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German Pages 329 Year 2009
Karl Michael Ortmann Praktische Lebensversicherungsmathematik
Karl Michael Ortmann
Praktische Lebensversicherungsmathematik Mit zahlreichen Beispielen, Abbildungen und Anwendungen STUDIUM
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Prof. Dr. Karl Michael Ortmann Beuth Hochschule für Technik Berlin Fachbereich II (Mathematik – Physik – Chemie) Limburger Str. 38 13353 Berlin E-Mail: [email protected] Web: http://prof.beuth-hochschule.de/ortmann
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Vieweg +Teubner | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Ulrike Schmickler-Hirzebruch | Nastassja Vanselow Vieweg +Teubner ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in the Netherlands ISBN 978-3-8348-0678-9
Vorwort Das vorliegende Buch richtet sich insbesondere an Studierende der Wirtschaftsmathematik an Fachhochschulen, Hochschulen, Universitäten und Berufsakademien sowie an Absolventen ebensolcher Bildungseinrichtungen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie sich für die praktische Anwendung der Mathematik in der Lebensversicherung interessieren und gegebenenfalls eine berufliche Tätigkeit in der Versicherung anstreben. Mit diesem Buch möchten wir außerdem einen Beitrag zur Ausbildung zum Aktuar gemäß den Anforderungen der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) liefern. Wir geben in diesem Buch einen Einblick in diejenigen Themen, die für die Praxis der Lebensversicherung besonders relevant sind. Der Nutzen für den Leser liegt in dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten, die in der Lebensversicherung von praktischer Bedeutung sind. Da der Praxisbezug im Vordergrund steht, wurden zahlreiche Beispiele und Abbildungen aufgenommen. Durch sie soll das Verständnis der behandelten Materie erleichtert werden. Mit Hilfe der im Anhang befindlichen Sterbetafeln können die Rechnungen lückenlos nachvollzogen werden. Das Buch ist derart gestaltet, dass es sich einerseits für das systematische Erlernen des Stoffes eignet, andererseits im Nachhinein als Nachschlagewerk dienen kann. Zu diesem Zweck sind Kernbegriffe fettgedruckt und erleichtern so das Aufspüren relevanter Passagen. Wir beginnen im ersten Kapitel mit einer Einführung in die Versicherung. Die mathematischen Grundlagen der elementaren Finanzmathematik werden im zweiten Kapitel dargestellt. Das folgende dritte Kapitel über die biometrischen Rechnungsgrundlagen behandelt die Herleitung und Anwendung von Sterbetafeln. Im Kern des Buches stehen die Kenntnisse und Methoden zur Bestimmung der Prämien in der Lebensversicherung, die im vierten Kapitel vermittelt werden. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Deckungsrückstellungen, die im fünften Kapitel behandelt werden. Die Grundprinzipien der Überschussbeteiligung werden im sechsten Kapitel dargestellt. Den Abschluss bildet das siebte Kapitel über die Lebensrückversicherung. Da die Lebensversicherungsmathematik ein weites Feld ist, können wir zwangsläufig keine vollständige Darstellung geben. Weiterführende Inhalte werden im Sinne von Ergänzungen in jedem Kapitel kurz und knapp skizziert. Dazu verweisen wir auf die entsprechende Literatur. Kollegen an der Beuth Hochschule, Studierende verschiedener Jahrgänge, Freunde und Bekannte aus der Versicherungswirtschaft haben zum Gelingen dieses Buches beigetragen. Ihnen gebührt mein herzlicher Dank. Es wäre durchaus angemessen, sie alle an dieser Stelle zu erwähnen. Doch würde ich dadurch von meiner eigenen Verantwortung für die Richtigkeit der Mathematik und der dargestellten Standpunkte ablenken. Besonderer Dank gilt dem Herausgeber der Studienbücher Wirtschaftsmathematik, Prof. Dr. Bernd Luderer, für seine Hinweise, Anregungen und sehr gute Zusammenarbeit. Schließlich bin ich dem Vieweg+Teubner Verlag für die praktische Umsetzung dieses Buches zu Dank verpflichtet. Berlin, im Juli 2009
Karl Michael Ortmann
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung............................................................................................................................. 1 1.1 Wesen der Versicherung ................................................................................................. 1 1.2 Versicherungssparten...................................................................................................... 2 1.3 Formen der Lebensversicherung .................................................................................... 4 1.4 Geschäftsverbindung...................................................................................................... 5 1.5 Bedeutung der Lebensversicherung ............................................................................... 7 1.6 Historischer Hintergrund................................................................................................ 7 2 Elementare Finanzmathematik........................................................................................ 11 2.1 Zinsrechnung................................................................................................................ 12 2.1.1 Lineare Zinsrechnung............................................................................................ 12 2.1.2 Exponentielle Zinsrechnung.................................................................................. 16 2.1.3 Unterjährige Zinsrechnung.................................................................................... 21 2.1.4 Stetige Zinsrechnung............................................................................................. 25 2.2 Investitionsrechnung .................................................................................................... 27 2.2.1 Kapitalwertmethode .............................................................................................. 28 2.2.2 Methode der internen Rendite ............................................................................... 30 2.2.3 Ergänzungen.......................................................................................................... 33 2.3 Rentenrechnung ........................................................................................................... 34 2.3.1 Rentenbarwertfaktoren.......................................................................................... 35 2.3.2 Rentenendwertfaktoren ......................................................................................... 37 2.3.3 Unterjährige Renten .............................................................................................. 38 2.3.4 Aufgeschobene Renten.......................................................................................... 40 2.3.5 Dynamische Renten .............................................................................................. 42 2.3.6 Ewige Renten ........................................................................................................ 44 2.4 Tilgungsrechnung......................................................................................................... 45 2.4.1 Allgemeine Tilgung............................................................................................... 47 2.4.2 Ratentilgung .......................................................................................................... 48 2.4.3 Annuitätentilgung.................................................................................................. 49 2.4.4 Gesamtfällige Tilgung mit Zinsansammlung ........................................................ 51 2.4.5 Gesamtfällige Tilgung ohne Zinsansammlung...................................................... 52 2.4.6 Ergänzungen.......................................................................................................... 53
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2.5 Zusammenfassung ........................................................................................................55 3 Biometrische Rechnungsgrundlagen ...............................................................................57 3.1 Modellierung des Gesamtschadens ..............................................................................57 3.1.1 Individuelles Modell..............................................................................................58 3.1.2 Kollektives Modell ................................................................................................61 3.1.3 Approximationen ...................................................................................................63 3.1.4 Glaubwürdigkeit ....................................................................................................66 3.2 Modellierung der Sterblichkeit.....................................................................................69 3.2.1 Klassischer Modellansatz ......................................................................................69 3.2.2 Sterbetafel..............................................................................................................71 3.2.3 Historischer Hintergrund .......................................................................................74 3.3 Methoden der Sterblichkeitsanalyse .............................................................................74 3.3.1 Geburtsjahrmethode ..............................................................................................76 3.3.2 Sterbejahrmethode .................................................................................................78 3.3.3 Sterbeziffermethode...............................................................................................81 3.3.4 Verweildauermethode ............................................................................................82 3.4 Ausgleichsverfahren .....................................................................................................83 3.4.1 Analytische Verfahren............................................................................................84 3.4.2 Mechanische Verfahren .........................................................................................85 3.5 Anpassungen.................................................................................................................89 3.5.1 Sicherheitszuschläge..............................................................................................90 3.5.2 Rueffsche Altersverschiebung ...............................................................................94 3.5.3 Versichertensterbetafeln.........................................................................................96 3.5.4 Erhöhte Risiken .....................................................................................................97 3.5.4 Bevorzugte Risiken .............................................................................................100 3.6 Ergänzungen ...............................................................................................................102 3.6.1 Tarifierung ...........................................................................................................102 3.6.2 Trends ..................................................................................................................107 4 Beitragsberechnung......................................................................................................... 111 4.1 Rechnungsgrundlagen ................................................................................................113 4.1.1 Rechnungszins.....................................................................................................114 4.1.2 Sterblichkeit.........................................................................................................116 4.1.3 Kosten..................................................................................................................117 4.2 Kommutationswerte....................................................................................................118 4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen..............................................................................119
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4.3.1 Einmalige Erlebensfallleistung ........................................................................... 119 4.3.2 Sofort beginnende lebenslange vorschüssige Leibrente...................................... 122 4.3.3 Sofort beginnende lebenslange nachschüssige Leibrente ................................... 123 4.3.4 Unterjährige lebenslange Leibrente .................................................................... 124 4.3.5 Sofort beginnende temporäre vorschüssige Leibrente ........................................ 126 4.3.6 Unterjährige temporäre Leibrente ....................................................................... 127 4.3.7 Aufgeschobene lebenslange vorschüssige Leibrente .......................................... 127 4.3.8 Aufgeschobene temporäre vorschüssige Leibrente ............................................. 128 4.3.9 Sofort beginnende lebenslange vorschüssige Leibrente mit Garantiezeit ........... 129 4.3.10 Aufgeschobene lebenslange vorschüssige Leibrente mit Garantiezeit.............. 130 4.3.11 Arithmetisch steigende lebenslange vorschüssige Leibrente............................. 131 4.3.12 Sich geometrisch verändernde lebenslange vorschüssige Leibrente................. 133 4.3.13 Zusammenfassung............................................................................................. 134 4.3.14 Nomenklatur...................................................................................................... 135 4.4 Barwerte von Ausscheideleistungen .......................................................................... 136 4.4.1 Lebenslange Todesfallversicherung .................................................................... 136 4.4.2 Formale Zusammenhänge ................................................................................... 138 4.4.3 Aufgeschobene lebenslange Todesfallversicherung ............................................ 139 4.4.4 Risikolebensversicherung ................................................................................... 140 4.4.5 Aufgeschobene Risikolebensversicherung.......................................................... 141 4.4.6 Arithmetisch steigende lebenslange Todesfallversicherung ................................ 142 4.4.7 Arithmetisch fallende lebenslange Todesfallversicherung .................................. 144 4.4.8 Arithmetisch steigende Risikolebensversicherung .............................................. 145 4.4.9 Arithmetisch fallende Risikolebensversicherung ................................................ 145 4.4.10 Sich geometrisch verändernde Risikolebensversicherung ................................ 146 4.4.11 Zusammenfassung ............................................................................................. 148 4.5 Gemischte Leistungsbarwerte .................................................................................... 148 4.5.1 Kapitallebensversicherung .................................................................................. 149 4.5.2 Rentenversicherung mit Beitragsrückgewähr ..................................................... 151 4.5.3 Risikolebensversicherung mit Beitragsrückgewähr ............................................ 151 4.6 Nettoprämien.............................................................................................................. 152 4.6.1 Erlebensfallversicherung..................................................................................... 152 4.6.2 Lebenslange Todesfallversicherung .................................................................... 154 4.6.3 Risikolebensversicherung ................................................................................... 156 4.6.4 Kapitallebensversicherung .................................................................................. 157
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4.6.5 Rentenversicherung .............................................................................................159 4.7 Gezillmerte Nettoprämien ..........................................................................................160 4.7.1 Todes- und Erlebensfallversicherung ..................................................................162 4.7.2 Rentenversicherung .............................................................................................166 4.8 Bruttoprämien.............................................................................................................168 4.8.1 Erlebensfallversicherung .....................................................................................169 4.8.2 Lebenslange Todesfallversicherung.....................................................................172 4.8.3 Risikolebensversicherung....................................................................................173 4.8.4 Kapitallebensversicherung...................................................................................175 4.8.5 Rentenversicherung .............................................................................................177 4.9 Kostenprämien............................................................................................................179 4.9.1 Todes- und Erlebensfallversicherung ..................................................................180 4.9.2 Rentenversicherung .............................................................................................183 4.10 Tarifprämien .............................................................................................................184 4.11 Ausgewählte Produktbeispiele..................................................................................186 4.11.1 Ausbildungsversicherung...................................................................................186 4.11.2 Kapitallebensversicherung für Berufseinsteiger ................................................187 4.11.3 Erlebensfallsversicherung mit Beitragsrückgewähr ..........................................189 4.11.4 Sterbegeldversicherung......................................................................................190 4.11.5 Risikolebensversicherung mit Beitragsrückgewähr...........................................191 4.11.6 Kreditlebensversicherung ..................................................................................192 4.11.7 Hypothekenlebensversicherung.........................................................................193 4.11.8 Aufgeschobene Altersrentenversicherung mit Beitragsrückgewähr ..................194 4.11.9 Sofortige Altersrentenversicherung gegen Einmalbeitrag .................................195 4.11.10 Fachspezifische Arbeitsweise ..........................................................................196 5 Deckungsrückstellungen .................................................................................................197 5.1 Nettodeckungsrückstellung ........................................................................................202 5.1.1 Erlebensfallversicherung .....................................................................................202 5.1.2 Lebenslange Todesfallversicherung.....................................................................204 5.1.3 Risikolebensversicherung....................................................................................205 5.1.4 Kapitallebensversicherung...................................................................................207 5.1.5 Rentenversicherung .............................................................................................208 5.2 Gezillmerte Deckungsrückstellung.............................................................................210 5.2.1 Erlebens- und Todesfallversicherungen...............................................................210 5.2.5 Rentenversicherung .............................................................................................212
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5.3 Bruttodeckungsrückstellung....................................................................................... 214 5.3.1 Erlebensfallversicherung..................................................................................... 214 5.3.2 Lebenslange Todesfallversicherung .................................................................... 215 5.3.3 Risikolebensversicherung ................................................................................... 216 5.3.4 Kapitallebensversicherung .................................................................................. 217 5.3.5 Rentenversicherung............................................................................................. 217 5.4 Kostendeckungsrückstellung ..................................................................................... 218 5.4.1 Erlebens- und Todesfallversicherungen .............................................................. 218 5.4.2 Rentenversicherung............................................................................................. 221 5.5 Änderungen................................................................................................................ 222 5.5.1 Beitragsdynamik ................................................................................................. 223 5.5.2 Rückkauf ............................................................................................................. 224 5.5.3 Kündigung........................................................................................................... 228 5.5.4 Teilrückkauf ........................................................................................................ 230 5.5.5 Beitragsfreistellung ............................................................................................. 231 5.5.6 Leistungsänderung .............................................................................................. 233 5.5.7 Daueränderung .................................................................................................... 234 5.5.8 Änderung der Rechnungsgrundlagen.................................................................. 235 5.5.9 Auffüllungsbedarf ............................................................................................... 237 5.6 Beitragszerlegung....................................................................................................... 238 5.7 Bilanzdeckungsrückstellung ...................................................................................... 245 5.8 Ergänzungen............................................................................................................... 246 5.8.1 Lineare Gleichungssysteme................................................................................. 247 5.8.2 Satz von Cantelli ................................................................................................. 251 6 Ergebnisanalyse............................................................................................................... 253 6.1 Gewinnzerlegung ....................................................................................................... 253 6.1.1 Kontributionsgleichung....................................................................................... 253 6.1.2 Gewinn- und Verlustrechnung............................................................................. 256 6.2 Überschussbeteiligung ............................................................................................... 258 6.2.1 Überschussverteilung .......................................................................................... 259 6.2.2 Überschussverwendung ...................................................................................... 261 6.3 Finanzierbarkeit ......................................................................................................... 262 6.3.1 Ertragswertmethode ............................................................................................ 263 6.3.2 Sollzinsmethode .................................................................................................. 264 6.4 Rentabilität ................................................................................................................. 265
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6.4.1 Effektiver Rechnungszins....................................................................................265 6.4.2 Erlebensfallrendite...............................................................................................266 6.4.3 Effektive Rendite.................................................................................................267 6.5 Ergänzungen ...............................................................................................................270 6.5.1 Profit-Testing .......................................................................................................270 6.5.2 Asset-Liability-Matching.....................................................................................273 6.5.3 Kennzahlen ..........................................................................................................274 7 Rückversicherung............................................................................................................277 7.1 Proportionale Rückversicherung ................................................................................279 7.1.1 Quote ...................................................................................................................279 7.1.2 Summenexzedent.................................................................................................280 7.2 Nicht-proportionale Rückversicherung ......................................................................283 7.2.1 Einzelschadenexzedent........................................................................................283 7.2.2 Kumulschadenexzedent .......................................................................................286 7.2.3 Jahresüberschadenexzedent .................................................................................286 7.3 Gestaltungsarten .........................................................................................................286 7.3.1 Normalbasis ohne Reservedepot .........................................................................287 7.3.2 Normalbasis mit Reservedepot ............................................................................287 7.3.3 Risikobasis...........................................................................................................289 7.4 Ergänzungen ...............................................................................................................291 7.4.1 Selbstbehalt..........................................................................................................291 7.4.2 Tarifierung ...........................................................................................................291 7.4.3 Sterbetafelvergleich .............................................................................................292 7.4.4 Moderne Rückversicherung.................................................................................296 Anhang .................................................................................................................................297 A DAV2008TM ................................................................................................................297 B DAV2008TF..................................................................................................................301 C DAV2004RM ................................................................................................................305 D DAV2004RF .................................................................................................................309 E Haftungsausschluss .......................................................................................................313 Literaturverzeichnis ............................................................................................................315 Lehrbücher.........................................................................................................................315 Zeitschriften und sonstige Veröffentlichungen ..................................................................316 Gesetze und Verordnungen................................................................................................316 Stichwortverzeichnis............................................................................................................317
1 Einleitung Die Versicherung ist Gegenstand mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen. Zu den Versicherungswissenschaften zählen insbesondere die Fachgebiete Versicherungsrecht, Versicherungsökonomie und Versicherungsmathematik; aber auch versicherungsrelevante Bereiche anderer Disziplinen, wie der Medizin, den Sozialwissenschaften und der Klimaforschung finden ihre Anwendung. Die rechtliche Ausgestaltung der Versicherung wird durch Gesetze geregelt. In erster Linie sind das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) zu nennen. Zusätzlich hat der Gesetzgeber einschlägige Verordnungen erlassen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) wird in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Versicherung berücksichtigt. Das Handelsgesetzbuch (HGB) sowie die Steuergesetze und International Financial Reporting Standards (IFRS) enthalten detaillierte Vorschriften für die wirtschaftliche Berichterstattung von Versicherungsunternehmen. Ferner werden in der Versicherungswirtschaftslehre die mikro- und makroökonomischen Aspekte der Versicherung behandelt. In der Versicherungsmathematik werden Methoden und Modelle zur Verfügung gestellt, um die für die Versicherung relevanten Größen zu berechnen. Die Lebensversicherungsmathematik im Speziellen verbindet dazu die Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik mit der Finanzmathematik. Die Versicherungsmathematik steht im engen Zusammenhang mit den genannten wissenschaftlichen Disziplinen. Die Beurteilung mathematischer Modelle und Berechnungen kann deshalb nur im Kontext erfolgen. Für die Praxis der Lebensversicherung besitzt der interdisziplinäre Ansatz große Bedeutung. In diesem Buch werden wir deshalb relevante Gesetzestexte zitieren und auf die Lebensversicherungsmathematik anwenden. Gleichermaßen werden die berechneten Ergebnisse kaufmännisch interpretiert. Betriebswirtschaftliche Fragestellungen ergänzen die Anforderungen an die praktische Lebensversicherungsmathematik. Die Berufsbezeichnung des in der Versicherung tätigen Mathematikers ist „Aktuar“. Der Aktuar ist gewissermaßen der Ingenieur der Versicherung. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht nur die Versicherungsmathematik beherrscht, sondern auch Grundkenntnisse in den benachbarten versicherungswissenschaftlichen Disziplinen besitzt.
1.1 Wesen der Versicherung In der Literatur existieren zahlreiche Definitionen des Begriffs der Versicherung. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nicht sämtliche relevanten Aspekte berücksichtigen. Im Folgenden stellen wir die wesentlichen Merkmale der Versicherung zusammen. Eine Versicherung besteht aus einer Vereinbarung zwischen zwei Parteien, dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsnehmer. Gegenstand des Versicherungsvertrag
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1 Einleitung
ist die Gefahr, dass aufgrund gewisser Ereignisse ein finanzieller Bedarf entsteht. Versicherbar sind nur solche Begebenheiten, die im Voraus für alle Beteiligten ungewiss sind. Wird die Zufälligkeit des Gefahreneintritts durch den Willen des Versicherten beeinflusst, so ist das Risiko nicht versicherbar. Die Zufälligkeit des Ereignisses ist für beide Parteien unantastbar. Gerade dieser Aspekt gibt in der Praxis Anlass zu Streitigkeiten. Hält der Versicherte dem Versicherer relevante Informationen vor, die das Eintreten der versicherten Gefahr betreffen, oder aber manipuliert er gar das Ereignis, so spricht man von Versicherungsbetrug. Ist der Versicherungsfall zufällig eingetreten, so übernimmt das Versicherungsunternehmen die vereinbarte Leistung. Die Höhe der Zahlung kann vertraglich vereinbart sein oder sich am tatsächlich eingetretenen Schaden orientieren. Allen Versicherungen ist gemeinsam, dass Auszahlungen im Allgemeinen eher selten sind. Die Grundlage der Versicherung ist folglich der Ausgleich im Kollektiv: in einer großen Gesamtheit von versicherten Personen lässt sich der erforderliche Mittelbedarf des Versicherers besser abschätzen. Als Gegenleistung für die zufälligen Leistungen des Versicherers wird ein Entgelt vereinbart, die so genannte Versicherungsprämie, auch Versicherungsbeitrag genannt. Ein Versicherungsvertrag manifestiert also ein Tauschgeschäft von sicheren Zahlungen des Versicherungsnehmers gegen unsichere Zahlungen des Versicherers. Beispiel Ein dreißigjähriger Mann hat gerade ein Haus für seine Familie gebaut. Das Eigenheim hat 200.000 € gekostet; das Geld ist von einer Bank geliehen. Der Familienvater verdient den Unterhalt für seine Familie. Demnach entsteht ein finanzieller Bedarf für den Fall, dass er sterben sollte. Der junge Mann möchte für den Fall der Fälle vorsorgen. Wenn er vorzeitig stirbt, soll seine Familie in dem Haus wohnen bleiben können. Ob und wann der Mann stirbt, ist völlig unbekannt. Die Gefahr seines Todes ist somit versicherbar. Zu diesem Zweck schließt er folgende Lebensversicherung ab: Im Fall seines Todes innerhalb der nächsten zwanzig Jahre zahlt die Versicherung 200.000 € aus, die zur Rückzahlung des Kredits verwendet werden können. Im Gegenzug zahlt er selbst regelmäßig den Versicherungsbeitrag. Dieser Tausch von Zahlungen wird im Versicherungsvertrag dokumentiert.
1.2 Versicherungssparten In der deutschen Gesetzgebung werden insgesamt 24 verschiedene Versicherungssparten genannt. Man unterscheidet dabei die Bedrohung von Personen, Sachen und Vermögen durch bestimmte Gefahren. In der Schadenversicherung wird Ersatz von Vermögensschäden geleistet. Die Verträge haben meistens eine Laufzeit von einem Jahr. In der Schadensversicherung sind sowohl der Schadeneintritt als auch die Schadenhöhe vom Zufall abhängig. Deshalb spielt die Analyse der zu Grunde liegenden Wahrscheinlichkeiten eine zentrale Rolle.
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1.2 Versicherungssparten
In der Personenversicherung ist die Versicherungssumme vertraglich festgelegt. Man spricht deshalb auch von einer Summenversicherung. Demnach steht die Höhe der garantierten Leistung fest. Die Anzahl der Zahlungen ist jedoch mitunter ungewiss, wie zum Beispiel bei Rentenversicherungen. Folglich ist der mögliche Gesamtschaden für einen Vertrag in der Personenversicherung nicht unbedingt im Voraus bekannt. Die Verträge in der Personenversicherung laufen in der Regel über viele Jahre. Die Finanzierbarkeit zukünftiger Verpflichtungen hat deshalb hohe Bedeutung. Im folgenden Beispiel wollen wir den Zufall in der Versicherung herausstellen. Beispiel Die folgende Tabelle gibt einen Einblick in den Einfluss des Zufalls auf ausgewählte Finanzdienstleistungsprodukte. Versicherung
Leistungsdauer
Schadeneintritt
Zeitpunkt des Eintritts
steht fest
steht fest
steht fest
steht fest
steht fest
steht fest
steht fest
zufällig
steht fest
steht fest
zufällig
steht fest
Sofort beginnende Altersrentenversicherung Temporäre Todesfallversicherung Pensionsversicherung
steht fest
zufällig
steht fest
steht fest
steht fest
steht fest
zufällig
zufällig
steht fest
zufällig
steht fest
zufällig
Aufgeschobene Altersrentenversicherung Witwenrentenversicherung
steht fest
zufällig
zufällig
steht fest
steht fest
zufällig
zufällig
zufällig
Unfallrentenversicherung
zufällig
zufällig
zufällig
zufällig
Sachversicherungen (z. B. Hausratversicherung)
zufällig
steht fest
zufällig
zufällig
Banksparvertrag (keine Versicherung ) Lebenslange Todesfallversicherung Erlebensfallversicherung
Leistungshöhe
Die Lebensversicherung ist ein Teilgebiet der Personenversicherung. Die versicherte Gefahr ist der Tod beziehungsweise das Überleben. Im Folgenden werden wir die einzelnen Formen der Lebensversicherung erläutern.
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1 Einleitung
1.3 Formen der Lebensversicherung Lebensversicherungen werden in Kapital- und Rentenversicherungen gegliedert. Bei der Kapitalversicherung besteht die versicherte Leistung aus der Auszahlung der Versicherungssumme. In der Regel wird sie einmalig bei Tod der versicherten Person oder bei Vertragsablauf, das heißt bei Überleben der versicherten Person bis zum vereinbarten Zeitpunkt, fällig. Im Gegensatz dazu werden bei der Rentenversicherung wiederkehrende Zahlungen erbracht. Renten sind im Allgemeinen an den Erlebensfall einer Person geknüpft. Eine Lebensversicherung ist eine kapitalbildende Versicherung, wenn im Vertragsverlauf Mittel zum Erreichen eines Sparziels angesammelt werden. Die kapitalbildende Lebensversicherung stellt für den Versicherten eine Alternative zur reinen Geldanlage dar. Zu den kapitalbildenden Versicherungen gehören die Erlebensfallversicherung, die lebenslange Todesfallversicherung, die Kapitallebensversicherung und die Rentenversicherung, jedoch nicht die Risikolebensversicherung. Bei der Erlebensfallversicherung wird die Versicherungssumme zum festgelegten Termin ausbezahlt, vorausgesetzt, die versicherte Person ist noch am Leben. Das Augenmerk dieser Versicherung liegt in der Finanzierung eines Wunsches. Bei der Todesfallversicherung wird die Versicherungssumme nur bei Tod der versicherten Person fällig. Die lebenslange Todesfallversicherung führt garantiert zur Auszahlung, denn jeder Mensch muss irgendwann sterben. Die Risikolebensversicherung ist eine temporäre Todesfallversicherung. Die Vertragslaufzeit ist begrenzt, sodass unter Umständen keine Versicherungsleistung erbracht wird. Todesfallversicherungen dienen üblicherweise der finanziellen Versorgung der Angehörigen. Die Kapitallebensversicherung ist eine gemischte Versicherung aus einer Erlebensfallversicherung und einer Risikolebensversicherung mit identischer Vertragslaufzeit. Im Allgemeinen ist die Versicherungssumme bei Tod und Vertragsablauf gleich hoch. Die Kapitallebensversicherung vereint die Zwecke der beiden einzelnen Versicherungen: Hinterbliebenenversorgung und Altersvorsorge. Häufige Anwendung findet sie auch zur Absicherung von Krediten, Darlehen und Hypotheken, die auf jeden Fall zurückgezahlt werden müssen. Neben der klassischen Kapitallebensversicherung gibt es zahlreiche Varianten mit erhöhter Todesfallleistung, erhöhter Erlebensfallleistung oder mehreren Teilauszahlungen. Der Begriff Kapitallebensversicherung ist nicht mit dem der Kapitalversicherung und der kapitalbildenden Versicherung zu verwechseln. Die Altersrentenversicherung wird häufig synonym als Leibrentenversicherung oder kurz Rentenversicherung bezeichnet. Der Bezugsberechtigte erhält bis zum Tod des Versicherten eine regelmäßige Versicherungsleistung, die so genannte Rente. Die Zahlungsdauer ist also lebenslänglich. Oftmals wird die Zahlung bis zum Erreichen des Renteneintrittsalters, zurzeit in Deutschland 65 Jahre, ausgesetzt. In diesem Zusammenhang spricht man von einem Rentenaufschub. Demgegenüber steht die Sofortrente. Bei dieser Vertragsvariante beginnt die Rentenzahlung mehr oder weniger sofort bei Vertragsabschluss.
1.4 Geschäftsverbindung
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Die Pensionsversicherung hingegen ist nicht Gegenstand der Lebensversicherung. Sie beinhaltet in einem Versicherungsvertrag die Altersrente, Witwenrente, Waisenrente und Invalidenrente. Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die klassischen Formen der Lebensversicherung.
Kapitallebensversicherung
Erlebensfallversicherung
Risikolebensversicherung Lebensversicherung
Altersrentenversicherung
Todesfallversicherung
1.4 Geschäftsverbindung Zum besseren Verständnis der Lebensversicherung diskutieren wir im Folgenden die vertragliche Beziehung der betroffenen Personen. Der Versicherer (VR) ist ein Lebensversicherungsunternehmen, welches mit dem Versicherungsnehmer (VN) den Versicherungsvertrag abschließt. Der Versicherungsnehmer kann eine natürliche oder eine juristische Person sein. In vielen Fällen sind zudem Dritte am Vertrag beteiligt. Der Versicherungsnehmer kann sich selbst oder eine andere Person versichern. Die versicherte Person (VP) ist diejenige Person, auf deren Leben sich der Vertrag bezieht. Allerdings muss der Versicherungsnehmer auch selbst betroffen sein. Man spricht davon, dass ein versichertes Interesse vorliegen muss, um eine andere Person zu versichern. So kann sich, zum Beispiel, ein Unternehmen (als VN) gegen den Ausfall seiner Top-Manager (als VP) durch Tod versichern. Der Bezugsberechtigte (BB) ist diejenige Person, die im Versicherungsfall die vereinbarte Leistung erhält. Bei einer Todesfallversicherung sind üblicherweise die Angehörigen bezugs-
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1 Einleitung
berechtigt. Es ist auch möglich, dass ein Versicherungsvertrag verpfändet oder abgetreten wird. In diesem Fall kann der Bezugsberechtigte eine juristische Person, zum Beispiel eine Bank, sein. Der Versicherungsnehmer kann seine eigenen Zahlungsverpflichtungen delegieren. Der Beitragszahler (BZ) ist diejenige Person, die die Versicherungsbeiträge zahlt. In vielen praktischen Fällen sind der Versicherungsnehmer, die versicherte Person und der Beitragszahler ein und dieselbe natürliche Person. Für den Fall, dass der Erlebensfall versichert wird, kann auch der Bezugsberechtigte mit den anderen beteiligten Personen zusammenfallen. Versicherungsverträge werden im Allgemeinen durch einen Versicherungsvermittler (VV) angebahnt und abgeschlossen. Diese Person ist berechtigt, das Versicherungsunternehmen zu vertreten. Man unterscheidet zwischen gebundenen Vertretern, die genau ein Unternehmen repräsentieren, und Mehrfachvertretern, die an mehrere Versicherer gebunden sind. Daneben gibt es Versicherungsmakler, die keine Bindung zu irgendeinem Unternehmen haben. Für die Vermittlung des Versicherungsvertrages erhält der Vermittler eine einmalige Provision, auch Courtage genannt. Diesem Umstand werden wir noch besondere Beachtung schenken. Die folgende Grafik verdeutlicht das Zusammenspiel der beteiligten Personen in der Lebensversicherung.
BB
VR
Leistung
VV
VN
VP Provision Vertrag
BZ
Beitrag
1.6 Historischer Hintergrund
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1.5 Bedeutung der Lebensversicherung Der Lebensversicherung kommt große Bedeutung zu. Zunächst ist die Sicherungsfunktion zu nennen. Die Risikolebensversicherung ermöglicht den Hinterbliebenen eine angemessene finanzielle Versorgung. Daneben dient die Lebensversicherung auch zur Vermögens- und Kreditsicherung. Im Fall des Ablebens der versicherten Person kann ein aufgenommener Kredit zurückgezahlt werden. Dadurch werden die Erben finanziell entlastet. Insofern kann eine Lebensversicherung den Versicherungsnehmer von der finanziellen Sorge um seine Familie und sein Vermögen befreien. Neben der Sicherungsfunktion hat die Lebensversicherung auch eine Sparfunktion. Die bei Ablauf einer Erlebensfallversicherung fällige Kapitalleistung kann zur Tilgung eines Darlehens oder zum Erwerb eines Besitzes verwendet werden. Besondere Bedeutung kommt der Altersvorsorge zu. Durch eine Leibrentenversicherung kann der Versicherte seinen Altersruhestand vorfinanzieren. Die gemischte Kapitallebensversicherung kombiniert die Sicherungs- und Sparfunktion in einem einzigen Vertrag. Sie stellt die beliebteste Versicherungsform in Deutschland dar. In den USA hingegen überwiegen reine Risikolebensversicherungen. Aus der Sparfunktion der Lebensversicherung ergibt sich die sozialpolitische Bedeutung. Nach dem so genannten Drei-Säulen-Konzept beruht die Altersvorsorge in Deutschland und vielen anderen Ländern auf drei Säulen. Die Grundversorgung erfolgt durch die gesetzliche Rentenversicherung. In einem Umlageverfahren kommen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die laufenden Rentenzahlungen in der Bevölkerung auf. Die zweite Säule beruht auf der betrieblichen Altersvorsorge. Dazu erteilt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unter bestimmten Voraussetzungen eine Versorgungszusage. Die private Altersvorsorge dient als dritte Säule der Ergänzung der eigenen Rente. Aufgrund der demografischen Entwicklung gewinnt die zusätzliche freiwillige Lebensversicherung immer mehr an Bedeutung. Mit dem langfristigen Sparvorgang in der Lebensversicherung ist eine Kapitalansammlung verbunden. Deutsche Lebensversicherer verwalten ein umfangreiches Vermögen. Zu einem großen Teil werden diese Gelder in öffentliche Anleihen investiert. Letztendlich sind die Lebensversicherer somit ein bedeutender Kreditgeber für den Staat. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wird so eine Steigerung der deutschen Wirtschaftsleistung ermöglicht. Wegen ihrer großen sozialpolitischen und volkswirtschaftlichen Bedeutung wurde die Lebensversicherung in der Vergangenheit vielfach steuerlich begünstigt. Im Gegenzug haben immer mehr Personen Lebensversicherungsverträge abgeschlossen.
1.6 Historischer Hintergrund Die Ursprünge der Lebensversicherung liegen in dem Umstand begründet, dass die Menschen sich einander auf strukturierte Weise geholfen haben. Schon in der Frühzeit und im
8
1 Einleitung
Altertum gab es Vereinigungen, deren Ziel die gegenseitige Unterstützung bei Krankheit und Tod war. Auf dieser Grundlage entstanden die ersten Sterbekassen. Für einen regelmäßigen Beitrag bekamen die Mitglieder ein würdiges Begräbnis. Derartige Sterbegeldversicherungen gab es nachweislich schon bei den alten Römern. Im Mittelalter bildeten sich Vereinigungen von Kaufleuten, die so genannten Gilden, und Handwerkern, Zünfte genannt. Unter Eid verpflichteten sich die Mitglieder unter anderem zu gegenseitiger Hilfe bei Krankheit und im Todesfall. Als Vorläufer der Rentenversicherung setzten im 13. Jahrhundert so genannte Leibrentenkäufe ein. Gegen Zahlung eines Einmalbetrages erhielt der Käufer eine lebenslange Rente. Die Höhe der Rente wurde dabei individuell ausgehandelt. Für die weitere Entwicklung waren die so genannten Tontinen von Bedeutung, die auf Lorenzo Tonti (1630 í 1695) zurückgehen. Dabei handelte es sich um Anleihen eines Veranstalters, Tontinarius genannt, die in Form von Renten an die Teilnehmer, die so genannten Tontinisten, zurückgezahlt wurden. Das folgende Beispiel erläutert das Prinzip einer Tontine. Beispiel Die Funktionsweise einer Tontine kann an einem Schachturnier verdeutlicht werden. Es gebe 64 Teilnehmer, die jeweils einen Euro als Startgeld zahlen. Das verfügbare Preisgeld beträgt somit 64 €. Die Turnierform ist das Eliminationsverfahren. In jeder Spielrunde kommen alle noch im Wettbewerb befindlichen Spieler zum Einsatz. Es treffen jeweils zwei Spieler aufeinander. Der Sieger zieht in die nächste Runde ein, der Verlierer scheidet aus. Nach der ersten Runde sind noch 32, nach der zweiten 16 und nach der dritten Runde 8 Spieler im Wettbewerb. Die Sieger der Achtelfinalbegegnungen erhalten jeweils 2 €, was sich insgesamt zu einer Ausschüttung von 16 € summiert. In den folgenden Runden werden wiederum jeweils 16 € an die verbleibenden Schachspieler ausgezahlt. Die vier Sieger der Viertelfinale erhalten jeweils 4 €. Die Sieger der beiden Halbfinale erhalten je 8 € und der Sieger des Turniers darf sich an 16 € erfreuen. In den letzten vier Turnierrunden werden also jeweils 16 € ausgeschüttet, so dass das eingenommene Startgeld aufgebraucht wird. Diese Preisgeldverleihung zeigt wesentliche Merkmale einer Tontine: Nach einer gewissen Aufschubzeit wurde unter den Überlebenden eine vorher vereinbarte Geldsumme verteilt. In jeder folgenden Periode wurde gleich viel ausgezahlt. Insgesamt wurde das eingenommene Startgeld, inklusive vereinbarter Zuwächse, wieder ausgeschüttet.
Im angelsächsischen Bereich sind Tontinen auch heute noch gebräuchlich. Sie stellen jedoch kein Versicherungsgeschäft im eigentlichen Sinn dar. Denn der Tontinarius trägt kein Sterblichkeitsrisiko. Die Entwicklung der technischen Grundlagen der Lebensversicherung setzte im siebzehnten Jahrhundert ein. Jakob Bernoulli (1654 í 1705) formulierte das Gesetz der großen Zahlen, welches die Grundlage der Versicherung bildet. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 í 1716) entwickelte die Zinsrechnung. An der Weiterentwicklung der Lebensversicherungsmathematik beteiligten sich maßgeblich auch Leonhard Euler (1707 í 1783) und später Carl
1.6 Historischer Hintergrund
9
Friedrich Gauß (1787 í 1855). Im Jahr 1785 erschien das erste deutschsprachige Lehrbuch zur Lebensversicherungsmathematik von Johannes Nicolaus Tetens (1736 í 1807) unter dem Titel: „Einleitung zur Berechnung der Leibrenten und Anwartschaften, die vom Leben und Tode einer oder mehrerer Personen abhangen“. Im Jahr 1706 wurde in England die Amicable Society als erste Lebensversicherungsgesellschaft der Welt gegründet. Im Jahr 1762 folgte die Equitable Life Assurance Society. Sie galt als erste Lebensversicherungsgesellschaft mit versicherungsmathematischen Rechnungsgrundlagen. Ironischerweise ist gerade die Equitable im Jahr 2000 beinahe bankrott gegangen, nachdem sie sich massiv mit Optionen für garantierte Renten verkalkuliert hatte. Die erste bedeutende Lebensversicherungsgesellschaft in Deutschland wurde 1827 gegründet; es war die Gothaer Lebensversicherungsbank für Deutschland. In den übrigen europäischen Ländern entwickelte sich die Lebensversicherung zunächst nur sehr schleppend. Mit der Einführung der Sozialversicherung in Deutschland Ende des neunzehnten Jahrhunderts, die maßgeblich auf Reichskanzler Bismarck (1815 í 1898) beruht, gewann die private Lebensversicherung neue Impulse. Die Gesellschaften widmeten sich verstärkt der Volksversicherung. Insbesondere wurden Verträge mit kleinen Versicherungssummen angeboten. Die beiden folgenden Weltkriege haben die Grundfesten der Lebensversicherung erschüttert. Die erhöhten Todesfälle sind gar nicht mal der ausschlaggebende Grund gewesen. Vielmehr haben die mit den Kriegen verbundenen Wirtschaftskrisen der Lebensversicherungsbranche zu schaffen gemacht. Durch die grassierende Inflation nach dem Ersten Weltkrieg wurde der vereinbarte Versicherungsschutz immer weniger wert. Mit der Währungsreform 1923 endeten abgeschlossene Lebensversicherungen praktisch ohne Wert. Der Zweite Weltkrieg brachte die Lebensversicherungswirtschaft wiederum an den Rand des Zusammenbruchs. Allerdings ging diesmal der bestehende Schutz für die Versicherten nur teilweise verloren. Von der anschließenden Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs profitierte auch die Lebensversicherungsbranche. Zurzeit bestehen in Deutschland etwa einhundert Millionen Lebensversicherungsverträge.
2 Elementare Finanzmathematik Gegenstand der elementaren Finanzmathematik ist die Analyse des Wertes von Geld im Verlauf der Zeit. Einem jeden Menschen dürfte wohl aus eigener Erfahrung klar sein, dass hundert Euro, bar auf die Hand, weniger wert sind als derselbe Betrag, zahlbar in einem Jahr. Dabei geht es nicht um die Sicherheit der zukünftigen Zahlung. Genauso wenig interessieren uns eventuelle Anstrengungen, die mit dem Geldeintreiben verbunden sein mögen. Schon im Altertum war es Usus, in Not geratenen Menschen Geld gegen eine Gebühr zu leihen. Das Alte Testament der Bibel fordert in diesem Zusammenhang dazu auf, auf Wucher zu verzichten. Denn ein Aufschlag würde die edle Tat der Nächstenliebe zunichte machen. Im Verlauf der Jahrhunderte haben sich professionelle Geldgeschäfte mehr und mehr durchgesetzt. Sie bilden heute die Grundlage einer funktionierenden Volkswirtschaft. Wesentliche Größen der elementaren Finanzmathematik sind der nominelle Betrag des Geldes und sein Fälligkeitszeitpunkt. Unter dem Kapital Kt versteht man in diesem Zusammenhang den Geldbetrag, der von der Zeit t abhängig ist. In der praktischen Finanzmathematik interessiert man sich vielmehr für das Kapital als für den nominellen Betrag des Geldes. Durch die beiden Komponenten Betrag und Zeitpunkt ist das Kapital eindeutig bestimmt. Zwei Zahlungen sind gleich, wenn sie sich auf denselben Zeitpunkt beziehen und denselben Betrag haben. Dieser Umstand wird in der elementaren Finanzmathematik durch den Zahlungsstrahl verdeutlicht. 0
1
K0
K1
Man hat unbedingt darauf zu achten, dass der nominelle Geldbetrag einer Zahlung, für sich alleine genommen, das Kapital nicht vollständig beschreibt. Man benötigt immer zusätzlich die Zeitangabe hinsichtlich der Fälligkeit. Eine grundlegende Aufgabe der elementaren Finanzmathematik ist es, Geldbeträge vergleichbar zu machen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig sind. Die zeitliche Transformation von Kapital erfolgt dabei mit Hilfe des Kalküls der Zinsrechnung, die im ersten Abschnitt behandelt wird. Im Zusammenhang mit der Investitionsrechnung werden wir im zweiten Abschnitt quantitative Methoden vorstellen, die zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen geeignet sind. Dabei beschränken wir uns auf die beiden wichtigsten Ansätze, die Kapitalwertmethode und die Methode der internen Rendite.
12
2 Elementare Finanzmathematik
Im Abschnitt über die Rentenrechnung befassen wir uns mit der Analyse von regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen. Schließlich geht es in der Tilgungsrechnung um die Beschreibung von Kreditgeschäften.
2.1 Zinsrechnung Die Zinsen sind die Vergütung, oder auch das Entgelt, für die Überlassung von Geld. Den Geldgeber nennt man Gläubiger, den Geldempfänger Schuldner. Mit Laufzeit bezeichnet man die Dauer der Überlassung des Geldes. Den Zeitraum für die vereinbarte Verzinsung des überlassenen Geldes nennt man Zinsperiode. Die Zinsrate, auch Zinssatz, Zinsfuß, manchmal vereinfacht Zins genannt, ist der Anteil der Zinsen auf das zur Verfügung gestellte Geld für eine vollständige Zinsperiode. Schließlich ist der Zeitwert der von der Zeit abhängige Wert des Geldes. Zwei Zeitwerte sind dabei besonders hervorzuheben: der Barwert K0 ist der Zeitwert am Anfang und der Endwert K n ist der Zeitwert am Ende des Betrachtungszeitraums nach Ablauf von n Zinsperioden.
2.1.1 Lineare Zinsrechnung Die lineare Zinsrechnung, manchmal auch einfache Zinsrechnung genannt, setzt voraus, dass es während der Dauer der Überlassung des Geldes keinen Zinszuschlagstermin gibt. Insbesondere gibt es bei der linearen Verzinsung damit keine Zinsen für die Überlassung der Zinszahlungen, die so genannten Zinseszinsen. , die im nächsten Abschnitt ausführlich diskutiert werden. Bei der einfachen Verzinsung werden die fälligen Zinsen genau einmal gezahlt. Wir gehen ohne Beschränkung der Allgemeinheit davon aus, dass Zinsen stets am Ende der Laufzeit gezahlt werden. Man spricht dabei von nachschüssig fälligen Zinsen. Diese Form der Zinszahlung ist in der Praxis am häufigsten anzutreffen. Bei einfacher Zinsrechnung hängen die Zinsen Z n proportional vom Kapital K0 und der Laufzeit, also der Anzahl n der betrachteten Zinsperioden ab. Der Proportionalitätsfaktor ist durch die Zinsrate i gegeben. Somit berechnen sich die Zinsen gemäß Zn
i n K0 .
Bei Überlassung des Kapitals für einen Bruchteils eines Jahres werden die Zinsen bei Angabe eines Jahreszinssatzes i wie folgt berechnet: Zt
i
t K0 . 360
Dabei bezeichnet t die Anzahl der Tage für die Überlassung des Kapitals K0 . Bei dieser Definition wird davon ausgegangen, dass jeder der zwölf Monate im Jahr rechnerisch 30 Zinstage hat. Das Jahr hat somit insgesamt 360 Tage. Diese Festlegung ist in Banken üblich, um Zinsrechnungen zu vereinfachen. Wir werden diese Vereinbarung im Folgenden anwenden, wenn nichts anderes gesagt ist.
2.1 Zinsrechnung
13
Man kann natürlich auch stattdessen mit 365 Tagen pro Jahr rechnen. In diesem Fall kann vereinfacht angenommen werden, dass jeder Monat, auch der Februar, gleich viele Tage hat, nämlich 30,42. Als zusätzliche Alternative bietet es sich an, taggenaue Abrechnungen vorzunehmen. Bei diesem Ansatz hält man sich exakt an den Jahreskalender. Aus dem Anfangskapital ergibt sich das um die Zinsen vermehrte Endkapital nach n Zinsperioden zu Kn
K0 Z n
K0 (1 i n ) .
Nach t Tagen ist analog Kt
K0 Z t
t · § K0 ¨1 i ¸ . 360 © ¹
Dabei ist K 0 der Barwert und K n , beziehungsweise K t , der Endwert des Geldes. Umgekehrt gilt K0
Kn , 1 i n
beziehungsweise K0
Kt 1 i
t 360
.
Der Vorgang des Berechnens des Endwerts aus dem Barwert heißt Aufzinsen oder Verzinsen. Die Durchführung der Berechnung des Anfangskapitals aus dem Endkapital heißt Abzinsen oder Diskontieren. Man sagt, das Endkapital wird abgezinst, das Anfangskapital wird verzinst. 0
n 1
1
n
aufzinsen K0
abzinsen
Kn
Oft trifft man die Situation an, dass ein Geldbetrag für einen fest vereinbarten Zeitraum abgetreten wird. Am Ende dieser Dauer wird das Kapital einschließlich der vereinbarten Zinsen zurückgezahlt. Wenn zwei Zeitwerte gegeben sind, so kann man den Zinssatz für diejenige Zinsperiode berechnen, die der zeitlichen Differenz der beiden Zahlungen entspricht: i
K n K0 K0
Kn 1 . K0
Die Laufzeiten von Geldgeschäften können sehr unterschiedlich sein. Es stellt sich die Frage, wie man unterschiedliche Anlagen gegeneinander abwägen kann. Um Zinssätze miteinander
14
2 Elementare Finanzmathematik
vergleichbar zu machen, wird einheitlich die Zinsperiode von einem Jahr herangezogen. Dazu müssen die verwendeten Zinssätze auf ein Jahr umgerechnet werden. Beispiel Ein gegebenes Kapital von hundert Euro werde mit einem linearen Zinssatz von 2% pro Quartal verzinst. Dann ist der Endwert nach einem Jahr K4
K0 Z 4
K0 iQ 4 K0
100 2% 4 100 108 .
Davon ausgehend ist der Zinssatz pro Jahr iJ
K4 1 8% . K0
Hier haben wir lineare Verzinsung benutzt. Weiter unten werden wir sehen, dass man Quartalszinssätze auch auf andere Art und Weise auf ein Jahr hochrechnen kann.
Um verschiedene Zahlungen vergleichen zu können, muss man sämtliche Zahlungen zum gleichen Zeitpunkt betrachten. Beim Auf- und Abzinsen setzen wir dabei stillschweigend die Gleichheit von Soll- und Habenzinsen voraus. Dabei stellt sich die Frage, welcher Stichtag denn gewählt werden soll. Beispiel Man betrachte die beiden Zahlungen: 100 € am 1.1.2010 und 110 € am 1.1.2011, wobei der Zinssatz 10% pro Jahr sei. Dann ist der Endwert der ersten Zahlung am 1.1.2011 ebenfalls 110 €. Die beiden Zahlungen sind am 1.1.2011 also gleich viel wert. Man kann sagen, die beiden Zahlungen sind am 1.1.2011 zum Zinssatz 10% gleichwertig. Bezogen auf den jährlichen Zinssatz in Höhe von 5% wird aus 100 € am 1.1.2010 105 € am 1.1.2011, also 5 € weniger als die zweite Zahlung. Am 1.1.2011 zum Zinssatz von 5% sind die beiden Zahlungen nicht gleichwertig. Betrachten wir nun als Stichtag den 1.1.2012 und den jährlichen Zinssatz 10%. Dann sind die Endwerte nach zwei beziehungsweise einer Periode:
K12
K10 i 2 K10
K 22
K 20 i K 20
100 0,1 2 100 120 110 0,1 110 121 .
Zu diesem Zeitpunkt, am 1.1.2012, sind die beiden Zahlungen unterschiedlich viel wert. Man kann sagen, die beiden Zahlungen sind am 1.1.2012 zum Zinssatz von 10% nicht gleichwertig.
An obigem Beispiel erkennen wir die Notwendigkeit der Festlegung des Stichtags und des Zinssatzes in Bezug auf die Definition einer geeigneten Äquivalenzrelation für das Kapital. Zur Verallgemeinerung betrachten wir Zahlungsreihen, die aus mehreren Zahlungen bestehen, die ihrerseits zu verschiedenen Zeitpunkten fällig sein können. Zwei beliebige Zahlungsreihen heißen äquivalent zum vorgegeben Stichtag und zum vorgegebenen Zinssatz bei
2.1 Zinsrechnung
15
linearer Verzinsung, wenn sie auf- oder abgezinst auf den gewählten Stichtag denselben Wert ergeben. Zur Veranschaulichung des Konzepts dient der Zahlungsstrahl.
0
1
2
n 1
n
Z0
Z1
Z2
Z n 1
Zn
Der Zahlungsstrahl stellt eine Hilfe dar, um die Fälligkeit der einzelnen Zahlungen korrekt zu erfassen. Außerdem wird dem Anwender dadurch vor Augen geführt, dass Geldbeträge nur dann miteinander verglichen werden können, wenn sie sich an derselben Position befinden. Transformationen können durch Auf- oder Abzinsen erfolgen. Sämtliche Zahlungen müssen also zunächst auf ein und denselben Stichtag transferiert werden. Stillschweigend wird bei der linearen Zinsrechnung meistens der Tag der letzten vorkommenden Zahlung als Termin gewählt. Wenn nichts anderes gesagt ist, verwenden wir bei der linearen Verzinsung immer den Tag der letzten Zahlung als den kanonischen Stichtag. Derjenige nachschüssige Zinssatz, für den zwei Zahlungsreihen zum gewählten Stichtag äquivalent sind, wird Effektivzinssatz ieff genannt.
Beispiel Ein Schuldner leiht sich von einem Gläubiger am 8. Februar 100 € aus und zahlt dafür am 3. Juli desselben Jahres 110 € zurück. Dann beträgt die Dauer der Überlassung t 22 4 30 3 145 Tage, wobei der erste Tag nicht gezählt wird, im Gegenzug aber der letzte Tag voll berücksichtigt wird. Somit ist der jährliche Effektivzins für die Dauer der Überlassung i
§ Kt · 360 1¸ ¨ K © 0 ¹ t
§ 110 · 360 1¸ ¨ © 100 ¹ 145
24,8% .
Also ist der Effektivzins pro Jahr über den genannten Zeitraum 24,8%.
16
2 Elementare Finanzmathematik
2.1.2 Exponentielle Zinsrechnung Bei der exponentiellen Zinsrechnung gibt es im Gegensatz zur linearen Verzinsung mehrere Zinszuschlagstermine innerhalb der Überlassungsdauer des Geldes. Somit werden Zinsen angesammelt und über die nachfolgenden Perioden verzinst. Dadurch entstehen zusätzliche Zinsen für die Überlassung der Zinszahlungen, die so genannten Zinseszinsen. Die Zinsen werden nicht immer ausbezahlt oder explizit erwähnt. Insbesondere bei Kreditgeschäften sind die Zinseszinsen virtuell: Sie werden im Allgemeinen weder ausgewiesen noch eingefordert. Das Endkapital nach n Zinsperioden ist bei exponentieller Verzinsung K0 (1 i )n ,
Kn
wie man leicht durch Induktion erkennen kann. Diese Gleichung wird auch als Leibnizsche Zinseszinsformel der Finanzmathematik bezeichnet. Bei taggenauer Rechnung gilt nach t Tagen: Kt
K0
t 360 (1 i )
.
Dabei ist, wie gehabt, K0 der Barwert und K n , beziehungsweise Kt , der Endwert des Geldes. Klassische finanzmathematische Fragestellungen bestehen in der Berechnung des Barwerts, des Endwerts, der Zinsrate oder der Laufzeit. Zur Lösung derartiger Probleme benutzt man die Potenz- und Logarithmusgesetze. Dazu stellt man obige Gleichung nach der gesuchten Größe um. Der Barwert ist somit Kn
K0
(1 i )n
beziehungsweise t
Kt (1 i ) 360 .
K0
Andererseits ist der Zinssatz i
n
Kn 1 , K0
beziehungsweise bei taggenauer Berechnung 360
i
§ Kt · t ¨ ¸ © K0 ¹
.
2.1 Zinsrechnung
17
Beispiel Stellen Sie sich vor, Sie müssen eine Warenrechnung bezahlen. Wenn Sie innerhalb von 10 Tagen zahlen, so dürfen Sie 2% Skonto abziehen, andernfalls ist der volle Betrag innerhalb von 30 Tagen zu begleichen. Nehmen wir an, dass die Sparrate bei Ihrer Bank 4% pro Jahr beträgt. Nehmen Sie das Angebot an? Ohne Beschränkung der Allgemeinheit gehen wir von einer Spareinlage von 98 € aus, die vom zehnten bis zum dreißigsten Tag nach dem Rechnungsdatum angelegt ist. Eine Verzinsung für 20 Tage zum Zinssatz 4% pro Jahr liefert bei exponentieller Verzinsung den Endwert K 20
20
98 (1 4%) 360
98,21 .
Das heißt, wenn Sie das Geld haben, um 10 Tage nach dem Kauf die Rechnung in Höhe von 100 € abzüglich 2% Skonto zu bezahlen, jedoch sich entscheiden, jene 98 € stattdessen bei Ihrer Bank anzulegen, so haben Sie nach Ablauf von 30 Tagen nicht genug angespart, nämlich lediglich 98,21 €, um die volle Rechnung in Höhe von 100 € zu bezahlen. Sie sollten also lieber die Rechnung des Händlers nach 10 Tagen bezahlen. Um die Einsicht zu fördern, berechnen wir alternativ denjenigen Zinssatz, zu dem die beiden Zahlungsalternativen am Stichtag, 30 Tage nach dem Kauf, gleich viel wert sind. Der Ansatz lautet sodann 20
100 98 (1 i ) 360 .
Folglich ist 360
i
§ 100 · 20 ¨ ¸ 1 43,86% . © 98 ¹
Der jährliche Effektivzins, der Ihnen vom Lieferanten angeboten wird, ist viel höher als der Sparzins bei Ihrer Bank. Sie sollten das Angebot für das Skonto also annehmen.
Ein weiteres praktisches Beispiel beschäftigt sich mit dem Autokauf. Beispiel Ein Autohändler wirbt mit folgendem Finanzierungsangebot: „Bezahlen Sie jetzt die eine Hälfte und in 3 Jahren die zweite Hälfte.“ Als Alternative bietet er 10% Rabatt bei Sofortzahlung. Um dieses Angebot finanzmathematisch zu analysieren, stellen wir zunächst die beiden Barwerte auf: L1
K (1 10%) ,
L2
K K (1 i ) 3 , 2 2
wobei K der Kaufpreis sei. Der Vergleich der beiden Alternativen liefert durch Gleichsetzen
K (1 10%)
K 1 (1 i ) 3 . 2
Nach äquivalenter Umformung erhalten wir
1,8 1 (1 i ) 3 .
18
2 Elementare Finanzmathematik
Durch Auflösen dieser Gleichung nach dem gesuchten Zinssatz folgt i
3
1 1 7,7% . 0,8
Wenn der Zinssatz demnach 7,7% beträgt, sind beide Angebote am Kauftag gleich viel wert. Gehen wir nun davon aus, dass der Kreditzinssatz 8% pro Jahr und die Sparzinsrate 4% pro Jahr betragen. Wenn man über genügend Geld verfügt, um das Fahrzeug sofort zu bezahlen, ist es besser, den Sofortrabatt anzunehmen. Denn da der Sparzins geringer als 7,7% ist, würden aus den angelegten 40% des Kaufpreises nach Ablauf von drei Jahren weniger als die dann fälligen restlichen 50% des Kaufpreises werden. Wenn man nur 50% des Kaufpreises zur Verfügung hat, könnte man einen Bankkredit in Höhe von 40% des Kaufpreises aufnehmen und nach drei Jahren zurückzahlen. Der Endwert wäre dann allerdings höher als die Hälfte des Kaufpreises, da der Kreditzinssatz höher als 7,7% ist. Damit ist in diesem Fall die Finanzierungsalternative des Autohändlers vorzuziehen.
Auf den Vergleich von Investitionsalternativen werden wir insbesondere im Abschnitt zur Investitionsrechnung näher eingehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wir im Allgemeinen nur positive Zinssätze als finanzmathematisch sinnvoll zulassen wollen. Eine weitere typische Grundaufgabe der Zinsrechnung besteht in der Berechnung der Laufzeit n aus der Formel
K0
Kn
(1 i )n
.
Lösen wir diese Gleichung nach (1 i )n auf und wenden den natürlichen Logarithmus an, so erhalten wir ln(1 i )n
§K · ln ¨ n ¸ . © K0 ¹
Mit den Logarithmusregeln ergibt sich die Dauer der Überlassung des Kapitals folglich aus n
ln( K n ) ln( K0 ) . ln(1 i )
Bei taggenauer Verzinsung erhalten wir auf analoge Weise t
360
ln( K n ) ln( K0 ) . ln(1 i )
Beispiel Es stellt sich die Frage, wie lange es dauert, bis sich ein gegebener Geldbetrag K0 durch Zinsen verdoppelt. Der Ansatz
2.1 Zinsrechnung
19 t
Kt
K 0 (1 i ) 360
2 K0
liefert t
360
ln 2 . ln(1 i )
Für einige Zinssätze kann man sodann die Laufzeit in Jahren exemplarisch vergleichen: Zinssatz
Laufzeit bei exponentieller Verzinsung
Laufzeit bei linearer Verzinsung
Verhältnis
1%
69,7
100
69,7%
2%
35,0
50
70,0%
3%
23,4
33,3
70,3%
4%
17,7
25
70,7%
Man erkennt, dass für kleine Zinssätze das Verhältnis aus den Laufzeiten zur Kapitalverdopplung bei exponentieller Verzinsung zu linearer Verzinsung unabhängig vom Zinssatz etwa 70% beträgt. Werden Zinsen auf Zinsen berücksichtigt, so verkürzt sich daher die Laufzeit zur Verdopplung des Anfangskapitals um etwa 30%.
Bei exponentieller Verzinsung hängt der Endwert K n , der am Ende der n-ten Periode zahlbar ist, nur vom Zinssatz i sowie der zeitlichen Differenz der Perioden n zwischen den Zahlungszeitpunkten für K0 und K n ab, nicht aber vom Weg der Berechnung. Es ist also beispielsweise irrelevant, ob man K0 zunächst für n1 Perioden aufzinst und anschließend für n2 Perioden abzinst, wenn nur n1 n2 n ist. Der Nachweis dieser Behauptung gelingt mittels der Potenzgesetze. Bei linearer Verzinsung hingegen hängt die Äquivalenz zweier Zahlungsreihen sowohl von dem Weg der Auf- oder Abzinsung als auch dem Stichtag ab, wie wir gesehen haben. Der Endwert einer Zahlungsreihe kann durch getrenntes Aufsummieren der einzelnen Zahlungen oder mit der Kontostaffelmethode ermittelt werden. Letztere ist dadurch gekennzeichnet, dass zum Ende jeder Zinsperiode der Wert des Kapitals einschließlich der zu verrechnenden Zinsen ermittelt wird. Beispiel In einem Sparplan werden einmalig 1.000 € angelegt. Der Zinssatz betrage 5% pro Jahr. Dann ist das Endkapital nach drei Jahren K3
1.000(1 0,05)3
1.157,63 .
Dieser Endwert kann auch mit der Kontostaffelmethode berechnet werden. Die Kontostaffel lautet
20
2 Elementare Finanzmathematik
Jahr
Kontostand Einzahlung am Beginn am Beginn
am Ende
Zinsen
Kontostand am Ende
1
0
1.000,00
50,00
1.050,00
2
1.050,00
0
52,50
1.102,50
3
1.102,50
0
55,13
1.157,63
Es spielt also keine Rolle, auf welchem Weg der Endwert berechnet wird. Dieser Umstand erleichtert es uns, das fundamentale Axiom der elementaren Finanzmathematik zu formulieren. Man benötigt für die Äquivalenzrelation der exponentiellen Verzinsung keinen Stichtag. Zwei Zahlungsströme sind äquivalent bezüglich der exponentiellen Verzinsung, wenn die beiden Zeitwerte zu einem beliebigen, aber gemeinsamen Stichtag gleich groß sind. Mit Hilfe der Verzinsung, die eine Transformation der Höhe des Geldbetrags in der Zeit darstellt, wird die Äquivalenzrelation der Finanzmathematik somit auf die Gleichheitsrelation für reelle Zahlen zurückgeführt. Sind zwei Zahlungsströme, die mit Leistung und Gegenleistung bezeichnet werden, gegeben, so lautet das finanzmathematische Äquivalenzprinzip: Barwert der Leistung ist gleich Barwert der Gegenleistung.
Dieses Prinzip ist die Grundlage sämtlicher Berechnungen der elementaren Finanzmathematik! Erst dieses Axiom ermöglicht die Berechnung einer gesuchten finanzmathematischen Größe. Im Folgenden werden wir oft die Leistung mit L und die Gegenleistung mit GL bezeichnen. Prinzipiell ist die Festlegung, welcher der beiden Zahlungsströme die Leistung sei, natürlich subjektiv. Aus dem Äquivalenzprinzip ergeben sich direkt einige praktische Folgerungen für die exponentielle Zinsrechnung: a)
Sind zwei zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällige Zahlungen äquivalent bezüglich eines Zeitpunktes, so sind sie äquivalent bezüglich jedes Zeitpunktes.
b) Gleich hohe Geldbeträge, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig sind, sind im Allgemeinen, das heißt für i z 0 , nicht äquivalent! c)
Man darf Geldbeträge nur dann im üblichen Sinne miteinander vergleichen, wenn man sie vorher durch Auf- oder Abzinsen auf den gleichen Zeitpunkt transformiert hat.
2.1 Zinsrechnung
21
d) Zum Zwecke der Prüfung auf Äquivalenz werden alle Zahlungen auf einen beliebigen, aber gemeinsamen Termin auf- oder abgezinst. e)
Ist eine Zahlungsreihe zu einem Zeitwert zusammengefasst worden, so erhält man den Zeitwert zu jedem beliebigen anderen Zeitpunkt durch einmaliges Auf- oder Abzinsen dieses zusammengefassten Wertes. In vielen praktischen Anwendungen berechnet man zunächst die Barwerte aller Zahlungen, addiert alle erhaltenen Barwerte auf und verzinst die Summe bis zum vorgegebenen Stichtag, um den Zeitwert zu einem anderen Stichtag zu erhalten.
Ein typisches finanzmathematisches Problem ist die Verdopplungsfrage. An diesem Beispiel soll das Äquivalenzprinzip klarer werden. Beispiel Das Kalkül der elementaren Finanzmathematik lässt sich insbesondere auch auf allgemeine Wachstumsprozesse anwenden. So kann man die jährliche Wachstumsrate ausrechnen, bei der nach genau 100 Jahren Bevölkerungsverdopplung eintritt. Dazu machen wir nach dem Äquivalenzprinzip folgenden Ansatz: L GL
B0 B100 (1 ieff ) 100
2 B0 (1 ieff ) 100 .
Durch Gleichsetzen von Leistung und Gegenleistung nach dem Äquivalenzprinzip erhalten wir durch äquivalentes Umformen ieff
100
2 1 0,6956% .
Wenn die Bevölkerung um jährlich etwa 0,7% wächst, so verdoppelt sie sich alle hundert Jahre.
2.1.3 Unterjährige Zinsrechnung Bislang galt stillschweigend, dass die Zeitperiode, auf die sich der Zinssatz bezieht, gleich der Zinsperiode ist, also dem zeitlichen Abstand zwischen zwei Zinszuschlagsterminen. Oft wird der Zinssatz für eine Periode festgelegt, wobei die Zinszahlungen jedoch schon innerhalb der Periode fällig werden. Beispielsweise spricht man von Jahreszinssätzen bei monatlicher Verzinsung. In solchen Fällen muss festgelegt werden, wie der vorgegebene Zinssatz auf den verkürzten Zeitraum anzuwenden ist. Dazu kann man die unterjährige Verzinsung konsistent festlegen. In diesem Zusammenhang hatten wir bereits die taggenaue Verzinsung besprochen. Es kann aber auch eine gemischte Verzinsung dadurch etabliert werden, dass unterjährig lineare Verzinsung und ansonsten exponentielle Verzinsung vereinbart ist, oder umgekehrt. Es gibt also prinzipiell zwei Möglichkeiten zur Festlegung der unterjährigen Verzinsungsmodalitäten. Die erste Methode ist an die lineare Verzinsung angelehnt. Sei i der vorgegebene Jahreszinssatz. Die Zinsen seien k-mal pro Jahr fällig. Im Zusammenhang mit unterjährig
22
2 Elementare Finanzmathematik
linearer oder auch zeitproportionaler Verzinsung nennt man i den nominalen Zinssatz und i den relativen unterjährigen Periodenzinssatz. Man schreibt dafür k irel
inom . k
Nach der Zinseszinsformel gilt für den Endwert nach s Jahren mit jeweils k unterjährigen Zinszuschlagterminen zum relativen Periodenzins: Ks
§ i · K0 ¨ 1 nom ¸ k © ¹
k s
.
Beispiel Die Verzinsung eines Kapitals betrage 4% pro Jahr, der Zinszuschlag erfolge vierteljährlich zum proportionalen Quartalszinssatz iQ
4% 4
1% .
Damit kann man den Endwert nach 3,5 Jahren aus einem Anfangskapital von 100 € wie folgt berechnen: K5 100(1 0,01) 43,5
114,95 .
Eine weitere Möglichkeit, unterjährige Verzinsung zu definieren, ist die Verallgemeinerung der exponentiellen Zinsrechnung. Sei i der vorgegebene Jahreszinssatz. Die Zinsen seien kmal pro Jahr fällig. Für unterjährig konforme Verzinsung nennt man i den effektiven und ikon
k
1 i 1 den konformen Zinssatz. In äquivalenter Form
(1 ikon )k
1 ieff
mag dieser Zusammenhang einleuchtender erscheinen. Diese Gleichung lässt sich leicht nach einem der beiden Zinssätze auflösen. Nach der Zinseszinsformel gilt für den Endwert nach n Jahren bei k unterjährigen Zinszuschlagterminen zum konformen Zins: Kn
K0 (1 ikon )nk
K0 (1 ieff )n .
Daran erkennt man, dass diese Definition des konformen Zinssatzes tatsächlich eine sinnvolle Verallgemeinerung des Konzepts der exponentiellen Verzinsung ist. Zur Erinnerung hatten wir im Abschnitt über exponentielle Zinsrechnung das Endkapital nach t Tagen mittels Kt
K0
t 360 (1 i )
angegeben. Dabei ist
K0
360 1 i
t
2.1 Zinsrechnung
ikon
360
23
1 i 1
der konforme Tageszinssatz für die taggenaue Berechnung der Zinsen. Beispiel Die Verzinsung eines Kapitals betrage 4% pro Jahr, der Zinszuschlag erfolge vierteljährlich zum konformen Quartalszinssatz iQ
4 1,04
1 0,9853% .
Damit kann man den Endwert berechnen, der sich nach beispielsweise 3,5 Jahren aus einem Anfangskapital von 100 € ergibt: K5
100(1 0,009853)43,5
114,71 .
Um den Zusammenhang zwischen Nominalzins und Effektivzins zu verdeutlichen, betrachten wir folgenden Zusammenhang. Sei inom der nominale Jahreszinssatz. Die Zinsen seien k-mal pro Jahr zeitproportional fällig. Dann ist k
ieff
§ inom · ¨1 k ¸ 1 . © ¹
In diesem Zusammenhang ist ieff der zu inom und k äquivalente effektive Jahreszinssatz bei exponentieller Verzinsung. Der Nachweis gelingt mit Hilfe des Äquivalenzprinzips. Es seien k unterjährige Zahlungen fällig. Mit irel
inom k
ist bei gegebenem Anfangs- und Endwert nach genau einem Jahr K1
K0 (1 irel )k .
Es folgt irel
K1 1 . K0
k
Analog ist der konforme Zinssatz für n 1 : ikon
Also ist irel
k
K1 1 . K0
ikon . Schließlich haben wir k
ieff
§ i · (1 ikon )k 1 (1 irel )k 1 ¨ 1 nom ¸ 1 . k ¹ ©
24
2 Elementare Finanzmathematik
Im Spezialfall für k = 1 ist der Effektivzins gleich dem Nominalzins. Beispiel Bei linearer Verzinsung führt der Zinssatz von 1% pro Quartal wiederum auf 4% Zins pro Jahr. Betrachtet man jedoch Zinseszinsen innerhalb des Jahres, so wächst ein Kapital K0 auf K4
i· § K0 ¨ 1 ¸ © 4¹
4
K0 1,014
K0 1,0406 .
Mit anderen Worten, das Kapital wächst auf einen höheren Betrag, als wenn es mit 4% pro Jahr verzinst würde, da durch die unterjährige Verzinsung die zeitproportionalen Zinsen wiederum verzinst werden. Diesen Zusammenhang kann man auch direkt erkennen: 4
ieff
§ inom · 4 ¨ 1 4 ¸ 1 1,01 1 4,06% . © ¹
Der nominale Zinssatz 4% ist äquivalent zu der effektiven Verzinsung in Höhe von 4,06%.
Beispiel Um die Begriffsbildung weiter zu verdeutlichen, betrachten wir einen Jahreszinssatz von 4%. Bei quartalsweiser linearer Verzinsung gilt inom irel
4% , 4% 4
1% .
Bei quartalsweiser konformer Verzinsung ist
ieff
4% ,
ikon
(1 4%) 4 1 0,9853% .
1
Bei vorgegebenem Jahreszinssatz ist der konform unterjährige Zinssatz also niedriger als der relative zeitproportionale Zinssatz.
Im Zusammenhang mit unterjähriger Verzinsung interessiert man sich insbesondere für so genannte unterjährig äquivalente Ersatzraten. Das folgende Beispiel soll diese Begriffsbildung verdeutlichen. Beispiel Ein Rentner bezieht eine jährlich vorschüssige Rente in Höhe von 10.000 €. Dann ist die monatlich äquivalente vorschüssige Rate R bei linearer unterjähriger Verzinsung zum Jahreszins 4% nach dem Äquivalenzprinzip 10.000
1 · 2 · § § § 12 · R ¨1 i ¸ R ¨1 i ¸ ! R ¨1 i ¸ . © 12 ¹ © 12 ¹ © 12 ¹
2.1 Zinsrechnung
25
Äquivalentes Umformen und Auflösen ergibt R
10.000 12 6,5i
848,29 .
Diese Rate nennt man die äquivalente monatliche Ersatzrate bei linearer unterjähriger Verzinsung. Analog berechnet man die monatlich äquivalente vorschüssige Rate bei exponentieller unterjähriger Verzinsung gemäß 1
10.000
2
12
R(1 i )12 R (1 i )12 ! R(1 i )12 .
Diese Summe kann man direkt ausrechnen. Es folgt, dass R
10.400 12,25844
848,39 .
Die monatliche Ersatzrate ist bei konformer Verzinsung also etwas größer als bei zeitproportionaler Verzinsung.
2.1.4 Stetige Zinsrechnung Wie oben hergeleitet, liefert der nominale Zinssatz i bei jährlich k-maligem Zuschlag nach n Jahren den Endwert Kn
i· § K0 ¨ 1 ¸ © k¹
mn
.
Wir betrachten nun den Grenzwert für immer mehr Zinszuschläge innerhalb der durch den Zinssatz vorgegebenen Zinsperiode. Mit der Substitution x ki folgt: Kn
§ 1· K0 ¨ 1 ¸ x¹ ©
xin
o K0 ein x of
In diesem Zusammenhang nennt man i den stetigen Zinssatz oder auch die Zinsintensität. x
1 Dabei haben wir benutzt, dass der Grenzwert lim §¨ 1 ·¸ gleich der Eulerschen Zahl e ist. x of x ©
¹
Bemerkenswert ist die finanzmathematische Interpretation der Eulerschen Zahl: Der Wert der Eulerschen Zahl e ist gleich dem Endkapital, das nach einem Jahr aus einer Geldeinheit entsteht, insofern stetige Verzinsung zum Zinssatz 100% pro Jahr unterstellt wird: K1 1 e100%1
e
Die äquivalente diskrete jährliche Zinsrate id ergibt sich aus dem Ansatz K0 (1 id )
K0 eis .
Somit ist der äquivalente stetige Zinssatz is bei gegebenem Jahreszinssatz id is
ln(1 id )
26
2 Elementare Finanzmathematik
und umgekehrt exp(is ) 1 .
id
Zum Vergleich der Verzinsungsformen betrachten wir folgende Veranschaulichungen. Beispiel Ausgehend von einem Grundkapital von 100 € berechnen wir zum Zinssatz 8% den Endwert nach zehn Jahren für verschiedene Zinszuschlagsvarianten. Für den jährlichen Zinszuschlag gilt K1j
100(1,08)10
215,89 .
Bei monatlichen Zinszahlungen mit unterjährig linearer Verzinsung haben wir m K120
120
§ 8% · 100 ¨ 1 ¸ 12 ¹ ©
221,96 ,
und für stetige Verzinsung ist nach zehn Jahren s K10
100e1012%
222,55 .
Man erkennt, dass die Anzahl der Zinszuschlagstermine den Endwert erhöht.
Beispiel Die folgende Grafik verdeutlicht die Entwicklung des Kapitals der drei klassischen Verzinsungsmethoden bei einem Zinssatz von 8% pro Jahr. Verschiedene Verzinsungsmodalitäten 240,00 € 220,00 €
Zeitwert
200,00 € 180,00 € 160,00 € 140,00 € 120,00 € 100,00 € 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Jahr Lineare Verzinsung
Exponentielle Verzinsung
Stetige Verzinsung
10
2.2 Investitionsrechnung
27
Man erkennt, dass der Zeitwert bezüglich der stetigen Verzinsung am größten ist, gefolgt von der exponentiellen Verzinsung und der linearen Verzinsung. Für unterjährige Verzinsung innerhalb eines Jahres liegt der Zeitwert bezüglich der unterjährig zeitproportionalen Verzinsung oberhalb des Zeitwerts bei konformer unterjähriger Verzinsung.
2.2 Investitionsrechnung Alle finanzmathematisch analysierbaren geschäftlichen Unternehmungen werden in Form eines aus Einnahmen und Ausgaben bestehenden Zahlungsstroms dargestellt. Bei Investitionen, das heißt, bei der mittel- bis langfristigen Anlage von Geldmitteln in x
reale Objekte, z. B. Produktionsanlagen, Geschäftshäuser (Real- oder Produktionsinvestitionen),
x
Finanzobjekte, z. B. Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Bankguthaben und auch Lebensversicherungen (Finanzinvestitionen),
ist diese Darstellung besonders hilfreich.
E0
E1
E2
En 1
En
0
1
2
n 1
n
A0
A1
A2
An 1
An
Die Aufgabe der Investitionsrechnung ist es, erstens, mit geeigneten rechnerischen Mitteln zwischen mehreren alternativen Investitionsobjekten dasjenige auszuwählen, welches am besten ist. Zweitens soll ergründet werden, ob eine Investition an sich vorteilhaft ist, selbst wenn keine Alternative vorliegt. Das heißt, es geht schlicht um die Frage, ob eine Investition durchgeführt werden soll, oder ob sie unterlassen werden soll. Die beiden wichtigsten Methoden zur Beurteilung mehrperiodiger Investitionen sind: x
Kapitalwertmethode,
x
Methode der internen Rendite.
Beide Methoden besitzen vielfältige Anwendung in der wirtschaftlichen Praxis, unter anderem auch für den Finanzierbarkeitsnachweis der Lebensversicherung.
28
2 Elementare Finanzmathematik
2.2.1 Kapitalwertmethode Bei der Kapitalwertmethode geht es um die Berechnung und den Vergleich von Barwerten. Die mit der Investition verbundenen Einnahmen und Ausgaben werden dabei einander gegenübergestellt. Für die finanzmathematisch analytische Vorgehensweise unterscheidet man drei Schritte: 1) Verdeutlichung der Einnahmen und Ausgaben am zeitlichen Zahlungsstrahl, 2) Berechnung der Barwerte der Einnahmen und Ausgaben mittels eines vorgegebenen Zinssatzes, 3) Betrachten des Kapitalwerts der Investition als Differenz der beiden Barwerte. Falls der Barwert der Einnahmen größer als der Barwert der Ausgaben ist, das heißt wenn der Kapitalwert größer als null ist, so ist die Investition vorteilhaft. Sind die Barwerte identisch, so erwirtschaften die Einnahmen zusammen mit den Ausgaben eine Verzinsung in Höhe des vorgegebenen Zinssatzes. Ist der Barwert der Ausgaben größer als der Barwert der Einnahmen, so gilt die Investition als unvorteilhaft. Beispiel Man betrachtet folgende Investition als vorschüssige Zahlungsreihen (in Tausend Euro): Typ / Zeit
t=0
t=1
t=2
t=3
t=4
Ausgaben
20
0
0
0
0
Einnahmen
0
8
8
5
4
Zum vorgegebenen Kalkulationszins von 10% pro Jahr ist nach der Vorteilhaftigkeit dieser Investition gefragt. Dazu betrachten wir die Barwerte der Ausgaben und Einnahmen: A 20 , 1 1 1 1 E 8 8 2 5 3 4 4 1,1 1,1 1,1 1,1
20,37293 .
Man erkennt, dass der Kapitalwert der Einnahmen größer ist als der Kapitalwert der Ausgaben: die Investition lohnt sich. Für i 15% pro Jahr hingegen ändert sich lediglich der Barwert der Einnahmen: E
8
1 1 1 1 8 5 4 2 3 1,15 1,15 1,15 1,154
18,58027 .
Für diesen Zinssatz ist die Unterlassung sinnvoller, da A > E.
Durch die Kapitalwertmethode werden die tatsächlichen Einnahmen mit einer fiktiven Anlage der Ausgaben zum vorgegebenen Zinssatz verglichen. Dieser Zinssatz kann als geforderte Mindestrendite interpretiert werden.
2.2 Investitionsrechnung
29
Bei einer Investition, deren Ausgaben komplett aus eigenen Mitteln finanziert werden können, spricht man in diesem Zusammenhang von der Eigenkapitalrendite. Für die Festlegung der Zielrendite gibt es unterschiedliche Ansätze. Als Grundlage zur Entscheidungsfindung wird zum Beispiel eine vergleichbare, branchenübliche Rendite, die eigene historische Unternehmensrendite, die Renditeforderung der Aktionäre oder auch der risikofreie Marktzinssatz zuzüglich eines adäquaten Risikoaufschlags in Betracht gezogen. Wird zur Durchführung der Investition ein Kredit aufgenommen, so kann der vorgegebene Zinssatz als Fremdkapitalrendite interpretiert werden. Die Sollzinsen sind zwar extern vorgegeben, doch auch hier muss der Investor entscheiden, ob mit dem aufgenommenen Geld nicht auch bessere Geschäfte durchgeführt werden können. Unter diesem Gesichtspunkt kann es Sinn machen, wenn der intern vorgegebene Zinssatz deutlich oberhalb des externen Sollzinssatzes liegt. Beispiel Als Fortführung des obigen Beispiels betrachten wir zusätzlich die Aufnahme eines Kredites, der am Ende der Laufzeit vollständig zurückgezahlt wird. Der Einfachheit halber berechnen wir diesmal die Endwerte der Einnahmen E und Ausgaben A des Investors bei einem Zinssatz von 10% pro Jahr. Dabei ist zu beachten, dass für die Ausgabenseite lediglich die Kreditrückzahlung relevant ist. Die Bank finanziert das Geschäft, welches den besagten Einkommensstrahl für den Investor generiert. Somit haben wir A 20.000 1,14 E
29.282,00 ,
3
8.000 1,1 8.000 1,12 5.000 1,11 4.000 1,10
29.828,00 .
Man erkennt, dass der Endwert der Einnahmen den Endwert der Ausgaben um 546 € übersteigt: die Investition lohnt sich. Analog gilt für einen Zinssatz von 15% pro Jahr: A 20.000 1,154 E
3
34.980,13 ,
8.000 1,15 8.000 1,152 5.000 1,151 4.000 1,150
32.497,00 .
Da A > E, ist in diesem Fall die Unterlassung der Investition sinnvoller.
Wie das Beispiel verdeutlicht, spielt die Form der Finanzierung für die Entscheidung der Vorteilhaftigkeit dieser Investition bei einem über die gesamte Laufzeit konstanten Zinssatz für Einnahmen und Ausgaben keine Rolle. Es ist einerlei, ob die Investition durch eigene Mittel oder durch Fremdmittel initiiert wird. In der Praxis sollte die Gültigkeit der so genannten Wiederanlageprämisse kritisch geprüft werden: Es ist genau zu überlegen, ob in der Praxis sämtliche Zahlungen jeweils bis zum Ende des Projektes zu dem vorgegebenen internen Zinssatz verzinst werden können. Für Verfeinerungen der Kapitalwertmethode in Form von variablen Zinssätzen sei auf die weiterführende Literatur verwiesen.
30
2 Elementare Finanzmathematik
2.2.2 Methode der internen Rendite Alternativ zur Kapitalwertmethode kann derjenige Zinssatz ermittelt werden, für den der Barwert der Ausgaben gleich dem Barwert der Einnahmen ist. Man nennt diesen Zinssatz die interne Rendite oder auch den Effektivzinssatz der Investition. Auch hier gibt es klar definierte Schritte für die finanzmathematische Analyse: 1) Verdeutlichung der Einnahmen und Ausgaben am Zeitstrahl, 2) Berechnung des Kapitalwerts, sprich der Differenz der Barwerte aus Einnahmen und Ausgaben anhand des gesuchten Zinssatzes, 3) (näherungsweise) Berechnung der Nullstellen des Kapitalwerts. Man betrachtet also die Funktion C0 (i ) : E (i ) A(i )
0 ,
wobei C0 (i ) der Kapitalwert der Investition, E (i ) der Barwert der Einnahmen und A(i ) der Barwert der Ausgaben ist. Gesucht sind die Nullstellen der Kapitalwertfunktion in Abhängigkeit vom Zinssatz i. Jede Lösung ist dann ein Effektivzinssatz der Investition. In der Praxis wird man häufig, aber nicht immer, nachweisen können, dass es nur genau einen finanzmathematisch sinnvollen Effektivzinssatz gibt. Üblicherweise kann ein derartiges Nullstellenproblem nicht explizit gelöst werden, da es sich meistens um eine Polynomgleichung höherer Ordnung handelt. Deshalb wird man ein geeignetes Verfahren zur numerischen Lösung einsetzen. Das Newton-Verfahren gilt als das Standardverfahren zur numerischen Berechnung einer Lösung der Gleichung f ( x ) 0 . Man wählt einen Startwert x0 und linearisiert die Funktion um f ( x0 ) . Dazu bestimmt man die Tangente von f ( x ) an der Stelle x0 . Die Nullstelle dieser Tangente ist dann die verbesserte Näherung der Nullstelle der Funktion f ( x ) . Die Iteration dieses Ansatzes liefert xn 1
xn
f ( xn ) für n f c( xn )
0,1," .
Das Newton-Verfahren konvergiert recht schnell unter gewissen Voraussetzungen. Für mehr Informationen zur numerischen Berechnung von Nullstellen verweisen wir auf die Literatur. Jede Nullstelle der Kapitalwertfunktion heißt interne Rendite der Investition. Zu diesem Zinssatz sind die beiden Aktionen, Investieren und Unterlassen, finanzmathematisch äquivalent. Durch die Rückflüsse der Investition erzielt der Investor denselben Kapitalwert wie durch die fiktive Anlage der Ausgaben. Ist der interne Zinssatz größer als der vorgegebene Zins, so ist die Investition vorteilhaft. Ist der effektive Zins kleiner als der interne Zinssatz, so gilt die Investition als unvorteilhaft. Die Methode der internen Rendite liefert somit ein qualitatives Entscheidungskriterium, wohingegen die Kapitalwertmethode hilft, Investitionen auch quantitativ zu beurteilen.
2.2 Investitionsrechnung
31
Beispiel Für obige Investition gilt nach der Methode der internen Rendite A(i )
20 , 1 1 1 1 E (i ) 8 8 5 4 . 1 i (1 i ) 2 (1 i )3 (1 i )4
Setzen wir nun die Kapitalwertfunktion C0 (i ) gleich null, so erhalten wir C0 (i )
20(1 i )4 8(1 i )3 8(1 i )2 5(1 i )1 4
0 .
Diese Gleichung kann nicht ohne weiteres explizit gelöst werden. Es empfiehlt sich die Anwendung eines iterativen Näherungsverfahrens, wie zum Beispiel das Newton-Verfahren. Dadurch lässt sich die gesuchte Nullstelle approximativ berechnen. Hier berechnet man näherungsweise i = 10,98%. Wenn die geforderte Eigenkapitalrendite der Aktionäre des Unternehmens 15% beträgt, so ist die Investition zu unterlassen. Ist hingegen nur eine Rendite von 10% gefordert, so sollte die Investition durchgeführt werden. Die folgende Grafik verdeutlicht den Verlauf der Kapitalwertfunktion als Funktion des Zinssatzes. Kapitalwertfunktion 6.000 €
Betrag (Tsd €)
4.000 €
Investition vorteilhaft, da C (i ) > 0
2.000 €
0€ 0%
5%
10%
-2.000 €
15%
20%
Investition unvorteilhaft, da C (i ) < 0
-4.000 € Zinssatz
Theoretisch können bei Investitionen, die über n Perioden laufen, n Nullstellen der Kapitalwertfunktion existieren. Das folgende Beispiel macht einen solchen Fall mit mehrfachen Nullstellen deutlich.
32
2 Elementare Finanzmathematik
Beispiel Man betrachtet folgende Investition als Zahlungsreihe: Typ / Zeit
t=0
t=1
t=2
t=3
t=4
Ausgaben
1.000.000
3.000.000
4.000.000
5.000.000
3.000.000
Einnahmen
1.400.000
1.020.000
7.653.000
2.021.750
3.905.625
400.000
-1.980.000
3.653.000
-2.978.250
905.625
Saldo
Dann lautet die Kapitalwertfunktion
C0 (i ) 1.000 400 1.980(1 i ) 1 3.653(1 i ) 2 2.978,25(1 i ) 3 905,625(1 i ) 4 .
Die Nullstellen liegen bei 5%, 15%, 25% und 50% und der Graph sieht folgendermaßen aus:
Kapitalwertfunktion 100 € 80 € 60 €
Investition vorteilhaft, da C (i )> 0
Betrag (Tsd €)
40 € 20 €
Investition vorteilhaft, da C (i ) > 0
0€ -20 €
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
-80 €
40%
45%
50%
55%
60%
Investition unvorteilhaft, da C (i ) < 0
-40 € -60 €
35%
Investition unvorteilhaft, da C (i ) < 0
-100 € Zinssatz
Die Investition ist lohnenswert für Zinssätze kleiner als 5%, größer als 50% sowie zwischen 15% und 25%. Für Zinssätze zwischen 5% und 15% sowie zwischen 25% und 50% sollte die Investition unterlassen werden.
Bislang haben wir einzelne Investitionen unter Verwendung des Kapitalwertes beurteilt. Beim Vergleich mehrerer Investitionen werden ebenfalls die jeweiligen Kapitalwertfunktionen als Entscheidungskriterium herangezogen. Dabei richtet sich die Reihenfolge der Priorität nach der Höhe des Kapitalwerts, solange die Vorteilhaftigkeit der einzelnen Investitionen gegeben ist.
2.2 Investitionsrechnung
33
Beispiel Man betrachtet folgende Salden aus Einnahmen und Ausgaben für zwei Investitionen: Typ / Zeit
t=0
t=1
t=2
t=3
t=4
Investition I
10.000
-72.000
182.075
192.375
72.450
Investition II
10.000
-101.000
329.000
-403.000
165.000
Dann lauten die Kapitalwertfunktionen
1.000 10 101(1 i ) 1 329(1 i ) 2 403(1 i ) 3 165(1 i ) 4
C0I (i ) 1.000 10 72(1 i )1 182,075(1 i ) 2 192,375(1 i ) 3 72,450(1 i )4 C0II (i )
,
.
