Unternehmensinterne Erfolgsfaktoren von Markentransfers : eine ressourcenorientierte Betrachtung von weiten Markentransfers
 9783834997562, 3834997560 [PDF]

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Zitiervorschau

Nicole Baumüller Unternehmensinterne Erfolgsfaktoren von Markentransfers

GABLER EDITION WISSENSCHAFT Marken- und Produktmanagement Herausgegeben von Professor Dr. Franz-Rudolf Esch (schriftf.), Universität Gießen, Professor Dr. Reinhold Decker, Universität Bielefeld, Professor Dr. Andreas Herrmann, Universität St. Gallen, Professor Dr. Henrik Sattler, Universität Hamburg und Professor Dr. Herbert Woratschek, Universität Bayreuth

Die Schriftenreihe gibt Einblick in den aktuellen Stand der Forschung zum Marken- und Produktmanagement. Sie präsentiert richtungsweisende Erkenntnisse sowie wichtige empirische Untersuchungen und Methoden. Ein besonderer Wert wird auf Praxisrelevanz und Anwendungsbeispiele gelegt. Die Reihe will den Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis fördern und wendet sich daher nicht nur an Studierende und Wirtschaftswissenschaftler, sondern auch an Marketingpraktiker in Unternehmen, Agenturen, Beratungen und Verbänden.

Nicole Baumüller

Unternehmensinterne Erfolgsfaktoren von Markentransfers Eine ressourcenorientierte Betrachtung von weiten Markentransfers

Mit einem Geleitwort von PD Dr. Carsten Baumgarth

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Dissertation Universität Siegen, 2007

1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Stefanie Loyal Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Satz und Layout: D.A.S.-Büro, Dr. Angelika Schulz, Zülpich Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0965-7

Geleitwort Der Markentransfer ist eine seit vielen Jahren sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft häufig eingesetzte und untersuchte Markenstrategie. Die hohe wissenschaftliche Relevanz belegt beispielsweise eine Abfrage in Google Scholar, die für den Begriff Markentransfer 323 und für die amerikanischen Begriffe Brand Extension 3080 bzw. Line Extension 6770 Treffer (alle Stand Februar 2008) liefert. Die praktische Relevanz hingegen belegen diverse Studien, die für den Konsumgüterbereich den Anteil von Markentransfers an allen Neuprodukteinführungen auf über 90 % schätzen. Allerdings verdeutlichen FlopRaten von 80 % und mehr, dass diese Strategie trotz der umfangreichen Forschungsbemühungen mit einem hohen Risiko behaftet ist. Dies kann zum einen daran liegen, dass die bisherigen Forschungen nur einen bestimmten Teil der „Wahrheit“ über die Erfolgsfaktoren von Markentransfers analysiert haben. Zum anderen kann auch die zunehmend größer werdende Kluft zwischen der wissenschaftlichen Marketingforschung und dem praktischen Marketingmanagement dafür verantwortlich sein, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis nicht wahrgenommen und umgesetzt wurden. Beiden Aspekten widmet sich Frau Nicole Baumüller in der vorliegenden Arbeit. Zum einen beschreitet die Autorin mit einer ressourcenorientierten, d. h. unternehmensinternen, Sichtweise in der Markentransferforschung völlig neue Wege. Diesen Ansatz verfolgt die Verfasserin in einer wissenschaftlich stringenten Art durch die Aufstellung eines Modells und die empirisch anspruchsvolle Überprüfung dieses Modells. Die Ergebnisse der vorgelegten Unternehmensbefragung, die insbesondere die hohe Relevanz des kulturellen Faktors Markenorientierung, der Fähigkeiten im Strategischen Marketing sowie der Ressource Markenstärke für den Markentransfererfolg empirisch nachweisen, belegen die Fruchtbarkeit des ressourcenorientierten Ansatzes für die Problemstellung. Zum anderen endet die Promotionsschrift nicht mit einer sonst üblichen knappen Zusammenfassung der Ergebnisse und der Diskussion der Grenzen der eigenen Arbeit, sondern Frau Nicole Baumüller transferiert die gefundenen Ergebnisse in eine für Markenmanager vertraute und verständliche Technologie. Damit besitzen die Ergebnisse eine gute Chance, nicht nur in der Scientific Community

VI

Geleitwort

wahrgenommen zu werden, sondern auch in der praktischen Markenführung implementiert zu werden. Speziell zu dieser, aus meiner Sicht essentiellen, Anforderung des Praxistransfers von wissenschaftlich gehaltvollen Ergebnissen trägt auch der gut lesbare Schreibstil sowie die integrierten Praxisbeispiele bei, die aus der auch Praxis orientierten Denk- und Schreibweise der Autorin resultieren. Die Verfasserin leistet mit dieser Arbeit einen wesentlichen und innovativen Ansatz für die Markentransfer- und Markenforschung sowie das praktische Markenmanagement, der nicht nur die bestehenden Erklärungsansätze für den speziellen Anwendungsfall von weiten Markentransfers adaptiert, sondern diese auch deutlich weiterentwickelt. Daher wünsche ich der Arbeit von Frau Dr. Nicole Baumüller die verdiente hohe Verbreitung in Praxis und Wissenschaft. Carsten Baumgarth

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommer 2007 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Siegen als Dissertation angenommen. Sie entstand für meinen Doktorvater PD Dr. Carsten Baumgarth während meiner Tätigkeit als Unternehmensberaterin bei McKinsey & Company, Inc. Zum Gelingen dieser Arbeit haben viele Menschen beigetragen. An erster Stelle danke ich herzlich meinem Doktorvater PD Dr. Carsten Baumgarth für die wertvolle fachliche Unterstützung und die gewährten Freiräume zur eigenständigen Behandlung des Themas. Er hat mit seiner Diskussionsbereitschaft und wissenschaftlichen Hilfestellung maßgeblich die Grundlage für die Verwirklichung dieser Arbeit gelegt. Besonderen Dank schulde ich auch meinen Kollegen bei McKinsey. Zu vorderst Christoph Erbenich, der maßgeblich zur Anregung der Themenstellung beigetragen hat. Kathrin Rothe danke ich für die persönliche Unterstützung während der wichtigsten Phasen der Arbeit an diesem Buch. Viele Impulse und wertvolle Anregungen sind aus den gemeinsamen Diskussionen entstanden. Grundsätzlich hat meine Erfahrung als Beraterin in den vielfältigsten Marketing- und Vertriebsfragen zur Praxisnähe dieser Arbeit beigetragen. Herzlich danken möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Joachim Eigler, der durch die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens einen großen Beitrag zur zügigen Abwicklung des Promotionsverfahrens beigetragen hat. Frau Prof. Dr. Friederike Welter danke ich für die Übernahme des Vorsitzes der Promotionskomission. Einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Gelingen dieser Arbeit leistete meine Familie. Ich danke von ganzem Herzen meiner Mutter Marion Artmann, die mich mein ganzes Leben in allen meinen Vorhaben liebevoll unterstützt und uneingeschränkt gefördert hat. Ein ganz besonderer Dank geht an meinen Ehemann, Marc Baumüller, der mich stets daran erinnert hat, dass sich die Welt nicht nur um die Dissertation dreht, und an meine Tochter, Annalina. Ihr ist dieses Buch gewidmet. Nicole Baumüller

Inhaltsverzeichnis Geleitwort.............................................................................................................V Vorwort ............................................................................................................. VII Inhaltverzeichnis................................................................................................. IX Abbildungsverzeichnis ......................................................................................XV Tabellenverzeichnis........................................................................................ XVII Abkürzungsverzeichnis ................................................................................... XIX

1

2

Einführung in das Untersuchungsgebiet................................1 1.1

Problemstellung..................................................................................1

1.2

Ziele der Untersuchung ......................................................................6

1.3

Gang der Untersuchung......................................................................7

Konzeptionelle Grundlagen...................................................11 2.1

Terminologische Grundlagen ...........................................................11 2.1.1 Begriff des Markentransfers ..............................................11 2.1.2 Klassifizierung von Markentransfertypen und Definition des ‚weiten‘ Markentransfers ...........................12

2.2

Theoretische Erklärung des Markentransfers ...................................16 2.2.1 Einstellungstheoretische Erklärungsansätze ......................17 2.2.2 Schematheoretische Erklärungsansätze .............................18 2.2.3 Informationsökonomische Erklärungsansätze ...................20 2.2.4 Risikotheoretische Erklärungsansätze................................22

2.3

Theoretische Erklärung des Einflusses unternehmensinterner Faktoren auf den Transfererfolg ...................................................... 24 2.3.1 Grundlagen des ressourcenbasierten Ansatzes ..................24 2.3.2 Erkenntnisse des ressourcenbasierten Ansatzes in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand.....................................30 2.3.3 Klassifizierung marketingspezifischer Ressourcen............32

X

Inhaltsverzeichnis

3

Stand der empirischen Forschung .......................................39

4

5

3.1

Erkenntnisse zu Erfolgswirkungen des Markentransfers..................40 3.1.1 Direkte Effekte des Markentransfers .................................40 3.1.2 Rückwirkungseffekte des Markentransfers........................44 Zusammenfassung der Markentransfereffekte...................51 3.1.3

3.2

Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren auf den Markentransfererfolg .......................................................... 52 3.2.1 Unternehmenskultur ..........................................................54 3.2.2 Strategische Marketingfähigkeiten ....................................55 3.2.3 Operative Marketingfähigkeiten ........................................57 3.2.4 Marketingrelevante intangible Vermögensgegenstände ....63 3.2.5 Zusammenfassung der markentransferrelevanten Unternehmensressourcen ...................................................67

Methodische Einordnung der Untersuchung......................69 4.1

Erfolgsfaktorenforschung als Empirische Mastertechnik der Untersuchung ...................................................................................69 4.1.1 Begriffsdefinition, Zielsetzung und Grundkonzeption der Erfolgsfaktorenforschung ............................................70 4.1.2 Systematisierung der methodischen Ansätze.....................71 4.1.3 Entwicklung der Erfolgsfaktorenforschung und Bedeutung im Markenbereich............................................72 4.1.4 Problemfelder der Erfolgsfaktorenforschung und Relevanz für die Untersuchung..........................................73

4.2

Strukturgleichungsmodelle als Methodik zur Analyse des Untersuchungsgegenstandes...................................................... 75 4.2.1 Darstellung der Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell ...................................................................77 4.2.2 Reflektive und formative Messmodelle .............................78

Entwicklung des Untersuchungsmodells .............................83 5.1

Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen .....................................................................83 5.1.1 Erfolgsfaktor Unternehmenskultur ....................................85 5.1.1.1 Entrepreneurship...............................................86 5.1.1.2 Markenorientierung...........................................87

Inhaltsverzeichnis

5.1.2

5.1.3

5.1.4

XI

Erfolgsfaktor Strategisches Marketing ..............................92 5.1.2.1 Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement .....................................93 5.1.2.2 Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement ........................94 5.1.2.3 Produkt-Markt-Strategie des Markentransfers ..95 5.1.2.4 Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke .....................................................96 Erfolgsfaktor Operatives Marketing ..................................98 5.1.3.1 Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation ................................................99 5.1.3.2 Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution .......................................................99 5.1.3.3 Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik ......................................................100 5.1.3.4 Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik .................................................101 5.1.3.5 Operative Umsetzung des Markentransfers ....102 Erfolgsfaktor Markenstärke .............................................103

5.2

Bestimmung des Strukturmodells...................................................104

5.3

Operationalisierung der Konstrukte................................................105 5.3.1 Vorgehensweise der Operationalisierung ........................106 5.3.1.1 Überprüfung existierender und Entwicklung neuer Skalen....................................................106 5.3.1.2 Theoriegeleitete Bestimmung der Kausalbeziehung der Indikatoren....................108 5.3.2 Operationalisierung der Erfolgsfaktoren..........................110 5.3.2.1 Entrepreneurship.............................................110 5.3.2.2 Markenorientierung.........................................111 5.3.2.3 Strategische Marketingfähigkeiten .................114 5.3.2.4 Produkt-Markt-Strategie des Markentransfers ..............................................116 5.3.2.5 Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke ...................................................118 5.3.2.6 Fähigkeiten in den Instrumentalbereichen ......119 5.3.2.7 Operative Umsetzung des Markentransfers ..............................................123 5.3.2.8 Markenstärke ..................................................125 5.3.3 Operationalisierung des Markentransfererfolgs...............127

XII

6

Inhaltsverzeichnis

Empirische Untersuchung...................................................135 6.1

Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode..............135 Auswahl von PLS als Schätzverfahren zur Analyse 6.1.1 von Strukturgleichungsmodellen .....................................135 6.1.2 Modellschätzung mit PLS................................................141 6.1.3 Modellbeurteilung mit PLS .............................................144 6.1.3.1 Gütemaße zur Beurteilung reflektiver Messmodelle ...................................................145 6.1.3.2 Gütemaße zur Beurteilung formativer Messmodelle ...................................................150 6.1.3.3 Gütemaße zur Beurteilung des Strukturmodells...............................................156

6.2

Datenerhebung und Datengrundlage ..............................................161 6.2.1 Datenerhebung.................................................................161 Definition der Grundgesamtheit und 6.2.1.1 Auswahl der Stichprobe..................................161 6.2.1.2 Festlegung der Datenerhebungsmethode ........163 6.2.1.3 Vorgehensweise der Datenerhebung und Design der Befragung ..............................165 6.2.2 Datengrundlage............................................................... 169 6.2.2.1 Stichprobenmerkmale .....................................169 6.2.2.2 Analyse eines möglichen Non-Response-Bias ........................................174 6.2.2.3 Behandlung unvollständiger Datensätze .........174

6.3

Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells ..................................176 6.3.1 Güte der reflektiven Messmodelle ...................................176 6.3.1.1 Inhaltsvalidität ................................................176 6.3.1.2 Indikatorreliabilität .........................................179 6.3.1.3 Konstruktreliabilität ........................................181 6.3.1.4 Diskriminanzvalidität......................................182 6.3.2 Güte der formativen Messmodelle...................................183 6.3.2.1 Multikollinearität ............................................183 6.3.2.2 Indikatorrelevanz ............................................188 6.3.2.3 Externe Validität .............................................189 6.3.3 Güte der endogenen Variablen.........................................191 6.3.4 Gütebeurteilung des Strukturmodells ..............................192 6.3.4.1 Multikollinearität ............................................192 6.3.4.2 Bestimmtheitsmaß ..........................................193 6.3.4.3 Prognoserelevanz ............................................193

Inhaltsverzeichnis

XIII

6.3.4.4

7

Stärke, Signifikanz und Richtung der Pfadkoeffizienten ............................................194

6.4

Hypothesenprüfung ........................................................................194

6.5

Deskriptive Analysen zu Erfolgswirkungen des Markentransfers..............................................................................198

Diskussion.............................................................................201 7.1

Interpretation der empirischen Ergebnisse .....................................201 7.1.1 Bedeutung der Unternehmenskultur für den Markentransfererfolg .......................................................201 7.1.2 Bedeutung des strategischen Marketings für den Markentransfererfolg .......................................................203 7.1.3 Bedeutung des operativen Marketings für den Markentransfererfolg .......................................................207 7.1.4 Bedeutung der Markenstärke für den Markentransfererfolg .......................................................210 7.1.5 Gesamtbetrachtung des Wirkungsmodells vor dem Hintergrund des ressourcenbasierten Ansatzes................212 7.1.6 Markentransfereffekte – Auftreten und Antizipation in Unternehmen ...............................................................215

7.2

Implikationen für die Managementpraxis.......................................219

7.3

Implikationen für die Forschung und weiterer Forschungsbedarf ..225

Anhang ........................................................................................229 Fragebogen der Unternehmensbefragung ..................................................229 Korrelationstabelle der latenten Variablen des Strukturmodells................241 Quadrierte Korrelationstabelle der latenten Variablen des Strukturmodells .........................................................................................242 Korrelationstabellen der formativen Konstrukte........................................243 Totaleffekte und Ranking der Erfolgsfaktoren ..........................................245 Unternehmenscheckliste ............................................................................246

Literaturverzeichnis...................................................................253

Abbildungsverzeichnis Abb. 1-1: Abb. 1-2: Abb. 1-3: Abb. 2-1: Abb. 2-2: Abb. 2-3: Abb. 2-4: Abb. 2-5: Abb. 3-1: Abb. 3-2: Abb. 4-1: Abb. 4-2: Abb. 4-3: Abb. 5-1: Abb. 5-2: Abb. 6-1: Abb. 6-2: Abb. 6-3: Abb. 6-4: Abb. 6-5: Abb. 6-6: Abb. 6-7: Abb. 6-8: Abb. 7-1: Abb. 7-2: Abb. 7-3:

Ergebnisse I der Relevanzstudie ........................................................5 Ergebnisse II der Relevanzstudie.......................................................6 Struktur der Untersuchung...............................................................10 Marken-Wachstumsmatrix...............................................................13 Abgrenzung des weiten Markentransfers.........................................16 Erklärungsansätze des Markentransfers...........................................17 Dreigliedrige Wirkungskette des ressourcenbasierten Ansatzes......30 Klassifizierung marketingspezifischer Ressourcen im Rahmen des ressourcenbasierten Ansatzes.................................38 Erklärung direkter Effekte des Markentransfers ..............................42 Empirisch bestätigte Markentransfereffekte ....................................52 Methoden zur Identifikation von Erfolgsfaktoren............................72 Aufbau eines Strukturgleichungsmodells ........................................77 Gegenüberstellung reflektives und formatives Messmodell ............79 Wirkungsmodell marketingspezifischer Faktoren auf den Markentransfererfolg .......................................................................84 Strukturmodell der Untersuchung..................................................104 PLS-Schätzalgorithmus .................................................................142 Stichprobencharakteristika – Weite der Markentransfers ..............171 Stichprobencharakteristika – Art der neuen Herausforderungen ...172 Stichprobencharakteristika – Branchenverteilung .........................172 Stichprobencharakteristika – Wirtschaftszweige ...........................173 Stichprobencharakteristika – Geschäftsmodelle ............................173 Analyse der fehlenden Werte.........................................................175 Externe Validität – Zwei-Konstrukt-Modell..................................191 Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Unternehmenskultur...........................................202 Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Strategisches Marketing.....................................204 Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Operatives Marketing ........................................207

XVI

Abbildungsverzeichnis

Abb. 7-4: Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Markenstärke .....................................................211 Abb. 7-5: Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Gesamtbetrachtung ............................................213 Abb. 7-6: Empirischer Befund – Bedeutung der Markentransfereffekte .......216 Abb. 7-7: Empirischer Befund – Ausprägung direkter Effekte......................217 Abb. 7-8: Empirischer Befund – Ausprägung Rückwirkungseffekte.............218 Abb. 7-9: Unternehmenscheckliste – Beispiel Unternehmenskultur..............221 Abb. 7-10: Unternehmensprofil – Beispiel Voraussetzungen des Markentransfers .............................................................................223 Abb. 7-11: Struktur und Inhalt Unternehmenschecklisten ...............................224

Tabellenverzeichnis Tabelle 2-1: Tabelle 3-1: Tabelle 3-2: Tabelle 3-3: Tabelle 4-1: Tabelle 5-1: Tabelle 5-2: Tabelle 5-3: Tabelle 5-4: Tabelle 5-5: Tabelle 5-6: Tabelle 5-7: Tabelle 5-8: Tabelle 5-9: Tabelle 5-10: Tabelle 5-11: Tabelle 5-12: Tabelle 5-13: Tabelle 5-14: Tabelle 6-1: Tabelle 6-2: Tabelle 6-3: Tabelle 6-4:

Ansätze zur Klassifizierung von Marketingressourcen ..............34 Empirische Studien zu direkten Effekten des Markentransfers..44 Empirische Studien zu Rückwirkungseffekten des Markentransfers..........................................................................48 Empirische Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren auf den Markentransfererfolg......................................67 Notation des Strukturgleichungsmodells....................................78 Messmodell des Konstruktes Entrepreneurship .......................111 Messmodell des Konstruktes Markenorientierung ...................113 Messmodell des Konstruktes Marketingmanagement..............115 Messmodell des Konstruktes Marktinformationsmanagement ...............................................116 Messmodell des Konstruktes Produkt-Markt-Strategie............117 Messmodell des Konstruktes Fit ..............................................118 Messmodell des Konstruktes Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation.......................................120 Messmodell des Konstruktes Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution..............................................121 Messmodell des Konstruktes Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik...............................................122 Messmodell des Konstruktes Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik..........................................122 Messmodell des Konstruktes Operative Umsetzung des Markentransfers........................................................................124 Messmodell des Konstruktes Markenstärke.............................126 Messmodell des Konstruktes Markentransfererfolg.................131 Messmodell des Konstruktes Globaler Markentransfererfolg..133 Vergleich zwischen PLS und Kovarianzstrukturanalyse..........139 Gütebeurteilung reflektiver Messmodelle ................................150 Gütebeurteilung formativer Messmodelle................................156 Gütebeurteilung des Strukturmodells .......................................161

XVIII

Tabelle 6-5: Tabelle 6-6: Tabelle 6-7: Tabelle 6-8: Tabelle 6-9: Tabelle 6-10: Tabelle 6-11: Tabelle 6-12: Tabelle 6-13: Tabelle 6-14: Tabelle 6-15: Tabelle 6-16: Tabelle 6-17: Tabelle 6-18: Tabelle 6-19: Tabelle 6-20: Tabelle 6-21: Tabelle 7-1: Tabelle 7-2: Tabelle 7-3: Tabelle 7-4:

Tabellenverzeichnis

Inhaltsvalidität – Explorative Faktorenanalyse I ......................178 Inhaltsvalidität – Explorative Faktorenanalyse II.....................179 Indikatorreliabilität – Ladungen der reflektiven Indikatoren ...180 Konstruktreliabilität – Reliabilitätskennziffern der reflektiven Konstrukte..............................................................181 Diskriminanzvalidität – Fornell-Larcker-Kriterium.................182 Multikollinearität – Kennziffern der Kollineariätsdiagnose.....183 Multikollinearität – Varianzzerlegung des Konstruktes Markenstärke............................................................................184 Messmodell des Konstruktes Implementierung desMarkentransfers (neu).........................................................185 Messmodell des Konstruktes Management von Rückwirkungseffekten (neu) ....................................................186 Multikollinearität – Varianzzerlegung des Konstruktes Implementierung des Markentransfers .....................................187 Messmodell des Konstruktes Implementierung des Markentransfers (neu, bereinigt) ..............................................188 Indikatorrelevanz – Gewichte der formativen Konstrukte .......189 Externe Validität – Güte der reflektiven Messung des Konstruktes Fit .........................................................................190 Gütebeurteilung des Konstruktes Markentransfererfolg ..........192 Gütebeurteilung Strukturmodell – Kollinearitätsdiagnose der latenten Variablen ..............................................................193 Ergebnisse der Hypothesenprüfung..........................................197 Markentransfereffekte – Bedeutung und Ausprägung..............199 Konstituierende Merkmale des Fits..........................................205 Konstituierende Merkmale der Produkt-Markt-Strategie.........206 Konstituierende Elemente Implementierung des Markentransfers........................................................................208 Konstituierende Elemente Markenstärke .................................212

Abkürzungsverzeichnis Aufl. AVE Best. bzw. DEV Diss. EM etc. f. ff. ggf. H Habil. Hrsg. i. V. m. KI KMK LV Max Min MIMIC MSA Neg. o. V. PDF PIMS Pkt. PLS Pos. S. SM

Auflage Average Variance Extracted bestätigt beziehungsweise Durchschnittlich Erfasste Varianz Dissertation Expectation Maximization et cetera folgende (Seite) folgende (Seiten) gegebenenfalls Hypothese Habilitation Herausgeber in Verbindung mit Konditionsindex Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium Latente Variablen Maximum Minimum Multiple Indicators and Multiple Causes Measure of Sampling Adequacy negativ ohne Verfasser Portable Document Format Profit Impact of Market Strategies Punkte Partial Least Squares Positiv Seite Stammmarke

XX

sog. TP u. a. ULS vgl. VIF Vol. vs. z. B.

Abkürzungsverzeichnis

sogenannte Transferprodukt unter anderem Unweighted Least Squares vergleiche Variance Inflation Factor Volume versus zum Beispiel

1 Einführung in das Untersuchungsgebiet 1.1 Problemstellung Neue Marken entstehen in gereiften, wettbewerbsintensiven Märkten nur noch selten. Ein Großteil neuer Produkte wird unter bestehenden Marken eingeführt. Durch die Nutzung etablierter Markennamen erhoffen sich Unternehmen vereinfachte, risikoärmere und nicht zuletzt, aufgrund der vermeintlich kleineren Kommunikationsbudgets, günstigere Neuprodukteinführungen (vgl. Lane/Sutcliffe 2006, S. 86; Kim 2003, S. 462; Ambler/Styles 1997, S. 222). Neben den angestrebten Effekten in Bezug auf die Unterstützung der Neuprodukteinführung geht mit dem Verzicht auf die Schaffung einer neuen Marke auch die Überlegung einher, die Markenführungskosten über mehrere Produkte zu verteilen sowie die markenbedingte Komplexität im Unternehmen durch Fokussierung auf wenige Kernmarken zu reduzieren (vgl. Caspar/Burmann 2005, S. 246). Eine Erfolgsgarantie für reibungslose Produktplatzierung und effiziente Markenführung bietet die Strategie des Markentransfers jedoch nicht – einige prominente Misserfolge verdeutlichen dies. Levi's konnte sich auf dem Markt für Herrenanzüge nicht etablieren (vgl. weiterführend Aaker 1991, S. 206 f.). Der exklusive Schuhhersteller Bally scheiterte beim Eintritt in weitere Luxussegmente wie Accessoires, Parfum und Bekleidung. Der Versuch, die Marke Ajax – bekannt als Reinigungsmittel – auf Vollwaschmittel zu übertragen, scheiterte (vgl. für beide Beispiele Groot 2003, S. 183 f.). Pierre Cardin konnte sein Produktportfolio im Luxusgüterbereich mithilfe einer bereits in den 1960er-Jahren etablierten Lizenzorganisation zunächst erfolgreich ausweiten. Das Unternehmen vergab zwischenzeitlich mehrere Hundert Lizenzen – mit zweifelhaften Effekten für die Marke (vgl. Versendaal 1998, S. 356 ff.). Mit nicht antizipierten Rückwirkungseffekten auf die Marke musste auch Palmolive umgehen. Die in den 1960erJahren etablierte Kosmetikserie wurde mit der Positionierung ‚Pflegt die Hände schon beim Spülen!‘ erfolgreich in den Spülmittelmarkt transferiert. Die Kompetenz, die sich die Marke in der Körperpflege aufgebaut hatte, wurde allerdings durch negative Rückwirkungseffekte zerstört (vgl. Groot 2003, S. 179 ff.). Die Flopraten des Markentransfers belaufen sich nach einer umfangreichen Studie

2

1 Einführung in das Untersuchungsgebiet

von ERNST & YOUNG UND NIELSEN auf bis zu 80 Prozent (vgl. Ernst&Young/ Nielsen 1999). Andere Autoren gehen sogar von einem noch höheren Anteil aus (vgl. z. B. Esch 2004, S. 283).1 Aus diesem Grund beschäftigt sich die wirtschaftswissenschaftliche Forschung seit Jahren eingehend mit den Erfolgsfaktoren des Markentransfers (vgl. für einen Überblick Völckner 2003, S. 25 ff.; Czellar 2003, S. 97 ff.). Gegenstand der Mehrheit dieser Untersuchungen ist die Wahrnehmung und Bewertung von Markentransfers durch den Konsumenten (vgl. Nijssen 2005, S. 33). Es wird in der Regel analysiert, unter welchen Voraussetzungen ein Markentransfer vom Konsumenten positiv bewertet wird, wobei insbesondere die Bedeutung des Fits zwischen Marke und neuem Produkt als Erfolgsfaktor thematisiert (vgl. z. B. Zatloukal 2002, S. 60; Park et al. 1991, S. 187; Boush/Loken 1991, S. 25) und die Wichtigkeit der Markenstärke (vgl. z. B. Bhat/Reddy 2001, S. 116; Bottomley/Holden 2001, S. 499) betont wird. Viele beobachtbare Beispiele fügen sich jedoch nicht in dieses ‚starke Marke + guter Fit = erfolgreicher Markentransfer‘-Schema ein. Wie lässt sich der Welterfolg des Davidoff-Transferproduktes Cool Water – also ein zunächst nicht offensichtlich passender Transfer von Zigarren auf Parfüm – erklären? Warum ist Nivea mit Nivea Beauté2 nach wie vor auf dem Markt für dekorative Kosmetik präsent, während Oil of Olaz mit einem fast identischen Vorhaben zur gleichen Zeit scheiterte? Die differenzierte Analyse von erfolgreichen und erfolglosen Markentransfers zeigt, dass der Gestaltungsspielraum des Unternehmens, also die Strategie und das operative Management des Markentransfers eine wesentliche Rolle spielen müssen (vgl. Baumüller/Erbenich 2005, S. 44). Ein Beispiel, welches auf Basis persönlicher Interviews und umfangreicher Presserecherche3 erarbeitet wurde, soll diesen Zusammenhang verdeutlichen.

1

2

3

Die Angaben beziehen sich auf den Markterfolg des Transferproduktes. Neben den direkt beobacht- und zählbaren Misserfolgen des neuen Produktes am Markt müssen jedoch noch jene Misserfolge berücksichtigt werden, die sich in eher langfristig wirkenden Effekten auf die Marke manifestieren; hierzu sind jedoch keine qualifizierten statistischen Daten verfügbar. Vgl. für eine ausführliche Diskussion dieses Transfers Jansen und Gedenk (2000, S. 995 ff.). Die Presserecherche umfasst deutsche Magazine und Tageszeitungen im Zeitraum 1990 bis 2005 und wurde ergänzt durch Informationen des Joop Fanclubs (http:// www.joopfanclub.de; Abruf am 20.01.2007).

1.1 Problemstellung

3

Die Marke Joop wurde im Wege einer gelungenen Markentransferstrategie entwickelt. Trotz ursprünglich nur bedingter Bekanntheit und Stärke der Marke auf dem Stammmarkt Oberbekleidung erfolgte 1987 die Einführung des ersten Joop-Parfums. Durch bedeutende Marketinginvestitionen auf dem Transfermarkt, die schon im ersten Jahr zu einem Umsatz im zweistelligen Millionenbereich führten, konnte ein breites Publikum für die Marke erschlossen werden. Aus einem kleinen, relativ unbekannten ‚Designer-Label‘ wurde durch den Markentransfer der Weg zur umfassenden ‚Lifestyle-Marke‘ eröffnet. Das unternehmerische Herz bestand in einer reinen Lizenzorganisation zur Koordination und Vermarktung der komplett lizenzierten Marke Joop. Vielfältige Segmente, beginnend bei Schuhen über Brillen bis hin zu Schmuck, wurden zeitweise durch bis zu 30 Lizenzen bedient. Mitte der 1990er-Jahre entwickelte sich Joop zu einer Marke mit unbestrittener Stärke auf dem deutschen Markt und einer breiten Produktpalette, die durch die Klammer ‚Designkompetenz‘ und ‚Lifestyle‘ grundsätzlich einen guten Fit zur Marke aufwies. Das Unternehmen verlor dennoch Ende der 1990er-Jahre Marktanteile und die Marke musste erheblich an Strahlkraft einbüßen. Neben unternehmensindividuellen Gründen4 sind auch die Spezifika der Markentransfersituation und eine mangelnde Beherrschung derselben für die negative Entwicklung der Marke verantwortlich zu machen. So ist Joop Ende der 1990er-Jahre in ca. 4000 Outlets in Deutschland mit zum Teil stark schwankendem Produkt-Mix vertreten. Die Breite der Distribution entspricht nicht der angestrebten Exklusivität der Marke. Die unter der Marke Joop angebotenen Produkte befinden sich auf einem extrem unterschiedlichen Qualitäts- und Preisniveau der jeweiligen Märkte und sind mit diversen Logos markiert. Weitere Markentransfers, wie der in 1999 getätigte Schritt in den Bereich der Wohnaccessoires und Heimtextilien, sind zunächst nicht mit Erfolg gekrönt. Nach einer strategischen Neuausrichtung unter neuem Management5 und Überarbeitung von Kommunikation, Vertrieb und Shopkonzept gewinnt Joop wieder an Strahlkraft. Im Jahr 2005 konnte der Umsatz um 18 Prozent gesteigert wer-

4

5

Widerstreitende Interessen der Anteilseigner W. Joop und H. Frommen führten 1998 zum Verkauf der Mehrheitsanteile der Joop! GmbH & Co. KG an die Wünsche AG, welche 2001 Insolvenz anmelden musste. Im Jahr 2003 übernehmen die drei bedeutendsten Lizenznehmer die Joop! GmbH: die Firmen Coty, Egana Goldpfeil und Strellson.

4

1 Einführung in das Untersuchungsgebiet

den. Der Evening Standard berichtete am 11. Januar 2007: „Chanel No. 5 and Joop Homme flew of the shelves at boots in December“ (John 2007, S. 30). Auch wenn – wie immer bei der Betrachtung von Fallbeispielen – erhebliche unternehmensindividuelle Einflüsse existieren, so lassen sich dennoch einige interessante Feststellungen und auch neue Fragestellungen hinsichtlich des Markentransfers ableiten: Neben den bekannten und häufig betonten Erfolgsfaktoren Fit und Markenstärke scheinen noch weitere Faktoren Einfluss auf den Erfolg des Markentransfers zu nehmen. Wie das Beispiel Joop verdeutlicht, können diese Faktoren insbesondere im operativen und strategischen Marketing lokalisiert werden. Welche Besonderheiten weist das Marketing in der spezifischen Markentransfersituation auf? Über welche unternehmensinternen Voraussetzungen bzw. spezifischen Fähigkeiten sollte ein Unternehmen verfügen, um mit seinem Markentransfer erfolgreich zu sein? Neben diesen zentralen und für die Unternehmenspraxis relevanten Fragestellungen wird durch das Beispiel Joop noch ein weiterer Bereich des Markentransfers offenkundig, der bis dato in der wissenschaftlichen Diskussion unterrepräsentiert behandelt wird. Markentransfers können nicht nur zur Kapitalisierung einer existierenden starken Marke eingesetzt werden, sondern auch zur Stärkung oder – wie im Extremfall Joop – zum Aufbau einer Marke beitragen. So erlangte die exklusive Designer-Marke Joop nur durch den Transfer in den Parfümmarkt mit seinen millionenschweren Kommunikationsbudgets die breite Bekanntheit, die sie brauchte, um dann auch in andere Märkte, wie Lederwaren, Uhren und Schmuck, expandieren zu können. Eine ähnliche Situation kann auch bei den Marken Jil Sander und Boss beobachtet werden. Rückwirkungseffekte auf die Marke werden in der aktuellen wissenschaftlichen Betrachtung allerdings überwiegend unter dem Gesichtspunkt potenzieller negativer Effekte des Transfers auf die Marke im Sinne einer Verwässerung des Markenimages betrachtet (vgl. z. B. Martinez/Pina 2003; Milberg et al. 1997). Wie groß ist die Relevanz des Markentransfers als Instrument zum Aufbau und der bewussten Beeinflussung der Marke tatsächlich? Wie viele Unternehmen nutzen Rückwirkungseffekte bewusst? Und welche Effekte treten in der Praxis tatsächlich auf? Um eine Einschätzung der Relevanz dieser Fragestellungen zu erhalten, wurden im Rahmen einer von McKinsey & Company in Kooperation mit dem

1.1 Problemstellung

5

Ergebnisse I Relevanzstudie in Prozent der befragten Unternehmen (n = 37) Marketingfunktionen

Distribution

Kommunikation

Abbildung 1-1:

Abweichungen zwischen Transferprodukt und Stammprodukten in der Strategie und Exekution der Marketingfunktionen Über ein Drittel der befragten Unternehmen bejaht die Notwendigkeit einer spezifischen Vertriebspolitik für das Transferprodukt.

38 %

54 %

Über die Hälfte der befragten Unternehmen hält eine auf die Markentransfersituation abgestimmte Kommunikationsstrategie für unabdingbar.

Ergebnisse I der Relevanzstudie

Markenverband im Jahr 2005 durchgeführten telefonischen Befragung unter 37 deutschen Unternehmen (vgl. zur Gesamtstudie Baumüller/Erbenich 2005, S. 43 ff.) die beiden oben beschriebenen Themenbereiche adressiert. Wie aus Abbildung 1-1 ersichtlich, gibt ein Großteil der befragten Unternehmen an, dass sich die Vermarktung des Transferproduktes in den abgefragten Instrumentalbereichen Distribution und Kommunikation von der Vermarktung der Stammprodukte unterscheidet. Folgerichtig ist es höchst wahrscheinlich, dass hierfür spezifische Voraussetzungen und Fähigkeiten in den Unternehmen gegeben sein müssen. Diese Feststellung erhärtet die oben formulierte Vermutung, dass unternehmensinterne Faktoren einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Markentransfers haben könnten. Wie aus Abbildung 1-2 ersichtlich, lässt sich auch die Bedeutung der zweiten abgeleiteten Fragestellung durch die Relevanzstudie bestätigen. Die große Mehrheit der befragten Unternehmen gibt zwar an, den Markentransfer primär zum Zwecke der Markenkapitalisierung durchzuführen. Über die Hälfte der Unternehmen erwähnt allerdings auch, dass sie mit dem Markentransfer verschiedenste Wirkungen auf die Marke bezweckt, und zwei Drittel bemerken das Auftreten intendierter und auch nicht intendierter Rückwirkungseffekte. Diese Vielfältigkeit von bezweckten oder zum Teil auch in der Planung nicht antizi-

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1 Einführung in das Untersuchungsgebiet

Ergebnisse II Relevanzstudie in Prozent der befragten Unternehmen (n = 37) Mögliche Effekte des Markentransfers

Verfolgte Ziele Erzielte Effekte

Direkte monetäre Effekte Zusätzlicher Umsatz/Gewinn Erleichterter Marktzugang

95% 69% 84% 70%

Abbildung 1-2:

57% 65% 65% 65%

Markenimage

sierung ist das wichtigste Ziel des Markentransfers (95% und 84%)

• Rückwirkungseffekte

Rückwirkungseffekte Verbesserung von … Markenbekanntheit

• Die Markenkapitali-

werden seltener bewusst bezweckt (57% und 65%), treten allerdings häufig auf (65% und 65%)

Ergebnisse II der Relevanzstudie

pierten Effekten des Markentransfers wird in der Mehrheit der wissenschaftlichen Untersuchungen nicht berücksichtigt. Die Betrachtung des Fallbeispiels Joop und die Ergebnisse der durchgeführten Relevanzstudie zeigen, dass zentrale Fragestellungen in Bezug auf den Markentransfer existieren, die bis dato in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung kaum Beachtung und Resonanz gefunden haben. Die vorliegende Untersuchung wird diese Fragen adressieren und wissenschaftlich ausführlich behandeln.

1.2 Ziele der Untersuchung Wie exemplarisch an der Marke Joop aufgezeigt und auch im Rahmen der Relevanzstudie bestätigt (vgl. Kapitel 1.1), nehmen unterschiedliche unternehmensinterne Faktoren Einfluss auf den Erfolg des Markentransfers. Unternehmerische Chancen in fremden Märkten zu identifizieren, die Regeln des Marktgeschehens zu verstehen und nicht zuletzt mit geeigneten Partnern den Transfer marktgerecht umzusetzen, setzt besondere Fähigkeiten und spezifische Gegebenheiten im Unternehmen voraus. Welche Unternehmenskultur begünstigt den Schritt in gänzlich fremde Märkte? Welche Marketingfähigkeiten müssen im Unternehmen vorhanden sein, um

1.3 Gang der Untersuchung

7

neue Leistungskategorien erfolgreich unter der gleichen Marke zu vermarkten? Diese Fragestellungen wurden bis dato kaum wissenschaftlich adressiert und bilden daher den zentralen Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Die grundlegende Forschungsfrage lautet dementsprechend: Forschungsfrage I:

Welche sind die unternehmensinternen Erfolgsfaktoren des Markentransfers? Das heißt, welche Ressourcen, Fähigkeiten, strategischen und operativen Verhaltensweisen beeinflussen den Markentransfererfolg?

Aufgrund der in der Relevanzstudie belegten großen praktischen Bedeutung wird als zweiter – untergeordneter – Aspekt auch die Vielfältigkeit der Zielsetzungen und der auftretenden Effekte des Markentransfers adressiert. Die Forschungsfrage dieses zweiten Themenkomplexes lautet demzufolge: Forschungsfrage II: Welche sind die intendierten und tatsächlich realisierten Effekte des Markentransfers? Mit Beantwortung dieser zwei Forschungsfragen im Rahmen der vorliegenden Untersuchung soll einerseits ein Beitrag zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Erfolgsfaktoren des Markentransfers geleistet werden. Andererseits sollen praktische Erkenntnisse für die Unternehmenspraxis erarbeitet werden.

1.3 Gang der Untersuchung Im Folgenden wird die Vorgehensweise der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den oben definierten Forschungsfragen kurz erläutert. In Kapitel 2 werden zunächst die theoretischen Grundlagen gelegt, die zum Verständnis des Markentransfers im Allgemeinen und des Untersuchungsgegenstandes im Speziellen erforderlich sind. Durch die Definition des Begriffs des Markentransfers und der Klassifizierung von Markentransfertypen (Kapitel 2.1) sowie der Erläuterung der gängigsten theoretischen Erklärungsansätze (Kapitel 2.2) wird ein breites Verständnis für den Markentransfer geschaffen. Neben den konzeptionellen Grundlagen des Markentransfers selbst gilt es allerdings auch, eine theoretische Fundierung für den zentralen Untersuchungsgegenstand, das heißt für den Einfluss erfolgbestimmender unternehmensinterner Faktoren auf den Marken-

8

1 Einführung in das Untersuchungsgebiet

transfer, zu erarbeiten. Die Sichtweisen und Denkmuster des ressourcenbasierten Ansatzes eignen sich gut, um die Relevanz unternehmensinterner Faktoren für den Markentransfererfolg theoretisch zu erklären. Aus diesem Grund wird zunächst der ressourcenbasierte Ansatz vorgestellt (Kapitel 2.3.1), um dann den Bezug zum Untersuchungsgegenstand darzustellen (Kapitel 2.3.2). Vor dem Hintergrund des ressourcenbasierten Ansatzes wird deutlich, dass die für den Markentransfererfolg relevanten unternehmensinternen Faktoren insbesondere unter den marketingspezifischen Ressourcen zu finden sind, weshalb in Kapitel 2.3.3 eine Klassifizierung marketingspezifischer Ressourcen erarbeitet wird. Um mit der vorliegenden Untersuchung einen großen zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu erreichen, wird in Kapitel 3 die bisherige empirische Forschung auf ihre Relevanz zur Beantwortung der Forschungsfragen hin untersucht. Es werden alle relevanten bisherigen Erkenntnisse zu den Effekten des Markentransfers (Kapitel 3.1) und zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren auf den Markentransfererfolg (Kapitel 3.2) vorgestellt. Kapitel 4 dient der methodischen Einordnung der Untersuchung. Als methodischer Bezugsrahmen wird die Erfolgsfaktorenforschung herangezogen, die in Kapitel 4.1 ausführlich dargestellt wird. Als Analysemethodik bietet sich für die vorliegende Untersuchung die Anwendung eines Strukturgleichungsmodells an. In Kapitel 4.2 werden dieses Verfahren und seine Eignung für die vorliegende Untersuchung näher erläutert. Gegenstand des 5. Kapitels ist die Ausgestaltung des zentralen Untersuchungsmodells. Auf Basis der in Kapitel 2 gelegten Grundlagen und der in Kapitel 3 vorgestellten bisherigen empirischen Erkenntnisse werden hierzu zunächst Hypothesen hinsichtlich der Wirkung unternehmensinterner Faktoren auf den Markentransfererfolg formuliert. Neben der Feststellung dieser potenziellen Wirkungsbeziehungen müssen die zueinander in Beziehung zu stellenden Faktoren definiert und nach wissenschaftlichen Kriterien konzeptualisiert werden. Beides – die Konzeptualisierung der Erfolgsfaktoren und die Formulierung potenzieller Wirkungsbeziehungen durch Hypothesen – erfolgt in Kapitel 5.1. Die Summe der Wirkungsbeziehungen ergibt in Kapitel 5.2 das Strukturmodell, das zentrale Aufbauelement des zu berechnenden Strukturgleichungsmodelles. Um die derart zueinander in Beziehung gesetzten Faktoren im Rahmen einer empirischen Erhebung messbar zu machen, müssen diese operationalisiert werden. Dies erfolgt in Kapitel 5.3.

1.3 Gang der Untersuchung

9

Die empirische Untersuchung selbst wird in Kapitel 6 beschrieben, wobei zunächst das verwendete statistische Verfahren – der sog. Partial-Least-SquaresAnsatz – vorgestellt wird (Kapitel 6.1). Die Vorgehensweise zur Datenerhebung und die im Rahmen der durchgeführten Unternehmensbefragung erzielte Datengrundlage werden in Kapitel 6.2 dargestellt. Die Anwendung von Strukturgleichungsmodellen erfordert ein zweistufiges Vorgehen. Zunächst wird die Güte des Untersuchungsmodells durch Abgleich mit formalen Gütekriterien überprüft, wofür sowohl das Strukturmodell als auch die im Rahmen der Operationalisierung festgelegten Messmodelle einer umfangreichen Untersuchung hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Gültigkeit unterzogen werden. In Kapitel 6.3 wird diese Gütebeurteilung vorgenommen, wobei dem Untersuchungsmodell eine ausreichende Güte attestiert wird. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung finden sich in Kapitel 6.4 und 6.5. In Kapitel 6.4 werden die Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells präsentiert, indem die aufgestellten Hypothesen zu den Wirkungsbeziehungen bestätigt bzw. verworfen werden. Kapitel 6.4 enthält insofern die empirischen Ergebnisse zur Beantwortung der ersten Forschungsfrage nach der Relevanz unternehmensinterner Erfolgsfaktoren des Markentransfers. Die in Kapitel 6.5 dargestellten Ergebnisse der deskriptiven Analysen zu den Effekten des Markentransfers beziehen sich auf die zweite Forschungsfrage. Das die Untersuchung abschließende 7. Kapitel verfolgt drei Zielsetzungen. In Kapitel 7.1 erfolgt die Interpretation der empirischen Ergebnisse. An dieser Stelle werden Schlussfolgerungen hinsichtlich des Einflusses unternehmensinterner Faktoren auf den Markentransfererfolg gezogen (Kapitel 7.1.1 bis 7.1.5) und das Auftreten sowie die Antizipation von Markentransfereffekten in den befragten Unternehmen diskutiert (Kapitel 7.1.6). Darüber hinaus dient das 7. Kapitel aber auch der Überleitung der wissenschaftlich gewonnenen Erkenntnisse in die praktische Anwendbarkeit. In Kapitel 7.2 wird ein Instrument vorgestellt, mit dem es Unternehmen möglich sein soll, das eigene Potenzial für einen erfolgreichen Markentransfer zu testen und sowohl ihre Markentransferstrategie als auch die geplante Umsetzung des Markentransfers zu überprüfen. In Kapitel 7.3 wird aufgezeigt, welcher Mehrwert für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit

10

1 Einführung in das Untersuchungsgebiet

Kapitel 1: Einführung in das Untersuchungsgebiet Kapitel 2: Theoretische Grundlagen Markentransfererfolg und ressourcenbasierter Ansatz

Konzeptionelle Grundlagen des Markentransfers

Kapitel 3: Stand der empirischen Forschung Erfolgswirkungen des Markentransfers

Erfolgsfaktoren des Markentransfers

Kapitel 4: Methodische Einordnung der Untersuchung Strukturgleichungsmodelle als Methodik

Erfolgsfaktorenforschung als Bezugsrahmen

Kapitel 5: Entwicklung des Untersuchungsmodells Forschungshypothesen

Konzeptualisierung der Konstrukte

Bestimmung des Strukturmodells

Operationalisierung der Konstrukte

Kapitel 6: Empirische Untersuchung Analysemethode PLS

Datenerhebung und Datengrundlage

Gütebeurteilung

Ergebnisse: Hypothesenprüfung Deskriptive Analysen

Kapitel 7: Diskussion Interpretation der empirischen Ergebnisse

Abbildung 1-3:

Implikationen für die Managementpraxis

Implikationen für die Forschung, Forschungsbedarf

Struktur der Untersuchung

dem Thema Markentransfer durch die vorliegende Untersuchung geschaffen wurde und welcher weiterführende Forschungsbedarf existiert. Abbildung 1-3 gibt die Struktur der Untersuchung zusammenfassend wieder.

2 Konzeptionelle Grundlagen 2.1 Terminologische Grundlagen 2.1.1 Begriff des Markentransfers Für den Markentransfer hat sich in der Markenliteratur bisher keine einheitliche Terminologie durchgesetzt. So weichen sowohl die Begrifflichkeiten als auch die Bedeutungsinhalte voneinander ab. Alternativ zum Begriff des Markentransfers werden in der Literatur auch Brand Extension (vgl. z. B. Aaker/Keller 1990, S. 27; Dacin/Smith 1994, S. 229), Brand Leverage (vgl. z. B. Baumüller/Erbenich 2005, S. 43; Farquhar 1989, S. 29; Lane/Jacobson 1995, S. 63), Brand-Stretching (vgl. z. B. Sattler 2001, S. 141) oder Markenerweiterung bzw. -extension (vgl. z. B. Esch et al. 2005a, S. 907 f.; Caspar/Burmann 2005, S. 247) verwendet. Für die weiteren Ausführungen wird daher zunächst eine einheitliche Begriffsgrundlage geschaffen. Formal bezeichnet der Markentransfer die Nutzung einer vorhandenen Marke für eine neue Leistung (vgl. Sattler/Kaufmann 2006, S. 70 f.; Baumgarth 2004, S. 142). Diese Definition impliziert, dass der Begriff des Markentransfers hier nicht die Expansion einer existierenden Marke in neue geografische Märkte umfassen soll, sondern immer die Übertragung des Markennamens einer eingeführten Marke auf ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung ausdrückt.6 Aufgrund der Managementorientierung der Untersuchung soll der Begriff des Markentransfers in Anlehnung an CASPAR UND BURMANN (2005, S. 247; i. V. m. Aaker 1990, S. 47; Günther 2002, S. 5 f.; Zatloukal 2002, S. 1; Caspar 2002, S. 26 ff.; Völckner 2003, S. 74) aus Managementperspektive folgendermaßen definiert werden:

6

In der Markenliteratur werden teilweise auch andere Abgrenzungen vorgenommen. So subsumiert Völckner (2003, S. 3) auch Teilbereiche einer geografischen Expansion unter den Markentransfer.

12

2 Konzeptionelle Grundlagen

Der Markentransfer kennzeichnet einen Managementprozess, bei dem –

die Identität und das Markenkonzept einer etablierten Marke



für neue Produkte



mit dem Ziel positiver Imageeffekte bei den Nachfragern verwendet wird.

Die betroffene Marke soll im Folgenden als Stammmarke7 und das Produkt, auf welches die Marke übertragen wird, als Transferprodukt8 bezeichnet werden. 2.1.2 Klassifizierung von Markentransfertypen und Definition des ‚weiten‘ Markentransfers In Anlehnung an die englischsprachige Literatur haben sich zur Unterscheidung von verschiedenen Formen des Markentransfers die Begriffe Line Extension und Brand Extension (alternativ auch Category oder Franchise Extension) durchgesetzt (vgl. Günther 2002, S. 10). Die beiden markenbezogenen Wachstumsstrategien lassen sich neben den Neumarkenstrategien ‚Neue Marke‘ und ‚Flankierende Marke‘9 in die von TAUBER (1981, S. 37) und AMBLER UND STYLES (1997, S. 223) entwickelte Marken-Wachstumsmatrix einordnen (vgl. Abbildung 2-1) und sollen im Folgenden kurz charakterisiert werden. Line Extensions umfassen Markentransfers, bei denen das Transferprodukt der gleichen Leistungskategorie angehört wie die Stammmarke (vgl. z. B. Reddy et al. 1994, S. 243). Formal muss hiervon der Begriff der Produktdifferenzierung abgegrenzt werden, welcher eine nur geringfügige Variation des bereits am Markt etablierten Produktes bezeichnet, wie zum Beispiel die Veränderung der Packungsgröße oder die Einführung einer neuen Geschmacksrichtung (vgl. Hätty 1989, S. 34 f.). Eine trennscharfe Abgrenzung ist jedoch oft nur schwer möglich. So stellt sich die Frage, ob die Light-Version eines Lebensmittels noch eine Produktdifferenzierung oder schon eine Line Extension darstellt. Als Brand Exten-

7

8

9

Synonym werden auch die Begriffe Muttermarke oder Ursprungsmarke verwendet (vgl. z. B. Völckner 2003, S. 5). Synonym wird auch der Begriff Erweiterungsprodukt (vgl. z. B. Caspar/Burmann 2005, S. 247) verwendet. Vgl. weiterführend zu den Neumarkenstrategien der Marken-Wachstumsmatrix, ‚Neue Marke’ und ‚Flankierende Marke’ ESCH ET AL. (2005a, S. 907 ff.).

2.1 Terminologische Grundlagen

13

Produktkategorie

neu

neu

bestehend

Neue Marke

Flankierende Marke

Brand Extension

Line Extension

Marke bestehend

Abbildung 2-1:

Marken-Wachstumsmatrix (In Anlehnung an Tauber 1981, S. 37)

sion werden solche Markentransfers bezeichnet, bei denen für die existierende Marke völlig neue Leistungskategorien erschlossen werden.10 Auch der Übergang zwischen den Markentransferformen Line und Brand Extension verläuft fließend, wobei eine eindeutige Zuordnung von den jeweils zugrunde liegenden Markt- und Produktklassen-Abgrenzungen abhängig ist (vgl. Völckner 2003, S. 2). Die mangelnde Abgrenzbarkeit der Begriffe legt nahe, die Klassifizierung von Markentransfers eher im Sinne eines Kontinuums zu verstehen, beginnend mit nahen bis hin zu weiten Markentransfers. Diese Betrachtungsweise soll im Folgenden näher erläutert werden. Die Nähe des Transferproduktes zur Stammmarke lässt sich sowohl aus Sicht des Unternehmens als auch aus Sicht des Konsumenten definieren, was durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. So ist zu erwarten, dass aus Sicht des Konsumenten ein enger Bezug zwischen Odol Mundwasser und Odol Kaugummis besteht, sodass der Markentransfer aus Sicht des Kunden als nah bezeichnet werden würde. Aus Sicht des Unternehmens weichen jedoch sowohl Produktionsverfahren als auch Distributionskanäle und Nutzungssituation des Verbrauchers stark voneinander ab, weshalb also ein relativ weiter Markentransfer vorläge. Konsumenten bezeichnen einen Markentransfer dann als nah, wenn der wahrgenommene Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke groß ist 10

Wie eingangs erwähnt, wird der Begriff Brand Extension oft synonym mit dem Begriff Markentransfer verwendet (vgl. Smith/Park 1992, S. 296; Aaker/Keller 1990, S. 27).

14

2 Konzeptionelle Grundlagen

(vgl. Kim 2003, S. 465). Der Begriff Fit umschreibt den Grad, zu dem Konsumenten Ähnlichkeiten zwischen einer Marke und dem Transferprodukt wahrnehmen und diese als passend oder zusammengehörig beschreiben (vgl. Zatloukal 2002, S. 59). Insbesondere in frühen Arbeiten zum Markentransfer wird das Zustandekommen dieser Konsumentenwahrnehmung11 vielfach durch produktbezogene Ähnlichkeiten und dementsprechend über die Nähe der Transfer- zur Stammkategorie konzeptualisiert (z. B. Boush/Loken 1991, S. 17; Aaker/Keller 1990, S. 30). Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass sich die Fit-Beurteilung des Konsumenten nicht auf die Ähnlichkeit der Leistungskategorien beschränken lässt; so konstatiert KIM (2003, S. 464 ff.), dass Konsumenten dann einen Fit erkennen, wenn Konsistenz zwischen den bedeutendsten Assoziationen der Stammmarke und den Assoziationen des Transferproduktes herrscht. Diese bedeutendsten Assoziationen einer Marke können sowohl produktbezogene Attribute (ähnliche Produktmerkmale, gleiche Herstellungskompetenz, gemeinsame Nutzungssituation) als auch nicht-produktbezogene Attribute (gleiches Image) umfassen. Dies verdeutlicht, dass auch solche Produkte als nah bezeichnet werden, deren Produktklassen faktisch weit auseinander liegen (z. B. Porsche Sonnenbrillen), solange einige der bedeutendsten Assoziationen der Marke im Transferprodukt erkannt werden (hier beispielsweise exklusives Design). Für die Fit-Wahrnehmung muss dementsprechend nicht unbedingt eine ProduktklassenNähe zwischen Transferprodukt und Stammmarke existieren (vgl. Broniarczyk/ Alba 1994, S. 227). Vielmehr zeigen einige Studien, dass diese Wahrnehmung durch geeignete Maßnahmen des Unternehmens, das heißt insbesondere durch kommunikative Maßnahmen, beeinflusst werden kann (vgl. z. B. Bridges et al. 2000, S. 10; Lane 2000, S. 88). Durch das Produkt bedingt oder kommunikativ kreiert – Konsens der bisherigen Untersuchungen ist, dass der Markentransfer nur dann erfolgreich sein kann, wenn ein gewisser Fit zwischen Transferprodukt

11

Dem liegt die Auffassung zugrunde, dass ausschließlich bei Ausdehnung der Marke in neue Produktkategorien ein Markentransfer vorliegt. Erklärungen zur Wahrnehmung des Fits basieren meist auf Erkenntnissen der Schematheorie (vgl. hierzu auch Kap. 2.2.2), welche davon ausgeht, dass Individuen Objekte zum Zwecke der Bewertung bestehenden Schemata zuordnen (vgl. Keller 1998, S. 423f.). Mit zunehmender Ähnlichkeit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Transferprodukt dem Stammmarkenschema zugeordnet und somit als ‚passend’ bewertet wird (vgl. Mayerhofer 1995, S. 137).

2.1 Terminologische Grundlagen

15

und Stammmarke vom Konsumenten wahrgenommen wird (vgl. z. B. Völckner 2003, S. 260; Zatloukal 2002, S. 216 f.; Park et al. 1991, S. 192; Aaker/Keller 1990, S. 38). Wenn aber der vom Konsumenten wahrgenommene Fit und somit die wahrgenommene Nähe ein Erfolgsfaktor des Markentransfers darstellt, scheint die Perspektive des Konsumenten nicht geeignet, um im Rahmen der vorliegenden Arbeit sog. weite Transfers zu definieren, da diesen per definitionem eine wichtige Erfolgsvoraussetzung fehlen würde. Zudem ist die vom Konsumenten wahrgenommene Nähe, wie oben ausgeführt, teils durch das Unternehmen beeinflussbar, sodass ein vom Konsumenten als weit definierter Markentransfer unter Umständen auf ein mangelndes Vermögen des Unternehmen zur Herstellung der FitWahrnehmung zurückzuführen ist. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es jedoch, Erfolgsfaktoren von weiten Markentransfers aus Unternehmenssicht zu betrachten. Es wäre hierfür nicht zielführend, solche erfolgreichen Transfers auszuschließen, die in der Wahrnehmung des Konsumenten ‚nah‘ sind, dies jedoch insbesondere aufgrund der guten Marketingfähigkeiten des Unternehmens. Aus diesem Grund soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Nähe bzw. Weite des Markentransfers aus Perspektive des Unternehmens definiert werden.12 Eine Definition des ‚weiten Markentransfer‘ aus Unternehmenssicht lässt sich in der Markenliteratur bisher nicht finden und soll daher nachfolgend hergeleitet werden. Ein Markentransfer aus Sicht des Unternehmens ist immer dann weit, wenn das Unternehmen bedingt durch den Markentransfer in vielen Dimensionen seiner unternehmerischen und insbesondere marketingspezifischen Aktivitäten auf neue Herausforderungen trifft. Dies ist immer dann der Fall, wenn mehrere der folgenden Tatbestände vorliegen: –

Neue Produktionstechnik



Neue Zielgruppen mit abweichenden Präferenzstrukturen und Nutzungsgewohnheiten



Neue Distributionskanäle und -partner



Neue Marktstruktur und Wettbewerber

12

Diese Vorgehensweise ist zudem konsistent mit der erklärten Managementorientierung der Untersuchung.

16

2 Konzeptionelle Grundlagen

Unternehmensperspektive Nähe ergibt sich aus Menge und Anspruch der unternehmerischen Herausforderungen bedingt durch den Markentransfer und manifestiert sich in folgenden Kriterien:

- Neue Produktionstechnik - Neue Zielgruppen mit

Konsumentenperspektive ‘nah’

Nähe ergibt sich aus dem vom Konsumenten wahrgenommenen Fit, welcher abhängig ist von der

- Konsistenz zwischen den

Markentransfer

abweichenden Präferenzstrukturen und Nutzungsgewohnheiten

bedeutendsten Assoziationen der Stammmarke und den Assoziationen des Transferproduktes

- Neue Distributionskanäle und -partner

- Neue Marktstruktur und Wettbewerber

Abbildung 2-2:

‘weit’

Abgrenzung des weiten Markentransfers

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind dementsprechend solche Markentransfers, bei denen Unternehmen aufgrund der Neuartigkeit des Transferproduktes hinsichtlich der Dimensionen Leistungskategorie, Zielgruppe, Distributionskanäle und Marktstruktur auf neue Herausforderungen treffen. Derartige Markentransfers sollen im Folgenden als ‚weit‘ bezeichnet werden.13 Abbildung 2-2 fasst die wichtigsten Punkte zur Abgrenzung des ‚weiten‘ von einem ‚nahen‘ Markentransfer aus Unternehmens- und Konsumentenperspektive zusammen.

2.2 Theoretische Erklärung des Markentransfers In der Markenliteratur existieren verschiedene verhaltenswissenschaftliche Modelle, die zur theoretischen Fundierung und Erklärung des Phänomens des Markentransfers herangezogen werden. Insbesondere vier Erklärungsmuster weisen

13

Die für die Untersuchung auszuwählenden Unternehmen müssen nicht in allen Dimensionen den genannten Anforderungen entsprechen. In der Gesamtbetrachtung muss sich jedoch ein Bild der besonderen unternehmerischen Herausforderung in vielen der genannten Dimensionen ergeben.

2.2 Theoretische Erklärung des Markentransfers

17

Theoretische Erklärungsansätze des Markentransfers

Einstellungstheoretische Ansätze (Kapitel 2.2.1)

Abbildung 2-3:

Schematheoretische Ansätze (Kapitel 2.2.2)

Informationsökonomische Ansätze (Kapitel 2.2.3)

Risikotheoretische Ansätze (Kapitel 2.2.4)

Erklärungsansätze des Markentransfers

eine besondere Relevanz auf: einstellungstheoretische, schematheoretische, informationsökonomische und risikotheoretische Ansätze. Sie stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern betrachten vielmehr den Markentransfer aus unterschiedlicher Perspektive, wobei einige, wie insbesondere schematheoretische Erklärungsansätze, einen höheren Erklärungsgehalt aufweisen als andere. 2.2.1 Einstellungstheoretische Erklärungsansätze Einstellungen sind innere Bereitschaften (Prädispositionen) eines Individuums, auf bestimmte Stimuli der Umwelt konsistent positiv oder negativ zu reagieren. Einstellungen entstehen durch Lernprozesse, das heißt, das Individuum entwickelt aufgrund unmittelbarer oder mittelbarer Erfahrungen mit einem Stimulus bestimmte Überzeugungen, die verhaltensrelevant sind (vgl. Meffert 2000, S. 118 f.; weiterführend Geise 1984; Trommsdorff 1975). Die Erklärung des Markentransfers erfolgt bei einstellungstheoretischer Sicht über den Lernprozess der Reizgeneralisierung. Die Reizgeneralisierung beschreibt das Verhalten, eine zu einem Stimulus gelernte Überzeugung bzw. Reaktion nicht nur bei identischen, sondern auch bei ähnlichen Reizen hervorzurufen (vgl. Kroeber-Riel/ Weinberg 2003, S. 327 f.). Dies impliziert, dass der Verbraucher seine gegenüber der Stammmarke gelernte Überzeugung auf das Transferprodukt überträgt, ohne hierfür einen neuen Lernprozess durchlaufen zu müssen. Entscheidend für diesen Effekt ist damit die Ähnlichkeit der Stimuli bzw. des neuen Transfer-

18

2 Konzeptionelle Grundlagen

produktes mit dem etablierten Vorstellungsbild der Marke (vgl. Günther 2002, S. 18). Die Reizgeneralisierung wurde im Kontext der Marke bislang in nur wenigen Studien empirisch untersucht. Die bisher gewonnenen Ergebnisse weisen zudem Widersprüchlichkeiten auf. So konnte ROMAN (1969, S. 372) die Reizgeneralisierung in Bezug auf die Wahrnehmung von konnotativen Assoziationen bestätigen, während KERBY (1968, S. 314 ff.; 1969, S. 157 ff.) dieses Ergebnis auf Basis seiner Untersuchungen ablehnen musste. Eine Reihe weiterer Studien, die die Reizgeneralisierung in Bezug auf das beobachtbare Kaufverhalten betrachten, können ebenfalls nur zum Teil eine Tendenz aufzeigen, nach der Verbraucher gleichmarkierten Produkten ein gleichgerichtetes Kaufverhalten entgegenbringen (vgl. z. B. Neuhaus/Taylor 1972, S. 419 ff.). Modelle des Markentransfers, die auf einer einstellungstheoretischen Sichtweise beruhen, wurden von SCHWEIGER (1982, S. 321 ff.) und MEFFERT UND HEINEMANN (1990, S. 5 ff.) entwickelt.14 Einstellungstheoretische Erklärungsansätze des Markentransfers vor dem Hintergrund der Theorie der Reizgeneralisierung liefern zwar erste theoretische Erklärungen für den Markentransfer insgesamt, sind jedoch nicht geeignet, vertieften Einblick in die Wahrnehmungs- und Beurteilungsprozesse des Verbrauchers zu erhalten. Insbesondere liefert die Reizgeneralisierung keinen Anhaltspunkt für die Frage, ab wann die Markenerweiterung als ähnlich genug zur Stammmarke einzustufen ist, damit es zu einer Reizgeneralisierung kommt. Auf Basis dieses Erklärungsansatzes können somit auch keine Rückschlüsse auf mögliche Einflussfaktoren gezogen werden, welche den Erfolg des Markentransfers bestimmen (vgl. Günther 2002, S. 18 f.). 2.2.2 Schematheoretische Erklärungsansätze Gemäß der Erkenntnisse der Kognitionspsychologie organisieren Konsumenten markenbezogenes Wissen in sog. Markenschemata, wobei es sich dabei um größere komplexe Wissenseinheiten handelt, die typische Eigenschaften und feste, standardisierte Vorstellungen umfassen, die der Mensch mit einer Marke verbin-

14

Eine kurze Charakterisierung und kritische Diskussion der Modelle findet sich bei CASPAR UND BURMANN (2005, S. 255 ff.).

2.2 Theoretische Erklärung des Markentransfers

19

det (vgl. Esch/Möll 2005, S. 64 ff.; Esch 1998, S. 77 f.).15 Sie dienen dazu, Lernprozesse durch Denkschablonen zu vereinfachen. Stimmen etwa eingehende Informationen über ein Objekt mit dem Konzept eines bestehenden Schemas überein, so kann das Objekt diesem Schema zugeordnet und somit ‚schematisch‘ bearbeitet werden (vgl. Caspar/Burmann 2005, S. 258; weiterführend Rosch et al. 1976, S. 283). Auf den beschriebenen Zusammenhang beziehen sich zahlreiche Ausführungen zur Erklärung des Markentransfers. Wird ein Transferprodukt durch den Verbraucher in Zusammenhang mit der Stammmarke wahrgenommen, können sich gemäß der Schematheorie unterschiedliche mentale Prozesse ergeben, die im Folgenden kurz beschrieben werden. Wird das Transferprodukt als konsistent zur Stammmarke wahrgenommen, so wird dieses Produkt dem Stammmarkenschema zugeordnet und entsprechendes Stammmarkenwissen, wie Image und Einstellung, übertragen (vgl. Boush/Loken 1991, S. 18; Bridges 1990, S. 21 ff.). Das Stammmarkenschema bleibt hiervon weitgehend unberührt (vgl. Gürhan-Canli/Maheswaran 1998, S. 466). Wird das Transferprodukt hingegen als inkonsistent zur Stammmarke wahrgenommen, kann es nicht ohne Weiteres dem Stammmarkenschema zugeordnet werden. Bezüglich der mentalen Prozesse und Auswirkungen von inkonsistenten Transferprodukten existieren im Rahmen der Schematheorie zwei Erklärungsansätze. Gemäß dem Bookkeeping-Modell führen neue Informationen in Bezug auf ein Schema zu einer inkrementellen Veränderung der mit dem Schema verbundenen Wissensstrukturen. Die intensive Verarbeitung der inkonsistenten Informationen (das sog. Piecemeal-Processing) führt so zu einer Veränderung von Stammmarkenimage und -einstellung (vgl. Loken/Roeder-John 1993, S. 72). Gemäß dem Sub-typing-Modell werden inkonsistente Transferprodukte als Ausnahmen wahrgenommen und einer eigenen Unterkategorie zugeordnet. Es bildet sich ein neues, eigenständiges Image für das Transferprodukt (vgl. Gürhan-Canli/Maheswaran 1998, S. 465). In beiden Fällen erfolgt kein vollständiger Transfer von Stammmarkenimage und -einstellung. Die beschriebenen kognitiven Prozesse dürfen nicht als sich gegensätzlich ausschließende Modelle verstanden werden.

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Dieses Markenwissen lässt sich als assoziatives Netzwerk von Knoten (Produkten, wahrgenommenen Markeneigenschaften, Gefühlen) darstellen, welche über Kanten assoziativ miteinander verbunden sind (vgl. Strebinger 2004, S. 282; weiterführend Baumgarth 2003, S. 216 ff.).

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2 Konzeptionelle Grundlagen

Wie in verschiedenen empirischen Untersuchungen gezeigt werden konnte, kommen sie in Abhängigkeit von unterschiedlichen Kontextfaktoren, wie zum Beispiel dem Involvement, zum Einsatz (vgl. z. B. Gürhan-Canli/Maheswaran 1998, S. 471; Loken/Roeder-John 1993, S. 79; Boush/Loken 1991, S. 25). Der Vorteil der schematheoretischen Perspektive im Vergleich zu einstellungstheoretischen Erklärungsansätzen liegt zum einen darin, dass sie die kognitiven Prozesse des Markentransfers abbildet und den Einfluss unterschiedlicher Bestimmungsgrößen anschaulich theoretisch erklären lässt. Zum anderen können auf Basis der Schematheorie auch mögliche Rückwirkungseffekte des Markentransfers theoretisch begründet werden. Schema- und Einstellungstheorie stehen im Rahmen der theoretischen Fundierung des Markentransfers jedoch in keinerlei Widerspruch zueinander, sondern ergänzen sich vielmehr gegenseitig (vgl. Caspar/Burmann 2005, S. 253 f.). 2.2.3 Informationsökonomische Erklärungsansätze Die Theorie der Informationsökonomie16 bildet neben der Transaktionskosten-, Property-Rights- und Prinzipal-Agent-Theorie den vierten Teilbereich der Neuen Institutionenökonomie (vgl. Kaas 1992, S. 3). Die aus der Mikroökonomie stammende Lehre distanziert sich mit ihren Partialansätzen von den Prämissen der neoklassischen Wirtschaftstheorie und dem Paradigma des vollkommenen Marktes. Es wird versucht, die Unvollkommenheit der Märkte durch die Einbeziehung von unvollständiger Information, Opportunismus17 und beschränkter Rationalität18 von Marktteilnehmern realitätsnäher abzubilden (vgl. Weiber/Adler 1995, S. 43 ff.). Die Informationsökonomie im Speziellen beschäftigt sich mit der Analyse von Informationsasymmetrien, mit Strategien und Mechanismen zu deren Überwindung und mit den Konsequenzen der gewählten Strategien für das

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Vgl. weiterführend zur Informationsökonomie im Marketing KAAS (1995, S. 971 ff.), SCHÖLLING (2000) und WORATSCHEK UND ROTH (2004, S. 347 f.). Die Neue Institutionenökonomie unterstellt dem Menschen generell ein opportunistisches Verhaltenspotenzial, welches zur Folge hat, dass Wirtschaftssubjekte versuchen, ihre eigenen Interessen, gegebenenfalls auch zum Nachteil anderer und unter Missachtung sozialer Normen, zu verwirklichen (vgl. Picot/Dietl 1990, S. 179). Mit beschränkter Rationalität ist die Tatsache gemeint, dass Menschen durchaus rationales Verhalten anstreben, es aber nur in begrenztem Ausmaß tatsächlich praktizieren können (vgl. Simon 1961, S. xxiv).

2.2 Theoretische Erklärung des Markentransfers

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Marktgeschehen (vgl. Kaas 1995, S. 4). Informationsasymmetrie existiert bei der überwiegenden Mehrheit von Produktkäufen und resultiert in Qualitätsunsicherheit19 des Verbrauchers, die je nach Güterart unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann, da mehrere Möglichkeiten zur Beurteilung des Leistungsangebotes bestehen. In der Theorie der Informationsökonomie beschreibt eine dreigliedrige Gütertypologie diese Unterschiede. Während Suchgüter eine Beurteilung vor dem Kauf ermöglichen, erschließen sich bei Erfahrungsgütern die relevanten Produktattribute erst nach dem Kauf. Bei Vertrauensgütern ist eine genaue Beurteilung des Produktes weder vor noch nach dem Kauf möglich (vgl. Nelson 1974, S. 729 ff.). Eine eindeutige Zuordnung von realen Produkten in die genannte Typologie ist oftmals nicht möglich. Vielmehr sind Produkte jeweils unterschiedlich stark von Merkmalen der drei Kategorien geprägt, sodass sich Produkte in der Regel aus Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften zusammensetzen (vgl. weiterführend Darby/Karni 1973, S. 67 ff.; Nelson 1970, S. 311 ff.). Die Informationsökonomie liefert wichtige Hinweise zur Handhabung von Unsicherheit in der Beurteilung der Leistungsqualität. Während vonseiten des Verbrauchers sog. Screening-Maßnahmen20 eingesetzt werden können, um Informationsasymmetrien zu überwinden, können Unternehmen durch SignalingMaßnahmen21 der Qualitätsunsicherheit des Verbrauchers entgegenwirken (vgl. weiterführend Kaas 1991, S. 357 ff.; Kaas 1990, S. 539 ff.). Der Aufbau von und die Investition in eine Marke stellen wirksame Signaling-Maßnahmen vonseiten

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Neben der Qualitätsunsicherheit lassen sich noch zwei weitere Arten von Unsicherheiten des Verbrauchers unterscheiden. Im Fall der Ereignisunsicherheit handeln Verbraucher unter Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung von Umweltzuständen. Verhaltensunsicherheit ergibt sich aus der Gefahr des opportunistischen Verhaltens von Marktteilnehmern insbesondere im Rahmen langfristiger Austauschbeziehungen (vgl. Homburg/Krohmer 2003, S. 81 f.). Mit Screening werden Maßnahmen bezeichnet, die helfen, das eigene Informationsdefizit zu verringern. Screening-Aktivitäten finden primär auf Nachfrager-Seite statt, da im Rahmen des Produktkaufes meist der Kunde über weniger Informationen bezüglich des Produktes verfügt (vgl. Kaas 1990, S. 541). Unter Signaling werden jene Maßnahmen subsumiert, die darauf abzielen, das Informationsdefizit des anderen Marktteilnehmers zu reduzieren. Signaling-Aktivitäten werden primär von Anbietern ergriffen, um die Unsicherheit auf Kundenseite bezüglich des eigenen Produktes zu minimieren (vgl. Kaas 1992, S. 36 f.).

