Unternehmensverkauf in der Krise : erfolgreiche Strategien für den Werterhalt
 9783540729808, 3540729801 [PDF]

  • 0 0 0
  • Gefällt Ihnen dieses papier und der download? Sie können Ihre eigene PDF-Datei in wenigen Minuten kostenlos online veröffentlichen! Anmelden
Datei wird geladen, bitte warten...
Zitiervorschau

Unternehmensverkauf in der Krise

Arnd Allert · Christopher Seagon

Unternehmensverkauf in der Krise Erfolgreiche Strategien für den Werterhalt

Mit 20 Abbildungen

123

Arnd Allert Karl-Ludwig-Straße 29 68165 Mannheim [email protected] Christopher Seagon Blumenstraße 17 69115 Heidelberg [email protected]

ISBN 978-3-540-72979-2 Springer Berlin Heidelberg New York

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ¨ uber http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich gesch¨ utzt. Die dadurch begr¨ undeten Rechte, insbesondere die der ¨ bersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der FunkU sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielf¨ altigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielf¨ altigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zul¨ assig. Sie ist grunds¨ atzlich verg¨ utungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2007 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten w¨ aren und daher von jedermann benutzt werden d¨ urften. Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & V¨ ockler GbR, Leipzig Umschlaggestaltung: WMX Design GmbH, Heidelberg SPIN 12073962

42/3180YL - 5 4 3 2 1 0

Gedruckt auf s¨ aurefreiem Papier

Vorwort

Von Menschen und Veränderungen „Wir haben eine Krise.“ Wie viel Kraft braucht es, diesen Satz zunächst der Person einzugestehen, die emotional am meisten darunter leidet: Sich selbst. Vielleicht liegt es an dem Satz selbst, dass er so schwer auszusprechen oder einzugestehen ist. Tatsächlich wäre es besser, eine andere Formel zu finden: „Wir befinden uns in einer Krise.“ Das klingt nicht nur besser. Es trifft auch viel besser den Kern dessen, worum es hier gehen soll Dieses Buch handelt vom positiven und professionellen Umgang mit Unternehmenskrisen. Ist das ein Widerspruch in sich? Nein. Denn eine Krise ist im Grunde zunächst nichts anderes als eine Phase im Leben von Unternehmen ebenso wie von Menschen. Etwas, durch das man durch muss. Es ist tröstlich und wichtig, es sich vor Augen zu halten: Jeder Mensch und jedes Unternehmen hat schon einmal kritische Phasen durchlebt. Die überwiegende Mehrzahl ist aus diesen Phasen gestärkt hervorgegangen. Ebenso wichtig ist ein weiterer Gedanke: Natürlich haben Krisen immer Gründe, die es aufzufinden und zu analysieren gilt. Allerdings sollte der Treiber der Ursachenforschung nicht „die Suche nach einem Schuldigen sein“, sondern viel besser: Die Suche nach Wegen, die schnell und wirksam aus der kritischen Phase herausführen. Lösungen statt Lamento – darauf kommt es an. Kritische Phasen folgen auf nicht-kritische Phasen – und in der Mehrzahl der Fälle werden sie auch wieder von nicht-kritischen Phase gefolgt. Dieses Verständnis von krisenhaften Phasen ist der Schlüssel zu ihrer Lösung. Zugegebenermaßen erfordert es ein wenig mehr Disziplin, sich das vor Augen zu halten. Aber es gibt einem den Bewegungsspielraum, den man braucht. Erst wenn die Krise zu einem anhaltenden Zustand wird, kann sie gefährlich werden. Denn dann – und nur dann – nimmt sie eine Form an, die tatsächlich Grund zur Hoffnungslosigkeit bietet. Es ist wichtig, sich das vor Augen zu halten. Denn wenn man – aus welchen Gründen auch immer – in eine Krise gerät, kann man sich – auf welche Art auch immer – aus dieser Krise wieder herausbewegen.

VI

Vorwort

Die möglichen Gründe für eine Schieflage von Unternehmen sind weit gefächert: Nicht vorhergesehene Veränderungen des angestammten Marktes oder der Lieferquellen können hier eine ebenso entscheidende Rolle spielen wie der plötzliche Wegfall von Ankerkunden, unzureichendes Controlling, Finanzierungsprobleme oder einfach nur der Mangel an Nachwuchskräften in der Führungsebene oder in der Entwicklung. Noch einmal: Für unsere Betrachtung spielt es an dieser Stelle im Grunde eine nachrangige Rolle, aus welchem Grund man in eine kritische Situation gerät. Viel wichtiger ist die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, das Unternehmen wieder aus der Schieflage zu bringen. An dieser Stelle gilt: Es gibt grundsätzlich immer Wege, ein Unternehmen aus der kritischen Phase zu manövrieren. Und es gibt Wege, die besser sind als andere. Um diese Wege aus der Krise erkennen zu können, bedarf es zunächst vor allem einer kritischen Betrachtung. Das viel verwendete Wort „Kritik“ heißt ja zunächst nur: Einen analytischen, objektiv feststellenden Blick aufs Ganze werfen. Die Dinge eben nicht unkritisch zu betrachten. Darauf kommt es an. Und im Prinzip weiß das auch jeder. Dennoch ist es nicht falsch zu sagen, dass der Grund für die meisten Unternehmensschieflagen bei genauerem analytischem Hinsehen in der unkritischen Betrachtung eines bestimmten Sachverhaltes lag. Das kann eine nicht gesehene oder nicht richtig bewertete Entwicklung des Marktes, des Wettbewerbs, der Lieferanten, der Finanzierung, der Personal- und Unternehmensentwicklung, der Notwendigkeit von Marketing und Vertrieb oder einfach die Notwendigkeit von möglichen Investitionen gewesen sein. Oder es war eine Kombination aus diesen Sachverhalten. Allemal ist es hilfreich, diese kritische Betrachtung anzustellen, um Wege aus der Krise zu sehen. Wo muss angesetzt werden? Was ist möglich? Wie kann es möglich gemacht werden? Neben solchen eher „technischen“ Aspekten, ist eine andere Frage von großer Bedeutung: Woher sollen die Kraft und die Zuversicht kommen, die man für die Überwindung der kritischen Phase braucht? Hier gibt es eine gute Antwort: Andere haben es auch schon geschafft! Es ist objektiv und empirisch möglich, mit Unternehmen den „Turn Around“ zu schaffen! Natürlich hat die Welt auch schon viele Unternehmen und Unternehmer gesehen, die es „nicht geschafft“ haben. Der Grund des Misslingens – auch das sagt die Erfahrung – ist meist menschlich, allzu menschlich: Unternehmer blendeten die kritischen Punkte in ihrem Unternehmen und in ihren Märkten solange standhaft aus, bis keine Lösung mehr möglich. Sie steckten den sprichwörtlichen Kopf in den Sand. So verständlich das ist, so fatal ist es auch. Denn wer zu spät kommt, den bestraft das Leben tatsächlich. Wer die Realität einfach ignoriert wird, der wird unweigerlich von ihr zuerst eingeholt – und dann überholt. Das ist nicht nur dramatisch

Vorwort

VII

und fatal, sondern auch unnötig. Viele Untergänge wären zu vermeiden gewesen und viele Lebenswerke wären zu erhalten gewesen, wäre nicht der persönliche Stolz im Wege gestanden. Am besten zeigt sich dieser Sachverhalt in der Wahrnehmung des Begriffes „Insolvenz“. Der Begriff beschreibt ja wörtlich übersetzt nur die Tatsache, dass ein Unternehmen „nicht flüssig“ ist. Er sagt nichts über die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens aus und teilt auch nichts über seine Chancen und Potenziale mit. Dennoch wurde in der Vergangenheit und wird auch teilweise noch heute die Insolvenz gerade von vielen mittelständischen Unternehmern mit dem Tod des Unternehmens gleichgesetzt. Dass das überhaupt nicht der Fall ist, zeigen zahlreiche Unternehmen, die nach dem Insolvenzverfahren wieder gestärkt am Markt auftreten konnten. Es ist vielleicht tatsächlich ein deutsches Phänomen, dass das Inbetrachtziehen oder gar die Anmeldung eines Insolvenzverfahrens etwas ist, das der deutsche Mittelstand fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. Man kann ganz sicher festhalten: Die Schieflage eines Unternehmens – aus welchen Gründen auch immer – wird sich am Ende immer auch in den Jahresabschlüssen niederschlagen. Und sie wird deshalb spätestens dann gegenwärtig, wenn das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seinen Verbindlichkeiten nachzukommen oder überschuldet ist. Deshalb gilt bei der Betrachtung von möglichen Insolvenzen oder Insolvenzverfahren in vielen Fällen: Je früher desto besser! Je länger die Insolvenz aus emotionalen oder anderen Gründen hinausgezögert wird, desto schwieriger und auch teurer wird der Lösungsweg. Es geht darum, eine eingetretene Krisensituation zu erkennen und dann rational richtig zu bewerten. Die Insolvenz ist dabei kein Ehrenrühriges Mal auf der Stirn des Unternehmers. Sie ist ein mögliches, in vielen Fällen sogar da geeigneteste Mittel der Sanierung. Je frühzeitiger sie in Betracht gezogen wird, desto einfacher wird die Krisenbewältigung. Aber wie erkennt man kritische Phasen frühzeitig? Tatsächlich gibt und gab es ja viele Unternehmen, die trotz prall gefüllter Auftragsbücher und zufriedener Kunden irgendwann „plötzlich“ vor dem Abgrund standen. „Plötzlich“ ist hier ein dehnbarer, unscharfer Begriff. Denn eine Zahlungsunfähigkeit entsteht niemals plötzlich. Sie wäre bei kritischerer Betrachtung der Liquiditätsentwicklung absehbar gewesen. Nicht zuletzt deshalb ist einer der möglichen Gründe für die Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch die „drohende Zahlungsunfähigkeit“. Es genügt also wider Erwarten schon lange nicht mehr, sich „um das operative Geschäft“ und um die Kunden zu kümmern. Das unternehmerische Leben ist komplexer geworden. Wenn kritische Faktoren wie Liquidität und Marktentwicklung frühzeitiger gesehen werden, kann gegengelenkt oder wenigstens die optimale Exit-Strategie aktiv vorbereitet werden. Aber es

VIII

Vorwort

hilft ja nichts, das im Nachhinein dann irgendwann zu erkennen. Noch einmal: Es gilt die alte Regel „je früher desto besser“. Oder eben auch: „Besser jetzt als nie – Augen auf und durch.“ Das ist radikal und kann schmerzhaft sein, aber es ist die Lösung. Wenn ein Unternehmen sich in einer kritischen Phase befindet, gilt es erfahrungsgemäß, einmal ernsthaft „Tabula Rasa“ zu machen. Festzustellen, wo man steht – und auch zu wissen, wohin man will. Gerade bei inhabergeführten mittelständischen Unternehmen läuft das meist auf die Frage hinaus: Wie kann ich erstens mein Lebenswerk erhalten, schützen und seinen Fortbestand sichern? Zweitens: Kann ich auch in dieser Situation noch die Früchte meiner Arbeit auf eine Weise pflücken, die mir trotz der kritischen Situation einen sorglosen Lebensabend sichert? Und wie hoch wird der „Preis“ sein, den ich selbst und meine Mitarbeiterbezahlen müssen, um die Krise zu beenden? Diese Fragen ganz allein zu klären, ist ab einem gewissen Punkt nahezu unmöglich. Selbst wenn man das bisher nie wollte, braucht man für die Tabula Rasa externe Berater. Denn nur ein Außenstehender kann ein Unternehmen wirklich objektiv und ohne Emotionen analysieren, kritische Faktoren erkennen und Auswegsmöglichkeiten aufzeigen. In Wahrheit ist es keine „Schande“, Berater hinzuzuziehen. Es ist im Gegenteil in den meisten Fällen ein Zeichen von unternehmerischer Intelligenz und Selbstbewusstsein. „Ich sehe das nicht mehr objektiv, bin zu stark involviert – analysieren Sie es für mich.“ Man gibt durch das Hinzuziehen von Externen die „Macht“ nicht ab. Im Gegenteil: Man stärkt sie dadurch. Und irgendwann wird man dann in der Mehrzahl der Fälle zu dem Punkt kommen, an dem die Gretchenfrage gestellt wird. „Wie halten wir es mit der Strategie?“ Wie kann das Unternehmen so aufgestellt werden, dass es aus der kritischen Phase heraus kommt und wieder in einer nichtkritischen Phase erfolgreich sein kann? Muss das Unternehmen zum Beispiel wachsen oder kleiner werden? Muss es versuchen, seine angegriffene Liquidität durch den Verkauf eines Unternehmensteils wieder zu heilen? Würde die Fusion mit einem Wettbewerber eine Lösung darstellen? Oder wäre der Erhalt des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze am besten durch einen Verkauf zu bewerkstelligen? Ist das Insolvenzverfahren als strategisches Instrument geeignet, einen Neuanfang zu beginnen? Diese Fragen zu beantworten, fällt nicht leicht. Aber man kann Antworten darauf finden. Und das sollten Antworten sein, die nicht auf Bauchgefühlen basieren. Sondern rationale und durchdachte Strategievarianten, die man in ihren Wirkungen und Auswirkungen relativ präzise ausrechnen kann.. Ehe man allerdings an die Beantwortung dieser Fragen gehen kann, muss insbesondere bei inhabergeführten Unternehmen eine ganz andere

Vorwort

IX

Frage gestellt werden: Wie kann das Lebenswerk gesichert und wie kann vor allem der Gegenwert für ein ganzes arbeitsreiches Leben vor dem möglichen Totalverlust gerettet werden? Sichert ein Insolvenzverfahren einen wichtigen Teil des meist durch Bürgschaften gegenüber Banken ebenfalls belasteten Privatvermögens? Würde der Inhaber des Unternehmens bereit und in der Lage sein, sich aus der Arbeit im Unternehmen in angemessener Zeit und nach einem klaren Plan zurückzuziehen, um die Früchte seiner Arbeit in klingender Münze einfahren zu können? Oder ist es ihm wichtig, das Unternehmen weiter zu führen? Beide Antworten sind natürlich erlaubt. Dennoch ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass man am Ende meist nicht beides haben kann. Denn es gilt: Wenn ein Unternehmen sich in einer Krise befindet, muss es sich auf jeden Fall verändern. Der Veränderungsprozess kann schmerzhaft sein. Aber wie heißt es noch: Ohne Erlebnis kein Ergebnis oder angelsächsisch: no pain – no gain. Die Fragen, um die es sich beim „Weg aus der Krise“ immer drehen wird: Welche Art von Veränderung ist nötig? Wie schmerzhaft muss und wird die Veränderung sein? Wer wird die Lasten einer Veränderung tragen? Wie schon angemerkt, ist der Weg aus der krisenhaften Phase ein Prozess der Veränderung. Es ist deshalb wichtig, sich das von Anfang an klar zu machen. Das gute alte „Wasch mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass“ ist ein Sprichwort, das in diesem Fall niemals greifen kann. Eine wirkliche Schieflage eines Unternehmens kann selten durch einfache kosmetische Maßnahmen behoben werden. Es genügt also nicht, das Unternehmen – zum Beispiel im Falle einer Verkaufsüberlegung – schön zu reden. Wer ohne Alternativen ist, kann nicht frei aufspielen. So könnte man sagen, dass der Kern des wirklich freien und erfolgreichen Unternehmertums im Grunde darin liegt, Handlungsalternativen zu schaffen, zu betrachten und zu bewerten: Sanierung – Verkauf – Insolvenz? Nur wer sich zwischen mindestens zwei Lösungen entscheidet, trifft wirklich eine freie und bewusste Entscheidung. Das gilt für Menschen ebenso wie für Unternehmen. Und es gilt eben auch für Situationen, die man als „nicht angenehm“ erlebt. Je weniger Alternativen man hat, desto schlechter fühlt man sich. Und hier schließt sich nun der Kreis: „Wir haben eine Krise“ oder eben besser: „Wir befinden uns in einer kritischen Phase“. Das Aussprechen des einfachen und doch so schweren Satzes sollte in sich gesehen als die erste positive Entscheidung betrachtet werden. Der Satz markiert die Entscheidung zwischen aktivem Handeln und bloßer Reaktion, zwischen „Schicksal“ und Einflussmöglichkeit. Und nicht zuletzt eben auch: zwischen positiver Veränderung und Verharren in der Krise.

X

Vorwort

Es gilt: Es hat erfahrungsgemäß keinen Sinn, sich einzureden, dass Veränderung ganz ohne Verluste oder schmerzhafte Erfahrungen zu machen sei. Wer sich für Veränderung entscheidet, sollte das immer auf der Basis einer Strategie tun, die er aus verschiedenen Varianten und Alternativen ausgewählt hat. Eine Strategie, die ihm selbst klar und allen Beteiligten zu vermitteln ist – in ihren positiven Aussichten ebenso wie in ihren schmerzhaften Auswirkungen. Und selbst der Schmerz wird kleiner, wenn man ihm ins Auge sieht und darüber spricht. Als Gegenwert gibt es eine klare Perspektive: Wenn man die richtigen Wege geht, dann ist es möglich, dass nicht der Schmerz, sondern am Ende die Vorteile überwiegen. Und der größte Vorteil wird immer der Erhalt der geschaffenen Werte sein: Der Fortbestand des Unternehmens selbst, die Sicherung einer möglichst großen Zahl von Arbeitsplätzen und ganz bestimmt nicht zuletzt der Schutz des Lebenswerkes, des Unternehmens! Und genau davon handelt dieses Buch. Als Praxishelfer beschreibt es Wege und Lösungen. Es gibt vor allem wichtige Hinweise, wie der Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensteilen auf eine Weise vollzogen werden kann, die möglichst allen nützt und niemandem schadet. Als eine Anleitung zu einem positiven und werteorientierten Veränderungsprozess stellt es dar, wie der „emotional“ angeschlagene Unternehmer, statt den Kopf in den Sand zu stecken (und damit alles zu verlieren), mit der unausweichlichen Krisensituation richtig umgeht und wie er sein Unternehmen verkaufen kann. Der Unternehmer kann lernen, wie er hier am besten vorgeht und wie die betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen dieser Sondersituation zu sehen sind. Kurz: Das Buch zeigt, wie man bei diesem Prozess keine bzw. möglichst wenig Fehler macht und damit „für sich das Beste rausholen“ kann. Mannheim und Heidelberg, im Mai 2007

Arnd Allert Christopher Seagon

Inhaltsverzeichnis

A. Einführung und Begriffsabgrenzung .................................................. 1 B. Transaktionspartner und Prozessablauf............................................. 5 I. Verkäuferseite ..................................................................................... 5 1. Gesellschafter ................................................................................. 5 2. Weitere mögliche Transaktionspartner auf Verkäuferseite ............ 6 II. Käuferseite ......................................................................................... 7 1. Strategische Käufer......................................................................... 7 2. Finanzinvestoren........................................................................... 10 III. Prozessablauf .................................................................................. 15 1. Erstellung eines „Information Memorandums“............................ 16 2. Identifikation potentieller Investoren ........................................... 17 3. Investorenansprache und Aufbau der Verhandlungsposition im Bieterverfahren ............................................................................. 19 4. „Management-Presentation“......................................................... 20 5. „Due Diligence“ ........................................................................... 21 6. Unternehmensbewertung in der Krise und Kaufpreisfindung ...... 21 a) Fehlende finanz- und betriebswirtschaftliche Informationen 23 b) Planung und Prognose der freien „Cash-flows“ ....................24 c) Einrittswahrscheinlichkeiten der Prognose............................25 d) Kaufpreisgestaltung...............................................................28 C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren ......................... 31 I. Das Insolvenzverfahren..................................................................... 31 1. Allgemeines .................................................................................. 31 2. Durchführung des Insolvenzverfahrens........................................ 32 II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens...................... 36 1. Die Veräußerung vor Stellung des Insolvenzantrags.................... 36 2. Die Veräußerung im Insolvenzeröffnungsverfahren .................... 46 3. Der Unternehmensverkauf im eröffneten Insolvenzverfahren ..... 49 4. Haftung und Garantien ................................................................. 57

XII

Inhaltsverzeichnis

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren ......................... 61 I. Gestaltungsmöglichkeiten des Insolvenzplans .................................. 62 1. Sanierungsplan ............................................................................. 63 2. Liquidationsplan ........................................................................... 64 3. Sonstiger Plan............................................................................... 64 II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens................................................ 65 1. Vorlage des Insolvenzplans .......................................................... 65 2. Inhalt und Aufbau des Insolvenzplans.......................................... 66 3. Vorprüfungs-, Anhörungs- und Auslegungsverfahren ................. 74 4. Annahme und Bestätigung des Plans............................................ 76 III. Rechtswirkungen des bestätigten Insolvenzplans........................... 81 1. Aufhebung des Insolvenzverfahrens ............................................ 81 2. Materiell-rechtliche Wirkungen ................................................... 82 3. Zwangsvollstreckung aus dem Insolvenzplan .............................. 84 IV. Die Planüberwachung..................................................................... 85 1. Grundlage der Planüberwachung.................................................. 85 2. Zustimmungsvorbehalte ............................................................... 85 3. Kreditrahmenvereinbarung........................................................... 85 4. Aufhebung und Kosten der Planüberwachung ............................. 86 E. Problemfelder ...................................................................................... 87 I. Betriebswirtschaftliche Probleme bei der Ermittlung der Fortführungsprognose ....................................................................... 87 II. Emotionale Probleme....................................................................... 88 III. Zeitlicher Druck „versus“ Diskretion ............................................. 89 IV. Individuelle Interessen der „Stakeholder“...................................... 91 F. Fazit ...................................................................................................... 97 Nachwort ................................................................................................ 103 Literaturverzeichnis .............................................................................. 105

Abkürzungsverzeichnis

AG

Aktiengesellschaft

AktG

Aktiengesetz

BBodSchG Bundesbodenschutzgesetz BDSG

Bundesdatenschutzgesetz

BetrAVG

Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BMF

Bundesministerium für Finanzen

BQG

Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft / Transfergesellschaft

DCF

Discounted Cash Flow

EBIT

Earnings before Interest and Tax

EBITDA

Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortization

EStG

Einkommensteuergesetz

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

GmbH-Gesetz

HGB

Handelsgesetzbuch

InsO

Insolvenzordnung

KG

Kommanditgesellschaft

KO

Konkursordnung

LBO

Leveraged Buy Out

M&A

Mergers and Acquisitions / Fusionen und Übernahmen

MBO

Management Buy Out

XIV

Abkürzungsverzeichnis

NPL

Non performing loan

OHG

Offene Handelsgesellschaft

SGB

Sozialgesetzbuch

UStG

Umsatzsteuergesetz

VerglO

Vergleichsordnung

A. Einführung und Begriffsabgrenzung

Die wirtschaftlich schwierige Situation der vergangenen Jahre scheint vorbei. Nachdem in den letzten Jahren die Zahl der Insolvenzen stetig stieg, gab es 2006 – zumindest statistisch gesehen – Entwarnung. Doch der Schein trügt. Viele Unternehmen sind in den letzten Jahren durch sehr schwierige Zeiten gegangen; diese Zeiten haben ihre Spuren hinterlassen. Immer häufiger ist der Verkauf von Unternehmen in Krisensituationen der einzige Weg, das Lebenswerk eines mittelständischen Unternehmers, das darin gebundene Familienvermögen und die verbundenen Arbeitsplätze zu retten. Solche Krisensituationen können von ersten Liquiditätsengpässen bis in den Zeitraum des eröffneten Insolvenzverfahrens reichen. Innerhalb dieser gesamten Zeitspanne kann der Verkauf der Unternehmen erfolgen. Zu unterscheiden ist daher grundsätzlich zwischen dem Verkauf vor Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie dem Verkauf im zeitlich nachfolgenden Insolvenzverfahren. Oftmals kommt es in der Wirtschaftspresse oder bei Branchentreffen zu pauschalen Aussagen, ein Unternehmen habe seine Existenzberechtigung verloren, wenn es eine Krise nicht meistern kann. Das durch das Ausscheiden des Unternehmens freiwerdende Marktvolumen würde – auf andere Marktteilnehmer verteilt – zu einer stabileren Branchensituation führen. Solche Aussagen sind differenziert zu betrachten: Im Durchschnitt kann bei einem Verkauf eines Unternehmens in der Insolvenz mehr als die Hälfte des Umsatzes auf den Käufer übertragen und dadurch nahezu die Hälfte der Arbeitsplätze erhalten werden. Damit leisten Unternehmenstransaktionen in der Krise einen erheblichen volkswirtschaftlichen Nutzen und sind weit mehr „als ein hinausgezögertes Ableben eines Unternehmens“. Aufgrund des immer schärfer werdenden Wettbewerbs und der sich ständig verändernden Spielregeln einer Branche werden auch in Zukunft zahlreiche innovative mittelständische Unternehmen – gegebenenfalls trotz gut gefüllter Auftragsbücher – in die Krise geraten. Die Empirie zeigt es in zahllosen Fällen: Maßnahmen wie der Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensteilen bzw. die Integration eines zukunftsorientierten Investors können der sichere Schutz vor dem kompletten Wertverlust sein. Aber auch der Zukauf von Unternehmen im Hinblick auf die Ermöglichung von Wachstum und des Überschreitens von kritischen Massen, z.B. Umsatz-

2

A. Einführung und Begriffsabgrenzung

schwellen, die eine bessere Kapazitätsauslastung der Produktion ermöglichen, kann hilfreich sein. In schwierigen Phasen des Unternehmenslebenszyklus nehmen Gläubiger eine stetig bedeutender werdende Rolle ein. Die wachsende Rolle drückt sich zunehmend in der Einflussnahme der Gläubiger auf das krisengeschüttelte Unternehmen aus. Für den Unternehmer stellt dies oftmals eine neue Situation dar, auf die er sich zunächst einstellen muss. Weiter erschwerend wirkt sich der Zeitdruck in Krisensituationen aus. Zur Erhaltung von Werten und Sicherung der Ertragskraft muss oft schnell gehandelt werden. Ferner ist, um Unternehmenstransaktionen in Krisensituationen erfolgreich durchführen zu können, einerseits die Kenntnis der rechtlichen Rahmendingungen essentiell und andererseits auch die Beachtung der Interessen aller Beteiligten entscheidend. Dieser Fachbeitrag stellt die einzelnen Prozessschritte und rechtlichen Rahmenbedingungen von Unternehmensverkäufen in Krisenzeiten des Unternehmens sowie die sich daraus ergebenden Chancen und Risiken dar. Es werden neben transaktionsspezifischen Besonderheiten auch die möglichen Handlungsoptionen und ihre Auswirkungen aufgezeigt. Aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Situation gewann dieses Thema in den letzten Jahren zusehends an Bedeutung und ist heute aus dem Beratungsalltag von Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, InvestmentBanken, auf „Mergers-and-Acquisitions“ (kurz M&A) spezialisierten Beratern und sonstigen Unternehmensberatern nicht mehr wegzudenken. Unternehmenstransaktionen können im Wege des „Asset-Deals“, dem Verkauf von Vermögensgegenständen und dem „Share-Deal“, dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen bzw. die Durchführung von Kapitalerhöhungen erfolgen. Ausschlaggebend für die gewählte Transaktionsform ist vor allem der gewählte bzw. der unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen optimal zu nutzende Zeitpunkt. Ein Unternehmen kann theoretisch verkauft werden: • in der Unternehmenskrise, jedoch vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, • nach dem Antrag auf, jedoch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und • im eröffneten Insolvenzverfahren. Nach der herkömmlichen Definition ist mit „Krise“ im Allgemeinen eine „schwierige Situation gemeint, die Zeit- sowie Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt. Ob es sich um einen Wendepunkt handelt, kann häufig erst nach Abwendung der Krise konstatiert werden.

A. Einführung und Begriffsabgrenzung

3

Aus dem Blickwinkel der Betriebswirtschaftslehre sind Vorläufer der Krise diejenigen Situationen, welche die Gefahr in sich bergen, dass sie sich a) so zuspitzen, dass sie schwer beherrschbar werden, b) den Argwohn anderer auf sich ziehen und c) die reguläre Geschäftstätigkeit beeinträchtigen. Charakteristisch für Krisen ist • die dringende Notwendigkeit von Handlungsentscheidungen, • ein durch die Entscheidungsträger wahrgenommenes Gefühl der Bedrohung, • ein Anstieg an Unsicherheit, Dringlichkeit und Zeitdruck und • das Gefühl, das Ergebnis sei von prägendem Einfluss auf die Zukunft. Im weiteren engeren wirtschaftlichen Sinne wird eine Krise als drohende Handlungsunfähigkeit im finanziellen Bereich mit Insolvenzgefahr gesehen.

Abb. 1: Verlauf einer Unternehmenskrise

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

Die Transaktionspartner bei Unternehmensverkäufen sind systematisch in die Verkäufer- und die Käuferseite zu unterteilen.

I. Verkäuferseite 1. Gesellschafter Grundsätzlich ist bei einer Unternehmenstransaktion der Gesellschafter Ausgangspunkt der Verkaufsentscheidung. Im mit der mittelständischen Unternehmensstruktur geprägten Deutschland werden Unternehmen oftmals aus Altersgründen und Problemen bei der Regelung der Nachfolge im Unternehmen verkauft. Bei genauerem Hinsehen ist jedoch nur in den seltensten Fällen ein echtes Nachfolgeproblem gegeben, denn beispielsweise könnte ein sehr gut am Markt positioniertes Unternehmen mit einem breiter aufgestellten „Top- und Middle-Management“ durchaus auch durch Gesellschafter erfolgreich fortgeführt werden, die keine zur Geschäftsführung hinreichende Qualifikation besitzen. Die Überwachung der Geschäftsführer könnte in einem solchen Fall auch durch einen Aufsichtsrat oder einen aufsichtsratsähnlichen Beirat, der das Vertrauen der Gesellschafter genießt, wahrgenommen werden. In der Praxis sieht man meist Unternehmen, die zwar noch gute Ergebnisse erwirtschaften, in denen jedoch über Jahre hinweg kein zweiter TopManager „herangezogen“ wurde. Das „Middle-Management“ ist dann häufig – anstatt eigenständig – nur noch „Erfüllungsgehilfe“ oder z.B. der verlängerte Arm eines „[paternalistischen] Inhabers“. Oftmals werden im Vorfeld bzw. in der Frühphase einer sich abzeichnenden Unternehmenskrise vorgenommene Transaktionen oder Unternehmensverkäufe mit „Nachfolgeproblemen“ begründet. Verschärft wird diese Problematik meist noch mit dem durch die Globalisierung der Märkte häufig verbundenen Investitionsdruck (z.B. Verlagerung von Produktionsstätten in Billig-LohnLänder), den die Familie nicht tragen kann oder möchte.

6

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

Auf Verkäuferseite sind beim Verkauf des Unternehmens im Wege des „Share-Deals“, also dem Verkauf der Gesellschaftsanteile, im rechtlichen Sinne der oder die Gesellschafter Transaktionspartner. Bei einem „AssetDeal“, also dem Verkauf der Vermögensgegenstände, ist Transaktionspartner der Rechtsträger des Unternehmens, der die Vermögensgegenstände verkauft. Vertreten wird der Rechtsträger durch den Geschäftsführer, welcher letztlich den Vertrag kraft seines Amtes unterzeichnet. Der Geschäftsführer handelt in der Regel jedoch nur auf Anweisung des oder der Gesellschafter. Mittelbar hat man als Käufer somit wie beim „Share-Deal“ mit den Gesellschaftern als zumeist letzten tatsächlichen Entscheidungsträger zu tun. 2. Weitere mögliche Transaktionspartner auf Verkäuferseite In Krisensituationen können jedoch auf Verkäuferseite auch andere Transaktionspartner als die eigentlichen Gesellschafter hervortreten. In Frage kommen die nachfolgend beschriebenen so genannten Treuhänder, Insolvenzverwalter und auch andere Beteiligte. Die Treuhand ist ein gesetzlich nicht geregeltes Rechtsverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder. Dabei vertraut der Treugeber, z.B. der Unternehmer, dem Treuhänder, z.B. einem Rechtsanwalt, einen rechtlich zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand (Sachen und Rechte / Treugut, z.B. Gesellschaftsanteile) an. In Krisensituationen ist oftmals das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern als Eigenkapitalgebern und den Fremdkapitalgebern gestört. Hier empfiehlt es sich, einen Treuhänder für das Halten der Gesellschaftsanteile einzuschalten, damit dieser, indem er zwischen den Beteiligten vermittelt, die vorhandenen Spannungen entschärfen und für eine für alle Seiten optimale Struktur sorgen kann. Treuhänder können natürliche oder juristische Personen sein. Treuhandverhältnisse können mit verschiedenen Zielsetzungen begründet werden. Es existieren verschiedene Arten der Treuhand. Die fiduziarische Treuhand ist die unmittelbare Übertragung des Treuguts durch Abtretung vom Treugeber auf den Treuhänder. Der Treuhänder wird rechtlich Eigentümer, womit die fiduziarische Treuhand eine echte Treuhand darstellt. Im Gegensatz dazu steht die Ermächtigungstreuhand. Hier ermächtigt der Treugeber den Treuhänder lediglich in eigenem Namen über das Treugut verfügen zu können. Das Treugut selbst verbleibt rechtlich im Eigentum des Treugebers. Damit stellt die Ermächtigungstreuhand eine unechte Treuhand dar. Die Vollmachtstreuhand ähnelt der Ermächtigungstreuhand, nur das hierbei der Treuhänder nicht im eigenen Namen, sondern einzig im Namen des Treugebers über das Treugut verfügt.

