natürlicher oder rechtlicher Natur mit Folgewirkungen, die bei Vertragsabschluss unvorhersehbar waren, nicht jedoch eine dauernde Unmöglichkeit der Bauausführung. Die Regelung des § 6 Nr. 6 VOB/B schließt explizit jegliche Ansprüche auf Schadenersatz aus, wenn die hindernden Umstände nicht durch den Auftraggeber zu vertreten sind. Durch die Anzeige oder offenkundige Umstände muss der ursächliche Zusammenhang zwischen der Störung und der verzögernden Wirkung dargelegt werden. Dies ist besonders bedeutsam beim baupraktisch häufig vorkommenden Fall von parallel auftretenden Behinderungen und Behinderungsfolgen. Der Schadenersatzanspruch des Auftragnehmers ist in seinem Umfang dadurch begrenzt, dass der Ersatz des entgangenen Gewinns im Allgemeinen ausgeschlossen ist. Anspruch auf Schadenersatz kann nur gewährt werden, wenn der Auftraggeber die Behinderung durch eigenes Verschulden oder Fahrlässigkeit verursacht hat. Hierzu zählen die Verletzung einer vertraglichen Pflicht, Rechtswidrigkeit oder Verschulden.175
174
Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 252
175
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1271
4.8 Behinderung des Auftragnehmers
81
Im Falle höherer Gewalt oder unabwendbarer Umstände sowie Streik oder Aussperrung hat der Auftragnehmer gemäß § 7 Nr. 1 VOB/B, Verteilung der Gefahr, lediglich Anspruch auf Fristverlängerung und Vergütung der bereits ganz oder teilweise ausgeführten vertraglich vereinbarten Leistung nach § 6 Nr. 5 VOB/B. Der Schaden des Auftragnehmers ist konkret zu ermitteln und erfolgt durch Gegenüberstellung der hypothetischen Vermögenslage bei behinderungsfreier Abwicklung der Arbeiten und der tatsächlichen Vermögenslage unter Einfluss der Behinderung (Differenzhypothese).176 Als ersatzfähiger Schaden gelten Stillstandskosten, Mehrkosten wegen verlängerter Bauzeit, Beschleunigungskosten und Sachverständigenkosten. Bei Vereinbarung der VOB/B ist entgangener Gewinn nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit zu ersetzen.177
4.8.6 Zusammenfassung Behinderung
Behinderung
Störung Störung
kausaler Zusammenhang
Verzögerung Verzögerung des des Bauablaufs Bauablaufs
Bauzeitverlängerung Bauzeitverlängerung infolge infolge Änderung Änderung der der Planungsgrundlage Planungsgrundlage
Ursache der Behinderung Behinderungsanzeige oder Offenkundigkeit Unverzügliche Unverzügliche Behinderungsanzeige Behinderungsanzeige
Offenkundigkeit Offenkundigkeit in in Ursache Wirkung Ursache und und Wirkung
Mehr-/Mindermengen Mehr-/Mindermengen
Ursache der Behinderung aus aus dem dem Risikobereich Risikobereich des des Auftraggebers Auftraggebers stammend stammend
Leistungsänderung Zusatzleistung Anordnung des Auftraggebers
vom vom Auftraggeber Auftraggeber zu zu vertreten vertreten
Rechtsfolge Mehrvergütung Mehrvergütung nach nach §§ 22 Nr. Nr. 3, 3, 55 oder oder 66 VOB/B VOB/B
Nachweis Dauer Dauer der der durch durch Störung Störung verursachten verursachten Verzögerung Verzögerung
Schadenhöhe Schadenhöhe
Rechtsfolge Fristverlängerung Fristverlängerung nach nach §§ 66 Nr. Nr. 22 VOB/B VOB/B
Fristverlängerung Fristverlängerung nach nach §§ 66 Nr. Nr. 22 VOB/B VOB/B
Rechtsfolge Schadenersatz Schadenersatz nach nach §§ 66 Nr. Nr. 66 VOB/B VOB/B
im Einzelfall
Schadenersatz Schadenersatz nach nach §§ 66 Nr. Nr. 66 VOB/B VOB/B
Abbildung 4-2 Ansprüche des Auftragnehmers aus Bauzeitverzögerung
176
Vgl. hierzu BGH „Behinderungsschaden I“ BauR 1986, 347
177
Vgl. Herig, 2004, § 6 VOB/B Rdn. 38 ff.; Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 90
82
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Tabelle 4.11 Kurzübersicht: Behinderung – Fristverlängerung Behinderung – Fristverlängerung Anspruchsgrundlage:
§ 6 Nr. 2 und 4 VOB/B
Voraussetzungen:
Behinderung des Auftragnehmers in der ordnungsgemäßen Ausführung seiner Leistung auf Grund von Umständen aus dem Risikobereich des Auftraggebers, Streik, Aussperrung oder höherer Gewalt und anderer unabwendbarer Umstände Behinderungsanzeige bzw. Offenkundigkeit gem. § 6 Nr. 1 VOB/B
Anspruch:
Fristverlängerung, bestehend aus der Behinderungsdauer, einem Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten und die etwaige Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit
Tabelle 4.12 Kurzübersicht: Behinderung – Schadenersatz Behinderung – Schadenersatz Anspruchsgrundlage:
§ 6 Nr. 6 VOB/B
Voraussetzungen:
Behinderung des Auftragnehmers durch einen Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers (Verletzung von Mitwirkungspflichten), Fahrlässigkeit des Auftraggebers oder seiner Erfüllungsgehilfen Schadensursächlichkeit der Behinderung Behinderungsanzeige bzw. Offenkundigkeit gem. § 6 Nr. 1 VOB/B Konkreter Nachweis des behinderungsbedingten Schadens
Anspruch:
Schadenersatzanspruch mit der Möglichkeit zur Schadenschätzung nach § 287 ZPO
Ansprüche des Auftragnehmers auf Erstattung der Mehrkosten können sich sowohl aus § 2 Nr. 3, 5 und 6 VOB/B als auch aus § 6 Nr. 6 VOB ableiten, wobei die Regelungen des § 2 VOB/B die vorrangige Anspruchsgrundlage darstellen. Falls die Behinderung durch einen Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers verursacht wurde, regelt § 6 Nr. 2 VOB/B die Ansprüche auf Fristverlängerung.
4.9 Der Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB
83
4.9 Der Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB Bei ihrer Leistungserfüllung sind die bauausführenden Unternehmen oftmals auf die fristgerechte Erbringung der Leistung der vor ihnen tätigen Gewerke angewiesen. Kommt es auf Grund fehlender, verspäteter oder mangelhafter Vorleistungen zu Verzögerungen des Bauablaufs, so löst dies zwangsweise Mehrkosten bei den zeitabhängigen Kosten aus. Bis zu einem Urteil des BGH 1999178 ging die Rechtsprechung davon aus, dass der Bauherr Verzögerungen der Vorunternehmer nicht zu verantworten hat und dem Auftragnehmer hieraus zwar Bauzeitverlängerungsansprüche, jedoch kein Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens bzw. daraus entstandener Mehrkosten zustehen. Erst mit dem oben erwähnten und in der Fachliteratur umstrittenen Grundsatzurteil hat der BGH entschieden, dass § 642 BGB neben § 6 Nr. 6 VOB/B anwendbar ist.179 Mit Einführung der VOB/B 2006 wurde dies zudem direkt in § 6 Nr. 6 Satz 2 der VOB/B verankert. Dies führt dazu, dass der Auftragnehmer Anspruch auf „angemessene Entschädigung“ hat, wenn der Auftraggeber mit einer zur Leistungserbringung erforderlichen Mitwirkungshandlung in „Annahmeverzug“ gerät.180 Ein Annahmeverzug liegt vor, wenn der Auftragnehmer seinerseits leisten darf, zur Leistung bereit ist und im Stande ist und seine Leistung wie geschuldet dem Auftraggeber anbietet, dieser das Leistungsangebot aber nicht annimmt bzw. annehmen kann, da die Voraussetzungen für die Erbringung der auftragnehmerseitigen Leistung auf Grund fehlender Vorleistungen noch nicht geschaffen sind. Annahmeverzug setzt kein Verschulden, z. B. durch mangelhafte Koordinierung des Auftraggebers, voraus. Die Anwendung des § 642 BGB ist an folgende Voraussetzungen gebunden:181
178
Der Auftraggeber hat vertragliche Mitwirkungshandlungen.
Der Auftragnehmer ist leistungsbereit und bietet seine Leistungserbringung an.
Der Auftraggeber bzw. sein Vorunternehmer hat eine erforderliche und ihm obliegende Handlung nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß erfüllt.
Es ist dadurch kausal nachweisbar zu einer tatsächlichen Behinderung der Leistungserfüllung des Auftragnehmers gekommen.
BGH BauR 2000, 722 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BGH BauR 1985, 561)
179
Vgl. Leinemann, 2002, § 6 VOB/B Rdn. 81
180
Vgl. Reister, 2004, S. 501
181
Vgl. Reister, 2004, S. 502
84
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Der Auftragnehmer hat die Behinderung dem Auftraggeber durch eine qualifizierte Behinderungsanmeldung zeitnah angezeigt und ihn auf die Auswirkungen der Behinderung hingewiesen. Eine Anzeigepflicht entfällt, falls die Behinderung und deren Auswirkungen offenkundig waren.
Die Behinderungen in der Bauausführung und die damit verbundenen Mehrkosten sind ursächlich mit der angezeigten Behinderung verbunden.
Bei Vorliegen o. g. Voraussetzungen besteht für den Auftragnehmer gemäß § 642 BGB ein Entschädigungsanspruch. Zu beachten ist, dass § 6 Nr. 6 VOB/B dem Auftragnehmer die Möglichkeit eines Schadenersatzanspruchs eröffnet, also den Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens, während aus § 642 BGB ein Entschädigungsanspruch resultiert.182 Schadenersatz ist gemäß Differenzhypothese der Unterschied zwischen hypothetischer ungestörter Vermögenslage des Auftragnehmers und der tatsächlichen störungsbedingten Vermögenslage. Entschädigung ist dagegen ein Ausgleich, berechnet nach dem Behinderungszeitraum und der Höhe der vereinbarten Vergütung, gekürzt um eventuell ersparte Aufwendungen oder um das, was der Auftragnehmer durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erspart hat.183 Der Entschädigungsanspruch ergibt sich aus den direkten Kosten, die aus der Angebotsbzw. Auftragskalkulation abzuleiten sind und den kalkulierten Zuschlägen für Allgemeine Geschäftskosten. Zuschläge für Baustellengemeinkosten kommen nicht in Betracht, solange sich die tatsächlichen Baustellengemeinkosten nicht erhöhen. Gemäß bereits erwähntem BGH-Urteil ist ein Gewinnzuschlag ebenfalls unzulässig. Dem wird in der Fachliteratur jedoch widersprochen und ein Zuschlag für Wagnis und Gewinn befürwortet.184 Tabelle 4.13 Kurzübersicht: Entschädigungsanspruch Entschädigungsanspruch Anspruchsgrundlage:
§ 642 BGB
Voraussetzungen:
Behinderung des Auftragnehmers durch notwendige und nicht rechtzeitig oder mangelhaft erbrachte Vorunternehmerleistungen bzw. Verletzung der Mitwirkungspflichten des Auftraggebers (Annahmeverzug) Kein Verschulden des Auftraggebers erforderlich Behinderungsanzeige bzw. Offenkundigkeit gem. § 6 Nr. 1 VOB/B
Anspruch:
Vergütungsgleicher Entschädigungsanspruch, jedoch ohne entgangenen Gewinn (umstritten)
182
Vgl. Leinemann, 2002, § 6 VOB/B Rdn. 172
183
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 90
184
Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 324
4.10 Störung der Geschäftsgrundlage
85
4.10 Störung der Geschäftsgrundlage § 313 BGB enthält nach der Schuldrechtsmodernisierung erstmals eine gesetzliche Regelung zur „Störung der Geschäftsgrundlage“. Diese gilt für alle Verträge und somit für Werkverträge jeglicher Art, sowohl für Einheitspreisverträge als auch für Pauschalverträge. Dadurch verliert die in § 2 Nr. 7 VOB/B getroffene Regelung zum Pauschalvertrag hinsichtlich der Störung der Geschäftsgrundlage an Bedeutung.185 Die Bestimmungen des § 313 BGB gelten auch beim VOB-Vertrag unverändert. Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann sowohl die Leistung als auch die Vergütung des Vertrags betreffen. So kann sich einerseits der Leistungsinhalt in für den Auftragnehmer unzumutbarer Weise ändern, andererseits aber auch die Kosten für eine ansonsten unveränderte Leistung. Der zweite und im Übrigen nicht durch den Regelungsinhalt des § 2 Nr. 7 VOB/B erfasste Fall wird in der Praxis jedoch nur in Krisenzeiten auftreten und wurde in der Gerichtspraxis der vergangenen 50 Jahre dementsprechend nicht behandelt. Eine unzumutbare Leistungsänderung ist hingegen sehr wohl, wenn auch nur vereinzelt, in der Baupraxis zu finden. Allerdings selten beim Einheitspreisvertrag, sondern vielmehr beim Pauschalvertrag, bei dem der Auftragnehmer das Mengenrisiko und beim Global-Pauschalvertrag auch das Auslegungs- und Vervollständigkeitsrisiko trägt.186
4.10.1 Voraussetzungen Der Rückgriff auf die Störung der Geschäftsgrundlage ist als „Notbremse“ zu verstehen, alle vertraglichen und gesetzlichen Regelungen, die die Folgen von Leistungsstörungen regeln, sind vorrangig. Eine weitere Voraussetzung, neben der vorrangigen Ausschöpfung von Spezialregelungen, ist das Vorliegen einer so schwerwiegenden Veränderung der Leistung, dass ein Festhalten am Vertrag unzumutbar wird. Ob eine Veränderung der Leistung schwerwiegend ist, lässt sich anhand der Kostenfolge der Veränderung beurteilen. Zwar ist jeder Einzelfall isoliert zu bewerten, es kann aber davon ausgegangen werden, dass Mehrkosten in einer Größenordnung von mehr als 20 %, bezogen auf die gesamte Pauschalvergütung, in der Mehrzahl aller Fälle zu einer Einschätzung als Störung der Geschäftsgrundlage führen werden.187 Wesentlicher Faktor für die Beurteilung ist neben der absoluten Höhe der Mehrkosten188 auch die Prüfung, inwieweit 185
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 277
186
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, a. a. O.
187
Sofern im Pauschalvertrag selbst die Vergütung in Teilpauschalen aufgegliedert ist, genügt bereits eine geringere Größenordnung der Gesamtpauschale. (Vgl. hierzu Kapellmann/Schiffers, Bd. 2, 4. Aufl. 2006, Rdn. 1529)
188
So können bei einer Vertragssumme von 300 Mio. € bereits Mehrkosten in Höhe von 15 Mio. € und damit weniger als 20 % der Gesamtsumme die Unzumutbarkeitsgrenze überschreiten. (Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 279)
86
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
die Kostensteigerung auf die Addition vieler Einzelpositionen oder aber auf eine signifikante Abweichung bei wenigen oder einer Einzelposition zurückzuführen ist. Weitere und wesentliche Voraussetzung der Störung der Geschäftsgrundlage ist, dass sich die Kosten verursachenden Umstände nach Vertragsschluss unvorhersehbar so geändert haben, dass die Parteien den Vertrag nicht oder zumindest nicht in dieser Form geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung und deren Ausmaße vorhergesehen hätten. Ganz außerhalb des erfahrungsgemäß Üblichen und Unvermeidbaren liegende Abweichungen vom vertraglichen Soll sind vom normalen Vertragsrisiko nicht mehr erfasst. Maßgebend ist, was für einen durchschnittlich sorgfältigen Baubeteiligten als Risiko erkennbar war; fahrlässig fehlerhafte Risikobewertung schließt Ansprüche wegen Störung der Geschäftsgrundlage aus. Ferner ist zu prüfen, ob die Vertragspartner die Möglichkeit dieses Risikoeintritts erkannt und vertraglich gerade dieses Risiko einer Partei zugeteilt haben. Dadurch würde festgelegt, auch im Falle des Risikoeintritts am Vertrag festzuhalten. Abschließend besteht die Möglichkeit, dass beiderseitige Fehlvorstellungen der Vertragspartner zu einem Anspruch aus Störung der Geschäftsgrundlage führen kann. Wenn also beide Parteien übereinstimmend dem Vertrag bestimmte „wesentliche Voraussetzungen zu Grunde gelegt haben“, die sich aber als falsch herausstellen, wird die Basis der Vertragsvereinbarung aufgehoben. Ein typischer Anwendungsfall der Störung der Geschäftsgrundlage ist eine außergewöhnliche Mengenentwicklung. Beim Pauschalvertrag trägt der Auftragnehmer zwar grundsätzlich das Mengenrisiko, vom erfahrungsgemäß Üblichen und Unvermeidbaren unerkennbare Abweichungen, die ein wirtschaftlich unzumutbares Volumen erreichen, begründen auch hier eine Störung der Geschäftsgrundlage. Eine außergewöhnliche Mengenentwicklung kann auch bei einer einvernehmlichen aber fehlerhaften Mengenermittlung der Vertragsparteien als Preisbasis eines Pauschalvertrags entstehen. Des Weiteren können außergewöhnliche Verfahrensprobleme zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen, beispielsweise die gemeinsame Festlegung auf ungeeignete Bauverfahren oder unter Zeitdruck vermiedene Erkundungen, z. B. hinsichtlich der Bodenverhältnisse.189
4.10.2 Rechtsfolgen Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann zu einem Anspruch des Auftragnehmers auf Vergütungsanpassung oder Kündigung des Vertragsverhältnisses führen.
189
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 287
4.10 Störung der Geschäftsgrundlage
87
Vergütungsanpassung Als Regelfolge der Störung der Geschäftsgrundlage sieht § 313 BGB die Vertragsanpassung vor, was zu einer Anpassung der vertraglich vereinbarten Vergütung führt. Die Höhe der Vergütung hängt von der Festlegung der Zumutbarkeitsgrenze ab und wird einer Schätzungsbandbreite unterliegen. Ob die Anpassung der Vergütung auf die Preisermittlungsgrundlagen des Vertrags abzustellen ist, wird in der Fachliteratur kontrovers diskutiert.190 Kündigung Wenn eine Vertragspartei zu Unrecht eine Anpassung des Pauschalpreises wegen Störung der Geschäftsgrundlage verweigert, ist die andere Partei dazu berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Ferner ist eine Kündigung möglich, wenn eine Anpassung des Vertrags unmöglich oder unzumutbar ist. Die Darlegungs- und Beweislast einer Störung der Geschäftsgrundlage und einer daraus resultierenden Vergütungsanpassung trägt derjenige, der sich darauf beruft, im Regelfall also der Auftragnehmer.
Tabelle 4.14 Kurzübersicht: Störung der Geschäftsgrundlage Störung der Geschäftsgrundlage Anspruchsgrundlage:
§ 2 Nr. 7 VOB/B und § 313 BGB
Voraussetzungen:
Pauschalpreisvertrag Erhebliche, nicht erkennbare Abweichung der ausgeführten vertraglich vereinbarten Leistungen Unzumutbarkeit des Festhaltens am Pauschalpreis bei Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze (ab ca. 20 %) Ausgleichsverlangen des Auftragnehmers
Anspruch:
Anpassung des Pauschalpreises an die ausgeführte Leistung – Berücksichtigung von Mehr- oder Minderkosten – Grundlagen der Preisermittlung zum Vertrag als Bemessungsbasis Lösung vom Vertrag nur in absoluten Ausnahmefällen Kündigungsmöglichkeit des Auftragnehmers, falls der Auftraggeber sich endgültig und eindeutig einem Anpassungsverlangen widersetzt
190
Widersprechend u. a. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 289
88
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
4.11 Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt werden konnte, dass für Bauverträge zwischen Auftraggeber und Bauunternehmen die Anspruchsgrundlagen und Folgen von Nachträgen, zumindest bei vereinbarter VOB/B, zum überwiegenden Teil eindeutig festgelegt sind, stellt sich nun die Frage nach möglichen Anspruchsgrundlagen bei Leistungsstörungen von Architekten- und Ingenieurleistungen. Die bisher häufig auf Bauablaufstörungen beschränkte Verwendung des Störungsbegriffs und ihre kostenmäßige Bewertung für die betroffenen Bauunternehmen muss daher erweitert werden. Zur Abgrenzung der vertraglich vereinbarten von der gestörten Leistung muss zunächst eine Definition der als „normal“ bezeichneten Architekten- und Ingenieurleistung vorgenommen werden. Die HOAI regelt den Preis der – kursorisch – umschriebenen Leistung, ist aber Preisrecht und nicht Leistungsrecht, auch wenn die HOAI oftmals als normative Leistungsbeschreibung missverstanden wird. Die HOAI ist zwar Indikator für die vom Architekten bzw. Ingenieur zu leistenden Tätigkeiten, kann aber aus rechtlichen Gründen (Erfolgskriterium des Werkvertragsrechts) und auf Grund inhaltlicher Abgrenzungsschwierigkeiten nicht ohne weiteres zur Bestimmung der normalen Architekten- und Ingenieurleistungen herangezogen werden.191 Die Feststellung des zu erbringenden Leistungsumfangs für das zu planende und zu realisierende Objekt sollte anhand der Vertragsunterlagen möglich sein. Typisch für Architekten- und Ingenieurleistungen ist die Prozesshaftigkeit der Planung und Realisierung zur Optimierung eines Bauwerks. Die vielfältigen Planungs-, Koordinierungs-, Beratungs- und Überwachungsleistungen müssen zumindest teilweise wiederholt überdacht und unter ähnlichen Anforderungen erbracht werden.192 Neben dem möglichst detailliert beschriebenen Leistungsumfang sollte auch die Leistungszeit vertraglich vereinbart werden. Hierzu zählen sowohl die Gesamtdauer der Leistungserbringung als auch zeitliche Festlegungen hinsichtlich des Ablaufs einzelner Leistungen, z. B. die Vorlage des Entwurfs, der Bauantragsunterlagen, Baubeginn und Bauende. Dies führt zu einer sicheren Beurteilungsgrundlage der zu erbringenden und zu kalkulierenden normalen Architekten- bzw. Ingenieurleistung. Gestörte Architekten- und Ingenieurleistungen entstehen
als Änderung von Leistungszielen während der Leistungserstellung in Bezug auf Qualitäten, Quantitäten, Kosten und Termine;
191
Vgl. Schramm, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 144 f.
192
Vgl. Schramm, a. a. O.
4.11 Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen
als Änderungen des Leistungsumfangs zum einen in Form von Mehr- oder Minderleistungen gegenüber dem vereinbarten Soll, zum anderen sind möglicherweise bereits erbrachte Leistungen mit veränderten Leistungszielen zu wiederholen;
als terminliche Änderungen. Diese sind zu unterscheiden in die Anfangsverschiebung vor Leistungsbeginn, die Verzögerung, die Beschleunigung und die Leistungsunterbrechung.193
89
Störungen wirken sich auf den vertraglich vereinbarten Leistungsablauf aus, es kommt zu zeitlichen Änderungen der zu erbringenden Leistungen oder zu inhaltlich geänderten und zu wiederholenden Leistungen. Ob gestörte Architekten- oder Ingenieurleistungen durch die Regelungen der HOAI angemessen honoriert werden können, wird im Folgenden dargestellt. Das Leistungsbild des Architekten kennt nach § 15 HOAI lediglich an zwei Stellen den ausdrücklichen Bezug auf Änderungsleistungen, nämlich bei den Besonderen Leistungen in der Vorplanung (Untersuchen von Lösungsmöglichkeiten nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen) und der Genehmigungsplanung (Ändern der Genehmigungsunterlagen infolge von Umständen, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat). Beim Planungsvertrag handelt es sich um einen BGB-Werkvertrag mit Überlagerungen durch das gesetzliche Preisrecht der HOAI. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung von den im Laufe der Planung geschuldeten Optimierungen zu den darüber hinausgehenden vergütungspflichtigen Planänderungen. In der Leistungsphase 2 des § 15 Abs. 1 HOAI schuldet der Architekt das Erarbeiten eines Planungskonzepts einschließlich Untersuchung alternativer Lösungsvarianten als Grundleistung. Optimierungsvorstellungen des Bauherrn sind hier ohne zusätzlichen Vergütungsanspruch in die Planung einzubeziehen, sofern nicht „grundsätzlich verschiedene Anforderungen“ i. S. d. § 20 HOAI gestellt werden.194 Werden auf „Veranlassung des Auftraggebers mehrere Vor- und Entwurfsplanungen“ (Leistungsphasen 2 und 3) „nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen gefertigt“, besteht neben der vollen Honorierung der „umfassendsten Vor- und Entwurfsplanung“ auch für wiederholt erbrachte Leistungen ein – allerdings geminderter – Honoraranspruch.195 Für Besondere Leistungen, die zu den Grundleistungen hinzutreten, ist ein Honoraranspruch gemäß § 5 Abs. 4 HOAI nur dann gegeben, „wenn die Leistungen im Verhältnis zu den Grundleistungen einen nicht unwesentlichen Arbeits- und Zeitauf-
193
Vgl. Messerschmidt, 2002, S. 607 ff.
194
Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 5 f.
195
Vgl. Korbion/Mantscheff/Vygen, 6. Aufl. 2004, § 20 HOAI Rdn. 1 f.
90
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
wand verursachen und das Honorar schriftlich vereinbart worden ist.“ Grundsätzlich besteht kein Zurückbehaltungsrecht des Architekten an Besonderen Leistungen, wenn sie im Sinne des werkvertraglichen Erfolgs notwendig sind.196
4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen Neben den genannten und überwiegend in der VOB/B und dem BGB-Werkvertragsrecht geregelten Nachtragssachverhalten existieren einige Sonderprobleme, die regelmäßig zum Konflikt zwischen den Vertragsparteien und reger Diskussion in der einschlägigen Fachliteratur führen.
4.12.1 Nachlassvereinbarungen Nachlass ist die vertraglich vereinbarte prozentuale oder auch konkrete bezifferte unbedingte Kürzung des Vertragspreises bei unverändert bleibender Leistung des Auftragnehmers.197 Es handelt sich hierbei nicht um eine Zahlungsmodalität sondern um eine Preisvereinbarung. Solange die Leistungen des Hauptvertrags planmäßig erbracht werden, ist die Gewährung des vertraglich vereinbarten Nachlasses unstrittig. Oftmals streitgegenständlich ist jedoch die Wirksamkeit eines Nachlasses bei Nachtragsforderungen des Auftragnehmers. Bei einer Nachlassvereinbarung ist davon auszugehen, dass der Auftragnehmer diese auf die Vertragssumme beschränkt und nicht auf bei Vertragsschluss unübersehbare Auswirkungen erstreckt. Summenmäßige Nachlässe bleiben dieser Annahme folgend auf diese Summe beschränkt, wirken sich also auf Nachtragsvergütungen nicht aus, sofern die Gesamtabrechnungssumme die Vertragssumme überschreitet. Prozentuale Nachlässe erstrecken sich ohne entsprechende individuelle Vertragsvereinbarung ebenfalls nicht auf Nachtragsvergütungen, sofern die Gesamtabrechnungssumme die ursprüngliche Vertragssumme überschreitet. Nach herrschender Meinung ist eine Nachlassvereinbarung nur dann für Nachträge gültig, wenn dies ausdrücklich im Rahmen des Bauvertrags vereinbart wurde. Unstrittig ist dies zumindest für geänderte Leistungen, hinsichtlich zusätzlicher Leistungen hat das OLG Düsseldorf abweichend entschieden.198 Ein prozentualer Nachlass erstreckt sich nicht auf Lohnmehrkosten, die dem Auftragnehmer auf Grund einer Lohngleitklausel (siehe Kapitel 4.1) gesondert vergütet werden.199
196
Vgl. Korbion/Mantscheff/Vygen, a. a. O.
197
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1042
198
OLG Düsseldorf BauR 1993, 479
199
Vgl. Cuypers, B Rdn. 542; VOB-Stelle Niedersachsen Fall Nr. 1065 vom 30.11.1995, IBR 1996, 195
4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen
91
Hinsichtlich der auch in der Fachliteratur umstrittenen Reichweite angebotener Preisnachlässe kann nur dringend dazu geraten werden, für etwaige Vertragsänderungen und -ergänzungen eindeutige Regelungen hinsichtlich der Nachlassgewährung bereits bei Vertragsabschluss aufzunehmen.
4.12.2 Vergabegewinne bei der Mindermengenvergütung Im Zusammenhang mit der Vereinbarung eines neuen Preises bei einer über 10 % hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes i. S. d. § 2 Nr. 3 VOB/B200 stellt sich die Frage nach der Handhabung möglicher Vergabegewinne des Auftragnehmers. Dieser hat bei Mindermengen >10 % die Neubildung des Einheitspreises auf Basis der zu Grunde liegenden Preiskalkulation abzustellen. Es ist durchaus denkbar und in der Praxis üblich, dass die vom Auftragnehmer kalkulierten und angebotenen Einzelkosten der Teilleistungen im Verlauf der Ausführungsvorbereitung geringer als erwartet ausfallen, z. B. auf Grund von günstigen Nachunternehmerangeboten oder niedrigen Stoffkosten. Diese Vergabegewinne, die keineswegs zwangsläufig auf eine unzureichende Kalkulation des Auftragnehmers schließen lassen, sind als außerordentlicher Gewinn zu beurteilen, da alle Kosten und Umlagen vom Einheitspreis bereits gedeckt sind und der Differenzbetrag zwischen prognostizierten und tatsächlichen direkten Kosten als Überschussbetrag verbleibt. Der Frage, ob sich die auf Verlangen zu erbringende Neubildung des Einheitspreises nach den kalkulierten direkten Kosten richten muss oder auf die tatsächlichen Kosten unter Ausschluss des Vergabegewinns abzustellen ist, hat sich Schulze-Hagen in einem ausführlichen Fachaufsatz gewidmet.201 Er vertritt die Auffassung, dass die Berechnung auf Basis der Angebotskalkulation zu führen ist und somit ein möglicherweise erlöster Vergabegewinn beim Auftragnehmer verbleibt. Dies ist insofern nachvollziehbar, da andernfalls der Auftragnehmer bei Ausführung vorgesehener Leistungsmengen den Vergabegewinn widerspruchslos realisieren könnte, bei Mindermengen jedoch darauf verzichten müsste.
4.12.3 Vergütung der Kosten für die Nachtragsbearbeitung Wie bereits in Kapitel 1.3 erläutert, führen bei komplexen Projekten derzeit übliche Änderungen eines Bauvorhabens nach Art, Umfang und zeitlichem Ablauf zu Nachtragsforderungen in oftmals dreistelliger Anzahl. Dies führt dazu, dass ein solches Nachtragsaufkommen Kosten auf Auftragnehmerseite auslöst, die nicht vorhersehbar waren und damit nicht einkalkuliert wurden. Häufig wird die Aufgabe des Nachtragsmanagements in Unternehmen einem professionellen, internen oder externen – allerdings Kosten verursachenden – Team übertragen. Die Anforderungen an die 200
Vgl. hierzu Kapitel 4.2
201
Schulze-Hagen, in: Festschrift für Walter Jagenburg, 2002, S. 815 ff.
92
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Aufbereitung und Darlegung der Nachtragssachverhalte durch den Auftragnehmer wurden in den vorangegangenen Kapiteln ausführlich dargestellt. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen diese Kosten vom Auftraggeber zu tragen sind, wird im Folgenden erörtert. Im Hinblick auf den Umfang sowie die technische, baubetriebliche und rechtliche Komplexität der im Zuge der Nachtragsbearbeitung zu erfüllenden Aufgaben muss der Auftragnehmer sich zusätzlichen internen oder externen qualifizierten Personals bedienen. Die Kosten hierfür liegen bei Großbauvorhaben bei bis zu zweistelligen Millionenbeträgen.202 Eine spezielle Regelung hinsichtlich der Vergütung von Nachtragsbearbeitungskosten enthält weder das BGB noch die VOB/B. Zu den Nachtragsbearbeitungskosten zählen die Kosten für die Aufstellung des Nachtrags, also das Auffinden und Belegen eines modifizierten Sachverhalts, für die Nachtragskalkulation und für die Formulierung eines entsprechenden Nachtragstextes sowie die Abrechnung.203 Es handelt sich also insbesondere um Kosten, die dem Auftragnehmer dadurch entstehen, dass er die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für Vergütungsansprüche, Schadenersatzforderungen und Bauzeitverlängerung substantiiert und beweiskräftig darlegt.204 Hierzu zählt unter anderem auch die Dokumentation der Besprechungen mit dem Auftraggeber, seinen Architekten und Sonderfachleuten sowie den übrigen von den entsprechenden Leistungen tangierten Gewerken. Für den Fall, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer dazu auffordert, ein Angebot über eine modifizierte Leistung zu erstellen und er dieses anschließend annimmt, hat der Auftragnehmer alle Bearbeitungskosten bereits in die Angebotspreise einzukalkulieren, wenn er eine entsprechende Deckung erzielen will.205 Tut er dies nicht, hat er im vorliegenden Fall eines Ergänzungsauftrags keinen nachträglichen Anspruch auf den Ersatz der Kosten für die Angebotsbearbeitung oder den Abrechnungsaufwand.206 Bei Nachträgen, die nicht dem Charakter eines Ergänzungsauftrags entsprechen, sind die Kosten der Nachtragsbearbeitung grundsätzlich erstattungsfähig.207 Allerdings sind diese Kosten eindeutig und nachvollziehbar darzulegen. Der Ansatz einer Pauschale für die Nachtragsbearbeitung ohne weitergehende Aufschlüsselung wird im Regelfall abgewiesen. Bedient sich der Auftragnehmer zur Erstellung der Nachträge externer Berater, Sachverständiger und eines bauvertraglich spezialisierten Rechtsbeistands, so sind die Kosten, soweit sich diese nachweislich auf die Tätigkeit im Zusammenhang mit der 202
Vgl. hierzu Marbach, in: Festschrift für Walter Jagenburg, 2002, S. 539 (BauR 2003, 1796)
203
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1108
204
Vgl. hierzu Marbach, in: Festschrift für Walter Jagenburg, 2002, S. 539 (BauR 2003, 1796)
205
Vgl. Kapellmann/Schiffers, a. a. O., Rdn. 1109
206
OLG Köln IBR 1996, 358
207
Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 228, 648; Kapellmann/Schiffers, a. a. O., Rdn. 1108
4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen
93
Nachtragsbearbeitung beziehen, eindeutig erfasst und dokumentiert. Wird das Nachtragsmanagement jedoch intern durch den Einsatz bzw. die Abstellung eigenen Personals erbracht, sind die Kosten deutlich schwieriger nachzuweisen. Es muss daher bereits vor Beginn der Nachtragsbearbeitung geklärt sein, wie die Kosten des internen Nachtragsmanagements eindeutig und nachvollziehbar erfasst werden können. Es sollte dokumentiert werden, welcher Mitarbeiter des Auftragnehmers mit welcher Qualifikation, mit welchem Zeitaufwand, welche Tätigkeiten im Zuge der Bearbeitung des jeweiligen Nachtrags ausgeführt hat. Die Höhe der in Ansatz zu bringenden Kosten für eigenes Personal bzw. für Sachaufwendungen wie z. B. Telekommunikationskosten ergeben sich aus den Ansätzen des betrieblichen Rechnungswesens. Es ist allerdings zu empfehlen, bereits bei Vertragsabschluss vorsorglich Verrechnungssätze für den Einsatz von Bauingenieuren, Kaufleuten, technischen Zeichnern, Sekretärinnen etc. zu vereinbaren.208 Externe, insbesondere aber interne Nachtragsbearbeitungskosten sind ohne nachvollziehbare und beweiskräftige Dokumentation nicht durchsetzbar.
