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German Pages 236 Year 2010
Jochen Gabrisch Die Besten managen
Jochen Gabrisch
Die Besten managen Erfolgreiches Talent-Management im Führungsalltag Mit zahlreichen Beispielen aus der Coaching-Praxis
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Ulrike Lörcher Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1872-7
Vorwort
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Vorwort
Die Talente eines Unternehmens, also seine Mitarbeiter, sind eine der wichtigsten Ressourcen, in vielen Fällen die wichtigste, die Unternehmen zur Verfügung stehen, um sich erfolgreich vom Wettbewerb abzusetzen. Das von McKinsey geprägte und inzwischen zum geflügelten Wort gewordene Konzept des War for Talents verdeutlicht dies. TalentManagement ist folglich eine der wichtigsten Aufgaben von Unternehmen. Als Talent-Manager kommt den Führungskräften dabei die Schlüsselrolle zu. Denn insbesondere die Führungskraft hat es in der Hand, ein Umfeld zu schaffen, in dem Mitarbeiter gern Leistung erbringen, sie ist verantwortlich für den passgenauen Einsatz und die Entwicklung vorhandener Talente ebenso wie für die entsprechende Anerkennung von Leistung. Zu diesem Schluss kommt auch eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey, die durch die Befragung von Managern aus Großunternehmen herausgefunden hat: Zu den größten Hürden eines erfolgreichen Talent-Managements gehört, dass sich die Top- und Linienmanager nicht genug für die Entwicklung und Karriere ihrer Mitarbeiter einsetzen und dem Thema zu wenig Bedeutung beimessen (Harvard Business Manager, Juni 2007). Das alles ist nicht neu, werden Sie vielleicht einwenden. Nichtsdestotrotz werden diese Erkenntnisse fast täglich in Zeitungen und den einschlägigen Fachzeitschriften verkündet, als handele es sich um Nobelpreisverdächtiges Gedankengut. Und das aus gutem Grund, denn ganz offensichtlich scheint es an der Umsetzung im Alltag noch zu hapern. Genau an dieser Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis setzt dieses Buch an: In meiner mehr als zehnjährigen Coaching-Praxis habe ich mit meinen Klienten praxisnahe Lösungen erarbeitet, die eine pragmatische Umsetzung der oben genannten Erkenntnisse erleichtern. Die Besten managen macht Ihnen als Führungskraft dieses Erfahrungswissen zugänglich. Das Buch eröffnet in einfach nachvollziehbaren Schritten Denkansätze und
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Vorwort
Handlungsoptionen, die es schon vielen meiner Klienten erleichtert haben, ihrer Verantwortung als Talent-Manager noch besser gerecht zu werden. Und der Einsatz lohnt sich. Denn im War for Talents haben engagierte Talent-Manager die Nase vorn, indem sie attraktive Unternehmenskulturen schaffen, die Leistungsträger an das Unternehmen binden und exzellente neue Mitarbeiter anziehen. Je mehr sich der Arbeitsmarkt zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt und Bewerber unter vielen guten Angeboten das Beste auswählen können, desto mehr wird eine attraktive Unternehmenskultur zum Erfolgsfaktor. Wenn Mitarbeiter sagen: „Für diesen Chef arbeite ich gern“, ist diese Aufgabe erfolgreich gelöst. Schafft es ein ganzes Unternehmen, dass seine Mitarbeiter gern dort arbeiten, wird es zum so genannten Employer of Choice und hat sich somit einen unschätzbaren Wettbewerbsvorteil verschafft. Aus einem zweiten, ebenso wichtigen Grund lohnt sich der Einsatz als Talent-Manager: Durch eine motivierte Mannschaft, die mitdenkt und mit Engagement bei der Sache ist, steigt das Leistungsvermögen, Ergebnisse werden in besserer Qualität und oft auch mit weniger Aufwand erzielt. Dass es mit der Mitarbeitermotivation nicht zum Besten bestellt ist, dokumentiert genauso eindrucksvoll wie wenig erfreulich zum x-ten Male die jährliche Motivationsstudie des Gallup Instituts: Jeder fünfte Arbeitnehmer hat innerlich gekündigt, nur 13 Prozent der deutschen Arbeitnehmer verspüren eine echte Verpflichtung gegenüber ihrem Unternehmen und arbeiten sehr engagiert (Süddeutsche Zeitung, 15.01.2009). Die Führungskraft als Talent-Manger hat es in der Hand, diese seit Jahren beklagenswerten Daten zu optimieren, sodass ihre Mitarbeiter verstärkt von sich aus die Initiative ergreifen und sich Aufgabenstellungen in größerem Umfang zu eigen machen. Das ist umso wichtiger, da der Grad an Komplexität ebenso wie die Geschwindigkeit in Unternehmen in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben und es schwierig bis fast unmöglich ist, alle aktuellen, geschweige denn zukünftigen Aufgaben persönlich zu steuern und im Detail zu überwachen. Ein hohes Maß an gespürter Verpflichtung der Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitgeber ist mithin die Conditio sine qua non erfolgreicher Leistungserbringung.
Vorwort
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Ich freue mich, wenn Sie in diesem Buch nützliche Denkanstöße und pragmatische Handlungsoptionen für Ihre Aufgabe als Talent-Manager finden. Bei deren Umsetzung wünsche ich Ihnen viel Erfolg! Frankfurt am Main im November 2009
Jochen Gabrisch
Dank des Autors
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Dank des Autors
Im Laufe der Arbeit an diesem Buch habe ich von vielen Seiten Unterstützung, Ideen und Beiträge erhalten. Danken will ich dafür insbesondere den folgenden Personen und Organisationen: Marion Müller, die nicht nur meine (fast) tägliche Begleiterin und Sparringspartnerin war, sondern das Manuskript parallel zum Schreiben auch (vor-)lektoriert hat. Dadurch hat das Buch inhaltlich und stilistisch sehr profitiert. Persönlich war mir dieser Austausch immer wieder Freude und Ansporn zugleich. Maria Akhavan und Ulrike Lörcher vom Gabler Verlag, bei denen ich mich jederzeit in den besten Händen wusste. Julio Gonzalez für die passende Verlagsidee. Jörg Bacherer, Thomas Baumeister, Kristina Flügel, Chris Schuster, Christine Schwake, Susanne und Udo Ricke sowie Claudia Wichmann, die sich die Zeit für die Interviews genommen bzw. deren Zustandekommen ermöglicht haben. Die Gespräche stellen meines Erachtens allesamt einen Gewinn für das Buch dar. Wolfgang Bergander (Belbin), den Verlagen Campus und Hogrefe sowie dem Team um Dr. Martin Seligman (University of Pennsylvania) für deren Unterstützung bei den Persönlichkeitsinventaren. Nelly Bolenius-Freund, Familie Fiedler und Paris Kosmidis für den Genius Loci. Beate Descher, Albert Fink, Rosa Freund, Stefanie Heizmann, Heike Kötting, Klarissa Peters, Dr. Andrea Porschen und Dr. Johannes Völz.
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Dank des Autors
Meinen Klienten für die konstruktive Zusammenarbeit und das mir entgegengebrachte Vertrauen. Sie haben durch ihre Fragen und Anregungen den Stoff für dieses Buch geliefert. Die nachfolgenden Fallbeispiele stammen alle aus meiner Coaching-Praxis, sind aber so verändert, dass eine Verbindung zu realen Fällen und Personen nicht möglich ist.
Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort _________________________________________________ 5 Dank des Autors __________________________________________ 9 Einleitung: Wie Sie dieses Buch nutzen können _______________ 13
Teil I Die persönliche Ebene des Führenden ___________17 Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht____________________ 19 Schritt 1: Aktionsfelder identifizieren__________________________ Schritt 2: Ziele formatieren__________________________________ Schritt 3: Veränderungen in den Alltag integrieren __________________ Schritt 4: Erfolge anerkennen ________________________________ Extra: Veränderung mentaler Skripte __________________________
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Teil II Personalführung und -entwicklung im Alltag _______51 Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur ____________ 53 Kommunikation __________________________________________ 55 Umgang_________________________________________________ 83 Ergebnisse ______________________________________________ 108 Wandel ________________________________________________ 126 Interview: Kultur zählt ____________________________________ 133
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung ________137 Stärken erkennen _________________________________________141 Stärken entwickeln ________________________________________159 Mit Schwächen umgehen ___________________________________169 Interview: Führung professionalisieren ________________________178 Kapitel 4 – Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg __________185 Positives Feedback ________________________________________187 Kritisches Feedback _______________________________________191 Mehr als Worte: Greifbare Anerkennung _______________________206 Interview: Führung im Rückblick _____________________________213 Anhang_________________________________________________221
Literatur- und Quellenverzeichnis __________________________231 Stichwortverzeichnis______________________________________235
Einleitung: Wie Sie dieses Buch nutzen können
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Einleitung: Wie Sie dieses Buch nutzen können
Schön, dass Sie zu diesem Buch gegriffen haben. Das heißt, dass Sie darüber nachdenken oder sich vielleicht sogar schon fest vorgenommen haben, die Art und Weise, wie Sie Ihre Mitarbeiter führen und entwickeln, noch zu verbessern. Damit sind Sie den ersten wichtigen Schritt bereits gegangen. Denn der Wille zur Veränderung ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass diese erfolgreich gelingt. Wie Sie diesen Weg dann möglichst einfach und effektiv weitergehen können, um ein noch besserer Talent-Manager zu werden, dabei soll Ihnen dieses Buch gute Dienste leisten und die eine oder andere gute Idee zum Wie der Veränderung beitragen. Im ersten Teil von Die Besten managen erfahren Sie zunächst mehr darüber, wie Sie persönliche Veränderungen am einfachsten angehen und in die Tat umsetzen können. Dieses Wissen um die Funktionsweise von Veränderungen auf der persönlichen Ebene wird Ihnen diese spürbar erleichtern, das sehe ich in meiner Coaching-Praxis immer wieder. Wenn Veränderungswünsche beispielsweise richtig dimensioniert sind oder der Klient die Sogwirkung eines Ziels im Alltag bei seiner Arbeit spürt, fällt es deutlich leichter, die Anstrengung, die Veränderungen mit sich bringen können, auf sich zu nehmen und täglich erfolgreich an der Umsetzung der Ziele zu arbeiten. In diesem Sinn ist Teil I von Die Besten managen der Katalysator für die Inhalte, die in Teil II ausführlich dargestellt sind. Im zweiten Teil des Buches stelle ich Ihnen anhand einer dreistufigen Struktur wirksame Veränderungshebel des Talent-Managements vor (siehe Abb. E). Zunächst geht es in Kapitel 2 Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur darum, wie Sie attraktive Rahmenbedingungen schaffen können, unter denen Ihre Mitarbeiter gern zur Arbeit kommen und sich stark engagieren – denn eine attraktive, leistungsstarke Kultur ist meiner
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Einleitung: Wie Sie dieses Buch nutzen können
Erfahrung nach die Voraussetzung für Erfolg. Eine gute Unternehmenskultur ist somit vergleichbar mit der Qualität eines nährstoffreichen Bodens, der das Wachstum einer Pflanze entscheidend begünstigt. Die Parameter, durch die sich Kultur positiv beeinflussen lässt, sind die Qualität der Kommunikation, die Art und Weise des persönlichen Umgangs miteinander, ein Fokus auf die Ergebnisse und der bewusste Umgang mit Wandel. Ist der Boden bereitet, lernen Sie in Kapitel 3 Mit Stärken zu individueller Höchstleistung mehrere Methoden und Vorgehensweisen kennen, wie Sie die Stärken Ihrer Mitarbeiter erkennen, gezielt einsetzen und Ihre Mitarbeiter so zu individueller Höchstleistung führen können. In Kapitel 4 Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg geht es schließlich darum, wie Sie durch Anerkennung, also mit positivem und kritischem Feedback sowie greifbarer Anerkennung, dazu beitragen können, dass sich Erfolge wiederholen und Ihr Bereich somit langfristig erfolgreich bleibt.
Abbildung E.1: Die Besten managen: Kultur – Stärken – Anerkennung
Einleitung: Wie Sie dieses Buch nutzen können
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Beim Lesen des Buches können Sie sich von Ihren Interessen leiten lassen. Das Buch ist so aufgebaut, dass Sie praktisch an jeder Stelle des Inhaltsverzeichnisses starten können. Querverweise zeigen Ihnen dabei Zusammenhänge zu anderen Kapiteln auf. Vielleicht wollen Sie aber zunächst einen Überblick gewinnen und lesen das Buch erst einmal „quer“, um die für Sie besonders interessanten Stellen zu finden. Für den schnellen Leser sind die wesentlichen Inhalte am Ende der jeweiligen Kapitel in einem Fazit kompakt zusammengefasst. Vielleicht haben Sie beim ersten Durchblättern des Buches auch schon die Aktionsfragen entdeckt? Diese können Sie bei der Umsetzung der Inhalte noch zusätzlich durch gezielte Fragen unterstützen. Wenn Sie die Aktionsfragen bearbeiten, werden Sie sich intensiver mit den einzelnen Themen beschäftigen und auf diese Weise noch stärker von den Inhalten profitieren. Die Vielzahl der Fragen werden Sie aus Zeitgründen im ersten Schritt wahrscheinlich nicht alle bearbeiten können. Lassen Sie sich deshalb auch bei der Bearbeitung der Fragen von Ihrem Interesse leiten. Nach diesem kurzen Überblick über den Aufbau und die Nutzungsmöglichkeiten des Buchs wünsche ich Ihnen jetzt eine interessante Lektüre und viel Erfolg bei der Umsetzung Ihres Veränderungsvorhabens.
Schritt 1: Aktionsfelder identifizieren
Teil I Die persönliche Ebene des Führenden
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Schritt 1: Aktionsfelder identifizieren
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
„Leichter als leicht geht es vielleicht, leichter als das, was vielleicht war, leichter als leicht, es ist nicht weit von hier zu dem, was noch nicht war.“ Clueso
Welche Erfahrung haben Sie mit persönlichen Veränderungen gemacht? Von meinen Klienten höre ich oft, dass ihnen Veränderungen rückblickend doch viel leichtergefallen sind als vermutet. Auch wenn viele darüber zunächst einmal verwundert sind – in einer einfachen Umsetzung liegt das Geheimnis erfolgreicher Veränderungsarbeit. In diesem Kapitel erfahren Sie deshalb, wie Sie Veränderungen möglichst einfach, wirkungsvoll und nachhaltig in Ihren Alltag integrieren können. Das soll nicht heißen, dass Veränderungsarbeit nicht auch ein gewisses Maß an Anstrengung erfordert. Aber sie sollte auf keinen Fall (zu) schwerfallen. Denn was nützt ein Veränderungsprozess, wenn es nicht recht vorwärtsgehen will und man den Weg deshalb nur widerwillig geht oder gar abbricht? In vier Schritten können Sie einem Veränderungsweg folgen, an dessen Ende Sie vielleicht auch sagen werden: „Das ging ja einfacher, als ich dachte.“ Schritt 1: Aktionsfelder identifizieren Schritt 2: Ziele formatieren X Schritt 3: Veränderungen in den Alltag integrieren X Schritt 4: Erfolge anerkennen X X
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
Schritt 1: Aktionsfelder identifizieren Bevor es an die Bearbeitung des Veränderungspotenzials geht, möchte ich Ihren Blick zunächst auf die Bereiche legen, in denen es „rund läuft“. Denn – so meine Erfahrung – der Blick auf das, was gut ist und was bleiben kann, wie es ist, gibt einem Veränderungsprozess ein ganz anderes Moment. Bildlich gesprochen starten Sie quasi nicht mehr vom Fuß des Berges, sondern von einer höher gelegenen Bergstation. Bevor es also um die Bereiche geht, in denen Sie etwas verändern wollen, überlegen Sie doch einmal, was in Ihrem Führungsalltag gut läuft. Aktionsfragen f Was läuft in Ihrem Führungsalltag gut? f Mit welchen Aspekten Ihrer Führung sind Sie zufrieden? f Was schätzen Ihre Mitarbeiter wahrscheinlich an der Art und Weise, wie Sie führen? f Wofür bekommen Sie positives Feedback? f Was soll so bleiben, wie es ist? Der erste Schritt der eigentlichen Veränderungsarbeit ist die schriftliche Sammlung Ihrer Themen. Denn ein Problem ist halb gelöst, so John Dewey, wenn es klar formuliert ist. Diese Erkenntnis kann ich aus meiner Coaching-Arbeit nur bestätigen. Allein schon durch das Aufschreiben ihrer Themen verspüren meine Klienten eine deutlich größere Zuversicht, ihre Ziele auch tatsächlich erreichen zu können. Mitunter diffuse, noch nicht ausformulierte Gedanken konkretisieren sich durch das Aufschreiben. Und durch das Abstellen auf diesem Gedankenparkplatz haben sie den Kopf frei für andere Dinge. Erfahrungsgemäß funktioniert die Sammlung Ihrer Themen am besten, wenn Sie jedes für sich auf eine Karteikarte schreiben. Und zwar zunächst ohne deren Beurteilung. Es geht noch nicht darum, die einzelnen Themen zu bewerten. Die folgenden Fragen können Sie dabei unterstützen, Ihre Themen zu identifizieren:
Schritt 1: Aktionsfelder identifizieren
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Aktionsfragen f Was wollen Sie verändern? f Wie ist die Idee entstanden, etwas an Ihrer Führung zu verändern? f Welches Feedback erhalten Sie zu Ihrer Führungsleistung? f Was soll sich verändern und wäre nach den erfolgten Veränderungen anders? f Welche Situationen gibt es möglicherweise in Ihrem Führungsalltag, die Ihnen noch schwerfallen oder mit denen Sie noch nicht ganz zufrieden sind? f In welchen Punkten könnten Ihnen andere Führungskräfte in Bezug auf deren Fähigkeiten als Vorbild dienen? Neben diesen Aktionsfragen können Sie sich bei der Themenfindung natürlich auch von den nachfolgenden Kapiteln dieses Buches inspirieren lassen, indem Sie diese als Checkliste für Ihre Führungsleistung nutzen, die einzelnen Punkte mit Ihrem Führungsverhalten abgleichen und auf diese Weise Ihre Aktionsfelder identifizieren. Bei der Formulierung der Themen hat es sich bewährt, einerseits vollständige Sätze zu verwenden (anstatt nur Stichwörter aufzuschreiben) und andererseits zu benennen, was Sie verbessern wollen (anstatt zu beschreiben, was nicht funktioniert). So ist es deutlich wirkungsvoller und wird Ihre Veränderungsarbeit schon im ersten Schritt erleichtern, wenn Sie beispielsweise schreiben: „Ich will mein Delegationsverhalten verbessern“, anstatt einfach nur „Delegation“ oder gar „Ich kann nicht delegieren“.
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
Schritt 2: Ziele formatieren Haben Sie die Liste mit Ihren Aktionsfeldern zusammengestellt, geht es daran, aus den (vorläufigen) Aktionsfeldern konkrete Ziele abzuleiten und diese zu formatieren. Dazu dienen die folgenden Techniken: Anliegen parzellieren X Kosten und Nutzen einzelner Themen ermitteln X Ziele priorisieren X Zielzustand visualisieren X
Anliegen parzellieren Oft erlebe ich in meiner Coaching-Praxis, dass Klienten mit großen Anliegen in die Beratung kommen, beispielsweise: „Ich will meine Mitarbeiter besser motivieren.“ Oder: „Ich weiß nicht, wie ich das alles noch schaffen soll.“ Es ist deshalb oft einer der ersten Schritte, diese globalen Anliegen in realistisch große Stücke aufzuteilen. Es geht darum herauszufinden, welche Teilanliegen sich hinter dem großen Anliegen verbergen (siehe Abb. 1.1). Durch dieses so genannte Parzellieren lassen sich vormals überdimensionierte und wenig greifbare Themen – jedes für sich – mit deutlich weniger Aufwand bearbeiten, weil sie konkreter und überschaubarer sind. Die Zuversicht wächst, diese Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Doch woran erkennt man, ob ein Aktionsfeld die passende Größe hat, um erfolgreich daran arbeiten zu können? Der wichtigste Indikator dabei ist Ihr Bauchgefühl. Wenn sich Ihnen bei einem Thema die Frage aufdrängt „Wie soll ich das nur schaffen?“ oder „Das wird aber schwierig“, können Sie davon ausgehen, dass das Thema zu groß und wahrscheinlich auch zu unkonkret formuliert ist. Die folgenden Prüffragen unterstützen Sie bei der gelungenen Parzellierung Ihrer Anliegen: Aktionsfragen f Trauen Sie sich die Arbeit an diesem Thema erfolgreich zu? f Können Sie sich gut vorstellen, wie Sie an diesen Themen arbeiten?
Schritt 2: Ziele formatieren
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f Haben Sie schon erste Ideen, wie Sie das Thema angehen wollen?
„Alles ist schwierig. Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll.“
Hohe Arbeitsbelastung
Feedback
Schwieriger Kollege
Prioritäten
Team B
Mitarbeiter
Abbildung 1.1: Parzellierung von Anliegen
Kosten und Nutzen einzelner Themen ermitteln Im nächsten Schritt überlege ich mit meinen Klienten, welche Vorteile ihnen aus der jeweiligen Zielerreichung erwachsen. Denn je attraktiver sie ihr Ziel empfinden, desto leichter wird es ihnen fallen, den notwendigen Aufwand im Alltag zu betreiben, um das Ziel zu erreichen. So macht es einen großen Unterschied, ob Sie sagen: „Ich muss mehr delegieren“, oder ob Sie feststellen: „Wenn ich mehr Aufgaben an meine Mitarbeiter delegiere, profitiere ich davon, weil ich mehr Zeit haben werde, mich um die übergeordneten Themen zu kümmern; und auch meine Mitarbeiter werden profitieren, weil sie sich durch anspruchsvollere Aufgaben weiterentwickeln.“ Wenn Sie die Vorteile ermittelt haben, die Ihnen aus Ihren Zielen erwachsen, gilt es, den Blick auf den damit verbundenen Aufwand zu richten. Denn es kann durchaus sein, dass dieser gerade in der Anfangsphase von
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
Veränderungen höher ist als der unmittelbare Nutzen (siehe Abb. 1.2). Wenn Sie beispielsweise verstärkt Aufgaben an Mitarbeiter delegieren, werden Sie zunächst einige Zeit dafür aufwenden, darüber nachzudenken, welche Aufgaben Sie an welchen Mitarbeiter delegieren, mit dem Mitarbeiter Gespräche zu führen, ihn gegebenenfalls zu schulen und die Ergebnisse zu kontrollieren. Bis sich dieses Prozedere eingespielt hat, Sie mehr Routine im Delegieren gewonnen haben und die Aufgaben tatsächlich von Ihrer To-do-Liste auf die des Mitarbeiters gewandert sind, werden Sie zunächst wahrscheinlich einen Mehraufwand haben. Diese Anfangsinvestition gilt es bei Ihren Berechnungen zu berücksichtigen. Denn sonst erwartet Sie vielleicht schon bei den ersten Schritten unnötiges Frustrationspotenzial. Wenn Sie andererseits auf diesen anfänglichen Mehraufwand eingestellt sind, wird Ihnen dieser viel leichter von der Hand gehen, sodass Sie zügig vorankommen. Und mittel- bis langfristig wirken sich gut formatierte Ziele fast immer sehr eindeutig zugunsten des Gewinns aus und Sie ernten die Früchte Ihrer Arbeit.
Ertrag
Ertragsphase Investitionsphase
Aufwand
Abbildung 1.2: Investitions- und Ertragsphase bei Veränderungen
Schritt 2: Ziele formatieren
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Aktionsfragen f Was wird sich verändern, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben? f Wie werden Sie im Alltag profitieren, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben? Was wird sich positiv verändern? f Von welchen Veränderungen werden Ihre Mitarbeiter profitieren? f Welche Konsequenzen könnten eintreten, wenn Sie nichts verändern? f Welcher Aufwand ist mit der Umsetzung der Veränderung verbunden? f Stellen Sie sich vor, einer Ihrer Mitarbeiter wäre auf einer längeren Urlaubsreise und käme erst wieder zurück, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben – welche positiven Veränderungen würde er an Ihnen/in Ihrem Bereich bemerken?
Ziele priorisieren Gerade weil das Erfahrungswissen vieler Coaching-Gespräche hier auf wenigen Seiten gebündelt ist, könnte die Versuchung bestehen, sofort eine Vielzahl von Anregungen auszuprobieren, um so möglichst schnell zum Erfolg zu kommen. Das ist allerdings wenig zielführend, weil Veränderung in aller Regel schwererfällt, wenn der Fokus auf mehreren Themen zugleich liegt. Zwar würde jedes Thema ein bisschen Aufmerksamkeit erhalten; letztlich aber zu wenig, um im Alltag ein sichtbares Ergebnis zu bewirken. Das wäre ungefähr so, als würden Sie Russisch, Spanisch und Chinesisch parallel lernen. Wenn Sie mehrere Ziele verfolgen, ist es deshalb unbedingt zu empfehlen, diese zu priorisieren und festzulegen, woran Sie zuerst arbeiten wollen (siehe Abb. 1.3).
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
Hohe Arbeitsbelastung
Schwieriger Kollege
Feedback
Prioritäten
Team B
Mitarbeiter
Abbildung 1.3: Priorisierung von Anliegen Beim Priorisieren gibt es mehrere Fragen, um die Wertigkeit der einzelnen Themen festzulegen: Aktionsfragen f Mit welchem Ziel werden Sie die schnellsten Erfolge erzielen? f Wo wird Ihnen die Umsetzung möglichst leichtfallen? f Womit erzielen Sie eine möglichst große Wirkung? Abschließend ist es wichtig, eine verbindliche Auswahl zu treffen, mit welchem Thema Sie starten wollen. Bewährt hat sich dabei eine Formulierung wie die folgende: „Ich fasse ab jetzt den festen Entschluss, mehr Aufgaben an meine Mitarbeiter zu delegieren.“ Denn erst der feste Entschluss der Umsetzung macht ein vollwertiges Ziel aus. Aktionsfrage Zum Erreichen welcher (maximal drei) Ziele haben Sie sich fest entschlossen? 1. _______________________________________________ 2. _______________________________________________ 3. _______________________________________________
Schritt 2: Ziele formatieren
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Übrigens: Das Fokussieren Ihrer Aktionsfelder können Sie sich über die vorgestellte Struktur hinaus erleichtern, wenn Sie diese mit einem Gesprächspartner Ihres Vertrauens zusammen bearbeiten. Gerade dieser Schritt profitiert sehr davon, eine externe Sicht mit einzubeziehen. Denn mitunter ist es gar nicht so einfach, die eigenen Themen mit etwas Abstand zu betrachten. Haben Sie aktuell aber keinen passenden Gesprächspartner verfügbar und Sie benötigen dennoch mehr Klarheit, ist es eine gute Idee, wenn Sie Ihre bearbeiteten Themen ein bis zwei Wochen liegen lassen und dann mit zeitlichem Abstand noch einmal darauf schauen. Auf diese Weise werden Sie Ihre Gedanken aus einem anderen Blickwinkel betrachten und wahrscheinlich noch einmal neue Ansatzpunkte finden.
Zielzustand visualisieren Eine noch größere Anziehungskraft verleihen Sie einem Ziel, wenn Sie sich vorstellen, wie sich Ihr Alltag gestaltet, wenn Sie Ihr Ziel verwirklicht haben. Ein Praxisbeispiel, das dieses Phänomen anschaulich illustriert, ist die Oscar-Verleihung 2009. Der Oscar für die weibliche Hauptrolle ging an Kate Winslet. In ihrer Dankesrede sagte sie, dass sie diese Rede bereits in ihrer Kindheit einstudiert habe – in der Badewanne mit einer Shampoo-Flasche als Oscar in der Hand. Dieses Ziel hatte offenbar eine so große Anziehungskraft auf Kate Winslet, dass sie ihr Handeln daran ausgerichtet und als Folge später den Oscar tatsächlich gewonnen hat. Dieses Prinzip funktioniert auch im Führungsalltag. Wählen Sie dafür das erste Ziel auf Ihrer Prioritätenliste aus und stellen Sie sich vor, dass Sie es schon erreicht hätten, beispielsweise wie Sie ein kritisches Mitarbeitergespräch erfolgreich führen. Wenn man Sie im Zielzustand mit einer Videokamera begleiten würde, was wäre auf der Aufnahme zu sehen und zu hören? Wenn Sie sich diesen Zustand möglichst bildhaft und mit vielen Details vorstellen, wird er greifbar und liefert vielleicht sogar schon erste Ideen, was Sie konkret tun können, um Ihr Ziel zu erreichen.
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
Aktionsfragen f Wo halten Sie sich auf, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben? f Welche Personen sind anwesend? f Wie ist die Stimmung? f Was sagen Sie? Was Ihre Mitarbeiter oder andere anwesende Personen? f Was tun Sie? Was Ihre Mitarbeiter? f Wie fühlt sich das für Sie an? f Was fällt Ihnen/Ihren Mitarbeitern in der neuen Situation leichter?
Schritt 3: Veränderungen in den Alltag integrieren Wenn Sie Ihr erstes Ziel auf diese Weise in Ihren Gedanken „zum Leben erweckt“ haben, ist der nächste Schritt, es aus Ihrer Vorstellung in den Alltag zu überführen.
Vergangene Erfolge nutzen Bevor ich mit meinen Klienten neue Vorgehensweisen erarbeite, wie sie ihr Ziel erreichen können, lege ich den Fokus zunächst auf Situationen, in denen der Klient seiner Zielvorstellung bisher am nächsten gekommen ist und darauf, wie er das bewerkstelligt hat. Das Prinzip dahinter ist verblüffend einfach und wirkungsvoll: Was einmal gut funktioniert hat, wird sicher auch weitere Male klappen. In aller Regel fangen meine Klienten dann nicht mehr bei null an, sondern stellen fest, dass sie schon über einige gute Erfahrungen verfügen, an die sie nur anknüpfen müssen. Sie lernen am eigenen Beispiel von sich selbst. Durch die Bewusstmachung vergangener Erfolge wird Ihnen der Weg zum Ziel zudem ungleich kürzer vorkommen. Diese Erfahrung haben viele meiner Klienten gemacht. Beispielhaft stelle ich Ihnen das Anliegen
Schritt 3: Veränderungen in den Alltag integrieren
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eines Klienten vor, der in größeren Runden aktiver auftreten und seine Führungsrolle in größerem Maße wahrnehmen wollte. Da mir auf den ersten Blick nichts auffiel, was ihn an seinem Ziel hindern könnte, haben wir zunächst nach Erfolgen in Bezug auf sein Auftreten in größeren Gruppen geforscht. Während er seinen Ausgangszustand zu Beginn der Übung mit einer 3-4 auf einer 10er-Skala bewertete, revidierte er seine Meinung nach Abschluss der Sequenz, in der wir eine ganze Anzahl von Erfolgssituationen identifiziert hatten, auf 6-7. Das war verblüffend, denn ganz offensichtlich hatte das Problem in der Wahrnehmung meines Klienten die Überhand gewonnen und mein Klient war sich gar nicht mehr bewusst, dass er seinem Ziel in vielen Situationen schon recht nahegekommen war, und dass er vor allem über viele Vorgehensweisen verfügte, die sich bewährt hatten. Dazu gehörte beispielsweise der „Trick“, in den ersten drei Minuten der Diskussion einen Beitrag zu leisten. Fallen Ihnen mithilfe der folgenden Fragen auch schon einige Situationen ein, in denen Sie Ihr Ziel schon (fast) erreicht haben? Aktionsfragen f Welche Situationen gab es bisher, in denen Sie Ihr Ziel schon erreicht haben? Was genau haben Sie getan, um das zu erreichen? Was haben Sie nicht getan? f In welcher Situation sind Sie Ihrem Ziel bisher am nächsten gekommen (selbst wenn Sie vielleicht noch nicht 100prozentig mit dem Ergebnis zufrieden waren)? Was war anders als in den weniger gelungenen Situationen? f Welche Verhaltensweisen haben Sie genutzt, um Ihr Ziel (fast) zu erreichen?
Kleine Schritte Immer wieder stelle ich fest, dass Klienten ihr Ziel möglichst schnell erreichen wollen und deshalb Veränderungen gern in großen Schritten angehen wollen. Das ist auf den ersten Blick verständlich, doch auf den
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
zweiten Blick nur vermeintlich auch der wirklich schnellere Weg. Denn gerade durch eine überzogene Erwartungshaltung geraten Veränderungsprozesse leicht ins Stocken, wie das folgende Bespiel zeigt: Stellen Sie sich vor, Sie melden sich in einem Fitnessstudio an und beginnen das erste Training mit einem einstündigen Sprint auf dem Laufband und 100 kg-Gewichten an den Geräten, danach nehmen Sie noch an einem Spin-Bike-Kurs teil. Spätestens nach Ihrem ersten Besuch werden Sie keinen großen Gefallen mehr an Ihrem Training finden. Deshalb ist es mir wichtig, mit meinen Klienten gemeinsam zu überlegen, welche Schritte im Alltag wirklich machbar sind. Meistens sind das eher kleine Schritte. Und das ist gut so, denn die (vielen) kleinen Schritte sind – so Albert Schweitzer – deutlich wichtiger als die (wenigen) großen. So gehen meine Klienten häufig „nur“ mit ein oder zwei konkreten Lösungsansätzen aus dem Gespräch, die sie dann aber auch gezielt umsetzen. Das kann der Vorsatz sein, ein unangenehmes Gespräch zu führen oder ein Meeting effizienter zu gestalten, genauso wie die Beschäftigung mit den Entwicklungsmöglichkeiten eines Mitarbeiters oder der Entschluss, einem Mitarbeiter häufiger Anerkennung für gute Leistung zu zollen. Einer meiner Klienten hat nach einem Coaching beispielsweise zwei Dinge verändert: Er hat sich zum einen bemüht, in Gesprächen zunächst durch Fragen die Sichtweise seines Mitarbeiters besser zu verstehen, anstatt wie gewohnt seine eigene Meinung darzustellen. Darüber hinaus hat er seinem Mitarbeiter mehr Zeit gegeben, sich seine Meinung zu bilden, und hat – wenn dies möglich war – nicht mehr auf eine sofortige Entscheidung gedrängt. Beides fiel ihm leicht und hatte zur Folge, dass sich das Verhältnis zu dem betreffenden Mitarbeiter spürbar entspannte. Eine Vielzahl weiterer Anregungen für kleine Veränderungen finden Sie in Teil II dieses Buches. Erst wenn Sie die ersten Veränderungen erfolgreich im Alltag etabliert haben, diese zur Routine geworden sind und sich deren Wirkung eingestellt hat, ist es an der Zeit, die nächsten Schritte zu gehen. Auf diese Weise sorgen Sie immer wieder selbst dafür, dass Sie Erfolg haben und auch Ihr nächstes Erfolgserlebnis schon wieder in Reichweite liegt. Auf diese Weise werden möglichst viele Schritte auf Ihrem Veränderungsweg zu Erfolgen.
Schritt 3: Veränderungen in den Alltag integrieren
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Aktionsfrage Welche erste Veränderung werden Sie in Bezug auf Ihr Ziel noch heute in die Tat umsetzen?
Mentale Marker Ein weiterer Aspekt der erfolgreichen Umsetzung eines Ziels ist die Frage, wie dieses im turbulenten Alltag, in dem man ja doch in erster Linie an das eigentliche Geschäft denkt, dauerhaft präsent sein kann. Ein sehr wirkungsvoller Weg, diese Präsenz zu erreichen, sind so genannte mentale Marker, die das Ziel symbolisch repräsentieren. Um einen solchen Marker zu entwickeln, können Sie recht kreativ vorgehen, indem Sie sich fragen, welches Symbol Sie am besten an Ihr Ziel erinnern würde. Die Schnecke, die Sie in Abbildung 1.4 sehen, hat sich eine Klientin als Symbol ausgesucht (und eine junge Künstlerin für sie geknetet), um sie daran zu erinnern, ihr Tempo ein wenig zu drosseln und wieder dichter an ihren Mitarbeitern zu sein. Diese Schnecke hat einen festen Platz in der Schreibtischschublade der Klientin erhalten und sie so bei jedem Öffnen erfolgreich und mit einem Schmunzeln an ihren Vorsatz erinnert, nicht mehr ganz so forciert durch den Alltag zu preschen. Umgekehrt hat sich ein Klient, der etwas umschweifig war und Aufgaben eher umständlich anging, einen „Speedy Gonzalez“ aus dem Internet heruntergeladen und ausgedruckt. Neben Objekten wie Schnecken und Mäusen oder auch Stoppschildern, Smileys, Fotos vom Urlaub und Humorflaschen (siehe auch Kapitel 2, Umgang/Humor), erfüllen auch regelmäßige Einträge im elektronischen Kalender oder im Startfenster Ihres Mobiltelefons ihren Zweck. So kann beispielsweise die Frage „Heute schon gelobt?“, die als fester Termin um die Mittagszeit aktiviert wird, Ihren Fokus mit minimalem Aufwand wieder auf Ihr Ziel richten. Diejenigen von Ihnen, die eine kreative Ader haben, können das gewünschte Ziel auch malen oder als Collage aus Zeitschriftenausrissen zusammenstellen – solche Bilder haben eine ganz erstaunliche Kraft und erweisen sich als überaus treffsicher, wenn man sie nach einem erfolgreichen Veränderungsprozess noch einmal betrachtet. Sie sehen, es gibt eine ganze Reihe von Möglichkei-
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
ten, sich im Alltag an das zu erreichende Ziel zu erinnern – und das mit geringem Aufwand und oft sogar ein wenig Spaß.
Abbildung 1.4: Schnecke als mentaler Marker Aktionsfrage Welches Symbol oder Bild wäre gut geeignet, Ihr Ziel zu visualisieren?
Üben, üben, üben Als sehr hilfreich hat sich in Veränderungsprozessen die Erwartungshaltung erwiesen, dass Veränderungen nicht linear verlaufen, sondern dass durchaus auch „nicht-perfekte“ Situationen auftreten können. Nach den sprichwörtlichen zwei Schritten vorwärts kann es auch einmal einen kleinen Schritt zurück geben, indem sich alte Verhaltensweisen wieder
Schritt 3: Veränderungen in den Alltag integrieren
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zeigen (siehe Abb. 1.5). Eine Klientin hatte sich beispielsweise vorgenommen, in Gesprächen mit ihren Mitarbeitern weniger über Negatives zu sprechen, sondern vielmehr darüber, wie eine Lösung herbeizuführen sei. Erst nach einigen Wochen kontinuierlicher Übung hat sie festgestellt, dass die neue Verhaltensweise zur Routine geworden war. Bis dahin hatte sie immer wieder einmal selbstkritisch bemerkt, dass sie, gerade wenn es hoch herging, wieder in ihr altes „Nörgel-Schema“, wie sie es nannte, verfallen war. Es ist also wichtig, sich von kleineren Rückfällen nicht entmutigen zu lassen, weiter zu üben und am Ball zu bleiben. Gerade weil die Aufmerksamkeit sehr auf das aktuelle Ziel gerichtet ist, können Ihnen weniger gelungene Situationen sogar häufiger auffallen als vorher, obwohl sie objektiv seltener vorkommen. Das Bemerken von Rückfällen ist also immer auch ein Zeichen dafür, dass sich etwas bewegt und dass es vorangeht.
Tatsächlicher Verlauf
Idealtypischer Verlauf
Abbildung 1.5: Verlauf von Veränderungsprozessen Sollte eine Situation aber tatsächlich einmal missglücken, ist vehemente Selbstkritik („Das schaffst Du nie, hab ich ja gleich gesagt!“) nicht sehr zielführend. Im Gegenteil: Freuen Sie sich, dass Ihnen alte Muster jetzt
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
auffallen, und nutzen Sie die Situation dazu, sich im Nachhinein zu überlegen, wie Sie diese konstruktiver hätten gestalten können. Analog der Vorgehensweise bei einer Filmproduktion nenne ich diese Technik Postproduction. Sie gibt Ihnen die Freiheit, Situationen nachträglich umzuschreiben und Ihre Fähigkeiten für die Lösungsfindung in einer ruhigen Minute einzusetzen: Was würden Sie jetzt an welchem Punkt der Situation anders machen? Und wie hätte sich die Situation dann anders gestaltet? Auf diese Weise profitieren Sie, indem Sie die Erfahrung machen, dass Sie dazu in der Lage sind, die Situation besser zu gestalten. Zudem sind Sie mit diesem mentalen Erfolg im Hinterkopf auf mögliche weitere schwierige Situationen noch besser vorbereitet und Sie werden die passenden Verhaltensweisen zukünftig auch unter Druck schneller zur Hand haben. Richtig genutzt stellen vermeintliche Fehler also eine prima Lernchance dar.
Schritt 4: Erfolge anerkennen Erfolg ist letztlich der wirksamste Motor eines Veränderungsprozesses. Erfolge erleichtern den Alltag, machen stolz auf Erreichtes und motivieren, mit der Arbeit an Veränderungen weiterzumachen. All das sind gute Gründe, die eigenen Erfolge im Veränderungsprozess genau zu beobachten.
Erfolgsjournal Eine Intervention, die ich in vielen Coachings nutze, ist das Erfolgsjournal. Es dient dazu, sich die erzielten Erfolge täglich zu vergegenwärtigen und schriftlich festzuhalten, beispielsweise mit der Frage: „In welchen Situationen bin ich heute meinem Ziel nähergekommen, die Arbeit meiner Mitarbeiter in größerem Maß anzuerkennen?“ Das ist mit ein wenig Übung schnell erledigt und sorgt für die notwendige Motivation, Ihren Veränderungsprozess weiter voranzutreiben. Gerade wenn meine Klienten ihre Erfolge die ersten Male aufschreiben, berichten viele davon, dass es ihnen nicht leichtgefallen sei, ihre Erfolge
Schritt 4: Erfolge anerkennen
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überhaupt ausfindig zu machen und sich eben gerade nicht darauf zu konzentrieren, was nicht so gut gelaufen ist. Besonders eindrücklich ist mir die Reaktion eines erfolgreichen jungen Klienten im Gedächtnis. Ihm hatte ich in einem unserer Gespräche die Aufgabe mitgegeben, täglich 20 Situationen aufzuschreiben, die erfolgreich verlaufen waren. Noch bevor er bei unserem nächsten Treffen richtig Platz genommen hatte, echauffierte er sich: Was ich mir wohl dabei gedacht hätte, ihm eine solche Aufgabe zu stellen; das sei ja schlichtweg unmöglich! Da unser Termin gegen Abend stattfand, bot sich die Gelegenheit, die Übung für den aktuellen Tag zusammen durchzuführen. Das erfreuliche Ergebnis war, dass nach einer knappen halben Stunde des Gesprächs in der Tat eine deutlich zweistellige Anzahl von Erfolgssituationen auf dem Flipchart stand. Um sich im Erkennen von Erfolgen ein wenig zu üben, beantworten Sie die folgenden Fragen doch einfach einmal für den aktuellen Tag. Ich bin mir sicher, dass Sie schnell spüren werden, welche Wirkung sich erzielen lässt, wenn Sie den Fokus ganz bewusst nur auf positive Erfahrungen lenken. In Bezug auf Ihr Veränderungsziel wird Ihnen das Erfolgsjournal dann umso leichterfallen. Aktionsfragen f Welche (großen oder kleinen) Aufgaben haben Sie heute erfolgreich abgeschlossen? f Auf die Erledigung welcher Aufgabe sind Sie stolz? f In welchen Situationen konnten Sie heute Ihre Fähigkeiten einsetzen? f Welche Ihrer Gespräche (telefonisch, persönlich) verliefen erfreulich? f Wofür haben Sie heute ein gutes Feedback bekommen? f Welche Aufgaben haben Sie heute erfolgreich begonnen (mit denen Sie schon lange begonnen haben wollten)? f Wo haben Sie heute etwas Neues gelernt? f Gab es ein Ereignis, das Sie positiv überrascht hat?