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2 Konzeptionelle Grundlagen

des Unternehmens dar. Die Marke wirkt als Informationssurrogat und kann so die asymmetrische Informationslage zwar nicht vollständig beseitigen, jedoch dieser vertrauensbildend entgegenwirken (vgl. Baumgarth 2004, S. 25; weiterführend Erdem/Swait 1998, S. 135 ff.). Insbesondere im Rahmen der Neuprodukteinführung wirkt die Nutzung einer etablierten Marke als Signal, welche die Qualitätsunsicherheit des Verbrauchers gegenüber dem neuen Produkt mindert. Dies gründet auf der Überlegung, dass ein Unternehmen durch die Einführung eines Produktes von minderer Qualität unter einer etablierten Marke diese beschädigen und so den Absatz anderer unter der Marke angebotener Produkte gefährden würde. Gemäß der Annahmen der Informationsökonomie gehen Verbraucher davon aus, dass Unternehmen ihre bisherigen Investitionen in die Marke nicht gefährden und akzeptieren die Verwendung einer etablierten Marke für neue Produkte im Rahmen des Markentransfers als glaubwürdiges Qualitätssignal (vgl. Erdem 1998, S. 340; Smith/Park 1992, S. 298). Die von der Informationsökonomie postulierte Markenwirkung konnte empirisch bestätigt werden. Wie angenommen, existiert Qualitätsunsicherheit beim Produktkauf, die auch durch direkte Produkterfahrung nicht vollständig beseitigt werden kann (vgl. Erdem 1998, S. 345). Zwischen Produkten der gleichen Marke korreliert die Qualitätswahrnehmung stark, was darauf schließen lässt, dass die erwartete Qualität eines neuen Produktes durch die wahrgenommene Qualität der Stammmarke beeinflusst wird (vgl. Erdem 1998, S. 346). Die informationsökonomische Perspektive ist als Ansatz zur theoretischen Erklärung des Markentransfers nicht in Konkurrenz zu den kognitionspsychologischen Ansätzen, der Schema- und Einstellungstheorie, zu verstehen. Diese komplementäre Sichtweise eröffnet vielmehr – wie oben beschrieben – additive Einblicke in die Funktionsweise des Markentransfers (vgl. Erdem/Swait 1998, S. 133). 2.2.4 Risikotheoretische Erklärungsansätze Kaufrisiko wird allgemein definiert als die vom Nachfrager nachteilig aufgefassten Folgen eines Kaufs, die der Betroffene nicht sicher vorhersehen kann. Das wahrgenommene Kaufrisiko als Unsicherheit bezüglich der Handlungsfolgen ist Ausdruck eines auf kognitiver Einschätzung beruhenden Konfliktes – es kann als Form der Vor-Entscheidungsdissonanz interpretiert werden (vgl. Kroeber-Riel/

2.2 Theoretische Erklärung des Markentransfers

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Weinberg 2003, S. 397). Die Risikotheorie hat einen intrapersonellen Fokus22 und beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Kaufrisikoarten und deren Einfluss auf das Kaufverhalten des Konsumenten. Es werden im Wesentlichen drei Arten wahrgenommener Risiken unterschieden.23 Leistungsrisiko bezieht sich auf die Zweifel des Konsumenten, ob ein Produkt die gewünschten Leistungsanforderungen erfüllen kann. Soziales Risiko besteht im möglichen Schaden für den Konsumenten, der aus dem Kauf oder dem Gebrauch eines Produktes resultieren kann, das von seiner sozialen Bezugsgruppe nicht akzeptiert wird. Das finanzielles Risiko wird insbesondere bei teuren Anschaffungen, wie dem Kauf eines Hauses, als hoch wahrgenommen (vgl. zu den verschiedenen Risikoarten Mitchell 1999, S. 163 ff.; Dowling/Staelin 1994, S. 119 ff.). Die Risikotheorie geht prinzipiell davon aus, dass Individuen bestrebt sind, Risiken zu vermeiden oder zu reduzieren (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 399). Im Rahmen der Konsumentenverhaltensforschung werden Strategien diskutiert, mit deren Hilfe Konsumenten ihr subjektiv wahrgenommenes Kaufrisiko senken können. Markentreue bietet neben der aktiven Informationssuche und anderen Strategien eine Möglichkeit der Kaufrisikoreduktion durch den Konsumenten. Etablierte Marken versprechen implizit, dass das Kaufergebnis konsistent sein wird mit den Qualitätserwartungen, die der Konsument mit der Marke assoziiert. Im Falle des Markentransfers können Konsumenten so von den mit der Marke bisher gesammelten Erfahrungen auf die Qualität sowie die Beschaffenheit des Transferproduktes schließen und ihr Kaufrisiko senken (vgl. DelVecchio/Smith 2005, S. 185 f.). ERDEM (1998, S. 346) konnte die Bedeutung von Marken zur Risikoreduktion beim Kauf von Transferprodukten auch empirisch bestätigen. Die risikotheoretische Perspektive weist eine starke Verwandtschaft mit dem informationsökonomischen Erklärungsansatz auf. Daher ist auch diese Theorie nicht in Konkurrenz mit den zuvor genannten theoretischen Erklärungsansätzen des Markentransfers zu verstehen, sondern als eine weitere theoretische Betrachtungsmöglichkeit. 22

23

Weitere Theorien des Konsumentenverhaltens, die sich auf das intrapersonelle Gleichgewicht beziehen, sind beispielsweise die Theorie der kognitiven Dissonanz (vgl. Festinger 1957), die Assimilations-Kontrast-Theorie (vgl. Sherif/Hovland 1961) oder die Prospect Theory (vgl. Kahnemann/Tversky 1979). Zusätzlich zu den hier aufgeführten Risikoarten werden teils noch physisches, psychologisches und das Zeitrisiko genannt (vgl. z. B. Dowling/Staelin 1994, S. 119 ff.; Mitchell 1999, S. 163 ff.), die aber an dieser Stelle nicht näher betrachtet werden sollen.

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2 Konzeptionelle Grundlagen

2.3 Theoretische Erklärung des Einflusses unternehmensinterner Faktoren auf den Transfererfolg Zur theoretischen Fundierung des zentralen Untersuchungsgegenstandes – des Einflusses unternehmensinterner Faktoren auf den Transfererfolg – soll der ressourcenbasierte Ansatz herangezogen werden. Dieser versucht die Frage zu klären, warum manche Unternehmen im Vergleich zu Wettbewerbern über eine längere Zeit erfolgreicher sein können. Der besondere Erkenntnisbeitrag liegt in der Betrachtung der Relevanz bestimmter strategischer Ressourcen für den Unternehmenserfolg. Auch bei einer partiellen Erfolgsbetrachtung – im vorliegenden Fall die Analyse des Markentransfererfolges – kann der ressourcenbasierte Ansatz Aufschluss über mögliche Erfolgsgründe geben. Aus diesem Grund soll zunächst die Theorie des ressourcenbasierten Ansatzes als ein allgemeines Erklärungsmodell für den unternehmerischen Erfolg vorgestellt (Kapitel 2.3.1) und die spezifische Anwendbarkeit für den Untersuchungsgegenstand dargelegt (Kapitel 2.3.2) werden. Die für den Markentransfer potenziell relevanten unternehmensinternen Faktoren sind insbesondere unter den marketingspezifischen Ressourcen zu finden, weshalb in Kapitel 2.3.3 eine Klassifizierung marketingspezifischer Ressourcen erarbeitet wird. 2.3.1 Grundlagen des ressourcenbasierten Ansatzes Die Strategieforschung hat sich über viele Jahre mit der Frage beschäftigt, warum einige Unternehmen dauerhaft erfolgreicher sind als andere. Als wesentliche Erklärungsansätze haben sich das Structure-Conduct-Performance-Paradigma sowie der ressourcenbasierte Ansatz etabliert.24 PORTER (1980; 1985) führte in seinen Arbeiten aus, dass dauerhafte und überdurchschnittliche Unternehmensrenten (Performance) durch die Struktur der Branche (Structure) einerseits und das strategische Verhalten des Unternehmens und seiner Wettbewerber (Conduct) andererseits bestimmt werden. Demzufolge sind solche Unternehmen am erfolgreichsten, die sich im Vergleich zu den Wettbewerbern am besten an die externen Umfeldbedingungen anpassen (vgl. Porter 2004, S. 3 f.). Zu Beginn steht für das Unternehmen die Analyse der Struktur-

24

Synonym werden auch die Begriffe ‚Market-based view’ und ‚marktorientierter Ansatz’ bzw. ‚Resource-based view’ und ‚Resource-Conduct-Paradigma’ verwendet.

2.3 Theoretische Erklärung des Einflusses

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bedingungen der relevanten Märkte, auf deren Basis sowohl die Attraktivität der Branche bemessen als auch die adäquate Strategie formuliert wird. PORTER definiert in diesem Zusammenhang drei Strategietypen, welche zugleich die grundsätzlichen Positionierungsmöglichkeiten am Markt darstellen: die Kostenführerschaft, die Differenzierung und die Fokussierung auf Nischen (vgl. Porter 2004, S. 35 ff.). Der Wettbewerbsvorteil ist dann dauerhaft, wenn es gelingt, Wettbewerber davon abzuhalten, die bestehende eigene Marktposition zu besetzen. Das Unternehmen muss hierzu sog. Markteintritts- oder Mobilitätsbarrieren schaffen (vgl. Porter 2004, S. 134). Die Quelle für dauerhafte Wettbewerbsvorteile gemäß dem Structure-Conduct-Performance-Paradigma ist dementsprechend die verteidigungsfähige und marktkonforme Positionierungsentscheidung. Während PORTER im Rahmen des Structure-Conduct-Performance-Paradigmas davon ausgeht, dass es grundsätzlich allen Unternehmen möglich ist, bestimmte Marktpositionen zu erreichen, und somit implizit strukturelle Unterschiede zwischen Unternehmen verneint, wird genau dieser Gedanke im ressourcenbasierten Ansatz verfolgt. Dieser führt dauerhafte Wettbewerbsvorteile auf Heterogenität in der Ressourcenausstattung von Unternehmen und auf die eingeschränkte Mobilität dieser Ressourcen zurück (vgl. Barney 1991, S. 101). Während die ersten thematischen Grundlagen des ressourcenbasierten Ansatzes auf PENROSE (1959) zurückgehen, wurde eine umfassendere Theorie von WERNERFELT (1984) begründet und in den späten 1980er- und insbesondere 1990er-Jahren von einer Vielzahl wirtschaftswissenschaftlicher Forscher weiterentwickelt (vgl. z. B. Ghemawat 1986; Barney 1991; Grant 1991; Mahoney/Pendian 1992). Dem ressourcenbasierten Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass die für ein Unternehmen verfügbaren strategischen Ressourcen für den Unternehmenserfolg von entscheidender Bedeutung sind. Es wird davon ausgegangen, dass die zentrale Zielsetzung von Unternehmen darin besteht, strategische Ressourcen zu generieren, zu halten und zu nutzen. Ressourcen umfassen hierbei „[...] all assets, capabilities, organizational processes, firm attributes, information, knowledge, etc. controlled by a firm that enable the firm to conceive of and implement strategies that improve efficiency and effectiveness” (Barney 1991, S. 101). Eine grundlegende Unterscheidung wird in der Literatur zwischen ‚assets‘ (Vermögensgegenständen) und ‚capabilities/competences‘ (Fähigkeiten/ Kompetenzen) gemacht (vgl. Hooley et al. 1998, S. 101). Assets umfassen sowohl tangible (z. B. Grund und Boden) als auch intangible (z. B. eine Marke)

26

2 Konzeptionelle Grundlagen

Vermögensgegenstände. Fähigkeiten25 als zweite Form der Ressource ermöglichen es dem Unternehmen, Vermögensgegenstände nutzbar zu machen und diese sinnvoll im Rahmen von organisationalen Prozessen und Routinen einzusetzen (vgl. Day 1994, S. 38). Fähigkeiten beziehen sich auf das Organisieren, Koordinieren sowie Durchführen von Unternehmensprozessen und können sowohl auf individueller als auch auf Unternehmensebene (i. S. v. organisationalen Fähigkeiten) vorliegen.26 Zwei Denkrichtungen des ressourcenbasierten Ansatzes greifen diese unterschiedlichen Formen von Unternehmensressourcen auf. Die sog. ‚Structural School‘27 (vgl. z. B. Barney 1991) sieht die Quelle für dauerhafte Wettbewerbsvorteile primär in den Ressourcen selbst. Ein Unternehmen arbeitet dann erfolgreich, wenn es in der Lage ist, wertvolle Ressourcen auszuwählen und zu gewinnen (vgl. Makadok 2001, S. 387 f.; Hooley et al. 1998, S. 98). Die Gedankenschule der ‚Process School‘28 (vgl. z. B. Teece et al. 1994) vermutet den wesentlichen Grund für Wettbewerbsvorteile in der Kombination von Ressourcen, welche in unternehmensspezifischen Fähigkeiten und Kompetenzen zum Ausdruck kommt. Fähigkeiten und Kompetenzen haben auch in der ‚Structural School‘ ihre Bedeutung zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen, werden aber als eine von mehreren Ressourcenarten verstanden, die es zu erwerben gilt. Vertreter der ‚Process School‘ betonen hingegen, dass ein Unternehmen nicht deswegen erfolgreicher ist, weil es überlegene Ressourcen besitzt, sondern weil es in der Lage ist, diese Ressourcen besser einzusetzen und dauerhaft zu entwickeln (vgl. Penrose 1959, S. 54; Mahoney/Pendian 1992, S. 365). Der überdurchschnittliche Erfolg eines Unternehmens beruht dementsprechend auf einer überlegenen Managementleistung, welche dazu führt, dass vorhandene Ressourcen innovativ kombiniert und neue generiert werden. Fähigkeiten und Kom25

26 27

28

Synonym zum Begriff Fähigkeit wird in der Literatur zum Markentransfer häufig auch der Begriff Kompetenz verwendet (vgl. z. B. Day 1994, S. 38; Hooley et al. 1998, S. 99). Für eine umfassende Typologie von Ressourcen vgl. HOOLEY et al. (1998, S. 99 ff.). Synonym wird auch der Begriff des ‚Resource-based Approach’ verwendet (vgl. z. B. Hooley et al. 1998, S. 98). Synonym werden auch die Begriffe ‚Capabilities-based Approach’ (vgl. z. B. Hooley et al. 1998, S. 98) oder ‚Dynamic-capabilities View’ (z. B. Makadok 2001, S. 387) verwendet.

2.3 Theoretische Erklärung des Einflusses

27

petenzen werden in dieser Denkschule über die Zeit hinweg herausgebildet und sind den klassischen Ressourcen überlegen.29 Wie von MAKADOK (2001, S. 391) ausgeführt, sollten die zwei beschriebenen Sichtweisen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern vielmehr als gegenseitige Ergänzung verstanden werden. Es muss davon ausgegangen werden, dass Unternehmen einerseits Wettbewerbsvorteile erlangen können, indem sie sich einzigartige Ressourcen verschaffen (wie z. B Microsoft 1980 beim Erwerb des QDOS), andererseits indem sie in der Lage sind, bestehende Ressourcen gewinnbringend durch besonders entwickelte Fähigkeiten zu kombinieren. Im Sinne einer solchen integrierten Sichtweise sollen im Folgenden Fähigkeiten und Kompetenzen als besondere Art der Ressource verstanden werden: „[...] a capability is defined as a special type of resource [...] whose purpose is to improve the productivity of the other resources possessed by the firm“ (vgl. Makadok 2001, S. 389). Ressourcen können gemäß dem ressourcenbasierten Ansatz dann Basis für Wettbewerbsvorteile des Unternehmens sein, wenn sie die folgenden Eigenschaften aufweisen: –

Ressourcen müssen strategisch wertvoll sein, das heißt, sie müssen das Unternehmen in die Lage versetzen, gegenüber dem Wettbewerb überlegene oder kostengünstigere Leistungen anbieten zu können.



Ressourcen müssen selten sein, das heißt nur wenigen konkurrierenden Unternehmen zur Verfügung stehen.



Ressourcen dürfen für aktuelle und potenzielle Wettbewerber nicht oder nur begrenzt imitierbar oder substituierbar sein (vgl. stellvertretend für viele Barney 1991, S. 105 ff.).

Jene derart definierten Ressourcen begründen die strategische Heterogenität zwischen Unternehmen und bilden die Basis für Wettbewerbsvorteile. Für das Zustandekommen und die langfristige Sicherung von strategischer Heterogenität werden in der ressourcenorientierten Literatur sog. Isolationselemente oder Imitationsbarrieren herangezogen (vgl. Bamberger/Wrona 1996, S. 138; Collis/ 29

MAKADOK (2001, S. 387) verwendet zur Unterscheidung der beiden Erklärungsmuster zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen zwei plakative Begriffe, die die unterschiedlichen Perspektiven gut verdeutlichen: ‚resource-picking’ und ‚capability-building’.

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2 Konzeptionelle Grundlagen

Montgomery 1995, S. 118 ff.). Isolationselemente im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes wirken einzeln oder im Verbund als Schutzinstrumente für die strategisch relevanten Ressourcen eines Unternehmens vor Imitations-, Substitutions- und Verfügbarkeitsbemühungen der Konkurrenz. Sie bewirken, dass Bestrebungen der Konkurrenz, die erfolgskritischen Ressourcen der Unternehmung zu akquirieren, zu imitieren oder zu substituieren, auf kurze Sicht scheitern und auf lange Sicht in ihrem Erfolg unsicher sind (vgl. Huber 2004, S. 119 ff.). Zu den wichtigsten Isolationsmechanismen zählen Pfad- und Zeitabhängigkeit der Ressourcenakkumulation (1), Nicht-Artikulierbarkeit (2), Komplexität der Ressourcenkombination (3), Spezifität (4) und kausale Ambiguität (5).30 Ad (1): Strategische Ressourcen können vor Substitution, Imitation und Akquisition durch die Konkurrenz durch sog. Pfadabhängigkeit geschützt sein. Pfadabhängigkeit bezeichnet die Tatsache, dass das gegenwärtige Vorhandensein und die spezifische Ausprägung einer Ressource durch Entwicklungen in der Vergangenheit bestimmt sind und insofern zum aktuellen Zeitpunkt nicht beliebig reproduzierbar sind (vgl. Knyphausen-Aufseß 1995, S. 85; Barney 1991, S. 107 f.). Eng verknüpft hiermit ist die Zeitabhängigkeit der Ressourcenakkumulation. Diesem Isolationsmechanismus liegt die Beobachtung zugrunde, dass sich der Wirkungsgrad einer Ressource im Zeitablauf steigern kann. Dies lässt sich durch ein verbessertes Zusammenspiel im Gesamtsystem des Unternehmens oder durch im Zeitablauf entwickelte, spezifische Ausgestaltung der Ressource begründen (vgl. Dierickx/Cool 1989, S. 1507; Grant 1991, S. 140). Ad (2): Ein weiterer Isolationsmechanismus bezieht sich auf bestimmte Arten von Ressourcen: wissensbasierte Ressourcen bzw. Fähigkeiten und Kompetenzen. Unternehmen können als Wissenssysteme verstanden werden, die durch organisationale Lernprozesse Wissen erwerben und dieses in ihrer Wissensbasis verankern (vgl. Tsoukas 1996, S. 13). Diese organisationale Wissensbasis lässt sich auf einem Kontinuum von personengebundenem bis hin zu unternehmensumspannendem Wissen abbilden (vgl. Rasche/Wolfrum 1994, S. 115). Ein Teil des unternehmensumspannenden Wissens ist expliziter Natur und liegt in Form von Regeln, Handbüchern oder Datenbanken vor. Es ist insofern relativ leicht kommunizierbar und auf diese Weise auch externen Gruppen zugänglich. Ein an30

Eine ausführliche Darstellung aller Isolationselemente des ressourcenbasierten Ansatzes findet sich bei HUBER (2004, S. 124 ff.).

2.3 Theoretische Erklärung des Einflusses

29

derer Teil der organisationalen Wissensbasis stellt das implizite Handlungswissen dar, das sich Mitarbeiter in langwierigen Prozessen angeeignet und durch praktische Anwendung erhalten und verbessert haben (vgl. Jordan/Jones 1997, S. 394 f.; Knyphausen-Aufseß 1993, S. 776). Dieses implizite Wissen oder ‚Tacit Knowledge‘ ist schwer artikulierbar und somit schlecht kommunizierbar (vgl. Willman 1996, S. 10). Die Nicht-Artikulierbarkeit wirkt als Isolationselement und schützt insofern die strategische Ressource. Ad (3): Die Basis für Wettbewerbsvorteile bildet selten eine einzelne Ressource, sondern häufig ein ganzes Ressourcenbündel (vgl. Rasche/Wolfrum 1994, S. 73). Dabei entscheidet die Art und Weise der Ressourcenkombination über den letztendlichen Erfolg. Eine solche unternehmensindividuelle Zusammenstellung und die dadurch bedingte Komplexität ist von Außenstehenden schwer zu erkennen und somit kaum imitier- oder subsituierbar (vgl. Barney 1991, S. 110; Dierickx/Cool 1989, S. 1508). Ad (4): Die Spezifität bezieht sich auf die Tatsache, dass Ressourcen speziell auf die Unternehmung, die über sie verfügt, zugeschnitten sind. Fehlen die spezifischen Rahmenbedingungen, fällt der strategische Wert der Ressource geringer aus (vgl. Rasche/Wolfrum 1994, S. 83). Ad (5): Der bestmögliche Schutz der Wettbewerbsvorteile ist dann gegeben, wenn für die Konkurrenz die Zusammenhänge zwischen den dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Ressourcen und dem erlangten Wettbewerbsvorteil nur schwer oder gar nicht erkennbar ist. In diesem Fall herrscht kausale Ambiguität zwischen den Ressourcen und dem erlangten Wettbewerbsvorteil (vgl. Barney et al. 2001, S. 108; Amit/Schoemaker 1993, S. 33 f.). Die Entstehung kausaler Ambiguität kann auf die bereits vorgestellten Isolationsbarrieren, wie Nicht-Artikulierbarkeit, implizites Wissen, Spezifität und Komplexität, zurückgeführt werden. Werden Ressourcen bzw. Ressourcenbündel durch ein Unternehmen auf überlegene Art und Weise beherrscht und sind diese Ressourcen durch die beschriebenen Isolationsmechanismen vor den Imitations-, Substitutions- oder Akquisitionsbestrebungen der Konkurrenz geschützt, stellen sie strategische Erfolgspotenziale dar. Ein Unternehmen erlangt dann Wettbewerbsvorteile, wenn es durch diese unternehmenseigenen Erfolgspotenziale strategische Erfolgsfaktoren beherrscht (vgl. Huber 2004, S. 116). Hierzu müssen Ressourcen einer konkreten Anwendung zugeführt werden. Denn grundsätzlich kann davon ausgegangen wer-

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2 Konzeptionelle Grundlagen

Ressourcen (Resource)

Abbildung 2-4:

Verhalten des Unternehmens (Conduct)

Erfolg (Performance)

Dreigliedrige Wirkungskette des ressourcenbasierten Ansatzes

den, dass Ressourcen nur dann erfolgswirksam sind, wenn sie im Rahmen des tatsächlichen Verhaltens von Unternehmen zum Einsatz kommen (vgl. Stock/ Krohmer 2005, S. 83). RAY ET AL. (2004, S. 26) halten hierzu fest: „[…] resources by themselves cannot be a source of competitive advantage. That is, resources can only be a source of competitive advantage if they are used to ‚do something‘; if thoses resources are exploited through business processes. […] For it is through business processes that a firm’s resources and capabilities get exposed to the market, where their value can be recognized.“ Ähnlich konstatiert PORTER (1991, S. 108): „Resources are not valuable in and of themselves, but they are valuable because they allow firms to perform activities.“ Grundsätzlich kann also von der folgenden dreigliedrigen Wirkungskette ausgegangen werden (vgl. Abbildung 2-4). 2.3.2 Erkenntnisse des ressourcenbasierten Ansatzes in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand Im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand ist nicht die Begründung des Gesamtunternehmenserfolges durch das Vorhandensein spezifischer Ressourcen oder Ressourcenbündel von Interesse. Vielmehr besteht das erklärte Ziel darin, jene unternehmensinternen Faktoren zu identifizieren, die den Erfolg des Markentransfers begründen. Die Anwendung der Grundgedanken des ressourcenbasierten Ansatzes auf die spezifische Situation des Markentransfers liefert eine potenzielle Erklärung für den Markentransfererfolg: Ein Unternehmen wird immer dann mit seinem Markentransfer erfolgreich sein, wenn es –

über Ressourcen verfügt, – die besser ausgebildet sind als jene der Konkurrenz, – geschützt sind vor Imitation, Substitution oder Akquisition durch die Konkurrenz,

2.3 Theoretische Erklärung des Einflusses

– –

31

relevant sind für eine überlegene Markentransferleistung und

diese in der konkreten Situation des Markentransfers einsetzt.

Dies impliziert, dass im Hinblick auf den Markentransfer strategische Erfolgsfaktoren existieren, die eine besondere Relevanz für den Markentransfererfolg besitzen. Ist ein Unternehmen in der Lage, durch individuelle Ressourcen oder Ressourcenbündel diese Erfolgsfaktoren auf überlegene Art und Weise zu beherrschen und bleiben diese Ressourcen zudem durch Isolationsmechanismen vor der Konkurrenz geschützt, so sollte dieses Unternehmen – gemäß der Logik des ressourcenbasierten Ansatzes – mit seinem Markentransfer erfolgreich sein, sofern die genannten Ressourcen in der konkreten Markentransfersituation zum Einsatz kommen. In Bezug auf den Markentransfer sollten insbesondere marketingspezifische Ressourcen relevant sein, weswegen im Folgenden die Rolle des Marketings im Rahmen des ressourcenbasierten Ansatzes näher betrachtet wird. Der ressourcenbasierte Ansatz scheint zunächst im Widerspruch zum zentralen Marketingparadigma – der Marktorientierung31 – zu stehen. Während der ressourcenbasierte Ansatz Wettbewerbsvorteile durch die interne Verfügbarkeit strategisch wertvoller Ressourcen erklärt, impliziert eine marktorientierte Unternehmensführung die Notwendigkeit der externen Orientierung an den Anforderungen von aktuellen und potenziellen Kunden (vgl. Hooley et al. 1998, S. 97). Dieser jedoch nur scheinbare Widerspruch wird von verschiedenen Autoren in der jüngeren Vergangenheit aufgelöst (vgl. z. B. Srivastava et al. 2001, S. 777 ff.; Hooley et al. 1998, S. 98). Zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen muss ein Unternehmen Leistungen anbieten, die die Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden in einer oder in mehreren Dimensionen besser befriedigt als der Wettbewerb (z. B. durch einen niedrigeren Preis, besseren Service oder überlegene Qualität). Hierzu ist sowohl die Marktorientierung zum Erkennen aktueller und zukünftiger Marktchancen notwendig als auch die bewusste Konzentration auf die Unternehmensressourcen, um zu erkennen, welche gegenüber dem Wettbewerb überlegenen Leistungen mit dem gegebenen Set an Fähigkeiten und Vermögensgegenständen erstellt werden können bzw. wie diese weiterzuentwickeln sind, um zukünftigen Marktanforderungen zu genügen. Die Marktorien31

Vgl. weiterführend zum Konzept der Marktorientierung HUNT KOHLI UND JAWORSKI (1990) und NARVER UND SLATER (1990).

UND

MORGAN (1995),

32

2 Konzeptionelle Grundlagen

tierung als solche ohne Berücksichtigung der Unternehmensspezifika würde keine überlegenen Leistungen generieren. Eine alleinige Konzentration auf die unternehmensinternen Ressourcen wiederum würde keine marktgerechten Produkte hervorbringen. Nur durch die Beachtung beider Perspektiven können Leistungen erstellt werden, die einerseits marktgerecht, andererseits aufgrund der spezifischen Unternehmensfähigkeiten einzigartig und am Markt überlegen sind (vgl. Hooley et al. 1998, S. 98).32 Ein weiterer Bezugspunkt lässt sich erkennen. Die Marktorientierung selbst umfasst eine Reihe von spezifischen Ressourcen zur Generierung von Kundenund Wettbewerbsinformationen sowie zur Umsetzung dieser Informationen in überlegene Leistungen. Solche Marketingressourcen erweisen sich für das Erreichen von Wettbewerbsvorteilen von entscheidender Bedeutung (vgl. Vorhies et al. 1999, S. 1172 f.). Marketing ist dementsprechend als Unternehmensfunktion Quelle für strategisch wertvolle Ressourcen insbesondere im Sinne von spezifischen Fähigkeiten, die zu einem Wettbewerbsvorteil im Allgemeinen und für den Markentransfer im Speziellen führen können. Aus diesem Grund werden im folgenden Kapitel 2.3.3 die verschiedenen Arten marketingspezifischer Ressourcen näher betrachtet. 2.3.3 Klassifizierung marketingspezifischer Ressourcen Wie in den vorigen beiden Kapitel dargelegt, lässt sich auf Basis des ressourcenbasierten Ansatzes ein theoretischer Einfluss marketingspezifischer Ressourcen auf den Markentransfererfolg herleiten. Um im Verlauf der vorliegenden Untersuchung diesen Einfluss näher analysieren zu können, muss zunächst ein Verständnis dafür geschaffen werden, was unter den Begriff der Marketingressourcen allgemein subsumiert werden kann. In der Literatur existieren verschiedene Ansätze zur Klassifizierung von Marketingressourcen (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 82; Vorhies et al. 1999, S. 1176; Hooley et al. 1999, S. 261 ff.; Hooley et al. 1998, S. 101 f.; Day 1994, S. 40 ff.). Inwiefern eine dieser Klassifizierungen im vorliegenden Kontext zur Anwendung kommen kann, soll im Folgenden

32

Eine solch integrierte Sichtweise und ein darauf aufbauendes Theoriegefüge, welches den markt- und ressourcenbasierten Ansatz vereint, wird seit Längerem in der Literatur gefordert (vgl. z. B. Barney 2001, S. 49).

2.3 Theoretische Erklärung des Einflusses

33

untersucht werden. Im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand sind hierbei insbesondere zwei Kriterien von Bedeutung: 1) Breite Erfassung aller möglichen Einflussfaktoren 2) Praktikabilität zur Strukturierung der weiteren Untersuchung Ad 1): Aufgrund der Neuartigkeit der in dieser Untersuchung zu betrachtenden Fragestellung kann nicht auf bisherige empirische Erkenntnisse zur Wichtigkeit einzelner Einflussfaktoren zurückgegriffen werden. Aus diesem Grund muss der Bereich potenzieller Einflussfaktoren maximal breit gewählt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass nicht vorab wichtige Einflussfaktoren des Markentransfererfolgs unberücksichtigt und damit unentdeckt bleiben. Der Anspruch muss daher sein, die volle Bandbreite marketingspezifischer Ressourcen zu erfassen. D. h. neben marketingspezifischen Vermögensgegenständen, wie z. B. die Marke selbst, und marketingspezifischen Fähigkeiten müssen auch marketingspezifische kulturelle Einflüsse Berücksichtigung finden. Ad 2): Die weitere Untersuchung soll entlang der verschiedenen Arten von Einflussfaktoren strukturiert werden. Aus diesem Grund muss gewährleistet sein, dass die Klassifizierung leicht nachvollziehbar, überschneidungsfrei und erschöpfend ist und einzelne Faktoren leicht zuordenbar sind. In Tabelle 2-1 werden die bestehenden Klassifizierungen anhand dieser beiden Kriterien beurteilt. Die Tabelle verdeutlicht, dass keiner der existierenden Klassifizierungsansätze den oben definierten Kriterien Praktikabilität und Breite der erfassten Faktoren vollkommen entspricht. Aus diesem Grund wird für die vorliegende Untersuchung eine neue allgemeine Klassifizierung von Marketingressourcen erarbeitet, die die verschiedenen Elemente der vorliegenden Ansätze miteinander kombiniert und ergänzt. Nicht berücksichtigt wird hierbei der Klassifizierungsansatz von DAY (1994). Dieser unterscheidet sich grundsätzlich von den übrigen Ansätzen, da hier der explizite Fokus auf Unternehmensprozesse gelegt ist, während sich die übrigen Autoren primär an Unternehmensfunktionen orientieren.33

33

DAY (1994, S. 40 ff.) unterscheidet sog. ‚Outside-In’- (z. B. Marktforschung), ‚InsideOut’- (z. B. Finanzen) und ‚Spanning’-Prozesse (z. B. Neuproduktentwicklung), anhand derer sich entsprechende Fähigkeiten manifestieren.

34

Tabelle 2-1:

2 Konzeptionelle Grundlagen

Ansätze zur Klassifizierung von Marketingressourcen

Autor

Klassen marketingspezifischer Ressourcen

Day (1994)

– Inside-out capabilities – Outside-in capabilities – Spanning capabilities

ad 1): Ausschließliche Fokussierung auf Fähigkeiten ad 2): eingeschränkte Praktikabilität, da reiner Prozessbezug.

Hooley et al. (1998)

– Strategic marketing capabilities (market sensing, market targeting and positioning) – Functional marketing capabilities (customer relationship management, product management, new product development) – Operational task marketing capabilities (implementation)

ad 1): Ausschließliche Fokussierung auf Fähigkeiten ad 2): Eingeschränkte Praktikabilität, da wichtige Marketingfunktionen (wie z. B. Kommunikation) nicht eindeutig zugeordnet.

Hooley et al. (1999)

– Marketing culture – Marketing strategy – Marketing operations

ad 1): Integration d. kulturellen Perspektive; allerdings keine Berücksichtigung v. Vermögensgegenständen ad 2): Hohe Praktikabilität

Vorhies et al. (1999)

– – – –

Market research Pricing Product development Management of the firm‘s channels of distribution – Promotion – Marketing management

ad 1): Ausschließliche Fokussierung auf Fähigkeiten ad 2): Eingeschränkte Praktikabilität aufgrund mangelnder Unterscheidung von Bedeutungsebenen, wie zum Beispiel Strategie vs. Umsetzung

Vorhies und Morgan (2005)

– – – – – –

ad 1): Ausschließliche Fokussierung auf Fähigkeiten ad 2): Eingeschränkte Praktikabilität aufgrund mangelnder Unterscheidung von Bedeutungsebenen, wie zum Beispiel Strategie vs. Umsetzung

Product development Pricing Channel management Marketing communications Selling Market information management – Marketing planning – Marketing implementation

Beurteilung

2.3 Theoretische Erklärung des Einflusses

35

In Anlehnung an die Arbeit von HOOLEY ET AL. (1999, S. 261 f.) in Verbindung mit VORHIES UND MORGAN (2005, S. 82) werden in den folgenden Ausführungen Marketingressourcen auf vier Ebenen unterschieden werden: auf Ebene 1) der Unternehmenskultur (‚culture‘), 2) der Strategie (‚strategy‘), 3) der operativen Umsetzung (‚tactics‘) und 4) der marketingrelevanten intangiblen Vermögensgegenstände (‚assets‘). Ad 1): Marketing auf Ebene der Unternehmenskultur bezieht sich im Allgemeinen auf das Ausmaß der Marktorientierung des gesamten Unternehmens, welche in den grundlegenden Annahmen und Überzeugungen der Organisation in Bezug auf die Wichtigkeit und die zentrale Rolle des Kunden zum Ausdruck kommt (vgl. Webster 1992, S. 10). Verfechter der kulturellen Perspektive der Marktorientierung34 vertreten die Auffassung, dass Marktorientierung ein Teil der Unternehmenskultur ist und alle marktorientierten Werte, Normen und Artefakte umfasst, welche sich in marktorientierten Verhaltensweisen manifestieren (vgl. Krohmer 1999, S. 32 f.; Pflesser 1999, S. 67). Die marktorientierte Unternehmenskultur stellt eine intangible Ressource dar, die im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes in hohem Maße strategisch wertvoll sein kann, da sie empirisch nachgewiesene positive Erfolgswirkungen hat, aufgrund der historischen Entstehung (Pfad- und Zeitabhängigkeit der Ressourcenakkumulation) selten und aufgrund ihrer impliziten Natur sowie der Komplexität des Zusammenspiels vieler einzelner Faktoren sowie der unternehmensindividuellen Spezifität kaum imitier- oder substituierbar ist. Das Zusammenwirken der verschiedenen Isolationselemente führt zu kausaler Ambiguität. Die Unternehmenskultur besitzt somit als Ressource den bestmöglichen Schutz gegenüber Imitationsversuchen der Kon34

Von der kulturellen Perspektive der Marktorientierung (vgl. z. B. Narver/Slater 1990) lässt sich die verhaltenswissenschaftliche Sichtweise (vgl. z. B. Kohli/Jaworski 1990) abgrenzen. Die Marktorientierung wird hierbei über das Verhalten des Unternehmens konzeptualisiert und umfasst das Generieren von Marktinformationen, die interne Weitergabe dieser Informationen und die entsprechende Reaktion des Unternehmens (vgl. Krohmer 1999, S. 33). Die verhaltenswissenschaftliche Perspektive bezieht sich dementsprechend auf konkrete Prozesse und Verhaltensweisen und wird in Anlehnung an HOOLEY ET AL. (1999, S. 261 f.) im Rahmen der dritten Ebene der vorliegenden Klassifizierung, der operativen Umsetzung, implizit behandelt.

36

2 Konzeptionelle Grundlagen

kurrenz (vgl. Hooley et al. 1999, S. 263; Hunt/Morgan 1995, S. 11; vgl. hierzu weiterführend Krohmer 1999, S. 53 f.). Ad 2): In Anlehnung an HOOLEY et al. (1998, S. 103) und HOOLEY et al. (1999, S. 262) beziehen sich die wichtigsten strategische Marketingfähigkeiten auf Marktforschung, Segmentierung, die Auswahl attraktiver und relevanter Zielgruppen sowie die entsprechende Positionierung der Unternehmensleistungen gegenüber konkurrierenden Angeboten. Die Positionierungsentscheidung, als Ergebnis aus Marktforschung, Segmentierung und Zielgruppendefinition, ist in hohem Maße relevant für den Erfolg eines Produktes. Dementsprechend sind die für die Formulierung von Marketingstrategien erforderlichen komplexen Fähigkeiten im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes zur Herausbildung von dauerhaften Wettbewerbsvorteilen geeignet (vgl. Hooley et al. 1999, S. 263 f.; Hooley et al. 1998, S. 103). Von besonderer Bedeutung hierbei ist die Fähigkeit eines Unternehmens, solche Marketingstrategien zu entwickeln, wodurch die dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Ressourcen mit den Bedürfnissen des Marktes in Übereinstimmung gebracht werden (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 82). Strategische Marketingfähigkeiten können dann dauerhaft Wettbewerbsvorteile im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes begründen, wenn sie ‚distinctive‘ sind (vgl. Day 1994, S. 39). ‚Distinctiveness‘ erfordert neben der Tatsache, dass ein erkennbarer Mehrwert für den Kunden gestiftet wird, auch den Schutz vor Imitation, Substitution und Akquisition durch die Konkurrenz, also das Vorhandensein von Isolationsmechnismen (vgl. Barney 1991, S. 107 f.). Strategische Marketingfähigkeiten bestehen meist aus einem komplexen Zusammenspiel verschiedenster Fertigkeiten (soziale Komplexität). Sie basieren auf kollektivem, häufig implizitem Wissen (Nicht-Artikulierbarkeit), das über Jahre hinweg ausgebildet wurde (Pfadabhängigkeit) und über viele Individuen verteilt vorliegt (vgl. Day 1994, S. 39). Es wirken viele der in Kapitel 2.3.1 vorgestellten Isolationsmechanismen, die vor Imitation, Substitution und Akquisition durch die Konkurrenz schützen. Strategische Marketingfähigkeiten können dementsprechend als ‚distinctive capabilities‘ strategisch wertvolle Ressourcen im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes sein. Ad 3): Auf Ebene der operativen Umsetzung der Marketingstrategie sind all jene Fähigkeiten relevant, die dazu führen, dass mit der geplanten Positionierung die gewünschten Zielgruppen erreicht und somit der angestrebte Umsatz getätigt

2.3 Theoretische Erklärung des Einflusses

37

wird (vgl. Hooley et al. 1999, S. 265). Allgemein lassen sich hier Fähigkeiten in Bezug auf die Marketingmix-Instrumente (vgl. z. B. Homburg/Krohmer 2003, S. 453) unterscheiden: Produktmanagement (insbesondere Neuproduktentwicklung), Preisgestaltung, Distribution und Vertrieb (inklusive Customer Relationship Management) sowie Kommunikation. Unter der Vielzahl an operativen Marketingfähigkeiten gibt es solche, die den Anforderungen entsprechend, manche eher schlecht und andere überdurchschnittlich gut ausgeführt werden. Jene letzte Gruppe von Fähigkeiten verfügt über das Potenzial, entscheidend an der Entstehung von Wettbewerbsvorteilen beteiligt zu sein, wenn die Fähigkeit zudem erkennbaren Mehrwert für den Kunden schafft, auch in zukünftigen Märkten und Zusammenhängen Nutzen verspricht und sich von den Fähigkeiten anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. Hamel/Prahalad 1996, S. 224 ff.; Day 1994, S. 39). Auch operative Marketingfähigkeiten sind durch Isolationsmechanismen geschützt, wenn auch nicht so umfassend wie die oben beschriebenen strategischen Marketingfähigkeiten. Aufgrund ihrer expliziteren Natur und der unter Umständen stärkeren Abhängigkeit von Einzelpersonen begründet sich der Schutz eher durch die unternehmensspezifische Ausgestaltung und in der Komplexität des Zusammenspiels der verschiedenen Fähigkeiten (vgl. Day 1994, S. 265). Ad (4): Während sich die ersten drei Ebenen der vorgestellten Klassifikation auf das komplexe Zusammenspiel verschiedener Ressourcen im Rahmen von Prozessen oder Aktivitäten beziehen, lassen sich auf der untersten Ebene all jene Vermögensgegenstände zusammenfassen, die eine besondere Marketingrelevanz aufweisen. Grundsätzlich lassen sich tangible und intangible Vermögensgegenstände unterscheiden. Während tangible Vermögensgegenstände seh-, hör-, riech- oder tastbar, also im weitestgehenden Sinne physisch existent sind, entwickeln intangible ihren eigentlichen Wert nur durch die Interpretation und Wertschätzung in den Köpfen der Menschen (vgl. Hooley et al. 1998, S. 99 f.). Die wichtigsten marketingrelevanten Vermögensgegenstände haben einen intangiblen Charakter und basieren primär auf der Beziehung zum Kunden oder den Distributionspartnern. Markenname(n)35 und Reputation des Unternehmens sind

35

Intangible Vermögensgegenstände und insbesondere die Marke können einen erheblichen Anteil des gesamten Unternehmenswertes ausmachen. So lässt sich die weltweit wertvollste Marke Coca-Cola mit einem Wert von ca. 70 Mrd. US-Dollar beziffern,

38

2 Konzeptionelle Grundlagen

hier zuvorderst zu nennen, aber auch das Herkunftsland, das im Sinne eines ‚Country-of-Origin‘-Effekts36 marktwirksam sein kann. Vermögensgegenstände, gleich ob tangibler oder intangibler Natur, sind in ihrer Rolle als strategische Ressource einfacher identifizierbar und scheinen somit auch leichter kopierbar. Einzelne Isolationsmechanismen können allerdings auch hier eine starke Wirkung entfalten. Sowohl die Unternehmensreputation als auch die Marke sind als erfolgsrelevante Ressourcen schnell identifiziert, allerdings aufgrund von Pfadabhängigkeit kaum zu kopieren (vgl. Huber 2004, S. 128). In Abbildung 2-5 sind die oben dargestellten Klassen von Marketingressourcen und die primär wirksam werdenden Isolationselemente zusammenfassend aufgeführt. Marketingspezifische Ressourcen Unternehmenskultur

Wirkung der Isolationselemente* Pfadabhängigkeit Nicht-Artikulierbarkeit Spezifität Komplexität Kausale Ambiguität

viele

Pfadabhängigkeit Nicht-Artikulierbarkeit Spezifität Komplexität

Strategische Fähigkeiten

Spezifität Komplexität

Operative Fähigkeiten Marketingrelevante Vermögensgegenstände

Pfadabhängigkeit wenige * Exemplarische Zuordnung; einzelne Elemente können auch auf anderen Ebenen wirken

Abbildung 2-5:

36

Klassifizierung marketingspezifischer Ressourcen im Rahmen des ressourcenbasierten Ansatzes

gefolgt von Microsoft mit ca. 65 Mrd. US $ und IBM mit ca. 50 Mrd. US $ (Stand 2003, vgl. Baumgarth 2004, S. 284). Vgl. weiterführend zum ‚Country-of-Origin’-Effekt BAUMGARTH (2004, S. 187 ff.).

3 Stand der empirischen Forschung Der Markentransfer ist ein in der Marketingforschung vielfach analysierter Themenkomplex, woraus sich die Notwendigkeit ergibt, die bisherigen Erkenntnisse auf deren Relevanz für den Untersuchungsgegenstand zu untersuchen. Hauptfokus bisheriger wissenschaftlicher Untersuchungen bildet die Fragestellung nach den wichtigsten Erfolgsfaktoren des Markentransfers im Sinne des Markterfolges der Transferprodukte. Üblicherweise wird bei entsprechenden empirischen Untersuchungen der Einfluss eines oder mehrerer Faktoren auf den Erfolg des Transferproduktes analysiert, wobei verschiedenste Einflussfaktoren mit unterschiedlichen Erfolgsindikatoren kombiniert werden (vgl. z. B. Völckner 2003; Mahnik/Mayerhofer 2006; Sattler et al. 2003; Zatloukal 2002). Ein zweiter wichtiger Bereich bisheriger wissenschaftlicher Aktivität bezieht sich auf mögliche negative Rückwirkungen, die ein Markentransfer auf die Stammmarke haben könnte. Es wurde hier primär die Frage untersucht, inwiefern das Markenimage durch Markentransfers verwässert werden könnte (vgl. z. B. Loken/Roeder-John 1993) oder inwiefern ein Misserfolg des Transferproduktes negative Effekte auf die Stammmarke herbeiführen könnte (vgl. z. B. Keller/Aaker 1992). Aufgrund der Vielzahl der Studien sollen die jeweiligen Ergebnisse nicht im Einzelnen vorgestellt werden, sondern vielmehr die bisher gewonnenen Erkenntnisse in ein konzeptionelles Rahmenmodell integriert werden, welches hilft, den Untersuchungsgegenstand besser zu durchdringen. Es werden nur jene Studien vorgestellt, die in Bezug auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand relevant sind. Demzufolge handelt es sich bei diesem Überblick zum Stand der aktuellen empirischen Forschung nicht um eine erschöpfende Auflistung aller zum Themenkomplex Markentransfer durchgeführten Studien, sondern um die gezielte Analyse vorhandener empirischer Erkenntnisse hinsichtlich ihrer Relevanz für die in Kapitel 1.2 formulierten Forschungsfragen. In Kapitel 3.1 werden zunächst die bisherigen empirischen Ergebnisse zu den möglichen Dimensionen von Markentransfereffekten vorgestellt und somit eine Grundlage für die weitere empirische Behandlung der zweiten Forschungsfrage gelegt. Hierbei werden sowohl die Ergebnisse zu direkten Erfolgswirkungen als auch Ergebnisse zu den indirekten Rückwirkungen auf die Stammmarke thematisiert. In Kapitel 3.2 werden

40

3 Stand der empirischen Forschung

schließlich – Bezug nehmend auf die erste Forschungsfrage – die wichtigsten Erkenntnisse zu möglichen unternehmensinternen Faktoren als Erfolgsfaktoren des Markentransfers dargestellt.

3.1 Erkenntnisse zu Erfolgswirkungen des Markentransfers 3.1.1 Direkte Effekte des Markentransfers Das primäre Ziel der Markentransferstrategie besteht in der schnellen, erfolgreichen Etablierung eines neuen Produktes am Markt mithilfe von Bekanntheit und Image einer bereits etablierten Marke. Bezweckt wird eine im Vergleich zur Neumarkenstrategie37 risikoärmere und kostengünstigere Platzierung des Produktes am Markt (vgl. Keller/Aaker 1992, S. 35). Der im Vergleich zur Neumarkenstrategie potenziell wahrscheinlichere und größere Markterfolg des Transferproduktes und mit ihm die Sicherstellung zukünftiger Mittelzuflüsse im Sinne von inkrementellem Gewinn wird im Folgenden ‚direkter Effekt‘ des Markentransfers genannt. Der direkte Effekt des Markentransfers basiert auf der Kapitalisierung des Markenwertes.38 So sollen die der Marke immanenten Werte wie Bekanntheit von Markennamen und -symbol, angenommene Qualität oder spezifische Markenassoziationen dem Transferprodukt zu einem erleichterten Markteintritt verhelfen; hierzu muss es dem Konsumenten ermöglicht werden, sein Wissen zum und sein Urteil über die Stammmarke auf das Transferprodukt zu übertragen. Gemäß der in Kapitel 2.2.2 erläuterten Schematheorie kann eine entsprechende Übertragung von Stammmarkenbekanntheit, -wissen und -einstellung immer dann erfolgen, wenn das neue Produkt aufgrund der entsprechenden Markierung und hinreichend großer Ähnlichkeit dem spezifischen Marken-

37

38

Die Neumarkenstrategie ist durch die Einführung eines neuen Produktes unter einer neuen Marke gekennzeichnet (vgl. weiterführend Baumgarth 2004, S. 151 ff.). Synonym werden auch die Begriffe Markeninnovationsstrategie (vgl. Hätty 1989, S. 23) oder Einzelmarkenstrategie (vgl. Meffert 1994, S. 182 f.) verwendet. Der Markenwert wird an dieser Stelle nicht ökonomisch verstanden, sondern gemäß einer verhaltenswissenschaftlichen Sicht verwendet. Nach AAKER (1992, S. 32 f.) wird der so definierte Markenwert durch die Determinanten Markentreue, Bekanntheit, angenommene Qualität, Markenassoziationen und andere Markenvorzüge (z. B. Patente) beschrieben (vgl. weiterführend Esch et al. 2005b, S. 43 f.).

3.1 Erkenntnisse zu Erfolgswirkungen des Markentransfers

41

schema zugeordnet werden kann (vgl. Günther 2002, S. 19 f.). Wenn ein solcher Imagetransfer39 erfolgt, hat dies die erleichterte Akzeptanz des Transferproduktes durch den Konsumenten zur Folge, da –

Wahrnehmung und Präsenz des Transferproduktes unterstützt werden,



sich der Lernaufwand verringert und mithilfe der Marke als Schlüsselinformation auf die Eigenschaften der Markenerweiterung geschlossen werden kann,



das subjektiv wahrgenommene Kaufrisiko gesenkt wird und



Suchkosten reduziert werden (vgl. Caspar/Burmann 2005, S. 250; Esch et al. 2005a, S. 914 f.).

Der beschriebene Zusammenhang beeinflusst die ökonomische Wirkungsweise des Markentransfers sowohl auf der Erlös- als auch auf der Kostenseite. Zum einen erhöht sich die Kaufwahrscheinlichkeit des Transferproduktes (vgl. Kim/ Sullivan 1998, S. 182 und S. 191) und der erzielbare Preis (vgl. DelVecchio/ Smith 2005, S. 184 und S. 192), was zu markenbedingten Zahlungsüberschüssen führt (vgl. Jenner 2006, S. 227). Zum anderen verringern sich die erforderlichen Marketingkosten durch realisierbare Synergieeffekte (vgl. Smith/Park 1992, S. 308). Die Neumarkenstrategie erfordert dagegen häufig einen deutlich längeren Zeitraum und erhebliche finanzielle Investitionen (vgl. Völckner 2003, S. 5; Swaminathan et al. 2001, S. 1; Keller/Aaker 1992, S. 35). Ökonomisches Ergebnis und somit finanziell messbarer direkter Effekt des Markentransfers sind ein im Vergleich zur Neumarkenstrategie schnelleres Erreichen von höheren Marktanteilen (Mengeneffekt), ein erzielbares Preispremium (Preiseffekt) sowie die Reduktion der Marketingkosten (Kosteneffekt) im Sinne eines erleichterten Zugangs zu Distributionskanälen aufgrund verbesserter Handelsakzeptanz oder

39

Der Begriff des Imagetransfers wird in der Markentransferliteratur häufig verwendet und bezeichnet den kognitiven Prozess in der Psyche des Konsumenten, bei dem positive Markenassoziationen transferiert werden (vgl. z. B. Caspar/Burmann 2005, S. 248). An dieser Stelle ist ein weit gefasster Begriff des Imagetransfers gemeint, der sich auf die Übertragung von Stammmarkenbekanntheit, -wissen und -einstellung bezieht.

42

3 Stand der empirischen Forschung

Imagetransfer von der Stammmarke auf das Transferprodukt, das heißt Übertragung von

Erleichterte Akzeptanz des Transferproduktes durch den Konsumenten

• Markenbekanntheit • Markenwissen

• Schnellere

• Markeneinstellung

Ökonomische Effekte

• Verbesserung der Erstkaufrate (Mengeneffekt)

Wahrnehmung

• Realisierung eines

• Verringerung des

Preispremiums (Preiseffekt)

Lernaufwandes

• Reduktion des

• Ermöglichung der

Kaufrisikos

• Reduktion der

Marketingkostenreduktion (Kosteneffekt)

Suchkosten

Abbildung 3-1:

Erklärung direkter Effekte des Markentransfers

einem effizienteren Einsatz von Werbebudgets (vgl. Smith/Park 1992, S. 297; Aaker/Keller 1990, S. 27).40 Abbildung 3-1 fasst die beschriebene Wirkungsweise direkter Effekte des Markentransfers zusammen. Die ökonomische Vorteilhaftigkeit des Markentransfers wird in einigen wenigen empirischen Untersuchungen, die den ökonomischen Erfolg direkt abbilden, bestätigt. SMITH UND PARK (1992, S. 308) stellen in einer kombinierten Unternehmens- und Konsumentenbefragung einen im Vergleich zur Neumarkenstrategie erhöhten initialen Marktanteil sowie geringere Marketinginvestitionen basierend auf einer verbesserten Werbeeffizienz fest. Dieser Effekt verschwindet allerdings mit der Dauer der Marktpräsenz, sodass von einer Vorteilhaftigkeit des Markentransfers primär im Rahmen des Markteintritts ausgegangen werden kann. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch SWAMINATHAN ET AL. (2001, S. 9) auf Basis einer Untersuchung von Scannerpanel-Daten. Sie finden eine er-

40

Eine strukurierte Vorgehensweise zur Bestimmung des direkten Effektes für einzelne Markentransferideen stellt Sattler (1997, 298 ff.) vor. Im Wege der Ermittlung von Perioden-Einzahlungsüberschüsse einer Marke auf Transfermärkten listet er mögliche Quellen markenspezifischer Ein- und Auszahlungen auf.

3.1 Erkenntnisse zu Erfolgswirkungen des Markentransfers

43

höhte Wahrscheinlichkeit zum Erstkauf bedingt durch den Markentransfer, jedoch keinen Effekt auf die Wiederkaufwahrscheinlichkeit. Im weitaus größeren Teil der empirischen Untersuchungen zum Markentransfer wird nicht die tatsächliche ökonomische Vorteilhaftigkeit der Markentransferstrategie analysiert, sondern vielmehr vor- oder nicht-ökonomische Erfolgsgrößen betrachtet (vgl. Jenner 2006, S. 225). Es werden hierbei häufig sog. Erfolgsindikatoren wie zum Beispiel Kaufwahrscheinlichkeit (vgl. z. B. Kalamas et al. 2006, S. 195; Reast 2005, S. 7; Aaker/Keller 1990, S. 34), Vertrauen in die Kompetenz des Herstellers für das neue Produkt (vgl. z. B. Reast 2005, S. 7) oder die Qualitätseinschätzung des Transferproduktes (vgl. z. B. Martinez/Pina 2005, S. 271; Aaker/Keller 1990, S. 34) in Konsumentenbefragungen erhoben, um mit deren Varianz den Einfluss von verschiedenen Erfolgsfaktoren zu untersuchen. Die Sinnhaftigkeit dieser Art der Operationalisierung von direkten Effekten des Markentransfers ist jedoch fraglich. Direkte Effekte sind von den Unternehmen intendierte Erfolgswirkungen des Markentransfers. Dem Erfolgsverständnis der Praxis wird durch die oben beschriebene Art der Operationalisierung nicht entsprochen, da es ausgehend von einer Konzeptualisierung des Erfolgs als Grad der Zielerreichung zumindest fraglich erscheint, ob die Wahrnehmung einer hohen Produktqualität das prioritäre Ziel von Markentransfers darstellt (vgl. Jenner 2006, S. 225 f.; weiterführend Thomas/Tymon 1982, S. 247 f.). Unabhängig von der Frage nach der korrekten Repräsentanz der tatsächlich intendierten Erfolgswirkungen können bei der Verwendung von Erfolgsindikatoren, wie der Qualitätseinschätzung des Transferproduktes, keine Aussagen über den inkrementellen Effekt des Markentransfers gegenüber der Neumarkenstrategie abgeleitet werden. Tabelle 3-1 fasst daher nur jene Studien zusammen, die die direkten Effekte des Markentransfers konform mit der in Abbildung 3-1 dargestellten Logik messen.

44

3 Stand der empirischen Forschung

Tabelle 3-1:

Empirische Studien zu direkten Effekten des Markentransfers

Studie

Best.

Hauptaussage

Smith und Park (1992)

Ja

Markentransfers erreichen einen höheren initialen Marktanteil als Neumarken.

Sullivan (1992)

Ja

Markentransfers erreichen einen höheren Marktanteil als Neumarken.

Kim und Sullivan (1998)

Ja

Markentransfers (Line Extensions) erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Erstkäufen.

Swaminathan et al. (2001)

Ja

Markentransfers erhöhen die Wahrscheinlichkeit des Erstkaufs, haben aber keinen Einfluss auf den Wiederkauf.

Ja

Markentransfers ermöglichen ein Preispremium insbesondere dann, wenn das mit dem Produkt assoziierte finanzielle, leistungsbezogene und soziale Risiko hoch ist.

Ja

Markentransfers erhöhen die Werbeeffizienz im Vergleich zur Neumarkenstrategie.

Mengeneffekt

Preiseffekt DelVecchio und Smith (2005)

Kosteneffekt Smith und Park (1992)

3.1.2 Rückwirkungseffekte des Markentransfers Markentransferaktivitäten können Effekte auf die Stammmarke und somit auf die weiteren unter der Marke angebotenen Produkte haben. Solche Rückwirkungseffekte werden allgemein definiert als die Veränderung von Assoziationen, Einstellungen und Verhaltensweisen des Konsumenten bedingt durch einen Markentransfer, die sowohl positiv als auch negativ ausfallen können (vgl. Park et al. 1993, S. 28). Vor dem Hintergrund der Bedeutung von etablierten Marken als wesentliche Komponente des Unternehmenswertes41 sind in der jüngeren Vergangenheit mehrere Untersuchungen zu Rückwirkungseffekten durchgeführt worden (vgl. insbesondere Kaufmann 2006; Sattler/Kaufmann 2006, S. 70 ff.; Sattler et al. 2005, S. 52 ff.). Es wurde hierbei analysiert, inwiefern sich ent-

41

Eine Studie von SATTLER UND PRICEWATERHOUSECOOPERS (2005, S. 8) sieht 67 Prozent des Gesamtwertes von Unternehmen als markenwertabhängig an.

3.1 Erkenntnisse zu Erfolgswirkungen des Markentransfers

45

weder Kauf und Benutzung eines Transferproduktes (vgl. z. B. Chen/Liu 2004; Swaminathan et al. 2001), die mit dem Markentransfer einhergehenden Marketingaktivitäten (vgl. z. B. Balachander/Ghose 2003) oder andere Informationen zum Transferprodukt – insbesondere Beschreibungen hypothetischer Transfers (vgl. z. B. Diamantopoulos et al. 2005; Martinez/Pina 2003) – auf die Stammmarke auswirken. Die bisherigen Befunde zur Wirkungsweise von Rückwirkungseffekten sind teilweise widersprüchlich und eine ganzheitliche Untersuchung mit dem Anspruch auf vollständige Abdeckung aller möglichen Effekte ist bisher noch nicht geleistet worden. Aus diesem Grund werden an dieser Stelle zunächst kurz die den Rückwirkungseffekten zugrunde liegenden theoretischen Überlegungen skizziert, um dann eine Übersicht über die wichtigsten Einzeleffekte vorzustellen, für die in der Literatur Evidenz zu finden ist. Wie in Kapitel 2.2.2 ausführlich dargestellt, organisieren Konsumenten gemäß der Schematheorie ihr markenbezogenes Wissen in sog. Markenschemata, welche sämtliche Assoziationen zur Marke umfassen. In solchen assoziativen Netzwerken variiert die Stärke und Intensität der gespeicherten Assoziationen (vgl. Esch/Möll 2005, S. 64 ff.). Durch Erfahrungen mit neuen Produkten der Marke können bestehende Assoziationen in ihrer Art und Stärke verändert oder weitere Assoziationen hinzugefügt werden. Dies wiederum kann wiederum zu einer Veränderung der Einstellung des Konsumenten gegenüber der Marke führen (vgl. Zimmer/Bhat 2004, S. 38; Sheinin 2000, S. 48). Untersuchungen zu Rückwirkungseffekten beschäftigen sich mit der Art (positiv vs. negativ), den Auslösern und den Wirkungsebenen von Rückwirkungseffekten. Ein negativer Rückwirkungseffekt basiert auf der Überlegung, dass die Assoziationen des Konsumenten mit der Stammmarke durch den Markentransfer in nicht beabsichtigter Weise verändert werden und so die Einstellung des Konsumenten zur Marke negativ beeinflusst wird. Dieser Fall könnte eintretengeschehen, wenn das Transferprodukt ein Misserfolg ist, das heißt keinen Markterfolg hat (vgl. Keller/Aaker 1992, S. 41), die vom Konsumenten wahrgenommene Qualität nicht den Erwartungen entspricht (vgl. Zimmer/Bhat 2004, S. 38) oder sonstige negative Informationen in Bezug auf das Produkt vorliegen. Allerdings könnte auch ein für sich genommen gelungenes Transferprodukt negative Wirkungen in Bezug auf die Marke entfalten. So könnte man annehmen, dass inkon-

46

3 Stand der empirischen Forschung

gruente Assoziationen des Transferproduktes das Markenimage42 zerstören (vgl. Thorbjornsen 2005, S. 254) oder sogar, dass ein Markentransfer per se das Markenimage negativ verändert bzw. verwässert (vgl. Martinez/Pina 2003, S. 437; Kaufmann 2006, S. 120). Die bisher durchgeführten empirischen Studien zu negativen Rückwirkungseffekten zeichnen kein einheitliches Bild zu den angeführten Hypothesen. Es wurden sowohl Effekte auf die Stammmarke an sich als auch auf die unter der Marke angebotenen Produkte – insbesondere auf Stammprodukte43 – einer Analyse unterzogen. Im Bereich der Stammmarke wurden einige Hinweise auf negative Veränderung durch den Markentransfer gefunden. Einige Studien weisen Effekte auf der Ebene der Markenattribute bzw. des Markenimages nach (vgl. z. B. Roeder-John et al. 1998, S. 24; Loken/Roeder-John 1993, S. 79). Demnach können sich Vorstellungen des Konsumenten über einzelne Attribute oder hinsichtlich des gesamten Images der Marke durch die Einführung eines Transferproduktes negativ verändern. Entscheidend für die Anfälligkeit ist die Stärke der Assoziationen, die der Konsument zu einer Marke ausgebildet hat. So konnte gezeigt werden, dass für den Konsumenten bekannte und vertraute Marken weniger anfällig für Veränderungen sind (vgl. Sheinin 2000, S. 52 f.). Untersuchungen zu Rückwirkungen auf Attributs- bzw. Imageebene beziehen sich primär auf produktbezogene Attribute. Ein Einfluss auf nicht-produktbezogene Attribute, wie die Markenpersönlichkeit, konnte bisher nicht bestätigt werden (vgl. Diamantopoulos et al. 2005, S. 140). Ebenso ist keine eindeutige Evidenz für die Existenz negativer Rückwirkungseffekte auf die übergeordnete Einstellung zur Marke gefunden worden. KELLER UND AAKER (1992, S. 46) zeigen, dass sich die Beurteilung der Stammmarke durch den Konsumenten mit dem Eintritt in entfernte Produktkategorien kaum verändert. Auch ZIMMER UND BHAT (2004, S. 43) bestätigen, dass sowohl inkongruente Transferprodukte als auch Transferprodukte von minderer Qualität die Einstellung gegenüber der Stammmarke nicht beeinflussen. MILBERG ET AL. (1997, S. 123 i. V. m. S. 132) konnten hingegen eine

42

43

Der Begriff des Markenimages wird hier in Anlehnung an KELLER (1993, S. 3 f.) als Summe aller Markenassoziationen verstanden. Als Stammprodukt wird im Folgenden das Produkt verstanden, das vom Konsumenten am engsten mit der Marke assoziiert wird (vgl. hierzu Balachander/Ghose 2003, S. 5; Roeder-John et al. 1998, S. 20).

3.1 Erkenntnisse zu Erfolgswirkungen des Markentransfers

47

Verschlechterung der Markeneinstellung durch inkonsistente Markentransfers beobachten und MARTINEZ UND PINA (2003, S. 443 f.) stellen sehr wohl negative Rückwirkungseffekte bei geringer wahrgenommener Qualität des Transferproduktes fest. Negative Rückwirkungen können sich auch negativ auf das Potenzial für zukünftige Transfers auswirken (vgl. Keller/Aaker 1992, S. 46). Viel unmittelbarer hingegen ist eine Wirkung auf existierende Produkte und deren Absatz. ROEDDER-JOHN UND LOKEN (1998, S. 29) fanden jedoch heraus, dass sich insbesondere Stammprodukte relativ resistent gegenüber negativen Rückwirkungseffekten erweisen (vgl. ebenso Chang 2002, S. 303). Dies lässt sich auf die oft langjährige direkte Erfahrung, große Vertrautheit und somit den starken Assoziationen des Konsumenten mit solch prominenten Produkten zurückführen. Zu einem anderen Ergebnis kommen SWAMINATHAN ET AL. (2001, S. 13) mit dem Nachweis der Existenz von negativen Rückwirkungseffekten auf das Kaufverhalten von Verwendern der Stammmarke. Ein positiver Rückwirkungseffekt entsteht dann, wenn durch das Transferprodukt die Bekanntheit der Marke gesteigert, das Markenimage gestärkt, die Markeneinstellung verbessert oder die Kaufwahrscheinlichkeit anderer unter der Marke angebotener Produkte erhöht wird. Solche positiven Wirkungen auf die Stammmarke können neben der Eroberung neuer Märkte durch das Transferprodukt Teil der Strategie und des Ziels des Markentransfers sein (vgl. z. B. Munthree et al. 2006, S. 159 ff.; Sheinin 2000, S. 47). So versucht der Weinhersteller Gallo durch Einführung hochwertiger Weine (Ernest and Julio Gallo Varietals), sein Markenimage im Niedrigpreis-Segment des US-amerikanischen Weinmarktes zu verbessern (vgl. Balachander/Ghose 2003, S. 4). Bei ihrer Untersuchung des englischen Süßwarenmarktes halten LANE UND SUTCLIFFE (2006, S. 85) fest: „It was apparent that due to the intensely competitive nature of the confectionery market that extension strategies are necessary in order to extend the life of a brand and drive growth in this sector.” Untersucht wurden bisher sowohl positive Spill-over-Effekte von Marketingaktivitäten als auch die Wirkung von verschiedenen positiven Produkterfahrungen und -informationen. So konnte belegt werden, dass sich Informationen über erfolgreiche Transferprodukte (wie z. B. deren Markterfolg oder Qualität) positiv auf die Einstellung gegenüber der Stammmarke auswirken können (vgl. z. B. Keller/Aaker 1992, S. 46; Ahluwalia/ Gürhan-Canli 2000, S. 379). Wie MORRIN (1999, S. 523) zeigen konnte, steigert die Einführung eines Transferproduktes die Bekanntheit der Stammmarke. Dar-

48

3 Stand der empirischen Forschung

über hinaus konnten auch marktwirksame Effekte auf weitere, unter der Marke angebotenen Produkte nachgewiesen werden.44 SWAMINATHAN ET AL. (2001, S. 12) sowie CHEN UND LIU (2004, S. 32 f.) zeigen, dass sich die Verwendung des Transferproduktes bei bisher nicht-loyalen Verwendern oder Nicht-Verwendern positiv auf den Absatz des Stammproduktes auswirkt. BALACHANDER UND GHOSE (2003, S. 11) weisen einen positiven Effekt von Marketingmaßnahmen des Transferproduktes auf die Kaufwahrscheinlichkeit des Stammproduktes nach und SUPPHELLEN ET AL. (2004, S. 187 ff.) belegen, dass durch kommunikative Maßnahmen für ein Transferprodukt das Image von Stammprodukten verbessert werden kann. Bisherige Untersuchungen unterstützen dementsprechend teilweise den strategischen Ansatz, Markentransfers auch zur gezielten Förderung der Stammmarke und der unter ihr angebotenen Produkte einsetzen zu können. Tabelle 3-2 fasst die wichtigsten empirischen Erkenntnisse zu Rückwirkungseffekten zusammen. Tabelle 3-2:

Empirische Studien zu Rückwirkungseffekten des Markentransfers

Studie

Hypothese

Best.

Hauptaussage

Wirkungen auf die Stammmarkenbekanntheit Morrin (1999)

Pos.

Ja

Markentransfers verbessern die Stammmarkenerinnerung, indem sie den Abruf des Markenwissens erleichtern.

Jap (1993)

Pos.

Ja

Sowohl konsistente als auch unabhängige Markentransfers verbessern die Stammmarkenerinnerung im Sinne von Zugänglichkeit und Genauigkeit der Erinnerung des Markenkonzepts.

Wirkungen auf das Stammmarkenimage Loken und Roeder-John (1993)

44

Neg.

Ja

Inkonsistente Markentransfers (Assoziationen des TP sind inkonsistent zur SM) schwächen markenspezifische Assoziationen.

Unter die Rückwirkungen des Markentransfers auf weitere unter der Marke angebotene Produkte werden häufig auch Kannibalisierungseffekte des Transferproduktes subsumiert (vgl. z. B. Kaufmann 2006, S. 56 ff.) Kannibalisierungseffekte treten insbesondere bei großer Ähnlichkeit und geringem Neuigkeitsgrad auf (vgl. Bauer/Fischer 2001, S. 471 f.) und sind daher für die hier interessierenden ‚weiten’ Markentransfers per se nicht relevant.

3.1 Erkenntnisse zu Erfolgswirkungen des Markentransfers

49

Studie

Hypothese

Best.

Hauptaussage

Jap (1993)

Pos.

Nein

Konsistente Markentransfers verstärken Stammmarkenassoziationen nicht.

Milberg et al. (1997)

Neg.

Ja

Inkonsistente Markentransfers (Assoziationen des TP sind inkonsistent zur SM) schwächen markenspezifische Assoziationen.

Sheinin (2000)

Neg.

Ja

Direkte Erfahrungen mit dem TP verändern die Markenassoziationen von weniger bekannten Marken, was zu einer Schwächung des Markenimages führt. Dem Konsumenten vertraute Marken unterliegen keiner Veränderung.

Diamantopoulos et al. (2005)

Pos./ Neg.

Nein

Markentransfers verändern die Markenpersönlichkeit nicht.

Wirkungen auf die Stammmarkeneinstellung Romeo (1991)

Neg.

Nein

Ein im Hinblick auf die Produktqualität negativer Markentransfer verändert die Einstellung zur Marke nicht.

Keller und Aaker (1992)

Pos.

Ja

Ein erfolgreicher Markentransfer kann die Einstellung zu einer Marke mit durchschnittlicher Qualität verbessern.

Neg.

Nein

Ein am Markt gescheiterter Markentransfer verändert die Einstellung zur Marke nicht.

Park et al. (1993)

Neg.

Ja

Markentransfers (konsistente und inkonsistente) beeinflussen die Markeneinstellung negativ.

Milberg et al. (1997)

Neg.

Ja

Inkonsistente Markentransfers (Assoziationen des TP sind inkongruent zur SM und anderen Produkten der Marke) verändern die Markeneinstellung negativ.

Gürhan-Canli und Maheswaran (1998)

Pos./ Neg.

Ja

Inkonsistente Markentransfers führen insbesondere in Situationen hoher Motivation zur Veränderung der Markeneinstellung.

Sheinin (2000)

Neg.

Ja

Direkte Erfahrungen mit dem TP beeinflussen die Markeneinstellung negativ, unabhängig davon, ob die Produkterfahrung positiv oder negativ ist.

Chang (2002)

Neg.

Ja

Direkte negative Erfahrung mit TP beeinflusst die Markeneinstellung negativ.

Zimmer und Bhat (2004)

Neg.

Nein

Weder Qualität noch Konsistenz des TP haben einen Einfluss auf die Markeneinstellung.

50

Studie

3 Stand der empirischen Forschung

Hypothese

Best.

Hauptaussage

Wirkungen auf die Marke insgesamt Jap (1993)

Neg.

Nein

Unabhängige Markentransfers schaden dem Markenwert (Erinnerung, Assoziationen und Einstellung) nicht.

Ahluwalia und GürhanCanli (2000)

Neg./ Pos.

Ja

Bei leicht zugänglicher Information führt positive Produktinformation zur Verbesserung und negative zur Verschlechterung der Markenbeurteilung (Mischgröße aus Markenassoziationen und -einstellung). Bei schwer zugänglicher Information findet eine Verbesserung nur bei entfernten Transfers und eine Verschlechterung bei nahen Transfers statt.

Martinez und Pina (2003)

Neg.

Ja

Markentransfers beschädigen das Markenimage (gemessen als Mischgröße von Markenassoziationen und -einstellung).

Kaufmann (2006)

Neg./ Pos.

Ja

Markeneinstellung/-image (Messung durch nicht eindeutige Mischgröße) wird durch die Einführung eines Transferproduktes negativ verändert.

Wirkungen auf das Stammprodukt Erdem (1998)

Neg.

Ja

Die Qualitätserfahrungen von Produkten der gleichen Marke in verschiedenen Kategorien beeinflussen sich gegenseitig.

Roeder-John et al. (1998)

Neg.