4.12.4 Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers Nach § 16 Nr. 5 Abs. 5 VOB/B steht dem Auftragnehmer grundsätzlich ein Leistungsverweigerungsrecht bis zur Bezahlung fälliger Forderungen für erbrachte Leistungen zu, sofern er dem Auftraggeber zuvor eine angemessene Nachfrist gesetzt hat und diese fruchtlos verstrichen ist. In der Fachliteratur wird unterschiedlich beurteilt, ob dem Auftragnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht für den Fall zusteht, wenn sich eine Preisänderung vor der Ausführung modifizierter Leistungen nicht erzielen lässt. Hier ist sicher auf die Zumutbarkeit für den Auftragnehmer abzustellen. So dürfte es dem Auftragnehmer jedenfalls dann nicht zumutbar sein, wenn der Auftraggeber bereits das Vorliegen einer Leistungsänderung bestreitet und eine Preisänderung grundsätzlich ablehnt. In diesen Fällen müsste der Auftragnehmer seine Leistung in Kenntnis der Tatsache erbringen, dass er seinen Vergütungsanspruch nur mit gerichtlicher Hilfe wird durchsetzen können.209 Voraussetzung für ein Leistungsverweigerungsrecht ist in jedem Fall, dass der Auftragnehmer den Nachtrag ordnungsgemäß erstellt und seine vertragskonforme Herleitung prüfbar darlegt und begründet. Ein Vergütungsanspruch des Auftragnehmers für angeordnete Nachträge entsteht unter den Voraussetzungen des § 2 Nr. 5 VOB/B bzw. § 2 Nr. 6 VOB/B automatisch, ohne dass hierfür eine besondere Nachtragsvereinbarung notwendig ist. Eine unberechtigte Leistungsverweigerung gibt dem Auftraggeber allerdings das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund, so dass hier äußerste Zurückhaltung
208
Vgl. hierzu Marbach, in: Festschrift für Walter Jagenburg, 2002, S. 539 ff. (BauR 2003, 1803)
209
Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 34
94
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
geboten ist und eine Leistungsverweigerung nur in schwerwiegenden Ausnahmefällen zu empfehlen ist. Wenn der Streit der Parteien eskaliert und der Auftragnehmer sein Leistungsverweigerungsrecht in Anspruch nimmt, entscheidet erst ein späterer Rechtstreit über die Angemessenheit des Leistungsverweigerungsrechts mit erheblichen Risiken für beide Vertragsparteien.210 Gemäß § 18 Nr. 5 VOB/B ist der Auftragnehmer grundsätzlich nicht befugt, in Streitfällen die Arbeiten einzustellen. Eine Ausnahme hiervon ist nur möglich, sofern bei objektiver Betrachtung die Leistungsfortführung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben für den Auftragnehmer nicht mehr zumutbar ist.211
4.12.5 Zur Ausschreibungspflicht von Nachträgen Unter Umständen stellt sich für Auftraggeber, die bei der Vergabe der Leistungen an die Vorschriften der VOB/A gebunden sind, die Frage, ob ein Nachtrag auszuschreiben ist oder freihändig vergeben werden darf. Grundsätzlich gilt: Jeder Nachtrag – und sei er noch so geringfügig – stellt im vergaberechtlichen Sinn einen neuen Auftrag dar, ist also entsprechend den einschlägigen Vorschriften ausschreibungspflichtig.212 Im Bereich der Ausschreibungspflicht nach nationalem Recht (1. Abschnitt der VOB/A) richtet sich die Zulässigkeit der freihändigen Vergabe nach den Regelungen des § 3 Nr. 4 VOB/A. Demnach kann frei vergeben werden, wenn eine Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung unzweckmäßig wäre. Nach Formulierung des § 3 Nr. 4 VOB/A) ist eine Ausschreibung u. a. unzweckmäßig, falls „sich eine kleine Leistung von einer vergebenen größeren Leistung nicht ohne Nachteil trennen lässt.“ Im Bereich der europaweiten Ausschreibungspflicht (1. und 2. Abschnitt der VOB/A) gilt zusätzlich zu § 3 Nr. 4 VOB/A noch die Vorschrift des § 3 a Nr. 5 VOB/A. Die Regelung wird dahingehend erweitert, dass die Durchführung von Verhandlungsverfahren ohne Öffentliche Vergabebekanntmachung bei bestimmten zusätzlichen Leistungen und bestehendem Hauptvertrag mit dem Auftragnehmer zulässig ist.
4.12.6 Nachtragsforderungen von Nachunternehmern Grundsätzlich ist jedes Vertragsverhältnis isoliert zu betrachten. Die vertragliche Bindung zwischen Bauherrn und Hauptunternehmer ist unabhängig von derjenigen zwischen Hauptunternehmer und Nachunternehmer. Dies führt dazu, dass eine berechtigte Nachtragsforderung des Nachunternehmers gegenüber dem Hauptunternehmer
210
Vgl. Eschenbruch, Seminardokumentation, 2002, S. 156
211
Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 288
212
Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 36
4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen
95
nicht zwangsläufig zu einem berechtigten Nachtrag des Hauptunternehmers gegenüber dem Bauherrn führt. Es ist durchaus denkbar, dass der Bauherr mit dem Hauptunternehmer einen Pauschalpreisvertrag auf Basis einer funktionalen Leistungsbeschreibung abgeschlossen hat, während der Nachunternehmervertrag in Form eines Einheitspreisvertrages abgeschlossen wurde. Damit hätte der Nachunternehmer beispielsweise das Recht, die Anpassung des Einheitspreises bei Mindermengen nach § 2 Nr. 3 VOB/B zu verlangen, während der Hauptunternehmer gegenüber dem Bauherrn das Mengenrisiko durch die Pauschalpreisvereinbarung selbst zu tragen hätte. Diese Unterschiede der Vertragsbeziehungen lassen sich auch nicht durch Klauseln im Nachunternehmervertrag des Hauptunternehmers vermeiden, indem der Hauptunternehmer Nachtragsforderungen des Nachunternehmers von entsprechenden Zahlungen des Bauherrn an den Hauptunternehmer abhängig macht.213 Um unterschiedliche Rechtsfolgen bei Nachträgen des Nachunternehmers zu vermeiden empfiehlt es sich, die Leistungsbeschreibungen des Hauptunternehmervertrags auch für den Nachunternehmervertrag zu verwenden. Schwierig wird es für den Hauptunternehmer, wenn durch auftraggeberseitige Anordnungen Leistungen so abgeändert werden, dass sie nicht mehr vom Nachunternehmer ausgeführt werden können, sondern für die der Hauptunternehmer ein weiteres Unternehmen beauftragen muss und dem ursprünglich vorgesehenen Nachunternehmer im Wege einer freien Kündigung mit den entsprechenden finanziellen Kündigungsfolgen den Auftrag entziehen muss. Die kündigungsbedingten Kosten, die auf Grund der Änderungsanordnung des Auftraggebers entstanden sind, können in die Nachtragsberechnung des Hauptunternehmers einfließen. Die Nachweisführung der Forderungshöhe gestaltet sich jedoch schwierig, da davon auszugehen ist, dass der Hauptunternehmer nicht berechtigt ist, die Kalkulation des Nachunternehmers gegenüber einem Dritten zu verwenden.
4.12.7 Vollmacht und Vertretungsbefugnisse Bei Bauvorhaben bedient sich der Auftraggeber meist eines Architekten oder anderer von ihm eingeschalteter Dritter, um Anordnungen von geänderten oder zusätzlichen Leistungen gegenüber dem Auftragnehmer zu erteilen oder aber Bauaufträge insgesamt an einzelne Auftragnehmer zu vergeben. Häufig und insbesondere im Hinblick auf Nachtragsbeauftragungen herrscht Unklarheit darüber, ob ein Dritter als Vertreter des Auftraggebers in dessen Namen und Interesse Aufträge erteilen oder Anordnungen treffen kann und ob diese vom Umfang einer etwa bestehenden Vollmacht gedeckt sind.214 Der Auftragnehmer muss stets darauf achten, dass Anordnungen der Auftraggeberseite durch eine Vollmacht gedeckt sind und damit rechtmäßig erteilt
213
Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 246
214
Vgl. Leinemann-Schoofs, 2002, § 2 VOB/B Rdn. 10
96
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
wurden und den Auftragnehmer zur Leistungserbringung verpflichten. Andernfalls bestehen möglicherweise Ansprüche aus § 2 Nr. 8 VOB/B.215 Grundsätzlich sollten Vollmachtsregelungen und Vertretungsbefugnisse im Rahmen des Bauvertrags schriftlich fixiert werden, um verbindlich und klar zu definieren, wer Verträge abschließen und Zusatzleistungen beauftragen kann. Es ist zu unterscheiden zwischen einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht im Sinne des § 164 BGB und den sog. Rechtsscheinsvollmachten, der Anscheins- und der Duldungsvollmacht. Eine rechtsgeschäftliche Vollmacht kann ausdrücklich oder stillschweigend erteilt werden. Eine in Bezug auf die Kosten limitierte Bevollmächtigung wird als begrenzte Vollmacht bezeichnet. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Auftraggeber das Handeln eines Dritten nicht kennt, es bei pflichtgemäßer Sorgfalt aber hätte erkennen und verhindern können und der Auftragnehmer gleichzeitig annehmen durfte, dass der Auftraggeber das Handeln des Vertreters dulde.216 Wenn der Auftraggeber das Handeln eines nicht vertretungsbefugten Dritten kennt und es trotz zumutbarer Sorgfalt duldet und der Auftragnehmer diese Duldung als Vollmacht des Dritten werten kann, spricht man von einer Duldungsvollmacht. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass weder der Architekt noch der Bauleiter des Auftraggebers berechtigt sind, den Auftraggeber rechtsgeschäftlich zu vertreten. Beide haben keine originäre Vollmacht, für den Auftraggeber Verträge zu schließen oder Vergütungsvereinbarungen zu treffen. Die Vollmacht eines Architekten umfasst im Regelfall lediglich die Erteilung von Zusatzaufträgen geringeren Umfangs und Handlungen bei Gefahr in Verzug. Die klare Abgrenzung von Zusatzaufträgen geringeren Umfangs von darüber hinaus gehenden Aufträgen gestaltet sich in der Praxis jedoch schwierig und wird in der Literatur unterschiedlich gehandhabt.
4.12.8 Kalkulationsirrtum Ein Kalkulationsirrtum auf Grund einer fehlerhaften Preisermittlung des Auftragnehmers geht grundsätzlich zu dessen Lasten, da er das Risiko seiner Preisermittlung selbst zu tragen hat. Kalkulationsfehler des Auftragnehmers sind bei Nachträgen daher nicht auszugleichen. Bei der Vereinbarung neuer Preise nach § 2 Nr. 3, 5 und 6 VOB/B ist ein Irrtum in den Grundlagen der Preisermittlung demzufolge unerheblich. Das Vergabehandbuch – Ausgabe 2002 – enthält in der Anlage zur Richtlinie zu § 2 VOB/B unter Ziffer 5 die folgende Empfehlung: „Wirkt sich der Kalkulationsirrtum infolge erheblicher Mehrmengen oder umfangreicher zusätzlicher Leistungen auf den neuen Preis so aus, dass
215
Vgl. hierzu auch Kapitel 4.5
216
Vgl. Leinemann-Schoofs, 2002, § 2 VOB/B Rdn. 18
4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen
97
für den Auftragnehmer oder Auftraggeber ein Festhalten an der ursprünglichen Preisermittlungsgrundlage nicht zumutbar ist, kann in diesem besonders begründeten Einzelfall aus Billigkeitsgründen ein angemessener Preisansatz auf Grund entsprechend zutreffender Nachkalkulation – allerdings nur für die Mehrleistungen – vereinbart werden. Denn der Kalkulationsirrtum bezieht sich nur auf den Leistungsumfang des abgegebenen Angebotes und des dazu erteilten Auftrags.“217 Abgesehen von dieser für den Auftraggeber jedoch nicht bindenden Regelung ist eine Korrektur des Kalkulationsirrtums durch den Auftragnehmer nur in sehr eng umrissenen Grenzen möglich.218 Eine Korrekturmöglichkeit besteht ohne Einschränkung, wenn der Auftraggeber den Kalkulationsfehler erkannt hat, den Bieter aber nicht darauf hingewiesen hat.219 Gleiches gilt, wenn der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung unrichtige Angaben macht oder relevante Umstände verschweigt. In diesen Fällen verstößt der Auftraggeber gegen Aufklärungs- und Mitteilungspflichten. Eine Preiskorrektur erfolgt auf Grundlage eines Schadenersatzanspruchs aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB).220
4.12.9 Spekulationspreise Grundsätzlich ist der Auftragnehmer bei der Ermittlung von Nachtragspreisen infolge von Mengenänderungen, geänderten oder zusätzlichen Leistungen an den alten Preis (alle Kostenelemente, die Bestandteil der Auftrags- bzw. Angebotskalkulation des Auftragnehmers sind und die Kalkulationsmethodik) gebunden. Es gilt der Grundsatz: Guter Preis bleibt guter Preis – schlechter Preis bleibt schlechter Preis. Ist im Rahmen einer Nachtragsberechnung der Preis der zugehörigen Position unterkalkuliert, so muss das Preisniveau beibehalten werden. Dabei ist unerheblich, ob der Bieter einer Fehleinschätzung der Leistung unterlag (siehe hierzu auch Kapitel 4.12.8) oder ob er die Position bewusst spekulativ niedrig angesetzt hat, um etwa den Auftrag zu erhalten. Der Auftragnehmer bleibt auch nach Auftragserteilung an die ursprüngliche Kalkulation gebunden. Gleiches gilt jedoch auch bei einer mit besonders hohem Gewinn kalkulierten Position und bei spekulativ erhöhten Preisen, selbst dann, wenn zwischen Preis und Leistung ein auffälliges Missverhältnis besteht.221 Hier hat der Auftraggeber ebenso wenig das Recht, die Fortschreibung der Preisermittlungsgrundlagen zu unterbinden und einen angemessenen Preis zu verlangen.
217
Vergabehandbuch 2002, Anlage zur Richtlinie zu § 2 VOB/B
218
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 214
219
Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam VOB/B § 2, Rdn. 87; BGH „Kalkulationsirrtum“ BauR 1998, 1089
220
Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 808
221
Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 211
98
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
So wie der Auftragnehmer an eine mögliche Verlustkalkulation gebunden bleibt, bleibt er auch – zu seinen Gunsten – an die Gewinnkalkulation gebunden.222 Angebotstaktische Entscheidungen des Auftragnehmers haben damit direkte Auswirkung auf die Grundlagen der Preisermittlung und damit auch auf die Vergütungsanpassung im Rahmen von Nachträgen.223
4.12.10 Erschwernisse infolge nicht beachteter Bedenkenanmeldungen Nach § 4 Nr. 1 Abs. 4 VOB/B hat der Auftragnehmer Bedenken anzumelden, wenn er Anordnungen des Auftraggebers für unberechtigt oder unzweckmäßig erachtet. Trotz Anmeldung von Bedenken bleibt der Auftragnehmer allerdings verpflichtet, die Anordnungen auszuführen, wenn der Auftraggeber weiterhin darauf besteht und der geforderten Ausführung keine gesetzlichen oder behördlichen Bestimmungen entgegenstehen. Dem Auftragnehmer kann ein Anspruch auf Mehrkosten zustehen, wenn der Auftraggeber trotz Bedenkenanmeldung auf der Anordnung beharrt und dadurch ungerechtfertigte Erschwernisse verursacht werden. Voraussetzung für den Mehrkostenanspruch des Auftragnehmers ist eine Anordnung des Auftraggebers gemäß § 4 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B, eine sachgerechte Bedenkenanmeldung des Auftragnehmers sowie das Ausführungsverlangen des Auftraggebers ungeachtet der mitgeteilten Bedenken. Hinzu kommt als Anspruchsvoraussetzung, dass durch diese Anordnung die Baudurchführung ungerechtfertigt erschwert wurde und dem Auftragnehmer infolgedessen nachweislich Mehrkosten entstanden sind. Auszugleichen sind dem Auftragnehmer tatsächlich entstandene Mehrkosten, also Kosten, die ohne Anordnung bei vertragsgemäßer Ausführung nicht angefallen wären. Die Regelung nach § 4 Nr. 1 Abs. 4 VOB/B bezieht sich ausschließlich auf Anordnungen, die erfolgen, um die vertragsgemäße Ausführung der Leistung sicherzustellen. Handelt es sich um Anordnungen außerhalb der geschuldeten Vertragsleistungen, sind § 1 Nr. 3 VOB/B bzw. § 1 Nr. 4 VOB/B maßgebend.224 Die Darlegungs- und Beweislast für Ansprüche aus § 4 Nr. 1 Abs. 4 VOB/B liegt auf Auftragnehmerseite. Aus diesem Grund sollten Bedenken stets schriftlich angemeldet werden und nach Möglichkeit bereits einen Hinweis auf zu erwartende Mehrkosten enthalten.225
222
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1049
223
Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 531
224
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 4 VOB/B Rdn. 42 ff.
225
Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 3 Rdn. 793
4.13 Zusammenfassung
99
4.13 Zusammenfassung In diesem Kapitel wurden mögliche Ursachen, Anspruchsgrundlagen und Folgen des von den Autoren vergleichsweise weit gefassten Begriffs der Nachträge behandelt. Selbstverständlich ist deren Auftreten und vor allem das Konfliktpotenzial nicht gleichermaßen verteilt. Während z. B. die Umsetzung von Preisgleitklauseln in der Praxis relativ unkompliziert und eindeutig realisiert werden kann, sind andere Nachtragsursachen vielfach Auslöser für Konflikte zwischen den Vertragsparteien bis hin zu langwierigen Gerichtsprozessen. Die nachfolgende Grafik zeigt die vier häufigsten Ursachen für Nachträge und daraus unter Umständen entstehende Konflikte zwischen den Vertragsparteien.
50%
46 %
40% 33 % 30%
20% 13 % 10%
8%
0% Mengenänderungen
Leistungsänderungen
Zusatzleistungen
Schadenersatz
Abbildung 4-3 Prozentualer Anteil der Vergütungsansprüche226
Im Vordergrund stehen hierbei Mengenänderungen, geänderte und zusätzliche Leistungen sowie Schadenersatzansprüche, vorwiegend auf Grund von Behinderungen des Auftragnehmers. Alle anderen möglichen Nachtragsursachen nehmen nur einen marginalen Anteil am Nachtragsgesamtaufkommen ein, gleichwohl ist auch hier das nötige Fachwissen zur korrekten Behandlung im – selteneren – Fall ihres Auftretens unumgänglich.
226
Vgl. Kattenbusch/Kuhne, in: Baumarkt und Bauwirtschaft, 4/2002, S. 42
100
4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen
Tabelle 4.15 Mögliche und am häufigsten auftretende Nachtragsursachen Nachtragsursache
Anspruchsgrundlage
Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln Mengenänderungen
Kapitel Kapitel 4.1
§ 2 Nr. 3 VOB/B
Kapitel 4.2
§ 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B
Kapitel 4.3
Selbstübernahme oder Entfall von Leistungen
§ 2 Nr. 4 VOB/B
Kapitel 4.4
Leistungen ohne Auftrag
§ 2 Nr. 8 VOB/B
Kapitel 4.5
Besondere planerische Leistungen
§ 2 Nr. 9 VOB/B
Kapitel 4.6
Stundenlohnarbeiten
§ 2 Nr. 10 VOB/B
Kapitel 4.7
Behinderung des Auftragnehmers
§ 6 VOB/B
Kapitel 4.8
Entschädigungsanspruch
§ 642 BGB
Kapitel 4.9
§ 2 Nr. 7 VOB/B / § 313 BGB
Kapitel 4.10
HOAI
Kapitel 4.11
Geänderte und zusätzliche Leistungen
Störung der Geschäftsgrundlage Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen
101
5 Beispielrechnungen In diesem Kapitel werden die zuvor erörterten Grundlagen anhand von Beispielen vertieft. Die Fallbeispiele zeigen die grundlegende Vorgehensweise der Vergütungsberechnung und Ermittlung von Bauzeitverlängerungsansprüchen bei Nachtragssachverhalten. Zur Komplexitätsreduzierung wurden zum Teil vereinfachende Annahmen getroffen, die jeweils erläutert werden.
5.1 Kalkulation über die Angebotssumme226 Zunächst wird eine Kalkulation über die Angebotssumme durchgeführt, die bei einigen der nachfolgenden Beispiele als Grundlage der Berechnungen dient und die mit den in Kapitel 3.7.5 abgebildeten Angaben zur Kalkulation über die Endsumme (EFBPreis 1b) korrespondiert. Beispiel 1: Kalkulation über die Angebotssumme a) Ermittlung des Kalkulationslohns: Der Mittellohn ist eine Mittelwertbildung der Einzellöhne der auf der Baustelle tätigen Arbeitskräfte. In der Beispielkalkulation beträgt der Mittellohn 12,90 €/h. Hinzu kommen Lohnzusatzkosten in Höhe von 96,22 % des Mittellohns und Lohnnebenkosten in Höhe von 15,00 % des Mittellohns. Dies führt gemäß nachfolgender Aufstellung zu einem Kalkulationslohn von 27,25 €/h. Mittellohn ML
12,90 €/h
+ Lohnzusatzkosten
12,41 €/h
+ Lohnnebenkosten
1,94 €/h
= Kalkulationslohn
27,25 €/h
b) Ermittlung der Angebotssumme: Die Berechnung der Herstellkosten erfolgt durch Ermittlung der Einzelkosten der Teilleistungen aller Positionen des Leistungsverzeichnisses, untergliedert in die vier Kostenarten Lohnkosten, Sonstige Kosten, Gerätekosten und Fremdleistungen. Die Lohnkosten ergeben sich dabei aus der Multiplikation der aufsummierten Lohnstunden mit dem zuvor ermittelten Kalkulationslohn.
226
Vgl. Kapitel 3.7
102
5 Beispielrechnungen
Tabelle 5.1 Ermittlung der Herstellkosten Kostenarten
Lohnkosten
Gerätekosten
Einzelkosten der Teilleistungen
(= 27,25 €/h x 9.800 h)
267.050,00 €
Sonstige Kosten
Fremdleistungen
48.500,00 €
274.350,00 €
Gemeinkosten der Baustelle
13.550,00 €
17.650,00 €
18.500,00 €
Herstellkosten
280.600,00 €
66.150,00 €
292.850,00 €
Summe
27.200,00 €
27.200,00 €
617.100,00 €
49.700,00 € 666.800,00 €
Die Herstellkosten werden abschließend mit einem Zuschlag für Allgemeine Geschäftskosten (AGK) sowie Wagnis und Gewinn (WuG) versehen.227
Allgemeine Geschäftskosten:
8,00 % (der Netto-Angebotssumme)
Wagnis und Gewinn:
4,00 % (der Netto-Angebotssumme)
Da zu diesem Zeitpunkt der Kalkulation die Angebotssumme noch nicht bekannt ist, muss zunächst eine Umrechnung auf die Herstellkosten erfolgen. pȇ
100 u (8 4) 13,64 % 100 (8 4)
Ein Zuschlag von insgesamt 12,00 % auf die Netto-Angebotssumme ist identisch mit einem Zuschlag in Höhe von 13,64 % auf die Herstellkosten. Tabelle 5.2 Ermittlung der Angebotssumme Basis: Herstellkosten Herstellkosten: Allgemeine Geschäftskosten:
2
Netto-Angebotssumme:
3
Allgemeine Geschäftskosten:
4
Wagnis und Gewinn:
5
227
666.800,00 €
1
Wagnis und Gewinn:
Basis: Angebotssumme
13,64 %
90.927,27 € Æ
757.727,27 € 8,00 % 4,00 %
12,00 %
757.727,27 € 60.618,18 € 30.309,09 €
Die Zuschlagsätze können sich bei den einzelnen Kostenarten unterscheiden. Auf eine weitere Untergliederung wird aus Gründen der Vereinfachung jedoch verzichtet.
5.1 Kalkulation über die Angebotssumme
103
c) Ermittlung der Einzelkostenzuschläge: Bei vorliegendem Kalkulationsbeispiel handelt es sich um eine Kalkulation für einen Einheitspreisvertrag. Die bereits ermittelte Angebotssumme besteht aus Kostenbestandteilen, die den LVPositionen direkt zurechenbar sind (Einzelkosten der Teilleistungen), aber auch aus Umlagekosten (Allgemeine Geschäftskosten, Baustellengemeinkosten sowie Wagnis und Gewinn), die indirekt über einen Umlageschlüssel den Positionen zur Bildung der Einheitspreise zugeordnet werden müssen. Hierfür wird in der Praxis häufig eine unterschiedliche Schlüsselung in Abhängigkeit der Kostenart gewählt. Tabelle 5.3 Schlüsselung der Umlagekosten Kostenart
Zuschlag
EkdT
Umlagebetrag
Gesamtumlagebetrag
140.627,27 €
Gerätekosten
15,00 %
48.500,00 €
7.275,00 €
Sonstige Kosten
15,00 %
274.350,00 €
41.152,50 €
Fremdleistungen
10,00 %
27.200,00 €
2.720,00 €
Lohnkosten
33,51 %
267.050,00 €
Å
./. 51.147,50 €
= 89.479,77 €
Die Zuschläge für Gerätekosten, Sonstige Kosten und Fremdleistungen wurden gewählt, der Restumlagebetrag in Höhe von 89.479,77 € wurde über einen Zuschlag auf die Lohnkosten verrechnet. Somit können nun den Einzelkosten der Teilleistungen aller Positionen anhand dieser Zuschläge die Umlagen zur Bildung der Einheitspreise hinzugerechnet werden. Auf Grund der Rundungen kann die Summe aller Einheitspreise, multipliziert mit den jeweiligen Vordersätzen, geringfügig von der im ersten Rechenschritt ermittelten Angebotssumme abweichen. Der Kalkulationslohn, erhöht um den Umlagezuschlag, wird als Verrechnungslohn228 bezeichnet und beträgt hier (27,25 €/h + 27,25 €/h x 33,51 % =) 36,38 €/h.
228
Dies wird in der Fachliteratur z. T. uneinheitlich und widersprüchlich gehandhabt. Mitunter wird auch der hier als Verrechnungslohn bezeichnete Lohn als Kalkulationslohn bezeichnet. Es ist daher unabhängig von den verwendeten Begriffen darauf zu achten, welcher Lohn die Umlageanteile enthält und gegenüber dem Auftraggeber verrechnet und welcher Lohn als interner Kalkulationsansatz herangezogen wird. Allein die Begriffe geben nicht immer eindeutig Aufschluss darüber.
104
5 Beispielrechnungen
5.2 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln229 Beispiel 2: Anwendung der Lohngleitklausel (Centklausel)
Netto-Angebotssumme:
2.800.000,00 €
Ausführungszeitraum:
Anfang Oktober 2002 bis Ende August 2004
a) Ermittlung des Änderungssatzes:
Lohnanteil:
48 %
Kalkulierte Lohnkosten: 230
1.344.000,00 € (= 2.800.000,00 € x 48 %)
Maßgebender Lohn:
13,63 €/h
Errechnung des Änderungssatzes: 0 ,01 € / h 1.344.000 ,00 € x 0 ,01 € x 48 % 0 ,3522 ‰ bzw. 0 ,3522 ‰ 13,63 € / h 2.800.000 ,00 € x 13,63 € / h
Dieser Änderungssatz (0,3522 ‰) wird vom Auftragnehmer – oftmals in Verbindung mit einem Preisnachlass für den Pauschalpreis oder die Einheitspreise – mit dem Angebot eingereicht. Bei öffentlichen Auftraggebern ist hierzu das Formblatt mit der Bezeichnung EFB-LV LGl – 316 (Angebot Lohngleitklausel) zu verwenden.231 b) Ermittlung des Erstattungsbetrages: Tabelle 5.4 Ermittlung der Lohnerhöhung je Lohnperiode Lohnerhöhung
Maßgebender Lohn
zum
um
01.04.2003
2,4 %
x 13,63 €
01.04.2004
2,4 %
x (13,63 €
Lohnerhöhung aus 2. Lohnperiode
Lohnerhöhung je Lohnperiode = 33 Cent
+ 0,33 €)
= 34 Cent
In diesem Beispiel wird infolge der Vereinbarung einer Lohnpreisgleitklausel durch den Auftragnehmer ein Preisnachlass in Höhe von 2,5 % auf die angebotenen Ein-
229
Vgl. Kapitel 4.1
230
Hier: Tarifstundenlohn der Lohngruppe 4 (West) ab 01.09.2002. Gemäß Vergabehandbuch 2002, Anmerkungen zu § 15 VOB/A, ist für das Baugewerbe der Gesamttarifstundenlohn (Tarifstundenlohn und Bauzuschlag) eines Spezialfachbauarbeiters der Lohngruppe 4 (West) maßgebend.
231
Siehe Vergabehandbuch 2002
5.3 Mengenänderungen – Mehrmengen
105
heitspreise gewährt. Auf Grund des Nachlasses vermindert sich die NettoAngebotssumme um 70.000,00 € auf 2.730.000,00 €. Tabelle 5.5 Ermittlung der Lohnmehrkosten Lohnperiode
Anteil
Betrag
Mehrlohn
Änderungssatz
Lohnmehrkosten
–
–
–
1
01.09.02 – 31.03.03
20 %
546.000,00 €
2
01.04.03 – 31.03.04
55 %
1.501.500,00 €
33 Cent
0,3522 ‰
17.451,33 €
3
01.04.04 – 31.03.05
25 %
682.500,00 €
67 Cent
0,3522 ‰
16.105,23 €
232
Lohnmehrkosten gesamt: abzgl. 5 % Bagatell- bzw. Selbstbeteiligungsanteil:233
33.556,56 € 1.677,83 €
Mehrkosten der Lohngleitklausel – netto:
31.878,73 €
Mehrkosten der Lohngleitklausel – brutto (16 % MwSt.):
36.979,33 €
Insgesamt führen die beiden Tariferhöhungen während der planmäßigen Ausführungszeit für den Auftragnehmer zu lohnbedingten Mehrkosten in Höhe von 33.556,56 € netto. Nach Abzug des Bagatell- bzw. Selbstbeteiligungsanteils hat der Auftragnehmer Anspruch auf Erstattung von 31.888,73 € netto auf Grund tariflich bedingter Lohnmehrkosten.
5.3 Mengenänderungen – Mehrmengen234 Beispiel 3: Vergütungsanspruch gem. § 2 Nr. 3 VOB/B (Mehrmengen) Im Rahmen eines Einheitspreisvertrags werden Leistungspositionen für die Erbringung von Ortbeton- und Kalksandsteinwände ausgeschrieben. Diese hat der Auftragnehmer entsprechend Kapitel 5.1 kalkuliert und wie nachfolgend aufgeführt angeboten:
232
Der Mehrlohn jeder Lohnperiode ist die Summe aller vorhergehenden Lohnerhöhungen zzgl. der Lohnerhöhung der jeweiligen Lohnperiode (hier: 33 Cent + 34 Cent = 67 Cent).
233
Ein solcher Bagatell- bzw. Selbstbeteiligungsanteil ist in der Baupraxis üblich, bei öffentlichen Auftraggebern durch entsprechende Regelung im Vergabehandbuch vorgesehen.
234
Vgl. Kapitel 4.2.2
106
5 Beispielrechnungen
Tabelle 5.6 Leistungsverzeichnis Pos.
Leistungsbeschreibung
Menge
Einheitspreis
Gesamtpreis
4
Ortbetonwände in C20/25
100,00 m3
150,00 €/m3
15.000,00 €
5
KS-Mauerwerk, 17,5 cm
180,00 m2
100,00 €/m2
18.000,00 €
Während der Bauausführung stellt sich heraus, dass ohne Eingreifen des Auftraggebers bei Pos. 4 (Ortbetonwände in C20/25) statt 100,00 m3 tatsächlich 108,00 m3 zur Ausführung kommen. Bei der Herstellung des KS-Mauerwerks erhöht sich – ebenfalls ohne jegliche Anordnung oder Änderung durch den Auftraggeber – die auszuführende Menge um 30,00 m2 auf 210,00 m2. Es ist nun zunächst zu prüfen, ob die Mehrmengen zu einer Preisanpassung berechtigen oder ob die Mengenänderungen noch im Bereich des Toleranzrahmens gem. § 2 Nr. 3 VOB/B liegen. Tabelle 5.7 Prüfung auf Überschreitung des Toleranzrahmens Pos.
Leistungsbeschreibung
Menge Soll
Menge Ist
4
Ortbetonwände in C20/25
100,00 m3
108,00 m3
+ 8,00 % (ǂ ±10 %)
5
KS-Mauerwerk, 17,5 cm
180,00 m
216,00 m
+ 20,00 % (> ±10 %)
2
2
Abweichung
Aus dieser Aufstellung wird ersichtlich, dass für Position 4 kein Anspruch auf Preisanpassung besteht, da ein neuer Einheitspreis nur für die über 110 % hinausgehende Menge zu bilden ist, diese Grenze aber hier nicht überschritten wurde. Anders verhält es sich bei Position 5: Hier liegt eine Überschreitung des Mengenansatzes vor, die über die Grenze von 110 % hinausgeht. Der ursprüngliche Einheitspreis gilt weiterhin für (110 % x 180,00 m2 =) 198,00 m2 dieser Leistung. Die darüber hinausgehende Menge von (210,00 m2 – 110 % x 180,00 m2 =) 12,00 m2 ist mit einem neuen Einheitspreis auf Basis der Preisermittlungsgrundlagen des Angebots abzurechnen. Basis hierfür ist die zu Beginn des Kapitels aufgestellte Kalkulation über die Angebotssumme, unter der Maßgabe, dass die kalkulierten Preise unverändert, also auch ohne Nachlassvereinbarungen o. ä. vertraglich vereinbart wurden. Ferner wird zu Grunde gelegt, dass sich durch die anfallenden Mehrmengen weder die Baustellengemeinkosten noch die planmäßigen Ausführungsdauern verändern und demnach keine zusätzlichen mehrmengenbedingten Baustellengemeinkosten oder Ansprüche aus einer Verlängerung der Bauzeit entstehen. Aus der Kalkulation der Einzelposition können folgende Kostenbestandteile entnommen werden:
5.3 Mengenänderungen – Mehrmengen
107
Tabelle 5.8 Kostenbestandteile der Einzelposition Kostenart
Kostenbestandteile inkl. Zuschläge
Lohnkosten
Kostenbestandteile ohne Zuschläge
0,9 h/m2 x 36,38 €/h = 32,74 €/m2
0,9 h/m2 x 27,25 €/h = 24,53 €/m2
Gerätekosten
55,20 €/m2
55,20 €/m2 : 1,15 = 48,00 €/m2
Sonstige Kosten
12,06 €/m2
12,06 €/m2 : 1,15 = 10,49 €/m2
Fremdleistungen
0,00 €/m2
0,00 €/m2
100,00 €/m2
83,02 €/m2
Summe
Die Einzelkosten der Teilleistung betragen 83,02 €/m2. Für die über 110 % hinausgehende Menge werden den Einzelkosten Zuschläge für die Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn hinzugerechnet.235 Der Zuschlagsatz beträgt insgesamt: 83,02 €/m2 x 13,64 % = 11,32 €/m2 Die Baustellengemeinkosten bleiben trotz Mengenmehrung in diesem Beispiel unverändert und wurden bereits durch die nach ursprünglichem Einheitspreis abzurechnende Menge der LV-Menge in kalkulierter Höhe erlöst. Damit errechnet sich der neue Einheitspreis für die Mengenmehrung über 110 % wie folgt: Einzelkosten der Teilleistung
83,02 €/m2
+ Zuschläge (AGK, WuG)
11,32 €/m2
= Neuer Einheitspreis
94,34 €/m2
Die Abrechnung der Leistungen aus Position 5 erfolgt mit zwei Einheitspreisen: Tabelle 5.9 Abrechnung von Position 5 Menge
Einheitspreis
0 – 180 m2
Gesamtpreis
180 m2
100,00 €/m2
18.000,00 €
180 m2 – 208 m2
18 m2
100,00 €/m2
1.800,00 €
208 m – 220 m
12 m
94,34 €/m
1.132,08 €
2
2
Summe 235
2
2
20.932,08 €
Die Zuschläge müssen zunächst wieder auf die Bezugsbasis der EkdT umgerechnet werden, da sich die prozentualen Angaben (8 % für AGK, 4 % für WuG) stets auf die Angebotssumme beziehen: pȇ
100 u (8 4) 13 ,64 % 100 (8 4)
108
5 Beispielrechnungen
5.4 Mengenänderungen – Mindermengen236 Beispiel 4: Vergütungsanspruch gem. § 2 Nr. 3 VOB/B (Mindermengen) Unter Zugrundelegung der gleichen Voraussetzungen wie in Kapitel 5.2 werden nun die Auswirkungen von Mengenminderungen beim VOB-Einheitspreisvertrag an einem Beispiel dargestellt. Tabelle 5.10 Prüfung auf Überschreitung des Toleranzrahmens Pos.
Leistungsbeschreibung
Menge Soll
Menge Ist
Abweichung
6
Ortbetonwände in C20/25
100,00 m3
90,00 m3
– 10,00 % (ǂ ±10 %)
7
KS-Mauerwerk, 17,5 cm
180,00 m2
153,00 m2
– 15,00 % (> ±10 %)
Die Ausführungsmenge in Position 6 liegt wiederum im zulässigen Toleranzrahmen, der Einheitspreis bleibt für die gesamte Menge unverändert. Die ungedeckten Umlagebestandteile durch die nicht zur Ausführung gekommene und daher auch nicht abrechenbare Menge von (100,00 m3 – 90,00 m3 =) 10,00 m3 sind durch den Auftragnehmer zu tragen. Hierfür besteht kein Ausgleichsanspruch. Position 7 liegt außerhalb des Toleranzrahmens. Hier ist auf Verlangen des Auftragnehmers für die gesamte Menge ein neuer Einheitspreis zu bilden, der ursprüngliche Einheitspreis von 100,00 €/m2 findet keine Anwendung mehr. Die Einzelkosten der Teilleistung betragen 83,02 €/m2 (vgl. Kapitel 5.3). Der ursprüngliche Einheitspreis enthält demzufolge einen Deckungsanteil von (100,00 €/m2 – 83,02 €/m2 =) 16,98 €/m2. Multipliziert man diesen Deckungsanteil mit der nicht zur Ausführung gekommenen Menge von (180,00 m2 – 153,00 m2 =) 27,00 m2, erhält man den zusätzlich auf die Ausführungsmenge umzulegenden Deckungsanteil. Dieser beträgt 458,46 € und ist auf die ausgeführte Menge von 153,00 m2 umzulegen. 100 ,00 € / m 2
458 ,46 € 153,00 m 2
103,00 € / m 2
Der ursprüngliche Einheitspreis von 100,00 €/m2 wird ersetzt durch den angepassten Einheitspreis in Höhe von 103,00 €/m2. Auch hier gilt wieder die Annahme, dass weder die Baustellengemeinkosten noch die Bauzeit von der Mengenminderung beeinflusst werden.
236
Vgl. Kapitel 4.2.1
5.5 Ausgleichsberechnung
109
Tabelle 5.11 Abrechnung von Position 7 Menge 153,00 m2
Einheitspreis
Gesamtpreis
103,00 €/m2
15.759,00 €
Bei Mindermengen wird entsprechend § 2 Nr. 3 VOB/B für die gesamte Ausführungsmenge ein neuer Einheitspreis gebildet, während bei Mehrmengen bis zu 110 % der planmäßigen Ausführungsmenge nach dem ursprünglichen und erst bei darüber hinausgehenden Mengen nach dem neuen Einheitspreis abzurechnen ist.