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
f Konnten Sie heute jemandem helfen? f Hatten Sie heute eine gute Idee? f Haben Sie heute mit jemandem gemeinsam gelacht? f Worüber haben Sie sich heute gefreut? f Welches waren diejenigen Situationen, in denen Sie sich gut gefühlt haben? Warum? Ergänzen können Sie Ihr Erfolgsjournal mit der Frage, welche Fähigkeiten Sie in den einzelnen Situationen eingesetzt haben (siehe auch Kapitel 3, Stärken erkennen). Ebenso können Sie Situationen aufschreiben, in denen Sie noch besser werden wollen. Achten Sie aber bitte darauf, dass Sie den Fokus darauf legen, was und wie sich etwas verbessern soll und nicht darauf, was schlecht gelaufen ist. So ist es für die Zielerreichung deutlich dienlicher, wenn Sie statt „Das Mitarbeitergespräch mit Herrn Schmitt ist mir heute überhaupt nicht gelungen“, z. B. den folgenden Satz aufschreiben: „Bei meinem nächsten Mitarbeitergespräch mit Herrn Schmitt werde ich mich noch besser vorbereiten und ihm mehr Zeit lassen, auf meine Fragen einzugehen.“ Und natürlich sollte die Anzahl der eindeutigen Erfolge die der Verbesserungsansätze überwiegen.
Meilenstein-Gespräche In längeren Abständen, beispielsweise nach zwei oder drei Monaten, können Sie sich Ihre Erfolge darüber hinaus bewusst machen, indem Sie Ihre Entwicklung in Meilensteingesprächen reflektieren. So können sich beispielsweise den Status quo zu Beginn Ihrer Veränderungsarbeit ins Gedächtnis rufen und sich (mithilfe Ihres Erfolgsjournals) die einzelnen Schritte vergegenwärtigen, mit denen Sie Ihrem Ziel nähergekommen sind. Im Coaching mache ich das oft, indem ich mit Kreppband eine Zeitlinie auf den Boden klebe und meine Klienten bitte, diese abzuschreiten, während sie mir von den Erfolgen berichten. Weil diese Übung die Aufmerksamkeit auf Erfolge fokussiert, ist sie ein ausgesprochen effektiver Motor für Veränderungsprozesse. Alternativ können Sie Ihren Veränderungspfad als „Fieberkurve“ visualisieren und sich überlegen, wie Sie zu den markanten Punkten gelangt sind (siehe Abb. 1.6).
Schritt 4: Erfolge anerkennen
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FeedbackGespräch Meeting mit Mitarbeiter
morgens
Teammeeting
abends
Abbildung 1.6: Erfolgskurve
Materielle Belohnung Auch mit materiellen Belohnungen können Sie Ihre Veränderungsarbeit und das Erreichen von Zielen anerkennen. Belohnen Sie sich beispielsweise mit einer Aktivität, an der Sie Freude haben und der Sie schon lange nicht mehr nachgegangen sind. Das müssen nicht unbedingt die Dinge sein, die einem wahrscheinlich zuerst einfallen, wie beispielsweise ein festliches Menü in einem guten Restaurant oder ein Wellness-Tag in einem Day-Spa. Oft höre ich von Führungskräften, dass sie – als Ausgleich zu einem durchgetakteten Alltag – vielmehr wieder einmal einfache Aktivitäten schätzen: einen Abend mit dem Partner zu Hause verbringen (inklusive gemeinsamem Kochen oder Pizzaservice und einem guten Spielfilm), sich einen Tag Zeit nehmen für Sport oder ein vernachlässigtes Hobby, mal wieder in Ruhe ein gutes Buch lesen oder einen Extra-Nachmittag unter der Woche mit den Kindern erleben. Aktionsfrage An welcher Aktivität hätten Sie wieder einmal Freude?
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
Fazit Angefangen mit dem Sammeln von Aktionsfeldern über das Formatieren Ihrer Ziele bis hin zu deren Umsetzung im Alltag und der Anerkennung von Erfolgen steht Ihnen eine erprobte Methode zur Verfügung, wie Sie Veränderungen möglichst einfach, wirkungsvoll und nachhaltig in Ihren Alltag integrieren können. Nachfolgend noch einmal die wichtigsten Punkte in der Zusammenfassung: f Veränderungsarbeit kann und soll möglichst leichtfallen und darf Spaß machen. f Schreiben Sie zunächst alle Themen auf, an deren Veränderung Sie Interesse haben. So nehmen diese in Ihren Gedanken keinen Raum mehr ein. f Machen Sie sich die Vorteile Ihrer geplanten Veränderung bewusst. f Rechnen Sie mit einem gewissen Mehraufwand, bis sich Ihre Veränderungen auszahlen. f Malen Sie sich Ihren Zielzustand in Gedanken möglichst lebhaft aus. f Wählen Sie ein oder zwei Ziele aus, auf die Sie sich zunächst fokussieren, und widerstehen Sie der Versuchung, an vielen Themen gleichzeitig zu arbeiten. f Gestalten Sie die einzelnen Schritte so, dass sie auch erreichbar sind. Machen Sie lieber zwei kleine als einen großen Schritt. f Erinnern Sie sich durch mentale Marker im Alltag immer wieder an Ihre Ziele. f Rechnen Sie neben Erfolgen auch immer wieder mit kleineren Rückschritten. Bleiben Sie trotzdem am Ball. f Nutzen Sie weniger gelungene Situationen dazu, diese in Gedanken nachträglich zu optimieren. f Beobachten Sie Ihren Fortschritt und erkennen Sie Erfolge an, beispielsweise durch das Führen eines Erfolgsjournals oder durch Meilenstein-Gespräche. f Belohnen Sie sich für geleistete Veränderungsarbeit ebenso wie für Erfolge.
Extra: Veränderung mentaler Skripte Der Glaube versetzt Berge, sagt der Volksmund. Dass an diesem Sprichwort eine Menge Wahres ist, belegen zahlreiche wissenschaftliche Expe-
Extra: Veränderung mentaler Skripte
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rimente (siehe auch Kapitel 2, Ergebnisse). Sicher haben Sie schon einmal vom Placebo-Effekt gehört, der beschreibt, wie wirkstofffreie Substanzen durch Gedankenkraft zu wirksamer Medizin werden. Auch Schüler, die Pädagogen in kontrollierten Studien als besonders talentiert und intelligent avisiert werden, schneiden in deren Beurteilung deutlich besser ab als Schüler desselben Leistungsniveaus, deren Leistung aber a priori nur als durchschnittlich bewertet wurde. Diese Erkenntnis bezeichnet man als Pygmalion-Effekt. Es konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass die Erwartung eines Lehrers bezüglich der Leistung bestimmter Schüler wiederum die tatsächliche Leistung beeinflusst. In unseren Gedanken liegt also eine starke Kraft, die Realität zu verändern. Diese Kraft können Sie sich auch in Veränderungsprozessen zunutze machen. Im Coaching nutze ich dafür die Arbeit mit „mentalen Skripten“. Mentale Skripte filtern und interpretieren unsere Wahrnehmungen. Ähnlich wie in einem Drehbuch entscheiden diese Skripte darüber, welche Gedanken in bestimmten Situationen aktiviert werden und welche Reaktionen sie auslösen. Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels aus dem Alltag illustrieren. Die Situation: Ein Gast sitzt im Restaurant und seine Suppe ist gerade lauwarm aufgetragen worden. Jetzt hat er mehrere Möglichkeiten zu reagieren, die sich je nach dem aktuellen Skript unterscheiden werden. Beispielsweise könnte er denken: „Als Gast erwarte ich für gutes Geld eine gute Leistung.“ Dann wird seine Reaktion wahrscheinlich darin bestehen, die Bedienung zu rufen und die Suppe zurückgehen zu lassen (siehe Abb. 1.7).
Abbildung 1.7: Mentales Skript I (funktional)
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
Je nach Persönlichkeit und Tagesform könnte sich aber auch das folgende Skript eingeschlichen haben: „Ich will niemandem zur Last fallen, auch nicht der Bedienung.“ Die Folge: Der Gast wird die Suppe nolens volens auslöffeln (siehe Abb. 1.8).
Abbildung 1.8: Mentales Skript II (dysfunktional) Sie sehen – je nach Art der Gedankenführung gestaltet sich der Restaurantbesuch erfreulich oder eben weniger erfreulich. Mentale Skripte unterscheide ich deshalb auch in funktionale Skripte („Als Gast erwarte ich für gutes Geld eine gute Leistung.“), die das Leben erleichtern, und dysfunktionale Skripte („Ich will niemandem zur Last fallen, auch nicht der Bedienung.“), die den Alltag eher erschweren und eine Person daran hindern, ihre Ziele zu erreichen. Mit einer bestimmten Art von mentalen Skripten erlebt man wahrscheinlich eher einen erfreulichen Tag, mit anderen könnte es nicht ganz so freudvoll zugehen. Die Crux mentaler Skripte ist allerdings folgende: Sie werden meist unbewusst abgespult und entziehen sich zunächst einmal unserer Aufmerksamkeit. Im Alltag springen wir meistens direkt von der Ausgangssituation (lauwarme Suppe) zur Reaktion (Reklamation oder Akzeptanz), wie Abbildung 1.9 zeigt. Doch obwohl das mentale Skript im ersten Moment nicht sichtbar ist, entfaltet es natürlich trotzdem seine Wirkung, die je nach Person und Situation ganz unterschiedlich ist.
Extra: Veränderung mentaler Skripte
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Abbildung 1.9: Unbewusstes mentales Skript Im Coaching nutze ich das folgende Format, um mentale Skripte zu erkennen und zu verändern. Schritt 1: Mentale Skripte identifizieren X Schritt 2: Bestehende Skripte akzeptieren X Schritt 3: Dysfunktionale Skripte hinterfragen X Schritt 4: Neue Skripte erarbeiten und implementieren X
Schritt 1: Mentale Skripte identifizieren In der Arbeit mit mentalen Skripten ist es zunächst wichtig, diese zu identifizieren, indem der kurze Zeitraum zwischen Ausgangssituation und Reaktion möglichst bewusst erlebt wird und die entsprechenden Gedanken bewusst gemacht werden. Die folgende Übung zur Identifikation mentaler Skripte habe ich einmal in einem Gruppencoaching durchgeführt. Dazu habe ich die Teilnehmer gebeten, ihre spontanen Gedanken und wahrscheinlichen Reaktionen auf die folgenden Situationen im Büroalltag aufzuschreiben. Um Praxiserfahrung im Erkennen mentaler Skripte zu bekommen, können Sie diese Übung selbst durchführen. Welches sind Ihre spontanen Gedanken und wahrscheinliche Reaktionen auf diese Situationen? Der wichtigste Schritt bei dieser Übung ist die Trennung von Gedanken und tatsächlicher Reaktion. Somit wird der normalerweise wirksame Automatismus unterbrochen, der uns ohne groß nachzudenken von der Situation direkt zur Reaktion springen lässt. Darüber hinaus können Sie die Übung noch erweitern: Dazu können Sie sich selbst alternative mentale Skripte zu Ihrem spontanen Skript überlegen. Wenn Ihr spontanes Skript in Situation 1 beispielsweise lautet:
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
„Hoffentlich habe ich nichts falsch gemacht“, könnte die Alternative lauten: „In diesem Ton lasse ich nicht mit mir reden.“ Aktionsfrage Welches sind Ihre spontanen Gedanken und wahrscheinlichen Reaktionen auf die nachfolgenden Situationen? Situation 1 – Beispiel – Ein Kollege bittet in ungehaltenem Ton auf Ihrem Anrufbeantworter um Rückruf. Ihr spontaner Gedanke (mentales Skript): Ich erwarte einen höflichen Umgangston. Ihre wahrscheinliche Reaktion: Ich spreche den Kollegen auf seinen unpassenden Ton an.
Situation 2 – Ein wichtiges Meeting beginnt in Kürze und Sie bemerken, dass Sie eine wichtige Vorbereitung nicht erledigt haben. Ihr spontaner Gedanke (mentales Skript): __________________________________________________ Ihre wahrscheinliche Reaktion: __________________________________________________
Situation 3 – Sie erhalten von einem Kollegen eine Beschwerde-E-Mail, die cc an Ihren Chef gegangen ist. Ihr spontaner Gedanke (mentales Skript): __________________________________________________
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Ihre wahrscheinliche Reaktion: __________________________________________________
Situation 4 – Sie stehen kurz vor einem Kündigungsgespräch mit einem Ihrer Mitarbeiter. Ihr spontaner Gedanke (mentales Skript): __________________________________________________ Ihre wahrscheinliche Reaktion: __________________________________________________
Situation 5 – Sie wollen pünktlich gehen; Ihr Chef gibt Ihnen aber in letzter Minute eine dringende Aufgabe. Ihr spontaner Gedanke (mentales Skript): __________________________________________________ Ihre wahrscheinliche Reaktion: __________________________________________________
Situation 6 – Einer Ihrer Mitarbeiter geht mit einem Anliegen direkt zu Ihrem Chef. Ihr spontaner Gedanke (mentales Skript): __________________________________________________
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Ihre wahrscheinliche Reaktion: __________________________________________________
Situation 7 – In einer Minute beginnt das Gespräch, in dem Sie mit Ihrem Chef über Ihre Gehaltserhöhung verhandeln. Ihr spontaner Gedanke (mentales Skript): __________________________________________________ Ihre wahrscheinliche Reaktion: __________________________________________________
Situation 8 – Sie haben eine ganze Reihe ungeliebter Aufgaben auf Ihrer heutigen To-do-Liste. Ihr spontaner Gedanke (mentales Skript): __________________________________________________ Ihre wahrscheinliche Reaktion: __________________________________________________ Das interessante Ergebnis dieses Experiments: Unter den sechs Teilnehmern, alles Führungskräfte mit zwei bis drei Jahren Führungserfahrung, gab es kaum eine genaue Übereinstimmung der Gedanken und Reaktionen; teilweise gab es allerdings bis zu sechs unterschiedliche (gedankliche) Reaktionen auf ein und dieselbe Situation. Das zeigt noch einmal ganz deutlich, dass die Situation an sich einen eher geringen Einfluss auf die resultierenden Gedanken und Handlungen hat. Vielmehr liegt die Reaktion des Einzelnen zum größeren Teil in dessen individuellen Gedankenmustern begründet.
Extra: Veränderung mentaler Skripte
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Oft ist es im ersten Moment nicht so leicht möglich, ein mentales Skript zweifelsfrei zu identifizieren. Das hat zwei Gründe: Einerseits ist es für die meisten Menschen ungewohnt, nach diesen Skripten überhaupt zu suchen. Und dann ist es meistens nicht nur ein Skript, das uns etwas einflüstern will, sondern oft sind es zwei oder drei unterschiedlich starke und zum Teil auch sich widersprechende Skripte. Um noch einmal auf die Suppe zurückzukommen: Ein Skript könnte beispielsweise lauten: „Mach nicht so viel Aufhebens.“ Ein weiteres: „Für das Geld kann ich wohl eine heiße Suppe erwarten.“ Und wieder ein weiteres: „Die Mittagspause ist kurz, lass gut sein.“ Ein Bild, mit dem ich beim Identifizieren mentaler Skripte deshalb gern arbeite, ist das von einem ungenau eingestellten Radiosender: Zunächst einmal hört man nur Rauschen und sich überlappende Signale, erst mit der Zeit, wenn man genau hinhört, sind einzelne Sender zu identifizieren, also beispielsweise eine Melange aus Deutschland- und Klassikradio mit einer Beimischung aus Radio Luxemburg. Wenn Sie ein wenig Übung im Hinhören bekommen haben und Ihre Aufmerksamkeit in unterschiedlichen Situationen immer wieder offen auf Ihre jeweiligen Gedanken lenken, können Sie Ihre persönlichen Skripte mit der Zeit immer besser identifizieren. Dabei erlebe ich es oft als hilfreich, den Skripten einen passenden Namen zu geben und sich diese sogar physisch vorzustellen. So bekommen sie eine eigene Gestalt und es lässt sich besser mit ihnen umgehen. In obigem Beispiel könnten das die folgenden Namen sein: Bescheidener Bert, Anton Anspruch und Pragmatische Paula. Aktionsfrage Welche mentalen Skripte tauchen in Ihrem Alltag immer wieder auf und beeinflussen Ihr Handeln? 1. _______________________________________________ 2. _______________________________________________ 3. _______________________________________________
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
Schritt 2: Bestehende Skripte akzeptieren Haben Sie Ihre wesentlichen Skripte identifiziert, geht es im nächsten Schritt darum, sie besser kennenzulernen und den Funktionsmechanismus dahinter zu verstehen. Dabei ist es wichtig, dysfunktionale Skripte nicht zu „verdammen“, sondern deren bisherige Nützlichkeit bzw. positive Zielsetzung anzuerkennen. Skripte entstehen im Laufe der (beruflichen) Sozialisation immer aus gutem Grund und meistens mit guter Absicht. Beispielsweise sollen sie uns, wie in dem Beispiel mit der Suppe, vor Konflikten schützen. Meine Empfehlung ist deshalb, mit den Skripten zunächst verständnisvoll umzugehen und deren ursprüngliches Ziel herauszufinden und anzuerkennen. Aktionsfragen f Welche positive Absicht könnte sich hinter einem als dysfunktional identifizierten Skript verstecken? f In welchen Situationen hat Ihnen ein dysfunktional gewordenes Skript schon einmal geholfen? Wovor hat es Sie bewahrt?
Schritt 3: Dysfunktionale Skripte hinterfragen Erst im nächsten Schritt beginnen Sie damit, die Sinnhaftigkeit Ihres alten Skripts zu hinterfragen. Erfüllt es heute noch seinen Zweck? Hilft es Ihnen dabei, Ihren Alltag erfolgreich zu gestalten? Auf diese Weise kann die Erkenntnis wachsen, dass es, um noch einmal auf das Beispiel mit der Suppe zurückzukommen, für einen erwachsenen Menschen natürlich keinen bedrohlichen Konflikt darstellt, die Suppe zurückgehen zu lassen. Allenfalls eine kurze Unannehmlichkeit, die aber einen ungleich größeren Nutzen parat hält. Schritt für Schritt wächst so die Überzeugung, dass die Nützlichkeit des alten Skripts aktuell nicht mehr gegeben ist, das Skript also dysfunktional geworden ist. Es besteht Bedarf für Ersatz.
Extra: Veränderung mentaler Skripte
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Aktionsfragen f Erfüllt Ihr Skript unter den aktuellen Umständen noch seine ursprüngliche Absicht? f Können erwartete negative Folgen tatsächlich eintreffen?
Schritt 4: Neue Skripte erarbeiten und implementieren Wenn ein altes, dysfunktionales Skript auf diese Weise bearbeitet wurde, fällt es in der Regel recht leicht, ein neues Skript zu entwickeln, das den aktuellen Gegebenheiten besser Rechnung trägt. In unserem Beispiel habe ich Ihnen schon ein mögliches, funktionales Skript vorgestellt: „Als Gast erwarte ich für gutes Geld eine gute Leistung.“ Passend wäre noch der Zusatz: „Und ich bin bereit, mich dafür zu engagieren, wenn das nicht so ist.“ Wenn der Gast jetzt das nächste Mal ins Restaurant geht, wird es ihm schon deutlich leichterfallen, die Suppe zurückgehen zu lassen, als mit dem alten, dysfunktionalen Skript. Stellt sich nur noch die Frage, was Sie mit Letzterem anfangen? Eine gute Möglichkeit ist es beispielsweise, das alte Skript weit weg in einen Langzeiturlaub zu schicken, oder auch in Rente. Alternativ ist auch ein herausgehobener Platz in einer Vitrine denkbar, mit einem repräsentativen Messingschild versehen. So können Sie bei Bedarf noch einmal daran vorbeigehen und der Zeiten gedenken, in denen das Skript noch Ihr täglicher Begleiter war. Bezüglich der Integration des neuen Skripts in Ihren Alltag verweise ich auf den Abschnitt der mentalen Marker weiter vorne in diesem Kapitel. Auf diese Weise wird es Ihnen ein Leichtes sein, sich Ihre neuen Gedankenmuster auch in anspruchsvollen Situationen ins Gedächtnis zu rufen. Um Ihnen abschließend ein noch besseres Gefühl dafür zu geben, wie die Arbeit mit mentalen Skripten im Berufsumfeld aussehen kann, stelle ich Ihnen nachfolgend noch zwei Beispiele aus meiner Coaching-Praxis vor. Im ersten Bespiel (siehe Abb. 1.10) hatte eine Abteilungsleiterin festgestellt, dass sie Besprechungen nicht so effizient geleitet hat, wie sie es gern getan hätte. Neben einer Reihe praktischer Veränderungen haben
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Kapitel 1 – Veränderungen leicht gemacht
wir uns auch ihre mentalen Skripte angeschaut. Dabei kam heraus, dass sie sich sorgte, auch alle Teilnehmer „ins Boot zu holen“. Dies führte dazu, dass sie viele Fragen stellte, Diskussionen oft lange dauerten und mit keinem konkreten Ergebnis endeten. Im Laufe unserer Arbeit hat sie erkannt, dass ihr das Ursprungsanliegen nach wie vor wichtig war, dass sie ihre Gedanken aber dahingehend modifiziert hat, vermehrt klare Ansagen zu machen, gerade um alle anzusprechen (siehe auch Kapitel 2, Kommunikation). Zudem hatte sie sich Feedback zu ihrer Besprechungsleitung eingeholt und festgestellt, dass ihre straffe Besprechungsführung gut bei den Mitarbeitern angekommen ist.
Abbildung 1.10: Funktionales und dysfunktionales mentales Skript am Beispiel I Im zweiten Beispiel (siehe Abb. 1.11) geht es um eine Führungskraft, die in Situationen mit hohem Arbeitsanfall, also recht häufig, wiederholt unsicher reagierte. Aufgrund der Analyse mehrerer solcher Situationen haben wir als Skript das folgende erkannt: „Ich muss mich vor meinem Chef rechtfertigen.“ Sie stellte also ihre eigene Kompetenz infrage und das Gefühl hatte Vorrang, nicht Bescheid zu wissen. Das alternative Skript, das wir erarbeitet haben, lautete deshalb: „Mit über zehn Jahren
Extra: Veränderung mentaler Skripte
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Erfahrung weiß ich, was ich tue. Ich kann mich auf meine Erfahrung verlassen.“ Auf diese Weise war die Arbeit zwar nicht weniger geworden, aber ihre Gedanken erlaubten es der Führungskraft, diese Situationen deutlich schneller und effektiver anzugehen. Von Kollegen bekam sie schließlich das Feedback, dass sie kompetenter wirkte und entspannter durch den Berufsalltag ging.
Abbildung 1.11: Funktionales und dysfunktionales mentales Skript am Beispiel II
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Teil II Personalführung und -entwicklung im Alltag
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Extra: Veränderung mentaler Skripte
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
„Führen heißt eine Welt gestalten, der andere gern angehören wollen.“ Daniel F. Pinnow
In welcher Umgebung arbeiten Sie gern, engagieren sich über das notwendige Maß hinaus und wollen eine exzellente Leistung erbringen? Die Antworten auf diese Frage führen zu jenen Faktoren, die eine „Erfolgskultur“ auszeichnen. Und eine ausgeprägte Erfolgskultur ist der Nährboden für die spätere Leistungserbringung, durch sie wird Höchstleistung überhaupt erst ermöglicht. Diesen Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und ökonomischem Erfolg haben die beiden HarvardProfessoren John Kotter und James Heskett eindrucksvoll dargelegt, nachzulesen in Corporate Culture and Performance. Anhand von Langzeitstudien haben die beiden Wissenschaftler nachgewiesen, dass sich relevante Leistungsparameter wie Aktienkurs, Gewinn und Umsatz in den von ihnen als „adaptiv“ bezeichneten Erfolgskulturen langfristig überdurchschnittlich entwickeln. Hingegen lassen diese Parameter in Organisationen, in denen keine Erfolgskultur vorherrscht, zu wünschen übrig. In dieselbe Richtung deuten die Forschungen der beiden Organisationsexperten Robert Cooke und Clayton Lafferty (University of Michigan). Auch in den von ihnen als „konstruktiv“ bezeichneten Unternehmenskulturen heben sich die harten Performance-Indikatoren positiv von den als „defensiv“ bezeichneten, wenig erfolgreichen Kulturen ab: So fallen beispielsweise Umsatzwachstum und Gewinnentwicklung in konstruktiven Kulturen deutlich besser aus. Darüber hinaus haben Robert Cooke und Clayton Lafferty nachgewiesen, dass sich auch „weiche“ Indikatoren wie Mitarbeiterzufriedenheit und Gesundheit in konstrukti-
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
ven Kulturen besser entwickeln als in defensiven Kulturen (lesen Sie dazu auch das Gespräch mit Christian Schuster Kultur zählt). Zusammenfassend geht aus beiden Studien klar hervor, dass die Qualität einer Unternehmenskultur direkte Auswirkungen auf die Leistungsparameter dieser Organisation hat. Allgemein betrachtet sind es die oft unausgesprochenen und zur Selbstverständlichkeit gewordenen Leitlinien und Gepflogenheiten des Alltags, die eine Kultur auszeichnen. Konkret haben sich die folgenden vier Aktionsfelder als wirksame Hebel erwiesen, die eine Führungskraft nutzen kann, um diese Leitlinien und Gepflogenheiten positiv zu beeinflussen: Kommunikation X Umgang X Ergebnisse X Wandel X
Das Ziel dieses Kapitels ist es, Sie dabei zu unterstützen, die Kultur Ihres Bereichs anhand dieser vier Aktionsfelder noch bewusster und erfolgreicher zu gestalten. Die folgenden Fragen können Sie nutzen, um sich auf diese Aufgabe einzustimmen: Aktionsfragen f Welche Rahmenbedingungen unterstützen Sie besonders bei Ihrer Arbeit und motivieren Sie? Welchen Beitrag leistet Ihre Führungskraft dazu? f Welche Rahmenbedingungen demotivieren Sie eher? Welchen Beitrag leistet Ihre Führungskraft dazu? f Wie würden Ihre Mitarbeiter die Kultur (das Miteinander) in Ihrem Verantwortungsbereich beschreiben? f Was würde eine Person, die zum ersten Mal in Ihren Bereich kommt, als Erstes an der Art Ihrer Zusammenarbeit bemerken? f Wenn Sie Ihren Bereich in einer Metapher beschreiben würden, z. B. als Person, Ladengeschäft, Haus oder Film, wie würde diese aussehen? (Zugegeben, das ist eine et-
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was ungewöhnliche Frage, aber lassen Sie Ihren Gedanken einfach freien Lauf und seien Sie gespannt, welche Bilder Ihnen in den Sinn kommen.)
Kommunikation Da wir „nicht nicht kommunizieren können“ (Paul Watzlawick), hat jedes Coaching auch das Thema Kommunikation zum Gegenstand. Kommunikation ist in ihrem Schwierigkeitsgrad sicher keine Quantenphysik, aber meiner Erfahrung nach doch komplexer, als wir das häufig denken – sonst würde es nicht zu so vielen Missverständnissen kommen. Vielleicht ist diese Unterschätzung auch der Grund dafür, dass Kommunikation eine oft vernachlässigte Komponente der Führungsleistung ist. Dieser Feststellung pflichten Führungskräfte allerdings nur ungern bei. Denn nicht wenige unter ihnen nehmen eine gute Kommunikationsfähigkeit ganz selbstverständlich für sich in Anspruch, oft schon deshalb, weil sie sich in ihrer jeweiligen Muttersprache fließend unterhalten können. Doch das ist nur die Basisqualifikation und in einigen Fällen so, als würde sich ein begeisterter Spaziergänger beherzt zu einem Marathonlauf anmelden. Denn mit den Herausforderungen eines Marathonlaufs sind die kommunikativen Anforderungen eines Führungsalltags in ihrer Gesamtheit durchaus vergleichbar. Doch auch dieser kommunikative Langstreckenlauf ist mit ein wenig Technik und regelmäßigem Training durchaus erfolgreich zu bewältigen, das sehe ich in meinen Coachings immer wieder. Und auch auf den einen oder anderen Rhetorik-Sprint kann man sich gut vorbereiten. Wenn Sie denken, dass Sie Ihre Kommunikationsfähigkeit mit einigen Trainingseinheiten noch optimieren können, bietet Ihnen dieses Kapitel dafür vielfältige Anregungen, die sich pragmatisch umsetzen lassen. Die Ansatzpunkte dafür reichen von der Kommunikationsstruktur über die Gesprächsvorbereitung bis hin zur eigentlichen Gesprächsführung. Und der Einsatz lohnt sich, denn eine gelungene Kommunikation erleichtert die übrigen Führungsaufgaben und verspricht umfassende Erfolge.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Kommunikationsstruktur Die Grundlage eines gelungenen Informationsflusses ist eine intakte Kommunikationsstruktur, durch die Informationen reibungslos fließen, ähnlich einer guten Verkehrsinfrastruktur. Zu den wichtigsten Merkmalen einer leistungsfähigen Kommunikationsstruktur gehören in erster Linie regelmäßige, geplante Einzel- und Gruppenbesprechungen mit den eigenen direkten Mitarbeitern. In zweiter Linie kommt die Teilnahme an Besprechungen mit weiteren Mitarbeitern hinzu. In meinen Gesprächen mit Führungskräften war ich jedoch immer wieder überrascht, wie zufällig und wenig strukturiert diese den Informationsaustausch gestalten. Häufig pflegen sie diesen legeren Kommunikationsstil sogar in der Gewissheit, mit einer Politik der „offenen Tür“ und der resultierenden Adhoc-Kommunikation modernes Management zu betreiben, nach dem Motto: „Meine Mitarbeiter können immer zu mir kommen, wenn es etwas zu besprechen gibt.“ Solange die Basis im Kommunikationsfluss stimmt, ist gegen diese Zufallskommunikation nichts einzuwenden. Ganz im Gegenteil, ohne sie geht es auch nicht, und selbstverständlich ist es wichtig, für die eigenen Mitarbeiter sichtbar und ansprechbar zu sein (siehe auch das Gespräch mit Udo Ricke Führung im Rückblick). Aber wenn eine strukturierte und geplante Basis fast vollständig fehlt, ist die Kommunikation zwischen Tür und Angel schlicht zu dürftig, um den gesamten Informations- und Abstimmungsbedarf zwischen Führungskraft und Mitarbeiter zu bewältigen. Denn das ist ungefähr so, als wäre man auf einem Straßennetz ohne Hinweisschilder, Kartenmaterial und Navigationsgerät unterwegs. Die Ankunft wird dann zur Glückssache, denn schnell ist die nächste Auffahrt verpasst oder ein Umweg gefahren. Zeit und Ressourcen würden nutzlos verpuffen. Auch im Unternehmen sind die Folgen einer ausschließlich oder zu großen Teilen zufällig gesteuerten Kommunikation offensichtlich. Führungskräfte sind über viele Vorgänge eher zufällig, wenn überhaupt, informiert: Sie sprechen mit einem unausgewogenen Querschnitt ihrer Mitarbeiter – am wenigsten mit zurückhaltenden, besonders selbstständigen oder viel beschäftigten Mitarbeitern, dafür umso mehr mit kommunikationsfreudigen und eher unselbstständigen Mitarbeitern. Darüber
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hinaus sind Führungskräfte ebenso wie ihre Mitarbeiter im Rahmen der Zufallskommunikation wenig bis gar nicht auf Gespräche vorbereitet. Und sie müssen viele einzelne Vorgänge anstatt weniger Kontaktpunkte im Kopf behalten. Beides führt zu dem häufig von Führungskräften beklagten Manko, dass sie nicht „dicht genug an ihren Mitarbeitern dran seien“ und ihnen der Überblick verloren gehe. Umgekehrt bekomme ich von Klienten, die ihre Kommunikationsstruktur optimiert haben, fast immer Rückmeldungen wie die des Leiters Finanzen eines Pharmakonzerns: „Ich muss den Dingen nicht mehr hinterherlaufen und behalte besser den Überblick, es geht weniger verloren.“ Oder auch wie die Folgende der Marketingleiterin eines Konsumgüterherstellers: „Seitdem wir die neue Struktur umgesetzt haben, ist deutlich mehr Ruhe eingekehrt; früher herrschte oft operative Hektik auf unserem Flur, viele Dinge haben wir in letzter Minute zwischen Tür und Angel besprochen; und unterm Strich habe ich jetzt trotz neuer Meetings mehr Zeit.“ Je weiter sich die Zufallskommunikation durch die Hierarchie fortsetzt, umso stärker ist die Wirkung an der Spitze. So erging es auch einem meiner Klienten, einem Bereichsleiter mit gut 200 Mitarbeitern. Sein ursprüngliches Anliegen war eben seine Sorge, nicht dicht genug an seinen Mitarbeitern dran zu sein. Gleich zu Beginn des Coachings haben wir mit der Analyse seiner Kommunikationsstruktur begonnen. Diese ergab, dass mein Klient zwar mit seinen drei Direct Reports wöchentlich ein geplantes Meeting durchführte, dass Vier-Augen-Gespräche allerdings nur ungeplant stattfanden. Er erläuterte diesen Sachverhalt auf Nachfrage so, dass das Gruppenmeeting ebenso wie Ad-hoc-Gespräche vollkommen ausreichend seien; es gebe auch keine Geheimnisse in seinem Bereich, sodass sich Vier-Augen-Gespräche erübrigen würden. Des Weiteren ergab unsere Analyse, dass auch die Abteilungsleiter nur sporadische Besprechungen mit ihren jeweiligen Direct Reports abhielten und deren Teamleiter sich wiederum an diesem Verhalten ein Beispiel nahmen. Im Laufe des Coachings haben wir die folgenden Veränderungen erarbeitet (siehe Abb. 2.1): X
Neben den wöchentlichen Teambesprechungen finden jetzt auch 14tägliche Einzelbesprechungen mit den Abteilungsleitern statt, um in-
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
dividuelle Anliegen zu besprechen, die nur einzelne Abteilungen oder aber die Person und Ziele des Abteilungsleiters betreffen. X Mit seinen Abteilungsleitern hat mein Klient eine Meetingstruktur erarbeitet, die diese mit ihren Teamleitern nutzen. Bei diesen Meetings ist er nach Bedarf und Absprache mit dabei, was in der Praxis aber selten vorkommt. X Der nächste Schritt wird sein, die Teamleiter entsprechend der eingeführten Struktur in die Pflicht zu nehmen, sodass auch diese strukturierter und intensiver mit ihren Mitarbeitern kommunizieren.
Bereichsleiter
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Abbildung 2.1: Organigramm mit Meetingstrukturen Mindestens genauso interessant wie die neue Kommunikationsstruktur an sich war die Rückmeldung meines Klienten über deren Wirksamkeit. Seine ursprüngliche Sorge, nicht dicht genug an seinen Mitarbeitern dran zu sein, hatte sich quasi erledigt. Vielmehr sprach er davon, dass er durch Einzelgespräche, die zwar ungewohnt für ihn seien, einen deutlich gezielteren und „tieferen“ Austausch mit seinen Abteilungsleitern führe,
Kommunikation
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manche Themen wie beispielsweise die persönliche Zielerreichung und Entwicklung der Abteilungsleiter ließen sich deutlich besser und mit spürbarer Wirkung adressieren (siehe Abb. 2.2). Vier-Augen-Gespräche
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Persönliche Anliegen (Ziele, Schwierigkeiten, Entwicklung)
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Differenziertes persönliches Feedback
Gruppenbesprechungen
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Information der Mitarbeiter über allgemeine und Unternehmensinformationen
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Feiern gemeinsamer Erfolge
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Spezifische fachliche Fragestellungen
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Generierung von Ideen und Diskussionsforum
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Vertrauliche Themen wie Karriereentwicklung von Mitarbeitern
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Koordination einzelner Teams im Bereich, effiziente Abstimmung von Informationen
Abbildung 2.2: Geeignete Inhalte von Vier-Augen-Gesprächen und Gruppenbesprechungen Neben diesen direkten positiven Auswirkungen einer strukturierten Kommunikation erachte ich es noch aus einem anderen Grund für wichtig, dass die Führungskraft die Kommunikationsstruktur ihres Bereichs vorgibt. Durch die Definition der Spielregeln übt sie ihre Richtlinienkompetenz aus und stärkt so ihre Führungsrolle. Das hat – um Fehlinterpretationen vorzubeugen – jedoch nichts mit autoritärem Verhalten zu tun (siehe auch Kapitel 2, Umgang/Hierarchie). Betrachten wir die besprochene Kommunikationsstruktur auch aus Sicht der Mitarbeiter. Zunächst einmal werden Führungskräfte für Mitarbeiter durch eine geordnete Kommunikationsstruktur berechenbarer, Mitarbeiter wissen, woran sie sind. Sie wissen, wann sie (spätestens) das nächste Mal Gelegenheit zur Rücksprache haben, und wissen, wann welche Themen wieder auf der Tagesordnung stehen, sodass sie sich entsprechend darauf vorbereiten können. Auch betrachte ich es aufgrund vieler Rückmeldungen von Klienten als Vorteil an sich, dass Mitarbeiter ihre Führungskraft in definierten Abständen sehen und überhaupt die Mög-
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
lichkeit zu einem Gespräch bekommen. Denn das ist in Zeiten (über-) voller Terminkalender leider nicht immer selbstverständlich. Lassen Sie uns noch die Frequenz und Dauer der einzelnen Meetings beleuchten. Diese richten sich sehr nach den individuellen Rahmenbedingungen und dem Geschäft, um das es geht. So führt beispielsweise die Leiterin externe Kommunikation eines großen Unternehmens täglich eine kurze, etwa zehnminütige Besprechung mit allen ihrer knapp zehn Mitarbeiter durch, um eine einheitliche Sprachregelung für den Tag und mögliche anstehende Fragen zu vereinbaren. In anderen Bereichen, die eher langfristig geprägt und nicht so sehr vom Tagesgeschäft abhängig sind, wie beispielsweise die Abwicklung einer Großbank oder die Fertigung eines Automobilzulieferers, erscheinen Besprechungen mit allen Mitarbeitern in deutlich längeren Zyklen sinnvoll, schon die (halb-)jährliche Mitarbeiterversammlung kann in solch einem Fall vollauf genügen. Für geplante Einzelgespräche mit den direkten Mitarbeitern halte ich als Richtwert erfahrungsgemäß einmal pro Woche bis einmal pro Monat für sinnvoll. Wichtiger als die Dauer der einzelnen Besprechungen ist dabei der Termin an sich – dieser sollte jederzeit eine hohe Priorität besitzen. Sollte es einmal doch nur wenig zu besprechen geben, ist nichts verloren, wenn eine geplante Besprechung nach einer viertel Stunde beendet wird; aber es bestand für alle Beteiligten die Gewissheit, dass zu einem definierten Zeitpunkt der Raum für eigene Anliegen zur Verfügung steht. Und das gilt für Einzel- und Gruppenbesprechungen gleichermaßen. Wenn Sie sich jetzt für eine (in Teilen) neue Kommunikationsstruktur entschieden haben, geht es an deren Einführung. Und natürlich will auch die Einführung selbst gut kommuniziert sein. Erfahrungsgemäß reicht ein Satz wie „Ich habe mir einige Gedanken gemacht, wie wir die Abstimmung und Kommunikation in unserem Bereich noch besser gestalten können“, vollkommen aus, um die Mitarbeiter zu überzeugen. Möglichem Widerstand (der sehr wahrscheinlich überhaupt nicht auftritt) können Sie schon vorab mit der Positionierung der neuen Struktur als „Experiment“ entgegenwirken: „Ich habe mir folgende Struktur überlegt, lassen Sie uns gemeinsam schauen, wie das funktioniert und wie wir davon profitieren können.“ In aller Regel wird es auch tatsächlich so sein, dass
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Sie nach ersten Erfahrungen mit der neuen Struktur noch kleinere Anpassungen in Bezug auf die Frequenz und Dauer der einzelnen Besprechungen vornehmen werden. Auch bezüglich der Inhalte kann es zu einzelnen Neujustierungen kommen, insbesondere um die Besprechungen möglichst überschneidungsfrei zu gestalten. Deshalb empfehle ich gern, die neue Struktur nach einiger Zeit zu überprüfen und geeignete Anpassungen vorzunehmen. Nachdem die neue Struktur etabliert ist, können Sie auf das Feedback Ihrer Mitarbeiter gespannt sein. Das fällt meiner Erfahrung nach in den allermeisten Fällen sehr positiv aus. So wie bei einem meiner Klienten, dessen Mitarbeiter die neue Kommunikationsstruktur so einschätzte: „Erst jetzt habe ich gemerkt, was vorher gefehlt hat.“ Aktionsfragen f Mit welcher Frequenz und Dauer gestalten Sie aktuell Ihre geplanten Besprechungen mit Mitarbeitern entlang der folgenden Zielgruppen? Z
Vier-Augen-Gespräche mit direkten Mitarbeitern
Z
Besprechungen mit allen Ihren direkten Mitarbeitern gemeinsam
Z
Teilnahme an Besprechungen einzelner direkter Mitarbeiter mit deren Mitarbeitern
Z
Besprechungen mit allen Ihren direkten Mitarbeitern und deren Mitarbeitern
Z
Besprechungen mit allen Mitarbeitern Ihres Bereichs
f Wo sehen Sie in Ihrer Kommunikationsstruktur noch Optimierungsbedarf? f Gibt es Besprechungstypen oder Zielgruppen, die aus Ihrer Sicht noch fehlen? f Wo würden Sie die Frequenz von Meetings anpassen, wo deren Dauer?
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Meetingkultur Für die erfolgreiche Durchführung von Meetings sind einige Punkte zu beachten. Einer der wichtigsten Hinweise ist meiner Erfahrung nach der, die Anzahl von Meetings auf die wirklich notwendigen zu beschränken. Denn Meetings können sich zu wahren Zeitfressern entwickeln. Ich habe noch das Beispiel eines Klienten vor Augen, der mit dem Anliegen, er habe zu wenig Zeit, zu mir kam. Um mir einen Überblick über seine Woche zu geben, hat er mir zunächst seinen Wochenplan vorgestellt. Ich habe die genaue Anzahl der Meetings nicht mehr im Kopf, aber es waren mehr als ein Dutzend (interessanterweise keines davon mit seinen Mitarbeitern). Um diese große Anzahl zu reduzieren, haben wir zunächst zwei Lösungen erarbeitet. Einerseits hat der Klient überlegt, zu welchen Meetings er wirklich persönlich gehen muss, und zu welchen er nicht auch einen Mitarbeiter schicken kann. Darüber hinaus hat er damit begonnen, Meetings bilateral und telefonisch vorzubereiten. Häufig konnte das Meeting dann sogar entfallen. Zu den Meetings, die regelmäßig stattfinden sollten, gehören auf alle Fälle diejenigen mit den eigenen Mitarbeitern. Zur Effizienz dieser Meetings können Sie durch eine gute Planung und Strukturierung viel beitragen. Die folgenden Hinweise entstammen der Analyse einer Besprechung, in die ich einen Klienten im Rahmen eines Shadowings begleitet habe. X X X X X X
X
Agenda vorbereiten und griffbereit haben, Gesprächsfortschritte visualisieren Einzelne Themen vorbereiten, gegebenenfalls Statements und Fragen vorformulieren Gesprächsanlass und -ziele klar zu Beginn des Meetings benennen Einzelne Themen nacheinander trennscharf bearbeiten Gesprächsphasen klarer voneinander abgrenzen: Information weitergeben, Meinungen einholen, Diskussion, Entscheidungen treffen Gespräch durch mehr und gezielte, persönlich adressierte Fragen steuern; nur eine präzise Frage auf einmal stellen; Fragen gegebenenfalls vorbereiten Gesprächsteilnehmern das Wort erteilen, ausreden lassen
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In größerem Umfang auf Beiträge der Mitarbeiter eingehen, mehr loben X Prägnante Sätze (Aussagen, Fragen) formulieren mit eindeutigem Anfang und Ende (keine Doppelfragen, Schachtelsätze etc.) X Fragen, Aussagen und Aufforderungen deutlich trennen X
Die folgenden Aktionsfragen können Sie bei der Planung von Meetings unterstützen: Aktionsfragen f Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Meeting? f Mit welchen Worten werden Sie das Meeting eröffnen? f Wie schaffen Sie eine entspannte, konstruktive Gesprächsatmosphäre? f Wie formulieren Sie Ihre Kerngedanken? f Welche Kernfragen wollen Sie stellen? f Besteht Konsens über das Erreichte? f Wie gestalten Sie das Ende des Meetings mit einer positiven Note?