Nein

Inkonsistente Markentransfers verändern Assoziationen gegenüber dem Stammprodukt nicht. Andere Produkte der Marke können jedoch betroffen sein.

Chang (2002)

Neg.

Nein

Direkte negative Erfahrung mit TP beeinflusst die Einstellung gegenüber dem Stammprodukt nicht.

Swaminathan et al. (2001)

Pos./ Neg.

Ja

Kauf und Nutzung eines TP führt zu einer erhöhten Kaufwahrscheinlichkeit für das Stammprodukt insbesondere unter bisherigen Nicht-Verwendern der Marke. Ein am Markt nicht erfolgreiches TP führt zu einer Beeinträchtigung der Markenwahl bei bisherigen Verwendern der Marke.

Balachander und Ghose (2003)

Pos.

Ja

Werbung für ein TP führt zu einer erhöhten Kaufwahrscheinlichkeit für das Stammprodukt.

3.1 Erkenntnisse zu Erfolgswirkungen des Markentransfers

Hypothese

Best.

Hauptaussage

Supphellen et al. (2004)

Pos.

Ja

Werbung für ein TP verbessert das Image des Stammprodukts.

Chen und Liu (2004)

Pos.

Ja

Kauf und Nutzung des TP erhöht die Kaufwahrscheinlichkeit für das Stammprodukt.

Studie

TP: Transferprodukt; SP: Stammmarke;

51

Pos.: Positive Rückwirkung; Neg.: Negative Rückwirkung

3.1.3 Zusammenfassung der Markentransfereffekte Wie in Kapitel 3.1.1 und 3.1.2 detailliert beschrieben, entwickeln Markentransfers bewusst intendierte wie auch teils von Unternehmen nicht antizipierte positive und negative Effekte hinsichtlich des Markterfolgs des neuen Produktes, der Stammmarke und weiterer unter der Stammmarke angebotener Produkte. Während jedoch bei den direkten Effekten in einigen Studien ökonomische Größen zur Beurteilung der zu beobachtenden Effekte herangezogen werden, ist dies im Bereich der Rückwirkungseffekte nur andeutungsweise der Fall (vgl. Chen/Liu 2004, S. 32 f.; Balachander/Ghose 2003, S. 11; Swaminathan et al. 2001, S. 12). Die überwiegende Mehrheit der Studien zu Rückwirkungseffekten bedienen sich verhaltenswissenschaftlicher Kriterien, da eine ökonomische Beurteilung häufig nur sehr schwierig bzw. zum Teil gar nicht durchführbar ist. Dies lässt sich zum einen durch vielfältige externe, in den Studien meist nicht kontrollierbare Effekte erklären, zum anderen durch die mangelnde Beurteilungsfähigkeit durch die Auskunftspersonen.45 In Abbildung 3-2 sind die bisher empirisch identifizierten Effekte nochmals im Überblick aufgeführt.

45

Auch in der vorliegenden Untersuchung wird dieses Ungleichgewicht in der Messung der Markentransfereffekte nicht aufgelöst werden. Wie in Kapitel 5.3.3 näher erläutert werden wird, kommen zur Messung des direkten Effektes ökonomische Größen zum Einsatz, während Rückwirkungseffekte primär verhaltenswissenschaftlich gemessen werden.

52

3 Stand der empirischen Forschung

Rückwirkungseffekte

• Positive Effekte



– Erhöhung der Stammmarkenbekanntheit – Verbesserung der Stammmarkeneinstellung – Erhöhung der Kaufwahrscheinlichkeit des Stammproduktes Negative Effekte – Schwächung des Stammmarkenimages – Negative Veränderung der Stammmarkeneinstellung

Abbildung 3-2:

Stammmarke/ weitere unter der Marke angebotene Produkte

Direkte Effekte

• Verbesserung der Erstkaufrate (Mengeneffekt)

• Realisierung eines Preispremiums (Preiseffekt)

• Ermöglichung der Marketingkostenreduktion (Kosteneffekt)

Transferprodukt

Empirisch bestätigte Markentransfereffekte

3.2 Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren auf den Markentransfererfolg Erfolgsfaktoren des Markentransfers wurden in zahlreichen empirischen Untersuchungen analysiert (vgl. z. B. Völckner 2003; Zatloukal 2002; Caspar 2002; Nijssen 1999), Häufig werden zu diesem Zwecke Konsumenten zu ihrer Einstellung bezüglich hypothetischer oder realer Markentransfers befragt. Durch Variation verschiedener Kontextfaktoren, wie zum Beispiel der Ähnlichkeit zwischen Transfer- und Stammprodukt (vgl. z. B. Bhat/Reddy 2001) oder des Produktinvolvements (vgl. z. B. Barone 2005) sowie Kombination dieser variierten Faktoren mit der Erfolgseinschätzung durch den Konsumenten, werden Rückschlüsse auf die Erfolgsrelevanz der Faktoren gezogen. Häufig im Rahmen einer Regressions- oder Kausalanalyse werden dementsprechend Richtung und Stärke des Zusammenhangs zwischen einzelnen Erfolgsfaktoren als unabhängige Variablen und dem Erfolg als abhängige Variable gemessen. Der Erfolg des Markentransfers wird entweder nur als Markterfolg des Transferproduktes definiert oder

3.2 Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren

53

bezieht sich auf mögliche Rückwirkungseffekte. Manche Studien berücksichtigen auch beide Erfolgsdimensionen des Markentransfers. Als Indikator für den Markentransfererfolg dient häufig die Konsumenteneinschätzung hinsichtlich Kaufwahrscheinlichkeit oder Produktqualität (vgl. z. B. Aaker 1990), seltener werden auch Marktanteilsentwicklungen (vgl. z. B. Smith/Park 1992), Managereinschätzungen (vgl. z. B. Nijssen 1999) oder Börsenkurse (vgl. z. B. Lane/ Jacobson 1995) herangezogen. Im Folgenden werden jene Erfolgsfaktoren, die eine erklärende Relevanz für den Untersuchungsgegenstand besitzen, und die jeweils wichtigsten empirischen Studien erläutert. Als Basis wird eine von ZATLOUKAL (2002) und VÖLCKNER (2003) erarbeitete Meta-Analyse verwendet. Da hierbei jedoch keine Studien bzw. Befunde zu möglichen Rückwirkungseffekten von Markentransfers berücksichtigt wurden (vgl. Völckner 2003, S. 23), wird die Meta-Analyse um eben solche Untersuchungen erweitert. Es werden des Weiteren neuere, in den Jahren 2002 bis 2006 entstandene Arbeiten in die Betrachtung einbezogen. Da es im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand insbesondere von Interesse ist, welche empirischen Erkenntnisse zu möglichen unternehmensinternen Ressourcen vorliegen, werden alle relevanten Studien in ein entsprechendes Bezugssystem eingeordnet. Hierzu soll auf die in Kapitel 2.3.3 erarbeitete Klassifizierung von Marketingfähigkeiten und -ressourcen zurückgegriffen werden. Berücksichtigt werden nur solche Arbeiten, die im Hinblick auf das Bezugssystem einen erklärenden Wert haben. Die folgenden Kapitel erheben daher nicht den Anspruch, alle bisher durchgeführten Untersuchungen darzustellen, sondern jene Studien hervorzuheben, die einen sinnvollen Beitrag im Kontext des Untersuchungsgegenstandes bieten. Die in Kapitel 2.3.3 erarbeitete Klassifizierung von Marketingfähigkeiten und -ressourcen unterscheidet vier Klassen: Unternehmenskultur, Strategie, operative Umsetzung und marketingrelevante intangible Vermögensgegenstände. Auf der Grundlage dieser Struktur wird im Folgenden überprüft, ob es Anhaltspunkte in bisherigen empirischen Untersuchungen gibt, die darauf hinweisen, welche marketingspezifischen Fähigkeiten und Ressourcen für den Markentransfererfolg relevant sein könnten.

54

3 Stand der empirischen Forschung

3.2.1 Unternehmenskultur Unternehmen stellen eigenständige Kulturgemeinschaften dar. Die in diesen Kulturgemeinschaften vorherrschenden Wert- und Denkmuster beeinflussen das Verhalten der Unternehmensmitglieder und somit den Unternehmenserfolg (vgl. Krohmer 1999, S. 21; grundlegend Schein 1992). Es kann dementsprechend davon ausgegangen werden, dass die spezifischen Charakteristika der Unternehmenskultur auch Einfluss auf den Markentransfererfolg nehmen. Aus diesem Grund soll zunächst das Phänomen der Unternehmenskultur betrachtet werden, um dann mögliche empirische Erkenntnisse zur Wirkungsweise der Unternehmenskultur im Kontext des Markentransfers darzustellen. Unternehmenskultur lässt sich definieren als „[...] pattern of shared values and beliefs that help individuals understand organizational functioning and thus provide them norms for behavior in the organization” (Deshpandé/Webster 1989, S. 4). Diese Definition impliziert erstens, dass bestimmte Werte, Normen, Denkund Verhaltensmuster von einer Mehrheit im Unternehmen geteilt werden, und zweitens, dass diese sich auf die Handlungen der Unternehmensmitglieder auswirken. In der Literatur existieren unterschiedliche Modelle der Unternehmenskultur, welche die verschiedenen Elemente in Beziehung zueinander stellen. SCHEIN (1984; 1992) konzeptualisiert die Inhalte der Unternehmenskultur in einem Mehrebenenmodell, welches in der Literatur große Akzeptanz gefunden hat (vgl. z. B. Pflesser 1999). Auf der untersten Ebene befinden sich hier sog. Grundannahmen, die die Wahrnehmung, das Denken und die Gefühle der Organisationsmitglieder in der Regel unbewusst beeinflussen. Werte bilden die zweite Ebene und stellen relativ dauerhafte, situations- und objektübergreifende Überzeugungen dar, die als Maßstab für die Festlegung von Präferenzen bezüglich bestimmter Handlungsweisen oder Ziele dienen. Auf der obersten Ebene befinden sich die beobachtbaren Artefakte der Unternehmenskultur, die neben Handlungsmustern auch eine spezifische Sprache, Mythen und Legenden sowie unter Umständen auch physische Merkmale wie Gebäude etc. umfassen (vgl. Krohmer 1999, S. 26). Eine Vielzahl konzeptioneller Arbeiten beschäftigt sich mit den Erfolgswirkungen der Unternehmenskultur. Insbesondere in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren wurde in der Managementliteratur die Erfolgsrelevanz der Unternehmenskultur diskutiert (vgl. Deal/Kennedy 1982). In empirischen Studien

3.2 Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren

55

wurden verschiedenste Fragestellungen untersucht wie beispielsweise: Weisen starke Unternehmenskulturen tatsächlich positive Wirkungen auf (vgl. Kotter/ Heskett 1992)? Welche Kulturtypen führen zu einem höheren Erfolg (vgl. Deshpandé et al. 1993)? Welche speziellen Werte der Unternehmenskultur steigern den Erfolg (vgl. Calori/Sarnin 1991)? Der spezifische Einfluss der Unternehmenskultur auf den Markentransfererfolg wurde bisher noch nicht empirisch untersucht. In einer dänischen Studie von BLICHFELDT (2005, S. 177 ff.) lassen sich jedoch zwei Ansatzpunkte finden. BLICHFELDT beschäftigt sich mit unterschiedlichen Ansätzen im Management der Neuproduktentwicklung von Line und Brand Extensions. Auf Basis von 14 Fallstudien entwickelt sie eine Typologie, welche drei Cluster von Unternehmen unterscheidet: sog. ‚Productors‘, ‚Safe Players‘ und ‚Risk Equitors‘. Unterscheidungskriterien sind hierbei einerseits, inwiefern Unternehmen primär eine produkt- oder einer markenorientierte Sichtweise einnehmen, andererseits, wie risikofreudig sie sich im Rahmen der Neuprodukteinführung verhalten. Sie konstatiert, dass nur jene Unternehmen Markentransfers im Sinne von Brand Extensions unternehmen, die sowohl risikofreudig sind als auch grundsätzlich eine stark markenorientierte Perspektive haben. ‚Risk Equitors‘ entwickeln neue Produkte nach Maßgabe der Markenwerte und eines zielführenden Markenmanagements. Sie engagieren sich auf neuen Märkten mit finanziellem Risiko und der Gefahr der Schädigung der Marke, um höhere Wachstumsraten zu erreichen (vgl. Blichfeldt 2005, S. 180 ff.). Wenn auch nicht quantitativ bestätigt, so lässt sich hieraus ableiten, dass sich Risikofreudigkeit und Markenorientierung positiv auf den Markentransfererfolg auswirken könnten. Weitere Anhaltspunkte für den Einfluss der Unternehmenskultur auf den Markentransfererfolg lassen sich in der Literatur derzeit nicht finden. 3.2.2 Strategische Marketingfähigkeiten Bisher wurde in nur einer empirischen Untersuchung der Zusammenhang zwischen Marketingfähigkeiten des Unternehmens und dem Markentransfererfolg untersucht.46 REDDY ET AL. (1994, S. 257) konnten einen positiven Einfluss fest-

46

Auch ZATLOUKAL (2002, S. 75 i. V. m. S. 242) untersucht die Bedeutung der Marketingkompetenz eines Unternehmens für den Markentransfererfolg, kann jedoch keinen Einfluss feststellen. Allerdings ist die Validität dieser Aussage stark zu bezweifeln, da

56

3 Stand der empirischen Forschung

stellen, wenn auch aufgrund der Operationalisierung des Konstruktes ‚Marketing Capabilities‘ nur von einem ersten Hinweis gesprochen werden kann.47 Allerdings gibt es weitere implizite Hinweise darauf, dass strategische Marketingfähigkeiten von Bedeutung sind. Sowohl die Auswahl der Transferkategorie als auch die Positionierung des Transferproduktes innerhalb der Kategorie haben entscheidenden Einfluss auf den vom Konsumenten subjektiv wahrgenommenen Zusammenhang zwischen Stammmarke und Transferprodukt, dem sog. Fit.48 Der Fit zwischen Stammmarke und Transferprodukt stellt den am häufigsten untersuchten Bereich innerhalb der Markentransferforschung dar. Die überwiegende Mehrheit der empirischen Arbeiten zeigt, dass der Fit einen signifikanten Einfluss auf den Markentransfererfolg ausübt (vgl. z. B. Brudvig/Raman 2006, S. 175; Völckner/Sattler 2006, S. 27; Völckner 2003, S. 231; Bhat/Reddy 2001, S. 118 f.; Klink/Smith 2001, S. 331; Broniarczyk/Alba 1994, S. 226 f.; Park et al. 1991, S. 190 f.). Der Fit ist allerdings keine statische, sondern eine durch das Unternehmen beeinflussbare Größe, die es zu gestalten gilt. Denn er wird nicht nur durch die Relation der Leistungskategorien von Stammmarke und Transferprodukt zueinander bestimmt, wie einige Autoren annehmen (vgl. z. B. Keller/ Aaker 1992, S. 36; Smith/Park 1992, S. 299; Romeo 1991, S. 401; Boush/Loken 1991, S. 17 f.; Aaker/Keller 1990, S. 30), sondern auch – wie neuere Untersuchungen zeigen – durch die Konsistenz zwischen Stammmarkenassoziationen und der Ausgestaltung des Transferproduktes hinsichtlich Positionierung, Attributen etc. (vgl. Kim 2003, S. 470; Bridges et al. 2000, S. 2). Die Auswahl einer Transferkategorie, die Entwicklung eines adäquaten Transferproduktes und des-

47

48

Konsumenten hinsichtlich ihrer Einschätzung der Marketingkompetenz des betreffenden Unternehmens befragt wurden. Dies jedoch scheint außerhalb der Urteilskraft von Konsumenten zu liegen. Gleiches gilt für VÖLCKNER (2003, S. 45 i. V. m. S. 231 f.), die jedoch einen signifikant positiven Einfluss der Marketingunterstützung, operationalisiert aus Werbedruck und Marketingkompetenz, feststellt. REDDY ET AL. (1994, S. 252) wählten eine zwar objektiv messbare, jedoch hinsichtlich der Aussagekraft nicht eindeutige Operationalisierung des Konstruktes ‚Marketingfähigkeiten’. Sie beurteilen die aktuellen Marketingfähigkeiten anhand der historisch erreichten Marketingleistungen, indem sie den Beitrag der einzelnen Marken zum Gesamtumsatz des Unternehmens, gemessen als Umsatz dividiert durch die Anzahl der Marken, messen. Eine ausführliche Diskussion des Fits im Rahmen der Markenanreicherung findet sich bei BAUMGARTH UND STREBINGER (2005).

3.2 Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren

57

sen Positionierung bestimmen also den Fit zwischen Stammmarke und Transferprodukt. Dies zu erkennen und in der Praxis adäquat zu implementieren, setzt fundierte Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der Marketingstrategie voraus. Ein weiterer impliziter Hinweis auf die Wichtigkeit von strategischen Marketingfähigkeiten lässt sich herleiten. Wie in mehreren Studien nachgewiesen werden konnte, kann das bestehende Produktportfolio der Stammmarke bzw. können vergangene Markentransfers den Erfolg des Markentransfers beeinflussen (vgl. z. B. Joiner 2006, S. 76 ff.; Dacin/Smith 1994, S. 239; Keller/Aaker 1992, S. 44 ff.). Es lässt sich vermuten, dass die optimale Einbettung des Markentransfers in die übergeordnete Markenentwicklung und in das existierende Produktportfolio der Marke gute strategische Marketingfähigkeiten voraussetzt. Mit dem Nachweis der Bedeutung des Fits bzw. des gesamten Marken- und Produktkontextes für den Markentransfererfolg wird implizit auch die Wichtigkeit von strategischen Marketingfähigkeiten im Rahmen des Markentransfers betont. Explizite empirische Belege existieren bis dato jedoch nicht. 3.2.3 Operative Marketingfähigkeiten Neben dem Einfluss strategischer Faktoren kann der Markentransfererfolg auch von der operativen Umsetzung des Markentransfers im Allgemeinen und der Anwendung der Marketingmix-Instrumente im Speziellen beeinflusst werden. So stellen CHEN UND LIU (2004, S. 31) fest, dass sich Unternehmen bei der Einführung von Transferprodukten in einer für die Marke gänzlich neuen Kategorie nicht nur auf die Wirkung der Marke selbst verlassen können, sondern dass vielmehr eine adäquate Unterstützung im Rahmen des Marketingmix notwendig ist. Während CHEN UND LIU dem Marketingmix im Allgemeinen einen gewissen Einfluss auf den Markterfolg des Transferproduktes attestieren, lassen sich auch in Bezug auf einzelne Marketinginstrumente Hinweise auf deren Erfolgsrelevanz finden. Im Instrumentalbereich der Kommunikation49 wurden bis dato die meisten empirischen Untersuchungen zum Themenkomplex Markentransfer durchgeführt. Gegenstand der Untersuchung waren bisher drei zentrale Fragestellungen.

49

Zu den einzelnen Kommunikationsinstrumenten sei beispielsweise auf MEFFERT (2000, S. 712) verwiesen.

58

3 Stand der empirischen Forschung



Inwiefern hat die Höhe des Kommunikationsbudgets Einfluss auf den Markterfolg des Transferproduktes (vgl. z. B. Völckner 2003, S. 44 f.; Nijssen 1999, S. 454; Reddy et al. 1994, S. 247)?



Inwiefern kann durch kommunikative Inhalte die Einstellung zum Transferprodukt positiv beeinflusst werden (vgl. z. B. Kim 2003, S. 471 ff.; Bridges et al. 2000, S. 3 f.; Aaker/Keller 1990, S. 36 f.)?



Welche Effekte haben die Kommunikationsaktivitäten des Transferproduktes auf die Stammmarke bzw. auf weitere unter der Stammmarke angebotene Produkte (vgl. z. B. Supphellen et al. 2004, S. 173; Balachander/Ghose 2003, S. 5 f.; Morrin 1999, S. 523)?

Die kommunikative Unterstützung ist für den Erfolg eines neuen Produktes insbesondere zum Zeitpunkt der Markteinführung ein entscheidender Faktor (vgl. z. B. Cooper 1994, S. 64 f.; Urban/Hauser 1993, S. 531 f.). Durch hohe Werbeinvestitionen kann schnell die Bekanntheit eines neuen Produktes gesteigert und Erstkäufe initiiert werden. Dies wurde auch im Kontext von Markentransfers bestätigt. So stellten sowohl LANE (2000, S. 82 i. V. m. S. 86 ) als auch KLINK UND SMITH (2001, S. 329 i. V. m. S. 333) in Laborexperimenten fest, dass durch mehrfachen Kontakt mit Markentransferinformationen sowohl der wahrgenommene Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke als auch die positive Einstellung gegenüber dem Transferprodukt steigt. Die Häufigkeit der Kontakte mit Markentransferinformationen wird im realen Marktumfeld wesentlich durch die Werbeinvestitionen bestimmt und drückt sich primär in Werbekontakten mit den Zielpersonen aus.50 Auch in der Realität konnte das oben beschriebene Phänomen der zunehmenden Akzeptanz bei häufigerem Kontakt bestätigt werden. Die Analyse von Marktdaten echter Line Extensions im Zigarettenmarkt (vgl. Reddy et al. 1994, S. 247 i. V. m. S. 257) als auch eine Unternehmensbefragung (vgl. Nijssen 1999, S. 254 i. V. m. S. 460) ergaben einen positiven Zusammenhang zwischen Werbeintensität und Akzeptanz des Transferproduktes.51

50

51

Die relevanten Kontakte zwischen Konsument und Werbeinhalt beziehen sich auf den Werbemittelkontakt. Eine ausführliche Definition der Kontaktmaßzahlen findet sich bei MEFFERT (2000, S. 817). Die Hypothese, dass Werbeinvestitionen einen Erfolgsfaktor des Markentransfers darstellen, wurde auch von ZATLOUKAL (2002, S. 77) und VÖLCKNER (2003, S. 45) unter-

3.2 Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren

59

Wie jedoch LANE (2000, S. 81) feststellt, hat nicht nur die Kontakthäufigkeit Einfluss auf die Akzeptanz des Transferproduktes, sondern auch die transportierten kommunikativen Inhalte:52 „However, extension judgments may not necessarily improve with ad repetition. Unless the brand associations elicited by the ad content offer a sufficient basis for consumers to interpret how the brand links with or benefits the extension [...].” AAKER UND KELLER (1990, S. 37) stellen fest, dass die Einstellung gegenüber dem Transferprodukt durch eine geeignete Kommunikationsstrategie53 verbessert werden kann. Diese Erkenntnis basiert auf der Annahme, dass durch Kommunikation beeinflusst werden kann, ob in der Verarbeitung des neuen Wissens um das Transferprodukt eher jene Attribute in den Vordergrund drängen, die die Unterschiede zur Stammmarke manifestieren, oder eher jene, die die Gemeinsamkeiten zwischen Transferprodukt und Stammmarke hervorheben (vgl. Lane 2000, S. 81). BRIDGES ET AL. (2000, S. 2) weisen darauf hin, dass der Konsument in die Lage versetzt werden muss, den Zusammenhang zwischen Stammmarke und Transferprodukt zu verstehen bzw. sog. ‚explanatory links‘ zu etablieren. Die Effektivität unterschiedlicher Kommunikationsstrategien in diesem Zusammenhang wurde mehrfach untersucht. Als relevante Einflussfaktoren konnte die Art der dominierenden Stammmarkenassoziationen (vgl. Bridges et al. 2000, S. 8 f.) und die Beziehung zwischen Stammmarke und Transferprodukt (vgl. Kim 2003, S. 471 ff.; Bridges et al. 2000, S. 8 f.; Lane 2000, S. 87 f.) identifiziert werden. Als mögliche Kommunikationsstrategien bieten sich einerseits die inhaltliche Ausrichtung auf erklärende Attributinformationen zum Transferprodukt oder andererseits die Betonung von Markenassoziationen an (vgl. Kim 2003, S. 471 ff.; Lane 2000, S. 86 ff.). Welche inhaltliche Ausrichtung sich als sinnvoll erweist, scheint von den oben be-

52

53

sucht, wobei nur VÖLCKNER einen signifikant positiven Einfluss des Konstruktes ‚Marketingunterstützung’ feststellen konnte (2003, S. 231 f.). Da es sich hierbei jedoch um Befragungen von Konsumenten handelt, deren Urteilskraft hinsichtlich der tatsächlichen Werbeintensität bezweifelt werden kann, sollen die Ergebnisse hier nur am Rande erwähnt werden. Zu den Grundsätzen der Gestaltung von kommunikativen Botschaften im Allgemeinen vgl. MEFFERT (2000, S. 799) oder HOMBURG UND KROHMER (2003, S. 668 ff.). AAKER UND KELLER (1990, S. 37 f.) empfehlen eine auf Informationen bezüglich des Transferproduktes gerichtete Kommunikation im Gegensatz zu einer auf Markenhinweise fokussierte.

60

3 Stand der empirischen Forschung

schriebenen Einflussfaktoren abhängig zu sein. Die Nutzung eines Werbeslogans, der die gemeinsamen Attribute von Transferprodukt und Stammmarke betont (vgl. Pryor/Brodie 1998, S. 502), sowie die bildliche Darstellung des Stammproduktes in Verbindung mit dem Transferprodukt (vgl. Gierl 2006, S. 15 ff.) können einen positiven Einfluss auf den Markentransfererfolg haben. Kommunikationsintensität und -inhalt wirken sich jedoch nicht nur auf das Transferprodukt aus, sondern können auch Rückwirkungseffekte auf die Stammmarke und die weiteren unter der Marke angebotenen Produkte entwickeln. BALACHANDER UND GHOSE (2003, S. 11) fanden anhand von Marktdaten heraus, dass solche Rückwirkungseffekte in Form von Umsatzsteigerungen bei Stammprodukten tatsächlich existieren und dass diese stärker ausfallen als die Effekte der auf das Stammprodukt direkt zielenden Kommunikation. Dies lässt die Autoren folgende Schlussfolgerung ziehen: „Indeed newness and freshness of childadvertising may make such advertising more effective in garnering attention for the parent than the parent‘s own advertising. In summary, spillover effect from a child may be of equal or greater importance than a parent‘s own advertising” (vgl. Balachander/Ghose 2003, S. 11). Auch MORRIN (1999, S. 523) bestätigt die Existenz von Rückwirkungseffekten, indem sie feststellt, dass Werbung für ein Transferprodukt den Abruf des Markenwissens erleichtert, wobei sie allerdings auf folgende Einschränkung aufmerksam macht: „[…] there are costs involved in shifting promotional funds […] Although exposure to brand extension advertising facilitated recall of parent brands, the facilitative effect was not as great as that resulting from exposure to parent brand advertising” (Morrin 1999, S. 523). SUPPHELLEN ET AL. (2004, S. 187) erbringen den Nachweis, dass insbesondere ‚weite‘ Markentransfers (‚concept extensions‘) das Potenzial besitzen, dauerhaft das Image von Stammprodukten zu verbessern. Die Rezeption der Literatur zeigt, dass es eindeutige empirische Hinweise hinsichtlich des Einflusses von Kommunikationsinstrumenten auf die Wahrnehmung von und die Einstellung gegenüber Transferprodukt und Stammmarke bzw. -produkt gibt. Nicht empirisch untersucht wurden Einflüsse der zugrunde liegenden Unternehmensfähigkeiten auf den Markentransfererfolg. Die Untersuchungen beziehen sich des Weiteren primär auf die Phase des Markteintritts. Die Problematik der kontinuierlichen kommunikativen Begleitung des Transferproduktes insbesondere vor dem Hintergrund, dass häufig im Rahmen von Li-

3.2 Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren

61

zenzarrangements mehrere Parteien beteiligt sind, wurde bisher wissenschaftlich nicht thematisiert. In den übrigen Instrumentalbereichen des Marketingmix lassen sich nur wenige empirische Hinweise für Erfolgswirkungen bezüglich des Markentransfers finden. Zum Themenkomplex der Produktpolitik54, also der Ausgestaltung des Transferproduktes hinsichtlich Ausstattung, Zusatznutzen, Namensgebung, Design, Verpackung etc., liegen bisher kaum Erkenntnisse vor, obwohl die Wichtigkeit gleichwohl erkannt wurde. So stellt KELLER (2005, S. 958) fest: „In manchen Fällen ist die Verpackung eine so kritische Komponente des Markenwertes, dass man sich kaum eine Erweiterung ohne dieselben Elemente des Verpackungsdesigns [bzw. der Produktgestaltung] vorstellen kann.“ Beispiele wie Cambell oder Apple verdeutlichen dies. Lediglich die Namensgebung wurde hinsichtlich ihrer Erfolgsrelevanz untersucht. Die Namensgebung des Transferproduktes kann grundsätzlich auf zwei Arten geschehen. Das neue Produkt kann entweder nur den Namen der Stammmarke tragen oder es erhält eine zusätzliche Bezeichnung.55 In letzterem Fall wird durch Addition eines neuen Namensbestandteils eine sog. Sub-Brand gebildet, wie es beispielsweise bei Dr. Oetker mit den Sub-Brands Ristorante und Vitalis der Fall ist. Es ist zu erwarten, dass zusätzliche Namensbestandteile die Ähnlichkeitswahrnehmung der Konsumenten von Stammmarke und Transferprodukt in der Weise beeinflussen, dass neben Gemeinsamkeiten eine gewisse Differenz erkannt wird. So kann es dem Konsumenten ermöglicht werden, die für die Transferkategorie relevanten Markenassoziationen zu übertragen, während wahrgenommene Inkonsistenzen der neuen Kategorie zugeordnet werden (vgl. Milberg et al. 1997, S. 125).56 Im Ergebnis folgt aus dieser Wahrnehmung

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Zum Aufgabenspektrum des Instrumentalbereichs Produktpolitik vgl. zum Beispiel MEFFERT (2000, S. 329 ff.) oder HOMBURG UND KROHMER (2003, S. 457 ff.). Eine weitere Variante der Namensgebung ist denkbar, bei der der Name des Transferproduktes aus zwei oder mehreren bekannten Markennamen gebildet wird. Hierbei handelt es sich jedoch um eine vom Markentransfer abzugrenzende Strategie, dem sog. Co-Branding. Das Co-Branding hat wesentliche über die reine Namensgebung hinausgehende Implikationen und soll im Weiteren nicht näher betrachtet werden. Vertiefte Informationen zum Co-Branding finden sich bei BAUMGARTH (2003). Diese Schlussfolgerung basiert auf Annahmen der Schema- bzw. Kategorisierungstheorie (vgl. hierzu Kapitel 2.2.2). Durch die Verwendung einer Sub-Brand ordnet der

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3 Stand der empirischen Forschung

einerseits, dass negative Rückwirkungseffekte auf die Stammmarke abgeschwächt, andererseits, dass inkonsistente Transferprodukte besser akzeptiert werden (vgl. Park et al. 1993, S. 28). Beide Effekte konnten von MILBERG ET AL. (1997, S. 134 u. S. 136) nachgewiesen werden, während PARK ET AL. (1993, S. 30) zwar die Abschwächung negativer Rückwirkungseffekte bestätigen, allerdings keine Auswirkung auf die Beurteilung des Transferproduktes feststellen. Im dritten Instrumentalbereich des Marketingmix, der Distributionspolitik,57 wurde bis dato nur ein kleiner Teilbereich möglicher Erfolgsfaktoren des Markentransfers, der sich auf die Handelsakzeptanz des neuen Produktes bezieht, empirisch untersucht. Insbesondere im Bereich der kurzlebigen Konsumgüter beeinflusst die Akzeptanz eines neuen Produktes durch den Handel die Erfolgschancen des Markteintritts wesentlich. Aufgrund der spezifischen Charakteristika dieses Marktes (fortschreitende Handelskonzentration,58 Fülle an Neuprodukteinführungen pro Jahr und tendenziell niedriges Produktinvolvement) besitzt der Handel im Bereich der kurzlebigen Konsumgüter eine große Verhandlungsmacht, die sich nicht nur auf die qualitative Regalplatzfläche, sondern auch auf die grundsätzliche Entscheidung, ob ein Produkt überhaupt distribuiert wird, bezieht (vgl. Völckner 2003, S. 46 f.). Die empirischen Befunde zum Einfluss der Handelsmacht auf den Markentransfererfolg wurden dementsprechend auch im Bereich der kurzlebigen Konsumgüter gewonnen. So stellt VÖLCKNER (2003, S. 231 f.) fest, dass die Handelsakzeptanz neben dem vom Konsumenten wahrgenommenen Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke einen weiteren wichtigen Einflussfaktor für den Markentransfererfolg darstellt. NIJSSEN (1999, S. 460) untersucht nicht die Handelsakzeptanz selbst, sondern den Einfluss der Handelsmacht. Er bestätigt einen negativen Einfluss der Handelsmacht auf den Markentransfererfolg. Neben diesen spezifischen Erkenntnissen für den Markt

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Konsument das Transferprodukt nicht unmittelbar der kognitiven Kategorie der Stammmarke zu, sondern einer separaten Unterkategorie. Es erfolgt eine weniger starke Anlehnung des Transferproduktes an das Image der Stammmarke (vgl. Zatloukal 2002, S. 45 f.). Zum Aufgabenspektrum des Instrumentalbereichs Distributionspolitik vgl. MEFFERT (2000, S. 600 ff.) oder HOMBURG UND KROHMER (2003, S. 700 ff.). In der Bundesrepublik Deutschland erreichen die zehn größten Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels einen Marktanteil von über 80 Prozent (Völckner 2003, S. 47).

3.2 Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren

63

der schnelllebigen Konsumgüter sind bis dato in der Markenliteratur keine weiteren Erkenntnisse zum Bereich der Distributionspolitik von Transferprodukten bekannt. Blickt man jedoch auf andere Märkte, wie den Automobilsektor oder die Bekleidungsindustrie, können gänzlich andere Erfolgsfaktoren von Bedeutung sein; so zum Beispiel die Nutzung neuer, vom Stammprodukt unabhängiger Kanäle, um breitere Kundenkreise zu erreichen, oder die Gewinnung eines Partners, der über den Zugang zu neuen Distributionskanälen verfügt. Um solchen Herausforderungen durch den Markentransfer adäquat begegnen zu können, bedarf es fundierter Kenntnisse im Bereich Distribution. Die Preispolitik wurde als Erfolgsfaktor des Markentransfers, also als unabhängige Variable, bisher in der wissenschaftlichen Literatur noch nicht diskutiert. Gegenstand der Betrachtung war bis dato lediglich die Fragestellung, ob durch den Markentransfer im Vergleich zur Neumarkenstrategie ein Preispremium erzielt werden kann, also die Betrachtung des Transferproduktpreises als abhängige Variable (vgl. DelVecchio/Smith 2005, S. 184 ff.). Interessante Fragestelllungen lassen sich jedoch auch in diesem Bereich denken; beispielsweise, inwiefern ein zu niedriger Preis ein negatives Qualitätssignal aussenden kann und auf diese Weise die Stammmarke beschädigt. Folglich kann abgeleitet werden, dass auch Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik potenziell relevant für den Markentransfererfolg sind. Wie gezeigt werden konnte, gibt es in allen Instrumentalbereichen des Marketingmix theoretische Ansatzpunkte und teils empirische Hinweise dafür, dass auch in der operativen Umsetzung ein großes Erfolgspotenzial des Markentransfers liegt. Entsprechende Marketingfähigkeiten scheinen demzufolge relevant für den Markentransfererfolg zu sein. 3.2.4 Marketingrelevante intangible Vermögensgegenstände Während sich die bisher diskutierten potenziellen Erfolgsfaktoren des Markentransfers primär auf Aktivitäten und Prozesse sowie auf die ihnen zugrunde liegenden Fähigkeiten und kulturellen Aspekte bezogen haben, sollen nun marketingrelevante Vermögensgegenstände betrachtet werden, die potenziell Einfluss auf den Markentransfererfolg haben. Wie in Kapitel 2.3.2 erläutert, besitzen neben den tangiblen insbesondere intangible Vermögensgegenstände eine hohe Bedeutung im Rahmen der Vermarktung. Von besonderer Relevanz für den Markentransfer erweist sich die Marke als intangibler Vermögensgegenstand (vgl.

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3 Stand der empirischen Forschung

z. B. Völckner 2003, S. 231 f.; Sattler et al. 2003, S. 165; Hem/Iversen 2003, S. 72; Reddy et al. 1994, S. 245 f.). Im Folgenden soll die grundsätzliche Bedeutung der Marke für den Markentransfer theoretisch begründet werden, um dann zentrale empirische Erkenntnisse vorzustellen. Der Markentransfer basiert auf der Übertragung der mit der Stammmarke verbundenen Wissensstrukturen auf ein neues Produkt. Nur unter der Voraussetzung eines hinreichend großen Bekanntheitsgrades und positiver Assoziationen mit der Stammmarke kann ein vorteilhafter Transfer von Imagekomponenten auf das Transferprodukt funktionieren (vgl. z. B. Keller 2005, S. 949; Aaker/Keller 1990, S. 28). Eine der wichtigsten Voraussetzungen des Markentransfers besteht demnach in der Existenz einer hinreichend starken Marke. Der Einfluss der sog. Stammmarkenstärke auf den Markentransfererfolg wird in der überwiegenden Mehrheit der empirischen Untersuchungen bestätigt (vgl. z. B. Zatloukal 2002, S. 133; Bottomley/Holden 2001, S. 499; Lane/Jacobson 1995, S. 72 f.). Weniger Übereinstimmung herrscht allerdings hinsichtlich der Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenstärke. Grundsätzlich lassen sich quantitativ erfassbare, marktbezogene Indikatoren von verhaltenswissenschaftlichen, nachfragerbezogenen Indikatoren abgrenzen. Quantitativ marktbezogene Indikatoren wurden bis dato nur selten eingesetzt. REDDY ET AL. (1994, S. 250 i. V. m. S. 255) stellen einen positiven Einfluss von Alter der Stammmarke und Werbeausgaben auf den Markentransfererfolg fest, können allerdings den Einfluss des Marktanteils der Stammmarke nicht bestätigen. Im Bereich der verhaltenswissenschaftlich nachfragerbezogenen Indikatoren lassen sich vier inhaltliche Dimensionen unterscheiden, die im Rahmen der betrachteten Untersuchungen teils kombiniert werden. Die Markenbekanntheit kann immer nur einen Teilaspekt der Markenstärke darstellen (vgl. Lane/Jacobson 1995, S. 66), da sie eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung der Markenstärke ist. So kann sich ein Konsument unter Umständen an eine Marke erinnern, hat jedoch ein diffuses Vorstellungsbild des Markenimages. Dennoch konnte der Einfluss der Markenbekanntheit sowohl von HERR ET AL. (1996, S. 153) als auch von LANE UND JACOBSON (1995, S. 72 ff.)

3.2 Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren

65

bestätigt werden. Die Markeneinstellung,59 also die Tatsache, ob eine Marke vom Verbraucher positiv oder negativ wahrgenommen wird, stellt einen wichtigen Aspekt der Markenstärke dar (vgl. Lane/Jacobson 1995, S. 66). Meist wird die Markeneinstellung durch die Qualitätswahrnehmung des Konsumenten operationalisiert.60 Erste Analysen konnten den Zusammenhang zwischen Qualitätseinschätzung der Stammmarke und Markentransfererfolg zwar nicht verifizieren (vgl. Aaker/Keller 1990, S. 38),61 nachfolgende empirische Untersuchungen lieferten jedoch eine breite Bestätigung (vgl. z. B. Sunde/Brodie 1993, S. 47 ff.; Bottomley/Doyle 1996, S. 365 ff.; Bottomley/Holden 2001, S. 494 ff.). Die Markentreue oder -loyalität62 stellt einen guten, weil stark kaufverhaltensrelevanten Indikator für die Markenstärke dar (vgl. Burmann et al. 2005, S. 9). HEM UND IVERSEN (2003, S. 73 f. i. V. m. S. 75 f.) konnten nachweisen, dass eine hohe zukünftige Kaufintention in Bezug auf die Stammmarke den Markentransfererfolg positiv beeinflusst. Ebenso konnten SWAMINATHAN ET AL. (2001, S. 4 i. V. m. S. 9) feststellen, dass sich die Kaufhäufigkeit der Stammmarke positiv

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Allgemein versteht man unter Einstellung (‚attitude’) eine eindimensionale Größe, die einen gelernten und relativ dauerhaften Zustand beschreibt, gegenüber einer Marke mehr oder weniger stark positiv oder negativ zu reagieren (vgl. weiterführend Baumgarth 2004, S. 73 ff.; Trommsdorff 2003, S. 150). Ein weiterer Ansatz zur Beurteilung der Markeneinstellung ist die Verwendung von Ergebnissen existierender Markenbeurteilungsstudien. LANE UND JACOBSON (1995, S. 69) nutzten zum Beispiel Ergebnisse des ‚1990 Landor Image Power Surveys’, in welchem 2000 US-amerikanische Marken hinsichtlich Bekanntheit und Wertschätzung beurteilt wurden. In einer Meta-Studie, die sowohl die Originalstudie von AAKER UND KELLER (1990) als auch verschiedene Replika umfasst, konnte gezeigt werden, dass sich die Qualitätseinschätzung im Rahmen eines Interaktionseffektes kombiniert mit dem Fit zwischen Stammmarke und Transferprodukt auswirkt (vgl. Echambadi et al. 2006, S. 258). Markentreue lässt sich allgemein als den wiederholten Kauf einer Marke bezeichnen, wobei echte von unechter Markentreue zu unterscheiden ist. Echte Markentreue zeigt sich in einer hohen Überzeugung des Abnehmers für immer dieselbe Marke. Unechte Markentreue dagegen resultiert aus gewohnheitsmäßiger oder zufälliger Markenwahl ohne kognitive Anstrengung (vgl. weiterführend Baumgarth 2004, S. 84 ff.). Inwiefern Markentreue tatsächlich ein Bestandteil des Markenwertes ist, hängt von der Wahl der theoretischen Perspektive ab. Aus Perspektive der Kognitionspsychologie stellt Markentreue eine Komponente des Markenwertes dar. Aus einer informationsökonomischen Sicht stellt Markentreue die Konsequenz des Markenwertes dar (vgl. weiterführend Erdem/Swait 1998, S. 133).

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3 Stand der empirischen Forschung

auf die Erstkaufwahrscheinlichkeit des Transferproduktes auswirkt. Das Markeninvolvement,63 häufig ausgedrückt durch Markenvertrauen und -identifikation, wurde ebenfalls in verschiedenen Untersuchungen betrachtet. Der Einfluss des Markenvertrauens auf den Markentransfererfolg wurde jüngst von REAST (2005, S. 6 i. V. m. S. 8 f.) bestätigt, während HEM UND IVERSEN (2003, S. 74 i. V. m. S. 76) einen positiven Einfluss der Markenidentifikation feststellten. Auch Untersuchungen, die das Markeninvolvement als ein Konstrukt mit verschiedenen Unterdimensionen messen, konnten die Erfolgsrelevanz bestätigen. VÖLCKNER (2003, S. 37 i. V. m. S. 231) attestiert dem Markeninvolvement (operationalisiert aus Markenvertrauen, -identifikation und -sympathie) eine im Vergleich zu den übrigen untersuchten Einflussfaktoren große Bedeutung und PARK ET AL. (2002, S. 196) bestätigen den Einfluss der sog. ‚Brand Relationship Quality‘64 auf Bewertung und Kaufintention des Transferproduktes. Neben der Markenstärke gilt es, auch die Art des Images der Stammmarke im Rahmen der Relevanz der Marke für den Markentransfererfolg zu betrachten. Unter der Voraussetzung, dass Markenimages unterschiedlich stark von einzelnen Assoziationen geprägt werden, können grundsätzlich zwei Imagetypen unterschieden werden. Bei Dominanz von physisch-technischen bzw. funktionalen Merkmalen handelt es sich um ein produktgeprägtes Image, bei Dominanz von imageorientierten, emotionalen Assoziationen um ein nutzen- bzw. konnotativ geprägtes Image (vgl. Caspar/Burmann 2005, S. 260). Eine Marke, deren Assoziationen überwiegend durch spezifische Eigenschaften ihrer Produktkategorie geprägt sind, also ein produktgeprägtes Image aufweist, besitzt einen nur begrenzten Kompetenzanspruch. Ein nutzen- bzw. konnotativ geprägtes Image hingegen bietet einen wesentlich breiteren Handlungsspielraum, der eine größere

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Involvement bezeichnet allgemein die persönliche Relevanz eines Objektes (hier einer Marke) für eine Person (vgl. Celsi/Olson 1988, S. 211; weiterführend Baumgarth 2004, S. 37 ff.). PARK ET AL. (2002, S. 195) konzeptualisieren das Markeninvolvement durch sieben Unterdimensionen (‚commitment’, ‚brand partner quality’, ‚selfconnection’, ‚intimacy’, ‚nostalgia’, ‚love & passion’ und ‚trust’’ und bezeichnen dieses als ‚Brand Relationship Quality’.

3.2 Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren

67

Vielfalt an möglichen Transferprodukten erlaubt. Der beschriebene Zusammenhang wird in mehreren empirischen Untersuchungen bestätigt (vgl. z. B. Zatloukal 2002, S. 142; Reddy et al. 1994, S. 255 f.). 3.2.5 Zusammenfassung der markentransferrelevanten Unternehmensressourcen Wie in den Kapiteln 3.2.1 bis 3.2.4 erläutert wurde, existieren einige, wenn auch oftmals nur implizite Hinweise für den Einfluss von unternehmensinternen Ressourcen auf den Markentransfererfolg. In Tabelle 3-3 werden diese nochmals zusammenfassend dargestellt. Tabelle 3-3:

Empirische Erkenntnisse zum Einfluss unternehmensinterner Faktoren auf den Markentransfererfolg

Klassen unternehmensinterner Faktoren

Empirische Erkenntnisse zum Einfluss auf den Markentransfererfolg

Unternehmenskultur

– Bisher keine quantitativen empirischen Erkenntnisse zum Einfluss der Unternehmenskultur. – Erste Hinweise zu zwei Einflussfaktoren auf Basis qualitativer Fallstudien: – Risikofreudigkeit – Markenorientierung

Strategische Marketingfähigkeiten

– Bisher keine quantitativen empirischen Erkenntnisse zum Einfluss strategischer Marketingfähigkeiten. – Allerdings implizite empirische Hinweise: – Fit ist vielfach empirisch bestätigtes Erfolgskriterium. – Einbettung des Markentransfers in Markenentwicklung und Produktportfolio der Marke ist empirisch bestätigtes Erfolgskriterium. – Herstellung des Fits und Einbettung des Markentransfers in den Gesamtzusammenhang der Marke setzen potenziell strategische Marketingfähigkeiten voraus.

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1 Stand der empirischen Forschung

Klassen unternehmensinterner Faktoren

Empirische Erkenntnisse zum Einfluss auf den Markentransfererfolg

Operative Marketingfähigkeiten

– Bisher keine quantitativen empirischen Erkenntnisse zum Einfluss operativer Marketingfähigkeiten. – Allerdings implizite empirische Hinweise: – Kommunikative Fähigkeiten potenziell relevant, da – Kommunikationsintensität und -inhalt bedeutend für die Akzeptanz des Transferproduktes; – Art der Kommunikation Stammmarkenbekanntheit, -image und -einstellung sowie Absatz und Image von Stammprodukten beeinflusst. – Produktpolitische Fähigkeiten potenziell relevant, da Namensgebung Akzeptanz von inkonsistenten Transferprodukten beeinflusst und Rückwirkungseffekte steuert. – Distributionsfähigkeiten potenziell relevant, da Handelsakzeptanz wichtiger Erfolgsfaktor im Bereich kurzlebiger Konsumgüter.

Marketingrelevante intangible Vermögensgegenstände

– Fundamentale Voraussetzung des Markentransfers ist die Existenz einer hinreichend starken Marke. – Der Einfluss der Stammmarkenstärke auf den Markentransfererfolg wird in der überwiegenden Mehrheit der empirischen Untersuchungen bestätigt. Das heißt, folgende Faktoren haben Bedeutung: – Markenbekanntheit – Markeneinstellung – Markentreue – Markeninvolvement – Marken mit Dominanz von physisch-technischen, funktionalen Merkmalen beschränken das Spektrum möglicher Transfers.

4 Methodische Einordnung der Untersuchung Wie in Kapitel 3 ausführlich dargelegt wurde, existieren vielfältige Hinweise darauf, dass unternehmensinterne Faktoren Relevanz für den Markentransfererfolg haben. Im Verlauf der vorliegenden Untersuchung werden die zugrunde liegenden Wirkungsbeziehungen empirisch untersucht. Bevor jedoch die konkrete Entwicklung des Forschungsmodells erfolgt (Kapitel 5), wird die Untersuchung zunächst in den Forschungsbereich der Erfolgsfaktorenforschung eingeordnet (Kapitel 4.1) und die verwendete Methodik zur empirischen Analyse dargestellt (Kapitel 4.2).

4.1 Erfolgsfaktorenforschung als Empirische Mastertechnik der Untersuchung Die Analyse potenzieller Einflussfaktoren auf den Erfolg betriebswirtschaftlicher Aktivitäten hat in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung eine lange Tradition und lässt sich unter dem Oberbegriff Erfolgsfaktorenforschung zusammenfassen. Auch die vorliegende Untersuchung von unternehmensinternen Faktoren hinsichtlich deren Einfluss auf den Markentransfererfolg kann der Erfolgsfaktorenforschung zugeordnet werden. Es kann so von den etablierten Erkenntnissen dieser empirischen Mastertechnik65 profitiert werden. Hierzu soll zunächst die Erfolgsfaktorenforschung (Kapitel 4.1.1) und deren Methoden (Kapitel 4.1.2) vorgestellt werden, um dann deren Bedeutung im Marketing zu erörtern (Kapitel 4.1.3). Abschließend wird die Anwendbarkeit für die vorliegende Untersuchung diskutiert (Kapitel 4.1.4).

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Der Begriff der Mastertechnik geht auf KORNHAUSER und LAZARSFELD (1955) zurück; sie definieren Mastertechnik wie folgt: „The master techniques are those used in planning and organizing research, in controlling it, in interpreting the findings” (Kornhauser/Lazarsfeld 1955, S. 392). Für eine ausführliche Diskussion verschiedener Mastertechniken vgl. BAUMGARTH (2003, S. 9 ff.).

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4 Methodische Einordnung der Untersuchung

4.1.1 Begriffsdefinition, Zielsetzung und Grundkonzeption der Erfolgsfaktorenforschung Der Erfolgsfaktorenbegriff66 wurde bereits in den 1960er-Jahren von STEINER (1969, S. 2) verwendet, der ihn folgendermaßen definierte: „Strategic factors refer to an action, element, or condition which for a business may be of critical importance in its success or failure. It can refer both to a force outside the company as well as one within an enterprise.” In der deutschsprachigen Literatur wird der Begriff des Erfolgsfaktors in ähnlicher Weise definiert: „Als strategische Erfolgsfaktoren werden diejenigen Elemente, Determinanten oder Bedingungen bezeichnet, die den Erfolg oder Misserfolg unternehmerischen Handelns […] maßgeblich beeinflussen […]“ und „[…] die in der Umwelt des Unternehmens, aber auch im Unternehmen selbst wirksam sind“ (Grimm 1983, S. 26). Das grundlegende Ziel der Erfolgsfaktorenforschung besteht damit in der empirisch gestützten Ermittlung von strategisch bedeutsamen Variablen, die erfolgreiche betriebswirtschaftliche Aktivitäten von weniger erfolgreichen abgrenzen. Dabei gilt die Grundannahme, dass trotz der Multidimensionalität des Erfolges und der Multikausalität der potenziellen Erfolgsfaktoren nur einige wenige Variablen über den langfristigen Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens, eines Produktes oder einer Marke entscheiden (vgl. Haenecke 2002, S. 166; Baumgarth 2005, S. 3). Der Erfolg kann sich auf unterschiedliche Objekte, wie das gesamte Unternehmen, strategische Geschäftseinheiten, einzelne Marken oder Produkte, beziehen und wird anhand von sog. Erfolgsindikatoren gemessen. Dies sind Variablen, die den Erfolg messbar und vergleichbar machen, wie beispielsweise Gewinn, Umsatz oder Rentabilität. Erfolgsfaktoren hingegen sind Variablen, die einen Erfolgsindikator maßgeblich determinieren. Es lassen sich unternehmensinterne und unternehmensexterne Erfolgsfaktoren unterscheiden, wobei Erstere im Wesentlichen durch Entscheidungen des Unternehmens selbst beeinflusst werden. Hierzu sind unter anderem die strategisch bedeutsamen Bestandteile des absatzpolitischen Instrumentariums zu zählen, wobei nicht nur harte

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Neben dem Begriff des Erfolgsfaktors finden verschiedene andere Bezeichnungen in der Literatur synonyme Verwendung, wie zum Beispiel Einflussfaktoren, Erfolgsdeterminanten, Wettbewerbsfaktoren, Erfolgspositionen, strategische Schlüsselfaktoren, kritische Erfolgsfaktoren, ‚Strategic Factors’. Vgl. zum Überblick DASCHMANN (1994, S. 1).

4.1 Erfolgsfaktorenforschung als Empirische Mastertechnik der Untersuchung

71

Faktoren der traditionellen Managementlehre, sondern auch weiche Merkmale, wie zum Beispiel die Unternehmenskultur, Berücksichtigung finden. Unternehmensexterne Variablen hingegen stellen umweltbezogene Größen dar, auf die ein Unternehmen keinen oder nur wenig Einfluss nehmen kann (vgl. Haenecke 2002, S. 166). 4.1.2 Systematisierung der methodischen Ansätze Bei der Erfolgsfaktorenforschung handelt es sich nicht um eine homogene Forschungsmethode, sondern um eine Gruppe von heterogenen Analysemethoden, die ein gemeinsames Denkmodell verfolgen (vgl. Haenecke 2002, S. 167; Baumgarth 2005, S. 3). In Anlehnung an HAENECKE (2002, S. 167 ff.) werden im Folgenden fünf Forschungsmethoden unterschieden und kurz charakterisiert (vgl. Abbildung 4-1). Bei der direkten Ermittlung der Erfolgsfaktoren wird in Expertenbefragungen direkt nach den erfolgsbeeinflussenden Faktoren gefragt. Dies kann methodisch gestützt (z. B. durch Kreativitätstechniken) oder methodisch-materiell gestützt (z. B. durch Checklisten) erfolgen. Bei der indirekten Ermittlung wird nicht direkt nach der Erfolgsrelevanz gefragt. Diese wird vielmehr nach getrennter Erhebung von Erfolgsindikatoren und -faktoren indirekt (meist mittels statistischer Verfahren) ermittelt. Unter der indirekten Ermittlung lassen sich drei Methoden subsumieren. Qualitative Studien untersuchen keine statistischen Zusammenhänge, sondern analysieren qualitative Aussagen ausgesuchter erfolgreicher Unternehmen mit dem Ziel, strukturelle Gemeinsamkeiten zu finden. Quantitativ-explorative Studien versuchen, mithilfe statistischer Verfahren unter einer Vielzahl möglicher Erfolgsfaktoren diejenigen zu identifizieren, die den Erfolg tatsächlich beeinflussen. Quantitativ-konfirmatorische Studien hingegen analysieren bereits theoretisch und empirisch gut untersuchte Wirkungszusammenhänge mithilfe kausalanalytischer Verfahren, wobei weniger Erfolgsfaktoren untersucht werden, da auf ein gewisses Verständnis der Kausalstrukturen zurückgegriffen wird (vgl. Haenecke 2002, S. 167 ff.). In der vorliegenden Untersuchung wird ein quantitativ-konfirmatorischer Weg eingeschlagen und ein kausalanalytisches Verfahren – ein Strukturgleichungsmodell – angewendet. Wie aus Kapitel 3 bereits ansatzweise ersichtlich wurde, lassen sich auf Basis bisheriger empirischer Erkenntnisse hypothetische Wir-

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4 Methodische Einordnung der Untersuchung

Methodisch gestützt Direkte Ermittlung Methodischmateriell gestützt Empirische Identifikation strategischer Erfolgsfaktoren

Qualitativ

Indirekte Ermittlung

Quantitativexplorativ Quantitativkonfirmatorisch

Abbildung 4-1:

Methoden zur Identifikation von Erfolgsfaktoren (In Anlehung an Haenecke 2002, S. 168)

kungszusammenhänge zwischen unternehmensinternen Faktoren und dem Markentransfererfolg ableiten. Aus diesem Grund ist die Anwendung eines quantitativ-konfirmatorischen Vorgehens angebracht. 4.1.3 Entwicklung der Erfolgsfaktorenforschung und Bedeutung im Markenbereich Als Keimzelle der Erfolgsfaktorenforschung wird allgemein das PIMS-Programm (Profit Impact of Market Strategies) angesehen, welches von den 1960erbis Ende der 1990er-Jahre ursprünglich in den USA und später auch in Europa Industrieunternehmen systematisch auf Erfolgsfaktoren untersuchte (vgl. weiterführend Buzzell/Gale 1989). In den 1980er-Jahren erlangte die Erfolgsfaktorenforschung verstärkte Aufmerksamkeit, wobei sowohl die analytischen Ansätze als auch die Resultate der durchgeführten Studien heterogen waren. Beispielhaft sei hier auf die viel beachtete Studie von PETERS UND WATERMANN (2004) verwiesen, die 82 US-amerikanische Großunternehmen mit überdurchschnittlichem Erfolg (sog. ‚excellent companies‘) qualitativ untersuchten und auf dieser Basis acht Verhaltensmerkmale erfolgreicher Unternehmen formulierten.

4.1 Erfolgsfaktorenforschung als Empirische Mastertechnik der Untersuchung

73

Seit Anfang der 1990er-Jahre lassen sich erste Studien identifizieren, die Marketing im Sinne einer Marktorientierung des Unternehmens als Erfolgsfaktor der Unternehmensführung analysieren (vgl. z. B. Fritz 1992; Krohmer 1999). Anschließend wurden Erfolgsfaktorenstudien für bestimmte Institutionen, wie zum Beispiel im Handel (vgl. z. B. Patt 1990), und ausgewählte Marketinginstrumente, wie zum Beispiel Produktinnovationen (vgl. z. B. Ernst 2001), durchgeführt. Die jüngste Entwicklung im Bereich der marketingspezifischen Erfolgsfaktorenforschung bildet die Markenpolitik (vgl. Baumgarth 2005, S. 4), wobei sich drei verschiedene Unterarten abgrenzen lassen. Markenrelevanzstudien analysieren die Bedeutung der Marke im Vergleich zu anderen Marketing- oder Unternehmensausrichtungen. Markenführungsstudien fokussieren auf die Erfolgsfaktoren der kontinuierlichen Markenpolitik, wie Fragen der Markenpositionierung oder des Markenportfolios. Markenprojektstudien hingegen untersuchen zeitlich befristete Projekte, wie das Co-Branding oder den Markenaufbau. Häufiger Gegenstand der Erfolgsfaktorenforschung im Markenbereich ist bis dato auch der Markentransfer (vgl. Baumgarth 2005, S. 5). 4.1.4 Problemfelder der Erfolgsfaktorenforschung und Relevanz für die Untersuchung Trotz der steigenden Bedeutung insbesondere im Markenbereich wird die Erfolgsfaktorenforschung kontrovers und kritisch diskutiert (vgl. z. B. Wolff et al. 2004, S. 263 ff.; Nicolai/Kieser 2002, S. 579 ff.). Neben methodischen Schwächen, wie zum Beispiel nicht repräsentativen Stichproben, Verzerrungseffekten oder Fehlern in der Anwendung der statistischen Methoden (vgl. Nicolai/Kieser 2002, S. 584), werden Erfolgsfaktorenstudien insbesondere Vereinfachung (1), soziale Konstruktion (2) und Kopierbarkeit der Erfolgsfaktoren (3) vorgeworfen. Ad (1): Die Kritik der Vereinfachung bezieht sich auf die reale Komplexität der Erfolgsursachen, welche nicht in den Studien abgebildet wird (vgl. Nicolai/ Kieser 2002, S. 586). Dieser Punkt ist korrekt, trifft allerdings für fast alle Bereiche der Theoriebildung und empirischen Analyse zu. Ein vollkommenes Abbild der Realität ist im wissenschaftlichen Prozess kaum erreichbar. Ad (2): Der Vorwurf der sozialen Konstruktion verweist auf den Widerspruch zwischen der Optik der Erfolgsfaktorenforschung, die aufgrund ihrer in der Regel quantitativen Ausrichtung mit großen Fallzahlen häufig den Eindruck einer mechanistischen Wahrheit erzeugt, und der notwendigen subjektiven Gestaltung

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4 Methodische Einordnung der Untersuchung

der Studie durch den Forscher (vgl. Nicolai/Kieser 2002, S. 587). Wie HOMBURG UND KROHMER (2004, S. 628) betonen, können Erfolgsfaktorenstudien nicht mechanistisch Rezepte und Handlungsanweisungen für einzelne Unternehmen generieren – und beanspruchen jenes auch nicht. Resultate statistischer Analysen – wie auch die Untersuchung von Erfolgsfaktoren – lassen grundsätzlich keine deterministischen Aussagen für das einzelne Objekt zu. Das Ziel der Erfolgsfaktorenforschung und somit auch der vorliegenden Untersuchung besteht nicht in einer unreflektierten Übernahme von Handlungsanweisungen durch Unternehmen, sondern vielmehr in der Nutzung der Ergebnisse zum besseren Verständnis realer Phänomene. Zudem werden die im Gegensatz zum Eindruck der ‚mechanistischen Wahrheit‘ stehenden subjektiven Einflussmöglichkeiten des Forschers, wie FRITZ (2004, S. 624 f.) betont, durch überindividuelle Kontrollinstanzen,67 die den Forscher transparent, inter-subjektiv prüfbar und kritisierbar machen, stark begrenzt. In der vorliegenden Arbeit wird sowohl der Prozess der Hypothesenformulierung und der Operationalisierung als auch die Analyse der empirischen Daten transparent gestaltet, um eine objektive Überprüfung zu ermöglichen und den individuellen Einfluss des Forschers zu minimieren. Ad (3): Die Kritik der Kopierbarkeit bezieht sich auf die Feststellung, dass nach Identifizierung und Bekanntmachung erfolgsrelevanter Faktoren diese kopierbar, imitierbar und damit nicht geeignet sind, den Erfolgsvorsprung am Markt zu begründen (vgl. Nicolai/Kieser 2002, S. 585; March/Sutton 1997, S. 699). Eine hilfreiche Unterscheidung, die HUBER (2004) vornimmt, kann diesen scheinbaren Widerspruch lösen. HUBER (2004, S. 116) differenziert zwischen unternehmensindividuellen Erfolgspotenzialen und strategischen Erfolgsfaktoren, die es mithilfe der individuellen Erfolgspotenziale zu beherrschen gilt. Erfolgspotenziale entstehen, wenn das Unternehmen über strategisch wichtige Ressourcen verfügt, die durch Isolationselemente vor den Akquisitions-, Imitations- und Substitutionsbemühungen der Konkurrenz geschützt sind. Dies bedeutet, dass sich allgemeingültige Erfolgsfaktoren identifizieren lassen, die von Unternehmensseite durch individuelle Erfolgspotenziale verwirklicht werden. Durch Identifizierung von Erfolgsfaktoren wird demnach die strategische Wich67

Explizit nennt FRITZ (2004, S. 625) in diesem Zusammenhang methodische Regeln bei Hypothesenformulierung und Entwicklung von Messinstrumenten sowie den Forschungsprozess mit Begutachtungsverfahren.

4.2 Strukturgleichungsmodelle als Methodik zur Analyse

75

tigkeit eines spezifischen Faktors, wie zum Beispiel einer starken Marke oder guter operativer Marketingfähigkeiten, belegt. Die Beherrschung des Erfolgsfaktors wird jedoch bedingt durch die unternehmensindividuelle Ressourcenausstattung und kann insofern nicht ohne Weiteres kopiert werden. Den genannten Kritikpunkten wird in der vorliegenden Arbeit durch methodisch und konzeptionell saubere Vorgehensweise entgegengewirkt. Unter dieser Voraussetzung stellt die Erfolgsfaktorenforschung einen geeigneten Bezugsrahmen für die empirische Untersuchung des Einflusses von unternehmensinternen Faktoren auf den Markentransfererfolg dar. Als solcher bietet die Erfolgsfaktorenforschung eine Auswahl an möglichen empirischen Methoden, die im Rahmen der Empirie zur Anwendung kommen und deren Eignung für die Identifikation von erfolgsrelevanten Faktoren vielfach unter Beweis gestellt wurde.

4.2 Strukturgleichungsmodelle als Methodik zur Analyse des Untersuchungsgegenstandes Zur empirischen Überprüfung des Einflusses von unternehmensinternen Faktoren auf den Markentransfererfolg wird ein Strukturgleichungsmodell verwendet. Strukturgleichungsmodelle werden auch als multivariate Verfahren der zweiten Generation bezeichnet und sind als solche geeignet, komplexe Hypothesensysteme, wie das Untersuchungsmodell, auf der Basis von empirischen Daten zu überprüfen. Multivariate Verfahren analysieren in Abgrenzung zu den uni- und bivariaten Verfahren eine große Anzahl von Variablen sowie deren Abhängigkeitsstruktur simultan. Zu den multivariaten Verfahren der ersten Generation zählen strukturprüfende (konfirmatorische) Verfahren, wie die Multiple Regression, die Multiple Diskriminanzanalyse oder die Multiple Varianzanalyse, sowie strukturentdeckende (exploratorische) Verfahren, wie die Faktorenanalyse oder die Clusteranalyse.68 Multivariate Verfahren der zweiten Generation lassen sich nach FORNELL (1987, S. 411) durch folgende Kennzeichen charakterisieren: Einbeziehung von multiplen exogenen und endogenen Variablen, latenten Variablen und Messfehlern sowie konfirmatorische Anwendung. Das vorliegende Untersu68

Für eine Übersicht der multivariaten Verfahren vgl. zum Beispiel BACKHAUS (2006, S. 7 ff.).

ET AL.

76

4 Methodische Einordnung der Untersuchung

chungsmodell erfordert die konfirmatorische Überprüfung einer Kausalstruktur zwischen nicht direkt beobachtbaren, also latenten Variablen, sodass die Anwendung eines Strukturgleichungsmodells geeignet ist. Strukturgleichungsmodelle haben in der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung und insbesondere in der Marketingforschung zunehmend an Bedeutung gewonnen (vgl. Baumgartner/ Homburg 1996, S. 140 f.). Ein Beleg für diese Entwicklung zeigt sich in der steigenden Zahl von Anwendungen der Kovarianzstrukturanalyse in nationalen und internationalen betriebswirtschaftlichen Fachzeitschriften (Krafft et al. 2003, S. 95 f.). Zielsetzung von Strukturgleichungsmodellen ist es, ein theoretisch abgeleitetes Hypothesensystem oder Wirkungsmodell auf der Basis von empirischen Daten zu überprüfen. Das Hypothesensystem beinhaltet Vermutungen darüber, wie einzelne latente Variablen mit einander in Zusammenhang stehen, wie also ihre gegenseitigen Wirkungszusammenhänge sind. Zentrales Merkmal von Strukturgleichungsmodellen ist die Unterscheidung von latenten, das heißt nicht direkt erfassbaren Variablen, und beobachtbaren, das heißt messbaren Indikatorvariablen.69 Latente Variablen sind komplexe Konstrukte,70 die nicht direkt gemessen werden können, sondern lediglich über Indikatorvariablen erfassbar sind (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 6). Um Rückschlüsse auf den Wirkungszusammenhang zwischen latenten Variablen ziehen zu können, werden diese durch meist mehrere Indikatoren operationalisiert. Diese sog. manifesten Indikatoren bilden die latente Variable jedoch nicht fehlerfrei ab; es handelt sich vielmehr um fehlerbehaftete Messungen. Jene Messfehler finden im Rahmen der Modellierung explizite Berücksichtigung. Während die eigentlich interessierenden latenten Variablen im sog. Strukturmodell in Beziehung zueinander gesetzt werden, bildet das Messmodell die Beziehung zwischen den manifesten Indikatoren ab. Bei einem Strukturgleichungsmodell handelt es sich somit um eine simultane Über-

69

70

Aus wissenschaftstheoretischer Sicht basiert die Unterscheidung von latenten, nicht beobachtbaren Variablen von manifesten, beobachtbaren Variablen auf der Zweisprachentheorie (vgl. weiterführend Fassott/Eggert 2005, S. 34 ff.). Die Begriffe ‚latente Variable’ und ‚Konstrukt’ werden in Anlehnung an HOMBURG UND GIERING (1996, S. 6) im Folgenden synonym verwendet.

4.2 Strukturgleichungsmodelle als Methodik zur Analyse

77

Strukturmodell

į1

Indikator x1

Ȝ11

į2

Indikator x2

Ȝ21

ȟ1

ȗ1

Ȗ11

Ȝ11`

Ș1

Indikator x3

ʌ23

Indikator x4

ʌ24

Ȝ21`

ȟ2

Ȗ 12

Indikator y1

İ1

Indikator y2

İ1

įȟ2 Messmodelle der latenten exogenen Variablen

Abbildung 4-2:

Messmodell der latenten endogenen Variablen

Aufbau eines Strukturgleichungsmodells (In Anlehnung an Götz/LiehrGobbers 2004a, S. 716; Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 7)

prüfung von Mess- und Strukturmodell (vgl. Homburg/Hildebrandt 1998, S. 18). Abbildung 4-2 stellt den Aufbau eines Strukturgleichungsmodells grafisch dar. Für die Notation von Strukturgleichungsmodellen haben sich einige Abkürzungen durchgesetzt, die in Tabelle 4-1 zusammengefasst sind. In den folgenden Formalisierungen werden diese Notationen verwendet und an entsprechender Stelle ergänzt. 4.2.1 Darstellung der Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell Das Strukturmodell wird oft auch als inneres Modell bezeichnet und beschreibt die hypothetischen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen latenten Variablen, wobei die abhängigen latenten Variablen als endogene Variablen und die unabhängigen latenten Variablen als exogene Variablen bezeichnet werden. Die Beziehungen zwischen den latenten Variablen werden aufgrund theoretischer bzw. sachlogischer Überlegungen im Rahmen der Hypothesenformulierung aufgestellt. Die Summe der Wirkungsbeziehungen ergibt das Strukturmodell, wel-

78

4 Methodische Einordnung der Untersuchung

Tabelle 4-1:

Notation des Strukturgleichungsmodells

Abkürzung

Bedeutung

[ K J

(Ksi)

Latente exogene Variable

(Eta)

Latente endogene Variable

(Gamma)

Pfadkoeffizient zwischen latenten Variablen

]

(Zeta)

Messfehler im Strukturmodell

x

Indikatorvariable für eine latente exogene Variable

y

Indikatorvariable für eine latente endogene Variable

O S G H

(Lambda)

Ladungskoeffizient im reflektiven Messmodell

(Pi)

Gewichtungskoeffizient im formativen Messmodell

(Delta)

Messfehler im exogenen Messmodell

(Epsilon)

Messfehler im endogenen Messmodell

ches in Form einer kausalen Kette formuliert sein muss, das heißt, es darf keine Schleife enthalten sein71 (vgl. Henseler 2005, S. 71; Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 7 f.). Formal lässt sich das Strukturmodell mit Gleichung 4.1 abbilden (Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 716 f.): Strukturmodell: K1

J 11[1  J 12[ 2  ] 1

oder allgemein: K i

¦J

ij

(4.1)

[j ]i

j

4.2.2 Reflektive und formative Messmodelle Das Messmodell drückt die Beziehung zwischen den latenten Variablen und den zugehörigen Indikatoren aus. Je nach Richtung der unterstellten Beziehung zwischen Indikator und latenter Variable wird zwischen formativen und reflektiven

71

Diese Art von Pfadmodellen wird als rekursiv bezeichnet. Rekursivität liegt vor, wenn von latenten Variablen eine Kette von Pfeilen ausgehen, die direkt oder indirekt über andere latente Variablen wieder auf die ursprüngliche latente Variable zeigt (vgl. Henseler 2005, S. 71).

4.2 Strukturgleichungsmodelle als Methodik zur Analyse

Reflektives Messmodell Formale Darstellung

79

Formatives FormativesMessmodell

į1

Indikator x1

Ȝ11

Indikator x2

Ȝ21

ȟ1

Indikator x3

ʌ23

Indikator x4

ʌ24

įȟ2

ȟ2

į2

Wirkungsrichtung

Konstrukt wirkt auf die Indikatoren

Indikatoren verursachen das Konstrukt

Änderung des Konstrukts

Verursacht Änderung in allen Indikatoren

Wird verursacht durch Änderung eines oder mehrerer Indikatoren

Korrelation der Indikatoren

Hochgradig korrelierte Indikatoren

Indikatoren müssen nicht, können aber korrelieren

Eliminierung von Indikatoren

Aus messtheoretischer Sicht unproblematisch

Aus messtheoretischer Sicht weder nötig noch vertretbar

Abbildung 4-3:

Gegenüberstellung reflektives und formatives Messmodell

Indikatoren bzw. Messmodellen72 unterschieden (siehe Abbildung 4-3). In der englischsprachigen Literatur werden die jeweiligen Indikatoren gemäß ihrer Wirkungsrichtung oft auch als ‚effect indicators‘ (reflektive Indikatoren) oder als ‚cause indicators‘ (formative Indikatoren) bezeichnet (vgl. Bollen/Lennox 1991, S. 305 f.).73 Reflektive Messmodelle werden dann verwendet, wenn die latente Variable ihre zugeordneten Indikatoren verursacht, das heißt, die Indikatoren stellen Repräsentanten des dahinter liegenden Konstruktes dar. Eine Änderung des Kon72

Für eine detaillierte Diskussion reflektiver und formativer Messmodelle siehe FASSOTT EGGERT (2005, S. 31 ff.), DIAMANTOPOULOS UND WINKLHOFER (2001, S. 269 ff.) oder GÖTZ UND LIEHR-GOBBERS (2004a, S. 717 ff.). Die Wahl der Art des Messmodells – ob reflektiv oder formativ – hat entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells. Aus diesem Grund wird dieser Thematik im Rahmen der konkreten Operationalisierung des Untersuchungsmodells eigens das Kapitel 5.3.1.2 gewidmet. UND

73

80

4 Methodische Einordnung der Untersuchung

struktes verursacht somit stets die Änderung aller reflektiven Indikatoren. Würde es sich bei den Indikatoren um fehlerfreie Messungen der latenten Variablen handeln, besäßen alle Indikatoren einen Korrelationskoeffizienten von eins. Je höher hingegen der Messfehler Gi eines Indikators ausfällt, desto geringer ist ceteris paribus dessen Korrelation mit den übrigen Indikatoren (vgl. Fassott/Eggert 2005, S. 37). Für die spätere Gütebeurteilung bedeutet dies, dass die Eliminierung von schlecht gewählten Indikatoren, die eine geringe Korrelation mit den übrigen Indikatoren aufweisen, das Konstrukt inhaltlich nicht ändern (vgl. Bollen/Lennox 1991, S. 308). Mathematisch lässt sich das reflektive Messmodell durch die Gleichungen 4.2 ausdrücken (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 718): Reflektives Messmodell: x1 = Ȝ11 ȟ1 + į1 (exogene Variable) y1 = Ȝ11` Ș1 + İ1 (endogene Variable)* oder allgemein:

(4.2)

xi = Ȝij ȟj + įi (exogene Variable) yi = Ȝij Șj + İi (endogene Variable)*

* In Abbildung 4-3 nicht enthalten Formative Messmodelle liegen dann vor, wenn die Indikatoren die latente Variable verursachen, das heißt, die Indikatoren stellen definierende Eigenschaften des dahinter liegenden Konstruktes dar. Die Änderung eines Indikators führt somit stets zu einer Änderung der latenten Variablen. Der Wert der übrigen Indikatoren muss sich hierbei nicht notwendigerweise ändern. Da keine zwingende Korrelation zwischen den einzelnen Indikatoren vorliegt, bewirkt die Änderung eines Indikators nicht unbedingt die Änderung der weiteren Indikatoren. Dies bedeutet gleichzeitig, dass zur Messung der latenten Variablen die Gesamtheit der Indikatoren möglichst vollständig aufgenommen werden muss (vgl. Jarvis et al. 2003, S. 200 ff.; Fassott/Eggert 2005, S. 38 f.). Im Gegensatz zum reflektiven Messmodell ist die Eliminierung eines formativen Indikators im Zuge der Gütebeurteilung ausgeschlossen, da sich hierbei der definitorische Inhalt des Konstruktes ändern würde (vgl. Diamantopoulos 1999, S. 453 f.).74 Die Güte von formativen Messmodellen kann somit nur ex ante durch eine besonders sorg-

74

BOLLEN UND LENNOX (1991, S. 306) konstatieren in diesem Zusammenhang: „Omitting an indicator is omitting a part of the construct.“

4.2 Strukturgleichungsmodelle als Methodik zur Analyse

81

fältige Auswahl der Indikatoren sichergestellt werden. In mathematischer Schreibweise lässt sich die formativ operationalisierte latente Variable als Linearkombination ihrer Indikatoren definieren, wie in den Gleichung unter 4.3 dargestellt (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 719; Bollen/Lennox 1991, S. 306): Formatives Messmodell: ȟ2 = ʌ23 x3 + ʌ24 x4 + įȟ2 (exogene Variable) (4.3) Ș2 = ʌ23` y3 + ʌ24` y4 + İȘ2 (endogene Variable)* oder allgemein:

[i

¦S

ij

x j  G [ i (exogene Variable)

¦S

ij

y j  H K i (endogene Variable)*

j

Ki

j

* In Abbildung 4-3 nicht enthalten Die bisherigen Ausführungen beziehen sich auf eindimensionale Konstrukte. Ein eindimensionales Konstrukt bezeichnet den einfachsten Fall einer latenten Variablen, bei dem sich die Indikatoren direkt auf der Konstruktebene verdichten lassen. Ein mehrdimensionales Konstrukt höherer Ordnung hingegen wird durch zwei oder mehr Dimensionen erfasst. In der vorliegenden Untersuchung finden Konstrukte höherer Ordnung in ihrer klassischen Ausprägung keine Anwendung,75 weswegen auf eine nähere Beschreibung verzichtet wird (vgl. weiterführend Jarvis et al. 2003, S. 204 f.).