Damit ergibt sich folgendes Bild:
Kapitalwertfunktionen 200 €
Betrag
Investition I ist vorzuziehen
Investition II ist vorzuziehen
beide Investitionen sind unvorteilhaft
0€ 0%
5%
10%
15%
20%
-200 € Zinssatz
Für Zinsvorgaben unter 5% ist Investition I vorzuziehen, da nur sie vorteilhaft ist. Für Zinssätze zwischen 5% und 10% sind beide Investitionen unvorteilhaft. Bei einem Renditeziel von mehr als 10% ist Investition II vorzuziehen. Ab einer Zinsrate von 15% sind beide Investitionen vorteilhaft. Die Investition II ist hier besser, da sie den höheren Kapitalwert hat. Auf die Analyse sehr großer Zinssätze haben wir hier verzichtet.
2.2.3 Ergänzungen Neben den dargestellten Verfahren gibt es eine Reihe weiterer Methoden von Bedeutung in der Investitionsrechnung, die allerdings keine allzu große Rolle in der praktischen Lebens-
34
2 Elementare Finanzmathematik
versicherungsmathematik spielen. Wir wollen diese Methoden an dieser Stelle lediglich erwähnen. Der interessierte Leser sei auf die weiterführende Literatur verwiesen. In erster Linie ist die Amortisationsmethode zu nennen. Sie eignet sich für ewige oder zumindest sehr lange Projekte. Dabei wird untersucht, wie lange die Unternehmung durchgeführt werden muss, bis sich die Investition lohnt. Das Management gibt einen Zeitpunkt vor, ab dem der Endwert der Einnahmen gleich dem Endwert der Ausgaben sein soll. Dieser so genannte Break-Even-Punkt gibt an, wie lange es dauert, bis Gewinne gemacht werden. Für die gegebene Kapitalwertfunktion wird nun derjenige Zeitpunkt bestimmt, zu dem die Kapitalwertfunktion zum ersten Mal positiv wird. Liegt dieser Zeitpunkt vor dem Break-Even-Punkt so wird die Investition durchgeführt. Die Amortisationsmethode liefert ähnlich der Methode der internen Rendite ein qualitatives Entscheidungskriterium zur Durchführung einer Investition. Die Anwendung mag sinnvoll sein, wenn sehr viele kleine Perioden betrachtet werden. Derartige Betrachtungen sind jedoch eigentlich nur bei Normalinvestitionen zweckmäßig; das sind Investitionen, die genau eine anfängliche Ausgabe vorweisen und für die die nominelle Summe der Einnahmen die der Ausgaben übertrifft. Im Rahmen der Unternehmensbewertung wird mit Methoden der Investitionsrechnung der Wert eines Unternehmens berechnet. Der Ansatz besteht in der Analyse des so genannten Ertragswertes, das heißt im Wesentlichen des Kapitalwertes aller getätigten Geldgeschäfte zuzüglich des Restwertes des Unternehmens. Für die akkurate Modellierung spielen insbesondere auch aufsichtsrechtliche, handelsrechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen eine Rolle. Im angelsächsischen Raum sind derartige Ansätze zur Bewertungen von Lebensversicherungsunternehmen weit verbreitet; auch in Deutschland setzen sie sich immer mehr durch. Im Rahmen der Ertragsanalyse der Lebensversicherung werden wir auf die Methoden der Investitionsrechnung zurückkommen.
2.3 Rentenrechnung Unter einer Rente versteht man eine Zahlungsreihe, die im Allgemeinen aus gleich hohen Raten besteht, die in gleichen Zeitabständen, der Rentenperiode, aufeinander folgen. Renten im erweiterten Sinne bestehen aus Raten, die nicht gleich hoch sind, sondern einem einfachen Bildungsgesetz gehorchen. In der elementaren Finanzmathematik betrachtet man nur solche Renten, deren Höhe sicher ist, und deren Auszahlungszeitpunkte im Voraus bekannt sind. Deshalb spricht man in diesem Zusammenhang von Zeitrenten im Gegensatz zu Leibrenten in der Lebensversicherung, die vom Überleben abhängen Aufgrund der zu berücksichtigenden Sterblichkeit des Individuums ist nämlich insbesondere die Laufzeit der Altersrente ungewiss. Wir werden im Abschnitt zur Beitragsberechnung darauf zurückkommen. Für die Rentenrechnung gibt es mannigfaltige Anwendungen in der Praxis: Miete, Gehalt, BaFöG, Versicherungsbeiträge, Zinsausschüttungen, Darlehensrückzahlungen und so weiter. Man unterscheidet hier sorgfältig zwischen vorschüssiger und nachschüssiger Zahlungsweise. Werden die Zahlungen am Beginn der Rentenperiode geleistet, so heißt die Rente vorschüssig; sind die Zahlungen am Ende der Rentenperiode fällig, so handelt es sich um eine
2.3 Rentenrechnung
35
nachschüssige Rente. Unsere stillschweigende Prämisse ist, dass die Rentenperiode gleich der Zinsperiode ist. Zu erwähnen ist, dass der Periodenbeginn gleichzeitig das Periodenende der vorhergehenden Periode darstellt. Die Laufzeit einer Rente ist definiert als die Anzahl der Rentenperioden. vorschüssige Rente R
R
R
R
0
1
2
n 1
n
R
R
R
R
nachschüssige Rente Im Prinzip geht es bei der Rentenrechnung um sukzessives Auf- oder Abzinsen der einzelnen Raten unter Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips. Eine typische Aufgabe besteht darin, das erforderliche Anfangsguthaben für einen vorgegebenen Auszahlungsplan zu berechnen. Umgekehrt interessiert man sich insbesondere bei Sparplänen für das zu erreichende Sparziel. In erster Linie interessieren wir uns also für den Rentenbarwert und den Rentenendwert. Dabei gehen wir, insofern nichts anderes gesagt ist, von exponentieller Verzinsung aus.
2.3.1 Rentenbarwertfaktoren Um den Barwert der jährlich vorschüssigen Rente der Höhe 1 über n Perioden zu berechnen, benötigt man den so genannten Rentenbarwertfaktor der vorschüssigen Rente än . Es sei v
(1 i ) 1 der Abzinsungsfaktor. Dann gilt folgende Darstellung n 1
än
¦ vk
.
k 0
Die rechte Seite lässt sich durch einen einfachen Trick ausrechnen. Zunächst ist vän
n 1
n 1
k 0
k 0
v ¦ vk
¦ v k 1
n
¦ vk
,
k 1
und durch Subtraktion der beiden Gleichungen folgt än vän
n 1
n
k 0
k 1
¦ vk ¦ vk
v0 vn
Somit ist für v z 1 , beziehungsweise i z 0
1 vn .
36
2 Elementare Finanzmathematik
än
1 vn . 1 v
Beispiel Ein Rentner möchte für die nächsten 20 Jahre jährlich vorschüssig 6.000 € von seiner Bank ausbezahlt bekommen. Zum jährlichen Zinssatz von 3,5% beträgt das äquivalente Anfangskapital L
Rän
6.000
1 1,03520 1 1,0351
88.259,02 .
Der Rentner muss einmalig 88.259,02 € bereitstellen, um sofort beginnend jährlich vorschüssig die Rente in Höhe von 6.000 € über zwanzig Jahre zu erhalten.
Im Grunde genommen, reicht es aus, sich einzig und allein den vorschüssigen Rentenbarwertfaktor zu merken. Denn alle folgenden Rentenfaktoren lassen sich auf diesen zurückführen. Der Rentenbarwertfaktor der nachschüssigen Rente an der Höhe 1, die n mal fällig ist, wird wie folgt berechnet: n
an
¦ vk
k 1
n
v ¦ v k 1 k 1
n 1
v ¦ vk
vän
k 0
v
1 vn . 1 v
Manchmal findet man auch die folgende alternative Darstellung in der Literatur: an
1 vn 1 v v
1 vn 1 i 1
1 vn . i
Die nachschüssige Rente entspricht der in der Fälligkeit um eine Periode verschobenen vorschüssigen Rente gleicher Laufzeit, wie man sich am Zahlungsstrahl verdeutlichen kann. Beispiel Wenn der Rentner aus dem vorherigen Beispiel seine Raten nachschüssig erhalten möchte, reduziert sich das Anfangskapital wie folgt: L
Ran
6.000
1 1 1,03520 1,035 1 1,0351
85.274,42 .
Der Rentner muss einmalig 2.984,60 € weniger bereitstellen, um eine nachschüssige anstatt vorschüssige zwanzigfache Rente in Höhe von 6.000 € zu beziehen. Den Differenzbetrag kann man auch direkt berechnen: Er ergibt sich aus der Differenz der ersten Rate bei vorschüssiger Zahlungsweise und des Barwerts der letzten nachschüssigen Rate: 2.984,60 6.000 6.000
1 1,03520
.
2.3 Rentenrechnung
37
2.3.2 Rentenendwertfaktoren Der Endwert der jährlich vorschüssigen Rente der Höhe 1 über n Perioden wird durch den Rentenendwertfaktor der vorschüssigen Rente sn angegeben. Er lässt sich auf den Rentenbarwertfaktor än zurückführen: n
sn
¦ (1 i )k
(1 i )n
k 1
n
¦ (1 i )k n
(1 i ) n
k 1
n 1
¦ vl
l 0
(1 i ) n än
(1 i )n
1 vn . 1 v
Daran erkennen wir, dass sich der Rentenendwertfaktor durch Aufzinsen über n Perioden aus dem entsprechenden Rentenbarwertfaktor ergibt. In alternativer Darstellung haben wir sn
(1 i )n 1 1 v
(1 i )n 1 1 i 1 1 i
(1 i )
(1 i )n 1 . i
Beispiel Der Endwert einer jährlich vorschüssigen Sparrate in Höhe von 5.000 € über sieben Jahre ist beim Zinssatz von 4,5% pro Jahr L
Rsn
5.000 1,0457
1 1,0457 1 1,045
41.900,07 .
Das Sparziel ist 41.900,07 €, welches ein Jahr nach Einzahlung der letzten Rate erreicht wird. Umgekehrt kann es von Interesse sein zu berechnen, wie hoch die Sparrate sein muss, damit das Ziel von 50.000 € erreicht wird. Dazu betrachten wir nach dem Äquivalenzprinzip R
50.000 sn
50.000 1,0457
1 1,045 1 1,0457
5.966,58 .
Um im vorgegebenen Sparplan 50.000 € anzusparen, ist es notwendig, sieben Jahre lang vorschüssig 5.966,58 € anzulegen.
Zum Abschluss betrachten wir den Rentenendwertfaktor der nachschüssigen Rente sn der Höhe 1, zahlbar über n Perioden. Jener lässt sich auf die bereits hergeleiteten Rentenfaktoren zurückführen. Wir betrachten zum Beispiel in Bezug auf än : n 1
sn
¦ (1 i)k
(1 i ) 1
k 0
n
¦ (1 i )k
k 1
(1 i ) 1 sn
(1 i ) n 1 än
(1 i ) n 1
Gelegentlich findet man folgende äquivalente Darstellung in der Literatur: sn
(1 i )n 1
1 vn 1 v
(1 i )n 1 (1 i ) n 1 i 1 (1 i ) 1
(1 i )n 1 1 i 1 (1 i ) 1 i
(1 i )n 1 . i
1 vn . 1 v
38
2 Elementare Finanzmathematik
Beispiel Werden die Sparraten aus obigem Beispiel als nachschüssige Zahlungen angesehen, so berechnet man den Endwert nach Ablauf von sieben Jahren wie folgt: L
5.000 1,0456
Rsn
1 1,0457 1 1,0457
40.095,76 .
Das Sparguthaben am Tag der letzten Einzahlung beträgt damit 40.095,76 €. Im Verlauf eines Jahres wächst dieses Kapital um 1.804,31€ auf oben berechnete 41.900,07 €. Dieser Wert entspricht dem Endwert des Sparguthabens bei vorschüssiger Zahlungsweise aus dem vorherigen Beispiel.
Mit den Formeln für die Rentenfaktoren können der Rentenbarwert, der Rentenendwert, die Rentenrate oder die Laufzeit direkt berechnet werden. Um den Zinssatz zu ermitteln, muss man in den meisten Fällen auf ein Iterationsverfahren zurückgreifen, um eine Näherungslösung zu bestimmen.
2.3.3 Unterjährige Renten In der Praxis erfolgen Rentenzahlungen oft mehrmals im Jahr, also unterjährig. Zur Berechnung der Barwerte und Endwerte müssen dazu die Verzinsungsmodalitäten festgelegt werden. Wenden wir die konforme unterjährige Verzinsung an, so ändern sich im Vergleich zur jährlichen Zahlungsweise lediglich die Anzahl der zu betrachtenden Perioden und der Zinssatz pro Periode. Ansonsten bleibt das Kalkül wie gehabt. Beispiel Ein Rentner möchte über die nächsten zwanzig Jahre monatlich vorschüssig 500 € von seiner Bank ausbezahlt bekommen. Zum jährlichen Zinssatz von 4% ist der konforme monatliche Zinssatz ikon
12
1 i 1 0,327374% ,
und somit ist der äquivalente Einmalbetrag, den der Rentner vorab zu zahlen hat: L
Ränm
500
1 (1 0,3274) 240 1 1,003274 1
83.298,11 .
Beispiel Anlässlich der Geburt ihres neugeborenen Kindes entschließt sich ein Elternpaar zu folgendem Sparvorgang: Beginnend einen Monat nach der Geburt werden monatlich 150 € auf ein Sparkonto gezahlt, bis das Kind 18 Jahre alt ist. Wir gehen von einem Realzins von 2,0% pro Jahr aus. Dann ist der unterjährig konforme Zinssatz
ikon
12
1 i 1 0,165158% .
Folglich ist der Endwert
2.3 Rentenrechnung
L 150sn
39
150
(1 ikon )216 1 38.894,20 . ikon
Dieser Betrag soll für ein Studium verwendet werden, welches im Alter von 19 Jahren aufgenommen wird. Die Kosten werden mit monatlich vorschüssig 800 € veranschlagt. Dann stellt sich die Frage, wie lange das Geld reichen mag. Nach dem Äquivalenzprinzip gilt zu Beginn des Studiums 38.894,20 (1 i ) 800än
800 sn
1
800
n vkon
(1 ikon )n 1 1 (1 ikon ) . ikon (1 ikon ) n
Nach äquivalenter Umformung ergibt sich i 38.894,20 (1 i ) kon 800 1 ikon
1
1 (1 ikon )n
sowie (1 ikon ) n
1
i 38.894,20 (1 i ) kon 800 1 ikon
und damit
n
§ 38.894, 20 · i ln ¨ 1 (1 i ) kon ¸ 800 1 ikon ¹ © ln(1 ikon )
51,7 .
Das angesparte Vermögen wird für knapp 52 Monate, also etwa 8,5 Semester, reichen.
Wird unterjährig zeitproportionale Verzinsung vereinbart, so ergibt sich ein anderer Rentenwert. Es bezeichne ä ( k ) den Rentenbarwertfaktor der jährlichen Rente der Höhe 1, die vorn
schüssig in k gleich hohen Raten pro Jahr, insgesamt n Jahre lang, bei unterjährig linearer Verzinsung fällig wird. Dazu betrachten wir innerhalb eines Jahres den Endwert L j derjenigen Rate, die in der j-ten Periode innerhalb eines Jahres fällig ist: Lj
1§ k j · 1 i j i 2 . ¨1 i ¸ k© k ¹ k k
Damit können wir den gesuchten Rentenbarwertfaktor als ä( k ) n
n 1
k 1
¦ ¦ l 1
vl
j 0
Lk
j · ¸· § 1 i i ¸ ¨ k k 2 ¹ ¹¸ 0©
n 1 §
k 1
l
j
¦
¨ vl ¨ 1©
¦
darstellen und mit Hilfe der gaußschen Summenformel ausrechnen: ä( k ) n
n 1
§
¦ v l ¨© (1 i ) i l 1
k ( k 1) · ¸ 2k 2 ¹
k 1· § än ¨ 1 i ¸ . 2k ¹ ©
Der Rentenbarwertfaktor ä ( k ) bei unterjährig zeitproportionaler Verzinsung kann auch als n
Näherung für die unterjährig konforme Berechnung angesehen werden. Für die übrigen un-
40
2 Elementare Finanzmathematik
terjährigen Rentenfaktoren ergeben sich analoge Formeln, die der Leser bei Bedarf selbst nachvollziehen möge. In der Praxis verwendet man häufig einen eher pragmatischen Ansatz für die Behandlung unterjähriger Zahlungsweisen. Da die meisten Versicherten ihre Beiträge monatlich zahlen, wird der Monatsbeitrag als Ausgangsbasis für Abschläge gewählt. Ausgehend vom monatlich fälligen Betrag B werden die äquivalenten Ratenhöhen für längere Perioden zeitproportional hochgerechnet. Anschließend wird die erhaltene Ratenhöhe durch einen Rabatt verringert. Typische Abschläge in der Personenversicherung sind zum Beispiel 1% für vierteljährliche, 2% für halbjährliche und 4% für jährliche Zahlungsweise. Beispiel Der monatliche Versicherungsbeitrag einer Lebensversicherung betrage 100 €. Es ist festgelegt worden, dass der jährliche Beitrag 96% des Zwölffachen des Monatsbeitrags, also 1.152 €, beträgt. Damit lässt sich nach dem Äquivalenzprinzip der Effektivzins ermitteln, zu dem beide Zahlungsweisen äquivalent sind Es sei dazu a der Abschlag für die unterjährige Zahlung in k Raten. Dann ist (1 a )kB
Bäk .
Daraus folgt k (1 a )k (1 vkon ) (1 vkon )
0 .
Für a 4% und k 12 lässt sich näherungsweise ein konformer Diskontierungsfaktor von vkon 99,25% und somit ein jährlicher Effektivzins von i
12 (1 ikon )k 1 vkon 1 9,39%
berechnen. Die im Markt erzielbare risikolose Verzinsung ist normalerweise deutlich geringer als 9,4%. Deshalb ist es ratsam, das Angebot anzunehmen, die fälligen Versicherungsbeiträge jährlich statt monatlich zu zahlen.
2.3.4 Aufgeschobene Renten Eine Rente, deren Ratenzahlungen erst nach einer gewissen Wartezeit, oder auch Karenzzeit, beginnen, nennt man aufgeschobene Rente. Der Rentenbarwertfaktor
m| än
der um m
Jahre aufgeschobenen für die folgenden n Jahre vorschüssig zahlbaren Rente der Höhe 1 lautet m| än
än v m
1 vn m v 1 v
v m v mn . 1 v
Beispiel Ein sechzigjähriger Mann hat 100.000 € zur Verfügung, die er bei einer Bank anlegen möchte. Zum jährlichen Zinssatz von 5% möchte er ab seinem fünfundsechzigsten Lebensjahr für die folgenden
2.3 Rentenrechnung
41
zwanzig Jahre eine jährlich vorschüssige Rente beziehen. Nach dem Äquivalenzprinzip erhalten wir durch Gleichsetzen von Leistung und Gegenleistung 100.000
R
m|än
,
woraus man die Rentenhöhe berechnen kann: R 100.000(1 i ) m
1 v 1 v
n
100.000 1,055
1 1,051 1 1,0520
9.753,44 .
Somit erhält der Mann garantiert zwanzig Jahre lang jeweils jährlich vorschüssig 9.753,44 €.
Beispiel Ein verdienter Mitarbeiter eines Unternehmens wird in genau sieben Jahren in den Ruhestand gehen. Ab diesem Zeitpunkt soll er jährlich vorschüssig eine Pension in Höhe von 6.000 € erhalten. Die voraussichtliche restliche Lebenserwartung zum Renteneintritt betrage 22,5 Jahre. Dann kann man die Rückstellung berechnen, die die Bilanz des Unternehmens heute ausweisen muss, damit die Zusage in der Zukunft eingehalten werden kann. Der Zinssatz betrage jährlich 4,5%. Dann ist L
R än (1 i ) m
R sn (1 i ) n m
6.000
(1 i )23 1 1 i (1 i ) 23 7 1
65.184,10 .
Die Bilanzrückstellung für die verbindliche Pensionszusage muss also 65.184,10 € betragen.
Im Gegensatz zur aufgeschobenen Rente ist auch die abgebrochene Rente von Interesse. Dabei endet die Ratenzahlung zu einem festen Zeitpunkt, die Verzinsung des Kapitals erfolgt für eine zusätzliche Restlaufzeit. Der Rentenendwertfaktor, der n Jahre lang vorschüssig zahlbaren Rente der Höhe 1, die eine zusätzliche Restlaufzeit von m Jahren hat, in der Zinsen verdient werden, ist gegeben durch (1 i )m sn
(1 i )m (1 i )n än
1 vn (1 i )mn 1 v
(1 i )mn 1 (1 i )m 1 . i
Anwendung findet diese Formel insbesondere für Sparpläne, die nach Ablauf einer zusätzlichen Frist einen Zinsbonus vorsehen. Beispiel Ein junger Mann investiert monatlich 100 € in einem festen Sparplan. Nach fünf Jahren bleibt das Gesparte ein Jahr fest angelegt, wobei weiterhin Zinsen verdient werden. Am Vertragsende zahlt die Bank einen Sparbonus in Höhe von 5% auf die Summe der eingezahlten Sparbeiträge. Bei einem angenommenen Zinssatz von 6% ist dann zunächst der konforme Zinssatz ikon
12
1 i 1 0,486755% .
Somit ist das Endvermögen inklusive Sparbonus für k
12 , n
5 und b 5% :
42
2 Elementare Finanzmathematik
L
R (1 i ) sk n nkRb 100 1,06 1,0486755
1,065 1 5 12 100 0,05 7.701,35 . 0,0486755
Das gesamte Vermögen beträgt nach sechs Jahren also 7.701,35 €. Die Effektivverzinsung kann nach dem Äquivalenzprinzip berechnet werden, indem der Endwert aus den eingezahlten Sparbeiträgen und das Endvermögen gegenübergestellt werden: L
100(1 ikon )12 (1 ikon )
R(1 ikon ) k sk n
(1 ikon )60 1 (1 ikon ) 1
.
Daraus folgt 7.701,35 100(1 ikon )13
(1 ikon )60 1 ikon
0
und ferner
7.701,35 ikon 100 1 ikon
73
13
100 1 ikon
0.
Löst man diese Gleichung näherungsweise, so erhält man einen monatlichen konformen Zinssatz von 0,577354%. Also beträgt der effektive Jahreszins ieff
1 ikon 12 1
7,15%
und liegt somit, bedingt durch den Sparbonus, um 1,15 Prozentpunkte über der Sparzinsrate.
2.3.5 Dynamische Renten Anstelle von konstanten Renten betrachtet man in der Praxis auch so genannte dynamische Renten, deren Raten sich gemäß einem mathematischen Bildungsgesetz von Periode zu Periode verändern. Für arithmetisch und geometrisch steigende und fallende Renten lassen sich geschlossene Formeln für die Zeitwerte der Renten angeben. Wir beginnen mit der arithmetisch steigenden Rente. Der Barwertfaktor ( Iä )n der jährlich vorschüssigen Rente, die in jeder der n Perioden um 1 steigt und auch bei 1 beginnt, ist gegeben durch ( Iä )n
än nv n 1 v
.
Der Beweis gelingt mit demselben Trick, den wir schon bei der Berechnung der geometrischen Summe angewandt haben. Es gilt nämlich (1 v )( Iä )n
(1 v )
n 1
n 1
n
k 0
k 0
k 1
¦ (1 k )v k ¦ (1 k )vk ¦ kv k
woraus die Behauptung folgt.
0
n 1
¦ v k nv n
k 0
än nv n
2.3 Rentenrechnung
43
Beispiel Eine vorschüssige Jahresrente in Höhe von 5.000 € steige jährlich um 200 €. Die Laufzeit betrage 20 Jahre. Dann setzt sich der Leistungsbarwert aus einer konstanten Rente der Höhe 4.800 € sowie einer arithmetisch steigenden Rente zusammen, die, beginnend mit 200 €, jährlich um 200 € steigt. Damit berechnet sich der Barwert bei einem Marktzins von 4% zu
4.800än 200( Iä ) n
L
4.800
1 1,04 20 1 1,04 1
200
11,0420 11,041
20 1,04 20
93.875,15 .
1 1,04 1
Der heutige Gegenwert beträgt demnach 93.875,15 €.
Analog berechnet man den Barwertfaktor der arithmetisch fallenden Rente ( Dä )n , welcher eine jährlich vorschüssige Rente vorsieht, die anfänglich n beträgt und mit jeder Periode um 1 fällt: ( Dä )n
ä nv n ( n 1)än n . 1 v
Denn es gilt n 1
( Dä )n
¦
( n k )v k
( n 1)
k 0
n 1
¦
vk
k 0
n 1
¦ (1 k )v k
k 0
( n 1)än ( Iä )n .
Im Gegensatz zu arithmetischen veränderbaren Renten widmen wir uns abschließend sich geometrisch verändernden Renten. Dazu betrachten wir die n-mal fällige vorschüssige Rente, deren Ratenhöhe anfangs 1 beträgt und sich jährlich um den Prozentsatz p erhöht. Dann ist der Barwertfaktor %
n 1
( Iä )n
¦ v k
k 0
%
( Iä )n der sich geometrisch verändernden Rente
än
mit v
1 und i 1 i
i p . 1 p
Der Beweis beruht auf der Tatsache, dass der Zins genauso wirkt wie die prozentuale Veränderung. Der Zinssatz und der prozentuale Steigerungssatz können also miteinander verrechnet werden. Es gilt %
n 1
( Iä )n
¦
(1 p )k v k
k 0
woraus die Behauptung folgt.
n 1
§1 p · ¨ ¸ 1 i ¹ k 0©
¦
k
n 1
¦
1
n 1
k k 0 1 p p i 1 p
¦
k 0
1
k 1 1i pp
,
44
2 Elementare Finanzmathematik
Beispiel Eine vorschüssige Jahresrente in Höhe von 5.000 € steige jährlich um 3%. Die Laufzeit betrage 20 Jahre. Dann ist der Barwert bei einem Marktzins von 4% 1 L
R
%
( Iä )n
R
1
1
n 1 1i pp
1
1 5.000
0,01 1 1,03
1
1 i p 1 p
1
20
91.371,49 .
1
0,01 1 1,03
Der Leistungsbarwert beträgt demnach 91.371,49 €. Im Vergleich dazu ist der Rentenbarwert ohne Leistungssteigerung 1
L
R än
1 n
1 i R 1 1 1 i
1
1 20
1,03 5.000 70.669,70 1 1 1,03
deutlich geringer.
2.3.6 Ewige Renten Man spricht von einer ewigen Rente, wenn die Anzahl der Rentenzahlungen unbegrenzt ist. Aufgrund der zeitlichen Unbeschränktheit sind lediglich Barwertfaktoren berechenbar. Der Rentenbarwertfaktor äf der ewig vorschüssig zahlbaren Rente der Höhe 1 erhält man durch Grenzwertbetrachtung aus der endlichen Rente: äf
lim an
nof
§ 1 ¨ 1 1 ¨ 1 v ¨ lim (1 i )n © nof
1 vn lim n of 1 v
· ¸ ¸ ¸ ¹
1 1 v
1 i . i
Analog ist der Rentenbarwertfaktor af der ewig nachschüssig zahlbaren Rente af
lim an
n of
v lim an nof
v
1 i i
1 . i
Entspricht die Rentenhöhe den Zinsen auf das Anfangskapital, so bleibt dieses auf ewig erhalten. Ewige Renten finden ihre praktische Anwendung bei Stiftungen und tilgungsfreien Hypothekendarlehen, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden. Beispiel Ein berühmter Professor entscheidet sich, ab sofort einen Stifterpreis in Höhe von 500 € für den besten Studierenden der jährlich stattfindenden Vorlesung „Lebensversicherungsmathematik“ einzurichten. Bei einem Marktzins von 4% pro Jahr ist das notwendige Stiftungskapital
2.4 Tilgungsrechnung
K
Räf
45
500
1 i i
13.000 .
Wenn der Preis zum ersten Mal im nächsten Jahr vergeben wird, so betrachtet man die nachschüssige ewige Rente: K
Rf
500
1 12.500 . i
Die Zinsen in Höhe von 4% auf 12.500 € entsprechen genau dem Preisgeld in Höhe von 500 €. Das Stiftungskapital bleibt also unvermindert. Der Barwert der nachschüssigen ewigen Rente ist um 500 € geringer als der Barwert der vorschüssigen Rente. Die Differenz entspricht der Höhe des Preisgelds. Es ist dem Autor nicht bekannt, ob trotz dieser läppischen Summe jemals eine derartige Stiftung ins Leben gerufen worden ist.
2.4 Tilgungsrechnung Die Tilgungsrechnung befasst sich mit der Rückzahlung von Schulden, wie zum Beispiel Krediten, Darlehen, Hypotheken, Anleihen, und so weiter. Im finanzmathematischen Sinne wird das Äquivalenzprinzip auf die Leistungen des Kreditgebers, Gläubiger genannt, und die Gegenleistungen des Kreditnehmers, des Schuldners, angewandt. Die Mathematik der Tilgungsrechnung ist der Rentenrechnung im Prinzip sehr ähnlich, sie hat jedoch ihre eigene Begriffsbildung. Die Ratenzahlung nennt man in der Tilgungsrechnung nicht Rente, sondern Annuität. Beispiel Ein Student möchte sich ein altes Alpha Romeo Spider Cabriolet für 10.000 € kaufen. Dafür muss er einen Kredit aufnehmen, den er über acht Semester durch monatlich nachschüssige Annuitäten abzuzahlen gedenkt. Bei einem Sollzinssatz von 8% pro Jahr ist dann zunächst der konforme unterjährige Zins ikon
1
(1 8%) 12 1 0,6434% .
Durch das Gegenüberstellen von Leistung und Gegenleistung Aa48
10.000
können wir die gesuchte Annuität A berechnen: A 10.000
1 vkon
1
48 1 vkon
vkon
10.000 1
ikon 1 1ikon
48
242,81 .
Somit zahlt der Student monatlich 242,81 € für den Cabrio-Spaß.
46
2 Elementare Finanzmathematik
Die Kontostaffel nennt man in diesem Zusammenhang Tilgungsplan. Die Kreditsumme ist die zinspflichtige Leistung des Gläubigers zu Vertragsbeginn. Die Restschuld stellt die restliche Forderung des Kreditgebers dar. Sie wird durch Verrechnung der Zeitwerte der Kreditsumme einerseits und der geleisteten Rückzahlungen andererseits ermittelt. Als Besonderheit der Tilgungsrechnung wird die Gegenleistung des Schuldners, die Annuität, in jeder Periode additiv zerlegt in den Zinsanteil und den Tilgungsanteil. Es sind Zt
Zinsen, die am Ende der Periode t anfallen, bezogen auf die ausstehende Restschuld am Anfang der Periode,
Tt
Tilgung, die die Veränderung der Restschuld von Periode zu Periode verursacht,
At
Z t Tt
Annuität, gesamte Zahlung des Schuldners am Ende der Periode t.
Hintergrund dieser Notation ist unter anderem das Steuerrecht in Deutschland, welches es gegebenenfalls ermöglicht, den Zinsanteil eines Kredits steuermindernd geltend zu machen. Auf die Feinheiten können wir in diesem Rahmen leider nicht weiter eingehen. Man erkennt unschwer folgende Entwicklung des Kontostandes eines beliebigen Kreditgeschäftes: Kt
Kt 1 (1 i ) At
Kt 1 Tt .
Die Restschuld Kt am Ende des Jahres t ergibt sich aus der um die Tilgung verringerten Restschuld des Vorjahres. Summation über alle Zeitpunkte n
n
t 1
t 1
¦ Kt ¦ Kt 1 Tt ergibt n
¦ Tt
K0 Kn .
t 1
Somit führt die Zerlegung der Annuität zu der Erkenntnis, dass die Summe der Tilgungen die Differenz aus Kreditsumme und Restschuld bei Vertragsende ist. Falls der Kredit vollständig abbezahlt wird, so ist die anfängliche Kreditsumme gleich der Summe aller Tilgungszahlungen. Es bleibt festzuhalten, dass die Zinsen die Restschuld erhöhen. Positive Tilgungsbeträge vermindern die Restschuld, negative Tilgungsbeträge erhöhen sie. Somit kann eine negative Tilgung als zusätzliche Kreditaufnahme interpretiert werden. Oftmals wird im Zusammenhang mit einem Kreditgeschäft eine Restschuldversicherung abgeschlossen. Die Versicherungsleistung besteht darin, bei Eintreten bestimmter versicherter Gefahren, wie Tod, Unfall, Krankheit, Berufsunfähigkeit oder auch Arbeitslosigkeit, die Restschuld des Kredites durch das Versicherungsunternehmen begleichen zu lassen. Derarti-
2.4 Tilgungsrechnung
47
ge Geschäfte dienen der Absicherung des Gläubigers und werden deshalb gerne quasi verbindlich abgeschlossen. Wir werden darauf im Abschnitt zur Beitragsberechnung zurückkommen. In der Praxis kann sich die Höhe der Annuität durchaus von Periode zu Periode unterscheiden. Es gibt jedoch meistens eine gewisse Systematik, die die Rückzahlungen beschreibt. Im Folgenden werden wir die wichtigsten Tilgungsarten näher beschreiben. Dabei wird stillschweigend vereinbart, dass Annuitäten stets nachschüssig fällig werden. Die Rückzahlungsperiode entspreche der Zinsperiode. Annuitäten und Zinszahlungen werden sofort miteinander verrechnet. Gebühren, Kosten, Provision lassen wir unberücksichtigt.
2.4.1 Allgemeine Tilgung In der allgemeinen Tilgung erfolgen die Rückzahlungen unregelmäßig. Beispiel Wir betrachten einen Kredit in Höhe von 100.000 €, der über neun Jahre unregelmäßig abgezahlt wird. Der Kreditzins betrug 10% pro Jahr. Die Kontostaffel, beziehungsweise der Tilgungsplan lautet Jahr
Kontostand am Beginn
Zinsen am Ende
Tilgung am Ende
Annuität am Ende
Kontostand am Ende
1
100.000
10.000
0
10.000
100.000
2
100.000
10.000
-10.000
0
110.000
3
110.000
11.000
10.000
21.000
100.000
4
100.000
10.000
20.000
30.000
80.000
5
80.000
8.000
0
8.000
80.000
6
80.000
8.000
0
8.000
80.000
7
80.000
8.000
30.000
38.000
50.000
8
50.000
5.000
0
5.000
50.000
9
50.000
5.000
50.000
55.000
0
Die tatsächlich geleisteten Rückzahlungen erkennt man anhand der Annuitäten. Außer im zweiten Jahr wurden stets Rückzahlungen geleistet. In den Jahren 3, 4, 7, und 9 ist die Tilgung positiv; es erfolgte eine Abzahlung des Kredits, wie man am Vergleich der Kontostände zu Beginn und am Ende des jeweiligen Jahres erkennt. Im zweiten Jahr ist die Tilgung negativ gewesen. Das bedeutet, die Kreditsumme hat sich erhöht. In den Jahren 1, 5, 6 und 8 war die Tilgung null. Der Kontostand blieb unverändert; es kam zu einem Rückzahlungsaufschub.
48
2 Elementare Finanzmathematik
2.4.2 Ratentilgung Bei der Ratentilgung ist die Höhe der Tilgung konstant. Es bezeichne K0 die Kreditsumme, welche über n Perioden vollständig zurückgezahlt werde. Dann gilt bei Ratentilgung Tt
K0 n
t 1," , n .
Da sich die Zinsen aus dem jeweiligen Kontostand berechnen lassen, ist somit auch die Annuität für jede Periode berechenbar. Beispiel Ein Kredit in Höhe von 10.000 € werde durch Ratentilgung in fünf Jahren abbezahlt. Dann lautet der Tilgungsplan Jahr
Kontostand am Beginn
Zinsen am Ende
Tilgung am Ende
Annuität am Ende
Kontostand am Ende
1
10.000
500
2.000
2.500
8.000
2
8.000
400
2.000
2.400
6.000
3
6.000
300
2.000
2.300
4.000
4
4.000
200
2.000
2.200
2.000
5
2.000
100
2.000
2.100
0
Die folgende Grafik verdeutlicht die linear fallende Restschuld sowie die unterschiedlich hohen Annuitäten im Verlauf der Zeit.
2.500 €
10.000 €
2.000 €
8.000 €
1.500 €
6.000 €
1.000 €
4.000 €
500 €
2.000 €
0€
0€ 1
2 Tilgung
3 Jahr Zinsen
4 Restschuld
5
Restschuld
Annuität
Ratentilgung
2.4 Tilgungsrechnung
49
2.4.3 Annuitätentilgung Bei der Annuitätentilgung ist die Summe aus Zinsen und Tilgung in jeder Periode gleich. Allerdings wird der Zinsanteil im Laufe der Zeit geringer, der Tilgungsanteil wird größer. Man nennt diese Art der Tilgung daher auch „Tilgung durch ersparte Zinsen“. Ein Kredit der Höhe 1 € werde durch eine konstante Annuität in genau n Jahren vollständig getilgt wird. Dann stellt man den Barwert aus Leistung und Gegenleistung gegenüber: 1
Aan
A
1 (1 i )n
sn
A
(1 i )n 1 (1 i )n (1 i ) 1 1
A
1 vn . i
Folglich ist die Annuität A
i 1 vn
,
die von der Laufzeit n abhängt. Allgemein nennt man An
i 1 vn
den Annuitätenfaktor
oder auch Kapitalwiedergewinnungsfaktor. Er gibt an, welcher Betrag jährlich nachschüssig zu zahlen ist, um einen Kredit der Höhe 1 € in genau n Jahren vollständig zu tilgen. Durch Multiplikation mit dem Kreditbetrag K eines beliebigen Kredites ermöglicht er die Berechnung der jährlich konstanten nachschüssigen Annuität. Beispiel Um ein Ferienhaus in Cornwall zu finanzieren, nimmt eine Familie eine Hypothek bei einer englischen Bank in Höhe von 200.000 £ auf. Die Zinsrate beträgt 4,75% pro Jahr. Um das Haus in genau zwanzig Jahren durch jährlich nachschüssige Ratenzahlungen abzubezahlen, ist die Annuität gegeben durch A 200.000 A20
200.000
i 1
11i
20
15.710,09 .
Die ersten und letzten Zeilen des Tilgungsplans lauten: Zeitpunkt
Kontostand am Beginn
Zinsen am Ende
1
200.000,00
9.500,00
6.210,09
15.710,09 193.789,91
2
193.789,91
9.205,02
6.505,07
15.710,09 187.284,83
3
187.284,83
8.896,03
6.814,06
15.710,09 180.470,77
…
…
…
Tilgung am Ende
…
Annuität am Ende
…
Kontostand am Ende
…
18
42.983,69
2.041,73
13.668,37
15.710,09
29.315,32
19
29.315,32
1.392,48
14.317,62
15.710,09
14.997,70
50
2 Elementare Finanzmathematik
An der folgenden Grafik erkennt man den Verlauf von Zinsanteil und Tilgungsanteil. Man erkennt, dass die Tilgung in jedem Jahr um denjenigen Betrag steigt, der im Zinsanteil aufgrund des reduzierten Kontostandes nicht benötigt wird. Der Graph der Restschuld ist konkav, er fällt anfangs kaum, zum Vertragsende recht stark. Nach genau zwanzig Jahren ist der Kredit abbezahlt.
£20.000
£200.000
£15.000
£150.000
£10.000
£100.000
£5.000
£50.000
£0
Restschuld
Annuität
Annuitätentilgung
£0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Jahr
Tilgung
Zinsen
Restschuld
Derartige Annuitätentilgungen sind für Hypotheken im Ausland gang und gäbe. In Deutschland bevorzugen die Verbraucher eine „glatte“ Annuität. Im Gegenzug wird dann eine Schlussannuität notwendig, um den Kredit vollständig zu tilgen. Beispiel Die Nachbarfamilie kauft eine Wohnung an der Ostsee im Wert von 200.000 €. Die Zinsrate ist 4,75% pro Jahr. Der Tilgungsanteil beträgt 2,5% der anfänglichen Kreditsumme zuzüglich ersparter Zinsen. Also ist die Annuität: A 200.000(4,75% 2,5%) 14.500 . Die ersten und letzten Zeilen des Tilgungsplans lauten:
2.4 Tilgungsrechnung
51
Zeitpunkt
Kontostand am Beginn
Zinsen am Ende
Tilgung am Ende
1
200.000,00
9.500,00
5.000,00
14.500,00 195.000,00
2
195.000,00
9.262,50
5.237,50
14.500,00 189.762,50
3
189.762,50
9.013,72
5.486,28
14.500,00 184.276,22
…
…
…
Annuität am Ende
…
…
Kontostand am Ende
…
21
38.971,83
1.851,16
12.648,84
14.500,00
26.322,99
22
26.322,99
1.250,34
13.249,66
14.500,00
13.073,33
23
13.073,33
620,98
13.073,33
13.694,31
0,00
Der Verlauf Kreditgschäfts lässt sich ebenfalls grafisch veranschaulichen.
200.000 €
15.000 €
150.000 €
10.000 €
100.000 €
5.000 €
50.000 €
0€
Restschuld
Annuität
Annuitätentilgung 20.000 €
0€ 1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Jahr
Tilgung
Zinsen
Restschuld
Man erkennt, dass die letzte Annuität, die so genannte Schlussannuität, geringer ausfällt. Sie sorgt dafür, dass der Kredit vollständig abbezahlt wird.
2.4.4 Gesamtfällige Tilgung mit Zinsansammlung Bei der gesamtfälligen Tilgung mit Zinssammlung sind fast alle Annuitäten gleich null. Die Ausnahme bildet die letzte Annuität, die die gesamte ausstehende Schuld in einem Schlag begleicht. Dieser Art der Tilgung findet man vorwiegend bei Krediten, die in der Form von Anleihen durch öffentliche Träger angeboten werden. Der Käufer fungiert dabei als Gläubiger und nutzt das Finanzinstrument zum Zwecke des Sparens. Ein Beispiel für diese Tilgungsform ist der Bundesschatzbrief vom Typ B mit der Laufzeit von sieben Jahren.
52
2 Elementare Finanzmathematik
Beispiel Die Zinssätze des Bundesschatzbriefes Typ B sind unterschiedlich in den einzelnen Jahren und werden regelmäßig den Marktgegebenheiten angepasst. Typische Werte waren Jahr
Zinssatz
1
2,50%
2
3,00%
3
3,50%
4
3,75%
5
4,50%
6
4,75%
7
5,00%
Damit ergibt sich folgender Kontoverlauf bei einer Investition in Höhe von 10.000 €: Jahr
Kontostand am Beginn
Zinsen am Ende
Tilgung am Ende
Annuität am Ende
Kontostand am Ende
1
10.000,00
250,00
-250,00
0,00
10.250,00
2
10.250,00
307,50
-307,50
0,00
10.557,50
3
10.557,50
369,51
-369,51
0,00
10.927,01
4
10.927,01
409,76
-409,76
0,00
11.336,78
5
11.336,78
510,15
-510,15
0,00
11.846,93
6
11.846,93
562,73
-562,73
0,00
12.409,66
7
12.409,66
620,48
12.409,66
13.030,14
0,00
Da die Annuität konstant null ist, treten negative Tilgungsbeträge in Höhe der anfallenden Zinsen auf. Dadurch erhöht sich die Schuld des Kreditnehmers. Mit Hilfe des Äquivalenzprinzips lässt sich die effektive Verzinsung berechnen i
7
13.030,14 1 3,85% . 10.000
2.4.5 Gesamtfällige Tilgung ohne Zinsansammlung Die gesamtfällige Tilgung ohne Zinssammlung sieht vor, dass die Tilgung während der Laufzeit null ist und somit die Annuität gleich den anfallenden Zinsen ist. In der letzten Periode ist dann die Tilgung gleich der Kreditsumme. Ein Beispiel für diese Art der Tilgung ist der Bundesschatzbrief vom Typ A.
2.4 Tilgungsrechnung
53
Beispiel Die Zinssätze des Bundesschatzbriefes Typ A sind ebenfalls von Jahr zu Jahr verschieden. Die Laufzeit beträgt sechs Jahre. Typische Werte sind Jahr
Zinssatz
1
2,50%
2
3,00%
3
3,50%
4
3,75%
5
4,50%
6
4,75%
Damit ergibt sich folgender Kontoverlauf bei einer Investition in Höhe von 10.000 €: Jahr
Kontostand am Beginn
Zinsen am Ende
Tilgung am Ende
Annuität am Ende
Kontostand am Ende
1
10.000
250
0
250
10.000
2
10.000
300
0
300
10.000
3
10.000
350
0
350
10.000
4
10.000
375
0
375
10.000
5
10.000
450
0
450
10.000
6
10.000
475
10.000
10.475
0
Auch in diesem Fall sind wir an der effektiven Verzinsung interessiert. Dazu stellen wir zunächst Leistung und Gegenleistung auf L 10.000(1 i )6 , GL
250(1 i )5 300(1 i ) 4 350(1 i )3 375(1 i ) 2 450(1 i )1 10.475 .
Nach dem Äquivalenzprinzip erhalten wir durch Gleichsetzen eine Polynomgleichung sechsten Grades für den gesuchten Zinssatz, die sich iterativ zum Beispiel mit dem Newton-Verfahren lösen lässt. Als Effektivzins berechnet man approximativ 3,62%.
2.4.6 Ergänzungen In der Tilgungsrechnung gibt es eine ganze Reihe von zusätzlichen Kenntnissen, die sich der interessierte Leser unter Umständen aneignen möchte. Für die praktische Lebensversicherung spielen diese Ergänzungen keine allzu große Rolle, so dass wir auf die weiterführende Literatur verweisen möchten.
54
2 Elementare Finanzmathematik
Neben den hier dargestellten Tilgungsarten ist der Ratenkredit, oder auch Teilzahlungskredit, zu erwähnen. Ein Ratenkredit ist im Prinzip äquivalent zum Annuitätendarlehen, auch wenn die Rückzahlungsraten anders berechnet werden und dadurch der verwendete Sollzins nicht bekannt ist. Häufige Anwendung findet diese Tilgungsart im Einzelhandel beim Kauf auf Kredit. In der Praxis treten neben Zinsen und Tilgungen eventuell noch Verwaltungskosten, Kontoführungsgebühren, Provisionen, Bereitstellungszinsen oder auch ein Abschlag vom nominellen Darlehen, das Disagio, auf. Alle jene Kosten erhöhen den effektiven Zinssatz des Kreditgeschäfts. Um Kreditgeschäfte vergleichbar zu machen, hat der Gesetzgeber die Preisangabenverordnung (PAngV) erlassen. Dadurch wird im Detail vorgeschrieben, wie der effektive Zinssatz unter Einbeziehung aller Kosten zu berechnen ist. Neben dem Tilgungsplan ist dazu ein Vergleichskonto aufzustellen. Für Details zur Berechnung des Effektivzinses von Kreditgeschäften sei auf die weiterführende Literatur verwiesen. Für die Lebensversicherung haben Kreditgeschäfte besondere Bedeutung. Die ausstehende Schuld wird häufig gegen den Tod des Kreditnehmers durch eine Restschuldversicherung gedeckt. Die Versicherungssumme fällt dabei im Verlauf der Zeit auf die beschriebene Art und Weise. Auf derartige Versicherungen werden wir noch gesondert eingehen. Finanzierungen von privaten Immobilien werden nicht selten durch eine Kombination aus einer gesamtfälligen Tilgung und einer Kapitallebensversicherung realisiert. Die Rückzahlung der Kreditsumme erfolgt dabei über die Versicherungsleistung am Ende der Laufzeit. Banken und Versicherungen machen gerne derartige Geschäfte aufgrund der damit verbundenen Umsätze und Provisionen. Für den Kunden lohnt sich diese Tilgungsart bei bestimmten Voraussetzungen unter zusätzlicher Berücksichtigung von steuerlichen Aspekten. Das Risiko der Tilgung durch Lebensversicherung besteht in der Unsicherheit der tatsächlichern Erlebensfallleistung. Zwar garantiert jeder Versicherer eine Mindestleistung, das ist die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme, doch in der Konkurrenz mit anderen Tilgungsarten ist die tatsächlich zu erwartende Auszahlung unter Berücksichtigung der Gewinnausschüttung des Unternehmens zu berücksichtigen. Die zukünftige Überschussbeteiligung kann nicht verlässlich prognostiziert werden. Ausgelöst durch fallende Aktienmärkte haben unzulängliche Kundeninformationen in Bezug auf die Tilgung durch Lebensversicherung zu Beginn des Jahrhunderts zu einem großen Skandal in Großbritannien geführt. Die tatsächliche Erlebensfallleistung hat für etliche Kunden nicht ausgereicht, um die aufgenommene Hypothek vollständig zu tilgen. Zahlreiche Verbraucher fühlten sich unzureichend über die eingegangen Risiken informiert und sind vor Gericht gezogen.
2.5 Zusammenfassung
55
2.5 Zusammenfassung Aufgrund der Komplexität der Nomenklatur geben wir an dieser Stelle eine Übersicht der wesentlichen Formeln der elementaren Finanzmathematik. Typ
Symbol
Formel
Rechnungszins
i
i
Abzinsungsfaktor
v
1 1 i
Unterjährig relativer Zinssatz
irel
inom k
Unterjährig konformer Zinssatz
ikon
k 1 i eff
Barwertfaktor der vorschüssigen Rente
an
1 vn 1 v
Barwertfaktor der nachschüssigen Rente
an
an v
Endwertfaktor der vorschüssigen Rente
sn
an (1 i )n
Endwertfaktor der nachschüssigen Rente
sn
an (1 i )n 1
Unterjährig linearer Barwertfaktor der vorschüssigen Rente der jährlichen Höhe 1
ä( k ) n
k 1· § än ¨ 1 i ¸ 2k ¹ ©
Barwertfaktor der aufgeschobenen vorschüssigen Rente
m| än
än v m
Barwertfaktor der arithmetisch steigenden Rente
( Iä )n
än nv n
1
1 v
Barwertfaktor der arithmetisch fallenden Rente
( Dä )n
Barwertfaktor der sich geometrisch verändernden Rente
%
( Iä )n
( n 1)än ( Iä )n
1
än mit v
1 1i pp
Barwertfaktor der ewigen vorschüssigen Rente
äf
1 i i
Barwertfaktor der ewigen nachschüssigen Rente
af
1 i
Annuitätenfaktor
An
i 1 vn
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen Im Mittelpunkt des vorherigen Kapitels stand die finanzmathematische Analyse deterministischer Zahlungsströme. An diskreten Zeitpunkten sind festgelegte Zahlungen fällig. In der Lebensversicherungsmathematik wird das finanzmathematische Kalkül im Hinblick auf die Zufälligkeit der Zahlungen erweitert. Der Zufall erstreckt sich dabei nicht auf die Höhe der Leistung, sondern auf den Zeitpunkt oder, genauer gesagt, das Eintreten der Zahlung. Denn die Höhe der Leistung ist in der Lebensversicherung durch die Versicherungssumme festgelegt. In diesem Sinn sind neben dem Zinssatz die biometrischen Rechnungsgrundlagen wesentliche Einflussgrößen der Lebensversicherungsmathematik: Die Todesfallwahrscheinlichkeit bestimmt den Zahlungsstrom der Versicherungsleistungen. Die Erlebensfallwahrscheinlichkeit beeinflusst unter anderem die zukünftigen Beitragseinnahmen. Dieses Kapitel befasst sich mit der Bedeutung und Herleitung geeigneter Rechnungsgrundlagen bezüglich der Todesfallwahrscheinlichkeit. Für das Verständnis der nachfolgenden Kapitel ist es lediglich notwendig, die Modellierung der Sterblichkeit und die Anpassung derselben zu erlernen. Die übrigen Abschnitte können gegebenenfalls übersprungen werden. Hier findet der interessierte Leser Ergänzungen und Erweiterungen des Kalküls der Lebensversicherungsmathematik, die zum Teil fortgeschrittene Stochastik- und Statistikkenntnisse erfordern. Die Methoden der Sterblichkeitsanalyse und die Ausgleichsverfahren dienen der Vollständigkeit zur Ermittlung geeigneter biometrischer Rechnungsgrundlagen in der Lebensversicherungsmathematik. Die Modellierung des Gesamtschadens und die Ergänzungen bilden die Grundlage für das Verständnis aktueller Entwicklungen auf dem Gebiet der praktischen Lebensversicherungsmathematik.
3.1 Modellierung des Gesamtschadens In diesem einführenden Abschnitt geht es um die risikotheoretisch fundierte Analyse des möglichen finanziellen Schadens eines Lebensversicherungsunternehmens. Dabei interessieren wir uns nicht für eine einzelne Versicherungspolice, sondern die Gesamtheit aller Verträge. Im Gegensatz zur Schadenversicherung beruht die Beitragsberechnung in der Lebensversicherung nicht auf der Verteilung des Gesamtschadens. Dennoch sind die hier dargestellten Modelle, insbesondere im Hinblick auf den Eigenkapitalbedarf des Versicherers, nützlich. Im individuellen Modell wird der zufällige Versicherungsschaden von einzelnen Policen analysiert. Durch Faltung der Verteilungen gelangt man zu einem Modell für den Jahresgesamtschaden des versicherten Kollektivs. Im kollektiven Modell wird der Gesamtschaden durch die Schadenfrequenz, die Häufigkeit mit der Versicherungsschäden vorkommen, und die Schadenhöhe im Falle eines Schadens, in der Regel die einmal fällige Versicherungssumme, erzeugt. Die Kenntnis individueller Versicherungspolicen ist nicht notwendig.
58
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
3.1.1 Individuelles Modell Für die stochastische Modellierung des Gesamtschadens in der Lebensversicherung eignet sich insbesondere das so genannte individuelle Modell. Das Ziel ist die Herleitung eines einfachen parametrischen Verteilungsmodells für den Jahresgesamtschaden eines Kollektivs von versicherten Risiken. Damit sollen insbesondere Erwartungswert und Varianz für den gesamten versicherten Schaden innerhalb eines Jahres berechnet werden. Darüber hinaus finden die Ergebnisse dieses Abschnitts Anwendung für weiterführende stochastische Analysen in der Lebensversicherung. Im mathematischen Sinn ist ein Risiko eine nichtnegative Zufallsvariable X i . Im versicherungstechnischen Kontext lässt sich das Risiko X i als der zufällige Schaden des i-ten Versicherungsvertrages interpretieren. Die Menge aller versicherten Risiken bildet den Versicherungsbestand. Wir definieren somit den Gesamtschaden G des Kollektivs von n Risiken durch n
G
¦ Xi
.
i 1
Dabei gehen wir stets davon aus, dass die einzelnen Lebensversicherungsrisiken unabhängig und identisch verteilt sind. Aus praktischer Sicht bedeutet diese Festlegung, dass wir kumulierte Todesfallereignisse, wie sie zum Beispiel durch Verkehrsunfälle, Epidemien, Terroranschläge, Kriege und Naturkatastrophen durchaus vorkommen können, in diesem Modellansatz ignorieren. Zunächst wird der Versicherungsschaden eines einzelnen Risikos beschrieben. Der Jahresgesamtschaden des Bestands und seine Momente können anschließend aus der Schadensverteilung der Einzelrisiken hergeleitet werden. Wir betrachten zunächst exemplarisch eine Todesfallversicherung der Höhe 1 Euro. Der Wert einer Zufallsvariable ist in diesem Kontext entweder null, wenn kein Schaden auftritt, oder gleich eins, nämlich der Versicherungssumme, im Schadenfall. Es gibt also genau zwei mögliche Ausgänge, Tod oder Erleben. Somit genügt das Risiko einer Bernoulli-Verteilung. In der Statistik wäre es üblich, den Todesfall als Erfolg zu interpretieren. Eine solche Festlegung wird jedoch als makaber empfunden. Deshalb wird stattdessen der Erlebensfall als Erfolg interpretiert. Es sei p die Erlebenswahrscheinlichkeit und q 1 p die Todesfallwahrscheinlichkeit. Dann genügt der zufällige Schaden X i des i-ten Risikos einer BernoulliVerteilung mit Parameter q. Man schreibt dafür: X i Ber ( q) .
Das bedeutet, P ( X i folglich E( Xi )
1)
q sowie P ( X i
q
und die Varianz ist Var ( X i )
q (1 q ) .
0) 1 q . Der Erwartungswert der Verteilung ist
3.1 Modellierung des Gesamtschadens
59
Unter der Voraussetzung, dass alle n Versicherungsrisiken des Bestandes unabhängig und identisch verteilt sind, ist der Gesamtschaden G X 1 ! X n binomialverteilt: G Bin ( n, q ) .
Zum besseren Verständnis für diesen Zusammenhang betrachten wir die Wahrscheinlichkeit dafür, dass genau k Todesfälle auftreten. Die Anzahl der Kombinationen, k Tote und n k Überlebende auf den gesamten Bestand zu verteilen, ist durch den Binomialkoeffizienten §n· k n k . ¨ k ¸ gegeben. Jede einzelne dieser Möglichkeiten hat die Wahrscheinlichkeit q (1 q) © ¹ Demnach gilt P (G
k)
§n· k n k . ¨ k ¸ q (1 q) © ¹
Als direkte Folgerung können wir analog den Gesamtschaden zweier Kollektive G1 und G2 betrachten, die unabhängig und binomialverteilt sind mit den Parametern n1 beziehungsweise n2 sowie der gleichen Todesfallwahrscheinlichkeit q . Dann folgt G1 G2 Bin( n1 n2 , q ) ,
denn die Summe lässt sich als ( n1 n2 ) unabhängige Bernoulli-Experimente auffassen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Erwartungswert des Gesamtschadens G einer Binomial-Verteilung für n unabhängig und identisch verteilte Einzelrisiken durch E (G )
E ( X1 ! X n )
E ( X1 ) ! E ( X n )
nE ( X i )
nq
und die Varianz durch Var (G ) Var ( X 1 ! X n ) Var ( X 1 ) !Var ( X n )
nVar ( X i )
n q (1 q)
gegeben sind. Betrachten wir nun eine Todesfallversicherung über die Versicherungssumme S . Für Y SX folgt mit den elementaren Rechenregeln für Erwartungswerte und Varianzen, da S konstant ist: E (Y )
E ( SX )
S E( X )
S q
sowie Var (Y ) Var ( SX )
S 2 Var ( X )
S 2 q (1 q) .
Sobald also die Todesfallwahrscheinlichkeit q eines einzelnen Risikos bekannt ist und ferner die Anzahl der versicherten Risiken mitsamt der zugehörigen Versicherungssummen gegeben sind, so lassen sich in dem dargestellten Kalkül die Momente des gesamten Schadens innerhalb eines Jahres berechnen: E (G )
k
k
i 1
i 1
¦ E (nk Sk X k ) ¦ nk Sk qk
60
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
sowie k
k
i 1
i 1
¦Var(nk Sk X k ) ¦ nk Sk2 qk (1 qk ) .
Var (G )
Diesen Sachverhalt möchten wir an dem folgenden Beispiel verdeutlichen. Beispiel Die Anzahl der Risiken eines Versicherungsbestands sei wie folgt aufgeteilt. Kollektiv
q
S=100.000
S=200.000
1
0,0005
10
15
2
0,001
20
30
3
0,01
15
10
Dann ist der Erwartungswert des Jahresgesamtschadens E (G )
E (G11 ) E (G12 ) E (G21 ) E (G22 ) E (G31 ) E (G32 ) q1 (10 100.000 15 200.000) q2 (20 100.000 30 200.000) q3 (15 100.000 10 200.000) 1.500 8.000 35.000 44.500
sowie die Varianz Var (G ) Var (G11 ) Var (G12 ) Var (G21 ) Var (G22 ) Var (G31 ) Var (G32 ) q1 (1 q1 )(10 100.0002 15 200.0002 ) q2 (1 q2 )(20 100.0002 30 200.0002 ) q3 (1 q3 )(15 100.0002 10 200.0002 ) 349.825.000 1.398.600.000 5.445.000.000 7.193.425.000 .
Für viele Anwendungen der praktischen Lebensversicherung reicht es aus, den Erwartungswert und die Varianz des Jahresgesamtschadens eines Lebensversicherungsbestandes zu kennen. Selbstverständlich ist es auch möglich, mit dem individuellen Modell die Verteilung des Jahresgesamtschadens explizit zu berechnen. Hinsichtlich geeigneter Algorithmen zur Berechnung der Faltungen sei der interessierte Leser auf die weiterführende Literatur zur Risikotheorie verwiesen.
3.1 Modellierung des Gesamtschadens
61
3.1.2 Kollektives Modell Im so genannten kollektiven Modell wird direkt der Jahresgesamtschaden eines Lebensversicherungsbestandes modelliert. Dabei wird auf die verfügbaren Informationen über die einzelnen Risiken verzichtet. Grundlagen dieses Modells sind die Verteilung der Anzahl der Toten und die Verteilung der Versicherungssummen. Seien also N die Schadenzahl und X i die Schadenhöhe für den i-ten Versicherungsfall. Die Schadenhöhen seien unabhängig und identisch verteilt. Ferner sei die Verteilung der Schadenanzahl unabhängig von der Verteilung der Versicherungssummen. Dann ist der Gesamtschaden definiert durch N
G
¦ Xi
.
i 1
Im Gegensatz zum individuellen Modell wird im kollektiven Modell über eine zufällige Anzahl N summiert. Mit den Rechenregeln für bedingte Erwartungswerte können die Waldschen Formeln nachvollzogen werden. So ist der Erwartungswert des Gesamtschadens E (G )
§ §N ·· EN ¨ E ¨ X i | N ¸ ¸ ¸¸ ¨ ¨ ¹¹ © ©i 1
¦
§N · EN ¨ E ( X i | N ) ¸ ¨ ¸ ©i 1 ¹
¦
EN N E ( X )
E( N ) E( X ) .
Das zweite Moment ist mit einigen Umformungen E (G 2 )
2 §§ N · · E ¨ ¨ Xi ¸ ¸ ¸ ¸¸ ¨¨ ¨ ©© i 1 ¹ ¹
¦
§ EN ¨ E X ¨ ¨ ©
2 §§ N ·· · ¨¨ X ¸ N ¸¸ i¸ ¨¨ ¨ ¸¸ ¸¸ i 1 © ¹ © ¹¹
§ E N ¨VarX ¨ ¨ ©
¦
2 · §N · § §N ·· ¨ X i ¸ ¨ E ¨ X i ¸ ¸ N ¸¸ ¨ ¸ ¨ ¨ ¸¸ ¸ © i 1 ¹ © © i 1 ¹¹ ¹
¦
¦
E N NVarX ( X ) N 2 E ( X )
2
E ( N ) Var ( X ) E ( N 2 ) E ( X )
2
.
Daraus folgt nach dem Verschiebungssatz für die Varianz des Jahresgesamtschadens Var (G )
E (G 2 ) E (G )
2 2
E ( N )Var ( X ) E ( N 2 ) E ( X ) E ( N )
E ( N )Var ( X ) E ( N 2 ) E ( N ) E ( N )Var ( X ) Var ( N ) E ( X )
2
2
.
2
E ( X ) 2
E( X )
2
62
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Die Verteilung der Schadenhöhe ist in der Lebensversicherung im Allgemeinen durch die diskrete Verteilung der Versicherungssummen gegeben. Der Wertebereich ist meistens nicht allzu groß. Durch eine deskriptive Datenanalyse kann die Schadenhöhenverteilung deshalb empirisch bestimmt werden. Zur Ermittlung der Schadenzahlverteilung gibt es verschiedene Ansätze. Wie wir gesehen haben, beruht die Todesfallversicherung auf der Summe unabhängiger BernoulliExperimente. Für den Spezialfall, dass die Versicherungssumme gleich 1 ist und wir nur eine gemeinsame Todesfallwahrscheinlichkeit q annehmen, ist die Gesamtschadenverteilung binomialverteilt. Aufgrund des Zentralen Grenzwertsatzes kann eine binomialverteilte Zufallsgröße für eine große Anzahl von Risiken durch eine Normal-Verteilung approximiert werden. Es gilt asymptotisch G Bin( n, q) G N ( P , V 2 ) ,
wobei P nq und V 2 nq(1 q) ist. Für eine kleine Todesfallwahrscheinlichkeit muss die Anzahl der unabhängigen Risiken recht groß sein, damit die Approximation gut genug ist. Meistens verlangt man V 2 t 9 .
Ist die Anzahl n der Risiken groß und die Todesfallwahrscheinlichkeit q klein, so kann man die Binomial-Verteilung auch durch eine Poisson-Verteilung approximieren. Es gilt dann näherungsweise, dass P (G
k)
Ok k!
eO
mit O nq ist. Erwartungswert und Varianz der Poisson-Verteilung sind gleich dem Parameter O . Im Vergleich zur Binomial-Verteilung hat die Poisson-Verteilung bei gleichem Erwartungswert die höhere Varianz. Auch die Poisson-Verteilung kann durch eine Normal-Verteilung approximiert werden. Für große O gilt asymptotisch: G Poi (O ) G N ( P , V 2 ) ,
wobei Erwartungswert P und Varianz V 2 beide gleich O sind. Auch hier sollte V 2 t 9 sein. Beispiel Einhundert Risiken eines Versicherungsbestand seien wie folgt aufgeteilt: Kollektiv
q
S = 100.000
S = 200.000
1
0,0005
10
15
2
0,001
20
30
3
0,01
15
10
3.1 Modellierung des Gesamtschadens
63
Zählen wir die Anzahl der Policen, so ist die relative Häufigkeit dafür, dass der Versicherungsschaden 100.000 € beträgt, 45%. Mit 55% Wahrscheinlichkeit ist die Versicherungssumme 200.000 €. Folglich sind die Momente der Schadenhöhenverteilung X: E( X ) 2
0,45 100.000 0,55 200.000 155.000
E( X )
0,45 100.0002 0,55 200.0002
Var ( X )
E( X ) E( X ) 2
2
26.500.000.000
2.475.000.000 .
Ferner ist die mittlere Todesfallwahrscheinlichkeit q
q1 (10 15) q2 (20 30) q3 (15 10)
0,003125
und somit die Anzahl der erwarteten Schäden E(N )
nq
0,3125 .
Nehmen wir nun an, dass die Schadenzahl poissonverteilt sei mit Parameter O nach den Waldschen Formeln für den Gesamtschaden, dass E (G )
E(N ) E( X )
0,3125 , so folgt
0,3125 155.000 48.437,50
sowie Var (G )
E ( N )Var ( X ) Var ( N ) E ( X )
2
0,3125 E ( X 2 ) 8.281.250.000
ist. Wenn wir alternativ annehmen, dass die Schadenzahl N binomialverteilt ist, so ist die Varianz Var ( N )
nq (1 q ) 0,3115 .
Daraus folgt für den Gesamtschaden: Var (G ) 0,3125 2.475.000.000 0,3115 24.025.000.000 8.257.788.086 . In beiden Fällen liegen sowohl Erwartungswert als auch Varianz oberhalb der exakt berechneten zentralen Momente aus dem vorherigen Beispiel. Man beachte, dass die Schadenanzahl und die Schadenhöhenverteilung in diesem Beispiel nicht unabhängig sind.
Mit beiden Ansätzen, dem individuellen und dem kollektiven Modell, lassen sich insbesondere der Erwartungswert und die Varianz des Jahresgesamtschadens ermitteln. Die Kenntnis der Verteilung des Gesamtschadens oder zumindest seiner Momente und Quantile eröffnet eine Vielzahl weiterer Anwendungen in der Praxis. Wir werden auf diese Modellbildung insbesondere im Rahmen der Sicherheitszuschläge und der Rückversicherung zurückkommen.
3.1.3 Approximationen Selbstverständlich kann und wird es auch passieren, dass der Schaden eines Versicherungsunternehmens von seinem Erwartungswert abweicht. Dabei ist für uns von Interesse, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine erlaubte Abweichung überschritten wird. Durch die Approximation der Binomial-Verteilung durch die Normal-Verteilung lässt sich die Ermittlung der Gesamtschadenwahrscheinlichkeit auf die Auswertung der StandardnormalVerteilung zurückführen. Diese Approximation erleichtert die Berechnung und die Interpretation der Modellierung.
64
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Die Sterbewahrscheinlichkeit q eines homogenen Kollektivs von n Risiken mit jeweils gleicher Versicherungssumme S sei gegeben. Der erwartete Versicherungsschaden einer einzelnen Todesfallversicherung ist dann S q und die Varianz ist S 2 q (1 q) . Falls die n Risiken unabhängig und identisch verteilt sind, so ist der erwartete Versicherungsschaden des Kollektivs somit n S q und die Varianz n S 2 q (1 q) . Der binomialverteilte Versicherungsschaden G kann näherungsweise durch eine Normalverteilung Y approximiert werden. Dazu sind P n S q und V S n q (1 q ) die Parameter der Normal-Verteilung; also Y N ( P , V 2 ) . In der Praxis findet der ungünstige Fall Beachtung, dass der Gesamtschaden einen gewissen Wert überschreitet. Sei D [0;1] vorgegeben. Dann ist G0 gesucht, so dass P G ! G0 D
beziehungsweise P G d G0 1 D .
Mit Hilfe der Approximation folgt P G d G0 | P (Y d G0 ) .
In der Statistik wird oftmals eine Korrektur um 0,5 verwendet, da die Binomial-Verteilung diskret, die Normal-Verteilung hingegen stetig ist. Für die Lebensversicherungspraxis ist eine solche Stetigkeitskorrektur im Allgemeinen eher unbedeutend, da der Gesamtschaden sehr groß ist. Durch die so genannte Standardisierung folgt sodann P (Y d G0 )
§ Y P G0 P · P¨ . d V ¸¹ © V
Die Zufallsvariable Z
Y P
hat den Erwartungswert null und die Varianz eins. Außerdem V ist sie standardnormalverteilt, also Z N (0,1) . Mit der Verteilungsfunktion ) z der Standardnormal-Verteilung folgt §G P · )¨ 0 ¸ 1D © V ¹
Unter Verwendung des Quantils z1D ist G0 P
V Daraus folgt G0
z1D .
P V z1D .
3.1 Modellierung des Gesamtschadens
65
Bei fest vorgegebener Anzahl der Risiken und der Versicherungssumme ist nur die Sterbewahrscheinlichkeit variabel. Mittels der Todesfallwahrscheinlichkeit q0 erhalten wir unter Ausnutzung von G0 n S q0 : q0
P V nS
z1D
und schließlich durch Auflösen von Erwartungswert und Standardabweichung: q0
q
q (1 q) n
z1D .
Somit lässt sich zu einem vorgegebenen Niveau D eine obere Schranke der Sterbewahrscheinlichkeit berechnen. Beispiel Wir betrachten ein Kollektiv von 50 Männern im Alter von 40 Jahren. Die Sterbewahrscheinlichkeit sei 0,001. Bei einem Sicherheitsniveau von 95%, also D 5% , erhalten wir folgende Schranke:
q0
0,001
0,001 0,999 1,645 0,001233 . 50
Mit 95% Wahrscheinlichkeit wird die tatsächliche Todesfallwahrscheinlichkeit im Kollektiv kleiner als 0,001233 sein. Bei einer angenommenen Versicherungssumme von jeweils 100.000 € gilt für den zufälligen Gesamtschaden somit P G d 100.000 50 0,001233
P G d 6.162,51 0,95 .
Der erwartete Gesamtschaden ist 5.000 €. Mit 95% Wahrscheinlichkeit wird der Schaden kleiner als 6.162,51 € sein.
Mit dem Approximationsverfahren kann außerdem die Wahrscheinlichkeit bestimmt werden, dass die Todesfallwahrscheinlichkeit in einem vorgegebenen Intervall liegt. Dazu geht man analog vor. Es seien a und b zwei positive reelle Zahlen mit a d b . Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Gesamtschaden innerhalb der beiden Grenzen liegt, ist gegeben durch P a d G d b | P a d Y d b
Mit der Substitution Z
Y P
V
bP · §aP P¨ dZd V ¸¹ © V
§aP Y P bP · . P¨ d d V V ¸¹ © V
folgt §bP · §aP · )¨ ¸)¨ ¸ . © V ¹ © V ¹
An der Tabelle für die Standardnormal-Verteilung kann man sodann die gesuchten Werte ablesen.
66
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Beispiel Wir betrachten ein versichertes Kollektiv von 75 Frauen im Alter von 35 Jahren mit einer jeweiligen Versicherungssumme in Höhe von 100.000 €. Die Sterbewahrscheinlichkeit sei 0,00075. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Todesfallwahrscheinlichkeit im Intervall [0,7;0,9] liegt, ist P(0,0007 d q d 0,0009)
P(0,0007nS d qnS d 0,0009nS )
P(5.250 d G d 6.750) .
Mit
P
S n q 5.625
V
S n q(1 q)
und 649,03
folgt § 5.250 P G P 6.750 P · P¨ d d ¸ V V V © ¹ 6.750 5.625 · § 5.250 5.625 § 1.125 · § 375 · P¨ dZd ¸ ) ¨ 649,03 ¸ ) ¨ 649,03 ¸ 649,03 649,03 © ¹ © ¹ © ¹
P(5.250 d G d 6.750)
) (1,73) ) ( 0,57)
0,677.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die tatsächliche Sterbewahrscheinlichkeit in dem angegebenen Intervall liegt, beträgt 67,7%.
3.1.4 Glaubwürdigkeit In der Realität ist die Gesamtheit sämtlicher versicherbarer Personen keineswegs homogen. Die Todesfallwahrscheinlichkeit einer ausgewählten Gruppe unterscheidet sich im Allgemeinen von der Sterbewahrscheinlichkeit aller Risiken. Daraus resultiert die Fragestellung, wie glaubwürdig die festgestellte Sterblichkeit ist. Ebenso wird ein Lebensversicherungsunternehmen wissen wollen, wie groß der versicherte Bestand sein muss, damit die eigene Todesfallanalyse volle Glaubwürdigkeit besitzt. Im Rahmen der Erfahrungstarifierung setzt sich die zu verwendende Sterbewahrscheinlichkeit aus der unternehmenseigenen Todesfallwahrscheinlichkeit und der allgemein gültigen Todesfallwahrscheinlichkeit zusammen. Dabei geht es darum, die Glaubwürdigkeit der eigenen Schadenerfahrung einzuschätzen. Es ist intuitiv klar, dass die Glaubwürdigkeit sowohl mit zunehmender Zahl der Risiken als auch mit der Beobachtungsdauer steigt. Anwendung findet dieser Ansatz insbesondere in der Gruppenlebenversicherung. Dabei geht es darum, eine zusammengehörende Menge von Personen, beispielsweise die Angehörigen eines Unternehmens, gemeinsam zu versichern. Der Versicherungsvertrag wird in diesem Fall zwischen dem Arbeitgeber und dem Versicherungsunternehmen geschlossen. Es wird zunächst die Sterbewahrscheinlichkeit qi der Gruppe ermittelt. Die für die Tarifierung zu verwendende Sterbewahrscheinlichkeit q wird als gewichtetes Mittel aus der
3.1 Modellierung des Gesamtschadens
67
allgemeinen Todesfallwahrscheinlichkeit qa und der Sterbewahrscheinlichkeit des betrachteten Bestandes qi modelliert: q
c qi (1 c) qa .
Das Gewicht c [0,1] ist der so genannte Credibility-Faktor. Er entspricht der Glaubwürdigkeit der Schadenerfahrung des betrachteten Bestands. Volle Glaubwürdigkeit ist für c 1 , keine Glaubwürdigkeit ist für c 0 vorhanden. Die allgemeine Sterblichkeit orientiert sich an den gültigen biometrischen Annahmen im Markt. Die individuelle Todesfallwahrscheinlichkeit kann durch Standardverfahren geschätzt werden, wie wir in den nachfolgenden Abschnitten aufzeigen werden. Die Aufgabe der Credibility-Theorie besteht darin, der individuellen Schadenerfahrung der Gruppe eine Glaubwürdigkeit zuzuordnen. Die wohl bekannteste Methode zur Bestimmung der Glaubwürdigkeit beruht auf dem Modell von Bühlmann-Straub, die insbesondere in Schadenversicherungsmathematik breite Anwendung findet. Einen eher pragmatischen und praktischen Ansatz wollen wir hier darstellen. Um die Größe des Bestandes festzulegen, ab der volle Glaubwürdigkeit gegeben ist, kann man wie folgt vorgehen. Es seien
Pi
n S qi
der Erwartungswert und
V i2
n S 2 qi (1 qi )
die Varianz des zufälligen Schadens G des betrachteten Bestands, wobei n die Anzahl der Risiken, S die durchschnittliche Risikosumme und q die Todesfallwahrscheinlichkeit für ein Risiko im Bestand seien. Weiterhin sei E die zugelassene relative Abweichung vom Mittelwert und D das zulässige Irrtumsniveau. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Schaden größer als (1 E ) Pi ist, wird beschränkt durch D : P G ! (1 E ) Pi D
beziehungsweise äquivalent P G d (1 E ) Pi 1 D .
Durch Standardisierung folgt P G d (1 E ) Pi
Die Zufallsvariable Z
§ G Pi (1 E ) Pi Pi P¨ d ¨ Vi Vi ©
G Pi
§ E qi P¨Z d n ¨ 1 qi ©
Vi
n
E qi ·
¸ 1D . 1 qi ¸¹
ist standardnormalverteilt. Demnach ist
· ¸ 1D . ¸ ¹
68
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Mit Hilfe des Quantils der Standardnormal-Verteilung ist dann n
E qi
z1D
1 qi
und folglich (1 qi )
n
qi E 2
z12D .
Dadurch ist die Mindestbestandsgröße für volle Glaubwürdigkeit berechenbar. Für jedes kleinere Kollektiv mit k Einzelrisiken ist der Credibility-Faktor: ck
k
E qi 1 qi z1D
.
Dabei ist die Mindestbestandsgröße n gerade so gewählt, dass volle Glaubwürdigkeit herrscht, also cn 1 gilt. Daraus folgt für unabhängige, identisch verteilte Risiken, dass
ck
ck cn
k n
E qi 1 qi z1D
E qi
k . n
1 qi z1D
Ab einer Kollektivgröße in Höhe von 25% des Mindestbestandes ist die Schadenerfahrung demnach eher glaubwürdig als unglaubwürdig. Beispiel Wir nehmen an, eine versicherte Gruppe bestehe aus 2.000 Einzelrisiken und hatte im vergangenen Jahr acht Todesfälle zu verzeichnen. Die eigene Sterbewahrscheinlichkeit qi sei also 0,004. Bei einer zulässigen relativen Abweichung von 10% und einem Sicherheitsniveau von 95% ist die Mindestbestandsgröße n
1,6452 (1 0,004) 0,005 0,12
67.368 .
Ab einer Anzahl von 67.368 Risiken ist bei den vorgegeben Kriterien volle Glaubwürdigkeit erreicht. Somit lautet der Credibility-Faktor c
2.000 67.368
17,2% .
Die extern vorgegebene Sterbewahrscheinlichkeit qa sei gleich 0,005. Die für die Gruppentarifierung zu verwendende Sterbewahrscheinlichkeit ist folglich q 0,172 0,004 0,828 0,005 0,004828 . Die anzuwendende Todesfallwahrscheinlichkeit liegt somit etwas unter 0,005.
3.2 Modellierung der Sterblichkeit
69
3.2 Modellierung der Sterblichkeit Die so genannte biometrische Rechnungsgrundlage der Lebensversicherungsmathematik ist die Todesfallwahrscheinlichkeit. Dazu wird die Gefahr des Todes für ein einzelnes Individuums betrachtet. Um das Kalkül überschaubar zu halten, hat man bislang in der praktischen Lebensversicherung größtenteils darauf verzichtet, die Todesfallwahrscheinlichkeit in einem kontinuierlichen Modell zu analysieren. Stattdessen geht man vereinfacht davon aus, dass der Tod nur zu einem vorgegebenen diskreten Zeitpunkt eintritt. Innerhalb des Jahres wird vereinfacht eine Gleichverteilung der Todesfallzeitpunkte angenommen, insofern es überhaupt benötigt wird. Die Versicherungsleistungen werden im Allgemeinen am Ende des Jahres abgerechnet. Im Folgenden gehen wir außerdem vereinfacht davon aus, dass die Sterblichkeit von nur einem Risikofaktor abhängt: der Anzahl der vollendeten Lebensjahre. Sind die Todesfallwahrscheinlichkeiten für alle Lebensalter bekannt, so kann der Abbau einer Menge von gleichaltrigen Personen im Verlauf der Zeit beschrieben werden. Diese Kenntnisse sind unverzichtbar für die Lebensversicherungsmathematik.
3.2.1 Klassischer Modellansatz Die praktische Lebensversicherungsmathematik beruht auf dem Prinzip des Risikoausgleichs im Kollektiv gemäß dem Gesetz der großen Zahlen: In einem hinreichend großen Kollektiv von versicherten Personen ist es wahrscheinlich, dass sich die tatsächlichen Versicherungsleistungen für den Bestand nur wenig vom Erwartungswert unterscheiden. Aufgrund des großen Umfangs der betrachteten Personengesamtheiten ist dieser klassische Ansatz in der Lebensversicherung gerechtfertigt. Die Grundvoraussetzung für den Ausgleich im Kollektiv ist ein homogener Versicherungsbestand. Es sei dazu q die einjährige Sterbewahrscheinlichkeit. Wir betrachten nun n unabhängige, identisch verteilte Risiken X i , die im Todesfall den Wert 1 und im Überlebensfall den Wert 0 annehmen. Durch die Annahme der Unabhängigkeit schließen wir aus, dass mehrere versicherte Personen aufgrund ein und desselben Ereignisses sterben. Die identische Verteilungsannahme besagt, dass wir alle Zufallsgrößen auf dieselbe Art und Weise, insbesondere mittels derselben Sterbewahrscheinlichkeit beschreiben. Ferner sei Sn X i ! X n die Summe der Risiken. Dann besagt das so genannte schwache Gesetz der großen Zahlen, dass §S · lim P ¨ n q d H ¸ 1 . n © ¹
n of
Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Differenz aus der gemittelten relativen Häufigkeit des Eintretens des Todes und der erwarteten Sterblichkeit q kleiner als eine beliebig vorgegebene Zahl H ist, konvergiert mit wachsender Bestandsgröße n gegen eins. In diesem Zusammenhang spricht man stochastischer Konvergenz. In der starken Aussage lautet das Gesetz der großen Zahlen
70
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
S § P ¨ lim n © nof n
· q¸ 1 . ¹
Man sagt, dass die durchschnittliche Todeshäufigkeit fast sicher gegen den Erwartungswert q konvergiert. Fast sichere Konvergenz impliziert stochastische Konvergenz, aber nicht umgekehrt. Die Konvergenz gegen den Erwartungswert ist langsamer, wenn das Ableben einiger Versicherter positiv miteinander korreliert ist. Negative Korrelationen würden die Konvergenz schneller machen, treten bei gleichartigen Versicherungen aber praktisch nicht auf. Aus der Anwendung des Gesetzes der großen Zahlen ergeben sich zwei wesentliche Folgerungen. Betrachtet man Risiken als unabhängige Wiederholungen eines einzelnen Versicherungsgeschäfts, so sollte die Beitragskalkulation auf dem Erwartungswert q beruhen. AndeX1 ! X n für n unabhängige Risiken einen konsin stenten Schätzer für die erwartete Sterbewahrscheinlichkeit q eines einzelnen Risikos. Je mehr gleichartige Risiken herangezogen werden können, umso genauer wird diese Schätzung. Insofern bildet das Gesetz der großen Zahlen die Grundlage der Beitragsberechnung in der Lebensversicherungsmathematik.
rerseits bildet das arithmetische Mittel
Wie wir im Rahmen der Sterblichkeitsanalyse sehen werden, lassen sich aus Bevölkerungsstatistiken und unternehmensspezifischen Analysen mittlere Todesfallwahrscheinlichkeiten schätzen. Dabei werden relative Häufigkeiten berechnet, durch die der erwartete Abbau einer Menge gleichaltriger Individuen beschrieben werden kann. In der praktischen Lebensversicherungsmathematik wird mit den Schätzern gerechnet, als seien sie deterministisch und nicht vom Zufall abhängig. Für einzelne Personen oder kleine Gruppen von Menschen haben diese Kennziffern jedoch wenig Aussagekraft. Im deterministischen Modell bleibt der Einfluss des Zufalls unberücksichtigt. Die Anzahl der tatsächlichen Todesfälle wird im Allgemeinen trotz des Ausgleichs im Kollektiv und des Gesetzes der großen Zahlen nicht mit dem Erwartungswert übereinstimmen. Die unvermeidlichen Schwankungen werden im deterministischen Modell jedoch nicht explizit berücksichtigt. In der Praxis wird vorsichtig kalkuliert, das heißt, die Versicherungsleistungen werden überschätzt, so dass mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Unternehmensgewinne entstehen. Ein großer Teil dieser Überschüsse wird im Nachhinein wieder an die Versicherten ausgeschüttet. Im Kapitel zur Ertragsanalyse werden wir uns ausführlich mit der Gewinnbeteiligung befassen. Die Sterblichkeitsannahmen werden empirisch aus den Daten der Vergangenheit geschätzt, wie wir im folgenden Abschnitt zeigen werden. Die zufälligen Schwankungen der Todesfallwahrscheinlichkeit werden in der Praxis faktisch ignoriert. Man rechnet mit der Sterblichkeit so, als ob sie keine Zufallsvariable sei sondern eine feste Größe ohne jede Schwankung. In diesem Zusammenhang spricht man vom deterministischen Modell der Lebensversicherungsmathematik.
3.2 Modellierung der Sterblichkeit
71
Zusätzlich wird in Lebensversicherungsmathematik davon ausgegangen, dass sowohl Beiträge als auch Versicherungsleistungen nur an endlich vielen diskreten Terminen fällig werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von der so genannten diskontinuierlichen Methode.
3.2.2 Sterbetafel Eine Menge von Personen stellt eine Personengesamtheit dar. Sie kann offen oder geschlossen sein, je nachdem, ob Eintritte und Austritte möglich sind oder nicht. Die Bevölkerung eines Landes stellt im Allgemeinen eine offene Gesamtheit dar, da Einwanderungen und Auswanderungen stattfinden. Abgesehen von Wanderungen baut sich der Bevölkerungsbestand im Verlauf der Zeit durch Tod ab und wird durch Geburten erneuert. Unsere mathematische Analyse der Bevölkerungsentwicklung beruht auf dem deterministischen Modell. Unter Vernachlässigung von Wanderungen und Neugeburten wird der Abbau einer geschlossenen Personengesamtheit durch Tod beschrieben. Ausgehend von einer festen Anzahl von Neugeborenen wird die Anzahl der zu einem späteren Zeitpunkt noch lebenden Personen berechnet. Die Grundlage dazu bietet die so genannte Sterbetafel. Eine Sterbetafel beschreibt den natürlichen Abbau einer geschlossenen Personengesamtheit von der Geburt bis zum Tod eines jeden Individuums in Abhängigkeit vom erreichten Lebensalter. Die Elemente einer Sterbetafel bestehen aus x dem erreichten Lebensalter x, x der Anzahl der Lebenden l x im Alter x, x die Anzahl der Gestorbenen d x zwischen den Altern x und x 1 , x der Überlebenswahrscheinlichkeit p x , genauer gesagt, die relative Häufigkeit, dass ein x-Jähriger das Alter x 1 erreicht, x der Sterbewahrscheinlichkeit qx , genauer gesagt, die relative Häufigkeit, dass ein x-Jähriger vor Erreichen des Alters x 1 stirbt. Die einfache Sterbetafel ist somit eine Tabelle, welche aus diesen fünf Spalten besteht. Wir werden später sehen, wie die Tafel um die so genannten Kommutationswerte ergänzt werden kann. Man spricht dann von der erweiterten Sterbetafel. In der Praxis benutzt man häufig die verkürzte Sterbetafel, welche lediglich aus dem Alter und der zugehörigen Sterbewahrscheinlichkeit besteht. Denn alle anderen Elemente der Sterbetafel können abgeleitet werden. Die Begriffe der Sterbetafel sind intuitiv festgelegt. Das Endalter, sprich das höchstmögliche vollendete Lebensalter, wird mit Z bezeichnet; das heißt, Z ist so festgelegt, dass dZ
lZ beziehungsweise lZ 1
0
gilt. Der Anfangsbestand l0 wird häufig auf 100.000 oder 1.000.000 Lebende festgesetzt. Dieser Wert dient lediglich der Normierung und hat keinen Einfluss auf die relevanten versicherungstechnischen Größen.
72
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Ferner ist die Überlebenswahrscheinlichkeit definiert durch px
l x 1 . lx
Die Anzahl der Gestorbenen eines Jahres berechnet sich aus der Differenz der Lebenden in zwei aufeinander folgenden Jahren: dx
l x l x 1 .
Folglich ist die Sterbewahrscheinlichkeit qx
1 px
dx . lx
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein x-Jähriger das Alter x+n erreicht, wird mit Es gilt n
px
p x p x 1 p x 2 !! p x n 1
l x 1 l x 2 l ! x n l x l x 1 l x n 1
n
p x bezeichnet.
l x n . lx
In Analogie dazu ist die Wahrscheinlichkeit n qx , dass ein x-Jähriger vor Erreichen des Alters x+n stirbt: n qx
1
n px
1
l x n lx
lx lx n . lx
Diese Wahrscheinlichkeiten sind korrekterweise als relative Häufigkeiten des Eintretens des Überlebens oder des Sterbens gemäß der Sterbetafel zu interpretieren. In Ergänzung wird die restliche mittlere Lebenserwartung ex definiert durch ex
1 Z x l x k . 2 k 1 lx
¦
In äquivalenter Form ist ex
1 Zx k px . 2 k 1
¦
Dabei stellt die Summe über alle verbleibenden Lebensalter den Erwartungswert der restlichen Lebensdauer in Jahren dar. Die Addition von 0,5 erklärt sich dadurch, dass die Todesfälle im Mittel zur Jahresmitte auftreten. Deshalb wird die mittlere Lebenserwartung um ein halbes Jahr erhöht. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Lebenserwartung eines Neugeborenen als die Lebenserwartung schlechthin bezeichnet. Diese ist nicht mit der restlichen Lebenserwartung zu verwechseln, die vom bereits erreichten Lebensalter abhängt.
3.2 Modellierung der Sterblichkeit
73
Beispiel Datengrundlage der folgenden Grafik ist die Sterbetafel 2005/07 für die Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt.