5.5 Ausgleichsberechnung237 Beispiel 5: Ausgleichsberechnung gem. § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B Gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B ist „bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes […] auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält.“ Diese Ausgleichsermittlung erfolgt anhand eines Soll-Ist-Vergleichs der ausgeschriebenen und der tatsächlich angefallenen Mengen. Zu beachten ist, dass im Rahmen der Ausgleichsberechnung Positionen mit Mengenunterschreitungen nur dann zu berücksichtigen sind, wenn die ausgeführte von der ausgeschriebenen Menge um mehr als 10 % abweicht, die Gemeinkostenunterdeckung aber für den gesamten Fehlbetrag der Position zu ermitteln ist.238 Die 90 %-Grenze ist demnach nur Auslöser der Mindermengenbetrachtung, die Gemeinkostenunterdeckung errechnet sich jedoch aus der Differenz der gesamten Soll-Menge und der tatsächlich ausgeführten Ist-Menge. Mengenmehrungen über 10 % bei anderen Positionen werden dem Ausgleichsanspruch des Auftragnehmers gegengerechnet, allerdings nur in dem Umfang, der über 110 % der Positionsmenge hinausgeht.239 Für einen ersten Überblick können die Umlageanteile der jeweiligen Einheitspreise zunächst pauschal abgeschätzt werden. In vorliegendem Beispiel betragen die Einzelkosten der Teilleistungen, also die direkten Kosten der Positionen, etwa 75 % des Einheitspreises, der Umlageanteil kann mit 25 % angesetzt werden. Fällt das Ergebnis der Gemeinkostendeckung nicht eindeutig aus, sollte die genaue Berechnung mit dem Ansatz der tatsächlichen Umlageanteile erfolgen.
237
Vgl. Kapitel 4.2.4
238
BGH BauR 1987, 217
239
Vgl. hierzu Augustin/Stemmer „Hinweise zur Vereinbarung neuer Preise bei Bauverträgen nach VOB“ BauR 1999, 552
110
5 Beispielrechnungen
Tabelle 5.12 Ermittlung der Gemeinkostenüber- bzw. -unterdeckung Pos.
8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Menge Soll
320,00 m2 92,00 m2 34,50 m2 886,00 m2 71,00 Stk. 5,00 Stk. 350,00 m3 98,50 m 140,00 m2 28,75 m2
Einheitspreis
Menge Ist
47,91 €/m2 152,30 €/m2 128,79 €/m2 40,13 €/m2 2,10 €/Stk. 102,75 €/Stk. 80,00 €/m3 53,25 €/m 2,88 €/m2 140,38 €/m2
297,00 m2 108,00 m2 36,85 m2 797,40 m2 50,00 Stk. 5,00 Stk. 313,00 m3 129,20 m 158,20 m2 38,70 m2
Mehrmenge > 110 % 240
Mindermenge < 90 % 241
6,80 m2 20,85 m 4,20 m2 7,08 m2
21,00 Stk. 37,00 m3 -
Gemeinkostenüberbzw. -unterdeckung 242
+ 258,91 € – 11,03 € – 740,00 € + 277,57 € + 3,02 € + 248,47 €
Die Saldierung der oben aufgeführten Gemeinkostenüber- und -unterdeckungen ergibt eine Gemeinkostenüberdeckung in Höhe von 36,94 €. Mindermengen -40%
-30%
-20%
Soll-Menge
Mehrmengen
-10%
+10%
+20%
+30%
+40%
(Pos. 8) -7,2% (Pos. 9) +17,4% (Pos. 10) +6,8% (Pos. 11) -10,0% (Pos. 12) -29,6% (Pos. 13) ±0% (Pos. 14) -10,6% (Pos. 15) +31,2% (Pos. 16) +13,0% (Pos. 17) +34,6%
Toleranzbereich
Abbildung 5-1 Mehr- und Mindermengen-Übersicht 240
Berechnung (Bsp. Pos. 9): 108,00 m2 – 110 % x 92,00 m2 = 6,80 m2
241
Berechnung (Bsp. Pos. 12): 100 % x 71,00 Stk. – 50,00 Stk. = 21,00 Stk.
242
Berechnung: 25 % (Gemeinkostenanteil) x Einheitspreis x Mehr- bzw. Mindermenge = Gemeinkostenüberdeckung bei Mehrmengen (+) und Gemeinkostenunterdeckung bei Mindermengen (–)
5.6 Geänderte Leistungen
111
Je höher die Anzahl der in die Ausgleichberechnung einbezogenen Positionen ist, desto eher werden sich der pauschal geschätzte und die Summe der konkreten Umlageanteile der Einzelpositionen einander annähern. Höchst umstritten ist in der Fachliteratur die Einbeziehung von Nachträgen in die Ausgleichsberechnung.243
5.6 Geänderte Leistungen244 Beispiel 6: Leistungsänderung durch Anordnung des Auftraggebers Ausgeschrieben und angeboten wurde die Fliesenverlegung inkl. Materiallieferung großformatiger Fliesen. Der Auftraggeber ordnet während der Bauphase eine Änderung der bis dahin noch nicht ausgeführten Leistung an. Es sollen nun kleinere Fliesen mit den Maßen 20x20 cm in einer höheren Qualität zum Einsatz kommen. Der Auftragnehmer hat diese Leistung entsprechend § 1 Nr. 3 VOB/B auszuführen, ist aber zu einer Anpassung des Einheitspreises berechtigt. Tabelle 5.13 Leistungsverzeichnis Pos.
Leistungsbeschreibung
18
Bodenplatten liefern, verlegen und verfugen; Oberfläche Normalbereich, Maße 30x30, d=8 mm, im Dünnbettverfahren
Menge
Einheitspreis
Gesamtpreis
450,00 m2
46,50 €/m2
20.925,00 €
Der ursprüngliche Einheitspreis wurde wie folgt kalkuliert: Tabelle 5.14 Ermittlung des ursprünglichen Einheitspreises Kostenarten Einzelkosten der Teilleistungen
Lohnkosten
Sonstige Kosten
17,71 €/m2
Gerätekosten
15,30 €/m2
4,57 €/m2
33,51 %
15 %
15 %
23,64 €/m2
17,60 €/m2
5,26 €/m2
Einheitspreis
(= 27,25 €/h x 0,65 h/m2)
Zuschläge Summe
46,50 €/m2
243
Ausführlich hierzu u. a. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 624 ff. und Usselmann „Nachträge in der Ausgleichsberechnung richtig berücksichtigen“ BauR 2004, 1217
244
Vgl. Kapitel 4.3.2
112
5 Beispielrechnungen
Auf Grund der Änderung des Fliesenformats und eines neuen Verlegemusters ist der ursprünglich veranschlagte Aufwandswert von 0,65 m2/h nicht mehr realisierbar. Dies führt zu einer Erhöhung der Lohnkosten. Hinzu kommen erhöhte Materialkosten durch Wahl einer anderen Qualitätsstufe durch den Auftraggeber. Die Sonstigen Kosten erhöhen sich um 1,45 €/m2 auf 16,75 €/m2 ohne Umlageanteil. Der neue Einheitspreis errechnet sich wie folgt: Tabelle 5.15 Ermittlung des modifizierten Einheitspreises Kostenarten
Lohnkosten
Einzelkosten der Teilleistungen
Sonstige Kosten
23,16 €/m2
Gerätekosten
16,75 €/m2
4,57 €/m2
15,00 %
15,00 %
Einheitspreis
(= 27,25 €/h x 0,85 h/m ) 2
Zuschläge Summe
33,51 % 30,92 €/m
2
19,26 €/m
2
5,26 €/m2
55,44 €/m2
5.7 Zusätzliche Leistungen245 Beispiel 7: Zusätzliche Leistungen auf Anordnung des Auftraggebers Erst nach Abschluss des Bauvertrages wird erkannt, dass auf der Südseite des zu errichtenden Gebäudes der Sonnenschutz vergessen wurde. Der Auftraggeber ordnet daher nachträglich die Ausführung eines außenliegenden Sonnenschutzes an. Tabelle 5.16 Leistungsverzeichnis Pos.
Leistungsbeschreibung
19
Sonnenschutzjalousien, Außenraffstore aus Aluminiumlamellen 80 mm, Elektroantrieb (54 St., 1,25x1,10)
Menge
Einheitspreis
Gesamtpreis
74,25 m2
…
…
Es handelt sich hier um eine zusätzliche Leistung, für die im beauftragten Leistungsverzeichnis keine entsprechende oder zumindest ähnliche Position existiert. Der Preis für die Leistung ist daher neu, aber auf dem Preisniveau des Hauptauftrages unter Beachtung der Kalkulationsparameter, zu bilden.
245
Vgl. Kapitel 4.3.3
5.8 Selbstübernahme/Entfall vereinbarter Leistungen
113
Tabelle 5.17 Ermittlung des Einheitspreises Kostenarten Einzelkosten der Teilleistungen
Lohnkosten
Sonstige Kosten
39,51 €/m2
Gerätekosten
30,50 €/m2
3,85 €/m2
33,51 %
15,00 %
15,00 %
52,75 €/m2
35,08 €/m2
4,43 €/m2
Einheitspreis
(= 27,25 €/h x 1,45 h/m2)
Zuschläge Summe
92,26 €/m2
Bei der Kalkulation werden zunächst die Einzelkosten der Teilleistungen ermittelt. Der Aufwandswert von 1,45 h/m2 wird mit dem Kalkulationslohn der Urkalkulation multipliziert um die Lohnkosten auf Vertragspreisniveau zu errechnen. Alle Zuschlagssätze werden unverändert aus der Urkalkulation übernommen. Dies führt zu einer transparenten und nachvollziehbaren Ermittlung des Einheitspreises der zusätzlichen Leistung. Tabelle 5.18 Leistungsverzeichnis mit Preiseintragung Pos.
Leistungsbeschreibung
19
Sonnenschutzjalousien, Außenraffstore aus Aluminiumlamellen 80 mm, Elektroantrieb (54 St., 1,25x1,10)
Menge 74,25 m
2
Einheitspreis
Gesamtpreis
92,26 €/m
6.850,31 €
2
5.8 Selbstübernahme/Entfall vereinbarter Leistungen246 Beispiel 8: Selbstübernahme von Leistungen durch den Auftraggeber Nach Abschluss des Bauvertrags kündigt der Auftraggeber an, die Position „Aushub Baugrube BK 2–5, lösen, transportieren, auf dem Gelände lagern und wieder hinterfüllen“ aus dem Leistungsumfang des Auftragnehmers zu entnehmen und selbst auszuführen. Gemäß § 2 Nr. 4 VOB/B und § 8 Nr. 1 VOB/B steht dem Auftragnehmer die volle Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen zu. In diesem Beispiel hatte der Auftragnehmer geplant, die komplette Leistung an einen Nachunternehmer zu vergeben. Es handelt sich also um die Kalkulation einer Fremdleistung. Zwar gab es als Kalkulationsgrundlage bereits eine verbindliche Preisabfrage, eine Beauftragung erfolgte jedoch noch nicht, so dass dem Auftragnehmer keiner-
246
Vgl. Kapitel 4.4
114
5 Beispielrechnungen
lei Forderungen durch den Nachunternehmer drohen. Erspart wird in diesem Fall die gesamte Fremdleistung. Tabelle 5.19 Leistungsverzeichnis mit angebotenem Einheitspreis Pos.
Leistungsbeschreibung
20
Aushub Baugrube BK 2–5, lösen, transportieren, auf dem Gelände lagern und wieder hinterfüllen
Menge
Einheitspreis
Gesamtpreis
300,00 m3
7,50 €/m3
2.250,00 €
Der Umlageanteil des Einheitspreises dieser Position beträgt 10 % der Fremdleistung. Wir gehen wiederum davon aus, dass der Entfall dieser Position weder auf die Höhe der Baustellengemeinkosten, noch auf die Bauzeit Auswirkungen hat. Einheitspreis
7,50 €/m3
– Fremdleistung (ersparte Aufwendung)
6,82 €/m3
= Umlagedeckungsanteil
0,68 €/m3
Dem Auftragnehmer steht demnach eine Vergütung in Höhe von insgesamt (300,00 m3 x 0,68 €/m3 =) 204,00 € zu.
Beispiel 9: Materialbeistellung durch den Auftraggeber Bei einer weiteren Position entschließt sich der Auftraggeber dazu, das Material nicht wie ausgeschrieben vom Auftragnehmer zu beziehen, sondern es selbst zu beschaffen, aber die Leistung mit dem beigestellten Material weiterhin durch den Auftragnehmer ausführen zu lassen. Der Einheitspreis ist dementsprechend anzupassen. Für den Auftragnehmer entfällt diese Position des Leistungsverzeichnisses somit nicht vollständig, es wird allerdings die für die Leistungserfüllung vorgesehene und kalkulierte Beschaffung des notwendigen Materials erspart. Tabelle 5.20 Leistungsverzeichnis mit angebotenem Einheitspreis Pos.
Leistungsbeschreibung
21
Bauwerkshinterfüllungen und Kiesunterbau d=20 cm, dichtungswilligen Boden liefern und lagenweise verdichten
Menge
Einheitspreis
Gesamtpreis
120,00 m3
20,00 €/m3
2.400,00 €
5.8 Selbstübernahme/Entfall vereinbarter Leistungen
115
Der Einheitspreis von 20,00 €/m3 enthält sowohl die Kosten der Bauleistung als auch die Kosten der Materiallieferung. Tabelle 5.21 Kalkulation des ursprünglichen Einheitspreises Kostenarten Einzelkosten der Teilleistungen
Lohnkosten
Gerätekosten
9,54 €/m3
Sonstige Kosten
2,44 €/m3
3,87 €/m3
33,51 %
15 %
15 %
12,74 €/m3
2,81 €/m3
4,45 €/m3
Einheitspreis
(= 27,25 €/h x 0,35 h/m3)
Zuschläge Summe
20,00 €/m3
Die Sonstigen Kosten beinhalten hier ausnahmslos Materialkosten, die nunmehr ersatzlos entfallen. Darüber hinaus reduzieren sich sowohl Lohn- als auch Gerätekosten, da eine Anlieferung des Einbaumaterials mit eigenen Fahrzeugen entfällt. Der Aufwandswert beträgt nun 0,30 h/m3, die Gerätekosten reduzieren sich auf 1,82 €/m3 ohne Zuschläge. Mit diesen Angaben, die der Auftragnehmer wieder konkret darzulegen hat, reduziert sich der Einheitspreis wie folgt: Tabelle 5.22 Ermittlung des modifizierten Einheitspreises Kostenarten Einzelkosten der Teilleistungen
Lohnkosten 8,18 €/m3
Gerätekosten
Sonstige Kosten
1,82 €/m3
0,00 €/m3
33,51 %
15 %
15 %
10,92 €/m3
2,09 €/m3
0,00 €/m3
Einheitspreis
(= 27,25 €/h x 0,30 h/m3)
Zuschläge Summe
13,01 €/m3
In der Praxis wird der Auftraggeber auf Grund der übernommenen Materiallieferung eine Reduzierung des ursprünglich vereinbarten Einheitspreises verlangen. Der Auftragnehmer hat unter Würdigung der Kalkulationsgrundlagen und Ermittlung der ersparten Aufwendungen einen Anspruch auf einen Einheitspreis in Höhe von 13,01 €/m3. In diesem Fall tritt jedoch eine nicht unerhebliche Schnittstellenproblematik bei der Mängelhaftung für die Leistung auf, da der Auftragnehmer nicht allein verantwortlich für die Leistungserbringung ist. Im Zuge seiner Prüf- und Hinweispflichten hat er den Auftraggeber über etwaige Materialmängel umgehend zu unterrichten.
116
5 Beispielrechnungen
Beispiel 10: Nicht berücksichtigte Bedarfsposition Im Leistungsverzeichnis wurde eine eindeutig als Bedarfsposition gekennzeichnete Position über die Lieferung und den Einbau von Dachflächenfenstern ausgeschrieben, vom Auftragnehmer kalkuliert und angeboten. Tabelle 5.23 Leistungsverzeichnis mit angebotenem Einheitspreis Pos.
Leistungsbeschreibung
22 (B)
Dachflächenfenster, Holz, öffenbar, Isolierverglasung
Menge
Einheitspreis
44,50 m
2
480,00 €/m2
Die Leistung wird im Zuge der Baumaßnahme vom Auftraggeber nicht abgerufen und kommt somit nicht zur Ausführung. Nun stellt sich die Frage nach einem möglichen Vergütungsanspruch des Auftragnehmers. Es besteht jedoch kein Anspruch auf die Ausführung angebotener Bedarfspositionen. Werden diese durch den Auftraggeber nicht in Anspruch genommen, liegt keine Teilkündigung vor. Dies ist auch der Fall, wenn – wie hier – im Leistungsverzeichnis eine konkrete Ausführungsmenge genannt wird und auch wenn der Gesamtpreis der Bedarfsposition in die Auftragssumme des Einheitspreisvertrags eingegangen ist.247 Dem Auftragnehmer steht bei einer nicht abgerufenen Bedarfsposition kein Vergütungsanspruch zu, da schon aus dem Begriff Bedarfsposition nachvollziehbar und zweifelsfrei folgt, dass diese Position unter dem Vorbehalt der Auftragserteilung steht.248 Kommen Bedarfspositionen zur Ausführung, unterliegen sie, zumindest falls eine Ausführungsmenge als Vordersatz der Position ermittelt wurde, den Regelungen des § 2 Nr. 3 VOB/B in Bezug auf Mehr- und Mindermengen, da sie in der Regel mit einem Umlageanteil für Baustellengemeinkosten kalkuliert wurden.
5.9 Behinderung des Auftragnehmers249 Beispiel 11: Ermittlung des Bauzeitverlängerungsanspruchs Gegenstand der Betrachtung ist bei diesem Beispiel die Ausführung von Stahlbetonarbeiten bei einem Neubau eines Bürogebäudes. Die einzelnen Geschosse sollen hierbei planmäßig unmittelbar aufeinander folgend errichtet werden. Die vom Auftrag247
Vgl. hierzu Augustin/Stemmer „Hinweise zur Vereinbarung neuer Preise bei Bauverträgen nach VOB“ BauR 1999, 550
248
Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 581
249
Vgl. Kapitel 4.8
5.9 Behinderung des Auftragnehmers
117
geber zu liefernden Ausführungspläne müssen nach vertraglicher Vereinbarung 20 Arbeitstage250 vor Ausführungsbeginn der jeweiligen Ebenen vorliegen. April KG
35 AT
EG
40 AT
1. OG
35 AT
2. OG
35 AT
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Jan.
Kellergeschoss 20 AT Erdgeschoss 20 AT 1. Obergeschoss 20 AT 2. Obergeschoss 20 AT
7,5 Monate
Gesamtdauer
Abbildung 5-2 Bauablauf Stahlbetonarbeiten – Soll
Bei der Ausführung kommt es zu erheblichen Verzögerungen und einer verspäteten Fertigstellung der Leistungen. Hieraus sollen mögliche Bauzeitverlängerungs- und Mehrkostenansprüche des Auftragnehmers abgeleitet werden. April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Jan.
Soll-Ausführung: KG
35 AT
EG
40 AT
1. OG
35 AT
2. OG
35 AT
Kellergeschoss 20 AT Erdgeschoss 20 AT 1. Obergeschoss 20 AT 2. Obergeschoss 20 AT
7,5 Monate
Gesamtdauer
Ist-Ausführung: KG
35 AT
EG
50 AT
1. OG
55 AT
2. OG
40 AT
Gesamtdauer
1
Kellergeschoss
Erdgeschoss
2
3
20 AT 1. Obergeschoss
5
2. Obergeschoss
10,0 Monate
Abbildung 5-3 Bauablauf Stahlbetonarbeiten – Soll-Ist
250
4
Der Terminplanung liegt eine 5-(Arbeits-)Tage-Woche zu Grunde.
6
118
5 Beispielrechnungen
Nachfolgend werden die Störeinflüsse im Einzelnen hinsichtlich eines möglichen Bauzeitverlängerungsanspruchs bewertet. 1. Anfangsverzögerung, verspäteter Baubeginn Auf Grund eines auftraggeberseitig zu vertretenden Umstandes kann die Ausführung der Leistungen erst zwei Wochen später als geplant beginnen. In diesem Fall wurde der Baugrubenaushub auf Basis einer Teilbaufreigabe vorgenommen, die endgültige und für die Leistung erforderliche Baufreigabe wurde erst verspätet erteilt. Dem Auftragnehmer steht der volle Zeitraum der Baubeginnverzögerung als Fristverlängerungsanspruch zu. Unter der Annahme, dass der Auftragnehmer Personal und Geräte anderweitig kostenneutral einsetzen konnte, kommt es hier nicht zu einem Mehrvergütungsanspruch.
Bauzeitverlängerungsanspruch:
20 AT
2. Verspätete Planlieferung Die Ausführung der Arbeiten im Erdgeschoss des Gebäudes konnte nicht rechtzeitig beginnen, da maßgebende Ausführungspläne entgegen vertraglicher Vereinbarung erst verspätet geliefert wurden. Hier liegt ein Versäumnis des Auftraggebers vor, das ebenfalls zu einem Bauzeitverlängerungsanspruch des Auftragnehmers führt, sofern dieser nachweisen kann, dass die verspätet gelieferten Planunterlagen für die rechtzeitige Ausführung der Leistung zwingend und mit der vereinbarten Vorlaufzeit erforderlich waren. In diesem Fall waren die Pläne zur Ausführung unbedingt erforderlich. Die verspätete Planlieferung des Auftraggebers führte zu einer Unterbrechung der Arbeiten, die durch eine Umstellung des Bauablaufs nicht mehr ausgeglichen werden konnte.
Bauzeitverlängerungsanspruch:
5 AT
Am Beispiel der Planlieferungsverzüge wird deutlich, dass jede Störung für sich betrachtet werden muss und in dieser Betrachtung alle vorangegangenen Einwirkungen auf den planmäßigen Bauablauf zu berücksichtigen sind. So sind in vorliegendem Fall zwar die Planlieferungen 3, 4 und 5 gegenüber dem ursprünglichen Terminplan ebenfalls deutlich verspätet erfolgt, haben aber auf Grund der vorausgegangenen Störungen und dem bereits verzögerten Bauablauf keine negativen Folgewirkungen. Sie sind also für etwaige Bauzeitverlängerungsansprüche des Auftragnehmer irrelevant. Keinesfalls dürfen alle einzelnen Planlieferverzüge zu einer Gesamtverzögerungsdauer addiert und der planmäßigen Dauer der Arbeiten hinzugerechnet werden.
5.9 Behinderung des Auftragnehmers
119
3. Leistungsänderung (EG) Auf Grund statischer Erfordernisse mussten durch den Auftraggeber im Bereich des Erdgeschosses nach Vertragsschluss Leistungsänderungen angeordnet werden. Diese führen zu einer verlängerten Ausführungsdauer von 10 AT.
Bauzeitverlängerungsanspruch:
10 AT
4. Zusatzleistungen (1. OG) Im 1. Obergeschoss wurde durch auftraggeberseitige Anordnung zusätzlicher Leistungen die planmäßige Ausführungsdauer um 15 AT erhöht.
Bauzeitverlängerungsanspruch:
15 AT
5. Auftragnehmerseitige Ausführungsverzögerungen (1. OG) Bei der Ausführung der Leistungen im Bereich 1. OG wurden die Arbeiten durch den Auftragnehmer intern unzureichend koordiniert. Zudem führte eine fehlerhafte Ausführung zu einer zeitaufwendigen Korrektur der Leistungen. Diese Verzögerung von 15 AT hat der Auftragnehmer zu verantworten. Hierfür besteht kein Anspruch auf Bauzeitverlängerung.
eigenverschuldete Bauverzögerung:
Bauzeitverlängerungsanspruch:
15 AT 0 AT
6. Witterungsbedingte Minderleistungen (2. OG) Die Ausführung der Arbeiten im 2. OG fällt entgegen der ursprünglichen Terminplanung in die Winterzeit. Da Stahlbetonarbeiten im besonderen Maße witterungsabhängig sind, kann es hier zu Minderleistungen durch Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit kommen.
Bauzeitverlängerungsanspruch:
5 AT
Grundsätzlich ist zu prüfen, ob der Auftragnehmer, z. B. infolge eigenverschuldeter Bauverzögerungen, die Ausführungsverschiebung in die Schlechtwetterzeit251 anteilig mit zu verantworten hat. Er hätte dann folgerichtig auch einen Teil der witterungsbedingten Minderleistungen zu tragen. Im vorliegenden Fall wird vereinfachend angenommen, dass dieser Anteil durch eine auftragnehmerseitige und eigenverantwort-
251
Als Schlechtwetterzeit gilt der Zeitraum vom 1. November bis zum 31. März des Folgejahres.
120
5 Beispielrechnungen
lich veranlasste Verstärkung des Baustellenpersonals bei der Ausführung des 2. Obergeschosses ausgeglichen werden konnte. Der Auftragnehmer hat damit Anspruch auf eine Bauzeitverlängerung von 40 AT.
1. Anfangsverzögerung, verspäteter Baubeginn (KG)
20 AT
+ 2. Verspätete Planlieferung (EG)
5 AT
+ 3. Leistungsänderung (EG)
10 AT
+ 4. Zusatzleistungen (1. OG)
15 AT
– 5. Auftragnehmerseitige Ausführungsverzögerungen (1. OG)
15 AT
+ 6. Witterungsbedingte Minderleistungen (2. OG)
5 AT
= Bauzeitverlängerungsanspruch des Auftragnehmers
40 AT
Beispiel 12: Mehrkosten des Auftragnehmers bei einer Bauzeitverlängerung Bei diesem Beispiel wurde der Auftragnehmer mit der Herstellung der Baugrube und Ausführung der Rohbauarbeiten beauftragt. Dem Angebot lag ein verbindlich vereinbarter und als Vertragsbestandteil in den Auftrag einbezogener Terminplan zu Grunde. Dieser ging bei realistischer Ausführungsdauer von einem unterbrechungsfreien Bauablauf mit einer Gesamtdauer von 140 Kalendertagen aus. Auf Basis dieser Dauer kalkulierte der Auftragnehmer die zeitabhängigen Kosten.
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Soll-Ausführung: Baugrube
20 KT
Ausführung Rohbau
120 KT
Gesamtdauer
140 KT
140 KT
Ist-Ausführung: Baugrube
25 KT
1
zusätzliche Wasserhaltung
+10 KT
Ausführung Rohbau
2
fehlende Baufreigabe
145 KT 3
Gesamtdauer
180 KT
verspätete Planlieferungen
180 KT
Abbildung 5-4 Soll-Ist-Bauablauf (Mehrkosten aus Bauzeitverlängerung)
Okt.
5.9 Behinderung des Auftragnehmers
121
Im Zuge der Baumaßnahme kam es zu eindeutig auftraggeberseitig verursachten Behinderungen. Bei der Baugrube wurde auf Grund des unerwartet hohen Grundwasserpegels eine zusätzliche Wasserhaltung erforderlich, die zu einer Verlängerung der Ausführungsdauer von 5 KT führte. Ursache hierfür war eine mit mangelnder Sorgfalt durchgeführte Voruntersuchung des Baugeländes durch den Auftraggeber. Eine Unterbrechung der Baumaßnahme war infolge fehlender Baufreigabe für die Rohbauarbeiten notwendig. Der Baustillstand von 10 KT ist ebenfalls dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers zuzurechnen. Abschließend kam es im Zuge der Rohbauarbeiten zu Planlieferverzögerungen, die insgesamt zu einer Verlängerung der Ausführungsdauer von 25 KT führten. Für die Mehrkosten der auftraggeberseitig verursachten bzw. zu verantwortenden Bauzeitverlängerung von 40 KT gegenüber der vertraglich vereinbarten Bauzeit hat der Auftragnehmer einen Vergütungsanspruch. a) Mehrkosten aus der Bauzeitverlängerung (Störungen 1 und 3): Die Bauzeitverlängerung von 30 KT führt zu einer Erhöhung der zeitvariablen Kosten. Schematisch lässt sich dies anhand nachfolgender Abbildung darstellen: Ist Mehrkosten
fixe Kosten
zeitvariable Kosten
Soll
vertragliche Bauzeit
Bauzeitverlängerung
Abbildung 5-5 Fixe und zeitvariable Gemeinkosten bei der Bauzeitverlängerung252
Es werden nun alle zeitvariablen Gemeinkosten ermittelt und auf die verlängerte Bauzeit übertragen. Wir gehen hierbei von einer proportionalen Beziehung zwischen Bauzeit und zeitvariabler Gemeinkostenänderung aus. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.
252
In Anlehnung an Leimböck/Klaus/Hölkermann, 10. Aufl. 2002, S. 91
122
5 Beispielrechnungen
Die Zusatzleistung Wasserhaltung wird über einen gesonderten Nachtrag abgerechnet, in dem alle Aufwendungen mit Ausnahme der bauzeitverlängerungsbedingten Mehrkosten abgerechnet werden. Geräte und Stoffe, die ausschließlich auf Grund der Wasserhaltung notwendig wurden, sind in dieser Rechnung nicht berücksichtigt, sondern werden folgerichtig in die Nachtragsposition eingerechnet. Tabelle 5.24 Ermittlung des modifizierten Einheitspreises Soll Bauzeit
Ist
Differenz
140 KT
170 KT253
30 KT
zeitvariable Gerätekosten der Baustelle
14.120,00 €
17.145,71 €
3.025,71 €
sonstige zeitvariable Kosten der Baustelle
12.750,00 €
15.482,14 €
2.732,14 €
5.995,00 €
7.275,75 €
1.280,75 €
= 27,25 €/h x 220 h
= 27,25 €/h x 267 h
32.865,00 €
39.903,60 €
Hilfslöhne Summe
7.038,60 €
b) Stillstandskosten (Störung 2): Zwischen der Herstellung der Baugrube und dem Beginn der Rohbauarbeiten kommt es, wie in Abbildung 5.4 ersichtlich, zu einer Bauunterbrechung auf Grund einer noch nicht vorliegenden Baufreigabe für die Rohbaumaßnahme. Die gesamte Kolonne (15 Arbeitskräfte) konnte für die Dauer des Baustillstands nicht anderweitig eingesetzt werden. Dadurch entstanden Stillstandskosten für insgesamt 10 Kalendertage bzw. 8 Arbeitstage. 15 AK 8 AT
8h 27 ,25 € / h 26.160,00 € AT
c) Gesamtmehrkosten: Mehrkosten aus Bauzeitverlängerung (30 KT)
253
7.038,60 €
+ Stillstandskosten (10 KT = 8 AT)
26.160,00 €
= Gesamtmehrkosten
33.198,60 €
Hier werden zunächst nur die Störungen 1 und 3 betrachtet, die zu einer Bauzeitverlängerung von 30 KT führen. Der Baustillstand von 10 KT ist Gegenstand der Ausführungen in Teil b).
5.9 Behinderung des Auftragnehmers
123
Beispiel 13: Witterungsbedingte Minderleistung Auf Grund vorausgegangener Störungen des Bauablaufs verschiebt sich die Ausführung der Bewehrungs- und Schalarbeiten zumindest zum überwiegenden Teil in die Wintermonate (vgl. hierzu auch Beispiel 11). Dies führt zu einer Sekundärverzögerung durch witterungsbedingte Minderleistungen. September
Oktober
November
Dezember
Soll-Ausführung: Bewehrungs- und Schalarbeiten Ist-Ausführung: Bewehrungs- und Schalarbeiten
30 KT
45 KT
Abbildung 5-6 Soll-Ist-Bauablauf (Witterungsbedingte Minderleistung)
Zur Ermittlung witterungsbedingter Produktivitätsverluste wird auf das anerkannte Berechnungsmodell von Lang verwiesen.254 Hierbei wird die witterungsbedingte Minderleistung anhand folgender Formel berechnet: w mfa mit
m = f = a = tW = w =
tW t
prozentuale witterungsbedingte Minderleistung einer Tätigkeit255 Anteil der Tage mit Witterungserscheinungen, die das Arbeiten erschweren, bezogen auf die Gesamtzahl der Wintertage Anteil der Lohnstunden dieser Teilleistung Ausführungszeit der Teilleistung, die in den Winter fällt Minderleistung an einer Teilleistung in Lohnstunden
Die Minderleistungskosten berechnen sich dann durch Multiplikation der witterungsbedingten Minderleistung w mit dem Mittellohn. Für Bewehrungs- und Schalarbeiten ist eine Minderleistungskennzahl von ca. 25 % zutreffend. In Abweichung der Vorgehensweise von Lang wird die Verzögerungsdauer lediglich auf Basis der anzusetzenden Eistage256 ermittelt, da davon auszugehen ist, dass an Frosttagen in unverminderter Intensität gearbeitet werden kann.
254
Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 454 ff.
255
Der Wert ist einer Tabelle mit Minderleistungskennzahlen aus o. g. Literaturquelle zu entnehmen.
256
Als Eistage sind solche Tage definiert, an denen das Temperaturmaximum unter 0 °C bleibt. Frosttage hingegen sind Tage, an denen das Temperaturminimum unter 0 °C bleibt.
124
5 Beispielrechnungen
Die Baustelle in unserem Beispielfall liegt in Frankfurt/Main. Hier ist im Schnitt mit 17 Eistagen von November bis April zu rechen. Dieser Wert kann für die Orte aller amtlichen Messstationen vom Deutschen Wetterdienst für den derzeit international gültigen Vergleichszeitraum von 1961–1990 bezogen werden.257 Die Gesamtausführungszeit der Leistung beträgt (30 KT + 45 KT =) 75 KT. Der Lohnanteil an dieser Leistung beträgt 2.500 h. Diese Angaben führen zu folgender Verzögerungsdauer: w 25 %
45 KT 17 106 ,25 h 2.500 h 30 KT 150
In diesem Beispiel entstehen Sekundärverzögerungen auf Grund einer Verschiebung der Leistung in eine ungünstigere Jahreszeit und daraus resultierender witterungsbedingter Minderleistungen. Die Kosten hierfür belaufen sich auf (106,25 h x 27,25 €/h =) 2.895,31 €.
257
Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) legt solche Perioden als internationale Referenzzeiträume fest. Für diese Vergleichszeiträume ist umfassendes und bereits aufbereitetes Datenmaterial beim Deutschen Wetterdienst erhältlich: Deutscher Wetterdienst Zentrale Kaiserleistraße 29/35 63067 Offenbach
Telefon: Telefax: E-Mail: Internet:
(069) 8062-0 (069) 8062-4484 [email protected] www.dwd.de
125
6 Dokumentation Eine qualifizierte, zielorientierte, umfassende und baubegleitende Dokumentation, die sämtliche Fakten wiedergibt, die zum Nachweis von Anspruchsvoraussetzungen und der Anspruchshöhe erforderlich sind, ist die Grundvoraussetzung zur erfolgreichen Durchsetzung oder Abwehr von Nachtragsforderungen. Viel zu häufig wird bei Baumaßnahmen sowohl auf Auftragnehmer- als auch auf Auftraggeberseite nicht auf eine ausreichende und exakte Dokumentation geachtet oder zu spät mit der Dokumentation begonnen. Während der Bauausführung dient die Dokumentation dem Auftraggeber zur Erkennung von Qualitätsmängeln, Terminverzögerungen aber auch als Grundlage einer sachgerechten Prüfung und Beurteilung von Nachtragsforderungen. Die Dokumentation sollte chronologisch und vollständig geführt werden und kann bei sich anbahnenden Konfliktsituationen verdichtet werden. Auf Auftragnehmerseite ist eine sorgfältige Dokumentation des Baufortschritts und insbesondere der ständige Abgleich mit dem bauvertraglich vereinbarten Bausoll und dem planmäßigen Bauablauf zur Erkennung und Durchsetzung potenzieller Nachtragssachverhalte unentbehrlich. Grundsätzlich sollen mit Hilfe eines strukturierten Dokumentationssystems zeitlich zurückliegende Sachverhalte nachvollziehbar und transparent aufbereitet werden. Dies hat nach Möglichkeit mit Instrumenten zu geschehen, die in ihrer Aussage eindeutig und nicht nachträglich manipulierbar sind und damit eine hohe Überzeugungs- und Beweiskraft haben.258 Eine vollständige Dokumentation unterstützt die zeitnahe Erkennung und Bearbeitung von Nachtragssachverhalten und dient der Vermeidung umfangreicher Nacharbeiten zur nachträglichen Ermittlung der tatsächlichen Bauumstände. Darüber hinaus ist eine einwandfreie Dokumentation ein unentbehrlicher Bestandteil eines innerbetrieblichen Kontrollsystems. Die Bedeutung der Dokumentation wird jedoch in der baubetrieblichen Praxis sehr häufig unterschätzt. Die Dokumentation dient der Erfüllung folgender Aufgaben:
258
Sie schafft nachprüfbare Belege und fördert somit die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Aussagen.
Sie erleichtert durch systematischen Aufbau Plausibilitätsprüfungen bezüglich einzelner Aussagen.
Sie bewirkt die Eindeutigkeit der technischen und rechtlichen Bedingungen des Baugeschehens.
Vgl. Dornbusch/Plum, 2002, S. 119
126
6 Dokumentation
Bei der Dokumentation sind die nachfolgend aufgeführten Kriterien zu beachten:259
Die Dokumentation sollte systematisch aufgebaut sein und einem Gliederungs- oder Ordnungsprinzip folgen, um relevante Informationen schnell auffinden zu können.
Die Dokumentation sollte nachprüfbar, widerspruchsfrei und glaubwürdig sein.
Die Dokumentation sollte möglichst wertneutral aufbereitet sein und alle zur Prüfung notwendigen Unterlagen beinhalten.