Klartext sprechen Nachdem Sie die Kommunikationsstruktur etabliert haben, geht es im nächsten Schritt darum, diese mit deutlichen Botschaften zu füllen, mithin „Klartext“ zu sprechen. In meiner Coaching-Praxis sehe ich häufig, dass an diesem Punkt Handlungsbedarf besteht: Botschaften werden beispielsweise schwammig, umschweifig oder verklausuliert formuliert und lassen Klarheit vermissen. Das liegt meiner Erfahrung nach im Wesentlichen daran, dass Gespräche in der Praxis unzureichend oder überhaupt nicht vorbereitet werden. Was ungefähr so ist, als würde ein Schauspieler ohne vorherige Proben vor Publikum spielen oder ein Sportler ohne Aufwärmphase in den Wettkampf starten. Der wichtigste Schritt, um Klartext zu sprechen, ist deshalb eine solide Vorbereitung. Gesprä-
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
che, die ursprünglich schwierig zu bewerkstelligen scheinen, lassen sich mit einer fundierten Vorbereitung zügig als Erfolgssituation gestalten. Besonders eindrücklich habe ich noch den Bericht eines Klienten vor Augen, der als Projektleiter immer wieder vor der Aufgabe stand, internationale Kollegen für Projekte zu gewinnen. Dabei stieß er jedoch häufig an seine Grenzen: Es dauerte lange, bis er seine Projektmitarbeiter rekrutiert hatte, die Gespräche verliefen oft zäh und immer wieder haben Projektmitarbeiter ihre Prioritäten im Projektverlauf auf andere Aufgaben gelegt. Im Coaching wurde schnell klar, dass mein Klient sich vor seinen Gesprächen nur wenige Gedanken über deren Gestaltung und möglichen Verlauf machte. Stillschweigend ging er davon aus, dass die Faktenlage seinen Anliegen schon die nötige Überzeugungskraft verleihen würde. Dabei hat er außer Acht gelassen, dass neben den (vermeintlich unumstößlichen) sachlichen Argumenten natürlich noch eine ganze Menge anderer Faktoren eine wichtige Rolle bei der Gesprächsführung spielen, insbesondere auf der Beziehungsebene. Durch eine fundierte Gesprächsvorbereitung anhand der drei Schritte, die ich Ihnen nachfolgend vorstelle, hat mein Klient auf unterschiedlichen Ebenen mehr Klarheit herbeigeführt und konnte zügig von ersten Erfolgen berichten. Wenn Sie Gespräche anhand der folgenden drei Arbeitsschritte in Ruhe vorbereiten, haben Sie damit die Grundlage für deren erfolgreiches Gelingen geschaffen. Schritt 1: Klarheit Ihres Standpunkts Schritt 2: Klarheit über Ihren Gesprächspartner X Schritt 3: Klarheit im Diskurs X X
Die Vorbereitung entlang dieser Schritte kostet insbesondere anfangs, bis Sie Routine darin gewonnen haben, mehr Zeit. Jedoch ist diese Anfangsinvestition (siehe auch Abb. 1.2) gut angelegt, denn mit gut vorbereiteten und in Folge professionell geführten Gesprächen sparen Sie im weiteren Verlauf wieder Zeit ein, weil Diskussionen deutlich schneller, mit weniger Reibungsverlusten und vor allem nachhaltig zum Ziel führen. Zudem nimmt die Anzahl nachträglicher Optimierungsschleifen, in denen Er-
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gebnisse aufwändig nachgebessert werden müssen, deutlich ab oder diese entfallen sogar ganz, weil schon beim ersten Durchgang klar kommuniziert wurde.
Schritt 1: Klarheit Ihres Standpunkts Die Klarheit des eigenen Standpunkts ist der erste Schritt der Gesprächsvorbereitung. Dabei geht es im Wesentlichen um die folgenden vier Fragen:
Welche Ziele verfolgen Sie? Vergleichbar mit dem Setzen von Jahreszielen (siehe auch Kapitel 2, Ergebnisse), empfehle ich meinen Klienten, auch für jedes Gespräch, das über Smalltalk hinausgeht, eine konkrete Zielsetzung zu formulieren. Denn leicht plaudert man sich sonst ziellos durch ein Gespräch und es kann passieren, dass am Ende dann zwar viel Zeit verstrichen ist und ebenso viele Worte gewechselt wurden, aber kein greifbares Ergebnis dabei herauskommt. Umgekehrt liegt in einer stringenten Gesprächsführung, die sich an einem klaren Ziel orientiert, ein großes Potenzial, Zeit zu sparen. Um eine möglichst große Klarheit der Ziele zu erreichen, unterscheide ich zwischen Sach- und Beziehungszielen. Für beide Gruppen gilt das Prinzip der Sparsamkeit, um das Gespräch nicht mit Zielen zu überfrachten und die Ziele auch tatsächlich zu erreichen. In Abbildung 2.3 finden Sie Beispiele für beide Arten von Zielen.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Sachziele
■
Feedback aus Meeting geben/bekommen
■
Über Arbeitsfortschritt informieren
■
Ideen sammeln
■
Arbeitsergebnisse beurteilen
■
Mitarbeiter eine Aufgabe zuweisen
Beziehungsziele
■
Mehr von mir zeigen
■
Vertrauen aufbauen
■
Mitarbeiter besser verstehen
■
Austausch und Zusammenarbeit intensivieren
■
Dem Mitarbeiter Mut zusprechen
Abbildung 2.3: Beispiele für Sach- und Beziehungsziele Aktionsfragen f Welche inhaltlichen Ziele verfolgen Sie? f Welche Ziele verfolgen Sie auf der Beziehungsebene? f Was können Sie selbst zur Erreichung Ihrer Ziele beitragen?
Welche Konsequenzen können und wollen Sie ziehen? Wenn die Gesprächsziele definiert sind, empfehle ich als nächsten Schritt, den Prüfpunkt Konsequenz anzusteuern: Mit welcher Konsequenz können und wollen Sie Ihre Ziele verfolgen? Mit anderen Worten: Welche Mittel haben Sie in der Hand, um Konsequenzen einzufordern, und wie wichtig ist Ihnen ein Thema, um sich dafür zu engagieren? Erst wenn Sie beide Fragen zufriedenstellend für sich beantwortet haben, ist es an der Zeit, Ihre Zielsetzungen auch bei Ihrem Gesprächspartner zu platzieren. Überspringen Sie diesen Punkt, könnte es Ihren Mitarbeitern so gehen wie einem Klienten, dessen Führungskraft viele Themen initiierte, diese aber nicht nachhielt und mitunter sogar vergaß. Einmal abgesehen davon, dass mein Klient auf diese Weise die eine oder andere ungeliebte Aufgabe kurzfristig nicht erledigen musste, herrschte in der Abteilung neben einem hohen Aktionsniveau vor allem große Verwirrung über die Richtung, in die es gehen soll, weil, so mein Klient, „jeden Tag
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eine neue Sau durchs Dorf getrieben wurde“. Energien verpufften und die Arbeit machte keinen Spaß mehr, weil Aufträge nicht konsequent zu Ende gedacht wurden. Immer wieder als hilfreich erlebe ich es auch, sich für den Fall, dass die eigenen Ziele nicht im gewünschten Maße umzusetzen sind, eine Rückfallposition zu überlegen: Welches Ergebnis wäre noch tragbar? Die Klarheit über diese Untergrenze erleichtert Ihnen Verhandlungen noch einmal zusätzlich, weil Sie sich im Gespräch keine Gedanken mehr darüber machen müssen. Aktionsfragen f Welche Punkte sind Sie willens und in der Lage nachzuhalten? f In welchem Umfang sind Sie bereit, sich für getroffene Vereinbarungen zu engagieren? f Welche Konsequenzen sind Sie zu ziehen bereit, wenn Ihre Erwartungen nicht erfüllt werden? f Wie könnte ein Kompromiss aussehen?
In welcher Rolle führen Sie das Gespräch? Im Unternehmensalltag schlüpfen wir immer wieder in unterschiedliche Rollen. So sind wir beispielweise in einer Situation Führungskraft, in einer anderen Mitarbeiter und in wieder einer anderen Kollege. Auch im Privaten lässt sich diese Unterscheidung treffen, beispielsweise Ehemann, Mutter, Sohn, Freundin, Nachbar ... – solch verschiedene Rollen können wir in unterschiedlichen Situationen einnehmen. Um sich noch ein wenig intensiver mit dem Rollenkonzept vertraut zu machen, können Sie die folgende Aktionsfrage bearbeiten. Aktionsfrage Welche Rollen haben Sie im Laufe der letzten 24 Stunden eingenommen?
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
In jedem Gespräch trägt die Kenntnis der eigenen Rolle entscheidend zu dessen Klarheit und Erfolg bei. Deshalb stelle ich Klienten gern die Frage, in welcher Rolle sie ein bevorstehendes Gespräch führen. Als Beispiel stelle ich im Folgenden die erste Sammlung von Rollen vor, die einem meiner Klienten vor einem Gespräch mit seiner Führungskraft innerhalb weniger Minuten eingefallen sind. Er hat sich gesehen in einer Rolle als … X X X X X X X X X X
… sein Mitarbeiter … Unterstützer, der ihm helfen kann, in seine neue Rolle hineinzuwachsen … konstruktives Teammitglied … Mitglied des Führungsteams … Führungskraft seiner eigenen Abteilung … jemand mit viel größerer Erfahrung und Expertise (Experte) … jemand mit eigenem Anspruch und eigenen Zielen … Mittler zwischen seinem Team und seiner Führungskraft … Kollege … loyaler Mitarbeiter der Firma
Zunächst war mein Klient überrascht, welche Vielzahl an Rollen ihm eingefallen ist und dass sich diese zum Teil auch widersprachen. Im nächsten Schritt haben wir deshalb überlegt, welche Rolle welche Art der Gesprächsführung zur Folge hat. Wie würde es sich beispielsweise auf seine Gesprächsführung auswirken, wenn er seine größere Erfahrung in den Vordergrund stellen würde? Nach diesen Abwägungen hat er sich schließlich für zwei Rollen entschieden, die ihm am zweckdienlichsten für sein Ziel und eine gute Gesprächsatmosphäre erschienen. Es ist wahrscheinlich keine große Überraschung, dass die oben beschriebene Rolle des Experten nicht dazu gehörte. Mit der Entscheidung gegen diese wenig zuträgliche Rolle hat mein Klient das Risiko minimiert, dass ihm diese Rolle ungewollt im Gespräch einen Strich durch die Rechnung macht, indem er seinen Chef beispielsweise belehrt hätte. Insgesamt hat er mit dieser Systematik eine größere Rollenklarheit erreicht, die ihm das Gespräch deutlich erleichterte. Später berichtete der Klient, dass er sein
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Anliegen konstruktiv besprochen und zu einer guten Lösung geführt habe. Aktionsfragen f Wenn Sie an ein bevorstehendes Gespräch denken, welche möglichen Rollen fallen Ihnen dazu ein? f Welche dieser Rollen erscheinen Ihnen am geeignetsten, damit das Gespräch ein Erfolg wird?
Schritt 2: Klarheit über Ihren Gesprächspartner Eine wesentliche Frage ist es meiner Erfahrung nach, sich vor einem Gespräch bewusst zu machen, welche Einstellung man seinem Gesprächspartner gegenüber hat, was man über ihn denkt. Denn diese Meinung beeinflusst sowohl die Argumentation als auch das (unbewusste) Verhalten im Gespräch und hat einen entscheidenden Einfluss auf dessen Erfolg. Die Zeit, die es in Anspruch nimmt, sich ein paar Gedanken darüber zu machen, wie man den Gesprächspartner sieht, ist insbesondere dann gut investiert, wenn es sich um kritische Gedanken handelt, die den Gesprächsverlauf negativ beeinflussen würden. Lesen Sie dazu das folgende Beispiel. Mit einem Klienten habe ich daran gearbeitet, wie er besser mit seinen Kollegen und Mitarbeitern kommunizieren kann. Insbesondere war es sein Ziel, mehr Durchsetzungsfähigkeit zu erlangen. Nach kurzer Zeit zeichnete sich anhand eines Beispiels eine wesentliche Ursache ab, die entscheidend zur mäßigen Wirkung seiner Gespräche beitrug. Es war seine Einstellung zu seinem Gesprächspartner, über den er mit folgenden Formulierungen sprach: „Herr Meier muss endlich verstehen, dass …“ Oder auch: „Das geht so einfach nicht, wie Herr Meier sich das vorstellt, wie kann ich ihm das nur klarmachen?“ Ich habe meinen Klienten nach der Schilderung des Beispiels gebeten, sich in die Situation Herrn Meiers zu versetzen und zu überlegen, wie er sich in dem Gespräch fühlen würde, und welche Reaktion das wahrscheinlich zur Folge hätte. Als mein Klient feststellte, dass er seinen Kollegen als „dummen Jungen“ sah und sich selbst die Rolle des Oberlehrers zuwies, war er sichtlich betroffen.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Vor allem hat er die ablehnende Reaktion seines Gesprächspartners verstanden, denn wer lässt sich als erwachsener Mensch schon gern von oben herab behandeln? Schon nach kurzer Zeit berichtete der Klient, dass seine Gespräche nun deutlich partnerschaftlicher und in einer angenehmeren Atmosphäre stattfinden und leichter Ergebnisse erzielt werden. Die eigene Meinung über den Gesprächspartner ist noch aus einem anderen Grund wichtig: Über so genannte Mikrobotschaften verraten wir unserem Gesprächspartner über unsere Mimik, Gestik und Stimme ungewollt, was wir (über ihn) denken. Beispielsweise durch ein kurzes Hochziehen der Augenbrauen oder einen flüchtigen abschweifenden Blick. Von diesen Mikrobotschaften senden wir jede Minute unzählige an unsere Gesprächspartner. Malcolm Gladwell bezeichnet das Gesicht in seinem Bestseller Blink deshalb auch als die „Plakatwand unserer Gefühle“. Dieses Phänomen illustriert er anschaulich anhand des „DuchenneLachens“. Spontanes Lachen unterscheidet sich von gewolltem Lachen durch die Muskelpartien, die jeweils in Aktion sind. Bei einem „echten“ Lachen treten insbesondere die Muskeln um die Augen in Aktion, die sich bewusst kaum steuern lassen, weshalb dieser Ausdruck bei einem „falschen“ Lachen fehlt. Durch diesen Unterschied lässt sich echtes Lachen von falschem Lachen auch von außen unterscheiden und verrät unserem Gesprächspartner unsere wahren Gefühle. Bevor ich Ihnen nachfolgend ein Beispiel vorstelle, in dem Mikrobotschaften ihre Wirkung entfaltet haben, möchte ich noch einen Hinweis zur Nutzung der Mikrobotschaften geben. Der im Kontext dieses Buches wichtigste Grund, sich mit Mikrobotschaften zu beschäftigen, ist, verstärkt auf die Kongruenz von Inhalten und Mikrobotschaften bei sich selbst zu achten. Selbstverständlich können Sie dies auch bei Ihren Gesprächspartnern tun. Doch deren Mikrobotschaften werden leicht zu oberflächlich und über-interpretiert. So sitzt, um ein klassisches Beispiel zu nehmen, eine meiner Klientinnen sehr gern mit verschränkten Armen im Gespräch, weil es so für sie einfach bequemer ist. In diese Haltung Abwehr oder ähnliches hineininterpretieren zu wollen, wäre in der Tat eine Überinterpretation. Um zutreffende Aussagen zu tätigen, braucht es meist mehr als nur eine einzige Mikrobotschaft und zusätzlich eine ganze
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Menge Übung. Haben Sie diese, sind Mikrobotschaften in der Tat ein guter Indikator für die Deckungsgleichheit von Inhalt und tatsächlicher Meinung. Einer meiner Klienten wunderte sich, dass seine Mitarbeiter in Besprechungen oft gehetzt erschienen, sich sehr kurz fassten und kaum Fragen stellten. Das war ihm unerklärlich, denn er hatte sich zum Ziel gesetzt, sie in größerem Umfang einzubinden, ganz bewusst Zeit für diese Gespräche eingeplant und das auch kommuniziert. Auf die Mikrobotschaften angesprochen überprüfte er sein Verhalten in den Gesprächen und ihm fiel auf, dass er in der Tat häufig auf die Uhr schaute und auch weit vorne auf seinem Schreibtischstuhl saß, so als wolle er gleich aufbrechen. Die Nachricht an die Mitarbeiter war klar: Ich habe keine Zeit für Sie. Diese Erkenntnis hat ihn dazu veranlasst, zum einen noch einmal über das Zeitkontingent nachzudenken, das er für solche Gespräche einplanen wollte, und zum anderen natürlich dazu, sich „richtig“ auf seinen Stuhl zu setzen. Und, um gar nicht erst in die Versuchung zu kommen, auf seine Armbanduhr zu schauen, legte er sie vor solchen Gesprächen ab – ein guter Trick, wie ich finde. Die Erfolge, die er mit diesen kleinen Änderungen recht schnell erzielte, waren überzeugend. So berichtete er davon, dass seine Gespräche nun in einer deutlich ruhigeren Atmosphäre stattfinden und dass dadurch eine ganz neue inhaltliche Qualität Einzug gehalten hat. Aktionsfrage Wie würde sich die Gesprächsführung jeweils unterscheiden (Gesprächsführung/Mikrobotschaften), wenn Sie jeweils mit den folgenden Meinungen über Ihren Gesprächspartner in ein Gespräch gehen? Mein Gesprächspartner ... … wird meine Anregungen sicher aufgreifen. … kommt nicht auf den Punkt. … ist ein Machtmensch.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
… hat keine Zeit für mich. … ist ineffizient. … wird bestimmt eine gute Idee beisteuern. … hat keinen Überblick. … schätzt mich nicht. … freut sich, mich zu sehen. Während sich Inhalte und die Art der Gesprächsführung noch in Grenzen kontrollieren lassen, ist das bei Mikrobotschaften so gut wie unmöglich. Deshalb ist der bewusste Umgang mit den eigenen Gedanken und Gefühlen der erste Schritt (siehe auch Kapitel 1, Veränderung mentaler Skripte). Darüber hinaus ist es meiner Erfahrung nach empfehlenswert, die eigenen Gedanken über den Gesprächspartner in eine positive Richtung zu lenken. Meistens reichen schon ein paar einfache Fragen, um im wahrsten Sinn des Wortes auf andere Gedanken zu kommen. Eine dieser Fragen lautet z. B.: „Was schätzen Sie an Ihrem Gesprächspartner?“ Oder auch: „Wie können Sie Ihren Gesprächspartner unterstützen?“ Wenn Sie sich diese Fragen vor einem Gespräch beantworten, werden Sie wahrscheinlich feststellen, dass Sie mit einer deutlich positiveren Grundhaltung in das Gespräch gehen werden. Im Folgenden noch eine Reihe weiterer Aktionsfragen, die Sie dabei unterstützen können, im Vorfeld eines Gespräches Klarheit über Ihren Gesprächspartner zu gewinnen. Nicht vor jedem Gespräch ist es notwendig und sinnvoll, alle Fragen zu stellen. Am besten nutzen Sie die Fragen so, wie es Ihnen bei Ihrer individuellen Gesprächsvorbereitung hilfreich erscheint.
Aktionsfragen f Ist Ihr Gesprächspartner der richtige Ansprechpartner?
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f Wie lange liegt das letzte Gespräch mit ihm/ihr zurück? Wie war die Stimmung? Wo können Sie anknüpfen? f Was weiß Ihr Gesprächspartner schon über Ihr Anliegen? f Welche Ziele könnte Ihr Gesprächspartner verfolgen? f Welche gemeinsamen Ziele verfolgen Sie und Ihr Gesprächspartner? f Welche guten Gründe könnte Ihr Gesprächspartner haben, evtl. andere Ziele zu verfolgen? f Mit welchen Einwänden müssen Sie rechnen? Wie wollen Sie darauf reagieren? f Mit welcher Meinung über Ihren Gesprächspartner gehen Sie in das Gespräch (drei Adjektive)? f Wie viel Zeit wollen/können Sie sich für Ihren Gesprächspartner nehmen? Reicht diese für Ihre Themen aus? f Was kann Ihr Gesprächspartner realistischerweise leisten? f Was schätzen Sie an Ihrem Gesprächspartner? Wie können Sie das im Gespräch vermitteln? f Was schätzt Ihr Gesprächspartner vermutlich an Ihnen? f Wie können Sie Ihren Gesprächspartner unterstützen?
Schritt 3: Klarheit im Diskurs Durch eine gezielte Vorbereitung von Gesprächen und Meetings können Sie dazu beitragen, dass diese zielorientiert und mit großer Klarheit geführt werden. Da Kommunikation insbesondere im Business-Umfeld durch eine hohe Zielorientierung gekennzeichnet ist, besteht der erste Schritt darin, sich präzise über die Inhalte des Gesprächs im Klaren zu sein. Um den Fokus eines Gesprächs zu schärfen, führe ich mit meinen Klienten gern die folgende Übung durch. Die Aufgabe lautet, das Gespräch (bzw. jeden der wesentlichen Punkte) in einem Satz zusammenzufassen.
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Aktionsfrage Was würden Sie Ihrem Gesprächspartner sagen, wenn Sie nur einen Satz zur Verfügung hätten? Dieser Satz könnte beispielsweise lauten: „Weil ich Ihre Arbeitsweise sehr schätze, würde ich Sie gern für die Mitarbeit in meinem neuen Projekt gewinnen.“ Oder auch: „Mit dem Ergebnis bin ich so nicht zufrieden und ich erwarte deshalb, dass Sie diese Aufgabe nachbessern.“ Im eigentlichen Gespräch werden sicher noch weitere Sätze hinzukommen, beispielsweise eine weitere Erläuterung oder Beispiele. Denn es wäre fast schon unhöflich, in dieser Kürze auch tatsächlich zu sprechen. Aber diese Übung trägt dazu bei, auf unnötige Worte zu verzichten und schafft somit mehr Klarheit.
Struktur der Inhalte Ist die Quintessenz des Gesprächs formuliert, ist es hilfreich, die Inhalte vorab genau zu strukturieren. Das entlastet das eigentliche Gespräch und führt zu großer Klarheit. Deshalb besteht der nächste Schritt darin, die Inhalte eines Gesprächs in eine hierarchische Struktur zu bringen. Barbara Minto, die erste McKinsey-Beraterin, nutzt dazu das Prinzip der Pyramide, das sie in dem gleichnamigen Buch vorstellt. Anhand verschiedener Ordnungskategorien, beispielsweise strukturell, chronologisch oder vergleichend, lässt sich die Pyramide inhaltlich füllen. In Abbildung 2.4 sehen Sie das Prinzip am Beispiel der USA nach strukturellen Gesichtspunkten dargestellt. Von Klienten höre ich oft, dass diese einfache Struktur im Alltag einen echten Mehrwert bei der Gesprächsvorbereitung bietet. Die Inhalte sind durch diese Darstellungsform logisch durchdacht und lassen sich deshalb einfacher vermitteln.
Kommunikation
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USA
Ostküste
Mitterer Westen
New York
Washington D.C.
Philadelphia
Central Park
Broadway
Guggenheim
Westküste
Abbildung 2.4: Strukturierung von Inhalten am Beispiel der USA Aktionsfragen f Mit welchen Argumenten wollen Sie Ihren Gesprächspartner überzeugen und ins Boot holen? f Wie bauen Sie Ihre Argumentation auf und wie strukturieren Sie Ihre Inhalte?
Gesprächsleitfaden Insbesondere bei schwierigen Gesprächen und solchen, die man zum ersten Mal führt, hat es sich bewährt, diese mit einem Gesprächsleitfaden vorzubereiten – ähnlich wie man das auch vor einer Rede machen würde. Oft sind meine Klienten überrascht, wenn ich ihnen diesen Vorschlag unterbreite, weil sie das für übertrieben halten. Und meistens sind sie noch überraschter, wenn sich herausstellt, dass die Erstellung des Leitfadens anspruchsvoller war als gedacht. Das Phänomen ist einfach zu erklären: Im Kopf scheinen alle Gedanken klar formuliert zu sein. Die Schwierigkeiten liegen in der operativen Umsetzung: Wie genau formuliere ich einen Gedanken so, dass er auch bewirkt, was er bewirken soll? Den nachfolgenden Gesprächsleitfaden habe ich zusammen mit einem Klienten erstellt, der zum ersten Mal ein terminiertes Vier-AugenGespräch mit seinen Mitarbeitern führen wollte. Insgesamt betrug die
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Arbeit an dem Leitfaden gut eine Stunde. Das macht deutlich, dass es durchaus lohnenswert ist, ein wenig Zeit dafür einzuplanen. Die geschilderte Situation geht von einigen Grundannahmen aus, beispielsweise davon, dass sich die Zusammenarbeit mit dem betreffenden Mitarbeiter im Großen und Ganzen sehr gut gestaltete (weshalb mein Klient ihn auch für seine „Premiere“ ausgewählt hat). Wäre das anders, würde auch der Leitfaden anders aufgebaut sein. Die Antworten des Mitarbeiters haben wir in unterschiedlichen Varianten vermutet, sie allerdings nicht in den Leitfaden aufgenommen. X X
X
X
X
X
Hallo Herr Meier, ich begrüße Sie zu unserem heutigen Gespräch. Weil wir heute zum ersten Mal in dieser Runde zusammensitzen, würde ich Ihnen zu Beginn gern erläutern, warum wir diese Einzelgespräche führen. Zwei Ziele sind mir für die Gespräche mit Ihnen wichtig: Einerseits möchte ich gern einen noch besseren Überblick über Ihre aktuellen Projekte gewinnen. Was läuft gut, wo besteht Handlungsbedarf und wo brauchen Sie Unterstützung? Zum anderen geht es mir um persönliche Themen wie beispielsweise Weiterbildung. – Pause – Haben Sie dazu noch Fragen? Gut, dann würde ich gern mit einem Überblick über Ihre Projekte beginnen. Sie hatten ja noch keine Gelegenheit zur Vorbereitung. Trotzdem würde ich gern schon einmal probehalber damit starten. Was mich interessiert sind insbesondere die Projekte, die gerade sehr gut laufen, bei denen die Ampel also auf Grün steht. Und andererseits diejenigen, in denen es gerade etwas holpert, bei denen die Ampel also auf Dunkelgelb bis Rot steht. Wenn das so für Sie passt, lassen Sie uns doch mit den Projekten starten, in denen es gerade so richtig gut läuft. Prima, das freut mich sehr. Da ergibt sich ja ein sehr positives Bild. Gerade das Projekt ABC freut mich besonders, das war ja wirklich ein schwerer Start und das haben Sie sehr gut hinbekommen. Was waren denn aus Ihrer Sicht die Erfolgsfaktoren? Ja, da stimme ich Ihnen zu. Mir ist darüber hinaus noch aufgefallen, dass Sie durchweg hartnäckig am Ball geblieben sind und ein gutes Verhältnis zu Herrn Müller aufgebaut haben. Gibt es auch Projekte, in denen es gerade nicht so rund läuft?
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X X X X X X
X
X X
X
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Das hört sich ja in der Tat vertrackt an. Welche Ideen haben Sie schon, wie Sie da weiterkommen? Ja, das finde ich eine gute Idee. Kann ich Sie denn darüber hinaus noch unterstützen? Gut, das mache ich gern. Kommen Sie deshalb doch nächste Woche noch einmal auf mich zu. Wie läuft es denn im Projekt XYZ? Die Situation ist ja nicht so einfach. Gut, prima, dass das geklärt ist. Bitte sagen Sie mir Bescheid, wenn es doch noch einmal Schwierigkeiten geben sollte. Mir ist ja noch ein zweites Thema wichtig, nämlich Ihre persönliche Entwicklung, speziell Ihre Weiterbildung. Darüber hatten wir ja in der Performance Review bereits gesprochen. Hatten Sie schon Gelegenheit, sich über die Seminaranbieter zu informieren? O.K., dann würde ich das gern bei unserem nächsten Gespräch entscheiden. Meinen Sie, dass Sie bis dahin eine erste Auswahl treffen können? Prima, gibt es denn von Ihrer Seite noch Punkte, die Sie beschäftigen? Gut, ich denke, für unser erstes Gespräch war das ein guter Start. Auch von meiner Seite gibt es keine weiteren Punkte. Was mich aber doch noch interessiert – wie war das Gespräch für Sie? Ja, das finde ich auch. Vielen Dank für Ihre Offenheit. Ich freue mich auf unser nächstes Gespräch. Dazu würde ich Sie noch bitten, einen Termin mit Frau Schmidt zu vereinbaren. Und bitte bereiten Sie doch Ihre Projekte nach unserem Schema vor: Was läuft rund und wo müssen wir nachjustieren?
Wahrscheinlich wird dieser Leitfaden nicht 100-prozentig in die Praxis umgesetzt werden, schon weil wir die Antworten des Mitarbeiters natürlich nur vermuten konnten. Aber das Ziel ist erreicht, dass mein Klient eine durchdachte Struktur und erste Formulierungen parat hat, um das Gespräch zielgerichtet und in einer guten Atmosphäre zu steuern. Am Ende der Arbeit konnte er so deutlich zuversichtlicher in seine Gespräche starten, die alle gut verlaufen sind. Erstellen Sie solch einen Gesprächsleitfaden vor einem Ihrer nächsten Mitarbeitergespräche doch auch einmal. Ich bin mir sicher, dass sich die Gesprächsqualität schon allein
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durch diese Art der Vorbereitung verbessern wird. Hier noch einmal die Struktur ohne Inhalte, die Ihnen das Erstellen des Leitfadens erleichtern kann: X X X X X
X
Eröffnung/Einleitung/Andocken an Bisheriges Zielsetzung des Gesprächs Thema 1: Themenbehandlung und konkrete, terminierte Vereinbarungen Thema 2: Themenbehandlung und konkrete, terminierte Vereinbarungen Thema 3: Themenbehandlung und konkrete, terminierte Vereinbarungen (mehr als 3 Themen sollten nicht behandelt werden, besser weniger) Abschluss: Zusammenfassung (durch den Mitarbeiter), Feedback zum Gespräch, Vereinbarung weiterer Aktionen, Ausblick Aktionsfragen f Wie viel Zeit verwenden Sie auf die Vorbereitung von Gesprächen? f Fallen Ihnen Gesprächssituationen ein, die von einer intensiveren Vorbereitung profitiert hätten?
Frage- und Weisungskompetenz Jede Führungskraft verfügt über zwei grundlegende Techniken, die Handlungen ihrer Mitarbeiter in ihrem Sinne zu beeinflussen: Fragen und Anweisungen. Das mag auf den ersten Blick recht profan klingen, häufig höre ich allerdings von meinen Klienten, dass sie mit der Anwendung der beiden Techniken im Alltag nicht ganz so gut zurechtkommen.
Fragen „Frag nur vernünftig, und du hörst Vernünftiges“, dieser Überzeugung war schon Euripides. Das trifft meiner Erfahrung nach auch auf die Arbeit von Führungskräften zu. Denn durch geschicktes Fragen lassen sich Mitarbeiter sehr gut in die Arbeit einbinden, werden Ideen und Lösungs-
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wege generiert sowie Einstellungen und Meinungen sichtbar gemacht. Dass Fragen im Führungsalltag oft nicht hinreichend genutzt werden, liegt meines Erachtens einerseits daran, dass dieser Weg anfangs etwas länger zu dauern scheint, als einfach eine Anweisung zu erteilen. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Zeitersparnis im weiteren Verlauf häufig sehr groß ist, weil Themen wirklich grundlegend geklärt sind und Mitarbeiter überzeugter hinter Themen stehen, zu deren Gestaltung sie befragt wurden. Zum anderen stelle ich immer wieder fest, dass Führungskräfte sich noch wenig mit dem Handwerk der Fragestellung befasst haben und dadurch mitunter nicht sonderlich versiert darin sind, gute Fragen zu stellen. Ich erinnere mich noch gut an ein Gespräch mit einem Klienten, in dem wir Aussagen (in diesem Fall: „Bauen Sie die Präsentation entlang dieser Gliederung auf.“) zu Übungszwecken in Fragen umformuliert haben. Die Frage meines Klienten, über die wir beide herzhaft lachen mussten, lautete: „Was halten Sie davon, die Präsentation entlang dieser Gliederung aufzubauen?“ Die Unterscheidung zwischen geschlossenen und offenen Fragen, den so genannten „W-Fragen“, setze ich hier (trotz des obigen Beispiels) als bekannt voraus. Bei diesem Fragetyp geht es meiner Erfahrung nach einfach darum, im Alltag häufig daran zu denken, offene Fragen zu stellen. Darüber hinaus möchte ich Ihnen gern eine weitere Kategorisierung von Fragen vorstellen, die sich als zweckdienlich für meine Klienten erwiesen hat: die Unterscheidung in die folgenden vier Fragetypen, zu denen Sie weiter unten auch jeweils einige Bespiele finden: Verständnisfragen Problemfragen X Schuldfragen X Lösungs- und Ressourcenfragen X X
Verständnisfragen Wie hat der Kunde in dieser Angelegenheit reagiert? Wann ist das Meeting mit Herrn Schmidt geplant? X Wie weit sind Sie mit dieser Aufgabe schon vorangekommen? X Welche Schritte haben Sie als Nächstes geplant? X X
80 X X
Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Bis wann haben Sie das Projekt abgeschlossen? Wie sehen Sie das?
Problemfragen X X X X X X
Wo liegen die Schwierigkeiten bei diesem Projekt? Wo hakt es noch? Wie ist es zu diesem Fehler gekommen? Wieso kommen Sie bei dieser Aufgabe nur langsam voran? Aus welchen Gründen ist dieses Projekt so schwierig? Was macht die Zusammenarbeit mit Herrn Meyer so schwierig?
Schuldfragen X X X X X X
Wer ist für diesen Fehler verantwortlich? Warum haben Sie diese Aufgabe noch nicht abgeschlossen? War das Herrn Meyers Fehler? Wer hat es versäumt, die Geschäftsführung einzuladen? Warum hat Herr Meier das nicht erledigt? Haben Sie vergessen, das neue Update aufzuspielen?
Lösungs- und Ressourcenfragen X X X X X X X
Wie wollen Sie diese Aufgabe angehen? Was wäre aus Ihrer Sicht das optimale Ergebnis? Welche Unterstützung brauchen Sie bei dieser Aufgabe noch? Was haben Sie bisher schon unternommen? Was hat beim letzten Mal gut funktioniert? Wie können wir das noch besser machen? Wen könnten wir dazu fragen?
Nachdem Sie die vier Fragetypen kennengelernt haben, möchte ich Sie um Ihre Einschätzung der jeweiligen Wirkung bitten. Aktionsfrage Welche Reaktionen lösen die unterschiedlichen Fragetypen bei Ihnen aus?
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Wahrscheinlich geht es Ihnen wie den meisten meiner Klienten: Verständnisfragen lösen meistens eine neutrale Reaktion aus, Problem- und insbesondere Schuldfragen induzieren fast immer ein schweres, negatives Gefühl und nicht selten auch noch ein schlechtes Gewissen, insbesondere wenn sie mit „warum“ starten. Lösungs- und Ressourcenfragen erzeugen hingegen in aller Regel eine leichte, konstruktive Aufbruchstimmung. Die Ableitungen für den Führungsalltag liegen auf der Hand: Schuldfragen sollten möglichst überhaupt nicht und, wenn überhaupt, nur in kleinsten Dosen verabreicht werden. Entsprechend dem japanischen Sprichwort: „Löse das Problem, nicht die Schuldfrage.“ Auch Problemfragen sollten nur gezielt zum Einsatz kommen, beispielsweise bei der Fehleranalyse. Denn sie können leicht dazu führen, im Problem verhaftet zu bleiben, anstatt sich auf die Lösung zu fokussieren. Dann weiß man zwar, warum etwas nicht geht, aber aus dieser Erkenntnis lässt sich nicht unbedingt ableiten, wie es gehen könnte. Verständnisfragen sowie Lösungs- und Ressourcenfragen hingegen sollten zum Standardfragerepertoire einer jeden Führungskraft gehören und regelmäßig zum Einsatz kommen. Sie lenken den Blick der Mitarbeiter (ebenso wie den eigenen) darauf, was konkret zu tun ist, um gute Ergebnisse zu erzielen. Um möglichst viel Übung im Einsatz dieser Fragetypen zu bekommen, empfehle ich Ihnen, sich vor Gesprächen mit Mitarbeitern (oder auch anderen Personen) ein paar Minuten Zeit zu nehmen und einige Fragen entlang Ihrer Agenda vorzubereiten. Und beobachten Sie doch einmal die Reaktionen Ihrer Mitarbeiter insbesondere auf Lösungs- und Ressourcenfragen. Aktionsfrage Welchen Fragentyp nutzen Sie im Alltag bevorzugt?
Anweisungen Wann immer Sie eine eindeutige Leistung von Ihren Mitarbeitern fordern, empfehle ich dazu auch eindeutige Formulierungen. Vor klaren Anweisungen und dem Äußern einer präzisen Erwartungshaltung schrecken jedoch viele Führungskräfte zurück. Vielleicht, weil das mit moder-
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nen Führungsmethoden wie beispielsweise der kooperativen Führung nur schwer vereinbar scheint. Oft erlebe ich in meinen Gesprächen deshalb, dass meine Klienten Anweisungen mit sprachlichen Weichmachern versehen: „Es wäre schön, wenn Sie das vielleicht bis Freitag fertig haben könnten.“ Oder noch weicher und als Pseudo-Frage formuliert: „Könnten Sie das bis Freitag fertig machen?“ Beide Formulierungen gehen am eigentlichen Ziel vorbei: „Ich erwarte die Ergebnisse bis Freitag.“ Ein weiteres Beispiel einer gut formulierten Anweisung ist das folgende: „Es ist mir wichtig, dass Sie den Bericht mit mir abstimmen, bevor er rausgeht.“ Bei Mitarbeitern, die dazu tendieren, Anweisungen nicht ganz so ernst zu nehmen, und gern einmal „ausbüchsen“, kann durchaus auch eine noch deutlichere Formulierung zum Einsatz kommen, beispielsweise: „Ich erwarte, dass Sie den Bericht mit mir abstimmen, bevor er rausgeht.“ Um Anweisungen nicht für sich im Raum stehen zu lassen und dem Mitarbeiter zu vermitteln, warum etwas zu tun ist, empfiehlt es sich in den meisten Fällen, eine kurze Begründung mitzuliefern, beispielsweise: „Dieser Bericht ist der Geschäftsführung besonders wichtig, stimmen Sie ihn deshalb bitte mit mir ab, bevor Sie ihn rausschicken.“ Wichtig ist es meines Erachtens auch, dass Anweisungen in einem verbindlichen Ton formuliert sind. Damit vermeiden Sie, dass Ihre klare Erwartungshaltung wie ein Befehl klingt. Manchen Leser mögen deutliche Formulierungen am Anfang etwas Überwindung kosten, aber die Kommunikation wird dadurch spürbar an Klarheit gewinnen. Und entgegen der Erwartung vieler meiner Klienten reagieren auch die Mitarbeiter positiv auf klare Ansagen. Dadurch wissen sie, woran sie sind und können beispielsweise ihren Zeitplan entsprechend aufstellen oder auch versuchen, mit Ihnen über Ihre Erwartungen zu verhandeln.
Umgang
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Fazit Von der Gestaltung der Kommunikationsstruktur über die Erarbeitung klarer Aussagen bis hin zur wirkungsvollen Frage- und Weisungskompetenz haben Sie eine erprobte Methode kennengelernt, wie Sie Kommunikation möglichst einfach und wirkungsvoll als wichtigen Einflussfaktor Ihrer Führungsleistung nutzen können. Nachfolgend noch einmal die wichtigsten Punkte in der Zusammenfassung: f Weil Kommunikation ein wesentliches, allerdings vielfach in seinem Schwierigkeitsgrad unterschätztes Führungsinstrument ist, lohnt es sich, in die Optimierung der eigenen Kommunikationsfähigkeiten zu investieren. f Eine klare Kommunikationsstruktur ist die Grundlage für einen reibungslosen Informationsfluss. f Die Gestaltung der Kommunikationsstruktur ist eine wichtige Maßnahme, mit der eine Führungskraft ihren Führungsanspruch in der Praxis umsetzt. f Grundlegende Bestandteile der Kommunikationsstruktur sind regelmäßige geplante Einzel- und Gruppenbesprechungen mit den eigenen (direkten) Mitarbeitern. f Meetings lassen sich durch Vorgespräche und eine gute Vorbereitung effizienter gestalten. f Eine klare Sprache trägt wesentlich zu guten Ergebnissen bei. f Zur Vorbereitung eines Gesprächs gehört Klarheit über den eigenen Standpunkt sowie über den Gesprächspartner. f Wenn Sie Ihre Botschaften logisch strukturieren und präzise formulieren, erleichtert das Ihrem Gesprächspartner das Verständnis. f Fragen sind ein wesentliches Instrument der Mitarbeiterführung, insbesondere Lösungs- und Ressourcenfragen. f Klare Anweisungen verdeutlichen Ihren Mitarbeitern, was Sie von ihnen erwarten.
Umgang Wodurch soll der Umgang miteinander in Ihrem Bereich gekennzeichnet sein? Das ist die Fragestellung, um die es in diesem Kapitel geht. Das mag sich zunächst einmal harmlos anhören, geht es doch nur um die vermeintlich nachrangigen weichen Faktoren wie Stimmung und Klima.
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Betrachtet man diese weichen Faktoren jedoch genauer, wird schnell deutlich, dass sie – das werde ich zeigen – einen großen Einfluss auf die Arbeitsergebnisse haben. Denn im täglichen Miteinander haben wir es nicht mit Maschinen zu tun, die unabhängig von Ansprache und Tagesform eine immer gleichmäßige Leistung erbringen, sondern mit Menschen. Und deren persönliche Bedürfnisse wollen erfüllt sein (siehe auch das Gespräch mit Christian Schuster Kultur zählt). Vier Eckpunkte sind es meiner Erfahrung nach insbesondere, die den Umgang miteinander erleichtern, ihn freudvoll gestalten helfen und somit indirekt zu guten Ergebnissen beitragen: Hierarchie X Vertrauen X Humor X Respekt X
Aktionsfragen f Wie wohl fühlen Sie sich im Umgang mit Ihren Mitarbeitern? f Wie würden Sie die Stimmung in Ihrem Bereich auf einem Stimmungsbarometer abtragen (siehe Abb. 2.5)? f Was gefällt Ihnen besonders gut am Umgang miteinander in Ihrem Bereich? f Welche Rückmeldung bekommen Sie von Mitarbeitern oder Kollegen zur Stimmung in Ihrem Bereich?
Umgang
unsicher
selbstbewusst
vorsichtig
zuversichtlich
skeptisch
unterstützend
misstrauisch
vertrauensvoll
abwartend reserviert schroff unpünktlich angespannt ernst hierarchielos entscheidungsschwach nachlässig
zupackend offen wertschätzend pünktlich locker humorvoll hierarchiebewusst entscheidungsfreudig konsequent
ungeregelt
geregelt
laisser-faire
kontrollierend
indirekt vorurteilsvoll desinteressiert
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direkt vorurteilslos interessiert
Abbildung 2.5: Stimmungsbarometer
Hierarchie Hierarchie, also das Verhältnis aus Über- und Unterordnung, erlebe ich als einen der wichtigsten Parameter, wenn es um die Zusammenarbeit in Unternehmen geht. Hierarchie ist quasi die Statik des Miteinanders. So wie ein Haus nur mit einer tragfähigen Statik steht, ist die Einhaltung von Hierarchien auch die Voraussetzung einer gelungenen Zusammenarbeit in Unternehmen. In vielen Coaching-Gesprächen ist Hierarchie ein wichtiges Thema und oft verstecken sich in der Beschäftigung mit Hierarchie wichtige Hinweise auf mögliche Lösungsansätze. Für alle, die in und mit Unternehmen arbeiten, sollte es meines Erachtens deshalb eine elementare Grundhaltung sein, Hierarchie zu achten. Wenn die Achtung von Hierarchie im Bewusstsein einer Führungskraft fest verankert ist, fallen viele der übrigen Führungsaufgaben deutlich leichter, weil klare Verhältnisse herrschen. Das folgende Beispiel zeigt anschaulich, welche Auswirkungen eine vermeintlich geringe Missachtung von Hierarchie zur Folge haben kann.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
In einem Meilensteingespräch mit einem Klienten und dessen Chefin kam die folgende Situation zur Sprache: Mein Klient hatte auf eine Anfrage des Vorgesetzten seiner Chefin (nennen wir ihn Herrn Meier), einem ranghohen Manager, nach Ansicht seiner Chefin nicht adäquat reagiert: Chefin:
„Auf die Mail von Herrn Meier hätten Sie reagieren müssen, das hat für einigen Unmut in der Organisation gesorgt.“
Klient:
„Ich hatte Herrn Meier aber doch schon vor einer Weile darüber informiert, dass sich in dieser Angelegenheit bis September aufgrund der Gesetzeslage nichts tun wird und wir keinen Handlungsbedarf haben. Damit war die Anfrage schon längst beantwortet.“
Chefin:
„Ja, da bin ich inhaltlich bei Ihnen. Aber alleine, dass die Mail von Herrn Meier kommt, sollte Grund genug für Sie sein, schnell darauf zu antworten.“
So wie in diesem Beispiel erlebe ich den Umgang mit Hierarchie in der Praxis oft als schwierig. Sei es, dass eine Führungskraft der Hierarchie eine zu geringe (wie in obigem Beispiel) oder aber eine zu große Bedeutung beimisst. Stimmt aber die Machtdistanz zwischen einer Führungskraft und ihren Mitarbeitern nicht, leidet die Führungswirkung, wie Abbildung 2.6 zeigt.