Restliche Lebenserwartung - Sterbetafel 2005/07
Restliche Lebensdauer in Jahren
100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Erreichtes Alter Männer
Frauen
Die Lebenserwartung eines neugeborenen Jungen ist demnach 76,9 Jahre im Vergleich zu 82,2 Jahre für ein neugeborenes Mädchen. Die restliche Lebenserwartung eines 65-jährigen Mannes beträgt 16,9 Jahre. 65-jährige Männer werden also im Mittel 81,9 Jahre alt. 65-jährige Frauen haben eine Restlebenserwartung von 20,3 Jahren. Die Differenz zwischen den Geschlechtern ist kleiner geworden.
Das Alter der Männer wird grundsätzlich mit dem Buchstaben x, dasjenige der Frauen oft abweichend mit y bezeichnet. In der diskontinuierlichen Methode kann das Alter nur ganzzahlige Werte annehmen. Insofern gilt ein zwanzigjähriger Mann bis zur Vollendung seines einundzwanzigsten Lebensjahres als 20 Jahre alt. Sterbetafeln beziehen sich auf das tatsächliche Alter der Individuen. Eine Lebensversicherung beginnt jedoch meistens nicht am Geburtstag der versicherten Person. Deshalb muss eine Regelung getroffen werden, die das ganzzahlige Alter des Versicherten festlegt. Zur Definition des versicherungstechnischen Alters im Hinblick auf den Versicherungsvertrag gibt es verschiedene Ansätze: x die Kalenderjahrmethode, bei der das Alter das Kalenderjahr bei Vertragsbeginn abzüglich des Geburtsjahres ist, x die Halbjahresmethode, bei der das exakte Alter des Versicherten bei Vertragsbeginn kaufmännisch gerundet wird, x die Methode des bürgerlichen Alters, wonach die Anzahl der vollendeten Lebensjahre das versicherungstechnische Alter definiert,
74
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
x die Methode des nächsten Alters, welches das Alter am nächstfolgenden Geburtstag nach Vertragsbeginn berücksichtigt. Für Versicherungen mit Todesfallschutz gilt es als vorsichtig, das Alter des Versicherungsnehmers zu überschätzen. Der umgekehrte Fall gilt für Versicherungen mit Erlebensfallleistungen.
3.2.3 Historischer Hintergrund Im Verlauf der Geschichte hat es anhaltendes Interesse an der Erforschung der Bevölkerungsentwicklung gegeben. Im Folgenden werden die Meilensteine der historischen Entwicklung dargestellt. Der römische Jurist Domitius Ulpianus, 170 – 223 n. Chr., hat zahlreiche Veröffentlichungen herausgebracht. Eine dieser Schriften befasst sich mit der restlichen Lebenserwartung in Abhängigkeit vom erreichten Lebensalter. Sie war lange Zeit einzigartig. Wegweisend für die Entwicklung der Sterbetafeln war die Arbeit von John Graunt, einem Londoner Tuchhändler, mit dem Titel „Natural and Political Observations made upon the Bills of Mortality“ aus dem Jahr 1662. Seit etwa 1590 wurden in London wöchentliche Bekanntmachungen veröffentlicht, aus welchen die Anzahl der Todesfälle hervorging. Graunt hat diese Daten mit der Anzahl der Geburten in London in Verbindung gebracht. Sein Ziel war die Vorhersage der Bevölkerungsentwicklung, um so ein Frühwarnsystem für die Beulenpest zu schaffen. Die von Graunt verwendete Methodik vernachlässigte jedoch Bevölkerungswanderungen. Die Anzahl der Lebenden konnte deshalb nicht angegeben werden, sondern bestenfalls geraten werden. Folglich war es unmöglich, verlässliche Sterbewahrscheinlichkeiten zu bestimmen. Nichtsdestotrotz gelten die Arbeiten von John Graunt als die ersten statistischen Bevölkerungsanalysen. Eine bessere Datenquelle stellten die Totenregister der Stadt Breslau dar. Aus den Kirchenbüchern der Stadt leitete der Mathematiker und Astronom Edmund Halley Sterbeziffern ab. Aus diesen Berechnungen ging 1693 die erste Sterbetafel hervor. Johann Peter Süßmilch veröffentlichte im Jahr 1741 sein Werk "Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts, aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben erwiesen". Damit gilt er als einer der Gründerväter der demografischen Forschung in Deutschland. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert wurden mathematische Verfahren entwickelt, mit denen Sterbetafeln hergeleitet und die Bevölkerungsentwicklung vorhergesagt werden konnten. Die wichtigsten Methoden der praktischen Sterblichkeitsanalyse werden im folgenden Abschnitt dargestellt.
3.3 Methoden der Sterblichkeitsanalyse Lebensversicherungsunternehmen sind auf verlässliche Angaben über die von ihnen versicherten Risiken angewiesen. Dazu reichen die intern verfügbaren Daten nicht immer aus, so dass ein Austausch statistischer Informationen wünschenswert ist. Nach der europäischen
3.3 Methoden der Sterblichkeitsanalyse
75
Gruppenfreistellungsverordnung sind Lebensversicherer zum Zwecke der Auswertung biometrischer Statistiken vom Kartellverbot ausgenommen. Damit ist es den Unternehmen erlaubt, Datenpools zu bilden und gemeinsame Analysen durchzuführen. Insbesondere dürfen die gewonnenen Erkenntnisse für die Berechnungen des eigenen Lebensversicherungsgeschäfts verwendet werden. Es ist also rechtlich zulässig, dass verschiedene Lebensversicherer die gleiche Sterbetafel verwenden.
Auf der anderen Seite ist der verfassungsrechtliche Grundsatz zu betrachten, nach dem Gleiches gleich zu behandeln ist und Ungleiches ungleich behandelt werden muss. Demnach sind gleiche Versicherungsbedingungen dann und nur dann anzuwenden, wenn die Risiken im Hinblick auf die Lebensversicherung gleich sind. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz ist in Paragraph 11, Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) niedergeschrieben: Bei gleichen Voraussetzungen dürfen Prämien und Leistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden.
Somit werden Lebensversicherer in die Pflicht genommen, die biometrischen Rechnungsgrundlagen, insbesondere die Sterbewahrscheinlichkeiten in Abhängigkeit von gewissen Gefahrenmerkmalen auf ihre statistische Signifikanz zu untersuchen. Im Allgemeinen gilt es als unstrittig, das sowohl das Geschlecht als auch das Alter wesentlichen Einfluss auf die Sterblichkeit haben. Im Folgenden werden wir uns auf diese beiden Merkmale beschränken. Zur Analyse der Sterblichkeit wird nun eine Menge von Personen, die so genannte Personengesamtheit, über einen bestimmten Zeitraum hinweg beobachtet. Das Ziel ist die empirische Schätzung der einjährigen Sterbewahrscheinlichkeiten in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht. Mit Hilfe der Anzahl der Lebenden l x und der Toten d x definieren wir den naiven Schätzer für die Sterbewahrscheinlichkeit: qˆ x
dx . lx
Dabei ist es notwendig, sowohl die Anzahl der Todesfälle als auch die Anzahl der unter Risiko stehenden Personen adäquat zu bestimmen. Das korrekte Zählen hat jedoch seine Tücken, denn die Beobachtungen sind oft unvollständig. Zum besseren Verständnis der Zählvorgänge betrachten wir dazu das so genannte LexisDiagramm. In einem Koordinatensystem wird auf der Abszisse das Kalenderjahr und auf der Ordinate das Lebensalter abgetragen. Dann enthalten waagerechte Linien genau die Punkte gleichen Alters. Senkrechte Linien bestehen aus Punkten zum gleichen Zeitpunkt im Kalenderjahr. Die Winkelhalbierende und ihre Parallelen stellen Lebenslinien oder auch Verweildauern eines Individuums dar. Die Linie einer jeden Person beginnt auf der Abszisse mit seinem Eintritt ins Kollektiv, also dem Geburtstag oder dem Versicherungsbeginn, und endet mit seinem Todestag oder dem Vertragsende. Die nachfolgende Grafik stellt diesen Sachverhalt bildlich dar. Die eingezeichnete Verweildauerlinie gehört zu einem Individuum, welches dem Kollektiv am 1.10.2000 beigetreten ist und am 30.6.2005 im Alter von drei und drei Viertel Jahren ausgeschieden ist.
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
0
1
2
Alter 3
4
5
6
76
2000 2001 2002 2004 2005 2006 2006 Beobachtungsjahr Um die Sterbewahrscheinlichkeit qx eines x-jährigen Mannes zu ermitteln, ist es notwendig, alle Risiken vom Alter x bis zum Alter x 1 zu beobachten. Leider ist diese Vorraussetzung in der Praxis selten erfüllt. In vielen Fällen stimmt der Beobachtungszeitraum mit der individuellen Verweildauer, die unter anderem durch die Vertragslaufzeit determiniert ist, nicht überein. In anderen Fällen werden nicht alle Risiken über das gesamte Lebensjahr hinweg beobachtet. So kann es passieren, dass relevante Todesfälle nicht erkannt werden. Im Folgenden werden verschiedene Methoden vorgestellt, welche diese Schwierigkeiten berücksichtigen, um die Sterbewahrscheinlichkeit adäquat zu schätzen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass man das so genannte Becker-Diagramm aus dem Lexis-Diagramm erhält, wenn man die beiden Achsen vertauscht. Die nachfolgenden Methoden der Sterblichkeitsanalyse lassen sich mutatis mutandis auch anhand dieses Diagramms darstellen.
3.3.1 Geburtsjahrmethode Die Geburtsjahrmethode nach Becker beruht auf der vollständigen Beobachtung einer Generation. Alle Risiken der Personengesamtheit werden von ihrem Eintritt bis zu ihrem Austritt betrachtet. Die Geburtsjahrmethode ist demnach ein Längsschnittverfahren zur Ermittlung einer Generationensterbetafel. Die Analyse eines Geburtjahrgangs, auch Kohorte genannt, erfolgt im Lexis-Diagramm entlang desjenigen diagonalen Korridors, welche die Abszisse genau im gewählten Geburts-
3.3 Methoden der Sterblichkeitsanalyse
77
jahr schneidet. Für die Sterblichkeitsanalyse sind all jene Verweillinien von Interesse, die innerhalb dieses Korridors verlaufen.
x+1
In der verallgemeinerten Form können auch mehrere Geburtsjahre zusammengefasst werden. Sämtliche Personen werden solange beobachtet, bis das letzte Mitglied der ursprünglichen Gesamtheit ausgeschieden ist. Für Bevölkerungsstatistiken wird somit ein Beobachtungszeitraum von mehr als hundert Jahren erforderlich. Durch diese Anforderung ist die praktische Bedeutung der Geburtsjahrmethode eingeschränkt.
x
Alter
Lx ,t 1
d x , g ,t
® ¯
d x , g ,t 1
t t+1 Beobachtungsjahr
Gemäß der obigen Grafik greifen wir ein Parallelogramm heraus. Alle Verweillinien, die in diesem Parallelogramm enden, zeigen Sterbefälle derjenigen Personen an, die im gleichen Jahr g geboren wurden und im Alter x bis x 1 gestorben sind. Die Lebenslinien enden entweder im linken oder im rechten Dreieck. Somit werden die Toten in zwei aufeinander folgenden Beobachtungsjahren, t und t 1 , erfasst. Dementsprechend unterscheiden wir zwischen der Anzahl der Toten d x , g ,t und d x , g ,t 1 . Alle Verweillinien, welche die Trennlinie zwischen den beiden Dreiecken schneiden, können als Lebende im Alter x zum Anfang des Beobachtungsjahres t 1 identifiziert werden. Die Anzahl wird mit l x ,t 1 bezeichnet. Addieren wir d x , g ,t , so erhalten wir die Summe aller Lebenslinien, welche die untere Seite des Parallelogramms schneiden. Jene Zahl stellt die Anzahl der Lebenden des Alters x dar, aus denen die beobachteten Sterbefälle in dem Parallelogramm hervorgegangen sind. Als Schätzer für die Sterbewahrscheinlichkeit nach der Geburtsjahrmethode setzen wir deshalb:
78
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
qˆ xGJ, g ,t
d x , g ,t d x , g ,t 1 l x ,t 1 d x , g ,t
.
Dabei steht x für das Alter, g für das Geburtsjahr und t für das Beobachtungsjahr. Beispiel Eine Auszählung für die Geborenen des Jahres 1950 habe folgendes Ergebnis gebracht:
Alter
Lebende
Tote
Lebende
Tote
2006
2006
2007
2007
…
-
-
-
-
45
691.817
927
-
-
46
670.043
955
689.437
997
47
-
-
667.725
1.152
…
-
-
-
-
Somit ist die geschätzte Sterbewahrscheinlichkeit eines 46-jährigen Mannes nach der Geburtsjahrmethode GJ qˆ46,1950,2006
d 46,1950,2006 d 46,1950,2007 l46,2007 d 46,1950,2006
955 997 670.043 955
0,00291 .
Ein Nachteil dieser Methode besteht in der Abhängigkeit der ermittelten Sterbewahrscheinlichkeit vom Geburtsjahr, welches in der Vergangenheit liegt. Für die Kalkulation von Neugeschäft in der Lebensversicherung gelten die so ermittelten biometrischen Rechnungsgrundlagen im Allgemeinen deshalb als veraltert. Andererseits sind gerade Generationensterbetafeln für die Kalkulation von Altersrenten von besonderer Bedeutung. So basieren die von der Deutschen Aktuarvereinigung veröffentlichten Rentensterbetafeln auf dem Geburtsjahr des Versicherten. Allerdings werden diese Tafeln gemäß dem antizipierten Sterblichkeitstrend an die aktuelle und zukünftige Sterblichkeit angepasst, wie wir noch sehen werden.
3.3.2 Sterbejahrmethode Die Sterbejahrmethode nach Raths geht aus der Beobachtung einer Personengesamtheit über einen relativ kurzen Beobachtungszeitraum hervor. Dabei werden die Sterbewahrscheinlichkeiten gleichzeitig lebender Personen ermittelt. Die Sterbejahrmethode ist demnach ein Querschnittverfahren zur Ermittlung einer Periodensterbetafel.
3.3 Methoden der Sterblichkeitsanalyse
79
x+1
Die Analyse der Sterblichkeit erfolgt im Lexis-Diagramm entlang eines Korridors, welcher parallel zur Ordinate verläuft. Dabei sind all jene Lebenslinien zu betrachten, die durch diesen Korridor hindurch laufen.
d x 1, g ,t
xí1
Alter
x
Lx ,t
Lx 1,t
® ¯ ® ¯
d x , g ,t
d x , g 1,t d x 1, g ,t
tí1 t Beobachtungsjahr
t+1
In der obigen Grafik betrachten wir das markierte Rechteck. Die Toten werden als diejenigen Verweillinien identifizierbar, welche innerhalb des Vierecks abreißen. Dabei wird unterschieden, ob sie im oberen oder im unteren Dreieck auslaufen. Die gesamten Toten d x ,t lassen sich demnach zwei aufeinander folgenden Geburtsjahren zuordnen, die mit d x , g ,t beziehungsweise d x , g 1,t bezeichnet werden: d x ,t
d x , g ,t d x , g 1,t .
Die Toten d x , g ,t aus dem oberen Dreieck sind aus den Lebenden Lx ,t hervorgegangen, die zu Beginn des Jahres t gezählt worden sind. Analog entstammen die Toten d x , g 1,t aus den Lebenden Lx 1,t . Es ist allerdings zu beachten, dass die Personengesamtheit außerhalb des Quadrats weiter abgebaut wird. Geht man davon aus, dass die Sterbefälle gleichmäßig in der Zeit verteilt sind, so sind genau die Hälfte der Toten beobachtet worden. Somit ist es zweckmäßig, folgenden Schätzer für die Sterbewahrscheinlichkeit nach der Sterbejahrmethode anzusetzen: qˆ xSJ,t
d x ,t 0,5 l x ,t 0,5 l x 1,t
.
80
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Dabei steht x für das Alter und t für das Beobachtungsjahr. Man beachte, dass dieser Schätzer nicht für das Alter null definiert ist. Beispiel: Die Volkszählung 1987 hat folgendes Ergebnis gebracht. Alter
Lebende
Tote
…
…
…
59
326.884
5.158
60
305.207
5.072
61
292.865
5.220
…
…
…
Somit ist die geschätzte Sterbewahrscheinlichkeit eines 60-jährigen Mannes SJ qˆ60,1987
d 60,1987
0,5 l60,1987 0,5 l59,1987
5.072 0,5(305.207 326.884)
0,01605 .
Unter Vernachlässigung von Wanderungen kann folgender Zusammenhang für die Lebenden und Toten ausgenutzt werden: l x ,t 1
l x 1,t d x , g 1,t d x 1, g 1,t .
Folglich ist dann qˆ xSJ,t
d x ,t 0,5 l x ,t 0,5 l x ,t 1 0,5 d x , g 1,t 0,5 d x 1, g 1,t
.
Somit kann auch die Sterbewahrscheinlichkeit im Altersbereich von null bis einem Jahr geschätzt werden. Die Annahme der Gleichverteilung der Sterbefälle über das Lebensjahr und Kalenderjahr ist nicht für alle Lebensabschnitte sinnvoll. Beispielsweise ist die Säuglingssterblichkeit im ersten Lebensjahr erfahrungsgemäß sehr ungleichmäßig verteilt. In solchen Fällen muss der Nenner durch eine modifizierte Gewichtung der Summanden verändert werden. Die Festsetzung geeigneter Gewichte bedarf dabei einer detaillierten Analyse der Todesfallzeitpunkte.
3.3 Methoden der Sterblichkeitsanalyse
81
3.3.3 Sterbeziffermethode Die Sterbeziffermethode nach Farr beruht auf der Periodenanalyse. Zunächst wird die so genannte Sterbeziffer k x ,t in Abhängigkeit vom Alter x und Beobachtungsjahr t ermittelt: k x ,t
d x ,t
.
0,5 l x ,t 0,5 l x ,t 1
Dieser Wert stellt die Sterberate im Alter x bezogen auf die durchschnittliche Anzahl der Lebenden im Beobachtungsjahr dar. Darauf aufbauend wird der Schätzer für die Sterbewahrscheinlichkeit nach der Sterbeziffermethode definiert durch qˆ xSZ,t
k x ,t 1 0,5 k x ,t
.
In äquivalenter Form finden wir qˆ xSZ,t
d x ,t 0,5 l x ,t 0,5 l x ,t 1 0,5 d x ,t
Der Sterblichkeitsschätzer qˆ xSZ,t wird im Vergleich mit der Sterbeziffer k x ,t durch einen Korrekturterm im Nenner in Höhe der Hälfte der Toten angepasst. Die Begründung dafür lautet, dass zu Beginn des Beobachtungsjahres die gezählten Verstorbenen noch gelebt haben müssen. Geht man nun davon aus, dass sich die Tode etwa gleichmäßig über das Jahr verteilen, so haben die im Beobachtungsjahr verstorbenen Personen im Mittel ein halbes Jahr lang gelebt. Damit erhöht sich der Bestand der Lebenden zu Beginn des Beobachtungsjahres um die Hälfte der Toten. Beispiel Anhand der Volkszählung 1987 und der Fortschreibung 1988 wurden folgende Zahlen festgehalten Alter
Lebende 1987
Tote 1987
Lebende 1988
Tote 1988
…
…
…
…
…
59
326.884
5.158
363.869
5.311
60
305.207
5.072
327.004
5.444
61
292.865
5.220
305.086
5.385
…
…
…
…
…
Somit schätzen wir die Sterbewahrscheinlichkeit eines 60-jährigen Mannes durch SZ qˆ60,1987
d 60,1987
0,5 l60,1987 l60,1988 d 60,1987
2
5.072 305.207 327.004 5.072
0,01592 .
82
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Die Sterbeziffermethode berücksichtigt Zu- und Abwanderungen aufgrund der Tatsache, dass die Sterbefälle auf die durchschnittliche Bevölkerungsanzahl im Beobachtungszeitraum bezogen werden. In Deutschland wird diese Methode vom statistischen Bundesamt für die Berechnung der Bevölkerungssterblichkeit verwendet.
3.3.4 Verweildauermethode Auch die Verweildauermethode ist eine Periodenanalyse. Im Gegensatz zu den oben dargestellten Methoden wird die Anzahl der unter Risiko stehenden Personen jedoch taggenau berechnet. Dazu muss eine exakte Bestandszählung zu jedem Tag des Beobachtungszeitraums vorliegen. Sodann werden die Sterbefälle zu der Gesamtheit der Lebenden in Beziehung gesetzt, aus denen sie hervorgegangen sind. Der Schätzer für die einjährige Sterbewahrscheinlichkeit in Bezug auf die Verweildauermethode lautet qˆVD x ,t
d x ,t . 1 L n ¦ x ,t n 1 365 365 365
d x ,t
Dabei ist L
x ,t
n 365
die Anzahl der lebenden Personen am Ende des n-ten Tages im Beobach-
tungszeitraum t, der seinerseits 365 Tage hat. Diese Formel gilt für längere Zeiträume analog. Beispiel Der Beobachtungszeitraum betrage 2 Tage. Eine Personengesamtheit von anfänglich 1.000 Patienten schrumpfe durch eine Epidemie zunächst auf 800 und schließlich auf 500 Lebende. Dann ist der Schätzer für die Sterbewahrscheinlichkeit über 2 Tage nach der Verweildauermethode qˆVD 2
500 1 1 500 800 500 2 2
500 1150
43,5% .
Interessiert man sich für die eintägige Sterbewahrscheinlichkeit, so lautet der Schätzer qˆ1VD
200 300 200 800 300 500
500 1800
27,8% .
Hierbei handelt es sich um die mittlere tägliche Sterbewahrscheinlichkeit bei zwei Beobachtungsperioden von jeweils einem Tag.
Die Verweildauermethode liefert die genaueste Schätzung der Sterbewahrscheinlichkeit, insofern detaillierte Bestandsdaten zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund wird diese Methode bevorzugt in der Lebensversicherungspraxis angewendet.
3.4 Ausgleichsverfahren
83
3.4 Ausgleichsverfahren Die empirisch geschätzte Sterbewahrscheinlichkeit ist im Allgemeinen mehr oder weniger großen zufälligen Schwankungen unterworfen. Deshalb weist der Polygonzug der geschätzten Sterblichkeit in Abhängigkeit vom erreichten Lebensalter im Allgemeinen sowohl Anstiege als auch Abfälle sowie Sprünge auf. Teilweise mag der Verlauf der Todesfallwahrscheinlichkeit wenig plausibel erscheinen. Derartige Feststellungen lassen eine Glättung des Verlaufs der Sterblichkeit wünschenswert erscheinen. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, dass es Charakteristika gibt, die typisch für den Abbau einer Personengesamtheit sind. Ein sinnvolles Ausgleichsverfahren sollte die wesentlichen Eigenschaften der beobachteten Sterblichkeit erhalten. So ist zum Beispiel die Sterblichkeit der Säuglinge relativ hoch im Vergleich zur Kindersterblichkeit. Das Minimum der Sterbewahrscheinlichkeit liegt im Allgemeinen bei etwa 10 Jahren. Im Altersbereich von 18 bis 23 Jahren wird für viele Personengesamtheiten ein lokales Maximum erreicht. Dieser Umstand beruht auf tödlichen Verkehrsunfällen junger Menschen und wird als Unfallbuckel bezeichnet. Bis etwa Anfang dreißig fällt die Sterblichkeit wieder, um danach monoton anzuwachsen. Die folgende Grafik verdeutlicht diese Eigenheiten anhand der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Beispiel Datengrundlage der folgenden Grafik ist die Sterbetafel 2005/07 für ganz Deutschland, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt.
Sterbetafel 2005/07
Sterbewahrscheinlichkeit
0,005 0,004 0,003 0,002 0,001 0,000 0
5
10
15
20
25
30
Alter Männer
Frauen
35
40
45
50
84
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Im Folgenden werden verschiedene Verfahren vorgestellt, die in der Praxis bekannt sind, um eine Glättung vorzunehmen. Die empirisch geschätzten Werte werden in diesem Zusammenhang rohe Sterbewahrscheinlichkeiten genannt. Demgegenüber stehen die geglätteten Werte, die als ausgeglichene Sterbewahrscheinlichkeiten bezeichnet werden.
3.4.1 Analytische Verfahren Analytische Ausgleichsverfahren beruhen auf der Vorgabe einer Funktion zur Beschreibung der Lebenden, der Toten, der Sterbewahrscheinlichkeit oder der Überlebenswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit vom erreichten Lebensalter. Die Motivation hinter diesem Ansatz liegt in der Annahme begründet, dass die Sterblichkeit einem Naturgesetz folgt. In der Vergangenheit wurden insbesondere die so genannten Sterbegesetze erforscht. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt auf der Hand: die Sterbewahrscheinlichkeit ist für alle Werte aus dem Intervall [0, Z ] definiert. Die betrachtete Funktion ist meistens mehrfach differenzierbar. Die zugrunde liegende Gesetzmäßigkeit stellt eine axiomatisch begründbare Entwicklung der Sterblichkeit unter Berücksichtigung bestimmter Charakteristika dar. In der Praxis spielen die so genannten Sterbegesetze heutzutage jedoch eine eher untergeordnete Rolle. Die nachfolgenden Verfahren werden deshalb lediglich skizziert. Der interessierte Leser findet ausführliche Ausarbeitungen zu diesem Thema in der weiterführenden Literatur. Ausgehend von der Halleyschen Sterbetafel formulierte Abraham de Moivre im Jahr 1756 ein Sterbegesetz, das den Abbau der Lebenden durch eine mathematische Formel beschreibt. Dieses älteste bekannte Sterbegesetz hat heutzutage lediglich noch geschichtlichen Wert. Danach wird der Abbau der Lebenden l x des Alters x durch eine lineare Funktion gemäß lx
86 x
für 0 d x d 86
beschrieben. Für die Sterbewahrscheinlichkeit folgt sodann qx
l x l x 1 lx
dx lx
86 x (86 ( x 1)) 86 x
1 . 86 x
Leider besitzt diese Funktion jedoch keine Freiheitsgrade, sodass die praktische Anwendbarkeit kaum gegeben ist. Gompertz hingegen hat ein parametrisiertes Sterbegesetz für die Lebenden im Alter x durch lx
k g (c
x
)
mit den Parametern k , g , c formuliert. Makeham hat einen zusätzlichen Parameter s hinzugefügt, so dass
lx
k s x g (c
x
)
gilt. Dadurch wurde die Sterbeformel nach Gompertz-Makeham geschaffen. Für die Sterbewahrscheinlichkeit folgt qx
l 1 x 1 lx
1
k s x 1 g ( c k s g x
x 1
x
(c )
)
1 s g (c
x 1
cx )
1 s g
c
x
( c 1)
.
3.4 Ausgleichsverfahren
85
In der Praxis geht es nun darum, die Parameter s, g , c derart zu festzulegen, dass die Sterbewahrscheinlichkeiten, oder alternativ die Überlebenswahrscheinlichkeiten oder auch die Anzahl der Lebenden oder Toten, die geschätzten rohen Werte möglichst gut approximieren. Ein gängiger Lösungsweg ist die Methode der kleinsten Quadrate. Dabei wird die Summe der quadratischen Abweichungen zwischen den rohen Werten und den ausgeglichenen Werten minimiert. Neben den Sterbegesetzen eignen sich auch Methoden der Angewandten Mathematik zum Ausgleich der rohen Sterbewahrscheinlichkeiten. So lässt sich der folgende polynomiale Ansatz machen: qx
a0 a1 x a2 x 2 ! ak x k .
Dadurch wird der Verlauf der Sterbewahrscheinlichkeit durch ein Polynom k-ten Grades approximiert. Die Parameter a0 , a1 , a2 ,! , ak können ebenfalls durch die Methode der kleinsten Quadrate aus den Messdaten für alle Lebensalter bestimmt werden, solange der Grad des Polynoms hinreichend klein ist. Zu guter Letzt sei darauf verwiesen, dass sich auch die Spline-Interpolation gut eignet, um die rohen Sterbewahrscheinlichkeiten auszugleichen. In der numerischen Mathematik wurde die Spline-Interpolation zu dem Zweck entwickelt, um gegebene Punkte durch eine möglichst glatte Kurve zu verbinden. Splines bestehen stückweise aus Polynomen. Die rohen Sterbewahrscheinlichkeiten bilden unter Berücksichtigung der zugehörigen Streuung, genauer gesagt, mittels Gewichtung durch die Standardabweichungen, die Stützstellen für den Algorithmus zur numerischen Berechnung der ausgeglichenen Sterbewahrscheinlichkeiten.
3.4.2 Mechanische Verfahren Im Gegensatz zu den analytischen Verfahren können die beobachteten Schätzer der Sterblichkeit auch durch wohl definierte Prozeduren ausgeglichen werden. Der Ausgleich beruht dann nicht auf einer vorgegebenen parametrisierten Funktion, sondern vielmehr auf einem Algorithmus, der den Übergang von rohen zu ausgeglichenen Werten beschreibt. Die Beurteilung der Güte der Anpassung ist dabei nicht frei von einer gewissen Willkür. Tatsächlich gibt es eine Fülle von verschiedenen mechanischen Verfahren. Wir beschränken uns deshalb hier auf zwei Verfahren, die bevorzugt in der Praxis angewendet werden. Ein sehr einfaches Verfahren ist das Augleichsverfahren nach Finlaison-Wittstein. Es beruht auf der Bildung von gleitenden Durchschnitten. Es sei dazu qˆ x der ermittelte Schätzer der rohen Sterbewahrscheinlichkeit im Alter x. Dann definiert man q x
1 qˆ x 2 qˆ x 1 qˆ x qˆ x 1 qˆ x 2 5
für 2 d x d Z 2
und durch wiederholte Anwendung erhält man qx
1 q x 2 q x 1 q x q x 1 q x 2 5
für 4 d x d Z 4 .
Setzen wir die erste Gleichung in die zweite ein, so erhalten wir
86
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
qx
1 qˆ x 4 qˆ x 3 qˆ x 2 qˆ x 1 qˆ x 25 1 qˆ x 3 qˆ x 2 qˆ x 1 qˆ x qˆ x 1 25 1 qˆ x 2 qˆ x 1 qˆ x qˆ x 1 qˆ x 2 25 1 qˆ x 1 qˆ x qˆ x 1 qˆ x 2 qˆ x 3 25 1 qˆ x qˆ x 1 qˆ x 2 qˆ x 3 qˆ x 4 25
und vereinfacht qx
1 1qx 4 2qˆ x 3 3qˆ x 2 4qˆ x 1 5qˆ x 4qˆ x 1 3qˆ x 2 2qˆ x 1 1qˆ x 4 . 25
Zur Bildung der ausgeglichenen Sterbewahrscheinlichkeit qx im Alter x werden die benachbarten 4 Lebensalter in symmetrischer Weise und absteigender Gewichtung berücksichtigt. Das folgende Beispiel verdeutlicht den Effekt des Ausgleichs nach Finlaison-Wittstein. Beispiel Datengrundlage der folgenden Grafik ist die Sterbetafel 2005/07 für Männer in Deutschland, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt. Dargestellt sind die rohen und ausgeglichenen Sterbewahrscheinlichkeiten.
Sterbetafel 2005/07 Männer - Ausgleich nach Finlaison-Wittstein
Sterbewahrscheinlichkeit
0,005 0,004 0,003 0,002 0,001 0,000 0
5
10
15
20
25
30
35
Alter roh
ausgeglichen
40
45
50
3.4 Ausgleichsverfahren
87
Der offensichtliche Nachteil dieses Verfahrens ist, dass die Randwerte nicht ausgeglichen werden. Eine Möglichkeit, dieses Randproblem zu berücksichtigen, beruht auf dem Algorithmus von Whittaker-Henderson, welcher als eines der Standardverfahren zum Ausgleich der rohen Sterblichkeit angesehen werden kann. Das Prinzip dieses Verfahrens besteht in der gleichzeitigen Optimierung eines Anpassungsmaßes und eines Glättemaßes. G Zur Beschreibung des Algorithmus sei zunächst qˆ ( qˆ0 ," , qˆZ )t der Vektor der geschätzten G rohen Sterbewahrscheinlichkeiten und q ( q0 ," , qZ )t der Vektor der gesuchten ausgeglichenen Sterbewahrscheinlichkeiten. Weiterhin seien w0 ," , wZ vorgegebene Gewichte mit Z
¦ wi
1 . In der Praxis wird man diese Gewichte proportional zu den Kehrwerten der beo-
i 0
bachteten Standardabweichung festsetzen. Damit ist dann das Anpassungsmaß definiert durch Z
¦ wx (qx qˆ x )2
a
.
x 0
Für die Beschreibung der Glätte betrachtet man den linearen Differenzenoperator ' s der Ordnung s, der definiert ist durch ' 0 qx
qx und ' s qx
' s 1qx 1 ' s 1q x .
Beispiel Für s
0,1,2,3 lassen sich folgende Vorwärtsdifferenzen berechnen: '0 qx
qx
1
qx 1 qx
2
'1qx 1 '1qx
' qx ' qx 3
' qx
2
2
' q x 1 ' q x
qx 2 2 qx 1 qx qx 3 3q x 2 3q x 1 q x .
Das Glättemaß ist dann gegeben durch die Summe der Quadrate der Vorwärtsdifferenzen: Zs
b
¦ ( ' s qx )2
.
x 0
Das Whittaker-Henderson-Verfahren basiert nun auf der Minimierung der Funktion G f (q)
a g b
Z
Zs
x 0
x 0
¦ wx (qx qˆ x )2 g ¦ ( ' s qx )2
,
88
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
wobei g ! 0 die Gewichtung der Glätte darstellt. In der Praxis verwendet man häufig die Parameterwerte s 3 und g 0,5 . Zur Vereinfachung der Schreibweise sei W
0 · § w1 ¨ ¸ % ¨ ¸ ¨0 wn ¸¹ ©
die Diagonalmatrix der Gewichte sowie K
kij
kij
j i § j i · °( 1) ¨ ¸ ® ©s ¹ °0 ¯
für i, j 1," , Z i d j j i d s sonst
die Koeffizientenmatrix. Beispiel Für s
3 lautet die Matrix K :
K
§ 1 3 3 1 0 " 0 · ¨ 0 1 3 3 1 0 0 ¸ ¨ ¸ . ¨# % % % % % 0 ¸ ¨ ¸ © 0 " 0 1 3 3 1¹
Dabei sind die Koeffizienten in jeder Zeile auf die Differenzen dritter Ordnung zurückzuführen.
Mit diesen Notationen lässt sich die zu optimierende Funktion f darstellen durch G G G t G G G t G f ( q ) q qˆ W q qˆ g K q K q .
Durch Ableitung entsteht G G G G f ( q ) 2 W q qˆ 2 g K t K q .
Notwendige Bedingung für ein Minimum ist das Verschwinden der Ableitung. Dies ist äquivalent zu G G W g K t K q W qˆ .
Dieses lineare Gleichungssystem kann mit den Standardverfahren der linearen Algebra gelöst werden. Im Allgemeinen existiert eine eindeutige Lösung für den Vektor der SterbewahrG scheinlichkeiten q . Damit ist der Ausgleich der rohen Sterbewahrscheinlichkeiten nach dem Whittaker-Henderson-Verfahren vollzogen.
3.5 Anpassungen
89
3.5 Anpassungen Bevölkerungssterbetafeln werden in der Regel auf der Grundlage von Volkszählungen erstellt. Die daraus abgeleiteten Sterbewahrscheinlichkeiten lassen sich jedoch nicht ohne weiteres auf den Lebensversicherungsmarkt übertragen. Denn die Zusammensetzung eines versicherten Bestandes unterscheidet sich mitunter erheblich von der Gesamtbevölkerung.
Im Allgemeinen haben aktuarielle Untersuchungen tatsächlich gezeigt, dass die Versichertensterblichkeit im Allgemeinen deutlich niedriger ist als die Bevölkerungssterblichkeit. Für diesen Tatbestand gibt es vorwiegend zwei Erklärungsansätze. Die Hauptursache stellt die bei Vertragsbeginn mehr oder weniger gründliche Gesundheitsprüfung dar. Dadurch wird erreicht, dass überwiegend gesunde Personen Lebensversicherungen zu Standardbedingungen abschließen. Die derart durchgeführte Auslese von guten Risiken nennt man Selektion. Die sonstigen Antragsteller können unter Umständen zu besonderen Bedingungen akzeptiert werden. Es ist zu beachten, dass sich Sterblichkeitsanalysen, die zum Zwecke der Tarifierung durchgeführt werden, normalerweise ausschließlich auf Standardrisiken beschränken. Eine weitere Ursache sind sozio-ökonomische Faktoren. Man geht davon aus, dass wohlhabende Menschen einen größeren Bedarf an Lebensversicherung haben. Wohlstand wirkt sich im Allgemeinen positiv auf die Lebensumstände, den Lebensstandard und den Gesundheitszustand aus. Daraus ergibt sich eine verbesserte Sterblichkeit der Versicherten gegenüber der Gesamtbevölkerung. Das folgende Beispiel verdeutlicht den Zusammenhang der Bevölkerungssterblichkeit und der Versichertensterblichkeit. Beispiel Lebensversicherer machen konservative Annahmen über die Sterblichkeit. Nach dem Vorsichtsprinzip liegt die Sterbetafel DAV2008T oberhalb der Bevölkerungssterbetafel 2005/07. Man nimmt an, dass mehr Leute sterben und somit mehr Todesfallleistungen ausgezahlt werden. Umgekehrt liegt die Sterbetafel DAV2004R unterhalb der Bevölkerungssterbetafel 2005/07. Unter dieser Annahme erhalten mehr Personen für längere Zeit ihre Rente. Die folgende Grafik zeigt die Bevölkerungssterblichkeit für Männer in Deutschland anhand der Sterbetafel 2005/07 im Vergleich mit der Sterbetafel DAV2004RM der Sterbetafel DAV2008TM im Altersbereich von sechzig bis achtzig Jahren.
90
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Sterbewahrscheinlichkeit
Sterbewahrscheinlichkeiten Männer im Vergleich 0,10000 0,09000 0,08000 0,07000 0,06000 0,05000 0,04000 0,03000 0,02000 0,01000 0,00000 60
65
70
75
80
Alter destatis 2005/07
DAVRM2004
DAVTM2008
In der Praxis der Lebensversicherung werden die Sterbewahrscheinlichkeiten sehr vorsichtig gewählt. Für Versicherungen mit ausschließlich Todesfallleistungen werden die Wahrscheinlichkeiten überschätzt, für Versicherungen mit ausschließlich Erlebensfallleistungen werden sie unterschätzt. Diese Festsetzungen führen fast sicher zu Unternehmensgewinnen, die wiederum nahezu vollständig im Rahmen einer Gewinnbeteiligung an die Versicherten zurückgegeben werden. Die konservative, vorsichtige Wahl der biometrischen Rechnungsgrundlagen wird im Folgenden näher erörtert.
3.5.1 Sicherheitszuschläge In der Versicherungspraxis finden die so genannten versicherungstechnischen Risiken besondere Beachtung. Im Wesentlichen unterscheidet man drei Gefahrenquellen für ein Versicherungsunternehmen. Das Zufallsrisiko ist die Möglichkeit, sprich Gefahr, dass die Zahl der tatsächlichen Versicherungsfälle aus zufälligen Gründen so weit oberhalb der erwarteten Anzahl liegt, dass dem Versicherungsunternehmen ein ernster wirtschaftlicher Verlust entsteht. Bei zunehmender Zahl an Versicherungsverträgen sinkt das Zufallsrisiko nach dem Gesetz der großen Zahlen. Bei der Herleitung der Rechnungsgrundlagen können Fehler auftreten, sei es in den Daten und deren korrekter Interpretation oder auch in den darauf aufbauenden aktuariellen Berechnungen. Die Gefahr der möglichen Abweichung vom korrekterweise zu erwartenden Schadenbedarf nennt man das Irrtumsrisiko. Jede Sterblichkeitsanalyse basiert auf beobachteten Ereignissen der Vergangenheit. Dabei ist unklar, ob und inwiefern sich die versicherten Risiken im Verlauf der zukünftigen Versicherungsdauer ändern werden. Für die Lebensversicherung sind diesbezüglich insbesondere
3.5 Anpassungen
91
Epidemien sowie Durchbrüche in der Heilung, zum Beispiel von Krebs, relevant. Die Gefahr der zukünftigen Veränderung der Umstände wird als Änderungsrisiko bezeichnet. Sowohl das Irrtumsrisiko als auch das Änderungsrisiko steigen mit zunehmender Bestandsgröße. Würde ein Versicherungsunternehmen mit den Erwartungswerten der wahren Todesfallwahrscheinlichkeiten rechnen, so würde nach dem Zentralen Grenzwertsatz mit 50% Wahrscheinlichkeit ein Verlust auftreten. In der Hälfte aller Fälle wäre der tatsächliche Schaden größer als der Erwartungswert. Dann droht die Insolvenz des Unternehmens. Der Bankrott eines Versicherungsunternehmens würde eine Vielzahl von Versicherten betreffen. Zum Schutz seiner Kunden ist jedes Lebensversicherungsunternehmen dazu angehalten, die biometrischen Rechnungsgrundlagen vorsichtig anzusetzen. Außerdem verlangt die Aufsichtsbehörde weitergehende Absicherungen. In Paragraph 11 Ansatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) heißt es dazu: Die Prämien in der Lebensversicherung müssen unter Zugrundelegung angemessener versicherungsmathematischer Annahmen kalkuliert werden und so hoch sein, dass das Versicherungsunternehmen allen seinen Verpflichtungen nachkommen, … kann. In der Praxis wird deshalb nach dem Vorsichtsprinzip ein Zu- beziehungsweise Abschlag auf die Sterbewahrscheinlichkeit berücksichtigt. Die so modifizierte Sterbetafel ist Teil der Rechnungsgrundlagen erster Ordnung, die zur Kalkulation der Beiträge und Reserven berücksichtigt werden. Im Gegensatz dazu stehen die Rechnungsgrundlagen zweiter Ordnung, die die wahren Sterblichkeitsraten angeben. Durch die Differenz der Rechnungsgrundlagen entsteht letztendlich eine potentielle Gewinnquelle für das Unternehmen. Zur Vermeidung der Insolvenz wird ein Sicherheitskapital c benötigt, welches die Schwankungen des tatsächlichen Schadens abfängt. Seine Höhe hängt vom gewünschten Sicherheitsniveau 1 D mit D [0;1] ab. Die Ruinwahrscheinlichkeit P (G ! E (G ) c ) ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der tatsächliche Schaden G den erwarteten Schaden E (G ) zuzüglich des gehaltenen Sicherheitskapitals c übersteigt. Das notwendige Sicherheitskapital nimmt mit der Größe des betrachteten Bestandes ab. Kleine Unternehmen brauchen relativ mehr Eigenkapital als große Unternehmen, um auf die gleiche Sicherheitswahrscheinlichkeit zu kommen. In der Praxis wird eine Schranke vorgegeben, die die Ruinwahrscheinlichkeit nicht überscheiten sollte. Sie beträgt meistens 5%, wenn man einen mehrjährigen Zeitraum betrachtet, oder 1%, über ein Kalenderjahr gesehen. Aus dieser Vorgabe lässt sich das Sicherheitskapital berechnen. Beispiel Wir betrachten einen Versicherungsbestand mit n 100.000 unabhängigen, identisch verteilten Risiken mit der durchschnittlichen Sterbewahrscheinlichkeit von q 0,005 und einer mittleren Versicherungssumme von S 250.000 € . Dann ist der Erwartungswert des Jahresgesamtschadens
92
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
P n S q 125.000.000 und die Varianz V 2 n S 2 q (1 q) 31.093.750.000.000 . Ferner nehmen wir an, dass der Jahresgesamtschaden G näherungsweise normalverteilt ist mit den Parametern P und V 2 . Die einjährige Ruinwahrscheinlichkeit soll D
1% nicht überschreiten:
P (G ! P c ) d D . Dann ist mittels Standardisierung P (G ! P c ) 1 P (G d P c ) §G P · c §GP P cP· 1 P¨ d d ¸¸ . ¸ 1 P ¨¨ V V S n q q (1 ) © V ¹ © ¹ Dabei ist die Zufallsvariable Z
GP
V
standardnormalverteilt mit
§ · c P¨Z d ¸ t1D , ¨ S n q (1 q) ¸¹ ©
Mit dem entsprechende Quantil z1D der Standardnormal-Verteilung folgt c t z1D . S nq(1 q) Demnach ist das benötigte Sicherheitskapital für den Bestand: c t S nq(1 q) z1D
12.972.123 .
Das Sicherheitskapital für das gesamte Kollektiv beträgt also 12,97 Millonen Euro; relativ zum Erwartungswert des Schadens also etwa 10,4%. Nach Konstruktion ist die einjährige Ruinwahrscheinlichkeit für den Bestand somit kleiner als 1%: P(G ! 137.972.123) d 1% .
Wir halten folgende Einsichten fest: Das Vorsichtsprinzip ermahnt den Versicherungsmathematiker Zuschläge zur Deckung der versicherungstechnischen Risiken zu berücksichtigen. Aufgrund der Langfristigkeit der Lebensversicherungsverträge sind die Versicherer dazu aufgefordert, die Rechnungsgrundlagen vorsichtig zu wählen, um die zufälligen Schwankungen abfangen zu können. Die Forderung nach einem ausreichenden Sicherheitskapital macht einen Zuschlag auf die erwartete Sterbewahrscheinlichkeit notwendig. Nachdem sowohl der erwartete Schadenbedarf als auch das Sicherheitskapital bestimmt worden sind, wird die Höhe des Schwankungszuschlags für das Kollektiv festlegt. Anschließend geht es um die Aufteilung des Zuschlags auf die einzelnen Risiken des Bestandes. Es ist prinzipiell übertrieben, das gesamte Sicherheitskapital auf die einzelnen Versicherungspolicen zu verteilen. Tatsächlich kann es als ausreichend betrachtet werden, wenn das Sicherheitskapital c eine gewisse vorgegebene Rendite r erwirtschaftet. Geht man davon aus, dass das Eigenkapital zu opportunistischen Zwecken risikofrei angelegt werden könnte,
3.5 Anpassungen
93
so ergibt sich eine risikolose Vermehrung des Kapitals in einer Periode um c r0 , wenn r0 der risikofreie Marktzinssatz ist. Demnach sollte der Schwankungs- oder Sicherheitszuschlag gleich der Renditedifferenz bezogen auf das Sicherheitskapital sein: SZ
c ( r r0 )
Eine Vorschrift, die jedem einzelnen Risiko aus einem gegebenen versicherten Kollektiv einen Anteil am Schwankungszuschlag zuordnet, wird in der Literatur Prämienprinzip genannt. Das Wort „Prämie“ ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht ganz passend, da wir uns ausschließlich mit der Sterbewahrscheinlichkeit befassen. Wichtige Prämienprinzipien sind Erwartungswertprinzip
qxI
E ( qxII ) D E ( qxII )
Varianzprinzip
qxI
E ( qxII ) E Var ( qxII )
Standardabweichungsprinzip
qxI
E ( qxII ) J Var ( qxII )
Dabei sind q xII die Rechnungsgrundlagen zweiter Ordnung und qxI die Rechnungsgrundlagen erster Ordnung. Mit den vorsichtigen Sterbewahrscheinlichkeiten qxI wird sodann deterministisch gerechnet. Der eigentliche zufällige Charakter dieser Rechnungsgröße wird ignoriert. In der praktischen Lebensversicherung wird deterministisch gerechnet. Man mache sich jedoch bewusst, dass die Sterblichkeit in Wirklichkeit eine Zufallsgröße ist, deren Erwartungswert und Varianz geschätzt werden kann. Man kann sich überlegen, dass eine Aufteilung des Schwankungszuschlags nur dann als fair betrachtet werden kann, wenn das Prämienprinzip additiv ist. Wird ein Versicherungsbestand in mehrere Teilbestände zerlegt, so wird verlangt, dass die Summe der Sicherheitszuschläge für die Teilbestände gleich dem Zuschlag für den gesamten Bestand ist. Eine Aufteilung proportional zum Erwartungswert ist zwar additiv, aber nicht fair. Denn der Kapitalbedarf wird letztendlich durch die Streuung verursacht. Das Standardabweichungsprinzip ist nicht additiv, da die Standardabweichung nicht linear ist. Insofern bleibt sich nur das Varianzprinzip übrig. Für den Koeffizienten E wählt man den Quotienten aus Sicherheitskapital und Varianz des Gesamtschadens
E
c . Var (G )
Es sollte betont werden, dass das Aufteilungsproblem des Sicherheitszuschlags für die Beitragsberechnung in der Praxis von eher untergeordneter Priorität ist. Häufig werden die Zuschläge so hoch angesetzt, dass fast sicher ein Gewinn entsteht. In der Praxis übersteigt die Summe der tatsächlichen Schwankungszuschläge das nötige Sicherheitskapital. An den daraus resultierenden Versicherungsgewinnen werden die Versicherten zu sehr großen Teilen beteiligt. Der Wettbewerb in der Lebensversicherung vollzieht sich hauptsächlich über die Höhe dieser Überschussbeteiligung, auf die wir noch ausführlich eingehen werden. Im Hinblick auf eine
94
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
faire Gewinnbeteiligung für einzelne Versicherte ist das Prämienprinzip jedoch durchaus von Bedeutung.
3.5.2 Rueffsche Altersverschiebung In der Erlebensfallversicherung und insbesondere der Altersrentenversicherung führen fallende Sterbewahrscheinlichkeiten zu höheren erwarteten Schadenleistungen. Die Lebenserwartung für Neugeborene als auch die erwartete Restlebenszeit für ältere Menschen ist in den vergangenen Jahrzehnten beständig gestiegen. Verschiedene aktuarielle Analysen haben gezeigt, dass der Trend zur Sterblichkeitsverbesserung insbesondere für Rentner in unserer heutigen Zeit unvermindert anhält. Die Erklärungen liegen wohlmöglich im medizinischen Fortschritt und allgemein verbesserten Lebensbedingungen begründet. Gemäß dem Vorsichtsprinzip sollte die erwartete zukünftige Sterblichkeitsverbesserung ins Kalkül gezogen werden. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit, für die Berechnung einer Lebensversicherung nicht eine konstante Periodensterbetafel zu verwenden, sondern die dem Geburtsjahr des Versicherten entsprechende Generationssterbetafel zu Grunde zu legen. Auf Rueff geht die Idee zurück, zwei gegebene Sterbetafeln durch eine Altersverschiebung ineinander zu transformieren. Hat man also erst einmal eine Generationensterbetafel zur Hand, so erhält man alle anderen durch eine geeignete Alterskorrektur. In der Praxis wird zu diesem Zweck eine Grundtafel für ein gewisses Geburtsjahr festgelegt. Bei der Sterbetafel DAV2004R ist dieses Referenzjahr das Jahr 1965. Die Sterblichkeitswerte für andere Geburtsjahrgänge erhält man aus dieser Grundtafel, indem das tatsächliche Alter des Versicherten gemäß einer festgelegten Vorgabe entsprechend reduziert oder erhöht wird. Beispiel Die folgende Grafik zeigt den Verlauf der Sterblichkeit anhand der DAV2004R für die Geburtsjahre 1930, 1965 und 2000. Die von der DAV festgelegte Altersanpassung beträgt +5 Jahre für den Geburtsjahrgang 1935 und 9 Jahre für Versicherte, die im Jahr 2000 geboren worden sind.
3.5 Anpassungen
95
Rueffsche Altersverschiebung anhand der DAV2004RM 0,03500
Sterbewahrscheinlichkeit
0,03000 0,02500 0,02000 5 Jahre
0,01500 0,01000 0,00500
9 Jahre
0,00000 60
65
70
75
80
Alter qx (1965)
qx (1935)
qx (2000)
In diesem Sinne stellt die Rueffsche Altersverschiebung somit ein Verfahren dar, um einen Sicherheitszuschlag für die antizipierte zukünftige Sterblichkeitsverbesserung zu berücksichtigen. Neuere Verfahren zur adäquaten Berücksichtigung der Sterblichkeitsveränderung machen den folgenden Ansatz: ln( qx (t ))
F ( x ) t B( x ) .
Dabei ist qx (t ) die einjährige Sterbewahrscheinlich eines x-Jährigen im Jahr t und F ( x ) die altersabhängige Trendfunktion. Wird nun als Bezugsgröße ein Basisjahr t0 festgelegt, so erhalten wir q x (t )
exp F ( x ) (t t0 ) B( x ) F ( x ) t0 exp F ( x ) (t t0 ) exp B( x ) F ( x ) t0 .
Dabei ist qxB (t ) exp B ( x ) F ( x ) t0 die Sterblichkeit im Basisjahr. Die so ermittelten Sterbewahrscheinlichkeiten bilden die Basistafel. Dieses Verfahren findet Anwendung in der Praxis in Bezug auf die Sterbetafel DAV2004R. Beispiel Um die Sterblichkeit eines 70-jährigen Mannes zu berechnen, der 1940 geboren worden ist, erhalten wir mit den Werten erster Ordnung
96
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen q70 (2010)
B q70 exp F (70) (2010 1999)
0,015887 exp( 0,02826066 11) 0,011642 . B q70 ist die Sterbewahrscheinlichkeit eines 70-jährigen Manns anhand der Sterbetafel DAV2004RM
für das Basisjahr 1999. Der Wert F (70) entstammt der von der DAV herausgegebenen Trendfunktion.
In weniger entwickelten Lebensversicherungsmärkten wird die Methode der Altersanpassung beispielsweise auch zur Differenzierung der Todesfallwahrscheinlichkeit nach dem Rauchverhalten oder dem Geschlecht verwendet. Typische Annahmen sind, dass die Alterserhöhung für den Übergang von Nichtrauchern zu Rauchern sechs Jahre beträgt. Das bedeutet, dass ein Raucher dieselbe Sterbewahrscheinlichkeit hat wie ein sechs Jahre jüngerer Nichtraucher. Ebenso wird in Abwesenheit geeigneter Statistiken festgesetzt, dass die Sterblichkeit einer Frau derjenigen eines drei Jahre jüngeren Mannes entspricht.
3.5.3 Versichertensterbetafeln In der Vergangenheit wurden Bevölkerungssterbetafeln als Basis für die Versichertensterblichkeit verwendet und mit entsprechenden Zu- und Abschlägen modifiziert. Die Grundlage des Lebensversicherungsgeschäfts in Deutschland sind heutzutage speziell entwickelte Versichertensterbetafeln. Es ist üblich, die Daten mehrerer Unternehmen zusammenzufassen, um statistisch signifikante Aussagen über die Sterblichkeit zu erlangen. Die folgende Tabelle gibt einen Einblick in die für die deutsche Lebensversicherung relevanten Versichertensterbetafeln. Zeitraum (ab)
Name
1883
Deutsche Sterbetafel aus den Erfahrungen von 23 Lebensversicherungsgesellschaften
1927
Sterbetafel 1924/1926
1967
Allgemeine Deutsche Sterbetafel 1960/62
1987
Sterbetafel 1986
1995
DAV1994T und DAV1994R
2005
DAV2004R
2009
DAV2008T
Die aktuellen Sterbetafeln für Versicherungen mit Erlebensfallcharakter, DAV2004R, sowie mit Todesfallcharakter, DAV2008T, befinden sich im Anhang. Sie bilden die Grundlagen unserer Berechnungen. Diese Versichertensterbetafeln enthalten konservative Sicherheitszuschläge. Die verwendeten Sterbewahrscheinlichkeiten stellen somit die biometrischen Rechnungsgrundlagen erster Ordnung dar. Im Allgemeinen haben diese Tafeln in der Vergangenheit erhebliche Versiche-
3.5 Anpassungen
97
rungsgewinne impliziert. Das ist vollkommen beabsichtigt, da der weitaus größte Teil der Gewinne an die Versicherten ausgeschüttet wird. Auf diesen Umstand gehen wir im Rahmen der Ertragsanalyse näher ein. Die Annahme von Lebensversicherungsrisiken erfolgt auf der Grundlage von Versichertensterbetafeln nach erfolgreich durchgeführter Risikoprüfung. Zu diesem Zweck legt der Versicherer die Annahmerichtlinien fest, nach denen Verträge zu Normalbedingungen akzeptiert werden. Die Versicherung dieser Personen erfolgt anhand der Standardsterbetafel des Unternehmens. Insbesondere die Gesundheitsprüfung führt zu einer positiven Risikoauslese, auch Selektion genannt. Die so identifizierten Antragsteller haben eine bessere Sterblichkeit vorzuweisen als der Durchschnitt. So hat zum Beispiel ein Kollektiv aus vierzigjährigen Männern, die alle vor zehn Jahren eine Todesfallversicherung abgeschlossen haben, eine deutlich höhere Todesfallwahrscheinlichkeit als ein Kollektiv von vierzigjährigen Männern, die alle gerade einen Neuabschluss vornehmen. In der Praxis werden deshalb mitunter Selektionssterbetafeln eingeführt. Neben dem Lebensalter wird die zurückgelegte Versicherungsdauer berücksichtigt. Das Ergebnis ist eine zweidimensionale Tafel für die Sterbewahrscheinlichkeit. Der Effekt der Selektion lässt sich oftmals über mehrere Versicherungsjahre statistisch nachweisen. In europäischen Lebensversicherungsmärkten geht man meistens davon aus, dass die Selektionsdauer bis zu 5 Jahre beträgt. In den USA rechnet man mit Selektionsabschlägen über einen Zeitraum von 15 bis 25 Jahren.
3.5.4 Erhöhte Risiken Unter erhöhten Risiken versteht man solche, die in Bezug auf die Realisierung der versicherten Gefahr mehr gefährdet sind als die so genannten Standardrisiken. Für eine Exponierung kann es vielfältige Gründe geben: zum Beispiel den Gesundheitszustand, die Krankheitsgeschichte, erbliche oder familiäre Veranlagungen, gefährliche Freizeitaktivitäten oder die Ausübung eines unfallträchtigen Berufs, um nur einige zu nennen. Wir wollen uns im Folgenden auf die medizinisch erhöhten Risiken beschränken. Die Schwierigkeit der Versicherung erhöhter Risiken besteht in der Unsicherheit über die zu verwendenden biometrischen Rechnungsgrundlagen. Nach dem Vorsichtsprinzip ist zumindest klar, dass die Sterbewahrscheinlichkeit im Hinblick auf eine Todesfallversicherung erhöht werden, im Bezug auf eine Altersrentenversicherung jedoch verringert werden sollte. Die großen Rückversicherungsunternehmen haben zum Zweck der Tarifierung Richtlinien für die Gesundheitsprüfung ermittelt und publiziert. Danach werden erhöhte Risiken in Erschwerungsklassen eingeteilt. Die Zuordnungen von Krankheitsbildern zu Übersterblichkeiten sind unabhängig vom Herausgeber recht einheitlich. Nichtsdestotrotz bedarf die individuelle Einschätzung eines Lebensversicherungsrisikos der Sachkenntnis eines erfahrenen Risikoprüfers. Denn insbesondere die Wechselwirkungen der diagnostizierten Krankheiten erschweren die Prognose der Sterblichkeit. So ist zum Beispiel bekannt, dass die Kombination von Bluthochdruck und erhöhtem Cholesteringehalt in Zu-
98
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
sammenhang mit Diabetes das Herzinfarktrisiko und somit die Sterbewahrscheinlichkeit wesentlich erhöht. Die Beurteilung eines einzelnen Risikos erfolgt in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Risikoprüfern, Versicherungsmedizinern und Versicherungsmathematikern. Die Aufgabe des Untersuchungsarztes ist es, eine Prognose für die Sterbewahrscheinlichkeit, die Überlebenswahrscheinlichkeit oder die restliche Lebenserwartung zu geben. Dem Versicherungsmathematiker obliegt es, die Aussagen des Arztes im kaufmännischen Kontext zu plausibelisieren und geeignete Rechnungsgrundlagen auszuwählen. Im Wesentlichen gibt es für die Festlegung der Übersterblichkeit drei verschiedene Ansätze. Bei der konstanten Alterserhöhung wird jedes Alter x um einen vom Grad der Erschwerung abhängige konstante natürliche Zahl a erhöht: qxsub
qx a .
Dieses Verfahren entspricht der Rueffschen Altersverschiebung. Beispiel Der interne Versicherungsmediziner kommt zu der Feststellung, dass der Antragsteller einer Todesfallversicherung aufgrund seines Gesundheitszustandes als vorgealtert zu betrachten ist. Die Alterserhöhung betrage 5 Jahre. Anhand der Sterbetafel DAV2008TM ist das Verhältnis aus erhöhter Sterblichkeit und Normalsterblichkeit dargestellt. Sterblichkeitsverhältnis anhand der DAV2008TM 200%
Über- / Untersterblichkeit
180% 160% 140% 120% 100% 80% 60% 40% 20% 0% 20
25
30
35
40
45
50
55
60
65
70
Alter
In diesem Modell ist die durch die Krankheit hervorgerufene Erhöhung der Todesfallwahrscheinlichkeit für ältere Personen ausgeprägter als für jüngere. Als alternativer Ansatz bietet sich die konstante additive Sterblichkeitserhöhung an:
3.5 Anpassungen
qxsub
99
qx b ,
wobei b eine vorgegebene positive reelle Zahl ist. Bei dieser Arbeitshypothese bessert sich das Krankheitsbild im Verlauf der Zeit. Denn das Verhältnis aus erhöhter Sterbewahrscheinlichkeit und Normalsterblichkeit verringert sich mit zunehmendem Alter, wie das folgende Beispiel zeigt. Beispiel Der Risikoprüfer ist aufgrund der versicherungsmedizinischen Untersuchung zu dem Entschluss gelangt, dass eine additive Erhöhung der Sterbewahrscheinlichkeit in Höhe von 0,5 Promille festgelegt werden sollte. Anhand der Sterbetafel DAV2008TM ist das Verhältnis aus erhöhter Sterblichkeit und Normalsterblichkeit dargestellt. Sterblichkeitsverhältnis anhand der DAV2008TM 200% 180%
Übersterblichkeit
160% 140% 120% 100% 80% 60% 40% 20% 0% 20
25
30
35
40
45
50
55
60
65
70
Alter
In der Praxis wird am häufigsten die konstante multiplikative Erhöhung der Sterbewahrscheinlichkeit angewendet: qxsub
qx (1 c ) ,
wobei c eine vorgegebene positive reelle Zahl ist. Dadurch wird impliziert, dass sich das Krankheitsbild im Verlauf der Zeit nicht bessert. Denn das Verhältnis aus der erhöhten Sterblichkeit und der Normalsterblichkeit bleibt konstant. Im Kontext der Übersterblichkeit mag die Kommunikation zwischen Medizinern und Mathematikern einige Schwierigkeiten bereiten. Die Kompetenzen sind im Allgemeinen weitestgehend disjunkt. Versicherungsmathematiker sollten vermeiden, ihre medizinischen Kollegen
100
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
bewusst oder unbewusst zu überfordern, was Aussagen für die zu verwendenden Rechnungsgrundlagen betrifft. Beispiel Aufgrund seiner Krankheitsgeschichte kommt der Versicherungsmediziner zum Schluss, dass der fünfzigjährige Antragssteller eine verbleibende Lebenserwartung von zehn Jahren hat. Allerdings fällt es ihm schwer, die zugehörige Übersterblichkeit zu bestimmen. Der Versicherungsmathematiker ermittelt nun diejenige Konstante c, sodass die restliche Lebenserwartung des Antragsstellers, basierend auf den Sterbewahrscheinlichkeiten qxsub DAV2008TM, genau zehn Jahre beträgt.
qx (1 c ) und bezogen auf die Sterbetafel
Zunächst lassen sich rekursiv die Lebenden l xsub berechnen: l0sub
100.000 und l xsub 1
l xsub (1 qxsub ) .
Anhand der Gleichung sub e50
71 sub
1 2 k
l
¦ l50subk
10
1 50
gilt es, die inhärente Übersterblichkeit zu ermitteln. Dieses Problem ist jedoch zu komplex, um es geschlossen und exakt zu lösen. Ein rechnergestütztes Näherungsverfahren liefert c 477% . Somit beträgt die Übersterblichkeit 477%.
Jeder Antragsteller ist gesetzlich dazu verpflichtet, sämtliche Gefahrenumstände nach bestem Wissen und Gewissen anzuzeigen. Eine Anzeigepflichtverletzung kann in Deutschland und vielen anderen Versicherungsmärkten unter Umständen zum völligen Verlust des Versicherungsschutzes führen. In den USA hingegen endet die juristische Anfechtbarkeit eines Lebensversicherungsvertrages mit Ablauf von zwei Vertragsjahren. Basierend auf die potentielle Informationsschieflage über den wahren Gesundheitszustand des Versicherten hat sich deshalb in den USA ein regelrechter Zweitmarkt mit zahlreichen Facetten entwickelt, der mit gebrauchten Todesfallversicherungen handelt.
3.5.4 Bevorzugte Risiken Der umgekehrte Ansatz, um zum Beispiel besonders günstige Todesfalltarife anzubieten, besteht in der Maßnahme, durch die Risikoprüfung überdurchschnittlich gesunde und fitte Antragsteller ausfindig zu machen. Dem einzelnen Versicherungsunternehmen obliegt es, statistisch signifikante Kriterien aufzustellen, nach denen gute Risiken gezielt ausgewählt werden können. Ein gutes Beispiel für so genannte „Preferred Lives“ sind Nichtraucher, die im Gegensatz zu Rauchern eine deutlich niedrigere Sterbewahrscheinlichkeit vorzuweisen haben. Aus medizinischer Sicht ist nachgewiesen, dass Rauchen zu Herz-Kreislaufproblemen oder Krebs führen kann. Unter diesem Hintergrund ist es verständlich, dass eine Nichtrauchersterbetafel deutlich
3.5 Anpassungen
101
niedriger ausfällt als die zugehörige Rauchersterbetafel. Aus diesem Grund zahlen Nichtraucher deutlich geringere Beiträge für eine Versicherung mit ausschließlich Todesfallleistungen. Die Varianten der Sterbetafeln DAV2008TNR und DAV2008TR verdeutlichen diesen Zusammenhang. Im Bezug auf die Altersrentenversicherung hingegen werden Raucher bevorzugt, denn sie werden im Mittel früher sterben und damit über einen kürzeren Zeitraum ihre Rente beziehen. In angelsächsischen Märkten gibt es entsprechende Rabatte für so genannte „Impaired Annuities“. Wenn auf der Grundlage einer statistischen Studie für gewisse Risiken eine geringere Sterbewahrscheinlichkeit angenommen werden soll, so muss einem anderen Teilkollektiv eine höhere Sterblichkeit zugewiesen werden. Ausgehend von der mittleren beobachteten Sterbewahrscheinlichkeit im Bestand wird eine neue Basissterblichkeit festgelegt, die die Grundlage der Zu- und Abschläge ist. Denn ein zeitgenössisches Sprichwort besagt: There is no free lunch. Beispiel Ein Bestand für Todesfallversicherungen bestehe aus 100.000 Risiken. Eine statistische Analyse habe gezeigt, dass sich Menschen mit blauen Augen einer besseren Gesundheit erfreuen. Demnach sei ein Abschlag in Höhe von d 10% auf die durchschnittliche Sterbewahrscheinlichkeit der sonstigen Versicherten angemessen. Der Anteil D von Versicherten mit blauen Augen mache 40% aus. Die beobachtete relative Häufigkeit q der Todesfälle im versicherten Bestand liege bei 0,01 . Dann muss folgende Konsistenzgleichung für die Anzahl der Toten erfüllt sein: 100.000 q 100.000 D (1 d ) q (1 D ) q . Durch äquivalente Umformung finden wir die neue Basissterbewahrscheinlichkeit q : q
q
D (1 d ) (1 D )
0,1 0,36 0,6
0,010417 .
Zusammengefasst haben wir folgende Situation: Augenfarbe
Risiken
q
Tote
Blau
40.000
0,009375
375
Sonstige
60.000
0,010417
625
Gesamt
100.000
0,01
1.000
Es wäre falsch anzunehmen, die Versicherten mit blauen Augen hätten eine Todesfallwahrscheinlichkeit von 0,009, die mit sonstiger Augenfarbe eine Sterbewahrscheinlichkeit von 0,01. Diese Annahmen würden in diesem Beispiel auf insgesamt 960 Tote im versicherten Bestand führen. Wir hätten also 40 Tote unterschlagen.
102
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
3.6 Ergänzungen Für die praktische Lebensversicherungsmathematik sind einige neuere Entwicklungen von besonderem Interesse und Belang. Die dargestellten Themenbereiche stellen ein aktuelles Entwicklungsfeld der modernen praktischen Lebensversicherungsmathematik dar, welche wir in diesem Zusammenhang kurz ansprechen wollen. In der Beitragberechnung oder Tarifierung der Lebensversicherung geht es darum, die Sterbewahrscheinlichkeit möglichst risikogerecht zu bestimmen. Zu diesem Zweck wird das versicherte Kollektiv in homogene Teile zerlegt, deren Individuen ein ähnliches Sterblichkeitsverhalten aufweisen. Allerdings ist ein homogener Bestand im Allgemeinen eher klein, wodurch die robuste Schätzung der Todesfallwahrscheinlichkeit erschwert wird. Als sinnvoller mathematischer Ansatz bieten sich die Schadenversicherung etablierten verallgemeinerten linearen Modelle an, die im nachfolgenden Abschnitt skizziert werden. Im abschließenden Abschnitt dieses Kapitels geht es um die Prognose der Sterblichkeit. Sicherlich kann kein Versicherungsmathematiker die Zukunft vorhersagen, indem die Vergangenheit intensiv analysiert wird. Dennoch lassen sich vernünftige Prognosemodelle erstellen. Wir stellen kurz und knapp die Grundzüge des Lee-Carter-Modells dar, welches als das Standardverfahren angesehen werden kann.
3.6.1 Tarifierung Im Zuge der Wettbewerbsverschärfung auf dem deutschen Lebensversicherungsmarkt muss immer genauer und besser kalkuliert werden. Neben Geschlecht und Alter hängt die Todesfallwahrscheinlichkeit sicherlich von vielen weiteren Merkmalen ab, die derzeit kaum oder nur unzufrieden stellend berücksichtigt werden. In erster Linie sind sozioökonomische Faktoren zu nennen, die die Lebensumstände betreffen. Neuerdings werden gerade in England geodemografische Merkmale in Betracht gezogen, um die Sterblichkeit besser verstehen und erklären zu können. Weitere potentielle Risikomerkmale sind Zivilstand, Essgewohnheiten, Körpermaßindex, Freizeitaktivitäten, sportliche Betätigungen, Beruf, Wohnort, Einkommen, Rauchverhalten, um nur einige zu nennen. Unter diesem Gesichtspunkt wird es notwendig, die Todesfallwahrscheinlichkeit nicht nur in Abhängigkeit vom Alter sondern vielen weiteren Merkmalen zu schätzen. Im Rahmen der klassischen Modellbildung könnte man versuchen, für jede Kombination der Merkmalsausprägungen eine separate Sterbetafel aufzustellen. Dieser Ansatz führt jedoch sehr schnell an seine praktischen Grenzen, da in den einzelnen Tarifzellen zu wenige Sterbefälle beobachtet werden. Ein einfacher Ansatz zur Modellierung der Sterblichkeit in Abhängigkeit von mehreren Merkmalen beruht auf dem so genannten verallgemeinerten linearen Modell, welches wir im Folgenden skizzieren wollen. Die folgende Tabelle zeigt in vereinfachter Form die Sterbewahrscheinlichkeit für die Merkmalskombinationen Alter und Region.
3.6 Ergänzungen
103
Alter / Region
Stadt
Land
Jung
q1
q3
Alt
q2
q4
Der versicherungsmathematische Modellansatz besteht darin, dass die Todesfallwahrscheinlichkeit einerseits vom Alter abhängt, und dass es zusätzliche eine pauschale additive Erhöhung der Sterbewahrscheinlichkeit durch die Merkmalsausprägung „Stadt“ gibt, welche unabhängig vom Alter ist. Die so genannten Kovariaten sind dann definiert durch X1
Altersgruppe "jung",
X2
Altersgruppe "alt",
X3
Region "Stadt",
welche jeweils die Werte „0“ und „1“ annehmen können. Die zufällige Sterbewahrscheinlichkeit Y im Bestand ist dann Y
E1 X 1 E 2 X 2 E3 X 3 H .
Dabei sind H der zufällige Fehler mit dem Erwartungswert null und E1 , E 2 , E 3 reelle Zahlen, die es zu bestimmen gilt. Allerdings ist der lineare Prädiktor in dieser Form nicht dazu geeignet, die Sterblichkeit zu beschreiben, es sei denn man schränkt die Parameter entsprechend ein. Denn die Sterbewahrscheinlichkeit muss im Intervall [0;1] liegen. Ein eleganterer Ausweg besteht darin, eine so genannten Link-Funktion g : [0;1] o einzuführen, welche den Erwartungswert der Variablen Y transformiert. Im Grunde ist diese Link-Funktion beliebig, sie muss lediglich monoton und stetig differenzierbar, also umkehrbar, sein. Dadurch erhalten wir den verallgemeinerten Ansatz E (Y )
g 1 E1 X 1 E 2 X 2 E 3 X 3 .
Üblicherweise werden die Parameter E1 , E 2 , E 3 mit der Maximum-Likelihood-Methode geschätzt. Dazu wird eine Verteilungsannahme benötigt. Im Verallgemeinerten Linearen Modell stehen die Verteilungen aus der Exponentialfamilie zur Verfügung; dies sind die NormalVerteilung, Binomial-Verteilung, Poisson-Verteilung, Gammaverteilung und die Inverse Gauss Verteilung. Es werden nun diejenigen Parameterwerte der gegebenen Verteilung gesucht, für welche die gegebenen Beobachtungen am wahrscheinlichsten sind. Es geht also darum, das Maximum der Dichtefunktion unter den gegebenen Daten zu bestimmen. Wählt man als Grundlage die Normal-Verteilung und als Link die Identität, so sind wir beim linearen Modell. Die einfache lineare Regression ist somit ein Spezialfall des verallgemeinerten linearen Modells. Die Maximum-Likelihood-Methode läuft in diesem Fall auf das gleiche hinaus wie die Methode der kleinsten Quadrate hinsichtlich der zufälligen Fehler. Im folgenden Beispiel nehmen wir stattdessen an, dass Y poissonverteilt ist. Zur Vereinfachung der Rechnungen bietet sich die Logarithmusfunktion als Link-Funktion an. Anstelle
104
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
der Sterbewahrscheinlichkeit modellieren wir äquivalent die Anzahl der Todesfälle. Unter diesen Voraussetzungen lässt sich das verallgemeinerte lineare Modell explizit durchrechnen. Beispiel Als Ausgangspunkt nehmen wir folgende Tabelle für die Sterbewahrscheinlichkeit Alter / Region
Stadt
Land
Gesamt
Jung
0,003
0,004
0,0035
Alt
0,02
0,015
0,0175
0,0115
0,0095
0,0105
Gesamt
Die Anzahl der Risiken in jeder Zelle sei 10.000. Durch die vier Beobachtungen erhalten wir unter den gemachten Modellannahmen folgende vier Gleichungen für die erwartete Anzahl von Todesfällen in jeder Zelle: y1
exp E1 0 E 3
y2
exp E1 0 0
y3
exp 0 E 2 E 3
y4
exp 0 E 2 0
q1 n1
30 ,
q2 n2
40 ,
q3 n3 q4 n4
200 , 150 .
Die Likelihoodfunktion ist das Produkt der Dichtefunktionen der einzelnen Poisson-Verteilungen: 4
L( y )
i 1
( qi ni ) yi exp( qi ni ) . yi !
Da der Logarithmus eine streng monotone Transformation darstellt, reicht es zur Bestimmung der Maximalstelle der Likelihoodfunktion aus, die Log-Likelihoodfunktion l ( y ) ln L( y ) zu betrachten. Dadurch zerfällt das Produkt in eine Summe: 4
l( y)
¦ ln i 1
( qi ni ) yi exp( qi ni ) yi !
4
¦ yi ln(qi ni ) qi ni ln( yi !)
.
i 1
Durch Einsetzen der vier Beobachtungen erhalten wir l( y)
30 E1 E 3 40 E1 200 E 2 E 3 150 E 2 exp E1 E 3 exp E1 exp E 2 E 3 exp E 2 ln(30!) ln(40!) ln(200!) ln(150!) .
Zur Berechnung der Maximalstelle werden die partiellen Ableitungen gleich null gesetzt:
3.6 Ergänzungen
105
wl ( y , q ) wE1
30 40 exp E1 E 3 exp E1 0 ,
wl ( y , q ) wE 2
200 150 exp E 2 E 3 exp E 2 0 ,
wl ( y , q ) wE 3
30 200 exp E1 E 3 exp E 2 E 3 0 .
Durch die Substitutionen a chungssystem zu lösen: a (1 c )
exp( E1 ), b exp( E 2 ), c
exp( E 3 ) ist das folgende nicht lineare Glei-
70
b(1 c ) 350 . c( a b) 230
Einsetzen der ersten beiden Gleichungen in die dritte Gleichung ergibt 350 · § 70 c¨ ¸ 230 . ©1 c 1 c ¹ Daraus folgt c
230 1,21 70 350 230
sowie mittels der ersten beiden Gleichungen a
70 1 c
31,67 und b
350 1 c
158,33 .
Somit ist nach Rücksubstitution das Ergebnis unserer Schätzungen: E (Y ) exp 3,46 X 1 5,06 X 2 0,19 X 3 . Im Speziellen sind die geschätzten Todesfälle im verallgemeinerten linearen Modell: Alter / Region
Stadt
Land
Gesamt
Jung
38,33
31,67
70
Alt
191,67
158,33
350
230
190
420
Gesamt
Man erkennt, dass in diesem Beispiel die gesamte Anzahl der Toten für Stadt und Land jeweils konstant geblieben sind. Ebenso sind die gesamten Todesfälle für junge sowie für alte Versicherte gleich geblieben. Man sagt, dass die eindimensionalen Randverteilungen erhalten geblieben sind. Dieses Ergebnis kann man auch auf andere Weise herleiten. Dazu betrachtet man die so genannten Marginaldurchschnitte. Die durchschnittlichen Anpassungsfaktoren für alle vier Merkmale sind wie folgt definiert:
106
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
fˆ j fˆa fˆS fˆL
1 2
q1 q3 qg
1 2
q2 q4 qg
1 2
q1 q2 qg
1 2
q3 q4 qg
0,0035 0,0105
1 , 3
0,0175 0,0105
5 , 3
0,0115 0,0105
23 , 21
0,0095 0,0105
19 . 21
Die geschätzten Todesfallwahrscheinlichkeiten sind dann qˆ1
fˆ j fˆS qg
0,003833 ,
qˆ2
fˆa fˆS qg
0,019167 ,
qˆ3
fˆ j fˆL qg
0,003167 ,
qˆ4
fˆa fˆL qg
0,015833 .
Man beachte allerdings, dass die Ergebnisse der beiden Verfahren nur deshalb übereinstimmen, da in diesem Beispiel die Anzahl der Risiken in jeder Zelle gleich hoch sind.
Im Allgemeinen wird die Anzahl der Risiken pro Tarifzelle variieren. Zur Modellierung der Sterbewahrscheinlichkeit werden dann Gewichte in der Höhe der Bestandgröße einbezogen. Falls alternativ die Anzahl der Toten modelliert wird, so wird ein so genannter Offset durch den Logarithmus der Bestandsgröße berücksichtigt. Selbstverständlich sollte die Anzahl der verwendeten Merkmale zum Zwecke der Tarifierung begrenzt werden. Im linearen Modell eignet sich zur Entscheidungsfindung, ob es sich lohnt ein größeres Modell anzunehmen, der so genannte F-Test. Das Pendant für verallgemeinerte lineare Modelle ist der Likelyhood-Quotienten-Test. Eine zusätzliche Fragestellung in der Tarifierung der Sterbefallwahrscheinlichkeit nach mehreren Merkmalen ist es, den tatsächlichen Einfluss einer Kovariate zu bestimmen. Dazu testet man zu einer vorgegebenen Irrtumswahrscheinlichkeit die Nullhypothese, dass der entsprechende Parameter gleich null ist. Außerdem ist von Interesse, wie sich die Variabilität der Todesfallwahrscheinlichkeit zusammensetzt. Dazu wird die gesamte Variabilität aufgespalten in die Variabilität, die von den Kovariaten erzeugt wird und eine so genannte Restvariabiltät, die durch die Residuen des Fehlerterms entstehen. Als Maß für die Güte der Anpassung des Modells wird die Abweichung der restlichen Devianz untersucht. Im linearen Modell verwendet man dazu das Bestimmtheitsmaß. Mit Hilfe der Methode der verallgemeinerten linearen Modelle lässt sich also die Sterbewahrscheinlichkeit auch in Abhängigkeit von sehr vielen Merkmalen statistisch adäquat modellieren. Nicht umsonst hat sich diese Methode insbesondere in der Kraftfahrzeugversicherung längst etabliert.
3.6 Ergänzungen
107
Durch die statistische Fundierung des Modells lässt sich außerdem die Güte der Anpassung bewerten. Das Ergebnis der Modellierung ist eine Formel, die in Abhängigkeit der Merkmalsausprägungen des Individuums die Sterbewahrscheinlichkeit angibt. Lässt man alle individuellen Ausprägungen mit Ausnahme des Lebensalters konstant, so kann man für das betrachtete Risiko eine eigene Sterbetafel erstellen. Die nachfolgenden Kapitel zur Berechnungen der versicherungstechnischen Werte sind somit ohne Einschränkungen anwendbar. Für eine vollständige Beschreibung von verallgemeinerten linearen Modellen sei der interessierte Leser auf die weiterführende Literatur verwiesen.
3.6.2 Trends Ein weiteres Ziel der Sterblichkeitsanalyse ist es, Trends zu erkennen. Denn für Versicherungsunternehmen ist es außerordentlich wichtig zu wissen, inwiefern sich die Sterblichkeit im Verlauf der Zeit geändert hat, um daraus zukünftige Entwicklungen erahnen zu können. Gerade für die Pensions- und Altersrentenversicherung ist es unumgänglich, zukünftige Sterblichkeitsverbesserungen zu antizipieren. Denn derartige Trends können potentiell zu erheblichen Mehrausgaben der Versicherungsunternehmen führen. Prinzipiell unterscheidet man drei verschiedene Effekte der Sterblichkeitsveränderung. Ein Alterseffekt liegt vor, wenn alle Personen gleichen Alters, unabhängig vom Geburtsjahr und Beobachtungsjahr, die gleiche oder zumindest eine ähnliche Sterblichkeitsveränderung vorzuweisen haben. Denkbar ist beispielsweise, dass sich die Sterblichkeit beim Austritt aus dem aktiven Arbeitsleben im Alter von 65 Jahren in einem bestimmten Beobachtungszeitraum verbessert. Stellt man die Veränderungsraten im Lexis-Diagramm dar, so werden potentielle Alterseffekte auf einer Parallelen zur Abszisse sichtbar. Unter einem Periodeneffekt versteht man einen Sterblichkeitstrend, der in einer bestimmten Zeitperiode, unabhängig vom Alter und Geburtsjahr, sichtbar wird. So beobachtet man zum Beispiel in Russland eine wesentliche Sterblichkeitsverbesserung in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre für die gesamte Bevölkerung. Wohlmöglich liegt die Ursache in der Alkoholprohibition begründet. Im Lexis-Diagramm wird ein Periodeneffekt auf einer Parallelen zur Ordinate sichtbar. Ein Kohorteneffekt bezeichnet einen gemeinsamen Sterblichkeitstrend für Personen mit gleichem Geburtsjahr über mehrere Beobachtungsjahre. Britische Aktuare haben zum Beispiel festgestellt, dass diejenigen Personen, die um das Jahr 1930 in England geboren worden sind, die höchste Sterblichkeitsverbesserung vorzuweisen haben. Somit werden die Menschen nicht nur immer älter, sondern gerade die heutigen Rentner auch immer schneller immer älter. Man erkennt einen Kohorteneffekt im Lexis-Diagramm auf einer Parallelen zur Diagonalen. Beispiel Anhand der Bevölkerung in Deutschland wurde die Veränderung der Männersterblichkeit anhand eines so genannten Hitzediagramms untersucht. Gegenüber dem Lexis-Diagramm sind hier die beiden Achsen vertauscht. Helle Bereiche geben eine Verbesserung der Sterblichkeit im Vergleich zum Vorjahr, dunkle Zellen eine Verschlechterung an.
108
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
Veränderung der Sterbewahrscheinlichkeit Männer Deutschland
2005 2000
1990 1985 1980 1975
Beobachtungsjahr
1995
1970 1965 1960 0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
55
60
65
70
75
80
85
90
95 100
Alter
Man erkennt in den Jahren von 1989 bis 1991 für die 18-43 Jährigen einen Periodeneffekt: die Sterbewahrscheinlichkeit dieser Altersgruppe hat sich erhöht. Möglicherweise hängt diese Beobachtung mit dem Mauerfall und der Einheit Deutschlands zusammen. In den Jahren 2002 bis 2006 gibt es fast ausnahmslos eine Sterblichkeitsverbesserung – auch dies ist ein Periodeneffekt. Für das Lebensalter 65 bis 71 ist in den Jahren 1960 bis 1969 eine Sterblichkeitsverschlechterung aufgetreten, welcher als temporärer Alterseffekt identifiziert werden kann. Für die um das Jahr 1920 geborenen Männer war zwischen 1960 und 1975 eine Verschlechterung der Sterblichkeit zu beobachten. Dies ist ein Kohorteneffekt. Weitere Beobachtungen lassen sich insbesondere durch eine feinere Farbskala erreichen.
Die Aufgabe der Trendanalyse ist es, Effekte der Sterblichkeitsveränderung zu identifizieren und in angemessener Weise in die Zukunft zu projizieren. Dabei spielt neben der Mathematik die Kenntnis der Umstände eine wesentliche Rolle. In Anlehnung an das Kalkül der unterjährigen Verzinsung betrachten wir eine jährliche Veränderungsrate Ot der Sterblichkeit qx ,t eines x-Jährigen im Kalenderjahr t im Vergleich zum Vorjahr,
Ot
qx,t qx ,t 1
1 ,
bei diskreter jährlicher Veränderung. Betrachten wir nun zeitproportionale unterjährige Sterblichkeitsveränderungen gemäß
3.6 Ergänzungen
109
§ O · qx ,t 1 ¨ 1 t ¸ n¹ ©
qx ,t
n
im Grenzwert immer feinerer Unterteilungen des Jahres, so erhalten wir n
§ O · qx ,t 1 lim ¨ 1 t ¸ . n¹ n of ©
qx ,t
n
Mit der Substitution x
Ot
folgt
§ 1· qx ,t 1 lim ¨ 1 ¸ x¹ nof ©
qx ,t
xOt
q x ,t 1 eOt
und somit
Ot
§ qx ,t · ln ¨ . ¨ qx,t 1 ¸¸ © ¹
Damit haben wir den Ansatz für eine stetige Sterblichkeitsveränderung motiviert. Durch diese theoretischen Vorüberlegungen wird deutlich, warum in der Praxis oft die logarithmische Änderungsrate betrachtet wird. Diese Festsetzung ist konsistent mit der Beobachtung, dass die Sterblichkeit mit zunehmendem Alter ebenfalls exponentiell ansteigt. Denn im Allgemeinen ist der Verlauf der logarithmischen Sterblichkeitswahrscheinlichkeit in einem großen Altersbereich annähernd linear. Das am weitesten verbreitete Verfahren zur Analyse der Sterblichkeitsveränderung beruht auf der Lee-Carter-Methode, die im Folgenden skizziert werden soll. Sie geht aus dem Ansatz ln qx ,t
a x bx kt H x,t
hervor. Dabei ist a x der natürliche Logarithmus der durchschnittlichen Sterbewahrscheinlichkeit im Alter x über alle n verfügbaren Beobachtungsjahre, die im Einzelnen mit t bezeichnet werden: ax
1 n ¦ ln qx,t , nt 1
bx der altersabhängige Intensitätsparameter, kt der Zeittrend und H x ,t ein normalverteilter Fehlerterm. Aus Normierungsgründen wird zusätzlich Z
¦ bx
x 0
n
1 und
¦ kt
0
t 1
gefordert. Der Intensitätsparameter und der Zeittrend können mit Hilfe der Singulärwertzerlegung berechnet werden, die als Verallgemeinerung der Hauptachsentransformation betrachtet werden kann. Es kann gezeigt werden, dass für die Matrix
110
3 Biometrische Rechnungsgrundlagen
A ln qx,t a x
welche Z 1 Zeilen und n Spalten hat, orthonormale Matrizen U und V sowie eine rechteckige Diagonalmatrix S existieren, sodass A USV T ist. Denn daraus folgt AT A (USV T )T USV T
VS T U T USV T
VS T SV T .
Demnach ist die Matrix AT A ähnlich zur quadratischen Diagonalmatrix S T S , deren Diagonalelemente die Eigenwerte von AT A sind. Die Matrix V T besteht dann spaltenweise aus den normierten Eigenvektoren der Matrix AT A . Völlig analog lässt sich die Matrix U durch AAT
USV T (USV T )T
US T V T V T S T U T
USS T U T
ermitteln. Die Matrix U T besteht somit spaltenweise aus den normierten Eigenvektoren der Matrix AAT . Die Werte für den Intensitätsparameter bx erhält man aus der ersten Spalte von U, also dem normierten Eigenvektor zum größten Eigenwert von AAT . Die Werte für den Zeittrend ergeben sich aus der ersten Zeile von V T dividiert durch das erste Element von S, also dem normierten Eigenvektor zum größten Eigenwert von AT A geteilt durch den größten Eigenwert von AT A . Für die Prognose der Sterblichkeit in die Zukunft wird der Zeittrend als so genannter Random Walk mit Drift modelliert. Dabei wird die Abtreibung im beobachteten Zeitraum
-
kn k1 n
als konstant angenommen. Die Zeitreihe kann somit linear extrapoliert werden. Dadurch erhält man folgenden Zeittrend für die Zukunft kn s
kn s- .
Folglich lautet die zukünftige Sterbewahrscheinlichkeit für das Alter x im Jahr n s : q x ,n s
exp a x bx kn s .