Die Dokumentation sollte in ausreichendem Maße detailliert und aussagekräftig sein. Hier ist ein möglichst optimaler Kompromiss zwischen Erfassungsaufwand und Dokumentationsumfang zu finden.
Die Dokumentation sollte unbedingt zeitnah erfolgen, da es nachträglich, zumindest bei komplexen Bauvorhaben, kaum oder nur mit sehr hohem Aufwand möglich ist, alle wesentlichen Sachverhalte objektiv zusammenzustellen.
Die Dokumentation sollte nach Möglichkeit gemeinsam erfolgen. Zur Vermeidung oder Aufklärung späterer Streitigkeiten über Sachverhaltsdarstellungen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber kann eine gemeinsame Dokumentation in ganz wesentlichem Maße beitragen.
Folgende Dokumentationsinstrumente stehen hierfür zur Verfügung:
6.1 Vertragsunterlagen Entscheidend sowohl für die Durchsetzung als auch die Abwehr von Nachtragsforderungen ist das Vorliegen und die genaue Kenntnis des kompletten Vertrags mit allen Anlagen, Ergänzungen und zusätzlichen – ggf. auch mündlichen – Vereinbarungen. Stehen nicht alle Vertragsunterlagen zur Verfügung, liegen unter Umständen entscheidende Informationen nicht vor, so dass Abweichungen vom Vertrag weder sicher identifiziert, noch zeitnah geltend gemacht oder belegt werden können.260 Bereits vor Ausführung der Leistungen ist eine geeignete Organisation der Vertragsunterlagen sicherzustellen. Der Informationsfluss ist derart zu gestalten, dass die direkt mit der Planung und Ausführung befassten Personen Abweichungen vom vertraglichen Leistungssoll und Störungen des planmäßigen Ablaufs sofort erkennen und entsprechend reagieren können. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen zum Vertrags- und Änderungsmanagement in Kapitel 7.6.1. 259
Vgl. Reister, 2004, S. 212 f.
260
Vgl. Dornbusch/Plum, 2002, S. 120
6.3 Bautagesberichte
127
6.2 Vertragsterminplan mit Fortschreibung Wesentliches Instrument zur Steuerung des Bauablaufs und zum Erkennen von Behinderungen und Verzögerungen ist die laufende Verfolgung des Terminplans während der Baudurchführung. Wenn ein Terminplan als Steuerungs- und Nachweisinstrument für Ansprüche gegenüber dem Vertragspartner genutzt werden soll, dann müssen die tatsächlichen Ausführungstermine, also das Bauist, fortlaufend mit den Vorgaben des Soll-Terminplans abgeglichen werden.261 Wird eine solche Dokumentation der Ist-Daten im Terminplan konsequent geführt, können beide Vertragspartner frühzeitig Verzögerungen im Bauablauf erkennen und ihr weiteres Handeln darauf abstimmen. Ein auf Grund von Bauablaufstörungen fortgeschriebener Terminplan wird als störungsmodifizierter Soll-Terminplan bezeichnet. Die Terminkontrolle erfolgt üblicherweise durch Rückmeldelisten des verantwortlichen Bauleiters oder Architekten, die zur Feststellung und Protokollierung von Abweichungen der vertraglichen Terminvorgaben dienen. In Koordinationsbesprechungen werden geeignete Maßnahmen zur Vermeidung, Verminderung und Beseitigung von Verzögerungen ermittelt und festgelegt.
6.3 Bautagesberichte Unumstritten wird den Bautagesberichten die höchste dokumentarische Konnotation eingeräumt.262 Das Bautagebuch ist für jeden Arbeitstag zu erstellen und bietet dadurch einen guten Kurzüberblick zur Baustellensituation bzw. -entwicklung. Es hat, sofern es dem Auftraggeber zeitnah zugestellt und zur Kenntnis gebracht wurde, einen außerordentlich hohen Stellenwert auf Grund seiner hohen Beweiskraft und ist, zusammen mit dem Vertragsterminplan und der Leistungsbeschreibung, wichtigste Grundlage für die Rekonstruktion des Bauablaufs. In der Baupraxis ist jedoch immer wieder festzustellen, dass den mit der Führung des Bautagebuchs befassten Personen die mögliche Bedeutung der Bautagesberichte nicht bewusst ist und trotz Verwendung vorgefertigter Formulare die Eintragungen oft unvollständig, diskontinuierlich, ungenau oder widersprüchlich und damit für spätere Auswertungen unbrauchbar sind. Bautagesberichte sollten vorzugsweise durch Personen abgefasst werden, die über die tägliche Bauausführung und die wesentlichen Vertragsinhalte informiert sind, um vertragsrelevante Ereignisse frühzeitig erkennen und dokumentieren zu können.263
261
Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 404
262
Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 682
263
Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 2409 ff.
128
6 Dokumentation
Es ist erforderlich, dass die Bau- oder Projektleitung durch regelmäßige Kontrollen sicherstellt, dass relevante Informationen und entscheidende Sachverhalte sorgfältig erfasst werden. Hierzu zählen:264
Bezeichnung des Bauvorhabens
Datum des Arbeitstages
Fortlaufende Nummerierung
Die äußeren Umstände der Baustelle (Witterungsdaten)
Abweichungen vom Vertrag
Störungen und daraus resultierende Verzögerungen
Fortbestand von Behinderungen
Personal- und Geräteeinsatz (Eigen- und Fremdpersonal bzw. -geräte)
Arbeitszeiten, Schichtarbeit, Stundenlohnarbeiten
Eingänge von Ausführungsunterlagen
Anordnungen und Verhalten des Auftraggebers bzw. dessen Erfüllungsgehilfen
Ausgeführte Leistungen mit eindeutiger Angabe des Ortes bzw. Fertigstellungsdaten, insbesondere bei terminkritischen Arbeiten
Besondere Vorkommnisse
Zur Sicherstellung vollständiger Erfassung von Anordnungen durch den Auftraggeber oder Störungen und Behinderungen des Bauablaufs kann in den Bautagesberichten eine positive Kennzeichnungspflicht vorgesehen werden. Dies lässt sich beispielsweise über ein einfaches Ja/Nein-Feld zum Ankreuzen realisieren, das die mit der Erstellung der Bautagesberichte befasste Person dazu zwingt, den Bauablauf nochmals zu rekapitulieren und zu entscheiden , ob an diesem Arbeitstag Anordnungen des Auftraggebers oder dessen Vertreter – mündlich oder schriftlich – eingegangen sind und ob der Bauablauf einer Störung oder Behinderung unterworfen war. Dies ist entweder zu bestätigen und weitergehend zu erläutern oder zu verneinen aber kenntlich zu machen. Fehlende Eintragungen sind dadurch unmittelbar zu erkennen und können beanstandet und zeitnah korrigiert werden. Der Arbeitsaufwand für ein schlichtes Ankreuzen ist minimal, kann aber bei einer konfliktbedingten Auswertung der Bautagesberichte eine äußerst wertvolle Dokumentationshilfe darstellen.
264
Vgl. Weiss, in: Schäfer/Conzen, 2002, S. 438; Dornbusch/Plum, 2002, S. 123; Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 411; VHB 2002, „Richtlinien für die Führung eines Bautagebuches“, EFB-Bautgb, 357
6.4 Besprechungsprotokolle
129
Ein Bautagebuch muss durch den Bauleiter des ausführenden Unternehmens unterzeichnet und vom Vertreter des Auftraggebers gegengezeichnet werden. Es ist ratsam, bereits vor Baubeginn gemeinsam festzulegen oder gar vertraglich zu regeln, welche Daten und Informationen im Rahmen der Bautagesberichterstattung festgehalten werden müssen und in welchen zeitlichen Abständen diese Berichte dem Auftraggeber zur Kenntnis zu übergeben sind. Auftragnehmerseitig ist darauf zu achten, dass die vom Auftraggeber oder dessen Bauleiter geprüften und anerkannten Bautagesberichte zumindest in Kopie zurückgegeben werden. Das Baugeschehen ist so festzuhalten, dass auch nach Monaten oder Jahren, z. B. im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung, das tatsächliche Baugeschehen auch von Unbeteiligten eindeutig rekonstruiert werden kann. Die Führung eines Bautagebuchs sollte auftraggeberseitig, z. B. in den Zusätzlichen Technischen oder den Besonderen Vertragsbedingungen, gefordert werden. Der Auftraggeber kann zudem das für die Bautagesberichterstattung zu verwendende Formular vorgeben.265
6.4 Besprechungsprotokolle Besprechungsprotokolle dokumentieren die Ergebnisse von planungs- und bauvorbereitenden oder -begleitenden Besprechungen der projektbeteiligten Akteure. Die Protokollierung ist auf die schriftliche Fixierung von Sachverhalten und Entscheidungen ausgerichtet, die in Gegenwart der Teilnehmer diskutiert, vereinbart oder angeordnet wurden. Ziel der Besprechungsprotokollierung ist nicht nur die Dokumentation von Besprechungsinhalten und Ergebnissen, sondern darüber hinaus auch die Definition der sich dadurch ergebenden Aufgaben, Fristen und Zuständigkeiten.266 In Form von Besprechungsprotokollen können Vertragsinhalte konkretisiert oder modifiziert werden. Von besonderer Bedeutung ist die unmissverständliche und klare Formulierung von Protokollen, um den Verteilerkreis auf einen gemeinsamen Informationsstand zu bringen und Fehlinterpretationen zu vermeiden. Protokolle sollten auch für Dritte stets nachvollziehbar sein. Es empfiehlt sich eine fortlaufende Nummerierung aller Besprechungspunkte eines Protokolls mit Bezug auf die Besprechungsnummer. Nicht erledigte Sachverhalte sind dabei stets in die nachfolgenden Protokolle zu übernehmen. Bereits zu Projektbeginn sollten die erforderlichen Regelbesprechungen mit Intervallen, Teilnehmer- und Verteilerkreisen sowie Protokollverfasser festgelegt werden. Die rechtliche Verbindlichkeit von Protokollen in Bezug auf Vertragsänderungen muss vertraglich explizit vorgesehen sein, da Protokollen grundsätzlich nur eine In265
Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 73 f.
266
Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 2390
130
6 Dokumentation
dizwirkung zugemessen wird. Mitteilungs- und Ankündigungspflichten nach VOB/B können durch die Aufnahme in Besprechungsprotokolle ersetzt werden, sofern ein bevollmächtigter Vertreter des Auftraggebers anwesend ist.267
6.5 Dokumentenmanagement In Schriftverkehr und Protokollen sind die Sachverhalte ebenso präzise, nachvollziehbar und vollständig festzuhalten, wie bereits für Bautagesberichte ausgeführt wurde. Die Sachverhaltsdarstellungen sollten auch zu einem späteren Zeitpunkt noch durch Dritte nachvollziehbar sein. Besprechungs-, Aufmaß- oder Abnahmeprotokolle haben bei nachweisbarer Anerkenntnis der Teilnehmer ebenfalls eine hohe Beweiskraft. Von besonderer Bedeutung sind Behinderungsanzeigen, Mängelanzeigen und Inverzugsetzungen (vgl. Kapitel 6.8). Dokumentenmanagement im hier verwendeten Sinn beinhaltet die sachgerechte, zielorientierte, umfassende und baubegleitende Ablage und Verwaltung aller nachtragsbezogenen Dokumente und Informationen zur Unterstützung der Verfolgung von Nachträgen und Nachtragsauswirkungen auf den planmäßigen Projektablauf. Information heißt in diesem Zusammenhang nicht, ein wenig von allem zu wissen, sondern alles von wenigen Dingen, vorausgesetzt es sind die, auf die es bei der Nachtragsabwicklung wirklich ankommt. Bei komplexen Bauvorhaben hat sich mittlerweile eine EDV-gestützte Verwaltung der Dokumente bewährt. Neben Systemen, die Informationen über den Inhalt und Ablageort von Dokumenten bereitstellen, bietet sich ergänzend an, auch die Dokumente selbst zu digitalisieren und über eine Softwarelösung zugänglich zu machen. Der höhere Aufwand für die Datenerfassung (scannen und registrieren) wird durch die entfallenden Suchaktionen mehrfach kompensiert.268 Diese Form des Dokumentenmanagements eröffnet die Möglichkeit des flexiblen Zugriffs auf digitalisierte Dokumente und Informationen, sowohl im Unternehmen als auch von unterwegs. Hier finden Portallösungen mit Web-Interface, versehen mit entsprechenden Zugriffsberechtigungen, zunehmend Verbreitung. Die möglichen Vorteile eines EDV-gestützten Dokumentenmanagements sind:
Optimierung der Informationsbeschaffung durch komfortable Suchfunktionen.
Zusammenführung der Informationen an einem Ort, z. B. einem zentralen Server.
267
BGH BauR 2004, 495
268
So Kochendörfer/Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 221 f.
6.5 Dokumentenmanagement
Sicherstellung der Informationsgüte durch strukturierte Ablage und Aktualität von Dokumenten.
Ortsungebundene Informationsverfügbarkeit.
Datensicherheit durch Zugriffsberechtigungen und Archivierung.
131
Dem gegenüber stehen die Kosten für Hard- und Software, Lizenzierung, Implementierung, Schulung, Administration und Weiterentwicklung. Für die praktische Vorgehensweise ist die Konvertierung vorliegender oder eingescannter Dokumente in das weit verbreitete PDF-Format empfehlenswert.269 Dieses Format bietet den Vorzug, dass das ursprüngliche Layout der Vorlagedokumente beibehalten wird und die erzeugten PDF-Dateien vergleichsweise kompakt sind. Zudem können inzwischen immer mehr Projektbeteiligte Dokumente bereits im PDFFormat bereitstellen. Es besteht technisch gesehen die Möglichkeit, Dokumente zu scannen und diese dann mit Hilfe einer Software zur Texterkennung (OCR-System270) einzulesen, so dass der Text weiterverwendet werden kann. Dabei kann das Layout der Vorlage beibehalten, die Daten in ein völlig neues Format überführt oder das Original mit einer Textdatei hinterlegt werden. Durch die Texterkennung besteht später die Möglichkeit, die Dokumente im Volltext nach Stichworten zu durchsuchen. Was in der Theorie Erfolg versprechend und zeitsparend klingt, gestaltet sich in der Praxis leider nicht ganz so einfach. Trotz der immer ausgereifter werdenden OCR-Software ist eine fehlerfreie Texterfassung, insbesondere bei Vorlagen minderer Qualität wie z. B. schlechten Faxübertragungen, häufig nicht möglich und es bedarf in aller Regel der Korrekturarbeit durch den Benutzer. Der Aufwand hierfür kann – gerade bei umfangreichen mehrseitigen Dokumenten oder der Verarbeitung einer Vielzahl von Dokumenten – erheblich sein. Hinzu kommt die erforderliche Eingabe allgemeiner Informationen, Dokumentverknüpfungen, Merkmale und Zuordnungen. Zudem besteht die Gefahr, dass ein erhöhter Erfassungsaufwand speziell unter Zeitdruck in der Projektarbeit zu einer verschleppten oder mangelhaften Dokumenterfassung führt. Es ist ausreichend und mit einem vertretbaren Aufwand verbunden, Dokumente zu digitalisieren und in das PDF-Format zu überführen271, eindeutig zu kennzeichnen und zunächst mit ganz wesentlichen Informationen und Stichworten zu versehen. Die dokumentbezogenen Informationen können bei Bedarf im Zuge des weiteren Projektverlaufs den Anforderungen entsprechend angepasst, ergänzt und konkretisiert werden. Durch den minimierten Ersterfassungsaufwand ist eine projektbegleitende Abarbeitung möglich. Übermäßigen Zeitverzögerungen bei der Einstellung in das Do-
269
PDF = Portable Document Format
270
OCR = Optical Character Recognition
271
Sofern die Dokumente bereits als Datei vorliegen, ist es z. B. bei Microsoft Word-Dateien auch ohne OCRSoftware möglich, diese in das PDF-Format zu konvertieren und den gesamten Text nach Stichworten zu durchsuchen.
132
6 Dokumentation
kumentenmangement-System kann damit vorgebeugt werden. Eine frühe Verfügbarkeit aller wesentlichen Dokumentinformationen entspricht auch im Hinblick auf Nachtragssachverhalte dem übergeordneten Ziel einer möglichst zügigen Abarbeitung von Problemstellungen. Die als wesentlich charakterisierten Dokumentinformationen im Hinblick auf die Verwendung im Rahmen eines NachtragsmanagementSystems sind nachfolgend dargestellt.
Merkmale:
Dokument
Dokumentart
Nachtragsbezug
Datum Empfänger Absender Attributierung:
Ablage:
Ordner Register Kennzeichnung
Betreff Schlagworte
Zuordnung:
Imaging bzw. Konvertierung
Projekt Bauwerk Bauteil Gewerk Dokumentverknüpfung:
Bezugnahmen und Verweise Anlagen
Anmerkungen Datenbank
Abbildung 6-1 Dokumentenmanagement
Für ein nachtragsbezogenes Dokumentenmanagement des Auftraggebers kann folgender Anforderungskatalog formuliert werden: Merkmale
Dokumentart (Brief, Besprechungsprotokoll, Aktennotiz)
Dokumentumfang (Anzahl der Seiten und ggf. Auflistung der Anlagen)
Erstelldatum und Datum des Eingangs beim Empfänger
Eingangsdatum Projektsteuerung
Verfasser bzw. Absender Hier ist zur Vermeidung von Missverständnissen eine eindeutige Regelung vorzusehen für den Fall, dass ein Dokument durch einen Dritten weitergeleitet wurde. Es wird vorgeschlagen, immer den Absender eines Dokuments einzutragen, unabhängig davon, ob er auch der ursprüngliche Verfasser ist.
Empfänger
6.5 Dokumentenmanagement
133
Zuordnung
Nachtragsbezug Zuordnung zu einem oder ggf. auch mehreren Nachtragsvorgängen
Projektzuordnung – Projekt – Bauwerk – Bauteil – Ebene – Gewerk
Attributierung
Kurzbeschreibung
Bezeichnung oder Betreff
Inhalt / Schlagworte
Anmerkungen
Dokumentverknüpfung Weitere Dokumente, auf die im Inhalt des erfassten Dokuments Bezug genommen oder verwiesen wird sowie darin erwähnte Anlagen, sollten unbedingt erfasst werden, um lückenlose Verlaufsdokumentationen zu ermöglichen.
Bezugnahme und Verweise
Anlagen
Ablage Zur Vervollständigung der Dokumentinformationen ist es notwendig, den tatsächlichen Ablageort des Dokuments zu erfassen. Hierzu zählen:
Ablageordner
Register
Dokumentkennzeichnung
Im Rahmen EDV-gestützter Dokumentenmanagement-Systeme ist es sinnvoll, den Aktualisierungsstand und den Namen des jeweiligen Bearbeiters zu erfassen. Ein Mehr an Information kann im Einzelfall hilfreich sein. Es gilt aber zu beachten, dass der Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis zum dafür erforderlichen Erfassungsaufwand stehen muss. Ein Anforderungskatalog der erforderlichen Dokument-
134
6 Dokumentation
informationen ist stets eine zielorientierte Kompromisslösung und kann, je nach Projekt und Verwendungsschwerpunkt, variieren. Grundlage eines funktionalen Nachtragsmanagements ist der schnelle und einfache Zugriff auf die benötigten Dokumente, möglichst unterstützt durch umfassende Suchfunktionen. Die Aufgabe der Recherche, auch Retrieval genannt, ist das Auffinden von Informationen, die in einem Informationssystem gespeichert sind. Um ein Dokument suchen zu können, muss es beim Erfassungsvorgang entsprechend aufbereitet werden. Dies geschieht mit Hilfe von Stichwörtern, die einem Dokument entweder manuell oder durch eine automatische Textindexierung vergeben werden.
Abbildung 6-2 Dokumentenmanagement-System, Dokumenterfassung
6.6 Planlieferlisten Wesentliche Vorbedingung für die Baudurchführung ist die rechtzeitige Lieferung der benötigten Ausführungspläne. Die Gegenüberstellung der Eingangsdaten mit den Soll-Daten liefert eine eindeutige, laufende Kontrolle für eventuelle Verzögerungen der Planlieferung. Inwieweit sich derartige Verzögerungen auf den Bauablauf auswirken, ist anhand des Terminplans zu erfassen und zu bewerten.272 Ist eine Baumaßnahme mit Planlieferungen größeren Umfangs verbunden, würden die notwendigen Informationen den Rahmen der Bautagesberichte sprengen. Daher
272
Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 406
6.6 Planlieferlisten
135
werden im Regelfall separate Planeingangsverzeichnisse geführt, in denen üblicherweise für jeden Plan mindestens folgende Informationen erfasst werden:273
Plannummer, Index
Planinhalt oder Bezeichnung der dargestellten Bauteile
Bearbeitungsstand
Änderungsumfang gegenüber dem vorangegangenen Index
Soll-Liefertermin
Eingangsdatum
Vermerk über den Planstatus und das Freigabedatum
Eintragung von Planweitergaben mit Datum
Mit Hilfe der Planlieferlisten ist eine ständige Kontrolle möglich, ob zum erforderlichen Zeitpunkt alle für den jeweiligen Arbeitsabschnitt notwendigen freigegebenen Planunterlagen fristgemäß vorlagen. Sind durch den Auftragnehmer Pläne zu erstellen, sollte bereits im Vertrag das Verfahren der Planprüfung und Freigabe durch den Auftraggeber geregelt werden. Hierbei sind insbesondere die zulässigen Prüffristen zu regeln, die Klärung der Haftungsfrage und das Zurückweisungsrecht unvollständiger oder fehlerhafter Pläne durch den Auftraggeber ohne eine Berechtigung des Auftragnehmers, Bauzeitverzögerungen geltend machen zu können. Bei Eingang überarbeiteter (Ausführungs-) Pläne sind diese nach folgenden Kriterien zu prüfen, wobei die Prüfergebnisse in standardisierter Form dokumentiert werden sollten:
Prüfung auf zutreffende Bezeichnung und korrekte Plankennzeichnung (z. B. Indexfehler)
Prüfung auf Vollständigkeit, Fehler und Realisierbarkeit der Pläne, Prüfung auf Ausführungsreife bei Ausführungsplänen
Abweichungen gegenüber den Ausschreibungs- bzw. Vertragsplänen (Änderung des vertraglich vereinbarten Leistungsumfangs)
Abweichungen gegenüber dem Plan mit vorangegangenen Planindex
Formgerechte Freigabe der Pläne durch den Bauherrn oder dessen wirksam bevollmächtigten Vertreter gemäß Planfreigabeverfahren (bei Unklarheiten ist dringend Rücksprache zu empfehlen)
Vertragsrelevante Änderungen und Abweichungen sind dem Auftraggeber zur Kenntnis zu bringen. Oftmals sind vertragsabweichende Änderungen oder Ergänzungen bauherrenseitig gar nicht erwünscht und können im Interesse der Projektbe273
Vgl. Plum, 1997, S. 38
136
6 Dokumentation
teiligten kurzfristig wieder revidiert werden. Der Auftragnehmer sollte in geeigneter Weise dokumentieren, nach welchen Plänen die Leistung tatsächlich ausgeführt wurde. Eine Nachweismöglichkeit der Änderungen für alle Vertragspartner sind Planänderungstestate, in denen Änderungen der vorgegebenen Planunterlagen festgehalten werden.274
Projekt Datum
Planlieferliste Plan-Nr.
Index
Bezeichnung
Status
SollLiefertermin
IstLiefertermin
Planverfasser
Planempfänger
Anmerkungen
Abbildung 6-3 Planlieferliste
6.7 Foto- und Videodokumentation Auf Grund der mittlerweile sehr verbreiteten Digitaltechnologie werden zur Baudokumentation immer häufiger Fotos, überwiegend in Form von Digitalaufnahmen, und zum Teil auch Videoaufnahmen verwendet. Mit Fotos können örtlich begrenzt Sachverhalte zu bestimmten Zeitpunkten aufgezeichnet werden. Dies ist besonders hilfreich, wenn bestimmte Bauzustände zur Dokumentation von Erschwernissen und Leistungsständen festgehalten werden sollen. Das gilt insbesondere, wenn dieser Zustand später nicht mehr ersichtlich ist. Bei einer baubegleitenden Dokumentation sollte man geeignete Standorte für die Aufnahmen sinnvoll auswählen und diese beibehalten, um die Entwicklung des Bauabschnitts mit gleichem Blickwinkel darstellen zu können. Die Foto- oder Videodokumentation ist jedoch nur dann beweiskräftig, wenn sie eindeutig zeitlich und örtlich zugeordnet werden kann und die hierzu erforderlichen Informationen nicht oder nur sehr schwer manipuliert werden können.275 Es ist daher immer auf eine ausreichende Beschriftung des Bildmaterials zu achten. Angaben zu Zeitpunkt, Ort (Geschoss, Bauteil), Blickrichtung, Gewerk etc. sollten nicht fehlen, ebenso die Kommentierung des dargestellten Zustandes. Auch die Dokumentation von Arbeitsabläufen und Baumaßnahmen über eine Videodokumentation kann im Einzelfall sinnvoll sein. Der Vorteil gegenüber einer Fotodokumentation ist die Möglichkeit, während der Aufnahme parallel gesprochene Anmerkungen aufzuzeichnen 274
Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 688
275
Vgl. Dornbusch/Plum, 2002, S. 130
6.7 Foto- und Videodokumentation
137
sowie eine verbesserte räumliche Zuordnung. Eine Alternative hierzu ist der Einsatz einer stationären Kamera für die automatische kontinuierliche Bilderfassung. Um die Beweiskraft von elektronischen Dokumenten sicherzustellen, existieren mittlerweile Verfahren, mit deren Hilfe Dateien, beispielsweise digitale Baustellenfotos, mit einem elektronischen Zeitstempel versehen werden können, der zudem die Manipulation der Dokumente unterbindet, da er nachträgliche Veränderungen sichtbar macht. Mit Hilfe eines Hashverfahrens wird hierbei von einem beliebigen Dokument ein „elektronischer FingerabdruckȈ, der Hashwert276, erzeugt. Dieser Fingerabdruck des Dokumentes wird nun zu einer staatlich akkreditierten Stelle gesendet und dort mit einer amtlichen Zeit versehen und signiert, also elektronisch unterschrieben. Damit ist bestätigt, welches Dokument zu welcher Zeit vom Trust Center entgegengenommen wurde. Es ist also nachweisbar, dass das Dokument zu einem bestimmten Zeitpunkt, genauso wie durch den Fingerabdruck beschrieben, vorlag. Wird an dem elektronischen Dokument nachträglich manipuliert, ist dies an der Änderung des Fingerabdrucks, also in einem abweichenden Hashwert, sofort zu erkennen. Mittlerweile sind auf dem Markt leistungsfähige Software-Produkte zur Verwaltung und Bearbeitung umfassender Fotodokumentationen erhältlich.
Abbildung 6-4 Fotodokumentation
276
Es ist unmöglich, unterschiedliche Dokumente mit gleichem Hashwert zu erzeugen. Jede noch so geringe Veränderung einer Datei bewirkt auch eine Änderung des Hashwertes.
138
6 Dokumentation
6.8 Aufmaßprotokolle Unter Aufmaß- und Mengenermittlung versteht man die Ermittlung der tatsächlich geleisteten Mengen und die Zuordnung zu den entsprechenden Positionen des Leistungsverzeichnisses, d. h. die schriftliche und zeichnerische Dokumentation der tatsächlich erbrachten Bauleistungen.277 In den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV), also dem Teil C der VOB, der beim VOB-Vertrag entsprechend § 1 VOB/B automatisch als Vertragsbestandteil einbezogen ist, finden sich jeweils in Abschnitt 5 der Normen jedes Leistungsbereichs die Abrechnungsregeln, nach denen die Leistungsmengen zu ermitteln sind. Bei einem vertragsgemäß abgewickelten Pauschalvertrag ohne jegliche Änderungen und Zusatzleistungen ist trotz § 14 VOB/B ein Aufmaß für die Erstellung der Schlussrechnung nicht erforderlich.278 Sind jedoch vertragsabweichende Leistungen angefallen, ist das Aufmaß als Einzelnachweis des möglichen Mehrvergütungsanspruchs unerlässlich. Aufmaßprotokolle sind möglichst ausführungsbegleitend zu erstellen. Die Leistungsfeststellung sollte im Idealfall gemeinsam mit dem Auftraggeber erfolgen, zumindest aber auftraggeberseitig gegengezeichnet werden. Dies bietet den Vorteil gegenüber einer einseitigen Mengenfeststellung durch den Auftragnehmer, dass über die tatsächlich geleisteten Mengen, unabhängig von deren Einordnung als Bestandteil des Vertragsumfangs, später i. d. R. keine Unstimmigkeiten zwischen den Vertragspartnern mehr aufkommen können.
6.9 Behinderungs- und Mängelanzeigen Neben den vorgenannten Dokumentationsmitteln zählt auch der Nachweis über Behinderungs- und Mängelanzeigen zur umfassenden Dokumentation des Baugeschehens und kann insbesondere im Streitfall, z. B. im Rahmen von Gutachten nach Baufertigstellung, besondere Bedeutung erlangen. Gleiches gilt für Inverzugsetzungen. Rechtzeitig vorgelegte Behinderungsanzeigen ermöglichen zudem die frühzeitige Einflussnahme der Vertragsparteien auf die Behinderungstatbestände zur Kostenminderung. Gerade für spätere Auswertungen sind Behinderungsanzeigen eine wichtige Unterlage, um gestörte Bauabläufe beurteilen zu können. Aus gestörten Bauabläufen ergeben sich in aller Regel zum Teil erhebliche Folgekosten und Terminverzüge. Wer die Störungen des Bauablaufs zu verantworten hat, ist oftmals Gegenstand schwerwiegender Konflikte zwischen den Bauvertragspartnern. Der Auftragnehmer trägt die Beweislast 277
Vgl. Reister, 2004, S. 230
278
Vgl. Kapellmann, Schlüsselfertiges Bauen, 2. Aufl. 2004, Rdn. 191
6.10 Soll-Ist-Vergleiche
139
dafür, dass er die Behinderung formgerecht angezeigt hat, sofern die Störung und die behindernden Auswirkungen nicht offenkundig waren. Der Auftraggeber kann seinerseits in Form von Inverzugsetzungen den Auftragnehmer zur Abhilfe bei Missständen auf der Baustelle oder bei der Erstellung der Planung auffordern und damit gleichzeitig eine Anspruchsgrundlage für spätere Bewertungen schaffen.279 Bei der Abnahme aber auch bereits während des Bauablaufs kann der Auftraggeber den Auftragnehmer durch Mängelanzeigen zur Beseitigung der mangelhaft erbrachten Leistungen auffordern. Diese müssen die Mängel jeweils konkret bezeichnen. Auf Grund des Mängelbeseitigungsanspruchs des Auftraggebers ist der Auftragnehmer zur Beseitigung der vorhandenen Mängel der vertraglichen Leistung verpflichtet.
6.10 Soll-Ist-Vergleiche Leistungsabweichungen lassen sich dokumentieren und analysieren, wenn die IstDaten den planmäßigen Soll-Vorgaben gegenübergestellt werden. Ein Soll-Ist-Vergleich kann im Hinblick auf Kosten, Quantität, Qualität oder Termine erstellt werden.
Abweichungen aus Kostenvergleich
Kostensteuerung
Soll-Ist-Vergleich
Projektablauf
Ist-Daten aus Kostenerfassung
Kostenerfassung
Störungen = Kostenbeeinflussung durch: Planungsänderungen Standardänderungen Sonderwünsche Konjunkturschwankungen Regionale Marktsituation
Abbildung 6-5 Soll-Ist-Vergleich Kosten-Regelkreis280
Regelmäßig durchgeführte Soll-Ist-Vergleiche in einem der Komplexität des Bauvorhabens angepassten Intervall bieten die beste Ansatzmöglichkeit zur rechtzeitigen 279
Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Schäfer/Conzen, 2002, S. 687
280
Vgl. Sommer, 1998, S. 176
140
6 Dokumentation
Erkennung von Abweichungen der vertragsgemäßen Leistungserfüllung und der Notwendigkeit des steuernden Eingriffs durch den Auftraggeber. Soll-Ist-Vergleiche sind zudem eine ganz wesentliche Bewertungsgrundlage für viele Nachtragssachverhalte. Eine daran anschließende Abweichungsanalyse besteht in der Ermittlung der Ursachen aufgetretener Abweichungen zwischen geplanten Sollwerten und tatsächlich erzielten Istwerten, z. B. hinsichtlich Qualitäten, Kosten und Terminen dem Grunde und der Höhe nach, um den Verursacher, mögliche Anpassungsmaßnahmen zur Erreichung der Sollvorgaben und ggf. Haftungstatbestände und Schadenersatzansprüche festzustellen.
6.11 Übersicht Die zeitliche Zuordnung der genannten Dokumentationsmittel ist nachfolgend dargestellt: Bautagesberichte Soll-IstVergleiche Besprechungsprotokolle Foto-/Videodokumentation Inverzugsetzungen Planlieferlisten Planänderungstestate Terminplanung strategische Ebene
Rahmenterminplanung Generalablaufplanung
taktische Ebene
Steuerungsterminplanung
operative Ebene
Detailterminplanung
Projektentwicklung
Planung
Bauvorbereitung
Realisierung
Abbildung 6-6 Die zeitliche Zuordnung der Dokumentationsmittel281
281
Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 688
Abnahme/ Inbetriebn.
6.11 Übersicht
141
Kaum ein Bauvorhaben wird ohne Störungen und Behinderungen des Bauablaufs durchgeführt. Hierbei kommt der Dokumentation bei der Durchsetzung der daraus resultierenden Ansprüche eine zentrale Bedeutung zu. Eine sorgfältig erstellte Dokumentation unter Einsatz der in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Werkzeuge führt im Regelfall zur Vermeidung oder Verminderung von Nachtragsstreitigkeiten zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber in Unkenntnis des tatsächlichen Bauablaufs. Die jeweiligen Positionen der Vertragspartner können anhand einer aussagekräftigen Dokumentation nachvollziehbar und nachweisbar begründet werden. Bei größeren und komplexen Bauvorhaben ist es durchaus denkbar, sowohl auf Auftragnehmer- als auch auf Auftraggeberseiten einen Mitarbeiter nur für die Erstellung der Dokumentation einzusetzen oder ein externes und darauf spezialisiertes Büro damit zu beauftragen. Die zusätzlichen Kosten hierfür können unter Umständen bei späteren Nachtragsstreitigkeiten durch Vermeidung umfangreicher Dokumentationsaufarbeitung schon wieder eingespart werden. In jedem Fall sollte die Dokumentation von fachkompetenten Personen erstellt werden und nicht erst bei Eintritt von Störungen des Bauablaufs und Konflikten zwischen den Vertrapspartnern einsetzen.
143
7 Handhabung von Nachträgen Häufig besteht in der Praxis durch den unsachgemäßen Umgang mit Nachträgen ein hohes aber vermeidbares Konfliktpotenzial. Grundsätzlich sind Nachtragsforderungen durch den Auftragnehmer unter Bezugnahme auf die entsprechende Anspruchsgrundlage klar und nachvollziehbar darzulegen, um dem Auftraggeber die Prüfung und Freigabe des Nachtrags zu ermöglichen. Wie bereits mehrfach erwähnt wurde, führen überhöhte und ungerechtfertigte Nachtragsforderungen des Auftragnehmers oder die strikte Ablehnung und Kürzung berechtigter Nachträge durch den Auftraggeber oftmals zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Vertragsbeziehung, die zumeist für keinen der Vertragspartner von Vorteil ist und den weiteren Bauablauf nachteilig beeinflusst. Gerade im Umgang mit Nachträgen sollten die Parteien stets bemüht sein, eine faire, angemessene und kooperative Klärung herbeizuführen und auf die Ausnutzung von Machtpositionen zu verzichten.
7.1 Aufbau eines Nachtrags Ein vollständiger Nachtrag des Auftragnehmers umfasst folgende Bestandteile:
Sachverhaltsdarstellung
Nachtragsbegründung
Nachtragskalkulation
Auswirkungsprognose
Nachtragsangebot
Aus der Sachverhaltsdarstellung muss für den Auftraggeber eindeutig erkennbar sein, um welche Leistungen, in welchem Zeitraum und an welchem Ort es sich konkret handelt und in welcher Hinsicht die Leistungen vom vertraglich fixierten Bausoll abweichen. Die daraus abgeleiteten Anspruchsgrundlagen müssen durch den Auftragnehmer dezidiert dargelegt werden. Eine Preisänderung oder die Vereinbarung eines neuen Preises auf Basis der Urkalkulation oder üblicher Preise ist durch eine nachvollziehbare Nachtragskalkulation zu belegen. Des Weiteren zählt zu einem vollständigen Nachtragsangebot durch den Auftragnehmer die Ermittlung und Benennung der Auswirkungen des Nachtrags in zeitlicher, finanzieller und qualitativer Sicht. Sind Auswirkungen auf den Bauablauf zu erwarten aber zum Zeitpunkt der Nachtragsforderung noch nicht zu beziffern, ist zumindest ein entsprechender Vorbehalt zu treffen. Abschließend ist auf Basis der vorgenannten Unterlagen die Ange-
144
7 Handhabung von Nachträgen
botssumme mit Zahlungsmodalitäten und unter Berücksichtigung möglicherweise bereits geleisteter Abschlagszahlungen zu benennen. Ein vollständiges Nachtragsangebot muss schlüssig, verständlich und zweifelsfrei sein, um dem Auftraggeber oder dessen Vertreter die zügige Prüfung, Bewertung und Annahme des Nachtrags zu ermöglichen. Auch auftragnehmerseitig dürfte Interesse daran bestehen, zeitnah verbindliche Planungs- bzw. Ausführungssicherheit zu erlangen und das Projekt möglichst ohne Unsicherheiten weiterzuführen. Es gibt daher mit Ausnahme von taktischen Beweggründen oder der Zielsetzung ungerechtfertigter Umsatzsteigerung objektiv keinen Anlass für die Auftragnehmerseite, Nachträge zu verschleppen oder intransparent zu gestalten. Der grundsätzliche Ablauf eines Nachtrags aus Auftragnehmersicht ist in der nachfolgenden Übersicht dargestellt.