Umgang
Merkmale zu geringer Machtdistanz
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Merkmale zu großer Machtdistanz
■
Mitarbeiter sehen sich mit der Führungskraft auf einer Stufe
■
Mitarbeiter vermeiden den Kontakt zur Führungskraft
■
Viele Ideen von Mitarbeitern verpuffen unstrukturiert
■
Mitarbeiter zeigen wenig Eigeninitiative
■
Mitarbeiter entscheiden eigenmächtig
■
Mitarbeiter tun sich mit Entscheidungen schwer
■
Fehler bleiben folgenlos
■
Mitarbeiter geben Fehler ungern zu
■
Es herrscht ein zu kumpelhafter und jovialer Umgangston
■
Es herrscht eine sachliche bis frostige Atmosphäre
Abbildung 2.6: Merkmale zu geringer und zu großer Machtdistanz Doch woran liegt es, dass der Umgang mit Hierarchie vielerorts eher problembehaftet ist? Vier Gründe sehe ich dafür im Wesentlichen: 1. Zunächst sind Abhängigkeitsverhältnisse und der resultierende Umgang mit Autoritäten jedem Menschen höchst vertraut, weil sie uns von Geburt an begleiten. Oft genug gestalten sich diese Verhältnisse alles andere als unproblematisch. Zumindest hat jeder seine eigenen Erfahrungen damit gemacht. Diese Erfahrung wird meiner Beobachtung nach oft mit ins Unternehmen genommen und auf das Verhältnis Führungskraft-Mitarbeiter in beide Richtungen übertragen. Im Folgenden einige Fragen, die in diesem Kontext immer wieder relevant sind: Aktionsfragen f Welche guten und weniger guten Erfahrungen haben Sie mit Autorität gemacht? f Wann erkennen Sie jemanden als Autorität an? Wann nicht? f Wie gehen Sie mit Einschränkungen Ihres Handlungsspielraums um?
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
f Wie geht es Ihnen damit, in den Handlungsspielraum anderer einzugreifen? 2. Weiterhin wird in Unternehmen meiner Wahrnehmung nach viel dafür getan, hierarchische Strukturen zu verschleiern und zu relativieren: An und für sich durchaus positive Elemente wie Duz-Kulturen und Teambuilding-Events sowie eine „Wir-sind-alle-eine-großeFamilie-Rhetorik“, die in zahlreichen Unternehmen praktiziert wird, sollten allerdings nicht den Blick dafür verstellen, dass letztlich ökonomische Notwendigkeiten und die alte Weisheit gelten: Über sticht unter. Das sieht man besonders in Krisenzeiten, in denen viele Mitarbeiter feststellen müssen, wie weit beispielsweise die Familienrhetorik reicht (das soll nicht infrage stellen, dass gute Absichten dahinter stecken und viele Unternehmer viel dafür tun, diesen Anspruch auch einzulösen). In manchen Organisationen wird Hierarchie auch explizit kleingeredet („Bei uns gibt es flache Hierarchien.“) oder gleich ganz infrage gestellt („Bei uns gibt es keine Hierarchie.“). Wäre dem tatsächlich so, würde das in der Praxis meiner Erfahrung nach zu einem heillosen Durcheinander führen, weil keiner wüsste, wer beispielsweise Entscheidungen trifft. 3. Des Weiteren muss man wohl anerkennen, dass Führung einsam machen kann – it’s lonely at the top. Der Austausch unter Gleichen wird seltener, weil mit zunehmender hierarchischer Höhe einerseits weniger Gleichrangige zur Verfügung stehen und nicht immer ein offenes Vertrauensverhältnis herrscht. Andererseits ist der Austausch mit den eigenen Mitarbeitern begrenzt. Denn wie will man beispielsweise mit einem Mitarbeiter, mit dem man gestern noch private Themen und vielleicht sogar Probleme besprochen hat oder bei einem Bier (zu viel) um die Häuser gezogen ist, heute ein kritisches Mitarbeitergespräch führen? Trotz der Privilegien, die mit einer Führungsposition einhergehen – einer meiner Ausbilder fasste diese einmal mit „Wohnen im Herrenhaus“ zusammen – ist diese Einsamkeit für einige Führungskräfte nicht leicht auszuhalten und die Versuchung für manchen deshalb groß, einmal Urlaub von der Hierarchie zu machen und einfach als „Mensch wie Du und ich“ unterwegs zu sein.
Umgang
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Dass sich ein kooperatives Miteinander und Hierarchie nicht ausschließen müssen, zeigt deutlich das Beispiel eines Klienten, der seine Führungswirkung verbessern wollte, weil es ihm an Durchsetzungsvermögen mangelte. Konflikte wurden kaum angesprochen bzw. fast nie gelöst und einige Mitarbeiter hatten sich sogar ihre eigenen Regeln der Zusammenarbeit gegeben. Sein größte Sorge bei seinem Anliegen war aber: nicht mehr als freundlicher Mensch gesehen zu werden, wenn er „hart durchgreifen“ würde, und sich somit von seinen Mitarbeitern zu distanzieren. Sein Feedback zum Abschluss des Coachings habe ich noch gut im Gedächtnis: „Zwischen meinen Mitarbeitern und mir ist eine spürbare Distanz entstanden und ich bin meinen Ansprüchen an ein freundliches Miteinander gleichzeitig treu geblieben.“ 4. Es gibt noch einen vierten Grund, der das Anerkennen von Hierarchie erschweren kann: Nicht immer sind Führungspositionen passend besetzt, beispielsweise weil man die beste Fach- zur Führungskraft gemacht und dabei übersehen hat, dass diese kein großes Interesse am Führen hat. Das erschwert es Mitarbeitern häufig, den nötigen Respekt zu zollen bzw. – aus Sicht der Führungskraft – ihn einzufordern. Lässt sich dieses Interesse nicht wecken, kommt auch eine gute Führungskräfteentwicklung nicht mehr weiter, denn Führen muss man zunächst einmal wollen. Aktionsfragen f Was verbinden Sie mit dem Begriff Hierarchie? f Was motiviert Sie, in einer Organisation eine übergeordnete Position einzunehmen? f Wie erleichtert Ihnen Hierarchie Ihre Führungsaufgabe? f Wo sind Sie in Ihrem Führungsalltag bei der Ausübung von Hierarchie schon einmal an Ihre Grenzen gestoßen? f Wie hierarchisch schätzen Sie Ihren Führungsstil auf der folgenden Skala ein? 1 (egalitär, demokratisch) bis 10 (autokratisch, streng hierarchisch)? Was wäre der optimale Wert?
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f Wie erleben wohl Ihre Mitarbeiter die Zusammenarbeit mit Ihnen aus dem Blickwinkel von Über- und Unterordnung? f Wie erleben Sie sich selbst in Arbeitsbeziehungen, in denen Sie eine untergeordnete Position einnehmen? Nachdem wir die Gründe beleuchtet haben, warum der Umgang mit Hierarchie mitunter schwierig ist, lassen Sie uns den Fokus jetzt auf diejenigen Punkte legen, die zeigen, wie Hierarchie leichter funktionieren kann. Und diese sind meiner Erfahrung nach sogar recht einfach umzusetzen. Zunächst einmal zeichnet sich wirksame Führung dadurch aus, dass sie eindeutige und klare Spielregeln setzt. Das kann beispielsweise die Kommunikationsstruktur sein, die von der Führungskraft vorgegeben wird (siehe Kapitel 2, Kommunikation). Oder auch bestimmte Umgangsformen, die eine Führungskraft für wichtig erachtet und auf deren Einhaltung sie im Alltag achtet. Oder auch die Art und Weise der Entscheidungsfindung (siehe unten). Letzten Endes geht es darum, den Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen sich die Mitarbeiter bewegen können. Etwa wie die Straßenverkehrsordnung den Straßenverkehr regelt, aber den Bürgern das Fahren weder abnehmen kann noch will. Aktionsfrage Welches sind die drei wichtigsten Spielregeln in Ihrem Bereich? Ein wesentliches Merkmal oder auch Privileg von hierarchisch Höhergestellten ist, dass sie auch für andere bindende Entscheidungen treffen können und manchmal auch müssen. Je nach Situation empfiehlt sich dabei eine der folgenden vier Vorgehensweisen: A. Der Mitarbeiter trifft die Entscheidung allein. B. Der Mitarbeiter trifft die Entscheidung, nachdem er sich mit der Führungskraft beraten hat.
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C. Die Führungskraft trifft die Entscheidung, nachdem sie sich mit dem Mitarbeiter beraten hat. D. Die Führungskraft trifft die Entscheidung allein. Je nach Situation haben alle vier Vorgehensweisen ihre Vorteile und auch Risiken. Im normalen Alltagsbetrieb ist es aber sicher besser, der Variante A den Vorzug zu geben (siehe auch Kapitel 2, Umgang/Vertrauen, sowie das Gespräch mit Udo Ricke Führung im Rückblick), gefolgt von B und C. Nur wenn keine Einigung erzielt werden kann oder bei grundlegenden Entscheidungen tritt Variante D in Kraft. Unabhängig von der Art und Weise der Entscheidungsfindung in einer bestimmten Situation, ist es meiner Erfahrung nach genauso wichtig, dass die Führungskraft festlegt, wie Entscheidungen getroffen werden, und dies klar kommuniziert. Sind Spielregeln vereinbart (oder auch gesetzt) und Entscheidungen getroffen, geht es an deren Einhaltung. Ist dies nicht der Fall, ist es die Aufgabe der Führungskraft Konsequenzen ziehen (siehe auch Kapitel 4, Kritisches Feedback). Das folgende Beispiel zeigt deutlich auf, welche Folgen es haben kann, auf Konsequenz zu verzichten. Der Geschäftsführer einer mittelständischen Unternehmensberatung beklagte sich darüber, dass eine Reihe von Senior-Beratern nicht im notwendigen Maß akquirierte und diese Aufgabe fast ausschließlich an ihm hängen blieb. Er hätte diesen Punkt in Meetings auch schon mehrfach angesprochen und seine Mitarbeiter hätten sich durchaus einsichtig gezeigt und Besserung gelobt. Bei genauerem Hinsehen wurde allerdings der Wirkmechanismus deutlich, der die Bemühungen meines Klienten ins Leere laufen ließ. Seine Mitarbeiter ließen einmal pro Monat seine Ermahnungen in einem Meeting über sich ergehen. Denn sie wussten nur zu gut, dass es mit dem Auflegen von für sie wenig vorteilhaften Charts über ihre Vertriebsleistung und den entsprechenden, durchaus deutlichen Kommentaren nach spätestens zwei Stunden getan war. Danach konnten sie sich bis zum nächsten Meeting wieder ungestört auf ihre fachliche Arbeit konzentrieren. Denn mein Klient ließ den Worten keine Taten folgen. Stattdessen schulterte er die Kundenakquise erfolgreich, aber immer noch allein.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Der Geschäftsführer hat auf wirkungsvolle Art und Weise und über einen langen Zeitraum sein Standing untergraben. Denn entweder war es ihm ernst mit seinem Anliegen – dann hätte er alles daran setzen müssen, es auch in die Tat umzusetzen. Oder aber er hätte sich mit dem Status quo arrangiert und seine Mitarbeiter nicht weiter kritisiert. Mein Klient hat schließlich die dritte mögliche Alternative gewählt: Er hat sich ein anderes Wirkungsfeld gesucht. Aktionsfragen f Wie hat sich Ihre Einstellung zur Hierarchie im Laufe dieses Kapitels verändert? f Ist es aus Ihrer Sicht sinnvoll, Hierarchie in größerem/geringerem Maß in Ihren Führungsalltag zu integrieren? f Wo sehen Sie gegebenenfalls für sich den größten Hebel, Hierarchie stärker/weniger stark in Ihren Alltag zu integrieren? f Wie könnten Sie davon profitieren? Wie Ihre Mitarbeiter? So wichtig Hierarchie für die Statik des Umgangs miteinander ist, so wichtig sind die drei folgenden komplementären Aktionsfelder Vertrauen, Humor und Respekt für einen konstruktiven Umgang miteinander. Das trifft insbesondere für diejenigen Führungskräfte zu, in deren Alltag Hierarchie eine zu dominante Rolle einnimmt und bei denen die Machtdistanz zu sehr ausgeprägt ist.
Vertrauen Vertrauen ist essenzieller Teil einer Erfolgskultur. Einerseits aus der Notwendigkeit heraus: Je schneller und komplexer Arbeitsprozesse werden und je mehr sich der Arbeitstag verdichtet, desto notwendiger ist Vertrauen. Denn selbst wenn sie es wollte, kann eine Führungskraft nicht alle Arbeitsschritte selbst kontrollieren, und das aus mehreren Gründen: X
Es fehlt die Zeit, allumfassend zu kontrollieren.
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Kontrolle verlangsamt den Arbeitsprozess. Das Know-how ist im Detail oft nicht vorhanden. X Umfassende Kontrolle ist in vernetzten Arbeitswelten nur schwer möglich. X X
Andererseits ist Vertrauen aus der Erkenntnis heraus geboten, dass es zu einem produktiveren, schnelleren und innovativeren Arbeiten führt, wenn Verantwortung in den Händen der Mitarbeiter liegt und ihnen somit Verund Zutrauen signalisiert wird (siehe auch Kapitel 1, Veränderung mentaler Skripte). Die meisten Mitarbeiter arbeiten zudem deutlich lieber und mit mehr Engagement, wenn ihnen Vertrauen geschenkt wird und sie die Freiheit genießen, Arbeiten eigenverantwortlich auszuführen – das ist wahrscheinlich auch Ihre eigene Erfahrung. Man kann also festhalten: Führung ohne Vertrauen funktioniert nicht. Oder umgekehrt formuliert: Mit Vertrauen funktioniert Führung umso besser. Aktionsfrage Woran merken Ihre Mitarbeiter, dass Sie ihnen vertrauen? „Vertrauen verpflichtet. Es erzeugt Ansprüche“, schreibt Reinhard Sprenger in Vertrauen führt. Wenn Sie Ihren Mitarbeitern Vertrauen schenken, erwerben Sie damit eine hohe Gewissheit, dass dieses Vertrauen auch gerechtfertigt ist. Denn echtes Vertrauen, das den Erfolg einer Sache in die Hände anderer legt, erzeugt einen hohen Grad an Verantwortungsgefühl. Zwei Beispiele illustrieren diese bindende Kraft des Vertrauens: Einer meiner Klienten, ein Rechtsanwalt in einer internationalen Kanzlei, bekam von seiner Führungskraft einen neuen Kunden mit folgendem Wortlaut in einer E-Mail avisiert: „Der Mandant ist der Bruder meines besten Kontakts bei (Name des Unternehmens).“ Seine Reaktion können Sie sich vorstellen: Zunächst hat sich mein Klient natürlich gefreut und sich für das Vertrauen seines Chefs bedankt, einen so wichtigen Kontakt in seine Hände zu legen. Und natürlich hat er sich besondere Mühe gegeben, dieses Vertrauen durch eine gute Leistung zu rechtfertigen.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Das zweite Beispiel: In einem Gästehaus auf Juist, in dem ich Teile dieses Buchs geschrieben habe, steht den Gästen sowohl eine voll ausgestattete Teeküche als auch eine gut sortierte Bar zur Selbstbedienung zur Verfügung. Neben der jeweiligen Preisliste liegt eine Liste aus, auf der die Gäste ihren Verzehr selbst notieren. Das Verfahren ist nicht nur für die Gäste angenehm, weil sie damit einerseits eine große Freiheit besitzen, sich zu jeder Tageszeit zu versorgen und sich andererseits wie zu Hause fühlen, wo man ja auch einfach zum Kühlschrank geht, wenn man Durst hat. Auch die Besitzer der Pension profitieren, indem sie Zeit sparen, eine hohe Kundenbindung erzeugen und sogar mehr Umsatz generieren als zu den Zeiten, in denen sie die Gäste noch persönlich bedient haben. Jetzt haben Sie aber wahrscheinlich auch schon einmal die Erfahrung gemacht, dass Ihr Vertrauen enttäuscht wurde. Um bei dem Beispiel meiner Pension zu bleiben: Der eine oder andere Kaffee wird in dem auf Vertrauen basierenden System wahrscheinlich nicht aufgeschrieben werden. Somit ist eine kleine Enttäuschung der Preis für eine Kultur des Vertrauens, deren Vorteile die Nachteile aber bei weitem überwiegen. Jede Führungskraft tut also gut daran, Enttäuschung als einen möglichen Ausgang zu berücksichtigen. Allerdings kann jede Führungskraft auch eine Menge dafür tun, dass ihr Vertrauen gerechtfertigt ist und Enttäuschungen mithin die Ausnahme bleiben. Zunächst einmal minimieren Sie das Risiko, enttäuscht zu werden, beträchtlich, wenn Sie die Persönlichkeit ebenso wie die Stärken und Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter gut kennen. Wenn Sie sicher abschätzen können, welchen Mitarbeiter Sie mit welcher Aufgabe betrauen können und wie ein Mitarbeiter typischerweise agiert, haben Sie damit eine wirksame „Vertrauensversicherung“ abgeschlossen. Wie Sie die Stärken und Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter treffsicher einschätzen, lesen Sie in Kapitel 3, Stärken erkennen. Will man nicht „blind vertrauen“, gesellt sich zum Vertrauen auch die Kontrolle. Führungskräfte befinden sich in einem Spannungsverhältnis, einerseits Vertrauen schenken zu wollen (und auch zu müssen), andererseits aber auch ein gewisses Maß an Kontrolle ausüben zu müssen, um
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den Überblick zu behalten. Einer meiner Klienten hat diesen vermeintlichen Widerspruch so aufgelöst: „Du musst immer genug wissen, um gefährlich zu sein.“ Man muss nicht alles wissen, aber eben doch genug, um die entscheidenden Fragen zu stellen und zur rechten Zeit zu intervenieren. Es geht also darum, in welchem Maß eine Führungskraft ihren Mitarbeitern einerseits vertraut und ihnen Freiraum einräumt und in welchem Maß sie andererseits notwendige Kontrolle ausübt und sich über das Geschehen in ihrem Bereich auf dem Laufenden hält. Denn beide Extreme für sich genommen funktionieren kaum: Wenn Vertrauen in Desinteresse und Beliebigkeit mündet, funktioniert es in der Tat nicht, ebenso wenig funktioniert andauernde akribische Kontrolle. Meiner Erfahrung nach entstehen leistungsfähige Kulturen dann, wenn im Grundsatz ein hohes Maß an Vertrauen herrscht, das durch ein moderates Maß an Kontrolle abgesichert wird. Um noch einmal das Beispiel des Gästehauses heranzuziehen: Deren Besitzer gleichen den Wareneinsatz periodisch mit dem Umsatz ab und haben somit jederzeit den Überblick über die relevanten Kennzahlen und könnten intervenieren, ohne aber jeden Gast und jede „Bestellung“ einzeln zu kontrollieren. Wie kann eine Führungskraft im Führungsalltag Kontrolle ausüben, ohne gleich zu einem Kontrollfreak zu werden, der die Mitarbeiter gängelt und damit jede Initiative im Keim erstickt, beispielsweise durch den berühmten ständigen Blick über die Schulter oder den abendlichen Kontrollanruf? Im Normalfall reicht eine intakte Kommunikationsstruktur (siehe Kapitel 2, Kommunikation) aus, um über alle relevanten Vorgänge hinreichend im Bilde zu sein. Wenn Sie Mitarbeiter regelmäßig treffen, sich für deren Arbeit interessieren und sich über den aktuellen Stand austauschen, sollte das an Kontrolle genügen. Auch in diesem Prozess können Sie den Mitarbeitern Vertrauen schenken, indem Sie, wie in dem Gesprächsleitfaden auf Seite 76 f. geschildert, nicht alle Aufgaben abfragen, sondern zu großen Teilen dem Mitarbeiter die Entscheidung überlassen, über welche Themen er mit positivem oder negativem Vorzeichen mit Ihnen sprechen möchte. Zwischen den terminierten Gesprächen vertrauen Sie darauf, dass Ihre Mitarbeiter mit Fragen zu Ihnen kommen. Nur wenn einzelne Mitarbeiter vermehrt Fehler machen und das Leistungsniveau zu wünschen übrig lässt, ist es notwendig, Kontrollen engmaschiger und
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detaillierter vorzunehmen. Umgekehrt können Sie mit der Zeit mehr Vertrauen schenken, wenn dies durch gute Ergebnisse gerechtfertigt wird. Ein weiterer Weg, um gut über das Leistungsniveau im Bilde zu sein, ist das Einholen von externem Feedback. Wenn Sie regelmäßig mit Ihren (externen oder internen) Kunden über die Qualität Ihrer Leistung im Austausch stehen, können Sie diesen Input als eine Art Risikoradar nutzen und bei Bedarf mit den betreffenden Mitarbeitern weitere Schritte überlegen. Lassen Sie uns zum Abschluss dieses Kapitels Vertrauen noch aus einer weiteren Perspektive betrachten und überlegen, was Sie dafür tun können, dass Ihre Mitarbeiter Ihnen vertrauen. Drei Aspekte erscheinen mir in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Zunächst ist es wichtig, als Führungskraft berechenbar und verlässlich zu sein. Das amerikanische Idiom „walk the talk“ – also das zu tun, was man gesagt hat – fasst diesen Punkt gut zusammen. Das heißt insbesondere auch, selbst das zu tun, was man von den Mitarbeitern erwartet. Hier ist die Führungskraft als Vorbild gefragt. Ein zweiter wichtiger Aspekt, wenn es darum geht, das Vertrauen der eigenen Mitarbeiter zu gewinnen, ist, deren Ergebnisse auch als solche auszuweisen, beispielsweise bei der Geschäftsführung, im eigenen Team oder in benachbarten Abteilungen. Das mindert die Leistung der Führungskraft nicht. Eher im Gegenteil, denn letztlich fallen gute Leistungen auf sie zurück (siehe auch Kapitel 4, Positives Feedback). Schließlich heißt Vertrauen aus Sicht der Mitarbeiter auch, dass Sie diese „nach oben“ in Schutz nehmen, für Fehler der Abteilung einstehen und nicht jede Kritik und jeden Druck ungefiltert weitergeben. Aktionsfragen f Wie haben Sie Vertrauen und Kontrolle in Ihrem Bereich austariert? f In welchen Situationen haben Sie Mitarbeitern in letzter Zeit bewusst Vertrauen geschenkt? f Wo haben Sie sich bewusst für Kontrolle entschieden? f Wie würden Ihre Mitarbeiter diese Fragen beantworten?
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f Wie können Sie Ihren Mitarbeitern mehr Vertrauen schenken? f Wo müssten Sie mehr Kontrolle ausüben? f Gibt es Gründe, die es Ihnen erschweren, Vertrauen zu schenken bzw. Kontrolle auszuüben? f Wie stark, denken Sie, vertrauen Ihre Mitarbeiter Ihnen? Was haben Sie dazu beigetragen?
Humor Führung ohne Humor ist witzlos – so könnte man dieses Kapitel gut überschreiben. In der Tat ist Humor ein äußerst wirksames Führungsinstrument. Humor bringt Ambivalenz ins Spiel, verpackt Kritik so, dass sie leichter genießbar ist, entspannt erhitzte Situationen und spitzt Themenstellungen pointiert zu, um nur einige seiner positiven Wirkungen zu nennen. Vor allem aber verführt Humor zum Lachen. Und die zahlreichen, positiven Wirkungen des Lachens beschäftigen selbst die Vereinten Nationen. Deren Untersuchungen, im Detail nachzulesen in Führen mit Humor des Wiener Philosophie-Dozenten Gerhard Schwarz, identifizieren sechs Dimensionen des konstruktiven Lachens: X X X X X X
Lachen macht gesund, macht schön (vielleicht in diesem Kontext nicht das entscheidende Argument, aber gut zu wissen), macht selbstsicher, macht erfolgreich, gibt Ansehen und Einfluss, löst Konflikte.
Bei so vielen positiven Effekten von Humor und Lachen sollte man meinen, dass es in Unternehmen viel zu lachen gibt. Aber im Gegenteil: In meinen Gesprächen mache ich die Erfahrung, dass viele Klienten mit Humor in ihrem (Führungs-)Alltag recht sparsam umgehen. Wenn ich Klienten die Rückmeldung gebe, dass sie einen „tollen Humor“ hätten und ob dieser ihnen in der jeweiligen vertrackten Situation nicht schon
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gute Dienste geleistet hätte, höre ich oft folgende Reaktion: „Ja, das höre ich privat auch oft, aber in der Firma lasse ich das lieber.“ Aktionsfrage Finden Sie, dass Sie im Alltag genügend lachen? Zwei Ängste höre ich heraus, wenn es schwerfällt, Humor zu zeigen: Einerseits fürchten viele, nicht mehr ernst genommen zu werden, wenn sie Humor zeigen, lachen oder fröhlich sind. Ich erinnere mich noch gut an die Teilnehmerin eines Gruppen-Coachings, die in den ersten zwei Treffen mit sehr ernster, fast versteinerter Miene in der Gruppe saß und zwar aktiv teilnahm, aber nicht ein einziges Lächeln zeigte. Im dritten Treffen kam der Durchbruch: Aufgrund einer witzigen Situation musste auch sie lachen. Ohne viel nachzudenken sagte ich zu ihr: „Davon würde ich gern mehr sehen.“ Ihre (gekürzte) Antwort: „Ich will doch nicht als giggelndes Ding dastehen.“ Doch diese Furcht ist in den meisten Fällen unbegründet. Vielmehr mache ich die Erfahrung, dass Klienten, die ihren Humor im Alltag vermehrt zeigen, damit sehr gute Erfahrungen machen und beruflich leichter klarkommen. Die zweite Sorge drückt sich in der Frage aus, ob der Humor beim entsprechenden Gesprächspartner auch ankommt. Dies ist allerdings eine Frage, die a priori nicht zu beantworten ist. Wahrscheinlich wird es in der Tat immer irgendeinen „Humormuffel“ geben, dem kein Spaß recht ist. Weitaus häufiger, so meine Erfahrung, ist jedoch die gegenteilige Erfahrung, dass Humor von sehr vielen Kollegen geschätzt wird. Deshalb kann die Antwort auf diese Frage nur lauten: Seien Sie beim Ausprobieren von Humor ruhig ein wenig wagemutig. Im Zweifelsfall beobachten Sie die betreffende Person erst einmal in anderen Situationen und stellen fest, wie sie dort auf Humor reagiert bzw. ob sie dieses Stilmittel selbst einsetzt. Bevor es nachfolgend darum geht, wie sich Humor fördern lässt, sei noch kurz vor Spott, Hohn und Zynismus gewarnt. Das wäre falsch verstandener Humor und würde den gegenteiligen Zweck von konstruktivem Humor erfüllen.
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Was können Sie nun aber dafür tun, Humor aktiv in den Alltag einzubauen? Vier Kniffe habe ich dafür als hilfreich erlebt:
1. Freie Fahrt für Humor Oft mache ich die Feststellung, dass es ausreicht, wenn meine Klienten das Thema Humor für sich reflektieren und sich danach selbst die Erlaubnis erteilen, Humor häufiger einzusetzen. Eine besonders originelle Methode, Humor in ihren Alltag zu integrieren, ist in der Arbeit mit einer Klientin entstanden: Sie hat sich eine „Humorflasche“ zugelegt, die sie in ihrer Schreibtischschublade verwahrte (siehe Abb. 2.7). Wenn eine kritische Situation anstand, hat sie einen Schluck daraus genommen und ist so gestärkt aufgebrochen. Für meine Klientin war es eine erleichternde Erfahrung, im Unternehmen ihre gesamte, humorvolle Persönlichkeit einbringen zu können – und das mit gutem Effekt.
Abbildung 2.7: Humorflasche
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2. Mit gutem Beispiel vorangehen Wer über sich selbst lachen kann, ist im Vorteil. Diese Erfahrung mache ich im Coaching regelmäßig, wenn wir an eine kritische Situation kommen. Es ist ungemein befreiend für meine Klienten und die Situation, wenn plötzlich die Erkenntnis wächst, wie man sich verhalten hat, und selbst darüber lachen kann (meistens lache ich dann auch ganz gern mit, weil ich mich darüber freue, dass der Klient die Sache mit Humor nimmt). So hatte z. B. ein Klient die Angewohnheit, sich recht wortreich auszudrücken und in seine Ausführungen recht viele gedankliche Schleifen einzubauen. Mit einem Satz: Er kam selten zum Punkt. Auch mit Nachfragen wie „Jetzt habe ich aber immer noch nicht verstanden, was Sie mir damit überhaupt sagen wollen?“, kam ich nicht zum Ziel. Der Durchbruch kam, als ich vor einem unserer Gespräche eine Postkarte mit folgendem Aufdruck auf den Tisch legte: Komm zum Punkt (siehe Abb. 2.8). Zunächst bemerkte mein Klient die Karte gar nicht, brach aber in Gelächter aus, als er sie nach kurzer Zeit tatsächlich wahrnahm. Danach hat er sich mit einem Schmunzeln immer wieder selbst auf seine Ausschweifungen hingewiesen, die mit der Zeit allerdings deutlich weniger wurden. Jedes Mal hatten wir beide Spaß dabei, sein Muster zu erkennen und in Folge zu verändern. Mit einem Schmunzeln über sich selbst lässt sich auch im Alltag so manche Situation entschärfen.
Komm zum Abbildung 2.8: Komm zum Punkt
3. Situationen umformatieren Gerade bei wiederkehrenden kritischen Situationen höre ich von Klienten, dass es ihnen hilft, diese in Gedanken humorvoll zu konnotieren. Ein sehr schönes Beispiel dafür ist die folgende Situation: Ein Klient hatte Schwierigkeiten im Umgang mit einem Kollegen, auf dessen Zusammenarbeit er angewiesen war. Häufig kam es zur Eskalation und der
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Kollege verweigerte seine Unterstützung, u. a. deshalb, weil mein Klient viel Druck aufbaute und nicht beachtete, dass der Kollege eine andere Denk- und Arbeitsweise hatte. Jedenfalls kam er mit seiner forschen Art bei diesem Kollegen nicht weiter. In der gemeinsamen Arbeit war die Idee entstanden, die Treffen mit dem Kollegen als Reise in ein fremdes Land zu formatieren, in dem Sprache und Gebräuche andere sind als zu Hause – das ist ein Gebiet, auf dem er über große Erfahrung verfügte. Seitdem hat mein Klient also keine Treffen mehr mit einem „schwierigen Kollegen“, sondern verreist in ein anderes Land mit anderen Sitten. Die Zusammenarbeit hat sich in der Folge deutlich verbessert und es kamen „plötzlich“ sogar Situationen zustande, in denen schnell ein Konsens erreicht wurde (was zu beiderseitigem, erstauntem wie erfreutem Aufmerken führte: „Das kann ja gar nicht sein …“).Vielleicht gibt es auch in Ihrem Alltag Situationen, die aus einem humorvollen Blickwinkel leichter zu handhaben sind?
4. Humor einstudieren Besonders effektiv ist es auch, die Anwendung von Humor in kritischen Situationen a priori oder ex post einzustudieren. Die Ex-post-Methode kennen Sie schon aus Kapitel 1: Nicht selten fällt einem die passende Bemerkung ja erst im Nachhinein ein. Anstatt sich darüber zu ärgern, dass diese Erkenntnis erst so spät kommt, nutzen Sie den Moment und gestalten Sie die Situation nachträglich neu, indem Sie sich in Ruhe passende, humorvolle Bemerkungen überlegen. So bekommen Sie mit der Zeit Übung darin und erarbeiten sich eine kleine Sammlung humorvoller Repliken. Aber auch vorbereitend lässt sich der passende, humorvolle Kommentar üben. Mit der folgenden Übung, die – gekürzt und adaptiert – dem oben zitierten Buch von Gerhard Schwarz entstammt, können Sie das im Umgang mit „schwierigen“ Mitarbeitern tun. Welche humorvollen Antworten fallen Ihnen im Umgang mit „schwierigen“ Mitarbeitern ein?
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Aktionsfragen Wie begegnen Sie den folgenden „schwierigen“ Mitarbeitertypen auf humorvolle Weise? f Miesmacher: _______________________________________________ f Schweiger: _______________________________________________ f Leistungsverweigerer: _______________________________________________ f Rüpel: _______________________________________________ f Zuspätkommer: _______________________________________________
Ideen für mögliche Antworten im humorvollen Umgang mit „schwierigen“ Mitarbeitern: X
Miesmacher
„Da sind Sie jetzt aber ein bisschen zu optimistisch.“ „Ich sehe, es scheint Ihnen wieder besser zu gehen.“ „Ein Pessimist ist ein Optimist mit Erfahrung.“ „Ihre Haltung hindert uns jedenfalls an realitätsfernem Optimismus.“ „Nicht, dass ich Sie der Schönfärberei bezichtigen möchte, aber welche positiven Aspekte sehen Sie denn in dieser Angelegenheit?“
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Schweiger „Vielsagend, Ihr Schweigen.“ „Sie haben wahrscheinlich nachgedacht, während wir redeten. Was ist Ihnen denn eingefallen?“ „Ihr Schweigen macht mich ganz nachdenklich.“ „Ich wünschte, ich könnte Ihre Gedanken lesen.“ / „A penny for your thoughts.“
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Leistungsverweigerer
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„Welche Aufgaben könnte ich Ihnen denn noch abnehmen?“ „Sie geizen aber ganz ordentlich mit Ihrem Fleiß.“ „Ist es nicht sehr anstrengend, so wenig zu tun?“ „Wie schaffen Sie es nur, Ihren Ehrgeiz so zu zügeln?“
Rüpel „Wo kann man das denn lernen, haben Sie extra einen Kurs besucht?“ Alternativ: „Ihre Weiterbildung scheint ja ein durchschlagender Erfolg gewesen zu sein.“ „Begehen Sie heute den Tag der Unfreundlichkeit?“ „Keine Ursache, fragen Sie mich gern wieder.“ „Es tut mir leid, dass Sie solch eine Kinderstube hatten.“ „Diese Antwort hatte ich mir gewünscht.“
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Zuspätkommer „Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt.“ „Sie ermöglichen uns eine Schleife zum ersten Tagesordnungspunkt.“ „Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige.“
Respekt Arbeitsverhältnisse sind zunächst einmal Zweckbündnisse, denn es geht primär darum, eine bestimmte Leistung zu erbringen. Dafür wird ein Mitarbeiter eingestellt und erhält sein Gehalt. Entfällt die Aufgabe, wird er (dafür) nicht mehr gebraucht. Bei genauerer Betrachtung wird allerdings schnell deutlich, dass diese Sicht des Menschen als ausschließli-
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
ches Mittel zum Zweck deutlich zu kurz greift und nur die Seite des Arbeitsverhältnisses beschreibt, die dieses auf Leistung und Gegenleistung reduziert. Der Mensch an sich verschwindet hinter ökonomischem Kalkül und fühlt sich schnell nicht mehr gesehen und anerkannt, wenn er nur noch als Mitarbeiter zählt. Deshalb kommt Respekt, also der Achtung vor dem Menschen an sich, eine entscheidende Bedeutung im Umgang miteinander zu. Schon Immanuel Kant legte in der Metaphysik der Sitten dar, dass der Mensch niemals nur als Mittel zum Zweck, sondern immer auch als Zweck in sich selbst behandelt werden müsse. Neben Aufgabe und Leistung treten also Respekt und Achtung vor deren Erbringer als Mensch. Wem Kant zu weit entfernt vom modernen Wirtschaftsleben erscheint, den mag das folgende Phänomen überzeugen, das Malcolm Gladwell in Blink schildert und das die wirtschaftlichen Folgen von Respekt (oder eben auch von Nicht-Respekt) prägnant aufzeigt. In mehreren Experimenten haben Wissenschaftler erforscht, aus welchen Gründen Ärzte für Kunstfehler verklagt wurden. Die verblüffende Erkenntnis: Es bestand fast kein Zusammenhang zwischen einem tatsächlichen Behandlungsfehler und einer Anklage. Die Gründe für eine Anklage lagen vielmehr in der Qualität der Beziehung, die ein Arzt zu seinem Patienten aufgebaut hatte. Um diese zu bestimmen, wurden bei einer Studie Arzt-Patienten-Gespräche (durch die Eliminierung der hohen Frequenzen) beispielsweise so verfremdet, dass nur noch die Tonalität und nicht mehr der Inhalt zu verstehen war. Die Teilnehmer der Studie haben durch diese kurzen Gesprächssequenzen mit hoher Treffsicherheit diejenigen Ärzte erkennen können, die schon häufiger verklagt wurden. Der Schlüssel war der Tonfall des Arztes: War dieser dominant und wenig respektvoll, war dies ein untrügliches Anzeichen dafür, dass der Arzt zur Gruppe der „Verklagten“ gehörte. In einem weiteren Experiment wurde auch die Zeitdauer gemessen, die sich die Ärzte der beiden Gruppen (Verklagte vs. Nicht-Verklagte) mit einem Patienten beschäftigten. Das Ergebnis wird Sie nicht mehr sonderlich überraschen: Ärzte, die nicht verklagt wurden, nahmen sich durchschnittlich 20 % mehr Zeit für ihre Patienten und gingen persönlicher auf diese ein.
Umgang
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Nun sind Führungskräfte keine Ärzte und Mitarbeiter keine Patienten. Doch das Wirkprinzip, das durch diese Studien erkannt wurde, sollte auch Führungskräfte aufhorchen lassen, denn es bestehen durchaus Parallelen zwischen einer Arzt-Patienten-Beziehung und der zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Um nur zwei zu nennen: Das Abhängigkeitsgefüge zwischen Führungskraft und Mitarbeiter erscheint mir vergleichbar zu sein – die Deutungshoheit über eine Situation ist eindeutig verteilt (siehe auch das Kapitel 2, Umgang/Hierarchie). Darüber hinaus besitzen auch Führungskräfte einen Informationsvorsprung vor ihren Mitarbeitern. Und um noch eine dritte Parallele anzuführen: Beide Beziehungen können mit relativ geringem Aufwand eingegangen und auch wieder beendet werden. Vielleicht sind Sie auch schon Personen begegnet, die Sie schnell eine Abwehrhaltung einnehmen lassen, unabhängig vom Inhalt des Gesagten? Achten Sie in solchen Fällen doch einmal verstärkt auf den Habitus der betreffenden Person. Ist dieser beispielsweise von Überheblichkeit, Unfreundlichkeit oder Knappheit gekennzeichnet? Was können Führungskräfte jetzt aber konkret tun, um einen respektvollen und wertschätzenden Umgang in ihrem Bereich zu fördern? Meiner Erfahrung nach zeichnet sich ein respektvolles Miteinander vor allem durch die folgenden Merkmale aus: X
Die Basis jedweden Zusammenseins ist sicherlich eine Umgangsform, die durch Freundlichkeit & Höflichkeit geprägt ist. Das hört sich selbstverständlich an und sollte leicht umzusetzen sein. Doch mitunter scheitert dieser Punkt schon an einem freundlichen „Guten Morgen“ oder „Danke“, das höre ich immer wieder von Klienten. An dieser Stelle ist die Führungskraft als Vorbild gefragt. Ein „Ich weiß, dass ich oft ohne ein Wort in meinem Büro verschwinde“, kann dabei nur der erste Schritt hin zu mehr Höflichkeit sein. Auch ein freundlicher, wertschätzender Umgangston sollte eine Selbstverständlichkeit darstellen, gerade auch in Kritikgesprächen (siehe Kapitel 4, Kritisches Feedback). Denn von einem z. B. lauten Umgangston profitiert niemand. Wem in solchen Situationen eine humorvolle Bemerkung einfällt, der ist im Vorteil, weil er die Lacher auf seiner Seite hat (siehe auch das
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Kapitel 2, Umgang/Humor). Ansonsten empfehle ich, den Raum zu verlassen, vielleicht mit einem Kommentar wie: „Wir können gern in Ruhe weiterreden; melden Sie sich doch bei mir, wenn das wieder möglich ist.“ Daneben ist Pünktlichkeit, die auch als die Höflichkeit der Könige bezeichnet wird, eine Grundvoraussetzung des höflichen Umgangs. Gerade weil sie es sich ohne direkte Konsequenzen leisten könnten, tun Führungskräfte gut daran, sich bei Terminen mit Mitarbeitern selbst zur Termintreue zu disziplinieren. Auf diese Weise agieren sie gleichzeitig als Vorbild. X Auch ein persönliches wie fachliches Interesse am Mitarbeiter ist meines Erachtens ein Zeichen von Respekt. Das heißt einerseits, sich generell dafür zu interessieren, wie der Mitarbeiter mit seinen Aufgaben klarkommt und wie zufrieden er damit ist. Daneben bedeutet es aber auch, Anteil zu nehmen an den Interessen des Mitarbeiters sowie wesentlichen privaten Ereignissen wie Hochzeit, Abitur der Kinder, Krankheiten in der Familie oder Urlaubszielen. Darüber sollte die Führungskraft gut informiert sein. Der einfachste Weg dahin sind informelle Gespräche auf dem Flur oder bei gemeinschaftlichen Veranstaltungen (siehe auch das Gespräch mit Udo Ricke Führung im Rückblick). X Die Achtung der Persönlichkeit sollte ebenfalls zu den Selbstverständlichkeiten gehören. Dazu gehören vor allem diejenigen Merkmale einer Person, die unter der Überschrift Diversity zusammengefasst werden, insbesondere Geschlecht, Behinderungen, Rasse, Alter und sexuelle Orientierung. Wer der Mitarbeiter im Privatleben ist und was er dort macht, sollte im Normalfall keinen Einfluss auf die Beziehungen am Arbeitsplatz haben. Am Arbeitsplatz zählen zunächst Leistung und gegenseitiger Respekt. X Mit Aufrichtigkeit als Teil respektvollen Umgangs meine ich vor allem, dass Kritik direkt kommuniziert wird. Und wenn es nur deshalb ist, weil Tratsch wie in dem folgenden Beispiel doch recht schnell ans Licht kommen kann. Eine Klientin hörte auf dem Weg in die Teeküche, dass dort negativ über sie gesprochen wurde. Sie ging trotzdem hinein und kommentierte die Szene wie folgt: „Sprecht ruhig weiter, ich kenne die Geschichte ja schon.“ Chapeau für diese Schlagfertig-
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keit. Aber natürlich war die Situation für alle Beteiligten unangenehm und hatte ein ernsthaftes Gespräch zur Folge, in dem meine Klientin den betreffenden Kollegen auf sein Verhalten ansprach. Der Grundsatz, der aus dieser Situation erwächst, lautet: Gerade bei Konflikten gilt es, mit und nicht über Kollegen zu sprechen (siehe auch Kapitel 4, Kritisches Feedback). X Respekt schließt in meinem Verständnis auch Rücksicht & Hilfsbereitschaft ein. Jeder steht einmal mit dem falschen Fuß auf und jeder hat auch Gebiete, auf denen er nicht perfekt ist, oder aktuelle Lebensumstände, die momentan andere Prioritäten erfordern, beispielsweise die eigenen Kinder. Schön ist es, wenn dafür Verständnis besteht und Kollegen sich gegenseitig Hilfe anbieten. Auch hier kommt der Führungskraft eine Vorbildfunktion zu, indem sie sich selbst diese „schwachen“ Seiten eingesteht und nach Hilfe fragt, andererseits aber auch dafür sorgt, dass niemand beispielsweise wegen eines Unvermögens bloßgestellt wird, sondern dass Angebote zur Hilfestellung selbstverständlich sind. Zugegeben, die oben geschilderten Verhaltensweisen stellen einen hohen Anspruch an die Führungskraft. Deshalb empfinde ich es umso wichtiger, sich jeden Tag aufs Neue darum zu bemühen, ihnen gerecht zu werden. Dann wird, um Daniel F. Pinnows Zitat aufzugreifen, der jeweilige Einflussbereich einer Führungskraft jeden Tag ein Stück weit mehr eine Welt sein, der andere gern angehören wollen.