75

Die endogene latente Variable des Strukturgleichungsmodells der vorliegenden Untersuchung stellt zwar ein zweidimensionales Konstrukt dar, allerdings nicht in der klassischen Ausprägung, da eine Kombination mit dem sog. Zielansatz erfolgt. Diese spezifische Konstruktion wird gesondert in Kapitel 5.3.3 vorgestellt.

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells Die Bedeutung unternehmensinterner, marketingspezifischer Faktoren für den Markentransfererfolg wird durch ein Strukturgleichungsmodell analysiert. Wie in Kapitel 4.1 beschrieben, müssen hierzu Struktur- und Messmodell definiert werden. Das Strukturmodell wird durch die zu untersuchenden latenten Variablen sowie deren Abhängigkeitsbeziehungen untereinander gebildet. Die zu untersuchenden Variablen werden in Kapitel 5.1 im Wege der Konzeptualisierung der Konstrukte inhaltlich definiert und durch die Formulierung der Forschungshypothesen zueinander in Beziehung gesetzt, wodurch ein vollständiges Strukturmodell entsteht (Kapitel 5.2). Durch die Entwicklung geeigneter Messmodelle werden die einzelnen Konstrukte in Kapitel 5.3 operationalisiert.

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen Auf Basis der in den vorigen Kapiteln dargestellten theoretischen Grundlagen und empirischen Erkenntnisse wird im Folgenden das Strukturmodell der Untersuchung durch Formulierung einzelner Forschungshypothesen erarbeitet. Die in Kapitel 2.3.3 vorgestellte Klassifizierung von Marketingressourcen wird herangezogen, um den Einfluss unternehmensinterner, marketingspezifischer Faktoren auf den Markentransfererfolg zu strukturieren. Demzufolge wird der Einfluss der Unternehmenskultur (Kapitel 5.1.1), der strategischen (Kapitel 5.1.2) und operativen Marketingfähigkeiten (Kapitel 5.1.3) sowie der Markenstärke als marketingspezifischer Vermögensgegenstand (Kapitel 5.1.4) auf den Markentransfererfolg hergeleitet. Wie in Kapitel 3.2 deutlich wurde, existieren nur wenige explizite empirische Hinweise, auf deren Basis die Hypothesen formuliert werden können. Um eine möglichst große Relevanz und Realitätsnähe der Untersuchung zu gewährleisten, wurden für jene zu untersuchenden Wirkungsbeziehungen, für die kaum gesicherte empirische Erkenntnisse vorliegen, ausgewählte Experten befragt. Es

84

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

Marketingspezifische Ressourcen

Verhalten des Unternehmens in Bezug auf den Markentransfer

(Resource)

(Conduct)

Abbildung 5-1:

Markentransfererfolg

(Performance)

Wirkungsmodell marketingspezifischer Faktoren auf den Markentransfererfolg

handelt sich hierbei um fünf Experteninterviews, in denen gezielt Fragen zu einzelnen Wirkungen von unternehmensinternen Faktoren auf den Markentransfererfolg sowie zu konstituierenden Elementen einzelner Konstrukte im Vorfeld der Untersuchung diskutiert wurden. Bei den fünf Experten handelt es sich um zwei Vertreter aus Unternehmen, die Markentransfers mehrfach umgesetzt haben, und um drei Mitarbeiter der Firma McKinsey & Company, Inc., die auf marketingspezifsche Beratungstätigkeiten spezialisiert sind. An entsprechender Stelle wird auf Ergebnisse dieser Interviews Bezug genommen. Gemäß den Ausführungen in Kapitel 2.3 haben marketingspezifische Ressourcen aus den Bereichen Unternehmenskultur, strategische und operative Fähigkeiten sowie marketingspezifische Vermögensgegenstände grundsätzliches Potenzial, strategisch bedeutsame Ressourcen im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes zu sein.76 Allerdings müssen diese im Rahmen des strategischen oder operativen Verhaltens von Unternehmen in der konkreten Situation zum Einsatz kommen. In Anlehnung an die in Abbildung 2-4 vorgestellte grundsätzliche Wirkungsweise des ressourcenbasierten Ansatzes, soll auch hier von einer dreigliedrigen Wirkungskette ausgegangen werden mit den Elementen marketingspezifische Ressourcen, Verhalten des Unternehmens in Bezug auf den Markentransfer und Markentransfererfolg (vgl. Abbildung 5-1). Einige Ressourcen lassen sich nicht eindeutig einzelnen Verhaltensdimensionen zuordnen, wes-

76

Wie in Kapitel 2.3.1 ausführlich beschrieben, bezieht sich die strategische Werthaltigkeit auf das Potenzial dieser Ressourcen, zu einer überlegenen Leistung des Unternehmens beitragen zu können, sowie auf die Dauerhaftigkeit dieses Leistungsunterschiedes zur Konkurrenz bedingt durch Imitations-, Substitutions- und Akquisitionsbarrieren.

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

85

wegen in diesen Fällen vereinfacht die direkte Wirkung auf den Markentransfererfolg betrachtet wird.77 Auf welche Weise die einzelnen Ressourcen für eine überlegene Markentransferleistung im Sinne eines strategischen Erfolgsfaktors relevant sind, wird im Detail in den folgenden Kapiteln diskutiert. 5.1.1 Erfolgsfaktor Unternehmenskultur Wie in Kapitel 3.2.1 erläutert, wurde die generelle Erfolgsrelevanz der Unternehmenskultur in einer Vielzahl von konzeptionellen Arbeiten diskutiert und empirisch bestätigt. Die konkrete Bedeutung der Unternehmenskultur für den Markentransfer hingegen wurde bisher noch nicht untersucht, weswegen der hier vermutete Zusammenhang auf theoretisch-konzeptionellem Wege begründet wird. Die Unternehmenskultur stellt ein Teilsystem des Unternehmens dar, das sowohl direkt als auch indirekt auf das Verhalten der Unternehmensmitglieder Einfluss nimmt (vgl. Krohmer 1999, S. S. 23 f.). Es lässt sich insofern annehmen, dass die Unternehmenskultur auch die Ausgestaltung von Markentransfers beeinflusst und daher eine Determinante des Markentransfererfolges darstellt. Sollte in der vorliegenden Untersuchung ein positiver Einfluss bestimmter Ausprägungen der Unternehmenskultur auf den Markentransfer festgestellt werden, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um ein robustes Erfolgspotenzial handelt. Wie in Kapitel 2.3.3 beschrieben, wirken Isolationsmechanismen, wie insbesondere die kausale Ambiguität, welche die Ressource ‚Unternehmenskultur‘ vor den Imitationsbemühungen der Konkurrenz schützen. Es lassen sich zwei Ansätze zur empirischen Untersuchung der Unternehmenskultur unterscheiden. Dimensionsorientierte Ansätze erfassen die Unternehmenskultur merkmalsgestützt und leiten daraus inhaltliche Dimensionen zum Beispiel auf Ebene der Werte (z. B. Mitarbeiterorientierung) oder der Normen (z. B. Offenheit der Kommunikation) ab (vgl. z. B. De Brentani/Kleinschmidt 2004; Matsuno et al. 2002). Diese Herangehensweise eignet sich zur Untersuchung der Erfolgswirkung spezieller Aspekte der Unternehmenskultur. Typologieorientierte Ansätze hingegen messen die Unternehmenskultur durch Anwendung von Typologien. Hierzu werden die in der Realität vorgefundenen Unternehmenskulturen verschiedenen Idealtypen zugeordnet (vgl. hierzu beispiel77

Dies ist der Fall bei den Einflussfaktoren ‚Entrepreneurship’ (vgl. hierzu Kapitel 5.1.1.1) und ‚Markenstärke’ (vgl. hierzu Kapitel 5.1.4).

86

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

haft Quinn 1988; Cameron/Freeman 1991). Typologieorientierte Ansätze eignen sich eher für eine globale Perspektive und beantworten Fragen hinsichtlich der gesamthaften Wirkung einer ‚typischen‘ Unternehmenskultur auf den Erfolg. In der vorliegenden Untersuchung kann nur ein dimensionsorientiertes Verständnis zum Einsatz kommen. Dies begründet sich sowohl durch inhaltliche als auch methodische Aspekte. Zum einen ist das Ziel der vorliegenden Untersuchung die Erklärung des Markentransfererfolges. Anders als bei der Erklärung des globalen Unternehmenserfolges sind für den Markentransfererfolg vornehmlich Einzelaspekte der Unternehmenskultur relevant. Zum anderen erfordert die Zuordnung eines Unternehmens zu einem spezifischen Kulturtypus die Erhebung von umfangreichen Item-Batterien. Im Rahmen dieser Untersuchung stellt die Unternehmenskultur nur einen von verschiedenen möglichen Erfolgsfaktoren dar und kann daher aus forschungsökonomischen Gesichtspunkten keinen übermäßig großen Raum einnehmen. Bei Anwendung des dimensionsorientierten Ansatzes stellt sich die Frage, welche Dimensionen der Unternehmenskultur Determinanten des Markentransfererfolges sein könnten. Wie in Kapitel 3.2.1 erläutert, bietet hierzu eine qualitative Untersuchung von BLICHFELDT (2005, S. 177 ff.) mögliche Anhaltspunkte. Im Rahmen von Fallstudien stellt sie fest, dass die Strategie des Markentransfers nur von solchen Unternehmen durchgeführt wird, die eine stark markenorientierte Perspektive haben (im Gegensatz zu einer produktorientierten Sichtweise) und risikofreudig genug sind, sich in neue Märkte vorzuwagen (vgl. Blichfeldt 2005, S. 180 ff.). Im Folgenden sollen diese beiden Aspekte und ihre potenzielle Bedeutung für den Markentransfererfolg näher betrachtet werden. 5.1.1.1 Entrepreneurship Der Markentransfer impliziert den Eintritt in für das betreffende Unternehmen neue Märkte. Wie BLICHFELDT (2005, S. 182) feststellt, setzt diese Entscheidung eine gewisse Risikofreudigkeit voraus. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es mehr als nur reine Risikofreude ist, die einen Markentransfer entstehen und dann dauerhaft erfolgreich werden lässt. Es bedarf an Unternehmergeist, an einer wachstumsorientierten und innovationsfreundlichen Grundeinstellung im gesamten Unternehmen, im Englischen ‚Entrepreneurship‘ genannt. Eine Konzeptualisierung von Entrepreneurship im Sinne einer spezifischen Unternehmenskultur kann anhand des sog. ‚Competing Values Framework‘ ab-

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

87

geleitet werden. Das auf QUINN UND ROHRBAUGH (1983) zurückgehende Modell wurde von CAMERON UND FREEMAN (1991) weiterentwickelt und erstmals von DESHPANDÉ ET AL. (1993) im Bereich Marketing angewendet. Anhand der zwei Dimensionen Flexibilität vs. strukturelle Kontrolle der Unternehmensprozesse und interne vs. externe Orientierung lassen sich gemäß des Competing Values Framework vier grundsätzliche Typen der Unternehmenskultur bilden (vgl. Deshpandé et al. 1993, S. 25 f.). Im Quadranten großer Flexibilität und externer Orientierung befindet sich ein Kulturtypus, der als ‚Adhocracy‘ (Deshpandé et al. 1993, S. 25), ‚Developmental Culture‘ (vgl. z. B. Zammuto/O'Connor 1992, S. 711), ‚Open System‘ (vgl. z. B. Howard 1998, S. 235) oder aber auch als ‚Entrepreneurial‘ (vgl. z. B. Deshpandé/Farley 2004, S. 5) bezeichnet wird. Zu den dominanten Eigenschaften dieses Kulturtyps gehören Dynamik, Unternehmertum und Risikobereitschaft. Der Führungsstil ist unternehmerisch und risikofreudig. Innovation und Weiterentwicklung der Organisation sollen zu Wachstum und neuen Ressourcen führen (vgl. Deshpandé et al. 1993, S. 25). DESHPANDÉ ET AL. (1993, S. 26) halten zudem fest: „[…] effectiveness is defined in terms of finding new markets and new directions for growth”. Genau jenes ist es, was die Strategie des Markentransfers bezweckt. Es handelt sich um eine auf Wachstum ausgerichtete Strategie, die sowohl Risikobereitschaft erfordert als auch Flexibilität, mit neuen Gegebenheiten umgehen zu können. Aus diesen Überlegungen folgt die erste Hypothese: H1: Je stärker die unternehmerische Grundhaltung, das sog. Entrepreneurship, im Unternehmen ausgeprägt ist, desto größer ist der Erfolg des Markentransfers. 5.1.1.2 Markenorientierung Markenorientierung drückt sich in einem überragenden Stellenwert der Marke für das gesamte Unternehmen oder die strategische Geschäftseinheit aus.78 Die Marke wird als strategische Ressource und Basis für die Erzielung nachhaltiger

78

Im Folgenden wird vereinfacht vom ‚gesamten Unternehmen’ gesprochen, obwohl es durchaus konkrete Beispiele gibt, in denen einzelne strategische Geschäftseinheiten unterschiedliche kulturelle Formen ausgebildet haben.

88

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

Wettbewerbsvorteile verstanden (vgl. Urde 1999, S. 118 f.). Markenorientierung ist abzugrenzen von dem in der Marketingforschung zentralen Paradigma der Marktorientierung, welches sich nach KOHLI UND JAWORSKI (1990, S. 6) durch die organisationsweite Generierung von Marktinformationen, Verbreitung derselben und entsprechender Reaktivität der Organisation auszeichnet.79 Markenorientierung fußt auf diesem Konzept der reinen Ausrichtung des gesamten Unternehmens an den Anforderungen des Kunden, geht aber eindeutig darüber hinaus. Basierend auf der Erkenntnis, dass Konsumenten immer weniger Produkte als solche, sondern Marken mit emotionalen und symbolischen Werten kaufen, wird die langfristige Markenentwicklung in den Fokus der Betrachtung gerückt. Dauerhafte Wettbewerbsvorteile kann demnach nur das Unternehmen erzielen, das sich durch einzigartige Marken von den Wettbewerbern differenziert (zur Diskussion von Markt- vs. Markenorientierung vgl. Urde 1999, S. 117 ff.; Huber 2004, S. 34). Bis dato existieren nur wenige Definitionen und Konzeptualisierungen der Markenorientierungen, welche primär auf traditionellen Markendefinitionen basieren und diese mit Elementen des ressourcenbasierten Ansatzes kombinieren (vgl. Bridson/Evans 2004, S. 404). Der Begriff selbst geht auf URDE (1999, S. 117) zurück, der Markenorientierung wie folgt definiert: „Brand orientation is an approach in which the processes of the organization revolve around the creation, development, and protection of brand identity in an ongoing interaction with target customers with the aim of achieving lasting competitive advantages in the form of brands.” Aufbauend auf den konzeptionellen Überlegungen URDES, haben nachfolgend HANKINSON (2001a; 2001b; 2002) sowie EWING UND NAPOLI (2005) den Begriff der Markenorientierung im spezifischen Kontext von gemeinnützigen Organisationen weiterentwickelt. HANKINSON (2001a, S. 231) definiert dabei Markenorientierung als „[…] the extent to which organizations regard themselves as brands and an indication of how much (or how little) the organization accepts the theory and practice of branding”. EWING UND NAPOLI (2005, S. 842 ff.) entwickelten eine ‚nonprofit brand orientation scale‘, die aller-

79

Das Konzept der Marktorientierung wurde von einer Vielzahl von Autoren definiert (für eine Übersicht vgl. Krohmer 1999, S.34 f.). Grundsätzlich lassen sich verhaltensorientierte von kulturellen Ansätzen abgrenzen. An dieser Stelle wurde eine der geläufigsten verhaltensorientierten Definitionen gewählt.

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

89

dings aufgrund ihrer spezifischen Ausrichtung nicht auf den Bereich kommerzieller Unternehmen anwendbar ist. Ähnliches gilt für die Arbeit von BRIDSON UND EVANS (2004, S. 404 f.), welche die Wirkung der Markenorientierung im Bereich der Bekleidungsindustrie untersuchten. Sie ziehen vier Dimensionen der Fähigkeiten zur Markenbildung heran, um das Konstrukt Markenorientierung zu definieren. Trotz andersartiger Intention werden hierbei stark verhaltensorientierte Aspekte in den Vordergrund der Betrachtung gestellt, welche letztendlich lediglich die handwerklich gute Führung einer Marke beschreiben. Ähnlich der Diskussion um die Konzeptualisierung der Marktorientierung lässt sich allgemein festhalten, dass Markenorientierung sowohl verhaltensorientiert als auch kulturell konzeptualisiert werden kann. BRIDSON UND EVANS (2004, S. 404) stellen hierzu fest: „The philosophical foundation views brand orientation to be embedded in the organizations thinking and reflected in organizational values and beliefs. Conversely, the behavioural foundation concentrates on the orientation in terms of implemented behaviours and activities.” Ein neuerer Ansatz von Baumgarth (2007a; 2007b; 2007c; 2006) versucht, diese beiden Perspektiven zu vereinen.80 In der vorliegenden Untersuchung soll Markenorientierung jedoch als rein kulturelles Phänomen konzeptualisiert werden, als Unternehmensphilosophie, die sich in den Werten und Normen eines Unternehmens niederschlägt. Zum einen entspricht dieser Ansatz dem ursprünglichen Verständnis von URDE (1999, S. 122), der betont: „Using brands as the starting point is an expression of a mindset.“ Zum anderen fügt sich dieses Verständnis in den Gesamtzusammenhang der Untersuchung, welche an dieser Stelle explizit auf die kulturellen Faktoren abstellt, die den Markentransfererfolg beeinflussen.81 Eine Konzeptualisierung, die stärker die kulturellen Aspekte in den Vordergrund rückt, stellen REID ET AL. (2005, S. 17) vor. Allerdings ist diese nicht em-

80

81

Hierfür wurden zwei neue, sehr umfassende Skalen entwickelt, die jeweils in spezifischem Kontext erstmals eingesetzt wurden (mittelständische B-to-B-Unternehmen bzw. Medienmarken). Für die vorliegende Untersuchung wären diese wegen ihres Umfangs nicht einsetzbar (19 bzw. 26 Indikatoren). Auf die stärker verhaltensorientierten Aspekte wird im Rahmen der strategischen und operativen Marketingfähigkeiten als Erfolgsdeterminanten eingegangen (vgl. hierzu Kapitel 5.1.2 und 5.1.3).

90

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

pirisch belegt, entspringt also rein theoretisch-konzeptionellen Überlegungen, und ist in der Art ihrer Formulierung wenig praxisrelevant. Die einzige im deutschsprachigen Raum veröffentlichte Konzeptualisierung von SCHRAMM ET AL. (2004, S. 77 ff.) wurde für die Untersuchung der Markenorientierung in der Ernährungsindustrie entwickelt. Wie SCHRAMM ET AL. (2004, S. 77) selbst durch ihre Formulierung zeigen, stellt ihre Konzeptualisierung allerdings zum Teil auf die notwendigen Voraussetzungen der Markenorientierung ab, denn auf die tatsächliche inhaltliche Definition derselben. Sie führen folgende konstituierende Merkmale der Markenorientierung auf: Langfristorientierung des Markenmanagements, Differenzierungsstrategie, starkes Brand Management, markenwertbezogene Steuerungsinstrumente und intensive Marktforschungsanstrengungen. Der jüngste Beitrag in diesem noch jungen Forschungsfeld liefert letztendlich eine praxisrelevante, kontextunabhängige und stark kulturelle Charakterisierung der Markenorientierung. Auf Basis von acht Fallstudien listen WONG UND MERRILEES (2005, S. 157 f.) ihre Beobachtungen zur Markenorientierung von Unternehmen auf. Diese Beobachtungen liefern wertvolle Hinweise darauf, wie sich eine markenorientierte Werthaltung des Unternehmens niederschlägt. Basierend auf diesen Beobachtungen in Verbindung mit der oben vorgestellten Literatur soll hier folgende Konzeptualisierung der Markenorientierung vorgestellt werden: Markenorientierung bezeichnet eine Grundhaltung in Unternehmen, welche die Marke als strategische Ressource versteht und ihr für die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen eine überragende Rolle zuspricht. Eine markenorientierte Unternehmenskultur drückt sich in folgenden Merkmalen aus: –

Profunde Markenkenntnis: Markenorientierte Unternehmen verfügen über ein fundiertes Wissen und eine klare Vorstellung bezüglich der Identität ihrer Marke. Sie verstehen die Marke sowie ihre Bedeutung für und Wirkung auf den Konsumenten (vgl. Reid et al. 2005, S. 17; Hankinson 2001b, S. 347 f.; Urde 1999, S. 128 f.).



Ausrichtung der Marketingaktivitäten an der Marke: Markenorientierte Unternehmen verstehen die Marke als zentrale Funktion zur Differenzierung vom Wettbewerb und zum Aufbau von Kundenloyalität. Daher werden alle Marke-

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

91

tingaktivitäten immer auch genutzt, um die Marke zu stärken (vgl. Wong/ Merrilees 2005, S. 157; Reid et al. 2005, S. 17). –

Starkes strategisches Markenmanagement: Markenorientierte Unternehmen betonen die Wichtigkeit des Aufbaus und der Führung von starken Marken im Rahmen ihrer Organisation, ihres Management- und Informationssystems (vgl. Reid et al. 2005, S. 17; Schramm et al. 2004, S. 78 f.).



Bedeutung der Marke für das gesamte Unternehmen: In markenorientierten Unternehmen werden alle Unternehmensentscheidungen, -prozesse und -strukturen hinsichtlich ihrer Wirkung für die Marke beleuchtet. Dies wird möglich, da alle Unternehmensmitglieder die inhaltliche sowie strategische Bedeutung der Marke verinnerlicht haben (vgl. Wong/Merrilees 2005, S. 157).

BLICHFELDT (2005, S. 182) stellt fest, dass nur solche Unternehmen Markentransfers durchführen, die hinlänglich markenorientiert sind, denn „[…] product thinking inhibits companies from developing new (as in radically new) products”. Das heißt, eine markenorientierte Unternehmenskultur wird hier als Grundvoraussetzung des Markentransfers verstanden. Diese Erkenntnis lässt sich zu der Annahme erweitern, dass zwar ein gewisser Grad an Markenorientierung erforderlich ist, um ein Unternehmen überhaupt zur Strategie des Markentransfers zu bewegen. Der Markentransfer wird zudem aber umso erfolgreicher sein, desto stärker die Markenorientierung ausgeprägt ist. Denn nur dann verfügt das Unternehmen über die markenbezogenen Kenntnisse und organisationalen Voraussetzungen, die notwendig sind, um eine erfolgreiche Markentransferstrategie zu formulieren und diese operativ umzusetzen. Nur dann, wenn die Marke als strategische Ressource verstanden wird, kann sie optimal in einem Markentransferkontext entwickelt und der Markenwert kapitalisiert werden. Gemäß der in Kapitel 5.1 beschriebenen dreigliedrigen Wirkungskette wird in der vorliegenden Untersuchung davon ausgegangen, dass die Erfolgswirkung der Markenorientierung einen indirekten Einfluss auf den Markentransfererfolg hat, der sich über die strategische Ausgestaltung des Markentransfers auswirkt; denn „the ideology of brand orientation needs to be transformed into action […]” (Wong/Merrilees 2005, S. 156). Dementsprechend lässt sich als zweite Forschungshypothese festhalten:

92

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

H2: Je stärker die Markenorientierung des Unternehmens ausgeprägt ist, desto besser ist die Produkt-Markt-Strategie des Transferproduktes abgestimmt auf die Erfordernisse des Markentransfers. 5.1.2 Erfolgsfaktor Strategisches Marketing Im Rahmen von Markentransferaktivitäten werden potenziell alle strategischen Marketingfähigkeiten angesprochen. So müssen geeignete Kategorien und Konsumentenbedürfnisse identifiziert, zielgruppenspezifische Attribute definiert und differenzierende Nutzenversprechen formuliert werden. Anders jedoch als bei der Einführung von neuen Produkten unter neuen Marken müssen alle Aktivitäten in Relation zur Stammmarke und den bereits existierenden Produkten erfolgen (vgl. Sheinin 1998, S. 137) und sollten sich daher im Sinne einer höheren Komplexität von den klassischen Marketingfunktionen unterscheiden. Im Folgenden wird der Bereich der strategischen Marketingfähigkeiten in das Marketingmanagement und das Marktinformationsmanagement unterteilt (vgl. Hooley et al. 1998, S. 103) sowie deren potenzielle Bedeutung für den Markentransfererfolg betrachtet. Grundsätzlich können beide oben genannten Bereiche strategischer Marketingfähigkeiten als wertvolle Ressourcen verstanden werden, die im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes Erfolgspotenziale darstellen. Durch verschiedene Isolationsmechanismen geschützt (vgl. hierzu Kapitel 2.3.3), können sowohl Fähigkeiten im Marketingmanagement als auch im Marktinformationsmanagement differenzierend gegenüber dem Wettbewerb wirken. Sofern die tatsächliche Erfolgsrelevanz dieser Fähigkeiten als Erfolgsfaktor des Markentransfers nachgewiesen werden kann, können strategische Marketingfähigkeiten eine robuste Basis für die Überlegenheit von Unternehmen in Bezug auf den Markentransfer sein. Wie in Kapitel 5.1 angemerkt, haben Fähigkeiten von Unternehmen keinen Selbstzweck und können für sich genommen nicht erfolgswirksam sein. Vielmehr manifestieren sie sich in konkreten Strategien, Prozessen und einzelnen Handlungen (vgl. Ray et al. 2004, S. 26; Srivastava et al. 2001, S. 782 f.) bzw. müssen zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen eingesetzt werden, die sich dann im Erfolg des Unternehmens niederschlagen (vgl. Day/Wensley 1988, S. 2 ff.). Im Zusammenhang der vorliegenden Untersuchung interessiert, wie die

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

93

genannten strategischen Fähigkeiten in der konkreten Situation des Markentransfers zur Anwendung kommen, wie sie also bei der Formulierung der ProduktMarkt-Strategie des Transferproduktes und bei der Ausgestaltung des Fits zur Stammmarke eingesetzt werden und wie sich dies auf den Erfolg des Markentransfers auswirkt. Diese Beziehungen sollen im Folgenden näher betrachtet werden. 5.1.2.1 Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement Marketingmanagementfähigkeiten beziehen sich auf alle strategischen und planerischen Marketingaufgaben im Unternehmen, insbesondere Segmentierung, Zielgruppenauswahl und Positionierung der Marken gegenüber dem Wettbewerbsangebot, sowie Planung und Management von Marketingprogrammen (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 82; Morgan et al. 2003, S. 293; Hooley et al. 1999, S. 263). Zur erfolgreichen Umsetzung von Markenstrategien bedarf es genau jener Fähigkeiten. So halten LANE UND SUTCLIFFE (2006, S. 85) fest: „Effective branding requires an understanding of areas such as segmentation, targeting and positioning which are critical in developing a successful brand management strategy.” Im Rahmen der Markenstrategie des Markentransfers werden diese Fähigkeiten in besonderem Maße angesprochen. So haben Aktivitäten im Rahmen der Segmentierung, Zielgruppendefinition und Positionierung des Transferproduktes gegenüber dem Wettbewerbsangebot entscheidenden Einfluss auf den Fit zur Stammmarke. Da dieser, wie in Kapitel 3.2.2 gezeigt wurde, durch die Konsistenz zwischen Stammmarkenassoziationen und der Ausgestaltung des Transferproduktes hinsichtlich Positionierung, Attributen etc. bestimmt wird (vgl. Kim 2003, S. 470; Bridges et al. 2000, S. 2).82 Es kann dementsprechend davon ausgegangen werden, dass Unternehmen mit hervorragenden Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement eher in der Lage sind, einen guten Fit zwischen Stammmarke und Transferprodukt zu erzielen. H3: Je größer die Fähigkeiten des Unternehmens im Bereich Marketingmanagement sind, desto höher ist der Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke.

82

Vgl. für eine ausführliche Diskussion des Fits Kapitel 5.1.2.4.

94

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

Im Rahmen der strategischen Aktivitäten des Markentransfers gilt es, neben dem Fit zur Stammmarke auch die Produkt-Markt-Strategie des Transferproduktes zu gestalten. Diese muss auf die Besonderheiten der Transfersituation abgestimmt sein, welche durch das Spannungsfeld Anpassung an die Marke und Eigenständigkeit des Transferproduktes bestimmt wird. Es lässt sich vermuten, dass nur Unternehmen mit guten Marketingmanagementfähigkeiten in der Lage sind, eine optimal angepasste Produkt-Markt-Strategie83 zu formulieren. H4: Je größer die Fähigkeiten des Unternehmens im Bereich Marketingmanagement sind, desto genauer ist die Produkt-Markt-Strategie des Transferproduktes auf die Erfordernisse des Markentransfers abgestimmt. 5.1.2.2 Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement Die Auswahl einer passenden Transferkategorie und die Positionierung des Transferproduktes gegenüber dem Wettbewerbsangebot, welche sich im Fit zwischen Marke und Transferprodukt niederschlagen, setzen nicht nur Marketingmanagementfähigkeiten voraus, sondern auch die Kenntnis der eigenen Marke und des Zielmarktes. Wie in Kapitel 3.2.2 gezeigt wurde, beurteilen Konsumenten Markentransfers auf Basis des Fits eines Bündels der wichtigsten Stammmarkenassoziationen mit dem Transferprodukt (vgl. Kim 2003, S. 470). Diese Stammmarkenassoziationen gilt es zu verstehen, um daraus einen adäquaten Markentransfer zu entwickeln. Wie aus den durchgeführten Experteninterviews deutlich wurde, gilt es zudem auch, die Entwicklung des Produktes und seine Beziehung zur Stammmarke während der gesamten Lebensdauer des Transferproduktes zu beobachten sowie gegebenenfalls entsprechende Aktivitäten zu initiieren. Hierzu sind umfassende Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement unabdingbar. Diese beziehen sich auf die umfassende Erhebung, Analyse und Nutzung von Markt- und Kundeninformationen (vgl. Vorhies/ Morgan 2005, S. 82; vgl. weiterführend Day 1994, S. 43 ff.). Dementsprechend lässt sich folgende Annahme als Hypothese formulieren:

83

Vgl. zu den konstituierenden Elementen einer an die Markentransfersituation angepassten Produkt-Markt-Strategie Kapitel 5.1.2.3.

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

95

H5: Je größer die Fähigkeiten des Unternehmens im Bereich Marktinformationsmanagement sind, desto besser ist der Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke. 5.1.2.3 Produkt-Markt-Strategie des Markentransfers Die strategische Bedeutung von Marketingmanagement- und Marktinformationsmanagementfähigkeiten für den Markentransfer kann nur durch die konkrete Anwendung im Rahmen einer Strategie zum Ausdruck kommen (vgl. Day 1994, S. 40). Die Formulierung der Produkt-Markt-Strategie für ein Transferprodukt erfordert einige Besonderheiten, deren Beachtung zu einem größeren Markentransfererfolg führen sollte. Im Rahmen des Markentransfers bewegt sich ein Unternehmen stets im Spannungsfeld von Anpassung an die Marke und Eigenständigkeit des neuen Produktes. Um langfristig einen stabilen Gewinnbeitrag für die Marke zu liefern, muss das Transferprodukt hinlänglich eigenständig sein und nicht nur von dem Image der Marke leben. Des Weiteren erfordern die besonderen Spielregeln eines neuen Marktes auch eine gewisse Eigenständigkeit der Marktbearbeitung (vgl. Baumüller/Erbenich 2005, S. 44). Anpassung hingegen ist gefragt hinsichtlich der Einbettung des Markentransfers in die übergreifende Markenentwicklung, die sich in der Entwicklung des Produktportfolios der Stammmarke bzw. in vorangegangenen Markentransfers manifestiert (vgl. hierzu Kapitel 3.2.2 und weiterführend Joiner 2006, S. 76 ff.; Dacin/Smith 1994, S. 239; Keller/Aaker 1992, S. 44 ff.). Werden die spezifischen Charakteristika der Produkt-Markt-Strategie berücksichtigt, sollte sich dies positiv auf den Markentransfererfolg auswirken. Allerdings ist keine direkte Erfolgswirkung zu erwarten, denn Strategie und Planung müssen sich in der konkreten Implementierung manifestieren (vgl. Sashittal/Tankersley 1997, S. 77 ff.; vgl. z. B. auch das Wirkungsmodell von Morgan et al. 2003, S. 307). Aus diesen Überlegungen ergibt sich die folgende Hypothese: H6: Je genauer die Produkt-Markt-Strategie auf die Erfordernisse des Markentransfers abgestimmt ist, desto besser ist die operative Umsetzung des Markentransfers.

96

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

5.1.2.4 Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke Obwohl der Fit im Rahmen der Markentransferforschung unbestritten als bedeutender Erfolgsfaktor identifiziert wurde (vgl. Kapitel 3.2.2), besteht hinsichtlich der richtigen Vergleichsobjekte und der relevanten Fit-Dimensionen Uneinigkeit (vgl. Grime et al. 2002, S. 1424; Bhat/Reddy 2001, S. 113). Während einige Autoren sich primär auf die Konzeptualisierung des Fits durch globale Ähnlichkeitseinschätzungen verlassen (vgl. z. B. Völckner 2003, S. 86; Loken/RoederJohn 1993, S. 76; Boush/Loken 1991, S. 21; Boush et al. 1987, S. 232), versuchen andere, verschiedene Dimensionen des Fits auf unterschiedlichen Vergleichsebenen zu erfassen. Insbesondere frühe Studien konzeptualisieren den Fit auf Produkt- oder Produktklassenebene und betonen die Wichtigkeit der Übereinstimmung konkreter Produkteigenschaften (vgl. z. B. Smith/Park 1992, S. 299; Keller/Aaker 1992, S. 36; Boush/Loken 1991, S. 17 f.; Romeo 1991, S. 401; Aaker/Keller 1990, S. 30). Der wahrgenommene Fit ist dann hoch, wenn die Transferkategorie wichtige Attribute mit der Stammkategorie teilt (vgl. Herr et al. 1996, S. 137 i. V. m. S. 153). Diese Konstellation ergäbe sich beispielsweise bei Kartoffelchips und Salzstangen. Relevante Indikatoren, die einen derartigen Zusammenhang anzeigen, sind: –

Substituierbarkeit hinsichtlich der zu befriedigenden Bedürfnisse (vgl. z. B. Bottomley/Holden 2001, S. 494; Aaker/Keller 1990, S. 30),



Komplementarität hinsichtlich der Nutzungssituation (vgl. z. B. Bottomley/ Holden 2001, S. 494; Aaker/Keller 1990, S. 30),



vom Konsumenten wahrgenommene Herstellungskompetenz, die sich auf beide Produkte oder Produktklassen bezieht (vgl. z. B. Völckner 2003, S. 86; Bottomley/Holden 2001, S. 494; Aaker/Keller 1990, S. 30),



ähnliche oder gleiche physische Produkteigenschaften, -komponenten und -attribute (vgl. z. B. Smith/Park 1992, S. 303).

Neben der Produkt- oder Produktklassenstimmigkeit können Ähnlichkeitsurteile des Konsumenten jedoch auch auf Basis des Markenimages getroffen werden. PARK ET AL. (1991, S. 186) führen diesen Gedanken erstmals explizit ein, indem sie feststellen: „The degree of perceived fit is a function of both product-featuresimilarity perceptions and brand-concept-consistency perceptions.” Die Marke mit jenen spezifischen Attributen und Nutzenversprechen, die sie von anderen

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

97

Wettbewerbsmarken des gleichen Marktes unterscheidet, bildet demzufolge auch eine Basis für Fit-Beurteilungen des Konsumenten. Dies bedeutet, dass für zwei Marken der gleichen Stammkategorie gänzlich unterschiedliche Markentransfers möglich sind, obwohl dies auf der Ebene der Produktklassenähnlichkeiten nicht denkbar wäre (vgl. Broniarczyk/Alba 1994, S. 215 f.). Dieser Erkenntniss folgend, kann neben der Produktklassenähnlichkeit eine weitere Fit-Dimension addiert werden, die von vielen Autoren in unterschiedlicher Weise konzeptualisiert wird: –

‚Brand-concept consistency‘ (vgl. z. B. Park et al. 1993, S. 28; Park et al. 1991, S. 186)



Relevanz von ‚Brand-specific associations‘ in der Transferkategorie (vgl. z. B. Swaminathan et al. 2001, S. 10; Broniarczyk/Alba 1994, S. 215)



‚Brand-image fit‘ (vgl. z. B. Zimmer/Bhat 2004, S. 41; Grime et al. 2002, S. 1425; Bhat/Reddy 2001, S. 114)



Kongruenz der Transferproduktattribute mit dem Markenimage (vgl. z. B. Roeder-John et al. 1998, S. 19; Milberg et al. 1997, S. 122)

Neuere Untersuchungen betonen, dass eine Unterscheidung nach produkt- und markenbezogenen Dimensionen des Fits generell nicht zielführend ist. BRIDGES ET AL. (2000, S. 2) konstatieren: „[...] we propose a definition of perceived fit which suggests that any parent brand association, including category, brand concept, or brand specific associations, can connect the parent brand with an extension and serve as the basis for perceived fit. The critical determinant is not the type of association but whether the association is salient (i.e., accessible from memory) and relevant (i.e., deemed appropriate and important) in the extension context.” Dies bedeutet, dass sich die Relevanz von eher produktbezogenen oder von der Marke bestimmten Ähnlichkeiten von Marke zu Marke und Produkt zu Produkt verschieben kann, je nach dem welche Attribute besonders bedeutend für die Stammmarke und im Transferkontext sind. KIM (2003, S. 465) greift diesen Gedanken auf und entwickelt daraus den sog. ‚Brand essence fit‘. ‚Brand essence‘ definiert er als „[...] the deep meaning of a brand in the consumers' mind and life […] it can be thought of as the root association set of a brand that contains both product related and non-product-related attributes”. Konsumenten bewerten demnach Markentransfers auf Basis des Fits eines Sets der wichtigsten

98

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

Stammmarkenassoziationen mit dem Transferprodukt (vgl. Kim 2003, S. 470). Diesen Erkenntnissen folgend, soll der Fit in der vorliegenden Untersuchung auf Basis der für den Konsumenten wichtigsten Stammmarkenassoziationen beurteilt werden. Entscheidend für die Fit-Beurteilung ist dementsprechend das Bild, das der Konsument von der Marke hat und wie gut diese Vorstellung zum Transferprodukt passt. Die überwiegende Mehrheit der Forscher bestätigt einen großen Einfluss des Fits auf den Markentransfererfolg (vgl. z. B. Kim 2003, S. 462; Klink/Smith 2001, S. 328; Smith/Park 1992, S. 299). Theoretisch lässt sich dieser Einfluss durch einstellungs- und schematheoretische Überlegungen begründen, wie sie in Kapitel 2.2 vorgestellt wurden. In Übereinstimmung mit der bisherigen Forschung wird auch in der vorliegenden Untersuchung angenommen, dass der Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke eine wichtige Determinante des Markentransfererfolges darstellt. H7: Je besser der Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke, desto größer ist der Erfolg des Markentransfers. 5.1.3 Erfolgsfaktor Operatives Marketing Strategische Marketingfähigkeiten, die sich in einer gelungenen Produkt-MarktStrategie und einem guten Fit manifestieren, können, wie die Ausführungen im vorigen Kapitel zeigen, notwendige Bedingungen für den Markentransfererfolg sein. Ohne operative Umsetzung bleibt allerdings auch die optimale Strategie wirkungslos. Eine adäquate Produkt-Markt-Strategie muss also in eine gelungene operative Umsetzung des Markentransfers münden (vgl. Sashittal/Tankersley 1997, S. 77 ff.). Jene wiederum wird auch bedingt durch die spezifischen operativen Marketingfähigkeiten des Unternehmens. Der Einfluss jener spezifischer Marketingfähigkeiten und die Umsetzung des Markentransfers auf den Markentransfererfolg werden in den Kapiteln 5.1.3.1 bis 5.1.3.5 näher beleuchtet. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass alle operativen Marketingfähigkeiten, die sich in der spezifischen Umsetzung des Markentransfers manifestieren, das Potenzial besitzen, erfolgsrelevante Ressourcen im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes zu sein, da sie durch verschiedene Isolationselemente

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

99

(siehe Kapitel 2.3.3) vor den Imitations-, Substitutions- und Akquisitionsbemühungen der Konkurrenz geschützt sind. 5.1.3.1 Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation Wie in Kapitel 3.2.3 dargestellt, wurde die Bedeutung kommunikativer Aktivitäten des Unternehmens im Rahmen des Markentransfers intensiv untersucht. Die Mehrheit der Untersuchungen zeigt, dass sowohl Intensität (vgl. z. B. Reddy et al. 1994, S. 247 i.V.m. 257; Nijssen 1999, S. 254 i.V.m. 460) als auch inhaltliche Ausprägung der Kommunikation (vgl. z. B. Bridges et al. 2000, S. 3 f.; Kim 2003, S. 471 ff.) Einfluss auf den Markentransfererfolg haben. Im Rahmen einiger Untersuchungen wird detailliert beschrieben, welche Faktoren eine erfolgreiche von einer weniger erfolgreichen kommunikativen Begleitung des Markentransfers unterscheiden (vgl. z. B. Pryor/Brodie 1998, S. 502). Die Kenntnis dieser Faktoren und der darauf abgestimmte Einsatz verschiedener Kommunikationsinstrumente erfordert umfangreiche Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation. Diese werden in der vorliegenden Untersuchung verstanden als die Fähigkeit, die Marken- und Produktwahrnehmung des Konsumenten aktiv zu beeinflussen unter Anwendung aller notwendigen Kommunikationsinstrumente (vgl. Vorhies/ Morgan 2005, S. 82; McKee et al. 1992, S. 17 ff.). Folgende Hypothese lässt sich aus den dargestellten Überlegungen ableiten: H8: Je größer die Fähigkeiten des Unternehmens im Instrumentalbereich Kommunikation sind, desto besser ist die operative Umsetzung des Markentransfers. 5.1.3.2 Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution beziehen sich auf die Etablierung und Pflege von Distributionskanälen, die auf effiziente und effektive Art und Weise das Produkt oder die Dienstleistung zum Kunden bringen (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 82; Weitz/Jap 1995, S. 305 ff.).84 Wie in Kapitel 3.2.3

84

Die hier genannten Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution beziehen sich nur auf die Gestaltung des Vertriebssystems und die Vertriebsbeziehungen. Die Vertriebslogistik wird in diesem Zusammenhang bewusst ausgeschlossen, ebenso die operativen

100

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

dargestellt, existieren bisher noch keine empirischen Untersuchungen hinsichtlich der Wirkung der Distributionsfähigkeiten eines Unternehmens auf den Markentransfererfolg. Theoretisch-konzeptionell lässt sich diese Wirkung jedoch herleiten. Zum einen müssen im Rahmen des Markentransfers oftmals neue, vom Stammprodukt unabhängige Kanäle aufgebaut werden (vgl. Baumüller/Erbenich 2005, S. 44), da dies entweder das Produkt und sein Markt erfordert oder aber mit dem Transferprodukt neue Kundenkreise erschlossen werden sollen. Dies erfordert gute Fähigkeiten im Bereich Distributionspolitik. Zum anderen stellt die Handelsakzeptanz insbesondere im Bereich kurzlebiger Konsumgüter einen nachgewiesenen Erfolgsfaktor des Markentransfers dar (vgl. Völckner 2003, S. 231 f.; Nijssen 1999, S. 460). Es kann davon ausgegangen werden, dass gute Distributionsfähigkeiten zu einer verbesserten Handelsakzeptanz führen. Diesen Gedanken folgend, ergibt sich die nächste Hypothese: H9: Je größer die Fähigkeiten des Unternehmens im Instrumentalbereich Distribution sind, desto besser ist die operative Umsetzung des Markentransfers. 5.1.3.3 Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik Aktivitäten im Rahmen der Preispolitik dienen dem Ziel, durch optimale Preisgestaltung gegenüber den aktuellen und potenziellen Kunden des Unternehmens langfristig den maximalen Ertrag für das Unternehmen zu erzielen (vgl. Vorhies/ Morgan 2005, S. 82; Dutta et al. 2003, S. 615 ff.). Die Aussagen in den Experteninterviews verweisen ausdrücklich darauf, dass auch im Rahmen des Markentransfers entsprechende Fähigkeiten von Relevanz sind. Es gilt den für das Transferprodukt optimalen Preis festzusetzen, der einerseits auf dem Transfermarkt wettbewerbsfähig ist und so den optimalen Ertrag verspricht, andererseits die Positionierung der Stammmarke nicht erodiert. Der Markentransfer erfordert demzufolge potenziell sogar höher entwickelte Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik, da eine Preisoptimierung im Spannungsfeld Anforderungen

Verkaufsaktivitäten, da diese insbesondere bei Transferprodukten vielfach von Partnern ausgeführt werden.

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

101

des Transfermarkts vs. Anforderungen der Stammmarke ein differenziertes Vorgehen erfordert. Diesen Überlegungen folgend, ergibt sich die zehnte Hypothese: H10: Je größer die Fähigkeiten des Unternehmens im Instrumentalbereich Preispolitik sind, desto besser ist die operative Umsetzung des Markentransfers. 5.1.3.4 Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik Die in der bisherigen Forschung zur Bedeutung und Wirkung von Marketingfähigkeiten behandelten Fragestellungen in Bezug auf produktpolitische Fähigkeiten beziehen sich fast ausschließlich auf das Prozessmanagement von Neuproduktentwicklungen und weniger auf die inhaltlichen Bereiche der Produktgestaltung (vgl. z. B. Vorhies et al. 1999; Vorhies/Morgan 2005; Weerawardena 2003a). In der vorliegenden Untersuchung sollen die Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik in ihrer vollen Bandbreite erfasst werden und beziehen sich daher auf alle Gestaltungsparameter der Produktpolitik, wie der Festlegung der Produktleistung und -ausstattung, der Qualität in Bezug auf zum Beispiel Haltbarkeit oder Zuverlässigkeit, dem Design und der Namensgebung (vgl. z. B. Kotler/Bliemel 1999, S. 478 ff.). Wie in Kapitel 3.2.3 dargestellt, existieren bis dato nur Untersuchungen hinsichtlich der Bedeutung der Namensgebung für den Markentransfererfolg. Wie jedoch in den Expertengesprächen im Vorfeld der Untersuchung deutlich wurde, haben auch Qualität und Design des Transferproduktes große praktische Bedeutung für den Markentransfererfolg. Dies erfordert Erfahrung und Know-how im Rahmen der Produktpolitik, woraus sich folgende Hypothese ableitet: H11: Je größer die Fähigkeiten des Unternehmens im Instrumentalbereich Produktpolitik sind, desto besser ist die operative Umsetzung des Markentransfers.

102

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

5.1.3.5 Operative Umsetzung des Markentransfers Die operativen Marketingfähigkeiten in den einzelnen Instrumentalbereichen des Marketingmix können nur dann zum Markentransfererfolg beitragen, wenn sie in der operativen Umsetzung des Markentransfers zur Anwendung kommen.85 Bei der Umsetzung des Markentransfers kommt es zu Aktivitäten in allen Instrumentalbereichen, wobei Kommunikation, Distribution, Preis- und Produktpolitik auf die Spezifika des Markentransfers abgestimmt werden müssen. So haben, wie in Kapitel 3.2.3 ausführlich dargestellt, sowohl Intensität als auch Inhalt der Kommunikation des Transferproduktes einen erheblichen Einfluss auf den Markentransfererfolg (vgl. z. B. Völckner 2003, S. 231; Kim 2003, S. 471 ff.; Bridges et al. 2000, S. 8 f.; Nijssen 1999, S. 459 f.). Kommunikative Aktivitäten müssen dementsprechend auf die Erfordernisse der Markentransfers abgestimmt werden. Gleiches gilt für die Gestaltung von Preispolitik und Distribution. Im Rahmen der Expertengespräche im Vorfeld der Untersuchung wurde diesbezüglich die Notwendigkeit einer auf die besondere Markentransfersituation abgestimmte Vorgehensweise betont, welche sich zum Beispiel in der für das Transferprodukt neu zu erschließenden Kanäle äußern kann (vgl. auch Baumüller/Erbenich 2005, S. 44). Die Ausgestaltung des Transferproduktes selbst sollte hinsichtlich aller Gestaltungsparameter eine optimale Integration in das bestehende Produktportfolio der Stammmarke gewährleisten, um Irritationen des Kunden zu vermeiden und einen optimalen Transfer des Imagepotenzials der Marke sicherzustellen (vgl. z. B. zur Notwendigkeit der adäquaten Verpackungsgestaltung Keller 2005, S. 958; zur Notwendigkeit der adäquaten Namensgebung vgl. Milberg et al. 1997, S. 125; Park et al. 1993, S. 30). Darüber hinaus müssen im Rahmen der Umsetzung des Markentransfers auch potenzielle Rückwirkungseffekte auf die Stammmarke gehandhabt werden. Dies bedeutet insbesondere die Verhinderung möglicher negativer Rückwirkungen, die das Markenimage verwässern oder eine Verschlechterung der Markeneinstellung hervorrufen (vgl. z. B. Roeder-John et al. 1998, S. 24; Milberg et al. 1997, S. 132). Dies erfordert umfangreiche Kontrollaktivitäten in allen Instrumentalbereichen. Werden die erläuterten Spezifika der operativen Umsetzung des Markentransfers berücksich-

85

Vgl. hierzu die in Kapitel 5.1 beschriebene dreigliedrige Wirkungskette.

5.1 Konzeptualisierung der Konstrukte und Ableitung der Forschungshypothesen

103

tigt, sollte sich dies positiv auf den Markentransfererfolg auswirken. Dementsprechend lässt sich folgende Hypothese formulieren: H12: Je genauer die operative Umsetzung des Markentransfers auf die spezifischen Erfordernisse des Markentransfers abgestimmt ist, desto größer ist der Erfolg des Markentransfers. 5.1.4 Erfolgsfaktor Markenstärke Die grundsätzliche Funktionsweise der Strategie des Markentransfers beruht auf der Übertragung von Wissensstrukturen von der Stammmarke auf das Transferprodukt (vgl. Völckner 2003, S. 33). Unabhängig davon, welche theoretische Perspektive herangezogen wird, um den Markentransfer zu erklären86, Grundlage und Voraussetzung ist immer eine hinreichend stark ausgebildete positive Wahrnehmung der Stammmarke. So stellen AAKER UND KELLER (1990, S. 28) fest: „The success of a brand extension often depends on certain assumptions […], such as (1) consumers hold positive beliefs and favorable attitudes toward the original brand in memory, (2) these positive associations facilitate the formation of positive beliefs and favorable attitudes toward the brand extension.” Wie in Kapitel 3.2.4 dargestellt, wurde die Bedeutung der Stammmarke für den Markentransfererfolg vielfach untersucht. In unterschiedlichen Studien konnte der positive Einfluss von Markenbekanntheit (vgl. z. B. Lane/Jacobson 1995), -einstellung (vgl. z. B. Bottomley/Doyle 1996; Sunde/Brodie 1993), -loyalität (vgl. z. B. Hem/Iversen 2003) und -involvement (vgl. z. B. Reast 2005) der Stammmarke auf den Markentransfererfolg meist im Rahmen von Konsumentenbefragungen bestätigt werden. Diese Erkenntnisse aufnehmend und integrierend, soll in der vorliegenden Untersuchung der Einfluss der Markenstärke auf den Erfolg des Markentransfers analysiert werden, wobei das Konstrukt ‚Markenstärke‘ sowohl Wissens- und Einstellungs- als auch Verhaltensaspekte der Marke integriert. Dementsprechend lautet die letzte Hypothese dieser Untersuchung: H13: Je stärker die Stammmarke ist, desto größer ist der Erfolg des Markentransfers.

86

Vgl. zu den verschiedenen Erklärungsansätzen des Markentransfers Kapitel 2.2.

104

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

5.2 Bestimmung des Strukturmodells Die in Kapitel 5.1 aufgestellten Hypothesen werden durch ein Strukturgleichungsmodell gemeinsam empirisch getestet. Hierfür werden die Hypothesen in einem Strukturmodell zusammengeführt. Die abhängige latente Variable in der vorliegenden Untersuchung ist der Markentransfererfolg. Das vollständige Hypothesensystem mit den potenziellen Erfolgsfaktoren des Markentransfers ist zusammenfassend in Abbildung 5-2 dargestellt. Hierbei bezeichnet Hi für i  [1; 13] die aufgestellte Hypothese und der Ausdruck „+“ die postulierte Richtung der Kausalität zwischen abhängiger und erklärender Variable.

Kultur

Ressourcen

Strategisches Marketing

Marketingmanagement

H2+ H3+

Fit H7+

H4+

Marktinformationsmanagement

H5+

Kommunikation

H8+

Distribution

Erfolg H1+

Entrepreneurship

Markenorientierung

Operatives Marketing

Verhalten

Produkt-MarktStrategie

Markentransfererfolg

H6+

H9+ H10+

Preispolitik

Operative Umsetzung

H12+

H11+

Marke

Produktpolitik

Markenstärke

Abbildung 5-2:

Strukturmodell der Untersuchung

H13+

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

105

5.3 Operationalisierung der Konstrukte Die Entwicklung eines adäquaten Messinstrumentes für latente Variablen wird allgemein als Operationalisierung bezeichnet (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 5). Im Wege der Operationalisierung werden latenten Variablen, die selbst nicht beobachtbar sind, beobachtbare Sachverhalte zugeordnet. Als Bezeichnung für diese beobachtbaren Sachverhalte sind im wissenschaftlichen Sprachgebrauch die Begriffe ‚manifeste Variable‘ (vgl. Henseler 2005, S. 70), ‚Indikator‘ (vgl. Albers/Hildebrandt 2006, S. 3) oder ‚Indikatorvariable‘ (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 717) üblich, die im Folgenden synonym verwendet werden. Viele Autoren fordern die Verwendung von etablierten Skalen zur Operationalisierung von Konstrukten vs. der Entwicklung situationsspezifischer Skalen (vgl. z. B. Churchill 1979, S. 67). Aus verschiedenen Gründen sollen in der vorliegenden Untersuchung jedoch Skalen zum Teil neu und kontextspezifisch entwickelt werden. Die entsprechende Vorgehensweise zur Überprüfung etablierter bzw. zur Entwicklung neuer Skalen wird in Kapitel 5.3.1.1 vorgestellt. Wie in Kapitel 4.2.2 erläutert, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Konstrukte formativ oder reflektiv zu operationalisieren. Bis vor Kurzem wurde die Wahl zwischen reflektiven und formativen Messmodellen in der Marketingforschung, wie auch in anderen Feldern der empirischen Sozialforschung, kaum thematisiert. Im Rahmen der Kausalanalyse wurden nahezu ausschließlich reflektive Messmodelle verwendet, ohne die Eignung dieses Messansatzes inhaltlich zu begründen (vgl. Fassott/Eggert 2005, S. 32). Erst in jüngerer Zeit gewinnen formative Messmodelle durch die vereinfachte Einsetzbarkeit im Rahmen neuer Analysemethoden und Softwareangeboten an Bedeutung (vgl. Fassott 2005, S. 22 ff.). In der vorliegenden Untersuchung werden sowohl reflektive als auch formative Messmodelle eingesetzt. Die Vorgehensweise zur Auswahl der Spezifikation des Messmodells wird in Kapitel 5.3.1.2 dargestellt, um dann die konkreten Operationalisierungen des Untersuchungsmodells in den Kapiteln 5.3.2 und 5.3.3 zu erläutern.

106

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

5.3.1 Vorgehensweise der Operationalisierung 5.3.1.1 Überprüfung existierender und Entwicklung neuer Skalen Wie oben erwähnt (siehe Kapitel 5.3) wird von verschiedenen Autoren die Verwendung von etablierten Skalen zur Messung von Konstrukten empfohlen. Zum einen wird durch dieses Vorgehen die Vergleichbarkeit von Forschungsergebnissen erleichtert. Zum anderen kann durch den Rückgriff auf Skalen mit erprobten Reliabilitäts- und Validitätseigenschaften die Güte der Messung abgesichert werden (vgl. Homburg/Klarmann 2003, S. 77). Andere Autoren warnen vor der unkritischen Übernahme existierender Skalen (vgl. Jacoby 1978, 67 ff.) und betonen die Notwendigkeit der kontextspezifischen Entwicklung, um den unterschiedlichen Facetten der sozialwissenschaftlichen Forschung gerecht zu werden (vgl. z. B. Malhotra 1981, S. 456). Bei der Überprüfung bereits existierender Skalen auf ihre Eignung für das hier vorliegende Forschungsproblem wird die theoretisch-konzeptionelle Vergleichbarkeit der Forschungsprojekte überprüft (1), die inhaltlich-semantische Übereinstimmung der Konstruktdefinition betrachtet (2) und der Forschungskontext (3) einbezogen. Ad (1): Gibt es zwischen den Studien eine hinreichend große Übereinstimmung im Forschungsziel, der zugrunde liegenden Theorie und den Hypothesen? Ad (2): Gibt es eine hinreichend große inhaltlich-semantische Übereinstimmung in der Definition der Konstrukte? Decken die Indikatoren alle Facetten des Konstruktes ab? Ad (3): Ist die Auswahl und die Formulierung der Indikatoren geeignet für die in der vorliegenden Studie angesprochene Zielgruppe? Existieren zum Beispiel industriespezifische oder kulturelle Unterschiede? Neue Skalen werden also für jene Konstrukte entwickelt, für deren Messung sich keine etablierten Skalen eignen. Die Entwicklung neuer Skalen in der vorliegenden Untersuchung basiert auf den Erkenntnissen der empirischen Sozialforschung (vgl. z. B. Homburg/Giering 1996, S. 6 ff.) und entspricht der folgenden Vorgehensweise: Präzise semantische Abgrenzung des Konstruktes (1), Formulierung und Auswahl von zielgruppenverständlichen Indikatoren (2), Überprüfung der Indikatoren im Rahmen von Experteninterviews (3).

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

107

Ad (1): Insbesondere wenn eine neue Skala für ein Konstrukt entwickelt werden soll, ist eine inhaltlich präzise Definition des Konstruktes von großer Relevanz. Das Konstrukt muss semantisch von verwandten Sachverhalten unter Festlegung aller seiner relevanten Facetten abgegrenzt werden (vgl. Hildebrandt 1998, S. 89). Dies erfolgte in Kapitel 5.1 für alle Konstrukte. Ad (2): Generell gilt, dass die Qualität der Messung mit steigender Indikatorzahl tendenziell zunimmt (vgl. Diamantopoulos 1994, S. 109). Ziel ist es, alle inhaltlichen Facetten formativer Konstrukte möglichst komplett zu erfassen bzw. ein umfangreiches Abbild des Konstruktes durch die Auswahl geeigneter reflektiver Indikatoren zu schaffen. Erklärtes Ziel für jede neu zu entwickelnde Skala ist es dementsprechend, alle relevanten Indikatoren herzuleiten. Sofern ähnliche Skalen in der Literatur bereits existieren, wird auf Basis dieser ein kontextspezifisches Messmodell abgeleitet. Ad (3): Die entwickelten Skalen werden zur Verbesserung der Formulierung, zur Überprüfung der Vollständigkeit (primär bei formativen Konstrukten) bzw. zur Reduktion der Indikatormenge (primär bei reflektiven Konstrukten) einem qualitativen Test unterzogen. Mit neun Experten,87 die über Erfahrung im Bereich Markentransfer verfügen, wurde die inhaltliche Relevanz und Verständlichkeit der einzelnen Indikatoren überprüft sowie die Vollständigkeit in Bezug auf das Konstrukt diskutiert (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 11 f.). Insbesondere formative Konstrukte müssen mit hinlänglich großer Sorgfalt operationalisiert werden, da eine Überprüfung der Güte der Messung im Nachgang nur bedingt möglich ist. Aus diesem Grund muss vor Durchführung der Befragung sichergestellt werden, dass die zugeordneten formativen Indikatoren zum definitorischen Bereich der latenten Variable gehören (vgl. Krafft et al. 2005, S. 76; Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 228). In der vorliegenden Arbeit wird diese sog. Inhalts- oder Expertenvalidität durch die oben genannten Expertenin-

87

Bei den neun Experten handelt es sich um die in Kapitel 5.1 genannten Personen sowie zwei weitere Unternehmensvertreter mit Markentransfererfahrung und zwei Mitarbeiter der Firma McKinsey & Company, die sich auf marketingspezifische Beratungstätigkeiten spezialisiert haben, sodass in Summe vier Unternehmensvertreter und fünf Marketingberater an den Experteninterviews beteiligt waren.

108

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

terviews sichergestellt.88 Die Ergebnisse der Experteninterviews wurden mit der umfangreichen Literaturauswertung kombiniert und in den neu entwickelten Konstrukten abgebildet. 5.3.1.2 Theoriegeleitete Bestimmung der Kausalbeziehung der Indikatoren FASSOT UND EGGERT (2005, S. 46) sehen in der Auswahl eines geeigneten Messmodells zur Operationalisierung von Konstrukten ein zentrales und bislang vernachlässigtes Problem der empirischen Sozialforschung. Auch HERRMANN ET AL. (2006, S. 46) bescheinigen der Entscheidung zwischen reflektiver und formativer Operationalisierung zentrale Relevanz. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle beschrieben werden, wie in der vorliegenden Untersuchung der Beziehungsmodus der Indikatoren zur latenten Variable festgelegt wird. In der Literatur hat sich bisher noch kein standardisiertes Vorgehen zur Bestimmung des Beziehungsmodus durchgesetzt. So existieren zwar für die Entwicklung und Beurteilung reflektiver als auch formativer Konstrukte mehr oder weniger detaillierte Vorgehensweisen, die vorgelagerte Fragestellung nach der grundsätzlichen Art des Messmodells wird jedoch weniger thematisiert. In Anlehnung an FORNELL UND BOOKSTEIN (1982, S. 441), die eine Überprüfung von „study objective“ (1), „theory“ (2) und „empirical contigencies“ (3) vorschlagen, wird hier ein dreistufiges Vorgehen angewendet. Ad (1): Zunächst gilt es festzustellen, welches grundsätzliche Ziel mit der Messung des Konstruktes verfolgt wird. Nach HERRMANN ET AL. (2006, S. 49) wird die reflektive Variante gewählt, wenn ein Konstrukt als Ganzes durch mit Messfehlern behafteten Indikatoren erfasst werden soll. Falls die erfassbaren Stellgrößen des Konstruktes, also deren konstituierenden Elemente, von Interesse sind, dann ist eine formative Operationalisierung vorzunehmen.

88

Die von ANDERSON UND GERBING (1991, S. 733 ff.) vorgeschlagenen Indizes zur Berechnung der Eindeutigkeit der Zuordnung und der inhaltlichen Relevanz werden nicht verwendet. Der Grund für diese Entscheidung liegt in der Auswahl der Experten. Es wurde Wert auf die fachliche Kompetenz im Bereich des Managements von Markentransfers in Verbindung mit einer hohen hierarchischen Stellung gelegt. Eine Zuordnung aller Indikatoren neben der inhaltlichen Diskussion des Fragebogens und der Überprüfung der Realitätsnähe der formulierten Hypothesen hätte zu einer zeitlichen Überbeanspruchung der Experten geführt.

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

109

Ad (2): In einem nächsten Schritt muss die theoretische Konzeptualisierung des Konstruktes in Betracht gezogen werden. Es geht hierbei um die zentrale Fragestellung, ob es sich bei dem definierten Konstrukt um ein grundlegendes Phänomen handelt, das sich in verschiedenen, beobachtbaren Größen niederschlägt (reflektive Operationalisierung), oder ob das Konstrukt eher eine Kombination mehrerer Faktoren darstellt (formative Operationalisierung) (vgl. Fornell/ Bookstein 1982, S. 442). Grundsätzlich geht es um die Identifizierung der kausalen Relation der Indikatoren zum Konstrukt. JARVIS ET AL. (2003, S. 203) schlagen vier Entscheidungsregeln vor, um aus der theoretischen Konzeptualisierung des Konstruktes die adäquate kausale Relation abzuleiten. Wie HERRMANN ET AL. (2006, S. 47 f.) allerdings feststellen, lässt sich der Kriterienkatalog auf die zentrale Frage nach der Kausalität verdichten, weswegen in der vorliegenden Untersuchung auch nur diese Fragestellung betrachtet wird. Ad (3): Im letzten Schritt wird auf Basis der empirischen Daten beurteilt, inwiefern eine formative oder reflektive Operationalisierung adäquat ist. So weist zum Beispiel starke Multikollinearität innerhalb formativer Indikatoren eines Konstruktes darauf hin, dass unter Umständen ein falsches Messmodell gewählt wurde (vgl. Fornell/Bookstein 1982, S. 442). Da eine entsprechende Beurteilung jedoch erst auf Basis der empirischen Daten möglich ist, soll diese Problematik an späterer Stelle diskutiert werden (siehe Kapitel 6.1.3.2 und 6.3.2). Anhand der ersten beiden Entscheidungskriterien lässt sich konzeptionell feststellen, welcher Beziehungsmodus bei den einzelnen Konstrukten angebracht erscheint. Auf Ebene der Unternehmenskultur bietet sich eine reflektive Operationalisierung an, bei der die zugrunde liegende latente Variable die zugeordneten Indikatoren verursacht. Dies begründet sich zum einen darin, dass die Kultur einer Unternehmung ein Phänomen darstellt, das sich in verschiedenen beobachtbaren Größen niederschlägt. Zum anderen besteht das Ziel der vorliegenden Untersuchung nicht in der Identifizierung einzelner Elemente der kulturellen Ausprägung, sondern in der Feststellung des Vorhandenseins einer spezifischen Unternehmenskultur. Ähnliches gilt für die strategischen wie auch die operativen Unternehmensfähigkeiten. Grundsätzlich wäre durch die Erhebung aller zu beherrschenden Techniken und Kenntnisse, die eine bestimmte Fähigkeit ausmachen, also auch eine formative Operationalisierung möglich. In den hoch entwickelten Tätig-

110

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

keitsbereichen des Marketings erscheint eine solche Vorgehensweise jedoch wenig praktikabel. Zudem liegt der Fokus dieser Untersuchung nicht auf den einzelnen Elementen unterschiedlicher Unternehmensfähigkeiten, sondern vielmehr auf der Feststellung des Vorhandenseins derselben. Aus diesem Grund wird auch für alle Konstrukte, die sich auf allgemeine Fähigkeiten des Unternehmens beziehen, eine reflektive Operationalisierung verwendet. Auf Ebene der markentransferspezifischen Aktivitäten des Unternehmens hingegen liegt eine formative Operationalisierung nahe. Wie in den Kapiteln 5.1.2.3, 5.1.2.4 und 5.1.3.5 dargestellt, existieren im Rahmen der strategischen Planung und der Umsetzung des Markentransfers vermutlich einige Spezifika. Werden diese berücksichtigt, so ist davon auszugehen, dass Strategie und Umsetzung besser auf die Erfordernisse des Markentransfers abgestimmt sind. Die kausale Richtung weist also von den Indikatoren zum Konstrukt. Es liegt eine formative Operationalisierung vor, die auch vor dem Hintergrund des Forschungsziels sinnvoll scheint. Von Interesse sind hier die einzelnen Elemente der Aktivitäten, deren Kombination und Bedeutung. ALBERS UND HILDEBRANDT (2006, S. 4) halten in diesem Zusammenhang fest: „Will man für das Management konkrete Handlungsempfehlungen abgeben, müssen wegen der zugrunde liegenden Maßnahmen die Indikatoren formativ spezifiziert sein, nämlich das Konstrukt als Input formieren und nicht als Output reflektieren.“ 5.3.2 Operationalisierung der Erfolgsfaktoren 5.3.2.1 Entrepreneurship Die Intensität der unternehmerischen Grundhaltung im Unternehmen, das sog. ‚Entrepreneurship‘, wird über eine Skala von vier Indikatoren gemessen, die sich aus dem etablierten ‚Competing Values Framework‘ (vgl. z. B. Cameron/ Freeman 1991) rekrutieren. Eine Rückgriff auf diese etablierten Indikatoren ist angebracht, da eine inhaltlich-semantische Übereinstimmung der Konstruktdefinitionen gegeben ist und eine Übertragung auf das vorliegende Forschungsziel sowie in den forschungsspezifischen Kontext vertretbar scheint. In der Originalfassung des Competing Values Framework, das auf QUINN (1983; 1988) zurückgeht, sind die hier verwendeten Indikatoren Teil einer übergeordneten Typologisierung der Unternehmenskultur. Unter Anwendung eines Konstant-

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

Tabelle 5-1:

111

Messmodell des Konstruktes Entrepreneurship

Entrepreneurship (ES) Indikatoren: ES1 bis ES4 Kausalbeziehung Indikatoren: reflektiv ES1

Wir sind ein dynamisches Unternehmen. Viele unserer Mitarbeiter denken unternehmerisch und sind gewillt, auch Risiken in Kauf zu nehmen.

ES2

Unser Management ist innovations- und risikofreudig. Die Entwicklung neuer Ideen wird anerkannt und gefördert.

ES3

Stetige Weiterentwicklung und Innovation ist das, was unser Unternehmen ausmacht.

ES4

Unser Unternehmen ist wachstumsorientiert. Wir sind stets auf der Suche nach neuen Chancen und bereit, neue Herausforderungen anzugehen.

Skala: „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5)

summenverfahrens werden Probanden aufgefordert, das eigene Unternehmen hinsichtlich vier idealtypischer Kulturen einzuordnen (vgl. z. B. Deshpandé et al. 1993, S. 34). Da für die vorliegende Untersuchung nur die Ausprägung ‚Entrepreneurship‘ von Interesse ist, wurden nur jene vier Indikatoren ausgewählt, die diese Ausprägung beschreiben, und durch eine Likert-Skala abgefragt. Es wird also eine untersuchungsspezifische Adaption vorgenommen. Wie in Kapitel 5.3.1.2 erläutert, erfolgt eine reflektive Operationalisierung. Die Skala reicht von „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5). Tabelle 5-1 listet die verwendeten Indikatoren auf. 5.3.2.2 Markenorientierung Die Markenorientierung ist eine erst in jüngster Zeit untersuchte Dimension der Unternehmenskultur. Eine geeignete, allgemeingültige, etablierte und hinsichtlich Reliabilität und Validität überprüfte Skala lässt sich in diesem jungen Forschungsfeld nicht finden. In verschiedenen empirischen Arbeiten wurden Konzeptualisierungen und auch einige Skalen entwickelt. Wie jedoch in Kapitel 5.1.1.2 gezeigt wurde, stimmen die meisten Konzeptualisierungen nicht mit dem hier verwendeten Markenorientierungsbegriff überein, da sie kontextspezifisch, verhaltensorientiert oder wenig praxisrelevant sind. Basierend auf den Beobachtungen von WONG UND MEERILEES (2005, S. 157 f.) wurde daher in Kapitel 5.1.1.2 eine neue Konzeptualisierung erarbeitet, welche Markenorientierung als

112

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

spezifische Grundhaltung eines Unternehmens versteht, die sich in den Elementen profunde Markenkenntnis, Ausrichtung der Marketingaktivitäten an der Marke, starkes strategisches Markenmanagement und Bedeutung der Marke für das gesamte Unternehmen ausdrückt. Im Folgenden wird für diese Konzeptualisierung eine Skala neu entwickelt, wobei hinsichtlich der Formulierung einzelner Indikatoren auch auf jene oben genannten Quellen zurückgegriffen wird, deren gesamte Konzeptualisierung und Operationalisierung nicht übertragbar ist. –

Profunde Markenkenntnis als Dimension der Markenorientierung wird in den empirischen Arbeiten von HANKINSON (2001b, S. 352) sowie von EWING UND NAPOLI (2005, S. 844) erhoben, allerdings stark kontextspezifisch, sodass eine Übertragung der Indikatoren nicht möglich ist. In der vorliegenden Arbeit wird dieser Aspekt mit einem Indikator (MO1) abgebildet.



Wie von WONG UND MEERILEES (2005, S. 157) beobachtet, stellt die strenge Ausrichtung der Marketingaktivitäten an der Marke einen wichtigen Aspekt dar, in dem sich die Markenorientierung eines Unternehmens zeigt. SCHRAMM ET AL. (2004, S. 94) sowie EWING UND NAPOLI (2005, S. 844) berücksichtigen dies, Ersterer allerdings nur in Bezug auf kommunikative Aktivitäten. In der vorliegenden Arbeit wird die konsequente Ausrichtung aller Marketingaktivitäten mit einem Indikator (MO2) berücksichtigt.