II. Käuferseite

7

Treuhänder agieren vermittelnd zwischen zwei Vertragsparteien. Als Veräußerer von Gesellschaftsanteilen tritt der Treuhänder dann auf, wenn die Anteile des Unternehmens beispielsweise zur Besicherung neuer (Sanierungs-) Kredite von den Gesellschaftern auf den Treuhänder übertragen worden sind. In diesem Fall agiert der Treuhänder bilateral, nämlich auf der Seite des Schuldners, welcher gleichzeitig Treugeber ist und im Interesse des Kreditgebers. Tritt im genannten Beispiel der Sicherungsfall ein, werden die beim Treuhänder befindlichen Anteile am Unternehmen von diesem verkauft und der Erlös fließt dem Darlehensgeber zu. Der Verkaufsvorgang erfordert eine Abstimmung dann nicht nur zwischen dem Treuhänder als Verkäufer und dem Käufer, sondern auch abhängig von der vorherigen Gestaltung des Treuhandverhältnisses zusätzlich die Einbeziehung des besicherten Kreditgebers und (ehemaligen) Gesellschafter(n) des Unternehmens. Auf die Person des Insolvenzverwalters als Verkäufer von Unternehmen oder Unternehmensteilen wird aufgrund der besonderen sachlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen des Insolvenzverfahrens umfassend im Abschnitt D. eingegangen. In Krisensituationen erlebt man des Öfteren, dass der ursprüngliche Gesellschafter zwar noch der rechtliche Eigentümer der Gesellschaftsanteile ist, jedoch nur noch mit Zustimmung der Hauptgläubiger – also in der Regel der Banken – handeln kann. Leider kommt es hierbei oftmals, im Gegensatz zum bereits beschriebenen Treuhandverhältnis, zu nicht eindeutigen Regelungen im Hinblick auf die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit. Die finanzierende Bank wird dem Unternehmer mit einer Kündigung der lebensnotwendigen Kreditlinien drohen, wenn er unabgesprochene Maßnahmen, wie z.B. den (teilweisen) Verkauf des Unternehmens durchführt. Deswegen sind bei Verkaufsverhandlungen im Rahmen von Krisentransaktionen neben dem Gesellschafter nicht selten auch die involvierten Banken anzutreffen.

II. Käuferseite 1. Strategische Käufer Unter strategischen Käufern versteht man Transaktionspartner, die bereits unternehmerische Aktivitäten in der relevanten Branche besitzen oder bei denen ein Erwerb der Aktivitäten des Krisenunternehmens zu einer vertikalen oder horizontalen Ausweitung der eigenen Wettbewerbsposition führt. Unter einer vertikalen Ausweitung der Wettbewerbsposition versteht man den Zukauf von Unternehmen, die im Verhältnis zum eigenen Unter-

8

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

nehmen entweder eine Lieferanten- oder eine Abnehmerposition einnehmen. Horizontale Ausweitung ist der Erwerb eines Wettbewerbers.

Abb. 2: Kombination von Wertschöpfungsketten

Im Gegensatz zu dem nachfolgend beschriebenen Typus des Finanzinvestors, ist ein strategischer Investor in der Regel bereit, eine Kaufpreisprämie über dem reinen finanzmathematischen Wert zu bezahlen. Diese Prämie bemisst sich zumeist durch die aufgrund des Zusammenschlusses entstehenden Synergien. Abbildung 3 verdeutlicht das Kaufpreispotential eines strategischen Investors.

II. Käuferseite

9

Abb. 3: Wertsteigerungsmöglichkeiten und Kaufpreispotential

Zwar steht diese Wertsteigerung grundsätzlich und systematisch dem Käufer zu, da er das unternehmerische und wirtschaftliche Risiko zur Realisierung dieser Synergien eingeht. Je nach Situation des Wettbewerbs der am Kauf des krisenbehafteten Unternehmens interessierten Parteien, ist ein strategischer Käufer in der Regel bereit, einen Teil dieser Synergien dem Verkäufer in einem erhöhten Kaufpreis zu übertragen („zu bezahlen“). Abbildung 4 zeigt systematisch den Unterschied zwischen strategischen Käufern und Finanzinvestoren.

10

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

Abb. 4: Übersicht Strategischer Investor vs. Finanzinvestor

2. Finanzinvestoren Finanzinvestoren sind Transaktionspartner, die zumeist noch keine Aktivitäten in der relevanten Branche haben und deren Motivation zum Erwerb eines Unternehmens ausschließlich finanziell geprägt ist. Ein Finanzinvestor hat per Definition primär kein strategisches Interesse, sondern er versucht, durch verschiedene Techniken einen finanziellen Vorteil zu erlangen. Voneinander zu unterscheiden sind private Finanzinvestoren und „Private-Equity-“ bzw. Beteiligungsgesellschaften. Immer mehr vermögende Personen gehen dazu über, ihre Vermögenswerte breit zu streuen. Neben den klassischen Anlageformen (wie z.B. festverzinsliche Wertpapiere, Immobilien, Anteile an Investmentfonds oder liquide Mittel) zählen zunehmend auch direkte Investments in börsennotierte bzw. nicht börsennotierte Unternehmen dazu. Da große Vermögen mittlerweile in vielen Fällen durch so genannte „Family Offices“ gemanagt werden und sich damit die Professionalität bei der Vermögensverwaltung in der Regel erhöht, kommt es auch zu einer zunehmenden Anzahl von Direktinvestitionen in nicht börsennotierte Unternehmen durch private Finanzinvestoren. „Private-Equity-“ bzw. Beteiligungsgesellschaften gibt es in Deutschland seit ca. 30 Jahren. Hierunter versteht man Gesellschaften, die Gelder von Investoren (Kapitalsammelstellen, wie z.B. Pensionsfonds, Versicherungen, Banken und andere Fondsgesellschaften) sammeln, um diese in

II. Käuferseite

11

börsennotierte und nicht börsennotierte Unternehmen zu investieren. Begriffsunterschiede wie „Venture Capital“, „Private Equity“ resultieren im Wesentlichen aus den unterschiedlichen Investitionskriterien und Lebenszyklen der Kaufobjekte.

Abb. 5: Die größten Beteiligungsgesellschaften

Im kleineren Mittelstand hat sich in den letzten Jahren darüber hinaus die Einschaltung öffentlicher Förderbanken als zielführend erwiesen. Öffentliche Beteiligungsgesellschaften ergänzen die finanziellen Ressourcen des Managements. Fremdkapitalgeber besichern sich in der Regel über „Assets“ des in Rede stehenden Unternehmens und versuchen über die Bürgschaft einer öffentlich rechtlichen Förderbank ihr Kreditrisiko weiter zu reduzieren. Finanzinvestoren investieren in unterschiedliche Lebensphasen eines Unternehmens sowie in verschiedene Größenklassen. Ein Finanzinvestor erwirbt ein Unternehmen und verkauft es in der Regel nach drei bis fünf, maximal sieben Jahren weiter. In dieser Zeit versucht der Finanzinvestor durch diverse Wertsteigerungsstrategien den Unternehmenswert zu erhöhen und damit sein Investment lukrativ zu verzinsen. Diese Wertsteigerungsstrategien lassen sich systematisch wie folgt einteilen:

12

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

• „Buy-and Build-Konzeptionen“, • Erwerb zum Zeitpunkt einer Bewertungslücke, • „Multiple Expansion“ durch Repositionierung des Unternehmens und geschicktes Timing beim Weiterverkauf und • operative Wertsteigerung durch Restrukturierungsmaßnahmen. Operative Wertsteigerungsstrategien von Finanzinvestoren sind in der Regel: • eine besseres Management des „Working Capitals“, • Freisetzung nicht betriebsnotwendiger Aktiva, • Freisetzung von liquiden Mitteln durch „Sale-and-Lease-back-Transaktionen“ sowie • Hebung von Rationalisierungspotenzialen im Produktionsbereich bzw. durch „Outsourcing“ nicht zum Kerngeschäft gehörender Geschäftsprozesse. Die nachstehende Grafik zeigt systematisch die Ansatzpunkte anhand eines Bilanzschemas.

II. Käuferseite

13

Abb. 6: Sanierungsansatzpunkte aus der Bilanz

Sämtliche vorstehend genannten operativen Maßnahmen zielen auf die Erhöhung der Liquidität, um damit das bei bzw. für die Akquisition aufgenommene Fremdkapital zu reduzieren (sog. „Deleverage“). Die nachstehende Tabelle zeigt vereinfacht eine solche Musterrechnung eines Finanzinvestors.

14

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

Abb. 7: Grundsätzliche Wertsteigerungshebel und Berechnung der „Internal Rate of Return“ (Kennzahl, welche die Verzinsung des Investments pro Jahr aus Sicht des Finanzinvestors angibt)

Unter „Buy-and-Build-Konzeptionen“ versteht man den Erwerb zunächst nur eines Unternehmens als „Nukleus“, um durch geschicktes Arrondieren durch weitere Unternehmenskäufe eine größere Einheit zu schaffen. Diese größere Einheit hat in der Regel eine bessere Marktpositionierung und kann durch Synergien auf der Kostenseite eine bessere Rentabilität aufweisen als die einzelnen Gesellschaften vor dem Zusammenschluss. Da ein Finanzinvestor zumeist kein hinreichendes branchen- bzw. geschäftsprozessspezifisches „Know-How“ vorhält, versucht er mit dem vorhandenen Management – sofern es ihm geeignet erscheint – seine Wertsteigerungsstrategien umzusetzen, indem er dieses in sein Erwerbskonzept integriert. Hier spricht man von einem „Management-Buy-Out“. Meist geschieht dies unter Zuhilfenahme eines erheblichen Anteils an Fremdkapital („Leveraged-Management-Buy-Out“). Da in der Regel beim Management das für größere Transaktionen notwendige Eigenkapital nicht vorhanden ist, erfolgt ein Zusammenschluss der beiden Interessensgruppen. Hierdurch entstehen Problemfelder, welche noch detailliert dargestellt werden. Darüber hinaus ist das Management meist nicht schuldlos am Zustandekommen der Krisensituation. Daher wird sich ein Finanzinvestor immer die Frage stellen, wer vom vorhandenen Management für die Umsetzung sei-

III. Prozessablauf

15

ner Strategien geeignet erscheint und ob sowie an welcher Stelle im Unternehmen zusätzliches „Know-how“ eingebracht werden muss. Wird ein Unternehmen durch eine Privatperson, die zugleich aktiv die Geschäftsführung des Unternehmens übernimmt oder in diese einsteigt, unter Zuhilfenahme eines hohen Anteils an Fremdkapital erworben, spricht man von einem „Management-Buy-In“. Auch hier erfolgt die Finanzierung in der Regel durch einen kombinierten Finanzierungsmix aus „PrivateEquity“ und Fremdkapital. In den letzten Jahren sind „Management-BuyIn’s“ seltener geworden. Viele „Private-Equity-Gesellschaften“ mussten erkennen, dass ein Manager, der fremd in ein Unternehmen und eine neue Branche kommt, längere Zeit benötigt, um sich in Prozesse, Branchenusancen und Strategien einzuarbeiten. Diese Zeit ist oftmals –insbesondere in der Krise– nicht vorhanden. „Management-Buy-In’s“ finden hauptsächlich im kleinen Mittelstand statt, zumeist durch Manager, die einen Teil ihres bereits aufgebauten Vermögens oder einer erhaltenen Abfindung einsetzen, um (wieder) unternehmerisch tätig zu werden. Bewertungslücken können bei börsennotierten Unternehmen entstehen, z.B. wenn diese sich einem allgemein schlechten Börsenumfeld nicht entziehen können und hierdurch deren Kurs fällt. Dies geschieht oftmals, obwohl die wirtschaftliche Situation des Unternehmens den Kursrückgang nicht rechtfertigt. Somit kann der aktuelle Marktpreis unter dem finanzmathematischen Wert der zukünftigen „Cash-Flows“ liegen. Unter Multiple Expansion versteht man das Ausnutzen einer verbesserten Marktsituation, die zu höheren Bewertungsmultiplikatoren führen kann. Möglich wird dies durch geschicktes Timing beim Verkauf oder aber durch die strategische Repositionierung des Unternehmens, die zu einem Wettbewerbsvorteil führt, der wiederum erhöhte Bewertungsfaktoren bedingt. In der Regel wird ein restrukturiertes und optimal ausgerichtetes Unternehmen einen höheren Multiplikator erzielen als ein Unternehmen in der Krise.

III. Prozessablauf Die nachstehende Abbildung verdeutlicht den Unterschied zwischen „normalen Unternehmenstransaktionen“ und Unternehmensverkäufen in Krisensituationen.

16

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

Abb. 8: Gegenüberstellung des „M&A“-Prozesses in normalen Unternehmenslebenszyklus-Phasen und in „Distressed Situations“

1. Erstellung eines „Information Memorandums“ Verkaufsprozesse finden zur Zeit häufig im Wege eines Bieterverfahrens statt. Das Bieterverfahren ist die zeitgleiche Ansprache mehrerer bzw. einer größeren Anzahl von Kaufinteressenten, die im Rahmen eines zeitlich und inhaltlich klar strukturierten Prozesses die Möglichkeit haben, für das zum Verkauf stehende Unternehmen ihre Angebote abzugeben. Für die Durchführung des Bieterverfahrens ist ein „Information-Memorandum“ unerlässlich. Dieses hat den Zweck, dem Investor einen ersten Überblick über • • • •

die strategische Positionierung des Unternehmens, die Wertschöpfungsprozesse, die finanziellen Verhältnisse sowie die zur Krise führenden Faktoren kurz und präzise darzustellen.

III. Prozessablauf

17

Aufgrund des knappen Zeithorizonts ist das Memorandum unter hohem Zeitdruck fertig zu stellen. In der Krise ist das Memorandum grundsätzlich weniger Verkaufsinstrument als Informationsmedium. Die Bildung verkaufsrelevanter bzw. kaufentscheidender Faktoren bleibt in der Regel dem Investor überlassen. Nichtsdestotrotz müssen im „Information-Memorandum“ die wesentlichen Punkte der Existenzberechtigung des Unternehmens bzw. – sofern vorhanden – eine etwaige Einzigartigkeit, häufig auch „Unique Selling Proposition“ genannt, herausgearbeitet werden. Auf die Besonderheiten einer Unternehmenstransaktion, wie beispielsweise die Unsicherheit der Validität der Ist- und Planzahlen, ein nicht exakt definierter Ablauf des Verkaufsprozesses, eventuelle Vorbehalte der Zustimmung der relevanten Gläubigergremien in der Krise ist in der Präambel des Memorandums sowie bei Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung besonders Wert zu legen. In der Regel besteht das Memorandum aus ca. 20 bis 40 Seiten. Es enthält eine grundsätzliche Darstellung der rechtlichen Situation des Unternehmens und des zum Zeitpunkt der Erstellung des Memorandums geplanten Prozessablaufes. Die Vertraulichkeitsvereinbarung ist stets vor Aushändigung des Memorandums einzuholen. Nach Stellung des Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist der vorläufige Insolvenzverwalter und im eröffneten Insolvenzverfahren der Insolvenzverwalter gehalten, die Interessen der Gläubiger zu wahren. Dieser Umstand kann kurzfristige Änderung des Ablaufes des Bieterverfahrens bedingen. Auch wenn jedem Kaufinteressenten klar sein muss, dass bei Unternehmenskrisen flexibel auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert werden muss, ist den Interessenten dieser besondere Umstand ausdrücklich mitzuteilen. 2. Identifikation potentieller Investoren Aufgrund des durch die Krise vorhandenen Zeitdrucks ist es unabdingbar, so schnell wie möglich eine große Anzahl von Kaufinteressenten zu identifizieren. Dem entgegen ist darauf zu achten, dass vertrauliche Kundendaten, die für das weitere Überleben des Unternehmens strategisch wichtig sind, nicht in die falschen Hände geraten. Bei allen Transaktionen und besonders in Krisenphasen ist es immer möglich, dass sich Wettbewerber durch eine angebliche Prüfung der Beteiligungsmöglichkeiten Daten verschaffen, die ihnen im Nachhinein einen Wettbewerbsvorteil bringen, auch wenn sie das Unternehmen schlussendlich nicht erwerben. Hier ist abzuwägen, ob die Wahrscheinlichkeit eines Verkaufs und damit die Rettung des Unternehmens größer ist, als ein durch Weitergabe wettbewerbsrele-

18

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

vanter Informationen an einen Wettbewerber entstehender Nachteil. Sollte das Unternehmen am Ende des Verkaufsprozesses an einen anderen Interessenten verkauft werden, so könnte der durch den M&A-Prozess mit internen und wettbewerbsrelevanten Daten ausgestattete Wettbewerber das erfolgreiche Sanierungskonzept durch z.B. aggressive Preispolitik bei den wichtigsten Kunden gefährden. Die Auswahl der Investoren erfolgt durch Analyse der Wertschöpfungskette des Krisenunternehmens. Sowohl Unternehmen vor- als auch nachgelagerter Wertschöpfungsstufen kommen als Kaufinteressenten in Betracht. Unternehmen der gleichen Branche, d.h. Wettbewerber eignen sich ebenfalls. Bei derartigen Konstellationen ist jedoch zu beachten, dass die Rettung eines Unternehmens durch Wettbewerber oftmals erhebliche Probleme im psycho-sozialen Umfeld des neu zusammengeschlossenen Unternehmens mit sich bringt. Mitarbeiter, die jahrelang am Markt um Kunden und Aufträge gegeneinander gekämpft haben, werden nicht selbstverständlich zu kooperierenden Kollegen. In der Praxis sind daher oftmals erhebliche Reibungsverluste zu erkennen, die jedoch durch geschicktes internes Marketing minimierbar sind. In der Regel wird parallel oder nach Erstellung des „Information Memorandums“ eine Liste der Kaufinteressenten erstellt, die so genannte „LongList“, die gemeinsam mit dem Management und gegebenenfalls mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter besprochen wird. Die am meisten geeignet erscheinenden Unternehmen werden ausgewählt. Zur Erstellung der „Long-List“ werden umfangreiche Recherchen in Datenbanken, Branchenoder Fachzeitschriften der Lieferanten und Abnehmer, Ausstellerverzeichnisse der für die Branche relevanten Messen gesichtet sowie Gespräche mit dem Management des krisengeschüttelten Unternehmens sowie anderen Branchenkennern geführt.. Ein weiteres Selektionskriterium ist die Umsatzgrößenklasse. In den seltensten Fällen wird ein kleineres Unternehmen ein vom Umsatz her betrachtet größeres, in der Krise befindliches, Unternehmen erwerben. Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die mit der Krise einhergehenden Probleme nur von Unternehmen bewältigt werden können, die selbst ein wesentlich größeres Geschäftsvolumen aufweisen. Es kann bei größeren Unternehmen zumeist unterstellt werden, dass Geschäftsprozesse sicherer bewerkstelligt werden und die notwendigen Management-Ressourcen vorhanden sind, um die erforderlichen Restrukturierungen beim Krisenunternehmen kurzfristig voranzutreiben. Die Liste strategischer Kaufinteressenten wird meist um eine Liste von Finanzinvestoren ergänzt. Mittlerweile hat sich in Deutschland eine beachtenswerte Zahl relevanter Finanzinvestoren, die sich mit „TurnaroundSituationen“ beschäftigen etabliert (so genannte „Restrukturierungsfonds“,

III. Prozessablauf

19

„Vulture-Fonds“ und „Special-Situation-Fonds“). Die Mehrzahl dieser Fonds unterscheiden sich hinsichtlich der Größenklasse ihrer Investments und der Größe des Eigenkapitalbetrages („Equity-Ticket“), den sie bereit sind in eine „Special-Situation-Transaktion“ einzubringen. 3. Investorenansprache und Aufbau der Verhandlungsposition im Bieterverfahren Die Ansprache der selektierten Investoren kann entweder auf direktem persönlichem Weg, indirekt über Vertrauenspersonen oder aber über Telekommunikationsmedien wie Brief, Fax und in seltenen Fällen per e-Mail erfolgen. Dabei ist darauf zu achten, dass bei Vorliegen grundsätzlichen Interesses so schnell wie möglich einen Vertraulichkeitsvereinbarung geschlossen wird, da hierdurch nicht nur die Ernsthaftigkeit des bekundeten Interesses erneut überprüft, sondern auch die anderweitige Nutzung von erhaltenen Informationen als zum Zwecke der Beteiligungsprüfung untersagt wird. Die Interessenten sollten nach Prüfung der Unterlagen ihre zunächst unverbindlichen (so genannte „non-binding-offer“), dann verbindlichen Kaufpreisangebote (so genannte „binding-offer“) abgeben. Im Idealfall sind diese Angebote so abzugeben, dass diese für einen Verkäufer, gegebenenfalls den Insolvenzverwalter und die Gläubigergremien vergleichbar sind. Innerhalb des Bieterverfahrens ist aus Sicht des Verkäufers die Herbeiführung einer Situation wünschenswert, in der die verschiedenen Kaufinteressenten dazu animiert werden können, ihre Kaufpreise sukzessive nach oben anzupassen. Maßgebend hierfür sind die Wettbewerbssituation innerhalb der Branche sowie vor allem die vom eingeschalteten „M&A“Berater innerhalb des Bieterverfahrens bzw. Veräußerungsprozesses geschaffene Wettbewerbssituation. Doch ist an diesem Punkt größte Vorsicht geboten. Verhandlungspositionen werden immer dadurch geschwächt, dass sich ein Transaktionspartner nicht an vorher festgehaltene Absprachen hält oder Informationen an den Gegenüber übermittelt (z. B. Kaufpreishöhe eines anderen Bieters, Kaufpreiserwartung der Gläubiger), die später nicht eingehalten werden können. Die Erfahrung zeigt, dass ein Bieterverfahren nur dann zu einem höher werdenden Kaufpreis führt, wenn auch andere Kaufinteressenten ihre genannten Bedingungen tatsächlich einhalten. Anderenfalls muss die Verkäuferseite Abstriche an der zuvor eingenommenen Verhandlungsposition in Kauf nehmen, was eine Reduzierung des Kaufpreises bewirkt. Ein in der Wirtschaftspresse oftmals dargestelltes und von ihr so genanntes „Hochpokern“ ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn

20

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

Berater tatsächlich ein „Ass auf der Hand“ oder zumindest „im Ärmel“ haben. 4. „Management-Presentation“ Die „Management-Presentation“ ist der nächste große und vielleicht wichtigste Meilenstein in der Realisierung der Unternehmenstransaktion. Hier trifft der Kaufinteressent auf die handelnden Personen im Unternehmen und kann sich ein detailliertes Bild über das Management und die operativen Prozesse machen. Je nach Vorgehensweise kann die „ManagementPresentation“ vor oder nach Abgabe einer „Non-binding-offer“ erfolgen. Bei größeren M&A-Transaktionen erlebt man immer häufiger, dass unverbindliche Angebote auf Basis des „Information Memorandums“ abgegeben werden sollen. Kaufinteressenten verhalten sich hier unter Umständen nach spiel-theoretischen Regeln und geben ausschließlich deshalb ein hohes Angebot ab, um im Verkaufsprozess weiterhin berücksichtigt zu werden. Bei einem weiter voran schreitenden Bieterverfahren hofft ein solcher Interessent, dass weitere Investoren aussteigen und dann der Preis schlussendlich nach unten verhandelt werden kann. Aufgabe des Beraters ist es, die taktischen Eigenarten der Bieter einschätzen zu können. Die „Management-Presentation“ stellt die aktualisierten wirtschaftlichen Verhältnisse dar. Darüber hinaus wird die strategische Ausrichtung sowie die Positionierung im relevanten Wettbewerbssegment Gegenstand einer „Management-Presentation“ sein. Aus Sicht des Verkäufers ist es wichtig, dass diese „Management-Presentation“ auf den Informationen des Memorandums aufbaut und diese an den Stellen weiter ausführt, die für den Verkauf entscheidend bzw. wertbeeinflussend sind. Dabei sollten mehr Details und aktuellere Zahlen als im Memorandum präsentiert werden, die potentielle Interessenten in ihrer Kaufabsicht bestärken und diese zusätzlich von der Investmentopportunität begeistern. Es handelt sich bei der „Management-Presentation“ nicht ausschließlich um eine reine Vortragsveranstaltung seitens der Verkäuferseite, sondern zumeist auch um eine Frage- und Antwortrunde (so genannte „Question & Answer-Sessions“), bei der die Wissensdefizite des Interessenten weitestgehend beseitigt werden sollen. Auf die Anzahl der Gesprächsteilnehmer seitens des Managements ist zu achten. Je nach den Wünschen des Kaufinteressenten können die Gesprächspartner der einzelnen Bereiche zeitweise der Präsentation beitreten und diese wieder vorzeitig verlassen. Im Anschluss an die „Management-Presentation“ folgt im Regelfall eine Betriebsbesichtigung.

III. Prozessablauf

21

In Krisensituation ist darauf zu achten, dass das Management trotz der schwierigen Situation gegenüber den Interessenten eine positive Grundeinstellung vermittelt. Die Realitität in der Praxis stellt sich oftmals anders dar. So ist die Geschäftsleitung aufgrund der Krisensituation frustriert und verschanzt sich hinter einer Abwehrhaltung. Häufig „gönnt“ das vorhandene Management einem Erwerber zudem einen etwaigen Sanierungserfolg nicht, gleicht dies doch einem Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit. 5. „Due Diligence“ Da ein Insolvenzverwalter in der Funktion des Verkäufers seine Pflichten – soweit gesetzlich zulässig – weitestgehend einschränken wird, ist es für den Käufer wesentlich, sich in den meist engen Zeitgrenzen im Rahmen einer sorgfältigen und umfassenden Unternehmensprüfung, einer so genannten „Due Diligence“, einen möglichst umfassenden Überblick über die zu erwerbenden Vermögensgegenstände zu verschaffen. Wichtig ist dies einerseits für eine Kaufpreisfindung, zum anderen für den für die neue Gesellschaft zu erstellenden Geschäftsplan. Im Rahmen der „Due Diligence“ sind auch die zu übernehmenden Aufträge zu prüfen. Sofern sie verlustbringend sind, wird der Käufer gegebenenfalls eine entsprechende Kaufpreisanpassung vornehmen. Grundsätzlich ist beim „Asset-Deal“ die Zustimmung der Kunden zum Übergang der Aufträge auf den Erwerber notwendig. Dabei sollte nicht allzu viel Zeit aufgebracht werden das veraltete (und oft nicht stimmige) Zahlenmaterial der Vergangenheit zu analysieren. Die „Due Diligence“ ist bei Krisenunternehmen eminent wichtig, da der Insolvenzverwalter als Verkäufer in der Regel nicht in der Lage ist, zu einem späteren Zeitpunkt eventuell verhandelte Gewährleistungen oder Zusicherungen aus dem erhaltenen (meist geringen) Kaufpreis zu bedienen. Vielmehr findet der Kauf vom Insolvenzverwalter in der Regel ohne die Abgabe von Garantien bzw. Zusicherungen statt. Unternehmenstransaktionen aus der Insolvenz heraus werden, wie weiter unten detailliert beschrieben, zumeist im Wege eines „Asset-Deals“ durchgeführt. Dies erleichtert die Prüfungsphase, da z.B. gesellschaftsrechtliche Prüfungen nicht oder nur in geringem Umfang durchzuführen sind. 6. Unternehmensbewertung in der Krise und Kaufpreisfindung Unter „Wert“ versteht man den „Ausdruck der Wichtigkeit eines Gutes, den es für die Befriedigung subjektiver Bedürfnisse hat“. Mit dieser Defi-

22

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

nition wird klar, dass eine Unternehmensbewertung immer durch Subjektivität geprägt ist. Zwar versucht das Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW) durch den „Grundsatz S1 zur Durchführung von ordnungsgemäßer Unternehmensbewertungen“ einen so genannten „objektivierten Unternehmenswert“ zu erheben, jedoch stellt dieser Begriff immer nur eine Rechnung nach anerkannten Muster-Verfahren dar. Sowohl in der Theorie als auch in der Praxis haben sich Ertragswertmethoden, wie beispielsweise die „Discounted-Cash-Flow-Methoden“ sowie Marktbewertungsmethoden (Multiplikatoren bzw. Verhältniszahlen von Unternehmenswert und Umsatz- bzw. Ertragskennzahlen bezogen auf vergleichbare börsennotierte Unternehmen sowie zeitnah durchgeführten Unternehmenstransaktionen) durchgesetzt. Die nachfolgende Grafik zeigt die verschiedenen Bewertungsverfahren im systematischen Überblick:

Abb. 9: Überblick über die verschiedenen Verfahren der Unternehmensbewertung (Quelle: Mandl / Rabl in Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung,)

Aus Sicht des Bewertenden ergeben sich folgende Schwierigkeiten bei der Unternehmensbewertung:

III. Prozessablauf

23

• fehlende Finanz- und betriebswirtschaftliche Informationen, • Schwierigkeit der Prognose der freien „Cash-Flows“ und • Eintrittswahrscheinlichkeit der Prognose. Unternehmensbewertungen und /-planungen gehen in der Regel von der so genannten „Going-Concern-Prämisse“ aus, d.h. dem unveränderten Bestehen des Unternehmens in der derzeitigen Struktur. Gerade jedoch bei Unternehmenskrisen ist das Zugrundelegen dieser „Going-Concern-Prämisse“ nicht möglich, da ein unverändertes Fortführen des Unternehmens zum Existenzwegfall führen würde. a) Fehlende finanz- und betriebswirtschaftliche Informationen

Häufig fehlen in der Krise aussagefähige Informationen über betriebs- und finanzwirtschaftliche Verhältnisse des Unternehmens, sind fehlerhaft oder aber nicht hinreichend detailliert. Beim Verkauf von Unternehmen spielt jedoch zum einen die Qualität des Controllings für die zukünftige operative Steuerung durch einen neuen Gesellschafter eine wesentliche Rolle. Zum anderen sind finanzwirtschaftliche Kennzahlen für die Bewertung von Unternehmen von elementarer Bedeutung. Hierfür ist ein entsprechender Informationsfluss unabdingbar. Vor Beginn des Verkaufsprozesses gilt es für die eingeschalteten Berater, zwischen der bereits erwähnten Schnelligkeit des Transaktionsprozesses und einem oftmals erwünschten hohen Detaillierungsgrad der finanzwirtschaftlichen Informationen abzuwägen. Sicherlich müssen die wesentlichen Kennzahlen, wie Umsatz, das Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) sowie vor Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte (EBITDA) im Zeitablauf dargestellt werden. Jedoch wird demgegenüber eine darüber hinausgehende detaillierte Analyse beispielsweise der sonstigen betrieblichen Aufwandspositionen in den meisten Fällen in einem ersten Schritt zugunsten der Schnelligkeit der Informationsbereitstellung unterbleiben. Nichtsdestotrotz werden im Laufe des Veräußerungsprozesses sämtliche Beteiligte versuchen, den Detaillierungsgrad der vorhandenen Informationen zu erhöhen und damit den Wahrheitsgehalt bzw. die Aussagefähigkeit der vorliegenden Zahlen zu festigen. Spätestens seit der Einführung von „Basel II“ werden von Fremdkapitalgebern immer häufiger verschiedene Szenariorechnungen zur zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklungen des Unternehmens gefordert. Diese Szenariorechnungen basieren im Wesentlichen auf einer Grundannahme („Base-Case“) und nach oben und nach unten angepassten Alternativrech-

24

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

nungen („Best-Case“ / „Worst-Case“). Auch bei Unternehmensverkäufen in der Krise sind solche Rechnungen für einen Investor interessant. Da jedoch in der Regel die zu früheren Zeitpunkten abgegebenen Planungen nicht eingehalten wurden, liegt es im Ermessen des Verkäufers / Insolvenzverwalters, ob Szenariorechnungen seitens des Managements erstellt werden und an den Kaufinteressenten weitergegeben werden sollen. Dies ist eine der wesentlichen Aufgaben einer „Financial-Due-Diligence“ durch den Kaufinteressenten. Wünschenswert sind solche Szenariorechnungen für alle Beteiligten vor allem auch vor dem Hintergrund einer Kaufpreisfindung. Bei größeren Unternehmenstransaktionen wird in der Regel bei Abgabe der „Non-binding-offer“ bzw. „Binding-offer“ vom Kaufinteressenten verlangt, die Grundannahmen seines zukünftigen Geschäftsmodells respektive der Unternehmensbewertung offen zu legen. Um den Kaufpreisspielraum zu erkennen und damit die eigene Verhandlungsposition zu stärken, sind auf Basis dieser genannten Annahmen weitere Szenariorechnungen bzw. Sensitivitätsanalysen durchzuführen. Solche Analysen machen die unterschiedlichen wertbeeinflussenden Faktoren deutlich, in dem in Durchführung einer Vielzahl von Beispielrechnungen unter Variation von beispielsweise Gewinn, Verlust und Fixkosten eine stufenweise Anpassung verschiedener, den Wert erhöhender, Parameter erfolgt. Ziel von Sensitivitätsrechnungen ist es somit, diejenigen Parameter für bestimmte Größen festzulegen, die die größten Auswirkungen auf den zukünftigen unternehmerischen Erfolg haben. b) Planung und Prognose der freien „Cash-flows“

In den letzten zehn Jahren hat sich in Deutschland das Verständnis der Definition des „Cash-flow“-Begriffes deutlich weiter entwickelt. Während in den achtziger Jahren die Definition des „Cash-flows“ in Deutschland meist noch einstufig vorgenommen wurde, d.h. durch Eliminierung der nicht zahlungswirksamen Bestandteile des Jahresüberschusses, hat sich mittlerweile in der Praxis eine mehrstufige „Cash-flow“-Rechnung etabliert. Ausgehend vom „Cash-flow“ aus dem operativen Geschäft wird heute in der modernen Finanzwirtschaft der „Cash-flow“ weiter entwickelt. Nachfolgend sind die einzelnen „Cash-flow“-Stufen dargestellt: • Cash-flow“ nach Investitionstätigkeit, • Cash-flow“ nach Veränderung des „Working-capitals“ und • Cash-flow“ nach Finanzierungstätigkeit.