4 Beitragsberechnung Obwohl in der Lebensversicherung die Versicherungssumme gegeben ist und damit die Schadenhöhe im Allgemeinen bekannt sind, so ist doch der Zeitpunkt des Schadeneintritts ungewiss. Mors certa, hora incerta – der Tod [ist] gewiss, die Stunde [ist] ungewiss, wie schon ein altes lateinisches Sprichwort sagt. Durch den Lebensversicherungsvertrag wird nun ein Tauschgeschäft initiiert. Der Versicherer verpflichtet sich zur Zahlung einer Leistung, wenn sich die versicherte Gefahr realisiert. Im Gegenzug erbringt der Versicherte eine Gegenleistung. In der elementaren Finanzmathematik analysiert man Ströme von sicheren Zahlungen. In der Lebensversicherung hängen die zu betrachtenden Zahlungen vom Eintreten eines Ereignisses, meist dem Tod oder dem Erleben des Versicherten, ab. In diesem Sinne stellt die Lebensversicherungsmathematik eine Erweiterung des Kalküls der elementaren Finanzmathematik dar. Der Versicherungsbarwert ist der Barwert der Summe sämtlicher zukünftigen Versicherungsleistungen, gewichtet mit den zugehörigen Eintrittswahrscheinlichkeiten. Anstatt die Wahrscheinlichkeiten für den Zahlungseintritt zu analysieren, beschränkt man sich in der Lebensversicherungspraxis im Allgemeinen auf die Betrachtung von Erwartungswerten. Der gängige Ansatz zur Bewertung von unsicheren Zahlungsströmen besteht in der Berechnung des diskontierten Erwartungswerts der Zahlungen nach dem so genannten Erwartungswertprinzip. Die Grundregel der Lebensversicherungsmathematik ist das so genannte versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip, welches sich als Verallgemeinerung des finanzmathematischen Äquivalenzprinzips auffassen lässt. Es verlangt, dass der erwartete Barwert der Versicherungsleistungen gleich dem erwarteten Beitragsbarwert ist – unter Berücksichtigung der Rechnungsgrundlagen Zinssatz, Sterblichkeit und Kosten. Das Äquivalenzprinzip der Lebensversicherungsmathematik lautet: Erwarteter Versicherungsbarwert ist gleich erwarteter Beitragsbarwert.
Das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip bildet das Kernstück dieses Kapitels; es lässt sich wie folgt beschreiben. Das Versicherungsunternehmen leistet zu bestimmten diskreten Terminen gewisse vertraglich festgelegte Leistungen für den Fall, dass sich die versicherte Gefahr realisiert. Üblicherweise bestehen diese Zusagen aus Todesfallleistungen, Erlebensfallleistungen oder auch Rentenleistungen. Zusätzlich entstehen dem Versicherungsunternehmen gewisse Kosten, die im Voraus bei Vertragsabschluss genau spezifiziert werden. Der Versicherungsnehmer auf der anderen Seite leistet ein vertraglich vereinbartes Entgelt. Diejenige Geldsumme, die als Gegenleistung für den Versicherungsschutz einmalig oder periodisch gezahlt wird, nennt man Beitrag oder auch Prämie. Diese beiden Begriffe gelten
112
4 Beitragsberechnung
heutzutage als synonym; früher wurde bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit der Begriff Beitrag gebraucht, wohingegen Aktiengesellschaften das Wort Prämie benutzten. Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verwendet nach wie vor den Ausdruck Prämie. Die Versicherungsbeiträge sind somit das Entgelt, welches für den Versicherungsschutz gezahlt wird. Das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip verlangt, dass die zu erwartenden Barwerte der Leistung und Gegenleistung für den Versicherungsbestand identisch sind. Das Prinzip bedeutet nicht, dass in jedem Einzelfall die tatsächlichen Versicherungsleistungen den gezahlten Beiträgen entsprechen. Betrachten wir eine Todesfallversicherung für den Fall, dass der Versicherte stirbt. Dann hat das Versicherungsunternehmen für diesen Vertrag im Allgemeinen weniger Beiträge eingenommen als die vertraglich festgelegte Versicherungssumme, die an den Nutznießer ausgezahlt wird. Das Äquivalenzprinzip ist jedoch nicht verletzt, denn es gilt nicht für die Realisation des Risikos eines einzelnen Vertrages. Es ist deshalb wichtig zu erkennen, dass das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip nur für versicherte Kollektive unter der Annahme der rechnungsmäßigen Leistungen und Gegenleistungen angewendet wird. Im Voraus weiß man nicht, welcher Versicherte sterben wird. Demnach sind die Ergebnisse der Analyse des Kollektivs auf jeden einzelnen Versicherten anwendbar. Im Nachhinein stellt man fest, dass für kein einziges Risiko oder nur sehr wenige Risiken der tatsächliche Leistungsbarwert gleich dem tatsächlichen Gegenleistungsbarwert ist. Im Mittel gleicht sich jedoch alles aus. Aus der Sicht des Versicherten ist ein Versicherungsgeschäft somit ein Tauschgeschäft: Sichere Beitragszahlungen werden gegen unsichere Versicherungsleitungen getauscht. Die vertraglich zugesagten Versicherungsleistungen des Versicherungsunternehmens werden im Allgemeinen durch periodische Beiträge finanziert, die während der Vertragslaufzeit konstant bleiben oder sich nach einer vorgegebenen Dynamik verändern. Die Höhe der Versicherungsbeiträge wird im Voraus fest vereinbart. Nach Paragraph 163 Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gilt insbesondere: Der Versicherer ist zu einer Neufestsetzung der vereinbarten Prämie berechtigt, wenn 1.
sich der Leistungsbedarf nicht nur vorübergehend und nicht voraussehbar gegenüber den Rechnungsgrundlagen der vereinbarten Prämie geändert hat,
2.
die nach den berichtigten Rechnungsgrundlagen neu festgesetzte Prämie angemessen und erforderlich ist, um die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsleistung zu gewährleisten, und
3.
ein unabhängiger Treuhänder die Rechnungsgrundlagen und die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 überprüft und bestätigt hat.
Eine Neufestsetzung der Prämie ist insoweit ausgeschlossen, als die Versicherungsleistungen zum Zeitpunkt der Erst- oder Neukalkulation unzureichend kalkuliert waren und ein ordentlicher und gewissenhafter Aktuar dies insbesondere anhand der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren statistischen Kalkulationsgrundlagen hätte erkennen müssen.
4.1 Rechnungsgrundlagen
113
Da die Beiträge also in aller Regel während der Vertragslaufzeit nicht mehr geändert werden können, müssen die Rechnungsgrundlagen bei Vertragsbeginn äußerst vorsichtig gewählt sein, denn typischerweise hat ein Lebensversicherungsvertrag eine Dauer von 20, 30 oder auch noch viel mehr Jahren. Die bei der Kalkulation verwendeten Rechnungsgrundlagen nennt man die Rechnungsgrundlagen erster Ordnung. Jene enthalten gemäß dem Vorsichtsprinzip entsprechende Sicherheitszuschläge, die bereits im Zusammenhang mit der Sterbetafel ausführlich diskutiert worden sind. Die der Realität entsprechenden wirklichen Rechnungsgrundlagen hingegen nennt man die Rechnungsgrundlagen zweiter Ordnung. Die Differenz der Rechnungsgrundlagen erster und zweiter Ordnung spielt eine große Rolle für die Ermittlung der Gewinne und Verluste eines Versicherungsunternehmens. In diesem Kapitel werden wir die verschiedenen Leistungsbarwerte des Versicherungsunternehmens vorstellen und berechnen. Dann stellen wir den Barwert der Beitragszahlungen des Versicherten gegenüber. Sodann wird das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip angewendet, um die gesuchte Größe, meist den Beitrag oder die Versicherungssumme, zu berechnen. Bevor wir nun in medias res gehen, wollen wir die wichtigsten Modellvoraussetzungen der praktischen Lebensversicherungsmathematik noch einmal zusammenfassen. Wir fordern, dass x wir mit relativen Sterbehäufigkeiten anhand einer Sterbetafel rechnen, x das Alter der versicherten Person ganzzahlig sei, x die Sterbewahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres konstant sei, x der Rechnungszins über die gesamte Vertragslaufzeit konstant sei, x die Kostenzuschläge im Voraus festgelegt werden, x die Leistungen und Gegenleistungen an endlich vielen diskreten Terminen fällig seien, x verschiedene Leistungen zu einer Resultanten addiert werden x und das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip die Grundlage unserer Berechnungen sei.
4.1 Rechnungsgrundlagen Für die Beitragskalkulation bedarf es zunächst der Festlegung der Rechnungsgrößen. Man unterscheidet in der Lebensversicherung drei Typen von Rechnungsgrundlagen 1.
Zins
2.
Sterblichkeit
3.
Kosten
Im Folgenden werden wir diese zentralen Größen näher diskutieren.
114
4 Beitragsberechnung
4.1.1 Rechnungszins Gemäß unseren Modellvoraussetzungen wird der zu verwendende Zinssatz a priori deterministisch festgelegt. Dieser technische Zinssatz, auch Rechnungszins genannt, dient als Kalkulationsgrundlage zur Diskontierung zukünftiger Zahlungen. Es ist klar, dass ein hoher Zinssatz zukünftige Versicherungsleistungen stärker abzinst, und die notwendige Gegenleistung nach dem Äquivalenzprinzip somit senkt. Umgekehrt führt ein niedriger Zins zur Verteuerung der Versicherung. Wird ein zu hoher Zinssatz verwendet, droht dem Versicherungsunternehmen im Extremfall die Insolvenz, da höhere Leistungen versprochen werden, als eingehalten werden können. In diesem Sinne wird durch den Rechnungszins eine garantierte Minimalverzinsung festgelegt, insbesondere in Bezug auf Versicherungen mit Erlebensfallleistungen. Damit ist klar, dass die Wahl des Rechnungszinses nicht einzelnen Unternehmen überlassen werden darf, sondern gesetzlich geregelt werden muss, um die Verbraucher vor unlauteren Angeboten zu schützen. In Deutschland wird vom Bundesministerium für Finanzen in §65 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) der Höchstrechnungszins für die Deckungsrückstellung festgelegt. Auf den Begriff der Deckungsrückstellung werden wir im nächsten Kapitel ausführlich eingehen. (1) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Berechnung der Deckungsrückstellung unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung durch Rechtsverordnung, 1.
bei Versicherungsverträgen mit Zinsgarantie einen oder mehrere Höchstwerte für den Rechnungszins festzusetzen, ausgehend a) vom jeweiligen Zinssatz der Anleihen des Staates, auf dessen Währung der Vertrag lautet, wobei der jeweilige Höchstwert nicht mehr als 60 vom Hundert betragen darf; hiervon können Versicherungsverträge in Anteilseinheiten, gegen Einmalprämie bis zu einer Laufzeit von acht Jahren, Versicherungsverträge ohne Überschussbeteiligung sowie Rentenversicherungsverträge ohne Rückkaufswert ausgenommen oder für sie höhere Höchstwerte festgesetzt werden, oder b) vom Ertrag der zum betreffenden Zeitpunkt im Bestand des Lebensversicherungsunternehmens vorhandenen Aktiva sowie den erwarteten Erträgen künftiger Aktiva, wobei angemessene Sicherheitsabschläge vorzunehmen sind;
Als Bemessungsgrenze für den Rechnungszins dienen die Umlaufrenditen der öffentlichen Hand mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren. Aus den Daten der letzten zehn Jahre wird der Mittelwert gebildet. Der zulässige Höchstrechnungszins darf 60% des genannten Mittelwerts nicht überschreiten.
4.1 Rechnungsgrundlagen
115
In den genannten Ausnahmefällen wird 85% des arithmetischen Mittels der Umlaufrendite von festverzinslichen Wertpapieren mit einer entsprechenden Restlaufzeit festgelegt. Beispiel Das Bundesministerium für Finanzen beobachtet die Entwicklung der Umlaufrenditen und passt den Höchstrechnungszinssatz für Neugeschäft gegebenenfalls an. Die nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung der Umlaufrenditen der öffentlichen Hand mit einer Restlaufzeit von neun bis zehn Jahren anhand der festgestellten Monatsschlusskurse. Ferner ist der rollende Mittelwert der vergangenen zehn Jahre dargestellt. In Ergänzung wird der jeweils gültige Höchstrechnungszins angezeigt. Man erkennt, dass der Höchstrechnungszins gesenkt worden ist, sobald der rollende Durchschnitt den aktuellen Zinssatz erreicht hatte.
Umlaufrendite und Höchstrechnungszins 6,0%
Zinssatz
5,0% 4,0% 3,0% 2,0% 1,0% Jan 2008
Jan 2007
Jan 2006
Jan 2005
Jan 2004
Jan 2003
Jan 2002
Jan 2001
Jan 2000
Jan 1999
0,0%
Zeitraum Höchstrechnungszins
60% der Umlaufrenditen
Mittelwert
Die Festsetzung des Rechnungszinses erfolgt nicht automatisch, sondern durch eine gesetzliche Verordnung. In Paragraph 2 Absatz 1 der Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) wird der Wert des Höchstzinssatzes genau beziffert. (1) Bei Versicherungsverträgen mit Zinsgarantie, die auf Euro oder die nationale Währungseinheit eines an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmenden Mitgliedstaates lauten, wird der Höchstzinssatz für die Berechnung der Deckungsrückstellungen auf 2,25 vom Hundert festgesetzt. Jede Veränderung dieser Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates. In der Vergangenheit galten in Deutschland Höchstsätze zwischen 2,25% und 4%. Der maximal zulässige Zins für Vertragsabschlüsse seit dem 1. Januar 2007 beträgt 2,25 %. Die folgende Grafik zeigt den Höchstrechnungszins im Verlauf der Zeit.
116
4 Beitragsberechnung
Höchstrechnungszins im Verlauf der Zeit 4,50% 4,00% 3,50% Zinssatz
3,00% 2,50% 2,00% 1,50% 1,00% 0,50% 0,00% Jan 1903 Jan 1923 Jan 1942 Jan 1987 Jul 1994
Jul 2000
Jan 2004 Jan 2007
Dez 1922 Dez 1941 Dez 1986 Jun 1994 Jun 2000 Dez 2003 Dez 2006 Dez 2008 Zeitraum
Der so festgelegte Höchstrechnungszins für die Deckungsrückstellung ist auch für die in der Beitragskalkulation modellierten Leistungen und Gegenleistungen relevant. Als Folge der Deregulierung des deutschen Versicherungsgeschäfts gibt es seit 1994 keine aufsichtsrechtliche Vorgabe bezüglich eines Höchstrechnungszins für die Berechnung der Prämien. Die Versicherer sind nicht gehalten, den aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Höchstrechnungszinssatz für die Beitragsberechnung zu verwenden. Die Versicherungsunternehmen passen jedoch den Zinssatz der Prämienberechnung dem Höchstrechnungszins der Deckungsrückstellung an, um die Konsistenz des Kalküls insgesamt zu gewährleisten. Grundsätzlich dürfen zur Berechnung der Beiträge und Deckungsrückstellungen niedrigere Zinssätze als der Höchstrechnungszins verwendet werden. Dadurch würden sich allerdings die Versicherungsprämien erhöhen. Potentielle Folgen wären Wettbewerbsnachteile. Stillschweigend verwenden wir für unsere Berechnungen stets den Rechnungszins in Höhe von 2,25%.
4.1.2 Sterblichkeit Traditionell verwendet man in der praktischen Lebensversicherung deterministische Werte für die Sterblichkeit, die wir anhand des Konzepts der Sterbetafel bereits eingehend diskutiert haben. Wir rechnen im Folgenden mit den aktuellen deutschen Versichertensterbetafeln DAV2004RM/RF und DAV2008TM/TF. Dabei ist im Einzelfall zu entscheiden, welche der beiden Tafeln einen höheren Beitrag impliziert. Dementsprechend wird der Charakter der Lebensversicherung definiert: Eine Lebensversicherung hat Todesfallcharakter, wenn jede Erhöhung der Todesfallwahrscheinlichkeiten
4.1 Rechnungsgrundlagen
117
zumindest keine Verringerung des Beitrags zur Folge hat. Eine Lebensversicherung hat Erlebensfallcharakter, wenn die Anwendung jeder Sterbetafel mit niedrigeren Todesfallwahrscheinlichkeiten aus der Sicht des Versicherers vorsichtiger ist, also nicht zur Verringerung der Prämie führt. Daneben gibt es auch Versicherungen, die keinen eindeutigen Charakter haben. Man spricht dann von einem gemischten Charakter.
4.1.3 Kosten Durch den Abschluss von Versicherungsverträgen entstehen Kosten. Diese so genannten Abschluss- und Vertriebskosten werden nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern direkt bei der Tarifkalkulation berücksichtigt. In der Praxis werden die Kosten traditionell in drei Gruppen aufgeteilt: 1) Abschlusskosten, darunter fallen Aufwendungen für
Außendienst, Vermittler und Makler
Schulung des Vertriebs
direkte Werbung und Produktmarketing
Angebotserstellung
Antragsbearbeitung, Anlegen des Vertrages, Ausstellen des Versicherungsscheins, und so weiter
Ärztliche Untersuchungen zur Feststellung des Gesundheitszustands
2) Inkassokosten, das heißt, Transaktionskosten im Zusammenhang mit dem Geldverkehr. 3) Verwaltungskosten, darunter fallen direkte und indirekte Kosten für
Bestandverwaltung
Schadenregulierung
Vertragsänderungen
Personalkosten
Bürokosten
Im Prinzip sollte jedes Versicherungsunternehmen eine detaillierte interne Kostenanalyse durchführen. Dadurch wird es möglich, die Kosten entstehungsgerecht einzelnen Versicherungspolicen zuzuordnen. Allerdings stünde der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen. In der Praxis werden die Kosten im Allgemeinen pragmatisch berechnet oder geschätzt. Dabei wird Folgendes festgelegt: 1) Höhen der Kostensätze 2) Bezugsgrößen für die Kostensätze 3) Fälligkeitstermine der Kosten
118
4 Beitragsberechnung
Als Ergebnis dieser Kostenrechnung stehen Parameter zur Verfügung, die sich schön in das Kalkül der praktischen Lebensversicherungsmathematik nach dem deterministischen und diskontinuierlichen Modell einbinden lassen.
4.2 Kommutationswerte Im Folgenden geht es darum, das Konzept der finanzmathematischen Barwertberechnung auf die Versicherungsmathematik zu verallgemeinern. Im deterministischen Modell der praktischen Lebensversicherungsmathematik kümmern wir uns nicht um Wahrscheinlichkeiten. Stattdessen rechnen wir mit der Anzahl der Lebenden l x und der Toten d x , als ob sie nicht vom Zufall abhingen. Dazu ist es sinnvoll, die Sterbetafel um die so genannten Kommutationswerte, auch Kommutationszahlen gennant, zu erweitern. Aus der elementaren Finanzmathematik ist bekannt, dass zukünftige Zahlungen abgezinst werden, um Barwerte zu berechnen. Nach dem Kommutativgesetz der Multiplikation ist es gleichwertig, die einzelnen Beträge selbst oder aber die Anzahl derjenigen Individuen, die diese Leistungen empfangen oder zahlen, zu diskontieren. Es hat sich als elegant erwiesen, anstelle der Versicherungssummen und Beiträge die Lebenden und die Toten abzuzinsen. In diesem Sinne sind die Kommuationswerte Hilfsgrößen in der versicherungstechnischen Darstellung. Anstelle der fälligen Beträge werden die Lebenden und die Toten diskontiert, die diese Zahlungen erhalten beziehungsweise leisten.
Dx
lx v x Z x
Nx
¦ Dx k
Anzahl der diskontierten Lebenden im Alter x Summe der diskontierten Lebenden im Alter x bis Z
k 0
Zx
Sx
¦ N x k
doppelte Summe der diskontierten Lebenden
d x v x 1
Anzahl der diskontierten Toten im Alter x
k 0
Cx
Zx
Mx
¦ C x k
Summe der diskontierten Toten im Alter x bis Z
k 0
Z x
Rx
¦ M x k
doppelte Summe der diskontierten Toten
k 0
Man beachte, dass die Toten um eine Periode mehr abgezinst werden als die Lebenden. Der Hintergrund dieser Festlegung ist, dass man davon ausgeht, dass die Versicherungsleistungen
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen
119
für Todesfälle am Ende des Jahres stattfinden. Beitragszahlungen und Erlebensfallleistungen hingegen werden am Anfang des Jahres fällig. Folgende Beziehungen zwischen den Kommutationswerten sollten für 0 d x d Z festgehalten werden: Cx
d x v x 1
(l x l x 1 )v x 1
vl x v x l x 1v x 1
vDx Dx 1
sowie Zx
Mx
¦
Z x
C x k
k 0
¦ (vDxk Dxk 1 )
vN x N x 1
k 0
und analog Z x
Rx
¦
k 0
Z x
M x k
¦ (vN x k N xk 1 )
vS x S x 1 .
k 0
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen Unter gewissen Umständen mag der Versicherungsnehmer den Wunsch haben, einmalig zu Beginn des Vertrages die fällige Prämie zu zahlen. Am häufigsten trifft man diesen Zahlungswunsch bei der Sofortrente an. Der Versicherungsnehmer zahlt einmalig eine Prämie und erhält im Gegenzug vom Versicherer eine sofort beginnende Rente. Der Barwert der rechnungsmäßigen Versicherungsleistungen stellt die Leistung des Versicherers dar. Die Gegenleistung des Versicherten ist in diesem Fall die einmalig fällige Prämie. Setzt man den einmaligen Beitrag gleich dem Barwert der Versicherungsleistungen, so ist das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip erfüllt – und umgekehrt. Die so berechnete Prämie wird Nettoeinmalbeitrag genannt. Im Folgenden befassen wir uns mit den Barwertfaktoren verschiedener Verbleibeleistungen eines Versicherungsunternehmens. Dabei interessieren wir uns für Versicherungsleistungen, die im Erlebens- oder Überlebensfall erbracht werden. Die Versicherungssumme beträgt immer 1 €. Für den allgemeinen Fall ist der entsprechende Barwertfaktor mit der Versicherungssumme S zu multiplizieren. Im Gegensatz zu Zeitrenten spricht man in der Lebensversicherungsmathematik von Leibrenten, weil neben der Rechnungsgröße Zins zusätzlich Sterbewahrscheinlichkeiten berücksichtigt werden. Im Folgenden unterscheiden wir konsequent zwischen der Versicherungsleistung L und der Gegenleistung des Versicherungsnehmers GL. Dadurch wird die Anwendung des versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzips klar.
4.3.1 Einmalige Erlebensfallleistung Zur Verdeutlichung der mathematischen Vorgehensweise betrachten wir zunächst exemplarisch den Barwertfaktor n E x für die Versicherung eines x-Jährigen über die
120
4 Beitragsberechnung
Versicherungssumme 1 € im Erlebensfall nach n Jahren. Man benutzt dazu das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip und unterscheidet drei verschiedene Ansätze. Wahrscheinlichkeitsansatz
Die Wahrscheinlichkeit, dass das betrachtete Individuum n Jahre überlebt, ist n p x . Im Überlebensfall zahlt die Versicherung die Versicherungssumme in Höhe von 1 € aus. Den Barwert dieser Leistung erhält man durch Diskontieren über n Perioden. Im Gegenzug zahlt der Versicherte zu Versicherungsbeginn einmalig einen Beitrag in Höhe von n E x Euro an das Versicherungsunternehmen. Damit haben wir für die Leistung L und die Gegenleistung GL: L GL
n px
vn .
n Ex
Durch Gleichsetzen von Leistung und Gegenleistung erhalten wir mit dem Äquivalenzprinzip: n Ex
n n px v
lx n n v lx
l x n v x n lx v
x
Dx n . Dx
Dasselbe Ergebnis erhalten wir auch durch den Sterbetafelansatz. Sterbetafelansatz
Das Versicherungsunternehmen zahlt an alle Überlebenden l x n einer anfänglichen Personengesamtheit l x von x-Jährigen die Versicherungssumme in Höhe von 1 € aus. Als Gegenleistung zahlen die Lebenden l x des Alters x jeweils n E x Euro an das Versicherungsunternehmen. Dann setzen wir Leistung und Gegenleistung folgendermaßen fest: L GL
l x n v n n Ex
lx .
Nach Gleichsetzen dieser beiden Gleichungen haben wir n Ex
l x n v n lx
l x n v x n lx v
x
Dx n . Dx
Alternativ kann man den Barwertfaktor bestimmen.
n Ex
durch den versicherungstechnischen Ansatz
Versicherungstechnischer Ansatz
Dieser Ansatz ähnelt dem Sterbetafelansatz mit dem einzigen Unterschied, dass die verwendeten Kommutationswerte die Diskontierung bereits beinhalten:
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen
L
121
Dx n
GL n E x Dx .
Nach diesem Ansatz zahlen Dx diskontierte Lebende jeweils den Betrag n E x . Im Gegenzug erhalten Dx n diskontierte Lebenden den Betrag 1 € nach Ablauf von n Jahren. Das Äquivalenzprinzip liefert dann: Dx n . Dx
L GL n E x
Man erkennt, dass alle drei Ansätze zu demselben Ergebnis führen. In Analogie zur versicherungsmathematischen Betrachtung steht die finanzmathematische Barwertberechnung einer sicheren Zahlung der Höhe 1 € nach n Jahren: Kn
vn .
Beispiel Der Effekt der Sterblichkeit lässt sich anhand eines Beispiels mittels der Sterbetafel DAV2008TM verdeutlichen. Einerseits ist der versicherungsmathematische Barwert für einen sechzigjährigen Mann im Hinblick auf die Auszahlung der Versicherungssumme in Höhe von 100.000 € im Überlebensfall nach zwanzig Jahren: LV
S
20 E60
100.000
D80 D60
28.109,61 .
Andererseits ist der finanzmathematische Barwert der sicheren Zahlung von 100.000 € nach 20 Jahren Laufzeit: LF
S K20
Sv 20
100.000 1,022520
64.081,65 .
Der Barwert der sicheren Zahlung in Höhe von 100.000 €, die nach Ablauf von zwanzig Jahren für den ursprünglich 60-jährigen Mann beim Zinssatz von 2,25% fällig ist, beträgt 64.081,65 €. Wird dieselbe Versicherungssumme nur im Überlebensfall fällig, so ist der Barwert 28.109,61 €, also etwa 44% des finanzmathematischen Barwerts. Man kann unschwer feststellen, dass es für ein junges Eintrittsalter mit kurzer Versicherungslaufzeit kaum einen Unterschied gibt zwischen dem versicherungsmathematischen Barwert einerseits und dem finanzmathematischen Barwert andererseits. Für ein höheres Alter mit längerer Laufzeit ist die Differenz wesentlich.
Gemäß dem klassischen Kalkül der Lebensversicherungsmathematik werden wir im Folgenden vorwiegend den versicherungstechnischen Ansatz anwenden. Bei einfachen Rechnungen werden wir auf die explizite Aufstellung von Leistung und Gegenleistung verzichten. Dieser Zwischenschritt sei dem Leser gegebenenfalls zur Übung überlassen.
122
4 Beitragsberechnung
4.3.2 Sofort beginnende lebenslange vorschüssige Leibrente Wir betrachten nun Summen von Erlebensfallversicherungen. Eine Leibrente besteht aus einer Zahlungsreihe, die für jede einzelne Periode im Erlebensfall die vereinbarte Versicherungsleistung vorsieht. Wir betrachten zunächst eine gleich bleibende Rate, die vorschüssig fällig ist. Der Barwertfaktor der lebenslangen vorschüssigen Leibrente ax eines x-Jährigen in Höhe von jährlich 1 € ist die Summe aus den Barwerten der einmaligen Erlebensfallversicherungen bis zum höchstmöglichen Alter. Mit dieser Überlegung ist ax
Z x
Z x
Dx k Dx k 0
¦ k Ex ¦
k 0
Nx . Dx
In Analogie dazu steht die ewige vorschüssige Zeitrente: af
1 . 1 v
Um den Barwert einer beliebigen Leibrente zu erhalten, multipliziert man den Barwertfaktor mit der Versicherungssumme. Beispiel Anhand der Grundsterbetafel DAV2004RM betrachten wir die Barwerte einer lebenslangen, jährlichen, sofortigen Leibrente in Höhe von 10.000 € für das Eintrittsalter 20 und 60: Ra20
10.000
N 20 D20
354.540,61
Ra60
10.000
N 60 D60
231.214,89 .
Um eine lebenslange Leibrente von jährlich vorschüssig 10.000 € zu bekommen, muss ein sechzigjähriger Mann einmalig 231.214,89 € zahlen. Für eine ewige Rente in derselben Höhe muss derselbe Mann 454.444.44 € zahlen, also fast das Doppelte, wie man unschwer nachrechnen kann: Räf
10.000 1 1 1,0225
454.444,44 .
Man kann zeigen, dass die Differenz zwischen dem Barwert der lebenslangen Leibrente und dem Barwert der ewigen Zeitrente umso größer ist, je kleiner der Rechnungszins und je höher das Eintrittsalter ist. Es sei zusätzlich bemerkt, dass der finanzmathematische Barwertfaktor der unendlichen Rente für immer kleiner werdende Zinssätze gegen Unendlich strebt.
Beispiel Die Altersgrenze für die staatliche Altersrente für Frauen wurde per Gesetz von 60 Jahren auf 65 Jahre angehoben. Weibliche Versicherte, die mindestens 15 Jahre Versicherungszeit erfüllt und nach dem 40. Geburtstag noch mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge gezahlt haben, können weiterhin vorzeitig in den Ruhestand gehen, sofern sie es möchten. Diese Wahlmöglichkeit für Frauen gibt es nur
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen
123
noch für die Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1951. Die Altersrente für Frauen kann also unter gewissen Voraussetzungen vorzeitig ab dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen werden. Es stellt sich die Frage, ob es sich finanziell lohnt. Für jeden Monat des vorzeitigen Rentenbeginns muss nämlich lebenslang ein Abschlag von 0,3% der Altersrente akzeptiert werden. Ein ähnliches Modell ist auch für die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters für die gesamte Bevölkerung auf 67 Jahre ab 2012 vorgesehen. Anhand des Barwertvergleichs für eine in 1950 geborene Frau soll untersucht werden, welche Variante vorteilhafter ist. Anhand der DAV2004RF lässt sich der Barwert für eine Rente der Höhe 1 € für die 65-jährige Frau bei Rentenbeginn ermitteln. Wir verwenden hier als Ausgangspunkt die Grundtafel für 1965. Nach Empfehlung der DAV müssen wir aufgrund des Geburtsjahres eine Altersverschiebung um drei Jahre berücksichtigen: L1
a65 3
N 653 D65 3
21,36 .
Bei Renteneintritt mit 60 Jahren muss insgesamt ein Abschlag von 18% akzeptiert werden, der sich aus 60 Monaten zu je 0,3% zusammensetzt. Somit ergibt sich der Zeitwert dieser Variante zum gleichen Bewertungsstichtag wie oben: L2
(1 0,18) a603 (1 i )5
0,82
N 60 3 1,02255 D60 3
21,69 .
Der vorzeitige Ruhestand führt also zu einem höheren erwarteten Rentenbarwert am 65. Geburtstag. Es ergibt sich ein Vorteil in Höhe von etwa 1,53% dafür, vorzeitig in Ruhestand zu gehen.
4.3.3 Sofort beginnende lebenslange nachschüssige Leibrente Der Vollständigkeit halber möchten wir kurz auf die nachschüssige Rentenzahlungsweise eingehen. Der Barwertfaktor der lebenslangen nachschüssigen Leibrente a x eines x-Jährigen in Höhe von jährlich 1 € lässt sich analog berechnen. Er lässt sich ebenfalls als Summe von Barwertfaktoren einzelner Erlebensfallversicherungen darstellen. Man achte dabei auf die Summationsgrenzen: Sie verschieben sich um eine Periode. Es gilt Z x
ax
Zx
Dx k Dx k 1
¦ k Ex ¦
k 1
N x 1 . Dx
In Analogie dazu steht die ewige nachschüssige Zeitrente, die wir aus Finanzmathematik kennen: af
v . 1 v
Nachschüssige Rentenzahlungen spielen in der praktischen Lebensversicherung eine eher untergeordnete Rolle. Dieser Umstand liegt darin begründet, dass sowohl Versicherungsunternehmen als auch Privatpersonen die ihnen zustehende Geldbeträge lieber früher als später bekommen.
124
4 Beitragsberechnung
4.3.4 Unterjährige lebenslange Leibrente In vielen praktischen Anwendungen sind Zahlungen nicht jährlich sondern unterjährig, zum Beispiel monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich fällig. Es sei ä x( k ) der Barwertfaktor der lebenslangen vorschüssigen Leibrente eines x-Jährigen in Höhe von jährlich 1 €, die in k gleich hohen Raten pro Jahr zahlbar ist. Dann erfolgen die Auszahlungen in der Höhe k1 zu den Zeitpunkten x, x 1k , x k2 , " , x kk1 , x 1, x 1 k1 , x 1 k2 , " . Dann ist ä x( k )
äx
k 1 . 2k
Um den unterjährigen Leistungsbarwert zu berechnen, muss man zunächst einmal die unterjährige Sterblichkeit sowie die unterjährigen Verzinsungsmodalitäten festlegen. Der am weitesten verbreitete Modellansatz verwendet dazu die lineare Interpolation der Anzahl der diskontierten Lebenden. Man nimmt also an, dass die Toten gleichmäßig über das Jahr verteilt sind und außerdem unterjährig zeitproportionale Verzinsung anzuwenden ist. Denn dann erfolgt durch Aufstellen von Leistung und Gegenleistung gemäß dem versicherungstechnischen Ansatz, dass Zx
L
¦
l 0
GL
1 k 1 § k j j · Dx l Dx l 1 ¸ ¦ ¨ k j 0© k k ¹
ä x( k ) Dx
ist. Nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip folgt durch einige Umformungen ä x( k )
1 Dx 1 Dx 1 Dx
· 1 k j Z x 1 j Zx Dx l ¦ Dx l 1 ¸ ¦ ¸ k l 0 k k l 0 0© ¹
k 1 §
¦ ¨¨ k j
k 1
§k j
¦ ¨© j 0
k 1
§k j
¦ ¨© j 0
k
2
k
2
1 j · N x N x 1 ¸ k k ¹ Nx
· ( N x Dx ) ¸ k ¹ j
2
1 k 1 ( k 1)k 2 kN x 2 2 Dx k k k 1 . äx 2k
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen
125
Beispiel Die Altersgrenze für die staatliche Altersrente für Frauen wurde per Gesetz von 60 Jahren auf 65 Jahre angehoben. Weibliche Versicherte, die mindestens 15 Jahre Versicherungszeit erfüllt und nach dem 40. Geburtstag noch mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge gezahlt haben, können weiterhin vorzeitig in den Ruhestand gehen, sofern sie es möchten. Diese Wahlmöglichkeit für Frauen gibt es nur noch für die Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1951. Unter gewissen Voraussetzungen kann also eine Frau ihre Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen. Es stellt sich die Frage, ob es sich finanziell lohnt. Für jeden Monat des vorzeitigen Rentenbeginns muss nämlich lebenslang ein Abschlag von 0,3% der Altersrente akzeptiert werden. Ein ähnliches Modell ist auch für die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters für die gesamte Bevölkerung auf 67 Jahre ab 2012 vorgesehen. Anhand des Barwertvergleichs für eine in 1950 geborene Frau soll untersucht werden, welche Variante vorteilhafter ist. Anhand der DAV2004RF lässt sich der Barwert für eine Rente der Höhe 1 € für die 65-jährige Frau bei Rentenbeginn ermitteln. Wir verwenden hier als Ausgangspunkt die Grundtafel für 1965. Nach Empfehlung der DAV müssen wir aufgrund des Geburtsjahres eine Altersverschiebung um drei Jahre berücksichtigen: L1
a65 3
N 653 D65 3
21,36 .
Bei Renteneintritt mit 60 Jahren muss insgesamt ein Abschlag von 18% akzeptiert werden, der sich aus 60 Monaten zu je 0,3% zusammensetzt. Somit ergibt sich der Zeitwert dieser Variante zum gleichen Bewertungsstichtag wie oben: L2
(1 0,18) a603 (1 i )5
0,82
N 60 3 1,02255 D60 3
21,69 .
Der vorzeitige Ruhestand führt also zu einem höheren erwarteten Rentenbarwert am 65. Geburtstag. Es ergibt sich ein Vorteil in Höhe von etwa 1,53% dafür, vorzeitig in Ruhestand zu gehen.
Beispiel Eine Lottogesellschaft setzt als Hauptgewinn eine lebenslange monatliche Sofortrente in Höhe von 7.500 € aus. Daraus ergibt sich die interessante Fragestellung für die psychologische Marktforschung, wie Lottospieler die Sofortrente bewerten und einordnen. Was denken Sie selbst: Hätten Sie lieber 2.000.000 €, bar auf die Hand, oder eine lebenslange Sofortrente von monatlich 7.500 €? Wir berechnen den Barwert der unterjährigen Rente anhand der Grundsterbetafel DAV2004RM. Für Männer verschiedenen Alters finden wir: (12) Rä20
§N 11 · 12 7.500 ¨ 20 ¸ 3.359.589,85 D © 20 24 ¹
(12) Rä40
§N 11 · 12 7.500 ¨ 40 ¸ D © 40 24 ¹
2.874.453,55
(12) Rä60
§N 11 · 12 7.500 ¨ 60 ¸ © D60 24 ¹
2.175.662,93 .
Anhand der DAV2004RF gilt analog für Frauen:
126
4 Beitragsberechnung
(12) Rä20
§N 11 · 12 7.500 ¨ 20 ¸ 3.408.861,40 © D20 24 ¹
(12) Rä40
§N 11 · 12 7.500 ¨ 40 ¸ D © 40 24 ¹
2.928.551,80
(12) Rä60
§N 11 · 12 7.500 ¨ 60 ¸ D 24 60 © ¹
2.227.620,95 .
In allen Fällen ist es vorteilhafter, die monatliche Sofortrente zu wählen, da sämtliche Versicherungsbarwerte größer als zwei Millionen Euro sind.
4.3.5 Sofort beginnende temporäre vorschüssige Leibrente Wenn die Rentenzahlungen auf ein Höchstalter befristet sind, so spricht man von einer temporären Leibrente. Der Versicherungsbarwert lässt sich analog anhand von einzelnen Erlebensfallbarwerten berechnen. Er umfasst die ersten n Glieder der lebenslangen Leibrente. Der Barwertfaktor der temporären vorschüssigen Leibrente ax ,n eines x-Jährigen in Höhe von jährlich 1 € über eine Laufzeit von n Jahren ist deshalb gegeben durch n 1
¦ k Ex
ax ,n
k 0
n 1
D ¦ Dxx k k 0
1 Zx 1 Z x D ¦ x k Dx ¦ Dx k Dx k 0 k n
N x N x n . Dx
In Analogie dazu steht die temporäre vorschüssige Zeitrente: an
1 vn . 1 v
Beispiel Dieser Rentenbarwertfaktor findet seine Anwendung in der Ermittlung des Barwerts der Beitragszahlungen des Versicherten. Der jährliche Beitrag eines 37-jährigen Mannes bezüglich einer 12Jährigen Versicherung betrage 500 €. Dann ist der Rentenbarwert dieser Beitragszahlungen Bax ,n
500
N 37 N 49 D37
5.284,74 .
Man stellt fest, dass der Barwert der Beitragszahlungen unter der nominellen Summe der Beiträge in Höhe von 6.000 € liegt. Diese Tatsache ist dadurch bedingt, dass zukünftige Beiträge nur im Überlebensfall gezahlt werden müssen und außerdem abgezinst werden.
Für den Leser mag der Begriff des Rentenbarwerts in Bezug auf die Beitragszahlung irreführend erscheinen. Man denke daran, dass der Zahlungsstrom der Beiträge eine vorschüssige Rente für das Lebensversicherungsunternehmen darstellt.
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen
127
4.3.6 Unterjährige temporäre Leibrente Der Barwertfaktor der temporären vorschüssigen Leibrente ä ( k ) eines x-Jährigen in Höhe x ,n
von jährlich 1 €, die zahlbar ist in k gleich hohen Raten pro Jahr der Höhe
1 k
, ist gegeben
durch ä (k ) x ,n
ä x ( n E x 1)
k 1 . 2k
Zum Beweis dieser Behauptung machen wir in Analogie zur unterjährigen lebenslangen Leibrente den Ansatz n 1
L GL
1 k 1 § k j j · Dx l Dx l 1 ¸ ¨ k k k © ¹ l 0 j 0
¦ ¦
ä ( k ) Dx . x ,n
Mit dem Äquivalenzprinzip erhalten wir ä (k ) x ,n
· 1 k 1 § 1 k j n 1 1 j n 1 Dx l Dx l 1 ¸ ¨ ¨ ¸ Dx j 0 © k k l 0 kkl 0 ¹
¦
¦
¦
1 k 1 § k j 1 j · ( N x N x n ) ( N x 1 N x 1n ) ¸ ¨ 2 Dx j 0 © k kk ¹
¦
1 k 1 § k j j · ( N x N x n ) 2 ( N x Dx N x n D x n ) ¸ ¨ 2 Dx j 0 © k k ¹
¦
1 k 1 1 (k 1)m kN x ( Dx Dx n ) 2 Dx k Dx k 2 2 k 1 ä x ( n E x 1) . 2k
Unterjährige Renten sind weit verbreitet, jedoch bedient man sich in der Praxis eher eines pragmatischen Verfahrens, um ausgehend von jährlichen Raten unterjährige Zahlungshöhen festzusetzen. Für die Beitragszahlung berechnet man fast ausschließlich Barwerte mit Bezug auf jährliche Zahlungsweise. Werden stattdessen unterjährige Zahlungen vereinbart, so wird für diese Zahlungsweise auf pragmatische Art und Weise ein pauschaler Zuschlag festgelegt.
4.3.7 Aufgeschobene lebenslange vorschüssige Leibrente Wenn der Rentenbeginn in der Zukunft liegen soll, so spricht man von einem Aufschub. In der Summendarstellung der sofort beginnenden Leibrente lässt man dazu die ersten m Glieder weg. Der Barwertfaktor der um m Jahre aufgeschobenen lebenslangen vorschüssigen Leibrente m| ax eines x-Jährigen in Höhe von jährlich 1 € ist somit gegeben durch
128
4 Beitragsberechnung
x m| a
Zx
¦
Zx k Ex
k m
Dx k Dx k m
¦
Z ( x m )
¦
k 0
Dx m k Dx
N x m . Dx
Im Vergleich dazu steht die aufgeschobene ewige Zeitrente: f m| a
1 m v . 1 v
Beispiel Die Nettoeinmalprämie für eine lebenslange jährliche Rente in Höhe von 12.000 € , die ab dem erreichten Alter 65 zahlbar sein soll, lässt sich leicht anhand der DAV2004RM für einen zwanzigjährigen und einen sechzigjährigen Mann berechnen: R 45| a20
12.000
R 5| a60
12.000
N 65 D20
N 65 D60
86.098,68 220.374,06 .
An diesem Beispiel erkennt man deutlich, wie wichtig es ist, schon frühzeitig an die Altersvorsorge zu denken. Die Nettoeinmalkosten zur Finanzierung des Altersruhestands sind für einen sechzigjährigen etwa zweieinhalb Mal so hoch wie für einen zwanzigjährigen Mann.
4.3.8 Aufgeschobene temporäre vorschüssige Leibrente Der Barwertfaktor
x,n m| a
bezieht sich auf die um m Jahre aufgeschobene temporäre vor-
schüssige Leibrente eines x-Jährigen in Höhe von jährlich 1 € über eine Laufzeit von n Jahren. Die Rente wird also nur bei Erreichen des Alters x m, x m 1, x m 2, " , x m n 1 ausgezahlt. Ausgehend von der Summendarstellung für die sofort beginnende lebenslange Leibrente werden die ersten m Glieder weggelassen und nur die nachfolgenden n Glieder betrachtet. Der Barwertfaktor ist folglich gegeben durch n m 1
x ,n m| a
¦
n m 1 k Ex
k m
Dx k Dx k m
¦
n 1
Dx m k Dx k 0
¦
N x m N x mn . Dx
In Analogie dazu steht die aufgeschobene temporäre vorschüssige Zeitrente: n m| a
1 vn m v . 1 v
Beispiel Nehmen wir einen fünfundzwanzigjährigen Mann, der seine Versicherungsbeiträge in Form einer aufgeschobenen vorschüssigen temporären Leibrente an das Versicherungsunternehmen zahlen möchte. Die gesamte Vertragslaufzeit sei 30 Jahre; allerdings möchte der junge Mann erst nach
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen
129
Ablauf der ersten fünf Jahren damit anfangen, den Beitrag in Höhe von jährlich 500 € zu zahlen. Dann ist der Prämienbarwert dieser Rente für das Unternehmen anhand der DAV2008TM: B 5| a25,305
500
N 30 N 55 D25
8.516,17 .
Wenn in den ersten fünf Jahren Versicherungsrisiken gedeckt werden, kann eine derartige Regelung für die Beitragszahlung nicht zugelassen werden. Denn angenommen, der Versicherte würde nach Ablauf der Aufschubzeit kündigen, dann hätte er bis dahin Versicherungsschutz genossen, ohne dafür bezahlt zu haben.
4.3.9 Sofort beginnende lebenslange vorschüssige Leibrente mit Garantiezeit In der Lebensversicherung kann eine Leibrente mit einer Zeitrente kombiniert werden. In der Anfangszeit werden unabhängig vom vorzeitigen Ableben der versicherten Person Renten gezahlt, im Anschluss daran sind weitere Leistungen an das Erleben geknüpft. Der Barwertfaktor der lebenslangen vorschüssigen Leibrente g ax eines x-Jährigen in Höhe von jährlich 1 € mit einer garantierten Auszahlungsdauer von g Jahren setzt sich folglich additiv aus zwei Teilen zusammen. Da ist zum einen der finanzmathematische Barwertfaktor äg der garantierten Rente über die ersten g Jahre. Zum anderen haben wir den versicherungsmathematischen Barwertfaktor
g| äx
der um die Garantiezeit aufgeschobenen lebens-
langen Leibrente. Also gilt g
äx
1 v g N x g . Dx 1 v
äg g| äx
Beispiel Garantiezeiten sind in der privaten Rentenversicherung sehr beliebt; insbesondere, wenn die Rente gegen einen Einmalbeitrag verkauft wird. Für die Praxis bedeutet diese Vereinbarung, dass im Fall des Ablebens der versicherten Person die bezugsberechtigte Person die vertragliche Rente für den Rest der Garantiezeit ausbezahlt bekommt. Zum Vergleich berechnen wir anhand der DAV2004RM den Leistungsbarwert einer sofort beginnenden lebenslangen vorschüssigen Leibrente in Höhe von 6.000 € mit und ohne Garantiezeit von zehn Jahren für einen 65-Jähriger Mann: R g äx
6.000
1 )10 1 ( 1,0225 1 1 1,0225
6.000
N 75 D65
126.282,16
sowie Rä x
6.000
N 65 D65
125.149,79 .
Insgesamt ergibt sich also ein Aufschlag von etwa 0,9% für die Garantiezeit. Das Versprechen einer
130
4 Beitragsberechnung
Garantiezeit ist kostengünstig für das Unternehmen. Dieser Umstand ist sicher auch ein Grund dafür, weshalb Garantiezeiten so gerne in Zusammenhang mit Altersrenten angeboten werden. Anhand der Sterbetafel DAV2008TM ergibt sich ein ganz anderes Bild: R g äx
80.061,59
sowie 73.987,94 .
Rä x
Hier errechnet man einen Aufschlag von 10,8% bei deutlich niedrigeren Barwerten. Es bleibt anzumerken, dass die Versicherer für Rentenzwecke die Rentensterbetafel DAV2004R verwenden.
Beispiel Die nachfolgende Grafik zeigt den Aufschlag für die Garantiezeit bei einer sofort beginnenden lebenslangen Altersrentenversicherung für verschiedene Alter und verschiedene Garantiezeiten anhand der DAV2004RM.
Aufschlag für Garantiezeit 9% 8% 7% 6% 5% 4% 3% 2% 1% 0% 70 65
20 15 Garantiedauer
60 10
55
5
Alter
50
4.3.10 Aufgeschobene lebenslange vorschüssige Leibrente mit Garantiezeit Als nächste wichtige Anwendung möchten wir die garantierte Leibrente aus dem vorherigen Abschnitt mit einem Aufschub kombinieren. Dann ist die Garantiezeit an das Überleben der Aufschubzeit geknüpft. An die Aufschub- und Garantiezeit schließt sich die lebenslange Leibrente an.
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen
131
Der Barwertfaktor der um m Jahre aufgeschobenen lebenslangen vorschüssigen Leibrente g m| a x eines x-Jährigen in Höhe von jährlich 1 € mit einer garantierten Auszahlungsdauer von g Jahren ist folglich gegeben durch g m| ä x
1 v g Dx m N x g m . Dx Dx 1 v
äg m E x m g| äx
Man beachte, dass die Garantiezeit g nur dann greift, wenn der Versicherte das Rentenalter überhaupt erreicht. Die garantierte Rente ist deshalb an das Überleben über die ersten m Jahre geknüpft. Die anschließende lebenslange Leibrente ist um m + g Jahre verschoben. Beispiel Betrachten wir einen dreißigjährigen Mann, der für seinen Altersruhestand ab dem Alter 65 sparen möchte. Der Nettoeinmalbeitrag für eine lebenslange Rente von jährlich vorschüssig 6.000 € mit einer Garantiezeit von zehn Jahren ist anhand der DAV2004RM: B NE
Rmg |ä x
6.000
N 1 v10 D65 6.000 75 1 v D30 D30
54.589,53 .
Im Vergleich dazu ist der Barwert bei Verzicht auf die Garantie B NE
Rä x
6.000
N 65 D30
54.100,03 .
Die relative Differenz der beiden Barwerte beträgt wie im vorherigen Beispiel 0,9%, da das Erreichen des Rentenalters jeweils berücksichtigt wird. Alternativ kann man die Versicherungszusage betrachten, dass die garantierte Rente unabhängig vom Erreichen des Rentenalters auf jeden Fall D fällig wird. In diesem Fall wird der Faktor 65 durch v 35 . Man berechnet D30
B NE
R äg v m m g | äx
6.000
N 1 v10 35 v 6.000 75 1 v D30
56.041,17 .
Der Aufschlag für diese Form der Garantie beträgt 3,6%.
4.3.11 Arithmetisch steigende lebenslange vorschüssige Leibrente Anstelle einer gleich bleibenden Rentenhöhe können in einer Lebensversicherung auch unterschiedliche Zahlungen geleistet werden. Wir wollen im Folgenden auf zwei Spezialfälle eingehen. Die Rente mit den Zahlungen R, 2 R, 3R, " nennt man arithmetisch steigende Rente. Auch für diese Rente berechnen wir den Barwertfaktor für R 1 . Der Barwertfaktor der arithmetisch steigenden Risikolebensversicherung ( Iä ) x eines xJährigen in Höhe von anfänglich 1 €, die mit jedem Jahr um 1 € steigt, setzt sich aus Erlebensfallversicherungen zusammen, die jährlich entsprechend steigen. Es gilt also
132
4 Beitragsberechnung Z x
Z x
k 0
k 0
¦ (k 1)k E xk ¦ (k 1)
( Iä ) x
Dx k Dx
1 ( Dx 2 Dx 1 3Dx 2 " (Z x 1) DZ ) . Dx
Ordnen wir diese Terme untereinander wie folgt an: ( Iä ) x
1 ( Dx Dx 1 Dx 2 " DZ Dx Dx 1 Dx 2 " DZ Dx 2 " DZ " DZ )
so erkennen wir, dass ( Iä ) x
Z x N x k 1 ( N x N x 1 " N x Z ) Dx Dx k 0
Sx Dx
¦
ist. In eleganterer Schreibweise lautet diese Rechnung Zx
( Iä ) x
¦ (k 1)k E x
k 0
Zx Zx D x j
¦¦
k 0 j k
Dx
Z x
¦ (k 1)
k 0
Zx
¦
k 0
N xk Dx
Dx k Dx
Zx k
Dx k Dx 0
¦¦
k 0 j
Sx . Dx
Durch den Rentenbarwertfaktor ( Iä ) x erhält der Kommutationswert höherer Ordnung S x seine Existenzberechtigung. Er findet Anwendung, wenn die Versicherungssumme im Verlauf der Vertragslaufzeit linear steigt oder fällt. Beispiel Wir wollen den Barwert einer lebenslangen Rente von anfänglich 10.000 €, die jährlich um 500 € steigt, für eine siebzigjährige Frau anhand der Sterbetafel DAV2004RF berechnen. Dann setzt sich der gesuchte Leistungsbarwert aus zwei Teilen zusammen: einer konstanten Rente in Höhe von 9.500 € sowie einer Rente von anfänglich 500 €, die in jedem Jahr um 500 € steigt. Der Leistungsbarwert ist demnach L
9.500ä x 500( Iä ) x
9.500
N 70 S 500 70 D70 D70
203.816,64 141.938,11 345.754,75 .
Man erkennt, dass die Rentensteigerung einen wesentlichen Anteil, nämlich 41%, vom gesamten Leistungsbarwert ausmacht.
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen
133
4.3.12 Sich geometrisch verändernde lebenslange vorschüssige Leibrente Die Rente mit den Zahlungen R, (1 p ) R, (1 p )2 R, " nennt man sich geometrisch verändernde Rente. Meistens ist p ! 0 , sodass wir von einer geometrischen Steigerung sprechen. Der Barwertfaktor der lebenslangen vorschüssigen Leibrente % ( Iä ) x eines x-Jährigen in Höhe von jährlich 1 €, die sich in jedem Jahr um p ändert, lässt sich anhand der Summe von Erlebensfallversicherungen darstellen, die geometrisch wachsen. Dabei zeigt es sich, dass die Steigerungsrate p mit dem Zinssatz i verrechnet werden kann. Es gilt %
Zx
Zx
k 0
k 0
¦ (1 p)k k E x ¦ (1 p)k
( Iä ) x
Zx
l ¦ xlx k k 0
i p 1 p
Mit der Substitution i : %
§1 p · ¨ ¸ © 1 i ¹
Z x
¦ (1 p)k
k 0 k
§ · lxk ¨ 1 ¦ lx ¨ 1i p p ¸¸ k 0 © 1 p ¹
Z x
l x k k v lx
§ · l x k ¨ 1 ¸ ¦ l ¨ i p ¸ k 0 x © 1 1 p ¹
Zx
k
.
folgt:
Z x
Zx D
k
k 0
l x k 1 k ( ) l 1 i 0 x
¦
( Iä ) x
k
Dx k Dx
¦
x k
D x
Man erkennt, dass sich der Barwertfaktor
N x . D x
%
( Iä ) x ganz analog zu ä x berechnen lässt. Der
einzige Unterschied besteht in dem zu verwendenden Zinssatz i :
i p 1 p
. Die prozentuale
Steigerung der Versicherungsleistung lässt sich somit durch einen geänderten Zinssatz darstellen. Für die praktische Umsetzung ist es zweckmäßig, eine neue Sterbetafel mit entsprechend verändertem Zinssatz zu erzeugen. Beispiel Für eine lebenslange Rente in Höhe von 10.000 €, die jährlich um 2% steigt, im Bezug auf einen sechzigjährigen Mann ist zunächst der neue Rechnungszins i
0,02250,02 1,02
0,002451 .
Daraus folgt für den Barwert anhand der Sterbetafel DAV2004RM R % ( Iä ) x
10.000
N 60 D 60
319.242,12 .
Im Vergleich dazu ist der Barwert der konstanten Rente Rä x
10.000
N 60 D60
231.214,89 .
Man erkennt, dass die scheinbar kleine Dynamisierung der Rentenhöhe eine starke Erhöhung des Rentenbarwerts verursacht.
134
4 Beitragsberechnung
4.3.13 Zusammenfassung Der Übersichtlichkeit halber fassen wir die vorgestellten Leibrentenbarwertfaktoren in Tabellenform zusammen: Symbol
Formel
n Ex
Dx n Dx
Lebenslange vorschüssige Leibrente
ax
Nx Dx
Lebenslange nachschüssige Leibrente
ax
N x 1 Dx
Unterjährige lebenslange Leibrente
ä x( k )
Nx k 1 2k Dx
Temporäre Leibrente
ax ,n
N x N x n Dx
Unterjährige temporäre Leibrente
ä (k )
· k 1 N x N x n § Dx n ¨ 1¸ Dx D © x ¹ 2k
x m| a
N x m Dx
x ,n m| a
N x m N x m n Dx
Versicherungstyp
Erlebensfallleistung
x ,n
Aufgeschobene lebenslange Leibrente Aufgeschobene temporäre Leibrente Lebenslange Leibrente mit Garantiezeit
g
Aufgeschobene lebenslange Leibrente mit Garantiezeit
g m| ä x
1 v g Dx m N x g m 1 v Dx Dx
Arithmetisch steigende lebenslange Leibrente
( Iä ) x
Sx Dx
Sich geometrisch verändernde lebenslange Leibrente
%
äx
( Iä ) x
1 v g N x g 1 v Dx
N x i p mit i : D x 1 p
Selbstverständlich gibt es weitere, hier nicht dargestellte, Barwertfaktoren für Verbleibeleistungen, die für die Praxis relevant sind.
4.3 Barwerte von Verbleibeleistungen
135
4.3.14 Nomenklatur Ein versicherungsmathematisches Symbol besteht, wie wir gesehen haben, in der Regel aus mehreren Komponenten. Das Zeichen wird dabei von unten nach oben und links nach rechts gelesen. Diese international einheitliche versicherungsmathematische Bezeichnungsweise reicht zurück bis in die zweite Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Der Barwertfaktor einer vorschüssigen Leibrente der Höhe 1 €, die zunächst m Jahre aufgeschoben ist, dann für g Jahre garantiert ist, für einen anfänglich x Jahre alten Mann mit einer Laufzeit von n Jahren und einer Auszahlung in k gleich hohen Teilbeträgen pro Jahr lautet:
g Jahre Garantie
k Zahlungen pro Jahr vorschüssige Rente
g (k ) m | ä x ,n
m Jahre Aufschub
für einen x-jährigen Mann
n Jahre lang
Man erkennt folgende Anordnung: x
in der Mitte steht das Grundsymbol der betrachteten Größe
x
links unten steht die Aufschubzeit mit einem senkrechten Strich
x
links oben steht die Garantiezeit
x
rechts oben steht in Klammern die Anzahl der Auszahlungen pro Jahr
x
rechts unten steht zunächst das Eintrittsalter (x für einen Mann, y für eine Frau)
x
daneben steht, durch ein Komma getrennt, die Laufzeit unter einem Winkel
Auch hier gilt jedoch, wie so oft im Leben, dass Ausnahmen die Regel bestätigen.
136
4 Beitragsberechnung
4.4 Barwerte von Ausscheideleistungen Im Folgenden befassen wir uns mit den Barwertfaktoren verschiedener Ausscheideleistungen eines Lebensversicherers. Dabei interessieren wir uns für Leistungen, die im Todesfall erbracht werden.
4.4.1 Lebenslange Todesfallversicherung Zunächst betrachten wir exemplarisch den Barwertfaktor Ax für die Versicherung eines xJährigen über die Auszahlung der Versicherungssumme in Höhe von 1 € im Todesfall. Die Versicherungsdauer ist lebenslänglich. Es kommt garantiert zur Auszahlung der Versicherungssumme, da jeder Mensch irgendwann stirbt. Man wendet das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip an und unterscheidet wiederum drei verschiedene Ansätze. Wahrscheinlichkeitsansatz
Die Wahrscheinlichkeit, dass die versicherte Person k Jahre überlebt und im anschließenden Jahr stirbt, ist k p x qx k . Im Todessfall zahlt die Versicherung am Ende des Todesfalljahres die Versicherungssumme in Höhe von 1 € aus. Diese Auszahlung wird deshalb über k 1 Perioden abgezinst. Für die lebenslange Todesfallversicherung summieren wir über alle Jahre k, bis das Höchstalter erreicht ist. Der Leistungsbarwert ist dann Zx
L
¦ k px qxk v k 1
.
k 0
Im Gegenzug zahlt der Versicherte zu Versicherungsbeginn einen Beitrag in Höhe von Ax an das Versicherungsunternehmen. Somit lautet die Gegenleistung: GL
Ax .
Das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip liefert mittels L GL : Z x
Ax
Zx
l x k q x k v k 1 l 0 x
¦ k px qxk v k 1 ¦
k 0
k
Zx
¦
k 0
d x k v x k 1 lxv
x
Z x
C x k Dx 0
¦
k
Mx . Dx
Sterbetafelansatz
Das Versicherungsunternehmen zahlt an alle Bezugsberechtigten der Toten d x k im k-ten Jahr nach Versicherungsbeginn einer anfänglichen Personengesamtheit l x von x-Jährigen die Versicherungssumme in Höhe von 1 € aus. Den Barwert dieser Leistung erhält man durch Diskontieren über k 1 Perioden und Summation über alle Jahre k. Als Gegenleistung zahlen die Lebenden l x des Alters x jeweils Ax Euro an das Versicherungsunternehmen. Dann gilt zunächst
4.4 Barwerte von Ausscheideleistungen
137
Zx
L
¦ d xk v k 1
k 0
Ax l x .
GL
Nach dem Äquivalenzprinzip folgt Z x
¦
d x k v k 1
k 0
Ax
Z x
¦
d x k v x k 1
k 0
lx
lx v
x
Z x
¦ C x k
k 0
Dx
Mx . Dx
Versicherungstechnischer Ansatz
Auch hier ähnelt der versicherungstechnische Ansatz dem Sterbetafelansatz. Der einzige Unterschied ist, dass die verwendeten Kommutationswerte die Diskontierung bereits beinhalten. Leistung und Gegenleistung sind somit Zx
L
¦ Cx k
k 0
GL
Ax Dx .
Es folgt direkt Z x
¦ C x k
Ax
k 0
Dx
Mx . Dx
Man erkennt, dass alle drei Ansätze zu demselben Ergebnis führen. Auch in diesem Zusammenhang lässt sich der Leistungsbarwertfaktor Ax als Nettoeinmalbeitrag für die lebenslange Todesfallversicherung interpretieren. Die lebenslange Todesfallversicherung setzt sich aus einjährigen Todesfallversicherungen zusammen. Der Barwertfaktor Ax ergibt sich demnach als Summe von Barwertfaktoren einjähriger Todesfallversicherungen, die aufeinander folgen. Diese um k Jahre aufgeschobenen einjährigen Todesfallversicherungsbarwerte
k |1 Ax
haben in
erster Linie theoretische Bedeutung für die Berechnungen der sonstigen Todesfallbarwertfaktoren. Es ist k |1 Ax
C x k . Dx
Im versicherungstechnischen Ansatz folgt somit Z x
Ax
¦
k 0
Z x k |1 Ax
C x k Dx k 0
¦
Mx Dx
138
4 Beitragsberechnung
Den Versicherungsbarwert einer allgemeinen lebenslangen Todesfallversicherung erhält man durch Multiplikation des Barwertfaktors Ax mit der Versicherungssumme S.
Beispiel Der Nettoeinmalbetrag für eine lebenslange Todesfallversicherung der Höhe 100.000 € für einen dreißigjährigen Mann ist nach der DAV2008TM: B NE
SAx
S
Mx Dx
100.000
M 30 D30
36.938,17 .
Da nach heutiger Erkenntnis auch dieser Mann irgendwann das Zeitliche segnen wird, bekommt der Bezugsberechtigte auf jeden Fall 100.000 € ausbezahlt. Der Nettoeinmalbeitrag beträgt hingegen mit 36.938,179 € vergleichsweise wenig, da der erwartete Todesfallzeitpunkt weit in der Zukunft liegt. Das Versicherungsunternehmen kann in der Zwischenzeit Zinsen auf den eingezahlten Beitrag erwirtschaften. Mit Hilfe des finanzmathematischen Äquivalenzprinzips lässt sich die Anlagedauer berechnen, für die der Nettoeinmalbeitrag und die Versicherungssumme äquivalent sind. Aus dem Ansatz B NE (1 i )n
S
folgt n
ln
S B NE
100.000 ln 36.938,17
ln(1 i )
ln(1,0225)
44,8 .
Zum Vergleich dazu beträgt die restliche mittlere Lebenserwartung für den dreißigjährigen Mann e0x
1 1 2 lx
Zx
¦ lx k
45,8 .
k 1
4.4.2 Formale Zusammenhänge Der Versicherungsbarwert einer lebenslangen Todesfallversicherung lässt sich auf die Summe von einjährigen aufgeschobenen Todesfallversicherungen zurückführen. Dadurch lassen sich verschiedene rekursive Gleichungen finden und interpretieren. Zunächst haben wir nach dem wahrscheinlichkeitstheoretischen Ansatz Z x
Ax
¦ k px qxk v k 1
vqx
k 0
Z x
¦ k px qxk v k 1
.
k 1
Durch Indexverschiebung erhalten wir Ax
vq x
Z x 1
¦
k 0
und folglich
k 1 p x
qx k 1 v k 2
vqx
Z ( x 1)
¦
k 0
p x k p( x 1) q( x 1) k v k 1 v
4.4 Barwerte von Ausscheideleistungen
Ax
vqx vp x
Z ( x 1)
¦
139
k p( x 1) q( x 1) k
v k 1
vqx vp x Ax 1 .
k 0
Der Nettoeinmalbeitrag einer lebenslangen Todesfallversicherung in Höhe von 1 € für einen x-Jährigen ist die diskontierte Todesfallwahrscheinlichkeit zuzüglich des diskontierten Nettoeinmalbeitrages einer lebenslangen Todesfallversicherung für einen (x + 1)-Jährigen im Überlebensfall. 1 qx erhält man
Mit p x
Ax
vq x vp x Ax 1
vqx v (1 qx ) Ax 1
vAx 1 vqx (1 Ax 1 ) .
Der Nettoeinmalbeitrag einer lebenslangen Todesfallversicherung in Höhe von 1 € für einen x-Jährigen ist der diskontierte Nettoeinmalbeitrag eines (x + 1)-Jährigen zuzüglich der abgezinsten Leistung einer gewissen einjährigen Todesfallversicherung für den x-Jährigen. Weiterhin kann man folgende Beziehung herleiten: i Ax 1 1 i
dAx 1
1 i 1 Ax 1 1 i
1 · §1 i ¨ ¸ Ax 1 ©1 i 1 i ¹
(1 v ) Ax 1
und mit vAx 1
Ax vqx (1 Ax 1 )
gemäß obiger Formel folgt dAx 1
( Ax 1 Ax ) vqx (1 Ax 1 ) .
Die Zinsen auf den abgezinsten Nettoeinmalbeitrag, dAx 1 , einer lebenslangen Todesfallversicherung für einen (x+1)-Jährigen haben einen doppelten Effekt: Sie verursachen die Veränderung der Nettoeinmalbeiträge und finanzieren eine gewisse einjährige Todesfallversicherung für den x-Jährigen. Des Weiteren gibt es noch eine interessante Anmerkung: Zwischen dem Barwertfaktor der lebenslangen Todesfallversicherung Ax und dem Barwertfaktor ä x der vorschüssigen ewigen Leibrente besteht folgender Zusammenhang: Ax
1 ( v 1)ä x ,
wie man mit Hilfe der Kommutationswerte nachrechnet. Denn es gilt Mx
vN x N x 1
vN x ( N x Dx )
Dx ( v 1) N x ,
und daraus folgt Ax
Mx Dx
Dx ( v 1) N x Dx
1 ( v 1)
Nx Dx
1 (v 1)ä x .
4.4.3 Aufgeschobene lebenslange Todesfallversicherung In Analogie zu den Erlebensfallbarwerten werden wir uns im Folgenden auf den versicherungstechnischen Ansatz beschränken. Ähnlich wie für die Leibrentenversicherung, so wird
140
4 Beitragsberechnung
gelegentlich auch für Todesfallversicherungen eine Aufschubzeit vereinbart. Die Initiative geht dabei meistens vom Versicherer aus. Wenn Selbstmordgefahr besteht, so wird mitunter vereinbart, dass die Versicherungssumme nur bei Tod nach Ablauf einer gewissen Wartezeit, auch Karenzzeit genannt, ausgezahlt wird. Der Barwertfaktor der um m Jahre aufgeschobenen lebenslangen Todesfallversicherung
m| Ax
eines x-Jährigen über die Versicherungssumme 1 € ist demnach gegeben durch Zx m| Ax
Z x
C x k Dx k m
Cx mk Dx k 0
¦
¦
M x m . Dx
Gegenüber der sofort beginnenden lebenslangen Todesfallversicherung sind die ersten m einjährigen Todesfallversicherungsbarwerte in der Summendarstellung weggefallen. Beispiel: Ein 30-jähriger Mann möchte eine lebenslange Todesfallversicherung über 100.000 € abschließen. Aufgrund akuter Selbstmordgefahr wird eine Wartezeit von 2 Jahren vereinbart. Dann ist der Nettoeinmalbeitrag B NE
Sm| Ax
100.000
M 32 D30
36.791, 22 .
Durch die Karenzzeit hat sich der Beitrag um 146,95 € gegenüber der regulären Todesfallversicherung reduziert.
4.4.4 Risikolebensversicherung Die Risikolebensversicherung ist eine temporäre Todesfallversicherung. Im Vergleich zur lebenslangen Todesfallversicherung endet der Versicherungsschutz mit Ablauf der Vertragslaufzeit. Die Versicherungssumme wird nur dann ausgezahlt, wenn der Versicherte während der Versicherungsdauer stirbt. Der Barwertfaktor der Risikolebensversicherung n Ax eines xJährigen in Bezug auf Tod in den nächsten n Jahren über die Versicherungssumme 1 € ist demnach gegeben durch die Summe von n einjährigen Todesfallversicherungen: n 1 n Ax
n 1
C x k Dx k 0
¦ k|1 Ax ¦
k 0
Zx
C x k Z x C x n k ¦ Dx Dx k 0 k n
¦
M x M x n . Dx
Dabei betrachten wir nach dem versicherungstechnischen Ansatz die Summe der einjährigen Todesfallversicherungen über die Vertragslaufzeit. Speziell für n = 1 hat man 1 Ax
M x M x 1 Dx
Cx . Dx
4.4 Barwerte von Ausscheideleistungen
141
Es gilt analog zur lebenslangen Todesfallversicherung folgender Zusammenhang mit dem Barwertfaktor der temporären Leibrente: n Ax
1 ( v 1)ä x ,n ,
wie der interessierte Leser eigenständig nachvollziehen möge. Beispiel: Der Nettoeinmalbeitrag bezüglich einer zwanzigjährigen Risikolebensversicherung über 100.000 € für eine fünfundzwanzigjährige Frau beträgt nach der DAV2008TF: B NE
Sn Ax
100.000
M 25 M 45 D25
886,09 .
Um im Falle des Ablebens eine Todesfallleistung in Höhe von 100.000 € zu erhalten, ist zu Vertragsbeginn einmalig ein Nettobeitrag in Höhe von 886,09 € fällig.
4.4.5 Aufgeschobene Risikolebensversicherung Der Barwertfaktor der Risikolebensversicherung
m|n Ax
eines x-Jährigen in Höhe von 1 € in
Bezug auf Tod nach frühestens m Jahren und spätestens m + n Jahren ist gegeben durch m n 1 m|n Ax
¦
k m
m n 1 k |1 Ax
C ¦ Dxxk k m
Z x
n 1
C x mk Dx k 0
¦
C x mk Z x C x mn k ¦ Dx ¦ Dx k 0 k n
M x m M x mn . Dx
Die Schwierigkeit der Berechnung dieses Barwertfaktors beruht auf der korrekten Summation. Die Versicherungsdauer beginnt nach einer Aufschubzeit von m Jahren und endet nach weiteren n Jahren. Diese Festlegungen definieren die Grenzen der obigen Summe. Beispiel Ein vierzigjähriger Mann kann schon absehen, dass er in fünf Jahren für eine Laufzeit von dann zwanzig Jahren eine Risikolebensversicherung in Höhe von 200.000 € benötigen wird. Da er sich gegenwärtig guter Gesundheit erfreut und dadurch Risikozuschläge seitens der Versicherungsgesellschaft vermeiden kann, schließt er frühzeitig eine aufgeschobene Versicherung gegen Einmalbeitrag ab. Der Nettoeinmalbeitrag anhand der DAV2008TM ist folglich B NE
Sm|n Ax
200.000
M 45 M 65 D40
17.906,73 .
Für die vier bisher behandelten Todesfallbarwertfaktoren erkennen wir die folgende Identität:
142
4 Beitragsberechnung
Ax
m Ax
m|n Ax m n| Ax .
Der Barwert der lebenslangen Todesfallversicherung setzt sich zusammen aus dem Barwert der zunächst über m Jahre laufenden Risikolebensversicherung, der um m Jahre aufgeschobenen Risikolebensversicherung mit einer Laufzeit von n Jahren sowie einer um n m Jahre aufgeschobenen lebenslangen Todesfallversicherung. Zusammengesetzte Lebensversicherungen lassen sich oft auf verschiedene Art und Weise darstellen, wie das folgende Beispiel illustriert. Beispiel Ein dreißigjähriger Mann schließt eine lebenslange Todesfallversicherung ab. Die Versicherungssumme soll in den ersten zehn Jahren 200.000 €, danach 100.000 € betragen. Die Versicherungsleistung lässt sich auf verschiedene Weise interpretieren. In der ersten Darstellung setzt sich die Leistung aus einer temporären Risikolebensversicherung und einer aufgeschobenen lebenslangen Todesfallversicherung zusammen: L
2 S 10 Ax S 10| Ax
200.000
M 30 M 40 M 100.000 40 D30 D30
100.000
2 M 30 M 40 . D30
In einem alternativen Modellierungsansatz ist der Leistungsbarwert gleich einer lebenslangen Todesfallversicherung zuzüglich einer temporären Risikolebensversicherung. Bei dieser Konstruktion wird im Todesfall in jedem Fall 100.000 € geleistet. Sollte der Tod in den ersten zehn Jahren erfolgen, werden zusätzlich weitere 100.000 € ausgezahlt. Der Leistungsbarwert ist demnach: L
S Ax S 10 Ax
100.000
M 30 M M 40 100.000 30 D30 D30
100.000
2 M 30 M 40 . D30
Schließlich kann man sagen, dass der Versicherungsbarwert gleich einer lebenslangen Todesfallversicherung abzüglich einer aufgeschobenen lebenslangen Todesfallversicherung ist. Die Todesfallleistung ist generell 200.000 €, bei Tod nach Ablauf der ersten zehn Jahre werden davon 100.000 € abgezogen. Durch diesen Ansatz lautet der Versicherungsbarwert: L
2 S Ax S 10| Ax
200.000
M 30 M 100.000 40 D30 D30
100.000
2 M 30 M 40 . D30
Der Nettoeinmalbeitrag anhand der DAV2008TM ist folglich durch verschiedene Ansätze berechenbar; er beträgt 37.734,04 €.
4.4.6 Arithmetisch steigende lebenslange Todesfallversicherung Anstelle gleich bleibender Versicherungssummen können auch Leistungsversprechen vorkommen, die sich während der Vertragslaufzeit ändern. Wir wollen uns im Folgenden den häufigsten Formen veränderlicher Versicherungssummen widmen. Zunächst betrachten wir sich arithmetisch verändernde Leistungszusagen. Der Barwertfaktor der arithmetisch steigenden lebenslangen Todesfallversicherung ( IA) x eines x-Jährigen über die Versicherungssumme von anfänglich 1 €, die mit jedem Jahr um 1 € steigt, lässt sich auf das bereits Erlernte zurückführen. Man betrachtet dazu die Summe aus
4.4 Barwerte von Ausscheideleistungen
143
aufgeschobenen einjährigen Todesfallversicherungen, deren Versicherungssumme in jedem Jahr um 1 € steigt. Die Berechnung erfolgt analog zur Berechnung des Versicherungsbarwerts der arithmetisch steigenden lebenslangen vorschüssigen Leibrente in allgemeiner Form: Zx
( IA) x
Z x
¦ (k 1) k |1 Ax ¦ (k 1)
k 0
k 0
Zx k
C x k Dx k 0 j 0
¦¦
Z x Zx C
¦¦
x j
Dx k 0 j k
C x k Dx Zx
M x k Dx k 0
¦
Rx . Dx
Der eigentliche Trick in der Berechnung dieses Barwertfaktors liegt in der Interpretation des Leistungsversprechens. Die Todesfallleistung ist für jedes einzelne Versicherungsjahr festgelegt. In jedem Jahr steigt die Versicherungssumme der einjährigen Todesfallversicherung um einen Euro.
Versicherungssumme
Versicherungssumme
Es gibt eine alternative Darstellung der Versicherungsleistung. Sie setzt sich aus aufgeschobenen Todesfallversicherungen mit konstanter Leistung und geringer werdender Restlaufzeit zusammen, wie die nachfolgende Abbildung zeigt.
Laufzeit
Laufzeit
Man erkennt, dass die Versicherungsleistung, dargestellt durch die Fläche, in beiden Fällen identisch ist. Betrachten wir die Grafik auf der rechten Seite, so lässt sich der Barwertfaktor ( IA) x durch aufgeschobene lebenslange Todesfallversicherungen darstellen. Somit ist Z x
( IA) x
Zx
M x k Dx k 0
¦ k | Ax ¦
k 0
Rx . Dx
An dieser Darstellung wird der Nutzen des Kommutationswerts höherer Ordnung Rx erkennbar.
144
4 Beitragsberechnung
Beispiel Der Leistungsbarwert einer Todesfallversicherung von anfänglich 5.000 €, die jährlich um 100 € steigt, ist für einen fünfzigjährigen Mann anhand der DAV2008TM: L
4.900 Ax 100( IA) x
4.900
M 50 R 100 50 D50 D50
2.785,09 1.403,71 4.188,80 .
Der Barwert setzt sich zusammen aus einer konstanten lebenslangen Todesfallversicherung der Höhe 4.900 € zuzüglich einer arithmetisch steigenden lebenslangen Todesfallversicherung, die anfänglich 100 € beträgt und in jedem späteren Jahr um 100 € steigt.
4.4.7 Arithmetisch fallende lebenslange Todesfallversicherung Fallende Versicherungssummen sind in der Praxis von Interesse, wenn der Versicherungsbedarf im Verlauf der Zeit fällt. Der Barwertfaktor der arithmetisch fallenden Risikolebensversicherung ( DA) x eines x-Jährigen, die mit jedem Jahr der Versicherung um 1 € fällt und im letzten Jahr 1 € beträgt, lässt sich auf die arithmetisch steigende lebenslange Todesfallversicherung zurückführen. Dazu betrachtet man die Differenz zwischen einer konstanten, ausreichend hohen, lebenslangen Todesfallversicherung und einer arithmetisch steigenden lebenslangen Todesfallversicherung. Der folgende Zahlungsstrahl verdeutlicht die Leistungen der betrachteten Versicherungen: x 1
x2
Z 1
Z
Z 1
Zx2
Zx2
Zx2
Zx2
Zx2
( IA) x
1
2
Z x 1
Zx
Z x 1
( DA) x
Z x 1
Zx
3
2
1
x
(Z x 2) Ax
Somit ist der gesuchte Versicherungsbarwert ( DA) x
(Z x 2) Ax ( IA) x
(Z x 2) M x Rx . Dx
Beispiel Der Leistungsbarwert einer Todesfallversicherung von zuletzt 10.000 €, die jährlich um 100 € fällt, ist für einen fünfzigjährigen Mann anhand der DAV2008TM mit Z 121 :
4.4 Barwerte von Ausscheideleistungen
L
9.900 Ax 100( DA) x
145
9.900
M 50 73 M 50 R50 100 D50 D50
5.514,48 4.052,20 9.566,68 .
4.4.8 Arithmetisch steigende Risikolebensversicherung Das Konzept der sich arithmetisch verändernden Leistungszusagen lässt sich auch auf die temporäre Risikolebensversicherung anwenden. Der Barwertfaktor der arithmetisch steigenden n-jährigen Risikolebensversicherung n ( IA) x eines x-Jährigen in Höhe von anfänglich 1 €, die mit jedem Jahr um 1 € steigt, ist analog berechenbar. Im Vergleich zur lebenslangen Todesfallversicherung muss man lediglich die Summation einschränken. n 1
n 1
k 0
k 0
¦ (k 1)1 Ax k ¦ (k 1)
n ( IA) x
n 1
M x k M x n Dx k 0
¦
n 1
¦
k |n k Ax
k 0
n 1 k
C x k Dx k 0j 0
¦¦
n ( IA) x
¦¦
k 0j k
x j
Dx
durch aufgeschobene Risikolebensversiche-
n 1
M x k M x k ( n k )
k 0
Dx
¦
n 1 n 1 C
Rx Rx n nM x n . Dx
Alternativ lässt sich der Barwertfaktor rungen berechnen: n ( IA) x
C x k Dx
Rx Rx n nM x n . Dx
Beispiel Wir betrachten den Leistungsbarwert für Beitragsrückgewähr im Todesfall. Der jährliche Beitrag für eine Rentenversicherung mit Rentenbeginn im Alter 65, zahlbar für einen ursprünglich 30-jährigen Mann, betrage 1.200 €. Im Todesfall sollen die bis dahin geleisteten Beiträge zurückgezahlt werden. Dann ist der Leistungsbarwert dieses Versprechens anhand der DAV2008RM: L
B
n
( IA) x
B
Rx Rx n nM x n Dx
1.200
R30 R65 35M 65 D30
2.515,98 .
Der Leistungsbarwert für die Beitragsrückgewähr ist also 2.515,98 €.
4.4.9 Arithmetisch fallende Risikolebensversicherung Der Vollständigkeit halber diskutieren wir abschließend die arithmetisch fallende Risikolebensversicherung, die sich analog behandeln lässt. Das Leistungsversprechen dieser Versicherung lässt sich als Differenz einer konstanten Risikolebensversicherung und einer arithmetisch steigenden Risikolebensversicherung darstellen, wie der folgende Zahlungsstrahl verdeutlicht.
146
4 Beitragsberechnung
1
2
n 1
n
n 1
n 1
n 1
n 1
n ( IA) x
1
2
n 1
n
n ( DA) x
n
n 1
2
1
0
(n 1) n Ax
Der Barwertfaktor der arithmetisch fallenden n-jährigen Risikolebensversicherung n ( DA) x eines x-Jährigen in Höhe von zuletzt 1 €, die mit jedem Jahr um 1 € fällt, ist somit gegeben durch n ( DA) x
( n 1)n Ax n ( IA) x
( n 1)
M x M x n Rx Rx n nM x n Dx Dx
( n 1) M x M x n Rx Rx n Dx
nM x Rx 1 Rx n 1 . Dx
Beispiel Fallende Risikolebensversicherungen finden ihre Anwendung bei fallendem Schutzbedarf. Typische Beispiele sind die Absicherung von Krediten oder Hypotheken. Als Beispiel betrachten wir eine fallende Risikolebensversicherung von anfänglich 100.000 €, die über zehn läuft und jährlich um 10.000 € fällt, für einen fünfzigjährigen Mann anhand der DAV2008TM. Dann ist der Leistungsbarwert L 10.000 n ( DA) x
10.000
nM x Rx 1 Rx n 1 Dx
10.000
10 M 50 R51 R61 D50
2.672,85
Der Nettoeinmalbeitrag ist gleich dem Leistungsbarwert, also 2.672,85 €.
4.4.10 Sich geometrisch verändernde Risikolebensversicherung Als exemplarische Ergänzung betrachten wir Todesfallversicherungen, für die sich die Versicherungssumme von Jahr zu Jahr geometrisch verändert. Der mathematische Trick in der Berechnung liegt darin, dass durch elementare Umformungen der Rechnungszins i mit der Veränderungsrate p gekoppelt wird. Dadurch ergibt sich der neue Zinssatz, der zur Berechnung der Kommutationswerte herangezogen wird. Der Barwertfaktor der sich geometrisch verändernden n jährigen Risikolebensversicherung % n ( IA) x
eines x-Jährigen in Höhe von anfänglich 1 €, die sich mit jedem Jahr des Überlebens um den Faktor (1 p ) ändert, ist berechenbar durch
4.4 Barwerte von Ausscheideleistungen
% n ( IA) x
n 1
n 1
k 0
k 0
¦ (1 p)k k Ax
147
¦ (1 p)k
1 n 1 d x k § 1 p · ¦ ¨ ¸ 1 p k 0 lx © 1 i ¹
k 1
§ · 1 n 1 d x k ¨ 1 ¸ ¦ 1 p k 0 lx ¨ 1 i p ¸ © 1 p ¹
Mit der Substitution i : % n ( IA) x
i p 1 p
n 1
¦ (1 p)k
k 0
d x k k 1 v lx
§ · 1 n 1 d x k ¨ 1 ¸ ¦ 1 p k 0 l x ¨ 1i p p ¸ © 1 p ¹
k 1
k 1
.
folgt:
1 n 1 d x k § 1 · ¨ ¸ 1 p k 0 l x © 1 i ¹
¦
C x k Dx
k 1
1 n 1 C x k 1 p k 0 D x
¦
1 M x M x n . D x 1 p
In Analogie zur geometrisch veränderbaren Leibrente berechnet man zunächst den neuen Rechnungszins i und wendet sodann das Kalkül der Versicherung mit konstanter Leistung auf die modifizierte Sterbetafel an. Man erkennt also, dass sich der Barwertfaktor % n ( IA) x analog zum Barwertfaktor n Ax berechnen lässt. Neben dem veränderten Rechnungszins beachte man insbesondere auch den Adjustierungsfaktor
1 1 p
.
148
4 Beitragsberechnung
4.4.11 Zusammenfassung Zusammengefasst listen wir die wichtigsten Todesfallbarwertfaktoren in Tabellenform auf: Versicherungstyp
Symbol
Formel
Ax
Mx Dx
Aufgeschobene lebenslange Todesfallversicherung
m| Ax
M x m Dx
Risikolebensversicherung
n Ax
M x M x n Dx
Aufgeschobene Risikolebensversicherung
m|n Ax
M x m M x mn Dx
Arithmetisch steigende lebenslange Todesfallversicherung
( IA) x
Rx Dx
Arithmetisch fallende lebenslange Todesfallversicherung
( DA) x
(Z x 2) M x Rx Dx
Arithmetisch steigende Risikolebensversicherung
n ( IA) x
Rx Rx n nM x n Dx
Arithmetisch fallende Risikolebensversicherung
n ( DA) x
nM x Rx 1 Rx n 1 Dx
Sich geometrisch verändernde Risikolebensversicherung
% n ( IA) x
Lebenslange Todesfallversicherung
1 M x M x n 1 p D x i p mit i : 1 p
Selbstverständlich gibt es weitere Todesfallbarwertfaktoren mit praktischer Relevanz, die hier nicht genannt sind.
4.5 Gemischte Leistungsbarwerte Sehr häufig trifft man in der Praxis zusammengesetzte Lebensversicherungen an. Der Versicherte erhält im Todesfall oder alternativ im Erlebensfall die vertraglich vereinbarte Versicherungsleistung. Im Folgenden möchten wir die wichtigsten gemischten Versicherungsbarwerte vorstellen.
4.5 Gemischte Leistungsbarwerte
149
4.5.1 Kapitallebensversicherung Die Kapitallebensversicherung ist eine zusammengesetzte Versicherung aus einer Erlebensfallversicherung und einer Risikolebensversicherung. Die Versicherungssumme wird zum Vertragsende ausgezahlt, wenn der Versicherte die Vertragsdauer überlebt. Sollte der Versicherte vorher sterben, wird die Versicherungssumme vorzeitig ausbezahlt. Der Barwertfaktor Ax,n der Kapitallebensversicherung für einen x-Jährigen in Höhe von 1 € mit n Jahren Vertragslaufzeit ist somit die Summe aus den beiden Barwertfaktoren für den Erlebensfall und den Todesfall. Es gilt Ax ,n
n Ax
n Ex
M x M x n Dx n . Dx
Beispiel Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts war es üblich, im Rahmen einer Kapitallebensversicherung eine gestaffelte Todesfallleistung anzubieten, um die so zusammen gesetzte Lebensversicherung besonders attraktiv erscheinen zu lassen. Als Beispiel betrachten wir das Eintrittsalter x = 30, die Versicherungsdauer n = 20 Jahre und die Erlebensfallleistung S = 50.000 €. Ferner sei die Todesfallleistung bei Tod in den ersten fünf Jahren das Dreifache der Versicherungssumme, in den nächsten fünf Jahren das Zweifache, und danach gleich der Versicherungssumme. Formal bedeutet dies Tk
0dk d4
3S ° ®2 S °S ¯
½ ° 4k d9 ¾ . 9 k d n 1°¿
Somit sind die Leistungsbarwerte für den Erlebensfall und den Todesfall gegeben durch LE
S n Ex n 1
LT
¦ Tk
k 0
3S S
S
Dx n Dx
Cx k Dx
3S5 Ax 2 S5|5 Ax S10|n 10 Ax
M x M x 5 M M M x 10 M x n 2 S x 5 S x 15 Dx Dx Dx
3M x M x 5 M x 10 M x n . Dx
Folglich ist die gesamte Leistung LG
LE LT
S
Dx n 3M x M x 5 M x 10 M x n . Dx
Im Speziellen haben wir LG
100.000
D50 3M 30 M 35 M 40 M 50 D30
65.588,98 .
Der äquivalente Nettoeinmalbeitrag der betrachteten Versicherung ist demnach 65.588,98 €.
150
4 Beitragsberechnung
Bis zum 31.12.2004 waren die Einkünfte aus Kapitallebensversicherungen mit einer Todesfallleistung in Höhe von 60% der Beitragssumme und einer Vertragslaufzeit von mindestens zwölf Jahren steuerfrei. Diese Gesetzgebung hatte seinerzeit Lebensversicherern gewisse Vorteile im Wettbewerb um Spareinlagen verschafft. Mit Wirkung vom 1.1.2005 hatte sich die Steuergesetzgebung für Kapitallebensversicherungen geändert. Ist die Vertragslaufzeit länger als zwölf Jahre und wird der Vertrag erst nach Vollendung des sechzigsten Lebensjahrs fällig, so muss die Hälfte der ausgezahlten Einmalleistung versteuert werden.
Beispiel Gegeben sei eine Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit der Erlebensfallversicherungssumme S und der Todesfallversicherungssumme T. Zur Anlage stehen einmalig 50.000 € als Versicherungsbeitrag zur Verfügung. Aus steuerlichen Gründen soll T mindestens 60% des Beitrags, also 30.000 €, betragen. Gesucht ist die garantierte Erlebensfallleistung S für einen 40-jährigen Mann bei einer Vertragslaufzeit von 12 Jahren anhand der DAV2008TM. Zunächst berechnet man die Leistungsbarwerte im Erlebens- und im Todesfall: LE
S
Dx n Dx
LT
T
M x M x n . Dx
Nach Voraussetzung ist T t 0,6 B
30.000
Daraus folgt für die gesamte Leistung LG
LE LT t S
Dx n M M x n 0,6 B x . Dx Dx
Nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip mit L GL 50.000 t S
B gilt:
D60 M M 60 30.000 40 , D40 D40
was äquivalent ist zu Sd
50.000 D40 30.000( M 40 M 60 ) D60
81.960,36 .
Um also in den Genuss von Steuervorteilen zu kommen, wird die Todesfallleistung auf mindestens 30.000 € festgesetzt. Dadurch beträgt die vertraglich festgesetzte Erlebensfallleistung höchstens 81.960,36 €. Wenn die Todesfallleistung höher ist, wird die Erlebensfallleistung geringer.