Die grundsätzliche Haltung des Unternehmens, Marken als strategische Ressourcen zu verstehen, wird durch einen Indikator abgebildet (MO3), wie auch in der Untersuchung von HANKINSON (2001b, S. 352), der feststellt: „A charity brand should be regarded as a strategic resource.“



Ein starkes strategisches Markenmanagement schlägt sich zum einen in der Anwendung des Markenwertes als Steuerungsgröße nieder. Zum anderen im Vorhandensein durchsetzungsfähiger Produkt- und Markenmanager (vgl. Schramm et al. 2004, S. 94). Zwei Indikatoren bilden in der vorliegenden Untersuchung diese Aspekte ab (MO4, MO5).



Die überragende Bedeutung der Marke für das Unternehmen lässt sich anhand dreier Aspekte festmachen, die die letzten drei Indikatoren der Skala bilden. Die Entwicklung der Marke obliegt nicht nur einer kleinen Anzahl von Fachleuten, sondern ist Thema des Topmanagements (MO6). Dies bedingt, dass alle relevanten Unternehmensentscheidungen hinsichtlich ihrer Bedeutung für

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

113

die Marke beurteilt werden (MO7). Neben Marketingfachleuten und Topmanagement hat auch ein großer Teil der übrigen Mitarbeiter die Bedeutung der Marke verstanden und deren Werte verinnerlicht (MO8) (Wong/Merrilees 2005, S. 157). Hinsichtlich der in Kapitel 5.1.1.2 entwickelten Konzeptualisierung dürfte mit den genannten acht Indikatoren eine gute Operationalisierung der Markenorientierung möglich sein. Es handelt sich um ein grundlegendes Phänomen, welches sich in den genannten Indikatoren niederschlägt. Aus diesem Grund wird Markenorientierung, wie in Kapitel 5.3.1.2 erläutert, reflektiv operationalisiert. Die gesamte Skala findet sich in der Tabelle 5-2.

Tabelle 5-2:

Messmodell des Konstruktes Markenorientierung

Markenorientierung (MO) Indikatoren: MO1 bis MO8 Kausalbeziehung Indikatoren: reflektiv MO1

Wir haben in unserem Unternehmen eine klare Vorstellung davon, wofür unsere Marken stehen. Identität und Nutzenversprechen sind eindeutig definiert.

MO2

Alle unsere Marketingaktivitäten dienen immer auch dazu, unsere Marke(n) zu stärken und auszubauen.

MO3

Wir verstehen unsere Marke(n) als wertvolles Gut und strategische Ressource, die wir stets weiterentwickeln und bestmöglich schützen.

MO4

Der Markenwert/die Markenstärke ist eine Steuerungsgröße in unserem Unternehmen.

MO5

In unserem Unternehmen gibt es durchsetzungsfähige Produkt-, Markenund/oder Marketingmanager.

MO6

Die Entwicklung der Marke(n) obliegt nicht nur einer kleinen Gruppe von Marketingleuten, sondern ist auch „Chefsache“.

MO7

Alle relevanten Unternehmensentscheidungen werden auch hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Marke(n) beurteilt.

MO8

Die Markenwerte unserer Marke(n) werden von einem großen Teil unserer Mitarbeiter verstanden und gelebt.

Skala: „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5)

114

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

5.3.2.3 Strategische Marketingfähigkeiten In der überwiegenden Mehrzahl der empirischen Arbeiten, die sich mit der Untersuchung von Marketingfähigkeiten beschäftigen, werden strategische Marketingfähigkeiten nicht differenziert betrachtet. Häufig wird keine Abgrenzung zu jenen Fähigkeiten vorgenommen, die sich eher auf den Instrumentalbereich des Marketingmix beziehen (vgl. z. B. Weerawardena 2003a, S. 33), oder strategische Fähigkeiten werden gänzlich ausgeblendet (vgl. z. B. Zou et al. 2003, S. 37 ff.). Wie im Rahmen der Konzeptualisierung beschrieben, sollen in der vorliegenden Untersuchung strategische Marketingfähigkeiten, d.h. sowohl solche, die sich auf das Marketingmanagement als auch solche, die sich auf das Marketinformationsmanagement beziehen, und deren Einfluss gesondert untersucht werden. Für die Operationalisierung bedeutet dies, dass für Ersteres eine neue Skala entwickelt werden muss, während Zweiteres durch Adaption einer bestehenden Skala gemessen werden kann. Beide Konstrukte sind, den Ausführungen in Kapitel 5.3.1.2 folgend, in dem vorliegenden Untersuchungskontext reflektiv zu messen und werden im Rahmen der Selbsteinschätzung in Relation zu den für das Unternehmen relevanten Wettbewerbern erhoben (vgl. zu diesem Vorgehen auch Conant et al. 1990, S. 373; Vorhies/Morgan 2005, S. 92).89 Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement beziehen sich auf alle Aktivitätsfelder in diesem strategischen Feld des Marketings. In Anlehnung an HOOLEY ET AL. (1999, S. 263) sind dies insbesondere –

(MM1) die Art der Segmentierung sowie der Zielgruppenauswahl (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 92; Vorhies et al. 1999, S. 1201; Conant et al. 1990, S. 374)



(MM2) und die grundsätzliche Positionierung der Unternehmensleistung im Wettbewerbsumfeld (vgl. Conant et al. 1990, S. 374),

89

Die Messung der Unternehmensfähigkeiten in Relation zum Wettbewerb entspricht der Definition des Begriffs ‚Fähigkeit’, wie er im Rahmen des ressourcenbasierten Ansatzes geprägt wurde. So definieren HITT UND IRELAND (1984, S. 402): „[…] [distinctive capabilities as] ability to complete an action in a manner superior to that of its competitors or to apply a skill that competitors lack”. WEERAWARDENA (2003a, S. 17) betont ausdrücklich: „This paper therefore argues that distinctive capabilities should be operationalized in relative terms not in absolute terms.”

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

Tabelle 5-3:

115

Messmodell des Konstruktes Marketingmanagement

Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement Indikatoren: MM1 bis MM4 Kausalbeziehung Indikatoren: reflektiv MM1

Effektive Marktsegmentierung und Formulierung leicht umsetzbarer Zielgruppendefinitionen.

MM2

Wettbewerbsfähige Positionierung unserer Marke(n) und Formulierung relevanter Nutzenversprechen.

MM3

Systematische Planung von Marketingprojekten/-programmen.

MM4

Management von Marketingprojekten/-programmen auch unter Einbeziehung anderer Funktionsbereiche, wie zum Beispiel Vertrieb, Design etc.

Skala: „schlechter als Wettbewerber“ (1) bis „besser als Wettbewerber“ (5) –

(MM3) welche durch das zielorientierte Management von Marketingprogrammen (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 92; Vorhies et al. 1999, S. 1201)



(MM4) unter Einbeziehung aller relevanten Funktionsbereiche erreicht wird (vgl. Vorhies et al. 1999, S. 1201).

Tabelle 5-3 stellt das Messmodell mit den entsprechenden Indikatoren dar. Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement reichen von der Erhebung über die Analyse bis hin zur Nutzung von Marktinformationen. Erhoben werden Kunden- und Wettbewerberinformationen, die Nutzung bezieht sich sowohl auf die Entwicklung oder Weiterentwicklung von Produkten als auch auf die Ausgestaltung von Marketingprogrammen. Dieses Verständnis des Marktinformationsmanagements findet sich weitestgehend in einer entsprechenden Operationalisierung des Konstruktes durch VORHIES UND MORGEN (2005, S. 92) wieder, weswegen deren Skala mit kleineren Anpassungen, die auf die im Vorfeld durchgeführten Expertengespräche zurückgehen, verwendet wurde. Das Messmodell ist in Tabelle 5-4 ersichtlich.

116

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

Tabelle 5-4:

Messmodell des Konstruktes Marktinformationsmanagement

Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement Indikatoren: MI1 bis MI4 Kausalbeziehung Indikatoren: reflektiv MI1

Regelmäßige und umfassende Erhebung von Informationen zu Kunden und Wettbewerbern.

MI2

Einsatz moderner qualitativer und/oder quantitativer Marktforschungsmethoden.

MI3

Umfassende Analyse aller zur Verfügung stehender Marktinformationen.

MI4

Ausführliche Nutzung von Marktinformationen als Basis effektiver Marketingprogramme.

MI5

Ausführliche Nutzung von Marktinformationen zur Entwicklung neuer Produktideen.

Skala: „schlechter als Wettbewerber“ (1) bis „besser als Wettbewerber“ (5)

5.3.2.4 Produkt-Markt-Strategie des Markentransfers In Kapitel 5.1.2.3 erfolgte die Herleitung von Charakteristika einer erfolgreichen Produkt-Markt-Strategie des Markentransfers hergeleitet. Diese beziehen sich explizit nur auf die Besonderheiten, die bedingt sind durch die Transfersituation. Eine vergleichbare Betrachtungsweise existiert in der Marketingforschung bis dato nicht, weshalb das Messmodell für das Konstrukt Produkt-Markt-Strategie neu entwickelt und intensiv im Rahmen der Expertengespräche diskutiert wurde. Eine auf die Transfersituation abgestimmte Produkt-Markt-Strategie zeichnet sich demzufolge durch folgende Charakteristika aus: –

(PMS1) Eigenständiges Nutzenversprechen, welches das Transferprodukt von der Stammmarke emanzipiert: Den Expertenaussagen folgend, kann ein Transferprodukt nur dann dauerhaft erfolgreich sein und ein eigenständiges Geschäftsfeld begründen, wenn es mehr darstellt als ein Merchandising-Produkt, welches seine Existenzberechtigung lediglich aus dem Tragen der Marke erhält und selbst austauschbar ist.



(PMS2) Eigenständige Marktstrategie, die die Anforderungen des Transfermarktes reflektiert: Trotz hinlänglicher Ähnlichkeit der Aussage sollte, so die Experten, die Marktbearbeitungsstrategie auf die Spielregeln des neuen Mark-

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

117

tes und dessen Strukturen abgestimmt sein (vgl. auch Baumüller/Erbenich 2005, S. 44). –

(PMS3, PMS4) Einbettung in eine übergreifende Markenentwicklungsstrategie: Nach Einschätzung der befragten Experten kann ein Markentransfer nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn er nicht auf die opportunistische Ausschöpfung einer auftauchenden Marktchance basiert, sondern als Teil der strategischen Markenentwicklung begriffen wird. Nur dann können sich Transferprodukt und Marke gegenseitig stärken. Dies impliziert auch, dass bei der Ausgestaltung des Transfers, wie zum Beispiel bei der Wahl des Einführungszeitpunktes und der Gestaltung des Transferproduktes, die Aktivitäten und Gegebenheiten der Stammmarke berücksichtigt werden (vgl. auch Joiner 2006, S. 76 ff.; Dacin/Smith 1994, S. 239; Keller/Aaker 1992, S. 44 ff.).

Die genannten Elemente einer für den Markentransfer spezifischen ProduktMarkt-Strategie sind additive und konstituierende Elemente einer an die besondere Situation angepassten Vorgehensweise. Die entsprechende formative Operationalisierung durch vier Indikatoren findet sich in Tabelle 5-5. Tabelle 5-5:

Messmodell des Konstruktes Produkt-Markt-Strategie

Produkt-Markt-Strategie Indikatoren: PMS1 bis PMS4 Kausalbeziehung Indikatoren: formativ PMS1

Unser Transferprodukt überzeugt durch sein Produktkonzept und sein Nutzenversprechen. Es lebt nicht nur von dem Image und der Bekanntheit der Stammmarke.

PMS2

Wir haben eine eigenständige Marktstrategie für unser Transferprodukt, die die Wettbewerbssituation und die Kundenpräferenzen auf dem Transfermarkt berücksichtigt.

PMS3

Der Markentransfer ist eingebettet in eine übergreifende Markenentwicklungsstrategie, die sich aus unserer Vision für unsere Marke ergibt.

PMS4

Bei der Wahl des Einführungszeitpunkts und der Gestaltung des Transferproduktes wurden vorangegangene Produktneueinführungen unter der Stammmarke berücksichtigt.

Skala: „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5)

118

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

5.3.2.5 Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke Wie in Kapitel 5.1.2.4 beschrieben, existiert eine Vielzahl an Konzeptualisierungen des Fit-Begriffs. In Anlehnung an BRIDGES ET AL. (2000, S. 2) und KIM (2003, S. 465) soll in der vorliegenden Untersuchung der Fit verstanden werden als Übereinstimmung der für den Konsumenten wichtigsten Stammmarkenassoziationen mit dem Transferprodukt. Entscheidend für die Fit-Beurteilung ist dementsprechend das Bild, das der Konsument von der Marke hat, und wie gut diese Vorstellung zur Leistungskategorie (FF1), der Positionierung (FF2) und den spezifischen Merkmalen des Transferproduktes (FF3) passt. Das Ausmaß des Fits bildet sich aus diesen konstituierenden Merkmalen, die dementsprechend formativer Natur sind. Um der Wichtigkeit dieses Konstruktes im Rahmen der Markentransferforschung gerecht zu werden und Sicherheit hinsichtlich der korrekten Konzeptualisierung und Operationalisierung auch im Hinblick auf zukünftige Studien zu Tabelle 5-6:

Messmodell des Konstruktes Fit

Fit Indikatoren: FF1 bis FF3, FR1 bis FR4 Kausalbeziehung Indikatoren: reflektiv und formativ FF1

Die Produkt-/Leistungskategorie des Transferproduktes passt zu dem Bild, das unsere Kunden von der Stammmarke haben.

FF2

Die Positionierung des Transferproduktes passt zu dem Bild, das unsere Kunden von der Stammmarke haben.

FF3

Die spezifischen Produktmerkmale des Transferproduktes passen zu dem Bild, das unsere Kunden von der Stammmarke haben.

FR1

Wir legen sehr viel Wert darauf, dass das Transferprodukt einen engen, eindeutigen Zusammenhang zur Stammmarke aufweist.

FR2

Quantitative und/oder qualitative Marktforschung bestätigt, dass das Transferprodukt zu unserer Stammmarke passt.

FR3

Treue Verwender unserer Stammmarke beurteilen das Transferprodukt positiv.

FR4

Die Markenwerte unserer Stammmarke spiegeln sich in dem Transferprodukt sehr gut wider.

Skala: „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5)

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

119

gewinnen, wird der Fit zusätzlich reflektiv gemessen. Diese zusätzliche redundante Messung eines formativen Konstruktes durch reflektive Indikatoren schafft Sicherheit hinsichtlich dessen Validität (vgl. Krafft et al. 2005, S. 82; Diamantopoulos/Winkelhofer 2001, S. 272 ff. ). Im Rahmen der reflektiven Messung des Fits wird erhoben, in welchem Ausmaß sich der Fit zwischen Stammmarke und Transferprodukt äußert. In diesem Sinne interessiert die Fit-Wahrnehmung in der für die Marke relevanten Zielgruppe (FR2). Eine positive Beurteilung des Transferproduktes durch die Stammverwenderschaft der Marke ist ebenso ein Indikator für einen guten Fit (FR3). Neben der Beurteilung durch aktuelle oder potenzielle Kunden kann auch die unternehmensinterne Wahrnehmung ein Indikator für das Ausmaß des Fits sein (FR1, FR4). In Tabelle 5-6 sind alle reflektiven und formativen Indikatoren des Messmodells aufgelistet. 5.3.2.6 Fähigkeiten in den Instrumentalbereichen Fähigkeiten in den Instrumentalbereichen des Marketingmix wurden in verschiedenen empirischen Arbeiten untersucht (vgl. z. B. Vorhies/Morgan 2005; Weerawardena 2003a; Weerawardena 2003b; Zou et al. 2003; Vorhies et al. 1999; Conant et al. 1990), sodass einige Operationalisierungen existieren, die potenziell für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand anwendbar sind. Die jüngste Operationalisierung von VORHIES UND MORGAN (2005, S. 92) ist hinsichtlich Art des Forschungsprojektes, Übereinstimmung der Konstruktdefinition und Kontext der Untersuchung am besten übertragbar. Allerdings sind auch hier einige kontext-spezifische Adaptionen notwendig, so dass nicht von einer direkten Übertragung der Skala gesprochen werden kann. Einige Autoren mischen bei der Messung operativer Marketingfähigkeiten Indikatoren, die sich auf organisationale Aktivitäten beziehen, mit jenen, die die Effektivität der realisierten Handlungen abfragen (vgl. z. B. Conant et al. 1990, S. 373); so auch VORHIES UND MORGAN (2005, S. 92). Im Sinne einer klaren Trennung reflektiver von formativen Indikatoren ist dies nicht zweckmäßig. Während organisationale Aktivitäten konstituierende Merkmale der instrumentalen Fähigkeiten darstellen und dementsprechend auf eine formative Operationalisierung hindeuten, wird mit Erhebung der realisierten Effektivität der Handlung eine reflektive Messung vorgenommen. Im Hinblick auf das Forschungsziel sollen hier alle Unternehmensfähigkeiten reflektiv operationalisiert werden (vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 5.3.1.2). Entsprechend wird die reali-

120

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

sierte Effektivität der Handlungen in den Instrumentalbereichen in Relation zu den wichtigsten Wettbewerbern90 erhoben. Dies impliziert, dass die Skalen von VORHIES UND MORGAN (2005, S. 92) nur im Sinne einer inhaltlichen Struktur, nicht aber hinsichtlich der Formulierung übernommen werden können. Gute Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation zeigen sich durch (K1) erfolgreichen Einsatz klassischer und (K2) nicht-klassischer Kommunikationsinstrumente (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 92; Weerawardena 2003a, S. 33; Vorhies et al. 1999, S. 1201; Conant et al. 1990, S. 374) sowie (K4) effektiver Public Relations (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 92; Conant et al. 1990, S. 374), wobei jeweils das (K3) Markenimage erfolgreich umgesetzt wird (vgl. Vorhies/ Morgan 2005, S. 92). In Tabelle 5-7 ist das Messmodell zur Erhebung der Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation dargestellt. Gute Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution zeichnen sich dadurch aus, dass es dem Unternehmen gelingt, (D2) die für die Vertriebsziele besten Distributionspartner zu gewinnen (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 92), (D1) zu diesen gute Beziehungen aufzubauen (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 92; Zou et al. 2003, S. 44; Vorhies et al. 1999, S. 1201) und (D3) sie durch guten Service zu unterstützen (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 92; Zou et al. 2003, S. 44), sodass Tabelle 5-7:

Messmodell des Konstruktes Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation Indikatoren: K1 bis K4 Kausalbeziehung Indikatoren: reflektiv K1

Entwicklung und Durchführung erfolgreicher Werbekampagnen.

K2

Gezielter Einsatz nicht-klassischer Kommunikationsinstrumente, wie zum Beispiel Direktmarketing, Sponsoring, Events, Verkaufsförderung.

K3

Erfolgreiche Umsetzung der Markenwerte/des Markenimages in kreative Botschaften.

K4

Effektive Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations.

Skala: „schlechter als Wettbewerber“ (1) bis „besser als Wettbewerber“ (5)

90

Vgl. zur Messung in Relation zu Wettbewerbern die Ausführungen in Kapitel 5.3.2.3.

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

Tabelle 5-8:

121

Messmodell des Konstruktes Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution Indikatoren: D1 bis D4 Kausalbeziehung Indikatoren: reflektiv D1

Enge und gute Beziehungen zu Distributionspartnern, wie zum Beispiel dem Groß- und Einzelhandel.

D2

Gewinnung und Bindung der besten Distributionspartner.

D3

Service und Unterstützung für Distributionspartner.

D4

Erfolgreiche Durchsetzung eigener Interessen gegenüber den Distributionspartnern.

Skala: „schlechter als Wettbewerber“ (1) bis „besser als Wettbewerber“ (5)

(D4) die erfolgreiche Durchsetzung eigener Interessen möglich wird. Tabelle 5-8 zeigt die einzelnen Indikatoren des Messmodells. Gute Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik schlagen sich sowohl in den langfristig bedeutenden Entscheidungen zur Preisbildung als auch bei den eher kurzfristig orientierten Aktivitäten im Rahmen taktischer Preisreaktionen nieder. Im Bereich langfristiger Preisentscheidungen zeigen sich ausgeprägte Fähigkeiten durch (PI1) eine gute Kenntnis der Preisstrategie des Wettbewerbs und (PI2) durch einen effektiven Ansatz zur Preisbestimmung (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 92; Vorhies et al. 1999, S. 1201). Im Bereich taktischer Preisreaktionen zeigen sich gute Fähigkeiten (PI3) in der Kenntnis der Preisentwicklungen am Markt und (PI4) im Vorhandensein etablierter Vorgehensweisen zur schnellen Preisanpassung (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 92; Zou et al. 2003, S. 44). Die Indikatoren des gesamten Messmodells finden sich in Tabelle 5-9. Betrachtungen des Instrumentalbereichs Produktpolitik werden in einem Großteil bisheriger Untersuchungen zu operativen Marketingfähigkeiten auf die Neuproduktentwicklung beschränkt (vgl. Vorhies/Morgan 2005, S. 82; Zou et al. 2003, S. 37; Vorhies et al. 1999, S. 1176). Dies greift hinsichtlich des weiten Feldes produktpolitischer Entscheidungen zu kurz und ist im vorliegenden Kontext des Markentransfers nicht angebracht. Aus diesem Grund sollen in der vorliegenden Untersuchung die Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik

122

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

Tabelle 5-9:

Messmodell des Konstruktes Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik Indikatoren: PI1 bis PI4 Kausalbeziehung Indikatoren: reflektiv PI1

Gute Kenntnis der Preisstrategie des Wettbewerbs.

PI2

Effektiver und erfolgreicher Ansatz zur Preisbestimmung.

PI3

Regelmäßige Überwachung von Preisentwicklungen auf dem Markt.

PI4

Möglichkeiten zur schnellen und effektiven Anpassung von Preisen bei Marktveränderungen.

Skala: „schlechter als Wettbewerber“ (1) bis „besser als Wettbewerber“ (5)

durch eine neu entwickelte Skala erfasst werden. Diese orientiert sich an den klassischen Tätigkeitsbereichen der Produktpolitik (vgl. z. B. Kotler/Bliemel 1999, S. 478 ff.). Dementsprechend zeigen sich gute Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik in (PO1) der Neu- und Weiterentwicklung von Produkten entsprechend der Kundenbedürfnisse, (PO2) der Garantie einer konstanten Leistungsqualität, (PO3) zielgruppenadäquaten Zusatzleistungen und (PO4) optimaler Gestaltung der Produkte hinsichtlich Design, Verpackung etc. (vgl. Tabelle 5-10). Tabelle 5-10: Messmodell des Konstruktes Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik Indikatoren: PO1 bis PO4 Kausalbeziehung Indikatoren: reflektiv PO1

Neuentwicklung und/oder Weiterentwicklung von Produkten bzw. Dienstleistungen in Reaktion auf sich wandelnde Kundenbedürfnisse.

PO2

Konstante Qualität unserer Leistung.

PO3

Angebot attraktiver Zusatzleistungen.

PO4

Design und/oder Verpackung unserer Produkte bzw. Umfeld, in dem unsere Dienstleistung erstellt wird (z. B. Räumlichkeiten, Erscheinungsbild des Personals).

Skala: „schlechter als Wettbewerber“ (1) bis „besser als Wettbewerber“ (5)

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

123

5.3.2.7 Operative Umsetzung des Markentransfers Wie in Kapitel 5.1.3.5 dargestellt, muss die operative Umsetzung des Markentransfers optimal auf die Spezifika der Transfersituation abgestimmt sein, um einen Erfolgsbeitrag leisten zu können. Gemäß der durchgeführten Expertengespräche und der bisherigen empirischen Erkenntnisse bedeutet dies für die Aktivitäten in den Instrumentalbereichen im Einzelnen: –

(OMT1) Transferprodukte müssen insbesondere bei Markteinführung hinreichend stark kommunikativ unterstützt werden (vgl. Reddy et al. 1994, S. 257; Nijssen 1999, S. 459 f.; Völckner 2003, S. 231). (OMT3) Die inhaltliche Gestaltung sollte immer auch die Verbindung zur Stammmarke betonen, sodass das Transferprodukt von deren Image maximal profitieren kann (vgl. Lane 2000, S. 86 ff.; Kim 2003, S. 471 ff.). (OMT2) Dies sollte durch formale Abstimmungsprozesse sichergestellt werden.



(OMT5, OMT6, OMT7) Eine sorgfältige Auswahl von Vertriebskanälen und gegebenenfalls die Erschließung neuer Vertriebskanäle ist notwendig, um durch den Markentransfer neue Kundenkreise erschließen zu können (vgl. Baumüller/Erbenich 2005, S. 44).



(OMT9, OMT10) Eine dem Transfermarkt angepasste Preisfindung ist notwendig, um wettbewerbsfähig zu sein.



(OMT12) Hinsichtlich der Ausgestaltung des Transferproduktes sollte bei der Produkt- und Verpackungsgestaltung auf die optimale Integration in das bestehende Produktportfolio der Marke geachtet werden (vgl. Keller 2005, S. 958). (OMT14) Der Name des Transferproduktes sollte derart gewählt werden, dass die gewünschte Nähe oder Distanz zur Stammmarke zum Ausdruck kommt (vgl. Milberg et al. 1997, S. 133 f.; Park et al. 1993, S. 30).

Die oben beschriebenen Aktivitäten in den Instrumentalbereichen dienen der optimalen Vermarktung des Transferproduktes. Im Rahmen des Markentransfers muss jedoch auch die Rückwirkung auf die Stammmarke beachtet werden (vgl. zu Rückwirkungseffekten Kapitel 3.1.2). In jedem der Instrumentalbereiche gilt es, mögliche negative Rückwirkungseffekte zu verhindern.

124

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

Tabelle 5-11: Messmodell des Konstruktes Operative Umsetzung des Markentransfers Operative Umsetzung des Markentransfers Indikatoren: OMT1 bis OMT14 Kausalbeziehung Indikatoren: formativ OMT1

Das Transferprodukt wird eigenständig und nach den Regeln seines Marktes beworben.

OMT2

Wir stellen sicher (z. B. durch feste Vorgaben oder formale Abstimmungsprozesse), dass auch bei der Werbung für das Transferprodukt die Markenwerte der Stammmarke vermittelt werden.

OMT3

Durch geschickte Kommunikation werden diejenigen Merkmale des Transferproduktes hervorgehoben, die die größte Verbindung zur Stammmarke aufzeigen.

OMT4

Wir überprüfen regelmäßig die Auswirkungen der Werbung des Transferproduktes auf unsere Stammmarke.

OMT5

Wir wählen die Vertriebskanäle für unser Transferprodukt sorgfältig aus.

OMT6

Falls nötig, erschließen wir auch neue Vertriebskanäle für unser Transferprodukt.

OMT7

Zur Erschließung neuer Vertriebskanäle haben wir Vertriebspartner, die die bestmögliche Distribution unseres Transferproduktes gewährleisten.

OMT8

Wir kontrollieren den Distributionsgrad und die -kanäle unseres Transferproduktes regelmäßig.

OMT9

Wir kontrollieren den Marktpreis unseres Transferproduktes ständig.

OMT10

Wir stellen sicher, dass der Preis unseres Transferproduktes attraktiv für den Zielmarkt ist.

OMT11

Wir stellen sicher, dass der Preis unseres Transferproduktes keine negativen Rückwirkungseffekte für die Stammmarke hat.

OMT12

Wir stellen sicher, dass das Produkt- und/oder Verpackungsdesign aller unter der Stammmarke geführten Produkte stimmig ist bzw. dass das Erscheinungsbild aller unter der Stammmarke erbrachten Dienstleistungen konsistent ist.

OMT13

Wir kontrollieren den Qualitätsstandard des Transferproduktes regelmäßig.

OMT14

Bei der Namensgebung des Transferproduktes haben wir uns ganz bewusst für bzw. gegen eine Abgrenzung von der Stammmarke entschieden. Wir wissen, dass durch Einführung eines neuen Namensbestandteils/einer SubBrand das Transferprodukt von der Stammmarke abgegrenzt werden kann.

Skala: „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5)

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

125



(OMT4) Alle kommunikativen Aktivitäten für das Transferprodukt bergen das Potenzial, sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Stammmarke zu haben (vgl. Balachander/Ghose 2003, S. 11; Morrin 1999, S. 523). Professionelle Werbewirkungskontrolle muss daher Teil der Kommunikationsaktivitäten des Markentransfers sein, um solche Rückwirkungseffekte aufzuzeigen und Handlungen zu initiieren.



(OMT8, OMT11) Durch ständige Kontrolle von Marktpreis sowie Art und Breite der Distribution können mögliche negative Imagewirkungen durch Dumpingpreise oder zu breite Distribution in nicht-markenadäquaten Kanälen vermieden werden.



(OMT13) Trotz widersprüchlicher empirischer Erkenntnisse (vgl. Martinez/ Pina 2003, S. 443 f.; Zimmer/Bhat 2004, S.41 f.) wird aufgrund der Ergebnisse der Expertengespräche im Vorfeld der Untersuchung angenommen, dass die Qualität des Transferproduktes den Ansprüchen der Stammmarke genügen muss, um keine negativen Rückwirkungseffekte hervorzurufen.

In Tabelle 5-11 sind alle Indikatoren zur Messung der operativen Umsetzung des Markentransfers aufgelistet. 5.3.2.8 Markenstärke Ansätze zur Erfassung und Beurteilung der Markenstärke lassen sich aus dem Bereich der Markenwertmessung91 ableiten. Zur Einschätzung der Markenstärke wird auf etablierte Größen aus diesem Bereich zurückgegriffen. So unterscheiden KELLER (1993, S. 7) und ESCH ET AL. (2002, S. 477) Markenkenntnis und Markenimage als konstituierende Elemente des Markenwertes. Markenkenntnis

91

Für einen Überblick der aktuell auf dem Markt befindlichen Modelle zur Bestimmung des Markenwertes vgl. KLUTE (2006, S. 259). Klassischerweise wird die Markenstärke durch eine Konsumentenbefragung erhoben, was allerdings den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen würde. Aus diesem Grunde werden im Rahmen der Unternehmensbefragung die Auskunftspersonen zu ihrer Einschätzung der Markenstärke befragt. Da es sich hierbei um qualifizierte Kontakte in den Unternehmen handelt, deren hierarchische Position eine weitreichende Kenntnis der eigenen Marke vermuten lässt und oftmals eigene Untersuchungen der Markenstärke in den Unternehmen vorliegen, ist der gewählte Ansatz unter den gegebenen Umständen als sinnvoll zu erachten.

126

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

wird in der vorliegenden Untersuchung als eine Dimension der Markenstärke aufgegriffen (MS1). Markenimages stellen mehrdimensionale Größen dar, die sich aus Anzahl, Stärke, Art und Relevanz verschiedenster Assoziationen mit der Marke bilden (vgl. Esch et al. 2002, S. 477). Das Markenimage ist die Basis für die Einstellung gegenüber der Marke, welche einen dauerhaften Zustand beschreibt, gegenüber einer Marke mehr oder weniger stark positiv oder negativ zu reagieren (vgl. Baumgarth 2004, S. 73 ff.; Trommsdorff 2003, S. 150). Da die Markeneinstellung einfacher zu erfragen und besser vergleichbar ist als das Markenimage, wird in der vorliegenden Untersuchung die Einstellung zur Marke als ein weitere Komponente der Markenstärke berücksichtigt. Mit der Frage nach der wahrgenommenen Qualität (MS2) wird die rationale Einstellung gegenüber der Marke gemessen, mit der Frage nach der Sympathie (MS3) die emotionale Komponente der Markeneinstellung. Um den bisherigen Erkenntnissen der Markentransferforschung gerecht zu werden, die auch einen Einfluss der Markenloyalität auf den Markentransfererfolg feststellt (vgl. z. B. Swaminathan et al. 2001, S. 8 f.), wird zusätzlich eine Verhaltensdimension addiert. Mit der Frage nach einer führenden Marktposition der Stammmarke wird implizit das Kaufverhalten der Kunden erfragt (MS4). Wie in Tabelle 5-12 dargestellt, umfasst die derart gemessene Markenstärke die Markenbekanntheit, die rationale und emotionale Markeneinstellung und das Markenkaufverhalten ausgedrückt in der Marktposition. Tabelle 5-12: Messmodell des Konstruktes Markenstärke Markenstärke Indikatoren: MS1 bis MS4 Kausalbeziehung Indikatoren: formativ MS1

Unsere Marke hat eine größere Bekanntheit als die unserer wichtigsten Mitbewerber.

MS2

Die vom Kunden wahrgenommene Qualität unserer Marke übertrifft die unserer Konkurrenten.

MS3

Der Sympathiegrad unserer Marke ist größer als der der Konkurrenzmarken.

MS4

Ein großer Anteil der unter der Marke geführten Produkte hat eine führende Position auf dem jeweiligen Markt.

Skala: „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5)

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

127

5.3.3 Operationalisierung des Markentransfererfolgs Die vorliegende Untersuchung analysiert den Einfluss unternehmensinterner Faktoren auf den Erfolg des Markentransfers. Hierbei stellt sich die Frage, wie dieser Markentransfererfolg gemessen werden kann und welche Indikatoren grundsätzlich hierfür geeignet sind. Die Überprüfung des Erfolges stellt den ultimativen Test jeder Strategie und damit die Zielgröße jeglicher Überlegungen im Bereich des strategischen Managements dar (vgl. Helm 1998, S. 225). Trotz dieser zentralen Stellung ist es bisher nicht gelungen, einen Konsens hinsichtlich der Vorgehensweise bei der Erfolgsmessung zu erzielen (vgl. Jenner 2000, S. 327). Im Bereich der empirischen Untersuchung des Markentransfers fungiert in der Regel die konsumentenseitige Einschätzung der Transferproduktqualität als Erfolgsvariable. Diese Operationalisierung ist grundsätzlich mit erheblichen Problemen verbunden und im Zusammenhang der vorliegenden Untersuchung ungeeignet. So werden Rückwirkungseffekte auf die Marke ausgeblendet, obwohl empirische Befunde deren Bedeutung belegen und sie erklärtermaßen ein wichtiges Ziel verschiedener Markentransfer darstellen (vgl. hierzu Kapitel 3.1.2). Des Weiteren wird dem Erfolgsverständnis der Praxis nicht entsprochen, da ausgehend von einer Konzeptualisierung des Erfolges als Grad der Zielerreichung es zumindest fraglich erscheint, ob die Wahrnehmung einer hohen Produktqualität das primäre Ziel von Markentransfers darstellt (vgl. Jenner 2006, S. 225 f.). Aus diesem Grund soll für die vorliegende Untersuchung auf Basis der grundsätzlichen Möglichkeiten der Strategieerfolgsmessung im Rahmen einer unternehmensseitigen Befragung eine geeignete Vorgehensweise entwickelt werden. Hierzu werden folgende Fragen diskutiert: 1) Was ist die richtige Bezugsgröße des Erfolges: die Unternehmens-, Geschäftsbereichs- oder Strategieebene? 2) Soll der Erfolg subjektiv, durch persönliche Einschätzung von Auskunftspersonen, oder objektiv, durch Betrachtung finanzwirtschaftlicher Kennzahlen, gemessen werden? 3) Ist ein mono- oder ein multivariabler Ansatz geeignet? Ad (1): Die Wahl des adäquaten Messbereichs ist abhängig vom jeweiligen Untersuchungsgegenstand. Ein zu breit gewähltes Erfolgskonstrukt erweist sich als problematisch, da in diesem Fall ein Großteil der Erfolgsvarianz durch Variablen

128

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

erklärt würde, deren Einfluss im Rahmen der Untersuchung nicht kontrolliert werden (vgl. Baumgarth 2005, S. 9). Bei der Wahl des Messbereichs kommt es daher entscheidend darauf an, dass theoretische Überlegungen einen hinreichend großen Erklärungsbeitrag der unabhängigen Variablen im Hinblick auf das Erfolgskonstrukt gewährleisten (vgl. Jenner 2000, S. 328). In der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um einen klar umrissenen Teilbereich der Marktaktivitäten eines Unternehmens. Die globale Erfolgsmessung auf Unternehmensebene wäre nicht zielführend, da die Effekte des Markentransfers durch Erfolge oder Misserfolge in anderen Bereichen überkompensiert werden könnten (vgl. Ray et al. 2004, S. 24). Da die organisatorische Verwirklichung des Markentransfers je nach Unternehmenstyp unterschiedlich ausgeprägt sein kann, ist auch die Bezugnahme auf einen Geschäftsbereich nicht sinnvoll. Aus diesem Grund soll die abhängige Erfolgsgröße dieser Untersuchung auf Strategieebene operationalisiert werden. Ad (2): Die Frage, inwiefern der Erfolg subjektiv oder objektiv gemessen werden sollte, ist abhängig von dem zuvor diskutierten Messbereich. Die Erfassung objektiver Erfolgsindikatoren setzt voraus, dass dem Forscher entsprechende Daten zugänglich sind. Was auf Unternehmensebene mit Bewertungsmaßstäben, wie zum Beispiel Umsatz- oder Rentabilitätskennziffern, unproblematisch erscheint, gestaltet sich auf Ebene der Strategie äußerst schwierig (vgl. Helm 1998, S. 226). Viele Unternehmen sind nicht bereit, auf Strategieebene detailliert Auskunft über Erfolgskennzahlen zu geben, was auch im vorliegenden Fall zu erwarten ist. Neben dieser eher forschungstaktischen Begründung erscheint aber auch vor dem Hintergrund der inhaltlichen Ausprägung des Markentransfererfolges der Einsatz eines subjektiven Messverfahrens angebracht. Wie in Kapitel 3.1 beschrieben, manifestiert sich ein gelungener Markentransfer nicht nur im – zumindest theoretisch – wert- und mengenmäßig erfassbaren Markterfolg des Transferproduktes. Vielmehr kommt es auch darauf an, die positiven und negativen Rückwirkungseffekte auf die Stammmarke zu berücksichtigen. Auch diese Effekte können sich langfristig monetär und somit wertmäßig erfassbar niederschlagen. Allerdings erfolgt dies mit einem erheblichen zeitlichen Verzug und ist ursächlich schwieriger zuzuordnen (vgl. Helm 1998, S. 226 f.). Die alleinige Betrachtung von finanzwirtschaftlichen Kennzahlen, wie Umsatz oder Gewinn,

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

129

würde somit die Komplexität des hier vorliegenden Erfolgskonzepts verkennen. Der Einsatz eines subjektiven Messverfahrens erscheint angebracht. Der Einsatz subjektiver Messverfahren ist jedoch nicht frei von Problemen. So basieren sie auf der Annahme, dass die Auskunftsperson das Untersuchungsobjekt im Hinblick auf die interessierenden Eigenschaften beurteilen kann und auch korrekt beurteilen will. Ein kritischer Aspekt subjektiver Messverfahren ist somit in der Validität zu sehen. Auskunftspersonen können bewusst falsche Angaben hinsichtlich des Erfolges machen oder aber einer Wahrnehmungsverzerrung unterliegen, die zu ungewollten Verfälschungen führt (vgl. Jenner 2000, S. 329). Allerdings zeigen die Ergebnisse empirischer Untersuchungen, dass die Verwendung objektiver und subjektiver Ansätze zur Erfolgsmessung zu ähnlichen Ergebnissen führen (vgl. Dess/Robinson 1984, S. 269 ff.).92 Unter Abwägung der oben genannten Argumente erscheint es im vorliegenden Fall sinnvoll, ein subjektives Messverfahren anzuwenden. Ad (3): Mit der Festlegung auf ein subjektives Verfahren zur Erhebung des Markentransfererfolges auf Strategieebene ist ebenso die Entscheidung für eine multivariable Messung gefallen. Die monovariable Erfolgsermittlung anhand eines einzigen Kriteriums erscheint generell fragwürdig. Während allerdings auf Unternehmensebene objektive Daten zur Verfügung stehen, die auf hohem aggregierten Niveau zumindest das Potenzial haben, ein valides Ergebnis der Erfolgsmessung zu generieren, kann die Auskunft einer Person zu nur einem Kriterium im Rahmen eines subjektiven Messverfahrens nicht geeignet sein, den Erfolg einer Strategie abzubilden (vgl. Jenner 2000, S. 329 f.). Dementsprechend soll in der vorliegenden Untersuchung eine subjektive, multivariable Erfolgsmessung auf Ebene der Strategie durchgeführt werden. Ein in diesem Zusammenhang besonders geeignetes Verfahren stellt der Zielansatz der Erfolgsfaktorenforschung dar,93 bei dem kein standardisierter, für alle Untersuchungseinheiten gleicher Erfolgsmaßstab verwendet wird. Die Messung 92

93

DESS UND ROBINSON (1984, S. 269 ff.) stellten fest, dass sich jeweils ein mit mindestens p < 0,05 signifikanter Korrelationskoeffizient zwischen subjektiver und objektiver Erhebung der Rentabilität und des Absatzwachstums ergibt. Dem Zielansatz kommt unter forschungsprogrammatischen Aspekten die vergleichsweise höchste Bedeutung zur Bestimmung des unternehmerischen Erfolgs zu (vgl. Raffée/Fritz 1990, S. 8).

130

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

des Erfolges basiert vielmehr auf der jeweiligen Wichtigkeit und Ausprägung mehrerer Erfolgskriterien für die Untersuchungseinheit (vgl. Baumgarth 2005, S. 9). Hierbei wird ein umfassendes, alternatives Zielsystem aufgestellt, das eine Beurteilung der gewählten Strategie erlaubt. Jede Auskunftsperson bewertet vorab die Wichtigkeit jedes einzelnen Ziels für das Unternehmen, um dann den Zielerreichungsgrad anzugeben. Es erfolgt also eine situationsadäquate Zielbestimmung. Die Strategie wird verstanden als Instrument zur Verfolgung von unternehmensindividuell verschiedenen Zielen (vgl. Helm 1998, S. 227). Erfolg misst sich am Erreichungsgrad der selbst gesetzten Ziele (vgl. Welge/Fessmann 1980, S. 579 f.). Für die vorliegende Untersuchung erscheint ein solches Messverfahren besonders sinnvoll, da mit dem Markentransfer ein breites Spektrum an Zielen verfolgt werden kann: Von schnell wirksamen monetären Effekten, wie zusätzlichem Umsatz und Gewinn, bis hin zu eher langfristig wirkenden und schwerer erfassbaren Effekten, wie intendierten Imagewirkungen für die Marke, können verschiedene Aspekte im Vordergrund stehen. Die Eignung des Zielansatzes für die Beurteilung des Markentransfererfolges wird auch von JENNER (2006, S. 231) bestätigt, der festhält: „Zusammenfassend stellt der Zielansatz eine vielversprechende Alternative zur Messung des Erfolges realer Markentransfers dar.“ Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sowie der zugrunde liegenden empirischen Untersuchung wird von ‚Effekten‘ und deren ‚Bedeutung‘ gesprochen, nicht von Zielen. Die Nutzung dieser Begrifflichkeiten begründet sich nicht in einer semantischen Eigenwilligkeit, sondern durch die Wahrnehmung in der Unternehmensrealität. Wie die durchgeführten Experteninterviews zeigten, werden langfristig wirkende Rückwirkungseffekte häufig nicht als gleichwertige Ziele formuliert, sondern oftmals in aller Heftigkeit nachfolgend als Effekt verspürt. Um dieser Unternehmensrealität gerecht zu werden und dennoch Rückwirkungseffekte im Rahmen der Erfolgsmessung gleichwertig zu berücksichtigen – wie es der hier vertretenen Auffassung entspricht –, wird von Effekten und deren Bedeutung gesprochen. Hierdurch wird sichergestellt, dass Rückwirkungseffekte erfasst werden, die im Unternehmen als bedeutend realisiert werden, allerdings unter Umständen nicht im ursprünglichen Zielkatalog des Markentransfers explizit formuliert wurden. Aufbauend auf den Arbeiten von FRITZ (1992), EISELE (1995) und SCHMIDT (2001) wird für die vorliegende Untersuchung ein ganzheitliches Erfolgsmaß ent-

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

131

Tabelle 5-13: Messmodell des Konstruktes Markentransfererfolg Markentransfererfolg – Direkter Effekt Indikatoren: DE1 bis DE4 DE1

Langfristiges Umsatzwachstum durch Erschließung neuer Märkte. (Bedeutung/Zielerreichung)

DE2

Erschließung neuer Zielgruppen für die Marke. (Bedeutung/Zielerreichung)

DE3

Langfristige Gewinnsteigerung/Deckungsbeitragswachstum. (Bedeutung/Zielerreichung)

DE4

Erzielung von Synergieeffekten, insbesondere hinsichtlich der Marketingkosten. (Bedeutung/Zielerreichung)

Doppel-Skala: „keine Bedeutung“ (1) bis „hohe Bedeutung“ (5) und „Ziel erreicht“ (1) bis „Ziel nicht erreicht“ (5) Markentransfererfolg – Rückwirkungseffekt Indikatoren: RE1 bis RE5 RE1

Veränderung der Markenbekanntheit der Stammmarke.

RE2

Veränderung des Markenimages der Stammmarke, wie zum Beispiel Veränderung von spezifischen Markenassoziationen oder der Markenpersönlichkeit.

RE3

Veränderung der vom Kunden wahrgenommenen Qualität der Stammmarke.

RE4

Veränderung der Einstellung der Kunden gegenüber der Stammmarke, wie zum Beispiel Veränderung der wahrgenommenen Markensympathie.

RE5

Veränderung des Absatzes auf den Kernmärkten der Stammmarke (mit den ursprünglichen Produkten/Dienstleistungen).

Doppel-Skala: „keine Bedeutung“ (1) bis „hohe Bedeutung“ (5) und „negative Veränderung“ (1) bis „positive Veränderung“

wickelt, welches die wesentlichen Elemente des Zielansatzes aufgreift und mit der Grundstruktur eines reflektiven Konstruktes verbindet. Als Basis werden die in Kapitel 3.1 beschriebenen Erfolgsdimensionen ‚Direkte Effekte‘ und ‚Rückwirkungseffekte‘ herangezogen, die als zwei reflektive Indikatoren des Konstruktes ‚Markentransfererfolg‘ fungieren. Die reflektive Operationalisierung ergibt sich gemäß der in Kapitel 5.3.1.2 erläuterten Kriterien. Als abhängige Variable des Strukturmodells ist der Erfolg als ganzheitliches Phänomen von Interesse, ist also die Frage nach dem Ausmaß des Erfolges relevant. Dies weist

132

5 Entwicklung des Untersuchungsmodells

auf eine reflektive Operationalisierung hin. Des Weiteren wird hier die Auffassung vertreten, dass sich ein erfolgreicher Markentransfer sowohl in ausgeprägten direkten Effekten also auch in positiven Rückwirkungseffekten niederschlägt, was ebenfalls für ein reflektives Konstrukt spricht. Während nach der hier vertretenen Überzeugung beide Erfolgsdimensionen parallel berücksichtigt werden, können innerhalb der jeweiligen Dimension unterschiedliche Aspekte an Relevanz gewinnen. Im Bereich der direkten Effekte beispielsweise kann eher die langfristige Gewinnsteigerung oder die Erzielung von Synergieeffekten im Vordergrund stehen. Insofern wird innerhalb der zwei Erfolgsdimensionen der Zielansatz verwendet. Hierzu werden die in Tabelle 5-13 aufgeführten Indikatoren hinsichtlich der unternehmensindividuellen Bedeutung und der tatsächlich realisierten Effekte abgefragt. Im Bereich der direkten Effekte handelt es sich hierbei um ökonomische Größen, während im Bereich der Rückwirkungseffekte primär verhaltenswissenschaftliche Kriterien abgefragt werden. Wie schon in Kapitel 3.1.3 erwähnt, begründet sich dies in der Beurteilungsfähigkeit der Auskunftspersonen. Während direkte Effekte meist explizit formulierte Zielgrößen und Erfolgskriterien in Unternehmen sind, werden Rückwirkungseffekte selten gemessen und kaum im Sinne ökonomischer Größen quantifiziert. Durch Multiplikation der jeweiligen Erreichungsgrade mit einem auf Basis der Bedeutung ermittelten Gewichtungsfaktor ergeben sich für beide Erfolgsdimensionen Indizes, die dann als reflektive Indikatoren des Konstruktes ‚Markentransfererfolg‘ dienen. Die Indizes werden formal folgendermaßen definiert (siehe Gleichung 5-1): D

R

¦ ( Bij * Z ij ) I DEj

i 1

¦B

ij

IDEj: IREj: Bij: Zij: D: R:

ij

bzw. I REj

D

i 1

¦ (B

* Z ij )

i 1

(5-1)

R

¦B

ij

i 1

Index der direkten Effekte des Markentransfers j Index der Rückwirkungseffekte des Markentransfers j Bedeutung des Effekts i des Markentransfers j Erreichungsgrad des Effekts i des Markentransfers j Anzahl der Effekte im Bereich direkte Effekte Anzahl der Effekte im Bereich Rückwirkungseffekte

5.3 Operationalisierung der Konstrukte

133

Tabelle 5-14: Messmodell des Konstruktes Globaler Markentransfererfolg Globaler Markentransfererfolg Indikator: GE1 GE1

Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit den bisherigen Ergebnissen des Markentransfers?

Skala: „unzufrieden“ (1) bis „zufrieden“ (5)

Um zu ermitteln, wie gut das beschriebene Erfolgsmaß den Gesamterfolg des Markentransfers widerspiegelt, wird zudem die globale Erfolgseinschätzung der Befragten erhoben (siehe Tabelle 5-14). Auf diese Weise wird die Überprüfung der sog. externen Validität möglich.

6 Empirische Untersuchung Nach der Entwicklung des Untersuchungsmodells wird nun die Vorgehensweise vorgestellt sowie die Ergebnisse der empirischen Untersuchung dargestellt, welche zur Überprüfung der formulierten Hypothesen durchgeführt wurde. Hierzu wird zunächst das verwendete statistische Schätzverfahren erläutert (Kapitel 6.1) und die Vorgehensweise zur Datenerhebung sowie die Datengrundlage beschrieben (Kapitel 6.2). Anschließend wird auf Basis der empirischen Daten das Untersuchungsmodell hinsichtlich seiner Güte untersucht (Kapitel 6.3) und die ermittelten empirischen Ergebnisse vorgestellt (Kapitel 6.4 und 6.5).

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode Im folgenden Abschnitt wird das statistische Schätzverfahren für die empirische Überprüfung des Untersuchungsmodells dargestellt. Zunächst wird die Auswahl einer varianzbasierten vs. einer kovarianzbasierten Analysemethode für die vorliegende Untersuchung begründet (Kapitel 6.1.1), um dann die Spezifika der Modellschätzung (Kapitel 6.1.2) und Modellbeurteilung (Kapitel 6.1.3) mit PLS näher zu erläutern. 6.1.1 Auswahl von PLS als Schätzverfahren zur Analyse von Strukturgleichungsmodellen Zur Schätzung von Strukturgleichungsmodellen mit latenten Variablen stehen zwei grundsätzliche Verfahren zur Verfügung: Die Kovarianzstrukturanalyse, die auch unter dem Namen der weit verbreiteten Software LISREL94 bekannt geworden ist, und der varianzbasierte Partial-Least-Squares-(PLS)-Ansatz. Die Kovarianzstrukturanalyse hat sich in den vergangenen Jahren zu einem QuasiStandard zur Lösung von Strukturgleichungsmodellen entwickelt (vgl. z. B. die Studienanalysen von Baumgartner/Homburg 1996, S. 139 ff.; Krafft et al. 2003, S. 95 f.). Der PLS-Ansatz hingegen fand bis in jüngere Zeit eine deutlich gerin94

Eine alternative Software auf Basis der Kovarianzstrukturanalyse ist AMOS; zu LISREL vgl. BYRNE (1998) und zu AMOS vgl. BYRNE (2001).

136

6 Empirische Untersuchung

gere Beachtung, obwohl die grundlegenden Algorithmen bereits in den 1960erJahren von WOLD (1966) entwickelt wurden. Diese unterschiedliche Entwicklung lässt sich zumindest teilweise auf die Verfügbarkeit von benutzerfreundlichen Softwarepaketen zurückführen. Während für die Kovarianzstrukturanalyse eine Reihe von weit entwickelten Software-Produkten wie LISREL, AMOS oder EQS verfügbar sind, fehlte lange Zeit ein entsprechendes Äquivalent für PLS.95 Erst in den letzten Jahren sind einige benutzerfreundlichere, aber zum Teil noch im Entwicklungsstadium befindliche PLS-Programme entstanden. Das international am stärksten verbreitete Programm ist das von CHIN (2003) entwickelte PLS-Graph. Im deutschsprachigen Raum gewinnt die an der Universität Hamburg entwickelte Software SmartPLS zusehends an Bedeutung (vgl. Hansmann/ Ringle 2004). In den letzten Jahren ist das Interesse am PLS-Ansatz, an dessen Weiterentwicklung und Einsatz zur Schätzung von Kausalmodellen deutlich gestiegen.96 International nehmen dabei unter den Forschern FORNELL (vgl. z. B. Fornell/Cha 1994; Fornell 1989; Fornell 1987; Fornell/Bookstein 1982) für den Bereich Marketing und CHIN (vgl. z. B. Chin/Newsted 1999; Chin 1998) in der Wirtschaftsinformatik eine führende Position ein. Im deutschsprachigen Raum unterstreicht die Veröffentlichung des umfangreichen Sammelbandes „Handbuch zur PLSPfadmodellierung“ von BLIEMEL ET AL. (2005 (Hrsg.)) die wachsende Bedeutung des PLS-Ansatzes. Das steigende Interesse am PLS-Ansatz kann auf einige zentrale Unterschiede gegenüber der Kovarianzstrukturanalyse zurückgeführt werden. Je nach Untersuchungsgegenstand des Strukturgleichungsmodells können sich diese Unterschiede als Nachteile der Kovarianzstrukturanalyse gegenüber dem PLS-Ansatz auswirken.97 Folgende drei Punkte können den Ausschlag für die Anwendung

95

96

97

Die erste für die Forschungsöffentlichkeit zugängliche Implementierung erfolgte Ende der 1980er-Jahre durch LOHMÖLLER (1989) mit dem Programm LVPLS. Aufgrund mangelnder Bedienerfreundlichkeit und fehlender Weiterentwicklung kam es jedoch nicht zu einer breiten Anwendung. Einen Überblick über die Entwicklung des PLS-Ansatzes in der deutschsprachigen und internationalen Literatur findet sich bei FASSOTT (2005, S. 22 ff.). Für eine detaillierte Gegenüberstellung der Verfahren siehe zum Beispiel CHIN UND NEWSTED (1999, S. 308 ff.), SCHOLDERER UND BALDERJAHN (2005, S. 88 ff.) oder HERRMANN ET AL. (2006, S. 38 ff.).

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

137

von PLS geben: Stichprobengröße (1), Verteilungsannahmen (2), Berücksichtigung formativer Konstruktoperationalisierungen (3) und anwendbare Gütekriterien (4). Ad (1): Kovarianzbasierte Verfahren müssen einen relativ hohen Mindest-Stichprobenumfang aufweisen, damit das untersuchte Modell identifizierbar ist und die Parameterschätzung zu stabilen Ergebnissen führt (vgl. Sellin 1995, S. 263). Die notwendige Stichprobengröße hängt dabei von dem anzuwendenden Schätzverfahren, der Größe des Modells und der Struktur der Kovarianzmatrix ab. Die untere Grenze für einfache Strukturmodelle liegt bei Anwendung von kovarianzbasierten Verfahren bei 100 bis 150 Fälle (vgl. Bagozzi/Yi 1988, S. 80). Mit dem PLS-Ansatz ist hingegen auch die Analyse relativ kleiner Stichproben möglich (vgl. Chin/Newsted 1999, S. 314; Fornell/Bookstein 1982, S. 443 f.; Bagozzi/Yi 1994, S. 18 f.). Dies lässt sich auf spezifische Eigenschaften des PLS-Ansatzes zurückführen. Zum einen erfolgt die Gütebeurteilung teilweise durch sog. Resampling-Methoden. Hierbei werden durch geeignete Verfahren wie ‚Bootstrapping‘ oder ‚Jackknifing‘98 eine Reihe von zufälligen Stichproben aus der tatsächlichen Stichprobe gezogen, um die Signifikanz des Modells zu beurteilen. Da hierbei keine parametrischen Voraussetzungen erforderlich sind, ist eine Anwendung bei relativ kleinen Stichproben möglich. Zum anderen werden im Gegensatz zur Kovarianzstrukturanalyse beim PLS-Verfahren die Parameter so geschätzt, dass die Residualvarianzen der abhängigen Variablen minimiert werden, anstatt die empirische Kovarianzmatrix der Indikatoren zu reproduzieren, wofür eine geringere Stichprobe notwendig ist (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 721). Ad (2): Die gebräuchlichste Schätzmethode der Kovarianzstrukturanalyse (Maximum Likelihood) verlangt eine Multi-Normalverteilung der Indikatoren und somit der Stichprobe. Dies führt zu einer stark eingeschränkten Anwendbarkeit, da diese Forderung in der empirischen Forschung oft nicht erfüllt ist (vgl. Dijkstra 1983, S. 76).99 Der PLS-Ansatz beruht auf Kleinste-Quadrat-Schätzungen und 98

99

Vgl. zu den Resampling-Methoden ‚Bootstrapping‘ und ‚Jackknifing‘ Kapitel 6.1.3.1 und weiterführend CHIN (1998, S. 318 ff.). SCHOLDERER UND BALDERJAHN (2005, S. 94) weisen jedoch darauf hin, dass mit alternativen Schätzverfahren wie Unweighted Least Squares (ULS) auch bei kovarianz-

138

6 Empirische Untersuchung

macht daher keinerlei Annahmen hinsichtlich der Verteilung der Modellvariablen (vgl. Chin 1998, S. 316; Fornell/Bookstein 1982, S. 443). Ad (3): Der Einbeziehung formativer Konstrukte in kovarianzbasierte Strukturgleichungsmodelle ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich (vgl. Jarvis et al. 2003, S. 213 ff.; Chin/Newsted 1999, S. 310).100 Der PLS-Ansatz bietet hingegen „[…] einfache und vielfache Möglichkeiten zur Modellierung formativer und reflektiver Konstrukte […]“ (Fassott 2005, S. 24 f.) in einem Strukturgleichungsmodell. Ad (4): Für den Einsatz der Kovarianzstrukturanalyse spricht hingegen, dass sich aus der expliziten Verteilungsannahme ein deutlich breiteres Angebot an interferenzstatistischen Prüfkriterien und Modelltests ergibt als beim verteilungsfreien PLS-Ansatz (vgl. Scholderer/Balderjahn 2005, S. 91). Die Interferenzstatistik oder ‚schließende Statistik‘ beurteilt die Unsicherheit bei der Beschreibung der Grundgesamtheit durch die vorliegende Stichprobe. Aufgrund der Verteilungsannahme der Kovarianzstrukturanalyse besteht die Möglichkeit, mit globalen Gütekriterien die Güte des Gesamtmodells zu beurteilen. Der PLS-Ansatz verfügt mangels Verteilungsannahme über keine interferenzstatistischen, globalen Gütemaße. Es können aber mittels geeigneter Resampling-Verfahren Standardfehler für die einzelnen Modellparameter berechnet werden (vgl. Chin 1998, S. 318 ff.). Neben diesen eher praktisch orientierten Unterscheidungskriterien liegt der theoretische Unterschied zwischen varianz- und kovarianzbasierten Verfahren im Ziel der Modellbildung. Besteht das Anliegen des Forschers darin, ein Gefüge

basierten Verfahren eine ausreichende Robustheit erreicht werden kann und die strenge Normalverteilungsannahme nicht erfüllt sein muss. 100 Da die Identifikation des Modells gewährleistet sein muss, ergeben sich Restriktionen für die Modellbildung. So muss zum Beispiel die Bestimmtheit des Modells durch zusätzliche abhängige reflektive Indikatoren sichergestellt werden. TEMME (2006, S. 183 ff.) weist allerdings explizit darauf hin, dass die allgemein verbreitete Ansicht, formative Konstrukte ließen sich nicht in kovarianzstrukturbasierten Modellen abbilden, falsch sei. Vielmehr handele es sich lediglich um spezifische Anforderungen an das Modell, die nicht an allen Fällen erfüllbar seien.

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

139

theoretisch fundierter Hypothesen mit dem Ziel möglichst konsistenter Schätzer für die Grundgesamtheit zu berechnen, richtet er sein Augenmerk auf ein kovarianzbasiertes Verfahren. Bei einer managementorientierten Problemstellung interessiert eine gute Erklärung bzw. Vorhersage der Zielvariablen. Hier bietet sich der Rückgriff auf ein varianzbasiertes Verfahren an, da hier die bestmögliche Erklärung der Veränderung der Zielvariablen im Vordergrund steht (vgl. Herrmann et al. 2006, S. 45). FORNELL UND CHA (1994, S. 73 f.) sprechen deshalb bei der Kovarianzstrukturanalyse von einer Parameterorientierung („parameter oriented“) und beim PLS-Ansatz von einer Vorhersageorientierung („prediction oriented“). Tabelle 6-1 fasst die Unterschiede zwischen dem PLS-Ansatz und der Kovarianzstrukturanalyse zusammen. Tabelle 6-1:

Vergleich zwischen PLS und Kovarianzstrukturanalyse (In Anlehnung an Chin/Newsted 1999, S. 314)

Schätzverfahren Vergleichskriterien

Kovarianzstrukturanalyse

Partial-Least-Squares

Untersuchungsziel

– Parameterorientiert

– Prognoseorientiert

Art des Schätzverfahrens

– Kovarianzbasiertes Verfahren – Schätzalgorithmus: meist Maximum Likelihood

– Varianzbasiertes Verfahren – Schätzalgorithmus: mehrfache Kleinste-QuadrateSchätzungen

Stichprobe/ Datengrundlage

– Große Stichprobe erforderlich (> 100 Beobachtungen) – Bei Maximum Likelihood: Parametrische Verteilung (Multi-Normalverteilung)

– Kleine Stichproben möglich – Keine Verteilungsannahme (nicht-parametrisch)

Operationalisierung

– Meist nur reflektive – Reflektive u. formative Operationalisierung Operationalisierung möglich – Nur bei geringer bis moderater Modellkomplexität an- – Bei allen Modellkomplewendbar (< 100 Indikatoren) xitätsstufen anwendbar

Modellbeurteilung

– Interferenzstatistische, globale Gütemaße

– Standardfehler einzelner Parameter durch Resampling-Techniken

Software

– LISREL, AMOS, EQS

– PLS-Graph, SmartPLS, LVPLS

140

6 Empirische Untersuchung

Einen abschließenden Vergleich zwischen dem kovarianzbasierten LISREL und dem varianzbasierten PLS formulieren SCHOLDERER UND BALDERJAHN (2005, S. 98 ) wie folgt: „LISREL dient der fehlerkorrigierenden Schätzung und statistischen Prüfung von Modellen ganzer Kovarianzstrukturen, typischerweise auf der Grundlage großer Stichproben und einer überschaubaren Anzahl von Modellvariablen mit wohldefinierten Messstrukturen. PLS hingegen ermöglicht die robuste Vorhersage unscharf definierter Kriteriumsvariablen durch unscharf definierte Prädiktorvariablen selbst in Situationen, wo einer großen Anzahl beobachteter Variablen nur eine kleine Stichprobe gegenübersteht.“ Auf Basis der dargestellten Unterschiede zwischen PLS und kovarianzbasierten Ansätzen wurde eine Entscheidung zugunsten von PLS als Schätzverfahren für das Strukturgleichungsmodell der vorliegenden Untersuchung getroffen. Zum einen sprechen forschungspragmatische Gründe für die Anwendung von PLS. Mit einer geschätzten Größe der Grundgesamtheit von nicht mehr als 200 Unternehmen (vgl. hierzu Kapitel 6.2) ist eine für kovarianzbasierte Verfahren notwendige Stichprobengröße kaum realisierbar. Zudem besteht die Notwendigkeit der formativen Operationalisierung einiger Konstrukte (vgl. hierzu 5.3.1.2). Auch das Forschungsziel, die Erklärung der Relevanz unternehmensinterner Faktoren für den Markentransfererfolg vor dem Hintergrund der expliziten Managementorientierung, spricht für die Anwendung von PLS. Innerhalb von PLS existieren verschiedene Softwarelösungen, die sich methodisch nur marginal unterscheiden (vgl. für einen Überblick Temme/Kreis 2005, S. 193 ff.). Für die vorliegende Untersuchung wurde SmartPLS ausgewählt. Diese Entscheidung begründet sich in der hohen Benutzerfreundlichkeit (vgl. Temme/Kreis 2005, S. 208) und der guten Möglichkeit des Austauschs von Erfahrungen zur Software über ein vielfach genutztes Online-Forum (www.smartpls.de; Abruf am 04.02.07).101

101

Neben der Modellschätzung lassen sich mit SmartPLS auch einige der in den folgenden Kapiteln erläuterten Gütekriterien berechnen. Für jene Gütekriterien, die nicht in SmartPLS ermittelt werden können, sowie für die deskriptiven Auswertungen wird auf die Programme SPSS und EXCEL zurückgegriffen.

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

141

6.1.2 Modellschätzung mit PLS Der PLS-Algorithmus zur Schätzung von Strukturgleichungsmodellen wurde 1966 von WOLD (1966; 1985) eingeführt und von LOHMÖLLER (1989) in den 1980er-Jahren weiterentwickelt. Der Begriff ‚Partial Least Squares‘ ist bezeichnend für das Schätzverfahren, da schrittweise für jede latente Variable der Konstruktwert unter der Annahme berechnet wird, dass die übrigen Konstruktwerte bekannt sind. Es wird somit stets nur ein Teil (‘Partial‘) des Modells betrachtet (vgl. Betzin/Henseler 2005, S. 60). Darüber hinaus besteht das Ziel des Algorithmus darin, die Fallwerte der Rohdatenmatrix mithilfe von Kleinst-QuadratSchätzungen (‚Least Squares‘) möglichst genau zu prognostizieren (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 415). Die Technik der statistischen Modellbildung ist dementsprechend die „partielle Kleinstquadratemethode“ (Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 722). Kovarianzbasierte Verfahren schätzen die Modellparameter, indem sie die empirische Kovarianzmatrix der Indikatoren bestmöglich reproduzieren (vgl. Chin/Newsted 1999, S. 309). Der PLS-Ansatz hingegen zielt auf die bestmögliche Reproduktion der tatsächlichen Datenstruktur, also der Rohdatenmatrix, mit ihren Indikatorwerten ab (vgl. Henseler 2005, S. 70). Das Schätzverfahren setzt sich zusammen aus einer Initialisierung (1), dem Algorithmus zur Schätzung der latenten Variablen mit sog. innerer (2) und äußerer (3) Approximation, einem Konvergenztest (4) sowie der abschließenden Ermittlung der Strukturgleichungsparameter (5) (vgl. Henseler 2005, S. 71 ff.; für eine ausführliche Darstellung des PLS-Schätzalgorithmus Tenenhaus et al. 2005, S. 160 ff.). Nach der Initialisierung verbessert der PLS-Algorithmus die Schätzwerte für die einzelnen latenten Variablen in einem iterativen Prozess durch eine abwechselnde innere und äußere Approximation. Bei der inneren Approximation werden die Residualvarianzen im Strukturmodell minimiert, bei der äußeren Approximation jene im Messmodell. Die Iteration wird so lange fortgeführt, bis die Schätzwerte für die latenten Variablen aus der inneren und äußeren Approximation ein vorgegebenes Konvergenzkriterium erreichen. In einem letzten Schritt werden die einzelnen Wirkungszusammenhänge des Strukturmodells geschätzt. Abbildung 6-1 und die folgenden Ausführungen stellen das Schätzverfahren in Anlehnung an GÖTZ UND LIEHR-GOBBERS (2004a, S. 722 ff.) vor.102 102

Vgl. für ergänzende Darstellungen des PLS-Algorithmus auch BETZIN U. HENSELER (2005, S. 60 ff.), HENSELER (2005, S. 71 ff.) oder CHIN U. NEWSTED (1999, S. 315 ff.).

142

6 Empirische Untersuchung

1

Initialisierung: Erstellung der Ausgangslösung

Iterative Schätzung der latenten Variablen 2

Innere Approximation 4

3

5

Abbildung 6-1:

Konvergenztest

Äußere Approximation

Berechnung der Strukturgleichungsparameter

PLS-Schätzalgorithmus (In Anlehnung an Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 723)

Ad (1) Initialisierung: Als Ausgangslösung werden für jede latente Variable ein erster äußerer Schätzwert als beliebige Linearkombination der zugehörigen Indikatoren berechnet. Ein häufig angewendetes Verfahren besteht darin, das Gewicht des ersten Indikators auf 1 und die Gewichte der weiteren Indikatoren auf 0 zu setzen (Henseler 2005, S. 72). Die latente Variable wird also gleich dem ersten Indikator gesetzt. Ad (2) Innere Approximation: Auf Basis der Ausgangswerte für die latenten Variablen erfolgt dann eine erste innere Approximation. Dabei wird auf Basis der Abhängigkeiten im Strukturmodell für jede latente Variable eine Umgebungsvariable als gewichtete Summe der benachbarten latenten Variablen berechnet (vgl. Betzin/Henseler 2005, S. 60). Hierfür werden zunächst die Gewichtungs-

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

143

koeffizienten geschätzt,103 um darauf folgend die Konstruktwerte, als gewichtete Summe der übrigen latenten Variablen, zu berechnen. Ziel der inneren Approximation ist es, den Konstruktwert so zu wählen, dass jede latente Variable der jeweils ‚am besten passende Nachbar‘ der eigenen Umgebung im Strukturmodell wird (vgl. Fornell/Cha 1994, S. 65). Anders ausgedrückt: „Die Umgebungsvariablen dienen als Näherung der LV [Latenten Variablen] aus dem Strukturmodell heraus“ (Betzin/Henseler 2005, S. 61). In die Berechnung der Umgebungsvariablen werden für jede latente Variable jene Konstrukte einbezogen, die im Pfadmodell Vorgänger (unabhängige latente Variablen) oder Nachfolger (abhängige latente Variablen) sind (vgl. Henseler 2005, S. 73). Ad (3) Äußere Approximation: Im Anschluss an die innere Approximation erfolgt die äußere Approximation, bei der Gewichte und Konstruktwerte im Rahmen des Messmodells berechnet werden. Dabei wird angenommen, dass die Umgebungsvariable eine Näherung der latenten Variablen aus dem Strukturmodell darstellt. Es werden nun jene Gewichte für die einzelnen Indikatoren gesucht, die gewährleisten, dass die Umgebungsvariable möglichst gut durch die Indikatoren eines Messmodells repräsentiert werden.104 Auf Basis der geschätzten Indikatorgewichte werden dann aus dem äußeren Modell neue Schätzwerte für die latenten Variablen ermittelt (vgl. Betzin/Henseler 2005, S. 73 f.). Ad (4) Konvergenztest: Die Schritte 2 und 3 werden so lange durchlaufen, bis sich keine wesentlichen Änderungen der Gewichte mehr ergeben und damit Konvergenz erreicht ist. Ein häufig verwendetes Konvergenzkriterium ist dabei die Konstanz der vierten Nachkommastelle für die Gewichte der inneren und äußeren Schätzung (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 722 u. S. 724). Ad (5) Schätzung der Pfadkoeffizienten: Im Anschluss an die Schätzung der latenten Variablen kann die Berechnung der Pfadkoeffizienten im Strukturmodell 103

104

Hierfür stehen drei verschiedene Verfahren zur Verfügung: Zentroidschema, Faktorgewichtungsschema und Pfadgewichtungsschema (vgl. weiterführend Henseler 2005, S. 73). Dazu werden die Regressionsgleichungen des Messmodells mit den Umgebungsvariablen gelöst und die berechneten Regressionskoeffizienten als Indikatorgewichte benutzt; dabei ist zwischen reflektiven und formativen Messmodellen zu unterscheiden (vgl. weiterführend Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 723).

144

6 Empirische Untersuchung

erfolgen. Dies geschieht durch multiple Regressionen mit den endogenen Konstrukten als abhängigen Variablen und allen Vorgängern als unabhängigen Variablen (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 724). 6.1.3 Modellbeurteilung mit PLS Die Gütebeurteilung des PLS-Modells erfüllt die Aufgabe, eine Aussage darüber zu treffen, inwieweit das gewählte Modell geeignet ist, die Wirkungen zwischen den exogenen und endogenen Variablen adäquat zu beschreiben. Da es sich bei PLS um eine vergleichsweise junge Schätzmethode handelt, hat sich bis dato noch keine allseits akzeptierte Vorgehensweise zur Gütebeurteilung des Modells als Standard etabliert. Die parametrisch ausgerichteten Techniken zur Gütebeurteilung der Kovarianzstrukturanalyse können aufgrund der fehlenden Verteilungsannahme von PLS nur teilweise angewendet werden. Anstatt dessen werden zum Teil verteilungsfreie Tests eingesetzt, wie auch bereits von WOLD (1982, S. 343) empfohlen. Die in der Literatur vorgeschlagenen Gütekriterien stimmen inhaltlich häufig überein. Hinsichtlich der Strukturierung des Vorgehens zur Güteprüfung sowie bei der exakten Auswahl der einzelnen Maße und Schwellenwerte gehen die Darstellungen der einzelnen Autoren jedoch weit auseinander (vgl. Krafft et al. 2005, S. 72 ff.; Ringle 2004, S. 13 ff.; Zinnbauer/Eberl 2005, S. 568 f.; Herrmann et al. 2006, S. 55 ff.). Für das hier vorliegende Modell wird die Vorgehensweise von KRAFFT ET AL. (2005, S. 72 ff.) angewendet, da diese im deutschen Standardwerk zur PLS-Pfadmodellierung (Bliemel et al. 2005 (Hrsg.)) vorgestellt wird und insofern am meisten Aussicht darauf hat, sich zur Standardvorgehensweise zumindest im deutschsprachigen Raum zu entwickeln. Im Folgenden wird unterschieden zwischen lokalen Gütekriterien, welche die Qualität des Messmodells prüfen, und globalen Gütekriterien, welche die Güte des Strukturmodells beurteilen. Die Überprüfung der Güte des gesamten Wirkungsmodells erfolgt entsprechend in einem zweistufigen Prozess, bei dem zunächst die Güte der reflektiven und formativen Messmodelle beurteilt wird und anschließend die Beurteilung des Strukturmodells erfolgt (vgl. Krafft et al. 2005, S. 72).