III. Prozessablauf

25

Entscheidend für die Unternehmensbewertung ist der so genannte freie „Cash-flow“, der den Kapitalgebern zur Verfügung steht. Aufgrund der beiden unterschiedlichen Kapitalarten, unterscheidet man den „Cashflow“, der allen Kapitalgebern zur Verfügung steht („Free Cash-flow to the firm“ oder „Free Cash-flow to the entity“) und dem freien „Cash-flow“ für die Eigenkapitalgeber („Free Cash-flow to Equity“). Da bei einem Unternehmensverkauf aus der Krise in den meisten Fällen die Kapitalstruktur nach dem Erwerb („post-transaction“) im Vergleich zur Kapitalstruktur zum Zeitpunkt vor dem Verkauf wesentlich differiert, wird der „Free Cash-flow to the firm“ von Bedeutung sein. Diese Kennzahl stellt die Größe dar, die dem Investor zur Bedienung des eingesetzten Eigen- und Fremdkapitals zur Verfügung steht. Er selbst entscheidet auf Basis dieser Kennzahl über die optimale Kapitalstruktur, also den optimalen Verschuldungsgrad. Die Prognose dieser freien „Cash-flows“ erfolgt auf Basis der Planung der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der daraus abgeleiteten Finanzstruktur. Oftmals wird in einem „Information Memorandum“ „nur“ eine Fortschreibung der Gewinn- und Verlustrechnung dargestellt. Für die Beurteilung des Unternehmenswertes sind jedoch auch Veränderungen in der Bilanzstruktur notwendig. Bei größeren Unternehmenstransaktionen bzw. bei einer längeren Transaktionsdauer sollten diese Informationen entweder von Beginn an zur Verfügung gestellt oder jedoch im Laufe des Verkaufsprozesses nachgereicht werden. c) Einrittswahrscheinlichkeiten der Prognose

Wie bereits erwähnt, ist eines der Hauptprobleme bei Unternehmensverkäufen in der Krise, dass die für eine exakte Unternehmensbewertung notwendigen finanzwirtschaftlichen Informationen oftmals nicht zur Verfügung stehen bzw. deren Aussagegehalt deutliche eingeschränkt ist. Diese Einschränkungen sind systematisch zu unterscheiden in • Validität der Daten, • notwendiger Detaillierungsgrad der Daten und • Aktualität der Daten. Betrachtet man die Planzahlen der Vergangenheit und deren realen Eintritt, so wird bei Unternehmenskrisen in vielen Fällen eine deutliche Abweichung transparent. Dementsprechend sind zukünftige Planungen aus Sicht eines Investors mit Vorsicht zu betrachten. Auch für den Berater bzw. den Insolvenzverwalter ergeben sich hieraus nicht selten Konflikte. Einerseits ist es für einen schnellen Transaktionsprozess unerlässlich, die Kaufinte-

26

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

ressenten mit finanzwirtschaftlichen Informationen und Planungen auszustatten, die es ermöglichen, eine Unternehmensbewertung durchzuführen. Andererseits ist durch die Krisen- bzw. Insolvenzsituation offensichtlich, dass Planungen und Prognosen in der Vergangenheit nicht eingetroffen sind. Es liegt nun in der Regel im Ermessen und in der Verantwortung der Verkäuferseite, ob Planungs- und Prognoserechnungen den Kaufinteressenten zugänglich gemacht werden oder ob der Kaufinteressent an dieser Stelle darauf hingewiesen wird, diese Planungen selbst zu erstellen. Grundsätzlich gilt im Zusammenhang mit der Unternehmensbewertung und der Sanierung von Unternehmen folgendes Entscheidungskalkül:

Abb. 10: Entscheidungskalkül von Käufer und Verkäufer bei Ertragsschwäche (Quelle: Leuner in Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung)

Unter einem Normalertrag versteht man den Substanzwert multipliziert mit einem Kalkulationszinsfuss. Moxter erklärt in seinem Standardwerk zur Unternehmensbewertung, dass der Substanzwert für das Entscheidungskalkül des Käufers keine Rol-

III. Prozessablauf

27

le spielt. Er kann „daher kein Bewertungsmaßstab, keine Kontrollgröße und kein Ersatz des Ertragswertes sein“. Problematisch ist hierbei vor allem beim Kauf von Unternehmen in der Insolvenz, dass der Insolvenzverwalter, der ja der einzig Verfügungsberechtigte über das Unternehmensvermögen ist, genau diese Substanzwertbetrachtung (unter Fortführungs- und Liquidationsgesichtspunkten) anstellt. Nach Stellung des Insolvenzantrags wird das vorläufige Insolvenzverfahren durch gerichtlichen Beschluss eingeleitet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Im vorläufigen Verfahren werden durch Analyse der „Ist-Situation“ im schuldnerischen Unternehmen dessen historische Entwicklung, wirtschaftliche Lage sowie mögliche Fortführungsaussichten beurteilt sowie anschließend in einem Gutachten an das Insolvenzgericht berichtet. Basierend auf diesem Gutachten des vorläufigen Verwalters entscheidet das Insolvenzgericht über die Frage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Schon zu diesem Zeitpunkt, also bereits vor Verfahrenseröffnung, bekommt der vorläufige Insolvenzverwalter, der im eröffneten Verfahren Verwalter wird, einen Überblick über mögliche Handlungsalternativen und vorhandene Vermögenswerte. Im eröffneten Verfahren werden schließlich Sachverständige mit der Bewertung sämtlicher Vermögensgegenstände, mithin zur Erstellung von Gutachten beauftragt. Die Bewertung des Schuldnervermögens erfolgt hierbei unter Zugrundelegung eines Liquidations- sowie eines Fortführungsszenarios, sodass dem Verwalter für bevorstehende Kaufpreisverhandlungen ein Rahmen vorgegeben ist. Verstärkt wird dieser Umstand durch die Tatsache, dass der Insolvenzverwalter als Sachwalter bzw. im Interesse der Gläubiger handelt. Das Insolvenzrecht stellt die Alternativen Sanierung, Liquidation und übertragende Sanierung als gleichberechtigt nebeneinander. Die unterschiedliche Betrachtungsweise der beiden Bewertungsverfahren „aktuell positiver Substanz-(Liquidations-)wert vs. aktuell negativer Ertragswert“ birgt bei jeder Transaktion im Insolvenzverfahren Konfliktpotential zwischen Verwalter und Kaufinteressenten bei der Kaufpreisverhandlung. Aus Sicht des Insolvenzverwalters sieht eine Mindest-Kaufpreisermittlung wie folgt aus: Fortführungswert (mind. Liquidationswert) > Ertragswert => Kaufpreis = Fortführungswert (mind. Liquidationswert) Fortführungswert (mind. Liquidationswert) < Ertragswert => Kaufpreis = Ertragswert

Häufig erschließt sich dem Kaufinteressenten nicht, warum immer der höhere Wert anzusetzen ist.

28

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

Grundsätzlich verkauft auch der Verwalter immer zum Ertragswert. Da jedoch unter Umständen der Ertragswert niedriger ist als der Liquidationswert und das Insolvenzrecht die oben genannten Alternativen der Verwertung als gleichwertig ansieht, ist der Verwalter in einer solchen Situation zur Wahrung der Interessen der Insolvenzgläubiger regelmäßig dazu gehalten, das Schuldnerunternehmen zu liquidieren. Möchte ein Käufer dennoch das operative Geschäft erwerben – was sich nur durch die erwartete Nutzung von Synergien oder nicht genutzter Potenziale erklärt – muss der Teil der Wertsteigerung in die Insolvenzmasse gezahlt werden. Hierdurch kann dem Insolvenzverwalter der grundsätzliche gesetzliche Zwang der Liquidation genommen werden. Wohlgemerkt bietet ein Insolvenzplan, der statistisch bislang jedoch ein Ausnahmefall darstellt, die Möglichkeit, durch Mehrheitsentscheidung der Gläubiger anderweitige und flexiblere Regelungen zu finden. d) Kaufpreisgestaltung

Grundsätzlich bestehen mehrere Möglichkeiten der Kaufpreiszahlung, die durch die nachfolgende Grafik verdeutlicht werden. Je nach Zeitpunkt und Fortschreiten der Unternehmenskrise variieren die Interessen des Verkäufers hinsichtlich der Kaufpreisgestaltung. Während zu Beginn der Unternehmenskrise sowohl Käufer als auch Verkäufer oftmals einen variablen Kaufpreis nicht abgeneigt sind, ändert sich diese Einstellung beim Fortschreiten der Unternehmenskrise.

III. Prozessablauf

29

Abb. 11: Varianten der Kaufpreiszahlung

Bei Beginn von Unternehmenskrisen ist der Verkäufer noch davon überzeugt, dass die schlechte wirtschaftliche Entwicklung nur kurzfristiger Natur ist. Daher ist hier auf Käuferseite zumeist die Bereitschaft anzutreffen, einen über einen mittelfristigen Zeitraum definierten variablen Kaufpreis zu akzeptieren. Schreitet die Krise jedoch weiter fort, nimmt der Glaube an eine positive Zukunft mit fortschreitender Zeit weiter ab. Darüber hinaus wird ein Verkauf oftmals als Risikobegrenzung und Schlussstrich angesehen. Auch zur besseren Kalkulation des Gesamtrisikos, das mit der Transaktion verbunden ist, wird oftmals ein fester Kaufpreis bevorzugt. Umgekehrt ist auch ein Käufer bei einer kurzfristigen Krise eher bereit, einen variablen Kaufpreis zu zahlen. Meist definiert der Käufer den Transaktionsgrund für sich als Okkasion, die nur in einem kurzen Zeitfenster möglich ist. Um dieses kurze Zeitfenster zu nutzen, ist ein Käufer im Rahmen eines variablen Kaufpreises bereit, die eigentlich ihm zustehende Wertsteigerung der Zukunft mit dem Verkäufer zu teilen. Ist die Unternehmenskrise weiter fortgeschritten und die Unfähigkeit des Gesellschafters bzw. des Managements zur Krisenbewältigung offensichtlich, entsteht ein anderes Rollenverständnis. Hier nutzt der Kaufinteressent nicht ein kurzes Zeitfenster und eine Investmentopportunität, sondern definiert seine Rolle als „Retter des Unternehmens“. Aus diesem unterschiedlichen Rollenverständnis heraus nimmt die Bereitschaft ab, Zukunftserfolge durch harte Sanierungsmaßnahmen mit dem Verkäufer zu teilen.

30

B. Transaktionspartner und Prozessablauf

Nach eigenen Erfahrungen gilt folgende systematische Darstellung:

Abb. 12: Einflussbereich der Verhandlungsberechtigten Verkäufer, Käufer und Insolvenzverwalter

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

Der Verkauf eines in der Insolvenz befindlichen Unternehmens weist im Gegensatz zu einem außerhalb der Insolvenz stattfindenden Unternehmensverkauf zahlreiche Besonderheiten auf. Ursächlich dafür sind zum einen die für die Insolvenzsituation geltenden gesetzlichen Regelungen und zum anderen die sich voneinander stark unterscheidenden Interessenlagen der am Verkaufsprozess Beteiligten. So schlagen sich nicht nur die Interessen des Käufers und des Insolvenzverwalters als Verkäufer des insolventen Betriebes im Inhalt des Kaufvertrages nieder. Auch andere Personengruppen wie Darlehensgeber, Arbeitnehmer, Sicherungsgläubiger sowie insbesondere Lieferanten und Kunden müssen teilweise von Beginn an auf unterschiedliche Weise bei einem Verkaufsprozess einbezogen werden. Wie sich jeder vorstellen kann, wirft dieses Zusammentreffen verschiedener Interessenlagen zahlreiche Schwierigkeiten auf.

I. Das Insolvenzverfahren 1. Allgemeines Ziel des Insolvenzverfahrens ist bekanntermaßen die quotal bestmögliche und gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger. Damit unterscheidet sich das Insolvenzverfahren als Gesamtvollstreckungsverfahren, in dem einer, nämlich der Insolvenzverwalter für alle Gläubiger vollstreckt, von der Einzelvollstreckung, bei der die Gläubiger gewissermaßen im Wettlauf jeder für sich gegen das Unternehmen vorgehen, um ihre Forderungen zumindest teilweise zu befriedigen. Anders als die früher geltende Konkursordnung sieht die Insolvenzordnung keine Zerschlagungsautomatik des Schuldners vor, sondern strebt eine ökonomisch vernünftige Verwirklichung der Haftung, d.h. Verwertung gegenüber den Gläubigern an. Um den Erhalt der wirtschaftlichen Existenz des Insolvenzschuldners zu sichern, sollte die so genannte Haftungsverwirklichung möglichst in Form

32

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

einer Sanierung stattfinden. Die Sanierung ist jedoch kein vorrangiges Verfahrensziel. Vielmehr stehen Sanierung, also die „Reorganisation“ des Unternehmensträgers selbst, die so genannte übertragende Sanierung, d.h. der Verkauf und die Übertragung der den Geschäftsbetriebs ausmachenden Vermögenswerte und Rechtsverhältnisse an einen Dritten mit anschließender Liquidation des insolventen Rechtsträgers und die Liquidation zum Zweck der Haftungsverwirklichung gleichberechtigt nebeneinander. 2. Durchführung des Insolvenzverfahrens Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens setzt immer einen beim zuständigen Insolvenzgericht durch den Schuldner oder Gläubiger zu stellenden Insolvenzantrag voraus. Hierfür müssen die in den §§ 17 ff. InsO beschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) vorliegen. Zahlungsunfähigkeit wird nach höchstrichterlicher Rechtssprechung dann angenommen, wenn der Schuldner innerhalb eines Zeitraumes von drei Wochen nicht mehr in der Lage ist, mindestens zehn Prozent seiner fälligen Verbindlichkeiten zu zahlen. Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt dann vor, wenn schon vor der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit, beispielsweise anhand eines Liquiditätsplans absehbar ist, dass in Zukunft mindestens zehn Prozent der fälligen Verbindlichkeiten innerhalb eines Dreiwochenzeitraums nicht mehr bedient werden können. Bei entsprechender Unternehmensgröße und laufendem Geschäftsbetrieb wird der zuständige Insolvenzrichter am Tag der Antragstellung einen vorläufigen Insolvenzverwalter einsetzen. Ferner wird das Insolvenzgericht mit dem Ziel des Erhalts der zukünftigen Insolvenzmasse vorläufige Sicherungsmaßnahmen anordnen. Die Aufgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters besteht zunächst in der Prüfung der wirtschaftlichen und rechtlichen Situation des Unternehmens, deren Ergebnisse in einem Gutachten dem Insolvenzgericht mitgeteilt werden. Dazu sind dem vorläufigen Verwalter umfangreiche Geschäftsunterlagen sowie Dokumente über die Gründung und den Verlauf der Gesellschaft sowie die betriebswirtschaftliche Entwicklung zur Verfügung zu stellen. Auf Grundlage des Gutachtens entscheidet das Insolvenzgericht über die Frage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Bereits im vorläufigen Insolvenzverfahren wird bereits deutlich, ob eine Fortführung des Schuldnerunternehmens möglich ist oder dieses alternativ liquidiert werden muss. Ist die Frage der Fortführung positiv zu beurteilen, werden schon an dieser Stelle des Verfahrens entsprechende Weichen gestellt. So ist eingehend der Grund der Insolvenz, die bestehende Auftrags-

I. Das Insolvenzverfahren

33

lage sowie -entwicklung und die Ertragskraft des schuldnerischen Unternehmens zu analysieren. Für ein bevorstehendes eröffnetes Insolvenzverfahren mit dem Ziel einer (übertragenden) Sanierung und / oder eines Insolvenzplans müssen die zu einer Liquidation führenden Fehlentscheidungen in rechtlicher und vor allem betriebswirtschaftlicher Hinsicht vermieden werden. So gilt es, Liquidität zu sichern und sämtliche für eine Fortführung unverzichtbaren Vertragspartner zu beruhigen bzw. nicht zu „verscheuchen“. Angesichts einer bis in die Hunderte gehenden Zahlen aufgebrachter Lieferanten auf der einen und, möglicherweise überraschten, zumindest aber an der gemeinsamen Geschäftsbeziehung zweifelnden Kunden auf der anderen Seite eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Hier ist es auch Aufgabe der Geschäftsführung, neben oder ohne den Verwalter mit sämtlichen Geschäftspartnern in gewohnter Weise umzugehen und in jedem Fall den möglichst reibungslosen Ablauf des Geschäfts- bzw. Unternehmensalltages zu sichern. Zur frühzeitigen Sicherung oder auch Beschaffung von Liquidität empfiehlt sich bei positiver Fortführungsprognose, also der erkannten Möglichkeit zur Fortführung und / oder Sanierung des Unternehmens, zur Entlastung von Lohn- und Gehaltszahlungen die Inanspruchnahme von Insolvenzgeld. Dieses wird von der Bundesagentur für Arbeit für Lohnrückstände der letzten drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, also für den Zeitraum des vorläufigen Verfahrens, gezahlt (§§ 183, 185 SGB III). Die Lohnforderungen der Arbeitnehmer gehen gemäß § 187 SGB III auf die Agentur über, welche die Forderungen als Insolvenzgläubigerin (vgl. § 55 Abs. 3 InsO) geltend machen kann. Die Auszahlung erfolgt jedoch erst nach dem Beschluss des Insolvenzgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Problematisch für eine avisierte übertragende Sanierung im eröffneten Insolvenzverfahren wirkt sich hierbei der Umstand aus, dass einige Arbeitnehmer das Unternehmen bereits im vorläufigen Verfahren verlassen haben. Um dies zu verhindern, kann das Insolvenzgeld zur Sicherstellung der Zahlung von Löhnen und Gehältern durch eine Bank vorfinanziert werden. Dazu werden Lohnforderungen durch die Arbeitnehmer an die finanzierende Bank mit der gemäß § 188 Abs. 4 SGB III erforderlichen Zustimmung der Agentur für Arbeit verkauft und abgetreten. Der erhaltene Kaufpreis wird zur Zahlung der Löhne verwendet. Damit bleiben die Arbeitnehmer dem Unternehmen vorerst erhalten und zudem ist das Unternehmen im vorläufigen Verfahren von den laufenden Lohnkosten entlastet. Die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld setzt aber regelmäßig die Darlegung entsprechender Sanierungsperspektiven und Möglichkeiten durch den vorläufigen Insolvenzverwalter gegenüber der Agentur für Arbeit voraus. Ferner ist auch hier das Zusammenwirken der Geschäftsführung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter

34

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

erforderlich, denn für die Durchführung der Insolvenzgeldfinanzierung müssen die betroffenen Arbeitnehmer aufgeklärt werden. Das Insolvenzrecht unterscheidet in der Praxis zwischen dem „schwachen“ und dem „starken“ Insolvenzverwalter. In der überwiegenden Zahl der Fälle sehen die Gerichte von der Bestellung eines „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters ab, sodass der Insolvenzverwalter im vorläufigen Verfahren zunächst „schwacher“ Verwalter ist. In diesem Fall geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners aufgrund eines gerichtlichen, gegen den Schuldner gerichteten Verfügungsverbots nicht vom Schuldner auf den Verwalter über (vgl. § 21 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, 2. Alt. InsO). Somit bleibt der Schuldner bzw. die Geschäftsführung des insolventen Unternehmens für alle Vorgänge und Maßnahmen betreffend den Geschäftsbetrieb weiterhin legitimiert. Der vorläufige Insolvenzverwalter übt an der Seite des Schuldners eine Überwachungsfunktion aus. Sämtliche Geschäftsvorgänge sind mit dem vorläufigen Verwalter zu besprechen und abzustimmen. Auf Antrag des Verwalters und durch hierauf folgenden Beschluss des Insolvenzgerichts kann der „schwache“ zum „starken“ vorläufigen Verwalter ermächtigt werden. Die Rechtsposition des „starken“ vorläufigen Verwalters gleicht derjenigen des Insolvenzverwalters im eröffneten Verfahren: So hat der starke vorläufige Verwalter u.a. eine umfassende Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 22 Abs. 1 S. 1 InsO) sowie das Recht und die Pflicht zur Erhaltung und Sicherung der zukünftigen Insolvenzmasse (§ 22 Abs. 1 S. 2 InsO). Vom starken Verwalter begründete Verbindlichkeiten sind Masseverbindlichkeiten (vgl. § 55 Abs. 2 InsO), also aus der Insolvenzmasse zu bedienen. Für Masseverbindlichkeiten kann der Verwalter nach § 61 Satz 1 InsO persönlich haftbar gemacht werden. Die Gerichtspraxis ist dazu übergegangen, den „schwachen“ Verwalter mit Zustimmungsbefugnis zu bestellen. Dazu ergeht vom Insolvenzgericht die Anordnung, dass zur Sicherung der Vermögensmasse bestimmte Verfügungen des Schuldners, beispielsweise bestimmte neu zu schließende Verträge, nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam werden (§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. InsO). Ferner kann sich der Verwalter vom Insolvenzgericht zum Abschluss bestimmter Verträge ermächtigen lassen. In Folge dieser Ermächtigung verliert der Schuldner in Bezug auf die abzuschließenden Verträge seine Verfügungsbefugnis vollständig. In der Praxis betrifft dies zumeist mit Lieferanten und / oder Kunden innerhalb des vorläufigen Insolvenzverfahrens zu treffende Vereinbarungen bzw. Fortführungsvereinbarungen. Für den Unternehmensverkauf im vorläufigen Insolvenzverfahren muss der vorläufige Verwalter entweder speziell für den Abschluss des Kaufvertrages ermächtigt oder aber zum „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter ernannt werden.

I. Das Insolvenzverfahren

35

Mit gerichtlichem Eröffnungsbeschluss wird das eigentliche Insolvenzverfahren eingeleitet und gemäß § 56 InsO der Insolvenzverwalter bestellt. Das Amt des Insolvenzverwalters ist ein persönliches Amt und endet durch Entlassung aus wichtigem Grund durch das Insolvenzgericht (§ 59 Abs. 1 InsO), konstruktive Abwahl in der ersten Gläubigerversammlung (§ 57 InsO) und durch Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens (§§ 200 bzw. 207 InsO). Der Verwalter handelt ab Insolvenzeröffnung als Partei kraft Amtes im eigenen Namen und unabhängig vom Willen des Schuldners aufgrund eigener Rechte. Er ist der Hauptsansprechpartner für alle Beteiligten. Auch im eröffneten Insolvenzverfahren, insbesondere bei positiven Fortführungsperspektiven, muss die Geschäftsführung dem Verwalter weiter mit Rat und Tat zur Seite stehen. Mit Verfahrenseröffnung erlangt der Verwalter vom Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 80 Abs. 1 InsO) und nimmt das Vermögen des Schuldners – die Insolvenzmasse – in seinen Besitz (§§ 148 ff. InsO). Ferner entscheidet der Verwalter über die Fortsetzung oder Beendigung bestehender Verträge (§§ 103 ff. InsO) und schwebender Prozesse (§§ 85 ff. InsO). Zudem wird durch den Verwalter im eröffneten Verfahren geprüft, ob in der Vergangenheit aus dem Schuldnervermögen entfernte Gegenstände im Wege der Insolvenzanfechtung in die Masse zurückgeholt werden können (§§ 129 ff. InsO). Durch die Insolvenzanfechtung können die Folgen einer nachteiligen Verschiebung von Vermögensteilen rückgängig gemacht werden. Ein ähnliches Ziel verfolgt die so genannte Rückschlagssperre (§ 88 InsO). Die Rückschlagssperre schützt die Insolvenzmasse vor Vollstreckungen im letzten Monat vor dem Antrag auf Verfahrenseröffnung. Im durch gerichtlichen Eröffnungsbeschluss festgelegten Berichtstermin schildert der Insolvenzverwalter die wirtschaftliche Lage des Schuldners (§ 156 InsO) und gibt einen Überblick über seine getätigten Maßnahmen. Zudem wird in diesem Termin die erste Gläubigerversammlung abgehalten. Hiermit besteht für die Insolvenzgläubiger die Möglichkeit, den gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter abzuwählen – eine Ausprägung der Gläubigerautonomie – (§ 57 InsO) sowie einen Gläubigerausschuss zu bestimmen. Neben der Gläubigerversammlung ist der Gläubigerausschuss zweites zentrales Organ der Gläubigerautonomie. Geregelt ist der Gläubigerausschuss, insbesondere Stellung und Rechtsverhältnisse betreffend seine Mitglieder in den §§ 67 bis 73 InsO. Ziel des Gläubigerausschusses ist es, den Insolvenzverwalter in seiner Tätigkeit zu unterstützen und auch zu überwachen. Im Insolvenzverfahren entscheiden die Gläubiger über die Fortführung des Unternehmens sowie weitere Fragen betreffend den Verfahrensablauf. Nach der Gläubigerversammlung hat der Insolvenzverwalter nach Maßga-

36

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

be der Beschlussfassung der Gläubiger die weiteren Geschicke des Unternehmens zu leiten. Im so genannten Prüfungstermin findet die Prüfung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger statt. Berichts- wie auch Prüfungstermin werden nicht öffentlich abgehalten. Veröffentlicht wird allerdings die Tatsache der Insolvenz als solche in der lokalen Presse und/oder im Bundesanzeiger. Ergänzend zum weiteren Verfahrensablauf sei schematisch darauf hingewiesen, dass der Verwalter im weiteren Verfahrensverlauf die Verwertung des Schuldnervermögens vornimmt und auf Basis des Verteilungsverzeichnisses (§§ 188 InsO) die quotale Verteilung des Verwertungserlöses an die Insolvenzgläubiger folgt. Abschließend wird ein Schlusstermin abgehalten (§197 InsO), dem die Aufhebung des Verfahrens folgt (§ 200 InsO)

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens Bei der Veräußerung eines Unternehmens in der Krise ist grundsätzlich zwischen folgenden Zeitpunkten zu differenzieren. Der Veräußerungsvorgang kann stattfinden: • vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, • dem Erwerb im vorläufigen Insolvenzverfahren, also im Zeitraum zwischen Antragsstellung und Verfahrenseröffnung und • dem Erwerb nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Aus rechtlichen Gesichtspunkten ergeben sich je nach gewähltem Zeitmoment für die Unternehmenstransaktion erhebliche, nachfolgend im Einzelnen dargestellte Unterschiede. 1. Die Veräußerung vor Stellung des Insolvenzantrags Die Veräußerung vor Stellung des Insolvenzantrags ist streng genommen kein Verkauf aus der Insolvenz, sonder vielmehr in bzw. aus der Krise. Es besteht jedoch ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Kauvertrages und der Insolvenzantragsstellung. Zudem bestehen vor einem Insolvenzantrag gewisse Risiken. Strukturell unterscheidet sich der Verkauf eines Unternehmens vor dem Insolvenzantrag danach, ob das Unternehmen mit oder ohne seinen Rechtsträger veräußert werden soll. Aus haftungsrechtlichen Gründen ist der Unternehmensverkauf nach Antragstellung und vor Insolvenzeröffnung ausgesprochen selten. In Betracht kommt dieser Unternehmensverkauf jedoch dann, wenn ein Gläubiger zur

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

37

Rücknahme seines gestellten Insolvenzantrags zu bewegen ist und damit eine außergerichtliche Sanierung möglich wird. Transaktionsformen für den Verkauf können der „Asset-„ und der „Share-Deal“ sein. Erfolgt der Verkauf des Unternehmens in Form des Erwerbs der Gesellschaftsanteile (Rechtsträger) vom Gesellschafter selbst, also in Form des „Share-Deals“, so wird dessen Beteiligung an den Erwerber veräußert und übertragen. Einhergehend mit der Übertragung der Beteiligung vom Gesellschafter auf den Erwerber gehen auch die in der Beteiligung verkörperten Vermögens- und Mitbestimmungsrechte über. Der alleinige Erwerb von in der Beteiligung verkörperten Rechten stellt gemäß § 453 Abs. 1 BGB nur einen Rechtskauf dar. Ein Sachkauf ist dagegen gegeben, wenn das Mitgliedschaftsrecht in einem Wertpapier verkörpert ist oder die Gesamtheit eines Unternehmens Gegenstand des „Share-Deals“ ist. Beim „Share-Deal“ von Personengesellschaften wie der OHG und der KG wird die Gesellschafterstellung auf den Erwerber übertragen. Der Kauf von Anteilen an diesen Personengesellschaften wird daher als Verkauf von Gesellschaftsrechten angesehen. Zu unterscheiden ist zwischen dem • Gesellschaftsanteil, • dem Vermögensanteil und • dem Kapitalanteil. Der Gesellschaftsanteil umfasst die mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten. Der Vermögensanteil gibt die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen wieder. Der Kapitalanteil bestimmt das Verhältnis der Beteiligung der verschiedenen Gesellschafter zueinander und stellt damit eine bloße Rechnungs- oder Bilanzziffer sowie einen Bezugspunkt für die Gewinnverteilung nach § 121 HGB und die Beteiligung am Eigenkapital der Gesellschaft dar. Somit ist eine Verfügung über den Kapitalanteil rechtlich nicht möglich. Gegenstand einer durch Abtretung (§§ 398 ff. BGB) erfolgenden Übertragung im Rahmen des „Share-Deals“ kann nur der Vermögensanteil sein. Mit Wirkung der formfrei möglichen Abtretung erwirbt der Neugesellschafter (ggf. mit Zustimmung verbliebener Gesellschafter) den Vermögensanteil des bisherigen Inhabers. Aus steuerrechtlicher Betrachtung stellt sich der Erwerb von Personengesellschaftsanteilen als ein Erwerb der Wirtschaftsgüter der Gesellschaft dar. Folglich gelten für den Käufer die für einen „Asset-Deal“ bestehenden Abschreibungs- und Umwandlungsvorteile. Hier besagt die so genannte „Modifizierte Stufentheorie“, dass ein Käufer den im Wege des „Asset-Deals“ bezahlten Kaufpreis zunächst auf die aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgüter aufteilt. Dabei verwendet er

38

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

den steuerlichen Teilwert, der zumeist dem Verkehrswert entspricht. Die Abschreibungsdauer entspricht der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des betroffenen Vermögensgegenstandes. Hiernach wird in einem nächsten Schritt ein etwaiger Mehrkaufpreis auf die aktivierungsfähigen Wirtschaftsgüter verteilt. Dies können beispielsweise vom Unternehmen erstellte Software und Patente sein. Nach dem deutschen Handelsrecht sind diese im Falle der Eigenentwicklung nicht aktivierungsfähig, jedoch bei einem käuflichen Erwerb aktivierungspflichtig. Die Abschreibung folgt ebenfalls der wirtschaftlichen Nutzungsdauer bzw. bei Lizenzen und Patenten zum Beispiel der Restlaufzeit. Ein weiterer, etwaiger Mehrkaufpreis wird als Geschäfts- oder Firmenwert nach § 255 HGB Abs. 4 aktiviert und über einen Zeitraum von fünf Jahren abgeschrieben. Steuerlich ist eine Abschreibung jedoch nur über einen Zeitraum von 15 Jahren möglich (§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG). Bei der Kapitalgesellschaft ist der Geschäftsanteil (GmbH) oder die Aktie (AG) Kaufgegenstand. Im Geschäftsanteil oder der Aktie ist die Gesamtheit der Rechte und Pflichten des Anteilsinhabers verkörpert, so dass mit deren Übertragung auch die Rechte und Pflichten des Inhabers der Geschäftsanteile vom bisherigen Inhaber auf den Erwerber übergehen. Namensaktien sind sog. „geborene“ Orderpapiere und können gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 AktG durch Indossament sowie durch formlose Einigung und Übergabe übertragen werden. Die Übertragung von Inhaberaktien erfolgt formfrei durch Einigung und Besitzverschaffung. Bei GmbH-Anteilen erfolgt die Übertragung nach §§ 398 i.V.m. 413 BGB in Form eines notariell zu beurkundenden Vertrages (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Bei satzungsbedingtem Ausschluss der Verbriefung von Inhaberrechten eines AG-Anteils in der Aktie erfolgt die Überleitung der Mitgliedschaftsrechte wie bei der GmbH. Bei einer Veräußerung eines kurz vor der Insolvenz stehenden Rechtsträgers werden auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens, die für die Unternehmenskrise ursächlich sind, (z.B. zu hohe Zinslasten aus überdimensionierten Verbindlichkeiten) durch den Käufer mit übernommen. Dieses Risiko sollte sich im Inhalt des Kaufvertrages beispielsweise bei der Bemessung des Kaufpreises, Haftungsfreistellungen oder Gläubigerbeiträgen für eine bevorstehende Sanierung möglicherweise in Form von Stundungen oder Forderungsverzichten niederschlagen. Erfolgt ein Verkauf der zum Unternehmen gehörenden Vermögenswerte und Wirtschaftsgüter sowie die Übertragung dieser auf einen anderen Rechtsträger spricht man von einem „Asset-Deal“. Aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes müssen die zum Unternehmen gehörenden und zu verkaufenden Vermögenswerte und Wirtschaftsgüter in einer Anlage zum Kaufvertrag unmittelbar und einzelgegenständlich erfasst werden. Ver-