Fazit Was unter der Überschrift Umgang eingangs noch recht „leichtfüßig“ daherkam, hält in den Rubriken Hierarchie, Vertrauen, Humor und Respekt doch eine ganze Menge wirkungsvoller Hebel parat, mit denen sich die Leistungserbringung wirkungsvoll unterstützen lässt. Nachfolgend noch einmal die wichtigsten in der Zusammenfassung: f Hierarchie sorgt für die Statik des Miteinanders und erleichtert die Führung. f Jedes Mitglied einer Organisation tut gut daran, Hierarchie auch im Kleinen zu achten.
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f Hierarchie auszuüben lässt sich gut mit einem kooperativen Umgang vereinbaren. f Hierarchie lässt sich mit klaren Spielregeln und Entscheidungen sowie mit konsequentem Handeln im Alltag umsetzen. f Vertrauen ist in komplexen Organisationen ein grundlegendes Prinzip der Zusammenarbeit. f Vertrauen verpflichtet und spornt Mitarbeiter an, diesem Vertrauen gerecht zu werden. f Vertrauen setzt die Kenntnis der Stärken und Fähigkeiten der eigenen Mitarbeiter voraus. f Es ist hilfreich, damit zu rechnen, dass Vertrauen auch enttäuscht werden kann. f Zum Vertrauen gehört auch ein Mindestmaß an Kontrolle. f Humor hat als Führungsinstrument zahlreiche positive Wirkungen: Gesundheit, Selbstsicherheit, Konfliktlösung und Erfolg. f Humor kommt in den meisten Fällen und bei den meisten Menschen gut an, auch in Unternehmen. f Humorvoller Umgang kann geübt werden. f Ein respektvoller Umgang gestaltet das Miteinander angenehmer und vermindert das Risiko, Mitarbeiter gegen sich aufzubringen. f Respekt im Alltag äußert sich durch Höflichkeit, Interesse, Achtung der Persönlichkeit, Aufrichtigkeit und Rücksichtnahme.
Ergebnisse Gute Ergebnisse sind es, an denen die Qualität der Führungsleistung unterm Strich gemessen wird. In diesem Kapitel geht es deshalb darum, wie Sie als Führungskraft dazu beitragen können, dass eine Kultur entsteht, die Ihre Mitarbeiter bei einer hochwertigen Leistungserbringung unterstützt, und zwar anhand der folgenden drei Aktionsfelder: Erfolg denken Sinn stiften X Ziele verfolgen X X
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Erfolg denken Unsere Gedanken beeinflussen unsere Handlungen. Dieser These werden Sie wahrscheinlich zustimmen (siehe auch Kapitel 1, Veränderung mentaler Skripte). Um zu verdeutlichen, wie groß der Einfluss unserer Gedanken auf unsere Handlungen aber tatsächlich ist, möchte ich Ihnen zunächst zwei Experimente vorstellen, die Malcolm Gladwell in Blink beschreibt. Das erste heißt nach seinem Erfinder das „BarghExperiment“. Nachfolgend können Sie selbst daran teilnehmen, Sie benötigen dafür nur ein paar Minuten Zeit.
Experiment 1 Bitte bilden Sie aus den folgenden Wortgruppen jeweils einen Satz mit vier Wörtern. 01 ist warm Himmel grau der 02 Sonnenschein Temperatur Rosinen schrumpeln lässt 03 Birnen geben ersetze kaputten die 04 lange lebten süß zusammen sie 05 war immer Dänemark schweigsam er 06 er Oldtimer Wind den polierte 07 Jubilar gern Galerie der malt 08 er Leder Flugzeug das nahm 09 Auto grün langsam das fuhr 10 Whisky der Hügel alt war Das war nicht besonders schwierig. Aber ist Ihnen etwas aufgefallen? Während Sie die Sätze gebildet haben, hat sich Ihr Gehirn unbewusst mit dem Alter beschäftigt. Das liegt daran, dass in den meisten Sätzen jeweils ein Wort vorkommt, das wir mit „alt“ assoziieren, beispielsweise grau, schrumpeln und Leder. Doch das Überraschende an diesem Experiment ist: Die Testpersonen, die an Barghs Experiment teilgenommen haben,
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sind nach dem Bilden der Sätze langsamer und gebeugter aus seinem Büro gegangen als diejenigen Testpersonen, die sich nicht mit „alten“ Begriffen beschäftigt haben. Ihr Gehirn hat die „alten“ Worte unbewusst verarbeitet und auf diese Weise eine „alte Welt“ in ihren Gedanken erschaffen, sodass sie sich nach dem Experiment tatsächlich ein Stück weit so verhalten haben wie eine alte Person. Bargh nennt dieses Phänomen „primen“ – aufgrund der Beschäftigung mit bestimmten Worten und den dadurch ausgelösten Gedanken verhalten wir uns tatsächlich ein Stück weit so, wie es diese Worte nahelegen. Verblüffend, nicht wahr?
Experiment 2 Zwei niederländische Forscher haben eine Studie durchgeführt, in der sie Studenten 42 anspruchsvolle Fragen aus dem Spiel „Trivial Pursuit“ beantworten ließen. Die eine Hälfte der Gruppe wurde vor der Beantwortung der Fragen darum gebeten, fünf Minuten darüber nachzudenken, wie es wäre, ein Professor zu sein, und diese Gedanken aufzuschreiben. Diese Gruppe beantwortete 56,6% der Antworten richtig. Die zweite Gruppe wurde gebeten, zunächst über Fußball-Rowdies nachzudenken. Diese Gruppe beantwortete 42,6% der Fragen richtig. Eine ähnliche Erfahrung mache ich auch in meinen Coaching-Gesprächen, wenn ich Klienten bitte, sich als Experte zu ihrer eigenen Fragestellung zu äußern, beispielsweise in Form eines Interviews. Neben der Möglichkeit, sich selbst mit etwas Abstand zu betrachten wirkt an dieser Stelle vor allem die „Tatsache“, dass der Klient sich plötzlich als Experte sieht. Individuelles Verhalten und Erfolg sind also nicht nur von den eigenen Fähigkeiten abhängig, das zeigen die beiden Beispiele deutlich. Neben einer Reihe anderer Bedingungen wie der verfügbaren Zeit oder dem persönlichen Wohlergehen haben die eigenen Gedanken, insbesondere die Gedanken, die wir uns über uns selbst machen, unser Selbstbild also, einen wesentlichen Anteil an individuellem Erfolg: Wie stark will ich ein bestimmtes Ziel wirklich erreichen und traue mir das auch zu? Inwiefern bin ich davon überzeugt, dass ich neue oder schwierige Aufgaben lösen und auch mit Widrigkeiten gut umgehen kann? Ist diese Selbstwirksamkeitsüberzeugung, wie Psychologen dazu sagen, in hohem Maße vorhan-
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den, hat sie mehrere positive Auswirkungen (siehe Scholz, GutiérrezDoña, Sud & Schwarzer): Eine hohe Selbstwirksamkeitsüberzeugung … … erleichtert das Setzen von Zielen, … erhöht das Anstrengungsniveau, X … stärkt das Durchhaltevermögen bei Schwierigkeiten, X … erleichtert die Erholung von Rückschlägen. X X
Ein Praxisbeispiel, das dieses Phänomen anschaulich illustriert, habe ich schon in Kapitel 1 beschrieben: die Oscar-Verleihung an Kate Winslet. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die vorweggenommene Dankesrede mit der Shampooflasche? Diese kleine Geschichte fasst die Kernaussage dieses Kapitels gut zusammen: An eine Sache und sich selbst fest zu glauben trägt dazu bei, Erfolg herbeizuführen. Natürlich erspart das nicht die individuelle Anstrengung, das Ziel auch tatsächlich zu erreichen. So hat sich Kate Winslet ihren Oscar natürlich vor allem erarbeitet. Aber ihre starke Überzeugung, ihr Ziel erreichen zu können, hat ihr auf dem Weg zum Oscar sicherlich die Kraft gegeben, durchzuhalten und sich besonders anzustrengen. Wie kann Ihnen diese Erkenntnis, dass unser Leistungsniveau durch unsere Selbstwirksamkeitsüberzeugung beeinflussbar ist, jetzt aber in Ihrer Führungspraxis von Nutzen sein? Drei wesentliche Folgerungen ergeben sich meines Erachtens aus den oben geschilderten Erkenntnissen für den Führungsalltag: Zunächst einmal legt diese Erkenntnis eine konstruktive Grundhaltung nahe, die Führungskräfte im Alltag vorleben sollten. Aufgaben mit einem „Machen wir’s! Wie kann es gehen?“ anzugehen und eben nicht als Hauptbedenkenträger zunächst einmal die Schwierigkeiten und möglichen Nachteile einer Aufgabe umfassend darzulegen und aufzuzeigen, warum etwas nicht geht. Eine konstruktive Grundhaltung bedeutet auch, mit Schwierigkeiten zu rechnen und sich um deren Lösung zu bemühen (siehe dazu auch das Gespräch mit Udo Ricke Führung im Rückblick). Die zweite Ableitung ist diejenige, Mitarbeitern mit einer anspruchsvollen Erwartungshaltung und Zuversicht zu begegnen und ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass Sie als Führungskraft an die individuelle Leistungsfä-
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higkeit Ihrer Mitarbeiter glauben. Beispielsweise indem Sie ihnen wichtige und/oder anspruchsvolle Aufgaben anvertrauen oder indem Sie Ihre Mitarbeiter zunächst einmal selbst nach Lösungsmöglichkeiten suchen lassen und auf deren Problemlösungsfähigkeiten vertrauen. Wenn Sie Ihren Mitarbeitern viel zutrauen, werden diese auch selbst in größerem Umfang an ihr Leistungsvermögen glauben und sich entsprechend verhalten. Darüber hinaus, das hat das Bargh-Experiment gezeigt, kommt es durchaus auch auf die Wortwahl an. Denn wie Worte schnell eine „alte Welt“ aufbauen können, so können sie ebenfalls eine „Erfolgswelt“ kreieren. Deshalb finde ich es lohnenswert, die eigene Wortwahl einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und darauf zu achten, die eigenen Worte erfolgsorientiert zu wählen, insbesondere wenn Mitarbeiter zuhören. Um zwei weitere wesentliche Ableitungen des Erfolgsdenkens, wie man Stärken nutzt und Leistung anerkennt, geht es ausführlicher in den Kapiteln 3 und 4. Aktionsfragen f Wo haben Sie selbst schon einmal die Erfahrung gemacht, dass Ihnen eine Aufgabe leichtgefallen ist, weil Sie selbst oder andere Personen an Ihren Erfolg geglaubt haben? f Wie können Sie Ihren Mitarbeitern signalisieren, dass Sie an deren Erfolg glauben? f Wie können Sie dazu beitragen, dass sich Ihre Mitarbeiter vermehrt mit Erfolg beschäftigen? f Wie können Sie Ihren Mitarbeitern sonst noch den Rücken stärken?
Sinn stiften Wenn es um den Sinn der eigenen Arbeit geht, sind meiner Erfahrung nach zwei Fragen für Mitarbeiter besonders relevant:
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Was hat mein Unternehmen vor, welche Strategie und Ziele verfolgt es? X Welchen Beitrag leiste ich durch meine Arbeit zum großen Ganzen? X
Kenntnis der Strategie und Ziele Am Beispiel von Unternehmenszusammenschlüssen lässt sich sehr gut beobachten, wie wichtig die Kenntnis der dahinterliegenden Strategie und Zielsetzungen für die Mitarbeiter ist. Das wird besonders dann offensichtlich, wenn diese Informationen fehlen. In zahlreichen Fokusgruppen und Interviews habe ich Mitarbeiter bei Unternehmenszusammenschlüssen zu der Qualität des Integrationsprozesses befragt. Sie vermuten wahrscheinlich schon, welche Punkte die Negativhitliste in fast jeder Fokusgruppe angeführt haben: Das Top-Management war nicht oder nur wenig präsent, schon gar nicht persönlich, und in Folge waren wichtige Fragen wie die Beweggründe für einen Merger oder die Zielsetzung des gemeinsamen Unternehmens nicht klar. Und das hat zur Verunsicherung der Belegschaft geführt, teilweise auch zu starken Emotionen, die sich in den Fokusgruppen entluden. Umgekehrt haben mir mehrere Mitarbeiter eines internationalen Pharmakonzerns begeistert davon berichtet, wie sich ihr neuer CEO schon kurz nach seinem Dienstantritt mit einer Filmsequenz per Intranet an alle Mitarbeiter gewandt hat, um sich ihnen vorzustellen und sie über die neue strategische Ausrichtung des Unternehmens zu informieren. So bekommen die Mitarbeiter das Gefühl, Teil einer großen Bewegung zu sein, für die ihr Beitrag wichtig ist. Die Schlussfolgerungen für alle Führungskräfte liegen auf der Hand: Je besser Sie die eigenen Mitarbeiter über das Geschehen im Gesamtunternehmen und die Marschroute Ihres Bereichs informieren, desto leichter wird es diesen fallen, ihre Arbeit als sinnvoll zu erleben. Aktionsfragen f Wie gut wissen Ihre Mitarbeiter über die Unternehmensstrategie und -ziele Bescheid?
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f Wie können Sie Ihre Mitarbeiter noch besser über die Unternehmensstrategie und -ziele sowie über Ihre Bereichsziele informieren?
Beitrag zum großen Ganzen Die plausibel beantwortete Frage nach dem „Wozu“ setzt Kräfte frei, die sich lediglich mit Arbeitsanweisungen nicht abrufen lassen. Das fasst Antoine de Saint-Exupéry treffend zusammen, wenn er (viel und auch hier noch einmal zitiert) sagt: Wenn Du willst, dass die Menschen ein Schiff bauen, unterweise sie nicht im Hämmern, Schrauben und Sägen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem Meer. Lesen Sie dazu die beiden folgenden Praxisbeispiele: Ein Unternehmen, das u. a. Spulen für Elektromotoren herstellt, hatte in diesem Bereich ein Problem mit der Arbeitsqualität, es produzierte einen hohen Ausschuss und es kam zu Reklamationen. Und das, obwohl die Aufgabe wenig komplex ist und theoretisch wenig schiefgehen konnte. Sie besteht darin, einen Draht auf eine Spule zu wickeln. Diese Tätigkeit ist so einfach, dass sie von angelernten Mitarbeitern ausgeführt wird, oft in Heimarbeit. Bei der Fehleranalyse wurde festgestellt, dass die Mitarbeiter die Aufgabe tatsächlich gut beherrschten. Die Lösung, die zu einer Qualitätsverbesserung geführt hat, lag woanders: Man hat der Tätigkeit über die eng begrenzte Aufgabe hinaus einen Sinn gegeben. Und zwar, indem den Mitarbeitern die weitere Verwertungskette der Spulen aufgezeigt wurde: von der fertigen Spule über den Elektromotor, in den diese eingebaut wurde bis zum Seitenruder eines Airbus, das der Elektromotor bewegte. Ab diesem Moment konnten die Mitarbeiter verstehen, warum ihre Arbeit wichtig war: sie diente der Sicherheit eines Flugzeugs. Die Fehler- und Reklamationsquoten sind in der nachfolgenden Zeit gesunken. Ein ähnliches Phänomen beschreibt eine Gruppe von Forschern um die Psychologin Amy Wrzesniewski (New York University), nachzulesen in Der Glücks-Faktor von Martin Seligman. Sie unterscheiden dabei zwischen Mitarbeitern, die ihre Arbeit als Job (des Geldes wegen) bzw. als Karriere (des Fortkommens wegen) verstehen, oder aber als Berufung (um der Sache willen). Die Forscher untersuchten 28 Reinigungskräfte in
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einem Krankenhaus, die alle dieselbe formale Arbeitsplatzbeschreibung hatten. Die Reinigungskräfte, die ihre Arbeit als Berufung ansehen, verleihen ihrer Arbeit Sinn. Sie empfinden sich selbst als wichtig für die Genesung des Patienten, nutzen ihre Arbeitszeit mit größter Effizienz, antizipieren die Bedürfnisse der Ärzte und Pflegekräfte, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich mehr ihren Patienten zu widmen, und sie stellen sich über ihre Arbeitsplatzbeschreibung hinausgehende eigene Aufgaben, zum Beispiel, den Patienten einen fröhlicheren Tag zu bereiten. Die Reinigungskräfte der Jobgruppe betrachten ihre Arbeit als bloßen Raumpflegejob, der sich aufs Saubermachen beschränkt. Es ist leicht zu erraten, welche Gruppe mehr Freude an der Arbeit empfand und welche besser gearbeitet hat. Wozu trägt meine Arbeit bei? Diese Frage, das zeigen die beiden Beispiele deutlich, bewirkt einen großen Unterschied zwischen bloßer Pflichterfüllung und echtem Engagement. Dazu noch eine kurze Geschichte, die Fredmund Malik in Führen Leisten Leben beschreibt: Ein Mann kommt an eine Baustelle, auf der drei Maurer arbeiten. Äußerlich ist zwischen ihnen kein Unterschied zu erkennen. Er geht zum ersten und fragt: Was tun Sie da? Dieser schaut ihn verdutzt an und sagt: Ich verdiene hier meinen Lebensunterhalt. Er geht zum zweiten, fragt ihn dasselbe. Dieser schaut ihn mit glänzenden Augen sichtbar stolz an und sagt: Ich bin der beste Mauer im ganzen Land. Dann geht er zum dritten und stellt ihm dieselbe Frage. Dieser denkt einen kurzen Moment nach und sagt dann: Ich helfe hier mit, eine Kathedrale zu bauen … Nun lässt sich Sinn nicht verordnen. Trotzdem kann sich jede Führungskraft darum bemühen, ihren Mitarbeitern sinnstiftende Angebote zu machen, indem sie aufzeigt, wofür es sich zu engagieren lohnt. Dabei können Sie die folgenden Aktionsfragen unterstützen: Aktionsfragen f Wie trägt Ihr Bereich zum Unternehmenserfolg bei? Wie können Sie das Ihren Mitarbeitern noch anschaulicher vermitteln? f Worin liegt für Sie der Sinn Ihrer Arbeit?
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f Ist Ihre Arbeit für Sie ein Job, eine Karriere oder eine Berufung? f Weiß jeder Ihrer Mitarbeiter, welchen Beitrag er zum Gesamterfolg leistet und warum seine Arbeit wichtig ist? Wie können Sie ihn dabei unterstützen?
Extra: Corporate Social Responsibility Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, Sinn im Berufsalltag zu stiften. Viele Unternehmen haben soziales und ökologisches Engagement für sich entdeckt und fügen dem Geschäftssinn auf diese Weise noch eine weitere Dimension der Sinnstiftung bei. Das funktioniert nach demselben Prinzip wie in obigen Beispielen, denn auch Unternehmen sind ja wiederum nur ein Teil eines größeren Ganzen. Unter der Überschrift Corporate Social Responsibility (CSR) bzw. Corporate Citizenship engagieren sich die Mitarbeiter eines Unternehmens während der Arbeitszeit beispielsweise bei der Renovierung von Kindergärten, bei der Renaturierung von Bächen oder als Mentoren für Jugendliche, wie in dem folgenden Beispiel der Deutschen Bank.
Soziales Kapital schaffen – Corporate Citizenship bei der Deutschen Bank Ein Gespräch mit Kristina Flügel (Head of HR Advisory/Resourcing Germany) und Thomas Baumeister (Head of Corporate Volunteering, Region Germany).
Die Deutsche Bank engagiert sich bei dem Mentorenprogramm Big Brothers Big Sisters Deutschland (BBBS). Worum geht es dabei? Die Mentoren schenken Zeit. Durch ihre ungeteilte Aufmerksamkeit stärken sie das Selbstvertrauen der jungen Menschen. Bei Big Brothers Big Sisters steht das soziale Lernen im Vordergrund. Ziel ist es, Kinder und Jugendliche darin zu unterstützen, sich zu verantwortungsbewussten Persönlichkeiten zu entwickeln. Durch ihr eigenes freiwilliges Engagement wirken Mentoren dabei als Vorbilder. Ohne
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erhobenen Zeigefinger leben sie vor, wie wichtig es ist, die Schule zu beenden und eine qualifizierte Ausbildung zu machen. Berufstätige sind dabei besonders gute Rollenvorbilder.
Weshalb fördern Sie gerade BBBS? Mentoringprogramme für Jugendliche finden generell einen großen Zuspruch unter unseren Mitarbeitern. Attraktiv für die Mentoren sind die direkte persönliche und auch emotionale Beziehung und der zeitlich flexible Einsatz, der sich auch gut mit dem Arbeits- und Privatleben verbinden lässt. An BBBS überzeugen uns insbesondere die hohen Qualitätsstandards und das sorgfältige Matching von Mentor und Mentee. Zudem passt BBBS als internationale Organisation sehr gut zur Deutschen Bank. So engagieren sich auch Kollegen in New York bei BBBS.
Wie genau unterstützen Sie die Organisation? In Frankfurt haben wir schon um Mentoren unter den Mitarbeitern geworben, noch bevor BBBS sein Büro eröffnet hatte. Diese Sicherheit, Mentoren zu finden, war in der Anfangsphase für BBBS wichtig. Heute stellen wir hier etwa ein Drittel der Mentoren. Wir haben BBBS die Türen geöffnet, indem sie im Eingangsbereich unserer Zentrale mehrfach mit einem Infostand Mitarbeiter ansprechen konnten. Als BBBS im Rahmen der Initiative Deutschland als Ort im Land der Ideen ausgezeichnet wurde, hat eine Führungskraft der Deutschen Bank die Laudatio gehalten.
Unterstützen Sie BBBS auch finanziell? Ja. Zum einen mit direkten Zuwendungen an die Organisation für ihre Serviceleistungen. Zusätzlich kann jeder Mitarbeiter, der sich ehrenamtlich engagiert, über unsere Initiative Plus einmal jährlich eine Förderung in Höhe von 500 Euro abrufen, die einer gemeinnützigen Or-
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ganisation zugutekommt. Von dieser Möglichkeit machen einige Mentoren Gebrauch. An erster Stelle steht für uns jedoch das persönliche Engagement der Mitarbeiter. Dieses wird seitens der Deutschen Bank im Bereich Corporate Volunteering weltweit mit 6,9 Millionen Euro gefördert.
Aus welchen Gründen engagieren sich Ihre Mitarbeiter bei diesem Programm? Nach unseren Beobachtungen stehen hier im Vordergrund zum einen das Gestaltungsmotiv – Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen, etwas bewegen, Einfluss zu nehmen, die Welt ein Stück lebenswerter zu machen – und zum anderen die persönliche Weiterentwicklung – Selbsterfahrung in einem neuen Umfeld, soziale Kompetenzen erweitern, die Welt wieder mit den Augen eines Kindes oder Jugendlichen zu sehen.
Welches Ziel verfolgt die Deutsche Bank mit diesem Engagement? Nichts ist glaubwürdiger als persönliches ehrenamtliches Engagement. Corporate Volunteering ist deshalb ein wesentlicher Bestandteil der CSR-Aktivitäten der Deutschen Bank. Durch den Einsatz des Einzelnen wird soziale Verantwortung zu einem selbstverständlichen Teil unseres gesamten Denkens und Handelns als Unternehmen. Zur internen Wirkung: Die Mitarbeiter sind nach unseren Befragungen stolz, dass ihr Arbeitgeber ihr persönliches Engagement unterstützt. Das stärkt die Verbundenheit mit der Bank. Zur externen Wirkung: Auf Recruiting-Veranstaltungen werden wir beispielsweise von Studenten immer häufiger nach unserem sozialen Beitrag gefragt. Unsere Volunteers sind stets auch Botschafter der Bank. Mit ihrem engagierten und persönlichen Einsatz signalisieren sie sowohl den Kunden als auch der Öffentlichkeit die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. So geben sie unserem Leitspruch „Leistung aus Leiden-
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schaft“ zusätzliche Bedeutung und füllen den Anspruch, den wir bei all unseren CSR-Aktivitäten haben, mit Leben: „Mehr als Geld: Soziales Kapital schaffen.“
Weitere Informationen über CSR bei der Deutschen Bank finden Sie im Internet unter www.deutsche-bank.de/csr/, über Big Brothers Big Sisters Deutschland unter www.bbbsd.org.
Ziele verfolgen Ziele sind eines der am meisten behandelten Themen in ManagementTrainings und -Büchern. Und in den meisten Unternehmen sind die Führungskräfte im Rahmen des Zielvereinbarungsprozesses mindestens einmal jährlich auch praktisch damit befasst. In diesem Kapitel ist es mir deshalb besonders wichtig, Sie durch viele Hinweise und Aktionsfragen, die ich in meiner Coaching-Praxis als relevant erlebe, punktuell zu unterstützen. Da viele Informationen zum Thema Ziele als bekannt vorausgesetzt werden können, bauen die Inhalte dieses Kapitels darauf auf, ohne sie noch einmal zu erläutern. Dabei erscheint mir eine Aufteilung in fünf Schritte sinnvoll und am einfachsten nachzuvollziehen (siehe auch Kapitel 1, Veränderung leicht gemacht): X X X X X
Schritt 1: Ziele fokussieren Schritt 2: Ziele anziehend gestalten Schritt 3: Ziele vereinbaren Schritt 4: Ziele umsetzen Schritt 5: Fortschritte visualisieren
Schritt 1: Ziele fokussieren Beginnen möchte ich dieses Kapitel mit einer Übung zur Zielfindung, die ich bei Fredmund Malik kennengelernt habe. Dazu brauchen Sie etwa eine halbe bis eine Stunde Zeit. Wenn Sie die Übung selbst durchführen möchten, bitte ich Sie, in diesem Kapitel noch nicht weiterzulesen, sondern zunächst die Übung zu machen.
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Aktionsfrage Was wollen Sie im nächsten Jahr alles erledigen? Bitte lesen Sie erst nach dieser Übung weiter. Haben Sie Ihre Ziele aufgeschrieben? Was vermuten Sie als Lerneffekt bei dieser Aufgabe? Dieser liegt in der Anzahl der Ziele, die Sie aufgeschrieben haben. Wie viele sind es bei Ihnen geworden? In der Regel fällt diese Übung so aus, dass zu viele Ziele aufgeschrieben werden, zum Teil mehrere Seiten. Hilfreich ist das nicht, denn wie will man sich an zum Teil mehreren Dutzend Zielen orientieren? Zwei oder drei wichtige Ziele sind stattdessen viel besser geeignet, um echte Orientierung zu vermitteln. Ein wichtiger Grundsatz beim Setzen von Zielen lautet also: Fokussierung auf wenige wichtige Ziele. Aktionsfragen f Welches sind Ihre persönlichen Ziele für das kommende Jahr? f Welches sind Ihre drei wichtigsten Ziele? f Wie gut kennen Ihre Mitarbeiter ihre Ziele? f Ist die Anzahl der Ziele Ihrer Mitarbeiter dazu geeignet, deren Handlungen zu fokussieren?
Schritt 2: Ziele anziehend gestalten Sind die Ziele festgelegt, gilt es zu überlegen, wie diese möglichst attraktiv gestaltet werden, damit Mitarbeiter zunächst daran denken und sie natürlich auch erreichen wollen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der ZielAttraktivität ist es, diese individuell, herausfordernd und realistisch zu gestalten. Dazu ist an anderer Stelle (Stichwort: SMARTe Ziele) schon hinreichend gesprochen und geschrieben worden, sodass an dieser Stelle der kurze Merker ausreichen mag. Auch die Unterscheidung zwischen Leistungs- und Entwicklungszielen setze ich an dieser Stelle voraus. Um
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Ziele über diese Kriterien hinaus attraktiv zu gestalten, eignet sich beispielsweise die „Shampooflaschentechnik“ von Kate Winslet (siehe Kapitel 1, Ziele formatieren). Mit ihr nehmen Sie den Erfolg vorweg, indem Sie mit Ihren Mitarbeitern darüber sprechen, wie die Erfolgswelt ausschaut, wenn sie die gesetzten Ziele erreicht haben: Wäre es nicht schön, einen Artikel zu lesen, in dem Ihr Bereich beispielsweise wegen seiner hohen Kundenorientierung besonders hervorgehoben wird? Oder sich vorzustellen, dass Ihre internen Kunden sich im nächsten ManagementMeeting lobend über die hohe Qualität äußern, die Sie liefern? Oder ein erfolgreicher Vertragsabschluss mit einem wichtigen Kunden? Sicher fällt Ihnen das ein oder andere Erfolgsszenario ein, das Sie selbst und Ihre Mitarbeiter begeistern kann. Bei der attraktiven Gestaltung von Zielen kann weiterhin eine Technik helfen, die Sie in Kapitel 1 kennengelernt haben, nämlich ein Symbol als mentaler Marker. Aktionsfragen f Wie sieht die „Erfolgswelt“ Ihres Bereichs aus? Was genau werden Sie erreicht haben? f Wie lassen sich die Ziele für Ihren Bereich/Ihre Mitarbeiter visualisieren? f Was wäre für Ihre Mitarbeiter jeweils ein herausforderndes Ziel? f Was wäre für jeden Ihrer Mitarbeiter jeweils ein geeignetes Leistungs- und Entwicklungsziel?
Schritt 3: Ziele vereinbaren Der eigentliche Zielvereinbarungsprozess ist vielleicht das wichtigste Glied in der Zielkette. Hier geht es darum, die gegenseitigen Erwartungen zu verdeutlichen und miteinander im Gespräch abzugleichen. Dieser Punkt wird in der Praxis allerdings häufig nicht so gesehen. Dort erlebe ich es oft als wichtiger, dass „der Bogen“ ausgefüllt und der Pflicht damit Genüge getan ist. Doch das wird dem Thema nicht gerecht, denn das Zielvereinbarungsgespräch ist ein entscheidender Punkt, um Klarheit
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über die gegenseitigen Erwartungshaltungen herbeizuführen. Dass diese Klarheit dann auch schriftlich festgehalten wird, ist dann in der Tat nur noch eine Formalität. Die Frage, um die es in einem Zielvereinbarungsgespräch vor allem geht, ist meiner Erfahrung nach diese: „Was wollen wir im kommenden Jahr gemeinsam erreichen?“ Dazu werden sowohl der Mitarbeiter als auch die Führungskraft ihre eigenen Vorstellungen haben, deren Beweggründe, Vor- und Nachteile sowie Chancen auf eine realistische Umsetzung im Gespräch dargelegt, begründet, hinterfragt und schließlich vereinbart werden. Das ist der idealtypische Fall. Lässt sich trotz intensiver Diskussion keine Einigung erzielen, versteht es sich fast von selbst, dass die Führungskraft die Entscheidung trifft. Aber diesen Weg empfinde ich eher als Ausweg denn als zu bevorzugende Route. Aktionsfragen f Wie zufrieden sind Sie bisher mit der Qualität Ihrer Zielvereinbarungsgespräche? Was hat gut geklappt, was weniger gut? f Wie gut kennen Ihre Mitarbeiter Ihre Erwartungshaltung? f Wie können Sie Ihre Erwartungen noch verständlicher vermitteln?
Schritt 4: Ziele umsetzen Sind die Ziele vereinbart, geht es an deren Verwirklichung. Oft hört man in diesem Kontext, dass man Ziele vorgeben, deren Umsetzung nach dem Prinzip der Delegation allerdings dem Mitarbeiter in Eigenregie überlassen soll. Vom Prinzip her ist das auch meine Erfahrung. Es kann sich aber durchaus lohnen, auch den Weg zum Ziel zu thematisieren. Gerade bei komplexen Zielen ist es durchaus zielführend, auf den ersten Metern eine Art Anschubfinanzierung vorzunehmen, indem Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern über mögliche Strategien und Pläne sprechen, um die Ziele zu erreichen (siehe dazu auch Friedemann Nerdinger). Nicht im Sinne eines „Vorgebens“, sondern im Sinne eines Brainstormings, aus dem der
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Mitarbeiter seine eigenen Schlussfolgerungen zieht. Eine Vorgehensweise, die sich in der Coaching-Arbeit dabei bewährt hat, ist, vom Zielzustand aus mit der folgenden Frage zurückzublicken: „Was haben wir gemacht, um hier anzukommen?“ Diese Frage generiert in aller Regel eine Menge guter Ideen und setzt viel Energie frei. Ein wichtiges Element der Zielvereinbarung ist die Definition des erwarteten Leistungsstandards durch die Führungskraft, dass diese sich also über ihr Anspruchsniveau im Klaren ist. Die folgende, einfache Frage hat sich dabei bewährt: „Welchen qualitativen und quantitativen Maßstab lege ich an Leistung an?“ Das muss keine langwierige Aufgabe sein. Aber es lohnt sich, die eigenen Gütekriterien für gute, sehr gute und außerordentliche Leistung einmal zu definieren (siehe dazu auch die Aktionsfragen) und mit den Mitarbeitern zu thematisieren. Aktionsfragen f Welches Ziel wollen Sie erreichen? f Auf welchem Weg werden Sie dieses Ziel erreicht haben? f Welche Hindernisse werden Sie dabei überwunden haben? f Wer wird Ihnen dabei geholfen haben? f Welche Fähigkeiten werden zum Einsatz gekommen sein? f Was werden Sie auf dem Weg gelernt haben? f Wie können Sie Ihre Mitarbeiter bei der Umsetzung ihrer Ziele unterstützen? f Wie konsequent sind Sie im Einfordern von Leistungsexzellenz? f Wie haben Sie Leistungsexzellenz für sich definiert? f Wie definieren Sie gute Leistung? f Welches Leistungsniveau ist gerade noch akzeptabel? Welches nicht mehr?
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Schritt 5: Fortschritte visualisieren Viele meiner Klienten machen gute Erfahrungen damit, ihren persönlichen Zielfortschritt zu visualisieren. Diese Technik hält die Ziele im Bewusstsein und motiviert gleichzeitig, weil das bereits Geleistete und der schon erreichte Erfolg sichtbar werden. Ebenso wird deutlich, an welchen Stellen es nachzubessern gilt. Ein Standardinstrument zur Erfolgsmessung ist der Erfolgstachometer (siehe Abb. 2.9). Mit diesem können den Zielerreichungsgrad beispielsweise monatlich anschaulich darstellen. Bei einem Kundenunternehmen habe ich dieses Instrument vor Jahren entdeckt. Dort zeigte es die unterschiedliche Ausprägung der Erfolgsparameter in einem Schaukasten an. Ein Klient hat sich den Tacho sogar einmal aus Pappe gebaut, um seinen Erfolg quasi in den Händen zu halten. Eine gute Ergänzung ist es, neben der quantitativen Erfassung des Erfolgs einzelne qualitative Punkte am Rand des Tachometers aufzuführen. Auf diese Art und Weise veranschaulichen Sie die Schritte hin zum Ziel (siehe auch Kapitel 4, Positives Feedback).
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Abbildung 2.9: Erfolgstachometer Eine individuelle Variante des Erfolgstachometers habe ich einmal mit einem Klienten erarbeitet, der aus der Luftfahrtbranche kam. Der Klient hatte sich als Berater selbstständig gemacht und wir haben ein Instrument gesucht, mit dem er seinen Akquise-Erfolg überwachen kann. Herausgekommen ist ein „Zielradar“ (siehe Abb. 2.10), mit dem die Kunden aus unterschiedlichen Branchen in ihrem jeweiligen „Anflugkorridor“ dargestellt werden. Dabei entspricht der äußere Ring einem ersten Interessen-
Ergebnisse
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tengespräch, der mittlere einem konkreten Angebot und der innere Ring stellt Angebote dar, die so gut wie unterschriftsreif sind, die sich quasi im direkten Landeanflug befinden. Andere Fluggesellschaften
Transport
Allianzen Touristik
Abbildung 2.10: Zielradar Aktionsfragen f Wie machen Sie Leistungsfortschritte für Ihre Mitarbeiter sichtbar? f Welche Form der Darstellung würde sich für Ihre Branche und/oder Funktion besonders eignen?
Fazit Drei Faktoren sind es, die das Erreichen guter Ergebnisse direkt unterstützen: Erfolg denken, Sinn stiften und Ziele verfolgen. Nachfolgend noch einmal die wichtigsten Punkte in der Zusammenfassung: f Unser Selbstbild, insbesondere unsere Selbstwirksamkeitserwartung, übt einen wichtigen Einfluss auf die tatsächliche Leistungserbringung aus. f Wenn Sie Mitarbeitern mit einer konstruktiven Grundhaltung und Zuversicht begegnen, steigern Sie damit deren Selbstwirksamkeitserwartung.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
f Mitarbeiter, die ihren Beitrag zur Gesamtorganisation sowie deren Strategie und Richtung kennen, arbeiten motivierter. f Wenige wichtige Ziele sind am wirkungsvollsten. f Wenn Sie mit Ihren Mitarbeitern über Erfolgswelten sprechen, lassen sich diese leichter realisieren. f Das Zielvereinbarungsgespräch dient dazu, gegenseitige Erwartungshaltungen im intensiven Gespräch abzugleichen. f Bei komplexen Zielen ist es hilfreich, auch über den Weg dorthin zu sprechen. f Erfolge zu visualisieren unterstützt die Motivation zusätzlich.
Wandel Welche Innovationen fallen Ihnen ein, die in den vergangenen zehn Jahren einen wichtigen Platz im (Wirtschafts-)Leben eingenommen haben? Wahrscheinlich ist das Ergebnis Ihres Nachdenkens eine recht lange Liste. Denken Sie nur an das mobile Internet, den Hybridmotor und die Nanotechnologie, um ein paar Beispiele zu nennen. Auch die Unternehmenslandschaft hat sich an vielen Stellen deutlich verändert. Wer hätte beispielsweise vor zehn oder gar fünf Jahren gedacht, dass Porsche heute eine Marke der Volkswagen AG ist? Auch wenn es eine Binsenweisheit ist – nur der Wandel ist beständig. Das gilt auch für jeden Einzelnen. Beim Schreiben dieses Abschnitts habe ich deshalb auch über die Veränderungen nachgedacht, die es in meinem (Berufs-)Leben in den letzten zwei bis drei Jahren gegeben hat. Von der Fülle der Neuerungen war ich, ohne hier ins Detail gehen zu wollen, selbst überrascht. Vielleicht nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit und erstellen selbst eine Inventur des Wandels. Aktionsfragen f Welche Veränderungen hat es in Ihrem Unternehmen und in Ihrem Bereich in den letzten zwei bis drei Jahren gegeben? Welche im privaten Bereich? f Was haben Sie im letzten Jahr zum ersten Mal gemacht?
Wandel
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f Wie haben Sie sich verändert? f Welche dieser Veränderungen haben Sie selbst vorangetrieben? f Auf welche Veränderungen haben Sie reagieren müssen? f Von welchen Veränderungen wurden Sie überrascht? Rückblickend erscheint es uns in der Regel höchst plausibel, dass sich Dinge verändern. Wie sieht es aber aus, wenn wir nach vorne schauen? In der Zukunft, so meine Erfahrung, ist dieser Wandel in unseren Gedanken nicht mehr ganz so selbstverständlich. Wer hätte schon Ende der 90er Jahre vermutet, dass wir im Geschäftsleben inzwischen rund um die Uhr mobil sind und das Büro so gut wie nicht mehr ohne Laptop oder Smartphone mit ständiger Online-Verbindung verlassen? Obwohl wir uns der Tatsache bewusst sind, dass sich die Dinge verändern werden, gehen wir im Alltag (unbewusst) davon aus, dass morgen immer noch alles so sein wird wie heute. In vielen Belangen setzen wir (oft zu recht und notwendigerweise) eine hohe Stabilität voraus: Wir erwarten, dass unser Büro noch an derselben Stelle ist wie heute, dass wir den Geschäftspartner unter der bekannten Nummer erreichen oder dass unser Unternehmen auch morgen noch Marktführer ist. Viele Menschen gehen davon aus, dass sie auch im nächsten Jahr bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt sind oder dass der beste Mitarbeiter dann noch dabei ist. Diese stabilen Wahrnehmungen erleichtern uns den Alltag. Gerade weil wir vieles als bekannt voraussetzen (müssen), ist es allerdings hilfreich, dieses Primat der Kontinuität (oder auch der Routine) immer wieder einmal bewusst zu durchkreuzen und sich ganz bewusst verstärkt Gedanken über mögliche anstehende Veränderungen zu machen. Ziel dieses Abschnitts ist es daher, Ihnen einige hilfreiche Ideen und Instrumente vorzustellen, mit denen Sie den Wandel Ihres Bereichs noch aktiver gestalten können. Dabei geht es mir weniger um umwälzende oder spektakuläre Veränderungen, sondern um kontinuierliche Verbesserung – das Prinzip kennen Sie vielleicht aus dem japanischen Kaizen. Dieser Weg der ständigen Optimierung ist meiner Erfahrung nach besonders gut dazu geeignet, um Veränderungen in den Alltag zu integrieren.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Und er hat über schnelle, maßgeschneiderte Erfolge hinaus einen weiteren Vorteil: Mit der Zeit wird das permanente Arbeiten an Verbesserungen zur Verinnerlichung der damit verbundenen Einstellung bei allen Beteiligten führen: Der Wandel wird im Alltag zur Selbstverständlichkeit. Ist Innovation in einer größeren Dimension und in kurzer Zeit erforderlich, beispielsweise um schnell einen Quantensprung in der Produktentwicklung zu erreichen, würde ich mich zusätzlicher Ressourcen wie beispielsweise Trendforschern oder Innovations-Beratern bedienen. Für den Alltag reichen die vorgestellten Methoden allerdings vollkommen aus. Starten möchte ich mit zwei Aktionsfragen: Aktionsfragen f Welche Veränderungen werden im kommenden Jahr wahrscheinlich auf Sie/Ihren Bereich zukommen? Im kommenden Monat? In der nächsten Woche? Morgen? Heute noch? f Welche Veränderungen planen Sie, im kommenden Jahr selbst zu initiieren? Im kommenden Monat? In der nächsten Woche? Morgen? Heute noch? Mit diesen beiden Fragen haben Sie zwei Arten von Veränderungen fokussiert: Erstens solche, die von außen auf Sie zukommen, wie beispielsweise ein neuer Wettbewerber oder die sich verändernde Demografie. Diese Veränderungen heißt es früh zu erkennen und gut darauf vorbereitet zu sein. Die zweite Kategorie besteht aus denjenigen Veränderungen, die Sie selbst initiieren, wie beispielsweise die Optimierung eines Produkts, die Auflage eines Trainingsprogramms für neue Mitarbeiter oder die Umstrukturierung Ihres Bereichs. Für diese Kategorie ist es von entscheidender Bedeutung, den Bedarf erst einmal festzustellen und die passenden Ideen zu generieren. Sowohl bei der Vorbereitung auf anstehende Veränderungen als auch beim Generieren von neuen Ideen und Optimierungspotenzial sind Ihre Mitarbeiter die wichtigste Ressource. Mit den folgenden Aktionsfragen können Sie diejenigen Mitarbeiter identifizieren, die in hohem Maße
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über Wandlungsfähigkeit verfügen und die beim Initiieren und Umsetzen von Veränderungen deshalb einen wertvollen Beitrag leisten können: Aktionsfragen Welche Ihrer Mitarbeiter … f … haben immer wieder neue und unkonventionelle Ideen? f … finden das sprichwörtliche „Haar in der Suppe“ und machen auf Fehler aufmerksam? f … stellen ständig alles infrage? f … sind fachlich immer auf dem neuesten Stand, lesen die neuesten Fachbücher und Zeitschriften oder besuchen häufig Seminare? f … sind gut vernetzt und bekommen dadurch vieles mit, was sich im Markt tut? f … sind dafür bekannt, Produktneuheiten als Erste zu kaufen oder die neuesten Modetrends mitzumachen? f … arbeiten ständig an der Optimierung von Ergebnissen? f … sind dafür bekannt, besonders langfristig und in großen Bahnen zu denken? f … sind gut darin, Ideen in die Tat umzusetzen? Konnten Sie einen oder mehrere Mitarbeiter identifizieren, die Sie besonders dabei unterstützen können, Wandel zu initiieren und umzusetzen? Dann werden die nächsten Schritte mit diesen Mitarbeitern umso leichterfallen. Aber auch falls Sie (zunächst) zu dem Schluss gekommen sind, dass wenig Wandlungspotenzial in Ihren Mitarbeitern schlummert, sind die nächsten Schritte durchaus einen Versuch wert. Es braucht dann wahrscheinlich nur ein wenig mehr Zeit und Geduld, um gute Ergebnisse zu erzielen. Und früher oder später, das höre ich oft von meinen Klienten, finden ein oder mehrere Mitarbeiter mit Sicherheit Spaß an der Durchführung der folgenden Aktivitäten.