4.5 Gemischte Leistungsbarwerte
151
4.5.2 Rentenversicherung mit Beitragsrückgewähr Eine beliebte Versicherungsform ist die aufgeschobene lebenslange Rentenversicherung, die im Falle des Todes vor Rentenbeginn die bereits eingezahlten Beiträge zurückerstattet. Sei also R die Höhe der jährlichen Rente, x das Eintrittsalter des Versicherten, m die Aufschubzeit, und B der jährliche Beitrag, dann lassen sich die Leistungsbarwerte dieser Versicherung wie folgt berechnen: LE
Rm|ä x
LT
Bm ( IA) x
LG
LE LT
RN x m B ( Rx Rx m mM x m ) . Dx
Sind sowohl die Rentenhöhe R als auch der Beitrag B bekannt, so kann man den Leistungsbarwert ausrechnen.
4.5.3 Risikolebensversicherung mit Beitragsrückgewähr Eine weitere interessante Versicherungsform ist die Risikolebensversicherung, die im Erlebensfall die nominelle Summe der bereits eingezahlten Beiträge zurückerstattet. Dadurch entsteht dem Versicherten während der Vertragslaufzeit lediglich ein Zinsverlust, durch den die Versicherungsleistungen finanziert werden. Sei also T die Todesfallleistung, B der jährliche Beitrag für einen x-jährigen Mann mit n-jähriger Vertragslaufzeit. Dann sind die Leistungsbarwerte gegeben durch LT
Tn Ax
T
LE
nBn E x
LG
LT LE
M x M n Dx nB
Dx n Dx
nBDx n T ( M x M x n ) . Dx
Im Fall eines Einmalbeitrags wird der Ausdruck nB durch B ersetzt.
Beispiel Gesucht ist der Einmalbeitrag für eine Risikolebensversicherung über 100.000 € mit Beitragsrückgewähr im Erlebensfall bei 20 Jahren Vertragslaufzeit für einen 40-jährigen Mann. Dann sind Leistung und Gegenleistung nach dem versicherungstechnischen Ansatz:
LT
S ( M x M xn )
LE
BDx n
LG
LT LE
GL
BDx .
BDx n S ( M x M x n )
Nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip GL
LG ist sodann
152
4 Beitragsberechnung BDx
BDx n S ( M x M x n ) ,
was äquivalent ist zu B
S
M x M xn . D x Dx n
Anhand der DAV2008TM berechnen wir B 100.000
M 40 M 60 D40 D60
15.087,08 .
Im Vergleich dazu ist der Nettoeinmalbeitrag für die Versicherung ohne Beitragsrückgewähr B 100.000
M 40 M 60 D40
6.227,07 .
Die Differenz 8.860,01 € wird vom Versicherungsunternehmen benötigt, um im Überlebensfall am Vertragsende 15.087,08 € auszuzahlen. Wie man zur Probe leicht nachrechnet gilt: 15.087,08 6.227,07 8.860,01 15.087,08
D60 . D40
4.6 Nettoprämien Wie in den vorherigen Abschnitten bereits diskutiert, lassen sich Barwertfaktoren als Nettoeinmalprämien interpretieren. Am häufigsten kommt in der Praxis die regelmäßige Beitragszahlung vor. Der Versicherte möchte dabei Sicherheit bezüglich seiner Verpflichtungen haben. Deshalb werden im Allgemeinen gleich bleibende Prämien vereinbart. Im Folgenden wollen wir Nettobeiträge berechnen, die während der gesamten Vertragslaufzeit gleich hoch und im Allgemeinen jährlich vorschüssig zahlbar sind. Wenn nichts anderes gesagt ist, gehen wir davon aus, dass die Beitragszahlungsdauer mit der Vertragsdauer übereinstimmt, jedoch spätestens mit dem Tod der versicherten Person endet. Nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip muss der Barwert der Prämien gleich dem Versicherungsbarwert sein. Aus dieser Gleichung lässt sich der jährliche Nettobeitrag ableiten. Exemplarisch betrachten wir im Folgenden jährliche Nettoprämien für die klassischen Lebensversicherungsprodukte.
4.6.1 Erlebensfallversicherung Zunächst betrachten wir eine Erlebensfallversicherung der Höhe S für einen x-jährigen Mann. Die Vertragslaufzeit betrage n Jahre und stimme mit der Beitragszahlungsdauer überein. Dann wird der jährliche Nettobeitrag B N aus den Barwerten der Leistung des Versicherungsunternehmens L
Sn E x
S
Dx n Dx
4.6 Nettoprämien
153
und der Gegenleistung des Versicherungsnehmers GL
B N ä x ,n
BN
N x N x n Dx
berechnet. Der Zahlungsstrom aus den Nettobeiträgen der Höhe B N des Versicherten lässt sich dabei als vorschüssige temporäre Leibrente für den Versicherer interpretieren. Mit dem Äquivalenzprinzip folgt durch Gleichsetzen von Leistung und Gegenleistung BN
S
Dx n . N x N x n
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt die jährlichen Nettobeiträge der Erlebensfallversicherung für Männer über die Versicherungssumme 100.000 €. Dargestellt sind die Ergebnisse für verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit anhand der Sterbetafel DAV2004RM. Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
18.665,26
8.800,11
5.524,84
3.893,84
2.920,19
2.275,39
25
18.665,26
8.798,33
5.518,21
3.884,38
2.909,22
2.262,90
30
18.661,75
8.788,74
5.506,11
3.871,13
2.894,56
2.248,17
35
18.647,10
8.773,54
5.490,50
3.854,24
2.877,94
2.228,73
40
18.628,82
8.755,82
5.471,46
3.835,88
2.856,11
2.198,61
45
18.607,39
8.733,93
5.451,19
3.811,17
2.821,23
2.153,87
50
18.580,82
8.711,70
5.422,84
3.770,12
2.768,72
2.078,03
55
18.556,20
8.677,70
5.373,03
3.707,44
2.678,07
1.921,16
60
18.508,39
8.613,90
5.296,57
3.597,28
2.486,55
1.617,54
154
4 Beitragsberechnung
Analog erhalten wir für weibliche Versicherte anhand der Sterbetafel DAV2004RF: Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
18.687,45
8.818,22
5.540,53
3.909,22
2.936,25
2.292,82
25
18.684,84
8.814,50
5.534,42
3.901,65
2.928,26
2.285,04
30
18.679,77
8.806,62
5.525,26
3.892,38
2.919,49
2.276,26
35
18.668,83
8.795,54
5.514,69
3.882,71
2.909,87
2.264,86
40
18.655,49
8.783,87
5.504,40
3.872,40
2.897,27
2.248,93
45
18.642,21
8.773,05
5.493,33
3.858,30
2.879,10
2.223,23
50
18.630,60
8.760,80
5.477,04
3.837,13
2.848,91
2.180,18
55
18.614,95
8.740,76
5.451,57
3.800,93
2.797,60
2.086,67
60
18.588,47
8.709,39
5.407,42
3.739,00
2.683,98
1.865,16
4.6.2 Lebenslange Todesfallversicherung Die lebenslange Todesfallversicherung kann analog behandelt werden. Zunächst stellt man den Versicherungsbarwert und den Barwert der Gegenleistung auf. Dabei gehen wir von der Versicherungssumme der Höhe S sowie lebenslanger Beitragszahlungsdauer für einen xjährigen Mann aus. Leistung und Gegenleistung sind dann: L GL
SAx
S
Mx Dx
B N äx
BN
Nx . Dx
Durch Gleichsetzen, L GL , erhalten wir den jährlichen Nettobeitrag B N : BN
S
Mx . Nx
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Nettobeiträge der Todesfallversicherung über 10.000 € für Männer und Frauen bei verschiedenen Eintrittsaltern anhand der Sterbetafel DAV2008T.
4.6 Nettoprämien
155
Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
50
276,70
226,63
55
347,41
279,78
60
446,37
352,79
65
590,89
457,51
70
795,32
611,43
75
1.075,70
845,57
80
1.498,14
1.216,93
85
2.119,92
1.803,70
90
2.943,54
2.667,34
Unter Umständen wird der Erwerb einer lebenslangen Todesfallversicherung dadurch beeinflusst, wie viel Geld für die Beitragszahlung zur Verfügung steht. Ist der Nettobeitrag vorgegeben und die Versicherungssumme gesucht, so erhalten wir nach dem Äquivalenzprinzip: S
BN
Nx . Mx
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt die Versicherungssumme der Todesfallversicherung für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2008TM beziehungsweise DAV2008TF bei einem Nettojahresbeitrag von 1.200 €. Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
50
43.368,90
52.950,57
55
34.541,78
42.891,10
60
26.883,65
34.014,67
65
20.308,21
26.229,05
70
15.088,31
19.626,14
75
11.155,56
14.191,54
80
8.009,92
9.860,85
85
5.660,60
6.653,01
90
4.076,72
4.498,86
156
4 Beitragsberechnung
4.6.3 Risikolebensversicherung Im Vergleich zur lebenslangen Todesfallversicherung wird bei der Risikolebensversicherung nur dann die Versicherungsleistung fällig, wenn der Tod der versicherten Person innerhalb der Vertragslaufzeit eintritt. Um den jährlichen Nettobeitrag B N der temporären Risikolebensversicherung der Höhe S mit n-jähriger Vertragsdauer für einen x-jährigen Mann zu berechnen, betrachten wir zunächst die Barwerte L
Sn Ax
GL
S
B N ä x ,n
M x M x n Dx BN
N x N x n . Dx
Dabei gehen wir davon aus, dass die Beitragszahlungsdauer gleich der Versicherungsdauer ist. Nach dem Äquivalenzprinzip, bezogen auf Leistung und Gegenleistung, folgt BN
S
M x M x n . N x N x n
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Nettobeiträge der Risikolebensversicherung über die Versicherungssumme in Höhe von 100.000 €. Die Grundlage der Berechnungen bildet die Sterbetafel DAV2008TM. Die Ergebnisse für verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit lauten Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
96,20
87,18
84,42
87,59
99,10
122,42
25
77,05
77,43
83,99
100,06
129,74
171,08
30
77,85
88,10
109,68
147,21
197,45
264,70
35
99,61
128,58
176,30
237,31
317,56
426,67
40
161,17
222,05
295,46
390,98
520,64
729,04
45
290,83
376,21
489,26
644,00
896,72
1.240,42
50
473,41
610,15
798,10
1.111,14
1.534,45
1.973,18
55
767,60
999,92
1.398,85
1.930,87
2.475,67
2.982,91
60
1.272,44
1.805,49
2.489,65
3.176,65
3.823,92
4.266,12
4.6 Nettoprämien
157
Analog erhalten wir für Frauen anhand der Sterbetafel DAV2008TF: Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
30,65
29,79
31,41
37,67
48,58
65,44
25
28,84
31,86
40,60
54,48
75,10
102,11
30
35,23
47,55
65,15
90,35
122,51
161,83
35
61,35
82,87
113,36
151,41
197,30
257,34
40
107,03
144,26
189,21
242,64
312,79
421,33
45
186,17
238,29
299,99
382,18
511,67
707,89
50
297,24
368,51
466,03
623,32
861,76
1.195,63
55
449,62
568,74
765,28
1.060,92
1.472,44
1.991,98
60
705,59
960,84
1.335,55
1.852,13
2.505,34
3.122,17
4.6.4 Kapitallebensversicherung Die gemischte Kapitallebensversicherung setzt sich aus einer Erlebensfallversicherung und einer Risikolebensversicherung zusammen. Die Versicherungsleistungen sind somit LT
Sn Ax
S
M x M x n Dx
LE
Sn E x
S
Dx n Dx
LG
LE LT
S
Dx n M x M x n . Dx
Mit der Gegenleistung des Versicherten GL
B N ä x ,n
BN
N x N x n Dx
folgt durch Gleichsetzen nach dem Äquivalenzprinzip für den jährlichen Nettobeitrag B N der gemischten Kapitallebensversicherung über die Versicherungssumme S für einen x-Jährigen mit n-jähriger Vertragslaufzeit: BN
S
Dx n M x M x n . N x N xn
158
4 Beitragsberechnung
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Nettobeiträge der gemischten Kapitallebensversicherung über die Versicherungssumme 100.000 € für verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit anhand der Sterbetafel DAV2008TM. Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
18.740,55
8.875,54
5.600,26
3.973,78
3.008,05
2.374,58
25
18.732,62
8.867,76
5.595,08
3.972,07
3.011,49
2.384,68
30
18.730,83
8.869,36
5.600,88
3.984,34
3.031,90
2.414,66
35
18.738,15
8.882,48
5.622,76
4.016,48
3.075,65
2.472,76
40
18.759,06
8.917,29
5.670,57
4.078,17
3.154,59
2.577,60
45
18.808,66
8.983,78
5.753,37
4.181,87
3.291,13
2.766,63
50
18.879,52
9.081,40
5.879,71
4.352,93
3.533,22
3.089,78
55
18.992,93
9.240,06
6.103,11
4.676,44
3.966,38
3.631,29
60
19.178,62
9.540,22
6.554,04
5.279,15
4.718,44
4.516,40
Analog erhalten wir für Frauen anhand der Sterbetafel DAV2008TF: Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
18.712,41
8.844,89
5.569,70
3.943,39
2.977,57
2.342,96
25
18.711,26
8.844,49
5.571,08
3.947,35
2.984,75
2.354,11
30
18.712,82
8.848,96
5.579,06
3.959,35
3.001,57
2.376,30
35
18.722,05
8.862,84
5.597,75
3.983,74
3.032,16
2.414,13
40
18.739,26
8.887,39
5.629,59
4.022,95
3.079,90
2.474,56
45
18.769,31
8.928,08
5.678,96
4.082,36
3.155,07
2.575,28
50
18.813,52
8.985,23
5.749,09
4.173,38
3.279,85
2.749,17
55
18.873,18
9.066,50
5.860,94
4.332,14
3.504,65
3.062,08
60
18.966,51
9.213,39
6.076,37
4.638,75
3.931,61
3.628,30
Die Summe aus dem Nettobeitrag für die Erlebensfallversicherung und dem Beitrag für die Risikolebensversicherung aus unseren Beispielen ergibt nicht den Nettobeitrag für die gemischte Kapitallebensversicherung, denn für die Beispielrechnungen haben wir unterschiedliche Sterbetafeln benutzt. Die Erlebensfallversicherung hat Erlebensfallcharakter. Die Verwendung der Sterbetafel DAV2004R führt zu höheren Nettobeiträgen. Die Risikolebensversi-
4.6 Nettoprämien
159
cherung hat Todesfallcharakter. Verwendet man die Sterbetafel DAV2008T, so ergeben sich höhere Nettoprämien.
4.6.5 Rentenversicherung Zu guter Letzt betrachten wir die Altersrentenversicherung als klassisches Produkt der Lebensversicherung. Im Allgemeinen beginnt die Rente erst im fortgeschrittenen Alter. Die Beitragszahlungsdauer ist üblicherweise bis zum Renteneintritt begrenzt. Andernfalls würden gleichzeitig Beiträge erhoben und Renten ausgezahlt. Der jährliche Nettobeitrag B N der bis zum Renteneintrittsalter z aufgeschobenen lebenslangen vorschüssigen Leibrente eines x-Jährigen in Höhe von jährlich R mit Beitragszahlungsdauer bis zum Rentenbeginn lässt sich anhand der Leistungsbarwerte LR
R z x| ax
GL
B N äx,z x
berechnen. Der Versicherungsbarwert beruht dabei auf der aufgeschobenen lebenslangen Leibrente. Die Aufschubzeit berechnet man durch die Differenz aus Alter bei Vertragsbeginn und dem Alter bei Rentenbeginn. Die Gegenleistung basiert auf der temporären Leibrente für das Lebensversicherungsunternehmen. Mittels des Äquivalenzprinzips folgt sodann BN
R
Nz . Nx Nz
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Nettobeiträge, zahlbar bis zum Renteneintrittsalter 65, für die bis dann aufgeschobene lebenslange Rentenversicherung für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2004RM beziehungsweise DAV2004RF für die jährliche Rente 12.000 €. Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
20
3.044,60
3.392,05
25
3.663,77
4.076,05
30
4.475,72
4.972,14
35
5.578,51
6.187,52
40
7.148,82
7.915,23
45
9.539,34
10.540,74
50
13.573,34
14.963,09
55
21.720,25
23.879,46
60
46.326,43
50.783,06
160
4 Beitragsberechnung
Oftmals orientiert sich der Erwerb einer Altersrentenversicherung daran, was man sich leisten kann. Falls also der Versicherungsbeitrag vorgegeben ist und die Versicherungssumme gesucht ist, so erhält man nach dem Äquivalenzprinzip R
BN
N x N x m . N x m
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt die jährliche Rente ab dem Alter 65 für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2004RM beziehungsweise DAV2004RF bei einem Nettojahresbeitrag von 1.200 €, zahlbar bis zum Alter 65. Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
20
4.729,69
4.245,22
25
3.930,38
3.532,83
30
3.217,36
2.896,14
35
2.581,33
2.327,26
40
2.014,32
1.819,28
45
1.509,54
1.366,13
50
1.060,90
962,37
55
662,98
603,03
60
310,84
283,56
4.7 Gezillmerte Nettoprämien In diesem Abschnitt widmen wir unser besonderes Augenmerk den unmittelbaren Abschlusskosten, die einmalig zum Vertragsbeginn fällig werden. Ein großer Teil der Kosten einer Lebensversicherung entsteht durch die Vermittlung der Police. Seit jeher hatte der Versicherungsvertrieb das Anliegen, die beim Versicherungsabschluss fällige Provision sofort zur Auszahlung zu bringen. Es ist wichtig zu wissen, dass die Abschlussprovision den Jahresbeitrag übersteigen kann í insbesondere bei langfristigen Verträgen. Dadurch ergeben sich für das Unternehmen zwei Problemfelder: die Liquidität sowie die Rechnungslegung. Die Provision muss zwar sofort ausbezahlt werden, doch erst nach und nach wird sie durch Prämieneinnahmen verdient. Aus Sicht des Unternehmens haben die zu Vertragsbeginn fälligen Abschlusskosten eine Wert schaffende Wirkung, die im Zuge der Vertragslaufzeit realisiert wird.
4.7 Gezillmerte Nettoprämien
161
In Analogie zu Wirtschaftsgütern werden deshalb die Abschlusskosten über die Beitragszahlungsdauer unter Berücksichtigung von Zins und Sterblichkeit getilgt. Aus bilanzieller Sicht nimmt der Versicherer einen Kredit auf, um die einmalige Vermittlerprovision aufbringen zu können. Die Rückzahlung erfolgt im Vertragsverlauf durch die Beitragszahlungen des Versicherten. Der Ursprung dieses Verfahren geht zurück auf das Jahr 1863 und wird nach seinem Urheber August Zillmer Zillmerung genannt. Die versicherungsmathematische Problematik ist eng mit dem finanzmathematischen Konzept der Tilgung verbunden. Die unmittelbaren Abschlusskosten, die einmalig bei Vertragsabschluß fällig werden, wie in erster Linie Provisionen für den Versicherungsvermittler, Vertreter oder Makler, unter Umständen auch Kosten für direkte Werbung, Arztkosten und so weiter, werden durch den Parameter D Z erfasst. Bis 1994 wurden die unmittelbaren Abschlusskosten, die so genannten
D Z -Kosten, auf die Versicherungssumme bezogen und in der Höhe auf maximal 35 Promille begrenzt. Im Juli 1994 wurde die von der Europäischen Union beschlossene Dritte Lebensversicherungsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt, die eine Deregulierung der Versicherungswirtschaft bewirkte. Seitdem beziehen sich die Abschlusskosten üblicherweise auf die Beitragssumme, das heißt die nominelle Summe aller fälligen Versicherungsbeiträge. In Paragraph 65 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) werden für die Zillmerung Höchstbeträge festgelegt, die in Paragraph 4, Absatz 1 der Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) genauer festgelegt werden: Im Wege der Zillmerung werden die Forderungen auf Ersatz der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten einzelvertraglich bis zur Höhe des Zillmersatzes ab Versicherungsbeginn aus den höchstmöglichen Prämienteilen gedeckt, die nach den verwendeten Berechnungsgrundsätzen in dem Zeitraum, für den die Prämie gezahlt wird, weder für Leistungen im Versicherungsfall noch zur Deckung von Kosten für den Versicherungsbetrieb bestimmt sind. Der Zillmersatz darf 40 vom Tausend der Summe aller Prämien nicht überschreiten. Die Deckungsrückstellung werden wir erst im nächsten Kapitel ausführlich behandeln. In diesem Zusammenhang ist jedoch wichtig, dass die Begrenzung des Zillmersatzes von den meisten Versicherern auch hinsichtlich der Beitragsrechnung befolgt wird. Dabei ist zu erwähnen, dass die Versicherungsunternehmen im Prinzip frei sind, für die Beitragsberechnung höhere Abschlusskosten einzurechnen. Im Klartext bedeutet die gesetzliche Anweisung für uns Versicherungsmathematiker Folgendes: Die einmalige Kostenleistung besteht aus den D Z -Kosten. Diese Leistung wird nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip gleich dem Barwert der so genannten Amortisationsprämie gesetzt. Der Zahlungsstrom der Amortisationsbeiträge dient der Tilgung der unmittelbaren Abschlusskosten, die bei Vertragsbeginn fällig werden. Die folgende Grafik verdeutlicht den Zusammenhang exemplarisch für eine Kapitallebensversicherung mit Laufzeit von zwanzig Jahren. Auf die Einzelheiten der Berechnung werden wir in den nachfolgenden Abschnitten detailliert eingehen.
162
4 Beitragsberechnung
Tilgung der unmittelbaren Abschlusskosten durch Amortisationsbeitrag 500 € 0€ -500 €
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
Euro
-1.000 € -1.500 € -2.000 € -2.500 € -3.000 € -3.500 € Jahr Provision
Amortisationsbeitrag
Die Summe aus Nettobeitrag und Amortisationsbeitrag wird gezillmerter Nettobeitrag, gelegentlich auch Zillmerprämie, genannt. Anhand der klassischen Produkte der Lebensversicherungsmathematik wollen wir dieses Konzept verdeutlichen. Der Einfachheit halber gehen wir an dieser Stelle davon aus, dass sich, so wie es früher üblich war, die Abschlusskosten auf die Versicherungssumme und nicht auf die Summe der Beiträge beziehen. Der Grund für unsere Vorgehensweise liegt darin begründet, dass wir die vom Versicherungsnehmer inklusive aller Zuschläge zu zahlenden Beiträge erst im nächsten Abschnitt berechnen werden. Es sei bemerkt, dass der zu zahlende Beitrag den Nettobeitrag übersteigt. Der geübte Leser wird in der Lage sein, im Nachhinein auf diesen Abschnitt zurückzukommen, um – mutatis mutandis – gezillmerte Nettobeiträge für den Fall zu berechnen, dass sich die unmittelbaren Abschlusskosten auf die Beitragssumme beziehen.
4.7.1 Todes- und Erlebensfallversicherung Der jährliche Amortisationsbeitrag B A einer temporären allgemeinen Lebensversicherung der Höhe S mit n-jähriger Vertrags- und Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann lässt sich wie folgt berechnen. Zunächst ist der Kostenbarwert der unmittelbaren Abschlusskosten LK
SD Z .
Im Gegenzug betrachten wir den Barwert der Amortisationszahlungen
4.7 Gezillmerte Nettoprämien
GL
163
B Aä x , n .
Das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip besagt, dass LK BA
N x N xn Dx
GL ist. Daraus folgt
SD Z .
Folglich erhalten wir BA
S
D Z Dx
N x N x n
.
Die Amortisationsprämie gibt den Aufschlag auf die Nettoprämie zur Amortisation der unmittelbaren Abschlusskosten an. Die Summe aus Nettobeitrag und Amortisationsbeitrag ergibt die gezillmerte Nettoprämie B Z : BZ
BN B A .
Für die reine Erlebensfallversicherung haben wir somit BZ
S
Dx n D Z Dx . N x N x n
Für die temporäre Risikolebensversicherung gilt BZ
S
M x M x n D Z Dx . N x N x n
Analog lautet der gezillmerte Nettobeitrag für die gemischte Kapitallebensversicherung BZ
S
Dx n M x M x n D Z Dx . N x N x n
Diesen Lebensversicherungen ist gemeinsam, dass die Nettoprämie formal um den gleichen Amortisationsbeitrag erhöht wird. In der Praxis muss man allerdings auf die Wahl der zu verwendenden Sterbetafel achten. Nach dem Vorsichtsprinzip ist diejenige Tafel zu verwenden, die im Einzelfall zu einem höheren Beitrag führt. Dadurch kann es passieren, dass die Amortisationsprämie trotz gleicher mathematischer Struktur und Parameter unterschiedliche Werte annimmt. Die Höhe unterscheidet sich also je nach Charakter der Versicherung, wie die beiden folgenden Beispiele illustrieren. Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Amortisationsprämien für Versicherungen mit Erlebensfallcharakter für verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit für Männer. Die Versicherungssumme beträgt 100.000 € und die unmittelbaren Abschlusskosten sind 3,5% der Versicherungssumme. Anhand der Sterbetafel DAV2004RM berechnen wir folgende Zillmerprämien:
164
4 Beitragsberechnung
Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
732,35
387,07
272,48
215,58
181,78
159,56
25
732,35
387,07
272,53
215,70
181,98
159,81
30
732,37
387,19
272,75
216,00
182,35
160,26
35
732,65
387,60
273,23
216,55
182,97
160,93
40
733,12
388,14
273,85
217,24
183,72
161,79
45
733,60
388,77
274,56
218,03
184,64
162,91
50
734,25
389,54
275,40
219,04
185,91
164,51
55
734,89
390,34
276,49
220,49
187,79
167,10
60
735,76
391,74
278,38
222,92
191,13
172,06
Analog erhalten wir für weibliche Versicherte anhand der Sterbetafel DAV2004RF: Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
731,78
386,42
271,81
214,89
181,07
158,80
25
731,82
386,49
271,92
215,05
181,27
159,04
30
731,93
386,66
272,14
215,32
181,58
159,37
35
732,16
386,97
272,49
215,71
181,99
159,81
40
732,48
387,35
272,91
216,14
182,45
160,33
45
732,81
387,73
273,31
216,58
182,96
160,94
50
733,13
388,10
273,75
217,11
183,63
161,80
55
733,45
388,56
274,35
217,90
184,67
163,23
60
734,03
389,35
275,37
219,24
186,50
166,09
Die Amortisationsbeiträge für Frauen fallen etwas geringer aus, da weibliche Versicherte eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Amortisationsprämien für Versicherungen mit Todesfallcharakter für verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit anhand der Sterbetafel DAV2008TM für Männer. Die Versicherungssumme ist 100.000 € und die unmittelbaren Abschlusskosten betragen 3,5% der Versicherungssumme.
4.7 Gezillmerte Nettoprämien Alter / Laufzeit
165 5
10
15
20
25
30
20
732,94
387,66
273,03
216,10
182,30
160,13
25
732,66
387,39
272,84
216,04
182,42
160,48
30
732,60
387,44
273,05
216,47
183,13
161,53
35
732,85
387,90
273,81
217,59
184,66
163,56
40
733,58
389,12
275,49
219,75
187,43
167,23
45
735,32
391,45
278,39
223,38
192,21
173,85
50
737,80
394,87
282,81
229,37
200,68
185,16
55
741,77
400,42
290,63
240,69
215,84
204,11
60
748,27
410,92
306,41
261,79
242,16
235,09
Analog erhalten wir für weibliche Versicherte anhand der Sterbetafel DAV2008TF: Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
731,95
386,59
271,96
215,04
181,23
159,02
25
731,91
386,57
272,00
215,17
181,48
159,41
30
731,97
386,73
272,28
215,59
182,07
160,19
35
732,29
387,22
272,94
216,45
183,14
161,51
40
732,89
388,08
274,05
217,82
184,81
163,63
45
733,94
389,50
275,78
219,90
187,44
167,15
50
735,49
391,50
278,24
223,09
191,81
173,24
55
737,58
394,34
282,15
228,64
199,68
184,19
60
740,85
399,49
289,69
239,37
214,62
204,01
Man erkennt, dass die Amortisationsprämien für Versicherungen mit Todesfallcharakter etwas höher sind als die für Versicherungen mit Erlebensfallcharakter; denn die Sterbewahrscheinlichkeiten der DAV2008T sind höher als die der DAV2004R. Dieser Effekt macht sich insbesondere bei höherem Eintrittsalter und längerer Versicherungsdauer bemerkbar.
In Analogie zu den oben betrachteten Versicherungen können wir die jährliche gezillmerte Nettoprämie B Z der lebenslangen Todesfallversicherung der Höhe S mit lebenslanger Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann berechnen: LT
SAx
LK
SD Z
GL
B Z äx .
166
4 Beitragsberechnung
Nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip folgt sodann BZ
Nx Dx
S
Mx SD Z . Dx
Folglich ist BZ
S
M x D Z Dx . Nx
Die Amortisationsprämie ist demnach hier: BA
S
D Z Dx Nx
.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Amortisationsbeiträge für die lebenslange Todesfallversicherung über 10.000 € für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2008T. Die D Z -Kosten betragen 3,5% der Versicherungssumme. Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
50
17,39
15,63
55
19,86
17,49
60
23,32
20,05
65
28,38
23,71
70
35,54
29,10
75
45,35
37,30
80
60,14
50,29
85
81,90
70,83
90
110,73
101,06
Die Amortisationszuschläge auf die Nettoprämien sind für jüngere Versicherte niedriger, da die Versicherungsdauer länger ist.
4.7.2 Rentenversicherung Abschließend wenden wir das Kalkül der Zillmerung auf die Altersrentenversicherung an. Der jährliche gezillmerte Nettobeitrag B Z der um m Jahre aufgeschobenen lebenslangen vorschüssigen Leibrente eines x-Jährigen in Höhe von jährlich R mit Beitragszahlungsdauer von m Jahren bis zum Rentenbeginn im Alter x+m lässt sich anhand der Leistungsbarwerte
4.7 Gezillmerte Nettoprämien
LE
R m| ax
LK
RD Z
GL
B Z ä x ,m .
167
und mittels des Äquivalenzprinzips berechnen: BZ
N x N x m Dx
R
N x m RD Z . Dx
Damit folgt für den gezillmerten Nettobeitrag BZ
R
N x m D Z Dx . N x N x m
Durch Bildung der Differenz von gezillmerter Nettoprämie und Nettoprämie BZ BN
R
N x m D Z Dx N x m R N x N x m N x N x m
R
D Z Dx
N x N x m
BA
erhalten wir den Amortisationsbeitrag B A zur Tilgung der unmittelbaren Abschlusskosten. Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Amortisationsbeiträge, zahlbar bis zum Renteneintrittsalter 65, für die bis dahin aufgeschobene lebenslange Rentenversicherung für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2004RM beziehungsweise DAV2004RF. Die jährliche Rente beträgt 12.000 € und die D Z -Kosten sind 35% der Jahresrente. Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
20
3.193,12
3.539,41
25
3.823,20
4.234,32
30
4.649,45
5.144,66
35
5.771,63
6.379,30
40
7.369,28
8.134,17
45
9.800,97
10.800,64
50
13.903,83
15.291,58
55
22.188,66
24.345,74
60
47.209,34
51.663,90
Falls der Versicherungsbeitrag vorgegeben ist und die Versicherungssumme gesucht ist, so erhält man nach dem Äquivalenzprinzip
168
4 Beitragsberechnung
R
BZ
N x N x m
N x m D Z Dx
.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt die jährliche Rente ab dem Alter 65 für Männer und Frauen für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2004R. Der gezillmerte Nettojahresbeitrag in Höhe von 1.200 € ist zahlbar bis zum Alter 65. Als unmittelbare Abschlusskosten setzen wir 35% der Jahresrente an. Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
20
4.509,70
4.068,47
25
3.766,48
3.400,78
30
3.097,14
2.799,02
35
2.494,96
2.257,30
40
1.954,06
1.770,31
45
1.469,24
1.333,25
50
1.035,69
941,69
55
648,98
591,48
60
305,02
278,72
Wenn sich die Abschlusskosten, wie heutzutage üblich, nicht auf die Versicherungsleistung sondern die Beitragssumme beziehen, so muss man zunächst den Bruttobeitrag berechnen, um den Barwert der unmittelbaren Abschlusskosten korrekt berücksichtigen zu können. Anschließend kann man die gezillmerte Nettoprämie nach dem Äquivalenzprinzip ermitteln.
4.8 Bruttoprämien In diesem Abschnitt betrachten wir nun sämtliche Kostenzuschläge als dritte Rechnungsgrundlage neben Zinssatz und Sterblichkeit. Die Kosten lassen sich nahtlos in das vorgestellte Kalkül einbetten, indem sie als gesonderte Versicherungsleistungen interpretiert werden. In den Anfängen der Lebensversicherung war es üblich, die Kosten proportional auf den Beitrag zu beziehen. Damit war der Übergang von der Nettoprämie zur Bruttoprämie trivial. Selbst nach Einführung der Zillmerung blieb die Berechnung des Bruttobeitrags recht übersichtlich: Es sei dazu B Z die gezillmerte Nettoprämie, wie sie im vorherigen Abschnitt berechnet worden ist, und E der Anteil der sonstigen Kosten bezogen auf den Bruttobeitrag B B . Dann galt
4.8 Bruttoprämien
BB
169
BZ . 1 E
Der Bruttobeitrag konnte in diesem Fall, basierend auf der gezillmerten Nettoprämie, einfach hochgerechnet werden. Heutzutage ist die Kostenstruktur deutscher Lebensversicherer etwas komplexer. In der Praxis unterscheidet man im Allgemeinen fünf verschiedene Kostentypen, die durch die folgenden Parameter erfasst werden.
DZ
unmittelbare Abschlusskosten werden einmalig fällig bei Vertragsabschluß, z. B. Provision, Kosten für direkte Werbung, Arztkosten, und so weiter. Der Kostensatz bezieht sich üblicherweise auf die Beitragssumme.
DJ
Amortisationskosten stehen mittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss und werden während der Beitragszahlungsdauer vorschüssig fällig, z. B. Vertretergehälter und Bürokosten. Der Kostensatz wird üblicherweise in Promille der Versicherungssumme bemessen.
E
Inkassokosten, die üblicherweise die Transaktionskosten im Geldverkehr sind, werden zumeist in Prozent der laufenden Jahresbeiträge bemessen und sind während der Beitragszahlungsdauer vorschüssig fällig.
J1
Verwaltungskosten des Versicherungsunternehmens, die laufend während der Versicherungsdauer fällig werden und in Promille der Versicherungssumme angegeben werden, z. B. alle Kosten die direkt und indirekt mit der Bestandsverwaltung oder Rentenverwaltung zu tun haben.
J2
Verwaltungskosten des Versicherungsunternehmens, die während der Beitragszahlungsdauer oder der Rentenbezugsphase fällig werden und in Promille der Versicherungssumme angegeben werden, z. B. alle Kosten, die mit der Leistungsabwicklung zu tun haben.
Im Folgenden erläutern wir die Berechnung von Bruttobeiträgen, häufig synonym Ausreichende Beiträge genannt, für die klassischen Produkte der Lebensversicherung. Die Schwierigkeit besteht darin, den Kostenbarwert als zusätzliche Versicherungsleistung korrekt zu erfassen.
4.8.1 Erlebensfallversicherung Typische Kostensätze für Erlebensfallversicherungen sind in der folgenden Tabelle angegeben.
170
4 Beitragsberechnung
Kostenart
Höhe
Bezugsgröße
Fälligkeit
DZ
40 ‰
Beitragssumme
einmalig bei Vertragsbeginn
DJ
1‰
Versicherungssumme vorschüssig für jedes Jahr der Beitragszahlungsdauer
E
3%
Jährlicher Beitrag
J1
1,5 ‰
Versicherungssumme vorschüssig für jedes Jahr der Beitragszahlungsdauer
J2
2,75 ‰
Versicherungssumme vorschüssig für jedes Jahr der Versicherungsdauer
vorschüssig für jedes Jahr der Beitragszahlungsdauer
Die jährliche Bruttoprämie B B der Erlebensfallversicherung der Höhe S mit n-jähriger Vertrags- und h-jähriger Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann lässt sich auf der Grundlage der versicherungsmathematischen Barwerte für Leistung und Gegenleistung berechnen, die wie folgt aufgestellt werden: LE
Sn E x
LK
D Z hB B D J Sä x,h E B B ä x,h J 1Sä x ,h J 2 Sä x,n
GL
B B ä x ,h .
Der Kostenbarwert bedarf der Erläuterung: Der jährliche Bruttobeitrag B B wird über h Jahre gezahlt, also ist die Beitragssumme hB B . Da die unmittelbaren Abschlusskosten einmalig zu Beginn des Vertrages fällig werden, ist der Barwert dieser Leistung D Z hB B . Die Amortisationskosten, die Inkassokosten sowie die Kosten für die Bestandsverwaltung fallen parallel zur Beitragszahlung an. Unter Berücksichtigung der Bezugsgrößen sind die zugehörigen Leistungsbarwerte folglich D J Sä x,h , E B B ä x,h und J 1Sä x ,h . Die Kosten für die Leistungsabwicklung beziehen sich auf die Versicherungssumme und sind während der gesamten Vertragsdauer fällig. Der Barwert dieser Kosten ist damit J 2 Sä x ,n . Die einzelnen Versicherungsbarwerte addieren sich zur Gesamtleistung und sind nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip gleich der Gegenleistung. Demnach gilt zunächst B B ä x ,h D Z hB B E B B ä x,h
Sn E x D J Sä x,h J 1Säx ,h J 2 Sä x,n
und daraus folgt B
B
S
n Ex
(D J J 1 )ä x,h J 2 ä x ,n ä x ,h (1 E ) D Z h
.
Somit ist der Bruttobeitrag, vollständig in Kommutationswerten ausgedrückt, gegeben durch
4.8 Bruttoprämien
BB
S
171
Dx n (D J J 1 J 2 ) N x (D J J 1 ) N x h J 2 N x n (1 E )( N x N x h ) D Z hDx
.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Bruttobeiträge der Erlebensfallversicherung über 100.000 € für Männer anhand verschiedener Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit. Wir verwenden dazu die Sterbetafel DAV2004RM und typische Kostensätze. Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
20.675,78
10.072,88
6.552,48
4.799,30
3.752,68
3.059,55
25
20.675,78
10.070,97
6.545,36
4.789,17
3.740,95
3.046,20
30
20.672,03
10.060,76
6.532,53
4.775,15
3.725,42
3.030,61
35
20.656,60
10.044,84
6.516,20
4.757,45
3.708,02
3.010,13
40
20.637,50
10.026,38
6.496,32
4.738,31
3.685,09
2.978,16
45
20.615,03
10.003,50
6.475,22
4.712,38
3.648,12
2.930,47
50
20.587,21
9.980,42
6.445,51
4.668,95
3.592,31
2.849,21
55
20.561,51
9.944,67
6.392,83
4.602,47
3.495,48
2.680,11
60
20.511,08
9.877,45
6.312,17
4.485,38
3.289,91
2.351,83
Analog finden wir für weibliche Versicherte anhand der Sterbetafel DAV2004RF: Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
20.698,97
10.091,64
6.568,65
4.815,18
3.769,33
3.077,72
25
20.696,21
10.087,72
6.562,18
4.807,15
3.760,86
3.069,49
30
20.690,88
10.079,41
6.552,53
4.797,41
3.751,67
3.060,29
35
20.679,38
10.067,82
6.541,51
4.787,37
3.741,67
3.048,34
40
20.665,42
10.055,69
6.530,86
4.776,68
3.728,48
3.031,51
45
20.651,54
10.044,48
6.519,37
4.761,89
3.709,29
3.004,12
50
20.639,44
10.031,70
6.502,24
4.739,51
3.677,15
2.958,01
55
20.622,98
10.010,63
6.475,38
4.701,10
3.622,40
2.857,29
60
20.595,18
9.977,69
6.428,77
4.635,34
3.500,53
2.617,76
Die Bruttobeiträge für Frauen sind durchweg etwas höher als für Männer. Der Grund liegt darin, dass im Mittel mehr Frauen die Erlebensfallleistung am Vertragsende erhalten. Im Gegenzug sind deshalb die Versicherungsbeiträge höher.
172
4 Beitragsberechnung
4.8.2 Lebenslange Todesfallversicherung Die typischen Kostensätze für die lebenslange Todesfallversicherung entsprechen denjenigen der Erlebensfallversicherung. Der Grund für diese Festsetzung ist, dass bei beiden Versicherungen die vereinbarte Versicherungssumme angespart werden muss. Für die lebenslange Todesfallversicherung wird die Leistung rechnerisch spätestens im Endalter Z 1 fällig. Zur Berechnung der jährlichen Bruttoprämie B B der lebenslangen Todesfallversicherung der Höhe S mit lebenslanger Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann stellen wir zunächst die Barwerte der Versicherungsleistungen sowie der Gegenleistung auf: LT
SAx
LK
D Z (Z x 1) B B D J Säx E B B ä x J 1Sä x J 2 Sä x
GL
B B äx .
Mit dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip, LT LK B B ä x D Z (Z x 1) B B E B B ä x
GL , folgt zunächst
SAx D J Sä x J 1Sä x J 2 Sä x
und schließlich BB
S
Ax (D J J 1 J 2 )ä x , (1 E )ä x D Z (Z x 1)
oder auch vereinfacht dargestellt BB
S
M x (D J J 1 J 2 ) N x
(1 E ) N x D Z (Z x 1) Dx
.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Bruttobeiträge der Todesfallversicherung in Höhe von 10.000 € für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2008T bei typischen Kostensätzen. Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
50
398,09
331,76
55
488,93
397,44
60
619,92
489,52
65
819,50
625,38
70
1.117,31
832,98
75
1.553,13
1.166,84
80
2.275,86
1.742,32
85
3.483,20
2.768,43
4.8 Bruttoprämien
173
Ist umgekehrt die Versicherungssumme gesucht und der Versicherungsbeitrag bekannt, so erhalten wir nach dem Äquivalenzprinzip BB
S
(1 E ) N x D Z (Z x 1) Dx M x (D J J 1 J 2 ) N x
.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt die Versicherungssummen der Todesfallversicherung für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2008T. Der Bruttojahresbeitrag beträgt 1.200 €. Außerdem rechnen wir mit typischen Kostensätzen. Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
50
30.143,90
36.171,02
55
24.543,48
30.193,23
60
19.357,32
24.513,96
65
14.643,06
19.188,34
70
10.740,10
14.406,09
75
7.726,31
10.284,17
80
5.272,73
6.887,36
85
3.445,11
4.334,58
90
2.263,23
2.649,04
4.8.3 Risikolebensversicherung Typische Kostensätze für die temporäre n-jährige Todesfallversicherung sind Kostenart
Höhe
Bezugsgröße
Fälligkeit
DZ
40 ‰
Beitragssumme
einmalig bei Vertragsbeginn
DJ
0,65 ‰
Versicherungssumme vorschüssig für jedes Jahr der Beitragszahlungsdauer
E
3%
Jährlicher Beitrag
J1
1,5 ‰
Versicherungssumme vorschüssig für jedes Jahr der Beitragszahlungsdauer
J2
2,75 ‰
Versicherungssumme vorschüssig für jedes Jahr der Versicherungsdauer
vorschüssig für jedes Jahr der Beitragszahlungsdauer
174
4 Beitragsberechnung
Der jährliche Bruttobeitrag B B der Risikolebensversicherung der Höhe S mit n-jähriger Vertragsdauer und h-jähriger Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann lässt sich ebenfalls anhand der Barwerte der Versicherungsleistung und Gegenleistung berechnen: LT
Sn Ax
LK
D Z hB B D J Sä x,h E B B ä x,h J 1Sä x ,h J 2 Sä x,n
GL
B B ä x ,h .
Mit dem Äquivalenzprinzip bezogen auf Leistung und Gegenleistung, LT LK B B ä x ,h D Z hB B E B B ä x ,h
GL , gilt
Sn Ax D J Sä x ,h J 1Säx ,h J 2 Sä x ,n .
Folglich ist BB
S
S
n Ax
(D J J 1 )äx ,h J 2 Sä x ,n (1 E )ä x ,h D Z h
M x M x n (D J J 1 J 2 ) N x (D J J 1 ) N x h J 2 N x n (1 E )( N x N x h ) D Z hDx
.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Bruttobeiträge der Risikolebensversicherung für Männer. Die Versicherungssumme beträgt 100.000 €. Es gelten die typischen Kostensätze. Anhand der Sterbetafel DAV2008TM ergibt sich für verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit: Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
631,60
623,51
622,21
627,40
641,78
669,23
25
610,96
612,96
621,72
640,93
675,19
722,50
30
611,82
624,49
649,57
692,23
749,12
825,16
35
635,27
668,26
721,84
790,32
880,42
1.003,01
40
701,63
769,35
851,19
957,82
1.102,78
1.335,69
45
841,43
936,18
1.061,79
1.234,03
1.515,40
1.900,74
50
1.038,34
1.189,52
1.397,81
1.744,98
2.218,18
2.717,19
55
1.355,74
1.612,05
2.052,70
2.645,81
3.264,96
3.858,71
4.8 Bruttoprämien
175
Analog erhalten wir für Frauen anhand der Sterbetafel DAV2008TF: Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
560,94
561,44
564,67
573,03
586,54
606,72
25
558,99
563,67
574,63
591,30
615,47
646,87
30
565,88
580,63
601,25
630,32
667,24
712,32
35
594,02
618,82
653,54
696,79
748,96
817,09
40
643,26
685,21
735,85
796,17
875,27
997,19
45
728,58
786,93
856,15
948,29
1.093,00
1.312,49
50
848,34
927,86
1.036,57
1.211,43
1.477,01
1.851,11
55
1.012,68
1.144,67
1.362,02
1.689,94
2.149,56
2.736,93
60
1.288,82
1.569,59
1.983,56
2.558,90
3.296,37
4.013,28
4.8.4 Kapitallebensversicherung Typische Kostensätze für die gemischte Kapitallebensversicherung entsprechen denjenigen der lebenslangen Todesfallversicherung, denn auch für diese Versicherung wird es mit Sicherheit eine Auszahlung geben. Für die gemischte Kapitallebensversicherung der Höhe S für einen x-jährigen Mann bei njähriger Vertragslaufzeit und h-jähriger Beitragszahlungsdauer sind die drei Leistungsbarwerte LT
Sn Ax
LE
Sn E x
LK
D Z hB B D J Säx ,h E B B äx ,h J 1Sä x,h J 2 Sä x,n .
Mit der Gegenleistung des Versicherten GL
B B ä x ,h
folgt durch Gleichsetzen nach dem Äquivalenzprinzip B B ä x ,h D Z hB B E B B ä x ,h
Sn Ax Sn E x D J Säx ,h J 1Sä x ,h J 2 Sä x ,n .
Die jährliche Bruttoprämie B B ist somit B
B
S
n Ax
n E x (D J J 1 )äx ,h J 2 Säx ,n (1 E )äx ,h D Z h
176
4 Beitragsberechnung
und ausgedrückt in Kommutationswerten BB
S
M x M x n Dx n (D J J 1 J 2 ) N x (D J J 1 ) N x h J 2 N x n (1 E )( N x N x h ) D Z hDx
.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Bruttobeiträge der gemischten Kapitallebensversicherung über die Versicherungssumme 100.000 € für Männer. Dargestellt sind verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit. Wir setzen typische Kostensätze an und rechnen mit der Sterbetafel DAV2008TM. Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
20.757,65
10.155,10
6.634,85
4.886,76
3.848,99
3.168,59
25
20.748,75
10.146,36
6.629,01
4.884,83
3.852,89
3.180,05
30
20.746,74
10.148,16
6.635,55
4.898,68
3.875,99
3.214,09
35
20.754,96
10.162,91
6.660,19
4.934,97
3.925,53
3.280,11
40
20.778,42
10.202,05
6.714,08
5.004,69
4.015,05
3.399,50
45
20.834,09
10.276,84
6.807,47
5.122,05
4.170,25
3.615,61
50
20.913,64
10.386,73
6.950,16
5.316,12
4.446,57
3.987,55
55
21.041,02
10.565,52
7.203,06
5.684,72
4.944,65
4.618,00
60
21.249,71
10.904,46
7.715,81
6.377,05
5.820,80
5.668,33
Analog finden wir für weibliche Versicherte anhand der Sterbetafel DAV2008TF: Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
20.726,08
10.120,65
6.600,44
4.852,47
3.814,52
3.132,74
25
20.724,78
10.120,20
6.601,99
4.856,93
3.822,64
3.145,38
30
20.726,54
10.125,23
6.610,97
4.870,48
3.841,67
3.170,55
35
20.736,89
10.140,83
6.632,02
4.898,01
3.876,29
3.213,49
40
20.756,21
10.168,42
6.667,89
4.942,28
3.930,35
3.282,15
45
20.789,93
10.214,18
6.723,54
5.009,43
4.015,60
3.396,86
50
20.839,55
10.278,48
6.802,64
5.112,44
4.157,42
3.595,61
55
20.906,53
10.369,95
6.928,95
5.292,50
4.413,89
3.955,54
60
21.011,35
10.535,45
7.172,76
5.641,67
4.904,49
4.614,50
Die exemplarisch berechneten Bruttobeiträge der Erlebensfallversicherung und der Risikolebensversicherung addieren sich nicht zu den Bruttoprämien der Kapitallebensversicherung, da wir mit unterschiedlichen Parameterwerten und verschiedenen Sterbetafeln gerechnet haben.
4.8 Bruttoprämien
177
4.8.5 Rentenversicherung Typische Kostensätze für die lebenslange Rentenversicherung sind: Kostenart
Höhe
Bezugsgröße
Fälligkeit
DZ
40 ‰
Beitragssumme
einmalig bei Vertragsbeginn
DJ
0,5%
Jahresrente
vorschüssig für jedes Jahr der Beitragszahlungsdauer
E
3%
Jährlicher Beitrag
vorschüssig für jedes Jahr der Beitragszahlungsdauer
J1
1%
Jahresrente
vorschüssig für jedes Jahr bis zum Renteneintritt
J2
1,5%
Jahresrente
vorschüssig für jedes Jahr während des Rentenbezugs
Man beachte, dass die Kostensätze im Vergleich zu den anderen klassischen Produkten höhere Werte annehmen, da Jahresrenten im Allgemeinen viel kleiner als Versicherungssummen sind. Altersrentenversicherungen werden für gewöhnlich auf das Renteneintrittsalter z aufgeschoben. Die Aufschubzeit für einen ursprünglich x-Jährigen beträgt dann z x Jahre. Die Beitragszahlungsdauer endet gelegentlich schon vor Erreichen des Alters z. Der Bruttobeitrag B B für die Altersrentenversicherung der um z x Jahre aufgeschobenen lebenslangen jährlich vorschüssig zahlbaren Leibrente R eines ursprünglich x-jährigen Mannes mit Beitragszahlungsdauer von h Jahren, mit h d z x , kann anhand der Barwerte LE
Rz x|ax
LK
D Z hB B D J Rä x,h E B B ä x,h J 1Rä x, z x J 2 Rz x|ä x
GL
B B ä x ,h .
und mittels des Äquivalenzprinzips, LE LK B B ä x ,h D Z hB B E B B ä x ,h
Folglich ist
GL , berechnet werden:
Rz x|ax D J Rä x ,h J 1Rä x , z x J 2 Rz x|ä x .
178
4 Beitragsberechnung
BB
R
R
x z x| a
D J ä x ,h J 1ä x, z x J 2 z x|ä x (1 E )ä x,h D Z h
(1 J 2 J 1 ) N z (D J J 1 ) N x D J N x h (1 E )( N x N x h ) D Z hDx
.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt jährliche Bruttobeiträge für Männer und Frauen für die bis zum Renteneintrittsalter 65 aufgeschobene lebenslange Rentenversicherung. Die Beiträge sind jährlich vorschüssig bis zum Alter 65 zahlbar. Anhand der Sterbetafel DAV2004RM beziehungsweise DAV2004RF berechnen wir mit typischen Kostensätzen für verschiedene Eintrittsalter die äquivalente Bruttoprämie in Bezug auf die Jahresrente in Höhe von 12.000 €. Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
20
3.608,18
3.995,09
25
4.287,78
4.745,69
30
5.178,07
5.727,96
35
6.386,14
7.058,88
40
8.104,61
8.948,92
45
10.718,11
11.818,48
50
15.124,76
16.648,25
55
24.018,04
26.380,56
60
50.865,88
55.734,62
Falls der Versicherungsbeitrag vorgegeben und die Versicherungssumme gesucht ist, so erhält man durch Umstellen R
BB
(1 E )( N x N x h ) D Z hDx
(1 J 2 J 1 ) N z (J 1 D J ) N x D J N x h
.
Beispiel Die folgende Tabelle zeigt die jährliche Rente für Männer und Frauen ab dem Alter 65 für verschiedene Eintrittsalter. Wir verwenden typische Kostensätzen, die Sterbetafel DAV2004RM beziehungsweise DAV2004RF und gehen von einem Bruttojahresbeitrag von 1.200 €, zahlbar bis zum Alter 65, aus.
4.9 Kostenprämien
179
Alter / Geschlecht
Männer
Frauen
20
3.990,94
3.604,42
25
3.358,38
3.034,33
30
2.780,96
2.513,98
35
2.254,88
2.039,98
40
1.776,77
1.609,13
45
1.343,52
1.218,43
50
952,08
864,96
55
599,55
545,86
60
283,10
258,37
Man erkennt an diesen Prämien, wie wichtig es ist, vorzeitig für den Ruhestand vorzusorgen: beginnt man in jungen Jahren, so bekommt man für den gleichen Beitrag eine viel höhere Rente, als wenn man erst spät anfängt, an die Altersvorsorge zu denken.
4.9 Kostenprämien In diesem Abschnitt wollen wir unser Augenmerk ausschließlich auf die sonstigen Kosten richten. In diesem Zusammenhang ist es möglich, denjenigen Beitrag zu berechnen, der nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip benötigt wird, um die Vertragskosten einer klassischen Lebensversicherung zu decken. Mit Hilfe der im vorherigen Abschnitt eingeführten Kostensätze können die so genannten Kostenbarwerte berechnet werden. Jene lassen sich in Analogie zu Nettoeinmalbeiträgen als einmalige Kostenprämien interpretieren. Den unmittelbaren Abschlusskosten kommt eine gesonderte Rolle zu. Sie können bei der Berechnung des Kostenbarwerts vernachlässigt werden, da sie schon in der Form des Amortisationsbeitrags als Teil des gezillmerten Nettobeitrags ihre Berücksichtigung finden. Dadurch wird in der Beitragsberechnung eine Trennung der Vertragskosten in Abschlusskosten und sonstige Kosten darstellbar.
180
4 Beitragsberechnung
4.9.1 Todes- und Erlebensfallversicherung Wie wir gesehen haben, sind sich die reine Erlebensfallversicherung, die lebenslange Todesfallversicherung, die gemischte Kapitallebensversicherung einerseits und die temporäre Risikolebensversicherung andererseits in Bezug auf die vorgesehene Kostenstruktur ähnlich. Lediglich die typischen Werte für die Kostenparameter sind unterschiedlich. Aus diesem Grund, behandeln wir diese Versicherungen im Folgenden gemeinsam. Wir betrachten zunächst die temporäre Lebensversicherung. Der Barwert der sonstigen Kosten LK für eine derartige Versicherung mit Versicherungssumme S, jährlichem Bruttobeitrag B B , Beitragszahlungsdauer h Jahre, Versicherungsdauer n Jahre, Alter x ist LK
D J Sä x,h E B B ä x ,h J 1Sä x ,h J 2 Sä x,n .
Diesen Barwert der sonstigen Kosten hatten wir bereits zur Berechnung der Bruttoprämie kennen gelernt. Als Gegenleistung setzen wir den Barwert der jährlichen Kostenbeiträge B K an: GL
B K ä x ,h .
Gleichsetzen nach dem Äquivalenzprinzip liefert dann B K ä x ,h
D J Sä x ,h E B B ä x ,h J 1Sä x ,h J 2 Sä x,n
und folglich ist BK
S (D J J 1 )ä x ,h E B B ä x ,h SJ 2 ä x ,n ä x ,h
.
Ausgedrückt in Kommutationswerten ist der Kostenbeitrag somit BK
S (D J J 1 )( N x N x h ) E B B ( N x N x h ) SJ 2 ( N x N x n ) . N x N xh
Für die lebenslange Todesfallversicherung mit ebenso langer Beitragszahlungsdauer entfallen die Abzugsglieder im Zähler und Nenner, denn sowohl Kosten als auch Beiträge sind lebenslang fällig. Folglich taucht in diesem Fall der Kommutationswert N x sowohl im Zähler und Nenner auf und kann deshalb gekürzt werden. Die Formel für den Kostenbeitrag der lebenslangen Todesfallversicherung lautet somit BK
S (D J J 1 J 2 ) E B B .
Dieselbe Formel ergibt sich auch für die temporäre Lebensversicherungen, falls die Beitragszahlungsdauer gleich der Vertragslaufzeit ist. Man erkennt insbesondere, dass es notwendig ist, die Bruttoprämie B B der betrachteten Versicherung zu kennen, beziehungsweise zunächst zu ermitteln, um die Kostenprämie korrekt berechnen zu können.
4.9 Kostenprämien
181
Durch die Zerlegung der Kosten in unmittelbare Abschlusskosten und sonstige Kosten ergibt sich der folgende Zusammenhang zwischen Bruttoprämie, gezillmerter Nettoprämie, Amortisationsprämie und Kostenprämie: BB
BN B A BK
BZ BK .
Dabei muss darauf geachtet werden, dass die D Z -Kosten genau einmal berücksichtigt werden, nämlich nur bei der Berechnung der gezillmerten Nettoprämie. Es bleibt zu erwähnen, dass wir zur Berechnung der gezillmerten Nettoprämien angenommen hatten, dass sich die Abschlusskosten auf die Versicherungssumme beziehen. Für die Beispielrechnungen zur Bruttoprämien hatten wir festgelegt, dass sich die D Z -Kosten auf die Beitragssumme beziehen. Deshalb addieren sich die exemplarisch berechnete gezillmerte Prämie und die Kostenprämie aus unseren Beispielen nicht zum Bruttobeitrag. Beispiel Die folgende Grafik zeigt die Zusammensetzung des Bruttobeitrags der Erlebensfallversicherung. Es wird der prozentuale Anteil der Nettoprämie, der Amortisationsprämie und der Kostenprämie an der Bruttoprämie gezeigt. Wir betrachten dazu exemplarisch einen vierzigjährigen Mann und verschiedene Vertragslaufzeiten. Ferner gehen wir von der Versicherungssumme 100.000 € sowie typischen Kostensätzen aus. Anhand der Sterbetafel DAV2008TM ergibt sich dann folgendes Bild. Beitragszerlegung für die Erlebensfallversicherung DAV2008RM mit x =40 100% 90% 80%
Anteil
70% 60%
Amortisationsprämie Kostenprämie Nettoprämie
50% 40% 30% 20% 10% 0% 5
10
15
20
25
30
Laufzeit
Man erkennt, dass mit zunehmender Vertragsdauer der gesamte Kostenanteil steigt.
Beispiel Die Zusammensetzung des Bruttobeitrags der lebenslangen Todesfallversicherung lässt sich analog darstellen. Die Versicherungssumme ist hier 10.000 €. Weiterhin verwenden wir typische Kostensätze. Die unmittelbaren Abschlusskosten betragen hier 4% der Beitragssumme. Anhand der
182
4 Beitragsberechnung
Sterbetafel DAV2008TM ergibt sich folgendes Bild für Männer mit verschiedenen Eintrittsaltern. Beitragszerlegung für die lebenslange Todesfallversicherung DAV2008TM mit w =121 100% 90% 80%
Anteil
70% 60%
Amortisationsprämie Kostenprämie Nettoprämie
50% 40% 30% 20% 10% 0% 50
55
60
65
70
75
80
85
90
Alter
Gerade für hohe Eintrittsalter ist die Überlebenswahrscheinlichkeit gering. Dadurch wird der Anteil der Amortisationsprämie an der Bruttoprämie sehr hoch.
Beispiel Schließlich betrachten wir die Zusammensetzung der Bruttobeiträge der temporären Risikolebensversicherung über die Versicherungssumme 100.000 € für einen vierzigjährigen Mann bei verschiedenen Vertragslaufzeiten. Bei Verwendung typischer Kostensätze ergibt sich anhand der Sterbetafel DAV2008TM folgendes Bild: Beitragszerlegung für die Risikolebensversicherung DAV2008RM mit x =40 100% 90% 80%
Anteil
70% 60%
Amortisationsprämie Kostenprämie Nettoprämie
50% 40% 30% 20% 10% 0% 5
10
15
20 Laufzeit
25
30
4.9 Kostenprämien
183
Beispiel Schließlich lässt sich auch die gemischte Kapitallebensversicherung über 100.000 € analog anhand der Sterbetafel DAV1994TM für unsere exemplarischen Kostensätze analysieren. Wir betrachten wiederum einen vierzigjährigen Mann und verschiedene Vertragslaufzeiten. Beitragszerlegung für die Kapitallebensversicherung DAV2008TM mit x =40 100% 90% 80%
Anteil
70%
Amortisationsprämie Kostenprämie Nettoprämie Todesfall Nettoprämie Erlebensfall
60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 5
10
15
20
25
30
Laufzeit
4.9.2 Rentenversicherung Die Kostensätze der Rentenversicherung unterscheiden sich strukturell von denen der anderen klassischen Lebensversicherungsprodukte. Als typische Bezugsgröße der laufenden Kosten haben wir hier die Rente. Der Kostenbarwert der sonstigen Kosten für die um m Jahre aufgeschobenen lebenslangen Rentenversicherung mit versicherter Jahresrente R, jährlichem Bruttobeitrag B B , Beitragszahlungsdauer h Jahre, Alter x ist: LK
D J Rä x,h E B B ä x,h J 1Rä x ,m J 2 Rm|ä x .
Als Gegenleistung haben wir GL BK
B K ä x ,n und somit ist nach dem Äquivalenzprinzip
D J Rä x ,h E B B ä x ,h J 1Rä x ,m J 2 Rm|ä x ä x ,h
.
In Kommutationswerten gilt BK
( E B B R (D J J 1 )) N x ( E B B RD J ) N x h R(J 2 J 1 ) N x m . N x N x h
184
4 Beitragsberechnung
Beispiel Für die lebenslange Altersrentenversicherung mit Beitragszahlungsdauer bis zum Renteneintrittsalter von 65 Jahren haben wir die Zusammensetzung der Beiträge für verschiedene Eintrittsalter anhand der Basissterbetafel DAV2004RM für die Jahresrente in Höhe von 12.000 € bei typischen Kostensätzen in der folgenden Grafik dargestellt. Beitragszerlegung für die Leibrentenversicherung DAV2004RM mit z =65 100% 90% 80%
Anteil
70% 60%
Amortisationsprämie Kostenprämie Nettoprämie
50% 40% 30% 20% 10% 0% 20
25
30
35
40
45
50
55
60
Alter
Der typische Kostenanteil für Altersrentenversicherungen ist deutlich geringer als für die übrigen klassischen Lebensversicherungen.
4.10 Tarifprämien In der Praxis gibt es weitere Kostenparameter, die berücksichtigt werden. Zunächst gibt es den Stückkostenzuschlag, der als absoluter Geldbetrag zur Bruttoprämie addiert wird. Dadurch werden insbesondere diejenigen Kosten abgedeckt, die unabhängig vom Beitrag und der Versicherungssumme für jeden Vertrag gleichermaßen anfallen. Des Weiteren sind Ratenzuschläge und Ratenabschläge zu erwähnen. Üblicherweise wird für den Übergang von monatlichen Beiträgen zu vierteljährlichen Prämien ein Abschlag von 1% gewährt. Für halbjährliche Prämienzahlungsweise beträgt der Abschlag 2%. Wenn die Beiträge jährlich vorschüssig gezahlt werden, gibt es dafür einen Abschlag von 4%. Im Hinblick auf die Versicherungssumme gibt es den so genannten Summenrabatt und Summenzuschlag. Aus kaufmännischer Sicht macht es Sinn, die Kosten für große Verträge zu verringern und für kleine Versicherungssummen zu erhöhen. Andererseits kann ein Versicherungsunternehmen durch aktuarielle Analysen zu der Einsicht gelangen, dass die Sterblichkeit des Versicherten von der Versicherungssumme abhängt. So stellt man zum Beispiel in weniger entwickelten Märkten fest, dass für Versicherungsverträge mit hohen Versicherungssummen eine erhöhte Sterblichkeit vorliegt.
4.10 Tarifprämien
185
Die Gefahr, dass der Versicherungsnehmer mehr über seinen Gesundheitszustand weiß als der Versicherer, nennt man das subjektive Risiko. Dieser Umstand kann einen Versicherungssummenzuschlag notwendig machen. In ausgereiften Märkten beobachtet man hingegen, dass Individuen mit einem echten Bedarf an hohen Versicherungssummen im Schnitt ein gesünderes und unfallfreieres Leben führen. Unter diesen Umständen mag ein Summenrabatt vertretbar sein. Schließlich gibt es die so genannten Risikozuschläge, die sich an dem gesundheitlichen Zustand, den Lebensumständen, der Freizeitgestaltung, dem Beruf und anderen sozioökonomischen oder geo-demografischen Merkmalen orientieren. Die Festsetzung geeigneter Zuschläge erfolgt im Allgemeinen durch die interne Risikoprüfung. Aus aktuarieller Sicht wäre es wünschenswert, diese Zuschläge auf die Sterbewahrscheinlichkeiten zu beziehen. In der Praxis wird stattdessen der Einfachheit halber oft die Bruttoprämie als Bezugsgröße gewählt. Aus Wettbewerbsgründen werden Risikorabatte immer bedeutender. Üblicherweise bekommen Nichtraucher in Deutschland einen Risikorabatt für Risikolebensversicherungen. Sie bezahlen eine geringere Prämie oder erhalten einen höheren Versicherungsschutz. Gleichermaßen gibt es gerade in angelsächsischen Märkten Risikoabschläge für Raucher in Bezug auf Rentenversicherungen. Da man annimmt, dass Raucher früher sterben, können sie nach dem Äquivalenzprinzip eine höhere Rente bekommen. Es bleibt noch anzumerken, dass die Sterblichkeit in der Realität von weitaus mehr Einflussfaktoren als dem Alter und dem Geschlecht abhängt. Der praktischen Produktgestaltung sind hier im Prinzip keine Grenzen gesetzt. Vor der Einführung eines Produktes mit einer Prämiendifferenzierung ist jedoch der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, den wir bereits im Zusammenhang mit der Herleitung biometrischer Rechnungsgrundlagen erwähnt hatten. Insbesondere folgt daraus, dass Beiträge nicht nach dem Nachfrageprinzip festgelegt werden dürfen. Klassische Preisoptimierung mit dem Ziel der Preisdifferenzierung durch Kundensegmentierung auf der Grundlage der Zahlungsbereitschaft der Versicherten erscheint in diesem Licht unzulässig. Die geforderte Gleichheit ist für alle vertraglichen Leistungen sicher zu stellen. Unterschiedliche Behandlungen müssen analytisch begründbar sein und statistisch nachgewiesen werden. Das Auffinden von Risiken mit geringer Schadeneintrittswahrscheinlichkeit ist auch in der Lebensversicherung von großer Bedeutung. Für Versicherungen mit Todesfallcharakter werden diejenigen Antragssteller herausgefiltert, die sich besonders guter Gesundheit erfreuen. Im angelsächsischen Raum spricht man in diesem Zusammenhang von Preferred Lives Produkten. Für bevorzugte Risiken ist es möglich, die Beiträge zu reduzieren. Dadurch kann sich ein Unternehmen letztendlich einen Wettbewerbsvorteil im Markt verschaffen und sowohl den Umsatz als auch den Gewinn steigern. Im Bezug auf Rentenversicherungen spricht man im Zusammenhang der Selektion von Risiken von Impaired Annuities. Personen, die gemäß statistischen Untersuchungen eine geringere Lebenserwartung haben, verursachen kürzere Rentenzahlungen. Im Gegenzug kann man die Rentenhöhe anheben. So können Raucher bei ansonsten gleichen Vertragsbedingungen eine höhere Rente bekommen als Nichtraucher. Abschließend beurteilt, lässt sich die Beitragsgestaltung in der Lebensversicherung wie folgt in einer kaufmännischen Darstellung zusammenfassen:
186
4 Beitragsberechnung
Nettobeitrag +
Amortisationsbeitrag für unmittelbare Abschlusskosten
=
Gezillmerter Nettobeitrag Gezillmerter Nettobeitrag
+
Kostenbeitrag für sonstige Kosten
=
Bruttobeitrag Bruttobeitrag
+
Zuschläge
í
Abschläge
=
Tarifbeitrag
In versicherungsmathematischer Form halten wir die beiden wesentlichen Formeln zur Beitragsberechnung fest. Die gezillmerte Prämie setzt sich aus der Nettoprämie und der Amortisationsprämie zusammen: BZ
BN B A .
Der Bruttoprämie ist die Summe aus gezillmerter Nettoprämie und Kostenprämie: BB
BZ BK .
Anhand der Bruttoprämie wird ferner die Tarifprämie BT gemäß dem Geschäftsplan berechnet, der die unternehmenseigenen Zuschläge und Abschläge dokumentiert.
4.11 Ausgewählte Produktbeispiele Wir haben nun die Grundlagen zur Beitragsberechnung anhand der klassischen Produkte der Lebensversicherung kennen gelernt. Das dargestellte Kalkül lässt sich auf sämtliche Produktvarianten anwenden. In diesem Kapital werden einige spezielle Lebensversicherungen vorgestellt und durchgerechnet.
4.11.1 Ausbildungsversicherung In der Ausbildungsversicherung, auch Termefixversicherung genannt, ist die Versicherungssumme unabhängig vom Tod oder Erleben auf jeden Fall fällig. Der Versicherungsnehmer leistet die anfälligen Beiträge allerdings nur bis zu seinem eigenen Tod. Anwendung findet diese Versicherung insbesondere bei Sparvorgängen in Bezug auf die Finanzierung
4.11 Ausgewählte Produktbeispiele
187
eines Studiums oder auf die Aussteuer für die spätere Heirat des eigenen Kindes. Wir betrachten folgende konkrete Situation. Ein dreißigjähriger Mann möchte für sein neugeborenes Baby vorsorgen. Zu diesem Zweck schließt er eine Ausbildungsversicherung ab, die dem Sprössling nach genau achtzehn Jahren ein Startkapital in Höhe von 50.000 € zur Verfügung stellt. Mit Hilfe der Leistungsbarwerte lässt sich die jährliche Bruttoprämie berechnen. Dabei gehen wir von typischen Kostensätzen für die Erlebensfallversicherung aus. Die Besonderheit in diesem Beispiel liegt darin, dass die Leistung unabhängig vom Überleben des Kindes und des Familienvaters garantiert ist. Wir haben also LS
Sv n
LK
D Z nB B D J Sä x,n E B B ä x,n J 1Sä x ,n J 2 Sä x,n
GL
B B ä x ,n .
Durch Gleichsetzen von Gesamtleistung und Gegenleistung erhalten wir zunächst B B ä x ,n E B B äx ,n D Z nB B
Sv n D J Sä x ,n J 1Sä x ,n J 2 Sä x ,n .
Daraus folgt BB
S
v n (D J J 1 J 2 )ä x ,n (1 E )ä x ,n D Z n
S
v n Dx (D J J 1 J 2 )( N x N x n ) . (1 E )( N x N x n ) D Z nDx
Für die Tarifierung verwenden wir aus Vorsichtsgründen die Sterbetafel DAV2008TM. Denn je mehr Sterbefälle angenommen werden, umso weniger Beitragszahler gibt es in späteren Versicherungsjahren. Der Versicherungsbeitrag ist also höher als bei Verwendung der Sterbetafel DAV2004RM. Konkret berechnen wir: BB
50.000
1,022518 D30 0, 00525( N 30 N 48 ) 0,97( N 30 N 48 ) 0,72 D30
2.727,79 .
Demnach muss der frischgebackene Familienvater jährlich vorschüssig 2.727,79 € in die Versicherung einzahlen.
4.11.2 Kapitallebensversicherung für Berufseinsteiger Ein Lebensversicherungsunternehmen bietet eine gemischte Kapitallebensversicherung speziell für Berufseinsteiger an. Da das verfügbare Geld am Anfang knapp ist, soll der Beitrag in den ersten fünf Versicherungsjahren so gering wie möglich sein. Wir betrachten dazu exemplarisch einen fünfundzwanzigjährigen Mann, der eine vierzigjährige Kapitallebensversicherung über 100.000 € abschließt. Es stellt sich die Frage, wie groß der Beitrag einerseits in den ersten fünf Jahren und andererseits in den darauf folgenden fünfunddreißig Jahren sein soll. Die Lösung ergibt sich aus dem wiederholter Betrachtung des Problems auf der Grundlage des versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzips. Die reduzierte Prämie B I in den
188
4 Beitragsberechnung
ersten fünf Jahren muss mindestens so hoch sein, dass die Todesfallleistung und die Kosten in diesem Zeitraum abgedeckt sind. Damit haben wir folgende Leistungsbarwerte zu betrachten LT
S5 Ax
LK
D Z 5B I D J Sä x,5 E B I ä x,5 J 1Sä x,5 J 2 Sä x,5 .
Die Gegenleistung des Versicherungsnehmers in den ersten fünf Jahren ist GL
B I ä x ,5 .
Damit erhalten wir durch Gleichsetzen von Leistung und Gegenleistung B I ä x ,5 E B I ä x,5 D Z 5B I
S5 Ax (D J J 1 J 2 ) Sä x ,5
und folglich BI
S
5 Ax
(D J J 1 J 2 )ä x ,5
(1 E )ä x,5 D Z 5
S
( M x M x 5 ) (D J J 1 J 2 )( N x N x 5 ) . (1 E )( N x N x 5 ) D Z 5D25
Anhand der DAV2008TM ist für typische Kostenwerte: BI
100.000( M 25 M 30 ) 525( N 30 N 35 ) 0,97( N 25 N 30 ) 0, 2 D25
83,03
Um den Beitrag B II für das sechste bis vierzigste Versicherungsjahr zu berechnen, wenden wir abermals das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip an. Über die gesamte Vertragslaufzeit gesehen, gilt: LE
Sn E x
LT
Sn Ax
LK
D Z 5B I D Z ( n 5) B II D J Sä x ,n E B I ä x,5 E B II 5|ä x,n 5 J 1Sä x,n J 2 Sä x,n .
Die Gegenleistung des Berufseinsteigers ist GL
B I ä x ,5 B II 5|ä x ,n 5 .
Nach dem finanzmathematischen Äquivalenzprinzip erhalten wir zunächst B II 1 E B II 5|ä x ,n 5 D Z ( n 5) B II Sn E x Sn Ax S (D J J 1 J 2 )ä x ,n B I D Z 5 B I ( E 1)ä x ,5
und sodann B
II
Sn E x Sn Ax S (D J J 1 J 2 )ä x ,n B I D Z 5 B I ( E 1)ä x ,5 (1 E )5| ä x ,n 5 D Z ( n 5)
In Kommutationswerten ausgedrückt, ist der Beitrag folglich
.
4.11 Ausgewählte Produktbeispiele
B II
S
189
( Dx n M x M x n ) (D J J 1 J 2 )( N x N x n )
BI
(1 E )( N x 5 N x n ) D Z ( n 5) Dx
D Z 5Dx ( E 1)( N x N x 5 ) . (1 E )( N x 5 N x n ) D Z (n 5) Dx
Mit der der DAV2008TM haben wir im Speziellen bei typischen Kostensätzen: B II
100.000( D65 M 25 M 65 ) 525( N 25 N 65 ) B I 0, 2 D25 0,97( N 25 N 30 ) 0, 97( N 30 N 65 ) 1, 4 D25
.
Somit ist der Beitrag in den ersten fünf Jahren 83,03 € und in den darauf folgenden 35 Jahren 2.207,76 €. Die Prämie in den ersten fünf Jahren ist gerade ausreichend, um den Todesfallschutz zu bezahlen und die anteiligen Kosten zu decken. Der Ansparprozess für die Erlebensfallleistung beginnt erst nach fünf Jahren.
4.11.3 Erlebensfallsversicherung mit Beitragsrückgewähr Bei der Erlebensfallversicherung steht mittel- oder langfristiges Sparen im Vordergrund. Mit periodischen Prämien wird gezielt ein Kapital angespart, das zum gewünschten Zeitpunkt zur Verfügung steht. Damit die eingezahlten Beiträge für die Erben nicht verloren gehen, wird zusätzlich eine Beitragsrückgewähr vereinbart. Im Todesfall wird die Summe der geleisteten Beiträge ausgezahlt. Ein vierzigjähriger Mann möchte für seinen Ruhestand vorsorgen. Dazu schließt er eine Erlebensfallversicherung in Höhe von 100.000 € ab, zahlbar nach 25 Jahren. Bei seinem vorzeitigem Ableben soll seine Familie die eingezahlten Beiträge unverzinst ausbezahlt bekommen. Zunächst berechnen wir die Versicherungsleistungsbarwerte. Dabei gehen wir von typischen Kostensätzen für die Erlebensfallversicherung aus. Die Beitragsrückgewähr im Todesfall lässt sich durch den Barwertfaktor der arithmetisch steigenden Risikolebensversicherung modellieren: LE
Sn E x
LT
B B n ( IA) x
LK
D Z nB B D J Säx ,n E B B äx ,n J 1Sä x,n J 2 Sä x,n .
Die Gegenleistung des Versicherungsnehmers ist GL
B B ä x ,n .
Das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip liefert dann zunächst B B ä x ,n B B n ( IA) x E B B ä x ,n D Z nB B
sowie nach Umformung
Sn E x D J Sä x,n J 1Säx ,n J 2 Sä x,n
190
4 Beitragsberechnung
BB
S
S
n Ex
(D J J 1 J 2 )ä x ,n
(1 E )äx ,n D Z n n ( IA) x Dx n (D J J 1 J 2 )( N x N x n )
(1 E )( N x N x n ) D Z nDx Rx Rx n nM x n
und hier speziell anhand der DAV2004RM bei typischen Kostensätzen 100.000 D65 525N 40 525N 65 0,97 N 40 0, 97 N 65 D40 R40 R65 25M 65
BB
3.798,66
Der Bruttobeitrag beträgt also 3.798,66 €.
4.11.4 Sterbegeldversicherung Für die lebenslange Todesfallversicherung gibt es eine klassische Produktvariante für die Zielgruppe der älteren Leute. Die Sterbegeldversicherung entspricht dem Kundenwunsch, ein ordentliches Begräbnis zu erhalten. Denn eine Sterbegeldversicherung bietet hier die Möglichkeit, die Bestattung im Voraus zu finanzieren. Gewisse Anbieter im Markt haben sich auf dieses Produkt mit der Zielgruppe älterer Kunden spezialisiert. Bei diesem Produkt steht die Versicherungssumme im Fordergrund. Es stellt sich also die Frage, wie viel Versicherungsschutz kann sich der Kunde mit einer vorgegebenen Versicherungsprämie kaufen. Zunächst berechnen wir die Barwerte hinsichtlich der Todesfallleistung und Kostenleistung. Dabei gehen wir von typischen Kostensätzen für die Todesfallversicherung aus: LT
SAx
LK
D Z (Z 1 x ) D J Sä x E B B ä x J 1Sä x J 2 Sä x .
Die Gegenleistung des Versicherungsnehmers ist B B äx
GL
und das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip liefert durch Gleichsetzen SAx (D J J 1 J 2 ) Sä x
B B ä x E B B ä x (Z x 1)D Z B B .
Daraus folgt S
BB
(1 E )ä x (Z 1 x )D Z Ax (D J J 1 J 2 )äx
BB
(1 E ) N x D Z (Z 1 x ) Dx M x (D J J 1 J 2 ) N x
.
Wir gehen von typischen Kostensätzen aus und setzen eine jährliche Bruttoprämie in Höhe von 600 € an. Dann ist anhand der DAV2008TM für einen sechzigjährigen Mann S
1.200
0,97 N 60 2, 48D60 M 60 0,00525 N 60
9.678,66 .
4.11 Ausgewählte Produktbeispiele
191
Man erkennt also, dass ein 60-Jähriger Mann mit einem Bruttobeitrag von jährlich 600 € die Todesfallleistung in Höhe von 9.678,66 € finanzieren kann.
4.11.5 Risikolebensversicherung mit Beitragsrückgewähr Insbesondere bei eher kürzeren Risikolebensversicherungen mag der Versicherte ein Interesse daran haben, auf jeden Fall etwas Greifbares von der Versicherung zu bekommen. Ein dreißigjähriger Mann braucht zur Absicherung einer Investitionen in Höhe von 100.000 € eine zehnjährige Risikolebensversicherung. Da sein Ableben aufgrund seines jungen Alters eher unwahrscheinlich ist, vereinbart er Beitragsrückgewähr im Erlebensfall. Anhand der DAV2008TM berechnen wir also den jährlichen Bruttobeitrag mit typischen Kostensätze für die Risikolebensversicherung und vergleichen jenen mit der Bruttoprämie für die Risikolebensversicherung ohne Beitragsrückgewähr Zunächst sind die Leistungsbarwerte: LT
Sn Ax
LE
nB B n E x
LK
D Z nB B D J Säx ,n E B B äx ,n J 1Sä x,n J 2 Sä x,n .
Der Prämienbarwert ist GL
B B ä x ,n .
Durch Gleichsetzen der gesamten Leistung und der Gegenleistung folgt B B ä x ,n E B B ä x,n D Z nB B nB B n E x
Sn Ax (D J J 1 J 2 ) Sä x ,n .
Daraus folgt B
B
S
S
n Ax
(D J J 1 J 2 )ä x ,n
(1 E )ä x ,n D Z n nn E x M x M x n (D J J 1 J 2 )( N x N x n ) (1 E )( N x N x n ) D Z nDx nDx n
.
Speziell für die angegebenen Parameter und typische Kostenwerte ist anhand der DAV2008TM BB
100.000( M 30 M 40 ) 490( N x N x n ) 0, 97( N 30 N 40 ) 0, 4 D30 10 D40
12.146,39 .
Die Todesfallleistung dieser Risikolebensversicherung mit Beitragsrückgewähr wird durch die Zinsen auf die eingezahlten Beiträge finanziert. Im Vergleich dazu steht die Bruttoprämie B B der Risikolebensversicherung ohne Beitragsrückgewähr, die sich bei typischen Kostenwerten wie folgt darstellt:
192
4 Beitragsberechnung
B B
100.000( M 30 M 40 ) 490( N x N x n ) 0, 97( N 30 N 40 ) 0, 4 D30
624, 49 .
Aufgrund der großen Differenz der Prämien darf bezweifelt werden, ob sich eine Risikolebensversicherung mit Beitragsrückgewähr am Markt durchsetzen kann.
4.11.6 Kreditlebensversicherung Die Kreditlebensversicherung deckt das Todesfallrisiko des Kreditnehmers. Im Fall des vorzeitigen Ablebens der versicherten Person werden die Erben von den Rückzahlungsverpflichtungen des Kredits befreit. Ein fünfundzwanzigjähriger Student kauft sich ein Cabrio für 10.000 €, das er über einen Kredit mit Laufzeit von vier Jahren und einer Effektivverzinsung von 6% finanziert. Die Ratenzahlung erfolge dabei durch jährlich nachschüssige Annuiäten. Das Todesfallrisiko werde durch eine vierjährige Risikolebensversicherung abgedeckt, deren Leistung zum Jahresende jeweils der um ein Jahr aufgezinsten Restschuld vom Jahresanfang entspricht. Zunächst berechnet man die Annuität des Kredits aus dem finanzmathematischen Ansatz 10.000
Aa4 .
Folglich ist A
10.000 0,06 1 (1,06) 4
2.885, 91
Die Restschulden, das heißt, die Kontostände am jeweiligen Jahresende ergeben sich dadurch zu K0
10.000
K1
K0 1,06 A 7.714,09
K2
K1 1,06 A 5.291, 02
K3
K 2 1,06 A 2.722,56
K4
K3 1,06 A 0 .
Damit stehen die Todesfallleistungen fest: T0
K01,06 10.600
T1
K11,06 8.176,93
T2
K 2 1,06 5.608, 48
T3
K31,06 2.885,91 .
Somit berechnet man den Todesfallbarwert als Summe von aufgeschobenen, einjährigen Todesfallversicherungen: n
LT
¦ Tk
k 0
C x k C C C C T0 25 T1 26 T2 27 T3 28 Dx D25 D25 D25 D25
21, 21 .
4.11 Ausgewählte Produktbeispiele
193
Als Bezugsgröße für die Kosten haben wir hier anstelle der Todesfallsumme die Kreditsumme gewählt. Der Kostenbarwert lautet somit LK
D Z nB B D J Sä x ,n E B B ä x ,n J 1Sä x,n J 2 Sä x,n .
Der Prämienbarwert andererseits ist GL
B B ä x ,n .
Nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip muss Gesamtleistung gleich Gegenleistung sein. Also gilt B B ä x ,n E B B ä x ,n D Z nB B
LT S (D J J 1 J 2 )ä x ,n
und daraus folgt B
B
LT S (D J J 1 J 2 )ä x ,n (1 E )ä x,n D Z n
LT Dx S (D J J 1 J 2 )( N x N x n ) (1 E )( N x N x n ) D Z nDx
.
Im Speziellen finden wir BB
38,05D25 49( N 25 N 29 ) 0,97( N 25 N 29 ) 0,016 D25
5, 69
Demnach beträgt der jährliche Bruttobeitrag 5,69 €. Dieser Wert ist so gering, dass dem Studenten der Abschluss einer solchen Versicherung leicht fallen mag.
4.11.7 Hypothekenlebensversicherung Die Hypothekenversicherung deckt das Todesfallrisiko des Schuldners. Im Gegensatz zur Kreditlebensversicherung wird die Restschuld nicht exakt berechnet, sondern durch eine linear fallende Todesfallsumme approximiert. Zur Finanzierung seines Eigenheims nimmt ein 35-Jähriger Mann eine Hypothek in Höhe von 200.000 € auf, die er über 25 Jahre abzuzahlen gedenkt. Die Restschuld wird näherungsweise durch eine linear fallende Risikolebensversicherung, die jährlich gleichmäßig fällt, gegen seinen Tod abgesichert. Anhand der DAV2008TM berechnen wir den jährlichen Bruttobeitrag mit typischen Kostensätzen für die Risikolebensversicherung. Bezugsgröße für die Kosten ist die mittlere Kreditsumme von 100.000 €. Zunächst sind die Leistungsbarwerte: LT
S n ( DA) x )
LK
D Z nB B D J
GL
B B ä x ,n .
S S S ä E B B ä x,n J 1 ä x ,n J 2 ä x ,n 2 x ,n 2 2
Das Äquivalenzprinzip liefert dann zunächst
194
4 Beitragsberechnung
B B ä x ,n E B B ä x ,n D Z nB B
S n ( DA) x
S J (D J 1 J 2 )ä x,n 2
und durch Umformung B
B
S J (D J 1 J 2 )ä x,n 2 . (1 E )ä x,n D Z n
S n ( DA) x
Ausgedrückt in Kommutationswerten ist B
B
S S ( nM x Rx 1 Rx n 1 ) (D J J 1 J 2 )( N x N x n ) 2 n . (1 E )( N x N x n ) D Z nDx
Speziell für die angegebenen Parameter ist BB
200.000 M 35 8.000( R36 R61 ) 490( N 35 N 60 ) 0,97( N 35 N 60 ) D25
1.717,97 .
Der jährliche Bruttobeitrag ist als 1.717,97 €.
4.11.8 Aufgeschobene Altersrentenversicherung mit Beitragsrückgewähr Bei der privaten Altersrentenversicherung geht es um die Absicherung des Altersruhestandes. Mit periodischen Prämien wird gezielt ein Kapital angespart, das zum gewünschten Zeitpunkt zur Verrentung zur Verfügung steht. Bei unserem exemplarischen Produkt sollen im Todesfall vor Rentenbeginn die bereits eingezahlten Beiträge ausgezahlt werden. Ein dreißigjähriger Mann möchte für seinen Ruhestand vorsorgen. Dazu schließt er eine private Altersrentenversicherung ab, die ihm ab Alter 65 eine jährliche Rente von 6.000 € zusichert. Bei vorzeitigem Ableben soll seine Familie die bis dahin eingezahlten Beiträge unverzinst ausgezahlt bekommen. Zunächst stellen wir die Versicherungsleistungsbarwerte auf: LR
R z x| ax
LT
B B z x ( IA) x
LK
D Z ( z x ) B B D J Rä x, z x E B B ä x, z x J 1Rä x, z x J 2 Rz x|ä x .
Die Gegenleistung des Versicherungsnehmers ist GL
B B äx,z x .
Das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip mit L GL liefert dann B B ä x , z x E B B ä x, z x D Z ( z x ) B B z x ( IA) x B B R (1 J 2 ) z x| ä x D J Rä x , z x J 1Rä x, z x .
4.11 Ausgewählte Produktbeispiele
195
Somit folgt allgemein BB
R
(1 J 2 ) z x| ä x (D J J 1 )ä x , z x (1 E )ä x , z x D Z ( z x ) z x ( IA) x
und in Kommutationswerten BB
R
(D J J 1 ) N x (1 J 2 D J J 1 ) N z
(1 E )( N x N z ) D Z ( z x ) Dx Rx Rz ( z x ) M z
.
Speziell anhand der DAV2004RM ist BB
90 N 30 6.000 N 65 0,97( N 30 N 65 ) 1, 4 D30 R30 R65 35M 65
2.679,57 .
Um in den Genuss einer lebenslangen jährlichen Rente in Höhe von 6.000 € ab dem Alter 65 zu kommen, zahlt der Versicherte 35 Jahre lang jährlich vorschüssig 2.679,57 € in die Versicherung ein.
4.11.9 Sofortige Altersrentenversicherung gegen Einmalbeitrag Bei Erreichen des Rentenalters stellt sich aktuell die Frage der Finanzierung des Altersruhestandes. Oftmals steht ein größerer Geldbetrag, beispielsweise aus einer Kapitallebensversicherung oder einer Erbschaft zur Verfügung, der ganz oder teilweise verrentet werden soll. Wir betrachten hier einen fünfundsechzigjährigen Mann, der gegen einen Einmalbeitrag von 50.000 € eine lebenslange Rente mit einer Garantiezeit von 10 Jahren finanzieren möchte. Zunächst berechnen wir wie gewohnt die Versicherungsleistungsbarwerte mit typischen Kostensätzen für die Rentenversicherung: LR
R g ax
LK
D Z B BE D J R E B BE J 1R J 2 Rä x .