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

39

kaufsgegenstände können somit das bewegliche und unbewegliche Anlage- sowie Umlaufvermögen, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, der Kundenstamm, der Auftragsbestand, sonstige Vermögensgegenstände sowie dazu gehörige Arbeits-, Vertrags- und auch sonstige Rechtsverhältnissen sein. Diese Art des Erwerbes ist je nach Vertragsgegenstand Sach- (§ 433 Abs. 1 S. 1BGB) oder Rechtskauf (§ 452 Abs. 1 BBGB), zumeist jedoch eine Kombination beider Elemente. Gegeben ist eine Unternehmenstransaktion in Form eines „AssetDeals“, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung sämtliche zur Fortführung der bisherigen geschäftlichen Aktivitäten benötigten Sachen und Rechte, immateriellen Vermögensgegenstände, Verträge, usw., Gegenstand des Kauf- und Übertragungsvertrages sind. Entscheidend ist, ob die wesentlichen Unternehmensgrundlagen übergehen. Zu beachten ist, dass z.B. Rahmenverträge mit Kunden nicht einfach verkauft werden können. Da der Kaufvertrag damit ein Vertrag zu Lasten eines Dritten wäre, wird das Einverständnis betroffener Kunden benötigt. In der Regel wird der Erwerber selbst – unter Aufhebung der zu Beginn des Prozesses vereinbarten Vertraulichkeit – oder das Management des Unternehmens mit den Kunden in Kontakt treten und entsprechende Agreements über die Fortführung der bestehenden Vertragsbeziehungen abschließen. Die Risiken des „Asset-Deals“ kurz vor Antragsstellung unterscheiden sich von denen des im Vorfeld beschriebenen „Share-Deals“. Beim „Asset-Deal“ kann in der Regel frei darüber entschieden werden, welche Vermögenswerte des Unternehmens auf den Erwerber übergehen. So können Vermögensbestandteile, die für den Erwerber nicht interessant sind, beim alten Unternehmen bzw. veräußernden Rechtsträger verbleiben. In Frage kommen beispielsweise kontaminierte Grundstücke oder auch unrentable Betriebsteile. Auch die Verbindlichkeiten, welche das Unternehmen „in die Knie gezwungen“ haben, können von der Übertragung auf den Erwerber ausgeschlossen werden und bleiben in der Folge beim Veräußerer zurück. Letztlich wird damit das Risiko der Übertragung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf den Erwerber verhindert. Findet dagegen der Erwerb eines Handelsgeschäfts statt und führt der Erwerber es unter der bisherigen Firma – sei es auch mit Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Namenszusatzes – fort, gilt etwas anderes. In diesem Fall haftet der Erwerber nach § 25 Abs. 1 HGB für alle im Betrieb des Veräußerers begründeten Verbindlichkeiten. Die wesentliche Gefahr eines „Asset-Deals“ im Vorfeld eines Insolvenzantrages liegt in der grundsätzlich möglichen Anfechtbarkeit von „Rechtshandlungen“ des Schuldners durch den Insolvenzverwalter im dann später eröffneten Verfahren. Nach § 129 InsO können vom Insolvenzverwalter alle Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insol-

40

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

venzverfahrens vorgenommen worden sind und welche die Insolvenzgläubiger benachteiligen nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO angefochten werden. Für die Anfechtung ist insbesondere der Tatbestand des § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO praktisch bedeutsam. Danach ist ein Rechtsgeschäft des Schuldners dann anfechtbar, wenn dieses die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag vorgenommen worden ist, der Schuldner zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war und der andere Teil zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kannte. Anzunehmen ist eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung, wenn sich die quotale Befriedigung der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne Vorliegen des anfechtbaren Rechtsgeschäfts günstiger darstellen würde, die quotale Befriedigung ohne das vorliegende Geschäft folglich höher ausfällt. Maßgebend ist hierbei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie die Kenntnis derselben durch den Vertragspartner setzt die positive Kenntnis von solchen Umständen voraus, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (§§ 132 Abs. 3, 130 Abs. 2 InsO). Nicht ausreichend ist jedoch eine grob fahrlässige Unkenntnis. Die Beweislast trägt der Insolvenzverwalter. Eine Erleichterung der Beweislast stellt § 130 Abs. 2 InsO dar. Danach steht die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags der Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. Erste objektive Anhaltspunkte für eine bestehende Zahlungsunfähigkeit sind danach die Häufung von Klagen und Zwangsvollstreckungen gegen das Unternehmen, die verstärkte Inanspruchnahme von Bürgen oder Garantiegebern und eine verschleppte Zahlung von Löhnen und Lohnnebenkosten oder auch von Steuern. Insofern kann sich die für eine Übernahme notwendige detaillierte Kenntnis der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens aufgrund des Anfechtungsrisikos letztendlich für den Übernehmenden als nachteilig und für den späteren Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren als vorteilhaft erweisen. Liegen die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes vor, besteht für den Erwerber die Pflicht, dasjenige zur Insolvenzmasse zurückzugewähren, was durch das angefochtene Rechtsgeschäft veräußert worden ist (§ 143 Abs. 1 S. 1 InsO). Bei einem vor der Insolvenz erfolgten „AssetDeal“ ist also das gesamte veräußerte Unternehmen als Einheit in die Masse zurückzuführen. Der Insolvenzverwalter seinerseits hat den Kaufpreis an den Erwerber zurückzuerstatten. Hierbei ist jedoch zu differenzieren. Der Verwalter ist grundsätzlich zur Erstattung des Kaufpreises „aus der Insolvenzmasse“ verpflichtet (§ 144 Abs. 2 S. 1 InsO). Insofern ist der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für den Erwerber Masse- und nicht Insolvenzforderung. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Masse

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

41

im Zeitpunkt des Rückgewährvollzugs noch um den Wert des Kaufpreises bereichert ist, also der gezahlte Kaufpreis noch unterscheidbar im Vermögen des insolventen Rechtsträgers vorhanden ist. Befindet sich der gezahlte Kaufpreis dagegen nicht mehr im Vermögen des insolventen Rechtsträgers kann der Erwerber seine Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises dann nur noch als Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsO geltend machen (§ 144 Abs. 2 S. 2 InsO). Folglich besteht für den Insolvenzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren mit der Anfechtung die Möglichkeit die Insolvenzmasse entsprechend anzureichern. In Folge dessen läuft der Erwerber eines vor Stellung des Insolvenzantrages im Wege des „Asset-Deals“ veräußerten Unternehmens Gefahr, einerseits zumindest das erworbene Unternehmen und andererseits zudem auch sein investiertes Kapital zu verlieren. Daher ist von einer Veräußerung im Vorfeld eines möglicherweise bevorstehenden Insolvenzantrages in erster Linie dem Käufer, aber auch dem Verkäufer von der Durchführung eines solchen Geschäfts dringend abzuraten. Gemeinsam ist jeder Form des Unternehmensverkaufs die Veränderung der Eignerstruktur des Unternehmens. Nicht als klassischer Verkaufsvorgang zu bezeichnen, jedoch ebenfalls zu einer Veränderung in der Eignerstruktur des Unternehmens führt der so genannte „Debt-for-Equity-Swap“ bzw. „Debt-Equity-Swap“, bei dem Verbindlichkeiten aus zur Verfügung gestelltem Fremdkapital vom Fremdkapitalgeber in Unternehmensanteile umgewandelt werden. An Bedeutung gewonnen hat diese „Transaktionsform“, indem Banken in erhöhtem Maße dazu übergegangen sind, Not leidende Kredite zu Portfolios zusammenzufassen und zu verkaufen (so genannte „Non-Performing-Loan-Portfolios“ oder „Sub-Performing-Loan“). Zunehmend ist auch die Veräußerung von so genannten „Single-Names“ festzustellen. Das ist der Verkauf von ausgereichten Krediten bzw. hieraus begründeten Forderungen gegenüber einem einzigen Schuldner. Während diese Vorgehensweise in der Vergangenheit hauptsächlich Großbanken vorbehalten war, nutzen mittlerweile auch genossenschaftliche Banken diese Möglichkeit der (zumindest aus Bankensicht) Risikosteuerung. Denn durch den Verkauf verschwindet der (Not leidende) Kredit aus der Bilanz des Kreditinstituts, bindet damit kein für die Bank wertvolles Eigenkapital, welches zur Unterlegung ausgereichter Darlehen erforderlich ist und – je nach Grad der vorab vollzogen Wertberichtigungen – verzeichnen Banken durch die Veräußerung der Kreditforderung über Buchwert sogar noch einen Ertrag. Im Regelfall werden Not leidende Kredite mit einem Abschlag auf den Gesamtdarlehensnominalwert verkauft, wobei sich der tatsächliche Kaufpreis letztlich nach den verwertbaren Sicherheiten der Kredite richtet.

42

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

Mit den Begriffen „Non Perfoming Loans“ („NPL’s“) oder „Distressed Debts“ werden Not leidende Kredite bezeichnet. Dabei handelt es sich um Kreditarrangements, bei denen bereits Zahlungsverzug oder eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse seitens des Schuldners eingetreten ist, so dass der Darlehensgeber das ausserordentliche Recht hat, den Darlehensvertrag zu kündigen. International ist der Handel mit NPL’s seit längerer Zeit etabliert. Vor allem in den USA und Großbritannien hat sich auf diesem Gebiet ein breiter Markt herausgebildet. Demgegenüber entwickeln sich NPL-Transaktionen in Deutschland erst seit wenigen Jahren, haben in jüngster Zeit allerdings erheblich zugenommen. Ein Beispiel ist der Fall des Stuttgarter Unternehmens Dürr, dessen Verbindlichkeiten zum Teil von seinen Hausbanken an die Investmentbank Morgan Stanley und von dieser weiter an so genannte „Hedgefonds“ verkauft worden sind. An einem „Hedge-Fonds“, abgeleitet vom Englischen „to hedge“ – absichern, können Anleger Anteile erwerben. Mit dem eingeworbenen Kapital erwirbt der Fonds insbesondere Wertpapiere aus unterschiedlichen Anlagebereichen mit dem Ziel, das Anlagekapital durch geschicktes Agieren auf den internationalen Finanzmärkten zu vermehren. Im Unterschied zu herkömmlichen Investmentfonds sind Hedge-Fonds sehr viel freier bei der Wahl ihrer Anlagestrategien. Für ihre Anlagerahmen gibt es international praktisch keine zwingenden Regeln. Daher können der Aufbau, die Zusammensetzung und das Anlagerisiko von HedgeFonds unterschiedlich sein. Sehr oft stehen zwischen den Hausbanken und den Hedge-Fonds große Investmentbanken wie z.B. Goldman Sachs, Deutsche Bank, Morgan Stanley oder die Citigroup, die einen Pool von Hedge-Fonds koordinieren, um eine gemeinsame Umschuldung, Restrukturierung und Sanierung in ihren insolvenzbedrohten Investments durchzusetzen. Die Motive für den Erwerb Not leidender Kreditarrangements können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Im Bereich von Unternehmenskrediten kann das Interesse des Forderungskäufers neben der Verwertung der Forderung vor allem auf die Umwandlung des Kredits in Eigenkapital gerichtet sein, um Gesellschafter des schuldnerischen Unternehmens zu werden und auf diese Weise die Kontrolle über das Unternehmen zu erlangen. Die US-amerikanische Bezeichnung „loan-to-own“ erklärt dieses Instrument treffend. Mit dem in den USA weit verbreiteten „Distressed-Debt-Investing“ verfolgen Investoren das Ziel, Not leidende oder insolvente Unternehmen zu erwerben und über eine selbst gesteuerte gezielte Sanierung den Unternehmenswert zu erhalten bzw. zu steigern. Zu diesem Zweck werden gegen das Unternehmen bestehende Not leidende Forderungen aufgekauft, um anschließend in der Gläubigerversammlung eine gewichtige Position

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

43

einnehmen zu können. Im Visier stehen vor allem diejenigen Unternehmen, bei denen bereits durch eine Entschuldung der Bilanz ein erheblicher Sanierungsbeitrag geleistet werden kann. Um für durch einen „DebtEquity-Swap“ neu hinzutretenden Gesellschafter bei Unternehmen, die ein hohes gezeichnetes Kapital oder ein hohes bilanzielles Grundkapital haben, höhere Anteilsquoten erzielen zu können, kann ein zuvor durchgeführter Kapitalschnitt sinnvoll sein. Lassen sich aus Sicht des Investors keine einvernehmlichen Lösungen realisieren, besteht für diesen noch immer die Möglichkeit, seine (erworbenen) Forderungen fällig zu stellen und damit die Insolvenz der Gesellschaft herbeizuführen. Mit dieser rigoroseren Variante kann ebenfalls versucht werden, Einfluss auf die Gesellschafterstruktur zu nehmen. Erste Voraussetzung für die Durchführung eines „Debt-Equity-Swaps“ ist die Übertragung einer oder mehrerer Darlehensforderungen. Dies erfolgt im Wege der Abtretung gemäß § 398 BGB. Werden mehrere Forderungen verkauft und abgetreten muss dem Bestimmbarkeitserfordernis Rechnung getragen werden. Dazu wird in der Praxis vertraglich vereinbart, dass sämtliche Forderungen, die in einen bestimmten Zeitraum fallen, von der Abtretung erfasst werden. Soweit kein gesetzliches oder vertragliches Abtretungsverbot besteht, kommt es auf die Zustimmung des Darlehensnehmers grundsätzlich nicht an. Da die Übertragung von Forderungen im Rahmen einer „Debt-Equity-Swap-Strategie“ regelmäßig das gewerbliche Kreditgeschäft betrifft, wäre ein eventuelles Abtretungsverbot aufgrund des § 354a Satz 1 HGB ohnehin unbeachtlich. Potenzielle Käufer Not leidender Kredite erwerben diese nur dann tatsächlich, wenn ihnen nähere Informationen zu den einzelnen Kreditarrangements zur Verfügung gestellt werden. Soweit der Kauf eines Kreditportfolios einer Bank beabsichtigt ist, wird der Kaufinteressent auf der Durchführung einer umfassenden Due Diligence bestehen. Das veräußernde Kreditinstitut unterliegt bei der Weitergabe von Informationen Beschränkungen, die sich aus dem Bankgeheimnis und dem Datenschutzrecht ergeben. So kann die im § 402 BGB geregelte gesetzliche Verpflichtung des Zedenten, dem Zessionar Auskunft über alle Umstände zu erteilen, mit dem Bankgeheimnis, dem Bundesdatenschutzgesetz sowie dem Strafgesetzbuch kollidieren. Das Bankgeheimnis wird vom Gesetzgeber und der Rechsprechung als bestehend vorausgesetzt und als gewohnheitsrechtlich anerkannt angesehen, jedoch nicht kodifiziert. Folglich kann die Bank nur dann Informationen weiterleiten, wenn der Kunde seine Einwilligung erteilt hat. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) kommt immer dann zur Anwendung, wenn Daten für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch nicht öffentliche Stellen geschäftsmäßig oder für berufliche

44

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

oder gewerbliche Zwecke verarbeitet oder genutzt werden und bietet natürlichen Personen denselben Schutz wie das Bankgeheimnis. Der § 203 des Strafgesetzbuches schützt den persönlichen Lebens- und Geheimnisbereich, der von Trägern bestimmter, sozial bedeutsamer Berufe nicht verletzt werden soll. Die Umwandlung der gekauften Darlehensforderungen in Eigenkapital erfolgt rechtstechnisch im Wege einer Sachkapitalerhöhung. Bei Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH oder AG sind Forderungen, die sich gegen die Gesellschaft richten als Sacheinlage gemäß § 5 Abs. 4 GmbHG bzw. § 27 AktG einlagefähig. Zur Durchführung der Kapitalerhöhung ist ein Beschluss der Gesellschafter bzw. der Hauptversammlung erforderlich. Bei einer GmbH bedarf es eines Kapitalerhöhungsbeschlusses und einer Übernahmeerklärung, wobei die Person des neuen Gesellschafters, der Gegenstand der Sacheneinlage sowie der Betrag der damit gedeckten Stammeinlage anzugeben sind. Liegt eine Aktiengesellschaft vor, sind nach § 183 Abs. 1 AktG der Gegenstand, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag bzw. bei Stückaktien die Zahl der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien im Kapitalerhöhungsbeschluss aufzuführen. Im Rahmen der durchzuführenden Kapitalerhöhung ist darüber hinaus ein Bezugsrechtsausschluss festzusetzen, damit der Investor in Höhe seiner eingebrachten Sacheinlage auch entsprechende Gesellschaftsanteile bzw. Aktien erhält. Der Bezugsrechtsausschluss ist gegen den Willen der Minderheitsaktionäre nur zulässig, wenn er im Interesse der Gesellschaft erforderlich, geeignet und angemessen ist. Die Sachkapitalerhöhung durch Umwandlung von Schulden in Eigenkapital unter Bezugsrechtsausschluss wird überwiegend als zulässig angesehen, da dies in aller Regel zu Sanierungszwecken geschieht und eine Barkapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss keine realistische Alternative für eine solche Restrukturierung darstellt. Um keine Willkür bei der Festlegung der Anteilsquoten walten zu lassen und damit eine Schädigung der Altgesellschafter zu verursachen, müssen eingebrachte Forderung generell bewertet werden. Die Bewertung von Sacheinlagen hat grundsätzlich nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Dabei sind als Höchstwert der Zeitwert, Marktpreis oder sonst derjenige Betrag anzusetzen, den die Gesellschaft bei anderweitiger Beschaffung aufwenden müsste. Bei Forderungen darf daher nicht stets der Nennwert, sondern der tatsächliche oder am wahrscheinlichsten zu realisierende Betrag angesetzt werden. Handelt es sich wie beim „Debt-Equity-Swap“ um Forderungen gegen die Gesellschaft selbst, können diese bei der Bewertung nur berücksichtigt werden, soweit die Gesellschaft in der Lage ist, diese zu bezahlen. Dies wird dann angenommen, wenn das Vermögen der

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

45

Gesellschaft die einzubringenden Forderungen der Höhe nach deckt und ein entsprechender Wertzufluss vorliegt. Bei sanierungsbedürftigen Unternehmen ist regelmäßig ein entsprechender Wertabschlag vorzunehmen, da gegen ein in der Krise befindliches Unternehmen gerichtete Forderungen in der Regel nicht mehr als voll werthaltig angesehen werden können, insbesondere dann, wenn das Unternehmen überschuldet ist. Handelt es sich bei der Gesellschaft um eine Aktiengesellschaft, unterliegt jede Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen gem. § 183 Abs. 3 AktG einer unabhängigen Überprüfung. Der Prüfer selbst wird auf Antrag der Aktiengesellschaft von dem Registergericht am Satzungssitz bestellt. Dennoch hat das Registergericht ein eigenes Prüfungsrecht und kann die Eintragung ablehnen, wenn der tatsächliche Wert der Sacheinlage bzw. der einzubringenden Forderungen nicht unwesentlich hinter dem Nennbetrag der zu gewährenden Aktien liegt. Bei einer Überbewertung der Forderungen besteht die Gefahr der Nachschusspflicht in Höhe der Differenz durch den Einlegenden. Soweit der Forderungserwerber nicht alle Forderungen im Rahmen der Sachkapitalerhöhung in die schuldnerische Gesellschaft einbringt, wird er einerseits Gesellschafter, bleibt andererseits aber gleichzeitig Inhaber von Forderungen gegen die Gesellschaft und damit Gläubiger. In der Regel werden sich Gesellschaften, die Schuldner Not leidender Darlehensforderungen sind, in einer Krisensituation befinden, denn sonst wären sie in der Lage, ihre Verbindlichkeiten vertragsgerecht zu bedienen. Daher werden Gesellschafter, die aufgrund der nicht vollständigen Umwandlung ihrer Forderungen in Eigenkapital in der möglicherweise eingetretenen Insolvenz gemäß §§ 39 Abs. 5 InsO, 32a Abs. 1 GmbHG wie Gesellschafter behandelt, die in der Krise ein Darlehen gewährt haben und damit als nachrangiger Insolvenzgläubiger eingestuft. Diese nehmen in der weit überwiegenden Zahl der Insolvenzverfahren nicht an der quotalen Befriedigung teil. Erwirbt ein Investor zur Durchführung eines „Debt-Equity-Swap“ Not leidende Kredite eines sanierungsbedürftigen Unternehmens, wird er versuchen, die Gesellschafter zur Zustimmung der Einbringung seiner Forderungen zu bewegen. Die beabsichtigte Sanierung des Unternehmens stellt dabei einen angemessenen Grund dar, den Bezugsrechtsausschluss im Rahmen der Kapitalerhöhung zu rechtfertigen. Sofern der Investor nicht alle Forderungen in Eigenkapital umwandelt, sondern neben seiner Gesellschaftererstellung auch Fremdkapitalgeber bleibt, besteht die Gefahr, dass seine Forderungen in der Krise der Gesellschaft in Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen umqualifiziert werden. In der Regel wird ihm dabei das Sanierungsprivileg des § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG (in entsprechender

46

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

Anwendung für Aktiengesellschaften) zu Gute kommen, weil sein finanzielles Engagement die Sanierung der Gesellschaft bezweckt. Somit ist bereits bei Unterzeichnung eines Kreditvertrags darauf zu achten, ob Fremdkapitalgeber zur Weiterveräußerung ihrer Rückforderungen berechtigt sind. Mittelständische Unternehmer schließen einen Kreditvertrag mit der „Bank ihres Vertrauens“, also auf Basis einer langjährig bestehenden Geschäftsbeziehung ab. Dieses Vertrauen enthält auch die Hoffnung, in schlechten Zeiten einen Gläubiger zu haben, der kurzfristigen Stockungen der Zins- und Tilgungszahlungen mit Blick auf die langjährige Geschäftsbeziehung dem Unternehmen den Rücken stärkt. Gelangen die Kreditengagements durch Weiterveräußerung an Gläubiger, die eine völlig andere Interessenlage verfolgen und mit denen keine langjährige Geschäftsbeziehung sowie darauf basierendes Vertrauen in das Unternehmen besteht, verschlechtert sich die Lage zusehend. Denn dies bedeutet dann einen Gläubiger zu haben, der entweder sein Kündigungsrecht bei der sich womöglich erstbietenden Gelegenheit nutzen und damit das Unternehmen auf den Weg der Insolvenz bringen oder dem Unternehmen einen neuen Gesellschafter bescheren wird. 2. Die Veräußerung im Insolvenzeröffnungsverfahren Nach Stellung des Insolvenzantrages und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Unternehmensverkauf lediglich als „Asset-Deal“ strukturiert sein. Entscheidend für den Erwerber eines im vorläufigen Verfahren befindlichen Unternehmens ist die Stellung des vorläufigen Insolvenzverwalters, also ob dieser vom Insolvenzgericht als „schwacher“ oder „starker“ Verwalter eingesetzt worden ist. Hat das Insolvenzgericht kein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 InsO), geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter und verbleibt beim Schuldner. Findet in diesem Zeitraum ein Unternehmensverkauf statt, werden sämtliche, zum Zeitpunkt der bevorstehenden Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Unternehmenskaufvertrag noch nicht erfüllten Ansprüche des Erwerbers zu Insolvenzforderungen. Zur Unterzeichnung des Kaufvertrages wird sich ein Erwerber daher nur dann entschließen, wenn mit dem Vertragsschluss sofortige Erfüllung eintritt. Dennoch hat der Erwerber damit noch kein sicheres „Fahrwasser“ erreicht, denn es verbleibt das Risiko der Anfechtung des Unternehmenskaufvertrags durch den Verwalter im dann eröffneten Verfahren. Die Anfechtung ist auch nicht ausgeschlossen, wenn der schwache vorläufige Verwalter vom Insolvenzgericht mit einem Zustimmungsvorbe-

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

47

halt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. InsO) ausgestattet worden ist und dem Rechtsgeschäft zwischen verfügungsbefugten Schuldner und Erwerber zugestimmt hat. Dies gilt auch dann, wenn der vorläufige Verwalter später zum Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren bestellt wird. Im Eröffnungsverfahren mit „starkem“ vorläufigem Insolvenzverwalter ist die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das schuldnerische Vermögen vollständig auf den Verwalter übergegangen und für den Schuldner besteht ein Verfügungsverbot. Verbindlichkeiten, die von einem starken vorläufigen Verwalter begründet worden sind, werden nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 55 Abs. 2 S. 1 InsO als Masseverbindlichkeiten eingestuft. Infolge dessen sind in diesem Fall die Ansprüche des Erwerbers aus dem Kaufvertrag im eröffneten Verfahren insolvenzrechtlich privilegiert. Mithin ist die Anfechtung eines von einem starken vorläufigen Verwalter oder von einem zur Begründung von Masseverbindlichkeiten im Einzellfall gerichtlich ermächtigten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters abgeschlossenen Rechtsgeschäfts ausgeschlossen. Die Risiken sind für den Erwerber insofern gegenüber vorangehend dargestellten Erwerben bei schwachem vorläufigem Verwalter begrenzt. Fraglich ist jedoch, inwieweit der starke vorläufige Insolvenzverwalter zur Veräußerung des schuldnerischen Unternehmens befugt ist und für dieses Rechtsgeschäft die Zustimmung des Schuldners, des Insolvenzgerichts und der Gläubiger eingeholt werden muss. Denn ob eine Veräußerung des schuldnerischen Unternehmens im Zeitraum zwischen Insolvenzantrag und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den starken vorläufigen Insolvenzverwalter erfolgen kann ist umstritten. Der starke vorläufige Verwalter hat nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 InsO das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten sowie gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen. Ziel des vorläufigen Verfahrens ist es, die für die Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens notwendigen Tatsachen zusammenzutragen. Eine Befugnis des starken vorläufigen Verwalters zur Veräußerung des schuldnerischen Unternehmens im Insolvenzeröffnungsverfahren wird daher grundsätzlich abgelehnt. Diese grundsätzliche Sichtweise kann allerdings in bestimmten Einzelfällen das Interesse der Gläubiger auf eine optimale Befriedigung ins Gegenteil verkehren, nämlich dann, wenn eine Veräußerung im Insolvenzeröffnungsverfahren für die Insolvenzmasse wirtschaftlich vorteilhafter ausfällt. Verglichen mit einer Verwertung im eröffneten Verfahren erweist sich eine frühzeitige Veräußerung im Eröffnungsverfahren dann als wirtschaftlich vorteilhafter, wenn sich der zu erzielende Verkaufserlös für das schuldnerische Unternehmens nach der Stellung des Insolvenzantrags innerhalb kürzester Zeit deutlich zu verringern oder im eröffneten Verfahren

48

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

die Liquidation droht. In diesen Einzelfällen ist nur mit einer rechtzeitigen Veräußerung sicherzustellen, dass der höchstmögliche Verkaufserlös in die Insolvenzmasse fließt und damit eine bestmögliche Befriedigung der Gläubiger im Sinne der Insolvenzordnung gewährleistet wird. Folglich ist bei der strittigen Frage der Unternehmensveräußerung im Insolvenzeröffnungsverfahren nach wirtschaftlichen Aspekten zu differenzieren. Eine Veräußerung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter ist somit nicht von vornherein grundsätzlich ausgeschlossen. Findet eine Veräußerung bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren statt, stellt sich die Frage von Zustimmungserfordernissen vom Schuldner, dem Insolvenzgericht und den Gläubigern. Letztere sind im vorläufigen Verfahren noch nicht in einem Gläubigerausschuss organisiert, so dass deren Zustimmung grundsätzlich nicht eingeholt werden müsste. Möglich, jedoch nicht gesetzlich definiert ist die Einsetzung eines Gläubigerausschusses im vorläufigen Insolvenzverfahren. Stimmt der Schuldner dem Verkauf seines Unternehmens vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu, verfügt er wirksam über die dem vorläufigen Verwalter gesetzlich auferlegte Pflicht zur Sicherung und Erhaltung des schuldnerischen Vermögens. Zudem dürfen durch den Verkauf die gesetzlich geschützten Interessen der Gläubiger auf wertmäßigen Erhalt des schuldnerischen Vermögens nicht beeinträchtigt werden. Führt also die Veräußerung des Unternehmens nicht zu einer nachteiligen Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners, bleiben die Gläubigerinteressen hinreichend gewahrt. Fehlt es hingegen an einer Zustimmung des Schuldners, so kann eine Veräußerung nur unter den engeren Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO durchgeführt werden. Dieser sieht seinem Wortlaut nach die Stilllegung des Unternehmens mit erforderlicher Zustimmung des Insolvenzgerichts vor, um eine „erhebliche“ Verminderung des Schuldnervermögens zu vermeiden. Als „erheblich“ werden hierbei Einbußen des Schuldnervermögens zwischen 10 und 25 Prozent angesehen. Ob die Zustimmung des Insolvenzgerichts auch beim Vorliegen der Zustimmung des Schuldners eingeholt werden muss, ist unklar, jedoch aufgrund der Überwachungsfunktion des Gerichts generell empfehlenswert. Schließt der starke vorläufige Verwalter einen Kaufvertrag ohne die erforderlichen Zustimmungen ab, ist der Vertrag im Außenverhältnis zwar wirksam, im Innenverhältnis könnte der Verwalter jedoch aus § 60 Abs. 1 S. 1 InsO zur Haftung herangezogen werden. Die Wirksamkeit des Vertrages folgt, dass die sich aus dem Sicherungszweck der vorläufigen Insolvenzverwaltung folgende Beschränkung der Befugnisse des starken vorläufigen Verwalters lediglich das rechtliche Dürfen, nicht aber das rechtliche Können berührt. Daher liegt es regelmäßig im Interesse des

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

49

Verwalters, vor Abschluss eines Kaufvertrages die Zustimmung von Schuldner und Insolvenzgericht einzuholen. Ein weniger problematischer Fall liegt mit der so genannten „gestreckten Unternehmensveräußerung“ vor. Diese ist gegeben, wenn der vorläufige Verwalter den Kaufvertrag mit dem Erwerber des schuldnerischen Unternehmens bereits abschließt und den Vertrag unter die aufschiebende Bedingung der späteren Zustimmung der Gläubiger in der Gläubigerversammlung oder eines Gläubigerausschusses stellt. Damit wird das Zustandekommen des Vertrages von der Zustimmung der Gläubiger abhängig gemacht und steht bzw. fällt mit dieser Entscheidung in seiner Wirksamkeit. 3. Der Unternehmensverkauf im eröffneten Insolvenzverfahren Bereits für den vorläufigen wie auch später dem endgültigen Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren stellt sich das Problem, unter regelmäßig starkem Zeitdruck mit der Suche nach potentiellen Erwerbern zu beginnen. Die Fortführung eines defizitären schuldnerischen Betriebes erfolgt zu vollen Kosten und führt zu einer gesetzeswidrigen Verringerung der Insolvenzmasse. Deshalb wird – und aus Gläubigerinteressen darf – der Verwalter nicht gewillt sein, einen defizitären Betrieb aufrecht zu erhalten. Somit sind der Suche nach potentiellen Investoren zeitliche Grenzen gesetzt. Um diesen Zeitraum für Verhandlungen mit potentiellen Erwerbern auszuweiten kann bei entsprechender Verkaufsperspektive eine Fortführungsvereinbarung, beispielsweise mit vom schuldnerischen Unternehmen abhängigen Kunden, unter Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel vereinbart werden. Das zur Verfügung stellen dieser Mittel erfolgt in der Regel im Interesse derjenigen Kunden, die auf die Fortführung der Produktion angewiesen sind, um ihre eigene Produktion sicherstellen zu können. Die Rückführung solcher „Finanzspritzen“ kann später beispielsweise durch höhere, wirtschaftlich für einen Erwerber des schuldnerischen Unternehmens tragbare, Produktpreise stattfinden. Außerhalb der Insolvenz vollzogene Erwerbsvorgänge finden bis zur Vertragsunterzeichnung überwiegend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Diese Tatsache kehrt sich bei einem Verkauf aus der Insolvenz um. Um das Interesse von möglichen Kaufinteressenten zu wecken, ist eine entsprechende Information des Marktes notwendig. So liegt es schon im Interesse des vorläufigen Verwalters, frühzeitig einen Kontakt mit potentiellen Erwerbern aufzunehmen und sich anzunähern. Daher empfiehlt sich für den Verkaufsprozess das Einschalten von externen Beratern, schon allein wegen deren spezifischer Fach- und Branchenkenntnisse.