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Aktionsfrage Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf oder -potenzial in Ihrem Bereich? Um die Routine des Alltags zu durchbrechen und den Autopiloten einmal abzuschalten, ist es notwendig, ab und zu etwas anders machen. Dabei ist es gar nicht wichtig, was das ist: es kann die Verlegung oder Neugestaltung eines Meetings sein, eine Änderung der Sitzordnung, das häufigere Stellen von Fragen und vieles mehr. Einer meiner Klienten hat u. a. seinen täglichen Weg zur Arbeit variiert und auf diese Weise eine kleine Veränderung in seinen Alltag eingebaut. Durch diese und andere kleine Änderungen seines Tagesablaufs hat er seine Aufmerksamkeit geschärft und den Alltag „wacher“ erlebt. Ich finde es deshalb eine gute Idee, die eigenen Mitarbeiter häufiger einmal mit solch kleinen Veränderungen zu konfrontieren. So lange man es damit nicht übertreibt, halten Veränderungen wach und schulen die Aufmerksamkeit. X Ein Punkt mit einer großen Wirkung ist der konstruktive Umgang mit Fehlern, das Schaffen einer Lernkultur. Ganz im Sinne des Zitats von Reinhard Mohn „Lieber Fehler riskieren, als Initiative verhindern“ (Zeit Online, 05.10.2009), gilt es, Fehler, die unweigerlich passieren, zu nutzen, um die resultierenden Lernpunkte zu thematisieren (siehe auch Kapitel 4, Kritisches Feedback). Man müsste sogar hellhörig werden, wenn keine Fehler passieren. Denn das würde ja bedeuten, dass man auf ausgetretenen Pfaden wandelt und wenig bis nichts Neues ausprobiert – wie ein Bespiel aus dem Sport schön illustriert: Bis man beispielsweise die Fünf-Meter-Marke beim Stabhochsprung überspringt, wird man sie viele Male gerissen haben. Schwerwiegende Folgen kann es zudem nach sich ziehen, wenn Fehler zwar passieren, diese aber aus Angst vor möglichen Folgen vertuscht werden. So hat beispielsweise eine französische Fluglinie in einem internen Bericht, dem Rapport Colin, festgestellt, dass es u. a. durch die gering ausgeprägte Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen, zu Sicherheitsproblemen gekommen sei (FAZ, 01.08.2009). Auch deshalb ist der konstruktive Umgang mit Fehlern wichtig. X
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Einer meiner Klienten hat in Meetings eingeführt, dass jeweils ein Mitarbeiter über eine aktuelle Aufgabe oder ein aktuelles Projekt berichtet. Zunächst war der Zuspruch mäßig, weil das natürlich mehr Arbeit bedeutete. Schnell stellte sich allerdings heraus, dass alle Teilnehmer von diesen Referaten und den anschließenden Diskussionen profitierten, und heute hält jeden Monat ein Mitarbeiter freiwillig einen Vortrag. Eine Variation dieser Intervention sind „Leading-edgeReferate“, in denen Mitarbeiter über die neuesten Entwicklungen in ihrem jeweiligen Fachgebiet berichten. Sei es aufgrund von Lektüre, Recherche oder des Besuches eines Kongresses. So wird immer wieder neues, anregendes Wissen in die Organisation getragen. X Eine etwas aufwändigere Variante dieser Vorgehensweise sind Innovationsworkshops in größeren Abständen. Ein Klient nennt diese „Ideenmarktplatz“ und veranstaltet sie zweimal im Jahr. Mit einigen wenigen, einfachen Fragen wie beispielsweise „Was läuft gut?“ und „Was können wir besser machen?“ führt er seine Mitarbeiter durch einen strukturierten Prozess, aus dem jedes Mal Verbesserungsideen entstehen. Häufig kleinere, aber immer wieder auch einmal große Ideen, die einen spürbaren Mehrwert zu seinem Abteilungsergebnis beitragen. X Da auch der Wettbewerb über den eigenen Erfolg mitentscheidet, ist es gerade in marktnahen Funktionen eine gute Idee, einzelne Mitarbeiter mit Wettbewerbsbeobachtung zu betrauen. Sei es, dass sie sich als potenzieller Kunde ausgeben, im eigenen Bekanntenkreis nachforschen oder anderweitig recherchieren. Die Ergebnisse werden vorgestellt und mit den eigenen Plänen abgeglichen. Auch dieses Wissen kann wertvolle Impulse liefern, den Wandel im eigenen Haus zu initiieren. X Weg mit hinderlichen Gedanken: „Das haben wir schon immer so gemacht!“ Oder: „Das kann doch gar nicht funktionieren!“ Stattdessen: Unerlaubtes Denken, Querdenker und Ideen nach vorn. Eine gute Methode, um neue Ideen zu generieren ist die Walt-Disney-Methode: In einer ersten Phase (oder von einer bestimmten Mitarbeitergruppe) werden Ideen generiert und unkommentiert stehen lassen. Erst in einer zweiten Phase geht es darum, diese kritisch zu hinterfragen: „Geht das überhaupt?“ In der dritten Phase schließlich geht es darum, mögliche Pläne für die Umsetzung zu generieren: „Wie können wir das in die X
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
Tat umsetzen?“ Noch ausgefeilter ist die Technik der „Sechs Denkhüte“ von Edward de Bono, die Sie beim Erarbeiten von kreativen Ideen nutzen können. Sie merken, es gibt eine ganze Reihe einfacher Möglichkeiten, den Wandel in den Alltag einzubauen. Abschließend deshalb nur noch eine Frage. Aktionsfrage Was wird passieren, wenn Sie nichts verändern?
Fazit Ein kurzes Kapitel, aber durchaus ein wichtiges Thema. Nachfolgend noch einmal die wichtigsten Punkte in der Zusammenfassung: f Im Rückblick erscheint Veränderung eine Selbstverständlichkeit zu sein. f Richten wir den Blick nach vorne, erfordert Wandel gezieltes Nachdenken. f Veränderungen lassen sich unterscheiden in solche, die selbst initiiert sind, und solche, auf die wir reagieren. f Die eigenen Mitarbeiter sind die größte Ressource, um Veränderungen im Alltag zu implementieren. f Halten Sie gezielt Ausschau nach Mitarbeitern, die Veränderung vorantreiben können. f Ein wichtiger Impuls ist es schon, einige Dinge einfach einmal anders zu machen. f Darüber hinaus gibt es viele Instrumente, Ideen zu generieren, beispielsweise Referate, Wettbewerbsbeobachtung und den „Markt der Ideen“. f Ein fehlerfreundliches Umfeld ist essenziell, wenn Lernen stattfinden soll.
Interview: Kultur zählt
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Interview: Kultur zählt Ein Gespräch mit Christian Schuster, Gründer und ehemaliger Geschäftsführer der Human Synergistics Deutschland GmbH Human Synergistics gehört weltweit zu den Marktführern im Bereich Persönlichkeits- und Kulturinventare. Ursprünglich im Umfeld der University of Michigan gestartet, ist das Unternehmen seit fast 40 Jahren am Markt aktiv. Es entwickelt und vertreibt Produkte wie das Organizational Culture Inventory (OCI) weltweit an 14 Standorten, seit 2005 auch mit einem eigenen Büro in Deutschland. Christian Schuster hat das Münchener Büro von Human Synergistics aufgebaut. Nach seiner fünfjährigen Geschäftsführertätigkeit gründete er die Beratung changingviews. Er begleitet heute unter anderem kulturelle Veränderungsprozesse bei seinen Kunden.
Was zeichnet erfolgreiche Kulturen aus? Die Grundlage erfolgreicher Kulturen ist eine ausgewogene Mischung aus Sach- und Beziehungsorientierung. Sobald mir das Zusammensein wichtiger ist als die Erledigung meines Jobs oder sobald ich vor lauter Arbeit die Bedürfnisse meines Umfelds nicht sehe, ist die Leistungsfähigkeit nicht mehr optimal. Der zweite Aspekt ist die Notwendigkeit, sich der eigenen Stärken und Bedürfnisse bewusst zu sein und diesen im Alltag einen hohen Stellenwert beizumessen.
Wie messen Sie erfolgreiche Kulturen mit dem OCI? Konkret misst das OCI erfolgreiche Kulturen, wir nennen sie konstruktive Kulturen, anhand der folgenden vier Kulturstile: f
Leistung: Sich anspruchsvolle Ziele setzen und ein hohes Qualitätsniveau anstreben
f
Selbstverwirklichung: Spaß an der Arbeit und am Lernen haben
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
f
Menschlichkeit-Motivation: Sich Zeit für andere nehmen und andere fördern
f
Kontaktfähigkeit: Auf andere zugehen und die Zusammenarbeit fördern
Sind alle vier Stile gleich wichtig? Ja, alle vier Stile haben eine starke strategische Beziehung zu Erfolgsparametern. Rein personenbezogene Kulturen erzielen eine hohe Akzeptanz vom Umfeld, verfallen jedoch aus Angst vor Konflikten leicht in Lethargie. Bei reiner Fokussierung auf die Sachziele fehlt die emotionale Anschlussfähigkeit. Ergebnisse werden weder getauscht noch umgesetzt. Besonders dieser letzte Zusammenhang wird von Entscheidungsträgern tendenziell unterbewertet. Wenn sich Mitarbeiter in einer Organisation nicht emotional gebunden fühlen, werden sie ihre Energie in Aktivitäten außerhalb des Berufs einbringen, zumindest mittel- bis langfristig.
Umfragen sind das eine. Welche Auswirkungen haben die Ergebnisse in der Praxis? Es gibt für Entscheider nur einen einzigen Grund, sich mit Unternehmenskultur auseinanderzusetzen: Business Performance. Unzählige Studien zeigen, dass professionell gesteuerte Kulturen es ermöglichen, die Energie der Mitarbeiter für den Unternehmenszweck zu mobilisieren. Konzerne wie Master Card können in Langzeitstudien dokumentieren, dass eine Veränderung der Kultur die Vertriebsstärke und die Umsetzungsfähigkeit der Organisation erhöht und sie somit erfolgreicher macht. Ganz konkret ging mit dem Kulturwandel einer Master Card Landesgesellschaft in kurzer Zeit eine deutliche Erhöhung der Marktanteile und Mitarbeiterzufriedenheit einher. Am interessantesten war jedoch die Antwort auf die Frage, ob das Unternehmen die Mitarbeiter
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im vergangenen Jahr dazu angespornt hat, mehr zu geben. Fast 90 % sagten ja, im Vergleich zu 53 % vor dem Kulturwandel. Weitere Studien haben ergeben, dass beispielsweise die Qualität der Kreditvergabe in konstruktiven Banken steigt, dass konstruktive Zeitungsredaktionen bessere Artikel schreiben oder dass Kliniken dann optimal funktionieren, wenn deren Führungskultur konstruktiven Standards entspricht.
Das hört sich einfach nachvollziehbar an. Warum ist es im Alltag dennoch oft schwierig, diese Erkenntnisse umzusetzen? Ja, das stelle ich auch fest. Zu meiner großen Verwunderung wissen die meisten Entscheidungsträger, was zu tun wäre, um aus ihren Mitarbeitern Spitzenteams zu formen. Das sehe ich, wenn mit dem OCI der gewünschte Soll-Zustand erhoben wird. Das Problem bleibt die nachhaltige Umsetzung und Verankerung vom CEO bis zum Pförtner. Dabei gibt es ein großes Verhinderungspotenzial. Deshalb misst das OCI in einem zwölfdimensionalen Modell auch acht Verhaltensstile, die eindeutig kontraproduktiv sind. Ein klassisches Beispiel: Möchten Sie, dass Ihnen ein Buchhalter die Rückmeldung gibt, dass er die Dinge nicht hinterfragen, alles unnötig genau machen und auch dann den Regeln folgen soll, wenn diese offensichtlich falsch sind? So messen wir den Kulturstil „Konvention“. Natürlich erwarten Sie auch von einem Buchhalter, der diesen detailorientierten Beruf bewusst gewählt hat, dass er innerhalb der offensichtlichen Grenzen Freiräume nutzt, eigenständig Entscheidungen trifft und Sie eben nicht wegen sieben fehlender Cent anruft, nur weil das der offiziell richtige Weg wäre. Um noch ein paar weitere Beispiele zu nennen: Auch um Zustimmung heischende Vertriebsmitarbeiter, abhängige Sekretärinnen, skeptische Auditoren oder perfektionistische Hirnchirurgen holen nicht das Beste aus sich heraus. Gute und erst recht herausragende Leistungen, das
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Kapitel 2 – Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur
zeigen unsere wissenschaftlichen Studien immer wieder aufs Neue, korrelieren stark mit den konstruktiven Kulturstilen.
Wie erlangt eine Organisation eine konstruktive Kultur? Mein ehemaliger Kollege Quentin Jones von Human Synergistics in Australien hat sich mit wissenschaftlicher Unterstützung genau diese Frage gestellt und die fünf erfolgreichsten Kulturwandelprojekte der letzten Jahre untersucht. Zentrale Faktoren für einen erfolgreichen Kulturwandel sind: f
ein Führungsteam, das die neuen Werte einzeln vorlebt (Leading)
f
die Bereitschaft, die neue Art miteinander umzugehen in der gesamten Organisation zum Thema zu machen (Engaging)
f
der Wille, die Organisation strukturell anzupassen (Redesigning)
f
die Bereitschaft, eine Kultur der kontinuierlichen Rückmeldung im gesamten Unternehmen zu verankern (Reflexivity)
Mit diesen fünf Schritten kann eine Organisation auf dem Weg zu einer konstruktiven Kultur in zwei bis drei Jahren ein gutes Stück vorankommen und sichtbare Ergebnisse erzielen.
Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
„Glück ist gelungene Arbeit.“ Wolfgang Mattheuer
In welchem Umfang macht Sie Ihre Arbeit glücklich? Diese vielleicht etwas ungewohnte Frage steht im Fokus dieses Kapitels. Es geht darum, wie Sie dazu beitragen können, dass Ihre Mitarbeiter (und Sie selbst) noch zufriedener mit Ihrer Arbeit sind. Doch wie erreicht man das? Wolfgang Mattheuer liefert mit seinem Zitat den ersten Teil der Gleichung: durch gelungene Arbeit. Gelingt eine Aufgabe, stimmt das glücklich; diese Erfahrung hat wahrscheinlich jeder schon gemacht. Folgen Sie diesem Gedankengang noch einen weiteren Schritt, stoßen Sie unweigerlich auf den zweiten Teil der Gleichung: den Einsatz individueller Stärken. Denn wenn man eine Arbeit verrichtet, die den eigenen Stärken entspricht, bestehen gute Chancen, dass diese gut gelingt. Und während der einzelne Mitarbeiter durch diesen Wirkmechanismus zu mehr Zufriedenheit gelangt, profitiert das Unternehmen von guten Ergebnissen. Zu Beginn dieses Kapitels gehe ich deshalb zunächst detaillierter auf den Stellenwert von Stärken ein und stelle Ihnen drei Techniken vor, wie Sie individuelle Stärken differenziert erkennen. Im nächsten Abschnitt geht es darum, diese Stärken gezielt zu entwickeln. Und zum Schluss dieses Kapitels wird der Blick noch auf die Kehrseite der Stärken, auf (vermeintliche) Schwächen gerichtet.
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Stärken im Fokus In meinen Beratungsgesprächen mache ich oft die Erfahrung, dass sich meine Klienten kaum mit ihren Stärken auseinandergesetzt haben. Das liegt u. a. daran, dass uns die Ausübung unserer Stärken oft selbstverständlich erscheint. Zudem ist es ja auch so, dass das, was uns „wie von selbst“ von der Hand geht, normalerweise keine große Aufmerksamkeit erfordert. Auch der Maßstab für Erfolg wird oft sehr hoch angesetzt: Es gelten häufig nur sehr große und außergewöhnliche Erfolge als solche; die solide Alltagsleistung erfährt wenig Aufmerksamkeit. Zudem, so meine Erfahrung, kann es schwerfallen, das Augenmerk wohlwollend auf die eigenen positiven Eigenschaften und Fähigkeiten zu lenken und sich selbst zu loben. Das liegt sicher auch daran, dass viele von uns schon in der Schule gelernt haben, ihre Aufmerksamkeit zunächst auf (die eigenen) Unzulänglichkeiten zu richten. Haben Sie auch mehr Zeit mit den schwierigen Fächern verbracht als mit denen, die Ihnen leichtgefallen sind? Dieser Fokus wird meiner Wahrnehmung nach im weiteren (Berufs-)Leben von einer Kultur verfestigt, die das Augenmerk eher auf negative denn auf positive Dinge legt. Daher wissen viele meiner Klienten recht gut über ihre Schwächen Bescheid, mit denen sie sich – so eine verbreitete Erwartungshaltung – auch im Coaching intensiv auseinandersetzen wollen. Den Blick gezielt und intensiv auf ihre Stärken zu richten, ist zunächst einmal recht ungewöhnlich. So verhielt es sich auch bei einem Klienten, den ich im Rahmen seiner beruflichen Neuorientierung beraten habe. Die Analyse seiner Stärken und seines idealen Arbeitsumfeldes hat den Großteil der Beratung eingenommen, relativ wenig Zeit haben wir damit verbracht, mögliche Fehler meines Klienten zu identifizieren. Ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit war, dass mein Klient in besserer Kenntnis seiner Stärken seine letzte Arbeitsstelle überhaupt nicht hätte annehmen dürfen. Denn dort waren seine Stärken nicht im notwendigen Umfang gefragt: Anstatt – etwas verkürzt dargestellt – seine ausgeprägte Kreativität und seinen strategischen Weitblick bei zahlreichen neuen und innovativen Projekten einsetzen zu können, war er in zu großem Umfang mit dem Tagesgeschäft, der Führung eines eher bodenständigen Teams sowie mit unternehmenspoli-
Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
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tischen Aspekten beschäftigt. Diese Erkenntnis empfand mein Klient als überaus hilfreich, weil sie ihm bei seiner (inzwischen erfolgreichen) Stellensuche half, sich auf passende Angebote zu fokussieren und nur auf den ersten Blick spannende Positionen (beispielsweise aufgrund des damit einhergehenden Prestiges) abzulehnen, weil sie eben nicht seinen Stärken entsprachen. In unserem Abschlussgespräch äußerte er sich überrascht, dass wir das gute Ergebnis fast ausschließlich durch die Fokussierung auf seine Stärken erzielt haben und seine Fehler nur einen kleinen Platz in unserer Arbeit einnahmen. Ich bin nicht der Meinung, dass Fehler ein Tabuthema sein sollten – ganz im Gegenteil: Durch ein offenes, durchaus auch kritisches Feedback hat sicher schon jeder wertvolle Impulse erhalten (siehe auch Kapitel 3, Mit Schwächen umgehen und Kapitel 4, Kritisches Feedback). Dennoch lässt sich auf der Beseitigung von kritischen Verhaltensweisen meiner Erfahrung nach keine erfolgreiche Karriere gründen. Das wäre so, als würde man sich darüber beklagen, dass ein Fisch nicht fliegen kann und in welchen Situationen sich das negativ auswirkt, z. B. bei einem Flugwettbewerb. Im nächsten Schritt wird der Fisch dann zum Flugunterricht angemeldet … Man kann aber auch dafür Sorge tragen, dass der Fisch in seinem Element ist und dort seine Fähigkeiten einsetzt und vervollkommnet, indem er beispielsweise seinen Schwimmstil optimiert. Auf Unternehmen übertragen bedeutet das zunächst, dass ein den Stärken der Mitarbeiter entsprechendes Recruiting bzw. die passende Zuteilung von Aufgaben die notwendige Bedingung für Erfolg ist. Die beeindruckende Umsetzung des Gedankens, Mitarbeiter ihren Stärken entsprechend einzusetzen, ist dem Geschäftsführer des dänischen Unternehmens Specialisterne (www.specialisterne.com) gelungen, indem er die speziellen Fähigkeiten von Menschen mit Asperger-Syndrom, einer Form von Autismus, beruflich nutzt. Entgegen der landläufigen Meinung, dass Autisten keinem geregelten, anspruchsvollen Broterwerb nachgehen könnten, arbeiten sie bei Specialisterne an eng definierten Aufgaben, wie beispielsweise der Berechnung der Lage von Kabeln im Boden, damit diese bei Bauarbeiten nicht beschädigt werden. Und da sie sich sehr auf eine Sache konzentrieren können, sind sie bei dieser kniffligen Aufgabe
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
sogar besser als Menschen ohne diese (vermeintliche) Behinderung. Der Unternehmer hat es verstanden, die Spezialisten, so die deutsche Übersetzung des Firmennamens, passgenau ihrer Begabung entsprechend einzusetzen. Was andere zunächst einmal als Schwäche sehen würden, hat er auf diese Art und Weise in eine sehr spezielle Stärke umgemünzt. Auch in der Wissenschaft ist das Erkennen von Stärken in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt, namentlich in der Positiven Psychologie. Professoren wie der Flow-Experte Mihály Csikszentmiháli oder der Glücksforscher Martin Seligman sind von der in der traditionellen Psychologie gängigen Beschäftigung mit „Defekten“ abgekommen und widmen sich der Erforschung jener Einflussfaktoren, die ein zufriedenes und erfolgreiches (Berufs-)Leben fördern. Auch das Gallup Institut hat in einer groß angelegten Studie jene Stärken erforscht, die Menschen erfolgreich machen. Die Kernaussage der Wissenschaftler ist identisch: Erkenne deine Stärken. (Auf die Modelle der Forscher und wie Sie diese nutzen können, gehe ich in diesem Kapitel noch im Detail ein.) Zusammengefasst bedeutet das: Eine genaue Kenntnis der eigenen Stärken ist die Grundlage für Erfolg und individuelle Höchstleistung sowie für persönliche Zufriedenheit. Damit Sie ein noch besseres Gespür für Stärken bekommen, lade ich Sie ein, das Thema zunächst in eigener Sache zu beleuchten, bevor Sie im nächsten Schritt die Stärken Ihrer Mitarbeiter analysieren. Der Start dazu ist die folgende Aufgabe: Erstellen Sie spontan eine Liste mit Ihren Stärken. Wenn Sie die Liste fertiggestellt haben, legen Sie diese beiseite – sie kommt am Ende des Abschnitts noch einmal zum Einsatz, nachdem Sie sich intensiv mit Ihren Stärken beschäftigt haben. Aktionsfrage Über welche Stärken verfügen Sie? Bitte lesen Sie erst nach dieser Übung weiter.
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Stärken erkennen Nachdem Sie eine erste Aufstellung Ihrer Stärken vorgenommen haben, können Sie diese (und später auch diejenigen Ihrer Mitarbeiter) mit den folgenden Techniken noch umfassender erkennen und präzisieren. Dieser Schritt sollte Ihre erste Sammlung von Stärken noch einmal deutlich „schärfen“. Doch wozu den ganzen Aufwand treiben, könnten Sie einwenden. Reicht es nicht, ein grobes Bild der eigenen Stärken zu haben? Meine Erfahrung zeigt, dass dieser Schritt notwendig ist. So wie ein einziger Buchstabe die Bedeutung eines Wortes grundlegend verändern kann, beispielsweise von Hummer zu Hummel, kann sich die Ausprägung einer Stärke durch Nuancen verändern. So stellt es beispielsweise einen großen Unterschied dar, ob ein Vertriebsmitarbeiter seine Erfolge in der Akquise von Neukunden erlangt oder aber, ob er erfolgreich darin ist, Bestandskunden langfristig zu betreuen und das Geschäft mit ihnen auszuweiten. Oder vergleichen Sie das Profil eines Piloten in der zivilen Luftfahrt, beispielsweise bei der Lufthansa, mit dem eines Jetpiloten bei der Bundeswehr. Auch hier gibt es trotz der gemeinsamen Basisqualifikation eine ganze Reihe deutlicher Unterschiede im Profil, beispielsweise in Bezug auf deren Risikobereitschaft. Es lohnt sich also, beim Erkennen von Stärken Sorgfalt walten zu lassen. Mit den folgenden drei Techniken habe ich in meiner Praxis gute Erfahrungen gemacht, um die Stärken meiner Klienten genau zu erfassen: Beobachtung und Analyse von „Erfolgsmomenten“ mit der STARMethode X Persönlichkeitsinventare X Feedback durch andere X
Beobachtung und Analyse von „Erfolgsmomenten“ mit der STAR-Methode Eine einfache Methode, die eigenen Stärken zu identifizieren, ist die Analyse so genannter Erfolgsmomente, also von Situationen, in denen Sie erfolgreich waren. Der erste Schritt dabei ist, diese Momente zu identifizieren und schriftlich festzuhalten. Bevor Sie damit starten, erlauben
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Sie mir noch einen Hinweis zur Vorgehensweise: Beim Sammeln der Erfolgsmomente beobachte ich häufig, dass es vielen Klienten anfangs ein wenig schwerfällt, sich überhaupt an diese zu erinnern oder als Erfolg einzustufen (siehe auch Kapitel 1, Veränderungen in den Alltag integrieren). Mein Tipp deshalb: Setzen Sie sich beim Sammeln Ihrer Erfolgsmomente nicht unter Druck. Starten Sie mit zwei bis drei, gern auch kleinen Erfolgen, bei deren Identifizierung Ihnen die nachfolgenden Aktionsfragen helfen können. Auch ein Blick in alte Kalender kann Ihnen Ihre Erfolge wieder ins Gedächtnis rufen. Weitere Erfolge werden Ihnen im Laufe Ihrer „Stärkenarbeit“ dann nach und nach einfallen. Bei den meisten meiner Klienten umfasst die Liste der Stärken trotz kleinerer Anfangsschwierigkeiten letztendlich doch fast immer eine zweistellige Anzahl von Erfolgsmomenten. Die folgenden Erfolgssituationen sind mir aus meiner Arbeit mit Klienten noch in Erinnerung – sicher bekommen Sie durch diese Beispiele auch selbst schon einige weitere gute Ideen für Ihre eigenen Erfolgsmomente: X X X X X X X X
Die Einführung eines Instruments zum effizienten Vertriebscontrolling Die Integration eines Teams, das ursprünglich nicht gut miteinander gearbeitet hat Die Gestaltung eines maßgeschneiderten, optisch anspruchsvollen Geschäftsberichts Die Entwicklung eines Mitarbeiters hin zur nächsten Karrierestufe Die Senkung von Krankenstand und Unfallrate in einem Produktionsbetrieb Die Sanierung eines Unternehmensbereichs hin zur Profitabilität Die Umstellung eines Kunden von „Spot-Geschäft“ auf einen Jahresvertrag Die signifikante Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit von einer Befragung zur nächsten
Auch die folgenden Fragen werden Ihnen helfen, sich (wieder) an Ihre Erfolgsmomente zu erinnern:
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Aktionsfragen f An welche Situationen denken Sie in Ihrem Berufsleben gern zurück? f Welche Ihrer Leistungen würden Sie als „Meisterstücke“ in einer Vitrine ausstellen? f In welchen Situationen waren Sie „so richtig in Ihrem Element“? f Welche Tätigkeiten gehen Ihnen leicht von der Hand? f Für welche Aufgaben bitten andere Sie häufiger um Ihre Mithilfe? f Wo haben Sie objektiv gute Ergebnisse erbracht (beispielsweise durch die Steigerung von Leistungsparametern wie Umsatz oder Gewinn)? f Wo haben Sie qualitativ ein gutes Ergebnis erzielt? f Für welche Leistung haben Sie eine positive Rückmeldung erhalten, beispielsweise von Kunden? f Für welche Art von Aufgaben würden Sie sich als Experten bezeichnen? f Welche Art von Aufgaben würden Sie auch einmal gratis übernehmen, weil sie Ihnen große Freude bereitet? f Bei welchen Aufgaben würden andere von Ihnen sagen: „Dafür ist Herr/Frau (Ihr Name) genau der/die Richtige“? Haben Sie die ersten Erfolgsmomente gesammelt, geht es jetzt an deren Bearbeitung. Dazu dient die STAR-Methode, mit der Sie Ihre Erfolge anhand der folgenden Fragen strukturieren: Aktionsfragen f Situation: Wie lässt sich die Ausgangssituation bzw. die Problemstellung beschreiben?
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
f Task: Was war Ihre Aufgabe? Wie kamen Sie zu dieser Aufgabe? f Action: Wie haben Sie die Aufgabe umgesetzt? Was haben Sie getan? f Result: Welches Ergebnis haben Sie erzielt (quantitativ oder qualitativ)? Bewährt hat sich hierbei die folgende Vorgehensweise. Stellen Sie sich Schritt für Schritt vor, was man auf einer Videoaufzeichnung der Situation sehen und hören würde. Schildern Sie Ihre Situationen dabei so, als ob Sie sie einem unbeteiligten Dritten vorstellen, setzen Sie also nichts voraus. Und denken Sie bei Ihren Formulierungen auch daran, dass es um Ihre Erfolge geht – in Ihrer Schilderung darf das Wort „ich“ also durchaus vorkommen, insbesondere wenn es um Ihren Leistungsbeitrag geht (Action). Um die Methode zu veranschaulichen, stelle ich Ihnen eine der oben genannten Erfolgssituationen anhand des STAR-Modells vor, die erfolgreiche Einführung eines Vertriebscontrollings. Situation:
Kurz nach der Übernahme meiner neuen Aufgabe als Vertriebsleiter war mir aufgefallen, dass kein einheitliches Reporting bestand; vielmehr nutzte jeder meiner Mitarbeiter die vorhandene Datenbank individuell nach seinen Bedürfnissen. Niemand war also aktuell und auf einen Blick über die Vertriebskennzahlen informiert, Informationen mussten per Hand mühsam aus der Datenbank herausgesucht werden.
Task:
Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, die Struktur und den Prozess der Datenerfassung zu vereinheitlichen.
Action:
Zunächst habe ich meine Mitarbeiter in einem Meeting darüber informiert, dass ich das Vertriebscontrolling neu aufsetzen werde, und natürlich über die Gründe dafür. Trotzdem äußerten einige Mitarbeiter Kritik, was mich
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nicht überraschte – schließlich nahm ich ihnen einige lieb gewonnene Freiheiten. Um alle Mitarbeiter persönlich ins Boot zu holen, habe ich nach dem Meeting mit jedem ein Einzelgespräch geführt, in dem es vor allem darum ging, welche Merkmale das neue Controlling erfüllen müsste, um es im Alltag auch zu nutzen. Diese Informationen habe ich in einem Konzeptentwurf zusammengefasst, den ich meinen Mitarbeitern bei einem der nächsten Meetings vorgestellt habe. Mit kleineren Änderungen haben wir das neue Konzept gleich dort verabschiedet. Result:
Zunächst einmal war ich natürlich froh, dass mir die Einführung mit der Akzeptanz meiner Mitarbeiter gelungen war, und das in relativ kurzer Zeit. Viele kamen nach der Einführung sogar auf mich zu und haben mir gesagt, dass sie jetzt effizienter arbeiten können. Darüber hinaus sind relevante Vertriebsinformationen jetzt deutlich schneller und mit weniger Aufwand verfügbar. Durch einen optimierten Forecast sparen wir einen hohen einstelligen Prozentsatz der Lagerhaltungskosten und die Produkte sind schneller verfügbar.
Fast alle meiner Klienten bekommen mit der Zeit richtig Spaß an der Arbeit mit ihren „Sternstunden“ und genießen es, ihre Erfolge auszukosten. Ein schöner Nebeneffekt dieser Sternstunden ist auch, dass ihr Selbstbewusstsein (im doppelten Wortsinn) bei diesem Schritt sichtbar zunimmt. Der nächste Schritt ist jetzt die Ableitung Ihrer Stärken aus den Erfolgsmomenten. Das Ziel dieser Übung ist, ein differenziertes, kompaktes Stärkenportfolio zu erstellen. Durch diese Verdichtung werden Ihre Stärken noch einmal greifbarer und lassen sich leichter kommunizieren. Probehalber können Sie das an dem Beispiel Vertriebscontrolling durchführen. Unterstützend und quasi als „Stärkenwörterbuch“ können Sie die Aufstellungen von Stärken nutzen, die nachfolgend im Abschnitt der Persönlichkeitsinventare beschrieben sind.
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Aktionsfrage Welche Stärken hat der Klient in dieser Erfolgssituation eingesetzt? In obigem Beispiel sind meines Erachtens folgende wesentliche Stärken zum Einsatz gekommen: X X X X X X X
Unternehmerisches Denken und Handeln Initiative Optimierungswille Analysefähigkeit und konzeptionelle Stärke Überzeugungs- und Durchsetzungsvermögen Teamorientierung und -steuerung Kommunikationsstärke
Wenn Sie mehrere Ihrer eigenen Sternstunden auf Ihre Stärken hin analysiert haben, werden Sie wahrscheinlich feststellen, dass einige Ihrer Stärken häufiger vorkommen als andere. Denn die meisten von uns setzen ihre besonderen Stärken auch besonders häufig ein. Deshalb ist es der letzte Schritt der STAR-Methode, die Top drei Ihrer Stärken zu identifizieren, indem Sie auswerten, welche Stärken in Ihren Erfolgsmomenten besonders häufig zum Einsatz kommen. Aktionsfrage Welches sind Ihre drei Top-Stärken? 1. _______________________________________________ 2. _______________________________________________ 3. _______________________________________________ Wenn Sie an der Arbeit mit Ihren Stärken Spaß gefunden haben, ist es eine gute Idee, damit auch im Alltag weiterzumachen. Viele meiner Klienten haben gute Erfahrungen mit einem Stärkenjournal gemacht, in
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dem sie ihre Erfolge und die zum Einsatz gekommenen Stärken protokollieren (siehe auch Kapitel 1, Erfolge anerkennen/Erfolgsjournal).
Persönlichkeitsinventare Eine weitere Möglichkeit, die (eigenen) Stärken zu analysieren, sind so genannte Persönlichkeitsinventare, die oft auch als Persönlichkeitstests bezeichnet werden (letztere Bezeichnung ist allerdings nicht zutreffend, weil es sich gerade nicht um Tests handelt, die man bestehen müsste). Auf Basis wissenschaftlicher Persönlichkeits- und Kompetenzmodelle und Auswertungsverfahren erfassen die Inventare ausgewählte Merkmale einer Person. Zu diesem Zweck kommt ein Fragebogen zum Einsatz, oft mit über 200 Fragen, anhand derer sich der jeweilige Teilnehmer einschätzt, beispielsweise auf einer siebenstufigen Skala, die von „trifft überhaupt nicht zu“ bis „trifft sehr gut auf mich zu“ reicht. Die Ergebnisse dieser Selbstbeschreibung werden statistisch in Beziehung zu einer Vergleichsgruppe gesetzt. So entsteht ein aussagekräftiges, wissenschaftlich fundiertes Bild, das die oben vorgestellte STAR-Methode sinnvoll ergänzt. Die hier vorgestellten Inventare erfüllen darüber hinaus alle bestimmte Gütekriterien, beispielsweise die Retest-Reliabilität (bei einer wiederholten Durchführung ergibt sich ein nahezu identisches Ergebnis) und die Validität (der Test misst, was er zu messen vorgibt). Diese Qualitätskriterien heben Persönlichkeitsinventare von vielen „Persönlichkeitstests“ ab, wie man sie beispielsweise in Publikumszeitschriften findet. Weil jedes Persönlichkeitsinventar den Schwerpunkt auf unterschiedliche Aspekte der Persönlichkeit legt, stelle ich Ihnen hier fünf gängige Inventare vor, mit denen ich gern arbeite. Oft nutze ich auch mehrere Inventare parallel. Da keines für sich in Anspruch nehmen kann, die gesamte Persönlichkeit umfassend zu darzustellen, ergänzen sich die unterschiedlichen Inventare gut. Einen ersten Überblick über die Inventare finden Sie im Anschluss, weitere Detailinformationen über die einzelnen Stärken im Anhang. Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) X Golden Profiler of Personality (GPOP) X
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Gallup Strengthsfinder VIA Signaturstärken (Seligman) X Belbins Teamrollen X X
Bevor Sie sich jetzt auf eine Entdeckungsreise in Sachen Stärken begeben, möchte ich Sie noch darum bitten, anhand der vorgestellten Modelle keine kompletten Ergebnisprofile für Ihre Mitarbeiter oder sich selbst zu erstellen. An dieser Stelle sind die Modelle primär dazu gedacht, Ihren „Stärken-Wortschatz“ zu vergrößern und zu differenzieren, um Ihnen das Erkennen von Stärken im Alltag zu erleichtern. Denn man sieht ja bekanntlich nur, was man weiß und somit benennen kann. Wenn Sie an einem umfassenden Ergebnisbericht einzelner Inventare interessiert sind, empfehle ich die Durchführung der Original-Inventare. Bis auf den Golden Profiler, für den Sie eine Lizenz benötigen, können Sie alle Inventare frei erwerben und im Internet durchführen, das VIA SignaturstärkenInventar sogar kostenlos. Hinweise zu den Bezugsquellen finden Sie jeweils im Anschluss an die Beschreibung der einzelnen Inventare. Aktionsfragen f Über welche der nachfolgenden Stärken verfügen Ihre Mitarbeiter jeweils in hohem Maß? f Welche Aufgaben lassen sich mit den nachfolgenden Stärken jeweils besonders gut meistern?
Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) Das BIP (Hossiep & Paschen 2003), entstanden aus einer Kooperation von Praxis und Wissenschaft, bildet 14 im Berufsleben relevante Kernkompetenzen ab, die eine bedeutsame Determinante des beruflichen Erfolgs darstellen. Anhand dieser 14 Dimensionen werden persönliche Kompetenzen in den vier Kategorien Berufliche Motivation, Arbeitsverhalten, Soziale Kompetenzen und Psychische Konstitution erfasst (siehe Abb. 3.1).
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Abbildung 3.1: Dimensionen des BIP Die Durchführung erfolgt online und umfasst ca. 200 Fragen, die auf einer sechsstufigen Rating-Skala beantwortet werden. Die Durchführungszeit beträgt ca. 45 bis 60 Minuten. Die Ergebnisse werden in Form einer Grafik dargestellt (siehe Abb. 3.2). Zusätzliche Interpretationshinweise im Testmanual oder im optionalen Report erleichtern die Einordnung der Ergebnisse. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt zielgruppenspezifisch (Fach- und Führungskräfte), was das Inventar für den Einsatz in der Führungskräfteentwicklung besonders geeignet sein lässt.
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Abbildung 3.2: BIP-Ergebnisprofil
Bezugsquelle: www.testzentrale.de (Anwenderversion) www.testentwicklung.de (Forschungsversion)
Golden Profiler of Personality (GPOP) Der GPOP basiert u. a. auf den Arbeiten von C. G. Jung sowie J. B. Myers und K. C. Briggs. Für den deutschen Markt wurde das Inventar von Richard Bents und Reiner Blank (2004) entwickelt. Als Typologie ist der GPOP zum besseren Verständnis von Menschen und ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten entwickelt worden. Fast immer bewirkt der Test ein größeres Verständnis von Andersartigkeit. Im Berufsleben hat sich der GPOP erfolgreich in der Eignungsdiagnostik etabliert, beispielsweise in der Karriereplanung, da hiermit die generelle Passung von Persönlich-
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keit und Berufsbild überprüft werden kann. Der GPOP erfasst die Persönlichkeit in fünf Gegensatzpaaren (siehe Abb. 3.3). Diese fünf Gegensatzpaare geben jeweils Antworten auf die folgenden Fragen: Woher bezieht ein Mensch seine Energie? Die Kategorien: Introversion (von innen) und Extraversion (von außen) X Wie nimmt ein Mensch seine Umwelt wahr? Die Kategorien: Sensing (mit den Sinnen) und Intuition (intuitiv) X Wie trifft ein Mensch bevorzugt Entscheidungen? Die Kategorien: Thinking (analytisch) und Feeling (werteorientiert) X Welche Einstellung zur Außenwelt hat ein Mensch? Die Kategorien: Judging (strukturorientiert) und Perceiving (wahrnehmungsorientiert) X
Zusätzlich wird der Grad an Anspannung und Gelassenheit erhoben. Extraversion (E) Sensing (S) Thinking (T) Judging (J)
Introversion (I) Intuition (N) Feeling (F) Perceiving (P)
Abbildung 3.3: Dimensionen des GPOP Die meisten Menschen besitzen Merkmale beider gegenüberliegender Verhaltenspräferenzen, wobei eine von beiden im Regelfall deutlicher ausgeprägt ist (siehe Abb. 3.4).
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Abbildung 3.4: GPOP-Ergebnisprofil Da der Profiler nur mit einer Lizenz erhältlich ist, habe ich im Anhang einen Kurztest integriert, der Ihnen eine erste Richtung angibt, zu welcher Ausprägung Sie jeweils tendieren. Kreuzen Sie dazu bitte die jeweilige Eigenschaft oder Handlung an, von der Sie meinen, dass sie besser auf Sie zutrifft. Entscheiden Sie sich dabei für jeweils nur eines der Gegensatzpaare (beispielsweise: handeln oder nachdenken), auch wenn Sie den Eindruck haben, dass beide oder auch keines davon auf Sie zutreffen. Um den Kurztest auszuwerten, addieren Sie jeweils die Kreuze in den einzelnen Spalten.
Bezugsquelle: Ausschließlich über lizenzierte Berater/Mitarbeiter Weitere Informationen: www.testzentrale.de
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Gallup Strengthsfinder Gallup, ein internationales Forschungs-, Beratungs- und Schulungsunternehmen, hat auf der Grundlage von mehr als zwei Millionen Interviews 34 Talente (Stärken) identifiziert, die „am weitesten verbreiteten Leitmotive des menschlichen Talents. (...) Diese 34 Talente erfassen nicht jede einzelne menschliche Eigenart – um einen solchen Anspruch zu erfüllen sind die Einzelpersonen viel zu verschiedenartig. Betrachten Sie deshalb diese Motive als analog zu den 88 Tasten eines Klaviers. Die 88 Tasten können nicht jede Note spielen, die gespielt werden kann, aber in ihren vielen Kombinationen können sie von Mozart bis zu Madonna alles erfassen (Auszug aus Entdecken Sie Ihre Stärken jetzt! von Marcus Buckingham und Donald O. Clifton).“ Nachfolgend stelle ich Ihnen die 34 Stärken vor, von denen fünf* im Anhang beispielhaft näher beschrieben sind. X
Analytisch
X
Intellekt
X
Anpassungsfähigkeit
X
Kommunikationsfähigkeit
X
Arrangeur*
X
Kontaktfreudigkeit
X
Autorität
X
Kontext
X
Bedeutsamkeit*
X
Leistungsorientierung
X
Behutsamkeit
X
Positive Einstellung
X
Bindungsfähigkeit
X
Selbstbewusstsein
X
Disziplin
X
Strategie
X
Einfühlungsvermögen
X
Tatkraft
X
Einzelwahrnehmung*
X
Überzeugung
X
Entwicklung
X
Verantwortungsgefühl
X
Fokus
X
Verbundenheit*
X
Gerechtigkeit
X
Vorstellungskraft
X
Harmoniestreben
X
Wettbewerbsorientierung
X
Höchstleistung
X
Wiederherstellung*
X
Ideensammler
X
Wissbegierde
X
Integrationsbestreben
X
Zukunftsorientierung
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Bezugsquelle: Eine PIN, mit der Sie das Inventar im Internet durchführen können, finden Sie in dem Buch Entdecken Sie Ihre Stärken jetzt! von Marcus Buckingham und Donald O. Clifton.