Behinderung / Störung eingetreten Ursache ermitteln, zuordnen und analysieren
interne Ursache
externe Ursache
zeitliche Auswirkungen
finanzielle Auswirkungen
Behinderungsanzeige
Mehrkostenanmeldung
Bewertung der Bauzeitverlängerung, Aussagen über zeitliche Auswirkungen, ggf. Schadenersatzforderung nach § 6 Nr. 6 VOB/B
Bewertung, Erstellung eines Nachtragsangebotes
Wegfall der Behinderung
Prüfung durch AG
ggf. Klageweg beschreiten
Neubewertung und Überarbeitung des Nachtragsangebotes
Übergabe an AG
Ablehnung ?
Nichtanerkennen der Ablehnung ja
Prüfung der Gründe der Ablehnung durch den AG
nein
Beauftragung des AN
Nachtragsausführung
Anerkennen der Ablehnung
Verwerfen des Nachtragsangebotes
Abbildung 7-1 Nachtragsbearbeitung aus Auftragnehmersicht bei Störungen des Bauablaufs282 282
In Anlehnung an Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 607
7.2 Der Einsatz von Formblättern und Regelabläufen
145
Um einen Nachtrag durchsetzen zu können, muss dieser prüffähig aufgestellt sein. Hinsichtlich der Anforderungen an eine Abrechnung finden sich in § 14 VOB/B folgende Kriterien:
Die Abrechnung muss prüfbar und übersichtlich aufgebaut sein.
Bei der Rechnung muss die Reihenfolge des Leistungsverzeichnisses eingehalten werden.
Bei der Rechnung müssen die Bezeichnungen der Vertragsbestandteile verwendet werden.
Der Rechnung müssen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege (z. B. gemeinsame Aufmaße, Lieferscheine) zum Nachweis von Art und Umfang der erbrachten Leistung beigefügt sein.
Bei der Rechnung sind Änderungen und Ergänzungen des Vertrags besonders kenntlich zu machen.
Bei der Rechnung sind Änderungen und Ergänzungen auf Verlangen getrennt abzurechnen.
7.2 Der Einsatz von Formblättern und Regelabläufen In der Praxis werden, zumeist als Bestandteil eines Organisationshandbuchs, Regelabläufe für Nachtragsforderungen eingesetzt, an die sich die Projektbeteiligten halten sollen oder sogar vertraglich dazu verpflichtet sind. Neben Regelabläufen, die auf die Abwicklung von Nachtragsforderungen begrenzt sind, existieren mehrstufige Verfahren, die ausgehend von formularmäßigen Änderungsanzeigen und Entscheidungsvorlagen zu einem Nachtragsauftrag führen, sofern alle Voraussetzungen erfüllt, die entsprechenden Formblätter verwendet und durch den Auftraggeber unterzeichnet wurden. Einseitige Abweichungen der Regelabläufe sind nicht möglich. Regelabläufe unter Verwendung vorgegebener Formblätter wirken zwar bürokratisch, verhelfen aber allen Projektbeteiligten bei konsistenter und disziplinierter Anwendung zu einer eindeutigen und nachvollziehbaren Dokumentation und Bestätigung aller Änderungen, Entscheidungen und Nachtragsbeauftragungen. Die in den Formblättern festzuhaltenden Auswirkungen der Änderungen, Entscheidungen und Nachtragsbeauftragungen sind in das Änderungs- und Vertragsmanagement zu integrieren.
146
Abbildung 7-2 Nachtragsforderung – Entscheidungsvorlage
7 Handhabung von Nachträgen
7.3 Nachtragsprüfung und -bewertung
147
7.3 Nachtragsprüfung und -bewertung Grundsätzlich trägt der Auftragnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm eingereichten Nachtragsforderungen.283 Eingereichte Nachträge müssen nach folgenden Kriterien geprüft werden:284 Formale Prüfung
Berücksichtigung vertragsvereinbarter Formvorschriften
Vollmacht des Absenders
Vollständigkeit des Nachtragsangebots
Prüffähigkeit
Einhaltung von Regelabläufen und Formblättern aus dem Organisationshandbuch, sofern dieses Vertragsbestandteil ist
Prüfung der Sachverhaltsdarstellung/Begründung
Verständlichkeit der Nachtragsbegründung
Eindeutige, unmissverständliche und nachvollziehbare Sachverhaltsdarstellung und Darlegung der Nachtragsveranlassung
Prüfung der Anspruchsgrundlage
Abweichungen vom vertragsvereinbarten Bauinhalt und Bauumständen
Nachtrag basiert auf vertragsentsprechender und maßgeblicher Rechtsgrundlage
Rechtzeitige Anzeige, sofern erforderlich
Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen
Bezug auf die vertraglichen Preisermittlungsgrundlagen bzw. Ermittlung angemessener Preise
Prozessrisiko bei strittiger Anspruchsgrundlage
Bautechnische Prüfung
Vorliegen nachtragsrelevanter Gegebenheiten
Angemessenheit der Mengenansätze
283
Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 39
284
Vgl. Weiss, in: Schäfer/Conzen, 2002, S. 432
148
7 Handhabung von Nachträgen Wirtschaftlichkeit der geplanten Nachtragsrealisierung, Untersuchung möglicher Alternativen (z. B. bei der Ausführung von angeordneten Zusatzleistungen)
Rechnerische Prüfung
Überprüfung aller Rechenschritte und zu Grunde gelegten Zahlenwerte
Korrekte Verwendung von Skonto oder Nachlässen
Baubetriebliche Prüfung
Angemessenheit der Kalkulationsansätze
Auswirkungen der Nachtragsforderung auf den weiteren Bauablauf (Kosten, Termine und Qualitäten)
Mögliche Beeinträchtigungen der Leistungserbringung Dritter
Falls alle Kriterien positiv erfüllt wurden, kann der Nachtrag freigegeben werden.
Nachtragsangebot
Formale Formale Prüfung Prüfung 2. Zeile
Architekt / Fachplaner (Projektsteuerung)
Prüfung der Sachverhaltsdarstellung / Begründung
Architekt / Fachplaner (Projektsteuerung)
(Baurechtliche) Prüfung der Anspruchsgrundlage
Architekt / Fachplaner (Projektsteuerung)
Bautechnische Prüfung
Architekt / Fachplaner
Rechnerische Prüfung
Architekt / Fachplaner
Baubetriebliche Prüfung
Architekt / Fachplaner (Projektsteuerung)
Abbildung 7-3 Stufen und Zuständigkeiten bei der Nachtragsprüfung
7.4 Nachtragsdurchsetzung – Nachtragsabwehr
149
Nach Ablauf der dargestellten Prüfschritte kann die Berechtigung der Nachtragsforderung und die Angemessenheit des Nachtragsangebots beurteilt werden. Häufig unterliegen Nachträge einer mehrfachen Bearbeitung durch die einzelnen Parteien, bis sie endgültig abschlussreif sind. Dabei werden sowohl Leistungsinhalte als auch Kostenpositionen verändert. Vor der endgültigen Unterzeichnung einer Nachtragsbeauftragung oder -vereinbarung durch den Auftraggeber ist sicherzustellen, dass der Nachtrag ein eindeutiges Leistungsbild mit Leistungsbeschreibung, Mengenansätzen und ggf. Planunterlagen aufweist. Anschließend bleibt zu prüfen, wer den Nachtrag aus Auftraggebersicht zu verantworten hat und ob ggf. ein Schadenersatzanspruch gegen den Verursacher in Frage kommt oder ob die Kosten durch den Auftraggeber selbst zu tragen sind.285 Eine (berechtigte) Nachtragsforderung kann zu Veränderungen der Planungsvorgaben für Kosten, Termine, Quantitäten und Qualitäten führen und sich unter Umständen als Sekundärfolge direkt oder indirekt auf die Leistungserbringung Dritter auswirken.
Nachtrag
Primärfolgen
Kosten / Budgeteinhaltung
Termine / Gesamtfertigstellung
Qualität / Leistungssoll
Sekundärfolgen
Auswirkungen auf die Leistungserbringung Dritter
Abbildung 7-4 Mögliche Nachtragsfolgen
7.4 Nachtragsdurchsetzung – Nachtragsabwehr 7.4.1 Nachtragsdurchsetzung Die Verfolgung von Nachtragsansprüchen durch den Auftragnehmer wird oftmals auch als Claim-Management bezeichnet.
285
Der Auftraggeber ist auch für Umstände aus seinem Verantwortungsbereich gegenüber dem Auftragnehmer verpflichtet, die er zwar zu vertreten hat aber nicht selbst verschuldet haben muss. Hier besteht u. U. ein Rückgriffsrecht des Auftraggebers auf Erfüllungsgehilfen oder andere Auftragnehmer.
150
7 Handhabung von Nachträgen
So genanntes vorbeugendes Claim-Management setzt bereits in der Angebotsphase ein und umfasst die Analyse der Ausschreibungsunterlagen hinsichtlich:286
Reifegrad und Realisierbarkeit der Planung
Vollständigkeit und Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung
Umfang und Qualität der Voruntersuchungen (Baugrund, Kontamination, Grundwasser)
Bauumstände (Zufahrt, Lagerflächen, Ver- und Entsorgung der Baustelle, übliche Witterungsverhältnisse)
Risikopotenzial auf Grund vertraglicher Regelungen (z. B. Überwälzung von Risiken auf den Auftragnehmer)
Diese Untersuchungen sind Basis für die (strategische) Preisgestaltung des Auftragnehmers oder führen zu Vorbehalten im Angebot bzw. Klärungsbedarf mit dem Auftraggeber. Ziel des (aktiven) Claim-Managements ist die frühzeitige Erkennung, Analyse und Bewertung von Abweichungen zwischen vertraglich vereinbartem Bausoll und tatsächlichem Bauist sowie die Durchsetzung daraus resultierender Ansprüche des Auftragnehmers. Die Grundvoraussetzungen hierfür sind
die genaue Kenntnis des vertragsumfassten Bauinhalts und der planmäßigen Bauumstände sowie
eine aussagekräftige Dokumentation des tatsächlichen Baugeschehens.
Die Dokumentation dient einerseits dem Nachweis, dass die ausgeführte Leistung von der vertraglich vereinbarten abweicht, andererseits der nachvollziehbaren, glaubhaften und plausiblen Darstellung der daraus resultierenden Folgen hinsichtlich Kosten, Terminen und Qualität. Bei der Stellung von Nachtragsforderungen sind die Anspruchsvoraussetzungen entsprechend Kapitel 3 zu beachten und einzuhalten. Nachtragsforderungen müssen schlüssig, verständlich und zweifelsfrei aufbereitet werden. Überzogene Nachtragsforderungen können die Vertragsbeziehung dauerhaft beeinträchtigen und führen dazu, dass alle nachfolgenden Forderungen – unabhängig von deren Berechtigung – durch den Auftraggeber grundsätzlich in Zweifel gezogen werden.
7.4.2 Nachtragsabwehr Bei der Abwehr von Nachtragsforderungen ist danach zu unterscheiden, ob es sich bei den durch den Auftragnehmer geltend gemachten Ansprüchen um angeordnete 286
Vgl. Oberndorfer, 2003, S. 32 f.
7.5 Abrechnung und Vereinbarung von Nachträgen
151
oder nicht angeordnete Leistungen handelt. Bei angeordneten Leistungen ist der Nachweis zu erbringen, dass
keine Abweichung vom vertraglichen Leistungssoll vorliegt,
bei zusätzlichen Leistungen i. S. d. § 2 Nr. 6 VOB/B der Anspruch vor Beginn der Leistung nicht angezeigt wurde,
ein Anspruch auf Bauzeitverlängerung weder beziffert noch vorbehalten wurde oder
die Preise der Leistungen über dem Vertragspreisniveau liegen.
Bei Nachtragsforderungen ohne Anordnung ist der Nachweis zu erbringen, dass
die Vergütungspflicht nicht nachträglich anerkannt wurde,
die Leistung nicht zur vertraglichen Leistungserfüllung erforderlich ist,
die Leistung nicht dem Interesse und Willen des Auftraggebers entspricht und
die Leistung nicht bei Beginn der Arbeiten angezeigt und die Entschließung des Auftraggebers nicht abgewartet wurde.
Bei Schadenersatzansprüchen auf Grund von Störungen des Bauablaufs ist zur Abwehr der Nachweis zu erbringen, dass
eine Abweichung vom Vertrag nicht vorlag bzw. diese Abweichung keine Verzögerung des Bauablaufs ausgelöst hat,
die Behinderung nicht dem Auftraggeber zuzuordnen ist,
die Behinderung nicht oder unzureichend angezeigt wurde und für den AG auch nicht offensichtlich war,
die Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers in ungestörten Zeiträumen bereits unzureichend war und Möglichkeiten zur Schadensminimierung nicht genutzt wurden.287
Berechtigte Nachtragsforderungen sollten im Zuge einer fairen Vertragsbeziehung zügig, verbindlich und nach Möglichkeit vorbehaltlos beauftragt werden.
7.5 Abrechnung und Vereinbarung von Nachträgen Die Abrechnung von Nachträgen erfolgt entsprechend den Ausführungen in Kapitel 4. Der Auftragnehmer trägt hierbei grundsätzlich die Beweislast. Die Berechnung
287
Vgl. Dornbusch/Plum, 2002, S. 109 ff.
152
7 Handhabung von Nachträgen
der Nachtragsvergütung in Fortschreibung der kalkulierten und nicht der tatsächlich entstandenen oder entstehenden Kosten ist das Kennzeichen eines Vergütungsnachtrags und unterscheidet sich darin wesentlich von einer Behinderungsschadenersatzberechnung gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B, bei der eine hypothetische Kostenlage ohne Behinderung einer tatsächlichen Kostenlage infolge Behinderung gegenübergestellt wird.288 Grundsätzlich sollte vor Ausführungsbeginn von Nachtragsleistungen eine förmliche Beauftragung des Nachtragsangebotes erfolgen. Eine Nachtragsvereinbarung vor Ausführung ist jedoch keine Voraussetzung für die Vergütung solcher Leistungen. Der Auftragnehmer kann gem. § 648 a BGB Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen verlangen. Von dieser Vorschrift kann vertraglich nicht abgewichen werden.289
7.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen 7.6.1 Änderungs- und Vertragsmanagement Die im Zuge des Projektfortschritts aus Sicht des Bauherrn stetig zunehmende Anzahl von Vertragsverhältnissen erfordert insbesondere bei Großprojekten ein Vertragsmanagement, dessen wichtigster Bestandteil in der Dokumentation des Bausolls einschließlich dessen Fortschreibung besteht.290 Das Bausoll wird definiert durch
den Vertrag,
die Leistungsbeschreibung,
vertragsrelevanten Schriftverkehr,
Vertragsergänzungen und ggf.
vertragswirksame Sondervereinbarungen.
Aufgabe des Änderungs- und Vertragsmanagements ist es, alle relevanten vertraglichen Informationen in aktueller Form bereitzustellen und Änderungen umgehend zu integrieren. Bestandteile des Vertragsmanagements sind die jeweiligen Verträge und Leistungsbeschreibungen mit allen ergänzenden und ersetzenden Vertragsvereinbarungen. Insbesondere bei funktionalen Ausschreibungen ist eine umfassende Vertragsanalyse zur Ermittlung des geschuldeten Bausolls unumgänglich, um die Berechtigung von Nachtragsforderungen prüfen zu können. Die Vertragsanalyse bietet in Kurzfassung alle für das Nachtragsmanagement wesentlichen Informationen. 288
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 213
289
Vgl. Reister, 2004, S. 253
290
Vgl. Kochendörfer/Liebchen, 2001, S. 203
7.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen
153
7.6.2 Nachtragsmanagementsysteme Der Begriff des Nachtragsmanagements wurde bereits vorab in Kapitel 2 definiert.291 Ein System kennzeichnet ein Prinzip bzw. eine Ordnung, nach der etwas organisiert oder aufgebaut oder einen Plan, nach dem vorgegangen wird. Nutzen von Nachtragsmanagementsystemen Die Vorzüge strukturierter Nachtragsmanagementsysteme werden mittlerweile auch von den Bauunternehmen erkannt, in der Praxis aber äußerst selten angewandt. Dies geht aus einer Untersuchung von Konermann hervor.292 Demnach bestätigen 85 % der befragten Unternehmen den Nutzen und die Wichtigkeit solcher Systeme, während zum Befragungszeitpunkt lediglich 16 % der Unternehmen ein vorbereitendes und baubegleitendes Nachtragsmanagementsystem einsetzten. Der Nutzen eines Nachtragsmanagementsystems besteht u. a. in
einem verbesserten Geschäftsklima zwischen den Vertragsparteien,
einer Ergebnisverbesserung,
der juristischen Streitminderung und
erhöhter Transparenz.
50%
40%
36 %
30% 26 %
23 %
20% 15 % 10%
0% verbessertes Klima
Ergebnisverbesserung
jur. Streitminderung
größere Transparenz
Abbildung 7-5 Nutzen von Nachtragsmanagementsystemen293
291
Das Nachtragsmanagement umfasst alle Tätigkeiten, die bei der Vorbereitung und Durchsetzung (Auftragnehmer) bzw. bei der Prophylaxe und Prüfung (Auftraggeber) von Nachträgen oder Nachtragspotenzialen auftreten.
292
Vgl. Konermann, 2001, S. 59 f.
293
Vgl. Ergebnisse der Untersuchung Konermann, 2001, S. 61 f.
154
7 Handhabung von Nachträgen
Stufen des Nachtragsmanagementsystems Der typische Ablauf von Nachträgen ist in Abbildung 7-6 dargestellt. Ausgehend vom vertraglich fixierten Bausoll ist der Auftragnehmer bei Abweichungen vom Vertrag zu Nachtragsforderungen berechtigt. Eine Nachtragsforderung ist zu begründen und ein entsprechendes Angebot beim Auftraggeber einzureichen. Das Nachtragsangebot wird geprüft und entweder direkt beauftragt, abgelehnt oder verhandelt. Unter Umständen wird der Ablauf der Begründung und Prüfung mehrfach wiederholt, bevor ein Nachtragsergebnis erzielt wird. Das Ergebnis und die Auswirkungen der Nachtragsforderung sind zu dokumentieren, das vertragliche Bausoll erforderlichenfalls zu modifizieren. vertragliches Bausoll
Abweichung
Nachtragsforderung Nachtragsergebnis
Nachtragsbegründung Nachtragsangebot Nachtragsprüfung Nachtragsverhandlung
Entscheidungsdokumentation ggf.
Modifikation des Bausolls
Abbildung 7-6 Nachtragsbehandlung
Nachtragsstrategie Vor Einsetzung des Nachtragsmanagementsystems muss der Auftragnehmer bzw. der Auftraggeber über die Nachtragspolitik entscheiden, also ob er eine offensive oder defensive Nachtragsstrategie verfolgt. Eine offensive Nachtragsstrategie zielt auf die restriktive Nachtragsabwehr bzw. -durchsetzung, eine defensive Nachtragsstrategie legt den Schwerpunkt auf eine kooperative Konfliktbeilegung. Eingang Der Eingang von Behinderungsanzeigen, Nachtragsforderungen und Nachtragsangeboten muss beim Auftraggeber bestätigt werden und anschließend parallel an den Projektsteuerer, den Architekten und die zuständigen Fachplaner weitergeleitet werden.
7.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen
155
Erfassung Der Auftraggeber bzw. dessen Vertreter (i. d. R. der Projektsteuerer) hat bereits vor Abschluss der weiteren Prüfschritte die Nachtragssachverhalte zu erfassen und nachtragsbezogene Dokumente zu registrieren. Der Nachtragsvorgang ist damit in das System eingestellt und kann ständig aktualisiert, erweitert und der jeweilige Bearbeitungsstand verfolgt werden. Prüfung und Bewertung Die Prüfung und Bewertung von Nachtragsforderungen bzw. Nachtragsangeboten ist zentraler Bestandteil eines Nachtragsmanagementsystems und wurde bereits eingehend in Kapitel 7.3 behandelt. Sie umfasst die Verfahrensschritte der formalen Prüfung, Prüfung der Sachverhaltsdarstellung/Begründung und der Anspruchsgrundlagen sowie die bautechnische, rechnerische und baubetriebliche Prüfung. Die einzelnen Prüfschritte erfolgen je nach Sachverhalt in Abstimmung mit dem Architekten und den zuständigen Fachplanern. Handlungsalternativen Nach vorausgegangener Nachtragsprüfung und -bewertung ist zu überprüfen, ob für den gegebenen Sachverhalt möglicherweise Handlungsalternativen bestehen. So kann eine unwirtschaftliche Anordnung des Auftraggebers möglicherweise noch zurückgenommen werden oder für eine angeordnete Zusatzleistung eine im Vergleich zu der vom Auftragnehmer im Nachtragsangebot vorgesehene Ausführungsart optimierte Lösung entwickelt werden. Bewertung Unter Beachtung aller Prüfschritte und der Untersuchung von Handlungsalternativen wird das Nachtragsangebot bewertet, es wird also festgelegt, ob die Nachtragsforderung dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt ist. Auswirkungen auf Kosten, Termine, Qualität Von ganz wesentlicher Bedeutung für den weiteren Projektablauf sind die Nachtragsauswirkungen auf die Bereiche Kosten, Termine und Qualität der Bauleistung. Verhandlungsvorbereitung In Abstimmung mit dem Auftraggeber hat die Projektsteuerung die weitere Vorgehensweise, insbesondere eine mögliche Verhandlungsstrategie, festzulegen. Im Fall eines sachgerechten Nachtragsangebots kann die Beauftragung direkt erfolgen, in der Regel wird der Nachtrag aber verhandelt oder infolge mangelnder Anspruchsgrundlagen zurückgewiesen.
156
7 Handhabung von Nachträgen
Verhandlung In der Nachtragsverhandlung werden die Positionen der Vertragsparteien nochmals begründet. Ziel der Verhandlung ist eine einvernehmliche Entscheidung über den vorliegenden Nachtragssachverhalt. Sofern im Rahmen einer Nachtragsverhandlung keine Lösung erreicht wird, kann sich ein Konflikt über die Nachtragsforderungen ergeben, der unter Umständen in einem Gerichtsverfahren mündet und zu erheblichen Beeinträchtigungen des Bauablaufs führen kann. Ergebnisdokumentation Sofern ein Ergebnis erzielt wird, ist dies durch die Projektsteuerung in der vorgesehenen Weise zu dokumentieren. Alle Auswirkungen des Nachtrags sind in die Planungen zu integrieren und können zu einer Fortschreibung von Terminplänen, Kostenbudgets und einem modifizierten Bausoll führen. Mit Hilfe eines strukturierten Nachtragsmanagementsystems lassen sich Nachträge zeitnah, transparent und dadurch konfliktmindernd auflösen.
Auftraggeber
Projektsteuerung
Architekt / Fachplaner
Eingangsbestätigung
Bauunternehmen
Nachtragsforderung
Erfassung
Prüfung
Prüfung
Handlungsalternativen
Handlungsalternativen
Bewertung
Bewertung
Auswirkungen auf Kosten, Termine, Qualität
Auswirkungen auf Kosten, Termine, Qualität
Verhandlungsvorbereitung
Verhandlungsvorbereitung
Verhandlung
Verhandlung
Verhandlung
Ergebnisdokumentation
Abbildung 7-7 Stufen eines Nachtragsmanagementsystems
Verhandlung
7.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen
157
7.6.3 Möglichkeiten des EDV-Einsatzes Um das komplexe Thema der Nachträge in laufenden Projekten beherrschbar zu machen, ist eine strukturierte und organisierte Vorgehensweise unerlässlich. Nur so ist gewährleistet, dass die bei baubegleitender Kontrolle festgestellten Abweichungen relativ schnell hinsichtlich möglicher Ansprüche geprüft werden können.294 Bei größeren Projekten haben sich mittlerweile EDV-gestützte Datenbanken etabliert. In der Bauabwicklung ist sowohl auf Auftragnehmer- als auch auf Auftraggeberseite die IT-Unterstützung jedoch häufig unzureichend. Zwar wird vielfach mit ITLösungen gearbeitet, diese sind jedoch meist zu komplex und umfangreich, um die Aufgaben angemessen zu bewältigen. So kann oft nur speziell geschultes Personal die Anwendungen bedienen. Viele Projektverantwortliche greifen daher auf die bewährten Vorlagen zurück, die sie zum Teil selbst in Microsoft Excel – dem immer noch am häufigsten eingesetzten „Projektmanagement-Tool“ – erstellt haben. Den Anforderungen an ein professionelles und erfolgreiches Projektmanagement werden diese Lösungen jedoch nicht gerecht. Die Datenpflege ist zu aufwendig und die Software nicht integrierbar. Es kommt häufig zu EDV-gestützten Insellösungen, die nicht konsequent angewendet, ausgewertet und weiterentwickelt werden. Hinzu kommt, dass mitunter an unterschiedlichen Stellen des Unternehmens parallel an den gleichen Problemen gearbeitet wird, einzelne Mitarbeiter gewissermaßen private Lösungen erarbeiten und diese oft auch nur bei einem Projekt einsetzen oder die Anwendungen bei Personalwechseln nicht oder nicht richtig verwendet werden. Durch Bündelung der Kapazitäten könnten hier oftmals zielgerichtete und wirksame Lösungen entstehen. Bei der Verwendung von EDV-Lösungen ist zwangsläufig ein Kompromiss zu finden zwischen den bestehenden Möglichkeiten der Datenerfassung und den tatsächlich im Projektablauf möglichen Arbeitsschritten. Schließlich sollte das System ein wirtschaftliches und effizientes Werkzeug zur Unterstützung der Nachtragsbehandlung sein und umfassende Informationen bei geringstmöglichem Arbeitsaufwand bieten. Eine Softwarelösung sollte dazu dienen, eine strukturierte und zielgerichtete Vorgehensweise zu unterstützen, alle benötigten Informationen in aktueller Form bereitzustellen und die Ergebnisse zu dokumentieren, um daraus direkt Veränderungen in den Bereichen Kosten, Termine und Qualität ableiten zu können. Dem Nachtragsbearbeiter ist ein leistungsfähiges Werkzeug an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe die Abwicklung von Nachtragsforderungen auch bei komplexen und vielschichtigen Projekten in übersichtlicher, prozessorientierter Form erfolgen kann und alle relevanten Informationen aktuell verfügbar sind. Gleichzeitig sollte das System auf die benötigte Funktionalität beschränkt bleiben, um die Anwendbarkeit mit möglichst geringem Aufwand zu gewährleisten.
294
Vgl. Kochendörfer/Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 221
158
7 Handhabung von Nachträgen
Ein möglicher Anforderungskatalog kann folgende Ziele enthalten:
Flexibilität/Vielfalt der darstellbaren Übersichten
Intuitive bzw. selbsterklärende Benutzeroberfläche
Multibenutzerfähigkeit mit Zugriffsbeschränkungen
Arbeitsplatzunabhängigkeit
Integriertes nachtragsbezogenes Dokumentenmanagement
Abrufbare Arbeitshilfen und Checklisten
Modularer Aufbau mit Integrationsoptionen in bestehende Systeme
Zukunftsfähiges, erweiterbares Entwicklungskonzept
159
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung Die Abwicklung von Bauvorhaben ist mittlerweile fast regelmäßig mit erheblichen Meinungsverschiedenheiten und kontroversen Auseinandersetzungen der Bauvertragsparteien verbunden, die oftmals in langwierige und kostenintensive Gerichtsverfahren münden. In kaum einem anderen Rechtsgebiet wird so viel prozessiert wie im privaten Baurecht. Ein Drittel aller Zivilprozesse sind Bauprozesse, in den neuen Bundesländern sogar die Hälfte. Andererseits ist das Prozessieren in keinem anderen Rechtsgebiet so ineffizient und unökonomisch wie im Baurecht.295 Gerade bei Bauvorhaben, insbesondere bei laufenden Baustellen, ist Zeit und Schnelligkeit ein besonders wichtiger geldwerter Faktor. Allerdings dauern selbst erstinstanzliche Entscheidungen oft Jahre, manchmal Jahrzehnte.296 Daran schließt sich bei entsprechender wirtschaftlicher Bedeutung vielfach ein langwieriger Instanzenzug an.297 Die Klärung technisch komplizierter Sachverhalte erfordert zudem häufig die Einschaltung von mehreren Gutachtern und Sachverständigen. Bauprozesse sind dementsprechend kostenintensiv und beanspruchen hohe Transaktionskosten zur Information von Anwälten, Sachverständigen und Gerichten. Der Gang vor staatliche Gerichte mündet nach mehreren Jahren oftmals in einem Vergleich, der die Parteien in Anbetracht der Dauer und der bis dahin aufgewendeten Ressourcen nicht mehr zufrieden stellen kann.298 Der Kläger ist hierbei gezwungen, ein erhebliches finanzielles Risiko bei ungewissem Ausgang des Verfahrens und damit einhergehender Rechtsunsicherheit einzugehen. Eine außergerichtliche Streitbeilegung mit Hilfe alternativer Konfliktlösungsverfahren ist für die Vertragspartner aus ökonomischer Sicht, allein schon aus Gründen der Senkung des eigenen wirtschaftlichen Risikos und einer zügigen Beilegung der Streitigkeiten, vorteilhaft. Bereits bei Vertragsabschluss sollten sich die Vertragspartner Gedanken darüber machen, wie aufkommende Streitfälle gelöst werden können. Dazu gehört, die Möglichkeiten der Streitvermeidung weitestgehend auszuschöpfen, Regelungen für eine sinnvolle Streitschlichtung zu vereinbaren sowie Vorsorge für eine eventuell erforderliche Streitentscheidung bei unüberwindbaren Meinungsverschiedenheiten zu treffen und entsprechende Reglungen in den Vertrag aufzunehmen.299 Dies ist zweckmäßig
295
Vgl. Kraus, in: Jahrbuch Baurecht 1998, S. 138
296
Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-81
297
Vgl. Reinelt, in: Baurecht und Baupraxis (BrBp) 4/2003, S. 133
298
Vgl. Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2004, S. 20
299
Vgl. Vygen, 2007, S. 229 ff.
160
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, bei dem die Kooperation noch das Handeln der Vertragspartner bestimmt. Der besonderen Bedeutung von vertraglichen Vereinbarungen zur Streitbeilegung wurde im Rahmen der Neufassung der VOB 2006 mit Einfügung des § 18 Nr. 3 VOB/B Rechnung getragen.300 Es handelt sich dabei um eine Empfehlung des DVA als Herausgeber der VOB/B ohne rechtliche Bindungswirkung. Mit Einfügung der Regelung wird die Möglichkeit eines außergerichtlichen Verfahrens zur Streitbeilegung anerkannte Regel der Technik.301 Dass im Baubereich besonders viel prozessiert wird, liegt nicht unbedingt daran, dass die „Leute am Bau“ in besonderem Maße streitsüchtig wären, sondern vielmehr in der Eigenart des Bauens selbst. Das Baugeschehen ist in technischer, baubetrieblicher und rechtlicher Hinsicht vielschichtig und komplex. Kaum ein Bauprojekt wird letztlich so ausgeführt wie es ursprünglich geplant wurde. Zusätzliche Leistungen, Leistungsänderungen und Bauablaufstörungen führen zu Nachtragsforderungen des Auftragnehmers. Der Auftraggeber, dessen Finanzierung auf die ursprüngliche Planung abgestellt war, muss ggf. nachfinanzieren und wird versuchen, Nachtragsforderungen weitestgehend abzuwehren. Die Forderungen des Auftragnehmers sind teilweise stark überhöht, um ein unter harten Wettbewerbsbedingungen nahezu unauskömmlich kalkuliertes Angebot nachträglich aufzubessern und erwarteten Kürzungen der Forderungssumme durch den Auftraggeber vorzubeugen. Hinzu kommen bei Bauvorhaben regelmäßig unvorhergesehene technische Schwierigkeiten, wie z. B. Baugrundprobleme, Schnittstellenprobleme zwischen den Gewerken und Behinderungen, die das Konfliktpotenzial bei Bauprojekten erhöhen. Neben den Kosten für Anwälte und Sachverständige wird eigenes Personal zur Prozessbegleitung gebunden, das für die eigentliche Baustellentätigkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Da auch langwierige Gerichtsverfahren häufig für beide Vertragsparteien zu unbefriedigenden Resultaten führen, werden nachfolgend Möglichkeiten der Nachtragsprophylaxe sowie alternative Formen und Verfahren zur Konfliktvermeidung und Streitbeilegung vorgestellt.
8.1 Nachtragsprophylaxe Selbst bei einer im Wesentlichen reibungslos abgewickelten Hochbaumaßnahme muss unabhängig von der jeweiligen Vergabeform mit einem Nachtragsvolumen von ca. 5 % der ursprünglichen Vertragssumme gerechnet werden.302 Nachträge sind also weder unüblich noch zwingend ein Indiz für ungenügende Planung und Bauvorbe300
Wortlaut des § 18 Nr. 3 VOB/B: „Daneben kann ein Verfahren zur Streitbeilegung vereinbart werden. Die Vereinbarung sollte mit Vertragsabschluss erfolgen.“
301
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 18 Rdn. 28
302
Vgl. Eschenbruch, Recht der Projektsteuerung, 2. Aufl. 2003, Rdn. 682
8.1 Nachtragsprophylaxe
161
reitung und zumindest bei komplexen Bauvorhaben nahezu unvermeidbar. Meinungsverschiedenheiten über Nachtragssachverhalte sollten im Interesse aller Parteien nach Möglichkeit außergerichtlich beigelegt werden (vgl. hierzu Kapitel 8.3). Das einseitige Änderungsrecht des Auftraggebers gemäß § 1 Nr. 3 VOB/B ist ein probates Mittel, auch nach Beginn der Baumaßnahme sinnvolle Modifikationen des Leistungsumfangs vorzunehmen, z. B. auf Grund besonderer und zum Zeitpunkt der Planung noch unbekannten Mieterforderungen, insbesondere in den Ausbaugewerken. Nachträge sind also, zumindest in einem begrenzten Umfang, als normale Begleiterscheinung von Bauprojekten anzusehen. Ziel der Nachtragsprophylaxe muss jedoch die Minimierung von Nachträgen sein, insbesondere solcher Nachtragsforderungen, die durch sorgfältige und eindeutige Planung und Bauvorbereitung oder aber optimierte Koordination und Kommunikation hätten verhindert werden können. Dies zwingt dazu, das Augenmerk auf eine sorgfältige Definition vertraglicher Anforderungen, die Selbstdisziplin des Auftraggebers und ein sorgfältiges Planungscontrolling zu legen. Unberechtigte Nachtragsforderungen sind durch sorgfältige Prüfung und schlüssige Argumentation zu widerlegen. Auftragnehmer sollten ihren Prüf- und Hinweispflichten nachkommen, Ausführungsunklarheiten und Bedenken frühzeitig äußern und in Kooperation mit dem Auftraggeber auflösen.