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

145

6.1.3.1 Gütemaße zur Beurteilung reflektiver Messmodelle In Anlehnung an KRAFFT ET AL. (2005, S. 73 ff.) wird die Güte reflektiver Messmodelle anhand von Inhaltsvalidität, Indikatorreliabilität, Konstruktreliabilität und Diskriminanzvalidität überprüft. Inhaltsvalidität: Die Inhaltsvalidität bezeichnet den Grad, zu dem die Variablen eines Messmodells dem inhaltlich-semantischen Bereich eines Konstruktes angehören (vgl. Bohrnstedt 1970, S. 91). Die Überprüfung erfolgt mittels einer explorativen Faktorenanalyse. Inhaltsvalidität ist dann gegeben, wenn die Indikatoren eines Konstruktes einen einzelnen Faktor bilden, also eine eindimensionale Faktorstruktur vorliegt (vgl. Gerbing/Anderson 1988, S. 189). HOMBURG UND GIERING (1996, S. 12) fordern in diesem Zusammenhang, dass jeder einzelne Indikator ausreichend stark auf den betreffenden Faktor lädt (> 0,4) und dass durch den extrahierten Faktor mindestens 50 Prozent der Varianz der zugehörigen Indikatoren erklärt wird. Indikatorreliabilität: Die Indikatorreliabilität gibt an, wie akkurat die einzelnen reflektiven Indikatoren das zugrunde liegende Konstrukt messen. Hierzu wird überprüft, inwiefern die Varianz der einzelnen Indikatoren ausreichend durch die latente Variable verursacht wird. Üblicherweise wird angenommen, dass mehr als 50 Prozent der Varianz eines Indikators auf die latente Variable zurückzuführen sein muss. Prüfgröße für die Indikatorreliabilität ist die Faktorladung der jeweiligen Indikatoren. Sind diese größer 0,7, ist die durch die latente Variable begründete Varianz größer als die Varianz des Messfehlers. Es kann entsprechend eine positive Indikatorreliabilität angenommen werden (vgl. Krafft et al. 2005, S. 73 f.). Der genannte Schwellenwert von 0,7 kann jedoch nur als Anhaltspunkt gewertet werden. So merken HERRMANN ET AL. (2006, S. 56) an, dass aufgrund der Tendenz zur Überschätzung von Ladungen durch PLS eher ein Schwellenwert von 0,8 geeignet wäre, um eine gute Operationalisierung zu gewährleisten. HULLAND (1999, S. 198) hingegen weist darauf hin, dass insbesondere bei neu entwickelten Skalen häufig geringe Ladungen auftreten. Ein Ausschluss von Indikatoren aufgrund geringer Faktorladungen sollte nach seiner Einschätzung nur bei Ladungen kleiner 0,4 vorgenommen werden (vgl. auch Krafft et al. 2005, S. 727). In der vorliegenden Untersuchung wird von einem Schwellenwert von 0,7 ausgegangen.

146

6 Empirische Untersuchung

Neben der Höhe der Faktorladung ist auch die Signifikanz derselben bedeutend. Die Überprüfung der Signifikanz erfolgt bei PLS aufgrund fehlender Verteilungsannahme mittels heuristischer Verfahren. Mithilfe sog. ResamplingTechniken105 werden Signifikanzen auf Basis von t-Statistiken ermittelt. Zwei Resampling-Techniken kommen hierfür grundsätzlich infrage: ‚Bootstrapping‘ und ‚Jackknifing‘. Jackknifing kann als Approximation des Bootstrapping verstanden werden und stellt damit das weniger effiziente Verfahren dar.106 EFRON UND GONG (1983, S. 39 ) stellen in diesem Zusammenhang fest: „[Jackknife] performs less well than bootstrap.“ Zur Generierung der t-Statistiken wird in der vorliegenden Untersuchung daher das Bootstrapping herangezogen. Die Bootstrapping-Methode generiert aus der Originalstichprobe eine große Anzahl von Teilstichproben, die jeweils die gleiche Anzahl der Elemente der Originalstichprobe aufweisen, durch mehrmaliges zufälliges ‚Ziehen mit Zurücklegen‘. Über alle Teilstichproben lassen sich daraufhin Erwartungswerte und Standardabweichungen eines jeden Modellparameters schätzen, wodurch für die Beurteilung des vollständigen PLS-Modells Konfidenzintervalle ermittelt sowie t-Werte bestimmt werden können (vgl. Ringle 2004, S. 18; weiterführend Bollen/Stine 1993; Efron/Tibishirani 1993). Der Abgleich der t-Werte mit kritischen t-Werten lässt eine Aussage darüber zu, auf welchem Signifikanzniveau, das heißt mit welcher Irrtumswahrscheinlichkeit ein auch in der Grundgesamtheit vorliegender Zusammenhang ausgewiesen wird. Das in der Literatur am häufigsten angewendete Signifikanzkriterium liegt bei einem Į-Wert von 1 bis 5 Prozent (vgl. Meyers/Melcher 1969, S. B35). Bei neuen, bisher nicht überprüften Modellen werden auch Signifikanzniveaus von bis zu 10 Prozent akzeptiert. Im Rahmen der hier vorliegenden Gütebeurteilung reflektiver Messmodelle werden Faktorladungen dann als signifikant beurteilt, wenn deren Į-Wert nicht größer als 5 Prozent ist. Konstruktreliabilität: Wird eine latente Variable durch mehrere reflektive Indikatoren gemessen, so muss von diesen Indikatoren gefordert werden, dass alle den gleichen Sachverhalt messen und somit eine enge inhaltliche Beziehung auf-

105

106

Für eine detaillierte Darstellung der Resampling-Techniken vgl. CHIN (1998, S. 318 ff.). Auf die Jackknifing-Methode soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Eine detaillierte Darstellung findet sich bei FENWICK (1979).

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

147

weisen. Ist diese Bedingung erfüllt, dann ist das Konstrukt reliabel, das heißt, die latente Variable wird durch die gewählten Indikatoren ausreichend korrekt repräsentiert. Zur Überprüfung der Konstruktreliabilität, auch ‚Konvergenz‘, ‚Konvergenzvalidität‘, ‚Convergent Validity‘ oder ‚Composite Reliablity‘ genannt, werden üblicherweise folgende Gütemaße berechnet: das Cronbachsche Alpha (1), die Interne Konsistenz (2) und die Durchschnittlich Erfasste Varianz (3) (vgl. Krafft et al. 2005, S. 74). Ad (1): Das Cronbachsche Alpha stellt das am häufigsten verwendete Reliabilitätskriterium dar. Als „Index of Common-Factor Concentration“ (Cronbach 1951, S. 331) misst es die Reliabilität einer Gruppe von Indikatoren (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 8). Berechnet wird das Cronbachsche Alpha wie folgt: k ª V i2 ¦ k « «1  i 1 2 Alpha = k 1 « Vl «¬

k:

V

º » » » »¼

(6-1)

Anzahl der Indikatorvariablen des Konstruktes 2 i

:

V l2 :

Varianz des i-ten Indikators Varianz der Summe aller Indikatoren des Konstruktes

Das Cronbachsche Alpha kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen, wobei gilt: Je höher Alpha, desto höher ist die Reliabilität des Konstruktes. Als Grenzwert für die Güteprüfung reflektiver Konstrukte wird allgemein ein Schwellenwert von 0,7 angenommen (vgl. Nunnally/Bernstein 1994, S. 265), welcher auch in der vorliegenden Untersuchung verwendet wird. Ad (2): Mit der Anwendung des Cronbachschen Alphas als Gütemaß sind einige Nachteile verbunden. So hängt beispielsweise das Ergebnis positiv von der Anzahl der Indikatoren ab.107 Die Reliabilität reflektiver Konstrukte sollte daher

107

Für eine Diskussion der Eignung des Cronbachschen Alphas zur Gütebeurteilung von Konstrukten vgl. HOMBURG UND GIERING (1996, S. 8 f.).

148

6 Empirische Untersuchung

zusätzlich durch die Interne Konsistenz beurteilt werden. Im Unterschied zum Cronbachschen Alpha, welches die Indikatoren gleichgewichtet erfasst, werden bei der Berechnung der Internen Konsistenz die aktuellen Faktorladungen berücksichtigt (vgl. Chin 1998, S. 320; Gerbing/Anderson 1988, S. 190). Die Berechnung der Internen Konsistenz erfolgt wie folgt (vgl. Fornell/Larcker 1981, S. 45):

IK =

ªK º «¦ O kj » ¬k 1 ¼

2

2

(6-2)

K ªK º O  «¦ kj » ¦ var(H kj ) k 1 ¬k 1 ¼

Ȝ: Ladung der Indikatorvariablen k auf die zugeordnete latente Variable var (İ): Varianz des Messfehlers der Indikatorvariablen k K: Anzahl der Indikatorvariablen des Konstruktes j: Laufindex über alle reflektiven latenten Variablen Die Interne Konsistenz nimmt Werte zwischen 0 und 1 an. Als Schwellenwert einer moderaten Konstruktreliabilität legte NUNNALLY (1978, S. 245) 0,7 fest. Auf diesen Wert wird in der Literatur meist Bezug genommen und soll auch hier verwendet werden (vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 728).108 Ad (3): Die Durchschnittlich Erfasste Varianz (DEV), im Englischen als ‚Average Variance Extracted‘ (AVE) bezeichnet, eignet sich ebenfalls als Reliabilitätsmaß im Rahmen der Gütebeurteilung eines reflektiven Konstruktes und dient gleichzeitig als Basis für die Berechnung der Diskriminanzvalidität. FORNELL UND LARCKER (1981, S. 45) begründen deren Anwendung damit, dass die Interne Konsistenz zwar die Stärke der Beziehung der einzelnen Indikatoren untereinander beschreibt, aber keine Aussage über die tatsächlich durch sie erklärte Varianz des Konstruktes im Vergleich zu der durch den Messfehler erklärten Varianz zulässt. Die Durchschnittlich Erklärte Varianz ist definiert als (vgl. Fornell/Larcker 1981, S. 45):

108

BAGOZZI UND YI (1988, S. 82) fordern hingegen lediglich einen Wert von 0,6.

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

149

K

¦O

2 k

DEV =

K

k 1 K

(6-3)

¦ O2k  ¦ var(H k ) k 1

k 1

Ȝ: Ladung der Indikatorvariablen k auf die zugeordnete latente Variable var (İ): Varianz des Messfehlers der Indikatorvariablen k K: Anzahl der Indikatorvariablen des Konstruktes Für die Gütebeurteilung gilt hier ein Mindestwert von 0,5, da so die durch Messfehler bedingte Varianz nicht größer ist als die durch das Konstrukt verursachte Varianz (vgl. Fornell/Larcker 1981, S. 45). Diskriminanzvalidität: Allgemein wird unter Diskriminanzvalidität die Unterschiedlichkeit der Messung verschiedener Konstrukte eines Kausalmodells verstanden (vgl. Krafft et al. 2005, S. 74). Es wird gefordert, dass die Indikatoren eines Konstruktes untereinander stärkere Beziehungen aufweisen als mit den Indikatoren anderer Konstrukte im gleichen Kausalmodell (vgl. Chin 1998, S. 321). Beurteilt wird die Diskriminanzvalidität anhand des nach seinen Autoren benannten Fornell-Larcker-Kriteriums, welches besagt, dass die Durchschnittlich Erfasste Varianz einer Latenten Variablen (vgl. Formel (6-3)) größer ist als jede quadrierte Korrelation dieser latenten Variablen mit einer anderen latenten Variablen im Modell (vgl. Fornell/Larcker 1981, S. 46). Tabelle 6-2 fasst das vorgestellte Vorgehen zur Güteprüfung reflektiver Messmodelle und die einzelnen Gütemaße zusammen.

150

Tabelle 6-2:

6 Empirische Untersuchung

Gütebeurteilung reflektiver Messmodelle (In Anlehnung an Krafft et al. 2005, S. 75)

Güteart

Fragestellung

Gütemaß/Analyse

Anspruchsniveau

Inhaltsvalidität

Gehören die Indikatoren zum inhaltlich-semantischen Bereich des Konstruktes?

– Explorative Faktorenanalyse

– Eindimensionale Faktorstruktur

Indikatorreliabilität

Wird die Varianz der Indikatoren ausreichend durch die latente Variable erklärt?

– Faktorladungen (Höhe und Signifikanz)

– Faktorladungen Ȝ > 0,7 – Signifikanzniveau: Į 0,7

Diskriminanzvalidität

Unterscheiden sich die Messungen der einzelnen Konstrukte des Modells hinreichend?

– Fornell-LarckerKriterium

– IK > 0,7 – DEV > 0,5 – DEV > quadrierte Korrelation der latenten Variablen mit einer anderen latenten Variablen im Modell

6.1.3.2 Gütemaße zur Beurteilung formativer Messmodelle Die im vorigen Kapitel beschriebenen Gütemaße reflektiver Messmodelle können bei formativen Messmodellen nicht gleichermaßen angewendet werden (vgl. Diamantopoulos 1999, S. 453 f.). Wie in Kapitel 4.2.2 erläutert, bilden die Indikatoren formativer Konstrukte inhaltlich unterschiedliche Facetten ab und verursachen bzw. formen das Konstrukt. D.h. zum einen ist die Kausalrichtung im Vergleich zu reflektiven Konstrukten umgekehrt, zum anderen können die Indikatoren miteinander korrelieren, müssen dies aufgrund ihrer getrennten ursächlichen Wirkung für das Konstrukt aber nicht zwingend (vgl. Diamantopoulos/ Winkelhofer 2001, S. 271). Weder eine Untersuchung auf Unidimensionalität des Konstruktes ist sinnvoll, da es dem grundsätzlichen Konzept formativer Konstrukte zu wider spricht, noch die Überprüfung der Konstruktreliabilität, da der

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

151

Prüftatbestand hochgradig miteinander korrelierender Indikatoren bei formativen Messmodellen nicht gegeben sein muss (vgl. Krafft et al. 2005, S. 76). Aufgrund der begrenzten Möglichkeiten zur Güteprüfung formativer Messmodelle müssen insbesondere in der Phase der Konzeptualisierung und Operationalisierung, also vor der eigentlichen empirischen Untersuchung, umfangreiche inhaltliche Überlegungen zu einer möglichst akkuraten Spezifikation des Messmodells führen.109 Neben der Inhaltsvalidität muss des Weiteren die Einhaltung der Modellprämissen des linearen Regressionsmodells (fehlende Multikollinearität) und die Indikatorrelevanz überprüft werden. Inhaltsvalidität: Inhalts- oder Expertenvalidität soll die Eindeutigkeit der Zuordnung und die Relevanz der zugeordneten formativen Indikatoren zum definitorischen Bereich der latenten Variable gewährleisten (vgl. Krafft et al. 2005, S. 76; Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 228). In der vorliegenden Arbeit wurde die Inhaltsvalidität durch Experteninterviews sichergestellt. Die Erkenntnisse wurden mit der umfangreichen Literaturauswertung kombiniert und in den neu entwickelten Konstrukten abgebildet.110 Multikollinearität: Multikollinearität bezeichnet nach BELSLEY (1991, S. 19) den Grad der linearen Abhängigkeit der Indikatoren. Während ein gewisser Grad an Multikollinearität bei empirischen Daten immer vorkommt, kann eine starke lineare Abhängigkeit bei formativen Operationalisierungen Probleme verursachen. Das Vorliegen hoher Korrelationen kann zu starken Verzerrungen der Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells führen. Da formative Messmodelle auf dem Prinzip der multiplen Regressionsanalyse beruhen, werden die Standardfehler der ȕ-Koeffizienten mit zunehmender Multikollinearität größer und damit deren Schätzung unzuverlässiger. Bei perfekter Multikollinearität ist die

109

110

Vgl. zur Vorgehensweise der Skalenentwicklung in der vorliegenden Untersuchung Kapitel 5.3.1.1. Die von ANDERSON UND GERBING (1991, S. 733 ff.) vorgeschlagenen Indizes zur Berechnung der Eindeutigkeit der Zuordnung und der inhaltlichen Relevanz werden nicht verwendet. Der Grund liegt in der Auswahl der Experten. Es wurde Wert auf die fachliche Kompetenz im Bereich des Managements von Markentransfers in Verbindung mit einer hohen hierarchischen Stellung gelegt. Eine Zuordnung aller Indikatoren neben der inhaltlichen Diskussion des Fragebogens hätte zu einer zeitlichen Überbeanspruchung der Experten geführt.

152

6 Empirische Untersuchung

Regressionsanalyse rechnerisch nicht durchführbar (vgl. Krafft et al. 2005, S. 78; weiterführend Backhaus et al. 2006, S. 89 f.). Um lineare Abhängigkeiten unter den Indikatoren aufzudecken, werden in der vorliegenden Untersuchung drei Prüfverfahren angewendet: Analyse der Korrelationsmatrix der Indikatoren (1), Ermittlung des Variance Inflation Factor (2) und des Konditionsindex (3). Ad (1): Das Vorhandensein hoher Korrelationen ist ein erster Hinweis auf Multikollinearität und kann durch die Betrachtung der Korrelationsmatrix der formativen Indikatoren identifiziert werden. Korrelationskoeffizienten nahe dem Extremwert 1 deuten auf ein hohes Maß an Multikollinearität hin. Als kritischer Schwellenwert wird allgemein 0,9 angenommen (vgl. Krafft et al. 2005, S. 79). Ad (2): Da Korrelationskoeffizienten nur die Überprüfung auf paarweise Abhängigkeiten zulassen, muss des Weiteren verifiziert werden, ob sich die Indikatoren als Linearkombinationen voneinander darstellen lassen. Das hierfür weit verbreitete und anerkannte Prüfmaß ist die Toleranz bzw. deren Kehrwert, der Variance Inflation Factor (VIF) (vgl. Krafft et al. 2005, S. 79; Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 729). Dieser basiert auf dem Varianzanteil eines Indikators, welchen die übrigen Konstruktindikatoren erklären können, und wird folgendermaßen berechnet: VIFi = Ri2:

1 1  Ri

2

(6-4)

Multipler Regressionskoeffizient

Ein Wert von 1 wird erreicht, wenn die betrachteten Indikatoren linear vollkommen unabhängig sind. VIF-Werte größer 1 zeigen an, um welchen Faktor sich die Varianzen der betroffenen Indikatoren durch Multikollinearität vergrößern. Übliche Schwellenwerte für den VIF liegen bei 7 bis 10 (vgl. Belsley 1991, S. 28; Herrmann et al. 2006, S. 61). Ab einem Wert von 10 kann von dem Vorliegen schädlicher Multikollinearität ausgegangen werden. Ad (3): Während hohe VIFs immer auf hohe Multikollinearität hinweisen, sind geringe VIFs nicht automatisch gleichbedeutend mit der Abwesenheit derselben (vgl. Belsley 1991, S. 28). Abschließende Sicherheit bringt nach BELSLEY ET AL. (1980, S. 117 f.) die Berechnung des Konditionsindex (KI) nach folgender Formel:

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

KIi =

Eigenwert max Eigenwert i

153

(6-5)

Eigenwert max: Größter in der Schätzung vorkommender Eigenwert Eigenwert i: Jeweils zu betrachtender Eigenwert der Varianz-KovarianzMatrix der unstandardisierten Regressionskoeffizienten zwischen den Indikatoren und der latenten Variable Der als akzeptabel geltende Schwellenwert für den KI wird meist gestaffelt angegeben. BELSLEY ET AL. (1980, S. 153) zeigen, dass schwache Abhängigkeiten ab einem KI von ungefähr 10 auftreten können; ab einem Wert von 30 kann substanzielle Multikollinearität bestehen (vgl. Krafft et al. 2005, S. 79). In der vorliegenden Untersuchung wird davon ausgegangen, dass bei einem KI > 15 eine nähere Betrachtung des Konstruktes erforderlich ist. Sollten die oben beschriebenen Prüfkriterien auf Multikollinearität hinweisen, muss das weitere Vorgehen auf Basis der inhaltlichen Konzeption des Konstruktes festgelegt werden. Eine Möglichkeit besteht darin, über eine Varianzzerlegung jene Indikatoren zu identifizieren, die die größten Abhängigkeiten aufweisen (vgl. Krafft et al. 2005, S. 80). Durch die Eliminierung dieser Indikatoren kann die Multikollinearität innerhalb des Konstruktes verkleinert werden. Wie einige Autoren (vgl. z. B. Herrmann et al. 2006, S. 51; Diamantopoulos/Winkelhofer 2001, S. 270 f.) betonen, erweist sich ein solches Vorgehen jedoch dann als problematisch, wenn auf diese Weise definitorisch wichtige Elemente des Konstruktes verloren gehen. Eine andere Möglichkeit ist die Aufteilung des Konstruktes in zwei unabhängige Konstrukte. Dies ist allerdings nur dann ratsam, wenn auf Basis inhaltlicher Überlegungen eine Trennung konzeptionell sinnvoll scheint. Auf eine weitere Möglichkeit weisen ALBERS UND HILDEBRANDT (2006, S. 13) hin: „[Es ist besser], Indikatoren zu einem Index zusammenzufassen und dann als Single-Item-Konstrukt in die Analyse einfließen zu lassen.“ Welche Vorgehensweise angebracht ist, sollte auf Basis des jeweiligen Konstruktes entschieden werden und wird an entsprechender Stelle diskutiert (vgl. Kapitel 6.3.2.1). Indikatorrelevanz: Im Rahmen der Indikatorrelevanz wird der Beitrag eines jeden Indikators zu dem ihm zugeordneten Konstrukt überprüft. Es handelt sich

154

6 Empirische Untersuchung

hierbei um die zentrale Größe zur Beurteilung und Interpretation formativer Konstrukte. So stellt CHIN (1998, S. 307 ) fest: „The interpretation of LVs with formative indicators should be based on the weights.” Im Rahmen der Beurteilung der Indikatorrelevanz werden sowohl die Indikatorgewichte als auch die Signifikanzniveaus der Indikatoren111 herangezogen. Im direkten Vergleich lässt sich sodann bestimmen, welche Indikatoren am nachhaltigsten dazu beitragen, ein Konstrukt zu bilden (vgl. Krafft et al. 2005, S. 77). Die Behandlung formativer Indikatoren mit geringem Gewicht oder kleiner Signifikanz ist in der Literatur umstritten. HERRMANN ET AL. (2006, S. 61) fordern einen Ausschluss von Indikatoren mit geringer Signifikanz, wenn t < 1,98 (zweiseitiger Test). RINGLE (2004, S. 22) überträgt kurzerhand die Forderung anderer Autoren nach einer Mindesthöhe für Pfadkoeffizienten im Strukturmodell auch auf eine Mindesthöhe der Gewichte in formativen Messmodellen. Je nach zitiertem Autor fordert er daher Indikatorgewichte von ʌ > 0,1 (Bezug nehmend auf Lohmöller 1989, S. 60 f.) bzw. ʌ > 0,2 (Bezug nehmend auf Chin 1998, S. 324 f.). Es gilt jedoch zu beachten, dass die Gewichte formativer Indikatoren häufig geringer ausfallen als die Ladungen reflektiver Indikatoren. Gering ausfallende Absolutwerte der Gewichte eines formativen Konstruktes sollten nicht voreilig als dürftiges Messmodell fehlinterpretiert werden. Während innerhalb reflektiver Messmodelle Indikatoren mit geringen Ladungen zu eliminieren sind, darf diese Regel nicht unreflektiert bei formativen Messmodellen angewendet werden. Formative Indikatoren müssen nicht, wie schon ausgeführt, miteinander korrelieren. Einzelne Indikatoren können per definitionem geringeren Einfluss auf das Gesamtkonstrukt haben, sodass die Eliminierung eines Indikators mit geringem Gewicht eine Verfälschung des substanziellen Inhalts des betrachteten Konstruktes zur Konsequenz haben könnte (vgl. Albers/Hildebrandt 2006, S. 7; Krafft et al. 2005, S. 78; Jarvis et al. 2003, S. 202; Bollen/Lennox 1991, S. 308). Externe Validität: PLS unterstellt eine fehlerfreie Messung des formativen Messmodells. Eine vollständige formative Erfassung eines Konstruktes ist in der Realität jedoch kaum erreichbar (vgl. Krafft et al. 2005, S. 80). Aus diesem

111

Die Signifikanzniveaus der Indikatoren werden anhand von t-Statistiken ermittelt, die im Rahmen des Bootstrapping-Verfahrens ausgegeben werden (vgl. hierzu die Erläuterungen in Kapitel 6.1.3.1).

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

155

Grund schlagen DIAMANTOPOULOS UND WINKELHOFER (2001, S. 272 ff.) vor, die externe Validität als Gütekriterium zu verwenden. Grundgedanke ist hierbei, zusätzlich zur formativen Operationalisierung weitere reflektive Indikatoren zur Messung des gleichen Sachverhaltes zu erheben. Die reflektiven Indikatoren werden dann zur Validierung der formativen Messung herangezogen. Technisch ist dies in zweierlei Hinsicht möglich. Im Rahmen des auf HAUSER UND GOLDBERGER (1971, S. 81 ff.) zurückgehenden MIMIC-(Multiple Indicators and Multiple Causes-)Modells können latente Variablen sowohl durch formative als auch durch reflektive Indikatoren gemessen werden, sodass ein möglicher Fehlerterm spezifiziert werden kann (vgl. weiterführend Jarvis et al. 2003, S. 213 f.). Dieses Vorgehen wird derzeit nicht von allen Software-Programmen unterstützt. Alternativ bietet sich ein Zwei-Konstrukt-Modell an. Durch Einfügen einer sog. Phantomvariablen wird ein zweites Konstrukt modelliert, das den identischen Sachverhalt reflektiv ausdrückt. Besteht ein starker und signifikanter Zusammenhang zwischen latenter Variable und Phantomvariable, liegt externe Validität vor (vgl. Krafft et al. 2005, S. 82). Ist eine Spezifikation des Fehlerterms durch die Erhebung zusätzlicher reflektiver Indikatoren nicht möglich, sollte die Validität des formativen Messmodells anhand des Zusammenhangs des betreffenden Konstruktes und einer weiteren latenten Variablen innerhalb des Modells untersucht werden. Diese latente Variable sollte reflektiv gemessen worden sein und in direkter logischer Verbindung zur interessierenden Variablen stehen; sie sollte also Vorgänger oder Nachfolger im Strukturmodell sein. Wird der vermutete Zusammenhang mit ausreichender Stärke und Signifikanz bestätigt, so ist dies ein Indiz für nomologische Validität (vgl. Diamantopoulos/Winkelhofer 2001, S. 273). Tabelle 6-3 fasst das vorgestellte Vorgehen zur Güteprüfung formativer Messmodelle und die einzelnen Gütemaße zusammen.

156

6 Empirische Untersuchung

Tabelle 6-3:

Gütebeurteilung formativer Messmodelle (In Anlehnung an Krafft et al. 2005, S. 82)

Güteart

Fragestellung

Gütemaß/Analyse

Anspruchsniveau

Inhalts-/ Expertenvalidität

Bilden die Indikatoren den definitorischen Bereich des Konstruktes vollständig ab, das heißt, ist die Indikatorenzuordnung korrekt?

– Experteninterviews

Multikollinearität

Existieren lineare Abhängigkeiten zwischen den Indikatoren eines Konstruktes?

– Korrelationsmatrix – Korrelationskoefder Indikatoren fizienten < 0,9 – Variance Inflation – VIF < 7 Factor – Konditionsindex – KI < 15

Indikatorrelevanz

Welchen Beitrag leisten die einzelnen Indikatoren zur Bildung des Konstruktes?

– Gewichte (Höhe und Signifikanz)

– Keine Schwellenwerte

Externe bzw. nomologische Validität

Misst das Konstrukt den zu messenden Sachverhalt?

– Redundante reflektive Operationalisierung (MIMIC- bzw. Zwei-KonstruktModell)

– Pfadkoeffinzienten Ȗ > 0,5 – Signifikanzniveau Į < 5%

– Überprüfung des vermuteten Zusammenhangs im Strukturmodell

– Pfadkoeffizienten: keine festen Schwellenwerte – Signifikanzniveau: gemäß Ergebnis Poweranalyse112

6.1.3.3 Gütemaße zur Beurteilung des Strukturmodells Im Rahmen der Gütebeurteilung des Strukturmodells werden die einzelnen Wirkungsbeziehungen des Modells, der Erklärungsbeitrag der einzelnen unabhängigen Variablen und die Güte der Erklärung der abhängigen Variablen untersucht.

112

Vgl. Kapitel 6.1.3.3.

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

157

Folgende Gütekriterien kommen hierbei zum Einsatz: Überprüfung möglicher Multikollinearität der latenten Variablen, Ermittlung des Bestimmtheitsmaßes der endogenen Variablen, Ermittlung der Prognoserelevanz des Modells und Untersuchung von Stärke und Signifikanz der Pfadkoeffizienten. Multikollinearität: Das Strukturmodell wird von PLS als multiples Regressionsmodell geschätzt. Analog zur Gütebeurteilung formativer Messmodelle gilt es daher, auch beim Strukturmodell in einem vorgelagerten ersten Schritt zu prüfen, ob die antezedenten latenten Variablen eines endogenen Konstruktes linear unabhängig voneinander sind (vgl. Herrmann et al. 2006, S. 58). Hierzu werden die im Rahmen von PLS ermittelten Konstruktwerte auf Multikollinearität überprüft, wobei ebenso wie bei der Gütebeurteilung formativer Messmodelle der Variance Inflation Factor (VIF) und der Konditionsindex (KI) verwendet werden (vgl. zur Kollinearitätsdiagnose Kapitel 6.1.3.2). Bestimmtheitsmaß: Die Beurteilung des Bestimmtheitsmaßes R² der abhängigen Variablen ist für die Gütebeurteilung des Strukturmodells von zentraler Bedeutung (vgl. Henseler 2005, S. 74; Herrmann et al. 2006, S. 58). Das aus der Regressionsanalyse bekannte Maß gibt den Anteil der Varianz der endogenen latenten Variablen an, welcher durch die im Modell erfassten exogenen Variablen erklärt wird. R² misst also die Güte der Anpassung der Regressionsfunktion an die empirischen Daten und wird bekanntermaßen wie folgt berechnet: N

Varianz unerklärt R2 = 1  Varianz gesamt

¦(y 1

n

 yˆ ) 2

n 1 N

¦(y

(6-6) n

 y)

2

n 1

Das Bestimmtheitsmaß kann Werte von 0 bis 1 annehmen, wobei ein hohes R² einen hohen Anteil erklärter Varianz an der Gesamtvarianz der abhängigen Variablen angibt und somit auf eine hohe Modellgüte hinweist. Eine allgemeingültige Mindestanforderung an das Bestimmtheitsmaß lässt sich nicht definieren, da die individuelle Problemstellung berücksichtigt werden muss. Ferner gilt es zu beachten, dass nur bei perfekten, vollständig inhaltlich-theoretisch begründbaren Zusammenhängen sowie einer absolut fehlerfreien Messung der Maximalwert von 1 erreicht werden kann. Ein reliabel und valide operationalisierbares Er-

158

6 Empirische Untersuchung

folgsmaß wird häufig auch von weiteren externen Faktoren bestimmt, die nicht Teil des zu untersuchenden Modells sind, weshalb aus inhaltlich-theoretischen Überlegungen heraus kein R2 von 1 erreicht werden kann. Ein niedriges R2 darf in solchen Fällen nicht als mangelnde Modellgüte fehlinterpretiert werden. Nimmt ein Forschungsmodell über die Auswahl der exogenen und der endogenen Variablen jedoch in Anspruch, ein beobachtbares Phänomen möglichst umfassend abzubilden, können folgende Maßstäbe angewendet werden: –

Von einer hohen bzw. substanziellen Erklärungsgüte ist nach HULLAND (1999, S. 202) bzw. CHIN (1998, S. 323) erst bei Werten ab 0,64 bzw. 0,67 auszugehen. Andere Autoren, wie AMOROSO UND CHENEY (1991, S. 81), sprechen bereits ab 0,45 von „strong explanatory power“.



Eine moderate Güte wird ab 0,3 erreicht (vgl. Chin 1998, S. 323; Herrmann et al. 2006, S. 61).



Schwache bzw. niedrige Erklärungsgüte wird Modellen mit einem R2 von 0,12 (vgl. Hulland 1999, S. 202) bzw. 0,19 (vgl. Chin 1998, S. 323) attestiert.

Prognoserelevanz: Die Prognoserelevanz eines PLS-Modells lässt sich anhand des nicht-parametrischen Stone-Geisser-Tests überprüfen (vgl. Stone 1975; Geisser 1975; Chin 1998). Dieser Test zeigt an, wie gut die empirisch erhobenen Daten mithilfe des Modells rekonstruiert werden können (vgl. Fornell/Cha 1994, S. 72). Zur Ermittlung der Prüfgröße wird der empirisch erhobene Datensatz einer sog. Blindfolding-Prozedur unterzogen. Hierbei wird systematisch ein Teil der Rohdatenmatrix als fehlend angenommen. Die künstlich ausgeblendeten Datensätze werden durch die vom PLS-Algorithmus geschätzten Modellparameter rekonstruiert. Formal lässt sich das Stone-Geisser-Test-Kriterium wie folgt darstellen (vgl. Krafft et al. 2005, S. 84): D

Q² = 1 

¦E

d

d 1 D

(6-7)

¦O

d

d 1

Ed: Od:

Quadratsumme der Prognosefehler Quadratsumme der Differenzen von geschätzten Werten und dem Mittelwert der verbleibenden Daten der Blindfolding-Prozedur

6.1 Partial-Least-Squares-Ansatz (PLS) als Analysemethode

159

Q2 kann Werte zwischen minus 1 und 1 annehmen. Werte größer 0 weisen auf eine ausreichende Prognosegüte hin, wobei gilt: Je größer die positiven Wert von Q2, desto besser ist die Prognosegüte des Modells (vgl. Krafft et al. 2005, S. 85). Für die vorliegende Untersuchung kann das Stone-Geisser-Kriterium im Vergleich zum Bestimmtheitsmaß als das bedeutendere Gütemaß verstanden werden. Im Rahmen der Erfolgsfaktorenforschung geht es um eine gute Erklärung der Veränderung bzw. Vorhersage der Zielvariablen. Inwiefern das postulierte Modell diese Anforderung erfüllt, lässt sich durch den Stone-Geisser-Test beurteilen. Stärke und Signifikanz der Pfadkoeffizienten: Ausgangspunkt für die Beurteilung des Strukturmodells ist die Untersuchung von Stärke und Signifikanz der einzelnen Pfadkoeffizienten, die den Wirkungszusammenhang zwischen den latenten Variablen angeben. Pfadkoeffizienten können analog zu den Regressionskoeffizienten einer multiplen Regression aufgefasst werden (vgl. Henseler 2005, S. 74). Sie messen also den marginalen Effekt der Änderung einer unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable. Der Wirkungszusammenhang ist umso stärker, je höher der Pfadkoeffizient ist. Die Signifikanz wird ebenso wie die Signifikanz der Faktorladungen und -gewichte im Messmodell anhand von t-Werten überprüft, die mittels Resampling-Techniken ermittelt werden (vgl. hierzu Kapitel 6.1.3.1). Pfade, die nicht signifikant sind oder ein Vorzeichen aufweisen, das nicht der vermuteten Wirkungsrichtung entspricht, widerlegen die Hypothese; signifikante Pfade mit a priori postulierten Vorzeichen unterstützen die aufgestellte Hypothese (vgl. Krafft et al. 2005, S. 83 f.; Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 730). Wenn es sich bei den Indikatoren der exogenen Konstrukte um standardisierte Variablen handelt, können die Regressionskoeffizienten direkt miteinander verglichen werden. Ein Rückschluss auf die relative Wichtigkeit der einzelnen exogenen Konstrukte ist auf diese Weise möglich (vgl. Seibel/Nygreen 1972, S. 2). Pfadkoeffizienten können grundsätzlich Werte zwischen minus 1 und 1 einnehmen. Feste Schwellenwerte werden selten genannt (vgl z. B. Herrmann et al. 2006, S. 61). LOHMÖLLER (1989, S. 60 f.) wertet Pfade mit einem Betrag ab 0,1 als relevant für das PLS-Modell, während CHIN (1998, S. 324 f.) signifikante Werte erst ab 0,2 feststellt. Das in der Literatur einschlägig verwendete Signifikanzkriterium liegt häufig bei einem Į-Wert von 1 bis 5 Prozent (vgl. Meyers/Melcher 1969, S. B31). Inhaltlich gibt es Auskunft darüber, mit welcher

160

6 Empirische Untersuchung

Wahrscheinlichkeit die Nullhypothese fälschlicherweise abgelehnt wird, also eine de facto nicht existierende Beziehung zwischen latenten Variablen bestätigt wird (vgl. Baroudi/Orlikowski 1989, S. 88). Wie einige Autoren allerdings anmerken, ist die Festlegung auf diesen Schwellenwert für alle Arten von Hypothesentests kaum rational (vgl. Meyers/Melcher 1969, S. B35). CASCIO UND ZEDECK (1983, S. 523 f.) kritisieren das fünfprozentige Signifikanzniveau gar als „almost religious“ und eine „sacred cow“. Während mit dem oben beschriebenen Signifikanzkriterium in den meisten Studien der sog. Į-Fehler kontrolliert wird, wird der sog. ȕ-Fehler häufig ignoriert. Unter einem ȕ-Fehler versteht man die Wahrscheinlichkeit, eine existierende Beziehung fälschlicherweise nicht zu entdecken (vgl. Baroudi/Orlikowski 1989, S. 88). Insbesondere in jungen Forschungsfeldern ist das Nicht-Erkennen existierender Beziehungen hinderlich für den Aufbau neuen Wissens. In Anbetracht der Neuartigkeit des hier vorliegenden Untersuchungsmodells wird eine Poweranalyse zur Bestimmung des adäquaten Signifikanzniveaus durchgeführt (vgl. hierzu Kapitel 6.4). Die Poweranalyse setzt die vier für die Inferenzstatistik relevanten Größen Stichprobenumfang (N), Signifikanzkriterium (Į), Effektstärke (f) und Statistical Power (1-ȕ) zueinander in Beziehung (vgl. Cohen 1992, S. 156). Unter Festlegung der Stichprobengröße, der vermuteten Effektstärke und des Verhältnisses zwischen Į und ȕ lässt sich im Rahmen einer sog. Kompromiss-Poweranalyse (vgl. Erdfelder 1984, S. 27 ff.) ein für die Untersuchung adäquates Signifikanzniveau berechnen.113 Das vorgestellte Vorgehen und die Gütemaße zur Beurteilung des Strukturmodells sind in Tabelle 6-4 zusammengefasst.

113

Die Bestimmung des für die vorliegende Untersuchung adäquaten Signifikanzniveaus erfolgt auf Basis der konkreten empirischen Daten in Kapitel 6.4.

6.2 Datenerhebung und Datengrundlage

Tabelle 6-4:

161

Gütebeurteilung des Strukturmodells (In Anlehnung an Krafft et al. 2005, S. 85)

Güteart

Fragestellung

Gütemaß/Analyse

Anspruchsniveau

Multikollinearität

Existieren lineare Abhängigkeiten zwischen den antezedanten latenten Variablen eines endogenen Konstruktes?

– Variance Inflation Factor – Konditionsindex

– VIF < 7

Bestimmtheitsmaß

Wie groß ist der Anteil der erklärten Varianz der endogenen latenten Variablen?

– Bestimmtheitsmaß R2

– R2 > 0,45

Prognose— relevanz

Wie gut werden die empirisch erhobenen Daten mithilfe des Modells und der PLS-Parameter rekonstruiert?

– Stone-GeisserKriterium Q2

– Q2 > 0

Stärke und Signifikanz der Pfadkoeffizienten

Lassen sich die Hypothesen zu den Wirkungsbeziehungen zwischen den Konstrukten bestätigen? Wie stark sind die postulierten Beziehungen?

– Pfadkoeffizienten (Stärke und Signifikanz)

– Pfadkoeffizienten: keine festen Schwellenwerte – Signifikanzniveau: gemäß Ergebnis der Poweranalyse

– KI < 15

6.2 Datenerhebung und Datengrundlage 6.2.1 Datenerhebung 6.2.1.1 Definition der Grundgesamtheit und Auswahl der Stichprobe Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit sind die Erfolgsfaktoren des ‚weiten‘ Markentransfers beurteilt aus Unternehmenssicht. Dementsprechend werden Unternehmen befragt, die einen Markentransfer durchgeführt haben, bei dem sie aufgrund der Neuartigkeit des Transferproduktes hinsichtlich der Dimensionen Leistungskategorie, Zielgruppe, Distributionskanäle und Marktstruktur auf gänzlich neue Herausforderungen treffen konnten.114 Ausgeschlossen 114

Vgl. hierzu auch die Definition des ‚weiten’ Markentransfers in Kapitel 2.1.2.

162

6 Empirische Untersuchung

werden somit Unternehmen, die nur Produktlinienerweiterungen in angrenzende Marktsegmente vorgenommen haben, welche in einem engen Zusammenhang zum bisherigen Leistungsprogramm stehen. Auch der Einsatz von Merchandising-Aktivitäten qualifiziert ein Unternehmen nicht für die vorliegende Untersuchung. Das Anbringen des Markenzeichens auf Gebrauchsgegenständen, wie zum Beispiel Kugelschreibern, Feuerzeugen oder Schlüsselanhängern, stellt keinen strategisch angelegten Transfer der Marke in neue Marktfelder dar. Das primäre Ziel besteht hierbei nicht in der Gewinnerzielung, sondern in der Unterstützung des Verkaufs des eigentlichen Markenartikels. Es handelt sich also um eine verkaufsfördernde Maßnahme und ist dementsprechend für die vorliegende Untersuchung nicht von Interesse. Betrachtet werden zudem ausschließlich Übertragungen von etablierten Marken im engeren Sinne; das heißt, die Lizensierung von Events (z. B. Trikots der Fußball-Weltmeisterschaft), Persönlichkeiten (z. B. Bettwäsche von Michael Schumacher) oder fiktiven Charakteren (z. B. Schulmäppchen mit Mickey Mouse) werden ausgeschlossen, auch wenn sie in mancher Hinsicht dem hier definierten Markentransferbegriff ähnlich erscheinen. Diese spezifischen Anforderungen bedingen eine individuelle und detaillierte Recherche der für die vorliegende Untersuchung relevanten Unternehmen und deren Markentransfers. Aus forschungsökonomischen Gründen wurde die Untersuchung daher auf den deutschsprachigen Raum begrenzt. Eine weitere Einschränkung bezieht sich auf den Zeitpunkt des Transfers. Es werden nur solche Markentransfers untersucht, die nicht älter als zehn Jahre und nicht jünger als ein Jahr sind. Ist seit Markteintritt schon geraume Zeit vergangen, kann davon ausgegangen werden, dass das Transferprodukt als Bestandteil der Marke auf dem Markt etabliert werden konnte. Einige der zu untersuchenden Fragestellungen lassen sich somit nicht mehr beobachten. Andererseits muss, um die Erfolgswirkungen des Markentransfers untersuchen zu können, gewisse Zeit vergangen sein. Die oben genannte Zeitspanne kann somit als sinnvolle Einschränkung betrachtet werden. Keine Einschränkungen wurden hinsichtlich der zu betrachtenden Branchen vorgenommen. Vielmehr ist es das ausdrückliche Ziel, alle den oben genannten Kriterien entsprechende Markentransfers aufzunehmen. Im Rahmen einer dreimonatigen Marktrecherche wurden 146 Unternehmen identifiziert, die gemäß der dargelegten Kriterien für die Untersuchung infrage kommen. Sie stellen die für

6.2 Datenerhebung und Datengrundlage

163

diese Untersuchung erreichbare Erhebungsgrundgesamtheit dar. Die Erhebungsgrundgesamtheit115 ist die theoretisch erreichbare Summe aller Erhebungseinheiten und muss von der Zielpopulation abgegrenzt werden. Die Zielpopulation116 umfasst alle Elemente, auf die sich die zu prüfenden Hypothesen beziehen (vgl. Schumann 2006, S. 84 f.; weiterführend Schnell et al. 2005, S. 271). Die Differenz zwischen Erhebungsgrundgesamtheit und Zielpopulation wird allgemein als ‚Coverage Error‘ bezeichnet und umfasst jene Teile der Zielpopulation, die systematisch von der Erhebungsgrundgesamtheit ausgeschlossen sind (vgl. Dillmann/Bowker 2001, S. 160; vgl. weiterführend Groves 1989, S. 84 ff.). Bei Online-Befragungen von Konsumenten werden beispielsweise jene Personen ausgeschlossen, die über keinen Internetzugang verfügen. In der vorliegenden Untersuchung liegt kein so definierter Coverage Error vor. Es kann zwar davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der Marktrecherche relevante Markentransfers, die der hier verwendeten Definition entsprechen, übersehen wurden. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um einen strukturellen Ausschluss, sondern um ein zufälliges Geschehen. Auf Basis der Erhebungsgrundgesamtheit wählt der Forscher im Rahmen der Stichprobenauswahl jene Erhebungseinheiten aus, die er zur Befragung kontaktieren möchte. In der vorliegenden Untersuchung werden alle 146 identifizierten Unternehmen kontaktiert, sodass Erhebungsgrundgesamtheit und Stichprobe identisch sind. 6.2.1.2 Festlegung der Datenerhebungsmethode Als Erhebungsmethode wurde eine standardisierte Online-Befragung der Unternehmen gewählt in Kombination mit der alternativen Möglichkeit der Beantwortung eines herkömmlichen schriftlichen Fragebogens. Die Entscheidung für die Online-Befragung ergibt sich in dem vorliegenden Fall weniger aus den üb-

115

116

Die Erhebungsgrundgesamtheit wird auch ‚Auswahlgesamtheit’, ‚Frame Population’ oder ‚Survey Population’ genannt. Die Zielpopulation wird auch ‚Target Population’ oder ‚angestrebte Grundgesamtheit’ genannt.

164

6 Empirische Untersuchung

licherweise genannten Gründen, die dennoch im Folgenden zur Charakterisierung der Erhebungsmethode kurz erwähnt werden sollen:117 –

Relative Kostengünstigkeit im Vergleich zu den alternativen Erhebungsmethoden ‚postalischer Versand von Fragebögen‘ und ‚telefonische Befragung‘ (vgl. z. B. Granello/Wheaton 2004, S. 288; Cobanoglu et al. 2001, S. 449). In dem vorliegenden Fall einer Befragung von relativ wenigen Unternehmen übersteigen die Kosten der Programmierung allerdings die der Portokosten.



Kürzere Rücklaufzeit im Vergleich zu den alternativen Erhebungsmethoden (vgl. z. B. Granello/Wheaton 2004, S. 388; Cobanoglu et al. 2001, S. 448). Das Ziel der vorliegenden Untersuchung besteht jedoch darin, einen möglichst großen Anteil der relevanten Unternehmen zu erreichen. Die Zeitdauer nimmt eher eine sekundäre Stellung ein.



Vereinfachte und fehlerfreie Datenübertragung durch automatisierten Datenexport in ein statistisches Analyseprogramm; das heißt Wegfall der händischen Dateneingabe (vgl. Granello/Wheaton 2004, S. 388).

Die Wahl der Online-Befragung als Erhebungsmethode ist in dem vorliegenden Fall nicht durch die angeführten Gründe bedingt. Aufgrund der kleinen Grundgesamtheit von Unternehmen, die die definierte Form des ‚weiten‘ Markentransfers durchführen, steht hier vielmehr die Erreichung einer möglichst hohen Rücklaufquote im Vordergrund. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte den Befragten die Teilnahme so angenehm wie möglich gemacht werden. Wie im Rahmen der im Vorfeld durchgeführten Expertengespräche festgestellt werden konnte, wird die Online-Befragung für die Zielpersonen als eine angenehme Form der Befragung empfunden. Dies wird auch durch GRETHER (2003, S. 212 ff.) bestätigt, indem er feststellt, dass die Teilnahme an computerbasierten Befragungen zu einer größeren Zufriedenheit bei den Probanden führt (vgl. hierzu auch Granello/Wheaton 2004, S. 388 f.). Um jedoch jene Personen nicht auszuschließen, die eine herkömmliche Befragung bevorzugen, wurde auch ein schriftlicher

117

Neben diesen drei häufig angeführten Vorteilen der Online-Befragung erwähnen GRANELLO UND WHEATON (2004, S. 388 ff.) zusätzlich: Flexibilität in der Gestaltung und Präsentation der Fragen; fortschreitende technologische Möglichkeiten; wachsende Akzeptanz von Online- und E-Mail-Befragungen; Erfassung von zusätzlichen Informationen bezüglich des Antwortverhaltens der Probanden.

6.2 Datenerhebung und Datengrundlage

165

Fragebogen mit Fax- oder Postrücksendung angeboten. Wie YUN UND TRUMBO (2000) in ihrer Untersuchung feststellten, kann durch Kombination traditioneller mit elektronischer Erhebungsmethoden nicht nur der Rücklauf verbessert, sondern auch die Repräsentativität erhöht werden. Sowohl Online- als auch klassische schriftliche Befragung sind nicht frei von potenziellen Schwierigkeiten und Fehlern, die die Befragungsqualität und somit die gewonnenen empirischen Ergebnisse beeinträchtigen. Jene potenzielle Fehlerquellen müssen erkannt und hinsichtlich ihrer Relevanz für die Untersuchung analysiert werden. Im nächsten Kapitel wird die Vorgehensweise der Datensammlung näher beschrieben. In diesem Zusammenhang werden die potenziellen Schwierigkeiten der Erhebungsmethode behandelt. 6.2.1.3 Vorgehensweise der Datenerhebung und Design der Befragung In der Literatur werden verschiedene Faktoren angeführt, welche die Qualität von Online-Befragungen bestimmen (vgl. Couper 2000, S. 466 f.; Dillmann et al. 1998, S. 2). Im Folgenden werden diese qualitätsbestimmenden Faktoren näher erläutert, um dann aufzuzeigen, wie durch Vorgehensweise der Datensammlung und Design der Befragung potenziellen Fehlern entgegengewirkt wurde. –

Fehlende Repräsentativität, die sich ergibt, wenn Teile der Grundgesamtheit aufgrund fehlender technischer Ausstattung von der Untersuchung ausgeschlossen sind (vgl. Granello/Wheaton 2004, S. 389). Dieses Problem tritt bei der vorliegenden Untersuchung nicht auf. Alle relevanten Ansprechpartner verfügen über eine E-Mail-Adresse und ein entsprechender Professionalisierungsgrad in der Kommunikation kann bei der Größe der Unternehmen erwartet werden.



Geringe Rücklaufquote, die zum sog. Non-Response-Bias führen kann (vgl. Granello/Wheaton 2004, S. 389; Couper 2000, S. 473 ff.). In der Literatur liegen keine einheitlichen Erkenntnisse zur Rücklaufquote von Online-Erhebungen vor. Während verschiedene Studien deutlich niedrigere Quoten im Vergleich zu traditionellen Methoden feststellen (vgl. z. B. Bachmann et al. 1996,

166

6 Empirische Untersuchung

S. 31 ff.), weist die Online-Methode beispielsweise bei COBANOGLU (2001, S. 449) den höchsten Rücklauf auf.118 –

ET AL.

Messfehler, die sich bei Befragungen ergeben, die ohne Unterstützung durch einen Interviewer durchgeführt werden. Diese lassen sich in zwei Kategorie aufteilen: Messfehler, die durch den Probanden verursacht werden (z. B. durch fehlende Motivation oder mangelnde intellektuelle Fähigkeiten), und Messfehler, die sich durch das Befragungsinstrument ergeben (z. B. missverständliche Formulierungen, mangelhaftes Design oder technische Probleme) (vgl. Couper 2000, S. 475).

Sowohl durch das Befragungsdesign als auch die Vorgehensweise der Datenerhebung wurde bei der vorliegenden Untersuchung den oben genannten potenziellen Fehlerquellen entgegengewirkt. Erklärtes Ziel war es also Repräsentativität, hinreichend großen Rücklauf und Vermeidung von Messfehlern zu gewährleisten. Die Durchführung der Datenerhebung erfolgte zwischen März und Mai des Jahres 2006. Zunächst wurden alle Ansprechpartner telefonisch vorqualifiziert und – sofern persönlich erreichbar – auch vorkontaktiert. Dieses zeitaufwendige Verfahren wurde gewählt, da es kaum externe Quellen gibt, die zuverlässig Kontaktdaten von Personen in den hier geforderten Positionen liefern.119 Angesprochen wurden Führungspersonen mit strategischem Marketing-Know-how (Geschäftsführer Marketing, Marketingleiter, Leiter Lizenzmarketing). Diese erhielten eine personalisierte E-Mail mit Detailinformationen zur Untersuchung.120 In der E-Mail enthalten waren ein Link auf einen Online-Fragebogen und ein persönlicher Zugangscode, der zum Öffnen des Fragebogens über das Internet benö-

118

119

120

Eine Übersicht über einige Vergleichsstudien findet sich bei SHEEHAN UND MCMILLAN (1999, S. 45 ff.). Die persönliche Vorkontaktierung von Probanden kann zudem den Rücklauf von schriftlichen Befragungen beschleunigen und erhöhen. Inwiefern dieser Effekt auch im Online-Bereich auftritt, ist jedoch noch umstritten (vgl. z. B. Sheehan/McMillan 1999, S. 51 f.). Zur Erhöhung der Rücklaufquote wird für schriftliche Befragungen die persönliche Ansprache des Probanden empfohlen (vgl. z. B. Diamantopoulos/Schlegelmilch 1996, S. 519). Für Online-Befragungen konnte dieser Wirkungszusammenhang jedoch noch nicht bestätigt werden (vgl. z. B. Porter/Whitcomb 2003, S. 586).

6.2 Datenerhebung und Datengrundlage

167

tigt wurde. Nach Aktivierung des Links wurden die Teilnehmer zu einem Begrüßungstext weitergeleitet, von dem aus die Online-Befragung durch Eingabe des Zugangscodes gestartet werden konnte. Die potenziellen Untersuchungsteilnehmer erhielten mit der E-Mail alternativ auch einen Fragebogen im PDF-Format, der schriftlich ausgefüllt und per Fax oder Post zurückgesendet werden konnte. Auch auf der Begrüßungsseite konnte dieser PDF-Fragebogen heruntergeladen werden.121 Sowohl in der E-Mail als auch auf der Begrüßungsseite der Online-Befragung und auf dem Deckblatt des PDF-Fragebogens wurden die nicht-kommerziellen Absichten der Untersuchung, die Glaubwürdigkeit des Absenders und die Vertraulichkeit der Befragung122 betont. Es wurde darauf verwiesen, dass Teilnehmer der Studie die Studienergebnisse auf Wunsch erhalten. Auf die Angabe eines verbindlichen Einsendetermins wurde zunächst verzichtet. Alle diese Faktoren sind nach DIAMANTOPOULOS UND SCHLEGELMILCH (1996, S. 505 ff.) geeignet, die Rücklaufquote von schriftlichen Befragungen zu verbessern, was auch zum Teil für Online-Befragungen bestätigt werden konnte (vgl. z. B. Bosnjak/Batinic 1999, S. 151). Circa drei Wochen nach dem ersten Kontakt wurden diejenigen Probanden nochmals per E-Mail angeschrieben, die bisher weder teilgenommen noch abgesagt hatten. Eine weitere E-Mail erfolgte wiederum zwei Wochen später. Die Online-Befragung wurde von einem externen, auf das Design und die Durchführung von elektronischen Befragungen spezialisierten Institut programmiert und verwaltet. Der Fragebogen für die klassische schriftliche Befragung wurde optisch ähnlich zur Online-Version erstellt. Hinsichtlich des Designs wurden allgemein anerkannte Prinzipien der Fragebogengestaltung und neuere Erkenntnisse in Bezug auf Online-Befragungen berücksichtigt: –

121 122

Zeitbedarf: Bei der Erstellung des Fragebogens wurde versucht, den Zeitbedarf für die Beantwortung der Fragen auf 15 Minuten zu begrenzen. Dieser Zeitbedarf wurde im Rahmen von Vortests bestätigt. BOSNJAK UND BATINIC (1999, S. 145-146) kommen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass bei einem Der Originalfragebogen befindet sich im Anhang. Aufgrund des Angebots der Zusendung der Studienergebnisse konnte vollkommene Anonymität nur denjenigen Teilnehmern zugesichert werden, die auf die Auswertung verzichtet haben.

168

6 Empirische Untersuchung

Zeitbedarf von bis zu 15 Minuten ca. 80 Prozent der Probanden zu einer Teilnahme grundsätzlich bereit wären. –

Verzicht auf komplexe Designelemente und technische Raffinessen im Rahmen der Online-Befragung: Zum einen wird so die Repräsentativität verbessert, da die Teilnahme auch für jene Probanden ermöglicht wird, die nur über eine technische Basisausstattung verfügen. Zum anderen wird die größtmögliche Nähe zum konventionellen Fragebogen hergestellt und eine systematische Verzerrung verhindert (vgl. Dillmann et al. 1998, S. 3 und S. 6).



Fortschrittsanzeige: Anders als bei papierbasierten Fragebögen ist es für die Teilnehmer von Online-Befragungen schwierig abzuschätzen, wie weit sie den Fragebogen bereits ausgefüllt haben (vgl. Dillmann et al. 1998, S. 12 f.). Um diesem Problem und einer daraus eventuell resultierenden erhöhten Abbrecherquote entgegenzuwirken, wurde eine Fortschrittsanzeige in den Fragebogen integriert.123



Erzwungene Antworten: Im Unterschied zu herkömmlichen Befragungsmethoden bietet die Online-Befragung die Möglichkeit, die Beantwortung einzelner Fragen zu erzwingen, indem der Proband erst dann zur nächsten Frage gelangt, wenn er eine der Antwortkategorien ausgewählt hat. Der Einsatz dieser technischen Möglichkeit wird in der Literatur kontrovers diskutiert, da zwar auf diese Weise das Fehlen einzelner Daten verhindert wird, andererseits jedoch eine höhere Abbrecherquote folgen kann (vgl. z. B. Dillmann et al. 1998). In der vorliegenden Untersuchung wurden erzwungene Antworten eingesetzt, jedoch in Kombination mit einer Ausweichkategorie („Keine Angabe möglich“).

Die beschriebene Vorgehensweise der Datenerhebung und das verwendete Befragungsdesign unterstützen nach aktuellem Forschungsstand bestmöglich eine hohe Repräsentativität, einen großen Rücklauf und die Vermeidung von Messfehlern.

123

Es existiert bisher allerdings noch kein eindeutiger empirischer Beweis dafür, dass die Verwendung einer Fortschrittsanzeige tatsächlich die Rücklaufquote erhöht bzw. die Abbrecherquote verringert (vgl. Couper et al. 2001, S. 243; Healey et al. 2005, S. 6).

6.2 Datenerhebung und Datengrundlage

169

6.2.2 Datengrundlage 6.2.2.1 Stichprobenmerkmale Insgesamt haben an der Befragung 59 Personen teilgenommen. Diese Anzahl entspricht einem Rücklauf von 40 Prozent und kann als zufriedenstellend erachtet werden. Von dieser sog. effektiven Stichprobe sind 54 Datensätze (entspricht 37 Prozent der Erhebungsgrundgesamtheit) analysierbar und bilden die sog. auswertbare Stichprobe (zu den Bezeichnungen vgl. Homburg/Krohmer 2003, S. 224). Fünf Datensätze (8 Prozent der effektiven Stichprobe) konnten nicht in die Analyse miteinbezogen werden. Grundsätzlich lässt sich die Differenz zwischen effektiver und auswertbarer Stichprobe auf unvollständig ausgefüllte Fragebögen (1), Abbrüche (2) oder Übertragungsfehler (3) zurückführen.124 Ad (1): Unvollständig ausgefüllte Fragebögen (‚Item-Non-Response‘) können bedingt sein durch Verständnisprobleme des Befragten oder bewusste Verweigerung von Informationen in stark sensiblen Bereichen. Sie führen zu fehlenden Werten, auch ‚Missing Values‘ genannt (vgl. Dillmann/Bowker 2001, S. 160). In der vorliegenden Untersuchung sind nur einige wenige Fälle von Item-Non-Response zu verzeichnen, die nicht von der Analyse ausgeschlossen werden müssen, da die Anzahl der fehlenden Werte deutlich innerhalb des Toleranzbereichs125 liegt. Diese Fälle und die Behandlung der betroffenen Datensätze werden in Kapitel 6.2.2.3 diskutiert. Ad (2): Der vorzeitige Ausstieg aus der Befragung (‚Drop-Out‘) tritt häufig bei Online-Befragungen auf. Befragungsabbrüche entstehen, wenn die Motivation des Befragten während der Befragung so stark absinkt, dass dieser die Befragung vorzeitig beendet. Dieses Verhalten kann bedingt sein durch zum Beispiel einen zu hohen zeitlichen Aufwand der Befragung, missverständliche bzw. sensible Fragen oder eine mangelhafte Gestaltung (vgl. Knapp/Heidingsfelder 1999,

124

125

Für eine ausführliche Übersicht der unterschiedlichen Non-Response- und Drop-OutArten siehe (vgl. Bosnjak 2002, S. 26). Vgl. hierzu Kapitel 6.2.2.3. Nach SCHNELL ET AL. (2005, S. 468 f.) fehlen bei sozialwissenschaftlichen Erhebungen in der Regel zwischen 1 und 10 Prozent der Daten einer Variablen. Dieser Wertebereich wird in der vorliegenden Untersuchung nicht überschritten.

170

6 Empirische Untersuchung

S. 2). Alle fünf nicht analysierbaren Datensätze lassen sich auf einen Befragungsabbruch zurückführen, der an unterschiedlichen Stellen im Fragebogen auftritt, sodass nicht von einem strukturellen Problem ausgegangen werden kann, sondern von individuellen Abbruchgründen des Befragten in der Befragungssituation. Ad (3): Technische Übertragungsfehler (‚Transcription Errors‘) können in der vorliegenden Untersuchung ausgeschlossen werden. Die Daten werden von den Befragten online eingegeben und von der Befragungssoftware direkt in eine Datenbank eingetragen, sodass keine Übertragungsfehler zu erwarten sind. Die hier erzielte auswertbare Stichprobe von 54 Datensätzen entspricht der für PLS empfohlenen Mindest-Fallzahl, die sich nach der im Hinblick auf die Anzahl der Regressoren komplexesten im Modell anzutreffenden multiplen Regression bemisst (vgl. Henseler 2005, S. 70). Eine weithin verbreitete Faustregel (vgl. Chin/Newsted 1999, S. 326f.) fordert zehn Datensätze mal die Anzahl der Regressoren der komplexesten Regression. Das heißt, die Stichprobe sollte zehnmal so groß sein wie die maximale Anzahl latenter unabhängiger Variablen, die auf eine latente Variable wirken, bzw. zehnmal so groß wie die Anzahl an Indikatoren der größten formativen latenten Variable. Entscheidend ist die größere Anzahl. Im vorliegenden Fall beträgt die derart bestimmte Mindest-Stichprobengröße 50 und wird durch die effektive Stichprobe knapp übertroffen. Alle 54 Erhebungseinheiten der auswertbaren Stichprobe erfüllen die Anforderungen des sog. ‚weiten‘ Markentransfers, wie er in Kapitel 2.1.2 definiert wurde: „Ein Markentransfer aus Sicht des Unternehmens ist immer dann weit, wenn das Unternehmen bedingt durch den Markentransfer in vielen Dimensionen seiner unternehmerischen und insbesondere marketingspezifischen Aktivitäten auf neue Herausforderungen trifft. Dies ist immer dann der Fall, wenn mehrere der folgenden vier Tatbestände vorliegen: neue Leistungskategorie, unterschiedliche Zielgruppen mit abweichenden Präferenzstrukturen und Nutzungsgewohnheiten, veränderte Distributionskanäle und -partner, neue Marktstruktur und Wettbewerber.“ Alle befragten Unternehmen geben an, mindestens zwei der genannten vier Kriterien zu erfüllen, und führten somit einen ‚weiten‘ Markentransfer durch. Wie aus Abbildung 6-2 ersichtlich, erfüllen über die Hälfte (54 Prozent) der befragten Unternehmen mit ihrem Markentransfer alle vier Kriterien.

6.2 Datenerhebung und Datengrundlage

171

„Weite“ der Markentransfers – Erfüllungsgrad der vier Tatbestände der Definition Anteil Erhebungseinheiten in Prozent* Zwei Kriterien erfüllt

11%

Drei Kriterien erfüllt

35%

54%

Vier Kriterien erfüllt

* Skala: „Stimme nicht zu“ (1) bis „Stimme zu“ (5); als Zustimmung wird der Skalenbereich 3 bis 5 gewertet.

Abbildung 6-2:

Stichprobencharakteristika – Weite der Markentransfers

Fast alle befragten Unternehmen betreten mit ihrem Transferprodukt eine für sie neue Leistungskategorie (96 Prozent) und werden mit neuen Wettbewerbern und einer andersartigen Marktstruktur (94 Prozent) konfrontiert. Abweichende Präferenzstrukturen und Nutzungsgewohnheiten der Zielgruppe erleben 83 Prozent der Unternehmen und 69 Prozent nutzen neue Distributionskanäle und -partner (vgl. Abbildung 6-3). Die Erhebungseinheiten der auswertbaren Stichprobe verteilen sich wie folgt über die in der Befragung berücksichtigten Branchen (siehe Abbildung 6-4). Eine Gegenüberstellung mit statistischen Referenzwerten ist in dem vorliegenden Fall nicht möglich, da keine gesicherten Informationen zu den Häufigkeiten von ‚weiten‘ Markentransfers in den jeweiligen Branchen verfügbar sind. Allerdings entspricht die starke Häufung in den Branchen Bekleidung, Nahrungs- und Genussmittel sowie auch Medien den realen Gegebenheiten, wie sie bei der Grundlagenrecherche zu dieser Untersuchung und im Rahmen der Expertengespräche deutlich wurden. Ein Abgleich mit der Erhebungsgrundgesamtheit in Abbildung 6-5 zeigt eine weitgehende Übereinstimmung der Verteilung auf die Wirtschaftszweige.

172

6 Empirische Untersuchung

„Weite“ der Markentransfers – Art der neuen Herausforderungen Herausforderungen durch das Transferprodukt in den Bereichen

Anteil Erhebungseinheiten in Prozent*

… neue Leistungskategorie

96%

… neue Marktstruktur/Wettbewerber

94%

… neue Zielgruppe … neue Distributionskanäle/-partner

83% 69%

* Skala: „Stimme nicht zu“ (1) bis „Stimme zu“ (5); als Zustimmung wird der Skalenbereich 3 bis 5 gewertet

Abbildung 6-3:

Stichprobencharakteristika – Art der neuen Herausforderungen

Branchenverteilung der auswertbaren Stichprobe Branche

Anzahl Erhebungseinheiten

Gebrauchsgüter Bekleidung Haushalts-/Gartengeräte und Werkzeug Haushaltswaren und Geschenkartikel Kraftfahrzeuge und Zubehör Spielwaren, Baby- und Kinderartikel Sportartikel Computer-Hardware, Optische Geräte Büromaterial Uhren und Schmuck Verbrauchsgüter Nahrungs- und Genussmittel Körperpflege und Dekorative Kosmetik Pharmazeutische Produkte Dienstleistungen/Medien Medien Dienstleistungen

Abbildung 6-4:

10 3 3 3 3 2 2 1 1

7 3 3

9 4

Stichprobencharakteristika – Branchenverteilung

6.2 Datenerhebung und Datengrundlage

173

Wirtschaftszweige der auswertbaren Stichprobe im Vergleich zur Erhebungsgrundgesamtheit Wirtschaftszweig

Anteil Erhebungseinheiten in Prozent

Abweichung in Prozentpunkte 52% 47%

Gebrauchsgüter

+ 5 pp

24%

Verbrauchsgüter

–11 pp

35% 24% 18%

Dienstleistungen/Medien

+ 6 pp Auswertbare Stichprobe Erhebungsgrundgesamtheit

Abbildung 6-5:

Stichprobencharakteristika – Wirtschaftszweige

Neben der Branchenzugehörigkeit wurde auch das realisierte Geschäftsmodell des Markentransfers abgefragt. Wie Abbildung 6-6 zeigt, realisieren über die Hälfte der befragten Unternehmen (55 Prozent) den Markentransfer ohne einen Geschäftsmodelle des Markentransfers der auswertbaren Stichprobe Anteil Erhebungseinheiten in Prozent

Leistungserstellung im eigenen Unternehmen

14% Gründung einer Tochtergesellschaft

Abbildung 6-6:

Lizenzierung

37%

41%

4% 4%

Joint Venture

Sonstiges

55%

der befragten Unternehmen realisieren den Markentransfer allein.

41%

der befragten Unternehmen realisieren den Markentransfers mit einem Partner.

Stichprobencharakteristika – Geschäftsmodelle

174

6 Empirische Untersuchung

Partner, das heißt im eigenen Unternehmen (41 Prozent) oder in einer neu gegründeten Tochtergesellschaft (14 Prozent). 41 Prozent der befragten Unternehmen kooperieren mit einem Partner, entweder im Rahmen von Lizenzvereinbarungen (37 Prozent) oder durch Gründung eines Joint Ventures (4 Prozent). 6.2.2.2 Analyse eines möglichen Non-Response-Bias Um zu überprüfen, ob bei der vorliegenden Untersuchung Verzerrungen infolge von Nichtbeteiligung auftreten können, wurde ein sog. Test auf Non-ResponseBias durchgeführt. Im Rahmen dieses Testverfahrens wird untersucht, ob sich das Antwortverhalten der Personen, die an der Befragung teilgenommen haben, von den sog. Non-Respondents (‚Nichtteilnehmern‘) unterscheidet. Hierfür wurden die Antworten der Befragten, die sofort nach Zusendung der Einladungs-E-Mail an der Befragung teilgenommen hatten, mit den Antworten derer verglichen, die erst später die Befragung durchführten. Dieser Vorgehensweise liegt die Annahme zugrunde, dass spät durchgeführte Befragungen dem Antwortverhalten von Nichtteilnehmern am ähnlichsten sind (vgl. Armstrong/ Overton 1977, S. 397). Für diesen Vergleich wurde das am zeitigsten antwortende Teilnehmerdrittel mit dem spätesten Drittel verglichen. Ein t-Test zum Mittelwertvergleich des Antwortverhaltens zwischen diesen Gruppen ergab keine signifikanten Unterschiede. Lediglich bei zwei Indikatoren konnte eine statistisch signifikante Abweichung festgestellt werden (p < 0,05). Die früh antwortenden Teilnehmer bewerteten die Qualität ihrer Stammmarke signifikant höher als die spät antwortenden. Dem entgegen bewerteten die spät antwortenden Teilnehmer die Wichtigkeit der Berücksichtigung vorangegangener Produktneueinführungen im Rahmen der Produkt-Markt-Strategie höher als die früh antwortenden. Insgesamt kann jedoch kein nennenswerter Non-Response-Bias festgestellt werden. 6.2.2.3 Behandlung unvollständiger Datensätze Wie in Kapitel 6.2.2.1 dargestellt, weisen einige Datensätze der Stichprobe aufgrund von Item-Non-Response fehlende Werte auf. Wenn die Lücken in den Datensätzen nur in geringem Umfang vorliegen und über alle Befragungsteilnehmer hinweg kein Muster aufweisen, können auch diese Datensätze in die Analyse miteinbezogen werden, indem die fehlenden Werte ersetzt werden. Nach SCHNELL ET AL. (2005, S. 468 f.) fehlen bei sozialwissenschaftlichen Erhebun-

6.2 Datenerhebung und Datengrundlage

175

Analyse der fehlenden Werte – Häufigkeit fehlender Werte je Variable Häufigkeit absolut

Variablen …

58

ohne fehlende Werte 20

mit einem fehlenden Wert (= 2% der Datensätze) mit zwei fehlenden Werten (= 4% der Datensätze)

5

mit drei fehlenden Werten (= 6% der Datensätze) 3 mit vier fehlenden Werten (= 7% der Datensätze) 0 mit fünf fehlenden Werten (= 9% der Datensätze) 2

Abbildung 6-7:

in Prozent 66% 23% 6% 3% 0% 2%

Analyse der fehlenden Werte

gen in der Regel zwischen 1 und 10 Prozent der Daten einer Variablen. In der vorliegenden Untersuchung lag der Durchschnitt der fehlenden Werte über alle Variablen in der auswertbaren Stichprobe bei 1 Prozent. Wie aus Abbildung 6-7 ersichtlich ist, weisen 66 Prozent aller Variablen keinerlei fehlende Werte auf, während 2 Prozent der Variablen den Maximalwert von 5 fehlenden Werten erreicht. Fünf fehlende Werte entsprechen einem Anteil von 9 Prozent der Datensätze. Die Werte der vorliegenden Untersuchung liegen somit innerhalb des für sozialwissenschaftliche Untersuchungen normalen Bereichs. Die Voraussetzungen für die Anwendung eines Verfahrens zum Ersetzen fehlender Werte kann somit als gegeben angesehen werden.126 Zum Ersetzen fehlender Werte stehen grundsätzlich Imputations- (1) und Parameterschätzverfahren (2) zur Verfügung. Die Vor- und Nachteile dieser Verfahren werden im Folgenden kurz erläutert, um die in dieser Untersuchung getroffene Auswahl zu begründen. Ad (1): Einfache Imputationsverfahren verwenden Mittelwerte oder Regressionsanalysen, um auf Basis der Antworten der anderen Befragungsteilnehmer fiktive Werte für die fehlenden Variablen zu berechnen (vgl. Bankhofer 1995, S. 104 ff.). Bei der multiplen Imputation werden per Monte-Carlo-Simulation mehrere plausible Ersatzwerte ermittelt, welche dann per Inferenz zu einem ein-

126

In SPSS wurden die fehlenden Werte zudem auf vorliegende Muster untersucht. Es ließen sich keine Muster nachweisen.

176

6 Empirische Untersuchung

zelnen Wert zusammengefügt werden (vgl. Ghosh-Dastidar/Schafer 2003, S. 808; Schafer/Olsen 1998, S. 547 ff.). Ad (2): Parameterschätzverfahren greifen überwiegend auf Maximum-Likelihood- bzw. Bayes-Algorithmen zurück, um Verteilungsparameter, basierend auf einem Wahrscheinlichkeitsmodell, zu ermitteln (vgl. Bankhofer 1995, S. 156 ff.). Das am häufigsten verwendete Verfahren ist hierbei der Expectation-Maximization-Algorithmus, auch EM-Algorithmus genannt (vgl. Decker et al. 2000, S. 93). Das Ersetzen fehlender Werte kann zu Verzerrungen der Analyseergebnisse führen. Insbesondere stark betroffen sind hierbei einfache Imputationsverfahren (vgl. Peters/Enders 2002, S. 81; Vriens/Melton 2002, S. 14), weswegen diese in der vorliegenden Untersuchung nicht eingesetzt werden. Bleibt grundsätzlich die Möglichkeit der Verwendung einer multiplen Imputation oder des EM-Algorithmus. Obwohl verschiedene Softwarelösungen zur Verfügung stehen, ist die Durchführung einer multiplen Imputation mit einem vergleichsweise hohen Aufwand verbunden. Die Ermittlung fehlender Werte durch den EM-Algorithmus kann hingegen im Rahmen von SPSS erfolgen. In der vorliegenden Untersuchung wird daher der EM-Algorithmus als Verfahren zur Behandlung der fehlenden Werte verwendet.