50

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

Mit Beratern des Erwerbsinteressenten können sich Schwierigkeiten ergeben, wenn diese nicht über insolvenzspezifische Kenntnisse verfügen. Sind diese nicht in der Lage, das Zusammenspiel verschiedener Rechtsinstitute in der Insolvenz, steuerliche Aspekte sowie die Interessen des Verwalters entsprechend zu würdigen und behandeln den Unternehmenskauf im Insolvenzverfahren wie einen normalen Unternehmenskauf, werden sich Vertragsverhandlungen äußerst schwierig gestalten und bisweilen wird sogar keine Einigung zu erzielen sein. Insofern ist es notwendig, auf beiden Seiten Berater einzusetzen, die insolvenzrechtlich über hinreichend Erfahrungsschatz und entsprechende Kenntnisse verfügen. Besonderes Augenmerk widmet der Insolvenzverwalter als Veräußerer des schuldnerischen Betriebes der Vertragsgestaltung, denn oftmals entsteht nach Durchführung des Verkaufsprozesses ein nicht unerheblicher Rechtfertigungsbedarf. Aufgrund der Vielzahl mit gegensätzlichen Interessen agierender Beteiligter ergibt sich eine weitaus größere Absicherungsnotwendigkeit für den Verwalter. Deshalb ist dieser gehalten, nachvollziehbare vertragliche Regelungen zu treffen. In Verwirklichung dieses Zieles kommt der Präambel eine gesteigerte Bedeutung zu. In dieser sollten die historischen sowie aktuellen Hintergründe präzise dokumentiert werden. Auch im eröffneten Insolvenzverfahren sind theoretisch die schon erwähnten Transaktionsformen möglich. Jedoch stellt der „Share-Deal“ in der Praxis der Unternehmensinsolvenz – jedenfalls statistisch betrachtet – eine untergeordnete Rolle dar. Von Ausnahmen abgesehen, lassen sich drei Konstellationen unterscheiden, in denen der „Share-Deal“ in der Insolvenz relevant ist: Zum einen findet ein „Share-Deal“ statt, wenn durch den Insolvenzverwalter eine massezugehörige Beteiligung an einem nicht insolventen Tochterunternehmen veräußert wird. Aus Verwaltersicht handelt es sich dabei um die Verwertung eines Vermögensgegenstands, nämlich der bloßen Anteile. Besonderheiten im Vergleich zur herkömmlichen Unternehmenstransaktion bestehen grundsätzlich nicht, zumal es hierbei um die Veräußerung der Anteile eines nicht in der Insolvenz befindlichen Unternehmens geht. Lediglich bei Verknüpfung von Austauschverhältnissen zwischen zu veräußernden Tochterunternehmen und insolventer Anteilseignerin, also vertraglicher Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen diesen beiden Seiten, dürften sich einige beachtenswerte und zu lösende Probleme ergeben. Zudem wird der verkaufende Insolvenzverwalter im Regelfall nicht zur Gewährleistung oder zur Abgabe von Garantien bereit sein, da er bestrebt ist, ein Risiko der persönlichen Haftung auszuschließen. Das somit auf Erwerberseite zu tragende höhere Risiko wird sich nach einfachen Marktgesetzten auch bei der Veräußerung von Anteilen von

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

51

Tochterunternehmen in einem relativ verminderten Verkaufserlös niederschlagen. Des Weiteren kann der „Share-Deal“ im Rahmen der Reorganisation eines insolventen Rechtsträgers im Insolvenzplanverfahren in Betracht kommen. In diesem Fall erfolgt der Verkauf des Rechtsträgers nicht durch den Insolvenzverwalter, sondern durch den / die Gesellschafter. Hieraus ergeben sich in der Praxis oft verhandlungsintensive Problemlagen. Es bestehen kaum Möglichkeiten, die Mitwirkung der Gesellschafter zu erzwingen. Zwar sind die Anteile aufgrund der eröffneten Insolvenz wirtschaftlich wertlos. Gesellschafter werden in solchen Fällen dennoch häufig versuchen, eine Kompensation für die Mitwirkung zu erzielen und so wenigstens noch einen „Preis“ zu realisieren. Schließlich ist der „Share-Deal“ auch nach Ausgliederung des Unternehmens auf eine eigens für diesen Zweck vom Insolvenzverwalter gegründete und von diesem gehaltene „Auffanggesellschaft“ denkbar. Diese „Auffanggesellschaft wird dann später vom Erwerber übernommen. Die Besonderheiten bei dieser Transaktion liegen bei der im Wege des „AssetDeals“ sachen- und gesellschaftsrechtlich vollzogenen Ausgliederung des schuldnerischen Geschäftsbetriebes. Den Erwerber treffen diese Besonderheiten allerdings nicht. Dieser übernimmt vielmehr die Anteile der Auffanggesellschaft, in die der schuldnerische Betrieb durch den Verwalter integriert worden ist. Damit erhält der Erwerber quasi ein von den „Altlasten“ befreites Unternehmen. Es empfiehlt sich, den potenziellen Erwerber in eine solche Ausgliederung frühzeitig einzubinden, da er selbst am besten beurteilen kann, welche Teile des Geschäftsbetriebes des insolventen Unternehmens für ihn eine sinnvolle Investition darstellen. Für den Insolvenzverwalter besteht dabei gegebenenfalls das (nicht unerhebliche) Risiko, in Vorleistung zu gehen, ohne endgültige Sicherheit für eine spätere Transaktion zu haben. In der überwiegenden Zahl der Fälle erfolgt eine Veräußerung des schuldnerischen Geschäftsbetriebes im eröffneten Insolvenzverfahren nicht in Form des „Share-Deals“, sondern durch die Übertragung einzelner Vermögenswerte als Funktionseinheit auf den Rechtsträger des Erwerbers. Dieser so genannte „Asset-Deal“ stellt damit die vorherrschende Transaktionsform dar. Welche Vermögenswerte Gegenstand des „Asset-Deals“ sein können und welche Besonderheiten bei deren Übertragung auftreten wird nachfolgend im Einzelnen aufgezeigt. In rechtlicher Hinsicht muss bei der Übereignung, Abtretung und Übertragung einzelner Vermögensgegenstände sowie Rechte der Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt sein. Somit ist eine vertragliche Konkretisierung der jeweiligen Gegenstände und Rechte erforderlich und erfolgt durch ein dem Kaufvertrag beigefügtes Anlagenverzeichnis. Auch hinsichtlich der Zuordnung des Veräußerungserlö-

52

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

ses zwischen Sicherungsgläubigern und der Insolvenzmasse ist diese Konkretisierung zwingende Maßnahme. Voraussetzung hierzu ist eine im Vorfeld des Vertragsschlusses vom Veräußerer durchgeführte Inventarisierung sämtlicher Vermögensgegenstände. Der Betrieb eines Unternehmens ist die „auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit, mit organisatorischer Gesamtstruktur von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung“. Kürzer ausgedrückt: die Summe aus materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern und Arbeitnehmern. Bei einer Fortführung des Unternehmens im eröffneten Insolvenzverfahren, welche für den Verwalter mit Blick auf eine später erfolgende Veräußerung unumgänglich ist, wird die Mehrzahl der Arbeitsverhältnisse unter Begründung von Masseverbindlichkeiten fortgesetzt. Zu unterscheiden sind dabei die Ansprüche der Arbeitnehmer vor und nach der Insolvenzeröffnung. Der Zeitpunkt der Eröffnung stellt gewissermaßen einen Schnittpunkt dar. Lohn- und Gehaltsansprüche aus der Zeit vor und bis zur Insolvenzeröffnung sind gemäß § 108 Abs. 2 InsO Insolvenzforderungen. Die nach Insolvenzeröffnung entstandenen Ansprüche durch Weiterbeschäftigung, während einer Freistellung oder auch bis zur Wirksamkeit einer Kündigung sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO Masseverbindlichkeiten. Grundsätzlich bestehen Arbeits- und Dienstverhältnisse nach Insolvenzeröffnung fort, denn ein sonst bei Verträgen gegebenes Wahlrecht des Insolvenzverwalters (vgl. § 103 InsO) besteht hier nicht. Der Verwalter hat jedoch die Möglichkeit, die für den Erhalt des Geschäftsbetriebes nicht notwendigen Arbeits- und Dienstverhältnisse nach § 113 Abs. 1 Satz 1 InsO ordentlich zu kündigen. Eine außerordentliche Kündigung aufgrund des Ereignisses der Insolvenzeröffnung ist durch den Verwalter nicht möglich. In Ermangelung einer von § 113 Abs. 1 InsO vorgesehenen zeitlichen Einschränkung für die Ausübung des Kündigungsrechts innerhalb des eröffneten Insolvenzverfahrens, kann die Kündigung von Arbeits- und Dienstverhältnissen jederzeit erfolgen. Soweit keine kürzeren vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen bestehen beträgt die Frist nach § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO maximal drei Monate. Somit können auch aufgrund zeitlich befristeter Arbeitsverträge eigentlich unkündbare Mitarbeiter innerhalb von drei Monaten gekündigt werden. Mit Blick auf den folgenden Veräußerungsprozess des Geschäftsbetriebes bilden die Regelungen über die Kündigung von Arbeitnehmern den Grundstein, um für den künftigen Erwerber eine ausgewogenen Personalstruktur zu schaffen und damit die Chancen einer Sanierung zu erhöhen. Eine weitere, sich zu Gunsten des Insolvenzverwalters auswirkende Kündigungserleichterung enthält § 125 InsO. Hierzu bedarf es der Durchführung einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG und es muss

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

53

zwischen Verwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande kommen. Der Interessenausgleich ist ein Instrument der betrieblichen Mitbestimmung im Arbeitsrecht und verfolgt das Ziel, wirtschaftliche Nachteile bei einer Betriebsänderung zu verhindern. Der Begriff wird – anders als beim Sozialplan – im Gesetz nicht definiert, sondern vorausgesetzt. Laut Betriebsverfassungsgesetz ist der Interessenausgleich schriftlich niederzulegen, vom Verwalter und Betriebsrat zu unterschreiben und muss das Ob, Wann und Wie einer geplanten Betriebsänderung enthalten. Typische Inhalte eines Interessenausgleichs sind die Festlegung der Termine für Entlassungen, Freistellungen bei Betriebsstilllegung, Regelungen zur Kurzarbeit, Regelungen zur Umschulung und Qualifizierung, Schaffung einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit, Auswahlrichtlinien für Versetzung und Entlassung und die Namensliste der zu kündigenden Mitarbeiter. Ist eine Betriebsänderung geplant und liegt der Interessenausgleich vor, werden für die vorzunehmenden Kündigungen die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehenden dringenden betrieblichen Erfordernisse vermutet. Ein weiterer Aspekt bei der Unternehmensveräußerung im eröffneten Insolvenzverfahren ist die Ermittlung und Bestimmung der vom Käufer im Rahmen des „Asset-Deals“ zu übernehmenden Vermögensgegenstände. Zum Vermögen des schuldnerischen Unternehmens gehören in der Regel sämtliche immaterielle Vermögensgegenstände einschließlich „Good Will“, „Know-how“ und Kundenbeziehungen, und das bewegliche sowie unbewegliche Sachanlagevermögen. Der Erwerber muss für sich herausfinden, welche Teile des Vermögens er für die Führung des Geschäftsbetriebs benötigen wird. Der Verwalter seinerseits wird daran interessiert sein, möglichst das gesamte Vermögen des Schuldners für einen angemessenen Kaufpreis zu veräußern. Die Bemessung des Kaufpreises erfolgt durch Ermittlung der jeweiligen Werte der einzelnen Vermögensgegenstände auf Grundlage eines durch Sachverständige erstellten Wertgutachtens. Dieses Wertgutachten unterscheidet zwischen Fortführungswerten einerseits und Zerschlagungswerten andererseits. Bei Ermittlung der zu erzielenden Veräußerungswerte von Immobilien kann sich für den Verwalter die notwendige Auseinandersetzung mit Grundpfandrechtsgläubigern, d.h. in der Regel den ursprünglich langfristig finanzierenden Banken, als sehr schwierig erweisen. Ursache hierfür ist die Reichweite der Grundschuld, denn diese eröffnet dem Grundschuldgläubiger nicht nur den Zugriff auf das eigentliche Grundstück, sondern über die § 1120 ff. BGB auch (über die für die Grundschuld geltenden Regelungen der Hypothek) auf das „Zubehör“ des Grundstücks. Zum Zubehör gehören sämtliche auf dem Grundstück befindlichen Gegenstände, soweit sie zur Nutung des Grundstücks erforderlich sind. Somit beinhaltet das Zubehör

54

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

zumeist auch die betriebsnotwendigen Anlagen, welche zusammen mit anderen Vermögensgegenständen an einen Erwerber veräußert werden sollen. Für eine Veräußerung von mit Grundpfandrechten belasteten Vermögensgegenständen müssen die Grundpfandrecht- oder Sicherungsgläubiger das Sicherungsgut freigeben. Erfolgen wird dies jedoch nur, wenn dadurch ein entsprechender Erlös für die besicherten Gläubiger erzielt wird. Gegenläufig ist hier das Interesse des Erwerbers, einen möglichst geringen Kaufpreis zu zahlen. Insofern wird offensichtlich, dass bei Vertragsverhandlungen die Interessen verschiedener Verfahrensbeteiligter aufeinander stoßen und vom Verwalter berücksichtigt und nicht ohne nervenaufreibende Debatten zusammengeführt werden müssen. Ein weiteres Problem stellt sich bei Ermittlung des Kaufpreises der im Geschäftsbetrieb vorhandenen Vorräte. Diese sind zwischen vor Insolvenzeröffnung und nach Insolvenzeröffnung mit Massevermögen angeschafften Vorräten zu differenzieren. Die vor der Insolvenzeröffnung angeschafften Vorräte werden durch eine Veräußerung unter Umständen nicht die ursprünglich gezahlten Anschaffungskosten erzielen, sodass ein Abschlag einkalkuliert werden muss. Bei mit Massevermögen, also nach Insolvenzeröffnung durch den Verwalter während einer Betriebsfortführung angeschafften Vorräten darf der Insolvenzverwalter einen Abschlag nicht hinnehmen. Dies resultiert aus seiner Verpflichtung gegenüber den Gläubigern zur Erhaltung der Insolvenzmasse. Werden mit Massevermögen angeschaffte Vorräte unter ihrem Wert bzw. Einstandspreis veräußert, stellt die vorhandene Differenz zwischen Anschaffungs- und Veräußerungswert eine sich zu Lasten der Insolvenzgläubiger auswirkende Masseschmälerung dar. Bei der Unternehmensveräußerung ferner beachtenswert ist die Veräußerung von mit Absonderungsrechten belasteten Gegenständen. Absonderungsrechte, also das Recht auch im eröffneten Insolvenzverfahren volle Befriedigung zu erhalten, entstehen beispielsweise durch Sicherungseigentum bzw. Sicherungsübereignungen, das gesetzliche Vermieterpfandrecht und durch Eigentumsvorbehaltsrechte. Insbesondere bei insolventen Betrieben mit oft mehreren hundert Lieferanten stellt die Feststellung von Vorbehaltsrechten einen immensen Arbeitsaufwand dar. So müssen unter den vorhandenen Vorräten diejenigen ermitteln werden, die mit Sicherungsrechten behaftet sind und den jeweiligen Eigentümern zugeordnet werden. Die praktische Durchführung ist nicht nur äußerst zeitaufwendig, sondern nahezu unmöglich. Daher wird der Insolvenzverwalter im Unternehmenskaufvertrag darauf bestehen, dass er die Lastenfreiheit von Rechten Dritter in Bezug auf bestimmte Vermögensgegenstände nicht garantieren kann. Um die (Sicherungs-) Rechte dennoch nicht zu beeinträchtigen, wird in den Kaufvertrag die Regelung eingefügt, dass nachträglich bekannt

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

55

werdenden Drittrechte vom Verwalter abgelöst werden. Der Betrag hierfür stammt aus dem vom Erwerber gezahlten Kaufpreis. Tritt ein mit Eigentumsvorbehalt besicherter Lieferant also erst nach Unterzeichnung und Umsetzung des Unternehmenskaufvertrages an den Verwalter heran und macht seine Rechte geltend, erhält er den auf den Gegenstand entfallenden Kaufpreisanteil. Gelingt diese Ablösung von Rechten Dritter durch den Verwalter nach Abschluss des Kaufvertrages nicht, ist der betroffene Gegenstand vom Käufer Zug um Zug gegen Rückzahlung des auf diesen Gegenstand entfallenden Kaufpreisanteils durch den Insolvenzverwalter zurückzugeben. In der Praxis ist letztgenannte Lösung jedoch eher selten anzutreffen. Ein sensibles Thema ist die Veräußerung von Forderungen des schuldnerischen Unternehmens. So ist zunächst auf deren Werthaltigkeit zu achten. Sind Forderungen bereits mehrere Wochen oder gar Monate alt, besteht seitens des Forderungsschuldners womöglich selbst ein Liquiditätsproblem oder die der Forderung entgegenstehende Gegenleistung des insolventen Unternehmens ist gar mangelbehaftet. Aus Sicht des Erwerbers des gesamten Geschäftsbetriebes ist immer der gleichzeitige „Miterwerb“ der Forderungsaußenstände vorzugswürdig. Gegebenenfalls gelingt es ihm, einen entsprechenden Abschlag auf den Nominalwert zu verhandeln. Jedenfalls behält er dann den direkten Einfluss auf die Debitoren, die regelmäßig auch seine neuen Kunden sein werden. Ist der Forderungsbestand nicht Verkaufsgegenstand, empfiehlt sich für den Vertrag die Aufnahme von klaren Regelungen zur Forderungsinhaberschaft, Forderungseinzugsrechten sowie sich eventuell ergebenden Mitwirkungspflichten. Obliegt der Forderungseinzug dem Insolvenzverwalter, ist nach erfolgter Veräußerung des Geschäftsbetriebs auf den Zugang zu notwendigen Geschäftsunterlagen zu achten, da diese in der Regel vom Erwerber übernommen werden. Vertragliche Regelungen zum Forderungsmanagement sind unentbehrlich. Insbesondere liegt es im Interesse des Verwalters für seine Tätigkeit von den für einen Dritten eingezogenen Forderungen einen Beitrag zur Insolvenzmasse zu erhalten. Die Höhe dieses Beitrags muss dann zwischen Forderungsinhaber und dem Verwalter vereinbart werden. Die Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Erwerber wird nur im Einzelfall aufgrund spezieller Vereinbarung oder besonderer Umstände (z.B. im Zusammenhang mit der Kaufpreisfinanzierung, der Übernahme von Arbeitnehmern, Aufträgen, etc.) stattfinden. Eine Übernahme von Verbindlichkeiten im Regelinsolvenzverfahren (Insolvenzforderungen nach § 38 InsO), die aus dem Zeitraum vor der Eröffnung des Verfahrens resultieren, erfolgt in keinem Fall. Die Erfahrung zeigt, dass der schnelle Verkauf eines Unternehmens regelmäßig die beste Verwertungsform darstellt. Zeitverzögerungen können

56

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

sich negativ auf die Funktionsfähigkeit des zu veräußernden Geschäftsbetriebes und damit auf die Chancen der Sanierung auswirken. Zum Teil werden aufgrund des bekannt gewordenen Insolvenzverfahrens Kunden und Zulieferer nervös und drohen die Geschäftsbeziehung zum schuldnerischen Betrieb zu beenden. Zudem besteht die Gefahr, dass „Schlüsselmitarbeiter“ das Unternehmen verlassen. Diese Umstände können sich wiederum negativ auf den Geschäftsbetrieb und die Ertragslage des zu veräußernden Unternehmens und damit auf die Aussichten der erfolgreichen Veräußerung und Sanierung auswirken. Ferner kann eine für die Veräußerung notwendige Fortführung die Insolvenzmasse mit Personalkosten und sonstigen betrieblichen Aufwendungen negativ belasten. Tritt eine liquiditätsbedingte Verlustsituation ein, muss der Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb einstellen. Damit ist im Regelfall schon allein zur Risikovermeidung für die Insolvenzmasse auf einen Verkauf direkt nach Verfahrenseröffnung hinzuarbeiten. Allerdings sieht der gesetzlich vorgesehene Regelfall eine Betriebsfortführung bis zum Berichtstermin, also maximal drei Monate nach Insolvenzeröffnung und eine Veräußerung frühestens zu diesem Zeitpunkt vor. Praktisch ist dies jedoch nur dann möglich, wenn der Insolvenzverwalter die verlustfreie Fortführung bis dahin sicherstellen kann. Ein vorläufiger Gläubigerausschuss, der vom Gericht vor der ersten Gläubigerversammlung eingesetzt wurde, kann dem Insolvenzverwalter die Betriebsveräußerung auch vorher genehmigen. Grundsätzlich ist der Verkauf des Geschäftsbetriebes durch die Gläubigerversammlung bzw. einen eingesetzten Gläubigerausschuss jedoch genehmigungspflichtig. Gemäß der Regelung des § 164 InsO wird die Wirksamkeit des Unternehmenskaufvertrages bei Fehlen von Zustimmungserfordernissen (§§ 160 bis 163 InsO) allerdings nicht berührt. Es liegt jedoch im Interesse des Verwalters an einer Haftungsbegrenzung, die notwendigen Zustimmungen der Gläubigergremien einzuholen, um sich nicht nach § 60 InsO durch den Verkauf im Nachhinein schadenersatzpflichtig zu machen. Findet eine Veräußerung an die dem Schuldner nach § 138 InsO nahe stehende Personen statt, hat der Verwalter das Zustimmungserfordernis nach § 162 InsO zu beachten. Nahestehende Personen sind bei natürlichen Personen der Ehegatte, nahe Verwandte und nichteheliche Lebensgefährten des Schuldners. Bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Gesellschaften zählen zum Personenkreis des § 162 InsO die Organmitglieder, leitende Angestellte sowie diesen beiden Personengruppen persönlich nahe stehenden Personen des insolventen Unternehmens. Hier kann nur die Gläubigerversammlung und nicht ein etwaig vorher eingesetzter Gläubigerausschuss die Verkaufsgenehmigung erteilen!

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

57

Macht der Schuldner oder die Mehrzahl der Gläubiger dem Insolvenzgericht in einem Antrag glaubhaft, dass sich eine Veräußerung an einen anderen Erwerber für die Insolvenzmasse günstiger gestalten würde, kann das Gericht gemäß § 163 Abs. 1 InsO nach Anhörung des Insolvenzverwalters die Notwendigkeit der Zustimmung der Gläubigerversammlung anordnen. Wirkung entfaltet dieses Vorgehen gemäß § 164 InsO wiederum jedoch nur für das Innenverhältnis, womit dem Verwalter der Verkauf des Unternehmens ohne Entscheidung der Gläubigergremien zwar formell aber nicht materiell versagt ist. 4. Haftung und Garantien Nachfolgend wird im Einzelnen auf die klassischen Problemfelder der Haftung bei der Unternehmensveräußerung eingegangen. Besonders bedeutsam für den Fall der übertragenden Sanierung im Wege des „AssetDeals“ ist die Geltung des § 613a BGB im Insolvenzverfahren. Findet eine Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen statt, gehen gemäß § 613a Abs. 1 BGB auch die Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber über. Damit ist ein erhebliches Sanierungshindernis gegeben, denn zu einer Sanierung gehört zumeist auch die Reduzierung der Zahl der Arbeitskräfte. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Geltung des § 613 a BGB jedoch vermieden werden. In diesem Zusammenhang erhält die Einschaltung von so genannten Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften (nachfolgend BGQ) besondere Bedeutung. Die BQG ist eine eigens gegründete Gesellschaft, welche die Arbeitskräfte aus dem insolventen Unternehmen aufnimmt und für einen bestimmten Zeitraum Qualifizierungsmaßnahmen zuführt. Indem zwischen einerseits den Arbeitnehmern und dem Insolvenzverwalter eine Aufhebungsvereinbarung der jeweiligen Arbeitsverträge und andererseits zwischen den Arbeitnehmern und der BQG ein befristetes Beschäftigungsverhältnis geschlossen wird, erfolgt die Überleitung sämtlicher Arbeitskräfte auf die BQG. Fortan sind die Arbeitsverhältnisse nicht mehr mit dem insolventen Betrieb verbunden. Durch die befristete Anstellung in der BQG zu Zwecken der Qualifizierung werden Arbeitnehmer auf einen neuen Arbeitsplatz vorbereitet und Arbeitslosigkeit vermieden. Ferner unterstützt die BQG die Arbeitnehmer bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz. In der BQG erhalten die Arbeitnehmer Transferkurzarbeitergeld nach § 216b SGB III. Der Vorteil der Einschaltung der BQG liegt für den Insolvenzverwalter und den Erwerber in der damit vorgenommenen Personalreduzierung. Aufgrund der Aufhebungsvereinbarung müssen keine Kündigungsfristen eingehalten werden, infolge dessen das Risiko von Kündigungsschutzprozessen vermieden werden

58

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

kann. Die Finanzierung der BQG erfolgt durch den Erwerber. Folglich sollte bei Verhandlungen über den sich zusammensetzenden Kaufpreis auch über die Kosten der BQG gesprochen werden. Nach dem Übergang der Arbeitskräfte vom insolventen Geschäftsbetrieb in die BQG ist der Erwerber in der Lage, sich zur Fortsetzung des übernommenen Betriebes die notwendigen Arbeitskräfte herauszuholen. Dies erfolgt durch den Abschluss von neuen Arbeitsverträgen. Eine Umgehung des Kündigungsverbots des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB liegt bei diesem Vorgehen dann nicht vor, wenn der zwischen Insolvenzverwalter und Arbeitnehmern geschlossene Aufhebungsvertrag das endgültige Ausscheiden aus dem insolventen Betrieb bezweckt und vereinbarungsgemäß kein neues Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsübernehmer (dem Erwerber) vorgesehen ist. Somit kommt es auf die Trennung der Arbeitsverhältnisse vom Betrieb des Unternehmens an. Dazu darf dem Arbeitnehmer ferner ein Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber nicht verbindlich, bestenfalls überhaupt nicht in Aussicht gestellt werden. Möglich ist auch, durch den Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis rückwirkend zu einem vereinbarten Termin aufzulösen. Nichtig ist der Aufhebungsvertrag wegen objektiver Gesetzesumgehung dann, wenn er lediglich die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes bezweckt. Folglich kann dem Arbeitnehmer zwar das Ziel der Betriebsfortführung mitgeteilt werden, eine mögliche zukünftige Anstellung durch den Erwerber darf jedoch nicht versprochen und damit auch nicht die Erwartung des Arbeitnehmers geweckt werden, dass er zukünftig in ein Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber treten wird oder könnte. Neben den vorstehend genannten Problemen beim Betriebsübergang treten weitere Schwierigkeiten auf, wenn der Erwerber vom Insolvenzverwalter als Käufer die Übernahme von Garantien erwartet und auf Mängelgewährleistungsrechte besteht. Aufgrund der aus der Insolvenzsituation resultierenden besonderen Umstände bestehen zu einer Veräußerung außerhalb der Insolvenz erhebliche Unterschiede. Zunächst ist dem Insolvenzverwalter das zu veräußernde Unternehmen regelmäßig erst seit kurzer Zeit bekannt. Eine Ausnahme von dieser Tatsache liegt vor, wenn der Insolvenzverwalter den schuldnerischen Geschäftsbetrieb bereits seit einer längeren Zeit fortführt. Bei größeren Geschäftsbetrieben besteht aufgrund der zeitlichen Implikationen selten die Möglichkeit, sämtliche zur Insolvenz führenden Ursachen sowie mögliche Gefahrenherde abschließend und vollständig zu eruieren. Der verkaufende Insolvenzverwalter verfügt somit über weniger Informationen, als die Geschäftsführer oder Gesellschafter bei Unternehmenstransaktionen außerhalb der Krise. Daher wird der Verwalter möglicherweise entstehende Haftungsrisiken regelmäßig zu vermeiden suchen und keine die Insolvenzmasse belastende Garantien ü-

II. Der Zeitpunkt der Veräußerung eines Unternehmens

59

bernehmen. Im Gegenzug schlägt sich dieser Umstand wiederum in der Höhe des Kaufpreises nieder. Außerordentlichen Diskussionsstoff bei Vertragsverhandlungen bietet das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG), denn dieses sieht bestimmte Verpflichtete zur Beseitigung von Altlasten und schädlichen Bodenverunreinigungen vor. Zentrale Rechtsvorschrift ist § 4 BBodSchG. Dieser regelt abschließend, wer als Sanierungspflichtiger herangezogen werden kann. So gehören der Verursacher der schädlichen Verunreinigung oder Altlast, der Eigentümer des Grundstücks und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück sowie auch der Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers zu denjenigen, die eine Pflicht zur Beseitigung der Altlast treffen kann. Der Begriff des „Gesamtrechtsnachfolgers“ bezieht sich auf den Verursacher und damit nur auf natürliche und juristische Personen. Gesamtrechtsnachfolger einer Person ist, wer kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäfts in sämtliche Rechte und Pflichten seines Vorgängers eintritt. Bei natürlichen Personen ist dies bei dem Erben (§ 1922 BGB) der Fall; bei juristischen Personen kann durch Umwandlung oder durch Verschmelzung eine andere juristische Person an die Stelle der bisherigen treten. Die Sanierungspflicht des Verursachers erlischt auch nicht durch rechtsgeschäftliche Übereignung des Grundstücks auf einen Dritten. Ferner kann der frühere Eigentümer als Verursacher zur Sanierung herangezogen werden. Die Haftung des Zustandsstörers, also des Eigentümers, Besitzers oder Verfügungsbefugten einer Sache, von der eine Beeinträchtigung ausgeht, ist beschränkt auf den Wert des Grundstücks, den es nach einer Sanierung haben würde. Die Auswahl des Sanierungspflichtigen durch die Behörde hat unter dem Gebot einer effektiven, schnellen und optimalen Gefahrenbeseitigung zu erfolgen. Damit ist die Auswahl des finanzkräftigsten Verpflichteten als Adressat zur Beseitigung der Altlasten oder Bodenverunreinigung am wahrscheinlichsten. Haftungsfreistellungen oder Haftungsübernahmen zwischen den Adressaten sind öffentlich-rechtlich unbeachtlich. Innerhalb der in Frage kommenden Verpflichteten kann jedoch ein sich am Verursacherbeitrag orientierender Innausgleich gemäß § 24 Abs. 2 BBodSchG in Verbindung mit § 426 BGB erfolgen. In Folge der vorgenannten Regelungen im BBodSchG wird der Erwerber des kontaminierten Grundstücks nach Eigentumsübergang oder bereits durch Inbesitznahme beispielsweise im Rahmen eines Mietvertrags öffentlich-rechtlicher Zustandsstörer, sodass ihn Sanierungspflichten treffen können. Der Verkäufer eines kontaminierten Grundstücks bleibt, soweit er Verursacher ist, öffentlichrechtlicher Handlungsstörer. Praktisch treffen bei einem Verkauf aus der Insolvenz damit immer den Erwerber die Sanierungspflichten, da die Behörde von der Insolvenzmasse keine Gefahrbeseitigung erwarten wird oder kann. Zudem kann sich der Insolvenzverwalter wirksam von der Sanie-

60

C. Der Unternehmensverkauf im Insolvenzverfahren

rungspflicht durch Freigabe des betreffenden Grundstücks aus der Insolvenzmasse befreien. Für Altverbindlichkeiten haftet der Erwerber nur eingeschränkt. Zudem findet die Regelung des § 25 HGB nach Insolvenzeröffnung grundsätzlich keine Anwendung mehr, wonach der Erwerber eines Handelsgeschäftes, das unter der bisherigen Firma fortgeführt wird, grundsätzlich für alle betrieblichen Verbindlichkeiten des bisherigen Betriebsinhabers haften muss. Des Weiteren muss der Käufer gemäß § 75 Abgabenordung (AO) nicht mehr für vom bisherigen Inhaber zu entrichtende Betriebssteuern einstehen. Die Pflicht zur Zahlung von Umsatzsteuer für den Vorgang der Veräußerung des Unternehmens unterliegt diversen Gestaltungsmöglichkeiten. Findet eine Geschäftsveräußerung statt, steht diese der Einbringung in eine Gesellschaft gleich und ist nicht besteuerbar (vgl. § 1 Abs. 1a Satz 1 und 2 UStG). Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG schuldet die Insolvenzmasse den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag. Bei der Übernahme von Arbeitskräften ist der Erwerber zwar zur Weiterführung von Pensionen verpflichtet, haftet jedoch nicht für die zeitanteilig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erdienten Anwartschaften. Vielmehr trifft diese Pflicht den Pensionssicherungsverein gemäß § 7 Abs. 2 BetrAVG als Träger der Insolvenzsicherung soweit die Versorgungsanwartschaft bei Verfahrenseröffnung bereits unverfallbar gewesen ist.

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

Neben dem „normalen“, bisher beschriebenen Regelinsolvenzverfahren, kennt die seit dem 1. Januar 1999 gültige Insolvenzordnung den Insolvenzplan. Dieser ersetzt die ehemaligen Regelungen zum Zwangsvergleich nach der Konkursordnung (KO) und zum Vergleich nach der Vergleichsordnung (VerglO). Der Insolvenzplan gibt dem Schuldner die Chance, abweichend von der Verwertung seines Vermögens mit anschließender Erlösauskehr an die Gläubiger durch den Insolvenzverwalter im Rahmen eines Regelinsolvenzverfahrens, eine Vereinbarung mit seinen Gläubigern, insbesondere über den Erhalt seines Unternehmens oder jede sonst denkbare alternative Insolvenzbewältigung zu treffen. Entwickelt wurde das Insolvenzplanverfahren auf der Grundlage rechtsvergleichender Vorarbeiten und orientiert sich in seinen wesentlichen Punkten an dem USamerikanischen Reorganisationsverfahren nach Chapter 11 des USBankruptcy Code. Das Planverfahren zählt zu den grundlegenden Neuerungen des deutschen Insolvenzrechts und wurde vom Rechtsausschuss des deutschen Bundestages als Kernstück der Insolvenzrechtsreform bezeichnet. Dem Insolvenzplanverfahren liegt die Vorstellung zu Grunde, dass die Bündelung von Gläubiger- und Schuldnerinteressen unter Vermeidung der Zerschlagung des schuldnerischen Unternehmens zu einer für beide Seiten günstigeren Interessenwahrnehmung führen kann. Das Insolvenzplanverfahren eröffnet dabei insbesondere die Möglichkeit, das schuldnerische Unternehmen unter Erhaltung der Rechtsform durch Reorganisation bzw. Neustrukturierung zu einer gewinnbringenden Einheit umzugestalten. Hierzu erscheint das Insolvenzplanverfahren insbesondere dann als geeignet, wenn die Insolvenz ihre Ursache in Managementfehlern oder vorübergehend schlechteren Marktbedingungen findet. Die Zahl der Insolvenzplanverfahren ist in der Praxis noch recht begrenzt, verzeichnet aber eine zunehmende Tendenz. Für die weitere Zunahme der Zahl der Planverfahren in der Zukunft spricht insbesondere, dass die Besteuerung der Sanierungsgewinne nunmehr durch das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 27.03.2003 (IV A 6

62

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

– S 2140 – 8/03) zur ertragssteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen, Steuerstundung und Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen (§§ 163, 222, 227 AO) entfällt. Der Zweck des Insolvenzplans ist es, den Beteiligten selbst zu ermöglichen, abweichend von den gesetzlichen Regelungen zur Verwertung und Verteilung der Masse im Regelinsolvenzverfahren eine einvernehmliche Lösung zur Bewältigung der Insolvenz zu finden. Beteiligte in diesem Sinne sind dabei die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger und der Schuldner. Durch diesen Gestaltungsspielraum verleiht die Insolvenzordnung den Gläubigern ein hohes Maß an Selbstbestimmung.

I. Gestaltungsmöglichkeiten des Insolvenzplans Das Insolvenzplanverfahren steht – anders als das Verfahren nach Chapter 11 US-Bankruptcy Code – nicht nur für Sanierungen zur Verfügung. Vielmehr kann durch einen Insolvenzplan jede Art der Verwertung geregelt werden. Somit steht das Insolvenzplanverfahren für die Durchführung sowohl für Sanierungen, übertragende Sanierungen als auch für Liquidationen zur Verfügung. Nach dem jeweiligen Planziel differenzierend, lassen sich Sanierungs-, Liquidations- und sonstige Pläne unterscheiden (Vgl. Abbildung 11). Eine eigene rechtliche Qualität kommt dieser Differenzierung zwar nicht zu, jedoch hat sie insofern Bedeutung, als das Planziel regelmäßig zu einer unterschiedlichen Intensität der Eingriffe in die Rechtsstellung der Beteiligten führt.