Die Gegenleistung des Versicherungsnehmers ist GL
B BE
und das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip, L GL , liefert dann Räg g| ä x D J J 1 J 2 ä x
B BE E B BE D Z B BE .
Durch Auflösen der Gleichung nach der gesuchten Rentenhöhe erhalten wir R
B BE
1 E D Z äg g | ä x D J J 1 J 2 ä x
Anhand der DAV2004RM ist
B BE
1 E D Z N 1 v g N x g D J J1 J 2 x 1 v Dx Dx
.
196
4 Beitragsberechnung
R
50.000 0,93 10
1 1,0225
N N 75 0, 015 0,025 65 1 D D65 1 1,0225 65
2.175, 45 .
Aus dem Einmalbeitrag kann eine jährliche Rente in Höhe von 2.175,45 € finanziert werden.
4.11.10 Fachspezifische Arbeitsweise Anhand der obigen Produktbeispiele ist die Vorgehensweise zur Beitragsberechnung deutlich geworden, deren einzelne Schritte hier noch einmal zusammengefasst werden.
1) Aufstellen der Barwerte für die Erlebensfallleistung, Todesfallleistung, Rentenleistung und Kostenleistung des Versicherungsunternehmens in parametrisierter Form 2) Aufstellen des Barwerts der Gegenleistung des Versicherungsnehmers in parametrisierter Form 3) Gleichsetzen von Leistung und Gegenleistung gemäß dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip 4) Auflösen der erhaltenen Gleichung nach der gesuchten Größe 5) Einsetzen der gegebenen Vertragsparameter 6) Einsetzen der speziellen Zahlenwerte für die Kommutationswerte
5 Deckungsrückstellungen Im Kapitel zur Beitragsberechnung haben wir uns damit beschäftigt, Beiträge zu berechnen, die über die gesamte Vertragslaufzeit konstant bleiben oder aber sich nach einer vorgeschriebenen Dynamik ändern. Diese Zahlungsweise ist in der Versicherungspraxis die Regel; andere Arten sind jedoch denkbar und gerade in weniger entwickelten Versicherungsmärkten durchaus üblich. Beispielsweise könnte vereinbart werden, dass die jährliche Prämie dem für das laufende Jahr ermittelten Barwert der erwarteten Versicherungsleistungen entspricht. Diesen sich jährlich ändernden Beitrag nennt man die natürliche Prämie für das entsprechende Versicherungsjahr. Das Todesfallrisiko erhöht sich üblicherweise mit steigendem Alter. Denn die Wahrscheinlichkeit zu sterben, wird mit jedem Lebensjahr größer. Für Todesfallversicherungen wächst somit die natürliche Prämie mit der Zeit. Im Allgemeinen wird in der Lebensversicherung stets eine gleich bleibende Prämie vereinbart. Dieser Beitrag ist im Anfang höher und zum Vertragsende niedriger als die natürliche Prämie. Das folgende Beispiel illustriert den Zusammenhang zwischen natürlicher Prämie und Nettoprämie anhand der Risikolebensversicherung. Beispiel Betrachten wir am Beispiel der zehnjährigen Risikolebensversicherung über 100.000 € für einen vierzigjährigen Mann den konstanten Nettobeitrag im Vergleich mit den natürlichen Prämien anhand der Sterbetafel DAV2008TM. Der natürliche Beitrag Bxnat t für einen ursprünglich x-Jährigen nach Vollendung von t Versicherungsjahren ergibt sich dabei als Barwert der einjährigen Todesfallversicherung im Alter x t : Bxnat t
S 1 Ax t
100.000
C40t D40 t
0dt d9 .
Die natürliche Prämie kann somit als Barwert der erwarteten Versicherungsleistung für das laufende Versicherungsjahr aufgefasst werden. Zum Vergleich ist der konstante jährliche Nettobeitrag BN
S
n Ax ä x ,n
100.000
M 40 M 50 N 40 N 50
222,05 .
Die folgende Abbildung verdeutlicht die natürliche Prämie im Vergleich mir der konstanten Nettoprämie im Verlauf der Zeit.
198
5 Deckungsrückstellungen
Vergleich natürliche Prämie und konstante Nettoprämie für die Risikolebensversicherung (x =40, n =10) - DAV2008TM 400 € 350 €
Euro
300 € 250 € 200 € 150 € 100 € 50 € 0€ 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Jahr Natürliche Prämie
Nettoprämie
Man erkennt deutlich, dass der natürliche Beitrag anfangs geringer und zum Ende der Vertragslaufzeit höher als der Nettobeitrag ist. Es ergibt sich eine Diskrepanz zwischen den realen Beitragseinnahmen und den erwarteten Ausgaben für Leistungsfälle. Diese Differenzen können nicht als echte Gewinne oder Verluste angesehen werden, denn über die gesamte Vertragslaufzeit ist nach dem Äquivalenzprinzip der Barwert aus Leistungen und Gegenleistungen identisch.
Aus obigem Beispiel erkennt man die Notwendigkeit einer Kontoführung. Da die Sterbewahrscheinlichkeiten mit zunehmendem Alter steigen, werden die gleich bleibenden jährlichen Nettobeiträge anfangs nicht vollständig zur Deckung der erwarteten Versicherungsleistungen benötigt. Die Differenz wird in einer so genanten Reserve angesammelt und verzinst. Sobald in höherem Alter die natürliche Prämie die Nettoprämie übersteigt, wird der fehlende Betrag dem Guthaben entnommen. Bei Ablauf der Versicherung liegt der Kontostand bei null, da der Beitrag nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip berechnet wird. Für die Bezeichnung dieses Kontos gibt es verschiedene synonyme Begriffe: Reserve, Rückstellung, Deckungsrückstellung und Deckungskapital. Die Kontoführung ist insbesondere für Versicherungen mit Erlebensfallleistungen oder Rentenleistungen von großer Bedeutung. Dabei dient die Reserve dazu, die Ablaufleistungen anzusparen. Anhand einer versicherungstechnischen Kontostaffelrechnung wollen wir die Entwicklung der Reserve für eine gemischte Kapitallebensversicherung nachvollziehen.
199
5 Deckungsrückstellungen
Beispiel Wir betrachten den jährlichen Nettobeitrag für die Kapitallebensversicherung über 100.000 € für einen 25-jährigen Mann mit 30-jähriger Vertragslaufzeit anhand der Sterbetafel DAV2008TM: BN
n Ex
S
n Ax
ä x ,n
100.000
D55 M 25 M 55 D25
2.384,68
Damit lässt sich nach dem versicherungstechnischen Ansatz eine Kontostaffel für ein Kollektiv von anfänglich 100 Personen im Alter 25 aufstellen. t
l x t
d x t
BE x t
t Vx
K x t
Z x t
Lx t
t 1Vx
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
(8)
(9)
0
100
0,09
238.468
0
238.468
5.366
8.560
235.273
1
99,91
0,08
238.264
235.273
473.537
10.655
8.073
476.118
2
99,83
0,08
238.071
476.118
714.189
16.069
7.707
722.551
3
99,76
0,08
237.887
722.551
960.439
21.610
7.502
974.547
…
…
…
...
...
...
27
95,63
0,46
228.050
8.282.728 8.510.778
191.493
46.018
8.656.253
28
95,17
0,51
226.953
8.656.253 8.883.206
199.872
50.517
9.032.561
29
94,67
0,55
225.748
9.032.561 9.258.309
208.312
55.446
9.411.175
30
94,11
…
…
…
9.411.175
Legende (1)
Anzahl der vollendeten Jahre der Vertragslaufzeit
(2)
Anzahl der Lebenden am Anfang des neuen Jahres
(3)
Anzahl der Toten im Laufe des neuen Jahres: d x t
(4)
Gesamte Beitragseinnahmen: BE x t
(5)
Deckungskapital am Anfang des neuen Jahres (übernommen aus dem Vorjahr)
(6)
Kontostand am Anfang des neuen Jahres: K x t
(7)
Zinsen am Ende des neuen Jahres: Z x t
(8)
Gesamte Versicherungsleistungen am Ende des neuen Jahres: Lx t S d x t für t 0,", n 2; Lx n 1 S d x n 1 S l x n
(9)
Deckungskapital am Ende des neuen Jahres, beziehungsweise am Anfang des nächsten Jahres: t 1Vx K x t Z x t Lx t
l x t q t
B N lx t BE x t t Vx
i K x t
Man erkennt, wie durch die Deckungsrückstellung allmählich die Erlebensfallleistung für die Überlebenden am Ende der Vertragslaufzeit angespart wird. Am Anfang ist die Reserve pro Vertrag gleich null; zum Ablauf der Vertragslaufzeit beträgt das Nettodeckungskapital pro Police genau 100.000 €.
200
5 Deckungsrückstellungen
In der elementaren Finanzmathematik sieht die Kontostaffelrechnung für einen reinen Sparvorgang sehr ähnlich aus. Im versicherungsmathematischen Kontext werden zusätzlich Todesfallwahrscheinlichkeiten berücksichtigt. Bei Erlebensfallversicherungen ist die Auszahlung der Versicherungssumme im Allgemeinen am Vertragsende fällig. Im versicherungsmathematischen Sinn entspricht die Reserve einer Zahlungsverpflichtung des Versicherungsunternehmens gegenüber dem Kunden. Die Rückstellung steigt im Verlauf der Zeit von null auf die vereinbarte Versicherungssumme. Aus Kundensicht bezeichnet das Deckungskapital das Guthaben des Versicherten, welches beim Versicherungsunternehmen im Hinblick auf die zukünftige Vertragserfüllung angespart wird. Das Deckungskapital kann somit als eine Geldanlage interpretiert werden, die beim Versicherungsunternehmen deponiert ist. Im Wesentlichen werden spätere Versicherungsleistungen durch den Versicherungsnehmer vorab finanziert. In diesem Sinne steht das Versicherungsunternehmen beim Versicherten in der Schuld. Der Kunde hat selbstverständlich Anspruch darauf, dass der Versicherer seinen Leistungsversprechen in der Zukunft nachkommen kann. Aus Verbraucherschutzgründen ist deshalb gesetzlich festgelegt, wie das Deckungskapital zu berechnen ist. Aus Unternehmenssicht stellt die Deckungsrückstellung eine Verbindlichkeit des Versicherungsunternehmens dar. In der Bilanz eines Versicherungsunternehmens erscheint die Reserve deshalb auf der Passivseite. Nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip ist der Barwert der Beiträge gleich dem Barwert der Versicherungsleistungen. Aus der elementaren Finanzmathematik mit Bezug auf die exponentielle Zinseszinsrechnung wissen wir, dass dann auch die Zeitwerte zu jedem anderen Zeitpunkt gleich sind. Diese Tatsache wollen wir weiter ausführen. Liegt der Betrachtungszeitpunkt t innerhalb der Vertragslaufzeit, so setzt sich der Zeitwert einer Zahlungsreihe aus dem Endwert der vergangenen Zahlungen und dem Barwert der erwarteten zukünftigen Zahlungen zusammen. Es bezeichne der Index retro die retrospektive Endwertbetrachtung, und der Index pro die prospektive Barwertbetrachtung, dann gilt nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip für die Zeitwerte der Leistung L des Versicherers und der Gegenleistungen GL des Versicherungsnehmers zum Zeitpunkt t: Lretro Ltpro t
Lt
GLt
GLretro GLtpro . t
Ordnen wir diese Gleichung nach Endwerten und Barwerten, so erhalten wir Ltpro GLtpro
GLretro Lretro . t t
Dabei bezeichnen wir die linke Seite als die prospektive Deckungsrückstellung, und die rechte Seite als die retrospektive Deckungsrückstellung. Stillschweigend gehen wir dabei davon aus, dass die Rechnungsgrundlagen zur Beitrags- und Reservenberechnung während der Vertragslaufzeit konstant und identisch sind. Wir definieren also die prospektive Deckungsrückstellung zum Zeitpunkt 0 d t d n durch tV
pro
und in Worten
Ltpro GLtpro
5 Deckungsrückstellungen
201
Prospektive Deckungsrückstellung ist gleich Barwert der zukünftigen Versicherungsleistungen minus Barwert der zukünftigen Beiträge.
Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang auf Paragraph 341f Handelsgesetzbuch (HGB) verwiesen, der die Art und Weise zur Berechnung der Deckungsrückstellung festlegt: (1) Deckungsrückstellungen sind für die Verpflichtungen aus dem Lebensversicherungs- und dem nach Art der Lebensversicherung betriebenen Versicherungsgeschäft in Höhe ihres versicherungsmathematisch errechneten Wertes einschließlich bereits zugeteilter Überschussanteile mit Ausnahme der verzinslich angesammelten Überschussanteile und nach Abzug des versicherungsmathematisch ermittelten Barwerts der künftigen Beiträge zu bilden (prospektive Methode). Ist eine Ermittlung des Wertes der künftigen Verpflichtungen und der künftigen Beiträge nicht möglich, hat die Berechnung auf Grund der aufgezinsten Einnahmen und Ausgaben der vorangegangenen Geschäftsjahre zu erfolgen (retrospektive Methode). Der Gesetzgeber verlangt insbesondere die prospektive Berechnung der Reserven. Dies mag zunächst verwunderlich erscheinen, da, wie gezeigt, prospektive und retrospektive Berechnungen zu demselben Ergebnis führen. Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Rechnungsgrundlagen zur Beitragskalkulation von denen zur Reserveberechnung unterscheiden können. Der Höchstrechnungszins findet nur Anwendung für das Deckungskapital. Die Versicherungsprämie darf mit einem höheren Rechnungszins berechnet werden. Dann ergibt sich ein niedriger Beitrag, da zukünftige Versicherungsleistungen stärker abgezinst werden. In diesem Fall ist somit auch das Abzugsglied in der prospektiven Reserve geringer und die Deckungsrückstellung somit höher. Das Unternehmen hat somit einen Nachreservierungsbedarf. Die retrospektive Deckungsrückstellung hingegen fällt mit sinkendem Beitrag. In diesem Fall stimmen prospektive und retrospektive Reserve nicht überein. Ein Unterscheid zwischen den beiden Berechnungsarten der Reserve tritt auch dann ein, wenn sich im Verlauf der Zeit die biometrischen Rechnungsgrundlagen ändern. In den folgenden Abschnitten wollen wir uns mit der Berechnung der Reserven am Beispiel der klassischen Produkte der Lebensversicherung befassen. Wir werden grundsätzlich die prospektive Methode zur Berechnung des Deckungskapitals anwenden. Der Einfachheit halber lassen wir dabei den Index pro wegfallen. In Einzelfällen werden wir zeigen, wie die Deckungsrückstellung auch retrospektiv berechnet werden kann.
202
5 Deckungsrückstellungen
5.1 Nettodeckungsrückstellung Wie auch bei der Beitragberechnung so werden wir zunächst die Nettodeckungsrückstellung behandeln, bei der lediglich die Rechnungsgrundlagen Zins und Sterblichkeit, nicht aber die Kosten, berücksichtigt werden.
5.1.1 Erlebensfallversicherung Ausgehend von der Nettobeitragsberechnung der klassischen Erlebensfallversicherung widmen wir uns der Berechnung der Nettoreserve. Mit dem jährlichen Nettobeitrag B N der Höhe S bei n-jähriger Vertrags- und Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann ergibt sich die prospektive Nettodeckungsrückstellung für 0 d t d n als Differenz der Barwerte der zukünftigen Versicherungsleistung und der Beitragszahlungen: N t Vx
S n t E x t B N ä x t ,n t .
Lx t ,n t GLx t ,n t
Ausgedrückt in Kommutationswerten haben wir somit N t Vx
S
Dx n N N xn B N x t Dx t Dx t
S
Dx n Dx n N N xn . S x t Dx t N x N x n Dx t
Der Vollständigkeit halber wollen wir für die Erlebensfallversicherung auch die explizite retrospektive Berechnung der Nettodeckungsrückstellung durchführen. Da die Versicherungsleistung erst am Vertragsende anfällt, müssen wir lediglich den Endwert der Beitragseinnahmen berechnen. Dazu benötigen wir den vorschüssigen Endwertfaktor sx ,t einer jährlichen Leibrente der Höhe 1 €, der sich aus dem Sterbetafelansatz ermitteln lässt: t 1
L
¦ lxk (1 i )t k
k 0
GL
s x,t l x t .
Durch Gleichsetzen gemäß dem Äquivalenzprinzip erhalten wir t 1
s x,t
l x k (1 i )t k l 0 x t
¦
k
t 1
l x k v k t l 0 x t v
¦
k
t 1
lx k v x k
¦l
k 0 x t v
x t
t 1
D
¦ Dxxkt
k 0
N x N x t . Dx t
Damit ist die retrospektive Nettodeckungsrückstellung N ,retro t Vx
B N s x ,t
S
Dx n N N x t x N x N x n Dx t
Der Leser möge die Gleichheit von prospektiver und retrospektiver Reserve für diese Versicherung zur Übung nachrechnen.
5.1 Nettodeckungsrückstellung
203
Beispiel Wir betrachten eine Erlebensfallversicherung über 100.000 € anhand der Sterbetafel DAV2004RM. Die folgende Grafik zeigt den Verlauf der Nettodeckungsrückstellung bei jährlicher Beitragszahlung für einen fünfundzwanzigjährigen Mann mit vierzigjähriger Laufzeit im Vergleich mit einem reinen Sparvorgang bei einer Sparzinsrate von 2,25%. Dann ist der Nettobeitrag BN
100.000
D65 N 25 N 65
mit 1.463,75 € um 4,5% geringer als die reine Sparrate BS
100.000
1 1 1,0225
1
1 1,0225
40
mit 1.533,24 €, denn die Versicherungsleistung ist nur im Überlebensfall fällig. Die Spareinlage verfällt beim vorzeitigen Ableben nicht und ist deshalb höher als die Nettoreserve. Der Verlauf des Deckungskapitals der Versicherung und des Sparkontostandes bei der Bank sind sehr ähnlich.
Kontoverlauf 100.000 € 90.000 € 80.000 €
Betrag
70.000 € 60.000 € 50.000 € 40.000 € 30.000 € 20.000 € 10.000 € 0€ 0
5
10
15
20 Jahr
Spareinlage
25
30
35
40
Versicherung
Für die Erlebensfallversicherung gegen Einmalbeitrag entfällt das Abzugsglied in der Berechnung der prospektiven Nettoreserve, da keine zukünftigen Beiträge erhoben werden: NE t Vx
S n t E x t
S
Dx n Dx t
0t dn .
Es ist zu beachten, dass auch in diesem Fall die Reserve bei Vertragsbeginn gleich null gesetzt wird. Denn die Beitragseinnahme erfolgt nach der Berechnung des Deckungskapitals.
204
5 Deckungsrückstellungen
5.1.2 Lebenslange Todesfallversicherung Zur Berechnung der prospektiven Nettoreserve der lebenslangen Todesfallversicherung greifen wir zunächst auf die Ergebnisse der Beitragsberechnung zurück. Sei B N der Nettobeitrag bei lebenslanger Vertrags- und Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann bezüglich der Versicherungssumme S. Dann ist für 0 d t d Z 1 x das Deckungskapital die Differenz der Barwerte aus zukünftiger Versicherungsleistungen und zukünftigen Beitragszahlungen: N t Vx
SAx t B N ä x t
S
M x t N B N x t Dx t Dx t
S
M x t M N S x x t . Dx t N x Dx t
Um andererseits die retrospektive Nettodeckungsrückstellung zu ermitteln, benötigen wir zunächst den Endwert der Versicherungsleistung Lretro , den wir mittels des versicherungsx ,t
technischen Ansatzes aus der Gegenüberstellung von Leistung und Gegenleistung berechnen können t 1
L
S
¦ d x k (1 i)t 1k
k 0
GL
l x t Lretro . x ,t
Nach dem Äquivalenzprinzip folgt Lretro x ,t
t 1
S
t 1
d x k (1 i )t 1k l 0 x t
¦
k
S
d x k v x k 1 x t l 0 x t v
¦
k
t 1
S
C
¦ Dxxkt
S
k 0
M x M x t . Dx t
Somit ist die retrospektive Nettodeckungsrückstellung N ,retro t Vx
Bsx ,n t Lretro x ,t
S
M x N x N x t M M x t . S x Nx Dx t Dx t
Der Leser möge die Gleichheit der prospektiven und retrospektiven Reserve verifizieren. Beispiel Die folgende Grafik zeigt das Nettodeckungskapital der lebenslangen Todesfallversicherung über die Versicherungssumme 100.000 € für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2008TM.
5.1 Nettodeckungsrückstellung
205
Nettoreserve Todesfallversicherung - DAV 2008TM 100.000 € 90.000 € 80.000 €
Betrag
70.000 € 60.000 € 50.000 € 40.000 € 30.000 € 20.000 € 10.000 € 0€ 0
10
20
30
40
50
60
70
80
Jahr x=40
x=60
x=80
Da jeder Mensch früher oder später stirbt, steigt die Reserve im Laufe der Vertragslaufzeit monoton an. Aus qualitativer Sicht ähnelt das Deckungskapital der Todesfallversicherung derjenigen der Erlebensfallversicherung. Wird das Ende der Sterbetafel erreicht, so versterben, zumindest rechnerisch, die letzten Überlebenden. Die Reserve fällt dann auf null.
Für die lebenslange Todesfallversicherung gegen Einmalbeitrag ist die prospektive Nettoreserve NE t Vx
L x t
SAx t
S
M x t Dx t
0 t d Z 1 x .
Für diese Versicherung ist die Nettoreserve zu Vertragsbeginn größer als null und verläuft ansonsten ähnlich der Versicherung gegen laufende Beiträge.
5.1.3 Risikolebensversicherung Das Nettodeckungskapital der temporären Risikolebensversicherung lässt sich analog anhand der Definition der prospektiven Reserve berechnen. Sei dazu S die Versicherungssumme, n die Vertragslaufzeit, x das Eintrittalter und B N der Nettobeitrag. Dann ist für 0 d t d n : N t Vx
Lx t ,n t GLx t ,n t
S n t Ax t B N äx t ,n t .
Ausgedrückt in Kommutationswerten haben wir N t Vx
S
M x t M x n M M x n N x t N x n . S x Dx t N x N xn Dx t
206
5 Deckungsrückstellungen
Die retrospektive Nettodeckungsrückstellung berechnet man mit Hilfe der vorangegangenen Bemerkungen über die Berechnung der Endwerte wie folgt N ,retro t Vx
GLretro Lretro x ,t
BN S
x ,t
N x N x t M M x t S x Dx t Dx t
M x M x n N x N x t M M x t S x . N x N xn Dx t Dx t
Auch für die Risikolebensversicherung kann man die Gleichheit von prospektiver und retrospektiver Reserve direkt nachrechnen. Beispiel Den Verlauf des Nettodeckungskapitals der Risikolebensversicherung über 100.000 € für verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit erkennen wir anhand der folgenden Grafik; wobei wir die Sterbetafel DAV2008TM für Männer verwendet haben.
Nettoreserve Risikolebensversicherung - DAV2008TM 7.000 € 6.000 €
Betrag
5.000 € 4.000 € 3.000 € 2.000 € 1.000 € 0€ 0
5
10
15
20
Jahr x=30, n=20
x=40, n=20
x=50, n=20
Man erkennt an der Skala, dass die Nettoreserve der Risikolebensversicherung durchweg deutlich unterhalb derjenigen der Erlebensfallversicherung liegt. Aus kaufmännischer Sicht spielt die Deckungsrückstellung für Risikolebensversicherungen keine so große Rolle wie für Versicherungen mit Erlebensfallleistungen.
Der Vollständigkeit halber ist die Nettoreserve für die temporäre Risikolebensversicherung gegen Einmalbeitrag:
5.1 Nettodeckungsrückstellung
NE t Vx
L x t
Sn t Ax t
207
S
M x t M x n Dx t
0t dn .
5.1.4 Kapitallebensversicherung Die Leistungszusage der gemischten Kapitallebensversicherung setzt sich zusammen aus Todesfallleistung und Erlebensfallleistung. Dementsprechend ist die Rückstellung der Kapitallebensversicherung die Summe aus den Reserven der Erlebensfallversicherung und der Risikolebensversicherung. Dieser Umstand liegt in der Linearität des Beitrags und der Reserve in Leistung und Gegenleistung begründet. Wir wollen die Deckungsrückstellung der Kapitallebensversicherung direkt herleiten. Die Nettoreserve der gemischten Kapitallebensversicherung über die Summe S für einen xjährigen Mann mit n-jähriger Vertragslaufzeit und Nettobeitrag B N ist für 0 d t d n die Differenz aus dem Barwert zukünftiger Leistungen und zukünftiger Gegenleistungen: N t Vx
S
SAx t ,n t B N ä x t ,n t
S
Dx n M x t M x n N N x n B N x t Dx t Dx t
Dx n M x t M x n D M x M x n N x t N x n S x n . Dx t N x N x n Dx t
Der Ansatz über die retrospektive Berechnungsweise der Nettoreserve liefert N ,retro t Vx
S
BN
N x N x t D M x M x t S xn Dx t Dx t
Dx n M x M x n N x N x t D M x M x t S x n . N x N xn Dx t Dx t
Die Gleichheit dieser beiden Formeln ist nicht offensichtlich, lässt sich aber mit etwas Aufwand nachrechnen. Der Vollständigkeit halber geben wir die Nettoreserve einer Kapitallebensversicherung gegen Einmalbeitrag an: NE t Vx
Lx t ,n t
S
Dx n M x t M x n Dx t
0t dn .
Da die Nettoreserve der Risikolebensversicherung während der gesamten Vertragslaufzeit klein im Vergleich zur Deckungsrückstellung der Erlebensfallversicherung ist, ähnelt der Graph des Deckungskapitals der gemischten Kapitallebensversicherung demjenigen der Erlebensfallversicherung. Beispiel Anhand der Sterbetafel DAV2008TM wollen wir den Verlauf des Deckungskapitals für die gemischte Kapitallebensversicherung gegen Einmalbeitrag verdeutlichen. Dazu betrachten wir die Versicherung für einen 25-jährigen Mann mit Vertragslaufzeit 40 Jahren und Versicherungssumme 100.000 €.
208
5 Deckungsrückstellungen
Reserveverlauf der Kapitallebensversicherung 100.000 € 90.000 € 80.000 €
Betrag
70.000 € 60.000 € 50.000 € 40.000 € 30.000 € 20.000 € 10.000 € 0€ 0
5
10
15
20
25
30
35
40
Jahr
Der Nettoeinmalbeitrag in Höhe von 42.722,77 € wird zu Beginn des Vertrages eingezahlt. Im weiteren Vertragsverlauf steigt das Deckungskapital auf die Erlebensfallleistung an.
5.1.5 Rentenversicherung Auch für die Altersrentenversicherung lässt sich das Nettodeckungskapital als Differenz der Barwerte zukünftiger Leistungen und Gegenleistungen berechnen. Es sei dazu B N der Nettobeitrag der um m Jahre aufgeschobenen lebenslangen vorschüssigen Leibrente eines xJährigen in Höhe von jährlich R mit Beitragszahlungsdauer über m Jahre. Dann ist für 0dtdm N t Vx
R
m t|ä x t
B N ä x t ,m t
R
N x m N x m N N x m . R x t Dx t N x N x m Dx t
Für m d t d Z 1 x ist die Nettoreserve N t Vx
Rä x t
R
N x t , Dx t
da in diesem Fall keine zukünftigen Beiträge zu berücksichtigen sind. Weiterhin wollen wir zunächst für 0 d t d m die retrospektive Deckungsrückstellung betrachten, die sich zunächst direkt aus den eingenommenen Beiträgen ergibt: N ,retro t Vx
BN
N x N x t Dx t
R
N x m N N x t . x N x N xm Dx t
5.1 Nettodeckungsrückstellung
209
Der Leser sei eingeladen, auch hier zur Übung nachzuweisen, dass t VxN
t
VxN ,retro ist.
Für m d t d Z 1 x betrachten wir die Endwerte aus erhaltenen Beiträgen und gezahlten Versicherungsleistungen N ,retro t Vx
B N s x ,m Rsx m,t m
BN
N x N x m N N x t . R x m Dx t Dx t
Beispiel Der folgende Graph zeigt anhand der Sterbetafel DAV2004RM das Nettodeckungskapital für eine Leibrentenversicherung mit Beitragszahlungsdauer bis zum Alter 65, die bis zum Renteneintrittsalter 65 aufgeschoben ist, für einen 30-jährigen Mann bezüglich der jährlichen Rente von 12.000 €.
Reserveverlauf der Altersrentenversicherung 250.000 €
Betrag
200.000 €
150.000 € 100.000 €
50.000 €
0€ 0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Jahr
Bis zum Alter 65 gleicht der Graph der Nettoreserve der Rentenversicherung demjenigen für eine Erlebensfallversicherung. Anschließend ist der Verlauf identisch mit der Reserve einer lebenslangen Leibrente gegen Einmalbeitrag.
Der Vollständigkeit halber ist die Nettodeckungsrückstellung bei Zahlung einer Einmalprämie NE t Vx
Lx t
R
N x t Dx t
0 t d Z 1 x .
210
5 Deckungsrückstellungen
5.2 Gezillmerte Deckungsrückstellung Jedem Versicherer entstehen beim Abschluss einer Lebensversicherung erhebliche Kosten, welche als Investition in die Zukunft des Unternehmens aufgefasst werden können. Aus diesem Grund streben Versicherungsunternehmen danach, ihre unmittelbaren Abschlusskosten über die Vertragslaufzeit zu verteilen. Denn nach handelsrechtlichen Vorgaben haben Wirtschaftsunternehmen im Allgemeinen die Möglichkeit zur Abschreibung ihrer Investitionen. Die Zillmerung manifestiert faktisch eine Kreditvergabe des Versicherungsunternehmens an den Versicherten zur Finanzierung der durch den Vertragsabschluss entstehenden unmittelbaren Kosten. Die Rückzahlung dieser Schulden erfolgt durch die Beitragszahlung. Dabei spielt es faktisch keine Rolle, ob der Vertrieb tatsächlich ausgegliedert ist. Die unternehmerischen Belastungen durch die Abschlusskostenfinanzierung können somit über die Zeit verteilt werden. Die Vorgehensweise entspricht der Praxis in anderen Branchen, insbesondere der produzierenden Industrie. Zur Anschaffung einer neuen Maschine können die Kosten über einen festgelegten Zeitraum abgeschrieben werden. Die Investition wird nicht selten durch einen Bankkredit finanziert. Für die Versicherungsbranche gibt es einen entscheidenden Unterschied: das nötige Geld für die Initiierung des Versicherungsvertrags stammt nicht von einer Finanzinstitution sondern vom Versicherten. Die Provision schmälert damit das Guthaben des Versicherungsnehmers beim Versicherungsunternehmen. Besonders spürbar ist dieser unschöne Umstand in frühen Versicherungsjahren, wie wir noch sehen werden. Außerdem wirkt sich nachteilig aus, dass der Gesetzgeber für Privatpersonen bislang keine Möglichkeit zur steuerlichen Absetzbarkeit der Abschlusskosten einer Lebensversicherung vorgesehen hat. Letztendlich stellt jedoch insbesondere eine kapitalbildende Versicherung oftmals eine private Investition zur Absicherung des zukünftigen Lebensstandes dar. Unmittelbare Abschlusskosten stellen also negative Verbindlichkeiten des Versicherungsunternehmens dar. Der Versicherte schuldet dem Unternehmen die Provision zur Vermittlung des Lebensversicherungsvertrages. Die D Z -Kosten werden deshalb dem Guthaben des Versicherten belastet. Dadurch wird die Reserve zu Vertragsbeginn negativ. Diese Vorgehensweise führt auf das Konzept der gezillmerten Deckungsrückstellung. Im Folgenden gehen wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit davon aus, dass die Abschlusskosten, wie früher üblich, auf die Versicherungssumme bezogen sind. Der einzige Grund dieser Vereinbarung ist, dass wir Beispiele rechnen können, ohne vorher Bruttobeiträge ermitteln zu müssen. Ergänzend sei erwähnt, dass die Begriffe gezillmerte Deckungsrückstellung, Zillmerreserve, gezillmertes Nettodeckungskapital in der Praxis synonym verwendet werden.
5.2.1 Erlebens- und Todesfallversicherungen Die gezillmerte Deckungsrückstellung der Erlebensfallversicherung berechnet man wie gewohnt als Differenz des zukünftigen Versicherungsbarwerts und des Barwerts der zukünftigen Beiträge. Es sei S die Versicherungssumme, n die Vertragslaufzeit und B Z die gezillmerten Nettoprämie für einen x-jährigen Mann. Dann ist für 0 d t d n :
5.2 Gezillmerte Deckungsrückstellung
Z t Vx
211
S n t E x t B Z ä x t ,n t
S
Dx n D D Z Dx N x t N x n S x n Dx t N x N x n Dx t
Man erkennt, dass obige Definition der gezillmerten Reserve nicht mit dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip konsistent ist, da die einmaligen Abschlusskosten, die sich hier auf die Versicherungssumme beziehen, im Fall t = 0 unberücksichtigt geblieben sind. Diese Festlegung liegt darin begründet, dass wir im Hinblick auf die Reservenberechnung annehmen, dass die einmaligen Abschlusskosten vor dem eigentlichen Vertragsbeginn anfallen. Dadurch erhalten wir eine klare Trennung von Nettoreserve und gezillmerter Reserve, wie man an folgendem Beispiel erkennen kann. Beispiel Die folgende Grafik zeigt das gezillmerte Nettodeckungskapital der Erlebensfallversicherung über 100.000 € im Vergleich mit dem Nettodeckungskapital selbiger Versicherung für einen fünfundzwanzigjährigen Mann mit vierzigjähriger Vertragslaufzeit. Die unmittelbaren Abschlusskosten betragen hier 3,5% der Versicherungssumme. Anhand der Sterbetafel DAV2004RM erkennen wir:
Reserveverlauf der Erlebensfallversicherung
Betrag
100.000 € 90.000 € 80.000 € 70.000 € 60.000 € 50.000 € 40.000 € 30.000 € 20.000 € 10.000 € 0€ -10.000 € 0
5
10
15
20
25
30
35
40
Jahr Gezillmerte Nettoreserve
Nettoreserve
Man erkennt, dass die gezillmerte Deckungsrückstellung im Jahr null -3.500 € beträgt, also gerade das Negative der unmittelbaren Abschlusskosten ist. Im Verlauf der Zeit nähert sich die gezillmerte Nettoreserve immer mehr der Nettoreserve an, bis beide am Ende der Vertragslaufzeit identisch sind, nämlich gleich der Erlebensfallleistung von 100.000 €.
212
5 Deckungsrückstellungen
Ähnliche Feststellungen lassen sich auch für die nachfolgenden Versicherungsbeispiele machen: Zu Vertragsbeginn ist die gezillmerte Nettoreserve stets gleich dem Negativen der vorfinanzierten einmaligen Abschlusskosten. Im Vertragsverlauf nähern sich beide Rückstellungen an, bis am Ende der Beitragszahlungsdauer die gezillmerte Nettoreserve gleich der Nettoreserve ist. Die Risikolebensversicherung und die gemischte Kapitallebensversicherung lassen sich ganz analog zur Erlebensfallversicherung darstellen. Die gezillmerte Nettodeckungsrückstellung der temporären Risikolebensversicherung der Höhe S mit n-jähriger Vertragsdauer für einen x-jährigen Mann mit jährlichem gezillmerten Nettobeitrag B Z ist für 0 d t d n : Z t Vx
S n t Ax t B Z ä x t ,n t
S
M x t M x n M M x n D Z Dx N x t . S x Dx t N x N x n Dx t
Für die Kapitallebensversicherung mit Versicherungssumme S und Vertragslaufzeit n Jahre für eine x-jährige Person sei B Z die jährliche gezillmerte Nettoprämie. Dann ist die gezillmerte Nettodeckungsrückstellung für 0 d t d n Z t Vx
S Ax t ,n t B Z ä x t ,n t S
Dx n M x t M x n D M x M x n D Z Dx N x t S x n . Dx t N x N xn Dx t
Schließlich betrachten wir die lebenslange Todesfallversicherung. Mit Hilfe der jährlichen gezillmerten Nettoprämie B Z für die Versicherung über die Summe S bei lebenslanger Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann können wir die gezillmerte Deckungsrückstellung berechnen. Für 0 d t d Z 1 x gilt: Z t Vx
S Ax t B Z ä x t
S
M x t M D Z Dx N x t . S x Dx t Nx Dx t
5.2.5 Rentenversicherung Das gezillmerte Nettodeckungskapital der um m Jahre aufgeschobenen lebenslangen vorschüssigen Leibrente eines ursprünglich x-jährigen in Höhe von jährlich R mit Beitragszahlungsdauer über h m Jahre in Höhe des jährlich gezillmerten Nettobeitrags B Z ist für 0dtdh: Z t Vx
R m t | äx t B Z äx t ,h t .
Ausgedrückt in Kommutationswerten ist Z t Vx
R
N xm N N xh B Z x t Dx t Dx t
Für h d t d m gilt
R
N xm N D Z Dx N x t N x h . R xm Dx t N x N xh Dx t
5.2 Gezillmerte Deckungsrückstellung
Z t Vx
R m t| ä x t
R
213
N x m Dx t
und für m d t d Z 1 x ist Z t Vx
R ä x t
R
N x t . Dx t
Man erkennt, dass die Zillmerreserve für t t m gleich der Nettoreserve ist, denn die einmaligen Abschlusskosten werden im Verlauf der Beitragszahlungsdauer getilgt. Beispiel Wir betrachten die aufgeschobene Altersrentenversicherung mit folgenden Parametern: x m 20, n 35, R 12.000 . Anhand der Sterbetafel DAV2004RM ergibt sich folgendes Bild.
30,
Zillmerreserve der aufgeschobenen Altersrentenversicherung 250.000 € 200.000 €
Betrag
150.000 € 100.000 € 50.000 € 0€ 0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
-50.000 € Jahr
Der Beitrag dieser Versicherung ist so hoch, dass das gezillmerte Deckungskapital bereits nach einem Jahr positiv wird. Nach Ablauf der Beitragszahlungsdauer ist der Verlauf der Zillmersreserve gleich der einer Versicherung gegen Einmalbeitrag: Die Rückstellung steigt konvex an, bis der Renteneintritt erreicht ist. In der Auszahlungsphase fällt die Reserve monoton. In den rechnerisch letzten Lebensjahren fällt sie schnell auf null.
214
5 Deckungsrückstellungen
5.3 Bruttodeckungsrückstellung Im Unterschied zur Nettodeckungsrückstellung werden wir in diesem Abschnitt die Kostenzuschläge als dritte Rechnungsgrundlage in unsere Berechnungen mit einbeziehen. Nach der prospektiven Methode werden wir das so genannte Bruttodeckungskapital für die klassischen Produkte der Lebensversicherung herleiten.
5.3.1 Erlebensfallversicherung Ausgehend von typischen Kostensätzen haben wir gesehen, wie man die jährliche Bruttoprämie B B der Erlebensfallversicherung der Höhe S mit n-jähriger Vertrags- und h-jähriger Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann berechnet. Darauf aufbauend lässt sich das Bruttodeckungskapital aufstellen. Dabei haben wir sämtliche Leistungsarten in Betracht zu ziehen. Für 0 d t d h haben wir demnach bei typischen Kostensätzen B t Vx
S n t E x t (D J J 1 ) Sä x t ,h t E B B ä x t ,h t J 2 Sä x t ,n t B B ä x t ,h t
Die Abschlusskosten sind dabei nicht zu berücksichtigen, da sie nur einmalig í gedanklich vor Beginn der Versicherung í anfallen. Um die Formel besser zu verstehen, wird sie weiter D Z hB B umgeformt. Addiert und subtrahiert man nun den Term äx t ,h t , so folgt ä x ,h B t Vx
S n t E x t SD J ä x t ,h t SJ 1ä x t ,h t SJ 2 ä x t ,n t § DZh · B D Z hB B ¸B ä ¨ (1 E ) ä x t ,h t . x t ,h t ¨ ä x ,h ¸ ä x ,h © ¹
Mit dem Bruttobeitrag BB
S
n Ex
D J ä x ,h J 1ä x ,h J 2 ä x ,n
(1 E )ä x ,h D Z h
ist folglich S n t E x t SD J ä x t ,h t SJ 1ä x t ,h t SJ 2 ä x t ,n t
B t Vx
J § D Z h · n E x D ä x,h J 1ä x,h J 2 ä x,n D Z hB B ¸S ä x t ,m t ä x t ,h t . ¨ (1 E ) Z · ¨ ä x ,h ¸ ä x ,h § D h © ¹ ¸ ä x ,h ¨ (1 E ) ¨ ä x ,h ¸ © ¹
Damit vereinfacht sich die Darstellung wie folgt: B t Vx
S n t E x t S (D J J 1 )äx t ,h t SJ 2 ä x t ,n t
ä x ,h ä x ,n S n Ex D Z hB B ä x t ,h t S (D J J 1 ) ä x t ,h t S J 2 ä x t ,h t ä x t ,h t . ä x ,h ä x ,h ä x ,h ä x ,h
5.3 Bruttodeckungsrückstellung
215
Schließlich erhalten wir B t Vx
S n t E x t
§ ä x ,n S n E x D Z hB B ä x t ,h t SJ 2 ¨ ä x t ,n t ä ¨ ä x ,h ä x ,h x t , h t ©
· ¸ . ¸ ¹
Man erkennt, dass die Terme bezüglich der Kostensätze D J , E und J 1 weggefallen sind, da diese Kosten gleichzeitig mit der Beitragszahlung anfallen. Es gibt demnach keinen Grund, dafür Reserven zu bilden. Der Term bezüglich der J 2 -Kosten entfällt ebenfalls, falls die Vertragsdauer gleich der Beitragszahlungsdauer ist. Insbesondere erkennen wir für 0 d t d h einen direkten Zusammenhang zwischen dem Bruttodeckungskapital und dem gezillmerten Nettodeckungskapital: B t Vx
Z tVx
§ ä x ,n J 2 S ¨ ä x t ,n t ä ¨ ä x ,h x t ,h t ©
· ¸ . ¸ ¹
Diese Formel bleibt auch dann gültig, wenn sich die D Z -Kosten nicht wie hier angenommen auf die Beitragssumme sondern auf die Versicherungssumme beziehen. Die Umformungen sind in diesem Fall etwas übersichtlicher. Falls Beitragszahlungsdauer und Vertragsdauer übereinstimmen, also n = h ist, so ist die Bruttoreserve identisch mit der gezillmerten Reserve. Tatsächlich verwenden viele Versicherungsunternehmen die gezillmerte Reserve als Näherung für das Bruttodeckungskapital. Der Vollständigkeit halber ist für h d t d n : B t Vx
S n t E x t J 2 Säx t ,n t
S
Dx n N N x n , SJ 2 x t Dx t Dx t
da die Beiträge und beitragsabhängigen Kosten wegfallen.
5.3.2 Lebenslange Todesfallversicherung Betrachten wir nun die lebenslange Todesfallversicherung der Höhe S mit lebenslanger Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann mit der jährlich ausreichenden Bruttoprämie B B . Für 0 d t d Z 1 x ist das Bruttodeckungskapital unter Einbeziehung typischer Kosten B t Vx
SAx t D J Sä x t E B B äx t J 1Säx t J 2 Sä x t B B ä x t SM x t S (D J J 1 J 2 ) N x t B B (1 E ) N x t . Dx t
In diese Formel kann man den Bruttobeitrag BB
S
M x D Z Dx (D J J 1 J 2 ) N x (1 E ) N x
216
5 Deckungsrückstellungen
einsetzen, wobei wir davon ausgegangen sind, dass sich die unmittelbaren Abschlusskosten auf die Versicherungssumme beziehen. Folglich ist B t Vx
S
M x t (D J J 1 J 2 ) N x t M D Z Dx (D J J 1 J 2 ) N x N x t . (1 E ) S x Dx t (1 E ) N x Dx t
S
M x t (D J J 1 J 2 ) N x t M D Z Dx N x t (D J J 1 J 2 ) N x t . S x S Dx t Nx Dx t Dx t
Daraus folgt B t Vx
Für die lebenslange Todesfallversicherung finden wir so heraus, dass die Bruttoreserve mit der gezillmerten Nettoreserve übereinstimmt: B t Vx
S
M x t SM x D Z Dx N x t Dx t Nx Dx t
SAx B Z ä x
Z tVx
.
5.3.3 Risikolebensversicherung Es sei B B die jährlich ausreichende Bruttoprämie der temporären Risikolebensversicherung der Höhe S mit n-jähriger Vertragsdauer und h-jähriger Beitragszahlungsdauer für einen xjährigen Mann. Dann ist das Bruttodeckungskapital für 0 d t d h B t Vx
SAx t ,n t (D J J 1 ) Säx t ,h t E B B ä x t ,h t J 2 Säx t ,n t B B ä x t ,h t .
Ausgedrückt in Kommutationswerten ist B t Vx
S
( M x t M x n ) (D J J 1 )( N x t N x h ) J 2 ( N x t N x n ) Dx t
BB
(1 E )( N x t N x h ) . Dx t
Für 0 d t d m erhalten wir in Analogie zu obigen Resultaten durch äquivalente Umformungen B t Vx
t
§ ä x ,n VxZ J 2 S ¨ ä x t ,n t ä ¨ ä x ,h x t ,h t ©
· ¸ . ¸ ¹
Für h d t d n haben wir lediglich den zukünftigen Leistungsbarwert zu betrachten, da die Beitragszahlungsdauer abgelaufen ist: B t Vx
SAx t ,n t J 2 Sä x t ,n t
S
M x t M x n J 2 ( N x t N x n ) . Dx t
5.3 Bruttodeckungsrückstellung
217
5.3.4 Kapitallebensversicherung Die Bruttodeckungsrückstellung der gemischten Kapitallebensversicherung lässt sich analog berechnen. Sei dazu B B der jährliche Bruttobeitrag für einen x-jährigen Mann bei gegebener Versicherungssumme S, Vertragslaufzeit n Jahre und Beitragszahlungsdauer h Jahre. Dann ist für 0 d t d h B t Vx
S n t Ax t (D J J 1 ) Sä x t ,h t E B B ä x t ,h t J 2 Sä x t ,n t B B ä x t ,h t
und entsprechend in Kommutationswerten B t Vx
S
( M x t M x n Dx n ) (D J J 1 )( N x t N x h ) J 2 ( N x t N x n ) Dx t
BB
(1 E )( N x t N x h ) . Dx t
Wie auch für die übrigen klassischen Lebensversicherungsprodukte, so gilt auch hier, wie sich der Leser selbst überzeugen möge, durch Einsetzen des Bruttobeitrags, dass B t Vx
t
§ ä x ,n VxZ J 2 S ¨ ä x t ,n t ä ¨ ä x ,h x t , h t ©
· ¸ ¸ ¹
für 0 d t d h ist. Wenn h d t d n gilt, so ist die Beitragszahlungsdauer abgelaufen. Deshalb gilt in diesem Fall B t Vx
Lx t ,n t
S n t Ax t J 2 Sä x t ,n t
S
M x t M x n Dx n J 2 ( N x t N x n ) . Dx t
5.3.5 Rentenversicherung Der jährliche Bruttobeitrag B B der auf das Renteneintrittsalter z aufgeschobenen lebenslangen jährlich vorschüssigen Leibrente R eines ursprünglich x-jährigen Mannes mit Beitragszahlungsdauer von h Jahren sei vorgegeben. Dann ist die Bruttoreserve für 0 d t d h B t Vx
R z x t| ax t D J Rä x t ,h t E B B ä x t ,h t J 1Rä x t , z x t J 2 Rz x t|ä x t B B ä x t ,h t
und in Kommutationswerten B t Vx
R
N z (D J J 1 ) N x t D J N x h (J 2 J 1 ) N z Dx t
BB
(1 E )( N x t N x h ) Dx t
Für 0 d t d h lässt sich der folgende Zusammenhang zwischen dem Bruttodeckungskapital und dem gezillmerten Nettodeckungskapital nachweisen:
218
5 Deckungsrückstellungen
B t Vx
t
§ äx, z x VxZ J 1R ¨ ä x t , z x t ä ¨ ä x ,h x t , h t ©
· § ä ¸ J 2 R ¨ z x t | ä x t z x| x ä ¸ ¨ ä x ,h x t , h t ¹ ©
· ¸. ¸ ¹
Für h d t d z x ist nach Definition der prospektiven Reserve B t Vx
R z x t| ax t J 1Rä x t , z x t J 2 R z x t| ä x t
R
J 1 N x t (1 J 2 J 1 ) N z Dx t
und für z x d t d Z 1 x ist B t Vx
Rax t J 2 Rä x t
R
(1 J 2 ) N x t , Dx t
da wir nur die zukünftigen Rentenzahlungen sowie die J 2 -Kosten zu berücksichtigen haben.
5.4 Kostendeckungsrückstellung In diesem Abschnitt betrachten wir die so genannte Verwaltungskostenreserve, die sich auf die sonstigen Kosten einer Lebensversicherung bezieht. Die unmittelbaren Abschlusskosten bleiben dabei unberücksichtigt. Die Bildung einer Kostenreserve wird insbesondere dann notwendig, wenn die Beitragszahlungsdauer kürzer als die Vertragslaufzeit ist. Für diesen Fall gibt es einen Zeitabschnitt, in dem keine Beiträge eingenommen werden aber trotzdem Kosten anfallen, welche durch das Konzept der Reservierung vorfinanziert werden müssen. Die Kostenreserven der Erlebensfall-, Risikolebens-, Kapitallebens- und lebenslange Todesfallversicherung lassen sich aufgrund der Ähnlichkeit in der Kostenstruktur gemeinsam behandeln.
5.4.1 Erlebens- und Todesfallversicherungen Anhand typischer Kostensätze für eine allgemeine Lebensversicherung der Höhe S für einen x-jährigen Mann mit n-jähriger Vertragslaufzeit und h-jähriger Beitragszahlungsdauer können wir die Verwaltungskostenreserve mit Hilfe des Kostenbeitrags B K als Differenz von Leistung und Gegenleistung für 0 d t d h aufstellen. Es gilt K t Vx
D J Sä x t ,h t E B B ä x t ,h t J 1Sä x t ,h t J 2 Sä x t ,n t B K ä x t ,h t
Setzen wir die Kostenprämie B K B
K
S D J ä x ,h J 1ä x ,h J 2 ä x,n E B B äx ,h
ein, so erhalten wir
ä x ,h
5.4 Kostendeckungsrückstellung K t Vx
219
S D J äx t ,h t J 1ä x t ,h t J 2 ä x t ,n t E B B ä x t ,h t
B § S DJ ä J ä J ä 1 x ,h 2 x ,n E B ä x ,h x ,h ¨ ¨¨ ä x ,h ©
· ¸ä . ¸¸ x t ,h t ¹
In dieser Formel hebt sich Einiges gegenseitig auf, so dass wir vereinfacht K t Vx
§ ä x ,n S J 2 ¨ ä x t ,n t ä ¨ ä x ,h x t ,h t ©
· ¸ ¸ ¹
erhalten. In Kommutationswerten ausgedrückt haben wir: K t Vx
§N N x n N x N x n N x t N x h · SJ 2 ¨ x t ¸ . D N x N xh Dx t x t © ¹
Daran erkennen wir den Zusammenhang zwischen Bruttoreserve, gezillmerter Reserve und Verwaltungskostenreserve: B t Vx
Z tVx
tVxK .
Der Vollständigkeit halber ist die Kostendeckungsrückstellung für h d t d n K t Vx
S J 2 ä x t ,n t
SJ 2
N x t N x n . Dx t
Beispiel Zur Veranschaulichung betrachten wir die 40-jährige Kapitallebensversicherung für einen 25jährigen Mann bei einer Beitragszahlungsdauer von 30 Jahren. Die Versicherungssumme betrage 100.000 €. Bei typischen Kostensätzen erhält man den folgenden Verlauf der Kostenrückstellung anhand der Sterbetafel DAV2008TM.
220
5 Deckungsrückstellungen
Kostenreserve der Kapitallebensversicherung 2.500 €
Betrag
2.000 €
1.500 €
1.000 €
500 €
0€
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Jahr
Das Maximum der Reserve liegt bei €2.403,73 und wird nach genau 30 Jahren erreicht. Danach stehen keine laufenden Beitragseinnahmen zur Verfügung, um die später anfallenden Kosten zu zahlen. Zum Zweck der Kostendeckung über die letzten zehn Vertragsjahre wird die Verwaltungskostenreserve deshalb wieder abgebaut, bis sie am Vertragsende vollständig aufgelöst ist.
In Analogie zu den oben betrachteten Versicherungen können wir die lebenslange Todesfallversicherung der Höhe S mit h-jähriger Beitragszahlungsdauer für einen x-jährigen Mann betrachten. Es sei dazu B K der Kostenbeitrag: BK
S (D J J 1 )ä x,h E B B ä x ,h SJ 2 ä x ä x ,h
.
Die Differenz von zukünftiger Kostenleistung und Kostengegenleistung ist dann für 0 d t d h K t Vx
D J Sä x t ,h t E B B ä x t ,h t J 1Sä x t ,h t J 2 Säx t B K ä x t ,h t .
Setzen wir die Kostenprämie ein, so erhalten wir K t Vx
D J Sä x t ,h t E B B ä x t ,h t J 1Sä x t ,h t J 2 Sä x t
S (D J J 1 )äx ,h E B B ä x,h SJ 2 ä x ä x ,h
Dieser Ausdruck ist vereinfacht
ä x t ,h t .
5.4 Kostendeckungsrückstellung
§
K t Vx
J 2 S ¨ ä x t ¨ ©
221
· äx ä x t ,h t ¸ . ¸ ä x ,h ¹
Für t t h erhalten wir K t Vx
J 2 Sä x t .
Die Kostenreserve für die lebenslange Todesfallversicherung verschwindet ganz und gar, wenn die Beitragszahlungsdauer ebenfalls lebenslang stattfindet.
5.4.2 Rentenversicherung Die Altersrentenversicherung stellt in Bezug auf die Kostenreserve einen Sonderfall dar. Es sei B K der Kostenbeitrag, R die versicherte Jahresrente, die um m Jahre aufgeschoben ist, h die Beitragszahlungsdauer, und x das Eintrittsalter der versicherten Person. Dann ist die Kostendeckungsrückstellung für 0 d t d h
D J Rä x t ,h t E B B ä x t ,h t J 1Rä x t ,m t J 2 R
K t Vx
m t|ä x t
B K ä x t ,h t .
Durch Einsetzen der Kostenprämie B
K
D J Rä x ,h E B B ä x,h J 1Rä x ,m J 2 R
m|ä x
ä x ,h
haben wir
D J Rä x t ,h t E B B ä x t ,h t J 1Rä x t ,m t J 2 R
B t Vx
D J Rä x,h E B B ä x,h J 1Rä x,m J 2 R ä x ,h
m|ä x
m t|ä x t
ä x t ,h t .
Dieser Ansatz liefert dann §
B t Vx
J 1R ¨ ä x t ,m t ¨ ©
· § m| ä x ä x t ,h t ¸ J 2 R ¨ m t | ä x t ä ¸ ¨ ä x ,h ä x ,h x t , h t ¹ ©
ä x ,m
Daran erkennen wir ebenfalls den Zusammenhang B t Vx
t
VxZ t VxK .
Für h d t d m hingegen ist nach Definition K t Vx
J 1Rä x t ,m t J 2 R m t| ä x t
und für m d t d Z 1 x haben wir
J N (J 2 J 1 ) N x m R 1 x t Dx t
· ¸ . ¸ ¹
222
5 Deckungsrückstellungen
K t Vx
J 2 Rä x t
J N R 2 x t . Dx t
Die Besonderheit der Berechnung der Reserve für die Altersrentenversicherung liegt in der dreifacher Fallunterscheidung für t.
5.5 Änderungen Lebensversicherungen haben in der Regel eine sehr lange Laufzeit. Der Versicherungsnehmer hat laut Versicherungsvertragsgesetz (VVG) das Recht, das bestehende Vertragsverhältnis zu verändern oder zu beenden. Dabei hat er Anspruch auf die so genannten Garantiewerte. Die Auszahlung oder Gutschrift steht im Bezug zum Deckungskapital, welches, wie wir gesehen haben, gewissermaßen das Guthaben des Versicherten darstellt. Das Versicherungsunternehmen ist nur unter sehr restriktiven Bedingungen nach VVG §163ff, berechtigt, Beiträge, Leistungen oder Bedingungen für bestehende Verträge zu ändern. Der Versicherer darf den Vertrag kündigen, wenn der Versicherte die Aufforderung zur Beitragszahlung dauerhaft nicht erfüllt. Andere Vertragsauflösungsgründe sind die Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten, zum Beispiel das Verschweigen von Vorerkrankungen im Hinblick auf Versicherungen mit Todesfalldeckung. In der Praxis kommen Vertragsänderungen oder Kündigung durch die Versicherten häufiger vor. Der Gesetzgeber hat zwei wichtige Formen hervorgehoben: die Beendigung des Versicherungsvertrages, Rückkauf genannt, sowie die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung, Beitragsfreistellung genannt. Daneben spielen auch die Leistungsänderung sowie Vertragslaufzeit- und Beitragszahlungsdaueränderung eine nicht unbedeutende Rolle. Im Grunde genommen gibt es vier verschiedene Ansätze, um eine Vertragsänderung angemessen durchzurechnen. 1) Neuabschluss Wenn ein Antrag auf Verlängerung der Vertragslaufzeit oder Erhöhung der Versicherungssumme gestellt wird, so kann dem bestehenden Vertrag ein zweiter hinzugefügt werden. Der neue Vertrag wird dazu rechtlich an den ersten gekoppelt. 2) Zuzahlung Ausgehend von den neu vereinbarten zukünftigen Leistungen und Gegenleistungen wird das neue Bruttodeckungskapital berechnet. Die Differenz zum alten Bruttodeckungskapital stellt denjenigen Einmalbeitrag dar, den der Versicherte für die Vertragsumstellung zu zahlen hat. 3) Beginnverlegung Für den neuen Vertrag wird ein hypothetisches Alter gesucht, welches zum Änderungszeitpunkt mit den neuen Vertragsparametern auf dasselbe Bruttodeckungskapital führt wie der alte Vertrag. Nach dem Äquivalenzprinzip kann dann die gesuchte versicherungsmathematische Größe, zumeist Beitrag oder Versicherungssumme, bestimmt werden.
5.5 Änderungen
223
4) Konstruktive Prämien Nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip werden zum Änderungszeitpunkt die Barwerte der neu vereinbarten Leistung und der neuen Gegenleistung gleichgesetzt. Dabei wird das vorhandene Bruttodeckungskapital des alten Vertrages als Einmalprämie, im Sinne einer zusätzlichen Gegenleistung, berücksichtigt. Es ist zu beachten, dass die bei Vertragsabschluss verwendeten Rechnungsgrundlagen auch bei etwaigen Vertragsänderungen angewendet werden. Somit behalten insbesondere der bei Vertragsabschluss festgelegte Rechnungszins und die verwendete Sterbetafel bis zum Vertragsende ihre Gültigkeit. Es bleibt anzumerken, dass heutzutage hauptsächlich die Methode der konstruktiven Prämien angewandt wird, um Vertragsänderungen zu modellieren. Eine Ausnahme bildet die quasiautomatische Beitragssteigerung, auch freiwillige Dynamisierung genannt, die nicht selten als Neuabschluss behandelt wird.
5.5.1 Beitragsdynamik Einige Versicherer bietet ihren Kunden die Möglichkeit, die Beitragszahlungen planmäßig zu erhöhen. Man vereinbart dazu bei Vertragsabschluss eine freiwillige Beitragsdynamik. In jedem Jahr erhält der Versicherte die Möglichkeit, den Beitrag um einen vorher vereinbarten Prozentsatz zu erhöhen. Wird dieses Angebot zu häufig abgelehnt, so entfällt die Option der automatischen Beitragssteigerung für die folgenden Jahre. In der Praxis wird eine solche Beitragsdynamik zumeist als Neuabschluss modelliert. Beispiel Wir betrachten eine Kapitallebensversicherung über 100.000 €. Die Vertragslaufzeit betrage 30 Jahre für eine ursprünglich dreißigjährige Frau. Dann ist der Bruttobeitrag bei typischen Kostensätzen anhand der Sterbetafel DAV2008TF: BB
100.000( D60 M 30 M 60 ) 525( N 30 N 60 ) 0,97( N 30 N 60 ) 1,2 D30
3.170,55 .
Nun sei zusätzlich folgende optionale Dynamik vereinbart: Die Beiträge steigen in jedem Jahr um 5%, insofern die Versicherte zustimmt. Dadurch erhöht sich auch jeweils die Versicherungssumme. Die Differenzprämie zum Vorjahr wird als Basis für einen neuen Vertrag genommen. Anhand der festgelegten Rechnungs- und Vertragsgrundlagen kann die zusätzliche Versicherungssumme berechnet werden. Im zweiten Jahr steigt der Bruttobeitrag um 5%. Damit ist B2B 3.329,07 ; das sind 158,53 € mehr als im ersten Jahr. Mit Hilfe des Äquivalenzprinzips lässt sich die zusätzliche Versicherungssumme berechnen, die durch die zusätzlichen Beiträge erkauft wird. Dabei ist zu beachten, dass die Versicherte ein Jahr älter geworden ist und die restliche Vertragslaufzeit des ursprünglichen Vertrags nur noch 29 Jahre beträgt. Es ist also
224
5 Deckungsrückstellungen
S2
( B2B B B )
0,97( N 31 N 60 ) 1,16 D31 D60 M 31 M 60 525( N 31 N 60 )
4.816,10 .
Die versicherte Frau stimmt auch im zweiten Jahr der Beitragssteigerung um 5% zu, ihre Prämie steigt somit um 166,45 € auf 3.495,53 €. Dadurch erkauft sie sich eine zusätzliche Versicherungssumme: S3
( B3B B2B )
0,97( N 32 N 60 ) 1,12 D32 D60 M 32 M 60 525( N 32 N 60 )
4.595,16 .
Die ursprüngliche Versicherungssumme hat sich somit im zweiten Jahr auf 104.816,10 € und im dritten Jahr auf 109.411,26 € erhöht. Relativ gesehen, betragen die Steigerungen 4,8% beziehungsweise 4,4%. Die Versicherungssummen sind also geringer gestiegen als die Beiträge. Dieses Resultat ist eine Folge der verkürzten Restlaufzeit.
5.5.2 Rückkauf Bei vorzeitiger Beendigung seiner Lebensversicherung wegen Rücktritt, Kündigung oder Anfechtung hat der Versicherungsnehmer unter Umständen Anspruch auf Auszahlung eines Geldbetrages, den so genannten Rückkaufswert. Durch diese Zahlung erlischt die Versicherung und jeder Anspruch aus dem Vertrag. Paragraph 169, Absatz 1, des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) nimmt jedes Versicherungsunternehmen in die Pflicht, den Rückkaufswert zu zahlen: (1) Wird eine Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers oder durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufgehoben, hat der Versicherer den Rückkaufswert zu zahlen. Die Regelung betrifft insbesondere die Kapitallebensversicherung und die lebenslange Todesfallversicherung. Der Versicherer wird für diese Verträge auf jeden Fall die vertraglich vereinbarte Versicherungsleistung erbringen müssen, lediglich der Zeitpunkt ist ungewiss. Für Risikolebensversicherungen gibt es im Allgemeinen keine Rückkaufswerte. Das Deckungskapital bleibt ohnehin über die gesamte Vertragslaufzeit vergleichsweise gering. Aus Unternehmersicht muss damit gerechnet werden, dass tendenziell eher gesunde Menschen ihre Risikolebensversicherung kündigen. Dieser Effekt würde durch die Schaffung eines Anreizes zur Stornierung verstärkt werden. Dadurch käme es zum so genannten selektiven Storno: Gute Risiken kündigen, schlechte Risiken bleiben versichert. Als Folge würde sich die Sterblichkeitserfahrung des versicherten Bestandes verschlechtern; dem Versicherungsunternehmen würden nicht einkalkulierte Verluste drohen. Wenn denn einige Versicherer im Markt dennoch Rückkaufswerte für Risikolebensversicherungen anbieten, so liegt dieser Umstand darin begründet, dass der theoretische Selektionseffekt aus praktisch kaufmännischer Sicht vernachlässigt werden kann.
5.5 Änderungen
225
Für die Erlebensfallversicherung und die Rentenversicherung werden generell keine Rückkaufswerte gewährt. Man stelle sich vor, dass todkranke Menschen die Möglichkeit hätten, kurz vor ihrem sicheren Ableben ihre Erlebensfall- oder Rentenversicherung zu kündigen, um einen Rückkaufswert zu erhalten. Aus persönlicher Sicht ist ein solcher Wunsch sicher verständlich, aus Unternehmenssicht ist er kaum kalkulierbar und fast sicher verlustbringend. Das grundlegende Versicherungsprinzip der Ungewissheit der Leistungszahlung, zu dem auch Rückkaufswerte zählen, wäre verletzt. Für die Berechnung des Rückkaufwerts sieht Paragraph 169 VVG, Absatz 3, vor (3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, … Nach Absatz 5 sind Versicherungsunternehmen dazu berechtigt, einen Stornoabschlag einzubehalten, insofern er vertraglich vereinbart und beziffert sowie angemessen ist. Die Vereinbarung eines Abzugs für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten hingegen ist jedoch explizit unwirksam. Für den Stornoabschlag gibt es verschieden Gründe: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht werden die Kosten pro Vertrag vorab auf der Basis der Gesamtgröße des Bestandes angesetzt. Weniger verbleibende Versicherungsverträge implizieren deshalb höhere Kosten pro Vertrag als ursprünglich angenommen. Aus risikotechnischer Sicht verringern sich die Bestandsgröße und damit die Volatilität der Schadenserfahrung. Außerdem werden eher solche Verträge gekündigt, bei denen das Eintreten des Versicherungsfalls gering ist. In diesem Sinne muss das Versicherungsunternehmen mit einer negativen Risikoauslese, auch Antiselektion genannt, rechnen. Aus finanzieller Sicht müssen unter Umständen Kapitalanlagen vorzeitig aufgelöst werden, wodurch ein Zinsverlust entstehen kann. Für kapitalbildende Versicherungen ergeben sich dadurch unter Umständen finanzielle Nachteile für die verbleibenden Versicherten. Die versicherungsmathematische Basis zur Berechnung des Rückkaufswerts ist im Allgemeinen das Bruttodeckungskapital. Anhand eines typischen Beispiels wollen wir den Rückkaufswert berechnen. Beispiel Betrachten wir eine gemischte Kapitallebensversicherung über 100.000 € über zwanzig Jahre für einen vierzig-jährigen Mann. Dann ist der Bruttobeitrag bei typischen Kostensätzen anhand der Sterbetafel DAV2008T BB
100.000( D60 M 40 M 60 ) 525( N 40 N 60 ) 0,97( N 40 N 60 ) 0,8D40
5.004,69
Um den Rückkaufswert nach beispielsweise 10 Jahren zu ermitteln, berechnen wir das Bruttodeckungskapital:
226
5 Deckungsrückstellungen
10V40
100.000( D60 M 50 M 60 ) 525( N 50 N 60 ) N N 60 0,97 B B 50 D50 D50
42.119,27 .
Unter Vernachlässigung des Stornoabzugs ist der Rückkaufswert nach zehn Jahren 42.119,27 €. Zum Vergleich dazu ist die gezahlte Summe der Beiträge in Höhe von 50.046,90 € um 7.927,64 € geringer als das Deckungskapital in Höhe von 42.119,27 €. Der Unterschied liegt in der Kosten- und Todesfallleistung des Versicherungsunternehmens begründet.
Am 1.1.2008 ist eine Gesetzesänderung hinsichtlich der Berechnung des Rückkaufswerts in Kraft getreten, die sich in der Fortsetzung von Paragraph 169 VVG, Absatz 3, niederschlägt: (3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; die aufsichtsrechtlichen Regelungen über Höchstzillmersätze bleiben unberührt. … Das folgende Beispiel soll diese Gesetzesänderung anhand der gemischten Kapitallebensversicherung verdeutlichen. Beispiel Betrachten wir eine Kapitallebensversicherung über 100.000 € bezüglich des Erlebens oder des Todes in den nächsten zwanzig Jahren für einen vierzig-jährigen Mann. Werden die unmittelbaren Abschlusskosten gleichmäßig über die ersten fünf Jahre verteilt, so haben wir die folgenden Leistungsbarwerte
LE
Sn E x
LT
Sn Ax
LK GL
DZ 5
Bä x ,5 D J S E B B J 1S J 2 Sä x ,n
B B ä x ,n .
und mit dem Äquivalenzprinzip berechnet man den Beitrag im Speziellen: BB
100.000( D60 M 40 M 60 ) 525( N 40 N 60 ) 0,97( N 40 N 60 ) 0,16( N 40 N 45 )
4.922,21 .
Zur Berechnung der Bruttoreserve nach zehn Jahren sind die unmittelbaren Abschlusskosten hinfällig geworden. Im Vergleich zu obigem Beispiel ändert sich lediglich die zu berücksichtigende Prämie.
5.5 Änderungen
227
100.000( D60 M 50 M 60 ) 525( N 50 N 60 ) N N 60 0,97 B B 50 D50 D50
10V40
42.226,58 .
Der Rückkaufswert ist somit 42.226,58 €, vorausgesetzt es gibt keinen Stornoabzug. Im Vergleich mit dem Ergebnis des vorherigen Beispiels erkennen wir, dass die unterschiedliche Berücksichtigung der unmittelbaren Abschlusskosten hier keine große Auswirkung auf den Rückkaufswert hat.
Die Versicherungswirtschaft hatte spontan angekündigt, die Beitragsberechnung wie gewohnt zu gestalten. Lediglich für den Stornofall sollte die Deckungsrückstellung und damit der Rückkaufswert nach der neuen Regelung ermittelt werden. Tatsächlich ist die Bedeutung der Berechnungsweise des Rückkaufswerts in späteren Vertragsjahren gering, wie das obige Beispiel illustriert hat. In den ersten fünf Vertragsjahren ergeben sich allerdings beträchtliche Unterschiede, wie die folgende Grafik als Vervollständigung des obigen Beispiels zeigt. Dabei gehen wir davon aus, dass keine Zahlung der verteilten Abschlusskosten gedanklich vor Beginn der Versicherung auftritt. Dadurch beginnt das Bruttodeckungskapital unter Berücksichtigung verteilter Abschlusskosten bei null. Beispiel Als Fortsetzung des obigen Beispiels vergleichen wir das Deckungskapital in den ersten fünf Jahren bei Berücksichtigung einmaliger Abschlusskosten sowie bei Verteilung der Abschlusskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre.
Vergleich der Bruttoreserve für die Kapitallebensversicherung
20.000 €
Betrag
15.000 € 10.000 € 5.000 € 0€ 0
1
2
3
4
-5.000 € Jahr Einmalige Abschlusskosten
Verteilte Abschlusskosten
5
228
5 Deckungsrückstellungen
Durch die unterschiedliche Berechnungsweise des Beitrags auf der einen Seite und des Deckungskapitals beziehungsweise des Rückkaufswerts auf der anderen Seite ergibt sich eine Inkonsistenz des Kalküls mit betriebswirtschaftlichen Folgen. Im Rahmen des so genannten Profit-Testing werden wir auf mögliche Konsequenzen aufmerksam machen, die durch willkürliche Festlegungen der Rückkaufswerte entstehen können. Abschließend sollte herausgestellt werden, dass die Rückkaufswerte bereits bei Vertragsabschluss verbindlich festgelegt werden. Neben den anderen relevanten Vereinbarungen des Versicherungsvertrags wird auch die Höhe der Rückkaufswerte im Versicherungsschein dokumentiert.
5.5.3 Kündigung Zum besseren Verständnis des zeitlichen Verlaufs des Deckungskapitals und des damit verbundenen Rückkaufswerts rufen wir uns die Beitragsberechnung ins Gedächtnis: Die unmittelbaren Abschlusskosten werden vorfinanziert und im Laufe der Vertragsdauer durch Beitragseinnahmen getilgt. Aus diesem Grund ist sowohl das gezillmerte Nettodeckungskapital als auch das Bruttodeckungskapital zu Vertragsbeginn gleich dem Negativen der unmittelbaren Abschlusskosten. Das beschriebene Verfahren hat wirtschaftlich zur Folge, dass in der Anfangszeit der Versicherung nur geringe Mittel zur Bildung eines Rückkaufswerts zur Verfügung stehen. Für die gemischte Kapitallebensversicherung dauert es im Allgemeinen ein bis zwei Jahre, bis das Deckungskapital positiv ist. Auch in den folgenden Jahren erreicht der Rückkaufswert nicht die Summe der eingezahlten Beiträge. Es gibt keine gesetzliche Grundlage, auf der der Versicherte die Rückzahlung der eingezahlten Beiträge verlangen kann, auch wenn es in der Öffentlichkeit oft diskutiert und gefordert wird. Auf diesen Umstand weisen die Versicherungsunternehmen prinzipiell in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen gesondert hin. Im folgenden Beispiel wollen wir für die Erlebensfallversicherung zu verschiedenen Zeitpunkten das Bruttodeckungskapital mit den gezahlten Beiträgen vergleichen. Beispiel Anhand der Erlebensfallversicherung über die Versicherungssumme in Höhe von 100.000 € soll für typische Kostensätze exemplarisch gezeigt werden, wie viele ganze Jahre es dauert, bis das Deckungskapital die Summe der bis dato geleisteten Beiträge übersteigt. Als Grundlage dient die Sterbetafel DAV2008TM. Für jede Kombination aus Eintrittsalter haben wir den Bruttobeitrag und den Verlauf der Bruttoreserve berechnet. Dann haben wir notiert, in welchem Vertragsjahr die Summe der gezahlten Prämien zum ersten Mal das Bruttodeckungskapital übertrifft. Man erkennt an der nachfolgenden Tabelle insbesondere, dass für kurze Laufzeiten und junge Versicherte selbst die zu Vertragsende fällige Erlebensfallleistung geringer als die Beitragssumme ist.
5.5 Änderungen
229
Alter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
20
-
9
14
18
21
25
25
-
9
14
18
21
25
30
-
9
14
17
21
24
35
-
9
14
17
20
24
40
-
10
13
16
19
23
45
-
10
13
16
19
23
50
5
9
12
15
18
22
55
5
9
11
14
17
22
60
5
8
10
13
17
24
Wie bereits diskutiert, gibt es für die Erlebensfallversicherung keine Rückkaufswerte. Qualitativ betrachtet, dauert es für die gemischte Kapitallebensversicherung länger als für die reine Erlebensfallversicherung, bis das Deckungskapital die Beitragssumme übersteigt. An diesem Beispiel wird somit die Unerfüllbarkeit der Verbraucherforderung nach Mindestrückkaufswerten in Höhe der Beitragssumme deutlich.
Im Falle einer vorzeitigen Kündigung kann es, wie schon erwähnt, passieren, dass das Deckungskapital negativ ist. Somit läuft das Versicherungsunternehmen Gefahr, bei vorzeitigem Storno Verluste realisieren zu müssen. Das folgende Beispiel illustriert, unter welchen Umständen das Nettodeckungskapital negativ werden kann. Insbesondere trifft dieser Umstand zu, falls die Versicherungssumme im Laufe der Vertragslaufzeit fällt. Beispiel Wir betrachten das Nettodeckungskapital einer linear fallenden Risikolebensversicherung. Die Versicherungssumme sei anfänglich S und falle im Verlauf der n-jährigen Vertragslaufzeit gleichmäßig S auf im letzten Versicherungsjahr. Dann ist der Nettobeitrag anhand der Sterbetafel DAV2008TM n BN
S n ( DA) x n ä x ,n
S nM x Rx 1 Rx n 1 n N x N xn
und die Nettoreserve ist N t Vx
S n
n t ( DA) x t
Dx t
B N ä x t ,n t
N N xn S ( n t ) M x t Rx t 1 Rx n 1 B N x t . n Dx t Dx t Für verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit lässt sich die Nettoreserve veranschaulichen. Der Übersichtlichkeit halber setzen wir das Vertragsende jeweils das Endalter 60 an.
230
5 Deckungsrückstellungen
Nettoreserve für linear fallende Risikolebensversicherungen 300 € 200 € 100 € Betrag
0€ -100 €
30
35
40
45
50
55
60
-200 € -300 € -400 € -500 € Alter
Man erkennt deutlich, dass die Nettoreserve für jede dieser Versicherungen spätestens mit Erreichen des Alters 52 negativ wird. Diese Tatsache liegt darin begründet, dass die Versicherungssumme stärker fällt, als die Sterbewahrscheinlichkeiten steigen. Falls eine dieser Versicherung vorzeitig im Altersbereich 53 bis 59 gekündigt wird, macht das Versicherungsunternehmen Verlust. Denn der Endwert vergangener Versicherungsleistungen ist größer als der Endwert der gezahlten Beiträge.
Negative Nettoreserven sollten unbedingt vermieden werden, damit das Versicherungsunternehmen keine Verluste durch vorzeitige Kündigung hinnehmen muss. Derartige Produkte sollten also gar nicht erst auf dem Markt angeboten werden. Man kann das Entstehen negativer Nettoreserven in der Produktgestaltung dadurch vermeiden, dass die Beitragszahlungsdauer entsprechend vergekürzt wird.
5.5.4 Teilrückkauf Unter Umständen hegt der Kunde den Wunsch, die eingegangene Versicherung teilweise zu kündigen. Denn insbesondere für kapitalbildende Versicherungen ändern sich mitunter die Anlageziele. In solch einem Fall wird der Rückkaufswert nicht vollständig ausgezahlt. Der überschüssige Anteil wird im Sinn der Methode der konstruktiven Beiträge dazu verwendet, zusammen mit den weiterhin laufenden Beiträgen eine verminderte Versicherungsleistung zu finanzieren. Dazu betrachten wir folgendes Beispiel.
5.5 Änderungen
231
Beispiel Gegeben sei eine Erlebensfallversicherung für einen 25-jährigen Mann. Die Versicherungssumme betrage 100.000 € und werde nach 40 Jahren fällig. Der Bruttobeitrag werde zu Vertragsbeginn mit typischen Kostensätzen anhand der DAV2008TM berechnet. Dann ist 100.000 D65 525( N 25 N 65 ) 0,97( N 25 N 65 ) 1,6 D65
BB
2.048,24 .
Nach fünfunddreißig Jahren erbittet der Versicherte eine Teilauszahlung in Höhe von 50.000 €. Dazu berechnen wir zunächst das Bruttodeckungskapital B 35V25
100.000 D65 525( N 60 N 65 ) 0,97( N 60 N 65 ) BB D60 D60
76.918,03 .
Dieser Betrag wird í unter Vernachlässigung von Kosten í um die Teilauszahlung in Höhe von 50.000 € vermindert. Der Rest bildet als Einmalprämie zusammen mit den zukünftigen Beiträgen die neue Gegenleistung des Versicherten. Zum Änderungszeitpunkt lauten also die Barwerte der neuen Leistung und der neuen Gegenleistung L GL
§D N N 65 · B N 60 N 65 S ¨ 65 0,00525 60 ¸ 0,03B D60 D60 © D60 ¹ B 35V25
50.000 B B
N 60 N 65 , D60
wobei S die reduzierte Versicherungssumme ist. Nach dem Äquivalenzprinzip berechnet man S
B (35V25 50.000) D60 B B 0,97( N 60 N 65 ) D65 0,00525( N 60 N 65 )
42.002,87 .
Die reduzierte Erlebensfallleistung beträgt also 42.002,87 €. Durch die vorzeitige Auszahlung von 50.000 € erhält der Versicherte am Vertragsende 7.997,13 € weniger als ursprünglich vereinbart. Die Differenz lässt sich einerseits durch den Zinseszinseffekt und andererseits durch die einkalkulierte Todesfallwahrscheinlichkeit bezüglich der letzten fünf Versicherungsjahre erklären.
5.5.5 Beitragsfreistellung Der Versicherungsnehmer kann jederzeit – ohne Angabe von Gründen – die Umwandlung des Versicherungsvertrages in eine beitragsfreie Versicherung verlangen. Oftmals kann oder will der Versicherte zukünftig keine Beiträge mehr zahlen. Die Forderung beinhaltet, dass der Kunde zwar zukünftig keine weiteren Prämien zu zahlen hat, aber dennoch einen reduzierten Versicherungsschutz behält. Für die Festlegung der neuen Versicherungsleistung ist §165 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) maßgeblich: (1) Der Versicherungsnehmer kann jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung verlangen, sofern die dafür vereinbarte Mindestversicherungsleistung erreicht wird. Wird diese nicht erreicht, hat der Versicherer den auf die Versi-
232
5 Deckungsrückstellungen
cherung entfallenden Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. (2) Die prämienfreie Leistung ist nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation unter Zugrundelegung des Rückkaufswertes nach § 169 Abs. 3 bis 5 zu berechnen und im Vertrag für jedes Versicherungsjahr anzugeben. (3) Die prämienfreie Leistung ist für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode unter Berücksichtigung von Prämienrückständen zu berechnen. Die Ansprüche des Versicherungsnehmers aus der Überschussbeteiligung bleiben unberührt. Die gesetzliche Regelung legt folgenden versicherungsmathematischen Ansatz nahe. Die vertraglich getroffenen Vereinbarungen mit Ausnahme des Beitrags und der Versicherungsleistung bleiben für die Restlaufzeit unverändert. Als Gegenleistung steht der Rückkaufswert gegebenenfalls abzüglich des Stornoabschlags als Einmalprämie zur Verfügung. Mittels des Äquivalenzprinzips lässt sich dann die reduzierte Versicherungssumme berechnen. Die Vorgehensweise werden wir an einem Beispiel erläutern.
Beispiel Gegeben sei eine gemischte Kapitallebensversicherung für einen 35-jährigen Mann. Die Versicherungssumme betrage 100.000 € und wird im Todesfall während der 30-jährigen Laufzeit fällig, oder aber im Erlebensfall nach Ablauf der Versicherungsdauer. Die Beitragszahlungsdauer entspreche der Versicherungsdauer. Der Bruttobeitrag werde zu Vertragsbeginn mit typischen Kostensätzen anhand der DAV2008TM berechnet. Dann ist BB
100.000( M 35 M 65 D65 ) 525( N 35 N 65 ) 0,97( N 35 N 65 ) 1,2 D65
und im Speziellen gleich 3.280,11 €. Nach zwanzig Jahren entscheidet sich der Versicherte für eine Beitragsfreistellung. Also berechnen wir zunächst das Bruttodeckungskapital B 20V35
100.000( M 55 M 65 D65 ) 525( N 55 N 65 )) 0,97( N 55 N 65 ) BB , D55 D55
welches speziell 57.544,05 € beträgt. Wenn kein Stornoabschlag verlangt wird, so ist der Rückkaufswert gleich der Bruttoreserve. Dieser Betrag kann als Einmalprämie der geänderten Versicherung betrachtet werden. Zum Änderungszeitpunkt sind also die Barwerte L GL
M M 65 D65 0,00525( N 55 N 65 ) S 55 D55 20V35
,
wobei S die neue Versicherungssumme ist. Nach den Rechnungsgrundlagen für die ursprüngliche Beitragskalkulation fallen keine neuen Transaktionskosten und auch keine zusätzlichen unmittelbaren Abschlusskosten an. Die übrigen Kosten beziehen sich auf die neue Versicherungssumme. In
5.5 Änderungen
233
dieser Hinsicht sei noch einmal ausdrücklich auf §165 Absatz 2 des VVG hingewiesen, wonach die Rechnungsgrundlagen der ursprünglichen Beitragskalkulation zu verwenden sind. Nach dem Äquivalenzprinzip berechnet man sodann die neue Versicherungssumme für die Restlaufzeit S
20V35 D55 , M 55 M 65 D65 0,00525( N 55 N 65 )
die hier 67.417,46 € beträgt.
5.5.6 Leistungsänderung Der Versicherungsnehmer hat jederzeit das Recht, eine Änderung der Versicherungsleistung zu beantragen. Konkrete gesetzliche Regelungen, wie sie für Rückkaufswerte und Beitragsfreistellung im VVG existieren, gibt es für allgemeine Vertragsänderungen in dieser Form nicht. In diesem Abschnitt wollen wir Leistungsänderungen mit Hilfe der Methode der konstruktiven Prämien modellieren. Die Grundlage unserer Berechnungen bildet wiederum das Deckungskapital, beziehungsweise der Rückkaufswert, sowie das Äquivalenzprinzip. Beispiel Gegeben sei eine lebenslange Todesfallversicherung für einen 60-jährigen Mann. Die Versicherungssumme betrage 10.000 €. Die Beitragszahlungsdauer entspreche der Versicherungsdauer. Der Bruttobeitrag werde zu Vertragsbeginn mit typischen Kostensätzen anhand der DAV2008TM berechnet. Dann ist BB
10.000 M 60 52,5N 60 0,97 N 60 2,48D60
619,92 .
Nach zehn Jahren entscheidet sich der Versicherte dafür, die Versicherungssumme um 5.000 € zu erhöhen. Also berechnen wir zunächst das Bruttodeckungskapital B 10V60
10.000 M 70 52,5N 70 0,97 N 70 BB D70 D70
2.427,64 .
Wenn kein Stornoabschlag verlangt wird, so ist der Rückkaufswert gleich der Bruttoreserve. Dieser Betrag kann als Einmalprämie für die geänderte Versicherung betrachtet werden. Ferner nehmen wir an, dass zusätzlich einmalig unmittelbare Abschlusskosten in Höhe von 4% bezogen auf die Summe der zukünftigen Beitragsdifferenzen anfallen. Zum Änderungszeitpunkt lauten die Barwerte also §M N · N L 15.000 ¨ 70 0,00525 70 ¸ 0,03B 70 0,04 (122 70)( B B ) D D D70 70 ¹ © 70 N GL 10V60 B 70 , D70
wobei B die neue Bruttoprämie ist. Nach dem Äquivalenzprinzip berechnet man
234
5 Deckungsrückstellungen
B
15.000( M 70 0,00525N 70 ) (2,08B 0,97 N 70 2,08 D70
10V60 ) D70
1.178,57 .
Somit steigt der Beitrag für die erhöhte Leistung um 558,65 €. Die ursprüngliche Prämie hat sich um 90% erhöht. In den ersten zehn Versicherungsjahren wurde es versäumt, Rücklagen für die erhöhte Versicherungsleistung zu bilden. Der Verlauf der Bruttoreserve vor und nach Vertragsänderung wird an folgender Grafik deutlich.
Reserveverlauf der Todesfallversicherung vor und nach Vertragsänderung 15.000 €
Betrag
10.000 €
5.000 €
0€ 0
5
10
15
20
25
30
35
40
-5.000 € Vertragsjahr alt
neu
Die Differenz der beiden Rückstellungen zum Änderungszeitpunkt ist auf die neu angefallenen unmittelbaren Abschlusskosten zurückzuführen.
5.5.7 Daueränderung Ein weiterer typischer Änderungswunsch betrifft die Verkürzung oder die Verlängerung der Beitragszahlungsdauer oder der Vertragslaufzeit. Auch solche Fälle lassen sich mit der Methode der konstruktiven Prämien durchrechnen. Beispiel Gegeben sei eine aufgeschobene Altersrentenversicherung für einen 30-jährigen Mann, der im Alter von 65 Jahren in Rente gehen möchte. Die versicherte Jahresrente betrage 12.000 €. Die Beitragszahlungsdauer erfolge bis zum Renteneintritt. Der Bruttobeitrag werde zu Vertragsbeginn mit typischen Kostensätzen anhand der DAV2004RM berechnet. Dann ist
5.5 Änderungen
BB
235
12.000
N 65 0,015N 30 0,97( N 30 N 65 ) 1,4 D30
5.178,07 .
Nach fünfzehn Jahren Vertragslaufzeit entschließt sich der Versicherte dazu, erst mit 67 Jahren in Rente zu gehen. Also wird die Beitragszahlungsdauer um zwei Jahre verlängert. Im Gegenzug beantragt der Mann eine Erhöhung seiner Jahresrente. Zunächst B 15V30
berechnen wir das Bruttodeckungskapital N 65 0,015N 45 B 0,97( N 45 N 65 ) 12.000 77.691,91 . B D45 D45
Dieser Betrag kann unter Vernachlässigung des Stornoabschlags als zusätzliche Einmalprämie der geänderten Versicherung betrachtet werden. Nach fünfzehn Jahren Vertragslaufzeit, also im Alter 45, betrachten wir die Barwerte zukünftiger Versicherungsleitungen und Gegenleistungen L
§N N · N N 67 0,04 2 B B R ¨ 67 0,015 45 ¸ 0,03B 45 D45 ¹ D45 © D45
GL
15V30
BB
N 45 N 67 , D45
wobei R die neue Jahresrente ist. Erwähnenswert ist, dass zusätzliche Abschlusskosten anfallen. Nach dem Äquivalenzprinzip berechnet man sodann R
0,97 B B ( N 45 N 67 ) 15V30 D45 0,08B B D45 N 67 0,015 N 45
13.680,78 .
Somit steigt die Jahresrente um 1.680,78 €.
5.5.8 Änderung der Rechnungsgrundlagen Lebensversicherungsverträge sind langfristiger Natur. Für die Beitragsberechnung hatten wir festgestellt, dass nach Paragraph 163 Absatz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) die Versicherungsbeiträge für die Dauer des Vertrages fest vereinbart sind und im Allgemeinen nicht mehr geändert werden dürfen. Es kommt nun jedoch vor, dass sich die Rechnungsgrundlagen Zins und Sterblichkeit während der Vertragslaufzeit ändern. Dadurch gerät das Versicherungsunternehmen in die Lage, seine Leistungsversprechen insbesondere im aufsichtsrechtlichen Kontext neu bewerten zu müssen. Dazu eignet sich der nachfolgende elegante Ansatz. Der prospektive Leistungsbarwert kann nach dem Äquivalenzprinzip folgendermaßen dargestellt werden: Lpro
x t ,n t
B ä x t ,n t .
Dabei ist B derjenige äquivalente Beitrag, der für einen ( x t ) -jährigen Versicherten über die Restlaufzeit der Versicherung jährlich vorschüssig zu zahlen ist, um zukünftige Versicherungsleistungen zu decken:
236
5 Deckungsrückstellungen
GLpro
x t ,n t
B
ä x t ,n t
.
Dabei werden die zukünftigen Versicherungsleistungen mit den neuen Rechnungsgrundlagen gerechnet. Somit ergibt sich folgende elegante Darstellung für das Deckungskapital t Vx
Lpro
x t ,n t
GLpro
x t ,n t
Bä Bä x t ,n t x t ,n t
( B B )ä x t ,n t .