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells 6.3.1 Güte der reflektiven Messmodelle Die reflektiven Messmodelle werden, wie in Kapitel 6.1.3.1 beschrieben, hinsichtlich Inhaltsvalidität (Kapitel 6.3.1.1), Indikatorreliabilität (Kapitel 6.3.1.2), Konstruktreliabilität (Kapitel 6.3.1.3) und Diskriminanzvalidität (Kapitel 6.3.1.4) überprüft. 6.3.1.1 Inhaltsvalidität Zur Untersuchung der Inhaltsvalidität der reflektiven Messmodelle wird eine explorative Faktorenanalyse in SPSS durchgeführt. Als Extraktionsverfahren kommt die Hauptkomponentenmethode zum Einsatz, als Rotationsverfahren die Varimax-Methode.127 Die reflektiven Konstrukte des vorliegenden Unter127

Die Hauptkomponentenmethode ist hinsichtlich des Untersuchungsziels das geeignete Extraktionsverfahren, da diese darauf abzielt, die Datenstruktur möglichst umfassend

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells

177

suchungsmodells werden im Rahmen von zwei Faktorenanalysen, getrennt nach Erfolgsfaktoren aus dem Bereich der Unternehmenskultur und der Marketingstrategie128 sowie Erfolgsfaktoren aus dem Bereich des operativen Marketings,129 untersucht. In einem ersten Schritt wird überprüft, inwiefern eine Faktorenanalyse auf Basis der Korrelationsmatrizen zulässig ist. Das gängige Prüfkriterium hierfür ist das Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium (KMK) oder ‚Measure of Sampling Adequacy‘ (MSA), das einen Wertebereich von 0 bis 1 aufweist. Je höher der KMKWert, desto besser sind die Daten für eine Faktorenanalyse geeignet. Die erreichten Werte von jeweils 0,8 liegen in dem von KAISER als ausreichend definierten Wertebereich (vgl. Kaiser 1974, S. 35), sodass die vorliegenden Daten für eine Faktorenanalyse verwendet werden können. Auf Basis der rotierten Komponentenmatrizen, dargestellt in Tabelle 6-5 und Tabelle 6-6, lässt sich beurteilen, inwiefern die Messmodelle eine eindimensionale Faktorstruktur aufweisen. Wie aus Tabelle 6-5 ersichtlich, sind die reflektiven Konstrukte zur Messung der Unternehmenskultur (Entrepreneurship und Markenorientierung) und der strategischen Marketingfähigkeiten (Marketingmanagement und Marktinformationsmanagement) inhaltlich valide, da sie jeweils eindeutig auf einen Faktor laden. Es kann dementsprechend angenommen werden, dass die Indikatoren der jeweiligen Messmodelle dem inhaltlich-semantischen Bereich des Konstruktes angehören.

128

129

durch möglichst wenige Faktoren zu reproduzieren (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 292). Bei der Varimax-Rotation handelt es sich um eine Methode der orthogonalen Rotation, bei der die Faktorachsen bei der Rotation in einem rechten Winkel zueinander verbleiben. Diese Methode wird verwendet, sofern angenommen werden kann, dass die Faktoren untereinander nicht korrelieren (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 300). Reflektive Konstrukte auf Ebene der kulturellen und strategischen Erfolgsfaktoren: Entrepreneurship, Markenorientierung, Fähigkeiten in den Bereichen Marketingmanagement und Marktinformationsmanagement. Reflektive Konstrukte auf Ebene der operativen Erfolgsfaktoren: Fähigkeiten in den Instrumentalbereichen des Marketingmix (Kommunikation, Distribution, Preispolitik und Produktpolitik).

178

Tabelle 6-5:

6 Empirische Untersuchung

Inhaltsvalidität – Explorative Faktorenanalyse I

Rotierte Komponentenmatrix der Konstrukte auf kultureller und strategischer Ebene Komponenten Konstrukt Indikatoren 1 2 3 ES1 0,174 0,139 -0,050 Entrepreneurship ES2 0,039 0,226 -0,067 ES3 0,107 0,011 0,162 ES4 0,139 -0,149 0,056

4 0,758 0,849 0,878 0,778

Markenorientierung

MO1 MO2 MO3 MO4 MO5 MO6 MO7 MO8

0,779 0,801 0,784 0,534 0,534 0,805 0,733 0,692

0,258 0,170 0,234 0,157 0,090 -0,033 -0,127 0,139

0,025 -0,095 0,106 0,105 0,643 0,079 0,329 0,395

0,109 0,120 0,148 0,148 0,174 0,031 -0,054 0,228

Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement

MM1 MM2 MM3 MM4

-0,053 0,438 0,022 0,082

0,559 0,278 0,542 0,344

0,613 0,686 0,579 0,780

-0,069 -0,071 0,066 0,052

Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement

MI1 MI2 MI3 MI4 MI5

0,196 0,184 0,112 0,171 0,369

0,793 0,898 0,842 0,691 0,503

0,169 0,078 0,297 0,509 0,398

0,193 0,066 -0,009 0,021 0,056

Hauptkomponentenanalyse; Varimax-Rotation mit Kaiser-Normalisierung; KMK = 0,784

Die Indikatoren zur Messung der operativen Marketingfähigkeiten laden nicht alle eindeutig auf jeweils einen Faktor. Einige Autoren (vgl. z. B. Homburg/ Giering 1996, S. 12; Churchill 1979, S. 69) verlangen eine Elimination der zu niedrig ladenden Indikatoren, um auf diese Weise eindimensionale Konstrukte für die spätere Berechnung im Rahmen des Strukturgleichungsmodells zu erhalten. Andere Autoren warnen hingegen vor einem solchen Bereinigungsprozess, da konzeptionell wertvolle Aspekte des Konstruktes verloren gehen könnten. ALBERS UND HILDEBRANDT (2006, S. 7) halten zu dieser Problematik fest: „Die eigentlich konzeptionelle Festlegung eines Konstruktes über einzelne inhaltliche Facetten wird so durch die am Ergebnis eines Modell-Fits orientierte statistische Analyse konterkariert.“ Diesen eher inhaltlich getriebenen Gedanken folgend, soll an dieser Stelle kein Indikator eliminiert werden. Vielmehr werden weitere Validitäts- und Reliabilitätschecks durchgeführt, um dann zu einer abschließenden Bewertung zu gelangen.

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells

Tabelle 6-6:

179

Inhaltsvalidität – Explorative Faktorenanalyse II

Rotierte Komponentenmatrix der Konstrukte auf operativer Ebene Komponenten Konstrukt Indikatoren 1 2 3 Fähigkeiten im K1 0,250 0,040 0,204 Instrumentalbereich K2 0,669 0,193 0,254 Kommunikation 0,692 K3 0,167 0,168 0,521 K4 -0,161 0,259

4 0,721 0,269 0,522 0,516

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution

D1 D2 D3 D4

-0,064 0,212 0,395 0,135

0,850 0,838 0,572 0,461

0,317 0,295 0,028 -0,054

0,081 0,111 0,508 0,731

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik

PI1 PI2 PI3 PI4

0,306 0,807 0,768 0,644

0,429 0,102 -0,106 0,464

0,475 -0,035 0,130 0,357

0,132 0,185 0,398 -0,242

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik

PO1 PO2 PO3 PO4

0,740 0,249 0,255 -0,109

0,189 0,024 0,197 0,302

0,138 0,513 0,640 0,820

0,126 0,353 0,019 -0,022

Hauptkomponentenanalyse; Varimax-Rotation mit Kaiser-Normalisierung; KMK = 0,763

6.3.1.2 Indikatorreliabilität Im Rahmen der Indikatorreliabilität wird gemessen, welcher Anteil der Varianz eines Indikators durch die zugrunde liegende latente Variable erklärt wird. Das Prüfkriterium ist die im Rahmen von PLS geschätzte Faktorladung Ȝ, die größer sein sollte als 0,7, sowie deren Signifikanz, die bei einem t-Wert von größer 1,648 (entspricht einem Signifikanzniveau von D = 5 % bei einseitigem Test) gegeben ist. Wird einer dieser Schwellenwerte nicht erreicht, ist über eine Eliminierung des Indikators zu entscheiden. Wie aus Tabelle 6-7 deutlich wird, überschreiten die Indikatoren der Konstrukte ‚Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement‘ und ‚Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement‘ sowie ‚Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution‘ und ‚Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik‘ die Schwellenwerte problemlos. Die übrigen vier Konstrukte müssen um einen (‚Entrepreneurship‘, ‚Markenorientierung‘ und ‚Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation‘) bzw. zwei Indikatoren (‚Fähigkeiten im Instrumental-

180

Tabelle 6-7:

6 Empirische Untersuchung

Indikatorreliabilität – Ladungen der reflektiven Indikatoren

Indikatorladungen der reflektiven Konstrukte Konstrukt Indikatoren Ladung Ȝ

t-Wert

Behandlung

Entrepreneurship

ES1 ES2 ES3 ES4

0,4737 0,7812 0,7546 0,9369

1,3382 eliminiert 3,0752 2,9305 2,6373

Markenorientierung

MO1 MO2 MO3 MO4 MO5 MO6 MO7 MO8

0,7606 0,7508 0,8235 0,5421 0,7444 0,7777 0,7775 0,8284

6,5437 6,5955 11,6809 4,1946 eliminiert 11,6089 10,0316 15,5423 15,5302

Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement

MM1 MM2 MM3 MM4

0,818 0,824 0,8269 0,846

14,5029 16,3849 19,1163 9,9686

Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement

MI1 MI2 MI3 MI4 MI5

0,8392 0,8619 0,8634 0,8801 0,7839

16,1255 21,8058 19,2072 22,3359 12,661

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation

K1 K2 K3 K4

0,6309 0,8076 0,8092 0,805

4,2909 eliminiert 9,5508 7,106 8,3641

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution

D1 D2 D3 D4

0,7666 0,8608 0,8529 0,7355

4,2131 5,7057 8,1111 5,7876

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik

PI1 PI2 PI3 PI4

0,714 0,8144 0,7805 0,7628

5,2867 15,2976 11,5413 6,7632

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik

PO1 PO2 PO3 PO4

0,6645 0,6244 0,7972 0,5866

3,5849 2,9181 eliminiert 3,9167 2,0508 eliminiert

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells

181

bereich Produktpolitik‘) bereinigt werden.130 Die folgenden Berechnungen werden mit den bereinigten Konstrukten durchgeführt. 6.3.1.3 Konstruktreliabilität Im Rahmen der Konstruktreliabilität wird ermittelt, inwiefern die den reflektiven Konstrukten zugeordneten Indikatoren eine ausreichend starke Beziehung zueinander aufweisen. Wie in Kapitel 6.1.3.1 erläutert, werden zur Beurteilung die Prüfkriterien Cronbachsches Alpha, Interne Konsistenz (IK) und Durchschnittlich Erfasste Varianz (DEV) herangezogen. Wie Tabelle 6-8 zeigt, überschreiten alle reflektiven Konstrukte die Schwellenwerte des Cronbachschen Alphas (Į > 0,7), der Internen Konsistenz (IK > 0,7) und der Durchschnittlich Erfassten Varianz (DEV > 0,5) deutlich. Es kann somit von der Reliabilität der Konstrukte ausgegangen werden. Tabelle 6-8:

Konstruktreliabilität – Reliabilitätskennziffern der reflektiven Konstrukte

Reliabilitätskennziffern der reflektiven Konstrukte Konstrukt Cronbachsches Interne DEV Alpha Konsistenz Entrepreneurship 0,816 0,879

0,709

Markenorientierung

0,892

0,917

0,612

Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement

0,846

0,898

0,687

Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement

0,900

0,927

0,716

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation

0,757

0,859

0,670

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution

0,819

0,881

0,650

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik

0,770

0,853

0,592

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik

0,440

0,769

0,631

130

Der Indikator PO1 wird nicht eliminiert, da er gerundet den Schwellenwert erreicht und aus inhaltlich-konzeptionellen Gründen für das Konstrukt ‚Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik‘ von hoher Bedeutung ist.

182

6 Empirische Untersuchung

6.3.1.4 Diskriminanzvalidität Die Diskriminanzvalidität gibt Aufschluss darüber, inwiefern sich die Messungen der im Untersuchungsmodell verwendeten reflektiven Konstrukte ausreichend voneinander unterscheiden. Wie in Kapitel 6.1.3.1 beschrieben, wird zur Beurteilung der Diskriminanzvalidität das Fornell-Larcker-Kriterium verwendet. Von Diskriminanzvalidität kann demnach ausgegangen werden, wenn die Durchschnittlich Erfasste Varianz eines Konstruktes größer ist als jede quadrierte Korrelation dieses Konstruktes mit einem anderen Konstrukt im Modell. Gemäß der in Tabelle 6-9 dargestellten Ergebnisse ist das Fornell-LarckerKriterium für jedes reflektive Konstrukt erfüllt.131 Diskriminanzvalidität ist dementsprechend gegeben. Tabelle 6-9:

Diskriminanzvalidität – Fornell-Larcker-Kriterium

Diskriminanzvalidität der reflektiven Konstrukte Konstrukt DEV

Quadrierte LV-Korrelationen Min Max

Fornell-L. Kriterium erfüllt

Entrepreneurship

0,71

0,00

0,06

ja

Markenorientierung

0,61

0,06

0,49

ja

Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement

0,69

0,00

0,52

ja

Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement

0,72

0,01

0,52

ja

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation

0,67

0,00

0,51

ja

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Distribution

0,65

0,03

0,32

ja

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik

0,59

0,01

0,46

ja

Fähigkeiten im Instrumentalbereich Produktpolitik

0,63

0,01

0,36

ja

131

Im Anhang befindet sich die vollständige Korrelationstabelle.

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells

183

6.3.2 Güte der formativen Messmodelle Die Güte der formativen Messmodelle wird, wie in Kapitel 6.1.3.2 beschrieben, hinsichtlich Multikollinearität (Kapitel 6.3.2.1), Indikatorrelevanz (Kapitel 6.3.2.2) und externe Validität (Kapitel 6.3.2.3) beurteilt. 6.3.2.1 Multikollinearität Das Vorliegen von Multikollinearität zwischen formativen Indikatoren eines Konstruktes kann zu erheblichen Verzerrungen der Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells führen (vgl. Kapitel 6.1.3.2). Daher werden die formativen Konstrukte auf das Vorliegen und das Ausmaß von möglicher Multikollinearität untersucht: Zunächst erfolgt die Analyse der Korrelationsmatrix der formativen Indikatoren sowie die Berechnung des Variance Inflation Factors (VIF) und der Konditionsindizes (KI). Wie in Tabelle 6-10 ersichtlich, liegen nach der Überprüfung der Korrelationsmatrizen keine Hinweise für paarweise Abhängigkeiten der formativen Indikatoren innerhalb eines Konstruktes vor (Korrelationskoeffizient > 0,9).132 Auch der kritische Wert für den Variance Inflation Factor wird nicht annähernd erreicht (VIF > 7). Wie jedoch bereits in Kapitel 6.1.3.2 beschrieben, stellt der Variance Inflation Factor nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für das Fehlen von Multikollinearität dar. Die Konditionsindizes zweier Konstrukte liegen in dem für diese Untersuchung als kritisch definierten Bereich (KI > 15). Während das Konstrukt ‚Markenstärke‘ nur leicht über dem SchwelTabelle 6-10: Multikollinearität – Kennziffern der Kollineariätsdiagnose Multikollinearitätsdiagnose Konstrukt

Korrelationen Min

Konditionsindex

VIF

Max

Min

Max

Markenstärke

0,262

0,352

1,199

1,290

17,04

Fit

0,556

0,679

1,815

2,327

15,10

Produkt-Markt-Strategie

0,128

0,604

1,384

1,831

13,08

Operative Umsetzung

0,010

0,720

1,743

4,735

40,19

132

Im Anhang befinden sich die vollständigen Korrelationstabellen.

184

6 Empirische Untersuchung

Tabelle 6-11: Multikollinearität – Varianzzerlegung des Konstruktes Markenstärke Varianzzerlegung Konstrukt "Markenstärke" Varianzanteile KI MS1 MS2

MS3

MS4

1,00

0,002

0,003

0,002

0,001

9,20

0,015

0,985

0,056

0,030

10,86

0,084

0,002

0,926

0,080

13,21

0,883

0,011

0,001

0,240

17,04

0,017

0,000

0,014

0,648

lenwert liegt und noch weit vom Bereich substanzieller Abhängigkeiten (KI > 30) entfernt ist, kann beim Konstrukt ‚Operative Umsetzung‘ von hochgradiger Multikollinearität ausgegangen werden. Im Folgenden soll zunächst das Konstrukt ‚Markenstärke‘ betrachtet werden, um dann eine adäquate Vorgehensweise für das Konstrukt ‚Operative Umsetzung‘ zu finden. Zur Identifikation der betroffenen Indikatoren des Konstruktes ‚Markenstärke‘ wird eine Varianzzerlegung vorgenommen. Hierbei wird überprüft, welche Varianzanteile der einzelnen Regressionskoeffizienten der Indikatoren durch die Konditionsindizes erklärt werden. Erklärt derselbe Konditionsindex die Varianz von mehreren Regressionskoeffizienten in hohem Maße, kann auf eine hohe Abhängigkeit der betroffenen Indikatoren geschlossen werden (vgl. Krafft et al. 2005, S. 80). Wenn die erklärten Varianzanteile bei zwei oder mehr Indikatoren über 0,7 liegen, kann von starken Abhängigkeiten ausgegangen werden. Bei Werten zwischen 0,4 und 0,7 liegen moderate Abhängigkeiten vor (vgl. Belsley 1991, S. 142). Tabelle 6-11 zeigt, dass beim Konstrukt ‚Markenstärke‘ keine maßgeblichen Varianzüberschneidungen vorliegen. Der Verdacht auf substanzielle Multikollinearität kann entkräftet werden. Da zudem der Konditionsindex mit KI = 17,04 nur knapp über dem Schwellenwert liegt, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Anders verhält es sich beim Konstrukt ‚Operative Umsetzung‘. Aufgrund des hohen Konditionsindex liegt es nahe, grundsätzlich über die Gültigkeit des Konstruktes und seiner formativen Messung nachzudenken. Bei einem derart eindeutigen Hinweis auf Multikollinearität scheint es angebracht, die inhaltlich-defini-

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells

185

Tabelle 6-12: Messmodell des Konstruktes Implementierung desMarkentransfers (neu) Implementierung des Markentransfers (neu) Kausalbeziehung Indikatoren: formativ OMT1

Das Transferprodukt wird eigenständig und nach den Regeln seines Marktes beworben.

OMT2

Wir stellen sicher (z. B. durch feste Vorgaben oder formale Abstimmungsprozesse), dass auch bei der Werbung für das Transferprodukt die Markenwerte der Stammmarke vermittelt werden.

OMT3

Durch geschickte Kommunikation werden diejenigen Merkmale des Transferproduktes hervorgehoben, die die größte Verbindung zur Stammmarke aufzeigen.

OMT5

Wir wählen die Vertriebskanäle für unser Transferprodukt sorgfältig aus.

OMT6

Falls nötig, erschließen wir auch neue Vertriebskanäle für unser Transferprodukt.

OMT7

Zur Erschließung neuer Vertriebskanäle haben wir Vertriebspartner, die die bestmögliche Distribution unseres Transferproduktes gewährleisten.

OMT9

Wir kontrollieren den Marktpreis unseres Transferproduktes ständig.

OMT10

Wir stellen sicher, dass der Preis unseres Transferproduktes attraktiv für den Zielmarkt ist.

OMT12

Wir stellen sicher, dass das Produkt- und/oder Verpackungsdesign aller unter der Stammmarke geführten Produkte stimmig ist bzw. dass das Erscheinungsbild aller unter der Stammmarke erbrachten Dienstleistungen konsistent ist.

OMT14

Bei der Namensgebung des Transferproduktes haben wir uns ganz bewusst für bzw. gegen eine Abgrenzung von der Stammmarke entschieden. Wir wissen, dass durch Einführung eines neuen Namensbestandteils/einer SubBrand das Transferprodukt von der Stammmarke abgegrenzt werden kann.

Skala: „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5)

torische Konzeptualisierung zu überdenken und eventuell eine Trennung in mehrere Konstrukte vorzunehmen. Die beiden anderen in Kapitel 6.1.3.2 erwähnten Vorgehensweisen der Elimination von Indikatoren auf Basis der Ergebnisse einer Varianzzerlegung bzw. der Indexbildung kommen in diesem Fall nicht in Betracht. Bei Ersterem müssten zu viele Indikatoren eliminiert werden, sodass das Konstrukt seine inhaltliche Aussagekraft verlieren würde. Eine Indexbildung erscheint ebenfalls nicht angebracht, da es offensichtlich Indikatoren gibt, die über andere Indikatoren erklärt werden, also tatsächlich eliminiert werden können.

186

6 Empirische Untersuchung

Tabelle 6-13: Messmodell des Konstruktes Management von Rückwirkungseffekten (neu) Management von Rückwirkungseffekten (neu) Kausalbeziehung Indikatoren: formativ OMT4

Wir überprüfen regelmäßig die Auswirkungen der Werbung des Transferproduktes auf unsere Stammmarke.

OMT8

Wir kontrollieren den Distributionsgrad und die -kanäle unseres Transferproduktes regelmäßig.

OMT11

Wir stellen sicher, dass der Preis unseres Transferproduktes keine negativen Rückwirkungseffekte für die Stammmarke hat.

OMT13

Wir kontrollieren den Qualitätsstandard des Transferproduktes regelmäßig.

Skala: „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5)

Aus inhaltlichen Gesichtspunkten bietet sich eine Trennung des Konstruktes ‚Operative Umsetzung‘ in zwei Konstrukte an: ‚Implementierung des Markentransfers‘ und ‚Management von Rückwirkungseffekten‘. Wie schon im Rahmen der Operationalisierung (Kapitel 5.1.3.5) angedeutet, sind zwei Aspekte in Bezug auf die operative Umsetzung des Markentransfers von Relevanz. Zum einen gilt es, das Transferprodukt optimal zu vermarkten und in der Zielgruppe einzuführen. Zum anderen müssen mögliche negative Rückwirkungen auf die Stammmarke verhindert werden. Diese schon in der Konzeptualisierung und Operationalisierung des Konstruktes angelegte Doppelfunktion lässt eine Trennung in die Konstrukte ‚Implementierung des Markentransfers‘ und ‚Management von Rückwirkungseffekten‘ zu, wie sie in Tabelle 6-12 und Tabelle 6-13 dargestellt ist. Die weiteren Ausführungen berücksichtigen diese beiden neuen Konstrukte. Beide neuen Konstrukte weisen deutlich geringere Konditionsindizes auf. Während bei dem Konstrukt ‚Management von Rückwirkungseffekten‘ mit KI = 11,78 nicht mehr von schädlicher Multikollinearität ausgegangen werden kann, muss das Konstrukt ‚Implementierung des Markentransfers‘ mit einem Konditionsindex von KI = 27,2 noch weiter untersucht werden. Wie aus Tabelle 6-14 ersichtlich, existieren leichte Varianzüberschneidungen bei den Indikatoren OMT2, OMT3, OMT5, OMT6, OMT9, OMT10, OMT12 und OMT14. Auf Basis inhaltlicher Überlegungen und der Berücksichtigung der jeweiligen Erklä-

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells

187

Tabelle 6-14: Multikollinearität – Varianzzerlegung des Konstruktes Implementierung des Markentransfers Varianzzerlegung Konstrukt "Implementierung des Markentransfers" Varianzanteile KI OMT1 OMT2 OMT3 OMT5 OMT6 OMT7 OMT9 OMT10 OMT12 OMT14 1,0

0,001

0,000

0,000

0,000

0,000

0,001

0,000

0,000

0,000

0,001

9,3

0,011

0,000

0,012

0,002

0,003

0,353

0,031

0,001

0,003

0,136

9,8

0,095

0,006

0,164

0,001

0,036

0,003

0,023

0,003

0,012

0,076

11,3

0,370

0,001

0,002

0,019

0,156

0,008

0,006

0,012

0,019

0,005

13,5 14,7 17,1 19,5 21,7 25,3 27,2

0,107 0,182 0,011 0,142 0,020 0,057 0,004

0,003 0,039 0,048 0,413 0,046 0,381 0,063

0,000 0,130 0,239 0,041 0,177 0,231 0,003

0,017 0,019 0,050 0,079 0,000 0,016 0,796

0,014 0,051 0,031 0,030 0,001 0,034 0,643

0,130 0,013 0,214 0,061 0,055 0,035 0,130

0,068 0,383 0,337 0,000 0,052 0,097 0,002

0,034 0,001 0,007 0,302 0,132 0,294 0,214

0,020 0,081 0,218 0,002 0,001 0,597 0,048

0,655 0,018 0,003 0,382 0,045 0,062 0,000

rungsanteile werden die Indikatoren OMT2, OMT3, OMT6, OMT10 und OMT14 eliminiert. Durch die Eliminierung der Indikatoren wird ein Konditionsindex von KI = 16,59 erreicht, der als zufriedenstellend betrachtet werden kann. Hiermit sind die Voraussetzungen einer zuverlässigen Schätzung der Modellparameter mittels PLS gegeben. Tabelle 6-15 zeigt die Indikatoren des angepassten Konstruktes ‚Implementierung des Markentransfers‘. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt der optimalen Umsetzung des Markentransfers durch die neuen Konstrukte ausreichend gut erfasst wird. In beiden Konstrukten werden alle Dimensionen der MarketingmixInstrumente und deren spezifische Ausrichtung auf den Markentransfer berücksichtigt. Die neuen Konstrukte nehmen innerhalb des Strukturmodells den Platz des alten Konstruktes ‚Operative Umsetzung des Markentransfers‘ ein (vgl. für eine Übersicht des Strukturmodells mit den Konstrukten ‚Management von Rückwirkungseffekten‘ und ‚Implementierung des Markentransfers‘ Kapitel 7.1.5).

188

6 Empirische Untersuchung

Tabelle 6-15: Messmodell des Konstruktes Implementierung des Markentransfers (neu, bereinigt) Implementierung des Markentransfers (neu) Kausalbeziehung Indikatoren: formativ OMT1

Das Transferprodukt wird eigenständig und nach den Regeln seines Marktes beworben.

OMT5

Wir wählen die Vertriebskanäle für unser Transferprodukt sorgfältig aus.

OMT7

Zur Erschließung neuer Vertriebskanäle haben wir Vertriebspartner, die die bestmögliche Distribution unseres Transferproduktes gewährleisten.

OMT10

Wir stellen sicher, dass der Preis unseres Transferproduktes attraktiv für den Zielmarkt ist.

OMT12

Wir stellen sicher, dass das Produkt- und/oder Verpackungsdesign aller unter der Stammmarke geführten Produkte stimmig ist bzw. dass das Erscheinungsbild aller unter der Stammmarke erbrachten Dienstleistungen konsistent ist.

Skala: „stimme nicht zu“ (1) bis „stimme zu“ (5)

6.3.2.2 Indikatorrelevanz Im Rahmen der Indikatorrelevanz wird durch die Berechnung der Indikatorgewichte sowie deren Signifikanzen der Beitrag eines jeden Indikators zu dem ihm zugeordneten Konstrukt überprüft. Wie in Kapitel 6.1.3.2 dargestellt, kann ein Ausschluss von formativen Indikatoren zu einer inhaltlichen Beschneidung des Konstruktes führen. Während eine Eliminierung von Indikatoren aus Gründen der Multikollinearität zur Erfüllung der Prämissen der linearen Regression notwendig ist, wird in der vorliegenden Arbeit keine Eliminierung aus Gründen der Relevanz vorgenommen. Vielmehr sollen die Indikatorgewichte dazu dienen, im direkten Vergleich zu bestimmen, welche Indikatoren am nachhaltigsten dazu beitragen, ein Konstrukt zu bilden. Jene sind in der folgenden Tabelle 6-16 gekennzeichnet. Eine inhaltliche Interpretation und Diskussion erfolgt in Kapitel 7.1.

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells

189

Tabelle 6-16: Indikatorrelevanz – Gewichte der formativen Konstrukte Gewichte der formativen Konstrukte Konstrukt Indikatoren

Gewicht ʌ

t-Wert

Markenstärke

MS1 MS2 MS3 MS4

0,546 0,022 0,174 0,566

2,942 0,096 0,771 3,368

Fit

FF1 FF2 FF3

0,350 0,771 -0,062

2,067 4,554 0,298

Produkt-Markt-Strategie

PMS1 PMS2 PMS3 PMS4

0,348 0,149 0,476 0,364

1,794 0,651 2,739 2,114

Implementierung des Markentransfers

OMT1 OMT5 OMT7 OMT10 OMT12

-0,131 0,216 0,208 0,523 0,462

0,785 1,490 1,705 2,950 2,778

Management von Rückwirkungseffekten

OMT4 OMT8 OMT11 OMT13

0,384 0,541 0,511 -0,018

2,325 3,092 2,281 0,074

6.3.2.3 Externe Validität Zur zusätzlichen externen Validierung einer formativen Operationalisierung können weitere reflektive Indikatoren zur Messung des gleichen Sachverhaltes erhoben werden. Aus forschungsökonomischen Gründen ist dies im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht für jedes formative Konstrukt durchführbar. Einer in der bisherigen Forschung zum Markentransfer als zentral identifizierten Faktoren ist der Fit zwischen Stammmarke und Transferprodukt. Dieser wurde bisher primär im Rahmen von Konsumentenbefragungen erhoben, nicht wie in der vorliegenden Untersuchung durch eine Unternehmensbefragung. Um der Bedeutung dieses zentralen Faktors gerecht zu werden und um ein auch für zukünftige Untersuchungen gut einsetzbares Messinstrument mit gesicherter Validität zu entwickeln, wird das Konstrukt ‚Fit‘ zusätzlich hinsichtlich seiner externen Validität überprüft. Der Fit wird dementsprechend auch reflektiv über vier Indikatoren gemessen.

190

6 Empirische Untersuchung

Tabelle 6-17: Externe Validität – Güte der reflektiven Messung des Konstruktes Fit Güte der reflektiven Messung des Konstruktes "Fit" Inhaltsvalidität => eindimensionale Faktorstruktur Indikatorreliabilität Indikatoren Ladung Ȝ t-Wert FR1 FR2 FR3 FR4 Konstruktreliabilität Cronbachsches Alpha

0,7807 0,8262 0,7559 0,8274 Interne Konsistenz

0,806

10,7855 14,9215 8,6126 20,5415 DEV

0,875

0,637

Da in der verwendeten Software SmartPLS MIMIC-Modelle nicht modelliert werden können, wird die externe Validität durch ein Zwei-Konstrukt-Modell überprüft. Hierzu wird eine Phantomvariable ‚Fit reflektiv‘ eingeführt. In einem separaten Modell wird sodann der Zusammenhang zwischen den Konstrukten ‚Fit‘ und ‚Fit reflektiv‘ gemessen. Zunächst gilt es festzustellen, ob es sich bei ‚Fit reflektiv‘ um eine reliable und valide Messung handelt. Hierzu werden die in Kapitel 6.1.3.1 vorgestellten Gütekriterien für reflektive Messmodelle angewendet. Wie in Tabelle 6-17 zu erkennen ist, werden alle Gütekriterien erreicht.133 Es kann dementsprechend von einer reliablen und validen reflektiven Messung des Konstruktes ‚Fit‘ durch die Indikatoren FR1 bis FR4 ausgegangen werden. Wie Abbildung 6-8 zeigt, ist der Zusammenhang zwischen den zwei Konstrukten stark (Ȗ = 0,6758) und hochgradig signifikant (t = 8,529). Die externe Validität des Konstruktes ‚Fit‘ kann somit als gesichert gelten. Es kann von einer validen Messung ausgegangen werden.

133

Diskriminanzvalidität kann nicht überprüft werden, da das Modell nur zwei Konstrukte enthält, die per definitionem inhaltlich den gleichen Sachverhalt messen.

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells

191

0,676**** Fit reflektiv

Fit

Signifikanter Wirkungszusammenhang auf Signifikanzniveau **** Į = 1%

Abbildung 6-8:

Externe Validität – Zwei-Konstrukt-Modell

6.3.3 Güte der endogenen Variablen Wie in Kapitel 5.3.3 ausführlich erläutert, wird der Erfolg des Markentransfers durch ein zweidimensionales, reflektives Konstrukt gemessen, dessen Dimensionen als Indizes auf Basis des Zielansatzes berechnet werden. Aufgrund dieser etwas komplexeren Messmethodik und der Sonderstellung innerhalb des Strukturmodells als endogene Variable wird die Güte der Messung des Erfolgskonstruktes an dieser Stelle separat betrachtet. Da es sich, wie eben erwähnt, um das endogene Konstrukt des Modells handelt, lassen sich nicht alle vorgestellten Gütekriterien anwenden.134 Wie aus Tabelle 6-18 ersichtlich, weisen sowohl die Indikatorladungen, als auch die Reliabilitätskennziffern äußerst zufriedenstellende Werte auf, sodass von Indikatorund Konstruktreliabilität ausgegangen werden kann. Gleiches gilt für die Diskriminanzvalidität, die im Rahmen des Fornell-Larcker-Kriteriums bestätigt wird.135 Durch die zusätzliche Erhebung der globalen Erfolgseinschätzung kann zudem die externe Validität des Erfolgskonstruktes ermittelt werden. Wie Tabelle 6-18 darstellt, existiert zwischen den Erfolgsgrößen eine hochgradig signifikante und starke Beziehung, was auf eine valide Messung des Erfolges hinweist. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass der Markentransfererfolg durch das hier vorgestellte Messinstrumentarium reliabel und valide gemessen wird.

134

135

Aufgrund der vermuteten kausalen Beziehungen zwischen den anderen Konstrukten des Strukturmodells und dem Markentransfererfolg ist eine Faktorenanalyse nicht sinnvoll. Hierzu werden die Korrelationen mit allen anderen latenten Variablen des Strukturmodells untersucht (vgl. auch die Korrelationstabelle der latenten Variablen im Anhang).

192

6 Empirische Untersuchung

Tabelle 6-18: Gütebeurteilung des Konstruktes Markentransfererfolg Indikatorladungen Indikatoren

Ladung Ȝ

Indikator

t-Wert

Direkte Effekte

DE

0,901

23,274

Rückwirkungseffekte

RE

0,919

29,066

Reliabilitätskennziffern Konstrukt

Cronbachsches Interne Alpha Konsistenz

Markentransfererfolg

0,792

DEV 0,906

0,828

Diskriminanzvalidität

Konstrukt

Quadrierte LV-Korrelationen Min Max

Markentransfererfolg

0,03

Fornell-L. Kriterium erfüllt 0,44

Ja

Externe Validität Wirkungsbeziehung Markentransfererfolg wirkt auf globalen Markentransfererfolg

Pfadkoeffizent 0,743

t-Wert 13,307

6.3.4 Gütebeurteilung des Strukturmodells Nachdem Reliabilität und Validität der reflektiven und formativen Messmodelle sowie des Erfolgskonstruktes nachgewiesen wurde, muss nun das Strukturmodell selbst einer Güteprüfung unterzogen werden. Zur Beurteilung der Modellgüte wird das Strukturmodell zunächst auf das Vorliegen von Multikollinearität überprüft (Kapitel 6.3.4.1). Sodann werden das Bestimmtheitsmaß R2 (Kapitel 6.3.4.2), die Prognoserelevanz Q2 (Kapitel 6.3.4.3) berechnet sowie Stärke, Richtung und Signifikanz der Pfadkoeffizienten ermittelt (Kapitel 6.3.4.4). 6.3.4.1 Multikollinearität Das Strukturmodell wird von PLS als multiples Regressionsmodell geschätzt. Analog zu den formativen Messmodellen sind dementsprechend auch auf Ebene des Strukturmodells Abhängigkeiten schädlich und können zu Verzerrungen der Ergebnisse führen. Aus diesem Grund werden die in PLS geschätzten Konstruktwerte der latenten Variablen, wie in Kapitel 6.1.3.3 beschrieben, zunächst einer Kollinearitätsdiagnose unterzogen.

6.3 Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells

193

Tabelle 6-19: Gütebeurteilung Strukturmodell – Kollinearitätsdiagnose der latenten Variablen Multikollinearitätsdiagnose Strukturmodell Korrelationen Min Latente Variablen

VIF

Max 0,121

Konditionsindex

Min 0,723

Max 1,120

4,657

7,95

Wie aus Tabelle 6-19 ersichtlich, weist die Korrelationsmatrix der latenten Variablen mit Werten unter 0,9 nicht auf Abhängigkeiten hin136. Auch die Werte des Variance Inflation Factors und des Konditionsindex liegen deutlich unter den kritischen Werten von VIF = 7 bzw. KI = 15. Das geschätzte Modell ist damit frei von Multikollinearität. Die von PLS geschätzten Konstruktwerte sind folglich unverzerrt und damit aussagekräftig. 6.3.4.2 Bestimmtheitsmaß Zur Beurteilung der Anpassung der ermittelten Modellparameter an die empirisch gewonnenen Daten eignet sich, wie in Kapitel 6.1.3.3 beschrieben, das aus der Regressionsanalyse bekannte Bestimmtheitsmaß R2. Mit einem Wert von R2 = 0,624 wird eine zufriedenstellende Erklärungsgüte erreicht. Der von HULLAND (1999, S. 202) bzw. CHIN (1998, S. 323) auf R2 = 0,64 bzw. R2 = 0,67 festgelegte Bereich substanzieller Erklärungsgüte wird fast erreicht. Der von AMOROSO UND CHENEY (1991, S. 81) definierte Schwellenwert für „strong explanatory power“ von R2 = 0,45 wird deutlich überschritten. Es kann dementsprechend davon ausgegangen werden, dass das Strukturmodell die empirisch gewonnenen Daten ausreichend gut erklärt. 6.3.4.3 Prognoserelevanz Wie in Kapitel 6.1.3.3 erläutert, wird im Rahmen der Prognoserelevanz ermittelt, inwiefern die empirisch erhobenen Daten mithilfe des Modells und der PLS-Parameter rekonstruiert werden können. Mit einem Wert für das Stone-GeisserTest-Kriterium, der mit Q2 = 0,50 deutlich über dem Schwellenwert Q2 = 0 liegt,

136

Im Anhang befindet sich die vollständige Korrelationstabelle der latenten Variablen.

194

6 Empirische Untersuchung

kann davon ausgegangen werden, dass eine ausreichend hohe Prognoserelevanz des Strukturmodells gegeben ist. 6.3.4.4 Stärke, Signifikanz und Richtung der Pfadkoeffizienten In einem letzten Schritt der Gütebeurteilung des Strukturmodells werden die hypothetischen Beziehungen zwischen den Modellelementen untersucht. Hierzu werden die mittels PLS geschätzten Pfadkoeffizienten hinsichtlich Höhe, Richtung und Signifikanz analysiert. Diese Betrachtung dient der Beurteilung der nomologischen Validität. Zugleich bilden Höhe, Richtung und Signifikanz der Pfadkoeffizienten auch die Basis der Hypothesenprüfung, welche in den nachfolgenden Kapiteln (6.4 und 7.1) ausführlich diskutiert werden soll. An dieser Stelle lässt sich festhalten, dass 13 der 19 untersuchten Pfade des Strukturmodells signifikante Koeffizienten und das zuvor postulierte Vorzeichen aufweisen. Die überwiegende Mehrheit der Zusammenhänge innerhalb des Strukturmodells können also durch die empirischen Daten bestätigt werden.137 Hiermit ist die formale Gütebeurteilung des Untersuchungsmodells abgeschlossen. Strukturmodell und Messmodelle können als reliabel und valide angesehen werden. Die mittels PLS geschätzten Ergebnisse für die Beziehungen zwischen den Konstrukten, die im folgenden Kapitel vorgestellt werden, sind somit aussagekräftig.

6.4 Hypothesenprüfung Das Untersuchungsmodell der vorliegenden Arbeit besteht aus kausalen Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen latenten Variablen. Diese Wirkungsbeziehungen wurden in Form von Hypothesen formuliert, deren Gegenhypothese die sog. Nullhypothese ist. Die Nullhypothese der klassischen Testtheorie postuliert, dass kein Wirkungszusammenhang besteht (vgl. Cashen/Geiger 2004, S. 154). Auf Basis der erhobenen Daten wird nun mittels inferenzstatistisch geschätzter Zusammenhänge versucht, die Nullhypothese zu widerlegen. Mit dem Widerlegen der Nullhypothese wird gleichzeitig die Alternativhypothese empirisch unterstützt, welche besagt, dass der vermutete Zusammenhang existiert (vgl. Cashen/Geiger 2004, S. 154). Die Nullhypothese kann dann widerlegt werden, wenn 137

Für eine ausführliche Darstellung der Vorgehensweise von Hypothesentests und der Diskussion des adäquaten Signifikanzniveaus vgl. Kapitel 6.4.

6.4 Hypothesenprüfung

195

die Pfade zwischen den interessierenden Konstrukten im Strukturmodell Koeffizienten aufweisen, deren Vorzeichen der postulierten Wirkungsrichtung entsprechen und ausreichend hohe Signifikanz haben. Das Signifikanzniveau gibt Auskunft darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Nullhypothese fälschlicherweise abgelehnt wird, also eine de facto nicht existierende Beziehung zwischen latenten Variablen bestätigt wird (vgl. Baroudi/Orlikowski 1989, S. 88). Wie in Kapitel 6.1.3.3 beschrieben, wird aufgrund der Neuartigkeit der Forschungsfrage eine sog. Poweranalyse zur Bestimmung des adäquaten Signifikanzniveaus durchgeführt. Durch Berücksichtigung der tatsächlich realisierten Stichprobengröße, der vermuteten Stärke der Beziehungen und der spezifischen Wichtigkeit von Į- versus ȕ-Fehler wird sichergestellt, dass nicht ein willkürlicher Į-Wert unreflektiert übernommen wird. Unter der Prämisse, dass in einem wenig untersuchten Forschungsbereich ein Beta-Fehler mindestens so wenig wünschenswert wie ein Alpha-Fehler ist (vgl. Cohen 1992, S. 156), wird das Verhältnis von q = ȕ / Į auf 1 festgelegt (vgl. hierzu auch Cashen/Geiger 2004, S. 163). Bei einem Stichprobenumfang von n = 54 und der Vermutung, dass eine mittelgroße Effektstärke von f = 0,3 vorliegt, ergibt sich ein kritischer Wert von t = 1,1076.138 Dieser Wert entspricht bei einseitigem Test einem Signifikanzniveau von Į = 14 % und bildet den für die vorliegende Untersuchung zur Anwendung kommenden Schwellenwert. Die Stärke des Einflusses antezedanter Variablen auf deren Nachfolger lassen sich im Vergleich zu den übrigen Wirkungszusammenhängen im Modell beurteilen. Dies ist möglich, da die PLS-Pfadkoeffizienten wie die Koeffizienten einer gewöhnlichen multiplen Regression angesehen werden können (vgl. Henseler 2005, S. 74). Bei standardisierten Indikatoren sind die marginalen Einflüsse der unabhängigen auf die abhängigen Variablen, die im Koeffizienten ausgedrückt werden, untereinander vergleichbar (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 61 f.) Um den Vergleich der Wirkungszusammenhänge zu vereinfachen, werden die Effekte in (relativ) gering, (relativ) moderat und (relativ) hoch eingeteilt. Allgemeingültige Schwellenwerte können dabei nicht herangezogen werden, da diese aufgrund der relativen Betrachtung vom jeweiligen Modell abhängen. In der vorliegenden Un138

Zur Berechnung wurde auf die Statistiksoftware GPower zurückgegriffen. Für weitere Informationen zur Software vgl. ERDFELDER ET AL. (1996) bzw. siehe http://www. psycho.uni-duesseldorf.de/aap/projects/ gpower/ (Abruf am 10.07.2006).

196

6 Empirische Untersuchung

tersuchung wurde eine einfache Unterteilung vorgenommen, indem die Pfadbeträge in eine Reihenfolge gebracht wurden und jene des oberen Drittels als hoch, jene des mittleren Drittels als moderat und jene des unteren Drittels als gering bezeichnet wurden. Die Schwellenwerte stellen sich demnach wie folgt dar: –

Stark: Ȗ > 0,3



Moderat: 0,2 < Ȗ < 0,3



Gering: Ȗ < 0,2

In der Tabelle 6-20 werden die in Kapitel 5.1 formulierten Hypothesen anhand der von SmartPLS berechneten Werte für Signifikanz und Wirkungsrichtung der Beziehung überprüft. Als Ergebnis des Hypothesentests lässt sich festhalten, dass 15 der 19 untersuchten Wirkungsbeziehungen signifikante Pfadkoeffizienten aufweisen. Zwei dieser Beziehungen entsprechen jedoch nicht dem postulierten Vorzeichen, sodass entsprechend 13 der 19 Hypothesen bestätigt werden können, wobei gilt: –

Durch den empirischen Befund werden sieben hochgradig signifikante (Į = 1 %) und starke (Ȗ > 0,3) Wirkungsbeziehungen des Strukturmodells belegt: H2, H3, H6a, H6b, H7, H10b, H12a.



Vier Wirkungsbeziehungen werden auf einem zufriedenstellenden Signifikanzniveau von Į = 5 % bzw. 10 % als moderat (0,2 < Ȗ < 0,3) bestätigt: H4, H5, H8a, H13.



Zwei Beziehung können mit schwacher Wirkung (Ȗ < 0,2) auf zufriedenstellendem (Į = 10 %) bzw. niedrigen Signifikanzniveau (Į = 14 %) belegt werden: H10a, H11a.

Eine ausführliche Diskussion und Interpretation der Ergebnisse der Hypothesenprüfung erfolgt in Kapitel 7.1.

6.4 Hypothesenprüfung

197

Tabelle 6-20: Ergebnisse der Hypothesenprüfung Hypothese

Empirischer Befund Bestätigt (+/-) Pfadkoeffiz.

t-Wert

(Ja/ Nein)

–0,225

1,906

Nein

+

0,434

3,401

Ja****

Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement wirken auf Fit

+

0,401

2,398

Ja****

H4

Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement wirken auf ProduktMarkt-Strategie

+

0,284

1,632

Ja**

H5

Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement wirken auf Fit

+

0,253

1,500

Ja**

H6a

Produkt-Markt-Strategie wirkt auf Implementierung des Markentransfers

+

0,407

3,021

Ja****

H6b

Produkt-Markt-Strategie wirkt auf Management von Rückwirkungseffekten

+

0,533

3,468

Ja****

H7

Fit wirkt auf Markentransfererfolg

+

0,301

2,163

Ja***

H8a

Fähigkeiten im Bereich Kommunikation wirken auf Implementierung des Markentransfers

+

0,249

1,430

Ja**

H8b

Fähigkeiten im Bereich Kommunikation wirken auf Management von Rückwirkungseffekten

+

0,088

0,580

Nein

H9a

Fähigkeiten im Bereich Distribution wirken auf Implementierung des Markentransfers

+

0,023

0,195

Nein

H9b

Fähigkeiten im Bereich Distribution wirken auf Management von Rückwirkungseffekten

+

–0,264

1,658

Nein

H10a

Fähigkeiten im Bereich Preispolitik wirken auf Implementierung des Markentransfers

+

0,199

1,575

Ja**

H10b

Fähigkeiten im Bereich Preispolitik wirken auf Management von Rückwirkungseffekten

+

0,397

2,743

Ja****

Nr.

Aussage

H1

Entrepreneurship wirkt auf Markentransfererfolg

+

H2

Markenorientierung wirkt auf ProduktMarkt-Strategie

H3

198

6 Empirische Untersuchung

Hypothese

Empirischer Befund Bestätigt (+/-) Pfadkoeffiz.

t-Wert

(Ja/ Nein)

0,179

1,191

Ja*

+

0,061

0,394

Nein

Implementierung des Markentransfers wirkt auf Markentransfererfolg

+

0,302

2,586

Ja****

H12b

Management von Rückwirkungseffekten wirkt auf Markentransfererfolg

+

0,094

0,823

Nein

H13

Markenstärke wirkt auf Markentransfererfolg

+

0,239

2,162

Ja***

Nr.

Aussage

H11a

Fähigkeiten im Bereich Produktpolitik wirken auf Implementierung des Markentransfers

+

H11b

Fähigkeiten im Bereich Produktpolitik wirken auf Management von Rückwirkungseffekten

H12a

Bestätigt mit *Į=14%; ** Į=10%; *** Į=5%; **** Į=1%

6.5 Deskriptive Analysen zu Erfolgswirkungen des Markentransfers Wie in Kapitel 3.1 beschrieben, haben Markentransfers bewusst intendierte wie auch teils von Unternehmen nicht antizipierte positive und negative Effekte sowohl hinsichtlich des Markterfolgs des Transferproduktes als auch hinsichtlich der Stammmarke. Direkte Effekte des Markentransfers beziehen sich auf den im Vergleich zur Neumarkenstrategie potenziell wahrscheinlicheren und größeren Markterfolg des Transferproduktes und mit ihm die Gewinnung neuer Zielgruppen sowie die Erzielung von zusätzlichem Gewinn (ggf. auch durch Synergieeffekte). Rückwirkungseffekte hingegen umfassen alle Einflüsse des Markentransfers auf die Stammmarke sowohl hinsichtlich Markenbekanntheit, -image und -einstellung der Stammmarke als auch hinsichtlich des Absatzes auf den Stammmärkten. Markentransferereffekte werden in der vorliegenden Untersuchung im Rahmen der Messung des Markentransfererfolges als abhängige latente Variable des Strukturmodells berücksichtigt. Durch Verwendung des Zielansatzes (vgl. Kapitel 5.3.3) wird der Vielfalt der möglichen Ziele des Markentransfers und der tatsächlich zu beobachtenden Effekte Rechnung getragen. Im Folgenden sollen die von den befragten Unternehmen verfolgten Ziele und erfah-

6.5 Deskriptive Analysen zu Erfolgswirkungen des Markentransfers

199

renen Effekte des Markentransfers im Rahmen einer deskriptiven Betrachtung dargestellt werden. Alle potenziellen Markentransfereffekte wurden durch die befragten Unternehmen hinsichtlich der individuellen Bedeutung und der tatsächlich beobachtbaren Ausprägung mit den in Tabelle 6-21 zu entnehmenden Ergebnissen bewertet. Die Diskussion und Interpretation dieser Ergebnisse erfolgt in Kapitel 7-1. Tabelle 6-21: Markentransfereffekte – Bedeutung und Ausprägung

Direkte Effekte

Bedeutung (Mittelwert)*

Ausprägung (Mittelwert)*

Gewinnsteigerung/Deckungs-beitragswachstum

4,15

3,50

Umsatzwachstum durch Erschließung neuer Märkte

4,06

3,76

Neue Zielgruppen für die Marke

3,83

3,31

Erzielung von Synergieeffekten

3,41

3,37

Verbesserung Markenbekanntheit

3,37

3,30

Veränderung der Einstellung gegenüber der Marke

3,37

3,31

Veränderung Markenimage

3,11

3,35

Absatzveränderung auf den Kernmärkten

2,96

3,15

Veränderung der wahrgenommenen Qualität

2,91

3,31

Rückwirkungseffekte

Globale Erfolgseinschätzung

Zufriedenheit (Mittelwert)*

Zufriedenheit mit den Ergebnissen des Markentransfers

3,74

* Arithmetisches Mittel aller Erhebungseinheiten (n = 54)

7 Diskussion 7.1 Interpretation der empirischen Ergebnisse 7.1.1 Bedeutung der Unternehmenskultur für den Markentransfererfolg Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde die Wirkung zweier spezifischer Dimensionen der Unternehmenskultur auf den Markentransfererfolg betrachtet. Während für die Bedeutung einer stark ausgeprägten unternehmerischen Grundhaltung (‚Entrepreneurship‘) kein empirischer Beleg gefunden wurde (H1 mit Ȗ = -0,225, Į = 5 % nicht bestätigt), konnte die Wirkung der ‚Markenorientierung‘ im Unternehmen hochgradig signifikant bestätigt werden (H2 mit Ȗ = 0,434, Į = 1 % bestätigt). Abbildung 7-1 zeigt die Wirkungsbeziehungen der beiden kulturellen Einflussfaktoren als Ausschnitt des gesamten Strukturmodells. Der fehlende Beleg für den positiven Einfluss des Konstruktes ‚Entrepreneurship‘ auf den Markentransfererfolg sollte nicht fehlinterpretiert werden. Unter Umständen stellen Risikobereitschaft, Dynamik und unternehmerisches Denken Grundvoraussetzungen für den Markentransfer dar. Dies würde bedeuten, dass nur solche Unternehmen überhaupt die Strategie des Markentransfers in Erwägung ziehen, die zu einem gewissen Grade risikofreudig, dynamisch und unternehmerisch denkend sind. Das Vorhandensein einer unternehmerischen Gesinnung ist dann Voraussetzung des Markentransfers, aber nicht Einflussfaktor für den Erfolg desselben. Konkret würde dies besagen, dass zwar ‚Entrepreneurship‘ notwendig ist, um überhaupt mit der Marke neue Märkte zu besetzen, ein ‚mehr‘ an ‚Entrepreneurship‘ aber nicht zu einem größeren Erfolg führt. Diese Sichtweise ist konsistent mit der Formulierung von BLICHFELDT (2005, S. 182), die auf Basis einer qualitativen Studie zu dem Schluss kommt, dass Markentransfers eine gewisse Risikofreudigkeit des Unternehmens voraussetzen. Die Markenorientierung als zweite untersuchte Dimension des Markentransfers beeinflusst, wie in Hypothese H2 formuliert, die optimale Ausrichtung der Produkt-Markt-Strategie auf die Spezifika des Markentransfers positiv. Der hochgradig signifikante und äußerst starke Wirkungszusammenhang bestätigt,

202

7 Diskussion

Kultur

Ressourcen

Verhalten

Erfolg

–0,225

Entrepreneurship

Markenorientierung Strategisches Marketing

+0,434**** Marketingmanagement

Fit

Marktinformationsmanagement

Produkt-MarktStrategie

Operatives Marketing

Kommunikation

Distribution

0,407****

0,533**** MarkenImplementierung transferMarkentransfer erfolg 0,302**** 0,094

Preispolitik

Produktpolitik

Management Rückwirkungseffekte

Signifikanter Wirkungszusammenhang auf Signifikanzniveau * Į = 14%; ** Į = 10%; *** Į = 5%; **** Į = 1%

Abbildung 7-1:

Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Unternehmenskultur

dass jene Unternehmen die besten Voraussetzungen für erfolgreiche Markentransfers mitbringen, die die Marke als strategische Ressource verstehen. Desto stärker diese Grundhaltung im Unternehmen verankert ist, desto erfolgreicher sollte der Markentransfer sein. Denn dann versteht das Unternehmen die Marke und ihre Wirkung auf den Konsumenten und kann so im Rahmen der ProduktMarkt-Strategie den Markentransfer einerseits optimal auf die Marke abstimmen, andererseits die Stärken der Marke maximal kapitalisieren. Dann hat das Unternehmen die markenbezogenen Kenntnisse und organisationalen Voraussetzungen, um dem Markentransfer optimal auszugestalten.

7.1 Interpretation der empirischen Ergebnisse

203

7.1.2 Bedeutung des strategischen Marketings für den Markentransfererfolg Alle Hypothesen zu den Wirkungsbeziehungen im Bereich der Marketingstrategie können auf Basis der empirischen Befunde eindeutig bestätigt werden. Auf Ebene der Ressourcen lässt sich der Einfluss der Marketingmanagementfähigkeiten auf die in der vorliegenden Untersuchung betrachteten strategischen Handlungsdimensionen des Markentransfers eindeutig belegen. So sind Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement höchst relevant für die Herstellung eines guten Fits zwischen Transferprodukt und Stammmarke (H3 mit Ȗ =0,401, Į = 1 % bestätigt) und für die adäquate Ausrichtung der Produkt-Markt-Strategie an der spezifischen Situation des Markentransfers (H4 mit Ȗ =0,284, Į = 10 % bestätigt). Fähigkeiten im Bereich des Marktinformationsmanagements beeinflussen, entsprechend der formulierten Hypothese, die Ausbildung eines guten Fits positiv (H5 mit Ȗ =0,253, Į = 10 % bestätigt). Auch auf Ebene der strategischen Handlungen des Unternehmens in Bezug auf den Markentransfer lassen sich die vermuteten Wirkungsbeziehungen eindeutig belegen. Konsistent mit vorigen konsumentenseitigen Untersuchungen (vgl. z. B. Völckner 2003, S. 231; Bhat/ Reddy 2001, S. 118 f.; Klink/Smith 2001, S. 331; Broniarczyk/Alba 1994, S. 226 f.; Park et al. 1991, S. 190 f.) wird durch die empirischen Daten die Bedeutung des Fits für den Markentransfererfolg bestätigt (H7 mit Ȗ =0,301, Į = 5 % bestätigt). Die optimale Ausrichtung der Produkt-Markt-Strategie an den Erfordernissen des Markentransfers sollte sich gemäß der Hypothesenformulierung positiv auf die Umsetzung des Markentransfers auswirken. Im Rahmen der Gütebeurteilung der Konstrukte ließ sich erkennen, dass die Messung und Beurteilung der operativen Umsetzung des Markentransfers nicht anhand nur einer Variablen möglich ist (vgl. Kapitel 6.3.2). Vielmehr lassen sich zwei Aktivitätenblöcke ausmachen, die im Rahmen der Umsetzung Relevanz haben und insofern getrennt voneinander betrachtet werden müssen: Die ‚Implementierung des Markentransfers‘, die alle Aktivitäten zur aktiven Vermarktung des Transferproduktes beinhaltet, und das ‚Management möglicher Rückwirkungseffekte‘, welches alle Steuerungsund Regulierungsaktivitäten in Bezug auf die Effekte des Markentransfers hinsichtlich der Stammmarke umfasst. Eine optimal auf die Spezifika des Markentransfers ausgerichtete Produkt-Markt-Strategie wirkt sich auf beide Aspekte der operativen Umsetzung aus: sowohl auf eine gelungene Implementierung (H6a mit

204

7 Diskussion

Strategisches Marketing

Ressourcen Marketingmanagement Marktinformationsmanagement

Verhalten +0,401****

Fit

+0,284** +0,253**

Produkt-MarktStrategie 0,407****

Operatives Marketing

Kommunikation

Distribution

Erfolg

0,301***

0,533****

Implementierung Markentransfer 0,302****

Markentransfererfolg

0,094 Preispolitik

Produktpolitik

Management Rückwirkungseffekte

Signifikanter Wirkungszusammenhang auf Signifikanzniveau * Į = 14%; ** Į = 10%; *** Į = 5%; **** Į = 1%

Abbildung 7-2:

Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Strategisches Marketing

Ȗ =0,407, Į = 1 % bestätigt) als auch auf das Management der Rückwirkungseffekte (H6b mit Ȗ =0,533, Į = 1 % bestätigt). Alle untersuchten Wirkungen von strategischen Fähigkeiten und Handlungen sind in Abbildung 7-2 als Ausschnitt des Gesamtmodells dokumentiert. Die empirischen Ergebnisse verdeutlichen, dass sowohl allgemeine strategische Marketingfähigkeiten als auch die speziell in Bezug auf den Markentransfer durchgeführten strategischen Handlungen direkt und indirekt hochgradig relevant sind für den Erfolg des Markentransfers. Strategische Marketingfähigkeiten entfalten ihre Wirkung indirekt über das konkrete Verhalten des Unternehmens in der spezifischen Markentransfersituation. Nur ein auf die Spezifika des Markentransfers ausgerichtetes strategisches Verhalten des Unternehmens trägt zum Markentransfererfolg bei. Um ein besseres inhaltliches Verständnis hinsichtlich der Wichtigkeit einzelner Elemente dieses strategischen Verhaltens zu erhalten, wurde auf Ebene der Unternehmensaktivitäten eine formative Operationalisie-

7.1 Interpretation der empirischen Ergebnisse

Tabelle 7-1:

205

Konstituierende Merkmale des Fits

Konstituierende Merkmale „Fit“ Formative Indikatoren des Konstruktes

Gewicht ʌ

t-Wert

FF1

Die Produkt-/Leistungskategorie des Transferproduktes passt zu dem Bild, das unsere Kunden von der Stammmarke haben.

0,350

2,067

FF2

Die Positionierung des Transferproduktes passt zu dem Bild, das unsere Kunden von der Stammmarke haben.

0,771

4,554

FF3

Die spezifischen Produktmerkmale des Transferproduktes passen zu dem Bild, das unsere Kunden von der Stammmarke haben.

-0,062

0,298

rung der Konstrukte ‚Fit‘ und ‚Produkt-Markt-Strategie‘ gewählt.139 So lassen sich nun Aussagen zu den konstituierenden Elementen einer Erfolg versprechenden Markentransferstrategie ableiten. Zur Herausbildung eines guten Fits zwischen Transferprodukt und Stammmarke nehmen gemäß der vorliegenden empirischen Ergebnisse (vgl. Tabelle 7-1) zwei Elemente eine besondere Stellung ein. Wichtigster Faktor ist die Positionierung des Transferproduktes innerhalb der Transferkategorie (ʌ = 0,771, t = 4,554). Die Art und Weise der Positionierung, welche sich zum Beispiel in der spezifischen Ausprägung des Nutzenversprechens und in der Wahl einer Premium- vs. einer Nischenposition niederschlägt, ist für den Fit zur Stammmarke von wesentlicher Bedeutung. Auch wichtig – wenn auch nicht so einflussreich wie die Positionierung – sind die Charakteristika der Transferkategorie (ʌ = 0,350, t = 2,067). Passen diese zu den Assoziationen, die der Kunde mit der Stammmarke verbindet, ist eine wesentliche Komponente des Fits gegeben. Auch hinsichtlich einer optimal auf die Markentransfersituation abgestimmten Produkt-Markt-Strategie lassen sich Merkmale erkennen, die gemäß der vorliegenden empirischen Ergebnisse (vgl. hierzu Tabelle 7-2) besondere Bedeutung

139

Vgl. hierzu Kapitel 5.3.1.2; durch die reflektive Operationalisierung auf Ebene der Marketingfähigkeiten können und sollen hier nur Aussagen hinsichtlich der Stärke der Ausprägung sowie der hierdurch bedingten Effekte gemacht werden.

206

Tabelle 7-2:

7 Diskussion

Konstituierende Merkmale der Produkt-Markt-Strategie

Konstituierende Merkmale „Produkt-Markt-Strategie“ Gewicht ʌ

t-Wert

PMS1

Unser Transferprodukt überzeugt durch sein Produktkonzept und sein Nutzenversprechen. Es lebt nicht nur von dem Image und der Bekanntheit der Stammmarke.

0,348

1,794

PMS2

Wir haben eine eigenständige Marktstrategie für unser Transferprodukt, die die Wettbewerbssituation und die Kundenpräferenzen auf dem Transfermarkt berücksichtigt.

0,149

0,651

PMS3

Der Markentransfer ist eingebettet in eine übergreifende Markenentwicklungsstrategie, die sich 0,476 aus unserer Vision für unsere Marke ergibt.

2,739

PMS4

Bei der Wahl des Einführungszeitpunkts und der Gestaltung des Transferproduktes wurden vor0,364 angegangene Produktneueinführungen unter der Stammmarke berücksichtigt.

2,114

Formative Indikatoren des Konstruktes

in Bezug auf den Markentransfererfolg entfalten. Wie vermutet, haben beide theoretisch hergeleiteten Aspekte, einerseits die Anpassung an die Marke und die unter ihr vermarkteten Produkte, andererseits die Eigenständigkeit des neuen Produktes, ihre Bedeutung, wenn es um die optimale Ausgestaltung der ProduktMarkt-Strategie geht. Im Spannungsfeld zwischen Anpassung und Eigenständigkeit scheint allerdings die Anpassung der bedeutendere Aspekt zu sein. Die Einbettung des Markentransfers in die übergreifende Markenentwicklung, die sich aus der Vision für die Marke ergibt, stellt das bedeutendste Element einer erfolgreichen Produkt-Markt-Strategie des Markentransfers dar (ʌ = 0,476, t = 2,739). Eng hiermit verknüpft und ebenso bedeutend ist die Anpassung des Transferproduktes an vorangegangene Produktneueinführungen unter der Stammmarke hinsichtlich Einführungszeitpunkt und Art der Ausgestaltung (ʌ = 0,364, t = 2,114). Der Aspekt der Eigenständigkeit kann sich einerseits auf die Tatsache beziehen, dass das Transferprodukt nicht nur vom Image der Stammmarke lebt, sondern ein eigenständiges Nutzenversprechen für den Kunden aufweist. Andererseits kann sich Eigenständigkeit auch auf eine eigenständige Marktbearbeitungsstrategie beziehen. Während zweiterer kein bedeutender Aspekt zu sein

7.1 Interpretation der empirischen Ergebnisse

207

scheint, ist das eigenständige Nutzenversprechen ein wichtiges Element einer erfolgreichen Produkt-Markt-Strategie des Markentransfers (ʌ = 0,348, t = 1,794). 7.1.3 Bedeutung des operativen Marketings für den Markentransfererfolg Im Bereich des operativen Marketings konnten nicht alle postulierten Wirkungsbeziehungen durch die erhobenen empirischen Daten bestätigt werden. Sowohl im Bereich der Ressourcen als auch im Bereich der konkreten Umsetzungsaktivitäten sind gemischte Resultate zu verzeichnen. Alle untersuchten Wirkungen auf Ebene des operativen Marketings sind in Abbildung 7-3 als Ausschnitt des Gesamtmodells zu sehen. Zunächst soll im Bereich der Unternehmensaktivitäten die Umsetzung des Markentransfers und dessen Erfolgswirkung näher betrachtet werden, um dann auf den Einfluss der operativen Marketingfähigkeiten einzugehen. Wie im vorigen Kapitel kurz angemerkt, wurde auf Basis der empirischen Daten deutlich (vgl. hierzu Kapitel 6.3.2), dass die Umsetzung des Markentransfers zwei eigenständige Aspekte umfasst: Die Implementierung des Markentransfers, welche sich auf die Aktivitäten zur aktiven Vermarktung des Transferproduktes bezieht, und das Management möglicher Rückwirkungseffekte, welches alle

Ressourcen

Operatives Marketing

Kommunikation

Distribution

Verhalten

0,249** 0,088 0,023 0,199** –0,264

Erfolg

MarkenImplementierung transferMarkentransfer erfolg 0,302*** 0,094

Preispolitik 0,179* 0,397*** Produktpolitik

Management Rückwirkungseffekte

0,061

Signifikanter Wirkungszusammenhang auf Signifikanzniveau * Į = 14%; ** Į = 10%; *** Į = 5%; **** Į = 1%

Abbildung 7-3:

Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Operatives Marketing

208

Tabelle 7-3:

7 Diskussion

Konstituierende Elemente Implementierung des Markentransfers

Konstituierende Merkmale „Implementierung des Markentransfers“ Formative Indikatoren des Konstruktes

Gewicht ʌ

t-Wert

OMT1

Das Transferprodukt wird eigenständig und nach den Regeln seines Marktes beworben.

–0,131

0,785

OMT5

Wir wählen die Vertriebskanäle für unser Transferprodukt sorgfältig aus.

0,216

1,490

OMT7

Zur Erschließung neuer Vertriebskanäle haben wir Vertriebspartner, die die bestmögliche Distribution unseres Transferproduktes gewährleisten.

0,208

1,705

OMT10

Wir stellen sicher, dass der Preis unseres Transferproduktes attraktiv für den Zielmarkt ist.

0,523

2,950

OMT12

Wir stellen sicher, dass das Produkt- und/oder Verpackungsdesign aller unter der Stammmarke geführten Produkte stimmig ist bzw. dass das 0,462 Erscheinungsbild aller unter der Stammmarke erbrachten Dienstleistungen konsistent ist.

2,778

Steuerungs- und Regulierungsaktivitäten in Bezug auf die Effekte hinsichtlich der Stammmarke berücksichtigt. Abweichend von der ursprünglichen Intention, die Umsetzung des Markentransfers als einen geschlossenen Aktivitätenblock und somit als ein Konstrukt zu untersuchen, werden die zwei oben beschriebenen Aktivitätenblöcke getrennt betrachtet. Wie vermutet, hat die optimale Implementierung des Markentransfers, also die bestmögliche Ausrichtung der Vermarktungsaktivitäten an den Erfordernissen des Markentransfers, einen stark positiven Einfluss auf den Markentransfererfolg (H12a mit Ȗ =0,302, Į = 1 % bestätigt). Ähnlich wie im Bereich der strategischen Verhaltensweisen interessiert hier natürlich auch, wie eine solche bestmöglich angepasste Implementierung ausgestaltet werden muss, was also die konstituierenden Elemente einer optimalen Implementierung sind. Wie aus Tabelle 7-3 deutlich wird, ist neben einem auf dem Zielmarkt attraktiven Preis (ʌ = 0,523, t = 2,950) die Stimmigkeit des Erscheinungsbildes, also des Produkt- und/ oder Verpackungsdesigns, mit anderen Produkten der Stammmarke (ʌ = 0,462, t = 2,778) ein wichtiger Stellhebel für eine erfolgreiche Vermarktung. Neben diesen preis- und produktpolitischen Erwägungen haben vertriebspolitische Ent-

7.1 Interpretation der empirischen Ergebnisse

209

scheidungen Bedeutung. Die sorgfältige Auswahl von Vertriebskanälen – im Gegensatz zur unbedachten Verwendung der etablierten Vertriebswege – (ʌ = 0,216, t = 1,490) und die Erschließung neuer Kanäle mit geeigneten Vertriebspartnern (ʌ = 0,208, t = 1,705) stellen wichtige Elemente der optimalen Vermarktung des Transferproduktes dar. Die vermutete positive Wirkung des Managements von Rückwirkungseffekten auf den Markentransfererfolg kann auf Basis der vorliegenden empirischen Daten nicht bestätigt werden (H12b mit Ȗ = 0,094, Į > 14 % nicht bestätigt). Auf Basis dieses Ergebnisses sollte jedoch nicht voreilig auf die mangelnde Bedeutung entsprechender Aktivitäten geschlossen werden. Wie auch im Rahmen der qualitativen Voruntersuchung deutlich wurde (vgl. hierzu Kapitel 1.1), werden mögliche Rückwirkungseffekte auf die Stammmarke von Unternehmen gegenüber den direkten Effekten leicht unterschätzt. Dies kann einerseits dazu führen, dass das Potenzial des Markentransfers, welches sich auch auf die Nutzung eben solcher Effekte erstreckt, nicht vollständig genutzt wird bzw. dass die mit dem Markentransfer einhergehenden Risiken im Unternehmen nicht adäquat betrachtet und behandelt werden. Der fehlende Einfluss des Managements von Rückwirkungseffekten auf den Markentransfererfolg kann, unter Einbeziehung der oben beschriebenen Kenntnisse, unter Umständen eher auf eine verzerrte Wahrnehmung in Unternehmen zurückgeführt werden denn auf die tatsächliche Unwichtigkeit dieser Aktivitäten. Gemäß der formulierten Hypothesen sollte die optimale Umsetzung der oben beschriebenen operativen Unternehmensaktivitäten abhängig sein von den in den Unternehmen vorhandenen operativen Marketingfähigkeiten. Auf Basis der empirischen Daten lässt sich eine unterschiedlich große Bedeutung der einzelnen Kompetenzbereiche ausmachen. So wirken sich Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation (H8a mit Ȗ = 0,249, Į = 10 % bestätigt) und Produktpolitik (H11a mit Ȗ = 0,179, Į = 14 % bestätigt) positiv auf die Implementierung des Markentransfers aus. Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik wirken sich sowohl positiv auf die Implementierung des Markentransfers aus (H10a mit Ȗ = 0,199, Į = 10 % bestätigt) also auch auf das Management von Rückwirkungseffekten (H10b mit Ȗ = 0,397, Į = 1% bestätigt). Die Hypothesen zu den Wirkungen operativer Fähigkeiten im Bereich Distribution konnten auf Basis der vorliegenden empirischen Daten nicht bestätigt werden. Eine Erklärung für diese feh-

210

7 Diskussion

lende Bestätigung und die zum Teil nur schwachen Wirkungen könnte in den unterschiedlichen Geschäftsmodellen zur Realisierung des Markentransfers zu finden sein. Wie in Kapitel 6.2.2.1 erläutert, realisieren 55 Prozent der befragten Unternehmen den Markentransfer allein, das heißt im eigenen Unternehmen oder durch Gründung einer Tochtergesellschaft. 41 Prozent der befragten Unternehmen realisieren den Markentransfer hingegen mit einem Partner; die überwiegende Mehrheit hiervon durch Lizenzierung (37 Prozent). Wird der Markentransfer im Wege einer Lizenzvereinbarung durchgeführt, so übernimmt der Lizenznehmer klassischerweise vielfältige operative Aufgaben der Vermarktung. In Abhängigkeit der individuellen Vereinbarung werden unterschiedliche absatzpolitische Aktivitäten durch den Lizenznehmer vorgenommen. Dem Lizenzgeber obliegt in solchen Fällen eine stärker koordinative und kontrollierende Funktion, für die die genannten operativen Marketingfähigkeiten weniger Relevanz haben. Dies würde bedeuten, dass bei fast der Hälfte der befragten Unternehmen die Fähigkeiten in den Instrumentalbereichen des operativen Marketings nicht zum Einsatz kommen. Um hier weiterführende Aussagen ableiten zu können, müsste eine getrennte Untersuchung nach Geschäftsmodellen erfolgen, was bei der vorliegenden Fallzahl in Kombination mit dem entwickelten Untersuchungsmodell nicht möglich ist. Hypothese für eine solche weiterführende Untersuchung wäre, dass solche Unternehmen, die den Markentransfer ohne Partner durchführen, ausgezeichnete operative Marketingfähigkeiten benötigen, während solche, die den Weg der Lizenzierung wählen, auch ohne jene Fähigkeiten erfolgreich sein können. 7.1.4 Bedeutung der Markenstärke für den Markentransfererfolg Wie an unterschiedlicher Stelle und mehrfach erwähnt (vgl. insbesondere Kapitel 3.2.4 und 5.1.4), bildet eine hinreichend starke Marke Grundlage und Voraussetzung eines jeden Markentransfers. Dieser in Konsumentenbefragungen vielfach belegte Zusammenhang kann auch in der vorliegenden Untersuchung, also auf Basis einer unternehmensseitigen Betrachtung, bestätigt werden (vgl. Abbildung 7-4; H13 mit Ȗ = 0,239, Į = 5 % bestätigt). In die Messung der Markenstärke sind sowohl Wissens- und Einstellungs- als auch Verhaltensaspekte der Marke eingegangen, wobei nun aufgrund der formativen Messung des Konstruktes die Bedeutung der einzelnen Elemente der Mar-

7.1 Interpretation der empirischen Ergebnisse

Ressourcen

211

Verhalten

Erfolg

Implementierung Markentransfer

Markentransfererfolg

Operatives Marketing

Kommunikation

Distribution

Preispolitik

Marke

Produktpolitik

Markenstärke

Management Rückwirkungseffekte 0,239***

Signifikanter Wirkungszusammenhang auf Signifikanzniveau * Į = 14%; ** Į = 10%; *** Į = 5%; **** Į = 1%

Abbildung 7-4:

Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Markenstärke

kenstärke für den Markentransfer abgeleitet werden kann. Wie Tabelle 7-4 zeigt, ist die Einstellung zur Marke scheinbar weniger relevant als die Markenbekanntheit (ʌ = 0,546, t = 2,942) und das faktische Kaufverhalten des Kunden (ʌ = 0,566, t = 3,368), das sich im realisierten Marktanteil niederschlägt. Ein erfolgreicher Markentransfer erfordert demzufolge, dass die existierenden Produkte der Marke bereits eine führende Marktposition erreicht haben und dass die Marke über eine überdurchschnittliche Bekanntheit verfügt. Inwiefern die Marke als sympathisch oder qualitativ hochwertig wahrgenommen wird, scheint auf Basis der vorliegenden empirischen Daten weniger entscheidend zu sein für den Erfolg des Markentransfers. Insbesondere die geringe Bedeutung der Qualitätswahrnehmung der Stammmarke ist konträr zu einem Teil der Ergebnisse konsumentenseitiger Untersuchungen (vgl. z. B. Sunde/Brodie 1993, S. 47 ff.; Bottomley/Doyle 1996, S. 365 ff.; Bottomley/Holden 2001, S. 494 ff.), allerdings übereinstimmend mit den Ergebnissen von AAKER UND KELLER (1990, S. 38). In einer Meta-Studie zu den Replikationen der AAKER/KELLER-Studie fanden ECHAMBADI ET AL. (2006, S. 258) heraus, dass die Qualitätswahrnehmung der

212

7 Diskussion

Tabelle 7-4:

Konstituierende Elemente Markenstärke

Konstituierende Merkmale „Markenstärke“ Formative Indikatoren des Konstruktes

Gewicht ʌ

t-Wert

MS1

Unsere Marke hat eine größere Bekanntheit als die unserer wichtigsten Mitbewerber.