60%
60,0 %
50%
40%
30%
26,4 %
20% 11,3 % 10% 2,3 % 0% Änderungswünsche des AG
Mangelhafte Leistungsbeschreibung
Behördliche und techn. Auflagen
Verletzung von Mitwirkungspflichten
Abbildung 8-1 Gliederung des Nachtragsvolumens nach Ursachen303
303
Vgl. Eschenbruch, Seminardokumentation, 2002, S. 143
162
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
Komponenten der Nachtragsprophylaxe sind: 1. Geeignete Auswahl der Projektbeteiligten Grundvoraussetzung für eine optimierte Projektabwicklung ist die Auswahl eines leistungsfähigen Projektteams. Daher muss der Auftraggeber für die Einschaltung einer fachkundigen, erfahrenen, leistungsfähigen und zuverlässigen Projektleitung und Projektsteuerung Sorge tragen. Gleiches gilt für die Beauftragung von Architekten, Planern und Sonderfachleuten, bei denen zusätzliches Augenmerk auf die Verfügbarkeit ausreichender Kapazitäten gelegt werden muss. Besondere Sorgfalt ist ebenfalls bei der Auswahl der bauausführenden Unternehmen geboten. 2. Angemessene Wahl des Unternehmereinsatzes und der Ausschreibungsform Speziell die Wahl bestimmter Unternehmereinsatz- und Ausschreibungsformen beeinflussen das Nachtragswesen. Bei der Wahl einer funktionalen Ausschreibung wird typischerweise das Risiko in Kauf genommen, dass wegen noch nicht zu Ende geführter Planung Streitigkeiten wegen unklaren Bausolls entstehen. Es sollte daher schon bei der Projektinitiierung darauf geachtet werden, dass im Hinblick auf das Änderungs- und Nachtragsmanagement vorteilhafte und den Rahmenbedingungen angemessene, wirtschaftlich vertretbare Unternehmereinsatz- und Ausschreibungsformen vorgesehen werden. 3. Eindeutige und erschöpfende Planung des Leistungsumfangs unter angemessener Berücksichtigung der projektspezifischen Rahmenbedingungen Fehlerhafte und unvollständige Leistungsverzeichnisse und Leistungsbeschreibungen sind die häufigste Ursache für Nachträge. Eine möglichst vollständige, umfassende und abgeschlossene Planung des Bauvorhabens ohne Änderungswünsche nach Vertragsschluss ist daher sicher die wirkungsvollste Methode der Nachtragsvermeidung. Allerdings ist eine gründliche und damit lange Planungsvorlaufzeit bei Bauvorhaben derzeit untypisch. In der Praxis ist es vielmehr üblich, baubegleitend zu planen; auch als „fast-track planning“ bezeichnet. Kurze Realisierungszeiträume bieten dem Auftraggeber mitunter erhebliche wirtschaftliche Vorteile, denen andererseits jedoch die erhöhte und unter Umständen kostenintensive Nachtragsanfälligkeit entgegengehalten werden muss. Trotzdem ist der Auftraggeber zu folgenden Maßnahmen angehalten:
präzise Bestimmung des Bausolls durch Leistungsbeschreibung, Ausschreibungspläne, Muster
sorgfältige Leistungs- bzw. Schnittstellenabgrenzung zu den Leistungen anderer Unternehmer und Planer
8.1 Nachtragsprophylaxe
möglichst vollständige Übergabe geprüfter und vom Auftragnehmer bei der Bildung seines Angebotspreises berücksichtigter Ausführungspläne vor Vertragsunterzeichnung
Vermeidung unklarer und widersprüchlicher Vertragsformulierungen
sorgfältige Überprüfung der Ausführungspläne vor Übergabe an den Auftragnehmer
163
4. Klare Leistungsabgrenzung und Schnittstellendefinition Um Missverständnissen vorzubeugen und den Interpretationsspielraum einzugrenzen, ist bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass die einzelnen Leistungsbereiche, Funktionen und Risikoverteilungen erfasst und abgegrenzt werden und eine sachgerechte Schnittstellenregelung erfolgt.304 Dies beinhaltet die klare Definition der übertragenen Leistungen, die nachvollziehbare Beschreibung abzuarbeitender Projektprozesse sowie die Abgrenzung von Leistungs- und Zuständigkeitsbereichen der einzelnen Projektbeteiligten. Eine klare und eindeutige Schnittstellenregelung ist insbesondere bei Übernahme von Planungsleistungen durch den Auftragnehmer vorzunehmen. 5. Ausschalten möglicher Projektrisiken Zu den Aufgaben des Auftraggebers im Rahmen der Nachtragsprophylaxe zählt zudem die weitestgehende Ausschaltung möglicher Projektrisiken. Hierzu gehören u. a. die Sicherung der Finanzierung für das Auftragsbudget, umfassende Baugrunduntersuchungen vor Baubeginn, die Sicherstellung infrastruktureller Voraussetzungen (Wasser, Abwasser, Strom, Telekommunikation, Zufahrtswege, Parkplätze etc.), die rechtzeitige Beibringung der baurechtlichen Genehmigungen sowie die Grundstückssicherung im rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Sinn.305 6. Vereinbarung kooperativer Vertragsformen Seit geraumer Zeit werden auch auf dem deutschen Markt neue Vertragsformen wie der GMP-Vertrag (vgl. auch Kapitel 3.2.4) eingeführt und bereits vereinzelt eingesetzt. Insgesamt betrachtet ist der Erfolg jedoch noch nicht überzeugend. Die geforderte Art der Offenlegung und Kooperation ist allerdings für die am Bau Beteiligten noch recht ungewohnt, so dass hier unter Umständen erhebliches Entwicklungspotenzial besteht. 7. Eindeutige Vertragsregelungen in Bezug auf Nachträge Schon in den Bauvertragsunterlagen kann Vorsorge in Bezug auf Nachtragsstreitigkeiten getroffen werden. Hier sind eindeutige, widerspruchsfreie und angemessene 304
Vgl. Kapellmann, Schlüsselfertiges Bauen, 2. Aufl. 2004, Rdn. 195 f.
305
Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-82
164
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
Vertragsregelungen zur Handhabung von Nachtragssachverhalten vorzusehen, die insbesondere im Fall von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden sollten, um sicherzustellen, dass die vereinbarten Regelungen im Ernstfall auch tatsächlich greifen.306 Vertragsregelungen zur Vermeidung oder Verminderung von Nachträgen können formal oder materiell anknüpfen. Formale Regelungen sehen vor, dass der Nachtrag einer bestimmten Form unterworfen wird, ein bestimmter Verfahrensablauf bei der Nachtragsstellung eingehalten werden muss oder für die Beilegung von Streitigkeiten Schiedsgutachter oder Schiedsverfahren vorgesehen werden. Eine materielle Anknüpfung liegt vor, wenn bereits bei Vertragsschluss bestimmte Risiken auf den Auftragnehmer überwälzt werden. Diese Risikoüberwälzungen können sich auf Massen, Qualitäten oder externe Einflüsse beziehen.307 Knebelverträge mit erheblicher Benachteiligung des Auftragnehmers führen jedoch in aller Regel nicht zu der gewünschten Kosten- und Terminsicherheit, sondern verschärfen oftmals das Konfliktpotenzial und belasten das Vertragsverhältnis von Beginn an. Folge ist eine „juristische Aufrüstung“ der jeweiligen Gegenseite zur Aufrechterhaltung und Wahrung von Rechtspositionen, ungeachtet der Notwendigkeiten des Projekts. 308 8. Vorbereitung der Nachtragsabwehr bzw. Nachtragsdurchsetzung Der Auftraggeber oder seine bevollmächtigten Vertreter sollten stets auf den Eingang von Behinderungsanzeigen oder Nachtragsforderungen vorbereitet sein. Dazu gehört die prospektive Vorsorge durch ein einwandfreies Vertragsmanagement, die zeitnahe Auswertung des Schriftverkehrs und der Protokolle sowie die Verfolgung des Baufortschritts anhand der aktualisierten Terminplanung und eines in regelmäßigen Zeitabschnitten durchgeführten Soll-Ist-Vergleichs. Des Weiteren sollte die Beschaffung der vollständigen erforderlichen Unterlagen zur Beurteilung einer Nachtragsforderung kurzfristig möglich oder bereits erledigt sein. Nur wenn die Auftraggeberseite während der Baumaßnahme immer „auf Ballhöhe“ ist, kann auf Bauablaufstörungen und Nachtragsforderungen sachkundig, angemessen und vor allem schnell und ökonomisch reagiert werden. Gleiches gilt für den Auftragnehmer, der insbesondere seinen Dokumentationspflichten in sorgfältiger Weise nachkommen sollte, um zu einem späteren Zeitpunkt auch umstrittene Forderungen aussagekräftig belegen zu können. Gerade an der mangelnden Nachweisbarkeit von Anordnungen des Auftraggebers oder dem Vorliegen von Behinderungstatbeständen 306
Häufig wird mit sog. Vollständigkeitsklauseln versucht, das Risiko der Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung auf den Auftragnehmer zu übertragen. Die Rechtsprechung hält derartige Allgemeine Geschäftsbedingungen zum überwiegenden Teil für unzulässig, da sie zumeist gegen das Äquivalenzprinzip verstoßen und das Planungsrisiko unzulässig auf den Auftragnehmer verlagern (vgl. z. B. BGH „ECE-Bedingungen“ BauR 1997, 1036).
307
Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 18
308
Vgl. Eschenbruch, „Bei Großprojekten ist alles anders“, BauR 2004, 8
8.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung
165
scheitern Nachtragsforderungen in der Praxis immer wieder. Auftragnehmerseitig ist das Projekt so zu organisieren und strukturieren, dass potenzielle Nachträge schnell erkannt, sachgerecht bewertet, nachvollziehbar dargelegt und zeitnah vorgetragen werden können. 9. Schulung der Mitarbeiter Grundvoraussetzung einer kompetenten Beurteilung von Nachtragssachverhalten auf Auftragnehmer- und Auftraggeberseite sind umfassende Kenntnisse sowohl baurechtlicher als auch baubetrieblicher Grundlagen. Es ist daher erforderlich, das nötige Fachwissen der damit befassten Mitarbeiter ggf. durch regelmäßig durchgeführte Schulungen und Seminare sicherzustellen und sie mit den unternehmensinternen Strukturen und Regelabläufen im Umgang mit Nachträgen vertraut zu machen.
8.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung In Deutschland existieren bereits eine Reihe verschiedener Konfliktlösungsinstrumente, die alternativ zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren herangezogen werden können. Hierzu zählen:309
Schiedsgerichtsverfahren
Schiedsgutachtenverfahren
Schlichtung
Mediation
Es steht also bereits eine Anzahl alternativer Konfliktlösungsinstrumente zur Verfügung, die allerdings nicht wesentlich zu einer Abminderung der gerichtlich ausgetragenen Baustreitigkeiten geführt haben. Nachteilig ist auch hier die langwierige Prozessdauer und die damit verbundenen Kosten, ein beeinträchtigtes Kommunikationsklima und der oftmals gehemmte Projektfortschritt. Nachteilig ist zudem, dass häufig erst beim Eintritt des Streitfalls externe Sachverständige mit der Konfliktlösung betraut werden und zunächst erheblicher Einarbeitungsbedarf besteht. Dies widerspricht jedoch einer zeitnahen Konfliktbeseitigung mit schnellen und wirtschaftlichen Lösungen im Sinne eines optimierten Projektfortschrittes.
8.2.1 Verfahren vor staatlichen Gerichten Die am Bau Beteiligten versuchen regelmäßig, auftretende Konflikte zunächst durch außergerichtliche Verhandlungen (Negotiation) zu lösen. In Bezug auf eine eventuelle
309
In Anlehnung an Haghsheno/Kilian, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 344 und Hertel, in: Fluchner u. a., 2003, S. 163 ff.
166
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
Änderung der vertraglich vorgesehenen Leistung hat der BGH nochmals bekräftigt, dass die Parteien bei Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit einer Anpassung grundsätzlich gehalten sind, im Wege der Verhandlung eine Klärung über eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen.310 Scheitern die Verhandlungen, werden in der Bauwirtschaft noch relativ selten alternative Konfliktbewältigungsverfahren herangezogen und stattdessen direkt der Gerichtsweg beschritten. Trotz der Möglichkeit eines Prozessvergleichs ist der Zivilprozess ein kontradiktorisches Verfahren, das unter Darstellung der widersprechenden Interessen auf eine bindende Entscheidung zielt.311 Der endgültigen Durchsetzung berechtigter Ansprüche dient das Hauptsacheverfahren (Klageverfahren). Andere gerichtliche Verfahren beinhalten die Klärung einzelner Tatsachen (selbständiges Beweisverfahren) oder die Sicherung der Ansprüche (einstweiliger Rechtsschutz). Ein Klageverfahren ist zu empfehlen, wenn außergerichtliche Verhandlungen nicht möglich oder gescheitert sind und eine rechtskräftige Entscheidung erzwungen werden soll, aus der vollstreckt werden kann.312 Ein selbständiges Beweisverfahren kann ein geeignetes Konfliktlösungsverfahren sein, wenn eine Einigung außergerichtlich nicht erzielt werden kann und die Gefahr besteht, dass eine Veränderung des Zustandes der Sache bevorsteht, die dazu führt, dass diese Veränderung später nicht mehr oder nur sehr schwer feststellbar ist. Der mögliche Instanzenzug wird in der überwiegenden Zahl der Bauprozesse vor staatlichen Gerichten ausgeschöpft. Das bedeutet, dass schon bei geringeren Streitwerten von über 20.000 Euro meist drei Instanzen die Regel sind, oftmals sogar mehr. Über die Dauer und Kosten eines solchen Prozessen und dem damit verbundnen Aufwand für die Vertragsparteien lassen sich im Vorfeld keine verlässlichen Aussagen treffen. Ein Rechtsstreit ist nach Dauer, Kosten und meist auch nach seinem Ausgang unkalkulierbar.313
8.2.2 Schiedsgerichtsverfahren (Arbitration) Die Vertragspartner können auch vereinbaren, dass alle Streitigkeiten zwischen ihnen der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden. Dadurch entziehen sie sich der staatlichen Gerichtsbarkeit, da das Schiedsgericht an Stelle des staatlichen Gerichts den Rechtsstreit entscheidet. Es wird zwischen ständigen und Ad-hoc-Schiedsgerichten unterschieden. Für nationale Bauvorhaben sind folgende Schiedsgerichtsordnungen von Bedeutung:314
310
Vgl. BGH BauR 2000, 409 f.
311
Vgl. Eberl/Friedrich, „Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht“, BauR 2002, 251
312
Vgl. Hertel, in: Fluchner u. a. (Hrsg.), 2003, S. 169
313
Vgl. Vygen, 2007, S. 229
314
Vgl. Hertel, in: Fluchner u. a. (Hrsg.), 2003, S. 177
8.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung
Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen einschließlich Anlagenbau (SGO Bau315)
Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SSOBau316)
Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS)
167
Schiedsgerichtsverfahren eignen sich vorwiegend für größere Bauvorhaben und komplexere Konflikte und ermöglichen die Herbeiführung rechtskräftiger Entscheidungen, aus denen heraus vollstreckt werden kann.317 Baustreitigkeiten werden auch in Deutschland immer öfter im Wege eines Schiedsgerichtsverfahrens beigelegt. In den Niederlanden werden inzwischen weit über 50 % aller Baurechtsstreitigkeiten im Wege eines Schiedsgerichtsverfahrens entschieden und beendet.318 Für internationale Bauvorhaben sehen die FIDIC319-Standardvertragsbedingungen vor, dass Streitfälle zunächst dem Dispute Adjudication Board (vgl. hierzu Kapitel 8.3.2) zur Entscheidungsfindung vorgelegt werden. Ist eine der Parteien mit der Entscheidung nicht einverstanden, kann ein Schiedsgerichtsverfahren eingeleitet werden. Die FIDIC-Standardvertragsbedingungen verweisen hinsichtlich der Durchführung des Schiedsgerichtsverfahrens auf die Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC), Paris. Beim internationalen Gerichtshof der ICC handelt es sich wie bei der DIS um ein institutionelles Schiedsgericht. Das Schiedsgerichtsverfahren endet mit einem Schiedsspruch, bei vorzeitigem Vergleich beider Parteien während des schiedsrichterlichen Verfahrens wird der Vergleich mit vereinbartem Wortlaut festgehalten. Der Schiedsspruch hat nach § 1055 ZPO die Wirkung eines rechtskräftigen Schiedsspruchs. Der Vorteil der Vertragspartner eines Schiedsgerichtsverfahrens gegenüber einem Verfahren staatlicher Gerichte liegt in der Tatsache, dass die Parteien die Zusammensetzung des Schiedsgerichts selbst auswählen können und damit die Möglichkeit besteht, dass sich sowohl baurechtlich als auch technisch versierte und ggf. spezialisierte Schiedsrichter mit dem Streitfall befassen.
315
Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen einschließlich Anlagenbau, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e. V. und dem Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein e. V.
316
Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft für privates Bau- und Architektenrecht im Deutschen Anwaltverein
317
Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2002, S. 21
318
Ax/Schneider, 2004, S. 16
319
Fédération Internationale des Ingénieurs-Conseils
168
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
8.2.3 Schiedsgutachtenverfahren Mit einem Schiedsgutachten können die Bauvertragspartner einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses verbindlich feststellen lassen. Dies beruht auf der Regelung des § 317 Abs. 1 BGB, wonach die Bestimmung einer Leistung einem Dritten überlassen werden kann. Wie weit die Aufgabe bzw. Befugnis des hierfür beauftragten Dritten reicht, hängt vom Inhalt der Schiedsgutachtenvereinbarung ab. Da das Schiedsgutachten lediglich eine kognitive Feststellung und keine rechtsgestaltende Bestimmung enthält, ist es für die Vertragsparteien grundsätzlich bindend.320 Schiedsgutachtenverfahren sind in erster Linie dafür geeignet, Streitigkeiten über Tatsachen, wie z. B. Mängel oder Nachtragsforderungen der Höhe nach, beizulegen. Konflikte über Nachtragsforderungen dem Grunde nach können durch ein Schiedsgutachtenverfahren i. d. R. nicht gelöst werden.321 Ein Schiedsgutachten bewirkt außerdem, dass die vom Schiedsgutachter beantworteten Fragen auch bei einem späteren Prozess für den Richter bereits verbindlich festgestellt sind.322 Eine Schiedsgutachtenvereinbarung im Bauvertrag hindert zunächst die Erhebung einer Klage vor dem staatlichen Zivilgericht oder auch dem vereinbarten Schiedsgericht, da die Klage vor Einholung des Schiedsgutachtens als zur Zeit unbegründet zurückgewiesen werden würde.323 Einem Schiedsgutachter können Feststellungen zu folgenden Aufgaben übertragen werden:324
Feststellung von Baumängeln und Bauschäden einschließlich der Verursacherfrage (Planungs-, Ausführungs- oder Überwachungsfehler)
Feststellung der erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen
Feststellung der bis zu einem Stichtag vom Auftragnehmer erbrachten Leistungen und deren Bewertung
Feststellung ausstehender Restarbeiten und deren Bewertung
Feststellung der anrechenbaren Kosten gemäß § 10 Abs. 2 HOAI
Bei strittigen Tatsachen kann ein Schiedsgutachten eine schnelle Streiterledigung herbeiführen. Nicht selten liegen aber komplexe Konflikte vor, bei denen Tatsachen- und Rechtsfragen miteinander verknüpft sind. In solchen Fällen kann der Konflikt in der Regel nicht durch ein Schiedsgutachten beigelegt werden, da dieses nicht auf eine umfassende Konfliktlösung ausgerichtet ist.325
320
Vgl. Eberl/Friedrich, „Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht“, BauR 2002, 254
321
Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2002, S. 21
322
Vgl. Ax/Schneider, 2004, S. 74
323
Vgl. Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 542
324
Vgl. Vygen, 2007, S. 235 f.
325
Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 315
8.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung
169
8.2.4 Schlichtung Ziel einer Schlichtung ist die gütliche Einigung unter Anleitung des Schlichters als neutralem Dritten. Kommt eine solche konsensuale Einigung im Laufe des Schlichtungsverfahrens nicht zustande, unterbreitet der Schlichter den Parteien einen Schlichtungsvorschlag, auch Schlichtungsspruch genannt. Dieser Schlichtungsvorschlag ist jedoch im Gegensatz zum Schiedsspruch eines Schiedsgerichtsverfahrens nicht bindend und bedarf der Annahme durch die Parteien. Die Durchführung einer Schlichtung setzt entsprechende Schlichtungsvereinbarungen voraus. Eine Abgrenzung zwischen Schlichtung und Mediation ist nur schwer möglich, da die Zielsetzungen ähnlich sind und es weder allgemein gültige Verfahrensstrukturen für die Mediation noch für die Schlichtung gibt und zudem die Begriffe nicht einheitlich verwendet werden. Ein wesentliches Merkmal der Mediation ist jedoch, dass den Vertragspartnern eine aktivere Rolle zukommt als dies bei Schlichtungsverfahren üblich ist.326 Gebräuchliche Schlichtungsordnungen und Schlichtungseinrichtungen sind:
Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SSOBau)
die obligatorische Schlichtung nach § 15a EGZPO327
Bauschlichtungsstellen der Berufskammern der Architekten und Ingenieure
die Schlichtung vor den Handwerkskammern nach § 91 Abs. 1 Nr. 11 der Handwerksordnung
8.2.5 Anrufungsverfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B Durch § 18 Nr. 2 VOB/B wird dem Auftragnehmer bei Bauvorhaben mit öffentlichen Auftraggebern nahe gelegt, zunächst einen behördeninternen Weg zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten zu beschreiten. Dazu ist die der auftraggebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle anzurufen, damit der Versuch unternommen werden kann, eine bislang noch nicht streitbefangene – jedoch nicht unparteiliche Person – zur Vorlage eines Lösungsvorschlages einzuschalten (Abhilfeverfahren). Die dem Auftraggeber vorgesetzte Stelle soll dem Auftragnehmer die Möglichkeit zur mündlichen Aussprache geben und ihm möglichst innerhalb von zwei Monaten nach Anrufung schriftlichen Bescheid geben. Die Entscheidung gilt als anerkannt, sofern der Auftragnehmer nicht innerhalb von spätestens drei Monaten nach Eingang des Bescheides schriftlich Einspruch erhebt und der Auftraggeber ihn auf diese Ausschlussfrist hingewiesen hat. Besondere Formvorschriften für die Durchführung des Abhilfeverfahrens stellt die VOB/B nicht. Durch den erst im Rahmen der Novellierung der
326
Vgl. Hertel, in: Fluchner u. a. (Hrsg.), 2003, S. 184
327
Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung
170
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
VOB/B 2002 eingefügten Abs. 2 wird klargestellt, dass während des Schlichtungsverfahrens die Verjährung gehemmt ist.328 Auch wenn das Verfahren in der Literatur grundsätzlich angeraten wird, ist die Bedeutung des Anrufungsverfahrens in der Praxis doch gering. Dies liegt zum einen an der Tatsache, dass der Auftragnehmer grundsätzlich bezweifeln wird, ob eine vorgesetzte Stelle nicht dazu tendiert, die Auffassung der nachgeordneten Stelle zu teilen. Hinzu kommt, dass für die Einhaltung der Zweimonatsfrist, in der die übergeordnete Stelle dem Auftragnehmer einen Bescheid zukommen lassen soll, kein Rechtsanspruch besteht, da es sich um eine Sollvorschrift handelt und die Dauer des Verfahrens damit nicht bindend geregelt und für den Auftragnehmer nicht absehbar ist.329
8.2.6 Mediation Mediation, die Konfliktbeilegung durch Moderation eines nicht entscheidungsfähigen Dritten, ist in den vergangenen Jahren so sehr in den Vordergrund gerückt, dass sie schon zu den herkömmlichen Verfahren der Konfliktbeilegung gezählt werden kann. Im Vordergrund steht die Entwicklung zukunftsfähiger Regelungen statt vergangenheitsorientierter und zeitaufwendiger Lösung von Schuldfrage und Verantwortlichkeiten. Das Verfahren der Mediation hat allerdings nur dann Erfolg, wenn die Konfliktparteien in der Lage sind, freiwillig, eigenverantwortlich und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Der Mediator übernimmt hierbei die Rolle eines Vermittlers und Verhandlungshelfers, der die Parteien zu einer selbständigen Streitschlichtung führen soll. Zielsetzung des Mediationsverfahrens ist es, aufbauend auf guten Beziehungen der Vertragspartner, in fairen Verhandlungen einen sachlichen und nach Möglichkeit für alle Parteien möglichst vorteilhaften („win-win“-Situation), zumindest aber akzeptablen, Konsens zu finden.330 In China werden jährlich 7 bis 8 Millionen Konfliktfälle durch Mediatoren vermittelt und zu 90 % erfolgreich abgeschlossen. Diese Kooperationsbereitschaft in Streitfragen ist u. a. dadurch zu begründen, dass dort höher bewertet wird, einen Kompromiss zu erzielen, als sein persönliches Recht durchzusetzen.331 Häufig vereinbaren die Parteien bereits im Rahmen des Bauvertrags, dass beim Auftreten von Konflikten einvernehmlich mit Mediationsverfahren eine Lösung gesucht werden soll. Meist werden die Mediatoren vorab benannt. Bei diesem Modell der Mediation können die Konflikte bereits auf einer niederen Eskalationsstufe angegan-
328
Vgl. Herig, 2004, § 18 VOB/B Rdn. 7
329
Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 18 VOB/B Rdn. 20 f.
330
Vgl. FAZ „Mediatoren setzen auf Konsens statt auf Kompromiss“, 03.01.2004, S. 47; Oberndorfer, 2002, S. 172 f.
331
Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 329 ff.
8.3 Neue Formen des Streitmanagements
171
gen werden und sind daher oft einfacher zu klären.332 In der Fachliteratur wird jedoch die Anwendbarkeit der Mediation in Bausachen mitunter bezweifelt, da das Verfahren ohne bestimmenden Einfluss von außen auf die Kooperations- und Kompromissbereitschaft der Vertragspartner angewiesen ist.333 Gerade in einer derzeitig angespannten wirtschaftlichen Lage ist aber der Kostendruck auf die Vertragsparteien groß und das Verhältnis oftmals durch gegenseitiges Misstrauen geprägt.
8.3 Neue Formen des Streitmanagements Viel zu häufig werden Gerichtsprozesse und Schiedsverfahren in einem wirtschaftlich nicht mehr zu vertretenden Umfang aufgebläht, weil es im Vorfeld – d. h. zum Zeitpunkt des Entstehens der Streitigkeit – versäumt wurde, rechtzeitig die Weichen für eine effiziente Streitführung bzw. Streitbeilegung zu stellen.334 Bauprozesse vor staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten sind meist komplex, teuer und zeitaufwendig. Nicht selten stehen sie außer Relation zum Streitwert und immer wieder kommt es vor, dass eine Partei den Ausgang des Rechtsstreits gar nicht mehr erlebt, weil sie etwa Verzögerungen in der Projektrealisierung oder bei den Zahlungen wirtschaftlich nicht verkraftet. Eine der größten Schwierigkeiten in Bauprozessen besteht regelmäßig darin, vor Gericht die tatsächlichen Gegebenheiten zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Ereignisses zu rekonstruieren. Zur Veranschaulichung sei folgender Fall aufgeführt:335 Im Mai 1970 beauftragt ein öffentlicher Auftraggeber eine ARGE mit dem Rohbau eines Sanatoriums in Bad B. Es kommt infolge verzögerter Planbeistellungen zu Störungen des Bauablaufs. Hieraus macht die ARGE Mehrkosten geltend. Die Rohbauarbeiten werden Ende 1971 abgeschlossen. Im Dezember 1975 reicht die ARGE Klage ein, die im Mai 1976 vom Landgericht abgewiesen wird. Nach Beauftragung eines baubetrieblichen Sachverständigen zur Ausarbeitung eines Gutachtens geht die ARGE in Berufung. 1979 beauftragt das Kammergericht als Berufungsinstanz seinerseits einen Gerichtsgutachter. Dieser liefert erst vier Jahre später, also im Jahr 1983, sein Gutachten ab. Im September 1984 ergeht das Urteil des Kammergerichts zu Gunsten der ARGE.336 Daraufhin geht der öffentliche Auftraggeber in Revision. Im Februar 1986 hebt der BGH das Urteil auf und verweist die Sache zurück an das Kammergericht. Dieses beauftragt darauf 1988 zwei neue Sachverständige mit der Erstellung eines Gemeinschaftsgutachtens, das im Juni 1989 vorgelegt wird.
332
Vgl. Fluchner u. a., 2003, S. 6
333
Vgl. Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 528 m. w. N.
334
Vgl. hierzu Schramke, in: NZBau 8/2002, S. 409
335
Vgl. Wanninger, 2003, S. 70
336
Im Übrigen eine bedeutsame Entscheidung hinsichtlich der sog. „Äquivalenzkostentheorie“.
172
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
Das abschließende Urteil ergeht im Mai 1990, genau einen Tag bevor sich die Auftragserteilung für das streitbehaftete Objekt zum zwanzigsten Mal jährt. Die Schilderung dieses Falls soll weder die Arbeit von Anwälten, Gerichten oder Sachverständigen diskreditieren, sondern vor Augen führen, dass die staatliche Gerichtsbarkeit mit allen dazugehörigen Fristen und Formalien sowie der hohen Auslastung der Gerichte für eine überwiegende Zahl der Baustreitigkeiten, zumindest bei laufenden Bauvorhaben, auf Grund der Langwierigkeit des Prozesses unpraktikabel und unökonomisch ist. Erklärtes Ziel der nachfolgend vorgestellten Lösungsansätze ist es daher, einzelne rechtliche Streitigkeiten, die im Rahmen einer Vertragsbeziehung entstehen, zeitnah und effizient beizulegen, anstatt zu warten, bis sie kumulieren und in ihrer Gesamtheit auch ein für Bausachverständige nahezu unüberschaubares Ausmaß erreichen. Letztlich geht es darum, gerichtliche Auseinandersetzungen weitgehend zu vermeiden oder zumindest zügig eine vorläufige Regelung zu finden, die notfalls zu einem späteren Zeitpunkt von einem ordentlichen Gericht oder Schiedsgericht überprüft werden kann.
8.3.1 Dispute Review Board Die Idee der Dispute Review Boards (DRB) stammt aus den USA und wurde dort erstmals 1975 beim Bau des Eisenhower-Tunnels in Colorado eingesetzt.337 Die Erkenntnis, dass aufkommende Streitigkeiten in einem Bauprojekt am besten und effizientesten vor Ort, zeitnah und von Personen, die weitestgehend mit dem Projekt vertraut sind, beigelegt oder entschieden werden können, hat dazu geführt, dass mittlerweile ein beachtlicher Teil der Bauverträge komplexer Bauvorhaben die Einrichtung eines Gremiums vorsehen, das die Baustelle in regelmäßigen Abständen besucht und sich auf diese Weise ständig ein authentisches Bild vom jeweiligen Stand und Fortschritt der Arbeiten machen kann.338 Das üblicherweise bereits im Zuge des Bauvertrags vereinbarte Dispute Review Board besteht zumeist aus drei Mitgliedern, wobei jede Partei jeweils ein Mitglied bestellt und diese gemeinsam einen Vorsitzenden benennen. Das Vertrauen in die Objektivität und Unabhängigkeit der Boardmitglieder ist dabei Grundvoraussetzung dieser Methode.339 Die Anzahl der Boardmitglieder ist flexibel, so dass es zweckmäßig sein kann, in Abhängigkeit der Größe und Komplexität des Bauvorhabens, ein ganzes Panel mit Experten unterschiedlicher Fachbereiche zu bestellen, aus dem im Streitfall ein geeignetes Board zusammengestellt wird, je nach Art des Streitgegenstandes und gefragter Expertise. So wurde beispielsweise beim Bau des Flughafens in Hongkong
337
Vgl. Oberndorfer, 2003, S. 170
338
Vgl. hierzu Schramke, in: NZBau 8/2002, S. 409; Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2004, S. 22
339
Vgl. Rubin/Fairweather/Guy, 1999, S. 258
8.3 Neue Formen des Streitmanagements
173
verfahren.340 Durch die frühzeitige Einrichtung eines solchen Gremiums sind die Mitglieder im Streitfall bereits mit den Gegebenheiten und Entwicklungen, die zum Streit geführt haben, vertraut und deshalb in der Lage, schnelle und den tatsächlichen Umständen Rechnung tragende Vorschläge zur Konfliktlösung zu unterbreiten. Bei Großprojekten sind regelmäßige Treffen der Boardmitglieder auf der Baustelle zweckmäßig, damit diese im Hinblick auf den Baufortschritt auf dem Laufenden bleiben. Das Verfahren ist weitestgehend formfrei. Auftretende Streitigkeiten, die von den Parteien selbst nicht mehr beizulegen sind, werden dem Board bei einem Baustellentermin vorgetragen und gemeinsam erörtert. Jede Partei erhält die Möglichkeit zur Schilderung ihrer Sicht der Dinge. Das Dispute Review Board hat die Möglichkeit, ergänzende Informationen oder auch die Vorlage von Unterlagen, die für die Aufklärung des Sachverhaltes erforderlich sind, zu verlangen. Ziel des Verfahrens ist es, dass das Board nach vertraulicher Beratung zu einer einstimmigen Empfehlung zur Konfliktbeilegung gelangt und die Arbeiten ohne weitere Verzögerungen fortgeführt werden können, sofern die Parteien den Vorschlag, und sei es auch nur als vorläufige Regelung, akzeptieren. Empfehlungen des Dispute Review Boards sind grundsätzlich nicht bindend. Es liegt also nahe zu vermuten, dass die unterliegende Partei die für sie nachteilige Empfehlung des Boards entweder ignorieren oder gerichtlich klären lassen wird. Erfahrungen aus der Praxis bestätigen diese Vermutung jedoch nicht. Es wird in aller Regel sehr schwierig sein, ein Gericht oder Schiedsgericht davon zu überzeugen, dass die Feststellungen und Empfehlungen eines mit drei oder mehr hochkarätigen Experten besetzten Gremiums nicht sachgerecht seien. Zudem werden Empfehlungen zeitnah zum eigentlichen Konflikt unter Anhörung der Parteien und Kenntnis der Baustelle und Aktenlage getroffen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass alle für die Entscheidung bedeutsamen und relevanten Tatsachen und Argumente in der Entscheidung des Dispute Review Boards berücksichtigt sind. In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle halten sich die Parteien daher an die Empfehlung des Dispute Review Boards ohne den Streit einer abschließenden gerichtlichen Klärung zuzuführen. Erfahrungsgemäß werden etwa 80 % der Schlichtungsempfehlungen von den Vertragspartnern akzeptiert.341 Obwohl Dispute Review Boards durchaus auch bei kleineren Bauvorhaben eingesetzt werden können, wird man das Verfahren angesichts der damit verbundenen Kosten vor allem bei Großprojekten in Erwägung ziehen. Aber auch hier ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob regelmäßige Baustellenbesuche der Boardmitglieder wirtschaftlich vertretbar sind oder die Kosten außer Verhältnis zum Projektumfang oder Streitpotenzial stehen. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, das Dispute Review Board erst im Streitfall zu konstituieren, wobei dadurch die vorgenannten Vorteile der Pro340
Vgl. Schramke, in: NZBau 8/2002, S. 410
341
Vgl. Oberndorfer, 2003, S. 170
174
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
jektvertrautheit, Kenntnissen von technischen und juristischen Details sowie der Konfliktentwicklung entfallen. Die Kosten des Verfahrens werden grundsätzlich zwischen den Bauvertragsparteien geteilt, unabhängig davon, zu wessen Gunsten die Empfehlungen des Dispute Review Boards ausgesprochen werden. Die Kosten für die Einrichtung eines baubegleitenden Dispute Review Boards betragen bei Großbauvorhaben etwa 0,05 % bis 0,5 % der Bausumme.342 Eine Sonderform des Dispute Review Boards ist das Dispute Review Board After Completion (DRBAC) für die Behandlung von Claims, die sich im Verlauf der Baumaßnahme auf Grund ihrer Komplexität noch nicht lösen ließen und daher aufgeschoben wurden.343 Auch hier besteht der Vorteil des Verfahrens darin, dass das Gremium mit dem Projekt und den Problemstellungen bereits vertraut ist und einen schnellen und sachkundigen Schlichtungsvorschlag unterbreiten kann.
8.3.2 Dispute Adjudication Board Das Dispute Adjudication Board (DAB) ist ein bei Vertragsschluss festgelegtes Gremium von Ingenieuren und/oder Juristen, das baubegleitend zumindest vorläufig verbindliche Entscheidungen zu Streitigkeiten zwischen den Parteien trifft, die zu endgültigen Entscheidungen werden können, sofern sie nicht vor einem ordentlichen Gericht oder einem Schiedsgericht durch einen der Vertragspartner angefochten werden.344 Ziel der Einrichtung eines Dispute Adjudication Boards ist es, baubegleitend Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien beizulegen und Schlichtungssprüche zu fällen, die zumindest so lange verbindlich sind, bis die Baustelle abgeschlossen ist. Falls danach noch Uneinigkeiten bestehen, können noch immer ordentliche Gerichte oder Schiedsgerichte mit dem Thema befasst werden. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen jedoch, dass die Akzeptanz der Entscheidungen eines Dispute Adjudication Boards hoch und das Bedürfnis der Parteien, sich zum gleichen Thema noch ein zweites Mal zu streiten, gering ist.345 Die Musterverträge der FIDIC enthalten bereits seit der „Test Edition 1998“ für die Vertragstypen Construction, EPC346 Turnkey Projects und Plant and Design-Build entsprechende Formulierungsvorschläge zur Vereinbarung eines Dispute Adjudication Boards.347 Durch die Aufnahme der Regelungen des Dispute Adjudication Boards in die Allgemeinen Vertragsbedingungen ist dessen Anwendung von der FIDIC als Regelfall vorgesehen. Es bleibt den Vertragspartnern 342
Vgl. Rubin/Fairweather/Guy, 1999, S. 259; Schramke, in: NZBau 8/2002, S. 410
343
Vgl. Oberndorfer, 2003, S. 175
344
Vgl. Hauschka, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 297
345
Vgl. Hauschka, a. a. O.
346
Engineering, Procurement and Construction
347
Auch das ICC (International Chamber of Commerce) hat institutionelle Regeln zur Organisation und Struktur von Dispute Adjudication Boards veröffentlicht, die im September 2004 in Kraft getreten sind.
8.3 Neue Formen des Streitmanagements
175
jedoch unbenommen, durch Individualvereinbarung die Anwendung des Dispute Adjudication Boards auszuschließen. Dispute Adjudication Boards haben sich im Ausland, insbesondere bei der Durchführung von Großprojekten, bewährt und werden überwiegend positiv bewertet. Die Weltbank erachtet es seit 1995 als zweckmäßig, solche Gremien bei internationalen Bauprojekten vertraglich zu vereinbaren. Bei allen von der Weltbank finanzierten Projekten mit einem Gesamtbauvolumen in Höhe von mindestens 50 Millionen USDollar ist der Einsatz eines Dispute Review Boards oder eines Dispute Adjudication Boards zwingend vorgeschrieben.348 In Großbritannien ist seit 1995 bei allen Bauvorhaben die Vereinbarung eines dem Dispute Adjudication Boards vergleichbaren Verfahrens ebenfalls erforderlich.349 Das Dispute Adjudication Board besteht in Abhängigkeit der Größe des Bauprojekts und der zu erwartenden Intensität und Vielfalt der Konflikte aus einer oder drei Personen. Bei einem Gremium aus drei Personen schlägt zunächst jede Partei ein Mitglied vor, dem die jeweils andere Partei ebenfalls zustimmen muss. Die zwei benannten Mitglieder bestellen gemeinsam ein drittes Mitglied, das gleichzeitig den Vorsitz übernimmt.350 Grundsätzlich werden zwei Verfahrensvarianten des Dispute Adjudication Boards unterschieden. Im Rahmen des FIDIC-Vertragswerkes für Ingenieurbauwerke und Gebäude (Conditions of Contract for Constructions, kurz: CONS), auch als das neue Red Book bezeichnet, ist ein ständiges Dispute Adjudication Board vorgesehen. Dieses Gremium begleitet die Baumaßnahme von Beginn an und wird mit sämtlichen Streitigkeiten betraut. Die Mitglieder erhalten den vertragsrelevanten Schriftverkehr regelmäßig zur Kenntnisnahme und sind über die Einzelheiten und aktuellen Entwicklungen des Bauprojekts fortlaufend informiert. Die Baustelle ist zudem regelmäßig, spätestens aber alle 140 Tage zu begehen. Die kontinuierliche Information soll die Dauer der Entscheidungsfindung im Streitfall durch das geringere Maß an notwendiger Einarbeitung erheblich mindern. Im Rahmen der Conditions of Contract for Plant and Design-Build (P&DB)351 sowie den Conditions of Contract for EPC/Turnkey Projects (EPCT)352 ist eine als Ad-hoc Dispute Adjudication Board bezeichnete Variante vorgesehen. Hierbei wird für jeden Streitfall
348
Vgl. hierzu IBR-Interview mit Herrn Dr. Goedel, Leiter der Rechtsabteilung (Ausland) der Hochtief AG, IBR 2000, 298
349
Hauschka, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 297 m. w. N.