Diese so genannte Beitragsdifferenzenformel findet insbesondere dann Anwendung, wenn sich die Rechnungsgrundlagen ändern. In diesem Zusammenhang sei jedoch auf Paragraph 2 der Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) hingewiesen: (2) Der von einem Versicherungsunternehmen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verwendete Rechnungszins für die Berechnung der Deckungsrückstellung gilt für die gesamte Laufzeit des Vertrages. § 5 Abs. 3 bleibt unberührt. Beispiel Gegeben sei eine gemischte Kapitallebensversicherung für einen 30-jährigen Mann. Die Versicherungssumme betrage 100.000 € und wird im Todesfall während der 35-jährigen Laufzeit fällig, oder aber im Erlebensfall nach Ablauf der Versicherungsdauer. Die Beitragszahlungsdauer entspreche der Versicherungsdauer. Der Nettobeitrag werde zu Vertragsbeginn mit der DAV2008TM berechnet. Dann ist B 100.000
D65 M 30 M 65 N 30 N 65
1.992,95 .
Dieser Nettobeitrag ist für die gesamte Vertragslaufzeit fest vereinbart. Wird nun der Höchstrechnungszins nach genau fünf Jahren auf 1,75% gesenkt, so kann man zu diesem Zeitpunkt B wie folgt berechnen: D M 35 M 65 B 100.000 65 N N 35
2.182,71 ,
65
wobei der neue Zinssatz zur Diskontierung benutzt worden ist. Damit ergibt sich das Nettodeckungskapital nach der Beitragsdifferenzenformel 5V30
( B B )ä35,30
15.436,88 ,
wobei der neue Rechnungszins zur Berechnung des Barwertfaktors ä x t ,n t benutzt wird. Zum Vergleich dazu ist das Nettodeckungskapital nach fünf Jahren gemäß den ursprünglichen Rechnungsgrundlagen 5V30
S30 E x 5 S30 Ax 5 Bä x 5,30
S
Dx 35 M x 5 M x 35 N N x 35 B x 5 Dx 5 Dx 5
und ist im Speziellen gleich 10.264,02 €. Somit hätte das Versicherungsunternehmen für diesen Vertrag eigentlich eine sofortige Reserveanhebung von 5.169,86 € zu unternehmen.
5.5 Änderungen
237
Es ist davon auszugehen, dass die Rückstellung zumindest teilweise langfristig zu den vormals gültigen Zinskonditionen angelegt worden ist. Tatsächlich hat die Aufsichtsbehörde bei Zinssenkungen in der Vergangenheit darauf verzichtet, die Reserveerhöhung für den Bestand zu verlangen. Eine Zinssenkung ist im Allgemeinen nur für Neugeschäft wirksam. Wird der Höchstrechnungszinssatz von 2,25% auf 2,75% erhöht, so könnte man mit dem neuen Zinssatz anhand der Beitragsdifferenzenformel den neuen Beitrag berechnen. Der höhere Rechnungszins führt auf eine niedrigere Prämie, da zukünftige Leistungen stärker abgezinst werden. Dadurch wird der Barwert zukünftiger Leistungen geringer, und somit wird auch die Nettoreserve kleiner. Aus Vorsichtsgründen verzichtet man in diesem Fall auf die Umsetzung dieser Änderung der Rechnungsgrundlagen. Eine vorzeitige teilweise Auflösung der Reserve soll aus Vorsichtsgründen vermieden werden. Die Rückstellung bleibt deshalb nach einer Zinserhöhung unverändert. In 2009 wurden die neuen Sterbetafeln für Versicherungen mit Todesfallcharakter eingeführt. Die Sterbewahrscheinlichkeiten wurden gesenkt. Daraus ergäbe sich eine Reduktion der Rückstellungen nach der prospektiven Methode. Tatsächlich sind die Reserven für den versicherten Bestand nicht verringert worden. Als 2004 die neue Rentensterbetafel DAV2004R herausgegeben worden ist, hat die Aufsichtsbehörde verlangt, dass die Reserven für den Bestand schrittweise erhöht werden.
5.5.9 Auffüllungsbedarf Wie schon erwähnt, hat der Gesetzgeber für die Berechnung des Deckungskapitals den Höchstrechnungszins vorgeschrieben. In Paragraph 2 der Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) ist dieser Wert festgelegt. Für die Beitragsberechnung darf prinzipiell ein höherer Rechnungszins verwendet werden. Dadurch werden zukünftige Versicherungsleistungen stärker abgezinst. Der zu zahlende Beitrag verringert sich folglich. Allerdings ergibt sich die Notwendigkeit, das Deckungskapital mit dem Höchstrechnungszins zu berechnen. Die Reserve ist höher, als wenn die mit dem Höchstrechnungszins berechnete Prämie verwendet wird. Dieser so genannte Auffüllungsbedarf kann exemplarisch berechnet werden. Beispiel Gegeben sei eine Kapitallebensversicherung über 100.000 € für einen vierzigjährigen Mann. Die Vertragsdauer betrage 25 Jahre. Der Bruttobeitrag werde mit dem Zinssatz in Höhe von 3,5% berechnet. Dann ist für typische Kostensätze anhand der DAV2008TM B B3,5%
100.000 D65 525( N 40 N 65 ) 0,97( N 40 N 65 ) D65
3.531,34 .
238
5 Deckungsrückstellungen
Nach gesetzlicher Vorschrift muss die Reserve mit dem Höchstrechnungszins berechnet werden. Dazu werden die Kommutationswerte mit dem Höchstrechnungszins in Höhe von 2,25% diskontiert. Nach Ablauf von 5 Jahren ist somit B 5V40
S
( M 45 M 65 D65 ) 0,00525( N 45 N 65 ) 0,97( N 45 N 65 ) B B3,5% =20.069,15 . D40 t D45
B bei i Im Vergleich dazu ist der Bruttobeitrag B2,25%
2,25% gleich 4.015,05 €. Damit ist die Re-
serve, die sich bei konsistenter Verwendung des Rechnungszins ergibt: B 5V40
S
( M 45 M 65 D65 ) 0,00525( N 45 N 65 ) 0,97( N 45 N 65 ) B B2,25% =12.726,70 . D40t D45
Es ergibt sich eine Differenz von 7.342,45 €. Der Versicherer muss im Vergleich mit der Konkurrenz, die konsistent mit dem Höchstrechnungszins rechnet, eine deutliche Aufstockung der Reserve in Kauf nehmen. Die dafür notwendigen Mittel muss der Versicherer aus dem Eigenkapital bereitstellen. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht den Verlauf des Auffüllungsbedarfs in der Zeit.
100.000 €
10.000 €
90.000 €
9.000 €
80.000 €
8.000 €
70.000 €
7.000 €
60.000 €
6.000 €
50.000 €
5.000 €
40.000 €
4.000 €
30.000 €
3.000 €
20.000 €
2.000 €
10.000 €
1.000 €
0€ -10.000 €
0
5
10
15
20
Differenz
Reserve
Auffüllungsbedarf
0€ 25 -1.000 €
Jahr Auffüllungsbedarf
konsistente Reserve
tatsächliche Reserve
5.6 Beitragszerlegung Nachdem in den obigen Abschnitten die versicherungsmathematische Bedeutung der Reserven klar geworden ist, widmen wir uns im Folgenden der mathematischen Dekomposition der Deckungsrückstellung in ihre Bestandteile. Dadurch erhalten wir neue aktuarielle Einblicke,
5.6 Beitragszerlegung
239
die insbesondere auch im Hinblick auf die Bilanzierung sowie die Gewinn- und Verlustrechnung ihre praktische Anwendung finden. Schon in der Einführung dieses Kapitels ist anhand einer Kontostaffelrechnung deutlich geworden, dass sich das Nettodeckungskapital iterativ berechnen lässt. Dieser Sachverhalt lässt sich verallgemeinern. Es sei dazu x
das Eintrittsalter des Versicherten,
t
die Zeitpunkte in vollendeten Jahren, ausgehend vom Vertragsbeginn, also t 0," , Z x 1 ,
Tt
die Todesfallleistung, die am Ende des Jahres, also zum Zeitpunkt t bei Tod innerhalb der Periode [t 1, t ) gezahlt wird,
Et
die Erlebensfallleistung, die am Ende des Jahres, also zum Zeitpunkt t , anfällt,
Bt
der Beitrag, der am Anfang des Jahres, also zum Zeitpunkt t 1 , für die Periode [t 1, t ) gezahlt wird,
Kt
die sonstigen Kosten, mit Ausnahme der unmittelbaren Abschlusskosten, die am Anfang des Jahres, also zum Zeitpunkt t 1 , für die Periode [t 1, t ) fällig werden,
t Vx
das Bruttodeckungskapital eines ursprünglich x-Jährigen am Endes des Jahres, also zum Zeitpunkt t.
Berechnungsreihenfolge
Der folgende Zahlungsstrahl soll verdeutlichen, wann die einzelnen Positionen einer Lebensversicherung fällig sind. 0
1
Zx
Z x 1
D Z Kosten
T1
TZ x
TZ x 1
0 Vx
1Vx
Z x Vx
Z x 1Vx
E1
EZ x
EZ x 1
B1
B2
BZ x 1
K1
K2
KZ x 1
Das Deckungskapital wird zum Ende eines jeden Jahres berechnet, nachdem eine etwaige Todesfallleistung des laufenden Jahres abgerechnet worden ist, aber bevor die Erlebensfallleistung desselben Jahres ausgezahlt wird, und bevor die Beiträge und Kosten des nächsten Jahres anfallen. Die Schwierigkeit dieses Ansatzes liegt in der Indizierung und der damit verbundenen korrekten Erfassung der Fälligkeiten.
240
5 Deckungsrückstellungen
Allgemein gilt nun für das Bruttodeckungskapital einer Lebensversicherung eines x-Jährigen Lx t ,Z x 1t GLx t ,Z x 1t
t Vx
t
0," , Z x 1 .
In diesem allgemeinen Zusammenhang ist somit Z x t t Vx
¦
Tt k 1
¦
Bt k 1
k 0 Z x t
k 0
Z x t C x t k Z x t D D ¦ Et k x t k ¦ K t k 1 x t k Dx t Dx t Dx t k 0 k 0
Dx t k . Dx t
Analog ist für t+1 Z x t 1
¦
t 1Vx
Tt k 2
k 0
C x t k 1 D Et k 1 Kt k 2 Bt k 2 x t k 1 . Dx t 1 Dx t 1
Durch Indexverschiebung erhalten wir Z x t
¦
t 1Vx
Tt k 1
k 1
C x t k D Et k Kt k 1 Bt k 1 x t k , Dx t 1 Dx t 1
wobei sich die einzelnen Summen ergänzen lassen, indem jeweils das nullte Glied addiert wird: Z x t
t 1Vx
C D Tt k 1 x t k Et k Kt k 1 Bt k 1 x t k D Dx t 1 x t 1 k 1 C D Tt 1 x t Et Kt 1 Bt 1 x t . Dx t 1 Dx t 1
¦
Weiterhin folgt durch Ausklammerung des konstanten Faktors t 1Vx
Tt 1
Dx t : Dx t 1
C x t D Et K t 1 Bt 1 x t Dx t 1 Dx t 1
Dx t Z x t C D Tt k 1 x t k Et k Kt k 1 Bt k 1 x t k . Dx t 1 k 1 Dx t Dx t
¦
An dieser Formel erkennen wir den rekursiven Zusammenhang für das Nettodeckungskapital t 1Vx
tVx
Dx t C D D D Tt 1 x t Et x t Kt 1 x t Bt 1 x t . Dx t 1 Dx t 1 Dx t 1 Dx t 1 Dx t 1
In äquivalenter Form ist t Vx
Bt 1
t 1Vx
Dx t 1 C Tt 1 x t Et K t 1 . Dx t Dx t
Somit haben wir eine wahrscheinlichkeitstheoretische Darstellung gefunden:
5.6 Beitragszerlegung t Vx
Bt 1
241 t 1Vx
v p x t Tt 1 v qx t Et K t 1 .
Die Summe aus dem Deckungskapital am Ende des Jahres t und dem Bruttobeitrag am Anfang des folgenden Jahres t 1 ist gleich dem abgezinsten Deckungskapital am Ende des Folgejahres t 1 im Überlebensfall zuzüglich der Erlebensfallleistung am Endes des Jahres t plus der abgezinsten Todesfallleistung für den Fall des Todes im Verlauf des Versicherungsjahres zuzüglich der Kostenleistung am Anfang des Jahres. Die Rückstellung und der Beitrag decken also sämtliche Versicherungsleistungen für den Todes- und Erlebensfall ab, einschließlich der am Jahresende zu stellenden Reserve. Diese Gleichung wird deshalb als versicherungsmathematische Bilanzgleichung bezeichnet. Ebenso lässt sich der Zuwachs des Deckungskapitals darstellen, indem die obige Gleichung abermals umgestellt wird. Zunächst haben wir t 1Vx
v (1 qx t )
tVx
Bt 1 Tt 1 v q x t Et K t 1
und daraus folgt durch Multiplikation mit (1 i ) die Thiele’sche Gleichung t 1Vx
tVx
i tVx (1 i ) Bt 1 Et K t 1 qx t t 1Vx Tt 1 .
Die Änderung des Deckungskapitals entsteht aus dem Zinsertrag der alten Rückstellung und aus dem um die Kosten reduzierten, aufgezinsten Beitrag, abzüglich der verzinsten Erlebensfallleistung vom Ende des Vorjahres und zuzüglich der Differenz aus neuer Reserve und Todesfallleistung für den erwarteten Sterbefall. Anhand dieser rekursiven Gleichungen lässt sich zu Recht vermuten, dass die Deckungsrückstellung iterativ berechnet werden kann. Als Anfangsbedingung ist die Bruttoreserve 0Vx gleich dem Negativen der unmittelbaren Abschlusskosten, die im Allgemeinen durch die D Z Kosten entstehen. Die Rückstellung zu Vertragsende ist gleich der dann fälligen Erlebensfallleistung. Wir werden auf diesen Ansatz zur alternativen Berechnung der versicherungstechnischen Werte im Abschnitt über lineare Gleichungssysteme näher eingehen. Löst man die Bilanzgleichung nach dem Bruttobeitrag auf, so ergeben sich weitere Einsichten. Bt 1
v p x t t 1Vx v qx t Tt 1 Et K t 1 tVx
und ferner Bt 1
v t 1Vx Et Kt 1 tVx v qx t (Tt 1 tVx ) .
Wir definieren nun Spar-, Risiko- und Kostenprämie gemäß BtSpar 1 BtRisiko 1 Kosten Bt 1
v
t 1Vx
Et tVx
v qx t (Tt 1 tVx ) Kt 1 .
Die Sparprämie BtSpar 1 ist für die zinsbereinigte Änderung des Deckungskapitals, die unmittelbaren Abschlusskosten sowie die abgezinste Erlebensfallleistung im laufenden Vertragsjahr verantwortlich.
242
5 Deckungsrückstellungen
Die Risikoprämie BtRisiko kann interpretiert werden als der Beitrag der einjährigen Todes1 fallversicherung im laufenden Vertragsjahr. Die Höhe der Leistung ist die vereinbarte Todesfallsumme abzüglich des Deckungskapitals und der auszuzahlenden Erlebensfallleistung. Die Kostenprämie BtKosten dient der Deckung der vorschüssig anfallenden Kosten mit Aus1 nahme der unmittelbaren Abschlusskosten im laufenden Vertragsjahr. Im Gegensatz dazu hatten wir im Kapitel zur Beitragsberechnung gleich bleibende Kostenprämien B K berechnet. Somit setzt sich die die Bruttoprämie additiv aus diesen drei Bestandteilen zusammen: Bt 1
Risiko BtSpar BtKosten 1 1 Bt 1
Der Bruttobeitrag kann also in einen Anteil zerlegt werden, der zur Erfüllung der Erlebensfallleistung dient, einen weiteren Anteil, der der Gefahrentragung des Ablebens dient, und einen Anteil, der der Deckung der Kosten dient. Im Allgemeine ist die Prämie Bt 1 konstant. Die Zerlegung ändert sich jedoch im der Zeit. Die folgenden Beispiele dienen der Illustration des gezeigten Sachverhalts. Beispiel Gegeben sei eine Risikolebensversicherung für einen 30-jährigen Mann. Die Versicherungssumme betrage 100.000 €, die Vertragslaufzeit sei 30 Jahre. Die Beitragszahlungsdauer entspreche der Versicherungsdauer. Der konstante Nettobeitrag wird mit der DAV2008TM berechnet. Er beträgt hier 264,70 €. Dann lässt sich die Prämie in Spar- und Risikoanteil zerlegen. Die Summe aus Risikoprämie und Sparprämie ergibt zu jedem Zeitpunkt den Nettobeitrag. Man erkennt an der folgenden Abbildung außerdem, dass die Sparprämie für das achtzehnte Versicherungsjahr zum ersten Mal negativ ist. Das Nettodeckungskapital erreicht nach neunzehn Jahren sein Maximum. Die Verzögerung des Abbaus der Reserve liegt in der Verzinsung des bereits angesparten Kapitals begründet.
5.6 Beitragszerlegung
243
Zerlegung des Nettobeitrags der Risikolebensversicherung 3.500 € 3.000 € 2.500 €
Betrag
2.000 € 1.500 € 1.000 € 500 € 0€ -500 € 0
5
10
15
20
25
30
-1.000 € Zeit Sparprämie
Risikoprämie
Nettoreserve
Beispiel Anhand der DAV2008TM betrachten wir die Kapitallebensversicherung für einen 30jährigen Mann mit 30 Jahren Vertragslaufzeit, Versicherungssumme 100.000 € sowie typischen Kostensätzen. Dann ist der Bruttobeitrag 3214,09 € und lässt sich wie folgt in Spar-, Risiko-, und Kostenanteil zerlegen. Zur ersten Beitragszahlung ist die Summe aus Sparprämie, Risikoprämie und Kostenprämie gleich der Differenz aus dem ausreichenden Bruttobeitrag und den negativen einmaligen Abschlusskosten. In den darauf folgenden Jahren addieren sich die Beitragsbestandteile zum ausreichenden Bruttobeitrag. Man erkennt insbesondere, dass bei der Kapitallebensversicherung die Sparprämie klar dominiert. Außerdem sind die sonstigen Kosten höher als der Risikobeitrag. Die folgende Abbildung verdeutlicht diesen Sachverhalt
244
5 Deckungsrückstellungen
Zerlegung des Bruttobeitrags der Kapitallebensversicherung 3.000 € 2.500 € 2.000 €
Betrag
1.500 € 1.000 € 500 € 0€ -500 € 0
5
10
15
20
25
30
-1.000 € -1.500 € -2.000 € Zeit Risikoprämie
Sparprämie
Kostenprämie
Der Endwert der aufgezinsten Sparprämien zum Vertragsende ist gleich dem Endwert aller im Laufe der Vertragsdauer anfallenden Erlebensfallleistungen abzüglich des Endwerts der unmittelbaren Abschlusskosten. Dazu betrachten wir nach Definition der Sparprämie n 1
¦
t 0
n t BtSpar 1 (1 i )
n 1
¦ (1 i)nt (v t 1Vx Et
tVx )
,
t 0
denn die rechte Seite vereinfacht sich zu n 1
¦
t 0
n t BtSpar 1 (1 i )
n 1
¦
n t 1 t 1Vx (1 i )
t 0
n 1
¦
n t t Vx (1 i )
t 0
n 1
¦ Et (1 i )nt ,
t 0
wobei sich die ersten beiden Summen gegenseitig aufheben, wie man durch Indexverschiebung erkennt: n 1
n
n 1
n
t 0
t 1
t 0
t 1
n t ¦ BtSpar ¦ t Vx (1 i)nt ¦ t Vx (1 i )nt ¦ Et 1(1 i)nt 1 (1 i )
.
Schließlich folgt n 1
¦
t 0
n t BtSpar 1 (1 i )
n nVx 0Vx (1 i )
n
¦ Et 1(1 i)nt
.
t 1
Dabei ist die Reserve bei Vertragsende gleich der abschließenden Erlebensfallleistung und die Rückstellung bei Vertragsbeginn gleich dem Negativen der unmittelbaren Abschlusskosten.
5.7 Bilanzdeckungsrückstellung
245
Die Sparprämien implizieren gemeinsam mit der Verzinsung auf den bereits angesparten Kapitalstock die zeitlichen Veränderungen der Reserve. Aus Kundensicht sind die Sparprämien dazu da, um die Abschlusskosten zu finanzieren und sämtliche Erlebensfallleistungen während der Vertragslaufzeit anzusparen.
5.7 Bilanzdeckungsrückstellung Um die betriebswirtschaftliche Situation eines Lebensversicherers zu beurteilen, werden einmal jährlich sämtliche Verbindlichkeiten in der so genannten Bilanz zusammengefasst. Neben den tatsächlich Aufwendungen für eingetretene Versicherungsfälle, Rückkaufswerten und Kosten ist insbesondere die Veränderung der Deckungsrückstellung relevant. Die Reserve gilt als bedeutender Bestandsteil des Sicherungsvermögens, welches in der Lebensversicherung von einem Treuhänder überwacht wird. Dadurch werden die Ansprüche der Versicherten für den Fall der Insolvenz des Unternehmens sichergestellt. Außerdem werden die Rückstellungen zur risikotheoretisch fundierten Berechnung des von der Aufsichtsbehörde geforderten Eigenkapitals maßgeblich herangezogen. Die Berechnung der Deckungsrückstellung auf Unternehmensebene dient dazu, die gesamten Verpflichtungen des Versicherers hinsichtlich der vertraglich zugesagten Leistungen korrekt zu erfassen. Bei der Addition ist darauf zu achten, dass einzelvertragliche Rückstellungen im Allgemeinen nur positive Werte annehmen dürfen. Dieses Problem wird durch das Konzept der Zillmerung umgangen. Der anfängliche Fehlbetrag wird als Forderung an den Versicherungsnehmer ausgewiesen. Aufgrund gesetzlicher Vorschriften ist es zulässig, das gezillmerte Nettodeckungskapital zur bilanziellen Darstellung aller Verpflichtungen aus dem getätigten Versicherungsgeschäft zu verwenden. In der Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung RechVersV) heißt es in Ergänzung zum Handelsgesetzbuch (HGB) in Paragraph 25 Absatz 1 explizit (1) Bei der Berechnung der Deckungsrückstellung sind für die Berücksichtigung der Risiken aus dem Versicherungsvertrag angemessene Sicherheitszuschläge anzusetzen. Einmalige Abschlusskosten dürfen nach einem angemessenen versicherungsmathematischen Verfahren, insbesondere dem Zillmerungsverfahren, berücksichtigt werden. Diese Regelung gilt nicht nur für das gezillmerte Nettodeckungskapital, sondern selbstverständlich auch für die Berechnung der Bruttoreserve. Die Berechnung sämtlicher Rückstellungen eines Unternehmens erfolgt zum Bilanzstichtag, üblicherweise dem 31. Dezember eines jeden Kalenderjahres. Bislang haben wir die versicherungsmathematischen Reserven lediglich an den wiederkehrenden Jahrestagen der Police berechnet. In der Praxis kann der Versicherungsbeginn an jedem beliebigen Tag des Jahres erfolgen. Somit stehen wir vor dem Problem, die Reserve zu nicht ganzzahligen Zeitpunkten berechnen zu müssen.
246
5 Deckungsrückstellungen
Ein weit verbreiteter Lösungsansatz besteht in der linearen Interpolation der Deckungsrückstellung. Es bezeichne t Vx die versicherungsmathematisch Deckungsrückstellung und t Vx die Reserve zum Bilanzstichtag. Dann setzt man
t Vx
k 1 361 k t Vx t 1 Vx , 360 360
wobei k der laufende Tag im Jahr ist, und wir die bankenübliche Methode von 360 Tagen im Jahr verwendet haben. Es war lange Zeit üblich, dass der Versicherungsbeginn auf den ersten Tag eines Monats gelegt worden ist. Dann macht man folgenden vereinfachten Ansatz:
t Vx
k 1 13 k t Vx t 1 Vx , 12 12
wobei k in diesem Fall der Kalendermonat des Vertragsbeginns ist. Im Hinblick auf das Sicherungsvermögen ist zusätzlich zur Deckungsrückstellung der Beitragsübertrag zu beachten. Insbesondere bei Jahresbeiträgen ist es wichtig, dem laufenden Kalenderjahr lediglich denjenigen Prämienanteil zuzuordnen, der der anteiligen Risikoübernahme entspricht. Für die monatliche Betrachtungsweise setzt man deshalb die Prämienreserve für den Beitragsübertrag zeitproportional fest BÜ
k 1 B . 12
Aus bilanztheoretischer Sicht sind Beitragsüberträge passive Rechnungsabgrenzungsposten. Des Weiteren hat das Versicherungsunternehmen Rückstellungen für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle zu bilden. Einerseits ist für bekannte, aber noch nicht regulierte Versicherungsfälle, eine Schadenreserve zu bilden, die sich an der Versicherungssumme orientiert. Andererseits vergeht zwischen dem Schadeneintritt und der Benachrichtigung oft eine gewisse Zeit. Deshalb sind zum Bilanzstichtag im Allgemeinen nicht alle eingetretenen Schäden bekannt. Zu diesem Zweck wird die so genannte IBNR Reserve („incurred but not reported“) gebildet. Die Berechnung dieser Rückstellung geht jedoch über die Einführung in die Lebensversicherungsmathematik hinaus. Eine ausführliche Darstellung erhält man durch das Studium der Schadenversicherungsmathematik.
5.8 Ergänzungen Auf der Grundlage der im vorherigen Abschnitt dargestellten rekursiven Gleichung für das Deckungskapital lassen sich die versicherungstechnische Werte durch einen iterativen Algorithmus berechnen. Die Methode basiert auf der Beschreibung von Aufwendungen und Erträgen durch lineare Gleichungen unter Berücksichtigung des Saldoübertrages. Das Verfahren beruht auf dem Matrizenkalkül und ist insbesondere für die Implementierung auf einem Rechner geeignet. Eine schöne Anwendung findet dieses Kalkül im Satz von Cantelli: Wenn die Rückkaufswerte gleich den Deckungsrückstellungen sind, so ist es nicht notwendig, Stornowahrscheinlichkeiten als zusätzliche Rechnungsgröße zu verwenden.
5.8 Ergänzungen
247
5.8.1 Lineare Gleichungssysteme Durch die Beitragszerlegung hatten wir folgende Formel gefunden: t Vx
Bt 1 t 1 Vx v p x t Tt 1 v qx t Et Kt 1 ,
welche bei n-jähriger Vertragslaufzeit für alle t 0," , n 1 gültig ist. Damit haben wir insgesamt n Gleichungen zur Verfügung. Der Diskontfaktor v , die Sterbewahrscheinlichkeiten qx t und die Überlebenswahrscheinlichkeiten p x t sind vorgegeben. Sämtliche Versicherungsleistungen Et , Tt 1 , K t 1 sind vertraglich vereinbart. Ebenso ist das Deckungskapital zu Vertragsbeginn, 0Vx , durch das Negative der einmalig anfallenden unmittelbaren Abschlusskosten gegeben. Außerdem ist die Reserve bei Vertragsende, n Vx , bekannt. Gehen wir nun von einer konstanten Prämie aus, so gibt es insgesamt n Unbekannte: B, 1Vx , " , n 1Vx . Die Existenz und Eindeutigkeit der Lösung dieses linearen Gleichungssystems lässt sich unschwer nachweisen. Um die auf den Beitrag bezogenen Elemente aus den Kosten K t 1 zu eliminieren, wie zum Beispiel die Inkassokosten, integrieren wir jene in die Variable Bt 1 gemäß Bt 1
f t 1 B .
Der Faktor f t 1 beinhaltet den Abzug der Prämie um die beitragsbezogenen Kosten am Anfang des Jahres t . Sind beispielsweise lediglich die Inkassokosten vom Beitrag abhängig, so ist f t 1 1 E . Die einmaligen unmittelbaren Abschlusskosten, die D Z -Kosten, werden hier nicht berücksichtigt, denn sie sind bereits in der Anfangsreserve 0Vx enthalten. Die verbleibenden Kosten K t 1 , die nicht vom Beitrag abhängen, werden definiert durch K t 1
K t 1 (1 f t 1 ) B .
Damit erhalten wir folgende äquivalente Darstellung: f t 1B t Vx v p x t t 1 Vx
Et v qx t Tt 1 K t 1
0," n 1 .
für t
Um diese Gleichungen geschlossen erfassen zu können, definieren wir die Matrix A durch vp x
0
0
0
"
0
1
vp x 1
0
0
"
0
0
1
vp x 2
0
"
0
#
%
%
%
%
#
0
"
0
1
vp x n 3 0
0
"
0
0
1
vp x n 2
0
"
0 G den Vektor der gesuchten Variablen x als
0
0
1
§ f1 ¨ ¨ f2 ¨ f3 ¨ ¨ A ¨# ¨ ¨ ¨f ¨ n 2 ¨ f n 1 ¨ © fn
· ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ , ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¹
248
5 Deckungsrückstellungen
G x
§B · ¨ V ¸ ¨1 x ¸ ¨ 2 Vx ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨# ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ V ¸ ¨ n 3 x ¸ ¨ n 2 Vx ¸ ¨ ¸ © n 1Vx ¹
G sowie den Leistungsvektor l durch
G l
§ 0Vx E0 vqxT1 K 1 · ¨ ¸ ¨ E1 vqx 1T2 K 2 ¸ ¨ E vq T K ¸ x2 3 3 ¨ 2 ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨# ¸ . ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ En 3 vqx n 3Tn 2 K n 2 ¸ ¨ ¸ ¨ En 2 vqx n 2Tn 1 K n 1 ¸ ¨ vp ¸ x n 1 n Vx En 1 vq x n 1Tn K n ¹ ©
Die kompakte Darstellung des linearen Gleichungssystems lautet damit G G Ax l . Wir berechnen nun zunächst die Determinante der Matrix A. Jene lässt sich nach der ersten Spalte entwickeln: n
det( A)
¦ (1)
k 1
f k det Ak 1 .
k 1
Dabei ist Ak 1 diejenige Untermatrix, die aus der Matrix A durch Streichen der ersten Spalte und der k-ten Zeile entsteht. Nun ist det A11 1 ,
da A11 eine rechte obere Dreiecksmatrix ist, deren Diagonalelemente alle gleich 1 sind. Mit dem gleichen Argument finden wir die Determinante der Matrix A21 det A21
vp x
Die Untermatrix A31 hat die Gestalt
5.8 Ergänzungen
A31
249
§ vp x ¨ ¨1 ¨0 ¨ ¨0 ¨ ¨ ¨# ¨ ¨ ¨0 ¨ ¨0 ¨0 ©
0
0
0
0
0
"
vp x 1
0
0
0
0
"
0
1
vp x 3
0
0
"
0
0
1
vp x 4
0
"
%
%
%
%
%
%
"
0
0
0
1
vp x n 1
"
0
0
0
0
1
"
0
0
0
0
0
· ¸ ¸ ¸ 0 ¸ 0 ¸ ¸ ¸ # ¸ ¸ ¸ 0 ¸ ¸ vp x n 2 ¸ ¸ 1 ¹ 0 0
Die Determinante dieser Matrix wird nach der ersten Zeile entwickelt: Streichen wir in A31 die erste Zeile und erste Spalte, so entsteht eine obere Dreiecksmatrix, deren Determinante das Produkt der Diagonalelemente ist. Somit folgt det A31
vpx vpx 1
.
In analoger Schlussfolgerung erhalten wir alle noch fehlenden Unterdeterminanten. In geschlossener Form ist daher k 2
vp
det Ak 1
x i
.
i 0
Insgesamt ist somit die Determinante von A n
det( A)
§
¦ ¨© (1) k 1
k 1
k 2 · f k vpx i ¸ i 0 ¹
n
§
k 2
¦ ¨© f vp k
k 1
i 0
x i
· ¸z0 . ¹
Das betrachtete lineare Gleichungssystem lässt sich also eindeutig lösen, wenn die beitragsbezogenen Kosten kleiner als der Beitrag sind. Da die Matrix A dünn besetzt ist, kann der G Lösungsvektor x rekursiv berechnet werden, sobald die erste Komponente bekannt ist. Deshalb berechnen wir zunächst x1 nach der Cramerschen Regel. Dazu betrachten wir die Matrix A1 , die aus der Matrix A hervorgeht, indem die erste Spalte durch den Lösungsvektor G l ersetzt wird:
250
5 Deckungsrückstellungen
A1
vpx
§ l1 ¨ ¨ l2 ¨ l3 ¨ ¨ ¨# ¨ ¨ ¨l ¨ n2 ¨ ln 1 ¨ © ln
0
0
0
"
0
1
vpx 1
0
0
"
0
0
1
vpx 2
0
"
0
#
%
%
%
%
#
0
"
0
1
vpx n 3 0
0
"
0
0
1
vpx n 2
0
"
0
0
0
1
· ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ . ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¹
Die Determinante dieser Matrix lässt sich wie oben gezeigt ausrechnen: n
det( A1 )
§
k 2
¦ ¨© l vp k
k 1
x i
i 0
· ¸ . ¹
Folglich ist · ¸ k 1 i 0 ¹ . n k 2 § · ¦ ¨ f k vpx i ¸ k 1© i 0 ¹ n
x1
det A1 det A
§
k 2
¦ ¨© l vp k
x i
G Die übrigen Komponenten des Lösungsvektors x lassen sich nun zeilenweise rekursiv berechnen: x2
f1 x1 l1 vp x
x3
f 2 x1 x2 l2 . vpx 1
sowie
Analog ist xk
f k 1 x1 xk 1 lk 1 vpx k 2
für k 3,", n . Alternativ kann man xn aus der letzten Zeile des Gleichungssystems berechnet werden: xn
ln f n x1 .
Damit sind der Beitrag und das Deckungskapital zu jedem Zeitpunkt berechenbar. Die versicherungstechnischen Werte lauten
5.8 Ergänzungen
251
n 1 n k 2 § · 0Vx n Vx vpx i ¦ ¨ Ek 1 vqx k 1Tk K k vp x i ¸ i 0 k 1© i 0 ¹ n § k 2 · ¦ ¨ f k vpx i ¸ k 1© i 0 ¹
B
und Vx
1
Vx
k 1
f1 B 0 Vx E0 vqxT1 K 1 vp x f k 1 B k 2 Vx Ek 2 vqx k 2Tk 1 K k 1 vp x k 2
Alternativ kann die Rückstellung Vx
n 1
für k
3," , n .
Vx berechnet werden durch:
n 1
vpx n 1 nVx En 1 vqx n 1Tn K n f n B .
Der Nutzen dieses alternativen Berechnungsansatzes liegt darin begründet, dass der hier dargestellten Algorithmus leicht auf einen Rechner implementiert werden kann und zudem hinreichend allgemein und flexibel gestaltet ist, um die versicherungstechnischen Werte einer Vielzahl verschiedener Lebensversicherungsprodukte zu berechnen. Insbesondere ist es möglich, den Algorithmus derart zu erweitern, dass Produkte mit beliebigen Rückkaufswerten gerechnet werden können. In diesem Zusammenhang wollen wir auf den Satz von Cantelli aufmerksam machen.
5.8.2 Satz von Cantelli Die Bereitstellung des Rückkaufswerts als eine zusätzliche Versicherungsleistung bei vorzeitiger Kündigung des Versicherungsvertrages wirft die Frage auf, ob Kündigungswahrscheinlichkeit als Rechnungsgrundlage berücksichtigt werden sollten. Der Sachverhalt lässt sich recht elegant im Kalkül der linearen Gleichungssysteme analysieren. Dazu führen wir für t 0," , n 1 die Stornowahrscheinlichkeit wt ein, die die Wahrscheinlichkeit angibt, dass der Versicherte im Zeitintervall [t , t 1) den Versicherungsvertrag kündigt. In diesem Zusammenhang sei die Stornoleistung St analog zur Todesfallleistung Tt rechnerisch am Ende des Versicherungsjahres t fällig, also insbesondere vor der Berechnung der Deckungsrückstellung t Vx . Außerdem wird die Überlebenswahrscheinlichkeit p x t durch die Verbleibewahrscheinlichkeit p x t ersetzt. Wir definieren deshalb in diesem Kontext p x t
1 qx t wt
p x t wt .
Mit dieser Festsetzung erhalten wir folgende verallgemeinerte Rekursionsgleichung für das Deckungskapital: f t 1B t Vx vp x t t 1 Vx Et vqx t Tt 1 vwt St 1 K t 1 für t 0," n 1 .
252
5 Deckungsrückstellungen
Ist nun der Rückkaufswert bei Kündigung im laufenden Vertragsjahr gleich dem Deckungskapital am Ende des Jahres, so vereinfacht sich diese Gleichung zu f t 1B t Vx t 1 Vx (vp x t vwt ) Et vqx t Tt 1 K t 1 . Aufgrund der obigen Definition der Verbleibewahrscheinlichkeit ist die Lösung dieses linearen Gleichungssystems unabhängig von der Stornowahrscheinlichkeit, denn vp x t vwt
vp x t .
Die Lösungen für den Beitrag und das Deckungskapital ergeben sich aus den Formeln des vorherigen Abschnitts, da die Gleichungssysteme identisch sind. Falls der Rückkaufswert gleich dem Deckungskapital ist, ist es nicht nötig, Stornowahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen. Denn die versicherungstechnischen Werte Beitrag und Deckungskapital sind unabhängig von etwaigen Kündigungswahrscheinlichkeiten. Diese Aussage stellt einen Spezialfall des Satzes von Cantelli dar. Aufgrund dessen können Stornowahrscheinlichkeiten in der Lebensversicherung vernachlässigt werden.
6 Ergebnisanalyse Die Ergebnisanalyse des getätigten Lebensversicherungsgeschäfts ist von besonderer kaufmännischer Bedeutung. Für die Steuerung und Planung sind detaillierte Einblicke in die unternehmerische Tätigkeit unabdingbar. Daneben besteht auch auf Verbraucherseite der Wunsch, die Leistungsfähigkeit eines Lebensversicherers transparent zu machen. Des Weiteren sind Versicherungsunternehmen gegenüber der Aufsichtsbehörde verpflichtet, regelmäßig Rechenschaft über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse abzulegen. Unter diesem Hintergrund betrachten wir in diesem Kapitel die Lebensversicherung aus dem Blickwinkel der Rechnungslegung. In erster Linie befassen wir uns mit der Berechnung des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses und seiner Verwendung unter versicherungsmathematischen Aspekten. Aufbauend auf den Ergebnissen der Beitragszerlegung leiten wir die versicherungsmathematischen Gewinnquellen her. Diese führen uns zu einem besseren Verständnis des Ertrags eines Lebensversicherungsvertrags. Im Anschluss befassen wir uns mit Methoden der Gewinnbeteiligung für die Versicherten und der Finanzierbarkeit der Überschussbeteiligung. Der Abschnitt zur Berechnung der Rentabilität einer Lebensversicherung bildet den Abschluss. Ausgewählte Ergänzungen, die wir kurz skizzieren, runden dieses Kapitel ab.
6.1 Gewinnzerlegung Nach dem Äquivalenzprinzip entspricht der Versicherungsbarwert dem Beitragsbarwert. Dieser Umstand wirft die Frage auf, wie Versicherungsunternehmen überhaupt in der Lage sind, Gewinne erwirtschaften zu können. Denn bekanntlich sind gerade Lebensversicherer durchaus wirtschaftlich solide Unternehmen. Aufgrund der vorsichtigen Wahl der Rechnungsgrundlagen übersteigt die erwartete Anzahl der Schadenfälle fast sicher die tatsächliche Zahl. Durch die verwendeten Sicherheitszuschläge, die wir ausführlich besprochen hatten, entstehen somit Unternehmensgewinne. In diesem Abschnitt geht es uns darum, die erwarteten Gewinne eines Lebensversicherers besser zu verstehen. Die Ergebnisanalyse wird getrennt nach Quellen und Teilbeständen durchgeführt, um so einen detaillierten Einblick in die getätigten Geschäfte zu erlangen. Wir beginnen mit der einzelvertraglichen Betrachtung, die uns zum Verständnis des betriebswirtschaftlichen Gesamtergebnisses führt.
6.1.1 Kontributionsgleichung Bei der Berechnung des Deckungskapitals hatten wir auf der Grundlage des Äquivalenzprinzips eine rekursive Formel zur Zerlegung des Beitrags hergeleitet, die wir als Ausgangsbasis für unsere weiteren Überlegungen nehmen:
254
6 Ergebnisanalyse
Bt 1 tVx
v p x t
t 1Vx
v qx t Tt 1 Et K t 1 .
Durch Auflösen der Überlebenswahrscheinlichkeit und Multiplikation mit (1 i ) : ( Bt 1 tVx )(1 i )
t 1Vx
qx t (Tt 1
t 1Vx ) ( Et
Kt 1 )(1 i ) .
Für das weitere Vorgehen definieren wir die linke Seite als rechnungsmäßige Einnahmen I t und die rechte Seite als rechnungsmäßige Ausgaben Ot des Versicherungsunternehmens am Ende des Jahres t: It Ot
( Bt 1 tVx )(1 i ) t 1Vx
qx t (Tt 1
t 1Vx ) ( Et
K t 1 )(1 i ) .
Die Differenz Gt aus rechnungsmäßigen Einnahmen und Ausgaben, Gt
I t Ot
0 ,
ist nach dem Äquivalenzprinzip gleich null. Dabei ist zu beachten, dass nach dem Vorsichtsprinzip die Rechnungsgrundlagen erster Ordnung verwendet werden. Analog kann man die realistisch zu erwartenden Einnahmen I und Ausgaben O anhand t
t
der Rechnungsgrößen zweiter Ordnung angeben. Dazu verwenden wir den realen Zinssatz i , die wahre Sterblichkeit q x t und die tatsächlichen Kosten K x t : It O t
( Bt 1 tVx )(1 i ) t 1Vx
q x t (Tt 1
t 1V x ) ( Et
K t 1 )(1 i ) .
In der Praxis entsteht somit ein Gewinn G I O . t
t
t
Verbindet man beide Gewinngleichungen durch Subtraktion, so folgt G G G t
t
t
( It I t ) (Ot O t ) ( B V )(1 i ) t x
t 1Vx
q x t (Tt 1
t 1Vx ) ( Et
K t 1 )(1 i )
( Bt 1 tVx )(1 i )
t 1Vx
qx t (Tt 1
t 1Vx ) ( Et
Kt 1 )(1 i ) .
t 1
Ordnen wir die Terme nach den Rechnungsgrundlagen, so folgt G t ( Kt 1 K t 1 ) i ( Bt 1 tVx Et K t 1 ) i ( Bt 1 tVx Et K t 1 ) qx t (Tt 1 t 1Vx ) q x t (Tt 1 t 1Vx ) . Durch Umstellen erhalten wir schließlich die so genannte Kontributionsgleichung G t ( Bt 1 tVx Et K t 1 )(i i ) (Tt 1 t 1 Vx )( q x t q x t ) ( Kt 1 K t 1 )(1 i ) . Die Kontributionsgleichung gibt Aufschluss über die Entstehung und Zusammensetzung des Gewinns eines Lebensversicherungsvertrages. Wir definieren:
6.1 Gewinnzerlegung
255
G tZ
( Bt 1 tVx Et K t 1 )(i i )
Zinsgewinn,
G tR
(Tt 1 t 1 Vx )( qx t q x t )
Risikogewinn,
G tK
( Kt 1 K t 1 )(1 i )
Kostengewinn.
Somit lässt sich der erwartete Gewinn eines einzelnen Versicherungsvertrages in die wesentlichen Quellen Zinsgewinn, Sterblichkeitsgewinn und Kostengewinn zerlegen: G t
G tZ G tR G tK .
Die Entstehung von Gewinnen liegt also in der Verwendung von Sicherheitszuschlägen bei der Festlegung der Rechnungsgrößen begründet. Bezüglich der gemachten Annahmen ist zwar der Barwert der Beiträge gleich dem Barwert der Versicherungsleistungen. Doch die vorsichtigen Rechnungsgrundlagen führen dazu, dass der Jahresgesamtschaden überschätzt wird. Ein erwarteter Zinsgewinn entsteht, wenn die tatsächlich erzielte Zinsrate auf die Kapitalanlagen größer als der Rechnungszins ist, solange denn die Basis positiv ist. In der Anfangszeit kann der einzelvertragliche Zinsgewinn negativ sein, da das Bruttodeckungskapital aufgrund der einmaligen Abschlussprovision negativ ist. Zur Beurteilung des erwarteten Sterblichkeitsgewinns muss man eine Fallunterscheidung machen. Für Risikolebensversicherungen ist die Basis stets positiv. Somit entsteht ein Gewinn, falls die zur Beitragskalkulation verwendeten Sterblichkeitsraten größer als die tatsächlichen Werte sind. Für Rentenversicherungen ist die Basis negativ, sobald die Rückstellung positiv ist. Damit führen Sterblichkeitsraten erster Ordnung, die niedriger sind als die Rechnungsgrundlagen zweiter Ordnung, zu einem erwarteten Sterblichkeitsgewinn. Schließlich entsteht ein erwarteter Kostengewinn, falls die tatsächlichen Kosten geringer als die vorsichtig geschätzten Kosten sind. Beispiel Wir betrachten eine Kapitallebensversicherung in Höhe von 200.000 € für einen vierzigjährigen Mann mit fünfundzwanzigjähriger Vertragslaufzeit. Dann ist der Bruttobeitrag für typische Kostensätze anhand der Sterbetafel DAV2008TM: BB
200.000
M 40 M 65 D65 0,00525( N 40 N 65 ) 0,97( N 40 N 65 ) D40
8.030,11
sowie das Bruttodeckungskapital nach beispielsweise 10 Jahren B 10V40
200.000
M 50 M 65 D65 0,00525( N 50 N 65 ) 0,97( N 50 N 65 ) BB , D50 D50
was 62.129,79 € ergibt. Analog ist die Bruttoreserve nach 11 Jahren B 11V40
200.000
M 51 M 65 D65 0,00525( N 51 N 65 ) 0,97( N 51 N 65 ) BB D51 D51
256
6 Ergebnisanalyse
gleich 69.900,61 €. Nehmen wir nun an, dass die wahre Sterblichkeit bei 60% der rechnungsmäßigen Sterblichkeit liegt, dass der erwirtschaftete Zinssatz 4,7% ist, und dass die Werte der realen Kostensätze bei 110% der angenommenen Rechnungsgrößen liegen. Dann ist der Zinsgewinn G Z ( B B V 110%(3% B B 0,00525 200.000))(4,7% 2,25%) 1.684,13 10
10
x
sowie der Risikogewinn R G10
(200.000 t 1 Vx )(50% q50 )
207,17
und schließlich der Kostenverlust G tK
10%(3% B B 0,00525 200.000)(1,047)
135,16 .
Der erwartete Gesamtgewinn am Ende des zehnten Jahres ist somit 1.756,14 €.
Im risikotheoretischen Sinn erlaubt die Kontributionsformel lediglich eine einzelvertragliche Schätzung und Zerlegung des erwarteten Gewinns. Tatsächlich entsteht jedoch für einen einzelnen Vertrag nur dann ein Risikogewinn, wenn sich die versicherte Gefahr nicht realisiert. Stirbt der Versicherte einer Risikolebensversicherung, so macht der Versicherer mit dieser Police keinen Gewinn. Die Gewinn- und Verlustrechnung macht deshalb nur für das gesamte versicherte Risikokollektiv überhaupt Sinn.
6.1.2 Gewinn- und Verlustrechnung Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ist die Gegenüberstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben aus dem getätigten Versicherungsgeschäft über einen vorgegebenen Zeitraum. Dadurch wird eine grobe Zerlegung des Unternehmensgewinns in seine Ergebnisquellen vorgenommen. Die GuV ist neben der Bilanz, dem Anhang und dem Lagebericht Teil des Jahresabschlusses und somit wesentlicher Gegenstand der Rechnungslegung von Lebensversicherungsunternehmen gemäß den Anforderungen des Handelsgesetzbuch (HGB). Gemäß der Verordnung über die Berichterstattung von Versicherungsunternehmen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BerVersV) hat jedes Versicherungsunternehmen eine Gewinn- und Verlustrechnung anzufertigen, um Rechenschaft über den betriebswirtschaftlichen Erfolg zu geben. Man unterscheidet in der GuV versicherungstechnische und nicht-versicherungstechnische Positionen. Zu den versicherungstechnischen Positionen der Lebensversicherung gehören im Wesentlichen x
verdiente Beiträge für eigene Rechnung,
x
Erträge aus Kapitalanlagen,
x
Aufwendungen für Versicherungsfälle für eigene Rechnung,
x
Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb auf eigene Rechnung,
x
Veränderungen der Bruttodeckungsrückstellung,
x
Aufwendungen für Rückkäufe.
6.1 Gewinnzerlegung
257
Dabei ist zu beachten, dass im Gegensatz zur Schaden-, Unfall- und Rückversicherung Kapitalanlagen der Versicherungstechnik zugeordnet sind. Wesentliche Positionen in der nicht-versicherungstechnischen Rechnung sind x
Sonstige Erträge,
x
Sonstige Aufwendungen,
x
Steuern.
Das Ergebnis ist die Differenz zwischen der Summe der Einnahmen und der Summe der Ausgaben. Man spricht von einem Gewinn, falls das Ergebnis positiv ist, andernfalls liegt ein Verlust vor. Um speziell das Zinsergebnis eines Versicherers besser zu verstehen, betrachten wir folgendes vereinfachtes Beispiel. Beispiel Im Wesentlichen besteht das vorhandene Kapital eines Versicherungsunternehmens aus sämtlichen Deckungsrückstellungen. Wir legen einen Kapitalstock in Höhe von 5 Milliarden Euro zugrunde, der zu 20% in Aktien und zu 80% in festverzinsliche Wertpapiere investiert ist. Am Jahresende werde folgende Entwicklung festgestellt: Anlage
Volumen
Rendite
Ertrag
Aktien
1.000 Mio €
8,0%
80 Mio €
Zinstitel
4.000 Mio €
4,0%
160 Mio €
Gesamt
5.000 Mio €
4,8%
240 Mio €
Andererseits betragen die Zinsen auf das Deckungskapital bei einem Rechnungszins in Höhe von 2,25% genau 112,5 Millionen Euro. Das Zinsergebnis ist dann die Differenz zwischen rechnungsmäßig kalkulierten und tatsächlich erwirtschafteten Zinsen, also 127,5 Millionen Euro.
Die Gewinn- und Verlustrechnung wird zusammen mit der Bilanz im Geschäftsbericht veröffentlicht. Die Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) berichtet regelmäßig über die von ihr zusammengetragenen Informationen. Anhand dieser Angaben lässt sich eine Statistik der Gewinnquellen deutscher Lebensversicherer erstellen. Beispiel Die folgende Tabelle zeigt die Gewinnquellen deutscher Lebensversicherer gemäß Veröffentlichungen der Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
258
6 Ergebnisanalyse Ergebnisart / Jahr
2007
2006
2005
2004
2003
2002
Risikoergebnis
8,0%
7,9%
7,8%
5,9%
7,5%
6,8%
Kapitalanlageergebnis
11,4%
12,5%
14,7%
11,4%
9,0%
2,0%
Kostenergebnis
1,2%
1,3%
1,5%
0,4%
1,4%
0,3%
Rückversicherungsergebnis
-0,6%
-0,6%
-0,5%
0,3%
0,3%
-0,2%
Stornoergebnis
0,5%
0,7%
0,0%
0,7%
0,6%
0,3%
Sonstiges Ergebnis
-2,1%
-2,6%
-3,4%
-3,8%
-3,9%
-1,1%
Gesamt
18,4%
19,1%
20,0%
14,9%
13,7%
8,1%
Man erkennt, dass das Ergebnis aus Kapitalanlagen am stärksten schwankt. Das Risikoergebnis ist die zweitwichtigste Gewinnquelle. Sie ist in der Vergangenheit weitestgehend konstant geblieben.
Die angegebenen Gewinnquellen haben für verschiedene Lebensversicherungsprodukte unterschiedliche Gewichtung am Gesamtgewinn. Die Verordnung über die Berichterstattung von Versicherungsunternehmen gegenüber dem Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleitungsaufsicht (BerVersV) schreibt die sachgerechte Zuordnung des Rohergebnisses vor. Dazu unterteilt man den Versicherungsbestand in möglichst homogene Teilbestände. Tatsächlich verlangt die BaFin, dass die obigen Gewinnquellen pro Abrechnungsverband beziehungsweise Bestandsgruppe berechnet und nachgewiesen werden. Die Gewinn und Verlustrechnung wird also nicht nur für das gesamte Portfolio durchgeführt, sondern zunächst in kleinere Einheiten zerlegt und anschließend aufsummiert. Eine grobe Unterteilung des versicherten Bestands erfolgt danach, ob das Anlagerisiko vom Versicherungsnehmer oder vom Versicherungsunternehmen getragen wird. Außerdem wird zwischen Versicherungen mit vorwiegend Todesfallcharakter und solchen mit vorwiegend Erlebensfallcharakter unterschieden. Des Weiteren werden Einzel- und Kollektivversicherungen getrennt betrachtet. Weitere Aufteilungen können sich durch Produktgenerationen ergeben, in denen sich die Rechnungsgrundlagen, zum Beispiel die verwendete Sterbetafel oder der Rechnungszins, geändert haben.
6.2 Überschussbeteiligung Anhand der Kontributionsgleichung haben wir erkannt, wie aufgrund der konservativen Wahl der Rechnungsgrundlagen erster Ordnung Gewinne entstehen. Denn Lebensversicherungsunternehmen sind nach Paragraph 11 Absatz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) dazu verpflichtet, Beiträge vorsichtig zu kalkulieren, um in jedem Fall die gegebenen Leistungsversprechen einhalten zu können. Aufgrund dieser Vorschrift sind die Prämien tendenziell höher als die Beiträge, die sich im freien Wettbewerb bilden würden. Die Unternehmensgewinne der Lebensversicherungsbranche sind also zu einem großen Teil durch die regulierenden Vorgaben der Aufsichtsbehörde
6.2 Überschussbeteiligung
259
bedingt. Es entspricht dem allgemeinen Fairnessprinzip, die zuviel gezahlten Beiträge zurückzuerstatten. Unter diesem Hintergrund ist es verständlich, dass der Gesetzgeber einen Missstand in der Lebensversicherung feststellt, wenn die Versicherten nicht angemessen an den Unternehmensgewinnen beteiligt werden. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf Paragraph 81c des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) verwiesen. Für eine angemessene Überschussbeteiligung sind grundsätzlich sämtliche Ergebnisquellen in Betracht zu ziehen. Unter diesem Gesichtspunkt wurde die Verordnung des Bundesministerium für Finanzen über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (MindZV) erlassen, in der eine Beteiligung im Hinblick auf das Risikoergebnis, das Kapitalanlageergebnis, das Kostenergebnis und an sonstigen Ergebnissen gefordert ist, sofern die Ergebnisquellen positiv sind. Diese Verordnung verpflichtet Lebensversicherungsunternehmen ferner explizit, mindestens 90% der Zinsgewinne, 75% der Risikogewinne und 50% der sonstigen Gewinne an die Versicherten zu verteilen. In der Praxis werden sogar 95% bis 98% der erwirtschafteten Überschüsse ausgeschüttet. Eine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten ist nicht zulässig. Es ist zu beachten, dass der Wettbewerb um neue Lebensversicherungsverträge in Deutschland nahezu ausschließlich über die Überschussbeteiligung ausgetragen wird. Den Interessenten von kapitalbildenden Lebensversicherungen wird die unternehmenseigene Überschussbeteiligung anhand exemplarischer Modellrechnungen dargestellt, die auf der tatsächlichen Ausschüttung der Vergangenheit beruhen. Um die Vergleichbarkeit im Markt zu gewährleisten, gibt es umfangreiche Vorschriften, die diese Beispielrechnungen betreffen. Insbesondere sind sie als unverbindlich zu kennzeichnen, da zukünftige Unternehmensgewinne nicht garantiert werden können.
6.2.1 Überschussverteilung Die erwirtschafteten Unternehmensgewinne sollen möglicht fair an die Versicherten verteilt werden. Das Wesen der Individualversicherung besteht darin, das jeder Versicherte gemäß dem Äquivalenzprinzip für seine eigenen zu erwartenden Versicherungsleistungen aufkommt. Da es sich bei den Überschüssen im Wesentlichen um zuviel erhobene Beiträge handelt, sollte jeder einzelne Versicherungsvertrag bei der Gewinnbeteiligung in demjenigen Maß berücksichtigt werden, wie seine Police zum Überschuss beigetragen hat. Tatsächlich erfolgt die Überschusszuweisung auf der Grundlage des Gleichbehandlungsgrundsatzes, Paragraph 11 Absatz 2 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Danach dürfen sämtliche Versicherungsleistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden. Dazu zählt auch die Überschussbeteiligung. Demnach müssen Lebensversicherer eine verursachergerechte Überschussbeteiligung vornehmen. Die natürliche Überschussbeteiligung sieht vor, dass jedem Versicherten zum Ende eines jedes Versicherungsjahres der Kontributionsgewinn seines Vertrags gutgeschrieben wird. Dabei werden die Rechnungsgrundlagen zweiter Ordnung für das entsprechende Kollektiv berechnet. Die Überschussanteile werden entstehungsgerecht ermittelt und verteilt. Allerdings ist die Transparenz des Systems nicht vorhanden. Der Vorteil dieser Methode besteht in der Fairness, der Nachteil im Verwaltungsaufwand.
260
6 Ergebnisanalyse
Bei mechanischen Überschusssystemen wird der gesamte Gewinn einer Gruppe von Risiken berechnet und ins Verhältnis zum Beitrag oder zur Versicherungssumme gesetzt. Jeder Versicherte erhält dann als Gewinnbeteiligung diese für die Gruppe festgelegte Quote bezogen auf seinen eigenen Beitrag oder seine eigene Versicherungssumme ausgeschüttet. Solch ein System ist transparent, aber nicht unbedingt fair, da es unberücksichtigt lässt, inwiefern der einzelne Vertrag tatsächlich zum Unternehmensgewinn beigetragen hat. Bei einem halbmechanischen System werden weitere Vertragsparameter berücksichtigt, ohne die volle Komplexität des natürlichen Systems zu erreichen. Dem Einfallsreichtum findiger Versicherungsmathematiker sind dabei keine Grenzen gesetzt. Beispiel Wir betrachten wiederum obige Kapitallebensversicherung in Höhe von 200.000 € für einen vierzigjährigen Mann mit fünfundzwanzigjähriger Laufzeit anhand der Sterbetafel DAV2008TM aus dem einführenden Beispiel zu diesem Kapitel. Ein halbmechanisches System sehe für die entsprechende Bestandsgruppe am Ende des zehnten Jahres folgende Überschussbeteiligung vor: Ü10
O S P 10 Vx .
Mit O 0,2% und P 3% beträgt der spezielle Wert 2.263,89 €. Durch diese Festlegung würde der Versicherte 507,75 € mehr zugewiesen bekommen, als ihm durch das natürliche System zustünden. Das wären, wie oben berechnet, 1.756,14 €.
Für die Verteilung der Überschüsse sind verschiedene Verfahren möglich. Die so genannten Schlussüberschussanteile werden zu Vertragsende gewährt. Diese Art der Gewinnbeteiligung wird auch bei vorzeitigem Tod, im Allgemeinen jedoch nicht bei vorzeitiger Kündigung vorgenommen. In Großbritannien haben Schlussüberschussanteile eine wesentlich größere Bedeutung als in Deutschland. Aus diesem Grund hat sich auf der Insel ein regelrechter Handel mit gebrauchten Lebensversicherungspolicen entwickelt. Die versicherte Person bleibt dieselbe; der Beitragszahler und der Bezugsberechtigte werden neu festegesetzt. Der Versicherungsvertrag selbst wird unverändert fortgeführt. Dadurch wird vermieden, dass der Schlussüberschussanteil verloren geht. In Deutschland werden die Versicherten in der Regel vornehmlich zeitnah an den erwirtschafteten Gewinnen beteiligt. Aus diesem Grund spielt hier zu Lande der Handel mit gebrauchten Policen keine so große Rolle. In aller Regel erfolgen Gutschriften in Form von laufenden Überschussanteilen. Die Höhe der im folgenden Geschäftsjahr fällig werdenden Überschüsse wird bereits im Voraus festgelegt und veröffentlicht. Durch diese Vorausdeklaration wird die Gewinnbeteiligung unabhängig vom tatsächlichen Ergebnis verbindlich. Die rechtlich wirksame Zusage zukünftiger Gewinne bedarf eines besonderen Konstrukts zur Gewinnausschüttung. Das Konzept wird im Folgenden erläutert. Die für die Überschussbeteiligung vorgesehenen Mittel werden zu einem großen Teil zunächst der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) zugeführt. Mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung werden die in dieser Reserve angesammelten Beträge an die Versicherten ausgeschüttet.
6.2 Überschussbeteiligung
261
Mit der RfB sind die Lebensversicherer in der Lage, die Höhe der Überschussbeteiligung im Verlauf der Zeit zu steuern. Schwankungen in der Höhe der Gewinnbeteiligung können dadurch ausgeglichen werden. Somit wird eine gewisse Glättung und zeitliche Stabilität der Überschussbeteiligung erreicht. Die Maßgabe der Kontinuität impliziert, dass die RfB nie vollständig aufgelöst wird. Die Rückstellung für Beitragsrückerstattung lässt sich in die so genannte gebundene RfB, die aus den deklarierten Überschüssen besteht, und den Rest, der als freie RfB bezeichnet wird, einteilen. Der Puffer zwischen dem Entstehen und der Weitergabe der Unternehmensgewinne wird durch die freie RfB geschaffen. Im Vergleich zur gesamten Rückstellung für Beitragsrückerstattung muss die freie RfB deshalb hinreichend groß sein. Seit 1984 kann ein Teil der erwirtschafteten Überschüsse zeitnah als Direktgutschrift den Versicherungsnehmern zugewiesen werden, ohne vorher in die RfB zu fließen. Dabei orientiert sich die Höhe der Gutschrift entweder an einer vereinbarten Mindestverzinsung, oder sie wird als fester Anteil am erwirtschafteten Gewinn deklariert.
6.2.2 Überschussverwendung Für die Verwendung der zugewiesen Überschussanteile unterscheidet man im Wesentlichen zwei Formen. Die Gewinnbeteiligung kann einerseits durch Entlastung der Beitragszahlung erfolgen. Andererseits können die vertraglich zugesagten Versicherungsleistungen erhöht werden. Beim Sofortrabatt wird die Überschussbeteiligung direkt mit den fälligen Beiträgen verrechnet. Die Versicherungsleistungen hingegen bleiben unverändert. Anwendung findet diese Art der Gewinnbeteiligung vor allem bei Risikolebensversicherungen. Da die Überschüsse im Voraus deklariert werden, profitiert der Versicherte schon im ersten Versicherungsjahr von einem reduzierten Zahlbeitrag. Daneben wird auch der Bruttobeitrag vertraglich festgelegt, denn die Überschussbeteiligung wird nicht für die gesamte Vertragslaufzeit garantiert. In diesem Sinne stellt der vereinbarte Bruttobeitrag die maximal zu zahlende Versicherungsprämie dar. Die jährliche Überschussbeteiligung wird als Prozentsatz festgesetzt, um den sich der Bruttobeitrag aktuell verringert. Bei Vereinbarung der Barauszahlung wird der jährliche Überschussanteil automatisch an den Versicherungsnehmer überwiesen. Während der Beitragszahlungsdauer wird durch die Barauszahlung der gleiche Effekt erzielt wie durch den Sofortrabatt. In der Bezugsphase für Altersrentenversicherungen entspricht die Barauszahlung einer Erhöhung der vereinbarten Rentenzahlung. Allerdings ergeben sich unter Umständen unterschiedliche steuerliche Aspekte für den Versicherungsnehmer. Die Barauszahlung ist in der Praxis eher unüblich. Die laufende Überschussbeteiligung kann auch zur Verkürzung der Laufzeiten verwendet werden. Dazu wird das Deckungskapital um die zugewiesenen Überschüsse erhöht. Nach dem Äquivalenzprinzip lässt sich unter Beibehaltung der Versicherungsleistung die reduzierte Beitragszahlungsdauer berechnen. Für kapitalbildende Erlebensfallversicherungen mag eine verkürzte Versicherungsdauer attraktiv erscheinen, da das Sparziel schneller erreicht wird. Da die Überschüsse jedoch nur für ein Jahr garantiert werden können, ist die äquivalente Abkürzung der Laufzeit oftmals sehr klein und damit psychologisch unvorteilhaft.
262
6 Ergebnisanalyse
Bei Bonussystemen wird die Überschussbeteiligung zur Erhöhung der Versicherungsleistungen genutzt. Dazu wird der zugewiesene Gewinn als Einmalbeitrag einer Zusatzversicherung angesehen. Nach dem Äquivalenzprinzip kann bei konsistenten Vertragsparametern die Versicherungsleistung berechnet werden. Diese Form findet insbesondere bei Leibrentenversicherungen in Form der Sofortbonusrente Anwendung. Dabei kann zwischen einer einjährigen und mehrjährigen Erhöhung der Rentenhöhe unterschieden werden. Wird die Rente nur für das laufende Jahr erhöht, so entspricht die Sofortbonusrente im Wesentlichen der Barauszahlung. Wenn die Überschüsse einem gewissen Sparkonto gutgeschrieben werden, so spricht man von verzinslicher Ansammlung. Die Verzinsung des Guthabens erfolgt durch einen unabhängig festgelegten Zinssatz. Durch diese Form der Gewinnbeteiligung wird die Versicherungsleistung erhöht. Sie ist in Deutschland für kapitalbildende Lebensversicherungen üblich. Zusammengefasst lässt sich für die klassischen Produkte der Lebensversicherung folgende Überschussverwendung festhalten. Überschussart / Versicherung
Todesfallversicherung
Erlebensfallversicherung
Rentenversicherung
üblich
unüblich
unüblich
Barauszahlung
unüblich
unüblich
unüblich
Laufzeitänderung
möglich
möglich
möglich
Bonus
möglich
üblich
üblich
Verzinsliche Ansammlung
unüblich
üblich
üblich
Sofortrabatt
6.3 Finanzierbarkeit Die deutsche Aufsichtsbehörde verlangt, dass die deklarierte Überschussbeteiligung bei unveränderten wirtschaftlichen Verhältnissen auf Dauer beibehalten werden kann. Denn die prognostizierte Gewinnausschüttung des Versicherers stellt ein wesentliches Kriterium für den Vertragsabschluss dar. Eine Überschussbeteiligung, die nicht nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik berechnet wird, stellt somit unlauteren Wettbewerb dar. Aus diesem Grund hat jedes Versicherungsunternehmen nachzuweisen, dass seine Überschussbeteiligung tatsächlich auf Dauer finanzierbar ist. Zum Nachweis der Finanzierbarkeit sind diejenigen Mittel im Verlauf der Zeit zu bestimmen, die erforderlich sind, um sowohl die vertraglich garantierten Leistungen als auch die Zusagen für die deklarierte Überschussbeteiligung erbringen zu können. Im Gegenzug werden diejenigen Zahlungseingänge bestimmt, die dem Versicherungsunternehmen in der Zukunft zufließen werden. Im Wesentlichen gibt es zwei verschiedene Ansätze für den Finanzierbarkeitsnachweis in der Lebensversicherung, die beide auf Investitionsrechnung der elementaren Finanzmathematik beruhen. Es handelt sich um die bereits diskutierte Kapitalwertmethode und die Methode
6.3 Finanzierbarkeit
263
der internen Rendite. In diesen beiden Ansätzen werden die zukünftigen Einnahmen und Ausgaben miteinander verglichen. Dabei wird auch das Sterblichkeitsrisiko berücksichtigt.
6.3.1 Ertragswertmethode Die Ertragswertmethode entspricht der Kapitalwertmethode der Investitionsrechnung. Der Barwert der zu erwartenden Einnahmen wird in Beziehung gesetzt zu dem Barwert der erwarteten Ausgaben der betrachteten Bestandsgruppe. Dabei werden die Rechnungsgrundlagen zweiter Ordnung für Zins, Sterblichkeit und Kosten berücksichtigt. Auf der Basis der Kontributionsgleichung kann die Zahlungsreihe der zukünftigen Beitragseinnahmen und der zukünftigen Gewinne angegeben werden. Auf der Ausgabenseite steht die Zahlungsreihe der Aufwendungen, die sich aus Versicherungsleistungen und Überschussbeteiligungen zusammensetzt. Sodann wird der Barwert der Differenz aus Einnahmen und Ausgaben gebildet. Jener wird als Ertragswert bezeichnet und nach der Kapitalwertmethode bewertet. Tatsächlich ist die Überschussbeteiligung für die gesamte Bestandsgruppe von größtem Interesse. Dazu definiert man den Ertragswert des Neugeschäfts EW0 als den Barwert aller zukünftigen zu erwartenden jährlichen Salden aus Einnahmen I k und Aufwendungen Ok : n 1
EW0 :
¦ ( I k Ok )v k
mit v :
k 0
1 . 1 i
Die Schwierigkeit dieses Ansatzes besteht in der Ermittlung eines geeigneten Istzinssatzes i . Um die tatsächlich erwirtschaftete Zinsrate zu berechnen, wird häufig folgender vereinfachter Ansatz gemacht: '
1 K0 i i ( K1 K0 ' ) , 2
wobei K0 die Kapitalanlagen am Anfang, K1 die Kapitalanlagen am Ende, und ' die Differenz aus Erträgen von Kapitalanlagen und Aufwendungen für Kapitalanlagen am Ende des Jahres bezeichne. Bei diesem Ansatz geht man davon aus, dass Kapitalzuwächse und Kapitalabgänge gleichmäßig über das Jahr verteilt sind. Insbesondere verwendet man hier unterjährig lineare Verzinsung. In äquivalenter Form finden wir sodann die Hardysche Zinsformel i
2' K1 K0 '
zur Berechnung des Istzinses. Diese Formel hat praktischen Nutzwert, ist jedoch eher pragmatisch zu bewerten. Auf eine detaillierte Modellierung der Erträge insbesondere anhand von Kassazinssätzen sei hier verzichtet. Der Ertragswert spielt eine wesentliche Rolle zur Analyse der zukünftigen Geschäftsentwicklung. Im angelsächsischen Bereich ist der Ertragswert wesentlicher Bestandteil des Embedded Value, einer Kennzahl zur Bewertung der Leistung eines Lebensversicherers.
264
6 Ergebnisanalyse
Die Berechnung des Ertragswerts stellt eine müßige Aufgabe für den Versicherungsmathematiker dar. Es wird ein geschlossener Bestand ohne Neugeschäft betrachtet. Die Beitragsentwicklung wird mit Hilfe von geeigneten Stornowahrscheinlichkeiten für die Zukunft hochgerechnet. Die Erträge werden anhand der Kontributionsgleichung für den gesamten Bestand in die Zukunft projiziert. Die zukünftigen Aufwendungen beinhalten sämtliche Versicherungsleistungen gemäß den Rechnungsgrundlagen zweiter Ordnung. Nach der Ertragswertmethode ist die Finanzierbarkeit der Überschussbeteiligung zum Zeitpunkt t genau dann gegeben, wenn Vt EWt t 0 , wobei EWt der Ertragswert am Ende des tten Jahres bezeichnet. Ferner ist Vt das vorhandene Vermögen des Versicherers am Ende des Jahres t. Das Vermögen eines Versicherungsunternehmens setzt sich dabei im Wesentlichen aus der Bruttodeckungsrückstellung, dem Beitragsübertrag, der Rückstellung für Beitragsrückerstattung, den verzinslich angesammelten Überschussanteilen und dem Eigenkapital zusammen. Falls das vorhandene Vermögen ausreicht, um den Saldo aus Erträgen und Aufwendungen zu decken, so ist die vorgeschlagene Überschussbeteiligung betriebswirtschaftlich sinnvoll. Das Amtsmodell beinhaltet eine leichte Modifikation, indem es den modifizierten Ertragswert berücksichtigt. Danach ist die Finanzierbarkeit der Überschussbeteiligung zum Zeitpunkt t genau dann gegeben, wenn n t
1
Vt ¦ ( Et k vt2 At k )vtk t 0 k 0
gilt. Es wird hierbei angenommen, dass die Ausgaben zur Jahresmitte anfällig werden. Der Betrachtungshorizont n wird durch die Vertragslaufzeiten in der Bestandsgruppe vorgegeben. Damit beruht das Amtsmodell auf der Kapitalwertmethode der Investitionsrechnung. Falls der so definierte Saldo aus Einnahmen und Ausgaben aus dem getätigten Versicherungsgeschäft positiv ist, so ist die in der Berechnung zugrunde gelegte Überschussbeteiligung finanziell machbar.
6.3.2 Sollzinsmethode Die zweite Methode zur Analyse der Finanzierbarkeit besteht in der Berechnung desjenigen Zinssatzes, zu dem der Ertragswert, wie im Amtsmodell definiert, gleich null ist. Dieser Ansatz entspricht der Methode der internen Rendite der Investitionsrechnung. Ein Zinssatz i heißt Sollzinssatz genau dann, wenn n t
1
Vt ¦ ( Et k v 2 At k ) v k k 0
0
mit v
1 . 1 i
Der Finanzierbarkeitsnachweise wird nun durch den Vergleich zwischen Sollzins und Istzins geführt. Die Finanzierbarkeit der Überschussbeteiligung ist genau dann gegeben, wenn der Sollzins kleiner gleich dem Istzins ist, wenn also i d i gilt.
6.4 Rentabilität
265
Die beiden Verfahren zur Überprüfung der Finanzierbarkeit sind im Prinzip äquivalent. Es kommt jedoch auf die Feinheiten der Modellierung an, die im Endeffekt zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Ertragswertbetrachtungen schützen nicht vor gezieltem Storno durch Kunden. Grundsätzlich muss jedes Versicherungsunternehmen negative Nettodeckungsrückstellungen, überhöhte Rückkaufswerte sowie zu hohe Abschlussprovisionen, die im Stornofall nicht zurückverlangt werden können, vermeiden. Diese und andere Analysen, die noch vor der Produkteinführung durchgeführt werden, gehören zum Profit-Testing, welches wir noch ausführlicher besprechen werden.
6.4 Rentabilität Während aus Unternehmenssicht die Finanzierbarkeit der Überschussbeteiligung bedeutend ist, ist der Verbraucher insbesondere an der Vergleichbarkeit des finanziellen Erfolgs eines Lebensversicherungsprodukts interessiert. Um die Wirtschaftlichkeit zu messen, führen wir einen neuen Begriff ein: die Rentabilität. Seit jeher waren deutsche Versicherungsunternehmen dazu geneigt, die Kostenparameter undurchsichtig zu gestalten, um sowohl der Konkurrenz als auch dem Kunden das Nachvollziehen der eigenen Rechnungsgrundlagen zu erschweren. Demgegenüber steht der Verbraucherwunsch nach mehr Transparenz. So hat denn der Gesetzgeber in der Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV), Paragraph 2, Absatz 1, Satz 1 und 2 folgende Regelung vorgesehen: (1) Bei der Lebensversicherung hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer gemäß §7 Abs. 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes zusätzlich zu den in §1 Abs. 1 genannten Informationen die folgenden Informationen zur Verfügung zu stellen: 1. Angaben zur Höhe der in die Prämie einkalkulierten Kosten; dabei sind die einkalkulierten Abschlusskosten als einheitlicher Gesamtbetrag und die übrigen einkalkulierten Kosten als Anteil der Jahresprämie unter Angabe der jeweiligen Laufzeit auszuweisen; 2. Angaben zu möglichen sonstigen Kosten, insbesondere zu Kosten, die einmalig oder aus besonderem Anlass entstehen können; Zur Definition und Berechnung der Rentabilität gibt es verschiedene Ansätze, die sich dadurch unterscheiden, inwiefern die Versicherungsleistungen bezüglich Erleben, Tod und Kosten berücksichtigt werden. Wir stellen die wichtigsten Begriffe im Folgenden vor.
6.4.1 Effektiver Rechnungszins Wie uns bekannt ist, werden Lebensversicherungsprodukte nach dem Vorsichtsprinzip mit den Rechnungsgrundlagen erster Ordnung tarifiert. Die Sicherheitszuschläge führen fast
266
6 Ergebnisanalyse
sicher zu Unternehmensgewinnen. Unter Beibehaltung sämtlicher Vertragsdaten lässt sich mit Hilfe der Rechnungsgrundlagen zweiter Ordnung ein Rechnungszins bestimmen, für den Leistungen und Gegenleistungen äquivalent sind. Jeden solchen Rechnungszins nennt man effektiven Rechnungszins. Beispiel Als Grundlage betrachten wir eine Kapitallebensversicherung in Höhe von 100.000 € für einen dreißigjährigen Mann mit fünfunddreißigjähriger Laufzeit. Wir berechnen zunächst anhand der DAV2008TM den rechnungsmäßigen Bruttobeitrag anhand typischer Kostensätze: BB
100.000
M 30 M 65 D65 0,00525( N 30 N 65 ) 0,97( N 30 N 65 ) 1,4 D30
2.763,06 .
Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass die Rechnungsgrößen für die wahre Sterblichkeit und die wahren laufenden Kosten genau 50% der verwendeten Werte betragen. Wir haben also eine neue Sterbetafel aufzustellen, die als wahre Todesfallwahrscheinlichkeit 50% der Sterblichkeiten der DAV2008TM zugrunde legt. Nach dem Äquivalenzprinzip ist dann ein Zinssatz i gesucht, so dass 2.763,06 100.000
M 30 M 65 D 65 0,002625( N 30 N 65 ) . 0,985( N 30 N 65 ) 1,4 D 30
Dieses Problem lässt sich prinzipiell nicht analytisch lösen. Ein rechnergestützes Näherungsverfahren liefert i 1, 26% . Somit beträgt der effektive Rechnungszins 1,26%, fast ein Prozentpunkt weniger als der verwendete Rechnungszins.
Die Differenz des effektiven Rechnungszinses zum verwendeten Rechnungszins ist somit ein Maß für die Höhe der in der Prämie enthaltenen Sicherheitszuschläge. Bei ansonsten identischen Versicherungsbedingungen, also insbesondere bei gleichem Beitrag und gleicher Versicherungssumme, deutet ein kleinerer effektiver Rechnungszins auf größere Sicherheitsmargen in der Prämie hin. Dieser Ansatz eignet sich dazu festzustellen, wie aggressiv ein Versicherer im Markt operiert. Man sollte allerdings beachten, dass ein großer Teil des entstehenden Kosten- und Risikogewinns an die Versicherten ausgeschüttet wird. Der effektive Rechnungszins ist deshalb in Zusammenhang mit der Überschussbeteiligung zu beurteilen.
6.4.2 Erlebensfallrendite Für Versicherungen mit Erlebensleistungen macht es Sinn, eine a posteriori Rechnung für den Fall des Erlebens aufzustellen, die wir im Folgenden erläutern. Zur Ermittlung der Erlebensfallrendite werden lediglich die tatsächlich gezahlten Beiträge und die tatsächlichen Erlebensfallleistungen berücksichtigt. Dabei ist die anhand der Beispielrechnung prognostizierte Überschussbeteiligung zu berücksichtigen. Nach dem finanzmathematischen Äquivalenzprinzip wird sodann derjenige finanzmathematisch sinnvolle Zinssatz gesucht, zu dem Leistung und Gegenleistung äquivalent sind.
6.4 Rentabilität
267
Beispiel Gegeben sei eine gemischte Kapitallebensversicherung mit den Parametern x = 25, n = 30, S = 100.000 €. Die tatsächliche Erlebensfallleistung inklusive Überschussbeteiligung sei 176.478 €, der jährliche Bruttobeitrag sei 3.180,05 €. Die Sterbewahrscheinlichkeit wird ignoriert. Deshalb lauten die Endwerte der finanzmathematischen Leistung und Gegenleistung: L 176.478 30
GL
¦
B (1 i )k
k 1
3.245,49
(1 i )30 1 (1 i ) . i
Das Äquivalenzprinzip der Finanzmathematik liefert durch Gleichsetzen eine Erlebensfallrendite von 3,72%, die man allerdings nur näherungsweise ermitteln kann. Aufgrund der Überschussbeteiligung ist die Erlebensfallrendite höher als der Rechnungszins.
Anhand von Beispielrechnungen, die die Ablaufleistungen inklusive nicht garantierter Gewinnbeteiligung betreffen, kann der Kunde seine Erlebensfallrendite im Voraus berechnen. Im Vergleich zum Rechnungszins wird die Erlebensfallrendite einerseits durch die Aufwendungen für Kosten und Todesfallleistungen verringert, andererseits durch die Überschussbeteiligung erhöht. Der Versicherte hat im Erlebensfall, wenn er also nicht verstorben ist, dennoch ein Gefühl der Sicherheit genießen können: Im Todesfall wären die Angehörigen versorgt gewesen. Aus diesem Blickwinkel ist es sinnvoll, Todesfallleistungen bei der Berechnung der Rentabilität zu berücksichtigen. Dieser Ansatz führt uns auf den Begriff der effektiven Rendite.
6.4.3 Effektive Rendite Zur Vergleichbarkeit von Kreditgeschäften heißt es in Bezug auf Privatkredite in der Preisangabenverordnung (PAngV), Paragraph 6, Absatz 1 Bei Krediten sind als Preis die Gesamtkosten als jährlicher Vomhundertsatz des Kredits anzugeben und als "effektiver Jahreszins" … zu bezeichnen. Die effektive Rendite in der Lebensversicherung soll analog definiert werden. In Anlehnung an die PAngV ist es angebracht, die Gesamtkosten der Lebensversicherung in einen effektiven Zinssatz umzurechnen. Es bezeichnet deshalb die effektive Rendite einen Zinssatz, mit dem sich der gegebene tatsächlich zahlbare Bruttobeitrag einer Lebensversicherung als Nettobeitrag selbiger Versicherung berechnen lässt. Im Klartext bedeutet diese Definition für den Versicherungsmathematiker, einen Rechnungszins zu suchen, für den der Nettobeitrag der betrachteten Lebensversicherung gemäß standardisierter Rechnungsgrundlagen gleich dem vorgegebenen Bruttobeitrag ist. Damit lassen sich die einkalkulierten Kostenmargen durch einen Zins darstellen.
268
6 Ergebnisanalyse
Aus analytischem Blickwinkel ist diese Aufgabenstellung zu komplex, um sie explizit zu lösen. Als Lösungsansatz bieten sich deshalb auch hier rechnergestützte Näherungsverfahren an. Im angelsächsischen Raum hat sich das obige Konzept unter dem Namen „reduction in yield“ durchgesetzt. Es wird dabei die Reduktion der effektiven Rendite berechnet. Gemeint ist damit die Differenz der effektiven Rendite zum Rechnungszins. Beispiel Wie wir bereits gesehen haben, ist der Bruttobeitrag der gemischten Kapitallebensversicherung im allgemeinen Fall
BB
S
M x M x n Dx n (D J J 1 J 2 )( N x N x n ) (1 E )( N x N x n ) D Z nDx
.
Für typische Kosten und für verschiedene Eintrittsalter und Vertragslaufzeiten hatten wir exemplarisch bereits Bruttobeiträge berechnet; zum Beispiel ist für S = 100.000 €, x = 40 und n = 20 der Bruttobeitrag B B anhand der Sterbetafel DAV2008TM gleich 5.004,69 €. Die Formel für den Nettobeitrag dieser Versicherung lautet mit dem gesuchten Rechnungszins i : B N
D x n M x M x n . N N x
xn
Dabei wird wiederum die gleiche Sterbetafel DAV2008TM benutzt. Mittels eines rechnergestützten iterativen Verfahrens suchen wir nun ein i , sodass B N B B . Wir finden heraus, dass für i 0,26% der Nettobeitrag obigen Wert von 5.004,69 € annimmt. Die Reduktion der effektiven Rendite ergibt sich aus der Differenz von i i , hier also 1,99%. Die folgende Grafik zeigt die Reduktion der effektiven Rendite der gemischten Kapitallebensversicherung für verschiedene Kombinationen aus Eintrittsalter und Vertragslaufzeit anhand der Sterbetafel DAV2008T für Männer mit 2,25% Rechnungszins, bezogen auf die Versicherungssumme in Höhe von 100.000 € und exemplarische Kostensätze.
6.4 Rentabilität
269
Reduktion der effektiven Rendite für die Kapitallebensversicherung - Männer 30
25
20 Laufzeit
15
10
5 20
25
30
35
40
45
50
55
60
Alter 1,50%-2,00%
2,00%-2,50%
2,50%-3,00%
3,00%-3,50%
3,50%-4,00%
Für einen großen Bereich liegt die Reduktion der effektiven Rendite zwischen 2 und 2,5 Prozentpunkten. Ein ähnliches Bild ergibt sich für Frauen anhand der DAV2008TF.
Beispiel In Analogie zu obigen Beispiel wollen wir nun die Altersrentenversicherung betrachten. Wir hatten bereits ausreichende jährliche Beiträge für die bis zum Alter 65 aufgeschobene lebenslange Rentenversicherung bei Beitragszahlungsdauer bis zum Renteneintritt anhand der Sterbetafel DAV2004RM beziehungsweise DAV2004RF für die jährliche Rente in Höhe von 12.000 € bei exemplarischen Kostensätzen berechnet. Es ist BB
R
(1 J 2 J 1 D J ) N z (D J J 1 ) N x (1 E )( N x N z ) D Z ( z x ) Dx
.
Für einen fünfzigjährigen Mann erhalten wir den jährlichen Bruttobeitrag von 15.124,76 €. Demgegenüber steht der Nettobeitrag, berechnet anhand des Zinssatzes i : B N
R
N z . N x N z
Es lässt sich zeigen, dass für i 1,75% der Nettobeitrag B N Reduktion der effektiven Rendite um 0,50%.
15.124,76 ist. Daraus folgt eine
Die folgende Grafik zeigt die Reduktion der effektiven Rendite der Altersrentenversicherung für verschiedene Eintrittsalter anhand der Sterbetafel DAV2004R für Männer und Frauen für die jährliche Rente R = 12.000 € und für unseren exemplarischen Kostensätze.
270
6 Ergebnisanalyse
Reduktion der effektiven Rendite für die Leibrentenversicherung 0,6%
0,5%
Reduktion
0,4%
0,3%
0,2%
0,1%
0,0% 20
25
30
35
40
45
50
55
60
Eintrittsalter Männer
Frauen
Man erkennt, dass die Reduktion deutlich niedriger als für Kapitallebensversicherungen ausfällt und außerdem nicht allzu sehr vom Eintrittsalter und somit der Beitragssumme abhängt.
Die effektive Rendite lässt also in Analogie zur Preisangabenverordnung für Kredite auf die Kosten schließen. Die in die Versicherung einkalkulierten Kosten bewirken eine Verringerung der Rendite für den Verbraucher. Todesfallleistungen bleiben unberücksichtigt; denn das Leistungsversprechen des Versicherers wird in Anspruch genommen, auch wenn es nicht zur Auszahlung kommt. Man kann natürlich darüber diskutieren, was denn geeignete biometrische Rechnungsgrundlagen sein sollten, um die Nettoprämie zu berechnen. In diesem Zusammenhang wäre es angebracht, die Nettoprämie anhand der von der DAV publizierten Sterbetafeln erster Ordnung zu berechnen. Diese Diskussion überlassen wir unseren engagierten Lesern.
6.5 Ergänzungen Zu guter Letzt wollen wir einige Ergänzungen zur Ergebnisanalyse eines Lebensversicherungsunternehmens ansprechen. Für eine tiefer gehende Beschreibung sei wiederum auf die spezielle Literatur verwiesen.
6.5.1 Profit-Testing Der Finanzierbarkeitsnachweis ermöglicht die Analyse des Ertragswerts für jeden einzelnen Vertrag. Für die vollständige Kontrolle des eingegangenen Versicherungsgeschäfts reicht diese Maßnahme jedoch nicht aus. Um gezieltes Storno zu vermeiden, ist es notwendig zu
6.5 Ergänzungen
271
prüfen, ob der Ertragswert des gesamten versicherten Geschäfts zu jedem Zeitpunkt der Vertragslaufzeit positiv ist. Derartige Analysen werden durchgeführt, bevor ein Lebensversicherungsprodukt auf den Markt gebracht wird. Das folgende Beispiel illustriert eine solche Analyse anhand eines fiktiven Vorschlags zur Festsetzung der Rückkaufswerte. Beispiel Wir betrachten eine Kapitallebensversicherung eines fünfundzwanzigjährigen Mannes mit Versicherungssumme in Höhe von 100.000 € über eine Vertragslaufzeit von vierzig Jahren anhand der Sterbetafel DAV2008TM. Die Bruttoprämie ist dann bei typischen Kostensätzen 2.384,43 €. Die im Versicherungsschein vertraglich festgelegten Rückkaufswerte am Ende der Jahre eins bis zehn seien: 25%, 75%, 125%, 175%, 225%, 275%, 325%, 375%, 425%, 475% des Jahresbeitrags. Dann vergleichen wir die Endwerte der Einnahmen und Ausgaben unter Berücksichtigung vorzeitiger Kündigung für jedes der ersten zehn Jahre. t
Pt
Lx t
RKWt
At
Bt
't
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
1
3.900,94 €
695,10 €
596,11 €
5.192,14 €
2.438,08 €
-2.754,05 €
2
3.988,71 €
1.411,30 €
1.788,33 €
7.188,33 €
4.931,03 €
-2.257,31 €
3
4.078,45 €
2.148,79 €
2.980,54 €
9.207,79 €
7.480,06 €
-1.727,73 €
4
4.170,22 €
2.906,96 €
4.172,76 €
11.249,94 €
10.086,44 €
-1.163,49 €
5
4.264,05 €
3.683,97 €
5.364,98 €
13.313,00 €
12.751,47 €
-561,52 €
6
4.359,99 €
4.477,47 €
6.557,20 €
15.394,66 €
15.476,47 €
81,81 €
7
4.458,09 €
5.282,96 €
7.749,41 €
17.490,46 €
18.262,77 €
772,31 €
8
4.558,40 €
6.096,32 €
8.941,63 €
19.596,35 €
21.111,77 €
1.515,42 €
9
4.660,96 €
6.913,97 €
10.133,85 €
21.708,77 €
24.024,87 €
2.316,10 €
10
4.765,83 €
7.734,89 €
11.326,07 €
23.826,78 €
27.003,51 €
3.176,73 €
Legende (1)
Anzahl der vollendeten Jahre der Vertragslaufzeit
(2)
Endwert der Provision, das heißt, der unmittelbaren Abschlusskosten in Höhe von 4% der Beitragssumme
(3)
Endwert der Versicherungsleistungen für Tod und Erleben
(4)
Rückkaufswert
(5)
Summe der Ausgaben At
(6)
Endwert der bis dato gezahlten Beiträge
(7)
Differenz aus Einnahmen, hier Beiträge, und Ausgaben
Pt Lx t RKWt
272
6 Ergebnisanalyse
Man erkennt, dass der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben bei vorzeitiger Kündigung innerhalb der ersten fünf Jahre negativ ist. Diese Festlegung der Rückkaufswerte im Versicherungsschein führt demnach im Stornofall zu einem Verlust des Versicherers. Das Produkt sollte in dieser Form nicht angeboten werden.