VIA Signaturstärken Martin Seligman, University of Pennsylvania, hat in seiner Forschung 24 so genannte Signaturstärken identifiziert, die in fast jeder Kultur der Welt hoch geschätzt werden. In der Anwendung und dem Ausbau dieser individuellen Stärken sieht Martin Seligman die Grundlage individuellen Erfolgs: „Wollen Sie Ihre Arbeitszufriedenheit maximieren, müssen Sie Ihre (…) Signatur-Stärken im Job einbringen – vorzugsweise jeden Tag (Auszug aus Der Glücks-Faktor).“ Die 24 Stärken (Erläuterungen zu den einzelnen Stärken finden Sie im Anhang): 1. Neugier/Interesse für die Welt 2. Lerneifer 3. Urteilskraft/kritisches Denken/geistige Offenheit 4. Erfindergeist/Originalität/praktische Intelligenz/Bauernschläue 5. Soziale Intelligenz/personale Intelligenz/emotionale Intelligenz 6. Weitblick 7. Tapferkeit und Zivilcourage 8. Durchhaltekraft/Fleiß/Gewissenhaftigkeit 9. Integrität/Echtheit/Ehrlichkeit/Lauterkeit 10. Menschenfreundlichkeit und Großzügigkeit 11. Lieben und sich lieben lassen 12. Staatsbürgertum/Pflicht/Teamwork/Loyalität
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13. Fairness und Ausgleich 14. Menschenführung (Leadership) 15. Selbstkontrolle 16. Klugheit/Ermessen/Vorsicht 17. Demut und Bescheidenheit 18. Sinn für Schönheit und Vortrefflichkeit 19. Dankbarkeit 20. Hoffnung/Optimismus/Zukunftsbezogenheit 21. Spiritualität/Gefühl für Lebenssinn/Glaube/Religiosität 22. Vergeben und Gnade walten lassen 23. Spielerische Leichtigkeit und Humor 24. Elan/Leidenschaft/Enthusiasmus
Bezugsquelle: Ein Kurztest ist in Martin Seligmans Buch Der Glücks-Faktor integriert, das Original-Inventar (in englischer Sprache) finden Sie im Internet unter www.authentichappiness.org (VIA Survey of Character Strengths).
Belbins Teamrollen Meredith Belbins Modell verfügt über zwei wesentliche Vorteile: Zunächst legt es den Fokus nicht nur auf die Einzelperson, sondern verknüpft die individuellen Stärken mit der Zusammenstellung dieser Stärken in Teams. Seine Grundidee: Um erfolgreich zu sein, sind in Teams viele unterschiedliche Stärken gefragt, die selten nur von einer Person abgedeckt werden können. Ihm ist der Gedanke wichtig, dass sich unterschiedliche Personen mit ihren jeweiligen Stärken ergänzen, um ein funktionsfähiges und leistungsstarkes Ganzes zu bilden.
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Darüber hinaus ist Meredith Belbins Gliederung im ersten Schritt besonders einfach nachzuvollziehen. Er unterscheidet zwischen drei Kategorien, in die unsere Stärken fallen: Denken, Aktion und Person. Diesen Kategorien ordnet er jeweils drei Stärken zu. Der Beitrag dieser Stärken zum Teamerfolg wird im Anhang erläutert. Denken: Neuerer, Beobachter, Spezialist Aktion: Umsetzer, Perfektionist, Macher X Person: Wegbereiter, Teamarbeiter, Koordinator X X
Bezugsquelle: Das Inventar können Sie unter www.belbin.com (englische Auswertungen) oder www.belbin.de (deutsche Auswertungen) durchführen.
Wenn Sie eines oder mehrere der Inventare durchgeführt haben, können Sie die Ergebnisse jetzt mit denen der STAR-Methode abgleichen und diese gegebenenfalls verfeinern. Nach diesem Schritt wird Ihr Stärkenprofil wahrscheinlich noch „runder“ und aussagekräftiger sein. Aktionsfrage Welches sind die drei wichtigsten Stärken, die Sie mit den Persönlichkeitsinventaren identifiziert haben? 1. _______________________________________________ 2. _______________________________________________ 3. _______________________________________________
Feedback durch andere Eine weitere Dimension erhält Ihr Stärkenprofil, wenn Sie sich Rückmeldung von anderen Personen einholen und Ihre Selbstbeschreibung mit dieser Außensicht abgleichen bzw. Ihr Selbstbild damit ergänzen – eine Vorgehensweise, die ich immer wieder gern empfehle. Die einzige Voraussetzung dafür ist, dass es in Ihrem beruflichen Umfeld (mindes-
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tens) eine Person Ihres Vertrauens gibt, deren Feedback Sie einholen wollen und deren Einschätzung Sie akzeptieren. Sehr häufig erlebe ich, dass meine Klienten nach dem Einholen dieser Außensicht überrascht sind – und das aus unterschiedlichsten Gründen: Es sind weitere Stärken und Facetten zum selbst erstellten Stärkenprofil hinzugekommen und mitunter kommt auch Entwicklungspotenzial zum Vorschein, das man selbst so nicht gesehen hat. Oft höre ich auch, dass sich Klienten selbst zu kritisch gesehen haben und überrascht sind, dass bestimmte Eigenschaften von anderen als Stärken gesehen werden. Und natürlich werden viele Stärken auch einfach bestätigt. Obwohl das Einholen von Feedback im ersten Moment etwas ungewohnt erscheinen kann – lohnend ist dieses Vorgehen meiner Erfahrung nach immer. Und die Rückmeldungen meiner Klienten besagen auch, dass die meisten der von ihnen befragten Personen gern eine persönliche Rückmeldung gegeben haben. Nutzen Sie deshalb bei Gelegenheit einmal die Chance, Vorgesetzte, Kollegen, Mitarbeiter oder sogar Kunden nach einem Feedback zu Ihren Stärken und Entwicklungsfeldern zu befragen. Sie können dadurch wichtige Impulse für das eigene Selbstbild ebenso wie für Ihre weitere persönliche Entwicklung erhalten. (Wie Sie Feedback im Umgang mit Ihren Mitarbeitern professionell einsetzen, lesen Sie in Kapitel 4, Positives und Kritisches Feedback.) In meiner Coaching-Praxis nutze ich auch gern Persönlichkeitsinventare, um ein strukturiertes Fremdbild einzuholen. Mit diesem so genannten 360-Grad-Feedback wird das mündlich erhobene Feedback noch einmal präziser und konkreter. Sollte sich diese Möglichkeit in Ihrem Unternehmen bieten, ist es meistens empfehlenswert, diese für die eigene Entwicklung zu nutzen. Auch wenn ich anfänglich mitunter Skepsis beobachte, ist es nach den Auswertungen doch fast immer so, dass Klienten sehr von dieser externen Sicht auf ihre Stärken profitiert haben.
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Aktionsfrage Welches Feedback erhalten Sie von Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern oder Kunden zu Ihren Stärken? 1. _______________________________________________ 2. _______________________________________________ 3. _______________________________________________ Mit diesem letzten Schritt sind wir am Ende der Entdeckungsreise der eigenen Stärken angekommen. Bin ich in der Arbeit mit Klienten an diesem Punkt angelangt, hat sich in deren Wahrnehmung ihrer Person und ihres Berufsalltags oft viel verändert. Deshalb möchte ich Ihnen abschließend, wie zu Beginn dieses Abschnitts angekündigt, die folgende Frage stellen: Aktionsfrage Inwiefern haben sich Ihr Selbstbild und die Wahrnehmung Ihres Alltags durch die Beschäftigung mit Ihren Stärken verändert?
Die Stärken Ihrer Mitarbeiter Nachdem Sie Ihre eigenen Stärken analysiert und sich in diesem Zuge auch ein umfassendes Stärkenvokabular erarbeitet haben, geht es jetzt um die Analyse der Stärken Ihrer Mitarbeiter. Denn eine gute Kenntnis von deren Stärken ist die Grundlage dafür, Ihre Mitarbeiter ihren Stärken entsprechend möglichst optimal einzusetzen. Die Vorgehensweise dabei ist analog der Stärkenanalyse in eigener Sache. Der erste Schritt besteht darin, für jeden Mitarbeiter auf einem separaten Blatt Papier spontan drei Stärken aufzuschreiben, die ihn/sie auszeichnen. Dazu kann es hilfreich sein, wenn Sie die Situationen, in denen Sie mit dem jeweiligen Mitarbeiter in letzter Zeit zu tun hatten, gedanklich noch einmal Revue passieren lassen.
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Aktionsfrage Welche drei Stärken zeichnen Ihre Mitarbeiter jeweils aus? Analog zu der oben beschriebenen Vorgehensweise können Sie diese Liste im zweiten Schritt gezielt verfeinern und ergänzen. Dazu beobachten Sie in nächster Zeit Situationen, in denen Ihre Mitarbeiter eine gute, sehr gute oder außergewöhnliche Leistung erbringen. Diese Situationen können Sie jetzt mit der STAR-Methode und mithilfe der Stärken, die Sie aus den Persönlichkeitsinventaren kennen, analysieren. Damit auch Ihre Mitarbeiter von dieser Übung bestmöglich profitieren, ist es empfehlenswert, die Übung mit ihnen zusammen durchzuführen (siehe auch Kapitel 4, Positives Feedback). Wenn Sie sich auf diese Weise über einen Zeitraum von einigen Wochen (je nach Intensität) mit den Stärken Ihrer Mitarbeiter beschäftigen, werden Sie am Ende dieser Zeit ein fundiertes Stärkenportfolio Ihres Teams zusammengestellt haben, auf dem Sie aufbauen und das Sie für eine optimierte Teamleistung nutzen können. Wie das funktioniert, darum geht es im nächsten Abschnitt. Auch nach der strukturierten Einschätzung der Stärken Ihrer Mitarbeiter möchte ich Ihnen abschließend dieselbe Frage stellen wie nach der Erarbeitung Ihrer eigenen Stärken: Aktionsfrage Inwiefern hat sich die Wahrnehmung Ihrer Mitarbeiter durch die Beschäftigung mit deren Stärken verändert?
Stärken entwickeln Es gibt zahlreiche Gründe, um Stärken auszubauen: eine neue Aufgabe übernehmen, mehr Flexibilität ermöglichen, eine Aufgabe noch besser erledigen und die Freude am Lernen. Und auch aus dessen Notwendigkeit, denn, so die chinesische Weisheit: „Lernen ist wie Rudern gegen
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“ Damit das nicht passiert, hält man es vielleicht doch eher mit dem Slogan eines großen deutschen Supermarkts: Jeden Tag ein bisschen besser. Überlegen Sie zur Vorbereitung auf dieses Kapitel, wo Sie selbst und Ihre Mitarbeiter Ihre Stärken in letzter Zeit ausgebaut und an Kompetenz gewonnen haben. Aktionsfragen f Welche Ihrer Stärken haben Sie im letzten Jahr ausgebaut? f Welche Stärken hat jeder Ihrer Mitarbeiter im letzten Jahr ausgebaut? Drei Möglichkeiten möchte ich Ihnen hier vorstellen, wie Sie die Stärken Ihrer Mitarbeiter (oder auch Ihre eigenen) effektiv entwickeln können, und zwar in den Kategorien: Maßgeschneiderte Aufgaben Formale Qualifizierung X Unternehmensinterne Entwicklung X X
Maßgeschneiderte Aufgaben Die wichtigste (und auch preisgünstigste) Variante, die Stärken Ihrer Mitarbeiter zu fördern, sind Aufgaben, die zwei Bedingungen erfüllen: Zunächst sollten die Aufgaben möglichst gut zu den Stärken der Mitarbeiter passen. Das versteht sich fast von selbst, ist es im Alltag aber nicht unbedingt. Darüber hinaus sollten die Aufgaben eines Mitarbeiters angemessen schwierig sein und ihn herausfordern. Dazu der WirtschaftsNobelpreisträger Edmund Phelps (WAMS, 21.06.2009) auf die Frage, warum deutsche Arbeitnehmer unzufriedener sind als amerikanische: „Mit der Arbeit selbst muss etwas nicht stimmen. Ich glaube, die Leute sind unzufrieden, weil sie im Arbeitsalltag zu wenig Anregung haben, zu wenige Herausforderungen, zu wenig Neues.“
Passung von Aufgabe und Stärken Gallup hat fast zwei Millionen Mitarbeitern internationaler Unternehmen die Frage gestellt, ob sie Gelegenheit haben, das zu tun, was sie am bes-
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ten können. Mit „Ich stimme entschieden zu“ haben ganze 20 % der Mitarbeiter geantwortet. Die Schlussfolgerung, die Marcus Buckingham und Donald O. Clifton in Entdecke Deine Stärken jetzt! ziehen, stimmt allerdings zuversichtlich: „Wie alarmierend es auch sein mag, zu erfahren, dass die meisten Unternehmen mit nur 20 Prozent ihrer Kapazität arbeiten, stellt diese Entdeckung tatsächlich ein enormes Potenzial für große Unternehmen dar. Um hochgradiges Wachstum zu erreichen und damit ihren Wert zu erhöhen, müssen sich die großen Unternehmen nur auf sich selbst konzentrieren, um den Reichtum der schlummernden Kapazität aufzuspüren, der in jedem einzelnen Mitarbeiter steckt.“ Drei wesentliche Fragen sind meiner Überzeugung nach zu stellen, um diese schlummernde Kapazität jedes Mitarbeiters zu nutzen: Aktionsfragen f Welcher Mitarbeiter kann eine anstehende Aufgabe mit seinen Stärken am besten erledigen? f Welche Aufgabe passt (heute oder in Zukunft) am besten zu dem Mitarbeiter und seinen spezifischen Stärken? f Wie könnten Sie eine Aufgabe oder Position so modifizieren, dass sie noch besser zu den Stärken des Mitarbeiters passt? Der unmittelbare Nutzen der Übereinstimmung von Aufgabe und Stärken liegt auf der Hand: Wenn ein Mitarbeiter seine Stärken ausspielen kann und etwas deshalb besonders gut kann, wird das Ergebnis entsprechend gut ausfallen. Es besteht die Voraussetzung für persönliche Höchstleistung. In der Praxis sind es oft kleine Unterschiede, die darüber entscheiden, welche Aufgabe für einen Mitarbeiter die passende ist und das Potenzial für Erfolg mit sich bringt. Lesen Sie dazu das folgende Beispiel: Herr Müller und Frau Schmidt arbeiten als Consultants für eine namhafte Beratungsgesellschaft. Beide haben nach ihrem internationalen wirtschaftswissenschaftlichen Studium dort als Associates in der Strategieberatung angefangen. Sie nahmen an vielen Trainings gemeinsam teil und waren auf vielen Projekten zusammen eingesetzt, sodass sie in den ersten
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Monaten sehr ähnliche Aufgaben bearbeitet haben. Bald wurden allerdings erste Unterschiede in der Arbeit der beiden deutlich. Herrn Müller fiel es leicht, mit Kunden zu sprechen und in Präsentationen auch komplexe Sachverhalte anschaulich darzustellen. Frau Schmidts Stärken waren anderer Natur: Sie profilierte sich durch ihr besonders ausgeprägtes Fachwissen, sie konnte man stets fragen, wenn man einen fundierten fachlichen Rat oder die neuesten Informationen brauchte. Ihr Manager erkannte diese Stärken und Vorlieben frühzeitig und förderte beide ihren jeweiligen Stärken entsprechend. Heute sind beide als Senior Manager tätig, jedoch mit unterschiedlichen Aufgabenschwerpunkten. Neben ihrer Projektarbeit verantwortet Frau Schmidt den Bereich Intellectual Capital, Herrn Müller hat ein zweites internes Standbein in der Schulung von Associates im Umgang mit Kunden gefunden. Eine abschließende Bemerkung zu diesem Komplex: Die oben geforderte Übereinstimmung von Aufgaben und persönlichen Stärken stellt den Idealzustand dar. Dieser wird in der Unternehmenspraxis nur selten 100prozentig erreichbar sein. Doch die Frage zur Passung von Aufgaben und Stärken sollte gerade deswegen jeden Tag aufs Neue gestellt werden. Umso größer sind die Chancen, dass es möglichst oft zu einer Übereinstimmung kommt.
Flow durch herausfordernde Aufgaben Der Einklang von Anforderungen und Fähigkeiten ist die Grundlage für gute Arbeitsergebnisse. Kommt dazu noch die (moderate) Herausforderung, entsteht Flow (siehe Abb. 3.5). Das Konzept des Flow hat der Glücksforscher Mihály Csikszentmihályi „entdeckt“: Unsere ganze Aufmerksamkeit gilt der Aufgabe, in die wir ganz versunken sind, Raum und Zeit verschwinden aus der persönlichen Wahrnehmung. Durch dieses Aufgehen im eigenen Tun, so Mihály Csikszentmihályi, entsteht eine Glückserfahrung. Und das am Arbeitsplatz: „Arbeit kann die Prime Time für Flow sein“, so sein Kollege Martin Seligman in Der Glücks-Faktor, „weil Arbeit viele Entstehungsbedingungen für Flow enthält.“ Die eigenen Stärken kommen zum Einsatz und man erzielt spielend Ergebnisse. Was natürlich nicht bedeutet, dass es ohne Anstrengung zugeht. Eher im Gegenteil: Vor dem Glücksgefühl steht die Anstrengung. Diese trägt die
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Belohnung allerdings gleichsam in sich selbst. In scharfem Gegensatz dazu stehen interessanterweise diejenigen Aktivitäten, die man gemeinhin mit Wohlbefinden assoziiert (wie beispielsweise Fernsehen) ganz unten auf der Flow-Skala. Martin Seligman beschreibt eine Studie, nach der die durchschnittliche Stimmung beim Sehen von Unterhaltungsprogrammen wie Sitcoms der einer milden Depression gleicht. Eine Sendung, die uns zum Lachen bringen soll, erzielt also genau den gegenteiligen Effekt. Arbeit, die zu unseren Stärken passt und uns herausfordert, macht uns hingegen zufrieden, gar glücklich – sie motiviert uns.
Überforderung
Anforderungen
Flow
Unterforderung
Fähigkeiten
Abbildung 3.5: Flow Für die Führungspraxis liegen die Ableitungen aus dem Flow-Konzept nahe. Die Führungskraft stellt sicher, dass das Verhältnis von Anforderungen und Fähigkeiten im Einklang ist, und verändert es kontinuierlich durch neue, herausfordernde Aufgaben. Je nach den individuellen Stärken und Interessen werden diese unterschiedlich groß und von unterschiedlicher Natur sein, wie die folgenden Beispiele zeigen:
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X X X X
Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Ein Mitarbeiter im Vertriebsinnendienst übernimmt erste Kunden direkt und besucht diese. Ein Mitarbeiter übernimmt Schulungen für jüngere Kollegen. Eine Nachwuchskraft übernimmt eine erste Führungsposition. Eine Sekretärin übernimmt die Betreuung einer Veranstaltung komplett von der Einladung über die Hotelbuchungen bis zur Begrüßung der Teilnehmer vor Ort. Der Entscheidungsrahmen eines Mitarbeiters wird erweitert (verantworteter Euro-Betrag). Ein Mitarbeiter aus der Personalabteilung führt eigenständig Einstellungsgespräche. Ein Mitarbeiter schreibt einen Beitrag für eine Fachzeitschrift. Ein Mitarbeiter übernimmt erstmalig eine Projektleitung. Aktionsfragen f Mit welcher Aufgabe könnten Sie jeden Ihrer Mitarbeiter adäquat herausfordern? f Für welche herausfordernde neue Aufgabe würden sich Ihre Mitarbeiter jeweils interessieren?
Formale Qualifizierung Jenseits der eigentlichen Aufgaben stehen einer Führungskraft mehrere formale Entwicklungsmethoden zur Verfügung. Drei, die sich im Alltag leicht einsetzen lassen, stelle ich Ihnen im Folgenden vor:
Training Trainings sind das Standard-Instrument der Personalentwicklung. Sie sind besonders geeignet, wenn es darum geht, die Grundlagen und Basisfertigkeiten eines Aufgabengebiets zu vermitteln, wie es beispielsweise in einem Grundlagenseminar Führung geschieht. Das zweite Gebiet, auf dem Trainings das geeignete Instrument darstellen, ist das Erlernen von Fertigkeiten wie beispielsweise PowerPoint, Englisch oder Präsentationstechnik. Zum Ausbau von Stärken sind Trainings hingegen weniger geeignet (siehe Abb. 3.6). Der Prüfstein von Trainings ist der Transfer in
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den Alltag. Deshalb empfehle ich, Trainings möglichst kurz zu halten und das Augenmerk vermehrt darauf zu legen, die Umsetzung und Anwendung des Gelernten im Alltag durch Transfer-Gespräche aktiv nachzuhalten (siehe auch das Gespräch mit Jörg Bacherer Führung professionalisieren). Diese Transfer-Gespräche erzielen die beste Wirkung, wenn mehrere in zeitlichem Abstand aufeinander folgen. Das erste Gespräch findet direkt nach dem Training statt („Was haben Sie mitgenommen?“), der zweite Transfer-Check etwa zwei bis drei Wochen nach der Veranstaltung. Darin geht es schon um erste Verhaltensänderungen (siehe Aktionsfragen). Den Abschluss bildet ein Gespräch etwa acht Wochen nach dem Training – das ist genug Zeit, um eine gewisse Routine im Umgang mit den Inhalten zu erlangen und doch dicht genug am Training selbst, um sich noch daran zu erinnern. Wenn Sie das Gespräch eine Weile im Voraus ankündigen, geben Sie dem Mitarbeiter damit eine doppelte Lernchance, weil er selbst noch einmal verstärkt darauf achten wird, wie er die Seminarinhalte in der Praxis anwendet, und sich das Gelernte wieder vergegenwärtigt. Geeignete Fragen für diese Transfer-Gespräche sind beispielsweise: Aktionsfragen f Welche Erfahrung haben Sie denn mit den Seminarinhalten bisher in der Praxis gesammelt? f Welche Aufgaben fallen Ihnen seit dem Seminar leichter? f Was hat sich an der Art und Weise, wie Sie an Aufgaben herangehen, seit dem Training verändert? f Welche Seminarinhalte waren im Rückblick für Sie besonders wichtig? Wovon haben Sie am meisten profitiert? f Welche Verbesserungen der Arbeitsqualität haben Sie mit dem Gelernten schon erreicht? f Wo sehen Sie noch Entwicklungsbedarf bei sich? Welche Punkte würden Sie gern angehen? f Wobei brauchen Sie noch Unterstützung?
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Passende Aufgaben Training
Persönliche Stärken
Grundlagen und Fertigkeiten
Abbildung 3.6: Umgang mit Stärken und Fertigkeiten
Mentoring Mentoring, also die Weitergabe von Wissen und Erfahrung von Alt an Jung, hat mehrere Vorteile. Besonders für die Nachwuchskraft liegen diese auf der Hand. Sie kann von einem „alten Hasen“ lernen. Zudem weiht sie ein Kenner des Arbeitgebers in die Sitten und Gebräuche sowie in die Fallstricke und Stolpersteine des Unternehmens ein. Dieses Wissen müsste sie sich sonst mühsam selbst erarbeiten. Aber auch für den erfahrenen Mentor ist Mentoring eine spannende und lehrreiche Erfahrung. Er lernt durch die Nachwuchskraft neue Sichtweisen kennen, beispielsweise neuere akademische Entwicklungen, und er fühlt sich gebraucht. Als positiver Nebeneffekt wird durch Mentoring der Wissens- und Erfahrungsaustausch gepflegt und somit das Wissensmanagement und die Kommunikationskultur im Unternehmen verbessert. Und nicht zuletzt ist der Einsatz an Ressourcen überschaubar, nämlich die Zeit der Beteiligten, und der organisatorische Aufwand ist gering (siehe auch das Gespräch Soziales Kapital schaffen in Kapitel 2/Ergebnisse).
Coaching Coaching ist immer dann sinnvoll, wenn man feststellt, dass durch eigene Überlegungen und Handlungen ein Problem nicht gelöst bzw. kein befriedigender Zustand erreicht werden kann. Oft berichten Klienten, dass sie selbst schon viel versucht haben, um eine Situation zufriedenstellend zu gestalten, aber an irgendeinem Punkt nicht weitergekommen sind. Und plötzlich funktioniert es – häufig stellen sich die ersten Erfolge
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schon nach dem ersten Arbeitstreffen ein. Anhand der Beispiele in diesem Buch bekommen Sie einen ersten Eindruck der Fragestellungen im Coaching, die typischerweise aus den Bereichen Führung, Kommunikation & Kooperation, Karriereplanung und Persönlichkeitsentwicklung kommen. Bei der gemeinsamen Arbeit nimmt der Coach verschiedene Rollen ein. Je nach Klient und individueller Fragestellung kann das der Sparringspartner sein, der wohlwollende „Spiegel“, der Hofnarr, Wegbegleiter, Trainer, Mutmacher, Berater oder Katalysator, um ein paar gängige Rollen zu nennen. Eine weitere Rolle, die des Kutschers, leitet sich aus der Etymologie des Wortes Coach ab, das ursprünglich aus dem Ungarischen stammt. Dort wurden in der Stadt Kocs sehr hochwertige, gefederte Kutschen gefertigt. Und solch eine Kutsche bringt den Fahrgast schnell und bequem an den gewünschten Ort, den er ohne dieses herrschaftliche Reisegefährt nur beschwerlich, wenn überhaupt, erreicht hätte. Um in diesem Bild zu bleiben, ist Coaching der Königsweg der Führungskräfteentwicklung (und natürlich auch für alle anderen Leistungsträger und High Potentials ein effektives Entwicklungsinstrument). Aktionsfrage Wenn Sie für jeden Ihrer Mitarbeiter eine formale Qualifikationsmaßnahme auswählen würden, welche wäre das?
Unternehmensinterne Entwicklung Wendet man das Prinzip des Flows nicht nur auf die einzelne Aufgabe an, sondern auf die gesamte Karriere, ist als Schlussfolgerung immer wieder die Passung des Mitarbeiters zur aktuellen Position zu hinterfragen. Es gilt periodisch festzustellen, ob diese noch genügend Herausforderungen für den Mitarbeiter bereithält. Die meisten (größeren) Unternehmen haben hierfür einmal jährlich einen Prüfpunkt im Mitarbeitergespräch vorgesehen. Dieser zeitliche Abstand erscheint mir für die langfristige Planung gut geeignet. Auf Basis der Fähigkeiten des Mitarbeiters geht es in diesem Gespräch vor allem um das Potenzial des Mitarbeiters, um das, was er zukünftig noch erreichen will und vor allem kann. Ebenso wie im Arbeitsalltag ist es für die eigene Karriere meiner Erfahrung nach wich-
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
tig, dass klare und realistische (Karriere-)Ziele im Raum stehen, auf die der Mitarbeiter hinarbeiten kann. Kommt ein Mitarbeiter für eine weiterführende Position in die engere Wahl, empfiehlt Friedemann Stracke, Personalleiter bei Otto, in Menschen verstehen – Potenziale erkennen zur Feststellung des Potenzials ein so genanntes Potenzialgespräch, das einem Bewerbungsgespräch ähnelt. Dieses Gespräch sollte von zwei professionellen Interviewern durchgeführt werden: einerseits von der direkten Führungskraft, die eine eher beobachtende Rolle einnimmt, und andererseits von einem weiteren Kollegen bzw. externen Berater, der das Interview durchführt. Dieses Gespräch bringt oft auch der Führungskraft selbst noch neue Erkenntnisse über den Mitarbeiter, so Friedemann Stracke. Das ist auch meine Erfahrung aus zahlreichen Potenzialanalysen und Audits. Aber auch, wenn ein Mitarbeiter auf seiner aktuellen Position nicht klarkommt, kann die Überlegung hilfreich sein, dass Leistung immer auch kontextabhängig ist. Das kennen Sie vielleicht von sich selbst: In einem bestimmten Unternehmen oder mit bestimmten Kollegen fällt es deutlich leichter als mit anderen, gute Ergebnisse zu produzieren. Deshalb kann der Blick über den aktuellen Job hinaus auch dann Abhilfe schaffen, wenn die Leistung nicht stimmt. Besonders eindrucksvoll hat das eine Klientin bewiesen, die in einem ihrer Teams eine Mitarbeiterin hatte, die neben einer schlechten Leistung auch mit den Kollegen nicht klarkam. Das lag unter anderem daran, dass sie als Mutter die gängigen Arbeitszeiten nicht einhalten konnte, was den Kollegen nicht gefiel. Die Lösung des Problems war verblüffend einfach. Meine Klientin hat der betreffenden Mitarbeiterin eine Position in einem anderen Team angeboten, in das sie mit ihrer Persönlichkeit und ihren Qualifikationen besser passte (siehe Abb. 3.7). Manchmal ist es statt einer aufwändigen Konfliktlösung deutlich einfacher festzustellen: Das passt an anderer Stelle besser.
Mit Schwächen umgehen
Altes Team
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Neues Team
Abbildung 3.7: Passung von Mitarbeitern
Mit Schwächen umgehen Das Wort „Schwäche“ ist in vieler Munde – doch was verbirgt sich eigentlich dahinter? Meine These, die ich Ihnen in diesem Abschnitt vorstelle, wird einige Leser vielleicht überraschen: Schwächen gibt es eigentlich nicht – sie sind lediglich ein Konstrukt, das in unseren Köpfen produziert wird und das uns (von uns selbst oder von anderen) zugeschrieben wird (siehe auch Kapitel 1, Veränderung mentaler Skripte). Gehen wir für den Moment einmal davon aus, diese These würde stimmen: Es gibt also keine tatsächlichen Schwächen. So weit, so gut. Jetzt gibt es aber ohne Frage nun einmal Situationen, die nicht so sind, wie wir uns das wünschen. Was ist mit diesen – verstecken sich dahinter etwa keine Schwächen? Lesen Sie dazu die folgenden sechs Hypothesen für einen anderen Umgang mit „Schwächen“ und lassen Sie sich einladen, dieses ebenso wichtige wie spannende Thema aus einem vielleicht etwas ungewohnten Blickwinkel kennenzulernen.
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Hypothese 1: Eine Schwäche ist die falsche Zuordnung von Stärken und Aufgaben Oft höre ich den folgenden Gedanken: „Wenn man etwas nicht kann, ist das eine Schwäche.“ Diese Behauptung ist meines Erachtens nicht korrekt. Denn ist es tatsächlich eine Schwäche des Olympiagewinners im Schwergewichtsboxen, dass er nicht auch gleichzeitig Ballett tanzen kann? Oder betrachten wir noch einmal das Beispiel der Firma Specialisterne weiter vorne in diesem Kapitel. Ist es eine Schwäche von Menschen mit Asperger-Syndrom, dass sie für die Arbeit in der Kundenbetreuung nicht besonders gut geeignet sind? Dieser erste Erklärungsversuch, Fähigkeiten, die man nicht beherrscht, herauszuarbeiten und daraus eine „Schwäche“ zu bilden, führt also nicht ans Ziel. Vielmehr führt er zurück zum Beginn dieses Kapitels, in dem es um das Erkennen und Entwickeln von Stärken geht. Denn eine Schwäche im Sinne von „etwas nicht zu können“ entsteht erst und nur dann, wenn Stärken und Anforderungen nicht deckungsgleich sind. Es handelt sich also nicht um einen Makel, den man einer Person zuschreiben könnte, sondern hat in erster Linie mit deren Passung in ein bestimmtes Umfeld zu tun. Die Schlussfolgerung aus dieser ersten Hypothese liegt auf der Hand: Verhält es sich tatsächlich so, dass ein Mitarbeiter für eine Aufgabe nicht die richtigen Stärken mitbringt, er also im Kern für eine Aufgabe wenig geeignet erscheint, ist es zielführender, den Verantwortungsbereich des Mitarbeiters zu überdenken, als an seinen vermeintlichen Schwächen herumzudoktern. Wenn ein Mitarbeiter also beispielsweise wenig Verlangen verspürt, andere anzuleiten und Einfluss auf deren Handlungen zu nehmen, wird wahrscheinlich kein Training ihn zu einer guten Führungskraft machen. Dann ist er als Experte besser eingesetzt. Der erste Schritt im Umgang mit Schwächen ist somit, die Passung der Stärken eines Mitarbeiters noch einmal mit den Anforderungen abzugleichen und die Zuordnung gegebenenfalls neu auszurichten.
Mit Schwächen umgehen
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Hypothese 2: Nicht vorhandene Fähigkeiten sind Lernfelder Auch wenn es um Fähigkeiten geht, die man noch nicht beherrscht, ist es letztlich unpassend, von Schwächen zu sprechen. Vielmehr handelt es sich meiner Auffassung nach um Lernfelder, die es zu bearbeiten gilt. In diese Kategorie fallen beispielsweise das Erlernen einer Verhandlungstechnik oder einer neuen Methode der Buchführung ebenso wie das Trainieren von mehr Souveränität im Umgang mit Kunden oder die administrativen Aspekte einer Aufgabe in den Griff zu bekommen. Sind die Lernfelder identifiziert gilt es, einen Entwicklungsplan auszuarbeiten, um diese eines nach dem anderen zu schließen (siehe auch Kapitel 3, Stärken entwickeln/Formale Qualifizierung). Behandelt man diese Lernfelder in der Tat als Schwächen, lädt das meiner Erfahrung nach dazu ein, diese zu zementieren und vielleicht sogar als Entschuldigung heranzuziehen („Sie wissen doch, alles Organisatorische ist nicht meine Stärke.“). Die gewünschte Verbesserung wird sich auf diese Weise kaum erreichen lassen. Es geht also nicht um eine bloße „Umbenennung“ eines Sachverhalts, sondern gezielt darum, einen Missstand zu beseitigen. Und das wird umso leichter fallen, je klarer ein Zustand eindeutig als Lernfeld identifiziert ist.
Hypothese 3: Schwächen sind zu stark ausgeprägte Stärken Oft wird eine zu stark ausgeprägte Stärke für eine Schwäche gehalten. Betrachten Sie das Verhalten eines Mitarbeiters entsprechend als übermäßig stark ausgeprägte Stärke, ist es deutlich leichter, dem Mitarbeiter diesen Punkt wertschätzend zu vermitteln. Und für den Mitarbeiter wird es deutlich leichter sein, an der Einschränkung einer im Kern guten Eigenschaft zu arbeiten, als sich mit dem Ausmerzen einer nicht erwünschten Eigenschaft zu befassen. Lesen dazu die folgenden beiden Aussagen, die sich auf denselben Mitarbeiter beziehen, einmal als Referenz seiner Schwäche und einmal bezugnehmend auf seine Stärke: X
Alternative 1: „Herr Meier, warum dauert das so lange? Wenn Sie weiter in diesem Tempo arbeiten, befürchte ich, dass das Projekt nicht rechtzeitig beendet wird.“
172 X
Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Alternative 2: „An dieser Stelle ist es meiner Meinung nach nicht nötig, so genau zu arbeiten, da können Sie ruhig mal fünf gerade sein lassen. Mir ist es bei dieser Sache wichtiger, Herr Meier, das Ergebnis schnell zu bekommen.“
Mit welcher Rückmeldung wird sich Herr Meier wohlerfühlen? Und mit welcher Rückmeldung wird die Führungskraft ihr Ziel eher erreichen? Der Blickwinkel auf die hinter der vermeintlichen Schwäche (Langsamkeit) verborgene Stärke (Genauigkeit) macht bei diesem Beispiel den Unterschied. Haben Sie Lust auf ein weiteres kleines Experiment? Dann betrachten Sie die folgenden vermeintlichen Schwächen und ermitteln Sie die Stärke, die jeweils darin versteckt ist. Die ersten beiden Begriffe sind schon „übersetzt“; Lösungsideen für die übrigen finden Sie auf Seite 177. Im nächsten Schritt können Sie diese Übung auch für „Schwächen“ durchführen, die Sie bei Ihren Mitarbeitern vielleicht erkannt haben. Aktionsfrage Welche Stärke versteckt sich jeweils hinter den folgenden Schwächen? Vermeintliche Schwäche
Verborgene Stärke
Detailverliebt
Genau
Ängstlich
Vorsichtig
Verschwenderisch
__________________
Unüberlegt
__________________
Besserwisserisch
__________________
Unentschieden
__________________
Autoritär
__________________
Unflexibel
__________________
Streitsüchtig
__________________
Geschwätzig
__________________
Mit Schwächen umgehen
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Hypothese 4: „Schwächen“ verfestigen sich durch inkonsequentes Handeln In meinen Coaching-Gesprächen erlebe ich immer wieder, dass Führungskräfte einerseits recht schnell damit bei der Hand sind, die „Schwächen“ ihrer Mitarbeiter zu diagnostizieren, sich mit diesen im Sinne einer Lösungsfindung aber nicht intensiv genug auseinandersetzen. Sie sprechen die Minderleistung eines Mitarbeiters zwar immer wieder einmal an, belassen es aber auch oft dabei (siehe auch Kapitel 4, Kritisches Feedback). So verharren sie in einem Zustand, der ihnen missfällt, an dem sie aber auch nicht wirklich etwas ändern (und wundern sich, wenn ich das anmerken darf, dass sich auch an den diagnostizierten Schwächen nichts ändert). Ganz im Gegenteil: Mit jeder „Beschwerderunde“ vergrößert sich die diagnostizierte Schwäche kontinuierlich und nimmt im Bewusstsein aller immer mehr Raum ein. Mit mehr Konsequenz hingegen lassen sich „Schwächen“ häufig sogar recht einfach abstellen. So trug es sich auch bei einer Laborleiterin zu, deren Mitarbeiter eine qualitativ wie quantitativ sehr schwankende Arbeitsleistung ablieferte, was ein großes Problem darstellte. Immer wieder, wenn es zu negativen Ausschlägen bei der Arbeitsleistung kam, sprach meine Klientin ihren Mitarbeiter darauf an und gemahnte Besserung. Schließlich wusste sie sich keinen Rat mehr und thematisierte die Schwäche des Mitarbeiters im Coaching. Dort stellte sich heraus, dass sie den Mitarbeiter zwischen den kritischen Situationen mehr oder weniger allein arbeiten ließ. Hinzu kam, dass der Mitarbeiter in einem anderen Gebäude saß und die Kontakthäufigkeit dadurch reduziert wurde. Ein weiteres Ergebnis unserer Arbeit war, dass die Arbeitsergebnisse des Mitarbeiters besser waren, wenn meine Klientin „häufiger drüben war“. Diesen Ansatz hat sie sich zunutze gemacht, indem sie zunächst die Kontakthäufigkeit erhöht hat. Im zweiten Schritt haben wir anhand des folgenden Modells (siehe Abb. 3.8) überlegt, in welche Richtung die Qualität der Interaktion, also ihre Sanktionen, gehen sollten: Sollte sie ihren Mitarbeiter eher unterstützen oder wäre es besser, die Minderleistung in stärkerem Umfang zu kritisieren und gegebenenfalls eine andere Aufgabe für den Mitarbeiter zu finden? Meine Klientin entschied sich zunächst für die Richtung „unterstützen“ und erzielte mit einem vertretbaren Aufwand, dass die Leistungserbrin-
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Intensität der Sanktion
gung deutlich gleichmäßiger verlief. Allein dadurch, dass sie die Minderleistung konsequent angesprochen und mit dem Mitarbeiter zusammen nach Lösungen gesucht hat, wurde die Leistung des Mitarbeiters derart gesteigert, dass er wieder einwandfrei arbeitete.
Kündigung Abmahnung
Förderung Unterstützung
Kritisches Feedback
Positives Feedback
Unausgesprochener Ärger
Unausgesprochene Freude
Negative Sanktion
Positive Sanktion
Abbildung 3.8: Intensität und Richtung von Sanktionen
Hypothese 5: Zu viel Unterstützung ruft „Schwächen“ auf den Plan Für Führungskräfte, die gern helfen, ist diese Hypothese besonders hilfreich. Das Prinzip ist einfach erklärt: Der Mitarbeiter kann etwas nicht, fragt seine Führungskraft um Hilfe und – der vermeintliche Glücksfall für den Mitarbeiter – diese nimmt ihm die Aufgabe tatsächlich ab oder sagt ihm zumindest, was zu tun ist. So erging es einem Klienten, der sich durch dieses unterstützende Verhalten einen hilflosen Mitarbeiter entwickelt hat. Er selbst bezahlte einen zunehmend hohen Preis: Mit jeder (gut gemeinten) Hilfestellung, durch die er seinem Mitarbeiter Aufgaben abnahm oder in letzter Minute einsprang, um die termingerechte Fertigstellung zu garantieren, kam er weniger zu seinen eigentlichen Aufgaben.
Mit Schwächen umgehen
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Gleichzeitig wurde der Mitarbeiter immer unselbstständiger – ein Teufelskreis. Mein Klient hat die Situation dadurch gelöst, dass er gemeinsam mit seinem Mitarbeiter in einem ernsten Feedback-Gespräch (siehe auch Kapitel 4, Kritisches Feedback) einen Entwicklungsplan aufgestellt und das Aufgabengebiet in Teilen neu zugeschnitten hat. Zunehmend wurde der Mitarbeiter selbstständiger und mein Klient hatte wieder mehr Zeit für seine eigentlichen Aufgaben und die Leistungsträger seines Bereichs.
Hypothese 6: Persönliche Unterschiede sind keine Schwäche Oft führen persönliche Unterschiede dazu, dass wir von Schwächen sprechen. Jemand ist nicht genauso schwungvoll wie wir, nicht so zurückhaltend oder deutlich redseliger. Und da das eigene Verhalten ja erfolgreich ist, sind wir leicht geneigt, diesen Erfolg auch bei anderen zu unterstellen bzw. zu vermuten, dass in Abwesenheit dieses Erfolgsmerkmals sich auch der Erfolg nicht einstellen kann. So erging es mir selbst einmal im Gespräch mit einer Klientin, mit deren Mitarbeitern ich eine Potenzialanalyse durchgeführt habe. In einem unserer Feedbackgespräche stand ich wohl noch zu stark unter dem Einfluss der Analysetätigkeit und meinte, sie darauf hinweisen zu müssen, dass sie doch sehr zurückhaltend in ihrem Auftreten sei und ob in diesem Punkt wohl Entwicklungspotenzial bestünde? An ihre Antwort kann ich mich noch gut erinnern – sie lautete lapidar: „Ich bekomme mit meiner Art schon immer, was ich will.“ Seitdem bin ich noch vorsichtiger darin geworden, persönliche Vorgehensweisen anderer Personen zu bewerten. Vielmehr stellt sich die Frage: Kommt die Person mit ihrer Verhaltensweise gut ans Ziel, wenn auch auf anderem Weg als man selbst? Wenn ja, dann sollte wahrscheinlich alles so bleiben, wie es ist. Es sei denn, die betreffende Person selbst wünscht eine Veränderung. Dieses Vorgehen leuchtet ein, denn wer lässt sich schon selbst gern für bestimmte Verhaltensweisen kritisieren, die gut funktionieren – und das auch noch ungefragt? Wenn Sie glauben, eine Schwäche bei Ihren Mitarbeitern erkannt zu haben, empfehle ich Ihnen – das ist die Quintessenz aus den obigen Hypothesen – sich die folgenden Fragen zu stellen.