I. Gestaltungsmöglichkeiten des Insolvenzplans

63

Abb. 13: Regelinsolvenzverfahren „versus“ Planverfahren sowie Gestaltungsmöglichkeiten des Planverfahrens

1. Sanierungsplan Der Insolvenzplan kann die Sanierung des Unternehmens vorsehen. Mit Hilfe einer entsprechenden Plangestaltung soll das schuldnerische Unternehmen unter Vermeidung seiner Zerschlagung und ohne eine Übertragung fortbestehen und nachhaltig saniert werden. Maßnahmen zur Erreichung einer solchen nachhaltigen Sanierung sind etwa die Zuführung weiteren Haftungskapitals durch Änderung der Rechtsform oder durch Aufnahme neuer Gesellschafter. In Betracht kommt bei einer Überschuldung auch die Durchführung eines „Debt-Equitiy-Swaps“. Ferner sind Sanierungsbeiträge der Gläubiger in verschiedenen Formen, insbesondere in Form von (Teil-) Verzichten oder Rangrücktrittserklärungen, denkbar. Eine nachhaltige Restrukturierung und Sanierung erfordert neben der Sanierung auf der Liquiditätsseite regelmäßig die Umsetzung operativer Maßnahmen auf der Grundlage eines geeigneten Sanierungskonzeptes zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit. Zur Durchführung einer Sanierung im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens ist auch die „übertragende Sanierung“, also die Übertragung eines (Teil-)Betriebs des Schuldners im Rahmen des bereits beschriebenen „Asset-Deals“ durchführbar. Der zu übertragende Betrieb wird dabei aus dem

64

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

Unternehmen herausgenommen und auf ein anderes Unternehmen – beispielsweise eine neu gegründete Betriebsübernahmegesellschaft – übertragen. Regelmäßige Folge der übertragenden Sanierung ist die Übertragung des Vermögens auf einen Investor, ohne dass die Verbindlichkeiten übergehen. Hierdurch kann der bilanzielle Sanierungserfolg einer Entschuldung erreicht werden und gegebenenfalls mit dem verbliebenen – sanierten – Geschäftsbetrieb weiter gewirtschaftet werden. Ein weiterer Sanierungsaspekt ist die in der Insolvenzordnung vorgesehene Eigenverwaltung. Danach ist der Insolvenzschuldner selbst, unter Aufsicht des Sachwalters, berechtigt, die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen. Der Sachwalter führt die Insolvenztabelle. Ferner steht ihm das Anfechtungsrecht zu. Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, soll der Schuldner nur mit Zustimmung des Sachwalters eingehen. Das Insolvenzgericht kann darüber hinaus auf Antrag der Gläubiger die Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Geschäfte anordnen. Sinnvoll ist die Eigenverwaltung insbesondere in den Fällen, in denen es auf die besondere Sachkunde und spezielles Branchenwissen des Insolvenzschuldners oder seiner Organe ankommt. Möglich ist die Eigenverwaltung jedoch nur mit Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger, gemessen an der Summe der Forderungsbeträge. Die Eigenverwaltung kann nicht angeordnet werden, wenn nur ein Gläubigerantrag gestellt und dieser Gläubiger mit der Eigenverwaltung nicht einverstanden ist. Jeder Insolvenzgläubiger kann danach durch Stellung eines Eigenantrages und Widerspruch die Eigenverwaltung wirksam verhindern. 2. Liquidationsplan Sieht der Insolvenzplan die Verwertung des Vermögens des Insolvenzschuldners vor, handelt es sich um einen so genannten Liquidationsplan. Abweichend von den in der Insolvenzordnung vorgesehenen gesetzlichen Regelungen über die Verwaltung und die Verwertung können hier spezielle Regelungen zur Liquidation aufgenommen werden, die möglicherweise zu einem für die Gläubiger günstigeren Ergebnis führen. Ferner kann etwa der Verwertungsumfang eingeschränkt werden. Weiterhin kann die grundsätzlich vorgesehene Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters abweichend geregelt werden. 3. Sonstiger Plan Im Rahmen der Privatautonomie sind in Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen schließlich auch Insolvenzpläne zulässig, die

II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens

65

abweichend von der unbeschränkten Nachhaftung eine Bereinigung der Verbindlichkeiten durch ihren Erlass gegen Zahlung einer Quote oder aber eine Stundensvereinbarung vorsehen. Von der Rechtsprechung als zulässig angesehen wird ferner die Vorlage eines so genannten „Null-“ oder „FastNull-Plans“ zur Erlangung der Restschuldbefreiung ohne Gegenleistung.

II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens 1. Vorlage des Insolvenzplans Zur Vorlage eines Insolvenzplanes an das Insolvenzgericht sind nach der Insolvenzordnung nur der Insolvenzverwalter und der Insolvenzschuldner berechtigt. Das Vorlagerecht des Insolvenzverwalters besteht in jedem Fall dann, wenn die Gläubigerversammlung ihn im Berichts- oder in einem späteren Termin mit der Ausarbeitung des Plans beauftragt hat. Aber auch ohne Auftrag der Gläubigerversammlung kann der Insolvenzverwalter einen Insolvenzplan aufgrund seines so genannten Eigeninitiativrechts vorlegen. Bevor der Insolvenzverwalter seinen Insolvenzplan einreicht, sind der Schuldner, soweit im schuldnerischen Unternehmen vorhanden der Betriebsrat und der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten zur Beratung heranzuziehen. Wird dieser Personenkreis vom Verwalter bei Ausarbeitung des Insolvenzplans nicht hinzugezogen, stellt dies jedoch zunächst kein Hindernis dar, da sich aus der Insolvenzordnung nur eine Konsultationsbefugnis des Insolvenzverwalters ableiten lässt. Die Vorlage eines Insolvenzplans durch den vorläufigen Verwalter ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen. Die Fachliteratur nimmt ungeachtet dessen dennoch ein Vorlagerecht des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verfügungsbefugnis an. Richtigerweise setzt die Einreichung eines Insolvenzplans jedoch ein eröffnetes Insolvenzverfahren voraus, so dass eine Planeinreichung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht zulässig sein kann. Trotz dieser gesetzlichen Regelung ist es sinnvoll, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans beginnt, um diesen kurzfristig nach der Eröffnung einreichen zu können. Ein vom vorläufigen Insolvenzverwalter im Vorfeld ausgearbeiteter Plan kann somit im Einzelfall zu einem wertvollen Zeitgewinn führen. Bis zur Abhaltung des Schlusstermins hat der Insolvenzschuldner das Recht zur Planinitiative. Dieses Recht besteht unabhängig davon, ob ein Gläubiger oder der Schuldner selbst den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt hat. Der Antrag des Schuldners (Eigenantrag) kann

66

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

zusammen mit dem ausgearbeiteten Insolvenzplan eingereicht werden. Vorteilhaft ist dies insbesondere dann, wenn sich der Eigenantrag auf den Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO stützt. Einzelne Gläubiger sind nicht berechtigt, einen Insolvenzplan vorzulegen. Sie können eigene Planinitiativen nur bei entsprechenden Mehrheiten in der Gläubigerversammlung in dem Berichtstermin mit der Maßgabe durchsetzen, dass der Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans beauftragt wird, §§ 157 S. 2, 218 Abs. 2 InsO. Die Gläubiger, können – getragen von der Mehrheit der Gläubigerversammlung –, den Insolvenzverwalter nicht zwingen, einen von ihnen ausgearbeiteten Plan einzureichen. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 157 S. 2 InsO, wonach die Ausarbeitung des Plans dem Insolvenzverwalter obliegt sowie aus der Regelung in § 218 Abs. 3 InsO. 2. Inhalt und Aufbau des Insolvenzplans Die Struktur des Insolvenzplans untergliedert sich in • den darstellenden Teil, • den gestaltenden Teil und • die dem Plan beizufügenden Plananlagen (vgl. Abb. 14).

Abb. 14: Aufbau des Insolvenzplans

II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens

67

Im darstellenden Teil des Insolvenzplans sind die Maßnahmen beschrieben, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits getroffen wurden oder zur Gestaltung der Rechte der Beteiligten künftig getroffen werden sollen. Darüber hinaus sollen Angaben zu den Grundlagen und Auswirkungen gemacht werden, die für die Entscheidung der Gläubiger über den Plan und zur gerichtlichen Bestätigung erheblich sind. Ferner müssen in diesem Teil – in Form einer Bestandsaufnahme – Ausführungen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie sonstige Information über das insolvente Unternehmens gemacht werden. Voraussetzung zur Ausarbeitung eines Sanierungskonzeptes und damit Grundlage des Insolvenzplans ist eine umfangreiche Unternehmensanalyse. Ziel dieser Analyse ist es, die Ursachen der Krise festzustellen, den „Ist-Zustand“ des schuldnerischen Unternehmens zu ermitteln und entsprechende Sanierungsmaßnahmen zu entwickeln. Hierfür muss umfangreiches Zahlenmaterial aufbereitet und daran die bisherige Unternehmensentwicklung untersucht werden. Gleiches gilt für die rechtlichen und finanzwirtschaftlichen Verhältnisse sowie die betrieblichen Organisationsabläufe. Als quantitative und qualitative Elemente und Kennzahlen sind zu nennen: • Absatzwirtschaftliche Unternehmensdaten (Auftragseingänge und Auftragsbestände nach Produkten und Kundengruppen, Kundenfluktuationsquote, Reklamationsvolumen, etc.), • Branchen- und Marktdaten (Entwicklung des inländischen und Weltmarktvolumens, Branchenumsätze nach Wert und Menge, Branchenrendite, Umsatzpotentiale, Kostenentwicklung, etc.), • Produktspezifische Daten (Lebenszyklus der Produkte, ABC-Verteilung nach Umsätzen und Deckungsbeiträgen), • Leistungs- und Kostendaten und -kennziffern (Pro-Kopf-Umsätze nach Menge und Wert, Personalaufwand pro Mengeneinheit, Fertigungsstunde pro Kopf, Fluktuationsrate, Altersstruktur, Kapazitätshöhe und auslastung, etc.), • Finanzwirtschaftliche Kennzahlen (Brutto-, Netto- und DiscountedCash-Flow, Verschuldensfaktor, Investitionsquote beim Anlagevermögen, • Ergebnisdaten und -kennziffern (Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag, Bilanzgewinn/-verlust, Return-on-Investment), • Vermögens- und Kapitalstruktur (Bilanz zu Fortführungs- und Zerschlagungswerten, Eigenkapitalquote, nicht bilanzierte Risiken wie Sonderabschreibungen, Rückstellung auf Garantieleistungen, Sozialansprüche etc.),

68

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

• Unternehmenswerte (Ertragswert, Substanzwert und Liquidationswert), • Brancheninformationen (Wettbewerbsbeschränkungen, Makro-Unzufriedenheit wegen gesundheitlicher Risiken, Umweltaspekte, Ursprungsländer, Modetrends, etc.), • Absatzmarkt (Sortimentsstruktur, Produktgestaltung, (Un-) Zufriedenheitsgründe, Testergebnisse, Preisakzeptanz, etc.), • Beschaffungsmarkt (Stärken-Schwächenprofil der Lieferanten, Preiselastizitäten, Preisbildungsfaktoren, etc.), • Kapitalmarkt (Dauer der Bankverbindungen, Vertrauensverhältnis, Zinstrend, etc.), • Arbeitsmarkt (Lohnniveau, Qualifikationsstruktur etc.), • Leistungserstellungsbereiche (Qualifikation der Mitarbeiter, Bereitschaft zu Mehr-/Kurzarbeit, Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten), • Organisation und Führung (Qualifikation und Leistungsvermögen des Managements, EDV-Organisation, etc.), • Struktur und Erscheinungsbild (Eignung der Rechtsform, des Standortes, Ruf des Unternehmens, Corporate Identity, Analyse der Kapitaleigner und des Aufsichtsrates, Betriebsrates, etc.). Auf der Grundlage dieser Unternehmensanalyse ist weiterhin zu prüfen, ob das Unternehmen sanierungsfähig ist und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Ursache der Unternehmenskrise zu beseitigen. Auszugehen ist von der Sanierungsfähigkeit des schuldnerischen Unternehmens dann, wenn es nach der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen in der Lage ist, im Verhältnis zu den Ausgaben dauerhaft einen Einnahmenüberschuss zu erzielen. Für die Sanierung im finanzwirtschaftlichen Bereich des Unternehmens sind folgende Maßnahmen in Betracht zu ziehen und zu prüfen: • die Zufuhr neuen Eigenkapitals und / oder die Ausreichung neuer (Sanierungs-) Darlehen –gegebenenfalls verbunden mit einem Rangrücktritt– durch Gesellschafter oder Kreditinstitute, • die Stundungen und / oder (Teil-) Erlasse von Lieferantenverbindlichkeiten, • die Umwandlung mit kurzfristigem Zeithorizont ausgereichter Kredite in langfristige Kredite sowie • die Umwandlung von Verbindlichkeiten in Beteiligungen im Rahmen des „Debt-Equity-Swaps“ und • der Verzicht auf die Kündigung bestehender Verträge und zumindest Zinszahlungen durch Darlehensgeber.

II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens

69

• Ebenso liquiditätswirksam wirken sich die Stundung von Steuerschulden durch Finanzämter oder die Gewährung eines Vollstreckungsaufschubs aus. • Letztlich ist zu prüfen, ob gegebenenfalls –wenn auch in beschränktem Umfang– möglicherweise Subventionen der öffentlichen Hand, etwa in Form von Landesbürgschaften zur Verfügung stehen. Im Bereich der leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen sind in Erwägung zu ziehen: • Betriebsänderungen, hier insbesondere Personalabbau und sonstige personelle Maßnahmen wie Kurzarbeit, Änderungskündigungen und der Abbau freiwilliger sozialer Leistungen, • die Auflösung stiller Reserven, • Neuorganisation der Lagerpolitik durch den Abbau kostenintensiver Vorratshaltung, • die Erhöhung der Liquidität durch Beschleunigung und Effektivierung des Forderungseinzugs, Senkung der Produktionsaufwendungen und Produktivitätssteigerung und • den Erlös erhöhende Maßnahmen, wie beispielsweise strategische Preiserhöhungen und Stärkung des Vertriebs und des Managements. Im darstellenden Teil des Insolvenzplans ist anhand einer Vergleichsrechnung gegenüberzustellen, in welchem Umfang die Gläubiger auf der Basis des Insolvenzplans einerseits und andererseits ohne den Plan bei dann gesetzlicher Verwertung befriedigt würden. Im Rahmen dieser Vergleichsrechnung ist eine Differenzierung nach den einzelnen Gläubigergruppen ausreichend, also eine Gegenüberstellung aller Einzelgläubiger nicht erforderlich. Die Vergleichsrechnung basiert auf der Grundlage des Verzeichnisses der Massegegenstände, aus dem der geschätzte mutmaßliche Liquidationserlös im Fall der gesetzlichen Verwertung abgeleitet werden kann und zudem aus der Plan-Gewinn- und Verlustrechnung. Des Weiteren sind im darstellenden Teil Angaben • zu der Rechtsform, • der gesellschaftsrechtlichen Struktur und • zu den Beteiligungsverhältnissen des schuldnerischen Unternehmens zu machen. Im Anschluss hieran ist darzulegen, welche Änderungen hier durch den Insolvenzplan vorgesehen

70

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

sind. Für die Sanierung des schuldnerischen Geschäftsbetriebs bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum einen die Fortführung des Unternehmens bzw. eines Unternehmensteils durch den Insolvenzverwalter bzw. Schuldner in Form des bisherigen Rechtsträger (Eigensanierung) oder die Veräußerung der wesentlichen Betriebsbestandteile auf einen anderen Rechtsträger. Die Möglichkeit der Eigensanierung gewinnt dann an Bedeutung, wenn dem Unternehmen vorrangig neues Haftungskapital zugeführt werden soll. Diese Maßnahme ist üblicherweise mit der Aufnahme neuer Gesellschafter verbunden. Die Veräußerung des Unternehmens erfolgt in Form des bereits im Einzelnen besprochenen „Asset-Deals“ und ist abhängig von den jeweilig vorliegenden Gegebenheiten. Der gestaltende Teil des Insolvenzplans legt fest, inwieweit die Rechtsstellung der am Planverfahren Beteiligten geändert werden soll. Hierzu ist aus Praktikabilitätsgründen eine Gruppenbildung erforderlich und wird von der Insolvenzordnung auch verlangt. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist Sinn und Zweck der Gruppenbildung die Berücksichtigung der unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen der verschiedenen Gläubigergruppen. Mit der Einteilung der Gläubiger in Gruppen können jedoch Abstimmungsergebnisse und -mehrheiten beeinflusst werden. In Folge dessen sind die Kriterien, nach denen die in § 222 InsO geforderte Gruppenbildung zu erfolgen hat, umstritten. Zumindest muss der Insolvenzplan zwischen den in § 222 Abs. 1 InsO genannten Gläubigergruppen (vgl. Abb. 15) differenzieren.

Abb. 15: Gläubigergruppen im Insolvenzplanverfahren

Es können innerhalb der Gläubigergruppen weitere Gruppen gebildet werden, die Gläubiger mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusam-

II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens

71

menfassen (vgl. § 222 Abs. 2 S. 1 InsO). Diese „inneren“ Gruppen müssen sachgerecht voneinander abgegrenzt werden, wobei die Abgrenzungskriterien im Insolvenzplan anzugeben sind. Neben der rechtlichen Stellung von Gläubigern und gleichartig gelagerten wirtschaftlichen Interessen kommt zudem die Werthaltigkeit der Forderungen als Abgrenzungskriterium in Betracht. Eine Besonderheit bei Bildung der Gläubigergruppen stellen die absonderungsberechtigten Gläubiger dar. Die Forderungen dieser Gläubiger sind durch Sicherungsübereignungen, Forderungsabtretungen, verlängerte und erweiterte Eigentumsvorbehalte, Grundpfandrechte sowie rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Pfandrechte besichert. Der absonderungsberechtigte Gläubiger hat kein Verwertungsrecht, solange sich der Absonderungsgegenstand im Besitz des Insolvenzverwalters befindet, denn dann liegt das Verwertungsrecht grundsätzlich beim Verwalter. Zu berücksichtigen im Insolvenzplan sind absonderungsberechtigte Gläubiger nur dann, wenn durch den Plan in ihre Rechtsstellung eingegriffen wird. Dann ist im gestaltenden Teil des Insolvenzplanes für die absonderungsberechtigten Gläubiger anzugeben, um welchen Bruchteil ihre Rechte gekürzt, für welchen Zeitraum sie gestundet oder welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden. Eingriffe in die Absonderungsrechte können unterschiedlich ausgestaltet sein. Sie können darin bestehen, dass • • • •

Sicherheiten ganz oder teilweise aufgegeben, deren Verwertung für einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt wird, die Sicherheiten gegen andere Sicherheiten ausgetauscht werden oder die Absonderungsberechtigten auf die seit dem Berichtstermin aus der Masse geschuldeten Zinsen und / oder den Ausgleichsanspruch wegen eines Wertverlustes des Sicherungsgutes verzichten.

Der Umfang der Eingriffe kann weiterhin nach der Art der Absonderungsrechte differenziert werden. Insofern ist unerheblich, ob sich die mit Absonderungsrechten behafteten Gegenstände im Besitz des Insolvenzverwalters oder des Gläubigers befinden. Im letzteren Fall kann der Insolvenzplan eine Rückgabeverpflichtung des Gläubigers beinhalten. Findet ein Eingriff in die Rechte absonderungsberechtigter Gläubiger nicht statt, ist im Insolvenzplan der Hinweis ausreichend, dass deren Rechtsstellung nicht betroffen ist. Im Regefall müssen absonderungsberechtigte Gläubiger jedoch damit rechnen, in das Insolvenzplanverfahren mit einbezogen zu werden, da auch sie einen Sanierungsbeitrag zu leisten haben.

72

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

Aussonderungsberechtigte Gläubiger sind nach § 217 InsO nicht am Insolvenzplanverfahren beteiligt. Aussonderungsberechtigte Gläubiger sind diejenigen Gläubiger, die noch an beim Schuldner befindlichen Gegenständen Eigentumsrechte haben. Dies betrifft meist Eigentumsvorbehaltsrechte von Lieferanten oder Miet- und Leasingverträgen. Der Nachweis des Eigentums haben Aussonderungsberechtigte beim Insolvenzverwalter zu führen und nach entsprechender Überprüfung erfolgt die Freigabe aus dem Insolvenzbeschlag. Werden Aussonderungsberechtigte dennoch in einen Insolvenzplan einbezogen, muss jeder einzelnen Betroffene seine Zustimmung aussprechen. Eine Gruppenabstimmung mit Mehrheitsergebnis scheidet aus. Nach der Insolvenzordnung sind den Gläubigern innerhalb jeder Gruppe die gleichen Rechte anzubieten. Eine unterschiedliche Behandlung der Gläubiger innerhalb einer Gruppe ist nur mit Zustimmung sämtlicher betroffener Gläubiger zulässig und zudem ist in diesem Fall dem Insolvenzplan die zustimmende Erklärung eines jeden betroffenen Gläubigers beizufügen. Ein Verstoß gegen den zu wahrenden Grundsatz der wirtschaftlichen Gleichbehandlung liegt auch dann nicht vor, wenn für Forderungen unterschiedlicher Höhe verschiedene Planquoten vorgesehen werden. Dem entgegen ist jedoch jedes Sonderabkommen des Insolvenzverwalters, des Schuldners oder anderer Gläubiger, welches die Gewährung eines Vorteils einzelner Beteiligten beabsichtigt, nichtig. Unter den Begriff des Sonderabkommens fallen schuldrechtliche Verträge, Gestaltungsakte, Ermächtigungen und andere Verfügungsgeschäfte. Die Nichtigkeit etwaiger Sonderabkommen ist jedoch nur dann gegeben, wenn der Insolvenzplan rechtswirksam zustande gekommen ist. Sind im Insolvenzplan keine abweichenden Regelungen enthalten, wird der Schuldner mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seinen rechtlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gläubigern befreit. In der Insolvenzordnung ist festgehalten, dass der Schuldner durch den Insolvenzplan nicht schlechter gestellt werden darf, als er ohne einen Plan – also das Regelinsolvenzverfahren – stünde. Ist im Insolvenzplan die Änderung, Begründung, Übertragung oder Aufhebung von Rechten an Gegenständen vorgesehen, so können die erforderlichen Willenserklärungen der Beteiligten im gestaltenden Teil des Plans aufgenommen werden. Eine notarielle Beurkundung ist hierfür nicht erforderlich, da im Falle der Bestätigung des Insolvenzplans diese Willenserklärung als in der vorgeschriebenen Form abgegeben gelten. Enthält der Insolvenzplan zustimmungsbedürftige Geschäfte, so müssen diese im gestaltenden Teil so eindeutig bezeichnet sein, dass sie für Dritte durch Einsichtnahme in den Insolvenzplan unzweifelhaft bestimmbar sind.

II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens

73

Derartige Regelungen können sich auf Rechtsgeschäfte aller Art, auch auf Verpflichtungsgeschäfte beziehen. Des Weiteren kann im gestaltenden Teil des Insolvenzplans vorgesehen werden, dass Insolvenzgläubiger gegenüber Gläubigern mit Forderungen aus Darlehen und sonstigen Krediten nachrangig sind, die • der Schuldner oder die Übernahmegesellschaft während der Zeit der Überwachung aufnimmt oder • die ein Massegläubiger in die Zeit der Überwachung aufnimmt oder • die ein Massegläubiger in die Zeit der Überwachung hinein stehen lässt. In diesem Fall ist ein Gesamtbetrag für derartige Kredite festzulegen (Kreditrahmen), der den Wert der in der Vermögensübersicht des Insolvenzplans angegebenen Gegenstände nicht übersteigen darf. Die Finanzierung von Sanierungsplänen wird durch die Insolvenzordnung dadurch erleichtert, dass sie den Gläubigern dieser neuen, im Überwachungszeitraum aufgenommenen Kredite, für den Fall der erneuten Insolvenz des Schuldners innerhalb des Sanierungszeitraumes die vorrangige Befriedigung zusichert. Dazu muss der Insolvenzplan vorsehen, dass die im Plan ausgewiesenen (alten) Gläubiger in einem späteren Insolvenzverfahren gegenüber (neuen) Gläubigern mit Kreditforderungen nachrangig sein sollen. Ferner ist jede während der Überwachungszeit vereinbarte Art der Kreditgewährung vorrangfähig. Ist die Erfüllung der Planverbindlichkeiten aus den Erträgen eines vom Schuldner oder einem Dritten fortgeführten Unternehmen vorgesehen, sind dem Insolvenzplan • eine Planbilanz, • eine Planerfolgsrechnung als prognostizierte Gewinn- und Verlustrechnung sowie • eine Planliquiditätsrechnung für den Zeitraum der Plandurchführung beizufügen. Der Vermögensübersicht sind ferner Fortführungswerte zugrunde zu legen sowie Liquidationswerte, sofern diese von dem Fortführungswert abweichen. Auf der Passivseite der Vermögensübersicht sind die Absonderungsberechtigten und die nachrangigen Gläubiger von den übrigen Gläubigern gesondert aufzuführen. Die in der Vermögensübersicht anzusetzenden Werte knüpfen weder an die handels- noch an die steuerrechtlichen Bilanzierung in der Vergangenheit an. Vielmehr handelt es sich um eine isolier-

74

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

te Stichtagsrechnung, in der die Zerschlagungswerte und gegebenenfalls hiervon abweichende Fortführungswerte wiedergegeben werden. Die zur erstellende Plan-Gewinn- und -Verlustrechnung soll den Gläubigern auf der Basis einer handelsrechtlichen Ermittlung der prognostizierten Einnahmen und Ausgaben den Überblick über die zukünftige Ertragssituation des fortzuführenden Unternehmens ermöglichen. Die Planliquiditätsrechnung ist auf der Grundlage der Gewinn- und Verlustrechnung als weitere Anlage zu erstellen und soll die zukünftige Liquidität des Unternehmens unter Zugrundelegung der im Insolvenzplan vorgesehenen Zahlungstermine darstellen. Ist nach dem Plan die Fortführung des Unternehmens durch den Schuldner vorgesehen und handelt es sich hierbei um eine natürliche Person bzw. eine Gesellschaftsform, an der eine unbeschränkt haftende natürliche Person beteiligt ist, so kann die Haftung aus der Fortführung von Geschäften über den Insolvenzeröffnungszeitpunkt hinaus nicht allein aufgrund der Entscheidung der Gläubiger bestimmt werden. Vielmehr bedarf es hierzu der Zustimmungserklärung des Schuldners. Diese Erklärung ist dem Insolvenzplan als weitere Anlage beizufügen. Hat ein Dritter für den Fall der Bestätigung des Insolvenzplans Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern übernommen, so ist dem Insolvenzplan auch dessen Verpflichtungserklärung beizufügen. 3. Vorprüfungs-, Anhörungs- und Auslegungsverfahren Nach der Insolvenzordnung kann ein Plan dem erforderlichen Abstimmungsverfahren nur dann zugeführt werden, wenn er die Hürde der gerichtlichen Vorprüfung passiert hat. Diese erfolgt von Amts wegen und das Gericht überprüft, ob das Recht der Planinitiative und der Planinhalt beachtet worden sind. Durch diese Vorprüfung soll die Zulassung von Plänen verhindert werden, die für die Erörterung und Beschlussfassung durch die Beteiligten ungeeignet sind. Sind Vorschriften über das Recht zur Planvorlage nicht beachtet worden, ist der Plan von Amts wegen zurückzuweisen. Beispielsweise wäre ein von den Gläubigern vorgelegter Plan zurückzuweisen, da Pläne nach § 218 InsO nur vom Schuldner oder vom Verwalter vorgelegt werden dürfen. Eine Zurückweisung aus inhaltlichen Gründen hat zu erfolgen, wenn die Normen über die Gliederung des Plans in einen darstellenden und einen gestaltenden Teil nicht eingehalten worden sind, die vom Gesetz geforderte Gruppenbildung missachtet worden ist, die erforderlichen Plananlagen fehlen oder Eingriffe in die Rechte Beteiligter nicht gesetzeskonform gestaltet sind. Insbesondere hinsichtlich der Sachgerechtigkeit der Gruppenbildung nach § 222 InsO bestehen strenge An-

II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens

75

forderungen, da der Vorlegende mit der Gruppenbildung die Mehrheitsverhältnisse für die Abstimmung festlegen kann und nach der Vorprüfung durch das Insolvenzgericht bis zur Abstimmung keine Überprüfung mehr erfolgt. Des Weiteren überprüft das Insolvenzgericht einen vom Schuldner vorgelegten Insolvenzplan auf seine Erfolgsaussichten. Bei vom Insolvenzverwalter vorgelegtem Insolvenzplan besteht dagegen keine Überprüfungspflicht. Hier wird davon ausgegangen, dass der Verwalter die Erfolgsaussichten vorher ausreichend geklärt hat. Das Insolvenzgericht darf den vom Schuldner vorgelegten Insolvenzplan ferner nur zurückweisen, wenn mangelnde Erfolgsaussichten offensichtlich sind und zu erwarten ist, dass die Gläubiger den Plan nicht billigen werden. Denkbar ist dies, wenn dem Plan schon zum Zeitpunkt der Vorlage bei Gericht bereits die tatsächliche Grundlage entzogen wurde. Dies könnte beispielsweise bei einem Verlust der für die Fortführung des Geschäftsbetriebs unentbehrlicher Lizenzen oder Patente der Fall sein. Nach § 231 Abs. 1 Nr. 3 InsO prüft das Insolvenzgericht einen vom Schuldner vorgelegten Insolvenzplan auf die Erfüllbarkeit der Ansprüche, die den Gläubigern nach dem Insolvenzplan zugestanden werden. Der Plan wird dann zurückgewiesen, wenn die Ansprüche offensichtlich nicht erfüllt werden können. Anhaltspunkt hierfür sind die Angaben über die wirtschaftliche Lage des schuldnerischen Unternehmens im darstellenden Teil und in den Anlagen. Das Phänomen, dass Schuldner ihre Situation nicht realistisch einschätzen oder Negativentwicklungen verdrängen, ist in der Abwicklungspraxis alltäglich; Gerichte werden sich daher auch mit Schuldnerplänen befassen müssen, die an der wirtschaftlichen Realität des schuldnerischen Unternehmens schlichtweg vorbeigehen. Diese Prüfungspflicht des Insolvenzgerichts besteht bei einem vom Verwalter vorgelegten Plan nicht. Ein weiterer Zurückweisungsgrund ist gegeben, wenn der Schuldner einen Insolvenzplan nachdem ein von ihm früher eingereichter Insolvenzplan gescheitert oder von ihm zurückgezogen worden ist vorlegt. Wiederholte Planinitiativen des Schuldners sind nach der Insolvenzordnung zwar nicht untersagt, jedoch können diese ohne inhaltliche Prüfung auf Antrag des Insolvenzverwalters sofort zurückgewiesen werden. Diese Regelung, die inhaltlich mit § 176 der alten Konkursordnung korrespondiert, soll den Schuldner in gewisser Weise disziplinieren und dazu anhalten, bereits beim ersten Anlauf einen realistischen Plan vorzulegen. Damit dient sie letztlich der Verfahrensbeschleunigung. Gegen den den Insolvenzplan zurückweisenden Beschluss kann der Vorlegende sofortige Beschwerde einlegen.