Zur Vermeidung möglicher Verluste bieten sich zwei klassische Alternativen an: Zum einen können die vertraglich vereinbarten Rückkaufswerte reduziert werden. Zum anderen kann das Unternehmen eine Provisionshaftung einführen: Bei vorzeitiger Kündigung muss ein Teil der bereits erhaltenen Provision zurückgezahlt werden. Beispiel Nehmen wir an, dass in mit jeder Beitragszahlung 10% der unmittelbaren Abschlusskosten verdient werden. Diese Regelung soll bedeuten, dass mit Beginn des zehnten Versicherungsjahrs die bei Vertragsabschluss erhaltene Provision vollständig verdient ist. Es ergibt sich folgendes Bild in Anlehnung an obiges Beispiel t
At
Bt
VPt
NVPt
Et
't
(1)
(5)
(6)
(8)
(9)
(10)
(7)
1
5.192,14 €
2.438,08 €
381,51 €
3.433,59 €
5.871,67 €
679,53 €
2
7.188,33 €
4.931,03 €
763,02 €
3.052,08 €
7.983,10 €
794,77 € 942,84 €
3
9.207,79 €
7.480,06 €
1.144,53 €
2.670,57 €
10.150,63 €
4
11.249,94 €
10.086,44 €
1.526,04 €
2.289,06 €
12.375,50 € 1.125,57 €
5
13.313,00 €
12.751,47 €
1.907,55 €
1.907,55 €
14.659,02 € 1.346,03 €
6
15.394,66 €
15.476,47 €
2.289,06 €
1.526,04 €
17.002,51 € 1.607,85 €
7
17.490,46 €
18.262,77 €
2.670,57 €
1.144,53 €
19.407,30 € 1.916,84 €
8
19.596,35 €
21.111,77 €
3.052,08 €
763,02 €
21.874,79 € 2.278,44 €
9
21.708,77 €
24.024,87 €
3.433,59 €
381,51 €
24.406,38 € 2.697,61 €
10
23.826,78 €
27.003,51 €
3.815,10 €
0,00 €
27.003,51 € 3.176,73 €
Legende t 10% D Z n B B
(8)
Verdiente Provision VPt
(9)
Nicht verdiente Provision NVPt
(10)
Endwert der Einnahmen Et
D Z n B B VPt
Bt NVPt
Man erkennt, dass bei dieser Regelung die vertraglich vereinbarten Rückkaufswerte im tatsächlichen Kündigungsfall in keinem Versicherungsjahr zum Verlust des Versicherungsunternehmens führen. Diese Regelung ist deshalb betriebswirtschaftlich sinnvoll.
6.5 Ergänzungen
273
Es ist unumgänglich, die vertraglich zugesagten Rückkaufswerte darauf hin zu untersuchen, ob sie im Stornofall zu Verlusten des Versicherungsunternehmens führen. Umfangreiche Zeitwertbetrachtungen sind also notwendig, um Einbußen durch gezieltes Storno schon im Voraus zu vermeiden. Bevor ein Lebensversicherungsvertrag überhaupt angeboten wird, sollte geprüft werden, ob durch frühzeitiges Storno Unternehmensverluste riskiert werden. Solche und ähnliche Analysen gehören zum so genannten Profit-Testing, das über den bloßen Finanzierbarkeitsnachweis hinausgeht. Dabei liegt der Kerngedanke auf der Übertragung der Erkenntnisse aus der Investitionsrechnung der elementaren Finanzmathematik auf die Lebensversicherungsmathematik: Das Versicherungsgeschäft soll unter Einbeziehung sämtlicher Einflussgrößen zu jedem Zeitpunkt lohnenswert sein. Dabei ist wiederum zu bedenken, dass jedes Versicherungsunternehmen aus Wettbewerbsgründen daran interessiert ist, eine hohe Überschussbeteiligung auch langfristig konstant zu halten. Aus diesem Grund werden Projektionsrechnungen durchgeführt, indem die Zeitreihen für die erwarteten zukünftigen Erträge und Aufwendungen analysiert werden. Bei detaillierten Verfahren werden sämtliche Aufwendungen und Erträge möglichst realitätsnah modelliert. Unter Vernachlässigung von Neugeschäft ist der Present Value of Future Profits (PVFP) der Barwert der aus dem vorhandenen Lebensversicherungsgeschäft erzielten Jahresüberschüsse. Für die Diskontierung benutzt man die Risikodiskontrate, die von der Geschäftsleitung vorgeben wird. Berechnet man den PVFP zu Vertragsbeginn, so entspricht er dem Wert des Neugeschäfts. Zusammen mit dem Eigenkapital ergibt der PVFP den Embedded Value. Er gibt den Wert des getätigten Lebensversicherungsgeschäfts an. Derzeit gibt es noch keine allgemeinen Standards, die sich für die einheitliche Berechnung des Embedded Value durchgesetzt haben. Zum Profit-Testing gehören im weitern Sinn auch so genannte Sensitivitätsanalysen, die die Robustheit der Ergebnisse in Abhängigkeit der Änderung der Eingabeparameter ermitteln. Üblicherweise werden außerdem extreme Szenarien betrachtet, wie zum Beispiel, sehr niedrige Zinsergebnisse, sehr hohe Kündigungsraten, extreme Risikoergebnisse und so weiter. In diesem Sinne geht Proft-Testing weit über den bloßen Nachweis der Finanzierbarkeit hinaus. Es stellt eine notwendige Ergänzung im Risikocontrolling des Lebensversicherers dar.
6.5.2 Asset-Liability-Matching Im Gegensatz zum Finanzierbarkeitsnachweis, der die Gewinn-und-Verlust Situation eines Unternehmens betrachtet, beruht Asset-Liability-Matching (ALM) auf der Analyse der Bilanz. Zum Ende eines jeden Geschäftsjahres werden die Forderungen und Verbindlichkeiten des Versicherungsunternehmens zusammengestellt. Unter Aktiva versteht man die Mittelverwendung. Mit Passiva bezeichnet man die Mittelherkunft. Ist die Summe der Passiva geringer als die der Aktiva, so wurde ein Jahresüberschuss erwirtschaftet. Dieser Gewinn wird gleichzeitig als Eigenkapital auf der Passivseite ausgewiesen. Damit ist die Summe aller Positionen auf beiden Seiten der Bilanz stets gleich groß. Vereinfacht gesehen, besteht die Bilanz eines Lebensversicherers aus folgenden Positionen:
274
6 Ergebnisanalyse
Aktiva
Passiva
Aktien
Eigenkapital
Renten
Freie RfB
Darlehen
Gebundene RfB
Immobilien
Deckungsrückstellungen
Sonstige
Sonstige
ALM bezeichnet nun die Steuerung des Unternehmens anhand der Aktiva und Passiva der Bilanz. Ausgehend von den zur Verfügung stehenden Unternehmensdaten werden mannigfaltige stochastische Simulationen durchgeführt. Das Objekt mathematischer Analysen ist dabei weniger der einzelne Vertrag oder eine Bestandsgruppe als vielmehr vornehmlich das ganze Lebensversicherungsunternehmen. Die Eingangsgrößen eines ALM-Modells werden anhand des betrachteten Datenbestandes bestimmt; sie kennzeichnen das Geschäft des Unternehmens. Die Eingabeparameter des Modells sind beispielsweise die Art und Höhe der Überschussbeteiligung, die Verteilung des Neugeschäfts oder auch die Anlagestrategie. Die Zufallsvariablen des Modells sind, zum Beispiel, Sterblichkeit, Kosten, Storno, Zins, Kapitalmarktrendite und Inflation. Der Detailtreue eines solchen Modells sind keine Grenzen gesetzt. Im Rahmen einer Monte-Carlo-Simulation werden die Zufallsgrößen stochastisch simuliert. Für jeden Durchlauf werden sämtliche Positionen der Bilanz berechnet. Als Ergebnis der Simulation erhält man die Verteilung der Bilanzergebnisse. Dabei sind Mittelwert, Streuung und Quantile von besonderem Interesse für das Management. Zentrales Anliegen des Asset-Liability-Matching ist die Unternehmenssteuerung. So wird das Programm mehrfach für verschiedene Eingangsparameter durchlaufen. Die Ergebnisse des ALM liefern somit einen Beitrag zur quantitativen Entscheidungsfindung.
6.5.3 Kennzahlen Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) hat einen Kennzahlenkatalog entwickelt, der anhand des Jahresabschlusses über die Leistungsfähigkeit eines Lebensversicherungsunternehmens informiert. Vierzehn Kennzahlen sind in vier Bereiche gegliedert: Bestandsentwicklung, Beiträge und Aufwendungen, Kapitalanlagen und Kapitalerträge sowie wirtschaftliche Leistung. Zurzeit wird diskutiert, ob der Embedded Value dem Katalog hinzugefügt werden soll. Im Folgenden wollen wir einen knappen Überblick über diese Kennzahlen gegen, ohne auf die Feinheiten der Definitionen und deren Bedeutungen in diesem Rahmen näher eingehen zu wollen.
6.5 Ergänzungen
275
Bestandsentwicklung
Um den Vertriebserfolg und die Attraktivität der angebotenen Produkte zu messen, wird der Neuzugang ermittelt und mit dem Vorjahr verglichen. Da der Neuzugang in der Lebensversicherung mit hohen Abschlusskosten verbunden ist, wird diese Kenngröße erst im Kontext angemessen gewürdigt werden können. Die Stornoquote gibt Aufschluss über die Loyalität der Versicherten. Eine langfristige Bindung der Kunden ist aus vielerlei Sicht wünschenswert. Eine geringe Stornoquote drückt eine gewisse Zufriedenheit mit den Dienstleistungen des Versicherers aus. Die Menge aller Versicherungsverträge wird zur Kennzahl des Versicherungsbestands. Als Bezugsgröße kann sicherlich auch die Versicherungssumme oder der Beitrag dienen. Große Versicherer genießen offenbar eine hohe Attraktivität. Beiträge und Aufwendungen
In der Gewinn-und-Verlust-Rechnung werden die gebuchten Bruttobeiträge veröffentlicht. Diese Kennzahl dient ebenfalls als Maß für die Größe eines Versicherers. Der Verwaltungskostensatz ist der Prozentsatz der Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb bezogen auf die gebuchten Bruttobeiträge. Dadurch wird die Effizienz des Unternehmens sichtbar. Die Höhe hängt aber auch von der Bestandszusammensetzung ab. Die relativen Kosten sind im Allgemeinen für Risikolebensversicherungen am höchsten. Der Abschlusskostensatz wird im Bezug auf die Beitragssumme des Neugeschäfts bezogen. Somit wird diese Kenngröße im Zusammenhang mit dem Neuzugang beurteilt. Die Abschlusskosten für Gruppenversicherungen sind im Allgemeinen niedriger als für Einzelversicherungen. Daneben spielt die Qualität des angebotenen Service eine Rolle. Kapitalanlagen und Kapitalerträge
Die Summe aller Kapitalanlagen, die überwiegend der Deckung zukünftiger Versicherungsleistungen dienen, wird im Kennzahlenkatalog als gesamte Kapitalanlagen bezeichnet. Versicherungsnehmer sind insbesondere an der Sicherheit und Rentabilität der Anlagen interessiert. Aus dem Geschäftsbericht wird dazu das Nettoergebnis auf Kapitalanlagen herangezogen. Dabei werden sämtliche Erträge und Aufwendungen berücksichtigt. Die durchschnittliche Nettoverzinsung aus Kapitalanlagen wird über die letzten drei Jahre betrachtet. Dadurch wird im Gegensatz zum Nettoergebnis eine ausgeglichene Darstellung des Anlageerfolgs sichtbar. Die laufende Durchschnittsverzinsung auf Kapitalanlagen ist definiert als Differenz von Erträgen und Aufwendungen im Verhältnis zu den gesamten Kapitalanlagen. Kursverluste, Sonderabschreibungen und Gewinne und Verluste aus dem Abgang von Kapitalanlagen bleiben im Gegensatz zu den beiden obigen Kennzahlen unberücksichtigt.
276
6 Ergebnisanalyse
Leistungen
Von höchster Bedeutung für die Leistungsfähigkeit eines Lebensversicherungsunternehmens ist der erwirtschaftete Gesamtüberschuss. Er ist die Differenz aus Erträgen und Aufwendung vor der Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung. Der Gesamtüberschuss setzt sich demnach aus Direktgutschriften, Veränderung der RfB und dem verbleibenden Jahresüberschuss zusammen. Die Überschussquote setzt die RfB und die Jahresüberschüsse ins Verhältnis zu den gebuchten Bruttobeiträgen zuzüglich der Erträge aus Kapitalanlagen. Damit gibt sie einen Anhaltspunkt für die Ertragskraft des Lebensversicherers. Falls jedoch in größerem Maße Direktgutschriften gegeben werden, so fällt die Überschussquote vergleichsweise niedrig aus. Das Eigenkapital eines Lebensversicherungsunternehmens ist die Summe aller eigenen Mittel für den Geschäftsbetrieb. Im Verhältnis zur Bilanzsumme erhält man die Eigenkapitalquote. Sie stellt ein Maß für die Sicherheit und Solvabilität des Unternehmens dar. Im Gegensatz dazu steht die Eigenmittelquote, die als Näherung für das Verhältnis aus Eigenkapital zu gebuchten Bruttobeiträgen, der so genannten Solvabilitätskennzahl, angesehen werden kann. Die tatsächliche Berechnung ist allerdings wesentlich komplexer. Sie misst die Zahlungsfähigkeit des Versicherungsunternehmens. Die Beurteilung all dieser Kennzahlen kann nur als Ganzes im gegenseitigen Kontext erfolgen. Selbstredend ist viel Erfahrung erforderlich, um spezielle Besonderheiten des betrachteten Lebensversicherungsunternehmens richtig einordnen zu können. Diese Kompetenzen wird man nur durch entsprechende Praxis erwerben.
7 Rückversicherung Rückversicherung ist, salopp gesagt, die Versicherung der Versicherer. Sie stellt eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren des Versicherungswesens insgesamt dar.
Der Versicherungsnehmer gibt die Gefahr seines vorzeitigen Ablebens oder seiner Langlebigkeit durch einen Lebensversicherungsvertrag an eine Erstversicherung ab. Das Versicherungsunternehmen seinerseits sieht sich dem versicherungstechnischen Risiko ausgesetzt: Trotz des Risikoausgleichs im Kollektiv kann sich der tatsächliche Schadenverlauf von dem erwarteten Schadenverlauf unterscheiden. Diese Abweichung kann zufälliger oder systematischer Natur sein. Das so genannte Zufallsrisiko bezeichnet zufällige Schwankungen im Schadenverlauf. Zur Manifestation kommt es in der Lebensversicherung beispielsweise bei großen Unfällen, Terroranschlägen oder Naturkatastrophen, die mehrere Todesopfer fordern. Unvorhersehbare systematische Veränderungen der Sterblichkeit bedingen das Änderungsrisiko. Als Folge von wirtschaftlichen, politischen und insbesondere gesundheitlichen und medizinischen Entwicklungen kann es zu unabsehbaren Fehleinschätzungen der Sterblichkeit oder der Langlebigkeit kommen. In diesem Zusammenhang sei exemplarisch auf die plötzliche Verbreitung tödlicher Viren oder die Heilung von Krebs als eine der Haupttodesursachen verwiesen. Das Irrtumsrisiko besteht in der Unsicherheit, ob die Datengrundlage zur Berechnung der Sterbetafel mangelhaft ist, gewisse historische Trends nicht erkannt worden sind oder die versicherungsmathematischen Berechnungen aufgrund menschlicher Fehler inkorrekt sind. Durch Rückversicherung wird das versicherungstechnische Risiko des Erstversicherungsunternehmens reduziert. Eine weitere Aufgabe besteht in der Eigenkapitalfinanzierung. Durch den Abschluss von Neugeschäft entstehen erhebliche unmittelbare Kosten, die in den ersten Versicherungsjahren die Summe der Beitragseinnahmen übersteigen können. Dadurch entstehen insbesondere für kleinere Unternehmen, die stark wachsen, erhebliche Finanzierungsprobleme. Durch Beteiligung eines Rückversicherers am getätigten Versicherungsgeschäft und insbesondere an den Abschlusskosten kommt es zur finanziellen Entlastung des Erstversicherers. Um die dauerhafte Erfüllbarkeit der eingegangenen Leistungsversprechen zu gewährleisten, verlangt die Aufsichtsbehörde die Bereitstellung entsprechender Eigenmittel. Unter Umständen kann die Rückversicherung helfen, die Auflagen für den Erstversicherers zu veringern. Die Rückversicherung erfüllt also im Wesentlichen drei klassische Funktionen: x
Verbesserung des Risikoausgleichs im versicherten Bestand, der sich in einer Verringerung des versicherungstechnischen Risikos manifestiert,
x
Erhöhung oder Ersatz des Eigenkapitals zur Finanzierung des Neugeschäfts, der so genannten Kapazität,
x
Verringerung der von der Aufsichtsbehörde verlangten ungebundenen Eigenmittel zum Nachweis der Solvabilität.
278
7 Rückversicherung
Der Risikotransfer erfolgt auf der Grundlage eines Rückversicherungsvertrages zwischen den Geschäftspartnern. Es ist wichtig zu erkennen, dass dabei keine Vertragsbeziehung zwischen dem Rückversicherer und dem Endverbraucher eingegangen wird. Der Kunde erfährt nichts von einer eventuellen Risikoübernahme durch einen Rückversicherer und hat deshalb auch keine Rechtsansprüche gegen ebensolchen. Im Rahmen der Rückversicherung, nennt man den Erstversicherer Zedent und den Rückversicherer Zessionär. Das transferierte Versicherungsgeschäft heißt Zession. Man sagt somit, dass der Zedent die Zession an den Zessionär zediert. Die Rückversicherung des in Rückdeckung genommenen Geschäfts nennt man Retrozession. Die Geschäftspartner nennt man analog zur Rückversicherung Retrozedent und Retrozessionär. Das Ziel der Rückversicherung und der Retrozession ist die Verteilung des Risikos innerhalb der globalen Versicherungswirtschaft. In größeren Versicherungsgruppen werden aus geschäftspolitischen Gründen Versicherungsgeschäfte der Mitglieder untereinander geteilt und ausgetauscht. Diese Gegenleistung unter Versicherungsgesellschaften nennt man Reziprozität. Eine weitere Möglichkeit zur Teilung eingegangener Risiken besteht in der Bildung eines Retro-Pools. Dabei werden die Risiken gesammelt und nach einem fest vorgegebenen Schlüssel untereinander aufgeteilt. Der Vorteil eines Pools liegt einerseits in der effizienten Verwaltung und andererseits in der verlässlichen Möglichkeit zur Risikoteilung unter gewissen Rahmenbedingungen. Es bleibt herauszustellen, dass sämtliche Erstversicherungsgeschäfte durch das Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) geregelt werden; Rückversicherungen sind jedoch explizit ausgenommen, wie aus Paragraph 209 ersichtlich wird: Die Vorschriften dieses Gesetzes sind auf die Rückversicherung und die Versicherung gegen die Gefahren der Seeschifffahrt (Seeversicherung) nicht anzuwenden. Die Bedeutung dieser Ausnahmeregelung für die Rückversicherungsbranche ist nicht zu unterschätzen. Das Fehlen entsprechenden Vorschriften hat dazu geführt, dass gerade die deutschen Rückversicherungsunternehmen enorm wachsen konnten und so eine führende Stellung in der Welt eingenommen haben. Die Rückversicherung in England hingegen ist gleichermaßen stringent reguliert wie die Erstversicherungsbranche, so dass sich die Rückversicherung aufgrund internationaler Wettbewerbsnachteile gegen die weniger regulierte deutsche Konkurrenz nicht entwickeln konnte. Im Gegenzug waren im angelsächsischen Markt die Vorschriften für Erstversicherer lange Zeit nicht so strikt wie in Deutschland und haben dadurch der Versicherungsbranche große Wachstumsimpulse verschafft. Daran erkennt man, inwiefern die Aufsichtsbehörde für die Entwicklung des Marktes insgesamt verantwortlich ist. Bei Rückversicherungsverträgen unterscheidet man zwischen fakultativer Rückversicherung, obligatorischer Rückversicherung, oder fakultativ-obligatorischer Rückversicherung. Die fakultative Rückversicherung, auch freiwillige Einzelrückversicherung genannt, ist
7.1 Proportionale Rückversicherung
279
die älteste Form. Ihr wesentliches Merkmal besteht darin, dass der Zedent von Fall zu Fall entscheidet, ob und in welcher Form ein Teil des gezeichneten Risikos rückversichert wird. Gleichermaßen steht es dem Rückversicherer frei, das angebotene Risiko zu akzeptieren. Zwischen den Vertragspartnern wird ein Rahmenvertrag geschlossen, welcher eine effektive und effiziente Abwicklung ermöglicht. Anwendung findet die fakultative Rückversicherung bei hohen Versicherungssummen oder auch bei erhöhten Risiken. In der obligatorischen Rückversicherung bildet der Rückversicherungsvertrag den Rahmen für die verbindliche Zession aller vorgesehenen Risiken. Die Verpflichtung erstreckt sich auch auf die Annahme durch den Rückversicherer. In der Praxis hat sich eine Mischform, die fakulativ-obligatorische Rückversicherung, durchgesetzt, die beide Vertragsformen miteinander vereint. In den folgenden Abschnitten gehen wir auf die verschiedenen Gestaltungsformen der Rückversicherung ein. Man unterscheidet dabei prinzipiell zwischen proportionaler und nichtproportionaler Rückversicherung. In der proportionalen Rückversicherung werden sowohl Beiträge als auch Versicherungsleistungen in einem festen Verhältnis untereinander geteilt. Im Gegensatz dazu sieht die nichtproportionale Rückversicherung vor, dass die Haftung des Rückversicherers, das heißt die Verpflichtung zur Zahlung im Versicherungsfall, aus der Höhe des tatsächlichen Schadens bestimmt wird. Beiträge und Schadenlast werden bei der nicht-proportionalen Rückversicherung in unterschiedlichem Verhältnissen untereinander geteilt.
7.1 Proportionale Rückversicherung In der proportionalen Rückversicherung, auch Summenrückversicherung genannt, werden sowohl Beiträge als auch Versicherungsleistungen nach einem festen Prozentsatz zwischen Zedent und Zessionär aufgeteilt. Wird, zum Beispiel, ein Risiko zu 40% proportional rückversichert, so erhält der Rückversicherung 40% der Prämie. Im Gegenzug beteiligt sich der Rückversicherer im Schadensfall mit 40% an der zu erbringenden Leistung. Der Erstversicherer steht vor der Entscheidung, ob der rückversicherte Anteil für alle Risiken im Bestand identisch oder aber von der Höhe der individuellen Versicherungssumme abhängen soll. Dementsprechend unterscheidet man zwischen der Quotenrückversicherung und der Summenexzedentenrückversicherung.
7.1.1 Quote Der Quotenrückversicherungsvertrag ist in der Handhabung und Verwaltung die einfachste Vertragsform. Der Rückversicherer wird an allen gezeichneten Risiken mit einem einheitlichen Prozentsatz beteiligt. Diese Rückversicherungsquote gilt für alle Wagnisse, unbeachtet der Höhe der Versicherungssumme und des Gesundheitszustandes des Versicherten. Deshalb ist die Schadenquote des Bruttogeschäfts, also das Verhältnis aus Gesamtschaden zur Beitragseinnahme, gleich der des Rückversicherungsgeschäfts. Die absolute Schadenbelastung des Bestandes wird verringert; eine risikotechnische Homogenisierung tritt nicht ein, da einzelne Risiken gleichermaßen reduziert werden.
280
7 Rückversicherung
Die Quotenrückversicherung bietet wirksamen Schutz gegen das Änderungs- und Irrtumsrisiko, jedoch nicht gegen das Zufallrisiko. Sie eignet sich für Versicherungsunternehmen, die hauptsächlich kleine und mittlere Versicherungssummen im Bestand haben oder aber ein neues Lebensversicherungsprodukt auf den Markt bringen. Davon abgesehen werden Quotenverträge insbesondere bei Finanzierungsbedarf des Erstversicherers abgeschlossen. Denn der Rückversicherer partizipiert gemäß seiner Quote an allen versicherungstechnischen Positionen, insbesondere auch an den unmittelbaren Abschlusskosten. Die Analyse der Wertschöpfungskette eines Lebensversicherers mag je nach Marktgegebenheiten dazu führen, dass die wesentlichen Unternehmensgewinne nicht im Tragen des Risikos auf eigene Rechnung sondern vielmehr im Vertrieb der Produkte liegen. Dann bietet sich Quotenrückversicherung an; so geschehen im englischen Markt anfangs des Jahrhunderts. Der Wettbewerb für Risikolebensversicherungen hatte sich derart verschärft, dass Rückversicherungsquoten von 80% bis 90% auch für große Lebensversicherungsunternehmen üblich geworden sind. Eine derart hohe Quote macht aus risikotheoretischer Sicht kaum, aus kaufmännischer Sicht jedoch durchaus sehr viel Sinn.
7.1.2 Summenexzedent Der Summenexzedentenrückversicherungsvertrag gilt als die klassische Rückversicherungsform schlechthin. Im Gegensatz zur Quote wird der prozentuale Anteil des Erstversicherers für jede Versicherung individuell festgelegt. Im Rückversicherungsvertrag wird der maximale Selbstbehalt festgelegt. Der das Maximum überschießende Teil der Versicherungssumme, der so genannte Exzedent, wird rückversichert. Auf der Basis des Quotienten aus Selbstbehalt beziehungsweise Exzedent und Versicherungssumme wird das Verhältnis festgelegt, zu dem sich Zedent und Zessionär Beiträge und Versicherungsleistungen proportional teilen. Dabei ist zu beachten, dass die Lebensversicherung eine Summenversicherung ist, bei der es keine Teilschäden gibt. Beispiel Wir betrachten den Summenexzedent mit maximalem Selbstbehalt in Höhe von 200.000 €. Dann ist der rückversicherte Anteil für ausgewählte Risiken Risiko
Versicherungssumme Rückversicherungssumme Rückversicherter Anteil
1
100.000 €
0€
0%
2
200.000 €
0€
0%
3
300.000 €
100.000 €
33,3%
4
500.000 €
300.000 €
60%
7.1 Proportionale Rückversicherung
281
So erkennt man beispielsweise, dass der Rückversicherer für das Risiko Nummer 5 80% der Prämie erhält und im Schadensfall 80% der Versicherungsleistung erbringt. Die Risiken Nummer 1 und 2 hingegen verbleiben ganz im Selbstbehalt des Zedenten.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass hohe Versicherungssummen in größerem Maße rückversichert werden als niedrige Summen. Risiken mit hinreichend kleiner Versicherungssumme verbleiben vollständig im Selbstbehalt. Dadurch ergibt sich eine Homogenisierung des versicherten Portfolios. Als Maßstab für die Inhomogenität eines versicherten Bestandes betrachten wir den Variationskoeffizienten des Gesamtschadens, der als Quotient aus Standardabweichung und Erwartungswert der Schadenverteilung definiert ist. Nach dem kollektiven Modell ist die Gesamtschadenverteilung N
S
¦ Xk
,
k 1
wobei N die Zufallsvariable der Schadenanzahl ist. Ferner gehen wir davon aus, dass die Einzelschadenhöhen X k identisch verteilt und stochastisch unabhängig sind. Dann ist nach den Waldschen Formeln der Erwartungswert des Gesamtschadens E(S )
E( N )E( X ) .
Die Varianz ist Var ( S )
2
E ( N )Var( X ) Var( N ) E ( X ) .
Die Inhomogenität h( S ) ist nun durch den Variationskoeffizienten h( S )=
Var ( S ) E(S )
definiert. Durch den Summenexzedent ändert sich die Schadenanzahl für den Erstversicherer nicht, wohl aber die Schadenhöhe im Selbstbehalt. Da die mittlere Schadenhöhe leicht berechnet werden kann, kann man somit die Inhomogenität vor und nach Rückversicherung miteinander vergleichen. Beispiel Wir betrachten eine Summenexzedentenrückversicherung mit maximalem Selbstbehalt in Höhe von 200.000 € pro Police. Die Schadenhöhen seien stochastisch unabhängig und identisch verteilt. Die Schadenanzahl sei binomialverteilt. Das Portfolio gliedere sich wie folgt auf:
282
7 Rückversicherung Versicherungssumme von bis
Anzahl Risiken
qx
Mittlere Original Versicherungssumme
Versicherungssumme im Selbstbehalt
0€
50.000 €
1.500
0,005
30.000 €
30.000 €
50.000 €
100.000 €
3.000
0,007
80.000 €
80.000 €
100.000 €
150.000 €
2.000
0,006
130.000 €
130.000 €
150.000 €
200.000 €
1.500
0,008
180.000 €
180.000 €
200.000 €
250.000 €
1.000
0,008
230.000 €
200.000 €
250.000 €
300.000 €
500
0,010
280.000 €
200.000 €
300.000 €
500.000 €
300
0,007
420.000 €
200.000 €
500.000 €
1.000.000 €
100
0,009
700.000 €
200.000 €
1.000.000 €
5.000.000 €
100
0,009
1.200.000 €
200.000 €
Der Erwartungswert und die Varianz der Schadenzahlverteilung bleiben durch die Rückversicherung unverändert. Es ist 9
E(N )
¦ ni qx
69,4
i
i 1
sowie 9
Var ( N )
¦ ni qx (1 qx ) i 1
i
68,9 .
i
Die gewichtete mittlere Versicherungssumme im Bestand ist 9
¦ ni Si E( X )
i 1 9
¦
150.100 . ni
i 1
Sie wird durch den Summenexzedent auf E ( X SB ) 121.500 reduziert. In analoger Weise kann man die Varianz der Schadenhöhe vor und nach Rückversicherung berechnen. Zunächst ist analog 9
E( X 2 )
¦ ni Si2 i 1 9
44.097.000.000
¦ ni i 1
2 ) 18.295.000.000 . sowie analog E ( X SB
Mit Hilfe des Verschiebungssatzes,
E ( X ) 2
E ( X 2 ) Var ( X ) , sind dann die Varianzen
7.2 Nicht-proportionale Rückversicherung
283
Var ( X ) 21.566.990.000 Var ( X SB ) 3.532.750.000 . Die Inhomogenität ist folglich h( S )
E ( N )Var ( X ) Var ( N ) E ( X )
Var ( S ) E (S )
E( N )E( X )
2
0,168
sowie analog h( S SB )
Var ( S SB )
E ( N )Var ( X SB ) Var ( N ) E ( X SB )
E ( S SB )
E ( N ) E ( X SB )
2
0,133 .
Somit ist der Quotient aus den Inhomogenitäten nach und vor Rückversicherung: h( S SB ) h( S )
0,133 0,168
79,5% .
Unter den gemachten Annahmen reduziert sich die Inhomogenität des Bestandes durch Rückversicherung um 20,5%.
Der Summenexzedent verringert die Inhomogenität im versicherten Bestand deutlich. Somit eignet sich diese Rückversicherungsform zur Reduktion des Zufallsrisikos. Die Inhomogenität fällt dabei umso stärker, je mehr gerade die Ausreißer des versicherten Kollektivs rückversichert werden. Die Reduktion des Variationskoeffizienten kann, für sich alleine genommen, jedoch nicht als Entscheidungsgrundlage für einen geeigneten Selbstbehalt dienen. Es sei noch einmal erwähnt, dass die Quote die Inhomogenität unverändert lässt, wie man analog nachrechnen kann. Diese Rückversicherungsform eignet sich deshalb nicht zum Transfer des Zufallsrisikos an den Rückversicherer.
7.2 Nicht-proportionale Rückversicherung In der nicht-proportionalen Rückversicherung wird die Aufteilung von Prämien und Schäden zwischen Erst- und Rückversicherer im Allgemeinen nicht im selben Verhältnis vorgenommen. Das Wesen dieser Rückversicherungsgestaltungsform ist, dass die Risikoteilung nicht die Versicherungssummen sondern die tatsächlichen Schäden betrifft. Das versicherte Risiko können Einzelrisiken, kumulierte gleichartige Risiken oder auch der gesamte Jahresschaden eines Versicherungsunternehmens sein. In diesem Zusammenhang wird der maximale Schaden, den der Erstversicherer im Selbstbehalt behält, Priorität genannt. Der vom Rückversicherer übernommene Anteil am Schaden heißt Haftstrecke. Für die Berechnung der Rückversicherungsprämie wird auf die Mathematik der Schadensversicherung zurückgegriffen.
7.2.1 Einzelschadenexzedent Beim Einzelschadenexzedent trägt der Rückversicherer denjenigen Anteil des tatsächlich eingetretenen Schadens, der die Priorität übersteigt. Bei Summenversicherungen, wie der
284
7 Rückversicherung
Lebensversicherung, sind der Einzelschadenexzedent und der Summenexzedent identisch, da es keine Teilschäden gibt. Wenn die Schadenhöhe jedoch im Voraus unbekannt ist, wie typischerweise in der Sachversicherung, so ergeben sich wesentliche Unterschiede. Beispiel Die maximale Haftung eines versicherten Risikos aus der Sachversicherung betrage eine Million Euro und die Priorität liege bei 100.000 €. Der Rückversicherung liegt ein Einzelschadenexzedent zugrunde. Bei einem Schaden in Höhe von beispielsweise 300.000 €, trägt der Rückversicherer dann 200.000 €, wobei 100.000 € im Selbstbehalt verbleiben. Man erkennt, dass bei Teilschäden der Selbstbehalt voll ausgeschöpft wird. Der Summenexzedent mit Selbstbehalt von 100.000 € hingegen sieht vor, dass der Rückversicherer immer 90% eines jeden Teilschadens zahlt. Der Eigenanteil des Erstversicherers ist der Quotient aus Selbstbehalt und maximalem Schaden. Damit trägt der Rückversicherer also 270.000 € von dem Originalschaden in Höhe von 300.000 €, wohingegen der zu zahlende Schaden des Erstversicherers 30.000 € beträgt. Der Summenexzedent führt somit zu einer größeren Risikoabgabe und damit auch zu einer höheren Rückversicherungsprämie. Die folgende Tabelle stellt einige Szenarien gegenüber: Szenario
Schadenhöhe
Rückversicherter Anteil beim Einzelschadenexzedent
Rückversicherter Anteil beim Summenexzedent
1
0€
0€
0€
2
50.000 €
0€
45.000 €
3
100.000 €
0€
90.000 €
4
200.000 €
100.000 €
180.000 €
5
500.000 €
400.000 €
450.000 €
6
1.000.000 €
900.000 €
900.000 €
Eine Sonderform des Einzelschadenexzedenten stellt die Zeitfranchise dar, die in der Leibrentenversicherung Anwendung findet. Während die Höhe der Rente fest vorgegeben ist, ist die Dauer der Rentenzahlung unsicher. In der nicht-proportionalen Rückversicherung dieser Risiken zahlt der Zedent für eine gewisse Zeit lang die volle Rente auf eigene Rechnung. Bei Erreichen eines gewissen Alters übernimmt die Rückversicherung die Zahlung der Altersrente bis zum Lebensende des Versicherten. In der Zeitfranchise trägt der Erstversicherer das Überlebensrisiko innerhalb der Priorität. Der Rückversicherer übernimmt das Langlebigkeitsrisiko.
7.2 Nicht-proportionale Rückversicherung
285
Beispiel Wir betrachten die Leibrentenversicherung eines 65-jährigen Mannes über jährlich 10.000 € gegen einen Einmalbeitrag. Nach der DAV2004RM ist dann der Nettobeitrag B NE
10.000
N 65 D65
208.582,98 .
Bezüglich der Rückversicherung wird vereinbart, dass der Zessionär die Rentenzahlungen ab dem erreichten Alter von 80 Jahren übernimmt. Wenn der Rückversicherer mit denselben Rechnungsgrundlagen rechnet, so ist die Nettoprämie für die aufgeschobene Rente BR
10.000
N 80 D65
84.284,35 .
Die Prämie für den Selbstbehalt ist demnach die Differenz: B SB
B NE B R
124.298,63 .
Der maximale Schaden des Erstversicherers ist die fünfzehnfache Jahresrente. Der Barwert dieses Schadens beträgt SB S max
1 1,022515 1 1 1,0225
1 Rä15
10.000
128.959,39 ,
was, bezogen auf den Beitrag, einer Schadenquote von lediglich 103,7% entspricht. Der Barwert des Schadens des Rückversicherers bei einer angenommenen Rente bis zum Alter von 100 Jahren ist R Smax
Rä20 v15
1 1,022520 1 1 1,022515 1 1,0225
1 10.000
116.908,87 ,
was einer Schadenquote von 138,7% für den Rückversicherer entspricht. Man erkennt daran, dass der Rückversicherer deutlich mehr Risiko trägt.
Die Zeitfranchise der Rentenversicherung ist in Deutschland noch nicht allzu weit verbreitet. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Zunächst wird die Langlebigkeitsgefahr ungleichmäßig verteilt, wie an obigem Beispiel deutlich wird. Deshalb wird jeder Rückversicherer mit hohen Sicherheitszuschlägen hantieren müssen. Zur effizienten Kontrolle des Geschäftsverlaufs benötigt der Rückversicherer schon während der Aufschubzeit Einsicht in die Schadenerfahrung des Erstversicherers. Der Hintergrund ist die Notwendigkeit zur adäquaten und rechtzeitigen Reservierung der rückversicherten Renten. Außerdem scheuen Rückversicherer die verwaltungsintensive Abwicklung von Rentenzahlungen. Dadurch werden auch die Verwaltungskosten der Rückversicherung in die Höhe getrieben. Die Sterblichkeitsversbesserung der älteren Bevölkerung ist Gegenstand intensiver Forschung. Das Änderungsrisiko der Langlebigkeit schreckt auch die Rückversicherer etwas ab. Nicht zu letzt bevorzugen gerade Lebensrückversicherer aus Umsatzgründen die proportionale Risikoteilung auch für Rentenversicherungen.
286
7 Rückversicherung
7.2.2 Kumulschadenexzedent Der Kumulschadenexzedent deckt das Risiko, dass durch ein einziges Ereignis, wie beispielsweise ein Massenverkehrsunfall, ein Flugzeugabsturz, eine Naturkatastrophe oder ein Terroranschlag, mehrere versicherte Personen ums Leben kommen. Da im Allgemeinen nur Unfälle und Katastrophen, nicht aber Epidemien, gedeckt sind, spricht man auch von einem Unfallkumulschadenexzedent oder Katastrophenexzedent. Für diese Rückversicherungsform gilt das Subsidaritätsprinzip: er schützt den Selbstbehalt des Zedenten nach Berücksichtigung aller sonstigen Rückversicherungsverträge. Die Priorität des Kumulschadenexzedent wird in doppelter Hinsicht festgelegt: als Mindestzahl der Toten sowie zusätzlich als hinreichend hohe monetäre Eigenbeteiligung des Erstversicherers. Die Haftung des Rückversicherers ist im Allgemeinen begrenzt. Die Tarifierung des Kumulschadenexzedent erfolgt nach dem kollektiven Modell des Gesamtschadens. Nach dem Strickler-Verfahren, welches auf Unfallstatistiken der Metropolitan Life Insurance Company aus den USA aufbaut, wird die Verteilung hergeleitet. Der interessierte Leser sei auf die weiterführende Literatur verwiesen.
7.2.3 Jahresüberschadenexzedent Die Priorität und Haftstrecke des Jahresüberschadenexzedent, auch Stop-Loss-Vertrag, beziehen sich auf das Jahresergebnis des Versicherungsunternehmens. Grundlage dieses Rückversicherungsvertrages ist das gesamte versicherte Geschäft des Zedenten. Durch diese Form erhält der Zedent weitgehende Planungssicherheit bezüglich seines Jahresergebnisses. Der Jahresüberschadenexzedent setzt absolutes Vertrauen in die Zeichnungspolitik und Geschäftstätigkeit des Zedenten voraus. Aus Gründen der Anreizverträglichkeit wird der Rückversicherer jedoch darauf achten, dass der Erstversicherer im Schadensfall eigene Verluste zu verzeichnen hat. Diese Schicksalsteilung wird dadurch erreicht, dass der Zedent neben der Priorität eine prozentuale Eigenbeteiligung am rückversicherten Schaden akzeptiert. In der Lebensversicherung spielt der Jahresüberschadenexzedent eine untergeordnete Rolle, da seine Laufzeit nur ein Jahr beträgt. Die Verpflichtungen des Versicherers hingegen sind langfristiger Natur. Somit kann der Stop-Loss-Vertrag die proportionale Rückversicherung nicht ersetzen, sondern gegebenenfalls nur ergänzen.
7.3 Gestaltungsarten Die proportionale Rückversicherung wird insbesondere für die Kapitallebensversicherung auf zwei verschiedene Arten gestaltet. Falls lediglich das jährliche Sterblichkeitsrisiko transferiert wird, so spricht man von Rückversicherung auf Risikobasis. Wenn der Rückversicherer hingegen auch an der Bildung des Deckungskapitals und an den unmittelbaren Abschlusskosten beteiligt wird, so handelt es sich um Rückversicherung auf Normalbasis. Eine weitere Differenzierung entsteht durch die Behandlung der Sparprämie. Der Rückversicherer kann auf eigene Rechnung Reserven bilden oder aber die Verantwortung für die Altersrückstellungen dem Zedenten überlassen. Dementsprechend unterscheidet man die Rück-
7.3 Gestaltungsarten
287
versicherung auf Normalbasis mit und ohne Reservedepot, auch Mitversicherung und modifizierte Mitversicherung genannt.
7.3.1 Normalbasis ohne Reservedepot Das Wesen der Rückversicherung auf Normalbasis ohne Reservedepot besteht darin, das sich der Zessionär an fast allen versicherungstechnischen Positionen anteilig beteiligt. Die Schicksalsteilung betrifft Beiträge, Versicherungsleistungen, Reserven, Abschlusskosten und Überschussbeteiligung. Die laufenden Verwaltungskosten hingegen werden meistens ausgeschlossen und durch Rückversicherungsprovisionen ausgeglichen. Diese Gestaltungsform ist vor allem in angelsächsischen Lebensversicherungsmärkten üblich. Sie erscheint recht einfach, birgt jedoch eine Reihe von Detailproblemen in der Praxis. Als eine Schwierigkeit ist die unterschiedliche reale Verzinsung der Reserven in den beiden Depots zu nennen. Damit sind direkte Auswirkungen auf die Überschussbeteiligung für die Kunden verbunden. Unterschiedliche Rechnungsrundlagen zur Berechnung der Rückstellungen können die Analyse des gesamten Geschäftsverlaufs zusätzlich erschweren. Zur Vereinfachung der Rückversicherung wird der Zessionär häufig von dem Risiko der unterschiedlichen Überschussbeteiligung vertraglich befreit. Im Gegenzug zahlt der Rückversicherer eine Provision oder vereinbart eine Gewinnbeteiligung auf den rückversicherten Teil des Geschäfts.
7.3.2 Normalbasis mit Reservedepot In vielen Ländern verlangt die nationale Aufsichtsbehörde, dass der Erstversicherer die für sein Geschäft nötigen Bruttoreserven vollständig selbst zu halten hat. In Deutschland heißt es in §67 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bei Rückversicherung: In den in §66 Abs. 6a Satz 3 genannten Versicherungszweigen hat das Unternehmen mit Ausnahme der Beitragsüberträge nach §341e Abs. 2 Nr. 1 des Handelsgesetzbuchs und der Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle nach §341g des Handelsgesetzbuchs die anteiligen Werte des Sicherungsvermögens nach §66 auch für den in Rückdeckung gegebenen Anteil selbst aufzubewahren und zu verwalten. Das Sicherungsvermögen umfasst dabei insbesondere auch die Deckungsrückstellung. Damit ist Rückversicherung auf Normalbasis ohne Reservedepot in Deutschland zurzeit nicht möglich. Sicherlich hängt die deutsche Regelung auch damit zusammen, dass, wie oben erwähnt, die Rückversicherung explizit vom Versicherungsvertragsgesetz ausgenommen ist. In England gibt es eine solche Gesetzesvorgabe nicht, da die Rückversicherung mehr oder weniger im Einklang mit der Erstversicherung reguliert ist. Wohl auch deshalb ist dort die Mitversicherung ohne Reservedepot weit verbreitet.
288
7 Rückversicherung
Bei Rückversicherung auf Normalbasis mit Reservedepot hinterlegt der Rückversicherer die Rückstellungen in Bezug auf die rückversicherten Leistungen beim Zedenten. Normalerweise erhält der Rückversicherer auf sein Depot lediglich rechnungsmäßige Zinsen vergütet. Dadurch betreibt der Erstversicherer das Zins- und Anlagerisiko auf eigene Rechnung. Das folgende Beispiel verdeutlicht die Teilung der Reserve und der unter Risiko verbleibenden Versicherungssumme, dem so genannten Risikokapital. Bei Rückversicherung auf Normalbasis bleibt die Rückversicherungssumme während der gesamten Vertragslaufzeit konstant. Sie setzt sich additiv zusammen aus dem rückversicherten Deckungskapital und dem Risikokapital des Rückversicherers. Beispiel Anhand der Sterbetafel DAV2008TM betrachten wir die gemischten Kapitallebensversicherung über 100.000 € für einen dreißig jährigen Mann mit zwanzigjähriger Laufzeit bei typischen Kostensätzen. Der Selbstbehalt sei 40.000 €, das heißt dieser Vertrag wird zu 60% proportional rückversichert. Die folgende Grafik macht die Risikoteilung zwischen Zedent und Zessionär deutlich.
Risikoteilung bei Rückversicherung auf Normalbasis 100.000 € 90.000 € 80.000 € 70.000 €
Risikokapital Rückversicherer
Zillmerreserve Rückversicherer
Betrag
60.000 € 50.000 € 40.000 € 30.000 € 20.000 €
Risikokapital Zedent
Zillmerreserve Zedent
10.000 € 0€ -10.000 € 0
5
10
15
20
Jahr
Die Versicherungssumme in Höhe von 100.000 € setzt sich aus der gezillmerten Nettoreserve und dem Risikokapital des Zedenten sowie der Zillmerreserve und dem Risikokapital des Zessionärs zusammen. An der Grafik wird ersichtlich, dass der rückversicherte Anteil über die ganze Laufzeit 60% beträgt. Der Selbstbehalt bleibt bei konstant 40%. Das bedeutet, das Risikokapital und die gezillmerte Nettoreserve des Zedenten summieren sich zu jedem Zeitpunkt auf 40.000 €. Das Risikokapital und die Zillmerreserve des Rückversichers ergeben stets 60.000 €.
7.3 Gestaltungsarten
289
Bei Rückversicherung auf Normalbasis erhält der Zessionär im Allgemeinen einen festen Anteil der gezillmerten Nettoprämie des Originalgeschäfts. Im Gegenzug gewährt der Rückversicherer dem Erstversicherer in der Regel eine einmalige Provision als Vergütung für die dem Zedenten entstandenen unmittelbaren Abschlusskosten. Analog dem Zillmerverfahren finanziert der Zessionär diese Abschlussprovision aus zukünftigen Rückversicherungsbeiträgen. Eine prinzipielle Alternative zur Finanzierung der Rückversicherungsprovision ist die Vergütung eines Überzinses auf das Deckungskapital des Rückversicherers. Mit der Kapitalwertmethode der Investitionsrechnung kann überprüft werden, unter welchen Bedingungen die beiden Alternativen, Rückversicherungsprovision und Überzins, äquivalent sind. Dabei werden aus der Sicht des Rückversicherers folgende Positionen berücksichtigt. Einnahmen
Ausgaben
Rückversicherungsbeiträge
Rückversicherungsleistungen
Beitragsübertrag (Vorjahr)
Rückversicherungsprovisionen
Deckungsrückstellung (Vorjahr)
Beitragsübertrag
Sonstige Rückstellungen (Vorjahr)
Deckungsrückstellung
Depotzinsen
Sonstige Rückstellungen Interne Verwaltungskosten
Wie im Abschnitt der elementaren Finanzmathematik diskutiert, gibt der Rückversicherer dazu intern ein Renditeziel oder auch einen Mindestkapitalwert vor. Dabei ist zu beachten, dass die zugrunde liegenden Sterblichkeitsannahmen entsprechende Sicherheitszuschläge enthalten sollten. Sodann kann nach dem Äquivalenzprinzip berechnet werden, welcher Überzins die gesuchte Rückversicherungsprovision liefert.
7.3.3 Risikobasis Die Rückversicherung auf Risikobasis deckt lediglich das biometrische Risiko. Der Erstversicherer behält sämtliche Reserven auf eigene Rechnung. Der Rückversicherer wird somit lediglich am Risikokapital beteiligt. Deshalb eignet sich diese Gestaltungsart nicht bei Finanzierungsbedarf des Erstversicherers. Die Rückversicherungsprämie wird aus dem Produkt der einjährigen abgezinsten Todesfallwahrscheinlichkeit und dem rückversicherten Risikokapital gebildet. Die Konditionen werden im Voraus fest vereinbart, um im Einklang mit der originalen Vertragslaufzeit zu stehen. Somit ist die Rückversicherungsprämie zu Beginn des t-ten Versicherungsjahres BxRt
v qx t (1 SB ) ( S tVx )
wobei SB der Selbstbehaltsatz des Zedenten und S die Originalversicherungssumme ist.
290
7 Rückversicherung
Der prozentuale Eigenanteil SB des Erstversicherers wird zu Vertragsbeginn verbindlich durch einen Quotenrückversicherungsvertrag oder einen Summenexzedentenrückversicherungsvertrag festgelegt. Er bleibt über die gesamte Vertragslaufzeit konstant. Es ist unüblich, aber dennoch denkbar, dass der absolute Selbstbehalt konstant gehalten wird und somit der rückversicherte Anteil im Lauf der Zeit fällt. Eine derartige Rückversicherungsform käme dem Einzelschadenexzedenten nahe. Beispiel Wir betrachten eine gemischte Kapitallebensversicherung über 100.000 € für einen dreißig jährigen Mann mit zwanzigjähriger Laufzeit anhand der Sterbetafel DAV2008TM. Der vereinbarte absolute Selbstbehalt zu Vertragsbeginn sei 40.000 €. Anhand der folgenden Grafik wird der Verlauf des Nettodeckungskapitals und des Nettorisikokapitals deutlich.
Rückversicherung auf Risikobasis 100.000 € 90.000 € 80.000 €
Risikokapital Rückversicherer
Betrag
70.000 € 60.000 € 50.000 €
Risikokapital Zedent
40.000 € 30.000 €
Nettodeckungskapital
20.000 € 10.000 € 0€ 0
5
10 Jahr
15
20
An der Grafik wird ersichtlich, dass die Risikoteilung über die ganze Vertragslaufzeit im gleichen Verhältnis stattfindet. Die Versicherungssumme in Höhe von 100.000 € setzt sich additiv aus Nettodeckungskapital, Risikokapital des Zedenten und Risikokapital des Zessionärs zusammen. Dann berechnet man zunächst das Nettodeckungskapital nach beispielsweise zehn Jahren: 10V30
D50 M 40 M 50 D50 M 30 M 50 N 40 N 50 D40 N 30 N 50 D40
44.369,92 .
Der Rückversicherer lege 80% der Sterblichkeiten der DAV2008TM zugrunde. Dann ist der Rückversicherungsbeitrag im zehnten Jahr R B40
1 80% 0,001301 (1 40%) (100.000 44.369,92) 1,0225
27,10 .
Da die Todesfallwahrscheinlichkeit in diesem Beispiel stärker steigt, als das Risikokapital fällt, wächst die Rückversicherungsprämie monoton in der Zeit.
7.4 Ergänzungen
291
7.4 Ergänzungen In Ergänzung zu den wesentlichen Formen und Arten der Lebensrückversicherung wollen wir in diesem Abschnitt einen kurzen Einblick in weitere Aspekte der Rückversicherung geben. Dazu zählen die praktischen Ansätze zur Festlegung eines geeigneten Selbstbehalts und zur Tarifierung. Der in diesem Abschnitt dargestellte Ansatz zum Vergleich zweier Sterbetafeln mag auch außerhalb der Rückversicherung auf Interesse stoßen. Zu guter Letzt stellen wir kurz und knapp einige ausgewählte moderne Rückversicherungsformen vor.
7.4.1 Selbstbehalt Für die Praxis der Festlegung eines geeigneten Selbstbehalts gibt es verschiedene mehr oder weniger anspruchsvolle mathematische Verfahren. In erster Linie ist die risikotheoretische Stabilisierung des versicherten Bestandes zu nennen. In diesem Zusammenhang hatten wir bereits die Reduktion der Inhomogenität betrachtet. Moderne Ansätze untersuchen bei verschiedenen Selbstbehalten die Wahrscheinlichkeiten dafür, dass der tatsächliche Schaden unterhalb einer vorgegebenen Schranke bleibt. Umgekehrt impliziert die Vorgabe einer Verlustobergrenze und eines zugehörigen Quantils die Höhe des Selbstbehalts. In der kollektiven Risikotheorie wird der Selbstbehalt so gewählt, dass die finanzielle Ruinwahrscheinlichkeit des Unternehmens sehr klein ist. Der Begriff des Ruins mag in diesem Zusammenhang so weit gefasst werden, dass sämtliche Einnahmen und Ausgaben stochastisch modelliert werden. Aus qualitativer Sicht sollte festgehalten werden, dass der Selbstbehalt umso niedriger gewählt werden kann, je höher der Sicherheitszuschlag in der Prämie ist. Ferner gilt, je größer die Varianz des Gesamtschadens ist, desto größer sollte auch der Sicherheitsbedarf des Versicherers sein. In diesem Sinne sollte der Selbstbehalt für erhöhte Risiken heruntergesetzt werden. Denn gerade für Versicherte mit gesundheitlichen Vorbelastungen fehlt oft die statistische Grundlage, um das Risiko robust und adäquat einschätzen zu können. Insbesondere für Lebensversicherungen mit Erlebensfallleistungen spielt der Finanzierungsbedarf die entscheidende Rolle. Im Rahmen der Mitversicherung hängt die Höhe der Rückversicherungsprovision, die zur Verringerung der unmittelbaren Abschlusskosten verwendet wird, direkt vom Volumen des rückversicherten Geschäfts ab. Somit richtet sich die Wahl des Selbstbehalts nach dem Bedarf des Zedenten an finanzieller Entlastung. Abschließend sei vermerkt, dass aus kaufmännischer Sicht sicherlich auch ein Marktvergleich entsprechende Anhaltspunkte zur Festlegung der Höhe des Selbstbehalts geben kann.
7.4.2 Tarifierung In der proportionalen Rückversicherung liegt der Ansatz zur Preisfindung auf der Hand. Der Rückversicherer wird in dem gleichen Maße an der Prämie beteiligt, wie er sich auch an den Versicherungsleistungen beteiligt.
292
7 Rückversicherung
Die Schwierigkeit liegt darin, die verwendeten Rechnungsgrundlagen erster Ordnung zu bewerten. Dabei ist insbesondere die Rückversicherungsprovision verhandelbar; sie ist umso höher, je niedriger die wahren Sterbewahrscheinlichkeiten zweiter Ordnung sind. Ausgeklügelte Verfahren zur Ermittlung der Provision basieren auf der Investitionstheorie, insbesondere der Kapitalwertmethode der elementaren Finanzmathematik. Die zukünftigen Einnahmen und Ausgaben werden möglichst realitätsnah unter Einbeziehung der Rechnungsgrundlagen zweiter Ordnung modelliert. Anhand solcher Modelle kann das Rückversicherungsgeschäft beurteilt werden. Moderne Verfahren verfügen neben einer Sensitivitätsanalyse hinsichtlich der Modelleingaben über eine stochastische Simulation der verwendeten Modellparameter. Die Tarifierung der nicht-proportionalen Rückversicherung basiert auf Methoden der Schadenversicherungsmathematik. Das Entgelt für die Rückversicherung ist gleich dem erwarteten Schaden zuzüglich eines adäquaten Aufschlags für Schwankung und Kosten. Der Schwankungszuschlag wird oftmals proportional zur Standardabweichung bemessen. Zur Ermittlung des reinen Schadenbedarfs gibt es verschiedene Verfahren, die die historische Entwicklung des rückversicherten Geschäfts im Rahmen einer Erfahrungstarifierung nutzen, um Aussagen über das zukünftige Rückversicherungsergebnis zu erlangen. Beim Burning-Cost-Verfahren wird die Schadenlast oberhalb der Priorität des Erstversicherers berechnet. Dieser Betrag wird ins Verhältnis zur Originalbeitragseinnahme gesetzt. Der zum Abschluss des Rückversicherungsvertrags befugte Sachbearbeiter, der so genannte Underwriter, sollte einschätzen, inwiefern sich die rückversicherten Bestände der Vergangenheit und Zukunft in ihrer Art und Zusammensetzung ähneln. In Bezug auf die historische Schadenerfahrung müssen insbesondere Inflation und andere Trends berücksichtigt werden. Da sich der Rückversicherungsschutz meist auf einen Bestand recht inhomogener Risiken bezieht, wird das Portfolio in verschiedene Risikogruppen unterteilt. Durch diese Exposuretarifierung wird das Verständnis für das rückversicherte Geschäft verbessert und die Kalkulation genauer. Da die Grundlage des Burning-Cost-Verfahrens die begrenzte Schadenerfahrung eines einzelnen Erstversicherers ist, haben die Ergebnisse mitunter nur geringe statistische Relevanz. Es gibt verschiedene Ansätze die zugrunde liegende Glaubwürdigkeit zu beurteilen. Nach dem Gesetz der großen Zahlen steigt die Glaubwürdigkeit der beobachteten Schadenerfahrung mit zunehmender Anzahl der betrachteten Risiken und der Beobachtungsdauer. Nach dem Credibility-Verfahren setzt sich der Rückversicherungsbeitrag aus dem gewichteten Mittelwert der individuell berechneten Bedarfsprämie und der exogen vorgegebenen generell gültigen Prämie zusammen. Letztere wird dabei zum Beispiel durch das Pay-Back-Verfahren geschätzt. Dabei wird die Bedarfsprämie so festgelegt, dass in einem vorgegebenen größeren Zeitraum genau ein maximaler Schaden bezahlt werden kann.
7.4.3 Sterbetafelvergleich Für Risikolebensversicherungen ist das Deckungskapital vergleichsweise unbedeutend und kann für die Festlegung der Rückversicherungsraten vernachlässigt werden. Solange lediglich das Sterblichkeitsrisiko transferiert wird, reduziert sich das Tarifierungsproblem auf die Ermittlung der Rückversicherungsprovision auf die vom Zedenten verwendete Sterbetafel. Der
7.4 Ergänzungen
293
Einfachheit halber ist die Provision meistens für alle Risiken identisch; sie mag jedoch im Verlauf der Zeit fallen. Der Lösungsansatz basiert auf der Verallgemeinerung der Kapitalwertmethode und wird im folgenden skizziert. Unter Berücksichtigung der Sterbetafel zweiter Ordnung, eines realen Zinssatzes, der sich vom Rechnungszins unterscheiden kann, sowie eventuell auch Stornowahrscheinlichkeiten, wird der Leistungsbarwert einer Todesfallversicherung für verschiedene Alters- und Laufzeitkombinationen berechnet. Das Ergebnis ist die tatsächlich zu erwartende Leistung des Rückversicherers. Andererseits werden die Versicherungsbarwerte anhand der Sterbetafel des Zedenten mit einer vorgeschlagenen Provisionsregelung berechnet. Wird das Ergebnis um ein Jahr verzinst, so entspricht es dem Barwert der vorschüssig zahlbaren Rückversicherungsbeiträge. Sodann werden die berechneten Barwerte der Rückversicherungsleistung und -gegenleistung mit dem Geschäftsmix des Zedenten gewichtet und aufsummiert. Somit erhalten wir den erwarteten Gewinnbarwert des Rückversicherers. Beispiel Der Rückversicherer nimmt an, dass die wahre Sterblichkeit zweiter Ordnung 60% der DAV2008TM betrage. Dann berechnen wir für jede Alters-Laufzeit-Kombination den Barwertfaktor der Todesfallleistung der Höhe 1 € bei einer realistischen Verzinsung von angenommen 4% pro Jahr. So ist exemplarisch der erwartete Leistungsbarwert der Rückversicherung x 30 und n 20 : LR30,20
M 30 M 50 D30
0,01162 .
Um andererseits den Barwert der Rückversicherungsbeiträge zu berechnen, betrachten wir exemplarisch diejenige Provisionszahlungsreihe, die im ersten Jahr 75% und in den folgenden Jahren 20% auf die vom Zedenten benutzten Sterblichkeitsraten beträgt. Diese Regelung bedeutet, dass der Zessionär dem Zedenten im ersten Versicherungsjahr eine Provision in Höhe von 75% bezogen auf das Produkt der Sterbewahrscheinlichkeit mit der Rückversicherungssumme zahlt. Für unsere Beispielrechnung legen wir ebenfalls die DAV2008TM mit dem Rechnungszins von 4% zugrunde. Dann ist exemplarisch R B30,20
M 30 M 50 D 30
0,01507 ,
wobei die Todesfallwahrscheinlichkeit im ersten Jahr 25% der Sterbewahrscheinlichkeit und in den darauf folgenden Jahren 80% der Sterblichwahrscheinlichkeit der DAV2008TM beträgt. Da auch Rückversicherungsbeiträge generell vorschüssig fällig sind, wird die Gegenleistung für ein Jahr mit 4% verzinst und ergibt 0,015668. Der Rückversicherungsbeitrag übersteigt die Rückversicherungsleistung um 0,004. Relativ zur Prämie ergibt sich ein Gewinn von 25,8% für diese Police. Um nicht alle möglichen Kombinationen von Alter und Laufzeit betrachten zu müssen, wird eine Bestandsaufnahme für die Rückversicherungssummen durchgeführt.
294
7 Rückversicherung Eintrittsalter / Laufzeit
5
10
15
20
25
30
Summe
20
1%
1%
1%
1%
1%
2%
7%
25
1%
1%
1%
1%
2%
2%
8%
30
1%
1%
1%
2%
3%
3%
11%
35
1%
1%
2%
4%
3%
2%
13%
40
1%
2%
2%
4%
3%
1%
13%
45
2%
2%
3%
3%
3%
1%
14%
50
2%
3%
3%
3%
1%
1%
13%
55
3%
3%
3%
1%
1%
1%
12%
60
3%
2%
1%
1%
1%
1%
9%
Summe
15%
16%
17%
20%
18%
14%
100%
Für diese Modellpunkte werden die Beitrags- und Leistungsbarwertfaktoren berechnet und gemäß ihrer Gewichtung addiert. Somit erhalten wir für die gesamten Beitrag B R und gesamte Rückversicherungsleistung LR : LR B
R
0,04902 0,06380 .
Multiplizieren wir die erhaltenen Barwertfaktoren mit der gesamten rückversicherten Versicherungssumme, in Höhe von exemplarisch 500 Millionen Euro, so erhalten wir LRG
24.512.217
BGR
31.900.798 .
Der erwartete Gewinnbarwert dieser Transaktion beträgt also 7,38 Millionen Euro oder etwa 23,2% der Beitragseinnahmen des Rückversicherers. Unter Wettbewerbsdruck kann die Rückversicherungsprovision soweit erhöht werden, bis die Gewinnuntergrenze erreicht ist.
Das beschriebene Verfahren eignet sich gleichermaßen zur Beurteilung des Niveaus einer Sterbetafel im Vergleich zu einer anderen. Dazu berechnen wir gemäß dem obigen Beispiel jeweils Todesfallbarwertfaktoren. Anhand eines Modellbestandes stellen wir folgende Vergleiche an. Beispiel Im Speziellen berechnet man zum Beispiel, dass der Leistungsbarwert einer 20-jährigen Risikolebensversicherung für einen 40-jährigen Mann anhand der DAV2008TM 59,2% des Versicherungsbarwertsbarwerts anhand der DAV1994TM beträgt. Die folgende Abbildung zeigt das Verhältnis der beiden Sterbetafeln in Abhängigkeit vom Eintrittsalter und der Vertragslaufzeit. Das Niveau der neuen Sterbetafel für Männer DAV2008TM liegt im Mittel bei 71,5% der alten Sterbetafel für Männer DAV1994TM.
7.4 Ergänzungen
295
Verhältnis DAV2008TM zu DAV1994TM 30
20
15
Laufzeit
25
10
5 20
25
30
35
40
45
50
55
60
Alter 50%-60%
60%-70%
70%-80%
80%-90%
90%-100%
Das Niveau der neuen Sterbetafel für Frauen DAV2008TF liegt im Mittel bei 79,1% der alten Sterbetafel für Frauen DAV1994TF. Eine analoge Beispielrechnung zeigt, dass der Leistungsbarwert einer 20-jährigen Risikolebensversicherung für eine 40-jährige Frau anhand der DAV2008TM 71,5% des Versicherungsbarwerts anhand der DAV1994TF beträgt. Verhältnis DAV2008TF zu DAV1994TF 30
20
15
10
5 20
25
30
35
40
45
50
55
Alter 50%-60%
60%-70%
70%-80%
80%-90%
90%-100%
60
Laufzeit
25
296
7 Rückversicherung
7.4.4 Moderne Rückversicherung Der anhaltende Rückgang der Sterblichkeit in westlichen Ländern führt zu einer größeren Unsicherheit hinsichtlich der Prognose der künftigen Sterblichkeitsentwicklung, insbesondere für die ältere Generation. Demzufolge befassen sich moderne Rückversicherungsformen mit der Rückversicherung von Altersrentenversicherungen. Werden diese Risiken nicht auf den klassischen Rückversicherungsmarkt transferiert, so spricht man von Alternativem Risikotransfer (ART). Im Folgenden wollen wir neuere Weiterentwicklungen der klassischen Rückversicherungsformen sowie Kapitalmarktlösungen kurz und knapp andeuten. Ein Rückversicherungs-Swap ist eine vertragliche Vereinbarung über den Austausch von Zahlungen in Bezug auf ein Versicherungsgeschäft über einen bestimmten Zeitraum. Dazu unterscheidet man im Wesentlichen zwei Formen. Im Mortality-Swap werden erwartete Rentenzahlungen für einen versicherten Bestand gegen tatsächliche Rentenzahlungen getauscht. Im Prinzip wird dadurch der komplette Transfer des versicherungstechnischen Risikos in Bezug auf die Langlebigkeit ermöglicht. Von der Funktionsweise ähnelt der Mortality-Swap der Quote, jedoch verbleiben die Kapitalanlagen und das damit verbundene Zinsrisiko beim Zedenten. Der Reserve-Swap sieht vor, dass rechnungsmäßige Reserven eines versicherten Bestandes gegen tatsächlich erforderliche Reserven getauscht werden. Dadurch kommt es beim Risikotransfer zur Vorwegnahme zukünftiger Rentenzahlungen. Es ist weniger daran gedacht, die zugrunde liegenden Sterblichkeitsannahmen laufend zu aktualisieren. Vielmehr wird die Sterbetafel beibehalten und auf die Anzahl der tatsächlich Lebenden angewendet. Bei einer Untersterblichkeit kommt es dadurch zwangsläufig zur Verstärkung der Rückstellung. Bei einer Übersterblichkeit wird die gesamte Reserve entsprechend reduziert. Um das Volumen der Transaktion zu verringern, kann vereinbart werden, dass die notwendigen Veränderungen der Reserve die Basis für den Austausch der Zahlungen bilden. Das Ziel des Rückversicherers ist es, durch derartige Swaps das rückversicherte Geschäft verschiedener Zedenten zu bündeln und auf dem Kapitalmarkt zu verbriefen. Bei institutionellen Anlegern besteht das Interesse, neue Investmentmöglichkeiten für das vorhandene Kapitalmarktvolumen zu finden, die kaum mit anderen Anlagen des Finanzmarkts korreliert sind. Somit kann ART die Diversifikation vorhandener Anlageportfolios erhöhen. Im Rahmen der Wertpapieremission wird versucht, so genannte Mortality-Bonds an der Börse zu platzieren. Während der mehrjährigen Laufzeit wird den Anlegern eine gewisse großzügige Verzinsung des Nominalwerts zugesagt, sofern sich die Sterblichkeit nicht zu sehr verbessert. Dabei kann sowohl die Verzinsung als auch das Kapital dem beschriebenen Risiko ausgesetzt sein. Derzeit gibt es jedoch noch keinen liquiden Markt für Langlebigkeitsrisiken. Wesentliche Schwierigkeiten liegen in der fehlenden Transparenz des Berechnung und der Etablierung eines geeigneten Index zur Messung des Langlebigkeitsrisikos begründet.
Anhang In diesem Anhang sind die aktuellen Sterbetafeln der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) dargestellt. Ausgangspunkt sind die Sterbewahrscheinlichkeiten; die anderen Größen sind abgeleitet und gerundet. Der Rechnungszins beträgt 2,25%.
A DAV2008TM Dargestellt ist die erweiterte Sterbetafel für Versicherungen mit Todesfallcharakter für Männer, DAV2008TM. Es handelt sich um die Rechnungsgrundlagen erster Ordnung.
x
qx
lx
Dx
Nx
Sx
Cx
Mx
Rx
0
0,006113 1.000.000 1.000.000 36.300.635 1.024.816.901 5.978
201.209
13.749.652
1
0,000423
993.887
972.017
35.300.635
988.516.266
402
195.230
13.548.443
2
0,000343
993.467
950.225
34.328.618
953.215.631
319
194.828
13.353.213
3
0,000275
993.126
928.997
33.378.393
918.887.013
250
194.509
13.158.385
4
0,000220
992.853
908.305
32.449.396
885.508.621
195
194.259
12.963.876
5
0,000182
992.634
888.122
31.541.091
853.059.225
158
194.064
12.769.617
6
0,000155
992.454
868.421
30.652.969
821.518.134
132
193.906
12.575.553
7
0,000139
992.300
849.180
29.784.548
790.865.165
115
193.774
12.381.647
8
0,000129
992.162
830.378
28.935.368
761.080.617
105
193.659
12.187.873
9
0,000125
992.034
812.001
28.104.990
732.145.249
99
193.554
11.994.214
10
0,000129
991.910
794.034
27.292.989
704.040.259
100
193.455
11.800.660
11
0,000143
991.782
776.461
26.498.955
676.747.271
109
193.355
11.607.205
12
0,000173
991.640
759.267
25.722.494
650.248.316
128
193.246
11.413.851
13
0,000222
991.469
742.431
24.963.227
624.525.823
161
193.117
11.220.605
14
0,000303
991.248
725.932
24.220.796
599.562.596
215
192.956
11.027.487
15
0,000417
990.948
709.743
23.494.864
575.341.799
289
192.741
10.834.531
16
0,000557
990.535
693.836
22.785.121
551.846.935
378
192.452
10.641.790
17
0,000709
989.983
678.190
22.091.285
529.061.814
470
192.074
10.449.338
18
0,000850
989.281
662.796
21.413.095
506.970.529
551
191.603
10.257.265
19
0,000953
988.440
647.661
20.750.299
485.557.434
604
191.053
10.065.661
20
0,001012
987.498
632.805
20.102.638
464.807.135
626
190.449
9.874.609
21
0,001022
986.499
618.254
19.469.833
444.704.496
618
189.823
9.684.160
298
Anhang
x
qx
lx
Dx
Nx
Sx
Cx
Mx
Rx
22
0,001004
985.491
604.032
18.851.579
425.234.663
593
189.205
9.494.337
23
0,000963
984.501
590.147
18.247.548
406.383.084
556
188.612
9.305.133
24
0,000911
983.553
576.605
17.657.401
388.135.536
514
188.056
9.116.521
25
0,000856
982.657
563.403
17.080.796
370.478.135
472
187.542
8.928.465
26
0,000808
981.816
550.534
16.517.393
353.397.340
435
187.070
8.740.923
27
0,000772
981.023
537.984
15.966.859
336.879.947
406
186.635
8.553.853
28
0,000752
980.265
525.740
15.428.875
320.913.087
387
186.229
8.367.218
29
0,000745
979.528
513.784
14.903.135
305.484.212
374
185.842
8.180.989
30
0,000752
978.799
502.104
14.389.351
290.581.077
369
185.468
7.995.146
31
0,000768
978.063
490.686
13.887.247
276.191.726
369
185.099
7.809.678
32
0,000791
977.311
479.520
13.396.561
262.304.480
371
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B DAV2008TF
301
B DAV2008TF Dargestellt ist die erweiterte Sterbetafel für Versicherungen mit Todesfallcharakter für Frauen, DAV2008TF. Es handelt sich um die Rechnungsgrundlagen erster Ordnung.
x
qx
lx
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Sx
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C DAV2004RM
305
C DAV2004RM Dargestellt ist die erweiterte Sterbetafel für Versicherungen mit Erlebensfallcharakter für Männer, DAV2004RM. Es handelt sich um die Rechnungsgrundlagen erster Ordnung der Grundtafel 1965.
x
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C DAV2004RM
307
x
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308
Anhang
x
qx
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4.859
329
329
329
322
322
322
D DAV2004RF
309
D DAV2004RF Dargestellt ist die erweiterte Sterbetafel für Versicherungen mit Erlebensfallcharakter für Frauen, DAV2004RF. Es handelt sich um die Rechnungsgrundlagen erster Ordnung der Grundtafel 1965.
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x
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857
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E Haftungsausschluss
313
E Haftungsausschluss Dieses Buch wurde einzig und allein für die Lehre konzipiert und ist nur für diesen Zweck geeignet. Der Autor schließt jedwede Haftung aus, die sich aus der Anwendung der dargestellten Sachverhalte in der Versicherungswirtschaft ergibt. Rechnungsgrundlagen ändern sich im Laufe der Zeit, Gesetze werden modifiziert, Ansätze und Prozesse in der Lebensversicherung entwickeln sich weiter. Es wird weder ausdrücklich noch stillschweigend irgendeine Gewährleistung oder Haftung für die Richtigkeit oder Vollständigkeit oder Aktualität des Inhalts dieses Lehrbuchs gegeben. Die tatsächliche Anwendbarkeit der dargestellten Behauptungen und Berechnungen für die Praxis kann nicht garantiert werden. Außerdem sei darauf verwiesen, dass die in diesem Buch gegebenen Meinungen und Ausführungen in einem konkreten geschäftlichen Kontext unterschiedlich ausfallen können.
Literaturverzeichnis
Lehrbücher [1]
Albrecht, P.: Grundprinzipien der Finanz- und Versicherungsmathematik, Schäffer Poeschel Verlag, 2006
[2]
Dienst, H. R. u. a.: Mathematische Methoden der Rückversicherung, Verlag Versicherungswirtschaft, 1988
[3]
Farny, D. u. a.: Handwörterbuch der Versicherung, 2. Auflag, Verlag Versicherungswirtschaft, 1988
[4]
Führer, C.; Grimmer, A.: Einführung in die Lebensversicherungsmathematik, Verlag Versicherungswirtschaft, 2006
[5]
Fürstenwerth, F.; Weiß, A.: Versicherungsalphabet, 10. Auflage, Verlag Versicherungswirtschaft, 2001
[6]
Gerber, H. U.: Life Insurance Mathematics, 3rd edition, Springer Verlag, 1997
[7]
Grundmann, W.; Luderer, B.: Formelsammlung Finanzmathematik, Versicherungsmathematik, Wertpapieranalyse, 3. Auflage, Vieweg+Teubner Verlag, 2009
[8]
Hagelschuer, P.: Lebensversicherung, 2. Auflage, Gabler Verlag, 1987
[9]
Heep-Altiner, M.; Klemmstein, M.: Versicherungsmathematische Anwendungen in der Praxis, Verlag Versicherungswirtschaft, 2001
[10]
Isenbart, F.; Münzner, H.: Lebensversicherungsmathematik für Praxis und Studium, 3. Auflage, Gabler Verlag, 1994
[11]
Kurzendörfer, V.: Einführung in die Lebensversicherung, 3. Auflage, Verlag Versicherungswirtschaft, 2000
[12]
Loewy, A.: Versicherungsmathematik, 4. Auflage, Springer Verlag, 1924
[13]
Luderer, B.: Starthilfe Finanzmathematik, 2. Auflage, Teubner Verlag, 2003
[14]
Mack, T.: Schadenversicherungsmathematik, Verlag Versicherungswirtschaft, 2002
[15]
McCullagh, P.; Nelder, J. A.: Generalized Linear Models, 2nd edition, Chapmann & Hall/CRC, 1989
[16]
Milbrodt, H., Helbig, M.: Mathematische Methoden der Personenversicherung, Walter de Gruyter Verlag, 1999
[17]
Pfeifer, A.: Praktische Finanzmathematik, 4. Auflage, Verlag Harri Deutsch, 2006
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Pfeiffer, C.: Einführung in die Rückversicherung, 5. Auflage, Gabler Verlag, 2000
[19]
Reichel, G.: Grundlagen der Lebensversicherungstechnik, Gabler Verlag, 1987
[20]
Saxer, W.: Versicherungsmathematik, Erster Teil, Springer Verlag, 1955
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Literaturverzeichnis
[21]
Saxer, W.: Versicherungsmathematik, Zweiter Teil, Springer Verlag, 1958
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Schmidt, K. D.: Versicherungsmathematik, 3. Auflage, Springer Verlag, 2009
[23]
Tetens, J. N.: Einleitung zur Berechnung der Leibrenten und Anwartschaften, die vom Leben oder Tode einer oder mehrerer Personen abhangen, Leipzig bey Weidmanns Erben und Reich, 1785
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Tietze, J.: Einführung in die Finanzmathematik, 9. Auflage, Vieweg+Teubner Verlag, 2008
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Wolff, K. H.: Versicherungsmathematik, Springer Verlag, 1970
[26]
Wolfsdorf, K.: Versicherungsmathematik, Teil 1 Personenversicherung, 2. Auflage, Teubner Verlag, 1997
[27]
Zwinggi, E.: Versicherungsmathematik, Birkhäuser Verlag, 1945
Zeitschriften und sonstige Veröffentlichungen [a]
Blätter der Deutschen Gesellschaft für Versicherungs- und Finanzmathematik (DGVFM, vormals DGVM)
[b]
Jahresbericht der BaFin 2007
[c]
Statistisches Bundesamt (destatis): Sterbetafel 2005/2007
Gesetze und Verordnungen BerVersV
Verordnung über die Berichterstattung von Versicherungsunternehmen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, mit Wirkung vom 29.5.2009
DeckRV
Verordnung über Rechnungsgrundlagen für die Deckungsrückstellungen, mit Wirkung vom 19.5.2009
HGB
Handelsgesetzbuch, mit Wirkung vom 29.5.2009
MindZV
Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung, mit Wirkung vom 12.4.2008
PAngV
Preisangabenverordnung, mit Wirkung vom 23.3.2009
RechVersV
Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen, mit Wirkung vom 29.5.2009
VAG
Versicherungsaufsichtsgesetz, mit Wirkung vom 29.5.2009
VVG
Versicherungsvertragsgesetz, mit Wirkung vom 29.5.2009
VVG-InfoV
Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen, mit Wirkung vom 1.7.2008
Stichwortverzeichnis Abrechnungsverband 258
Beitragszahler (BZ) 7
Abzinsen 13, 14, 15, 20, 21, 35
Beitragszerlegung 238, 247, 253
Aktuar 1, 112
Bernoulli-Verteilung 58
Alternativer Risikotransfer (ART) 296
Bestandsgruppe 258, 260, 263, 264, 274
Alterseffekt 107, 108
Bezugsberechtigte Person (BB) 6
Altersverschiebung 94, 95, 98, 123, 125
Bilanz 41, 200, 245, 256, 257, 273, 274
Amortisation 163
Binomial-Verteilung 59, 62, 63, 64, 103
Amortisationsbeitrag 162, 163, 167, 186
Bonussystem 261
Amortisationskosten 169, 170 Änderungsrisiko 91, 277, 285
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) 257, 258, 316
Anfechtung 224
Cantelli 246, 251, 252
Annuität 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 192
Courtage 7
Antiselektion 225 Anzeigepflichtverletzung 100
Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) 94, 96, 123, 125, 270, 297
Approximation 62, 63, 64
Direktgutschrift 261
Äquivalenzprinzip
Diskontierungsfaktor 40
Deregulierung 116, 161
Finanzmathematisches 20
Dynamik 112, 197, 223
Versicherungsmathematisches 111
Effektive Rendite 267
Arithmetisch 42, 43, 55, 131, 142, 144, 145, 146, 189
Effektiver Rechnungszins 265
Asset-Liability-Matching (ALM) 274
Eigenkapital 57, 91, 92, 238, 264, 273, 274, 276
273,
Effektivzinssatz 15, 17, 23, 30, 40, 53
Auffüllungsbedarf 237
Embedded Value 263, 273, 274
Aufzinsen 13, 37
Ergebnisquellen 256, 259
Barauszahlung 261, 262
Erhöhte Risiken 97
Basistafel 95
Erlebensfallrendite 266, 267
Beitragsdifferenzenformel 236, 237
Ertragswert 263, 264, 271
Beitragsdynamik 223
Erwartungswertprinzip 93, 111
Beitragsfreistellung 222, 231, 232, 233
Fairnessprinzip 258
Beitragsrückgewähr 145, 151, 152, 189, 191, 192, 194
Finanzierbarkeit 4, 253, 262, 264, 265, 273
Beitragsübertrag 246, 264, 289
318
Stichwortverzeichnis
Finanzierbarkeitsnachweis 27, 262, 270, 273
International Financial Standards (IFRS) 1
Finlaison-Wittstein 85, 86
Invalidenrente 6
Garantiewert 222
Irrtumsrisiko 90, 91, 277, 280
Geburtsjahrmethode 76, 77, 78
Istzins 264
Gefahr 3, 4, 46, 69, 90, 91, 97, 111, 185, 229, 256, 277, 278
Jahresüberschadenexzedent 286
Generationensterbetafel 76, 94
Kapitalanlageergebnis 257, 259
Geometrisch 42, 43, 55, 133, 134, 146, 147, 148
Kapitalbildende Versicherung 225, 230
Gesamtschaden 4, 57, 58, 59, 60, 61, 63, 64, 65, 92, 255, 279
Kapitalversicherung 5
Gesetz der Großen Zahlen 9, 69, 70, 90, 292 Gewinn- und Verlustrechnung 238, 256, 257 Gewinnbeteiligung 70, 90, 94, 253, 259, 260, 261, 262, 267, 287
Reportings
Kalenderjahrmethode 73 5, 210,
Kapitalwertmethode 11, 27, 28, 29, 30, 262, 263, 264, 289, 292, 293 Kennzahlen 274, 275, 276 Kohorte 76 Kohorteneffekt 107, 108
Gewinnzerlegung 253
Kommutationswerte 71, 118, 120, 137, 139, 146, 196, 238
Glaubwürdigkeit 66, 67, 68, 292
Kontostaffelmethode 19
Gleichbehandlungsgrundsatz 75, 185
Kontributionsgleichung 258, 263
Gompertz 84 Gompertz-Makeham 84 Grundtafel 94, 123, 125, 305, 309 Gruppenfreistellungsverordnung 74
253, 254, 256,
Kostenergebnis 257, 259 Kostenprämie 180, 181, 186, 218, 220, 221, 241, 242, 243
Gruppenlebenversicherung 66
Kredit 8, 28, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 54, 160, 192
Handelsgesetzbuch (HGB) 1, 201, 245, 256, 316
Kündigung 222, 224, 226, 228, 229, 230, 251, 252, 260, 271, 272
Hardysche Zinsformel 263
Längsschnittverfahren 76
Höchstalter 126, 136
Lebenserwartung 41, 72, 73, 74, 94, 98, 100, 138, 185
Höchstrechnungszins 114, 115, 116, 201, 236, 237, 238 Impaired Annuities 101, 185 Incurred But Not Reported (IBNR) Reserve 246 Inhomogenität 281, 283, 291 Inkassokosten 117, 169, 170, 247
Lebensrückversicherung 291 Lee-Carter 102, 109 Leibrente 122, 123, 124, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 133, 134, 135, 139, 141, 143, 147, 153, 159, 166, 177, 202, 208, 209, 212, 217
319
Stichwortverzeichnis
Lexis-Diagramm 75, 76, 78, 107 Methode der internen Rendite 11, 27, 30, 31, 34, 262, 264
Zweiter Ordnung 91, 93, 113, 255, 259, 263, 264, 265, 292
Nachreservierung 201
Rechnungslegung 316
Natürliche Prämie 197, 198
Reserve
160, 245, 253, 256,
Neuabschluss 97, 222, 223
Prospektiv 200, 201, 202, 205, 235
Newton-Verfahren 30, 31, 53
Retrospektiv 200, 201, 202, 204, 206, 207, 208
Normalbasis 286, 287, 288, 289
Retrozedent 278
Normal-Verteilung 62, 63, 64, 103
Retrozession 278
Pensionsversicherung 4, 6
Retrozessionär 278
Periodeneffekt 107, 108
Reziprozität 278
Periodensterbetafel 78, 94
Personenversicherung 4, 40, 315, 316
Risiko 3, 54, 58, 67, 75, 82, 93, 107, 112, 185, 224, 241, 243, 273, 277, 279, 280, 281, 283, 285, 286, 287, 288, 289, 291, 296
Poisson-Verteilung 62, 103, 104
Risikobasis 286, 289
Preferred Lives 100, 185
Risikoergebnis 257, 259
Personengesamtheit 71, 75, 76, 78, 79, 82, 83, 120, 136
Preisangabenverordnung (PAngV) 267, 270
54,
Present Value of Future Profits (PVFP) 273 Priorität 32, 93, 283, 284, 286, 292 Profit-Testing 228, 265, 270, 273 Provision 7, 47, 160, 169, 210, 271, 272, 287, 289, 292, 293 Provisionshaftung 272 Querschnittverfahren 78
Risikoprämie 241, 242, 243 Risikoprüfung 97, 99, 100, 185 Rückkauf 222, 224 Rückkaufswert 114, 224, 225, 226, 227, 228, 230, 232, 233, 252, 271 Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) 260, 261, 274, 276 Rückversicherer 278, 279, 280, 281, 283, 284, 285, 286, 287, 288, 289, 290, 291, 293
Rate 24, 36, 37, 39, 122
Rückversicherung 63, 256, 277, 278, 279, 281, 282, 283, 284, 285, 286, 287, 288, 289, 291, 292, 293, 296, 315
Ratenabschlag 184
Rueffsche Altersverschiebung 94, 95
Ratenzuschlag 184
Ruinwahrscheinlichkeit 91, 92, 291
Quotenrückversicherung 279, 280
Schaden 3, 58, 63, 65, 67, 91, 256, 283, 284, 285, 286, 291, 292 Rechnungsgrundlagen Erster Ordnung 91, 93, 96, 113, 254, 258, 265, 292, 297, 301, 305, 309
Schadenhöhe 3, 57, 61, 111, 281, 282, 284 Schadenquote 279, 285
320
Schadenversicherung 67, 246, 292, 315 Schadenzahl 61, 63 Schätzer 70, 75, 77, 79, 81, 82, 85 Schlussannuität 50, 51 Schlussüberschussanteil 260 Schwankungszuschlag 93, 292 Selbstbehalt 280, 281, 282, 283, 284, 285, 286, 288, 290, 291 Selektion 89, 97, 185 Sicherheitszuschlag 63, 90, 93, 95, 96, 113, 245, 253, 265, 266, 289, 291 Sofortbonusrente 262 Sofortrabatt 18, 261, 262 Sollzins 54, 264 Sparprämie 241, 242, 243, 244, 286 Standardabweichungsprinzip 93 Sterbegesetz 84 Sterbekassen 9 Stetigkeitskorrektur 64 Storno 224, 229, 264, 270, 273, 274 Stornoergebnis 257 Stornowahrscheinlichkeit 251, 252 Summenexzedentenrückversicherung 279, 281 Summenrabatt 184, 185 Tarifbeitrag 186 Teilrückkauf 230 Termefixversicherung 186 Tilgung 8, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 161, 167 Tilgungsplan 46, 47, 48, 54 Todesfallcharakter 96, 116, 158, 164, 185, 237, 258, 297, 301 Tontine 9 Überschuss 259
Stichwortverzeichnis
Überschussbeteiligung 54, 93, 114, 232, 253, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 273, 274, 287 Überschusssystem 259 Überschussverwendung 261, 262 Unfallbuckel 83 Unmittelbare Abschlusskosten 160, 161, 162, 163, 164, 167, 168, 169, 170, 179, 180, 181, 186, 210, 211, 216, 218, 226, 227, 228, 232, 233, 234, 239, 241, 242, 244, 247, 271, 272, 280, 286, 289, 291 Varianzprinzip 93 Verallgemeinerte Lineare Modelle 103, 105, 106, 107 Verordnung 265, 316
102,
115, 245, 256, 258, 259,
Verordnung über die Berichterstattung von Versicherungsunternehmen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BerVersV) 256, 258, 316 Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (MindZV) 259, 316 Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (RechVersV) 245, 316 Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVGInfoV) 265, 316 Verordnung über Rechnungsgrundlagen für die Deckungsrückstellungen (DeckRV) 115, 161, 236, 237, 316 Versicherer (VR) 6 Versicherte Person (VP) 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) 1, 75, 91, 114, 161, 258, 259, 287, 316 Versicherungsbarwert 111, 126, 138, 142, 144, 152, 154, 159, 253
Stichwortverzeichnis
321
Versicherungsnehmer (VN) 6
Waisenrente 6
Versicherungsökonomie 1
Waldsche Formeln 61, 63, 281
Versicherungsrecht 1
Whittaker-Henderson 87, 88
Versicherungsvermittler (VV) 7
Witwenrente 6
Versicherungsvertragsgesetz (VVG) 1, 112, 222, 224, 225, 226, 231, 233, 235, 265, 278, 316
Zedent 278, 279, 280, 284, 286, 288
Vertrag 4, 6, 8, 112, 114, 150, 184, 199, 222, 223, 224, 225, 232, 236, 256, 260, 270, 274, 286, 288 Vertragsänderung 222, 234 Verwaltungskosten 287, 289
54, 117, 169, 285,
Zeitfranchise 284, 285 Zeitrente 122, 123, 126, 128, 129 Zeitwert 12, 21, 26, 123, 125, 200 Zessionär 278, 279, 280, 285, 287, 288, 289, 293 Zillmerung 161, 166, 168, 210, 245 Zinseszinsen 12, 16, 23
Verwaltungskostenreserve 218, 219, 220
Zinsgewinn 255
Verzinsliche Ansammlung 262
Zinsintensität 25
Vorausdeklaration 260
Zinsrate 12, 16, 25, 33, 49, 50, 255, 263
Vorsichtsprinzip 89, 91, 92, 94, 97, 113, 163, 254, 265
Zufallsrisiko 90, 277