350
Vgl. Haghsheno/Kilian, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 325
351
Sog. Orange Book Diese Vertragsbedingungen sind für den Bau elektrischer und mechanischer Anlagen, aber auch für die Planung und Ausführung von Ingenieurbauwerken vorgesehen. Wesentliches Element ist hierbei, dass der AN sowohl weite Teile der Planungsleistung als auch die gesamte Ausführungsplanung zu erbringen hat.
352
Sog. Silver Book Dieser Vertrag findet bei Projekten Anwendung, bei denen der AN die Verantwortung für die gesamte Planungsleistung und die schlüsselfertige Erstellung des Bauwerks übernimmt.
176
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
innerhalb einer Frist von 28 Tagen ein Dispute Adjudication Board eingesetzt, das mit der Entscheidungsfindung beauftragt wird. Das Ad-hoc Dispute Adjudication Board wird nach der Entscheidung wieder aufgelöst, sofern zwischenzeitlich nicht bereits der nächste Streitfall entstanden ist. Selbstverständlich können trotz der Vorgaben der FIDIC-Vertragsmuster individualvertragliche Regelungen über die Einsatzform des Dispute Adjudication Boards vereinbart werden. Der grundlegende Verfahrensablauf der beiden Varianten des Dispute Adjudication Boards ist nachfolgend abgebildet: Vertragsschluss
Streitfall tritt ein
Pflicht zur Erstellung eines DAB
Antrag auf Erstellung eines DAB Einigung auf Mitglieder?
Frist gem. Vertrag
Einigung auf Mitglieder
höchstens 28 Tage
nein ja
Ad-hoc Dispute Adjudication Board
Ständiges Dispute Adjudication Board
Unabhängige Instanz bestimmt Mitglieder Einsetzung des DAB
Streitfall tritt ein Antrag auf Streitlösung an DAB höchstens 84 Tage
Schriftliche Stellungnahme und sonstige Mitwirkung der Parteien Entscheidung des DAB mit Begründung
höchstens 28 Tage
Notice of dissatisfaction? nein
umgehend
ja
Entscheidung ist verbindlich
Gütliche Entscheidung?
Umsetzung der Entscheidung
Umsetzung der Vereinbarung
mind. 56 Tage nein
ja
Einsetzung des DAB Antrag auf Streitlösung an DAB Anzahlung gem. Vereinbarung erfolgt? nein
Unabhängige Instanz bestimmt Mitglieder höchstens 84 Tage
ja
Schriftliche Stellungnahme und sonstige Mitwirkung der Parteien Zahlung der Vergütung an das DAB geleistet? nein
keine Entscheidung
ja
Entscheidung des DAB mit Begründung höchstens 28 Tage
Notice of dissatisfaction? ja
nein umgehend
ja
nein
Unabhängige Instanz bestimmt Mitglieder
Entscheidung ist verbindlich
Gütliche Entscheidung? ja
Umsetzung der Entscheidung
mind. 56 Tage
Umsetzung der Vereinbarung nein
Streitfall gelöst
Streitfall gelöst
Schiedsgericht
Schiedsgericht
Abbildung 8-2 Verfahrensablauf eines Dispute Adjudication Boards
Das Dispute Adjudication Board wird aktiv, sobald eine der Parteien schriftlich einen Streitfall an das Gremium heranträgt. Parallel dazu ist der Vertragspartner ebenfalls hierüber zu informieren. Eine Entscheidung über die im Antrag formulierte Streitfrage ist durch das Dispute Adjudication Board spätestens 84 Tage nach Antragstellung zu treffen. Die im Gegensatz zum Dispute Review Board353 verbindliche Entscheidung, die auch unter Hinzuziehung zusätzlicher Experten und weiterer Befragungen
353
Siehe Kapitel 8.3.2
8.3 Neue Formen des Streitmanagements
177
und Beweisaufnahmen getroffen werden kann, ist durch das Gremium zu begründen. Ist eine der Parteien mit der Entscheidung des Dispute Adjudication Boards nicht einverstanden, hat sie die Möglichkeit, innerhalb von 28 Tagen Einspruch bei der gegnerischen Partei einzulegen (Notice of dissatisfaction), wodurch das Recht gewahrt wird, bezüglich dieses Streitfalles ein ordentliches Gericht oder aber ein Schiedsgericht anzurufen. Legt keine der Parteien innerhalb der Einspruchsfrist Widerspruch ein, ist die Entscheidung des Dispute Adjudication Boards für beide Parteien verbindlich und umgehend umzusetzen. Hat eine der beiden Parteien jedoch Einspruch eingelegt, sind beide Parteien angehalten, innerhalb von 56 Tagen eine Einigung herbeizuführen. Kommt es auch innerhalb dieser Frist nicht zu einer gütlichen Einigung, kann der Streitfall schließlich einem Gericht zugetragen werden. Die vom Dispute Adjudication Board getroffene Entscheidung darf hierbei vor internationalen Schiedsgerichten als Beweis herangezogen werden, die klagende Partei hat also glaubhaft darzulegen, aus welchen Gründen das Urteil des fachkompetent und unabhängig besetzten Dispute Adjudication Boards falsch ist.354 Mit Hilfe dieses Verfahrens können die Parteien in vergleichsweise kurzer Zeit Klarheit über die Berechtigung und Höhe ihrer Ansprüche erlangen. Die vorgegebenen Fristen können auch hier individualvertraglich angepasst werden. Die Vergütung der Mitglieder eines Dispute Adjudication Boards wird von beiden Parteien zu gleichen Teilen getragen und setzt sich aus einer Bereitschaftsgebühr, der sog. Retainer Fee (nur bei ständigen Dispute Adjudication Boards), einer als Daily Fee bezeichneten Tagespauschale und der Kostenerstattung aller Auslagen und Steuern zusammen. Auf Grund der guten Erfahrungen hat beispielsweise die Hochtief AG nach einem ersten Einsatz eines Dispute Adjudication Boards bei einem Staudammprojekt in China das Verfahren bei Folgeprojekten wie z. B. dem Flughafen Athen, einem Staudammprojekt in Letsotho (Südafrika) oder dem Bau einer Schnellbahnstrecke in Taiwan eingesetzt.355
8.3.3 Adjudication in England In England wurde 1998 im Rahmen eines Gesetzes mit der Bezeichnung Housing Grants, Construction and Regeneration Act (HGCRA) 1996 ein Konfliktlösungsverfahren eingeführt, das bei allen Baustreitigkeiten zwingend durchgeführt werden muss, bevor ein solcher Streit einem staatlichen Gericht übertragen werden kann.356
354
Vgl. hierzu Haghsheno/Kilian, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 328
355
Vgl. hierzu IBR-Interview mit Dr. Goedel, Leiter der Rechtsabteilung (Ausland) der Hochtief AG, IBR 2000, 298
356
Vgl. Haghsheno/Kilian, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 331 f.
178
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
Hintergrund der Entwicklung war die völlige Überlastung der Schieds- und staatlichen Gerichte mit Bauprozessen zu Beginn der neunziger Jahre, die ein Verfahren mit vertretbarem Zeit- und Kostenaufwand nahezu unmöglich machten. Das Verfahren wird als Adjudication (Schlichtung) bezeichnet und entspricht in etwa dem Verfahren des Dispute Adjudication Boards, wie es in den neuen FIDIC-Verträgen vorgesehen ist (vgl. hierzu auch Kapitel 8.3.2), mit dem Unterschied, dass ein Dispute Adjudication Board bereits mit Vertragsschluss bestimmt wird. Ziel des Verfahrens ist neben der Entlastung der Gerichte die schnelle und kostengünstige Konfliktlösung. Ein fachkundiger Adjudicator (Schlichter) hat hierbei die Befugnis, verbindliche Entscheidungen zu treffen, die auf seinen eigenen Kenntnissen und Untersuchungen beruhen und die im Regelfall innerhalb von 28 Tagen nach Einleitung des Verfahrens mitzuteilen sind.357 Entscheidungen des Adjudicators sind zunächst verbindlich zu befolgen, können aber zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Rechtsweg angefochten werden. Trotz der Bedenken, die ursprünglich insbesondere hinsichtlich der kurzen Frist zwischen Einleitung des Verfahrens und Entscheidung des Adjudicators geäußert wurden, zeigen die zwischenzeitlich vorliegenden Gerichtsentscheidungen, dass die Gerichte die Vollstreckbarkeit der Adjudicator-Entscheidungen nur in Ausnahmefällen, wie etwa der fehlenden Zuständigkeit des Adjudicators oder bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern, abgelehnt haben.358
8.3.4 Die Baubegleitende Einigungsstelle (BEST) In einem Fachbeitrag für das Jahrbuch Baurecht 2002 stellte Hauschka mit der Baubegleitenden Einigungsstelle, kurz BEST, die deutsche Version eines Dispute Adjudication Boards vor.359 Die Baubegleitende Einigungsstelle wird inzwischen auch vom Bayerischen Bauindustrieverband als geeignetes Mittel zur Konfliktvermeidung und Konfliktbewältigung vorgeschlagen. Mit einem Mustervertrag zur Einrichtung einer Baubegleitenden Einigungsstelle wird der Versuch unternommen, ein im Ausland bereits bewährtes Instrument auch in Deutschland bekannter zu machen. Zielsetzung ist, wie auch bei der Einrichtung eines Dispute Adjudication Boards, den Bauherren und Unternehmen unter Einbindung technischen und juristischen Sachverstandes zu schnellen, wenn auch ggf. vorläufigen, Entscheidungen zu verhelfen, statt Streitigkeiten in jahrelangen Großverfahren vor den Gerichten verhandeln zu müssen.360 Ein solcher Vertrag muss bereits vor
357
Vgl. hierzu IBR-Interview mit Baur, Chartered Quantity Surveyor, England, IBR 2003, 113
358
Vgl. Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2004, S. 24
359
Hauschka, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 297 ff.
360
Vgl. Hauschka, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 298
8.4 Zusammenfassung
179
dem Auftreten erster Konflikte bestehen und sollte idealerweise bereits als Ergänzung des Bauvertrags abgeschlossen werden. Um die Akzeptanz einer Baubegleitenden Einigungsstelle zu fördern, besteht diese aus einem von beiden Parteien gemeinsam benannten Vorsitzenden und jeweils einem auftragnehmerseitig und auftraggeberseitig bestimmten Beisitzer. Für Entscheidungen des dreiköpfigen Gremiums genügt die einfache Mehrheit. Die Vergütung erfolgt auf Zeitbasis, alle Auslagen werden ersetzt. Die Kostenaufteilung wird in Abhängigkeit des Streitfalls durch das Gremium nach billigem Ermessen festgelegt. Die Baubegleitende Einigungsstelle wird auf Antrag tätig und hat binnen einer Woche den Sachverhalt mit den Streitparteien zu erörtern. Die Erörterung wird protokolliert und von den Vertragspartnern paraphiert. Sofern nicht bereits im Rahmen der Erörterung des Sachverhaltes eine Einigung erfolgt ist, hat die Baubegleitende Einigungsstelle eine schriftlich zu begründende Entscheidung zu treffen. Falls erforderlich, hat das Gremium die Befugnis, Sachverständige zur Klärung hinzuzuziehen. Die Entscheidung der Baubegleitenden Einigungsstelle ist verbindlich, erst zwei Monate nach Abnahme des Bauwerks können gerichtliche Verfahren oder Schiedsverfahren zur Aufhebung der Entscheidung eingeleitet werden.
8.4 Zusammenfassung Konflikte im Bauwesen binden zumeist erhebliche personelle und finanzielle Kapazitäten. Sie können die Fortführung des Projekts be- oder verhindern und führen mit zunehmender Dauer und Intensität zur Beeinträchtigung der konstruktiven Zusammenarbeit der Vertragspartner, erschweren Kommunikationsprozesse und belasten Geschäftsbeziehungen. Ungelöste Konflikte sind teuer und sollten daher möglichst schnell unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen geklärt werden. Grundsätzlich ist der Abschluss eines fairen Vertrags mit angemessener Vergütungsvereinbarung, klarer Schnittstellenbeschreibung, transparenter Regelung der Risikoverteilung sowie einer eindeutigen und vollständigen Leistungsbeschreibung die effektivste Art der Streitvermeidung. Die aufgezeigten Möglichkeiten der alternativen Streitbeilegung bieten den Vertragspartnern die Option, im Bedarfsfall geeignete Verfahrensmodelle auszuwählen und anzuwenden, die für die jeweiligen Konflikte angemessen und zielführend sind. Je nach Eskalationsstufe können verschiedene Konfliktbehandlungen unterschieden werden:
Kooperative Verfahren ohne Dritte
Kooperative Verfahren unter Assistenz von Dritten
Entscheidung durch Dritte
180
8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung
Die Vorteile der Einrichtung eines Dispute Review Boards (DRB), eines Dispute Adjudication Boards (DAB) oder einer Baubegleitenden Einigungsstelle (BEST) liegen auf der Hand: Der Einsatz eines solchen Gremiums ermöglicht eine Entscheidung von neutralen Experten schon während der Bauzeit, also in einem sehr frühen Konfliktstadium auf einer niedrigen Eskalationsstufe, so dass Konflikte zeitnah beigelegt werden können, ohne den weiteren Bauablauf nachteilig zu beeinflussen. Das Verfahren ist trotz der anfallenden Kosten zumindest bei Großbauvorhaben wirtschaftlich anwendbar und im Vergleich zu Schiedsgerichtsverfahren oder Verfahren vor staatlichen Gerichten ausgesprochen kostengünstig. Erfahrungen aus der Praxis haben zudem gezeigt, dass die Vertragsparteien die Möglichkeit der Anfechtung von Entscheidungen des Dispute Adjudication Boards äußerst selten in Anspruch nehmen.361 So ist es durchaus vorstellbar und wünschenswert, neue Formen des Streitmanagements, sowohl den Einsatz eines Dispute Review Boards mit Empfehlungscharakter als auch das Dispute Adjudication Board mit Bindungswirkung vermehrt bei Bauprojekten in Deutschland einzusetzen, um die zum Teil mehrjährigen und kostenintensiven Nachtragsstreitigkeiten nicht weiter ausufern zu lassen und schnelle Entscheidungen im Sinne eines zielgerichteten Projektfortschrittes zu fördern.
361
Vgl. hierzu IBR-Interview mit Dr. Goedel, Leiter der Rechtsabteilung (Ausland) der Hochtief AG, IBR 2000, 298
181
Anhang Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil B Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B Ausgabe 2006)
§ 1 Art und Umfang der Leistung 1.
Die auszuführende Leistung wird nach Art und Umfang durch den Vertrag bestimmt. Als Bestandteil des Vertrags gelten auch die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB/C).
2.
Bei Widersprüchen im Vertrag gelten nacheinander: a) die Leistungsbeschreibung, b) die Besonderen Vertragsbedingungen, c) etwaige Zusätzliche Vertragsbedingungen, d) etwaige Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen, e) die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen, f) die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen.
3.
Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen, bleibt dem Auftraggeber vorbehalten.
4.
Nicht vereinbarte Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, hat der Auftragnehmer auf Verlangen des Auftraggebers mit auszuführen, außer wenn sein Betrieb auf derartige Leistungen nicht eingerichtet ist. Andere Leistungen können dem Auftragnehmer nur mit seiner Zustimmung übertragen werden.
§ 2 Vergütung 1.
Durch die vereinbarten Preise werden alle Leistungen abgegolten, die nach der Leistungsbeschreibung, den Besonderen Vertragsbedingungen, den Zusätzlichen Vertragsbedingungen, den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen, den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen und der gewerblichen Verkehrssitte zur vertraglichen Leistung gehören.
2.
Die Vergütung wird nach den vertraglichen Einheitspreisen und den tatsächlich ausgeführten Leistungen berechnet, wenn keine andere Berechnungsart (z. B. durch Pauschalsumme, nach Stundenlohnsätzen, nach Selbstkosten) vereinbart ist.
3.
(1) Weicht die ausgeführte Menge der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung um nicht mehr als 10 v. H. von dem im Vertrag vorgesehenen Umfang ab, so gilt der vertragliche Einheitspreis. (2) Für die über 10 v. H. hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. (3) Bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit
182
Anhang
der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Die Erhöhung des Einheitspreises soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt. Die Umsatzsteuer wird entsprechend dem neuen Preis vergütet. (4) Sind von der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung andere Leistungen abhängig, für die eine Pauschalsumme vereinbart ist, so kann mit der Änderung des Einheitspreises auch eine angemessene Änderung der Pauschalsumme gefordert werden. 4.
Werden im Vertrag ausbedungene Leistungen des Auftragnehmers vom Auftraggeber selbst übernommen (z. B. Lieferung von Bau-, Bauhilfs- und Betriebsstoffen), so gilt, wenn nichts anderes vereinbart wird, § 8 Nr. 1 Abs. 2 entsprechend.
5.
Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden.
6.
(1) Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt. (2) Die Vergütung bestimmt sich nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung. Sie ist möglichst vor Beginn der Ausführung zu vereinbaren.
7.
(1) Ist als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart, so bleibt die Vergütung unverändert. Weicht jedoch die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich ab, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist (§ 313 BGB), so ist auf Verlangen ein Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu gewähren. Für die Bemessung des Ausgleichs ist von den Grundlagen der Preisermittlung auszugehen. (2) Die Regelungen der Nr. 4, 5 und 6 gelten auch bei Vereinbarung einer Pauschalsumme. (3) Wenn nichts anderes vereinbart ist, gelten die Absätze 1 und 2 auch für Pauschalsummen, die für Teile der Leistung vereinbart sind; Nummer 3 Abs. 4 bleibt unberührt.
8.
(1) Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt, werden nicht vergütet. Der Auftragnehmer hat sie auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen; sonst kann es auf seine Kosten geschehen. Er haftet außerdem für andere Schäden, die dem Auftraggeber hieraus entstehen. (2) Eine Vergütung steht dem Auftragnehmer jedoch zu, wenn der Auftraggeber solche Leistungen nachträglich anerkennt. Eine Vergütung steht ihm auch zu, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt wurden. Soweit dem Auftragnehmer eine Vergütung zusteht, gelten die Berechnungsgrundlagen für geänderte oder zusätzliche Leistungen der Nummer 5 oder 6 entsprechend. (3) Die Vorschriften des BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) bleiben unberührt.
9.
(1) Verlangt der Auftraggeber Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen, die der Auftragnehmer nach dem Vertrag, besonders den Technischen Vertragsbedingungen oder der gewerblichen Verkehrssitte, nicht zu beschaffen hat, so hat er sie zu vergüten. (2) Lässt er vom Auftragnehmer nicht aufgestellte technische Berechnungen durch den Auftragnehmer nachprüfen, so hat er die Kosten zu tragen.
10. Stundenlohnarbeiten werden nur vergütet, wenn sie als solche vor ihrem Beginn ausdrücklich vereinbart worden sind (§ 15).
VOB/B
183
§ 3 Ausführungsunterlagen 1.
Die für die Ausführung nötigen Unterlagen sind dem Auftragnehmer unentgeltlich und rechtzeitig zu übergeben.
2.
Das Abstecken der Hauptachsen der baulichen Anlagen, ebenso der Grenzen des Geländes, das dem Auftragnehmer zur Verfügung gestellt wird, und das Schaffen der notwendigen Höhenfestpunkte in unmittelbarer Nähe der baulichen Anlagen sind Sache des Auftraggebers.
3.
Die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Geländeaufnahmen und Absteckungen und die übrigen für die Ausführung übergebenen Unterlagen sind für den Auftragnehmer maßgebend. Jedoch hat er sie, soweit es zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung gehört, auf etwaige Unstimmigkeiten zu überprüfen und den Auftraggeber auf entdeckte oder vermutete Mängel hinzuweisen.
4.
Vor Beginn der Arbeiten ist, soweit notwendig, der Zustand der Straßen und Geländeoberfläche, der Vorfluter und Vorflutleitungen, ferner der baulichen Anlagen im Baubereich in einer Niederschrift festzuhalten, die vom Auftraggeber und Auftragnehmer anzuerkennen ist.
5.
Zeichnungen, Berechnungen, Nachprüfungen von Berechnungen oder andere Unterlagen, die der Auftragnehmer nach dem Vertrag, besonders den Technischen Vertragsbedingungen, oder der gewerblichen Verkehrssitte oder auf besonderes Verlangen des Auftraggebers (§ 2 Nr. 9) zu beschaffen hat, sind dem Auftraggeber nach Aufforderung rechtzeitig vorzulegen.
6.
(1) Die in Nummer 5 genannten Unterlagen dürfen ohne Genehmigung ihres Urhebers nicht veröffentlicht, vervielfältigt, geändert oder für einen anderen als den vereinbarten Zweck benutzt werden. (2) An DV-Programmen hat der Auftraggeber das Recht zur Nutzung mit den vereinbarten Leistungsmerkmalen in unveränderter Form auf den festgelegten Geräten. Der Auftraggeber darf zum Zwecke der Datensicherung zwei Kopien herstellen. Diese müssen alle Identifikationsmerkmale enthalten. Der Verbleib der Kopien ist auf Verlangen nachzuweisen. (3) Der Auftragnehmer bleibt unbeschadet des Nutzungsrechts des Auftraggebers zur Nutzung der Unterlagen und der DV-Programme berechtigt.
§ 4 Ausführung 1.
(1) Der Auftraggeber hat für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung auf der Baustelle zu sorgen und das Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer zu regeln. Er hat die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse – z. B. nach dem Baurecht, dem Straßenverkehrsrecht, dem Wasserrecht, dem Gewerberecht – herbeizuführen. (2) Der Auftraggeber hat das Recht, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung zu überwachen. Hierzu hat er Zutritt zu den Arbeitsplätzen, Werkstätten und Lagerräumen, wo die vertragliche Leistung oder Teile von ihr hergestellt oder die hierfür bestimmten Stoffe und Bauteile gelagert werden. Auf Verlangen sind ihm die Werkzeichnungen oder andere Ausführungsunterlagen sowie die Ergebnisse von Güteprüfungen zur Einsicht vorzulegen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, wenn hierdurch keine Geschäftsgeheimnisse preisgegeben werden. Als Geschäftsgeheimnis bezeichnete Auskünfte und Unterlagen hat er vertraulich zu behandeln. (3) Der Auftraggeber ist befugt, unter Wahrung der dem Auftragnehmer zustehenden Leitung (Nr. 2) Anordnungen zu treffen, die zur vertragsgemäßen Ausführung der Leistung notwendig sind. Die Anordnungen sind grundsätzlich nur dem Auftragnehmer oder seinem für die Leitung der Ausführung bestellten Vertreter zu erteilen, außer wenn Gefahr im Verzug ist. Dem Auftraggeber ist mitzuteilen, wer jeweils als Vertreter des Auftragnehmers für die Leitung der Ausführung bestellt ist.
184
Anhang
(4) Hält der Auftragnehmer die Anordnungen des Auftraggebers für unberechtigt oder unzweckmäßig, so hat er seine Bedenken geltend zu machen, die Anordnungen jedoch auf Verlangen auszuführen, wenn nicht gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegenstehen. Wenn dadurch eine ungerechtfertigte Erschwerung verursacht wird, hat der Auftraggeber die Mehrkosten zu tragen. 2.
(1) Der Auftragnehmer hat die Leistung unter eigener Verantwortung nach dem Vertrag auszuführen. Dabei hat er die anerkannten Regeln der Technik und die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu beachten. Es ist seine Sache, die Ausführung seiner vertraglichen Leistung zu leiten und für Ordnung auf seiner Arbeitsstelle zu sorgen. (2) Er ist für die Erfüllung der gesetzlichen, behördlichen und berufsgenossenschaftlichen Verpflichtungen gegenüber seinen Arbeitnehmern allein verantwortlich. Es ist ausschließlich seine Aufgabe, die Vereinbarungen und Maßnahmen zu treffen, die sein Verhältnis zu den Arbeitnehmern regeln.
3.
Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich.
4.
Der Auftraggeber hat, wenn nichts anderes vereinbart ist, dem Auftragnehmer unentgeltlich zur Benutzung oder Mitbenutzung zu überlassen: a) die notwendigen Lager- und Arbeitsplätze auf der Baustelle, b) vorhandene Zufahrtswege und Anschlussgleise, c) vorhandene Anschlüsse für Wasser und Energie. Die Kosten für den Verbrauch und den Messer oder Zähler trägt der Auftragnehmer, mehrere Auftragnehmer tragen sie anteilig.
5.
Der Auftragnehmer hat die von ihm ausgeführten Leistungen und die ihm für die Ausführung übergebenen Gegenstände bis zur Abnahme vor Beschädigung und Diebstahl zu schützen. Auf Verlangen des Auftraggebers hat er sie vor Winterschäden und Grundwasser zu schützen, ferner Schnee und Eis zu beseitigen. Obliegt ihm die Verpflichtung nach Satz 2 nicht schon nach dem Vertrag, so regelt sich die Vergütung nach § 2 Nr. 6.
6.
Stoffe oder Bauteile, die dem Vertrag oder den Proben nicht entsprechen, sind auf Anordnung des Auftraggebers innerhalb einer von ihm bestimmten Frist von der Baustelle zu entfernen. Geschieht es nicht, so können sie auf Kosten des Auftragnehmers entfernt oder für seine Rechnung veräußert werden.
7.
Leistungen, die schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden, hat der Auftragnehmer auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen. Hat der Auftragnehmer den Mangel oder die Vertragswidrigkeit zu vertreten, so hat er auch den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Kommt der Auftragnehmer der Pflicht zur Beseitigung des Mangels nicht nach, so kann ihm der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe (§ 8 Nr. 3).
8.
(1) Der Auftragnehmer hat die Leistung im eigenen Betrieb auszuführen. Mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers darf er sie an Nachunternehmer übertragen. Die Zustimmung ist nicht notwendig bei Leistungen, auf die der Betrieb des Auftragnehmers nicht eingerichtet ist. Erbringt der Auftragnehmer ohne schriftliche Zustimmung des Auftraggebers Leistungen nicht im eigenen Betrieb, obwohl sein Betrieb darauf eingerichtet ist, kann der Auftraggeber ihm eine angemessene Frist zur Aufnahme der Leistung im eigenen Betrieb setzen und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe (§ 8 Nr. 3). (2) Der Auftragnehmer hat bei der Weitervergabe von Bauleistungen an Nachunternehmer die Vergabeund Vertragsordnung für Bauleistungen Teile B und C zugrunde zu legen. (3) Der Auftragnehmer hat die Nachunternehmer dem Auftraggeber auf Verlangen bekannt zu geben.
VOB/B 9.
185
Werden bei Ausführung der Leistung auf einem Grundstück Gegenstände von Altertums-, Kunst- oder wissenschaftlichem Wert entdeckt, so hat der Auftragnehmer vor jedem weiteren Aufdecken oder Ändern dem Auftraggeber den Fund anzuzeigen und ihm die Gegenstände nach näherer Weisung abzuliefern. Die Vergütung etwaiger Mehrkosten regelt sich nach § 2 Nr. 6. Die Rechte des Entdeckers (§ 984 BGB) hat der Auftraggeber.
10. Der Zustand von Teilen der Leistung ist auf Verlangen gemeinsam von Auftraggeber und Auftragnehmer festzustellen, wenn diese Teile der Leistung durch die weitere Ausführung der Prüfung und Feststellung entzogen werden. Das Ergebnis ist schriftlich niederzulegen.
§ 5 Ausführungsfristen 1.
Die Ausführung ist nach den verbindlichen Fristen (Vertragsfristen) zu beginnen, angemessen zu fördern und zu vollenden. In einem Bauzeitenplan enthaltene Einzelfristen gelten nur dann als Vertragsfristen, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart ist.
2.
Ist für den Beginn der Ausführung keine Frist vereinbart, so hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn zu erteilen. Der Auftragnehmer hat innerhalb von 12 Werktagen nach Aufforderung zu beginnen. Der Beginn der Ausführung ist dem Auftraggeber anzuzeigen.
3.
Wenn Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile so unzureichend sind, dass die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können, muss der Auftragnehmer auf Verlangen unverzüglich Abhilfe schaffen.
4.
Verzögert der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung, gerät er mit der Vollendung in Verzug, oder kommt er der in Nummer 3 erwähnten Verpflichtung nicht nach, so kann der Auftraggeber bei Aufrechterhaltung des Vertrages Schadensersatz nach § 6 Nr. 6 verlangen oder dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe (§ 8 Nr. 3).
§ 6 Behinderung und Unterbrechung der Ausführung 1.
Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterlässt er die Anzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkundig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren.
2.
(1) Ausführungsfristen werden verlängert, soweit die Behinderung verursacht ist: a) durch einen Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers, b) durch Streik oder eine von der Berufsvertretung der Arbeitgeber angeordnete Aussperrung im Betrieb des Auftragnehmers oder in einem unmittelbar für ihn arbeitenden Betrieb, c) durch höhere Gewalt oder andere für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände. (2) Witterungseinflüsse während der Ausführungszeit, mit denen bei Abgabe des Angebots normalerweise gerechnet werden musste, gelten nicht als Behinderung.
3.
Der Auftragnehmer hat alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Weiterführung der Arbeiten zu ermöglichen. Sobald die hindernden Umstände wegfallen, hat er ohne weiteres und unverzüglich die Arbeiten wieder aufzunehmen und den Auftraggeber davon zu benachrichtigen.
186
Anhang
4.
Die Fristverlängerung wird berechnet nach der Dauer der Behinderung mit einem Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten und die etwaige Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit.
5.
Wird die Ausführung für voraussichtlich längere Dauer unterbrochen, ohne dass die Leistung dauernd unmöglich wird, so sind die ausgeführten Leistungen nach den Vertragspreisen abzurechnen und außerdem die Kosten zu vergüten, die dem Auftragnehmer bereits entstanden und in den Vertragspreisen des nicht ausgeführten Teils der Leistung enthalten sind.
6.
Sind die hindernden Umstände von einem Vertragsteil zu vertreten, so hat der andere Teil Anspruch auf Ersatz des nachweislich entstandenen Schadens, des entgangenen Gewinns aber nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Im Übrigen bleibt der Anspruch des Auftragnehmers auf angemessene Entschädigung nach § 642 BGB unberührt, sofern die Anzeige nach Nr. 1 Satz 1 erfolgt oder wenn Offenkundigkeit nach Nr. 1 Satz 2 gegeben ist.
7.
Dauert eine Unterbrechung länger als 3 Monate, so kann jeder Teil nach Ablauf dieser Zeit den Vertrag schriftlich kündigen. Die Abrechnung regelt sich nach den Nummern 5 und 6; wenn der Auftragnehmer die Unterbrechung nicht zu vertreten hat, sind auch die Kosten der Baustellenräumung zu vergüten, soweit sie nicht in der Vergütung für die bereits ausgeführten Leistungen enthalten sind.
§ 7 Verteilung der Gefahr 1.
Wird die ganz oder teilweise ausgeführte Leistung vor der Abnahme durch höhere Gewalt, Krieg, Aufruhr oder andere objektiv unabwendbare vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände beschädigt oder zerstört, so hat dieser für die ausgeführten Teile der Leistung die Ansprüche nach § 6 Nr. 5; für andere Schäden besteht keine gegenseitige Ersatzpflicht.
2.
Zu der ganz oder teilweise ausgeführten Leistung gehören alle mit der baulichen Anlage unmittelbar verbundenen, in ihre Substanz eingegangenen Leistungen, unabhängig von deren Fertigstellungsgrad.
3.
Zu der ganz oder teilweise ausgeführten Leistung gehören nicht die noch nicht eingebauten Stoffe und Bauteile sowie die Baustelleneinrichtung und Absteckungen. Zu der ganz oder teilweise ausgeführten Leistung gehören ebenfalls nicht Baubehelfe, z. B. Gerüste, auch wenn diese als Besondere Leistung oder selbständig vergeben sind.
§ 8 Kündigung durch den Auftraggeber 1.
(1) Der Auftraggeber kann bis zur Vollendung der Leistung jederzeit den Vertrag kündigen. (2) Dem Auftragnehmer steht die vereinbarte Vergütung zu. Er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Kosten erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft und seines Betriebs erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 649 BGB).
2.
(1) Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer seine Zahlungen einstellt, von ihm oder zulässigerweise vom Auftraggeber oder einem anderen Gläubiger das Insolvenzverfahren (§§ 14 und 15 InsO) beziehungsweise ein vergleichbares gesetzliches Verfahren beantragt ist, ein solches Verfahren eröffnet wird oder dessen Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird. (2) Die ausgeführten Leistungen sind nach § 6 Nr. 5 abzurechnen. Der Auftraggeber kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Restes verlangen.
VOB/B 3.
187
(1) Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn in den Fällen des § 4 Nr. 7 und 8 Abs. 1 und des § 5 Nr. 4 die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist (Entziehung des Auftrags). Die Entziehung des Auftrags kann auf einen in sich abgeschlossenen Teil der vertraglichen Leistung beschränkt werden. (2) Nach der Entziehung des Auftrags ist der Auftraggeber berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen, doch bleiben seine Ansprüche auf Ersatz des etwa entstehenden weiteren Schadens bestehen. Er ist auch berechtigt, auf die weitere Ausführung zu verzichten und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, wenn die Ausführung aus den Gründen, die zur Entziehung des Auftrags geführt haben, für ihn kein Interesse mehr hat. (3) Für die Weiterführung der Arbeiten kann der Auftraggeber Geräte, Gerüste, auf der Baustelle vorhandene andere Einrichtungen und angelieferte Stoffe und Bauteile gegen angemessene Vergütung in Anspruch nehmen. (4) Der Auftraggeber hat dem Auftragnehmer eine Aufstellung über die entstandenen Mehrkosten und über seine anderen Ansprüche spätestens binnen 12 Werktagen nach Abrechnung mit dem Dritten zuzusenden.
4.
Der Auftraggeber kann den Auftrag entziehen, wenn der Auftragnehmer aus Anlass der Vergabe eine Abrede getroffen hatte, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt. Die Kündigung ist innerhalb von 12 Werktagen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes auszusprechen. Nummer 3 gilt entsprechend.
5.
Die Kündigung ist schriftlich zu erklären.
6.
Der Auftragnehmer kann Aufmaß und Abnahme der von ihm ausgeführten Leistungen alsbald nach der Kündigung verlangen; er hat unverzüglich eine prüfbare Rechnung über die ausgeführten Leistungen vorzulegen.
7.
Eine wegen Verzugs verwirkte, nach Zeit bemessene Vertragsstrafe kann nur für die Zeit bis zum Tag der Kündigung des Vertrags gefordert werden.
§ 9 Kündigung durch den Auftragnehmer 1.
Der Auftragnehmer kann den Vertrag kündigen: a) wenn der Auftraggeber eine ihm obliegende Handlung unterlässt und dadurch den Auftragnehmer außerstande setzt, die Leistung auszuführen (Annahmeverzug nach §§ 293 ff. BGB), b) wenn der Auftraggeber eine fällige Zahlung nicht leistet oder sonst in Schuldnerverzug gerät.
2.
Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Sie ist erst zulässig, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber ohne Erfolg eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt und erklärt hat, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde.
3.
Die bisherigen Leistungen sind nach den Vertragspreisen abzurechnen. Außerdem hat der Auftragnehmer Anspruch auf angemessene Entschädigung nach § 642 BGB; etwaige weitergehende Ansprüche des Auftragnehmers bleiben unberührt.
§ 10 Haftung der Vertragsparteien 1.
Die Vertragsparteien haften einander für eigenes Verschulden sowie für das Verschulden ihrer gesetzlichen Vertreter und der Personen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten bedienen (§§ 276, 278 BGB).
188 2.
Anhang
(1) Entsteht einem Dritten im Zusammenhang mit der Leistung ein Schaden, für den auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen beide Vertragsparteien haften, so gelten für den Ausgleich zwischen den Vertragsparteien die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen, soweit im Einzelfall nichts anderes vereinbart ist. Soweit der Schaden des Dritten nur die Folge einer Maßnahme ist, die der Auftraggeber in dieser Form angeordnet hat, trägt er den Schaden allein, wenn ihn der Auftragnehmer auf die mit der angeordneten Ausführung verbundene Gefahr nach § 4 Nr. 3 hingewiesen hat. (2) Der Auftragnehmer trägt den Schaden allein, soweit er ihn durch Versicherung seiner gesetzlichen Haftpflicht gedeckt hat oder durch eine solche zu tarifmäßigen, nicht auf außergewöhnliche Verhältnisse abgestellten Prämien und Prämienzuschlägen bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherer hätte decken können.
3.