76

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

Wird die Planinitiative nicht zurückgewiesen, leitet das Insolvenzgericht den Planentwurf an – soweit bestellt – den Gläubigerausschuss, den Betriebsrat und den Sprecherausschuss der leitenden Angestellten zur Stellungnahme weiter. Dem Schuldner wird der Plan zugeleitet, wenn der Insolvenzverwalter ihn vorgelegt hat und umgekehrt dem Verwalter, wenn eine Vorlage durch den Schuldner erfolgt ist. Das Insolvenzgericht hat die Möglichkeit, der für den Schuldner zuständigen amtlichen Berufsvertretung der Industrie, des Handels, des Handwerks oder der Landwirtschaft oder anderen sachkundigen Stellen Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei bis vier Wochen zu geben. Ist die Durchführung / Fortsetzung der Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse gefährdet, kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners oder des Insolvenzverwalters die Aussetzung der Verwertung und Verteilung anordnen. Damit wird die dem Insolvenzverwalter obliegende Verwertungspflicht nach § 158 InsO ausgesetzt. Zumindest die Aussetzung der Verteilung ist in der Praxis kaum relevant, da diese die logische Konsequenz der Verwertung der Masse darstellt und in einem Verfahrensstadium stattfindet, in welchem ein etwaiges Planverfahren nur noch eine theoretische Rolle spielt. Damit ein Missbrauch dieses Antragsrechtes ausgeschlossen werden kann, hat das Insolvenzgericht von der Aussetzung der Verwertung (und Verteilung) abzusehen oder diese aufzuheben, wenn mit ihr die Gefahr erheblicher Nachteile für die Masse verbunden ist oder wenn der Verwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung die Fortsetzung der Verwertung und Verteilung beantragt. Wird der eingereichte Insolvenzplan nicht zurückgewiesen, ist dieser nebst Anlagen und eingegangenen Stellungnahmen nach der Insolvenzordnung vom Insolvenzgericht in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. 4. Annahme und Bestätigung des Plans Zur Erörterung und Abstimmung über den Insolvenzplan hat das Insolvenzgericht einen Termin zu bestimmen. Dieser soll nicht über einen Monat hinaus angesetzt werden und darf nicht vor dem Prüfungstermin stattfinden. Beide Termine sind öffentlich bekannt zu machen. Darüber hinaus hat das Insolvenzgericht unter Beifügung einer Kopie des Insolvenzplans besonders zu laden: • die Gläubiger, die Forderungen angemeldet haben, • absonderungsberechtigte Gläubiger,

II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens

77

• den Insolvenzverwalter, • den Schuldner, • den Betriebsrat und Sprecherausschuss der leitenden Angestellten. Im Erörterungstermin werden die Grundlagen für die endgültige Entscheidung der Beteiligten über den Insolvenzplan geschaffen. Es besteht die Möglichkeit, Erläuterungen, Auskünfte und weitergehende Informationen zu erlangen, um sich für oder gegen eine vom Gesetz abweichende Insolvenzbewältigung mittels Plan entscheiden zu können. In der Praxis wird das Geschick des Planerstellers, insbesondere des Verwalters, darin liegen, seinen Plan möglichst zügig aus der Erörterungsphase in die Abstimmungsphase überzuleiten. Es besteht ansonsten die Gefahr, dass ein Plan im Erörterungstermin „zerredet“ wird, wenn es der Planverfasser im Vorfeld des Termins nicht verstanden hat, die wesentlichen Planinhalte mit den Beteiligten derart zu erörtern, dass zügig abgestimmt werden kann. Stimmberechtigt sind grundsätzlich nur Gläubiger, deren Forderungen durch den Insolvenzplan beeinträchtigt werden, § 237 Abs. 2 InsO. Grundsätzlich steht den absonderungsberechtigten Gläubigern bei der Abstimmung über den Insolvenzplan nur ein Stimmrecht zu, wenn deren Rechte durch den Insolvenzplan beeinträchtigt werden. Die Möglichkeit zur Vornahme von Änderung des Plans auf Grund der Erörterung soll den Planersteller in die Lage versetzen, auf Widerstände oder Einwände der Gläubiger noch im Termin flexibel reagieren zu können, so dass ein Scheitern des Plans abgewendet werden kann. Änderungen des Insolvenzplans sind möglich, soweit „der Kern erhalten bleibt“. Was Kernregelungen sind, kann nicht pauschal beurteilt werden, sondern hängt vom jeweiligen einzelnen Insolvenzsachverhalt ab. Maßgebend dafür ist nicht, inwieweit Änderungen in die Substanz des vorgelegten Insolvenzplanes eingreifen, sondern sie mit der verfahrensrechtlichen Stellung der Beteiligten vereinbar sind. Eine Veränderung der Abstimmungsgruppen wird beispielsweise mit Sicherheit als wesentlich anzusehen sein. Selbiges gilt für alle Änderungen, welche die gesicherten Rechtspositionen einzelner Gläubiger oder die durch den Plan einzelnen Gläubigern zugewiesenen Rechte und Ansprüche berühren. Kommt im einheitlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin keine Abstimmung über den Insolvenzplan zustande, kann das Insolvenzgericht einen gesonderten Termin zur Abstimmung bestimmen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich im Erörterungstermin herausstellt, dass umfangreiche Änderungen oder Ergänzungen des Insolvenzplans erforderlich sind oder die Feststellung der Stimmrechte der Beteiligten erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Zum gesonderten Abstimmungstermin sind nur

78

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

die stimmberechtigten Gläubiger und der Schuldner zu laden. Im Fall einer Änderung des Insolvenzplans ist auf die Änderung besonders hinzuweisen. Einer Ladung des Insolvenzverwalters und der übrigen Beteiligten bedarf es nach der Insolvenzordnung nicht mehr, da in dem gesonderten Abstimmungstermin keine Erörterungen mehr vorgesehen sind und insoweit diesem Personenkreis kein rechtliches Gehör mehr gewährt werden muss. Im Abstimmungsverfahren wird innerhalb jeder Gruppe über die Annahme oder Ablehnung des vorgelegten und zugelassenen Insolvenzplans entschieden. Für die Annahme des Insolvenzplans ist erforderlich, dass innerhalb jeder Gläubigergruppe eine so genannte „doppelte Mehrheit“ erforderlich ist, nämlich eine Mehrheit nach der • Zahl der Gläubiger (Kopfmehrheit) und • Höhe der Forderungen (Summenmehrheit). Steht Gläubigern ein Recht gemeinsam zu, kann es bei der Abstimmung nur einzeln gewertet werden. Diese Mehrheiten können aufgrund Abwesenheit oder fehlender Mitwirkung – so genanntes passives Gläubigerverhalten – von den realen Kopfzahlen der Gläubiger und damit nach den gemäß § 76 Abs. 2 InsO erforderlichen Mehrheiten, abweichen. Das „passive Gläubigerverhalten“ ist danach planunschädlich. Ist in der jeweiligen Abstimmungsgruppe nach den vorgenannten Grundsätzen eine Mehrheit für die Annahme des Insolvenzplans erreicht, ist der Insolvenzplan damit angenommen. Wird dagegen die Mehrheit in auch nur einer Gläubigergruppe nicht erreicht, ist damit der Plan grundsätzlich abgelehnt. Gesetzlich nicht geregelt ist die Fallgestaltung, dass von verschiedenen Planinitiatoren mehrere, miteinander konkurrierende Insolvenzpläne vorgelegt werden. In solch einem Fall sollte eine gemeinsame Abstimmung über beide Insolvenzpläne mit der Maßgabe erfolgen, dass innerhalb der jeweiligen Gläubigergruppen zunächst nacheinander über beide Insolvenzpläne abgestimmt wird und in die zweite Abstimmung nur der Insolvenzplan gelangt, der über die Forderungsmehrheit innerhalb der zustimmenden Gläubigergruppen verfügt. Durch ein solches qualifiziertes Abstimmungsverfahren wird gewährleistet, dass alle Gläubiger die Möglichkeit der Zustimmung oder Ablehnung des Insolvenzplans haben. Wird die Mehrheit in auch nur einer der Gläubigergruppen nicht erreicht, ist der Insolvenzplan damit grundsätzlich abgelehnt. Um zu verhindern, dass die Annahme des Insolvenzplans an Partikularinteressenten einzelner Gläubiger oder Gläubigergruppen scheitert, ist in der Insolvenzordnung ein so genanntes „Obstruktionsverbot“ zur Beseitigung von Akkordstörungen vorgesehen. Das Verbot obstruierender Versagung der Zustimmung zum Insolvenzplan soll die notwendigen Voraussetzungen

II. Ablauf des Insolvenzplanverfahrens

79

dafür schaffen, dass Insolvenzpläne auch dann vom Insolvenzgericht bestätigt werden können, wenn keine Mehrheit in einer Gläubigergruppe erzielt wurde. Das Obstruktionsverbot greift ein, wenn eine Gläubigergruppe die Zustimmung zu dem Insolvenzplan versagt, obwohl die nachfolgend genannten Voraussetzungen des § 245 Abs. 1 InsO – kumulativ – vorliegen. • Nr. 1: Die Gläubiger der die Zustimmung versagenden Gruppe werden durch den Insolvenzplan nicht schlechter gestellt, als sie ohne einen Plan stünden. • Nr. 2: Die Gläubiger werden angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt, der den Gläubigern aufgrund des Plans zufließen soll. • Nr. 3: Die Mehrheit der abstimmenden Gruppen hat dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt. Der vom Insolvenzgericht nach Nr. 1 vorzunehmende Vergleich erfordert eine wirtschaftliche Bewertung der Alternativen mit der Maßgabe, dass nicht der Wert des gesamten Insolvenzplans mit einer Gesamtverwertung der Insolvenzmasse für alle Beteiligten zu vergleichen ist, sondern nur der Wert für die Gläubiger derjenigen Gruppe, um deren Zustimmung es geht, mit dem Wert, der diesen Gläubigern aus einer Regelverwertung zufließen würde. Die Plan- und Regelbefriedigung müssen in Zahlen verglichen werden. Mit dem Prüfungstermin und der Festlegung des Stimmrechts sind die Geldbeträge bekannt, für welche die Insolvenzgläubiger und die Absonderungsberechtigten Befriedigung verlangen können. Hinsichtlich der absonderungsberechtigten Gläubiger ist zu prüfen, ob sie trotz der Eingriffe in ihre Sicherheiten durch den Insolvenzplan tatsächlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Plan, d.h. bei Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens, stünden. Danach ist der Erlös, der aus den Sicherheiten bei sofortiger Verwertung aus einem in der Stilllegungsphase befindlichen Unternehmen zu erzielen ist (Zerschlagungswert) mit dem Wert zu vergleichen, den die Sicherheiten, soweit sie vom Insolvenzplan betroffen sind bei Fortführung des Unternehmens darstellen (Fortführungswerte). Hat sich das Insolvenzgericht nicht von der voraussichtlichen NichtSchlechterstellung im Sinne der Nr. 1 überzeugen können, darf es die Zustimmung nicht als erteilt ansehen. Zweifel gehen zu Lasten des nicht einstimmig angenommenen Insolvenzplans. Die Angemessenheit der wirtschaftlichen Beteiligung in Nr. 2 liegt vor, wenn nachfolgende Voraussetzungen kumulativ gegeben sind, also wenn

80

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

• kein anderer Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, • weder ein Gläubiger, der ohne den Plan mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der – widersprechenden – Gruppe zu befriedigen wäre, noch der Schuldner oder eine an ihm beteiligte Person einen wirtschaftlichen Wert enthält und • kein Gläubiger, der ohne Plan gleichrangig mit den Gläubigern der – widersprechenden – Gruppe zu befriedigen wäre, besser gestellt wird als diese Gläubiger. Die Zustimmung des Schuldners zur Annahme des Insolvenzplans kann vom Insolvenzgericht ersetzt werden. Dazu darf die Rechtsstellung des Schuldners durch den Plan nicht verschlechtert werden. Hat der Schuldner einem Insolvenzplan bis zum Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle widersprochen – verspätete Widersprüche werden nicht berücksichtigt – , hat das Insolvenzgericht zu prüfen, ob der Widerspruch beachtlich ist. Unbeachtlich ist der Widerspruch des Schuldners, wenn • Nr. 1: der Schuldner durch den Plan nicht schlechter gestellt wird, als ohne Plan, wozu wiederum eine Vergleichsrechnung erforderlich ist, und • Nr. 2: kein Gläubiger einen wirtschaftlichen Wert erhält der den vollen Betrag seiner Forderung übersteigt. • Ferner ist der Widerspruch des Schuldners auch dann unbeachtlich, wenn er treuwidrig gegen den von ihm selbst vorgelegten Plan Widerspruch einlegt. Hat die Mehrheit der Gläubiger dem Insolvenzplan zugestimmt oder gilt die Zustimmung als erteilt, liegt die Zustimmung des Schuldners vor oder gilt als erteilt, hat das Insolvenzgericht unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 249 ff. InsO den Plan zu bestätigen. Vor der Entscheidung über die Bestätigung ist der Insolvenzverwalter, der Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist, und der Schuldner vom Insolvenzgericht zu hören. Ist ein Insolvenzplan von der Erbringung bestimmter Leistungen oder Verwirklichung anderer Maßnahmen vor der Bestätigung abhängig, darf der Insolvenzplan erst nach Vorliegen dieser Voraussetzungen bestätigt werden. Leistung sind beispielsweise die Bestellung von neuen Sicherheiten, eine Darlehensgewährung, die Zusage von Belieferungen, Ausführungen von Arbeiten, etc.. Unter anderen Maßnahmen sind insbesondere gesellschaftsrechtliche Beschlüsse zu verstehen, die für den Insolvenzplan

III. Rechtswirkungen des bestätigten Insolvenzplans

81

vorausgesetzt werden, wie zum Beispiel der Ausschluss und die Aufnahme von Gesellschaftern oder die Erhöhung von Kapitalbeträgen. Hierzu kann das Insolvenzgericht eine angemessene Frist zur Vornahme setzen. Nach dem fruchtlosem Ablauf dieser Frist ist die Bestätigung von Amts wegen zu versagen. Die Planbestätigung ist zu versagen, wenn die Annahme unlauter, insbesondere durch Begünstigung eines Gläubigers herbeigeführt wurde. Dies ist z.B. im Falle des Stimmenkaufs, der Anerkennung fingierter Forderungen oder des Verheimlichens von Vermögensstücken zum Zweck späterer Zuwendung an Gläubiger anzunehmen. Auf Antrag eines Gläubigers kann die Bestätigung des Insolvenzplans weiterhin versagt werden, wenn dieser Gläubiger dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle widersprochen hat und er dazu glaubhaft macht, dass er durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne den Plan stünde.

III. Rechtswirkungen des bestätigten Insolvenzplans Mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses über Annahme des Insolvenzplans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen ein. Die Regelungen des Insolvenzplans wirken für und gegen alle Beteiligten unabhängig davon, ob sie Forderungen als Gläubiger angemeldet oder dem Plan widersprochen haben. Ebenso entfaltet der Insolvenzplan Bindungswirkung gegenüber solchen Beteiligten, die am Verfahren, sei es aus Desinteresse oder mangels Kenntnis, nicht teilgenommen haben. Somit kann sich kein Beteiligter den Wirkungen des Insolvenzplans entziehen. Die Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses tritt mit Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist oder mit rechtskräftiger Entscheidung über die sofortige Beschwerde ein. 1. Aufhebung des Insolvenzverfahrens Tritt die formelle Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses ein, wird durch weiteren Beschluss des Insolvenzgerichts die Aufhebung des Insolvenzverfahrens angeordnet. Dieser Aufhebungsbeschluss kann nicht mit dem Beschluss über die Bestätigung des Insolvenzplans verbunden werden, sondern muss sobald wie möglich zeitlich nachgeordnet ergehen. Notwendig ist die Aufhebung des Verfahrens, damit der Schuldner seine Verfügungsbefugnis zurückerlangt. Vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens sind durch den Insolvenzverwalter die unstreitigen Masseansprüche zu berich-

82

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

tigen, also die entsprechenden Massegläubiger voll zu befriedigen. Die dafür notwendigen Mittel sind entweder dem Barvermögen zu entnehmen oder durch weitere Verwertung schuldnerischer Vermögensgegenstände zu beschaffen. Diese Verpflichtung trifft auch die vom Insolvenzverwalter selbst begründeten Masseverbindlichkeiten, auch wenn diese erst nach Bestätigung des Insolvenzplans entstanden sind. Für streitige Masseverbindlichkeiten, also für nicht anerkannte sowie aufschiebend bedingte und betagte Masseansprüche, hat der Insolvenzverwalter Sicherheit zu leisten. Seiner Pflicht zur Sicherheitsleistung kann er jedoch nur für die ihm bekannten Masseansprüche nachkommen. Melden sich Massegläubiger erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, müssen sich diese an den Schuldner wenden. Hinsichtlich der Art der Sicherheitsleistung bestehen keine insolvenzrechtlichen Regelungen. Mithin können Verwalter und Gläubiger eine davon abweichende Vereinbarung über die Art und Weise der Sicherheitsleistung treffen. Da der Schuldner mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens seine Verfügungs- und Prozessbefugnis wiedererlangt, hat der jeweilige Gläubiger einen Streit über das Bestehen der sichergestellten Forderung mit dem Schuldner zu führen. Da es seitens des Gesetzgebers versäumt worden ist, die Vorschriften über die Nachtragsverteilung für entsprechend anwendbar zu erklären oder eine Sonderregelung zu treffen, müssen sich Massegläubiger gegebenenfalls auf einen Streit mit dem Schuldner einlassen. Gegenüber dem Insolvenzverwalter gewährt die Insolvenzordnung dem einzelnen Massegläubiger keinen einklagbaren Anspruch auf Tätigwerden. Liegt jedoch eine Verletzung der Pflicht des Verwalters hinsichtlich der Befriedigung bzw. Sicherheitsleistung vor, kann dieser persönlich nach § 60 InsO haften. Ferner kommt gegenüber dem den Verwalter überwachenden Insolvenzgericht auch eine Amtshaftung gemäß Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB in Betracht. Die Verfahrensaufhebung bewirkt neben der Rückübertragung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Schuldner auch das Erlöschen der Ämter des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Trotz Verfahrensaufhebung bleibt der Verwalter jedoch zur Weiterverfolgung eines anhängigen Anfechtungsrechtsstreits berechtigt. 2. Materiell-rechtliche Wirkungen Mit der formellen Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses treten die im gestaltenden Teil festgelegten materiell-rechtlichen Wirkungen des Plans für und gegen alle Beteiligten ein. Dabei kann es sich um die bereits beschriebenen Regelungen von Erlass, Verzicht, Stundungen und Fristver-

III. Rechtswirkungen des bestätigten Insolvenzplans

83

längerungen handeln. Wie die Rechtsstellungen geändert werden sollen, ist dem darstellenden Teil des Plans zu entnehmen. Beteiligte sind nachrangige, nicht nachrangige und absonderungsberechtigte Insolvenzgläubiger sowie auch Dritte, so genannte Plangaranten. Der Plan entfaltet ebenso gegenüber dem Schuldner unbekannten Insolvenzgläubigern Bindungswirkung, so lange diese nur einer der im Insolvenzplan gebildeten Gruppen zugerechnet werden können. Sieht der Insolvenzplan dingliche Änderungen vor, treten diese nicht automatisch ein. Zu dessen Herbeiführung bedarf es der Rechtsänderung der tatsächlichen Elemente. Die Bestätigung des Plans bewirkt nur, dass die in den Plan aufgenommenen Willenserklärungen als in der vorgeschriebenen Form abgegeben gelten. Die im Insolvenzplan aufgenommenen Willenserklärungen zur Begründung, Änderung, Übertragung oder Aufhebung von dinglichen Rechten gelten als formwirksam abgegeben. Es bedarf dafür keiner weiteren Umsetzung. Dies gilt auch für Verpflichtungserklärungen. Eine Beeinträchtigung von persönlichen Ansprüchen der Insolvenzgläubiger gegenüber Mitschuldnern und Bürgen des Schuldners durch den Insolvenzplan findet nicht statt. Ebenfalls nicht berührt werden die dinglichen Rechte der Gläubiger an Gegenständen Dritter, also solcher, die nicht zur Insolvenzmasse gehören sowie die Wirkungen einer Vormerkung. Dies betrifft auch solche Rechte, die in Umfang und Existenz von im Verhältnis zwischen Insolvenzgläubiger und Schuldner zugrunde liegende Forderungen abhängen. Damit ist Akzessorietät mit der Folge aufgehoben, dass Insolvenzgläubiger von entsprechenden Dritten trotz eines beispielsweise im Plan festgelegten (Teil-) Erlasses der betreffenden Forderung zugunsten des Schuldners Befriedigung in voller Höhe verlangen können. Soweit der Insolvenzplan keine andere Regelung vorsieht, greift die so genannte Wiederauflebensklausel des § 255 Abs. 1 InsO ein. Danach kommt es zum Wiederaufleben der ursprünglichen Forderungen derjenigen Gläubiger, gegenüber denen der Schuldner bei Erlass oder Forderungsstundung mit der Erfüllung des Insolvenzplans in einen erheblichen Rückstand gerät. Damit werden Forderungsstundung oder -erlass für die Gläubiger, denen gegenüber der Rückstand eingetreten ist, hinfällig. Ein erheblicher Rückstand liegt vor, wenn der Schuldner trotz schriftlicher Mahnung des Gläubigers mit der Begleichung fälliger Verbindlichkeiten wenigstens zwei Wochen im Rückstand ist, wobei für die Art der Erfüllung die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Regelungen maßgeblich sind. Kommt es vor vollständiger Erfüllung des Plans zu einem neuen Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, so ist die Stundung oder der Erlass für alle Insolvenzgläubiger hinfällig.

84

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

Eine Ergänzung der Wiederauflebensklausel nach § 255 InsO zum Zwecke des Schuldnerschutzes stellt der § 256 InsO dar. Da bei einer im Prüfungstermin bestrittenen Forderung oder einer der Höhe nach noch nicht feststehenden Ausfallforderung eines absonderungsberechtigten Gläubigers Unklarheit für den Schuldner dahingehend herrscht, ob und in welchem Umfang er den entsprechenden Insolvenzgläubiger befriedigen muss, kann bei Nichtzahlung der Wegfall von Stundung und Teilerlass nach § 255 InsO drohen. Nach § 256 InsO kann der Schuldner dies vermeiden, wenn er die streitige Forderung oder Ausfallforderung vorläufig in bestimmten Umfang erfüllt. 3. Zwangsvollstreckung aus dem Insolvenzplan Als Folge der Nichterfüllung eröffnet § 257 InsO den Insolvenzgläubigern die Möglichkeit, gegen den Insolvenzschuldner die Zwangsvollstreckung aus dem Insolvenzplan in Verbindung mit dem Tabelleneintrag wie aus einem vollstreckbaren Urteil zu betreiben. Dem Zugriff unterliegt dabei, soweit der Insolvenzplan nicht entgegensteht, das gesamte pfändbare Schuldnervermögen. Weitere Voraussetzung für die Vollstreckung ist neben dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan die im Plan aufrechterhaltene, zur Tabelle festgestellte und vom Schuldner nicht bestrittene Forderung des Gläubigers. Ferner ist die Vollstreckung auch gegenüber Dritten (z. B. Bürgen), die unter bestimmten Voraussetzungen Verpflichtungen für die Planerfüllung übernommen haben möglich (so genannte Plangaranten). Plangarant kann auch ein Insolvenzgläubiger sein. Als zusätzliche, neben den vorgenannten Voraussetzungen für die Vollstreckung bedarf es für die Vollstreckung gegen den Dritten zudem einer schriftlichen, beim Insolvenzgericht eingereichten Verpflichtungserklärung des Plangaranten. Darin muss die Verpflichtung zur Erfüllung des Plans neben dem Schuldner ohne den Vorbehalt der Einrede der Vorausklage enthalten sein. Zwangsvollstreckungstitel sind die mit einer Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung der Insolvenztabelle, die mit einer Rechtskraftklausel versehene Ausfertigung des Planbestätigungsbeschlusses, der für die Vollstreckung erhebliche Teil des Insolvenzplans sowie eine Bestätigung über das Nichtbestreiten der Forderung.

IV. Die Planüberwachung

85

IV. Die Planüberwachung 1. Grundlage der Planüberwachung Zum Schutz der Gläubiger kann im gestaltenden Teil des Insolvenzplans die Überwachung der Erfüllung des Plans nach Verfahrensaufhebung vorgesehen werden. Ist dies der Fall, so besteht das Amt des Insolvenzverwalters insoweit und die Aufsicht des Insolvenzgerichts sowie der Mitglieder des Gläubigerausschusses bis zur Aufhebung der Überwachung fort. Zum Zwecke der Planüberwachung gewährt das Gesetz dem Insolvenzverwalter Zugangs- und Auskunftsrechte, die denen eines vorläufigen Insolvenzverwalters entsprechen, so dass sich dieser zum Beispiel auch Zugang zu den Geschäftsräumen einer Übernahmegesellschaft und Einsicht in die Bücher verschaffen kann. 2. Zustimmungsvorbehalte Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlangt der Schuldner seine uneingeschränkte Verfügungsbefugnis zurück. Um risikoreiche, das Vermögen mindernde Rechtsgeschäfte zu überwachen und den Ansprüchen der Gläubiger entsprechend den Regelungen des Insolvenzplans gerecht zu werden, kann der Insolvenzplan zusätzlich zu der Überwachung vorsehen, dass die Vornahme bestimmter Geschäfte durch den Schuldner der Zustimmung des Verwalters bedarf. Fehlt die Zustimmung des Insolvenzverwalters, hat dies die Unwirksamkeit der Rechtsgeschäfte des Schuldners oder der überwachten Übernahmegesellschaft zur Folge. 3. Kreditrahmenvereinbarung Sieht der gestaltende Teil des Insolvenzplans eine Überwachung vor, gewinnt § 264 InsO an Bedeutung. Danach sind im „Kreditrahmen“ platzierte Gläubiger von in der Zeitspanne der Überwachung aufgenommenen Krediten oder von in die Überwachungsphase hinein stehen gelassenen Krediten des Schuldners privilegiert. Nicht im „Kreditrahmen“ platzierte Gläubiger sind nachrangig. Voraussetzung ist die Überwachung durch den Insolvenzverwalter und eine entsprechende Regelung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans.

86

D. Unternehmensverkauf im Insolvenzplanverfahren

4. Aufhebung und Kosten der Planüberwachung Eine Aufhebung der Planüberwachung erfolgt zum einen, wenn alle Insolvenzansprüche erfüllt sind bzw. deren Erfüllung gewährleistet ist oder aber die Überwachung die gesetzliche Höchstgrenze von drei Jahre erreicht hat. Zudem darf kein Antrag auf Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens vorliegen. Die Aufhebung der Planüberwachung ist durch das Insolvenzgericht zu beschließen und öffentlich bekannt zu machen. Mit Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses geht die Verfügungsbefugnis über das gesamte Vermögen des Schuldners über. Zustimmungsvorbehalte nach § 263 InsO entfalten keine Wirkungen mehr.

E. Problemfelder

Beim Verkauf von Krisenunternehmen ist es sinnvoll, ein hierfür spezialisierten Berater (Investmentbank oder „Mergers-and-Acquisitions-Berater“) hinzuzuiehen. Dieser sollte vor allem über nachgewiesene Kompetenzen im Segment von Krise, Insolvenz und Sanierung verfügen und einen zur Verringerung des individuellen Risikos möglichst reibungslosen Abwicklung des Veräußerungsprozesses gewährleisten. Der Auftrag für den Verkauf wird entweder von den Anteilseignern (vor Antragstellung), vom Management unter Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters (im Antragsverfahren bei einem „schwachen Verwalter“) oder vom Insolvenzverwalter (im eröffneten Verfahren) erteilt, deren Interessen im Rahmen des Verkaufsprozesses vom Berater vertreten werden. In der Vorbereitungsphase zum Verkauf müssen daher die Interessen sämtlicher Beteiligten koordiniert werden. Aus Sicht der Autoren kommt es regelmäßig zu den nachfolgend aufgeführten Problemfeldern: • betriebswirtschaftliche Probleme bei der Ermittlung der Fortführungsprognose sowie der Probleme im operativen Geschäft, • emotionale Probleme der „Schlüsselbeteiligten“, • zeitlicher Druck bei der Suche nach einem Käufer „versus“ Diskretion bei der Informationsweitergabe und • individuelle Interessen der Stakeholder.

I. Betriebswirtschaftliche Probleme bei der Ermittlung der Fortführungsprognose Wie bereits beschrieben, liegt eine Überschuldung nach der Insolvenzordnung vor, wenn die Verbindlichkeiten des Unternehmens den Gesamtwert seines Vermögens überschreiten. Diese Überschuldungsprüfung erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt wird die Existenzfähigkeit des Unternehmens auf Basis des Sanierungskonzeptes in qualitativer und damit wertender Hinsicht festgestellt. Hierbei wird auch eine Liquiditätsprognose er-

88

E. Problemfelder

stellt. Diese ist jedoch vor dem Hintergrund der Unsicherheit der zukünftigen Kunden- und Lieferantenbeziehungen sehr schwierig und grundsätzlich mit Unsicherheit behaftet. In der Praxis ist hier von allen Verantwortlichen auf Unternehmensseite ein Höchstmaß an Fingerspitzengefühl notwendig. Ein Teil der Lieferanten wird nur noch gegen Vorkasse bereit sein Waren zu liefern und daher durch Preiserhöhungen bzw. Risikozuschläge versuchen, einen Teil seiner Altforderungen hierüber bezahlt zu bekommen. Kunden, bei denen das Produkt oder die Leistung des krisenbehafteten bzw. bereits insolventen Unternehmens einen strategisch wichtigen Charakter hat, werden u.U. umgehend – falls noch nicht geschehen – Alternativlieferanten aufbauen und teilweise bereits bestimmte Kontingente bei dem Dritten fertigen lassen. Hier ist es wichtig, dass der Insolvenzverwalter die Mitarbeiter im Vertrieb und Einkauf mit Argumenten ausrüstet, die ihnen erlauben, trotz der offensichtlichen Krise offensiv gegenüber den Kunden und Lieferanten aufzutreten. Ist die Fortführungsprognose positiv, werden im aufzustellenden Überschuldungsstatus die Vermögensgegenstände mit Fortführungswerten angesetzt. Ist die Fortführungsprognose negativ zu beurteilen, werden die Vermögensgegenstände mit Liquidationswerten aufgeführt. Bei der Fortführung des operativen Geschäftes bis zu einem eventuellen Verkauf des Unternehmens ist neben dem auf Kunden- und Lieferantenbeziehungen zu richtenden Augenmerk auch auf die Leistungsträger im Unternehmen zu achten. Gerade Wettbewerber, aber auch Kunden und Lieferanten werden den langjährig geschätzten Personen Angebote für neue Aufgabenfelder unterbreiten. Ein „Abwandern“ der Leistungsträger, die meistens einen wesentlichen Bestandteil der Begehrlichkeit eines Kaufinteressenten ausmachen, kann den Erfolg einer Transaktion zerstören.

II. Emotionale Probleme Wirtschaftlich schwierige Zeiten führen nur dann zu Unternehmenskrisen, wenn diese nicht frühzeitig erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Hauptaufgabe des Managements in seiner Controllingfunktion ist es, sowohl externe Rahmenbedingungen (volkswirtschaftliche Entwicklung, Branchen- und Wettbewerbsentwicklung) als auch interne Rahmenbedingungen (operative Prozesse, betriebswirtschaftliche Gegebenheiten) ständig zu beobachten und im Kontext zu analysieren. Dies erfordert ein hohes Maß an Reflektionsvermögen und Kritikfähigkeit. Gerade in Unternehmenskrisen steht der Unternehmer unter erhebli-

III. Zeitlicher Druck „versus“ Diskretion

89

chem Druck seitens der Kapitalgeber, Personal und anderen Stakeholdern. Er muss erleben, dass er nach oftmals langjährigen Unternehmenserfolgen nicht mehr in der Lage ist, „sein“ Unternehmen in den „sicheren Hafen“ zu steuern. Dieser Druck gefährdet oftmals den objektiven Blick auf betriebsund finanzwirtschaftliche Verhältnisse bzw. die veränderten Rahmenbedingungen. Darüber hinaus kommt es im späteren Verlauf der Unternehmenskrise zu einem Zeitpunkt, an dem der Unternehmer sich die Frage stellen muss, ob er selbst noch in der Lage ist, diese Krise zu bewältigen. Daraus abgeleitet entsteht die Frage der eigenen unternehmerischen Existenzberechtigung. Zumeist wird diese Frage entweder nicht objektiv beantwortet oder jedoch mit dem Zusatz versehen, dass wenn der Unternehmer es selbst nicht schafft, auch kein anderer Unternehmer einen „Turnaround“ erfolgreich durchführen kann. Diese emotionale Grundhaltung erschwert konstruktive Gespräche, die für den zukünftigen Unternehmenserfolg unerlässlich sind.

III. Zeitlicher Druck „versus“ Diskretion Unternehmenstransaktionen in der Krise finden unter erheblichen Zeitdruck statt. Da der Engpass jeder Unternehmenstransaktion im Auffinden des strategisch besten Käufers („Best buyer“) liegt, gibt es zwei unterschiedliche Ansätze eine Transaktion mit diesem „Best buyer“ zu realisieren. Die eine Möglichkeit ist, durch intensive Recherche die Listen der anzusprechenden Kaufinteressenten so einzugrenzen, dass ein hohes Maß an Sicherheit über das Kaufinteresse der angesprochenen Unternehmen herrscht. Diese Recherche, die neben Datenbankanalysen vor allem durch Experteninterviews und Netzwerkrecherche geprägt ist, erfordert oftmals eine lange Zeitdauer. Bei Unternehmenstransaktionen in normalen bzw. wirtschaftlich guten Zeiten ist dies der einzig opportune Weg, einen Unternehmensverkauf zu initiieren. Bei Unternehmenskrisen ist jedoch genau der entscheidende Faktor Zeit nicht vorhanden. Deshalb muss sorgfältig abgewogen werden, ob nicht eine breite Ansprache einer Vielzahl von Kaufinteressenten ebenso dazu führt, den „Best buyer“, d.h. den zukünftig idealen Gesellschafter zu finden. Darüber hinaus ist in Krisensituation nicht unbedingt der „Best buyer“ gefragt, sondern es muss ein schneller „Übernehmer“ für die Unternehmung gefunden werden. Nachstehend Grafik verdeutlicht die Problematik exemplarisch:

90

E. Problemfelder

Abb. 16: Wegfall von Kaufinteressenten im Zeitablauf eines Unternehmensverkaufs

Mit einer breiten Ansprache sinkt jedoch die Vertraulichkeit. Ist die Unternehmenskrise noch nicht weit fortgeschritten, kann sich diese durch Indiskretion sogar noch verstärken. Befindet sich das Unternehmen jedoch schon im vorläufigen Insolvenzverfahren bzw. im Zeitraum nach Verfahrenseröffnung, ist die Unternehmenskrise evident und damit auch die Vertraulichkeit dieser Information nicht in dem hohen Maße erforderlich wie bei „normalen“ Unternehmenstransaktionen. Bei der Vertraulichkeit ist zu unterscheiden zwischen der Information über den Unternehmensverkauf als solches und wettbewerbsrelevanten Fakten über das Unternehmen. Zum Punkt der Information über den Unternehmensverkauf gilt, je weiter die Unternehmenskrise fortgeschritten ist, desto weniger ist es notwendig, diese Tatsache vertraulich zu behandeln. Anders verhält es sich bei wettbewerbsrelevanten Fakten über das Unternehmen. Denn diese sind auch in der Phase von der Stellung des Insolvenzantrags bis hin zur Insolvenzeröffnung streng vertraulich zu behandeln. Im Rahmen eines Bieterverfahrens und der erwähnten breiten Ansprache von Kaufinteressenten sollten wettbewerbsrelevante Daten nur sukzessive und nach entsprechender Do-

IV. Individuelle Interessen der „Stakeholder“

91

kumentation der Ernsthaftigkeit des Erwerberinteresses weitergegeben werden. In der Angebotsphase liegen die ersten Angebote der potenziellen Interessenten vor. Die Angebote sollten neben dem wichtigsten Kriterium, dem Kaufpreis, auch Angaben zu den Plänen der Investoren über die künftige Entwicklung des Unternehmens enthalten.

IV. Individuelle Interessen der „Stakeholder“ Im Gegensatz zu normalen Transaktionen, bei denen die Parteien und deren Interessen in den meisten Fällen klar ersichtlich sind, existiert bei Unternehmenstransaktionen in der Krise ein schwer zu durchschauendes Gemengelage der involvierten Stakeholder mit unterschiedlichsten Interessen. Die verschiedenen Interessen sind bei der Strukturierung der Transaktion zu beachten, denn gerade in Krisensituation kann ein unkontrolliertes Verhalten einer der beteiligten Parteien zur Existenzgefährdung des ganzen Unternehmens und des Veräußerungsprozesses führen. Die nachstehenden Abbildungen zeigen das Beziehungsgeflecht der Stakeholder bei normalen Transaktionen und bei Unternehmenskrisen.