0,546

2,942

MS2

Die vom Kunden wahrgenommene Qualität unserer Marke übertrifft die unserer Konkurrenten.

0,022

0,096

MS3

Der Sympathiegrad unserer Marke ist größer als der der Konkurrenzmarken.

0,174

0,771

MS4

Ein großer Anteil der unter der Marke geführten Produkte hat eine führende Position auf dem jeweiligen Markt.

0,566

3,368

Marke keinen direkten Effekt auf den Markentransfererfolg hat und sich nur in Kombination mit dem Fit, im Sinne eines Interaktionseffektes, auswirkt. Dies könnte eine Erklärung für den in der vorliegenden Untersuchung festgestellten geringen Einfluss sein. 7.1.5 Gesamtbetrachtung des Wirkungsmodells vor dem Hintergrund des ressourcenbasierten Ansatzes Wie in den vorigen Kapiteln deutlich wurde, konnte die Mehrzahl der für diese Untersuchung formulierten Hypothesen bestätigt werden. Im Folgenden soll nun abschließend das Wirkungsmodell als Ganzes, dargestellt in Abbildung 7-5, betrachtet werden. Das Wirkungsmodell weist, wie im Rahmen der Gütebeurteilung (Kapitel 6.3.4) festgestellt, eine zufriedenstellende Erklärungsgüte (R2 = 62,4 %) und eine ausgesprochen hohe Prognoserelevanz (Q2 = 50,4 %) auf. Betrachtet man dieses Ergebnis vor dem Hintergrund der zahlreichen eindeutig signifikant bestätigten Hypothesen, so kann auf die allgemeine Gültigkeit des Wirkungsmodells geschlossen werden. Somit lässt sich die zentrale Forschungsfrage bestätigen: Unternehmensinterne Faktoren haben Einfluss auf den Erfolg des Markentransfers. Marketingspezifische Ressourcen aller Ebenen der vorgestellten Klassifikation sind erfolgsrelevant. Dies impliziert, dass die strategische Option des Markentransfers nicht jedem Unternehmen offen steht, das eine Marktchance entdeckt

7.1 Interpretation der empirischen Ergebnisse

Kultur

Ressourcen

Strategisches Marketing

Verhalten

Marketingmanagement

Erfolg

-0,225

Entrepreneurship

Markenorientierung

213

+0,434**** +0,401****

Fit

+0,284** Marktinformationsmanagement

+0,253**

Produkt-MarktStrategie

0,301***

0,407****

Operatives Marketing

Kommunikation

Distribution

0,249** 0,088 0,023 0,199** -0,264

0,094 Preispolitik 0,179* 0,397**** Produktpolitik

Marke

0,533**** MarkenImplementierung transferMarkentransfer erfolg 0,302****

Markenstärke

Management Rückwirkungseffekte

0,061 0,239***

Signifikanter Wirkungszusammenhang auf Signifikanzniveau * Į = 14%; ** Į = 10%; *** Į = 5%; **** Į = 1%

Abbildung 7-5:

R2 = 62,4% Q2 = 50,4%

Empirischer Befund zu Wirkungsbeziehungen im Strukturmodell – Gesamtbetrachtung

und diese opportunistisch besetzen will. Ein langfristig erfolgreicher Markentransfer erfordert mehr als eine starke Marke und eine scheinbar gut passende neue Produktidee. Es bedarf einer im Unternehmen fest verankerten Markenorientierung, welche sich in der Ausbildung exzellenter marketingspezifischer Ressourcen über alle Ebenen sowie im intelligenten, situationsadäquaten Einsatz derselben zeigt.140 140

Im Anhang befinden sich die Analyse der Totaleffekte und ein entsprechendes Ranking der Erfolgsfaktoren.

214

7 Diskussion

Wie im postulierten Wirkungsmodell angenommen, wirkt sich ein Großteil der für den Markentransfer relevanten Ressourcen über das konkrete strategische und operative Unternehmensverhalten auf den Markentransfererfolg aus. Die in Kapitel 5.1 vorgestellte dreigliedrige Wirkungskette konnte somit bestätigt werden. Hierdurch werden nicht nur die Annahmen der vorliegenden Untersuchung belegt, sondern darüber hinaus ein zentrales – allerdings in der klassischen Literatur zum ressourcenbasierten Ansatz oftmals unterrepräsentiertes – Thema behandelt: Ressourcen, ob Vermögensgegenstände oder Fähigkeiten, müssen im Rahmen von organisationalen Prozessen und Aktivitäten, also durch das Unternehmensverhalten zum Einsatz kommen. Nur auf diese Weise können sie zu einer überlegenen Marktposition und somit zum Erfolg des Unternehmens beitragen (vgl. z. B. Stock/Krohmer 2005, S. 83; Srivastava et al. 2001, S. 782; Ray et al. 2004, S. 26). Eine weitere Grundannahme des ressourcenbasierten Ansatzes kann durch die vorliegende Untersuchung bestätigt werden. Gemäß der in Kapitel 2.3 dargestellten Logik verfügen insbesondere solche Ressourcen über das Potenzial, die Basis für langfristige Wettbewerbsvorteile zu sein, die durch vielfältige Isolationselemente vor den Imitations-, Substitutions- und Akquisitionsbemühungen der Konkurrenz geschützt sind. Insbesondere auf den oberen Ebenen der in Kapitel 2.3.3 vorgestellten Klassifizierung (Unternehmenskultur und strategische Marketingfähigkeiten) wirken vielfältige Isolationsmechanismen, während die unteren Ebenen (operative Marketingfähigkeiten und marketingrelevante Vermögensgegenstände) durch weniger Mechanismen geschützt sind. Wie in Abbildung 7-5 erkennbar, sind die von den oberen Ebenen der marketingrelevanten Ressourcen ausgehenden Wirkungsbeziehungen wesentlich stärker als jene Wirkungsbeziehungen, die von Ressourcen der unteren Ebene ausgehen. Einzige Ausnahme bildet die Markenstärke, welche, wie an verschiedener Stelle mehrfach betont, eine Sonderstellung für den Markentransfer einnimmt als Grundlage und unabdingbare Voraussetzung desselben. Diese Feststellung ist konsistent mit älteren empirischen Erkenntnissen zu den allgemeinen Erfolgswirkungen von Marketingfähigkeiten. So stellen HOOLEY ET AL. (1999, S. 274) fest: „[Marketing] capabilities at the level of culture and strategy are particularly useful in explaining performance […] Following the resource based view of the firm we can anticipate that competitive advantages created through deployment of higher order capabilities are more likely to be defensible and sustainable over time.”

7.1 Interpretation der empirischen Ergebnisse

215

7.1.6 Markentransfereffekte – Auftreten und Antizipation in Unternehmen Der Markentransfer hat, wie in Kapitel 3.1 beschrieben, zum einen direkte, das heißt unmittelbar monetär messbare Effekte, zum anderen langfristig wirkende Rückwirkungseffekte auf die Stammmarke. Neben der Beantwortung der zentralen Forschungsfrage nach den unternehmensinternen Determinanten des Markentransfererfolges kann auf Basis der vorliegenden empirischen Daten auch ein Eindruck hinsichtlich der durch den Markentransfer verursachten Effekte gewonnen werden, wodurch die zweite Forschungfrage beantwortet werden kann. Auf Basis der in Kapitel 6.5 dargestellten deskriptiven Auswertungen lassen sich zwar keine Aussagen hinsichtlich der Allgemeingültigkeit für die Grundgesamtheit ableiten, also keine Gesetzmäßigkeiten feststellen, dennoch kann ein wertvoller Eindruck gewonnen werden, der die in den vorigen Kapiteln dargestellten Ergebnisse abrundet. Wie aus Tabelle 6-21 (Seite 199) deutlich wird, sind für die befragten Unternehmen Rückwirkungseffekte (mit einer durchschnittlichen Bedeutung der einzelnen Effekte zwischen minimal 2,91 und maximal 3,37) weniger bedeutend als direkte Effekte (mit einer durchschnittlichen Bedeutung der einzelnen Effekte zwischen minimal 3,41 und maximal 4,15)141. Betrachtet man das unternehmensindividuelle Bedeutungsverhältnis, schätzen 87 Prozent der befragten Unternehmen direkte Effekte wichtiger ein als die Rückwirkungseffekte auf die Stammmarke (vgl. Abbildung 7-6). Diese Ergebnisse sind konsistent mit den Ergebnissen der qualitativen Vorstudie (vgl. Kapitel 1.1). Sie bestätigen, dass die Durchführung von Markentransfers der Erzielung zusätzlichen Umsatzes bzw. Gewinns und der Gewinnung neuer Zielgruppen dient. Die geringere Bedeutungseinschätzung des Einflusses des Markentransfers auf die Stammmarke hinsichtlich Markenbekanntheit, -image und -einstellung könnte sich auf zwei Gründe zurückführen lassen: Zum einen werden Markentransfers selten primär zur gezielten Beeinflussung der Marke hinsichtlich zum Beispiel Markenimage oder -einstellung eingesetzt. Zum anderen werden in der oft kurzfristig orientierten Sichtweise von

141

Arithmetisches Mittel der Bedeutungseinschätzung auf einer Skala von 1 („keine Bedeutung“) bis 5 („hohe Bedeutung“) der einzelnen Effekte über alle befragten Erhebungseinheiten.

216

7 Diskussion

Bedeutung Rückwirkungseffekte* 5

Unternehmensindividuelles Bedeutungsverhältnis

4

Gleichbedeutung von direkten Effekten und Rückwirkungseffekten

3

2

1

87%

0 0

* **

1

2

3

4

5

Bedeutung Direkte Effekte**

Mittelwert der Bedeutungseinschätzungen der fünf Rückwirkungseffekte Mittelwert der Bedeutungseinschätzungen der vier direkten Effekte

Abbildung 7-6:

Empirischer Befund – Bedeutung der Markentransfereffekte

Unternehmen die eher langfristig wirkenden Effekte auf die Marke rasch wirksamen monetären Effekten untergeordnet. Beides kann in einer geringeren Bedeutungseinschätzung von Rückwirkungseffekten münden. Über die tatsächlichen Gründe kann allerdings auf Basis der hier vorliegenden Daten keine definitive Aussage getroffen werden. Neben der Bedeutung der Markentransfereffekte wurde auch die zu beobachtende Ausprägung derselben abgefragt. Wie aus Abbildung 7-7 ersichtlich, erreicht gut die Hälfte der befragten Unternehmen ihre selbst gesteckten Ziele hinsichtlich der zwei bedeutendsten direkten Effekte: 59 Prozent erschliessen mit dem Markentransfer neue Märkte, 50 Prozent generieren durch den Markentransfer zusätzliche Gewinne. Auch wenn diese Ergebnisse keine Repräsentativität besitzen, so kann doch zumindest eine Tendenz festgestellt werden: Sofern der

7.1 Interpretation der empirischen Ergebnisse

217

Ausprägung der Markentransfereffekte I Direkte Effekte (Rangfolge nach Bedeutung)

Anteil Unternehmen Ziel verfehlt* Ziel erreicht** 59%

Umsatzwachstum durch Erschließung neuer Märkte Neue Zielgruppen für die Marke Gewinnsteigerung/Deckungsbeitragswachstum Erzielung von Synergieeffekten

4% 39% 15% 50% 15% 48% 17%

* Skalenpunkte 1 und 2; Skala: "Ziel nicht erreicht" (1) bis "Ziel erreicht" (5) ** Skalenpunkte 4 und 5; Skala: "Ziel nicht erreicht" (1) bis "Ziel erreicht" (5)

Abbildung 7-7:

Empirischer Befund – Ausprägung direkter Effekte

Markteintritt einmal gelungen ist, scheint der Markentransfer eine gute Chance für Unternehmen zu sein, gewinnbringende neue Geschäftsfelder zu besetzen. Auf Basis der erhobenen Daten kann allerdings keine allgemeine Aussage hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit der Markentransferstrategie abgeleitet werden. Hinsichtlich der betrachteten Rückwirkungseffekte des Markentransfers bleibt festzuhalten, dass viele der Unternehmen solche auf die Marke wirkenden Einflüsse beobachten. Wie aus Abbildung 7-8 ersichtlich, erfahren 48 Prozent der befragten Unternehmen eine Veränderung des Markenimages – mit 39 Prozent positiven Veränderungen. 44 Prozent geben an, dass sich die Einstellung ihrer Kunden zur Marke verändert habe, wobei 37 Prozent eine positive Veränderung bemerken. Diese Veränderungen in der Markenwahrnehmung manifestieren sich auch im Absatz auf den Kernmärkten. So stellen 28 Prozent der Unternehmen fest, dass sie durch den Markentransfer mehr Produkte auf den angestammten Märkten der Marke verkaufen konnten. 15 Prozent verzeichnen eine negative Absatzveränderung auf den Stammmärkten. Dieser Effekt könnte sich zum einen durch eine negative Veränderung der Markenwahrnehmung oder zum anderen durch Kannibalisierungseffekte erklären lassen, wobei Letzteres aufgrund der in der vorliegenden Befragung ausschließlich berücksichtigten ‚weiten‘ Markentransfers unwahrscheinlicher ist.

218

7 Diskussion

Ausprägung der Markentransfereffekte II Rückwirkungseffekte (Rangfolge nach Bedeutung)

Verbesserung Markenbekanntheit

Anteil Unternehmen Neg. Veränd.* Pos. Veränd.** 37% 17% 39%

Veränderung Markenimage

9% 35%

Veränderung der wahrgenommenen Qualität

11%

Veränderung der Einstellung gegenüber der Marke Absatzveränderung auf den Kernmärkten

37% 7% 28%

15%

* Skalenpunkte 1 und 2; Skala: „Negative Veränderung" (1) bis „Positive Veränderung" (5) ** Skalenpunkte 4 und 5; Skala: „Negative Veränderung" (1) bis „Positive Veränderung" (5)

Abbildung 7-8:

Empirischer Befund – Ausprägung Rückwirkungseffekte

Trotz fehlender Möglichkeit des Rückschlusses auf die Allgemeinheit der Markentransfers erscheint es bemerkenswert, dass fast die Hälfte der befragten Unternehmen feststellt, dass sich sowohl Image als auch Einstellung ihrer Marke durch den Markentransfer verändern. In Anbetracht der Tatsache, dass Konsumgütermarken und insbesondere sog. ‚Fashionlabels‘, wie sie stark in der hier vorliegenden Untersuchung vertreten sind, einen erheblichen Wert im Unternehmen darstellen, erscheint die im Vergleich geringe Bedeutung, die Rückwirkungseffekten allgemein beigemessen wird, erstaunlich. Wie die in der hier vorliegenden Untersuchung befragten Unternehmen bestätigen, stellt die Strategie des Markentransfers ein erhebliches Potenzial zur Generierung von zusätzlichem Umsatz und Gewinn mit gleichzeitigen weitreichenden Auswirkungen auf die Marke dar.

7.2 Implikationen für die Managementpraxis

219

7.2 Implikationen für die Managementpraxis Wie im Rahmen der vorliegenden Untersuchung deutlich wurde, existieren unternehmensinterne Faktoren, die den Erfolg des Markentransfers nachhaltig beeinflussen. Die gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der Art notwendiger Ressourcen und Fähigkeiten sowie der Erfolgsrelevanz von spezifischen strategischen und operativen Verhaltensweisen in Bezug auf den Markentransfer können Unternehmen helfen, erfolgreiche Markentransfers durchzuführen. Die Mehrheit der in Kapitel 7.1 vorgestellten Erkenntnisse besitzt unmittelbar praktische Relevanz für Unternehmen und kann herangezogen werden, um zwei grundsätzliche Fragen der Managementpraxis zu beantworten. Es handelt sich zum einen um die Frage nach den notwendigen Voraussetzungen, die es im Unternehmen zu erfüllen gilt, um einen Markentransfer erfolgreich durchführen zu können. Zum anderen geht es um die Frage nach der spezifischen Ausgestaltung von Strategie und operativer Umsetzung des Markentransfers. Wie in Kapitel 1.2 erläutert, besteht das erklärte Ziel der vorliegenden Untersuchung darin, nicht nur einen Beitrag zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik des Markentransfers zu leisten, sondern auch die im Rahmen des Forschungsprozesses gewonnenen Erkenntnisse für die Unternehmenspraxis nutzbar zu machen. Da eine praktische Anwendung auf Basis von Lehrsätzen und wissenschaftlich bestätigten Hypothesen kaum erreichbar ist,142 wird im Folgenden ein anderer Ansatz zum Wissensvermittlung an Unternehmen verfolgt. Hierzu werden auf Basis des Untersuchungsmodells Checklisten und Bewertungsraster entwickelt, die einen Transfer der Forschungsergebnisse in die Unternehmenspraxis in komprimierter Form gewährleisten. Die oben genannten praxisrelevanten Fragen nach den Voraussetzungen und der Ausgestaltung des Markentransfers korrespondieren mit den im Untersuchungsmodell aufgezeigten Ebenen ‚Ressourcen‘ und ‚Unternehmensverhalten‘ (vgl. Kapitel 7.1.5). Für jeden Bereich wird im Folgenden eine Checkliste mit Bewertungsraster entwickelt. Diese sollen Unternehmen zum einen helfen, ihr eigenes Potenzial für einen erfolgreichen Markentransfer vorab zu überprüfen (Checkliste I ‚Voraussetzungen des Markentransfers‘, korrespondiert mit Ebene

142

Vgl. zur Problematik der Praxisrelevanz in der Erfolgsforschung AHLERT (2005, S. 362).

ET AL.

220

7 Diskussion

der Ressourcen), und zum anderen sie in die Lage versetzen, ihre Vorgehensweise hinsichtlich Strategie und Umsetzung des Markentransfers kritisch zu hinterfragen (Checkliste II ‚Ausgestaltung des Markentransfers‘, korrespondiert mit Ebene des Unternehmensverhaltens). In die Checklisten werden jene unternehmensinternen Faktoren integriert, für deren Erfolgsrelevanz in der empirischen Untersuchung Evidenz gefunden werden konnte. Das Vorhandensein der erfolgskritischen Faktoren wird – identisch zur wissenschaftlichen Untersuchung – jeweils über mehrere Indikatoren abgefragt, hinsichtlich derer sich das betreffende Unternehmen auf einer Skala von (1) bis (5) einschätzen muss. Die individuelle Einschätzung wird daraufhin mit einem Gewichtungsfaktor multipliziert, der vergleichbar mit den Gewichten bzw. Ladungen des in PLS berechneten Messmodells ist.143 Durch Addition der Teilwerte ergibt sich ein Index, der eine Aussage über die im Unternehmen vorherrschende Ausprägung des jeweiligen Erfolgsfaktors erlaubt. Eine solche Bewertung erfolgt für alle in der vorliegenden Untersuchung identifizierten Erfolgsfaktoren, und ist für den Erfolgsfaktor ‚Unternehmenskultur‘ in Abbildung 7-9 exemplarisch dokumentiert. Nach Ermittlung der unternehmensindividuellen Ausprägungen der Erfolgsfaktoren werden diese anhand der in der wissenschaftlichen Untersuchung ermittelten Werte kalibriert. Um eine möglichst plakative Einordnung zu ermöglichen, werden die ermittelten unternehmensindividuellen Ergebnisse mit den Durchschnitten der jeweils 10 Prozent besten und 10 Prozent schlechtesten Unternehmen der wissenschaftlichen Untersuchung verglichen. Hierzu werden zunächst die erfolgreichsten und am wenigsten erfolgreichen Unternehmen anhand der Ausprägung der endogenen latenten Variablen des Untersuchungsmodells ermittelt, um dann für beide Gruppen die durchschnittlichen Ausprägungen der Erfolgsfaktoren zu berechnen.144 In Abbildung 7-9 wird eine solche Kalibrierung

143

144

Konkret handelt es sich hierbei um die gerundeten, nicht-standardisierten Werte der Faktoren des Messmodells. Diese sind geeignet als Gewichtungsfaktoren für die Berechnung von Indizes der latenten Variablen, wofür sie auch im vorliegenden Fall verwendet werden. Konkret handelt es sich hierbei um das arithmetische Mittel der nicht-standardisierten Werte der betreffenden latenten Variablen.

7.2 Implikationen für die Managementpraxis

221

CHECKLISTE I – VORAUSSETZUNGEN DES MARKENTRANSFERS Hinweis: Die vorliegende Checkliste basiert auf einer wissenschaftlichen Untersuchung der Erfolgsfaktoren des Markentransfers. Sie dient der Überprüfung der für einen Markentransfer notwendigen Voraussetzungen im Unternehmen und soll im Vorfeld der Realisierung einen Diskussionsprozess zu den grundsätzlichen Voraussetzungen im Unternehmen anstoßen. KULTURELLE VORAUSSETZUNGEN Bitte geben Sie an, inwiefern Sie den folgenden Aussagen für Ihr Unternehmen / Ihre Geschäftseinheit zustimmen. Bitte urteilen Sie mit Hilfe einer Skala von 1 (Stimme nicht zu) bis 5 (Stimme zu) und multiplizieren Sie diesen Wert mit dem angegebenen Faktor. Wir haben in unserem Unternehmen eine klare Vorstellung davon, wofür unsere Marken stehen. Identität und Nutzenversprechen sind eindeutig definiert.

x 0,1 =

Alle unsere Marketingaktivitäten dienen immer auch dazu, unsere Marke(n) zu stärken und auszubauen.

x 0,1 =

Wir verstehen unsere Marke(n) als wertvolles Gut und strategische Ressource, die wir stets weiterentwickeln und bestmöglich schützen.

x 0,2 =

In unserem Unternehmen gibt es durchsetzungsfähige Produkt-, Marken- und/oder Marketingmanager.

x 0,1 =

Die Entwicklung der Marke(n) obliegt nicht nur einer kleinen Gruppe von Marketingleuten sondern ist auch "Chefsache".

x 0,2 =

Alle relevanten Unternehmensentscheidungen werden auch hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Marke(n) beurteilt.

x 0,1 =

Die Markenwerte unserer Marke(n) werden von einem großen Teil unserer Mitarbeiter verstanden und gelebt.

x 0,2 =

+ + + + + + =

(A) Kulturelle Voraussetzungen Um einschätzen zu können, inwiefern in Ihrem Unternehmen jene kulturellen Faktoren gegeben sind, die den Erfolg des Markentransfers begünstigen, vergleichen Sie den für A ermittelten Wert mit den erfolgreichsten und den am wenigsten erfolgreichen Unternehmen: (A) Kulturelle Voraussetzungen

Abbildung 7-9:

Flop 10 %

Top 10 %

2,9

4,6

Unternehmenscheckliste – Beispiel Unternehmenskultur

am konkreten Beispiel exemplarisch vorgeführt. So haben jene Unternehmen, die einen eher mangelhaften Erfolg mit ihrem Markentransfer erzielen (Flop 10 Prozent) lediglich eine Ausprägung von 2,9 Punkten hinsichtlich des Erfolgsfaktors

222

7 Diskussion

Unternehmenskultur, wohingegen erfolgreiche Markentransferunternehmen (Top 10 Prozent) eine Ausprägung von durchschnittlich 4,6 Punkten erreichen. Anhand dieser Extremausprägungen besteht die Möglichkeit einer ersten Einschätzung des eigenen Unternehmens. Nachdem alle Erfolgsfaktoren bewertet worden sind, können sie in die jeweiligen Unternehmensprofile ‚Voraussetzungen des Markentransfers‘ und ‚Ausgestaltung des Markentransfers‘ eingetragen werden. Wie aus Abbildung 7-10 ersichtlich, sind hier jeweils Grenzwerte angegeben, die eine positive von einer negativen Ausprägung trennen.145 Wird der Wertebereich positiver Ausprägung erreicht, so wird eine Punktzahl für den betreffenden Erfolgsfaktor vergeben, die sich an der relativen Wichtigkeit des Erfolgsfaktors orientiert.146 Die Summe der erzielten Punkte gibt Auskunft hinsichtlich der grundsätzlichen Voraussetzungen im Unternehmen für einen Markentransfer (Ergebnisse Checkliste I) bzw. hinsichtlich der günstigen bzw. weniger günstigen Ausgestaltung des Markentransfers (Ergebnisse Checkliste II). Die Inhalte und Struktur der Checklisten sind in Abbildung 7-11 wiedergegeben und in voller Länge im Anhang der Untersuchung zu finden. Das Ziel der entwickelten Checklisten besteht in einer vereinfachten Wissensvermittlung in die Unternehmenspraxis mittels eines Formats, welches im Management bekannt, verständlich und leicht einsetzbar ist. Die verwendeten Fragen sind identisch mit den Formulierungen des für die Untersuchung eingesetzten Fragebogens, der im Vorfeld ausführlich auf Verständlichkeit von Experten und Vertretern der Unternehmenspraxis getestet wurde. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die zu vermittelnden Sachverhalte hinsichtlich Inhalt und Formulierung zielgruppenadäquat aufbereitet sind. Die Vergleichsmöglichkeit mit den besten und schlechtesten Unternehmen der wissenschaftlichen Befragung im Rahmen des Bewertungsrasters liefern die in der Unternehmenspraxis häufig geforderten Benchmarkingwerte.

145 146

Es handelt sich hierbei um den Mittelwert der Extremausprägungen. Die Punktzahlen wurden auf Basis der direkten Effekte der exogenen Variablen auf die endogene Variable ermittelt.

7.2 Implikationen für die Managementpraxis

223

UNTERNEHMENSPROFIL I – VORAUSSETZUNGEN DES MARKENTRANSFERS Bitte tragen Sie die ermittelten Werte für A bis F in das folgende Diagramm ein. Sofern Sie mit Ihrem unternehmensindividuellen Wert (x) den angegebenen Grenzwert (a) überschreiten, erhalten Sie für den jeweiligen Bereich eine spezifische Punktzahl. Bitte addieren Sie anschließend alle Punkte, um einen Gesamteindruck hinsichtlich Ihrer unternehmensindividuellen Voraussetzungen für den Markentransfer zu erhalten. Bereiche relevanter Voraussetzungen

Voraussetzungen nicht gegeben Flop 10 % x

Voraussetzungen gegeben

Punkte x>a

a

Top 10 %

3,8

4,6

10 Pkt.

4,9

25 Pkt.

4,6

10 Pkt.

4,5

10 Pkt.

4,2

15 Pkt.

4,8

30 Pkt.

A) Kulturelle Voraussetzungen

2,9

B) Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement

2,7

3,8 x

C) Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement

2,6

3,6

D) Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation

1,6

x 3,0

E) Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik

2,3

3,2 x

F) Markenstärke

3,1

3,9

x

x

Gesamtpunkte

80

70 bis 100 Gute Voraussetzungen für die Durchführung eines erfolgreichen Markentransfers. 30 bis 70 Voraussetzungen für die Durchführung eines erfolgreichen Markentransfers nicht vollkommen gegeben. 0 bis 30 Voraussetzungen für die Durchführung eines erfolgreichen Markentransfer nicht gegeben.

Abbildung 7-10: Unternehmensprofil – Beispiel Voraussetzungen des Markentransfers

224

7 Diskussion

Struktur Checkliste I A) Kulturelle Voraussetzungen

B) Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement C) Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement D) Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation

Unternehmensprofil I – Voraussetzungen des Markentransfers

E) Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik

F) Markenstärke

Struktur Checkliste II G) Ausgestaltung Fit

H) Anpassung Produkt-MarktStrategie

Unternehmensprofil II – Ausgestaltung des Markentransfers

I) Implementierung Markentransfer

Abbildung 7-11: Struktur und Inhalt Unternehmenschecklisten

Die vorgestellte plakative Darstellung ist ein aufmerksamkeitsstarkes Werkzeug, wie es in der Unternehmenspraxis Anwendung findet. Es birgt allerdings die Gefahr der unreflektierten und mechanistischen Anwendung. Die Bewertung der eigenen Unternehmensleistung mithilfe der beschriebenen Vorgehensweise darf jedoch nicht als Automatismus verstanden werden, der mit Genauigkeit den Erfolg oder Misserfolg eines Markentransfers prognostiziert. Vielmehr müssen die vorgestellten Checklisten und Bewertungsraster entsprechend ihrer Intention

7.3 Implikationen für die Forschung und weiterer Forschungsbedarf

225

eingesetzt werden: als Werkzeug zur Wissensvermittlung und Diskussionsbasis für die intensive Auseinandersetzung mit den unternehmensinternen Erfolgsfaktoren des Markentransfers (vgl. hierzu auch die Diskussion um die Intention der Erfolgsfaktorenforschung Homburg/Krohmer 2004, S. 628).

7.3 Implikationen für die Forschung und weiterer Forschungsbedarf Durch die vorliegende Untersuchung können einige zentrale Lücken in der Forschung zum Markentransfer geschlossen werden. Durch den Nachweis der Relevanz unternehmensinterner Faktoren für den Markentransfer entsteht ein umfassenderes Verständnis für die in der Praxis zu beobachtenden Erfolgsunterschiede. Wie die empirischen Ergebnisse zeigen, haben neben den bekannten Einflussfaktoren ‚Markenstärke‘ und ‚Fit‘ insbesondere eine Unternehmenskultur der ‚Markenorientierung‘, alle Facetten des strategischen Marketings und die optimale Ausgestaltung der Implementierung Bedeutung. Zudem wird durch die simultane Betrachtung von direkten Effekten und Rückwirkungseffekten auf die Vielschichtigkeit des Markentransfererfolgs aufmerksam gemacht. Wie aus den deskriptiven Analysen der empirischen Daten hervorgeht, setzen Unternehmen Markentransfers zwar primär ein, um eine starke Marke zu kapitalisieren, zudem werden aber auch Rückwirkungseffekte auf die Stammmarke bezweckt und von der Mehrheit der Unternehmen festgestellt. Dieser Aspekt der Mehrdimensionalität des Markentransfererfolges ist bis dato in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Markentransfer unterrepräsentiert (vgl. Jenner 2006, S. 225 f.). Neben diesen zentralen Ergebnissen hinsichtlich des Markentransfers können auf Basis der vorliegenden Untersuchung noch weitere interessante Erkenntnisse für die Marketingforschung abgeleitet werden. So wird für die Untersuchung des Einflusses kultureller Faktoren auf den Markentransfer eine neue Skala für die Dimension ‚Markenorientierung‘ entwickelt und im Rahmen der empirischen Untersuchung erfolgreich getestet. Anders als die Marktorientierung ist die Markenorientierung ein in der Marketingforschung relativ junges Feld, in dem bis dato keine branchenunabhängige – also universal einsetzbare – Skala entwickelt wurde. Mit einer umfassenden reflektiven Operationalisierung durch sieben Indi-

226

7 Diskussion

katoren und dem erfolgreichen Einsatz in der vorliegenden branchenübergreifenden Untersuchung existiert nun eine Skala der Markenorientierung, die auch in einem anderen Zusammenhang in der Marketingforschung verwendet werden kann. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung werden sowohl spezifische Forschungslücken im Bereich des Markentransfers geschlossen als auch bereichsübergreifende Erkenntnisse für die Marketingforschung gewonnen. Dennoch lassen sich einige inhaltliche und methodische Einschränkungen identifizieren, die gleichzeitig als Anhaltspunkt für zukünftige Forschungsvorhaben dienen können. Limitationen der Studie bedingt durch die Datengrundlage: –

Auf Basis der erhobenen empirischen Daten konnte der Einfluss der operativen Marketingfähigkeiten auf den Markentransfererfolg nicht vollständig belegt werden. Dies kann unter Umständen auf die Unterschiedlichkeit der Geschäftsmodelle der befragten Unternehmen zurückgeführt werden. Markentransfers können sowohl im eigenen Unternehmen als auch im Wege der Lizenzierung durch Partner verwirklicht werden. Während die strategische Markenführung in beiden Fällen gleichermaßen gefordert ist, so unterscheiden sich die zum Einsatz kommenden operativen Fähigkeiten erheblich. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung, die im Rahmen der vorliegenden Forschungsarbeit aufgrund der relativ kleinen Stichprobe nicht durchführbar ist. Hinsichtlich weiterer Forschungsbemühungen wäre eine erneute Untersuchung mit größerer Stichprobe wünschenswert, um so gemäß der Geschäftsmodelle Untergruppen bilden zu können. Auf diese Weise könnten Unterschiede in den unternehmensinternen Voraussetzungen des Markentransfers in Abhängigkeit des angewendeten Geschäftsmodells abgeleitet werden.



Die relativ kleine Stichprobengröße lässt zudem keine branchenspezifischen Auswertungen zu. Auch dies wäre ein mögliches Feld für weitere Forschung.



Des Weiteren gilt es anzumerken, dass sich die vorliegende Untersuchung auf Unternehmen bezieht, die in Deutschland bzw. im deutschsprachigen Ausland ansässig sind. Eine Verallgemeinerung der Erkenntnisse auf Markentransfers in anderen Ländern ist nicht ohne Weiteres zulässig. Aufgrund abweichender

7.3 Implikationen für die Forschung und weiterer Forschungsbedarf

227

kultureller, wirtschaftlicher und rechtlicher Rahmenbedingungen können sich international Unterschiede in der Bedeutung und Ausprägung der Erfolgsfaktoren zeigen. Eine internationale Erweiterung des Betrachtungsrahmens wäre daher für die zukünftige Forschung wünschenswert. Denkbar wäre eine Replikation in vergleichbaren Industrienationen wie England, Frankreich, Spanien, Italien oder USA. Limitationen der Studie bedingt durch die Analysemethodik: –

Wie alle gängigen kausalanalytischen Methoden beruht auch der PLS-Ansatz auf der Annahme linearer Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen den latenten Variablen. Die fehlende Signifikanz einzelner Zusammenhänge könnte – neben den bereits oben erläuterten Gründen – auch auf das Vorliegen nicht linearer Beziehungen zurückzuführen sein. Beispielsweise könnten die Zusammenhänge asymptotisch oder unstetig (Vorliegen von Sprungstellen) sein. Im Rahmen zukünftiger Forschungsvorhaben gilt es zu prüfen, ob die Anwendung von Verfahren zur Abbildung nichtlinearer Beziehungen neue Erkenntnisse ermöglicht.



Des Weiteren ist die in der Praxis durchaus gängige und auch hier verwendete Vorgehensweise der Ableitung von kausalen Zusammenhängen auf Basis von Querschnittsdaten umstritten. Um tatsächliche, formal korrekte Kausalaussagen ableiten zu können, sollten in künftigen, weiterführenden Forschungsvorhaben Längsschnittdaten auf Basis einer Langzeitbetrachtung von Markentransfers erhoben werden.



Eine weitere methodische Einschränkung der vorliegenden Untersuchung ergibt sich aus der Messung des Erfolgskonstrukts. Die direkte Befragung von Auskunftspersonen hinsichtlich des Erfolgs birgt grundsätzlich die Gefahr eines Informant Bias. Bewusst beabsichtigt oder unbewusst einer verzerrten Wahrnehmung erlegen, geben Menschen zum Teil falsche Auskünfte zum Erfolg von Maßnahmen, die sie selbst beschlossen, durchgeführt oder verantwortet haben. Ein wissenschaftlich oft beschrittener Weg ist hier die Messung objektiver Erfolgszahlen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht trivial und könnte Gegenstand eines weiteren Forschungsvorhabens sein.



Auf Basis der erhobenen empirischen Daten wurde die Messung einer latenten Variable verändert (Operative Umsetzung), um den Gütekriterien der PLS-

228

7 Diskussion

Modellbeurteilung zu entsprechen. Wenn auch inhaltlich vollkommen nachvollziehbar und auch ausführlich erläutert, so stellt dies dennoch eine Veränderung des ursprünglich aufgestellten Untersuchungsmodells dar. Dies erfordert formal eine Wiederholung der Untersuchung auf Basis eines neuen Datensatzes zur Validierung. Inhaltliche Limitationen der Studie: –

In der vorliegenden Untersuchung werden die postulierten, untersuchten und zum größten Teil auch bestätigten Wirkungszusammenhänge ausführlich theoretisch-konzeptionell belegt. Dennoch lassen sich unter Umständen noch weitere Zusammenhänge herleiten. So könnten zum Beispiel die kommunikativen Fähigkeiten eines Unternehmens Auswirkungen haben auf den Fit zwischen Transferprodukt und Stammmarke. Die theoretische Herleitung und empirische Überprüfung solcher Alternativmodelle könnte Gegenstand eines weiteren Forschungsvorhabens sein.



Eine weitere inhaltliche Restriktion ergibt sich aus der Definition der zu beobachtenden Rückwirkungseffekte des Markentransfers. An verschiedener Stelle wurde im Rahmen der vorliegenden Studie deutlich gemacht, dass Rückwirkungseffekte und direkte Effekte ungleich betrachtet, definiert und gemessen werden. Während direkte Effekte in ökonomischen Größenordnungen beurteilt werden, sind diese bei Rückwirkungseffekten rein verhaltenswissenschaftlicher Natur. Dies ist bedingt durch die faktisch schwierige ökonomische Messbarkeit von Rückwirkungseffekten. Im Sinne weiterer Forschung wäre die Untersuchung der ökonomischen Rückwirkungseffekte von Interesse.

Anhang Fragebogen der Unternehmensbefragung Fragebogen – Markentransferstudie Identifikation und Erklärung von Erfolgsfaktoren des Markentransfers Erläuterungen –

Durch Teilnahme an der vorliegenden Befragung unterstützen Sie ein Promotionsprojekt der Universität Siegen unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. Carsten Baumgarth.



Die Beantwortung der Fragen wird ca. 20 Minuten Ihrer Zeit beanspruchen.



Alle Ihre Antworten werden selbstverständlich streng vertraulich behandelt. Alle Daten werden anonymisiert. Die Erkenntnisse dienen rein wissenschaftlichen Zwecken.



Bitte beantworten Sie alle Fragen, auch wenn Sie sich über die genaue Antwort nicht ganz sicher sind.



Gerne senden wir Ihnen vorab exklusiv die Ergebnisse der Studie zu. Sie haben am Ende der Befragung die Möglichkeit, hierfür Ihre Adressdaten zu hinterlassen.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Dipl.-Kffr. Nicole Baumüller: E-Mail: [email protected] Telefon: 0175 / 318 5582 Für Ihre Mitarbeit möchten wir uns schon jetzt bei Ihnen bedanken!

230

Anhang

Vorab eine kurze Beschreibung des Themas Beim Markentransfer wird eine neue Leistung unter einer bestehenden Marke eingeführt. Durch die Verwendung eines bekannten Markenzeichens werden so Bekanntheit, Nutzenversprechen und Markenwerte auf die neue Leistung übertragen. –

Ein Beispiel hierfür wäre, wenn unter der italienischen Designermarke Versace auch Uhren angeboten würden oder der Kofferhersteller Samsonite Schuhe verkaufen würde.



Nicht gemeint sind Produktlinienerweiterungen auf einen gleichen oder sehr ähnlichen Anwendungsbereich, etwa bei Persil Pulver und Persil Flüssig.

Zunächst möchten wir Sie bitten, einige Fragen zu beantworten, die sich nicht direkt auf die Strategie des Markentransfers beziehen, sondern Ihr Unternehmen als Ganzes charakterisieren. Sollte Ihr Unternehmen sehr groß sein und somit viele der relevanten unternehmerischen Entscheidungen auf Ebene der strategischen Geschäftseinheit gefällt werden, beantworten Sie die Fragen bitte in Bezug auf eine Geschäftseinheit. Wählen Sie hierbei bitte jene Geschäftseinheit, in der ein Markentransfer stattgefunden hat.

Fragebogen der Unternehmensbefragung

231

Bitte geben Sie an, inwiefern Sie den folgenden Aussagen für Ihr Unternehmen / Ihre Geschäftseinheit zustimmen. Stimme nicht zu 1

2

Stimme zu 3

4

5

Wir sind ein dynamisches Unternehmen. Viele unserer Mitarbeiter denken unternehmerisch und sind gewillt, auch Risiken in Kauf zu nehmen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Unser Management ist innovations- und risikofreudig. Die Entwicklung neuer Ideen wird anerkannt und gefördert.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Stetige Weiterentwicklung und Innovation ist das, was unser Unternehmen ausmacht.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Unser Unternehmen ist wachstumsorientiert. Wir sind stets auf der Suche nach neuen Chancen und bereit, neue Herausforderungen anzugehen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir haben in unserem Unternehmen eine klare Vorstellung davon, wofür unsere Marken stehen. Identität und Nutzenversprechen sind eindeutig definiert.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Alle unsere Marketingaktivitäten dienen immer auch dazu, unsere Marke(n) zu stärken und auszubauen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir verstehen unsere Marke(n) als wertvolles Gut und strategische Ressource, die wir stets weiterentwickeln und bestmöglich schützen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Der Markenwert / die Markenstärke ist eine Steuerungsgröße in unserem Unternehmen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

In unserem Unternehmen gibt es durchsetzungsfähige Produkt-, Marken- und/oder Marketingmanager.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Die Entwicklung der Marke(n) obliegt nicht nur einer kleinen Gruppe von Marketingleuten sondern ist auch „Chefsache“.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Alle relevanten Unternehmensentscheidungen werden auch hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Marke(n) beurteilt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Die Markenwerte unserer Marke(n) werden von einem großen Teil unserer Mitarbeiter verstanden und gelebt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

232

Anhang

Bitte beurteilen Sie die Marketingfähigkeiten Ihres Unternehmens / Ihrer Geschäftseinheit im Vergleich zu den bedeutendsten Wettbewerbern. Bitte seien Sie kritisch und ehrlich – die Angaben sind, wie schon erwähnt, anonym. Wir sind in den folgenden Feldern schlechter / besser als unsere Wettbewerber: … Schlechter als Wettbewerber 1

2

Besser als Wettbewerber 3

4

5

Marketingmanagement Effektive Marktsegmentierung und Formulierung leicht umsetzbarer Zielgruppendefinitionen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wettbewerbsfähige Positionierung unserer Marke(n) und Formulierung relevanter Nutzenversprechen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Systematische Planung von Marketingprojekten / -programmen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Management von Marketingprojekten / -programmen auch unter Einbeziehung anderer Funktionsbereiche, wie z. B. Vertrieb, Design etc.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Marktforschung Regelmäßige und umfassende Erhebung von Informationen zu Kunden und Wettbewerbern.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Einsatz moderner qualitativer und/oder quantitativer Marktforschungsmethoden.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Umfassende Analyse aller zur Verfügung stehender Marktinformationen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Ausführliche Nutzung von Marktinformationen als Basis effektiver Marketingprogramme.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Ausführliche Nutzung von Marktinformationen zur Entwicklung neuer Produktideen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Werbung / Kommunikation Entwicklung und Durchführung erfolgreicher Werbekampagnen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Gezielter Einsatz nicht-klassischer Kommunikationsinstrumente, wie z.B. Direktmarketing, Sponsoring, Events, Verkaufsförderung.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Fragebogen der Unternehmensbefragung

233

Schlechter als Wettbewerber 1

2

Besser als Wettbewerber 3

4

5

Erfolgreiche Umsetzung der Markenwerte / des Markenimages in kreative Botschaften.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Effektive Öffentlichkeitsarbeit / PR.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Distribution Enge und gute Beziehungen zu Distributionspartnern, wie z. B. dem Groß- und Einzelhandel.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Gewinnung und Bindung der besten Distributionspartner.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Service und Unterstützung für Distributionspartner.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Erfolgreiche Durchsetzung eigener Interessen gegenüber den Distributionspartnern.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Preispolitik Gute Kenntnis der Preisstrategie des Wettbewerbs.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Effektiver und erfolgreicher Ansatz zur Preisbestimmung.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Regelmäßige Überwachung von Preisentwicklungen auf dem Markt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Möglichkeiten zur schnellen und effektiven Anpassung von Preisen bei Marktveränderungen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Produktpolitik Neuentwicklung und/oder Weiterentwicklung von Produkten bzw. Dienstleistungen in Reaktion auf sich wandelnde Kundenbedürfnisse.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Konstante Qualität unserer Leistung.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Angebot attraktiver Zusatzleistungen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Design und/oder Verpackung unserer Produkte bzw. Umfeld, in dem unsere Dienstleistung erstellt wird (z. B. Räumlichkeiten, Erscheinungsbild des Personals).

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

234

Anhang

Der Markentransfer Ihres Unternehmens Wir wollen nun etwas spezifischer werden und einige Fragen zu einem konkreten Markentransfer behandeln. Nochmals zur Erinnerung: Ein Markentransfer liegt dann vor, wenn eine Marke auf neue Produkte oder Dienstleistungen in neuen Märkten übertragen wird. Diese neuen Produkte oder Dienstleistungen des Markentransfers werden im Folgenden „Transferprodukte“ genannt (auch wenn es sich hierbei um eine Dienstleistung handeln sollte). Die Marke, von der der Markentransfer ausgeht, wird als „Stammmarke“ bezeichnet. Abzugrenzen vom Markentransfer sind Produktlinienerweiterungen auf einen gleichen oder sehr ähnlichen Anwendungsbereich, wie etwa bei Persil Pulver und Persil Flüssig. Dies ist, wie schon erwähnt, hier nicht gemeint. Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen in Bezug auf einen konkreten Markentransfer Ihres Unternehmens. Sofern mehrere in Frage kommen, wählen Sie bitte jenen Markentransfer, bei dem Sie einen für Ihr Unternehmen möglichst fremden Markt betreten haben.

Bitte benennen Sie die ursprüngliche Produkt-/Leistungskategorie der Stammmarke, z.B. Gastronomie, dekorative Kosmetik etc. Produkt-/Leistungskategorie der Stammmarke: …

Bitte benennen Sie die Produkt-/Leistungskategorie des Transferproduktes, z.B. Heimtextilien, Parfum etc. Produkt-/Leistungskategorie des Transferproduktes: …

Fragebogen der Unternehmensbefragung

235

Bitte charakterisieren Sie Ihre Stammmarke anhand der folgenden Kriterien: Stimme nicht zu 1

2

Stimme zu 3

4

5

Unsere Marke hat eine größere Bekanntheit als die unserer wichtigsten Mitbewerber.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Die vom Kunden wahrgenommene Qualität unserer Marke übertrifft die unserer Konkurrenten.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Der Sympathiegrad unserer Marke ist größer als der der Konkurrenzmarken.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Ein großer Anteil der unter der Marke geführten Produkte hat eine führende Position auf dem jeweiligen Markt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Bitte charakterisieren Sie das Transferprodukt anhand der folgenden Kriterien: Stimme nicht zu 1

2

Stimme zu 3

4

5

Mit dem Transferprodukt haben wir eine für uns neue Produkt-/ Leistungskategorie erschlossen, die sich auch durch das Produktionsverfahren / die Leistungserstellung von unserer Stammkategorie unterscheidet.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Mit dem Transferprodukt sprechen wir eine für uns neue Zielgruppe an.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Das Transferprodukt wird über andere Distributionskanäle vertrieben als die ursprünglichen Produkte der Stammmarke.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Der Markt des Transferproduktes unterscheidet sich hinsichtlich Wettbewerber und/oder Marktstruktur von unserem Stammmarkt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

236

Anhang

Welches Geschäftsmodell haben Sie für Ihren Markentransfer gewählt?

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Lizensierung Joint Venture mit etabliertem Unternehmen des Transfermarktes Kauf eines etablierten Unternehmens des Transfermarktes Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft Leistungserstellung im eigenen Unternehmen Anderes Geschäftsmodell:

Bitte geben Sie an, inwiefern Sie den folgenden Aussagen in Bezug auf Ihren Markentransfer zustimmen. Stimme nicht zu 1

2

Stimme zu 3

4

5

Wir legen sehr viel Wert darauf, dass das Transferprodukt einen engen, eindeutigen Zusammenhang zur Stammmarke aufweist.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Quantitative und/oder qualitative Marktforschung bestätigt, dass das Transferprodukt zu unserer Stammmarke passt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Treue Verwender unserer Stammmarke beurteilen das Transferprodukt positiv.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Die Markenwerte unserer Stammmarke spiegeln sich in dem Transferprodukt sehr gut wider.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Die Produkt-/ Leistungskategorie des Transferproduktes passt zu dem Bild, das unsere Kunden von der Stammmarke haben.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Die Positionierung des Transferproduktes passt zu dem Bild, das unsere Kunden von der Stammmarke haben.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Die spezifischen Produktmerkmale des Transferproduktes passen zu dem Bild, das unsere Kunden von der Stammmarke haben.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Fragebogen der Unternehmensbefragung

237

Stimme nicht zu 1

2

Stimme zu 3

4

5

Unser Transferprodukt überzeugt durch sein Produktkonzept und sein Nutzenversprechen. Es lebt nicht nur von dem Image und der Bekanntheit der Stammmarke.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir haben eine eigenständige Marktstrategie für unser Transferprodukt, die die Wettbewerbssituation und die Kundenpräferenzen auf dem Transfermarkt berücksichtigt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Der Markentransfer ist eingebettet in eine übergreifende Markenentwicklungs-strategie, die sich aus unserer Vision für unsere Marke ergibt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Bei der Wahl des Einführungszeitpunkts und der Gestaltung des Transferproduktes wurden vorangegangene Produktneueinführungen unter der Stammmarke berücksichtigt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir haben einen Geschäftspartner für den Markentransfer (Lizenznehmer, Partner im Joint Venture o.ä.), dessen Prozesse, Systeme und Organisation sehr professionell sind.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Unser Geschäftspartner (Lizenznehmer, Partner im Joint Venture o.ä.) hat langjährige Erfahrung und gute Kenntnisse im Transfermarkt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Die Zusammenarbeit mit unserem Geschäftspartner (Lizenznehmer, Partner im Joint Venture o.ä.) ist angenehm. Die Atmosphäre stimmt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Das Transferprodukt wird eigenständig und nach den Regeln seines Marktes beworben.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir stellen sicher (z. B. durch feste Vorgaben oder formale Abstimmungsprozesse), dass auch bei der Werbung für das Transferprodukt die Markenwerte der Stammmarke vermittelt werden.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Durch geschickte Kommunikation werden diejenigen Merkmale des Transferproduktes hervorgehoben, die die größte Verbindung zur Stammmarke aufzeigen.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir überprüfen regelmäßig die Auswirkungen der Werbung des Transferproduktes auf unsere Stammmarke.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

238

Anhang

Bitte geben Sie an, inwiefern Sie den folgenden Aussagen in Bezug auf Ihren Markentransfer zustimmen. Stimme nicht zu 1

2

Stimme zu 3

4

5

Wir wählen die Vertriebskanäle für unser Transferprodukt sorgfältig aus.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Falls nötig, erschließen wir auch neue Vertriebskanäle für unser Transferprodukt.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Zur Erschließung neuer Vertriebskanäle haben wir Vertriebspartner, die die bestmögliche Distribution unseres Transferproduktes gewährleisten.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir kontrollieren den Distributionsgrad und die -kanäle unseres Transferproduktes regelmäßig.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir kontrollieren den Marktpreis unseres Transferproduktes ständig.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir stellen sicher, dass der Preis unseres Transferproduktes attraktiv für den Zielmarkt ist.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir stellen sicher, dass der Preis unseres Transferproduktes keine negativen Rückwirkungseffekte für die Stammmarke hat.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir stellen sicher, dass das Produkt- und/oder Verpackungsdesign aller unter der Stammmarke geführten Produkte stimmig ist, bzw. dass das Erscheinungsbild aller unter der Stammmarke erbrachten Dienstleistungen konsistent ist.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wir kontrollieren den Qualitätsstandard des Transferproduktes regelmäßig.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Bei der Namensgebung des Transferproduktes haben wir uns ganz bewusst für bzw. gegen eine Abgrenzung von der Stammmarke entschieden. Wir wissen, dass durch Einführung eines neuen Namensbestandteils / einer Subbrand das Transferprodukt von der Stammmarke abgegrenzt werden kann.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Fragebogen der Unternehmensbefragung

239

Mit dem Markentransfer werden bestimmte Ziele verfolgt. Bitte geben Sie zunächst an, welche der unten genannten Ziele für Sie hinsichtlich des Markentransfers von Bedeutung sind. Anschließend bewerten Sie bitte, ob Sie dieses Ziel erreicht haben. Falls es für eine abschließende Bewertung noch zu früh ist, geben Sie bitte eine Einschätzung ab, ob dieses Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit erreicht werden wird. Keine Bedeutung 1

2

Hohe Bedeutung 3

4

5

Ziel nicht erreicht 1

2

Ziel erreicht 3

4

5

Langfristiges Umsatzwachstum durch Erschließung neuer Märkte.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Erschließung neuer Zielgruppen für die Marke.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Langfristige Gewinnsteigerung / Deckungsbeitragswachstum.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Erzielung von Synergieeffekten, insbesondere hinsichtlich der Marketingkosten.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Markentransfers können positive und/oder negative Auswirkungen für die Stammmarke haben. Bitte geben Sie zunächst an, für wie wichtig Sie die unten genannten Auswirkungen generell einschätzen. Anschließend beurteilen Sie bitte, inwiefern Sie diese Auswirkungen bei Ihrem Markentransfer beobachten konnten. Keine Bedeutung 1

2

Hohe Bedeutung 3

4

5

Negative Veränderung 1

2

Positive Veränderung 3

4

5

Veränderung der Markenbekanntheit der Stammmarke.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Veränderung des Markenimages der Stammmarke, wie z. B. Veränderung von spezifischen Markenassoziationen oder der Markenpersönlichkeit.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

240

Anhang

Keine Bedeutung 1

2

Hohe Bedeutung 3

4

Negative Veränderung

5

1

2

Positive Veränderung 3

4

5

Veränderung der vom Kunden wahrgenommenen Qualität der Stammmarke.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Veränderung der Einstellung der Kunden gegenüber der Stammmarke, wie z. B. Veränderung der wahrgenommenen Markensympathie.

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Veränderung des Absatzes auf den Kernmärkten der Stammmarke (mit den ursprünglichen Produkten/ Dienstleistungen).

Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ Ɉ

Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit den bisherigen Ergebnissen des Markentransfers? Unzufrieden

Zufrieden

1

2

3

4

5

Ɉ

Ɉ

Ɉ

Ɉ

Ɉ

Vielen Dank für Ihre Teilnahme! Gerne senden wir Ihnen die Ergebnisse dieser Studie zu. Bitte hinterlassen Sie hierzu Ihre Adressdaten. Diese werden natürlich weder weitergegeben, noch weiterverwendet.

Korrelationstabelle der latenten Variablen des Strukturmodells

241

Korrelationstabelle der latenten Variablen des Strukturmodells Korrelationstabelle der latenten Variablen

1,00

Fit Fähigkeiten Kommunikation Fähigkeiten Marktinformationsmanagement Fähigkeiten Marketingmanagment

0,42

0,66

1,00

0,56

0,61

0,69

1,00

0,18

0,38

0,54

0,44

1,00

0,43

0,48

0,58

0,70

0,72

Markenorientierung

0,26

0,45

0,37

0,50

0,44

0,45

1,00

Markenstärke

0,34

0,58

0,54

0,60

0,31

0,35

0,45

1,00

-0,01 -0,18

0,07

0,07

0,11

0,03

0,24

0,03

1,00

Entrepreneurship Implementierung Markentransfer Management Rückwirkungseffekte

Produkt-MarktStrategie

0,41

Fähigkeiten Produktpolitik

Markentransfererfolg

Fähigkeiten Preispolitik

1,00

Management Rückwirkungseffekte

Fähigkeiten Distribution

Implementierung Markentransfer

Entrepreneurship

Markenstärke

Markenorientierung

Fähigkeiten Marketingmanagment

Fähigkeiten Marktinformationsmanagement

Fähigkeiten Kommunikation

Fit

Markentransfererfolg

Fähigkeiten Distribution

Konstrukte

1,00

0,52

0,66

0,65

0,72

0,30

0,52

0,43

0,48

0,02

1,00

0,24

0,50

0,52

0,52

0,51

0,54

0,70

0,38

0,13

0,62

1,00

Fähigkeiten Preispolitik Fähigkeiten Produktpolitik

0,52

0,54

0,48

0,65

0,43

0,68

0,50

0,38

0,09

0,63

0,56

0,48

0,48

0,40

0,60

0,35

0,43

0,30

0,36

0,11

0,54

0,32

0,56

1,00

Produkt-Markt-Strategie

0,40

0,62

0,64

0,54

0,35

0,48

0,56

0,45

0,02

0,67

0,64

0,39

0,22

1,00

1,00

242

Anhang

Quadrierte Korrelationstabelle der latenten Variablen des Strukturmodells Korrelationstabelle der latenten Variablen quadriert

Fähigkeiten Distribution

1,00

Markentransfererfolg

0,17

1,00

Fit Fähigkeiten Kommunikation Fähigkeiten Marktinformationsmanagement Fähigkeiten Marketingmanagment

0,18

0,44

1,00

0,32

0,37

0,48

1,00

0,03

0,14

0,29

0,19

1,00

0,19

0,23

0,34

0,49

0,52

1,00

Markenorientierung

0,07

0,20

0,14

0,25

0,20

0,21

1,00

Markenstärke

0,11

0,33

0,30

0,36

0,09

0,12

0,20

1,00

Entrepreneurship Implementierung Markentransfer Management Rückwirkungseffekte

0,00

0,03

0,00

0,00

0,01

0,00

0,06

0,00

1,00

0,27

0,44

0,42

0,51

0,09

0,27

0,18

0,23

0,00

1,00

0,06

0,25

0,27

0,27

0,26

0,29

0,49

0,14

0,02

0,38

1,00

Fähigkeiten Preispolitik Fähigkeiten Produktpolitik

0,27

0,29

0,23

0,43

0,19

0,46

0,25

0,14

0,01

0,40

0,31

1,00

0,23

0,23

0,16

0,36

0,13

0,18

0,09

0,13

0,01

0,29

0,11

0,31

1,00

Produkt-Markt-Strategie

0,16

0,39

0,41

0,29

0,12

0,23

0,32

0,20

0,00

0,44

0,41

0,16

0,05

DEV (refl. Konstrukte)

0,65

0,67

0,72

0,69

0,61

0,59

0,63

0,71

Produkt-Markt-Strategie

Fähigkeiten Produktpolitik

Fähigkeiten Preispolitik

Management Rückwirkungseffekte

Implementierung Markentransfer

Entrepreneurship

Markenstärke

Markenorientierung

Fähigkeiten Marketingmanagment

Fähigkeiten Marktinformationsmanagement

Fähigkeiten Kommunikation

Fit

Markentransfererfolg

Fähigkeiten Distribution

Konstrukte

1,00

Korrelationstabellen der formativen Konstrukte

Korrelationstabellen der formativen Konstrukte Korrelationstabelle Konstrukt Markenstärke MS1 MS2 MS3 MS4 MS1 1 0,343 0,329 0,352 MS2 0,343 1 0,308 0,262 MS3 0,329 0,308 1 0,274 0,352 0,262 MS4 0,274 1

Korrelationstabelle Konstrukt Fit FF1 FF2 FF3 FF1 1 0,679 0,556 FF2 0,679 1 0,652 FF3 0,556 0,652 1

Korrelationstabelle Konstrukt Produkt-Markt-Strategie PMS1 PMS2 PMS3 PMS4 PMS1 1 0,604 0,398 0,128 0,604 PMS2 1 0,505 0,179 PMS3 0,398 0,505 1 0,516 0,128 PMS4 0,179 0,516 1

243

Korrelationstabelle Konstrukt Operative Umsetzung OMT1 OMT2 OMT3 OMT4 OMT5 OMT6 OMT7 OMT8 OMT9 OMT10 OMT11 OMT12 OMT13 OMT14 OMT1 1 0,372 0,010 0,010 0,405 0,375 0,376 0,224 0,417 0,532 0,404 0,380 0,405 0,397 OMT2 0,372 1 0,283 0,106 0,485 0,482 0,323 0,374 0,521 0,481 0,486 0,543 0,449 0,329 0,010 OMT3 0,283 1 0,492 0,230 0,087 -0,032 0,190 0,148 0,292 0,258 0,117 -0,153 0,121 0,010 OMT4 0,106 0,492 1 0,152 0,057 -0,013 0,329 0,362 0,264 0,137 0,116 0,077 0,351 OMT5 0,405 0,485 0,230 0,152 1 0,720 0,238 0,681 0,557 0,567 0,323 0,321 0,491 0,469 0,720 OMT6 0,375 0,482 0,087 0,057 1 0,457 0,604 0,509 0,360 0,231 0,226 0,467 0,407 OMT7 0,376 0,323 -0,032 -0,013 0,238 0,457 1 0,287 0,188 0,228 0,196 0,393 0,189 0,083 OMT8 0,224 0,374 0,190 0,329 0,681 0,604 0,287 1 0,654 0,489 0,218 0,354 0,290 0,362 OMT9 0,417 0,521 0,148 0,362 0,557 0,509 0,188 0,654 1 0,540 0,607 0,330 0,580 0,520 OMT10 0,532 0,481 0,292 0,264 0,567 0,360 0,228 0,489 0,540 1 0,374 0,486 0,365 0,363 OMT11 0,404 0,486 0,258 0,137 0,323 0,231 0,196 0,218 0,607 0,374 1 0,404 0,495 0,221 OMT12 0,380 0,543 0,117 0,116 0,321 0,226 0,393 0,354 0,330 0,486 0,404 1 0,391 0,302 OMT13 0,405 0,449 -0,153 0,077 0,491 0,467 0,189 0,290 0,580 0,365 0,495 0,391 1 0,468 OMT14 0,397 0,329 0,121 0,351 0,469 0,407 0,083 0,362 0,520 0,363 0,221 0,302 0,468 1

244 Anhang

Totaleffekte und Ranking der Erfolgsfaktoren

245

Totaleffekte und Ranking der Erfolgsfaktoren Konstrukte Implementierung Markentransfer Fit Markenstärke Produkt-Markt-Strategie Fähigkeiten Marketingmanagement Fähigkeiten Preispolitik Management Rückwirkungseffekte Fähigkeiten Kommunikation Fähigkeiten Marketinformationsmanagement Markenorientierung Fähigkeiten Produktpolitik Fähigkeiten Distribution Entrepreneurship

Totaleffekte 0,302 0,301 0,239 0,173 0,170 0,098 0,094 0,083 0,076 0,075 0,060 -0,018 -0,225

246

Anhang

Unternehmenscheckliste CHECKLISTE I – VORAUSSETZUNGEN DES MARKENTRANSFERS Hinweis: Die vorliegende Checkliste basiert auf einer wissenschaftlichen Untersuchung der Erfolgsfaktoren des Markentransfers. Sie dient der Überprüfung der für einen Markentransfer notwendigen Voraussetzungen im Unternehmen und soll im Vorfeld der Realisierung einen Diskussionsprozess zu den grundsätzlichen Voraussetzungen im Unternehmen anstoßen. KULTURELLE VORAUSSETZUNGEN Bitte geben Sie an, inwiefern Sie den folgenden Aussagen für Ihr Unternehmen / Ihre Geschäftseinheit zustimmen. Bitte urteilen Sie mit Hilfe einer Skala von 1 (Stimme nicht zu) bis 5 (Stimme zu) und multiplizieren Sie diesen Wert mit dem angegebenen Faktor. Wir haben in unserem Unternehmen eine klare Vorstellung davon, wofür unsere Marken stehen. Identität und Nutzenversprechen sind eindeutig definiert.

x 0,1 =

Alle unsere Marketingaktivitäten dienen immer auch dazu, unsere Marke(n) zu stärken und auszubauen.

x 0,1 =

Wir verstehen unsere Marke(n) als wertvolles Gut und strategische Ressource, die wir stets weiterentwickeln und bestmöglich schützen.

x 0,2 =

In unserem Unternehmen gibt es durchsetzungsfähige Produkt-, Marken- und/oder Marketingmanager.

x 0,1 =

Die Entwicklung der Marke(n) obliegt nicht nur einer kleinen Gruppe von Marketingleuten sondern ist auch "Chefsache".

x 0,2 =

Alle relevanten Unternehmensentscheidungen werden auch hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Marke(n) beurteilt.

x 0,1 =

Die Markenwerte unserer Marke(n) werden von einem großen Teil unserer Mitarbeiter verstanden und gelebt.

x 0,2 =

+ + + + + + =

(A) Kulturelle Voraussetzungen Um einschätzen zu können, inwiefern in Ihrem Unternehmen jene kulturellen Faktoren gegeben sind, die den Erfolg des Markentransfers begünstigen, vergleichen Sie den für A ermittelten Wert mit den erfolgreichsten und den am wenigsten erfolgreichen Unternehmen: (A) Kulturelle Voraussetzungen

Flop 10 %

Top 10 %

2,9

4,6

Unternehmenscheckliste

247

STRATEGISCHE MARKETINGFÄHIGKEITEN Bitte beurteilen Sie die Marketingfähigkeiten Ihres Unternehmens / Ihrer Geschäftseinheit im Vergleich zu den bedeutendsten Wettbewerbern. Bitte geben Sie auf einer Skala von 1 bis 5 an, inwiefern Sie in den einzelnen Feldern schlechter (1) bzw. besser (5) sind als Ihre Wettbewerber. Multiplizieren Sie dann diesen Wert mit dem angegebenen Faktor. Effektive Marktsegmentierung und Formulierung leicht umsetzbarer Zielgruppendefinitionen.

x 0,2 =

Wettbewerbsfähige Positionierung unserer Marke(n) und Formulierung relevanter Nutzenversprechen.

x 0,3 =

Systematische Planung von Marketingprojekten / -programmen.

x 0,3 =

Management von Marketingprojekten / -programmen auch unter Einbeziehung anderer Funktionsbereiche, wie z.B. Vertrieb, Design

x 0,2 =

+ + + =

(B) Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement Regelmäßige und umfassende Erhebung von Informationen zu Kunden und Wettbewerbern.

x 0,2 =

Einsatz moderner qualitativer und/oder quantitativer Marktforschungsmethoden

x 0,2 =

Umfassende Analyse aller zur Verfügung stehender Marktinformationen.

x 0,2 =

Ausführliche Nutzung von Marktinformationen als Basis effektiver Marketingprogramme.

x 0,2 =

Ausführliche Nutzung von Marktinformationen zur Entwicklung neuer Produktideen.

x 0,2 =

+ + + + =

(C) Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement Um einschätzen zu können, ob Ihr Unternehmen über die für den Markentransfer wichtigen strategischen Marketingfähigkeiten verfügt, vergleichen Sie die für B und C ermittelten Wert mit den erfolgreichsten und den am wenigsten erfolgreichen Unternehmen: Flop 10 %

Top 10 %

(B) Marketingmanagement

2,7

4,9

(C) Marktinformationsmanagement

2,6

4,6

248

Anhang

OPERATIVE MARKETINGFÄHIGKEITEN Bitte beurteilen Sie die Marketingfähigkeiten Ihres Unternehmens / Ihrer Geschäftseinheit im Vergleich zu den bedeutendsten Wettbewerbern. Bitte geben Sie auf einer Skala von 1 bis 5 an, inwiefern Sie in den einzelnen Feldern schlechter (1) bzw. besser (5) sind als Ihre Wettbewerber. Multiplizieren Sie dann diesen Wert mit dem angegebenen Faktor. Erfolgreiche Umsetzung der Markenwerte / des Markenimages in kreative Botschaften.

x 0,3 =

Gezielter Einsatz nicht-klassischer Kommunikationsinstrumente, wie z.B. Direktmarketing, Sponsoring, Events, Verkaufsförderung.

x 0,4 =

Effektive Öffentlichkeitsarbeit / PR.

x 0,3 =

+ + =

(D) Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation Gute Kenntnis der Preisstrategie des Wettbewerbs.

x 0,2 =

Effektiver und erfolgreicher Ansatz zur Preisbestimmung.

x 0,3 =

Regelmäßige Überwachung von Preisentwicklungen auf dem Markt.

x 0,3 =

Möglichkeiten zur schnellen und effektiven Anpassung von Preisen bei Marktveränderungen.

x 0,2 =

+ + + =

(E) Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik Um einschätzen zu können, ob Ihr Unternehmen über die für den Markentransfer wichtigen operativen Marketingfähigkeiten verfügt, vergleichen Sie die für D und E ermittelten Werte mit den erfolgreichsten und den am wenigsten erfolgreichen Unternehmen: Flop 10 %

Top 10 %

(D) Kommunikation

1,6

4,5

(E) Preispolitik

2,3

4,2

Unternehmenscheckliste

249

MARKENSTÄRKE Bitte charakterisieren Sie Ihre Stammmarke anhand der folgenden Kriterien. Bitte urteilen Sie mit Hilfe einer Skala von 1 (Stimme nicht zu) bis 5 (Stimme zu) und multiplizieren Sie diesen Wert mit dem angegebenen Faktor. Unsere Marke hat eine größere Bekanntheit als die unserer wichtigsten Mitbewerber.

x 0,4 =

Die vom Kunden wahrgenommene Qualität unserer Marke übertrifft die unserer Konkurrenten.

x 0,1 =

Der Sympathiegrad unserer Marke ist größer als der der Konkurrenzmarken.

x 0,1 =

Ein großer Anteil der unter der Marke geführten Produkte hat eine führende Position auf dem jeweiligen Markt.

x 0,4 =

+ + + =

(F) Markenstärke Um einschätzen zu können, ob Ihre Marke über eine für den Markentransfer ausreichend große Markenstärke verfügt, vergleichen Sie den für F ermittelten Wert mit den erfolgreichsten und den am wenigsten erfolgreichen Unternehmen:

(F) Markenstärke

Flop 10 %

Top 10 %

2,9

4,6

250

Anhang

UNTERNEHMENSPROFIL I – VORAUSSETZUNGEN DES MARKENTRANSFERS Bitte tragen Sie die ermittelten Werte für A bis F in das folgende Diagramm ein. Sofern Sie mit Ihrem unternehmensindividuellen Wert (x) den angegebenen Grenzwert (a) überschreiten, erhalten Sie für den jeweiligen Bereich eine spezifische Punktzahl. Bitte addieren Sie anschließend alle Punkte, um einen Gesamteindruck hinsichtlich Ihrer unternehmensindividuellen Voraussetzungen für den Markentransfer zu erhalten. Bereiche relevanter Voraussetzungen

Voraussetzungen nicht gegeben

Voraussetzungen gegeben

Punkte x>a

Flop 10 %

a

Top 10 %

A) Kulturelle Voraussetzungen

2,9

3,8

4,6

10 Pkt.

B) Fähigkeiten im Bereich Marketingmanagement

2,7

3,8

4,9

25 Pkt.

C) Fähigkeiten im Bereich Marktinformationsmanagement

2,6

3,6

4,6

10 Pkt.

D) Fähigkeiten im Instrumentalbereich Kommunikation

1,6

3,0

4,5

10 Pkt.

E) Fähigkeiten im Instrumentalbereich Preispolitik

2,3

3,2

4,2

15 Pkt.

F) Markenstärke

3,1

3,9

4,8

30 Pkt.

Gesamtpunkte 70 bis 100 Gute Voraussetzungen für die Durchführung eines erfolgreichen Markentransfers 30 bis 70 Voraussetzungen für die Durchführung eines erfolgeichen Markentransfers nicht vollkommen gegeben. 0 bis 30 Voraussetzungen für die Durchführung eines erfolgreichen Markentransfer nicht gegeben

Unternehmenscheckliste

251

IMPLEMENTIERUNG DES MARKENTRANSFERS Bitte charakterisieren Sie Ihre Stammmarke anhand der folgenden Kriterien. Bitte urteilen Sie mit Hilfe einer Skala von 1 (Stimme nicht zu) bis 5 (Stimme zu) und multiplizieren Sie diesen Wert mit dem angegebenen Faktor. Wir wählen die Vertriebskanäle für unser Transferprodukt sorgfältig aus.

x 0,2 =

Zur Erschließung neuer Vertriebskanäle haben wir Vertriebspartner, die die bestmögliche Distribution unseres Transferproduktes gewährleisten.

x 0,1 =

Wir stellen sicher, dass der Preis unseres Transferproduktes attraktiv für den Zielmarkt ist.

x 0,4 =

Wir stellen sicher, dass das Produkt- und/oder Verpackungsdesign aller unter der Stammmarke geführten Produkte stimmig ist, bzw. dass das Erscheinungsbild aller unter der Stammmarke erbrachten Dienstleistungen konsistent ist.

x 0,3 =

+ + + =

I) Implementierung Markentransfer

Um einschätzen zu können, ob Sie die Implementierung optimal auf die spezifischen Gegebenheiten des Markentransfers ausgerichtet haben, vergleichen Sie den für I ermittelten Wert mit den erfolgreichsten und den am wenigsten erfolgreichen Unternehmen: I) Implementierung Markentransfer

Flop 10 %

Top 10 %

2,3

4,9

252

Anhang

UNTERNEHMENSPROFIL II – AUSGESTALTUNG DES MARKENTRANSFERS Bitte tragen Sie die ermittelten Werte für G bis I in das folgende Diagramm ein. Sofern Sie mit Ihrem unternehmensindividuellen Wert (x) den angegebenen Grenzwert (a) überschreiten, erhalten Sie für den jeweiligen Bereich eine spezifische Punktzahl. Bitte addieren Sie anschließend alle Punkte, um einen Gesamteindruck hinsichtlich der Ausgestaltung Ihres Markentransfers zu erhalten. Bereiche relevanter Aktivitäten

Anpassung nicht gegeben

Anpassung gegeben

Punkte x>a

Flop 10 %

a

Top 10 %

G) Ausgestaltung Fit

2,3

3,6

4,9

40 Pkt.

H) Anpassung Produkt-MarktStrategie

2,3

3,6

4,8

20 Pkt.

I) Implementierung Markentransfer

2,3

3,6

4,9

40 Pkt.

Gesamtpunkte 80 bis 100 Die Ausgestaltung des Markentransfers ist gut an die Erfordernisse der Markentransfersituation angepasst. 20 bis 80 Die Ausgestaltung des Markentransfers ist nicht optimal an die Erfordernisse der Markentransfersituation angepasst. 0 bis 20 Die Ausgestaltung des Markentransfers ist nicht an die Erfordernisse der Markentransfersituation angepasst.

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