Ist der Auftragnehmer einem Dritten nach den §§ 823 ff. BGB zu Schadensersatz verpflichtet wegen unbefugten Betretens oder Beschädigung angrenzender Grundstücke, wegen Entnahme oder Auflagerung von Boden oder anderen Gegenständen außerhalb der vom Auftraggeber dazu angewiesenen Flächen oder wegen der Folgen eigenmächtiger Versperrung von Wegen oder Wasserläufen, so trägt er im Verhältnis zum Auftraggeber den Schaden allein.
4.
Für die Verletzung gewerblicher Schutzrechte haftet im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander der Auftragnehmer allein, wenn er selbst das geschützte Verfahren oder die Verwendung geschützter Gegenstände angeboten oder wenn der Auftraggeber die Verwendung vorgeschrieben und auf das Schutzrecht hingewiesen hat.
5.
Ist eine Vertragspartei gegenüber der anderen nach den Nummern 2, 3 oder 4 von der Ausgleichspflicht befreit, so gilt diese Befreiung auch zugunsten ihrer gesetzlichen Vertreter und Erfüllungsgehilfen, wenn sie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben.
6.
Soweit eine Vertragspartei von dem Dritten für einen Schaden in Anspruch genommen wird, den nach den Nummern 2, 3 oder 4 die andere Vertragspartei zu tragen hat, kann sie verlangen, dass ihre Vertragspartei sie von der Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten befreit. Sie darf den Anspruch des Dritten nicht anerkennen oder befriedigen, ohne der anderen Vertragspartei vorher Gelegenheit zur Äußerung gegeben zu haben.
§ 11 Vertragsstrafe 1.
Wenn Vertragsstrafen vereinbart sind, gelten die §§ 339 bis 345 BGB.
2.
Ist die Vertragsstrafe für den Fall vereinbart, dass der Auftragnehmer nicht in der vorgesehenen Frist erfüllt, so wird sie fällig, wenn der Auftragnehmer in Verzug gerät.
3.
Ist die Vertragsstrafe nach Tagen bemessen, so zählen nur Werktage; ist sie nach Wochen bemessen, so wird jeder Werktag angefangener Wochen als 1/6 Woche gerechnet.
4.
Hat der Auftraggeber die Leistung abgenommen, so kann er die Strafe nur verlangen, wenn er dies bei der Abnahme vorbehalten hat.
§ 12 Abnahme 1.
Verlangt der Auftragnehmer nach der Fertigstellung – gegebenenfalls auch vor Ablauf der vereinbarten Ausführungsfrist – die Abnahme der Leistung, so hat sie der Auftraggeber binnen 12 Werktagen durchzuführen; eine andere Frist kann vereinbart werden.
2.
Auf Verlangen sind in sich abgeschlossene Teile der Leistung besonders abzunehmen.
3.
Wegen wesentlicher Mängel kann die Abnahme bis zur Beseitigung verweigert werden.
VOB/B 4.
189
(1) Eine förmliche Abnahme hat stattzufinden, wenn eine Vertragspartei es verlangt. Jede Partei kann auf ihre Kosten einen Sachverständigen zuziehen. Der Befund ist in gemeinsamer Verhandlung schriftlich niederzulegen. In die Niederschrift sind etwaige Vorbehalte wegen bekannter Mängel und wegen Vertragsstrafen aufzunehmen, ebenso etwaige Einwendungen des Auftragnehmers. Jede Partei erhält eine Ausfertigung. (2) Die förmliche Abnahme kann in Abwesenheit des Auftragnehmers stattfinden, wenn der Termin vereinbart war oder der Auftraggeber mit genügender Frist dazu eingeladen hatte. Das Ergebnis der Abnahme ist dem Auftragnehmer alsbald mitzuteilen.
5.
(1) Wird keine Abnahme verlangt, so gilt die Leistung als abgenommen mit Ablauf von 12 Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung. (2) Wird keine Abnahme verlangt und hat der Auftraggeber die Leistung oder einen Teil der Leistung in Benutzung genommen, so gilt die Abnahme nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist. Die Benutzung von Teilen einer baulichen Anlage zur Weiterführung der Arbeiten gilt nicht als Abnahme. (3) Vorbehalte wegen bekannter Mängel oder wegen Vertragsstrafen hat der Auftraggeber spätestens zu den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Zeitpunkten geltend zu machen.
6.
Mit der Abnahme geht die Gefahr auf den Auftraggeber über, soweit er sie nicht schon nach § 7 trägt.
§ 13 Mängelansprüche 1.
Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart, so ist die Leistung zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, a) wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst b) für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann.
2.
Bei Leistungen nach Probe gelten die Eigenschaften der Probe als vereinbarte Beschaffenheit, soweit nicht Abweichungen nach der Verkehrssitte als bedeutungslos anzusehen sind. Dies gilt auch für Proben, die erst nach Vertragsabschluss als solche anerkannt sind.
3.
Ist ein Mangel zurückzuführen auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers, haftet der Auftragnehmer, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Nr. 3 obliegende Mitteilung gemacht.
4.
(1) Ist für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart, so beträgt sie für Bauwerke 4 Jahre, für andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache besteht, und für die vom Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen 2 Jahre. Abweichend von Satz 1 beträgt die Verjährungsfrist für feuerberührte und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsanlagen 1 Jahr. (2) Ist für Teile von maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen, bei denen die Wartung Einfluss auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, nichts anderes vereinbart, beträgt für diese Anlagenteile die Verjährungsfrist für Mängelansprüche abweichend von Abs. 1 zwei Jahre, wenn der Auftraggeber sich dafür entschieden hat, dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist nicht zu übertragen; dies gilt auch, wenn für weitere Leistungen eine andere Verjährungsfrist vereinbart ist. (3) Die Frist beginnt mit der Abnahme der gesamten Leistung; nur für in sich abgeschlossene Teile der Leistung beginnt sie mit der Teilabnahme (§ 12 Nr. 2).
190 5.
Anhang
(1) Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Nummer 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist. Nach Abnahme der Mängelbeseitigungsleistung beginnt für diese Leistung eine Verjährungsfrist von 2 Jahren neu, die jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Nummer 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist endet. (2) Kommt der Auftragnehmer der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in einer vom Auftraggeber gesetzten angemessenen Frist nicht nach, so kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen.
6.
Ist die Beseitigung des Mangels für den Auftraggeber unzumutbar oder ist sie unmöglich oder würde sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern und wird sie deshalb vom Auftragnehmer verweigert, so kann der Auftraggeber durch Erklärung gegenüber dem Auftragnehmer die Vergütung mindern (§ 638 BGB).
7.
(1) Der Auftragnehmer haftet bei schuldhaft verursachten Mängeln für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit. (2) Bei vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Mängeln haftet er für alle Schäden. (3) Im Übrigen ist dem Auftraggeber der Schaden an der baulichen Anlage zu ersetzen, zu deren Herstellung, Instandhaltung oder Änderung die Leistung dient, wenn ein wesentlicher Mangel vorliegt, der die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigt und auf ein Verschulden des Auftragnehmers zurückzuführen ist. Einen darüber hinausgehenden Schaden hat der Auftragnehmer nur dann zu ersetzen, a) wenn der Mangel auf einem Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik beruht, b) wenn der Mangel in dem Fehlen einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit besteht oder c) soweit der Auftragnehmer den Schaden durch Versicherung seiner gesetzlichen Haftpflicht gedeckt hat oder durch eine solche zu tarifmäßigen, nicht auf außergewöhnliche Verhältnisse abgestellten Prämien und Prämienzuschlägen bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherer hätte decken können. (4) Abweichend von Nummer 4 gelten die gesetzlichen Verjährungsfristen, soweit sich der Auftragnehmer nach Absatz 3 durch Versicherung geschützt hat oder hätte schützen können oder soweit ein besonderer Versicherungsschutz vereinbart ist. (5) Eine Einschränkung oder Erweiterung der Haftung kann in begründeten Sonderfällen vereinbart werden.
§ 14 Abrechnung 1.
Der Auftragnehmer hat seine Leistungen prüfbar abzurechnen. Er hat die Rechnungen übersichtlich aufzustellen und dabei die Reihenfolge der Posten einzuhalten und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen zu verwenden. Die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege sind beizufügen. Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sind in der Rechnung besonders kenntlich zu machen; sie sind auf Verlangen getrennt abzurechnen.
2.
Die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen sind dem Fortgang der Leistung entsprechend möglichst gemeinsam vorzunehmen. Die Abrechnungsbestimmungen in den Technischen Vertragsbedingungen und den anderen Vertragsunterlagen sind zu beachten. Für Leistungen, die bei Weiter-
VOB/B
191
führung der Arbeiten nur schwer feststellbar sind, hat der Auftragnehmer rechtzeitig gemeinsame Feststellungen zu beantragen. 3.
Die Schlussrechnung muss bei Leistungen mit einer vertraglichen Ausführungsfrist von höchstens 3 Monaten spätestens 12 Werktage nach Fertigstellung eingereicht werden, wenn nichts anderes vereinbart ist; diese Frist wird um je 6 Werktage für je weitere 3 Monate Ausführungsfrist verlängert.
4.
Reicht der Auftragnehmer eine prüfbare Rechnung nicht ein, obwohl ihm der Auftraggeber dafür eine angemessene Frist gesetzt hat, so kann sie der Auftraggeber selbst auf Kosten des Auftragnehmers aufstellen.
§ 15 Stundenlohnarbeiten 1.
(1) Stundenlohnarbeiten werden nach den vertraglichen Vereinbarungen abgerechnet. (2) Soweit für die Vergütung keine Vereinbarungen getroffen worden sind, gilt die ortsübliche Vergütung. Ist diese nicht zu ermitteln, so werden die Aufwendungen des Auftragnehmers für Lohn- und Gehaltskosten der Baustelle, Lohn- und Gehaltsnebenkosten der Baustelle, Stoffkosten der Baustelle, Kosten der Einrichtungen, Geräte, Maschinen und maschinellen Anlagen der Baustelle, Fracht-, Fuhrund Ladekosten, Sozialkassenbeiträge und Sonderkosten, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung entstehen, mit angemessenen Zuschlägen für Gemeinkosten und Gewinn (einschließlich allgemeinem Unternehmerwagnis) zuzüglich Umsatzsteuer vergütet.
2.
Verlangt der Auftraggeber, dass die Stundenlohnarbeiten durch einen Polier oder eine andere Aufsichtsperson beaufsichtigt werden, oder ist die Aufsicht nach den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften notwendig, so gilt Nummer 1 entsprechend.
3.
Dem Auftraggeber ist die Ausführung von Stundenlohnarbeiten vor Beginn anzuzeigen. Über die geleisteten Arbeitsstunden und den dabei erforderlichen, besonders zu vergütenden Aufwand für den Verbrauch von Stoffen, für Vorhaltung von Einrichtungen, Geräten, Maschinen und maschinellen Anlagen, für Frachten, Fuhr- und Ladeleistungen sowie etwaige Sonderkosten sind, wenn nichts anderes vereinbart ist, je nach der Verkehrssitte werktäglich oder wöchentlich Listen (Stundenlohnzettel) einzureichen. Der Auftraggeber hat die von ihm bescheinigten Stundenlohnzettel unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 6 Werktagen nach Zugang, zurückzugeben. Dabei kann er Einwendungen auf den Stundenlohnzetteln oder gesondert schriftlich erheben. Nicht fristgemäß zurückgegebene Stundenlohnzettel gelten als anerkannt.
4.
Stundenlohnrechnungen sind alsbald nach Abschluss der Stundenlohnarbeiten, längstens jedoch in Abständen von 4 Wochen, einzureichen. Für die Zahlung gilt § 16.
5.
Wenn Stundenlohnarbeiten zwar vereinbart waren, über den Umfang der Stundenlohnleistungen aber mangels rechtzeitiger Vorlage der Stundenlohnzettel Zweifel bestehen, so kann der Auftraggeber verlangen, dass für die nachweisbar ausgeführten Leistungen eine Vergütung vereinbart wird, die nach Maßgabe von Nummer 1 Abs. 2 für einen wirtschaftlich vertretbaren Aufwand an Arbeitszeit und Verbrauch von Stoffen, für Vorhaltung von Einrichtungen, Geräten, Maschinen und maschinellen Anlagen, für Frachten, Fuhr- und Ladeleistungen sowie etwaige Sonderkosten ermittelt wird.
§ 16 Zahlung 1.
(1) Abschlagszahlungen sind auf Antrag in möglichst kurzen Zeitabständen oder zu den vereinbarten Zeitpunkten zu gewähren, und zwar in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich des ausgewiesenen, darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrages. Die Leistungen sind durch eine prüfbare Aufstellung nachzuweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der
192
Anhang
Leistungen ermöglichen muss. Als Leistungen gelten hierbei auch die für die geforderte Leistung eigens angefertigten und bereitgestellten Bauteile sowie die auf der Baustelle angelieferten Stoffe und Bauteile, wenn dem Auftraggeber nach seiner Wahl das Eigentum an ihnen übertragen ist oder entsprechende Sicherheit gegeben wird. (2) Gegenforderungen können einbehalten werden. Andere Einbehalte sind nur in den im Vertrag und in den gesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen Fällen zulässig. (3) Ansprüche auf Abschlagszahlungen werden binnen 18 Werktagen nach Zugang der Aufstellung fällig. (4) Die Abschlagszahlungen sind ohne Einfluss auf die Haftung des Auftragnehmers; sie gelten nicht als Abnahme von Teilen der Leistung. 2.
(1) Vorauszahlungen können auch nach Vertragsabschluss vereinbart werden; hierfür ist auf Verlangen des Auftraggebers ausreichende Sicherheit zu leisten. Diese Vorauszahlungen sind, sofern nichts anderes vereinbart wird, mit 3 v. H. über dem Basiszinssatz des § 247 BGB zu verzinsen. (2) Vorauszahlungen sind auf die nächstfälligen Zahlungen anzurechnen, soweit damit Leistungen abzugelten sind, für welche die Vorauszahlungen gewährt worden sind.
3.
(1) Der Anspruch auf die Schlusszahlung wird alsbald nach Prüfung und Feststellung der vom Auftragnehmer vorgelegten Schlussrechnung fällig, spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Zugang. Werden Einwendungen gegen die Prüfbarkeit unter Angabe der Gründe hierfür nicht spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Zugang der Schlussrechnung erhoben, so kann der Auftraggeber sich nicht mehr auf die fehlende Prüfbarkeit berufen. Die Prüfung der Schlussrechnung ist nach Möglichkeit zu beschleunigen. Verzögert sie sich, so ist das unbestrittene Guthaben als Abschlagszahlung sofort zu zahlen. (2) Die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung schließt Nachforderungen aus, wenn der Auftragnehmer über die Schlusszahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschlusswirkung hingewiesen wurde. (3) Einer Schlusszahlung steht es gleich, wenn der Auftraggeber unter Hinweis auf geleistete Zahlungen weitere Zahlungen endgültig und schriftlich ablehnt. (4) Auch früher gestellte, aber unerledigte Forderungen werden ausgeschlossen, wenn sie nicht nochmals vorbehalten werden. (5) Ein Vorbehalt ist innerhalb von 24 Werktagen nach Zugang der Mitteilung nach den Absätzen 2 und 3 über die Schlusszahlung zu erklären. Er wird hinfällig, wenn nicht innerhalb von weiteren 24 Werktagen – beginnend am Tag nach Ablauf der in Satz 1 genannten 24 Werktage – eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen eingereicht oder, wenn das nicht möglich ist, der Vorbehalt eingehend begründet wird. (6) Die Ausschlussfristen gelten nicht für ein Verlangen nach Richtigstellung der Schlussrechnung und -zahlung wegen Aufmaß-, Rechen- und Übertragungsfehlern.
4.
In sich abgeschlossene Teile der Leistung können nach Teilabnahme ohne Rücksicht auf die Vollendung der übrigen Leistungen endgültig festgestellt und bezahlt werden.
5.
(1) Alle Zahlungen sind aufs äußerste zu beschleunigen. (2) Nicht vereinbarte Skontoabzüge sind unzulässig. (3) Zahlt der Auftraggeber bei Fälligkeit nicht, so kann ihm der Auftragnehmer eine angemessene Nachfrist setzen. Zahlt er auch innerhalb der Nachfrist nicht, so hat der Auftragnehmer vom Ende der Nachfrist an Anspruch auf Zinsen in Höhe der in § 288 BGB angegebenen Zinssätze, wenn er nicht einen höheren Verzugsschaden nachweist. (4) Zahlt der Auftraggeber das fällige unbestrittene Guthaben nicht innerhalb von 2 Monaten nach Zugang der Schlussrechnung, so hat der Auftragnehmer für dieses Guthaben abweichend von Absatz 3 (ohne Nachfristsetzung) ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Zinsen in Höhe der in § 288 BGB angegebenen Zinssätze, wenn er nicht einen höheren Verzugsschaden nachweist.
VOB/B
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(5) Der Auftragnehmer darf in den Fällen der Absätze 3 und 4 die Arbeiten bis zur Zahlung einstellen, sofern die dem Auftraggeber zuvor gesetzte angemessene Nachfrist erfolglos verstrichen ist. 6.
Der Auftraggeber ist berechtigt, zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus den Nummern 1 bis 5 Zahlungen an Gläubiger des Auftragnehmers zu leisten, soweit sie an der Ausführung der vertraglichen Leistung des Auftragnehmers aufgrund eines mit diesem abgeschlossenen Dienst- oder Werkvertrags beteiligt sind, wegen Zahlungsverzugs des Auftragnehmers die Fortsetzung ihrer Leistung zu Recht verweigern und die Direktzahlung die Fortsetzung der Leistung sicherstellen soll. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sich auf Verlangen des Auftraggebers innerhalb einer von diesem gesetzten Frist darüber zu erklären, ob und inwieweit er die Forderungen seiner Gläubiger anerkennt; wird diese Erklärung nicht rechtzeitig abgegeben, so gelten die Voraussetzungen für die Direktzahlung als anerkannt.
§ 17 Sicherheitsleistung 1.
(1) Wenn Sicherheitsleistung vereinbart ist, gelten die §§ 232 bis 240 BGB, soweit sich aus den nachstehenden Bestimmungen nichts anderes ergibt. (2) Die Sicherheit dient dazu, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung und die Mängelansprüche sicherzustellen.
2.
Wenn im Vertrag nichts anderes vereinbart ist, kann Sicherheit durch Einbehalt oder Hinterlegung von Geld oder durch Bürgschaft eines Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet werden, sofern das Kreditinstitut oder der Kreditversicherer – in der Europäischen Gemeinschaft oder – in einem Staat der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder – in einem Staat der Vertragsparteien des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen zugelassen ist.
3.
Der Auftragnehmer hat die Wahl unter den verschiedenen Arten der Sicherheit; er kann eine Sicherheit durch eine andere ersetzen.
4.
Bei Sicherheitsleistung durch Bürgschaft ist Voraussetzung, dass der Auftraggeber den Bürgen als tauglich anerkannt hat. Die Bürgschaftserklärung ist schriftlich unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage abzugeben (§ 771 BGB); sie darf nicht auf bestimmte Zeit begrenzt und muss nach Vorschrift des Auftraggebers ausgestellt sein. Der Auftraggeber kann als Sicherheit keine Bürgschaft fordern, die den Bürgen zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet.
5.
Wird Sicherheit durch Hinterlegung von Geld geleistet, so hat der Auftragnehmer den Betrag bei einem zu vereinbarenden Geldinstitut auf ein Sperrkonto einzuzahlen, über das beide nur gemeinsam verfügen können („Und-Konto“). Etwaige Zinsen stehen dem Auftragnehmer zu.
6.
(1) Soll der Auftraggeber vereinbarungsgemäß die Sicherheit in Teilbeträgen von seinen Zahlungen einbehalten, so darf er jeweils die Zahlung um höchstens 10 v. H. kürzen, bis die vereinbarte Sicherheitssumme erreicht ist. Sofern Rechnungen ohne Umsatzsteuer gemäß § 13b UStG gestellt werden, bleibt die Umsatzsteuer bei der Berechnung des Sicherheitseinbehalts unberücksichtigt. Den jeweils einbehaltenen Betrag hat er dem Auftragnehmer mitzuteilen und binnen 18 Werktagen nach dieser Mitteilung auf ein Sperrkonto bei dem vereinbarten Geldinstitut einzuzahlen. Gleichzeitig muss er veranlassen, dass dieses Geldinstitut den Auftragnehmer von der Einzahlung des Sicherheitsbetrags benachrichtigt. Nummer 5 gilt entsprechend. (2) Bei kleineren oder kurzfristigen Aufträgen ist es zulässig, dass der Auftraggeber den einbehaltenen Sicherheitsbetrag erst bei der Schlusszahlung auf ein Sperrkonto einzahlt. (3) Zahlt der Auftraggeber den einbehaltenen Betrag nicht rechtzeitig ein, so kann ihm der Auftragnehmer hierfür eine angemessene Nachfrist setzen. Lässt der Auftraggeber auch diese verstreichen, so kann
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der Auftragnehmer die sofortige Auszahlung des einbehaltenen Betrags verlangen und braucht dann keine Sicherheit mehr zu leisten. (4) Öffentliche Auftraggeber sind berechtigt, den als Sicherheit einbehaltenen Betrag auf eigenes Verwahrgeldkonto zu nehmen; der Betrag wird nicht verzinst. 7.
Der Auftragnehmer hat die Sicherheit binnen 18 Werktagen nach Vertragsabschluss zu leisten, wenn nichts anderes vereinbart ist. Soweit er diese Verpflichtung nicht erfüllt hat, ist der Auftraggeber berechtigt, vom Guthaben des Auftragnehmers einen Betrag in Höhe der vereinbarten Sicherheit einzubehalten. Im Übrigen gelten die Nummern 5 und 6 außer Abs. 1 Satz 1 entsprechend.
8.
(1) Der Auftraggeber hat eine nicht verwertete Sicherheit für die Vertragserfüllung zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens nach Abnahme und Stellung der Sicherheit für Mängelansprüche zurückzugeben, es sei denn, dass Ansprüche des Auftraggebers, die nicht von der gestellten Sicherheit für Mängelansprüche umfasst sind, noch nicht erfüllt sind. Dann darf er für diese Vertragserfüllungsansprüche einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückhalten. (2) Der Auftraggeber hat eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach Ablauf von 2 Jahren zurückzugeben, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart worden ist. Soweit jedoch zu diesem Zeitpunkt seine geltend gemachten Ansprüche noch nicht erfüllt sind, darf er einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückhalten.
§ 18 Streitigkeiten 1.
Liegen die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandvereinbarung nach § 38 Zivilprozessordnung vor, richtet sich der Gerichtsstand für Streitigkeiten aus dem Vertrag nach dem Sitz der für die Prozessvertretung des Auftraggebers zuständigen Stelle, wenn nichts anderes vereinbart ist. Sie ist dem Auftragnehmer auf Verlangen mitzuteilen.
2.
(1) Entstehen bei Verträgen mit Behörden Meinungsverschiedenheiten, so soll der Auftragnehmer zunächst die der auftraggebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle anrufen. Diese soll dem Auftragnehmer Gelegenheit zur mündlichen Aussprache geben und ihn möglichst innerhalb von 2 Monaten nach der Anrufung schriftlich bescheiden und dabei auf die Rechtsfolgen des Satzes 3 hinweisen. Die Entscheidung gilt als anerkannt, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb von 3 Monaten nach Eingang des Bescheides schriftlich Einspruch beim Auftraggeber erhebt und dieser ihn auf die Ausschlussfrist hingewiesen hat. (2) Mit dem Eingang des schriftlichen Antrages auf Durchführung eines Verfahrens nach Absatz 1 wird die Verjährung des in diesem Antrag geltend gemachten Anspruchs gehemmt. Wollen Auftraggeber oder Auftragnehmer das Verfahren nicht weiter betreiben, teilen sie dies dem jeweils anderen Teil schriftlich mit. Die Hemmung endet 3 Monate nach Zugang des schriftlichen Bescheides oder der Mitteilung nach Satz 2.
3.
Daneben kann ein Verfahren zur Streitbeilegung vereinbart werden. Die Vereinbarung sollte mit Vertragsabschluss erfolgen.
4.
Bei Meinungsverschiedenheiten über die Eigenschaft von Stoffen und Bauteilen, für die allgemein gültige Prüfungsverfahren bestehen, und über die Zulässigkeit oder Zuverlässigkeit der bei der Prüfung verwendeten Maschinen oder angewendeten Prüfungsverfahren kann jede Vertragspartei nach vorheriger Benachrichtigung der anderen Vertragspartei die materialtechnische Untersuchung durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Materialprüfungsstelle vornehmen lassen; deren Feststellungen sind verbindlich. Die Kosten trägt der unterliegende Teil.
5.
Streitfälle berechtigen den Auftragnehmer nicht, die Arbeiten einzustellen.
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Literaturverzeichnis
Toffel, Friedrich W.: Bauablaufstörungen und daraus folgende Probleme der Zahlungsfähigkeit bei öffentlichen Bauprojekten. Linz: Trauner, 2001 Usselmann, Jürgen: Nachträge in der Ausgleichsberechnung richtig berücksichtigen. BauR 2004, 1217–1225. Düsseldorf: Werner, 2004 Vygen, Klaus: Bauvertragsrecht nach VOB : Grundwissen. 5. überarbeitete und erweiterte Auflage. Düsseldorf: Werner, 2007 Vygen, Klaus: Kooperationspflichten der Bauvertragspartner beim VOB-Bauvertrag. In: Baurecht im Wandel : Festgabe für Steffen Kraus zum 65. Geburtstag, S. 249–262. Düsseldorf: Werner, 2003 Vygen, Klaus: Leistungsänderungen und Zusatzleistungen beim Pauschalvertrag. In: Festschrift für Horst Locher zum 65. Geburtstag. S. 263–288. Düsseldorf: Werner, 1990 Vygen, Klaus; Schubert, Eberhard; Lang, Andreas: Bauverzögerung und Leistungsänderung : rechtliche und baubetriebliche Probleme und ihre Lösungen. 4., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Düsseldorf: Werner, 2002 Wagner, Christof: Alternative Konfliktbehandlung im privaten Baurecht – mit dem Schwerpunkt Mediation. In: Baurecht im Wandel : Festgabe für Steffen Kraus zum 65. Geburtstag. S. 367–385. Düsseldorf: Werner, 2003 Wanninger, Rainer: Behinderungen und Nachträge – neue Probleme in der neuen Realität. In: Sonderfragen des gestörten Bauablaufs : Beiträge zum Braunschweiger Baubetriebsseminar 2003. S. 67–98. Braunschweig: Institut für Bauwirtschaft und Baubetrieb, 2003 Weber, Klaus (Hrsg.): Creifelds Rechtswörterbuch. 18., neu bearbeitete Auflage. München: C.H. Beck, 2004 Werner, Ulrich; Pastor, Walter: Der Bauprozess : Prozessuale und materielle Probleme des zivilen Bauprozesses. 11., neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Düsseldorf: Werner, 2005 Wirth, Axel: Das Problem der Nachträge besteht weiter. In: Jahrbuch Baurecht 2002 : Aktuelles – Grundsätzliches – Zukünftiges. 5. Jahrgang 2002. S. 87–105. Düsseldorf: Werner, 2002 Wirth, Axel (Hrsg.): Controlling in der Baupraxis : So sichern Sie Ihre Baustellengewinne. Düsseldorf: Werner, 2003 Würfele, Falk; Gralla, Mike (Hrsg.): Nachtragsmanagement : Leistungsbeschreibung – Leistungsabweichung – Bauzeitverzögerung. Neuwied: Werner, 2006 Zilch, Konrad; Diederichs, C.J.; Katzenbach Rolf (Hrsg.): Handbuch für Bauingenieure : Technik, Organisation und Wirtschaftlichkeit – Fachwissen in einer Hand. Heidelberg: Springer, 2002
201
Sachwortverzeichnis A Abhilfe, Pflicht zur 28
Aussperrung 75 Auswirkungsprognose 143
Abhilfeverfahren 169
B
Abnahme 11
Balkenplan 32
Abrechnung 151
– vernetzter 32
Adjudication 174
Bauauftragsrechnung 40
AGK 42
Baugeräteliste 47
Allgemeine Geschäftskosten 42
Bauinhalt 7
Änderungsmanagement 152
Bauleistung 18
Anfang-Anfang-Beziehung 37
Bauphasenplan 36
Anfang-Ende-Beziehung 37
Bauprozess 159
Anfangsfolge 37
Bausoll 18
Anfangsverzögerung 118
Baustellengemeinkosten 42
Angebotskalkulation 40
Bautagesbericht 127
Ankündigungserfordernis 65
Bautechnische Prüfung 147
Anordnungsbeziehung 37
Bauumstände 7
Anpassungspflicht 76
Bauvertrag 11
Anrufungsverfahren 169
Bauvertragstyp 12
Anspruchsgrundlage 147
Bauzeitenplan 25
Anspruchsvoraussetzung 53
Bauzeitverlängerung 120
Arbeitskalkulation 41
Bauzeitverlängerungsanspruch 116
Arbeitstag 37
Bedenken 22
Arbitration 166
Behinderung 7, 73, 116
Attributierung 132
Behinderungsanzeige 73, 138
Aufmaßprotokoll 138
Bereitstellung
Auftraggeberpflicht 23
– des Grundstücks 24
Auftragnehmerpflicht 21
Beschleunigungsmaßnahme 8, 28
Auftragskalkulation 40 Auftragsverhandlung 40
Besondere Leistungen – HOAI 7
Aufwandswert 46
– VOB/C 8
Ausführungsfrist 26
Besprechungsprotokoll 129
– Verlängerung der 74
BEST 178
Ausgleichsberechnung 62, 109
Bewertung 147
Ausschreibung
BGB 11
– funktionale 13
BGK 41
Ausschreibungspflicht 94
BGL 47
202
Sachwortverzeichnis
BOT 17
Einzelkostenzuschlag 49
Build-Operate-Transfer 17
Eistage 123
C
EkdT 41
Claim 8 – Eigenclaim 8 – Fremdclaim 8 Claim-Management 9, 149 CONS 175 Construction-Management 17 – Construction-Management at agency 17
Ende-Anfang-Beziehung 37 Ende-Ende-Beziehung 37 Endfolge 37 Entschädigungsanspruch 83 Entscheidungsvorlage 146 Ereignis 32 Erfassung 152 Ergebnisdokumentation 156
– extended services ConstructionManagement 17
F
Construction-Manager 17
Fertigstellung 26
D
Festpreis 13
Datenbank 157 Detailterminplan 31 Differenzhypothese 29 DIN 18 299 8 DIN 69 900 34 DIS 167
FIDIC 167 Formblätter 145 Fotodokumentation 136 Fremdleistungskosten 47 Fristverlängerung 77, 82 Frosttage 123
Dispute Adjudication Board 174
G
Dispute Review Board 172
Gemeinkosten
Dokumentation 125, 152
– der Baustelle 41
Dokumentationsinstrument 126
– unechte 41
Dokumentationsmittel 140
– zeitabhängige 42
Dokumentenmanagement 130
– zeitunabhängige 42
E
Generalterminplan 30
Ecktermin 30 EFB-LV LGl 55 EFB-Preis 50 EFB StGl 56 Eigenverantwortung 21 Einheitspreisvertrag 12 Einigungsstelle – baubegleitende 178
Gerätekosten 47 Gewerk 9 Gewinn 43 Gleitklausel 13, 54 GMP-Berater 16 GMP-Vertrag 16 Grobterminplan 30 Guaranteed Maximum Price 16
Einzelfrist 26
H
Einzelkosten
Herstellkosten 44
– der Teilleistungen 41, 46
Höhere Gewalt 75
Sachwortverzeichnis
I ICC 167
203 Mängelbeseitigung 22 Mediation 170 Mehrmengen 59, 105
K
Meilenstein 30
Kalkulation 39, 43, 101
Mengenänderung 56, 105
– mit vorbestimmten Zuschlägen 44
Mengenmehrung 59
– über die Angebotssumme 45
Mengenminderung 58
– Zuschlagskalkulation 43
Minderleistung, witterungsbedingte 119
Kalkulationsirrtum 96
Mindermenge 58, 108
Kalkulationslohn 49, 101
Mischform 14
Klageverfahren 166
Mittellohn 46
Konfliktlösungsverfahren 166
Mitwirkungspflicht 23
Kooperationspflicht 66
N
Kostenart 41 Kritischer Weg 33 Kündigung 28, 87
Nachfolger 37 Nachkalkulation 40 Nachlassvereinbarung 90
L
Nachtrag 9
Leistung 18
Nachtragsabwehr 150, 164
– Entfall vereinbarter 67
Nachtragsangebot 143
– geänderte 62
Nachtragsbearbeitung 91, 144
Leistung ohne Auftrag 69
Nachtragsbegründung 143
Leistungsabgrenzung 163
Nachtragsbewertung 147
Leistungsänderung 64, 111
Nachtragsdurchsetzung 149, 164
Leistungsbeschreibung 18
Nachtragsfolgen 149
Leistungspflichten 20
Nachtragskalkulation 143
– Auftraggeberpflichten 23
Nachtragsmanagement 9
– Auftragnehmerpflichten 21
Nachtragsmanagementsystem 153
Leistungsprogramm 18
Nachtragsprophylaxe 160
Leistungsvertrag 14
Nachtragsprüfung 147
Leistungsverweigerungsrecht 93
Nachtragsstrategie 154
Leistungsverzeichnis 12
Nachtragsursache 53, 161
Liniendiagramm 35
Nachtragsvolumen 161
Lohnkosten 46
Nachunternehmer 94
Lohnpreisgleitklausel 54, 104
Negotiation 165
– Centklausel 54
Netzplan 33
– Lohnlistenregelung 55
Normalfolge 38
– Prozentregelung 55
Notice of dissatisfaction 177
M
O
Mängelanzeige 138
Offenkundigkeit 73
204 Orange Book 175 Ordnung 22 Ordnungs- und Koordinierungspflicht 25 Ordnungszahl 62 Organisationshandbuch 10
Sachwortverzeichnis
S Sachverhaltsdarstellung 143 Schadenersatz 28, 80 Schiedsgerichtsordnung 166 Schiedsgerichtsverfahren 166
P
Schiedsgutachtenverfahren 168
Partnering 15
Schlichtung 169
Pauschalvertrag 13
Schlichtungseinrichtung 169
– Detail-Pauschalvertrag 13
Schlichtungsordnung 167
– Global-Pauschalvertrag 13
Schlüsselfertigbau 13
Persönliche Leistungsverpflichtung 23
Schnittstellendefinition 163
Planerische Leistung 71
Schulung 165
Planlieferfrist 25
Schutz der Leistungen 22
Planlieferliste 134
Sekundärfolgen 149
Planlieferung 25, 118
Sekundärverzögerung 78
Pönale 28
Selbständiges Beweisverfahren 166
Position 12
Selbstkosten 44
Positive Kennzeichnungspflicht 128
Selbstkostenerstattungsvertrag 14
PPP – Public Private Partnership 17
Selbstübernahme 67, 113
Preisermittlungsgrundlage 39
SGO Bau 167
Preisnachlass 60
Silver Book 175
Primärfolgen 149
Skonto 60
Primärverzögerung 78
Soll-Ist-Vergleich 139
Produktivitätsverlust 123
Spekulationspreis 97
Projekthandbuch 10
Sprungfolge 37
Projektrisiko 163
SSO Bau 167
Protokoll 129
Staatliche Gerichte 165
Prüfung 147
Stillstandskosten 122
– baubetriebliche 148
Stoffpreisgleitklausel 54, 104
– formale 147
Störung 10
Puffer 34
Störung der Architekten- und Ingenieurleistung 88
Pufferzeit 34
R
Störung der Geschäftsgrundlage 57, 85 Störungsmodifizierter Soll-Terminplan 127
Rahmenterminplan 30
Streik 75
Rechnerische Prüfung 148
Stundenlohnarbeit 72
Regelablauf 145
Stundenlohnvertrag 14
Regelbesprechung 129
T
Regelkreis 139 Risikobereich 75
Teilleistung 12
Sachwortverzeichnis
205
Termin 26
Vordersatz 13, 49
Terminliste 33
Vorgang 32
Terminplan 29
Vorgangsabhängigkeit 37
– objektorientierter 30
Vorgangsdauer 38
– projektorientierter 30
Vorgangsfeld 34
Terminplanung 29
Vorgänger 37
Terminüberschreitung 28
Vorkalkulation 40
Transaktionskosten 159
Vorlaufzeit 24
U
W
Umlage 41
Wagnis 43
Unabwendbare Umstände 75
Weg-Zeit-Diagramm 35
Unechte Gemeinkosten 39
Werklohn 18
Unterbrechung 10
Werktag 37
Unternehmereinsatz 162
Werkvertrag 11
Urkalkulation 39
Werkvertragsrecht 11
V
Witterungsbedingte Minderleistung 119
Verdingungsunterlagen 19
WuG 43
Vergabegewinn 91
Z
Vergabehandbuch 50
Zivilprozess 159
Vergütung 11
Zusätzliche Leistung 64, 112
Vergütungsanpassung 53, 87
Zuschlagskalkulation 43
Verhandlung 156
Zustandsfeststellung 23
Verhandlungsvorbereitung 155 Vermögensschaden 29 Verteilerkreis 129 Vertragsform 163 Vertragsfrist 26 Vertragskalkulation 40 Vertragsmanagement 152 Vertragsregelung 163 Vertragsstrafe 28 Vertragsterminplan 31, 127 Vertragsunterlagen 126 Vertragswidrige Stoffe und Bauteile 22 Vertretungsbefugnis 95 Videodokumentation 136 VOB/B 12, 181 Vollmacht 95 Volumen-Zeit-Diagramm 35