Abb. 17: Beziehungsgeflecht und Interessenslage bei M&A-Prozessen

92

E. Problemfelder

In den meisten Fällen werden die Stakeholder bei Unternehmenskrisen damit konfrontiert, dass der Kaufpreis nicht ausreicht, um alle nominal bestehenden Forderungen gesamtheitlich zu befriedigen. Konflikte zwischen einzelnen Interessengruppen sind somit vorprogrammiert. Eine weitere für den Verkaufsprozess nicht zu unterschätzende Stakeholdergruppe sind Finanzmittelgeber, wie beispielsweise Bürgschaftsbanken, Kreditversicherer, Factoring- und Leasinggeber. Aller Voraussicht nach hat das Krisenunternehmen alternative Finanzierungsmöglichkeiten bereits ausgeschöpft und vorhandene stille Reserven gehoben, indem z.B. per „sale-and-lease-back“ im Vorfeld der Krise Grundstücke und Gebäude verkauft und zurückgeleast wurden. Hat das Unternehmen ein saisonal schwankendes Geschäft, wird oftmals die Saisonfinanzierung durch anderweitige Finanzgeber, wie Factoringgesellschaften dargestellt. Zumeist sitzen diese Parteien in den ersten Verhandlungsrunden nicht unmittelbar „am Verhandlungstisch“. Sie können jedoch in vielen Fällen zum „Zünglein an der Waage“ werden, indem sie ihre Engagements kündigen. Die sonstigen involvierten Kreditinstitute wollen oder können sogar zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Finanzmittel zur Umfinanzierung dieses Ausfalls auslegen. Hierdurch wird die ohnehin angespannte Unternehmensfinanzierung weiter belastet. Dies kann bei Unternehmenskrisen, vorausgesetzt die Finanzierungslücke wird nicht von Banken geschlossen, die bereit und kreditpolitisch in der Lage sind diese gekündigten Kreditfazilitäten zusätzlich zu dem bereits bestehenden Engagement einzuräumen, unmittelbar zum Scheitern des Verkaufs und damit zum Insolvenzantrag des Unternehmens führen. In der Vorbereitungsphase des Verkaufs ist es daher eminent wichtig, die Interessen sämtlicher Stakeholder des Unternehmens genau zu verstehen. Der „M&A“-Berater muss versuchen, ohne sein Mandat zu verletzen, Lösungen für die jeweilige Interessensgruppe zu finden. Es ist nur bedingt möglich, eine Einigung zwischen sämtlichen Stakeholdern über die Aufteilung des voraussichtlichen Kaufpreises zu erzielen. Jedoch sollte der „M&A“-Berater je nach Situation versuchen, die Erwartungen der Parteien hinsichtlich des möglichen Kaufpreises zu identifizieren und auf das für eine Zustimmung notwendige und in der Praxis zu realisierende „Normalmaß“ zu reduzieren. Die wirtschaftlich am stärksten betroffenen Beteiligten sind meistens die Fremdkapitalgeber, da Vermögenswerte an diese verpfändet, abgetreten oder sicherungsübereignet sind. Darüber hinaus geht es mit der Unternehmenskrise einher, dass das Management und die Gesellschafter nur noch eingeschränktes Vertrauen der Banken genießen. So hängt das Verbleiben des Managements im Unternehmen von der erfolgreichen Umsetzung der Restrukturierung bzw. dem Verkauf des Unternehmens ab. Zu Konflikten

IV. Individuelle Interessen der „Stakeholder“

93

führt oftmals, dass die Gesellschafter bzw. das Management davon ausgehen, es gehe den Banken, die das Kreditengagement zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich in spezielle, hierfür qualifizierte Abteilungen (z.B. „Workout“, „Special (Intensive) Treatment“, „Abwicklung“ o.ä.) auslagern, nicht um die Fortführung des Unternehmens, sondern ausschließlich um die zumindest teilweise Rückführung der bestehenden Kredite. Diese Konfliktsituation wird meistens durch die nachfolgend aufgeführten Sachverhalte noch weiter verschärft: • • • • • • •

Die Prognose-Rechnungen des Managements hinsichtlich der zukünftigen Unternehmensentwicklung treten nicht ein. Eingeräumten Kreditlinien werden überzogen oder nicht absprachegemäß ausgenutzt. Informationen über die wirtschaftliche Entwicklungen des Unternehmens oder sonstige wichtige Sachverhalte werden nicht unmittelbar oder zeitnah mitgeteilt. Das Unternehmen entlastende Kreditgewährungen oder Überziehungsmöglichkeiten werden von den involvierten Banken nicht schnell genug getroffen. Unabgesprochene Aktivitäten einzelner Banken (z.B. Kreditkündigung, Kürzung der Kreditlinien) belasten die Liquiditätslage des Unternehmens zusätzlich. Aus Managementsicht belasten zu hohe Zinskosten die Liquidität und Ergebnis des Unternehmens. Erhöhte Informationswünsche der Banken binden Managementkapazitäten.

Die Interessen der involvierten Banken sind in solchen Fällen meist nicht homogen, da in der Regel die Banken unterschiedlich besichert sind, bei gleicher Höhe ihrer Engagements unterschiedliche Bewertungsansätze für die vorhandenen Sicherheiten anwenden und damit unterschiedliche Deckungslücken respektive Wertberichtigungen haben. Darüber hinaus müssen sie bei ungleicher Besicherung mit unterschiedlichen Erlösen aus der Verwertung des Sicherungsgutes rechnen. Selbst wenn die involvierten Banken die Auswirkungen einer Insolvenz ihres Kreditnehmers auf ihr Kreditengagement bewerten und berechnen, ist es oftmals entscheidend, die verschiedenen „Exitszenarien“ (Verkauf vor Insolvenz, Verkauf im Insolvenzverfahren und Liquidation) im Hinblick auf zeitliche sowie Liquiditäts- bzw. Ertragseffekte für alle Parteien darzustellen. Oftmals sind die standardisierten Sicherheitenbewertungsmethoden, die bei Banken angewendet werden, im speziellen Fall nicht ausrei-

94

E. Problemfelder

chend. Eine Berechnung der wirtschaftlichen Auswirkungen durch den Insolvenzverwalter bzw. durch ihn beauftragte Berater kann oftmals zur Lösung des „gordischen Knotens“ bzw. der Interessenkonflikte führen. Grundsätzlich gilt, dass zu viele Parteien am Verhandlungstisch die Transaktionsdurchführung und auch die Verhandlungen erschweren, insbesondere dann, wenn sie unterschiedliche Interessen verfolgen. In der Insolvenz kann die Bildung eines überschaubaren Gläubigerausschusses für Erleichterung sorgen. Die Verhandlungssituation der Interessensgruppen unterscheidet sich, wie in obiger Grafik dargestellt, in Krisenfällen von normalen Transaktionen: Die Akzeptanz finanzieller Verluste ist nicht beim ersten Zusammenkommen nach Eintreffen der Krise gegeben, sondern wird sich erst im Laufe der Verhandlungen ergeben. Da die Angebote bis zur endgültigen Verhandlung meist noch keinen bindenden Charakter haben, erhoffen die Beteiligten berechtigterweise für sich eine Verbesserung der Konditionen. Diese legitimen Bestrebungen können jedoch in Anbetracht der knappen Zeit und nicht selten auf Grund starker Emotionsentladungen die Verhandlungen verzögern oder sogar ganz scheitern lassen. Ein weiteres Problemfeld ist gegeben, wenn das vorhandene Management ebenfalls eine Beteiligung eingehen möchte. Da hier oftmals die dafür notwendigen Eigenmittel nicht vorhanden sind und darüber hinaus auch die Möglichkeit des „billigen Einstiegs“ gesucht wird, entstehen hier oftmals weitere Krisenherde. Weihe / Elschen unterscheiden bei M&A-Prozessen grundsätzlich folgende Interessenkonflikte:

IV. Individuelle Interessen der „Stakeholder“

95

Abb. 18: Interessenskonflikte des Verkäufer und des Managements (Weihe / Elschen, „Interessenskonflikte im „M&A“-Prozess“)

Bei Unternehmenstransaktionen in der Krise sind der Timing- und der Abschlusskonflikt seltener zu beobachten, da eine Verzögerung des Abschlusses mit der Existenzbedrohung des Unternehmens einhergehen könnte. Die anderen Konflikte sind nach den Erfahrungen der Autoren eher noch intensiver als bei „normalen“ „M&A“-Transaktionen. Ein beteiligungswilliger Manager wird in der Regel versuchen, sich im Rahmen eines Erwerbs aus der Krise vom Ballast der letzten Jahre zu befreien und darüber hinaus die Kriterien anführen, die seiner Einschätzung nach zu einer Reduzierung des Kaufpreises führen könnten. Ebenfalls ist es sehr schwer zu beurteilen, in wie fern die erstellten Prognosen frei von Eigeninteressen sind. Grundsätzlich sollte ein Verkäufer versuchen, das Management am Erfolg der Transaktion partizipieren zu lassen. Die nachfolgende Anreizmatrix zeigt die grundsätzlichen Möglichkeiten auf:

96

E. Problemfelder

Abb. 19: Anreizmatrix zur Vermeidung von Interessenskonflikten zwischen Management und Verkäufer

F. Fazit

Wenn ein Unternehmer in Krisenzeiten beginnt über die Möglichkeit eines Unternehmensverkaufs nachzudenken, wird die Ausgangsbasis immer die äußerst grundsätzliche Frage sein: „Was ist das Unternehmen – unabhängig von seiner emotionalen Bedeutung für Gesellschafter und Belegschaft – eigentlich wert und wer sind die idealen Kaufinteressenten?“ Voraussetzung für die optimale Beantwortung dieser Frage ist eine gründliche und umfassende Analyse. Betrachtet man ein in Jahrzehnten aufgebautes Unternehmen als das Lebenswerk des Unternehmers, ist sein Wert buchstäblich unschätzbar. Dennoch ist es notwendig, eine nüchterne Analyse dessen vorzunehmen, was auch bei emotional nicht Beteiligten eine entsprechende Wertschätzung des Unternehmens begründen kann. Hat das Unternehmen bereits Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt ist der Handlungsdruck noch größer. Für einen Unternehmensverkauf in der Krise sind folgende Kriterien für den Erfolg entscheidend: 1. eigene Einfluss- und Verantwortungsstrecke definieren, 2. besonnnen, aber konsequent handeln (Meta-Ebene / „go to the balcony“), 3. mit Krisensituationen erfahrene und gläubigerunabhängige Berater auswählen / Enge Kooperation mit dem Insolvenzverwalter, 4. Positionen der verschiedenen Interessengruppen analysieren und dokumentieren / „Step to their side“, 5. entscheidende Mitarbeiter komplementär incentivieren, 6. Liquiditätsplan aufstellen und mit den Hauptkapitalgebern fixieren, „Milestones“ und daraus abgeleitete Handlungsoptionen definieren („point of no return“), 7. bei der Identifikation von Kaufinteressenten – trotz emotionaler Belastung – auch Wettbewerber berücksichtigen.

98

F. Fazit

Eigene Einfluss- und Verantwortungsstrecke definieren In der Psychologie existiert das unten abgebildete Erklärungsmodell des Verhältnisses zwischen Verantwortung und Einfluss, das im Beispiel 2 ideal zu der Situation eines Unternehmers in der Krise passt.

Abb. 20 Verantwortungs- und Einflussstrecke

Die „Verantwortungsstrecke“ bezeichnet eine fiktive Größe, die die jeweilige Person für sich und die mit seiner Aufgabe verbundene Verantwortung definiert. Die „Einflussstrecke“ bezeichnet eine fiktive Größe, die die jeweilige Person für sich und seine maximale Handlungsmöglichkeit definiert. Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht die Problematik. Unternehmer A sieht sich mit einer Vielzahl von Herauforderungen konfrontiert. Die Globalisierung, der verstärkte Wettbewerb sowie die Konsolidierung der Marktteilnehmer verunsichert den Unternehmer und er

F. Fazit

99

spürt, dass er die Herausforderungen nicht meistern kann. Seine Sichtweise ist in der oben dargestellten Abbildung im Beispiel 2 dargestellt. Er wartet ab, nimmt keine strategischen und operativen Maßnahmen vor und muss nach einem knappen Jahr Insolvenz anmelden. Ein guter Manager wird hier zunächst seine Verantwortungsstrecke definieren und überprüfen, ob sein selbst definierter Einfluss ausreicht, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Falls nein, erweitert er seine Einflussstrecke, indem er erfahrene Manager oder Berater für das Unternehmen engagiert und somit seine Einflussstrecke durch deren Know-how und Arbeitskraft erweitert. Wie in Beispiel 3 zu erkennen, ist somit das Gleichgewicht zwischen Verantwortung und Einfluss wieder hergestellt. Die Erlangung eines Gleichgewichtes zwischen Einfluss- und Verantwortungsstrecke ist deshalb wichtig, weil es den Unternehmer wieder Handlungsfähig macht, was wiederum die Grundvoraussetzung zur Bewältigung der Krise ist. Besonnen, aber konsequent handeln Die oben genannte Überprüfung der Verantwortungs- und Einflussstrecke soll zwar einerseits zu Handlungen führen, andererseits aber nicht zu blindem Aktionismus. Im Coachingbereich gibt es den Begriff der „MetaEbene“. Diese wird umschrieben mit: „Übergeordnete Position, von der aus Situationen, Verhaltensweisen, Erlebenszustände, Wertungen u.v.m. mit Abstand betrachtet und analysiert werden können. Durch die Verlagerung der Position auf die Meta-Ebene kann beispielsweise persönliche Betroffenheit reduziert oder Betriebsblindheit offenbar werden. Daher ist eine Analyse von der Meta-Ebene aus auch ein Standardverfahren der selbstkritischen Reflexion.“ Der Verhandlungsexperte William Ury gibt für Unternehmer den praktischen Tipp, ihr Unternehmen, die handelnden Personen sowie die sonstigen involvierten Personen (wie z.B. Gläubiger, Banker, Berater, Kaufinteressente) von einem gedanklichen, „benachbarten Balkon“ aus zu beobachten. Dies fördert das Verständnis der Handlungsweisen aller Beteiligter und ermöglicht Optionen zu identifizieren, die entweder mehreren Beteiligten gerecht werden oder aber es ermöglicht, Folgehandlungen zu antizipieren und sich darauf einzustellen. Nach diesem besonnenen Analysieren ist es notwendig, konsequent die identifizierten Handlungsparameter umzusetzen. Wie schon erwähnt, gilt

100

F. Fazit

gerade in der Krise, dass vereinte Kräfte zumeist besser sind als Einzelgängertum. Mit Krisensituationen erfahrene Berater und gläubigerunabhängige Berater einschalten Bei der oben genannten Einschaltung externer Hilfe ist darauf zu achten, dass Berater engagiert werden, die die Besonderheiten in Krisensituationen kennen und die vor allem keine Interessenskollision bei der Beratung haben. Ist man bereits in der Phase der Insolvenzantragstellung oder schon im eröffneten Verfahren ist die Kooperation mit dem Insolvenzverwalter von entscheidender Bedeutung. Zeitverluste durch oft zu beobachtendes „Abstecken des Terrains“ oder durch eine Haltung, die geprägt ist durch eine destruktive Einstellung (nach dem Motto: „Wenn ich es nicht geschafft habe, kann es auch keiner Anderer“), sind gerade im zeitlich begrenzten Insolvenzverfahren erfolgsgefährdend. Positionen der verschiedenen Interessengruppen analysieren und dokumentieren / „Step to their side“ Eine schriftlich dokumentierte Analyse der Positionen der einzelnen Interessengruppen ist oftmals wichtig, um deren Handlungszwänge zu erkennen. Viel wichtiger ist es jedoch, auch deren Handlungsmöglichkeiten zu identifizieren. Hierzu gehört auch beispielsweise die Analyse des Bankenengagements, die Positionen der einzelnen Banken innerhalb der Bankengruppe sowie die dienenden Sicherheiten und deren Bewertung. Hieraus lässt sich deren Verhandlungsposition erkennen und eventuell im Vorfeld von späteren Krisengesprächen bereits „Betroffene zu Beteiligten“ machen. Entscheidende Mitarbeiter komplementär incentivieren „Ohne die Menschen im Unternehmen ist das Unternehmen nichts wert.“ Diese Binsenweisheit ist genauso alt wie richtig. Bei Verkaufsprozessen ist es wichtig – wie unter E. IV. beschrieben – die entscheidenden Mitarbeiter am Erfolg zu beteiligen. Selbst in Krisen oder sogar Insolvenzfällen ist es erfahrungsgemäß wichtig, diese Mitarbeiter frühzeitig in ein Boot zu set-

F. Fazit

101

zen, selbst wenn eine finanzielle Incentivierung gerade in dieser Zeit sehr schwer fällt. Allerdings bedeutet ein „Mehr“ an Kaufpreis durch Mithilfe der wichtigen Mitarbeiter immer eine de-facto Reduzierung der Verbindlichkeiten. Somit lohnt sich eine am Kaufpreis orientierte Incentivierung in fast allen Fällen. Liquiditätsplan aufstellen und mit den Hauptkapitalgebern fixieren, Milestones und daraus abgeleitete Handlungsoptionen definieren (point of no return). Bei Feststellen der Krise bereits im Vorfeld der Insolvenzantragstellung ist es erfahrungsgemäß für alle Beteiligten hilfreich, einen Liquiditätsplan aufzustellen und diesen mit den Hauptkapitalgebern abzustimmen. Hier sollten bestimmte Meilensteine definiert werden (wie z.B. monatliche Umsatz- und Ergebnisziele) sowie daraus abzuleitende Maßnahmen. Z.B. kann das Erreichen bzw. Übertreffen von Umsatzzielen, eine Aufrechterhaltung der Kreditlinien und ein Wiedereinsetzen von Tilgungsleistungen bedeuten. Umgekehrt müssen Zeitpunkte definiert werden, an denen die Sanierungsbemühungen außerhalb eines Insolvenzverfahrens aufgegeben werden und durch die Insolvenzantragstellung die letzte Chance auf Sanierung genutzt werden sollte. Bei der Identifikation von Kaufinteressenten – trotz emotionaler Belastung – auch Wettbewerber bei der Suche nach Käufern berücksichtigen! Ist die Entscheidung gefallen, das Unternehmen zu verkaufen, ist es bei der Aufstellung einer Liste mit Kaufinteressenten wichtig, auch Wettbewerber in die Überlegungen einzubeziehen. Sicherlich wird man diese nicht mit höchster Priorität ansprechen, andererseits sind hier mit die höchsten Preise zu erwarten, da hier die größten Synergien zu vermuten sind. Emotional ist dies oftmals sehr schwierig, da man jahrelang am Markt gegeneinander konkurriert hat und ein Verkauf an den Wettbewerber oftmals mit dem Eingeständnis einer Niederlage gleichgesetzt wird. Nach Auffassung der Autoren ist die Frage nach „Sieg und Niederlage“ in Krisensituationen unzulässig. Einziges Ziel ist die (Teil-)Erhaltung des Unter-

102

F. Fazit

nehmens und die (teilweise) Realisierung des darin gebundenen Vermögens.

Nachwort

Wo liegt Athen? Die Autoren dieses Buches sind Menschen, die mit Sachverstand, hohem Engagement, viel Geduld und auch einem ausgeprägten Gefühl für die Befindlichkeit von Menschen einer Vielzahl von Unternehmen den Weg aus der Krise ermöglicht haben. Gemeinsam mit Unternehmern, Belegschaft, Betriebsräten, Investoren haben sie es geschafft, Lösungen zu finden, mit denen Werte gesichert und auch Arbeitsplätze erhalten werden konnten. In hunderten, ja tausenden von Gesprächen, Konferenzen, Verhandlungen kamen sie zu dem Schluss: Finanzmathematik, Betriebswirtschaft und Vertragsgestaltung sind die Instrumente des Erfolgs. Jedoch können diese Instrumente nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn sie von Menschen gespielt werden, die zum offenen Gespräch und zum Zusammenspiel bereit sind. Das gilt für alle beteiligten Seiten. Nur wenn strategische Investoren, Finanz-Investoren, Berater, Unternehmer und alle Beteiligten wirklich mit offenem Visier antreten und in der Lage sind, die Ziele des Gegenübers zu verstehen und mit den eigenen zu synchronisieren, kann wirklich nachhaltig positive Entwicklung eintreten. Oft genug braucht diese Synchronisation vor allem eines: Zeit. Wertvolle Zeit, die manchmal gar nicht da ist. Umso wichtiger ist es, sich in Prozessen der Veränderung von Anfang nicht nur den eigenen Zielen und Interessen zu widmen, sondern sich intensiv mit den Bedürfnissen der anderen zu beschäftigen. Was braucht das Gegenüber? Wie denken die Menschen, mit denen ich es zu tun habe? Welche Ziele verfolgen sie? Und vor allem auch: Mit welchen Instrumenten arbeiten sie? Insbesondere die Beantwortung der letztgenannten Fragen werfen allzu oft Probleme auf. Denn wer ehrlich ist, muss eines zugeben: Ob es nun darum geht, ein Unternehmen aus der Krise zu führen, eine Unternehmensnachfolge erfolgreich zu organisieren, Unternehmen oder Unternehmensteile zu kaufen oder zu verkaufen, sie in bestehende zu integrieren oder mit anderen zu vereinigen – das Thema wird neu sein. Denn wer hat als Unternehmer schon viel Erfahrung mit diesen Dingen?

104

Nachwort

Wohlgemerkt: Es ist nicht schlimm, Dinge (noch) nicht zu wissen. Es ist nur schlimm, so zu tun, als wäre es nicht so. Wenn man ohne eigenes Wissen und ohne die Möglichkeit, sich das erforderliche Wissen – zum Beispiel durch die Zuziehung von Beratern – zu beschaffen, ins Rennen geht, wird man unweigerlich verlieren. Und weil das so ist, ist es wichtig, sich – ehe man Maßnahmen ergreift, mit den neuen Dingen beschäftigt. Man muss die Regeln und Instrumente der anderen kennen. Und man muss – ehe man sich in einen so komplexen und existentiell wichtigen Vorgang wie die Veränderung von Unternehmen stürzt – zumindest ansatzweise wissen, wie der Prozess der Veränderung aussieht. Aus welchen Schritten er grundsätzlich besteht, worauf geachtet werden muss, und wo die wichtigsten Stolpersteine liegen. Es geht nicht anders. Und weil es nicht anders geht, entschieden sich die Autoren dafür, dieses Buch zu schreiben. Schon bei der ersten Redaktionssitzung war klar: Das Buch soll Unternehmern, die sich unsicher fühlen, das elementare Wissen über Unternehmenstransaktionen vermitteln. Es soll durch die Vermittlung von Wissen die Grundlage für Sicherheit geben. Wie üblich darf gelten: Da mögen immer einige sein, denen die Inhalte des Buches oder die Art der Aufbereitung zu einfach, zu kompliziert, zu schnell oder zu langsam – auf jeden Fall aber: zu anstrengend ist. Das ist in Ordnung. Denn die Autoren haben, wie es sich für einen guten Prozess gehört, auch beim Schreiben dieses Buches verschiedene AlternativSzenarien angelegt, evaluiert und sich bewusst für eine Alternative entschieden: Das Buch sollte systematisch, prozessorientiert und vor allem auch werteorientiert sein. Und es sollte nach Möglichkeit den gesamten Prozess der Unternehmensveränderung durch Unternehmenstransaktion abdecken. Dass es wegen dieses systematischen Ansatzes in manchem Punkt aus der Sicht des einen oder anderen Eulen nach Athen tragen mag, nehmen die Autoren in Kauf. So schön das Sprichwort von den Eulen in Athen übrigens sein mag – es bleibt unscharf. Und man tut auch hier gut daran, sich Fragen zu stellen: Wie viele Eulen? Was für Eulen sind es genau? Und vor allem: Wo genau liegt Athen? Die Autoren würden sich freuen, wenn dieses Buch dazu dienen könnte, seinen Lesern durch die systematische Vermittlung von Wissen, Wegen und Alternativen das Stück Sicherheit geben könnte, das man braucht, um Unternehmen erfolgreich aus der Krise zu führen. Heute und in Zukunft.

Literaturverzeichnis

Achleitner, Ann-Kristin

Handbuch Investment Banking, Gabler Verlag, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden 2002

Becker, Bernd

Kommentar zum Bundes-Bodenschutzgesetz, September 2006, Loseblattwerk; Wolters Kluwer/R.S.Schulz

Beitel, Derick

Investmentbanken in M&A-Transaktionen. Mandatsvergabe und Erfolgsbeitrag aus Sicht deutscher Käuferunternehmen, Deutscher Universitäts-Verlag, 1. Auflage Wiesbaden 2004

Berens, Wolfgang, Brauner, Hans U. (Hrsg.)

Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen, Schäffer-Poeschel Verlag, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart 1999

Bernsau, Georg, Höpfner, Alexander, Rieger, Stefan, Wahl, Michael,

Handbuch der übertragenden Sanierung 1. Auflage Neuwied 2002

van Bettery, Wolfgang, Gass, Wolfram,

Vorverträge, Asset Deals und Unternehmenskaufverträge in der Insolvenz, Betriebsberater (BB) 2004, 2309–2318

Bork, Reinhard

Einführung in das Insolvenzrecht, Mohr Siebeck; Auflage 4., neu bearb. Aufl. (Mai 2005)

Bork, Reinhard, Koschmieder, Kurt-Dieter

Fachanwaltshandbuch Insolvenzrecht, RWS Verlag; Auflage: bis 4. Lieferung November 2004 (2004)

106

Literaturverzeichnis

Braun, Eberhard

Kommentar. Insolvenzordnung, Beck C. H.; Auflage: 2., neu bearb. Aufl. (März 2007) Das Obstruktionsverbot in der Praxis: Ein überzeugender Start, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung (NZI) 1999, S. 473 – 478

Burger, Anton, Schellberg, Bernhard

Der Insolvenzplan im neuen Insolvenzrecht, Der Betrieb (DB) 1994, S. 1833 – 1837

Buth, Andrea K, Hermanns, Michael (Hrsg.)

Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz. Handbuch, Beck Juristischer Verlag; Auflage: 2., vollst. neu bearb. Aufl. (April 2004)

Brühl, Volker Göpfert, Burkard

Unternehmensrestrukturierung. Strategien und Konzepte, Schäffer-Poeschel; Auflage: 1 (November 2004)

Copeland, Tom Koller, Tim Murrin, Jack

Valuation: measuring and managing the value of companies, third edition (completely revised and updated), McKinsey & Company, Inc., John Wiley & Sons, 2000

Drukarczyk, Jochen Ernst, Dietmar (Hrsg.)

Branchenorientierte Unternehmensbewertung, Verlag Franz Vahlen, München 2006

Eickmann, Dieter, Flessner, Axel, Irschlinger, Friedrich

Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, Müller(C.F.Jur.), Heidelberg; Auflage: 4., neu bearb. Aufl. (Dez. 2005)

Falk, Ulrich Schäfer, Carsten

Insolvenz- und gesellschaftsrechtliche Haftungsrisiken der übertragenden Sanierung, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2004, 1337 – 1346

Fastrich, Lorenz, Baumbach, Adolf, Hueck, Alfred

Beck'sche Kurzkommentare, Bd.20, GmbHGesetz, C.H. Beck; Auflage: 17 (2000)

Literaturverzeichnis

107

Fink, Steven

Crisis Management: Planning for the Inevitable, Backinprint.com; Rev Ed edition (April 2000)

Fisher Roger Ury William Patton Bruce M.

Das Harvard - Konzept: Sachgerecht verhandeln, erfolgreich verhandeln. Das Standardwerk der Verhandlungstechnik. (Taschenbuch)

Graf, Ulrich Wunsch, Irene

Eigenverwaltung und Insolvenzplan bei Freiberuflern und Handwerkern Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2001, S. 1029–1040

Haarmeyer, Hans, Wutzke, Wolfgang, Förster, Karsten

Handbuch zum Insolvenzordnung InsO/EGInsO, C.H. Beck; Auflage: 3., durchges. Aufl. (Februar 2001)

Henselmann, Klaus Kniest, Wolfgang

Unternehmensbewertung: Praxisfälle mit Lösungen, Verlag Neue Wirtschaftsbriefe, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, 2002

Hess, Harald, Weis, Michaela

Der Insolvenzplan, WM 1998, S. 2349

Holzapfel, Hans-Joachim, Pöllath, Reinhard

Unternehmenskauf in Recht und Praxis. Rechtliche und steuerliche Aspekte, RWS Kommunikationsforum; Auflage: 12., neu bearb. A. (September 2005)

Hopt, Klaus J., Merkt, Hanno, Baumbach, Adolf

Handelsgesetzbuch, Beck Juristischer Verlag; Auflage: 32., neu bearb. u. erw. Aufl. (Dez. 2005)

Hölters, Wolfgang

Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Schmidt (Otto), Köln; Auflage: 6., neubearb. u. erw. Aufl. (September 2005)

Hüffer, Uwe

Aktiengesetz, Beck Juristischer Verlag; Auflage: 7., neu bearb. Aufl. (April 2006)

108

Literaturverzeichnis

Kammel, Volker

Ausgewählte Probleme des Unternehmenskaufs aus der Insolvenz, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung (NZI) 2000, S. 102–107

Kirchhof, Hans-Peter

Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, Bd. 1 §§ 1–102 InsO, InsVV, 1. Auflage, München 2001, Bd. 2 §§ 103–269 InsO, 1. Aufl. München 2002

Knopp, Lothar, Löhr, Dirk

Bundes-Bodenschutzgesetz in der betrieblichen und steuerlichen Praxis, Verlag Recht und Wirtschaft (2000)

Kübler, Bruno M., Prütting, Hanns

InsO-Texte. Textsammlung zum Insolvenzrecht, Rws Kommunikationsforum; Auflage: 2., veränd. Neuaufl. (November 2005)

Menke, Thomas

Der Erwerb eines Unternehmens aus der Insolvenz – das Beispiel der übertragenden Sanierung; BB (Betriebsberater) 2003, S. 1133– 1141

Zum Betriebsübergang im Insolvenzeröffnungsverfahren und zum Verwertungsrecht des vorläufigen Insolvenzverwalters, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung (NZI) 2003, S. 522–530 Müller- Feldhammer, Ralf Die übertragende Sanierung – ein ungelöstes Problem der Insolvenzrechtsreform, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2003, 2186 – 2193 Nerlich, Jörg, Römermann, Volker

Insolvenzordnung: InsO, LoseblattKommentar, C. H. Beck 12. Auflage 2007

Literaturverzeichnis

Obermüller, Manfred, Hess, Harald

109

InsO (Insolvenzordnung). Eine systematische Darstellung des neuen Insolvenzrechts, Müller (C.F.Jur.), Heidelberg; Auflage: 4., neu bearb. (November 2003) Insolvenzplan, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz, Müller (C.F.Jur.), Heidelberg; Auflage: 3., neu bearb. A. (Januar 2003)

Palandt, Ottto, Bassenge, Peter, Brudermüller, Gerd

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Beck Juristischer Verlag; Auflage: 66., neu bearb. Aufl. (November 2006)

Pape, Gerhard, Uhlenbruck, Wilhelm

Insolvenzordnung, Beck Juristischer Verlag; Auflage: 2. Aufl. (April 2007)

Peemöller, Volker H.

Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, Verlag Neue Wirtschaftsbriefe; Auflage: 2., aktualis. u. erw. Aufl., 2002

Peemöller, Volker H.

Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, Verlag Neue Wirtschaftsbriefe; Auflage: 3., aktualis. u. erw. Aufl. (November 2004)

Picot, Gerhard

Handbuch Mergers und Acquisition. Planung – Durchführung – Integration, SchäfferPoeschel; Auflage: 3., grundl. überarb. u. aktualis. Aufl. (Juli 2005)

Rattunde, Rolf

Sanierung durch Insolvenz, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2003, 2103 – 2110

Rödder, Thomas, Hötzel, Oliver, Mueller-Thuns, Thomas

Unternehmenskauf / Unternehmensverkauf. Zivilrechtliche und steuerrechtliche Gestaltungspraxis, C.H. Beck; Auflage: 1 (November 2002)

110

Literaturverzeichnis

Sabel, Oliver

Änderungen des Insolvenzrechts im Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der InsO, des BGB und anderer Gesetze, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2003, 781 – 788

Sassenrath, Gerd

Der Eingriff in Anteilseignerrechte durch den Insolvenzplan, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2003, 1517–1530

Semler, Johannes Volhard, Rüdiger (Hrsg.)

Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, Band 1 und 2, Verlag C. H. Beck / Verlag Franz Vahlen, München 2001

Smid, Stefan

Sanierungsverfahren nach dem neuen Insolvenzrecht, WM 1998, 2489

Smid, Stefan, Rattunde, Rolf

Der Insolvenzplan, Kohlhammer; Auflage: 2., Aufl. (Oktober 2005)

Spieker, Oliver

Unternehmensveräußerung in der Insolvenz, Diss. Bonn 2001

von Sydow, Christian, Oliver Beyer

Erwerb von notleidenden Krediten mit anschließender Kapitalerhöhung mit Sacheinlage, Die Aktiengesellschaft(AG) 2005, 635– 644

Uhlenbruck, Wilhelm

Insolvenzordnung (Kommentar), Vahlen; Auflage: 12., vollst. neu bearb. Aufl. (November 2002)

Literaturverzeichnis

Vallender, Heinz

111

Unternehmenskauf in der Insolvenz I, GmbHRundschau (GmbHR) 2004, S. 543 – 548 Unternehmenskauf in der Insolvenz II, GmbHRundschau (GmbHR) 2004, S. 642 – 649 Aktuelle Tendenzen zum Unternehmensinsolvenzrecht, DStR 1999, S. 2034ff.

Wellensiek, Jobst

Übertragende Sanierung, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung (NZI) 2002, 233 – 239

Weihe, Ronald, Elschen, Rainer

Interessenkonflikte im Merger & AquisitionProzess Finanz Betrieb 2004, S. 602 – 609

Wimmer, Klaus

Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, Luchterhand (Hermann); Auflage: 4., vollst. überarb. A. (Dez. 2005)