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Aktionsfragen f Ist der Mitarbeiter mit einer Aufgabe betraut, die seinen Stärken entspricht? f Welche Entwicklungsfelder leiten Sie aus dem aktuellen Leistungsniveau ab? Welche davon wollen Sie zunächst adressieren? f Welche Stärke verbirgt sich möglicherweise hinter einer Schwäche? f Haben Sie die Situation konsequent genug angesprochen und für eine Lösung gesorgt? f Kann es sein, dass Sie einen chronisch leistungsschwachen Mitarbeiter bisher zu sehr unterstützt haben? f Geht es tatsächlich um Leistung oder aber um persönliche Unterschiede und Vorlieben? „Schwächen gibt es eigentlich nicht.“ Mit dieser These habe ich das Kapitel eröffnet. Mein Gedanke dabei: Eine Schwäche, die einmal in die Welt gesetzt wurde, erzielt eine große Wirkung. Jemand, der eine Schwäche sein eigen nennt, ist schnell als „schwierig“ oder „unfähig“ stigmatisiert und wird diesen Stempel meistens auch so schnell nicht mehr los: „Herr Meier ist ein Hektiker.“ Oder auch: „Frau Schulze ist furchtbar unorganisiert.“ Das ist im Alltag wenig hilfreich. Darüber hinaus haben Schwächen aber noch einen weiteren Nachteil. Erinnern Sie sich noch an das Bargh-Experiment (siehe Kapitel 2, Ergebnisse)? Wenn Schwächen in unseren Gedanken und Worten einen prominenten Platz einnehmen, werden sie das über kurz oder lang auch in unserem täglichen Erleben tun und unsere Leistungsfähigkeit mindern. Weil Worte einen solch großen Einfluss auf unser Handeln haben, deshalb mein Tipp: Selbst wenn Sie noch nicht ganz davon überzeugt sein sollten, dass es Schwächen nicht gibt, streichen Sie das Wort trotzdem aus Ihrem Vokabular. Es sei denn, Sie hätten eine Schwäche für Schokolade. Oder für Ihren Partner. Oder ... Diese „Schwächen“ sind natürlich erlaubt.
Mit Schwächen umgehen
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Fazit In diesem Kapitel ging es zunächst darum, Stärken anhand unterschiedlicher Instrumente differenziert zu erkennen, um diese dann gezielt auszubauen. Weiterhin habe ich versucht zu zeigen, dass Schwächen in unseren Gedanken keinen Platz haben sollten. Hier noch einmal die wichtigsten Punkte in der Zusammenfassung: f Eine gute Kenntnis der eigenen Stärken ist die Grundlage für individuelle Höchstleistung und Erfolg. f Jeder Mensch hat seine individuellen Stärken, auch wenn diese nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich sind. f Um Stärken differenziert zu erkennen, eignen sich die STAR-Methode, Persönlichkeitsinventare und Feedback von anderen. f Es lohnt sich, Stärken Ihrer Mitarbeiter gemeinsam mit diesen zu thematisieren. f Aufgaben, die zu den Stärken des Mitarbeiters passen und ihn angemessen herausfordern, sind das einfachste Mittel, Stärken zu entwickeln. f Arbeit, die den Stärken des Mitarbeiters entspricht und diese fordert, erzeugt Flow und belohnt die Anstrengung damit aus sich selbst heraus. f Training, Coaching und Mentoring sind drei erprobte Möglichkeiten, die Stärken der Mitarbeiter über die Aufgabe hinaus formal zu fördern. f Wenn die Leistung nicht stimmt, kann ein anderes Umfeld Abhilfe schaffen. f Auch wenn ein Mitarbeiter intern befördert wird, empfiehlt sich eine genaue Potenzialanalyse nach dem Vier-Augen-Prinzip. f Aus ungenügenden Leistungen individuelle Schwächen abzuleiten, ist wenig hilfreich.
Lösungsideen zum Experiment auf Seite 172 Vermeintliche Schwäche
Verborgene Stärke
Detailverliebt Ängstlich Verschwenderisch Unüberlegt Besserwisserisch Unentschieden Autoritär Unflexibel Streitsüchtig Geschwätzig
Genau Vorsichtig Großzügig Entschlussfreudig Gebildet Abwägend Durchsetzungsfähig Beständig Konfliktfähig Kontaktfreudig
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Interview: Führung professionalisieren Ein Gespräch mit Jörg Bacherer, Section Head Personalentwicklung, Merz Group Services GmbH Merz, ein unabhängiges deutsches Pharmaunternehmen mit eigener Grundlagenforschung und Entwicklung, legt seinen Schwerpunkt auf Arzneimittel für neurologische und psychiatrische Erkrankungen. Ein weiteres Kompetenzfeld ist die klinische und ästhetische Dermatologie. Darüber hinaus bietet die Merz unter den Marken tetesept® und Merz Spezial® qualitativ hochwertige Gesundheits- und Kosmetikprodukte. Mit über 2000 Mitarbeitern an derzeit zehn internationalen Standorten erwirtschaftet die im Privatbesitz befindliche Gruppe einen Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro (Geschäftsjahr 2007/08) und wächst im zweistelligen Prozentbereich. Nach Stationen im Personalwesen bei Porsche, Daimler, Brockhaus und Arcor ist Jörg Bacherer nun mitverantwortlich für die Personalentwicklung bei Merz. Personalentwicklung ist für ihn eine vielseitige Dienstleistung, mit dem übergeordneten Ziel, die Leistungsfähigkeit und das Entwicklungspotenzial einer Person, eines Teams und im Zusammenspiel mit der Organisationsentwicklung eines Bereiches und schließlich des gesamten Unternehmens kontinuierlich konstruktiv zu hinterfragen und mithilfe der verschiedenen Instrumente und Aktivitäten der Personalentwicklung positiv zu verändern.
Vor welchen strategischen Herausforderungen steht die Merz-Gruppe und was bedeutet das für die Führungskräfte? Unser Erfolg in den letzten Jahren hatte ein starkes Wachstum zur Folge, das uns mit neuen strategischen Herausforderungen konfrontiert. Das Thema Internationalisierung gewinnt für die Organisation immer mehr an Bedeutung. Damit einhergehend muss sowohl die standortübergreifende als auch die interne Zusammenarbeit der Bereiche intensiviert und sukzessive optimiert werden. Zahlreiche Aktivitäten im Bereich der Organisations- und Personalentwicklung kon-
Interview: Führung professionalisieren
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zentrieren sich derzeit auf diese Prämissen. Darüber hinaus erfordern immer mehr Mitarbeiter neue, der Größe angepasste (Führungs-) Strukturen. Mit dieser gestiegenen Komplexität steigen auch die Anforderungen an die Führungsleistung.
Welche Themen sehen Sie als Personalentwickler dabei als besonders wichtig an? Zwei Themen, mit denen wir im Alltag häufig konfrontiert werden, sind Kommunikation und Kooperation. Durch die zunehmend internationale Aufstellung sowie komplexe Matrixstrukturen sind die Anforderungen in diesen Bereichen enorm gestiegen. Vor einiger Zeit reichte es noch aus, ein exzellenter Forscher oder Fachexperte zu sein. Heute stellen sich den Führungskräften zusätzliche Anforderungen im Bereich Kommunikation, Kooperation sowie interne Kundenorientierung, die weit über die reine Fachlichkeit hinausgehen. Um als Gesamtunternehmen gut zu funktionieren und erfolgreich zu sein, müssen neben der Entwicklung dieser Fähigkeiten bei den einzelnen Führungskräften auch die internen Abstimmungsprozesse professionalisiert werden. Das gilt natürlich ebenso für die Zusammenarbeit mit den eigenen Mitarbeitern. Das bekommen wir durch eine Vielzahl von Coaching-Anfragen zu diesem Themenkomplex täglich gespiegelt. Ein Beispiel: Damit sich unsere Führungskräfte intensiver mit ihrer Führungsrolle und damit Themen wie beispielsweise Zusammenarbeit auseinandersetzen können, müssen sie Aufgaben in stärkerem Maße delegieren. Das bedeutet allerdings auch, dass Sie sich fachlich oder inhaltlich nicht mehr so tief in alle Themengebiete einarbeiten können. Besonders Führungskräften, die aufgrund ihrer ausgezeichneten Fachkenntnisse in die Rolle als Führungskraft berufen wurden, fällt das nicht immer leicht. Ein positiver Nebeneffekt dieser Neuausrichtung unseres Führungsverständnisses ist, dass Mitarbeiter und junge Führungskräfte zu mehr Eigenverantwortung angehalten werden und – verbunden mit einer entsprechenden unternehmerischen Grundhaltung – die Möglichkeit bekommen, durch ihren Beitrag den Gesamterfolg des Unternehmens wesentlich mitzugestalten.
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
Wie unterstützt die Personalentwicklung (PE) das Unternehmen bei diesen Aufgaben? Beispielsweise durch unser neues Kompetenzmodell für Führungskräfte, in dem rein fachliche Themen nicht mehr im Vordergrund stehen. Stattdessen legen wir Wert auf Kompetenzen wie Markt- und Kundenorientierung, Kommunikation und Kooperation oder auch zielorientiertes Führen und Mitarbeiterförderung. Dieser Schwenk weg von der reinen Fachlichkeit hat bei einigen Mitarbeitern zunächst Verwunderung ausgelöst, schließlich waren und sind wir ein erfolgreiches Unternehmen. Trotz dieser anfänglichen „Fragezeichen“ haben wir uns bemüht, für diese „weichen Faktoren“, an denen der Unternehmenserfolg genauso hängt wie beispielsweise an soliden Forschungsergebnissen, Verständnis und Akzeptanz zu schaffen. Indem die Führungskräfte selbst festgestellt haben, dass ihnen eine optimierte Kommunikation die Zusammenarbeit tatsächlich erleichtert, ist uns das Schritt für Schritt auch gelungen. So werden unsere Führungskräfte mit dem Instrument beispielsweise dazu angehalten, auch kritische, aber dennoch erfolgsrelevante Themen mit ihren Mitarbeitern anzusprechen – Themen, die früher vielleicht unter den Tisch fielen. Auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen hören wir häufig, dass der verstärkte Fokus auf die „weichen“ Faktoren im Alltag schnell zu besseren Ergebnissen führt und das Miteinander erleichtert. An welchen Stellen sehen Sie die wirksamsten Ansatzpunkte für eine Optimierung der Führungsleistung? Ich denke, der Schlüssel zur erfolgreichen Optimierung der Führungsleistung liegt in der Umsetzung des kleinen Einmaleins der Führung, also in der direkten Interaktion mit den Mitarbeitern. Bei Merz legen wir deshalb sehr viel Wert auf die Begleitung der Führungskräfte bei der Umsetzung von Führungswissen im Alltag. Für unsere Nachwuchskräfte nutzen wir dafür beispielsweise Mentoring. Jeder High Potential profitiert so vom regelmäßigen, persönlichen Austausch mit einer Führungskraft aus dem Senior- oder Top-Management. Bei diesen Gesprächen geht es selbstverständlich auch um die Ausgestal-
Interview: Führung professionalisieren
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tung der eigenen Führungsrolle. Unsere erfahrenen Führungskräfte unterstützen wir bei Bedarf praxisnah durch Coaching. Mit dem Coach haben sie einen kompetenten Ansprechpartner, der ihnen individuell dabei hilft, schwierige Situationen im Führungsalltag erfolgreich zu meistern. Im Trainingsbereich setzen wir hingegen auf kurze, pragmatische Formate, in denen die Inhalte kompakt präsentiert werden. Weil wir uns darüber bewusst sind, dass der Transfer über den Erfolg im Führungsalltag entscheidet, sind wir an dieser Stelle sehr fokussiert, was den Ressourceneinsatz angeht. Was nützt einer Führungskraft der High-end Input vom Startrainer, wenn sie dann im Alltag alleine vor der Frage steht, wie sie diesen umsetzten kann?
Welche Impulse kann die Personalentwicklung setzen, um Führungskräfte erfolgreich zu machen? Wo ist die Führungskraft selbst in der Pflicht? Fangen wir bei der Führungskraft selbst an. In deren Verantwortungsbereich fällt die Interaktion mit dem Mitarbeiter. Damit meine ich beispielsweise, dass eine Führungskraft nicht einfach Anordnungen erlässt, sondern mit den Mitarbeitern z. B. darüber diskutiert, was bestimmte Vorgaben für die Abteilung bedeuten. Oder auch, dass sie sich intensiv mit den Stärken eines Mitarbeiters auseinandersetzt und ihm für gute Leistung Anerkennung zollt, sich aber auch mit schlechter Leistung konstruktiv auseinandersetzt. Das sind die täglichen Aufgaben von Führungskräften, die wir vonseiten der Personalentwicklung durch ein einheitliches PE-Konzept, das zum Unternehmen passt, und durch eine Vielzahl von Angeboten unterstützen, ihnen aber nicht abnehmen können. Mit verbindlichen Führungsleitlinien haben wir hierfür einen Orientierungsrahmen geschaffen, der über ein maßgeschneidertes Kompetenzmodell operationalisiert und damit unternehmensweit und in der täglichen Praxis anwendbar wird. Bei den Instrumenten nutzen wir bei Merz den gesamten Baukasten moderner Personalentwicklung: Training und Coaching, Mentoring, neue Karrierewege als Alternative zur klassischen Führungslaufbahn, Leistungs-
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Kapitel 3 – Mit Stärken zu individueller Höchstleistung
beurteilungsverfahren und 180-Grad-Feedback, Traineeprogramme, eine Initiative zur Stärkung der Meetingkultur und vieles mehr.
Jetzt hört man oft, dass Führungsleitlinien und Kernkompetenzen häufig nicht mehr wert sind als das Papier, auf dem sie stehen. Wie stellen Sie sicher, dass diese in der Praxis auch gelebt werden? Mit dieser Frage haben wir uns in der PE intensiv beschäftigt. Bei diesen und allen oben genannten Initiativen und Programmen ist es uns wichtig, die oberen Management-Ebenen mit einzubinden und die einzelnen Vertreter persönlich als Vorreiter zu gewinnen. Bei der Einführung unseres Kompetenzmodells war es uns beispielsweise wichtig, das Top-Management und eine Gruppe von ausgewählten Führungskräften schon in der Entwicklungsphase mit einzubeziehen. Und auch bei der Einführung gehen wir schrittweise von oben nach unten vor. Zunächst werden die Führungskräfte des Top- und SeniorManagements anhand des neuen Modells beurteilt, erst dann führen diese Gespräche auch mit ihren Mitarbeitern durch. So weiß jeder aus erster Hand, worum es geht, wie es funktioniert und welche Unterstützung das Instrument für die tägliche Führungsarbeit bietet. Wir haben die Erfahrung gemacht: Wenn die oberen Führungskräfte hinter einer Initiative stehen und sie aktiv vorantreiben, wenn sie als Vorbild agieren, funktionieren PE-Instrumente im Alltag viel besser. Deshalb ist deren frühe und umfassende Einbindung der wichtigste Prüfpunkt für neue Entwicklungen. Auch bei anderen PE-Initiativen setzen wir verstärkt auf die Einbindung der oberen Führungskräfte. Beispielsweise bei unseren Kamingesprächen, bei denen sich die Geschäftsführung und das TopManagement mit unseren Nachwuchskräften einen Abend lang über ein bestimmtes Thema austauschen. In unserem aktuell laufenden Nachwuchsführungskräfte-Programm spannen wir in den Gesprächen einen großen Bogen von der Gesamtstrategie des Unternehmens, über bereichsspezifische Strategien bis hin zu Themen wie Leadership, Team Effectiveness oder Changemanagement und deren Rele-
Interview: Führung professionalisieren
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vanz für Merz und die Teilnehmergruppe. Das führt dazu, dass die Führung des Unternehmens nicht mehr eine abstrakte Größe darstellt, sondern dass deren Mitglieder im persönlichen Austausch mit den Mitarbeitern stehen und ihre Führungserfahrung aktiv weitergeben.
Wenn Sie Führungskräften aus Ihrer Sicht jeweils einen Rat in Sachen Personalführung und -entwicklung geben könnten, welcher wäre das? In Sachen Führung sind ganz wesentliche Punkte sicher: Sprechen Sie mit ihren Mitarbeitern, interessieren Sie sich für deren Arbeit und Persönlichkeit. Schaffen Sie bewusst Räume für formellen und informellen Austausch. Keine Führungskraft muss sich mit konkreten Maßnahmen der Personalentwicklung oder geeigneten Trainings auskennen. Womit sich eine Führungskraft allerdings sehr intensiv beschäftigen sollte, ist das Erkennen von Stärken und Entwicklungsfeldern der Mitarbeiter und sich Gedanken über Möglichkeiten sowie den eigenen Beitrag zu deren Entwicklung zu machen.
Interview: Führung professionalisieren
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Kapitel 4 – Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg
„Wer mit Anerkennung knausert, spart am falschen Ort.“ Dale Carnegie
Wie zufrieden sind Sie mit dem Maß an Anerkennung, das Ihnen zuteilwird? In zahlreichen Gesprächen mit meinen Klienten habe ich den Eindruck gewonnen, dass es vielerorts großzügiger zugehen könnte, wenn es um Anerkennung geht. So wünschen sich viele meiner Klienten in ihrer Rolle als Mitarbeiter selbst mehr Anerkennung von ihrer Führungskraft. Oder aber sie tun sich als Führungskraft schwer damit, ihren Mitarbeitern Anerkennung in hinreichendem Maß zu schenken. Es wäre wahrscheinlich nicht übertrieben, von einer veritablen Anerkennungslücke in deutschen Unternehmen zu sprechen. Das wird nicht zuletzt auch daran deutlich, dass das Thema kontinuierlich in den Medien präsent ist. Betrachten wir das Phänomen der Anerkennung über unsere Alltagserfahrung hinaus aus philosophischer Perspektive, tritt dessen Stellenwert noch deutlicher hervor. So setzt sich Charles Taylor, emeritierter Professor der Philosophie an der McGill University/Montreal, mit den Auswirkungen von Anerkennung auf die persönliche Identität auseinander: „Erzeugung und Wahrung unserer Identität (bleiben) jedenfalls ein Leben lang dialogisch. (…) Meine eigene Identität hängt wesentlich von meinen dialogischen Beziehungen zu anderen ab. (…) Uns allen ist bewusst, wie sehr in den persönlichen Beziehungen die Identität durch den Verlauf, den unser Austausch mit signifikanten Anderen nimmt, geformt
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Kapitel 4 – Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg
und verformt werden kann. (…) Deshalb gewinnt das Problem der Anerkennung (…) neue Bedeutung. (…) Das Verlangen nach Anerkennung ist (…) ein menschliches Grundbedürfnis.“ Anerkennung stellt also mehr als nur ein Führungsinstrument dar, das nice to have ist. Weil das Bedürfnis nach Anerkennung ein menschliches Grundbedürfnis ist, gehört Anerkennung als fester Bestandteil in das Repertoire einer jeden Führungskraft. Schon aus dem folgenden Grund lässt sich mit Anerkennung eine Menge Gutes bewirken: Sie differenzieren das Selbstbild Ihrer Mitarbeiter und beeinflussen es positiv (siehe auch Kapitel 2, Ergebnisse). Umso mehr, da jede Führungskraft als „signifikanter Anderer“ (Charles Taylor) eine zentrale Rolle im Leben ihrer Mitarbeiter einnimmt – zumindest während der Arbeitszeit, die ja einen Großteil unserer Lebenszeit ausmacht. Als Führungskraft haben Sie also einen mächtigen Hebel in der Hand, mit Anerkennung etwas für das Selbstbewusstsein (im doppelten Wortsinn) Ihrer Mitarbeiter zu tun. Und damit fördern Sie letztlich auch die Performance Ihres Bereichs. Denn nur selbstbewusste Mitarbeiter, die ihre Fähigkeiten kennen und an ihr Können glauben, werden dauerhaft Höchstleistung erbringen können. Anerkennung im Führungsalltag beinhaltet meinem Verständnis nach drei Ausprägungen: Zunächst sind da natürlich positives Feedback und dessen „kleine Schwester“, das Lob. Anerkennung im umfassenden Wortsinn schließt allerdings auch kritisches Feedback und die Rüge ein, indem auch weniger gute Leistungen oder Verhaltensweisen angesprochen werden. Und schließlich geht es im ökonomischen Kontext immer auch um mehr als Worte, nämlich um greifbare Anerkennung. Diese Klaviatur können Sie nutzen, um Ihren Mitarbeitern Anerkennung zu schenken. Zunächst geht es jetzt um die meiner Erfahrung nach mit Abstand wichtigste Kategorie der Anerkennung: um positives Feedback und Lob.
Positives Feedback
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Positives Feedback Sowohl positives Feedback als auch Lob zielen darauf ab, gute, sehr gute und außergewöhnliche Leistungen und Verhaltensweisen hervorzuheben. Im Feedback geschieht das in einem ausführlichen Gespräch; das Lob ist quasi der „Anerkennungs-Snack“ für zwischendurch und muss nicht viel mehr enthalten als ein kurzes „Danke“ oder „Gut gemacht“. Beide Formen der Anerkennung gilt es, um Dale Carnegies Zitat aufzugreifen, großzügig zu verteilen und dabei ganz bewusst auch „nur“ gute Leistungen einzubeziehen. Mit positivem Feedback und Lob schenken Sie dem Mitarbeiter und seiner Leistung nicht nur wohlwollende Aufmerksamkeit. Sie sagen damit noch etwas weiteres Wichtiges: dass Sie als Führungskraft bei der Auswahl, Führung und Entwicklung Ihrer Mitarbeiter ganz offenbar vieles richtig gemacht und damit die Voraussetzungen für den Erfolg Ihrer Mitarbeiter geschaffen haben. Jedes positive Feedback und Lob, das Sie Ihren Mitarbeitern geben, ist indirekt also immer auch eines in eigener Sache. Tun Sie sich also selbst öfter einmal etwas Gutes, indem Sie Ihren Mitarbeitern Anerkennung zollen. „Nichts gesagt ist genug gelobt.“ Dieses (leider) recht beliebte Sprichwort sollte spätestens jetzt seine Gültigkeit verloren haben. Um Ihnen zunächst das Loben ein wenig zu erleichtern, finden Sie nachfolgend einige Ideen für Formulierungen. Diese reichen von sehr spezifischem Lob für eine bestimmte Aufgabe bis zu einem allumfassenden Lob für den Mitarbeiter als Person. X X X X X X X X X
„Danke, das sieht gut aus.“ „Prima, dass das so schnell geklappt hat.“ „Gut, dass Sie mich cc gesetzt haben.“ „Freut mich, dass Sie bei diesem Meeting mit dabei sind.“ „Das war eine gute Präsentation eben, hat mir gut gefallen.“ „Danke für Ihren Einsatz; das weiß ich sehr zu schätzen.“ „Das ist richtig gut geworden.“ „Prima, dass es doch noch so gut geklappt hat.“ „Ihnen allen ein großes Dankeschön für die wirklich gute Leistung.“
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Kapitel 4 – Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg
„Es macht Spaß, mit Ihnen an diesem Projekt zu arbeiten.“ „Damit haben Sie meine Erwartungen voll erfüllt.“ X „Ich finde es gut, wie beharrlich Sie an diese Aufgabe herangehen.“ X „Ihre Idee hat uns ein gutes Stück weitergebracht.“ X „Ich freue mich, dass Sie in meinem Team sind.“ X X
Das mag an Beispielen genügen. Schon das Aufschreiben dieser Formulierungen versetzt mich in eine gute Stimmung – geht es Ihnen beim Lesen genauso? Dann gönnen Sie Ihren Mitarbeitern dieselbe Erfahrung. Um sich im Alltag auch daran zu erinnern, häufiger ein Lob einzusetzen, haben schon mehrere meiner Klienten über erteiltes Lob Buch geführt. Ein täglicher Reminder im Kalender mit dem Stichwort „Heute schon gelobt?“ ist auch gut dazu geeignet, Sie an Ihr Vorhaben zu erinnern. Daraufhin können Sie die Situationen, in denen Sie ihren Mitarbeiter gelobt haben, gedanklich noch einmal Revue passieren lassen bzw. sich für den weiteren Tagesverlauf vornehmen, mehr Lob auszusprechen. Eine schöne Variante des Lobens ist es meines Erachtens auch, das Lob von anderen weiterzugeben. Beispielsweise indem Sie Ihrem Mitarbeiter mitteilen: „Der Geschäftsführer war ganz begeistert von Ihrem Bericht.“ Aktionsfragen f Wofür haben Sie Ihren Mitarbeitern in den letzten drei Tagen ein Lob ausgesprochen? f Fallen Ihnen Situationen ein, in denen Sie im Nachhinein ein Lob hätten aussprechen können? Gerade für kleine Erfolge ist ein Lob die passende Intervention, um Ihren Mitarbeitern Ihre Anerkennung zu vermitteln. Ohne viel Zeitaufwand merken sie, dass ihre Leistung gesehen und für gut befunden wird. Geht es allerdings um größere und anspruchsvollere Leistungen und Erfolge wie beispielsweise die Erarbeitung und Präsentation einer Studie oder den erfolgreichen Abschluss eines (Teil-)Projekts, ist es angebracht, sich anhand eines Feedbacks ausführlich damit zu beschäftigen. Ein fundiertes, positives Feedback unterscheidet sich vom Lob, das problemlos
Positives Feedback
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zwischen Tür und Angel möglich ist, zunächst einmal dadurch, dass es mehr Zeit in Anspruch nimmt. Um einem Mitarbeiter positives Feedback zu geben, empfehle ich in meinen Coachings deshalb immer, sich genügend Zeit für das Gespräch zu nehmen bzw. es sogar zu terminieren. Auf der Meta-Ebene signalisieren Sie Ihren Mitarbeitern so, dass Erfolge und gute Leistung wichtig sind, weil Sie sich Zeit dafür nehmen. Ein ausführliches, positives Feedback hat neben dem wertschätzenden Aspekt noch einen weiteren Vorteil. Durch das Gespräch über Erfolge erfahren Sie mehr über die Gründe deren Zustandekommens, quasi das Erfolgsrezept, und dem Mitarbeiter werden seine Stärken bewusst. Erfolg lässt sich auf diese Weise leichter wiederholen und ausbauen. Gute Leistung ist nicht länger ein Zufallsprodukt. Bei positivem Feedback geht es also vor allem darum, mit dem Mitarbeiter über seine Leistung ins Gespräch zu kommen. Die folgenden Fragen können Sie dabei unterstützen, Erfolgssituationen mit Ihren Mitarbeitern zu erarbeiten (siehe auch Kapitel 3, Stärken erkennen). Aktionsfragen f Wie schätzen Sie das Ergebnis ein? f Was ist Ihnen besonders gut gelungen? f Welche Teilaufgaben haben Ihnen besondere Freude bereitet? f Was waren die Erfolgsfaktoren für dieses Projekt/diese Aufgabe? f Welche Schwierigkeiten haben Sie im Laufe der Aufgabe/des Projekts erfolgreich gelöst? f Welche Fähigkeiten haben Sie eingesetzt? f Was haben Sie durch diese Aufgabe gelernt? f Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen? f Welche Stärken haben die einzelnen Projektteilnehmer jeweils eingebracht?
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Kapitel 4 – Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg
Hilfreich ist es zudem, wenn Sie zur Vorbereitung des FeedbackGesprächs einige konkrete Beobachtungen und Einschätzungen formulieren, die die Leistung oder das Verhalten des Mitarbeiters beschreiben und einordnen. Nachfolgend ein Beispiel aus meinem Buch Einfach Führen, wie ein konstruktives Feedback-Gespräch ablaufen kann: Führungskraft: „Ich habe eben Ihr Verkaufsgespräch mit Herrn Müller mitbekommen. Es hat mir sehr gut gefallen, wie Sie auf ihn eingegangen sind.“ Mitarbeiter:
„Oh, danke. Ist ja auch ein Netter!“
Führungskraft: „Na ja, das geht schon auf Ihr Konto, finde ich! Mir ist besonders aufgefallen, dass Sie sehr geschickt mit seinen Einwänden umgegangen sind.“ Mitarbeiter:
„Stimmt – jetzt wo Sie’s sagen. Darauf hatte ich mich auch extra vorbereitet, nachdem er am Telefon schon erste Andeutungen in diese Richtung gemacht hatte.“
Führungskraft: „Klasse! Was ist Ihnen denn sonst noch aufgefallen an dem Gespräch?“ Mitarbeiter:
„Mhhh … Lassen sich mich mal überlegen … also, ich habe wohl recht begeistert von unserem Produkt erzählt …“
Führungskraft: „Ja, der Funke ist übergesprungen. Gut gemacht; ich denke, da haben wir einen neuen Kunden gewonnen.“ Über das Feedback im Vier-Augen-Gespräch hinaus können Sie dessen Wirkung sogar noch verstärken. Denn im Gegensatz zum kritischen Feedback wissen es viele Mitarbeiter zu schätzen, wenn gute Ergebnisse von ihrer Führungskraft (oder auch von ihnen selbst) in Meetings vor Kollegen und/oder weiteren Führungskräften einem größeren Kreis vorgestellt werden. Diese öffentliche Anerkennung strahlt darüber hinaus auf die anderen Mitarbeiter aus, denen signalisiert wird, dass Leistung gesehen und honoriert wird.
Kritisches Feedback
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Aktionsfragen f Welche (sehr) guten Leistungen Ihrer Mitarbeiter bieten sich aktuell für ein ausführliches positives Feedback an? f Welche Foren würden sich dazu eignen, Mitarbeitern öffentlich ein positives Feedback auszusprechen?
Kritisches Feedback Ähnlich wie positive Anerkennung hat auch kritische Anerkennung zwei Ausprägungen: die „kleine“ Rüge, um diesen etwas antiquarisch klingenden Begriff neu zu beleben, und das ausführliche, kritische Feedback. Den Umgang mit beiden Formen kritischer Anerkennung erlebe ich in der Praxis häufig als schwierig. Viele Führungskräfte tun sich schwer damit, schlechte Leistung und nicht akzeptables Verhalten in geeigneter Weise und Frequenz bei ihren Mitarbeitern zu adressieren. Drei Punkte sind es insbesondere, die mir in diesem Kontext immer wieder auffallen: Es wird zu viel kritisiert, insbesondere im Verhältnis zu positivem Feedback und Lob X Kritischen Rückmeldungen wird möglichst aus dem Weg gegangen X Kritik wird in unpassender Form geäußert X
Wenn zu viel kritisiert wird Vor dem Hintergrund, dass eher zu viel als zu wenig kritisiert wird, ist es mir an dieser Stelle wichtig, den Stellenwert von kritischem Feedback zu beleuchten: Im Verhältnis zu kritischem Feedback sollten positives Feedback und Lob (deutlich) überwiegen. Denn kritisches Feedback wirkt wie ein Konzentrat. Deshalb sollte es hinreichend mit Lob und positivem Feedback verdünnt werden, sonst ist es leicht unbekömmlich. Das heißt nicht, dass dies im selben Moment geschehen sollte. Im Gegenteil, denn sonst wird die Kritik zu sehr verwässert. Aber eine Kultur, in der kritisches Feedback allein dasteht und Mitarbeitern nur ihre Unzulänglichkei-
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Kapitel 4 – Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg
ten aufgezeigt werden, demotiviert diese und sorgt für eine unproduktive Grundstimmung. Die Einschätzung, dass Lob und positives Feedback überwiegen sollten, ergibt sich einerseits aus vielen guten Praxiserfahrungen, die meine Klienten mit einem Mehr an positiver Anerkennung gesammelt haben. Deren Berichte von einem deutlich verbesserten Klima in ihrem Bereich, das sich durch ein überwiegend positives Feedback einstellt, haben mich immer wieder von der Richtigkeit des Ansatzes überzeugt. Darüber hinaus dürfte es eigentlich gar nicht viel zu kritisieren geben, wenn Personaleinsatz und -führung in einer hohen Qualität ausgeführt werden. Meiner Erfahrung nach sollte das Verhältnis von positivem zu kritischem Feedback deshalb bei ungefähr 3:1 oder höher liegen (siehe Abb. 4.1). Auf jede geäußerte Kritik kämen also mindestens drei andere Situationen, in denen Sie Mitarbeiter loben oder ihnen ein positives Feedback geben.
Kritisches Feedback
Positives Feedback
Abbildung 4.1: Verhältnis von positivem und kritischem Feedback Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. So beispielsweise, wenn Sie es mit einem Mitarbeiter zu tun haben, der durch Schlechtleistung oder inakzeptables Verhalten über Gebühr auffällt. Solch ein Zustand ist allerdings auf eine Person begrenzt und sollte vor allem nie lange anhalten. Denn dauerhaftes Kritisieren, ohne Abhilfe zu schaffen, ist keine Lösung.
Kritisches Feedback
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Es vergiftet die Stimmung und hemmt die Leistungserbringung (siehe auch Kapitel 3, Mit Schwächen umgehen). Über kurz oder lang entsteht durch häufiges Kritisieren eine Kultur des „Hier sieht ja doch keiner, was ich mache, und nichts ist gut genug“. Mit der Folge, dass die Ergebnisse der eigenen Anstrengungen nicht mehr hinreichend wahrgenommen werden und irgendwann auch die Anstrengung selbst nachlässt. Wenn wir im Coaching über das Verhältnis von kritischer und positiver Anerkennung sprechen, höre ich von meinen Klienten oft, dass sie selbst ja auch deutlich mehr negative als positive Kritik von ihrer Führungskraft bekommen. Das ist schade. Es sollte aber niemanden davon abhalten, in seinem Verantwortungsbereich von den Auswirkungen eines vermehrten positiven Feedbacks zu profitieren. Das erfordert eine gewisse emotionale Anstrengung, denn dieser Zustand wird von vielen als ungerecht empfunden. Doch der bewusste Bruch mit den Gepflogenheiten des eigenen Vorgesetzten ist an dieser Stelle erlaubt und sogar erwünscht. Und wie weiter ober schon beschrieben, erkennen Sie durch positives Feedback und Lob letztlich Ihre eigene Führungsleisung an. Oder Sie gehen das Thema aktiv an und ergreifen bei Gelegenheit einmal die Chance, sich positives Feedback einzuholen, indem Sie Ihren Chef fragen, was er an Ihrer Arbeit schätzt. Um weniger zu kritisieren, kann es lohnend sein, zunächst einmal nach Lösungsmöglichkeiten bei sich selbst zu suchen und sich die Frage zu stellen, welchen Anteil man selbst zu einer schlechten Leistung oder einem sozialen Streitpunkt beigetragen hat. Die erste Frage, die in diesem Kontext hilfreich ist, ist die nachfolgende Aktionsfrage. Denn vielleicht war das zu kritisierende Vorkommnis gar kein Fehler im landläufigen Sinn, sondern einfach ein Kommunikationsproblem an der Schnittstelle vom Auftraggeber zum Auftragnehmer? Aktionsfrage Haben Sie Ihre Erwartungshaltung deutlich genug ausgesprochen?
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Kapitel 4 – Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg
Ist dieser Prüfpunkt geklärt, gibt es ein zweites häufiges Missverständnis in Sachen Kritik: Handelt es sich tatsächlich um unterdurchschnittliche Arbeitsergebnisse oder um eindeutig nicht tolerierbares Verhalten? Oder aber, handelt es sich nicht doch um unterschiedliche, persönliche Arbeitsweisen, die in meiner Beobachtung immer wieder einmal zu unnötigen Konflikten und letztlich zu unberechtigter Kritik führen (siehe auch Kapitel 3, Mit Schwächen umgehen). So hat beispielsweise einer meiner Klienten die angespannte Situation mit einem seiner Mitarbeiter dadurch entschärfen können, dass er ihm bei neuen Aufgaben nach Möglichkeit mehr Zeit gelassen hat, einen eigenen Lösungsansatz zu entwickeln, anstatt ihn schon nach sehr kurzer Zeit zu einer Lösung zu drängen und dafür zu kritisieren, dass er zu langsam sei. Seitdem er sich diesen Schritt auf den Mitarbeiter zubewegt hat, ist das Verhältnis der beiden deutlich besser und die Aufgaben werden, wenn auch mit etwas mehr anfänglichem Zeitaufwand, sogar noch besser und vor allem reibungsloser gelöst als vorher. Handelt es sich tatsächlich um eine ungenügende Leistung oder ein Fehlverhalten, heißt das immer noch nicht, dass auch jeder dieser Punkte angesprochen werden muss. Bevor Sie kritisches Feedback oder eine Rüge aussprechen, empfehle ich deshalb den folgenden Sicherheitscheck: Aktionsfrage Ist dieses Vorkommnis wirklich so wichtig, dass Sie es mit einem kritischen Feedback oder einer Rüge thematisieren wollen? Bei der Entscheidung, welche Vorkommnisse kritikwürdig sind, kann Ihnen die folgende Matrix helfen, die bei der Arbeit mit einem Klienten entstanden ist, der das weniger häufige Ansprechen von Kritikpunkten als eines seiner Ziele identifiziert hatte (siehe Abb. 4.2). Diese Matrix analysiert Situationen in Bezug auf deren „Aufregungspotenzial“ (Peak) und Wirkung (Impact). Das bewusste Abwägen dieser beiden Parameter erleichterte es meinem Klienten, diejenigen Situationen zu identifizieren,
Kritisches Feedback
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in denen Kritik tatsächlich angebracht war. Der Automatismus des schnellen Kritisierens war unterbrochen. Peak
abwarten, ggf. kurz ansprechen
sofort handeln
ignorieren
terminieren in Ruhe ansprechen
Impact
Abbildung 4.2: Einordnung von Konflikten Aktionsfragen f In welchem Verhältnis stehen positives und kritisches Feedback bei Ihnen (auf der gebenden wie auf der empfangenden Seite)? f Was würden Ihre Mitarbeiter zur folgenden These sagen: „Mein Chef ist jemand, der gute Leistung oft und gern anerkennt?“ f Gibt es Situationen in Ihrem Bereich, die Sie schon längere Zeit wiederholt kritisieren, an denen sich aber trotzdem noch nichts geändert hat? f Welchen Teil tragen Sie selbst zur kritischen Situation bei? Was können Sie zur Lösung beitragen? f Gibt es Situationen, in denen Sie im Nachhinein auf ein kritisches Feedback hätten verzichten können?
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Kapitel 4 – Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg
f Welche Gründe gibt es, die Sie von einer verstärkten positiven Anerkennung guter Leistung/vorbildlichen Verhaltens abhalten könnten? f Wie könnten Sie durch ein Mehr an positivem Feedback profitieren? Wie Ihre Mitarbeiter?
Wenn es schwerfällt, Kritik zu üben Oft erlebe ich in der Praxis aber auch das gegenteilige Problem, dass sich Führungskräfte schwer damit tun, Kritik überhaupt zu äußern. Was zunächst als verständliche menschliche Schwäche entschuldigt werden kann, entpuppt sich allerdings auf den zweiten Blick als wirksamer Hemmschuh erfolgreicher Führungsleistung. Und das aus zwei Gründen: zum einen, weil Fehlentwicklungen nicht oder verspätet angesprochen und Fehler nur zeitverzögert oder gar nicht korrigiert werden. Zum anderen, weil Mitarbeiter sehr genau spüren, wenn kritisches Feedback vermieden wird und dies (unbewusst) als Schwäche ihrer Führungskraft auslegen. Bei dieser wiederum wächst das schlechte Gewissen, weil sie ebenfalls spürt, dass sie einer notwendigen Intervention aus dem Weg gegangen ist. Aktionsfragen f Gibt es Situationen, in denen Ihnen Missstände oder Fehler aufgefallen sind, Sie diese aber nicht oder verspätet angesprochen haben? f Was waren die Gründe dafür, dass Sie sich mit Ihrer Kritik zurückgehalten haben? f Welche Gefühle hat die Vermeidung von Kritik bei Ihnen hervorgerufen? f Wie haben sich die kritischen Situationen weiterentwickelt? f In welcher Form hätten Sie Ihre Kritik anbringen können, wenn Sie die Situation noch einmal rückblickend betrachten? f Wie hätten Sie davon profitiert? Wie Ihre Mitarbeiter?
Kritisches Feedback
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f Was könnte als schlimmste Konsequenz passieren, wenn Sie einen Mitarbeiter kritisieren? Frage ich meine Klienten nach den Gründen dafür, dass sie Kritik ausweichen, kommt letztlich immer wieder die Angst zum Vorschein, sich unbeliebt zu machen. Manchmal ist auch ein bisschen Bequemlichkeit mit dabei. Zunächst aber werden andere Gründe angeführt. Die folgenden beiden Vermeidungsstrategien sind dabei die Favoriten (siehe auch Kapitel 1, Veränderung mentaler Skripte):
Strategie 1: „Das kann ich morgen immer noch sagen.“ Kritik aufzuschieben ist eine der beliebtesten Vorgehensweisen. Das könnte daran liegen, dass sich Aufschieberei leicht rationalisieren lässt – wichtige andere Aufgaben sind in einem ausgefüllten Führungsalltag eigentlich immer zur Hand. Dass es gar nicht lange dauern muss, einen Missstand anzusprechen, wird dabei geflissentlich übersehen. Das nächste Meeting wartet schließlich. Übersehen wird bei dieser Taktik ebenfalls, dass sich Begleitgefühle wie Ärger nicht so einfach unterdrücken lassen wie die Kritik an sich. Sie werden sich im nächsten Meeting breitmachen und die Stimmung drücken. Langfristig führt Aufschieberei dazu, dass Kritik gar nicht geäußert wird. Was aber nicht heißt, dass sie vergessen wäre. Ganz im Gegenteil – als Hypothek der erkauften Harmonie ist das schlechte Gewissen im Hintergrund wirksam und belastet den Alltag. Deshalb gilt, in Anlehnung an ein englisches Sprichwort: A word in time saves nine. Wenn Sie also berechtigten Grund zur Kritik haben, nehmen Sie sich die Zeit und sprechen das Vorkommnis an. Wie das am besten geht, dazu später mehr.
Strategie 2: „Das ist ja nur eine Kleinigkeit.“ Auch durch das Relativieren von Fehlverhalten lässt sich Kritik wirksam umgehen: „Es sind ja nur ein paar Minuten, die der Herr Meier zu spät zu unseren Meetings kommt.“ Oder: „Na ja, die paar Tippfehler habe ich selbst doch schneller korrigiert, als wenn ich Herrn Schulze extra darauf aufmerksam mache.“ Zugegeben, niemand will als Erbsenzähler gelten. Doch berechtigte Kritik muss erlaubt sein. Und zwar insbesondere, weil
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viele kleine Vorkommnisse irgendwann zu einer großen Bürde werden können, die das Standing der Führungskraft unterhöhlen können. So hatte z. B. einer meiner Klienten lange ignoriert, dass sein Mitarbeiter Aufgaben oft verspätet ablieferte. Zwar nur mit wenig Verspätung, aber eben nicht zum vereinbarten Zeitpunkt. Mit der Zeit hatten sich weitere „Nickeligkeiten“ eingeschlichen, die den Klienten zunehmend verstimmten – der Mitarbeiter schien zunehmend zu machen, was er wollte, auch wenn dieses Verhalten sich nur in „Kleinigkeiten“ ausdrückte. Nachdem er den Missstand der verspäteten Abgaben angesprochen hatte, nahmen zügig auch die übrigen kritischen Situationen ab. Mein Klient hat seine Position als Führungskraft mit dieser Intervention erfolgreich stabilisiert. An diesem Beispiel können Sie feststellen, wie sich das bewusste Ansprechen von Missständen für Sie auszahlen kann. Der Preis dafür: sich temporär vermeintlich unbeliebt zu machen. Das ist jedoch eine Angst, die sich in den meisten Fällen als unbegründet erweist. Denn Mitarbeiter spüren, wenn etwas nicht stimmt, und erwarten in vielen Fällen sogar, dass ihrer Führungskraft das auffällt und sie den Missstand anspricht. Neben diesen mentalen Vermeidungsstrategien beobachte ich immer wieder auch zwei praktische Wege, persönliche Kritik zu vermeiden, indem diese indirekt zum Ausdruck gebracht wird. Beide empfinde ich als noch weniger zielführend als die oben beschriebenen Strategien.
Strategie 3: „Fakten sprechen lassen.“ Eine ebenso unerfreuliche wie unbeholfene Art der (verbalen) Kritikvermeidung ist es, den Mitarbeiter mit Taten zu konfrontieren. Das ist im Extremfall die gesperrte Schlüsselkarte, die dem Mitarbeiter keinen Einlass mehr gewährt und so auf seine Kündigung hinweist. Aber auch im Alltag findet man diese Form der Kritikvermeidung: Mitarbeiter werden zu bestimmten Meetings nicht mehr eingeladen oder anspruchsvolle Aufgaben werden anderweitig vergeben. Dieses Vorgehen hinterlässt eine große Verunsicherung, und zwar nicht nur bei dem betroffenen Mitarbeiter. Letztlich vergiftet es das Klima des gesamten Bereichs, denn schnell wird allen Beteiligten deutlich, dass Kritik wie aus heiterem Himmel auf die Mitarbeiter niederkommt und sich somit niemand zu keinem Zeit-
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punkt sicher wähnen kann. Diese Angstkultur wird eher zu weiteren Fehlern führen als zu einer konstruktiven Arbeitsatmosphäre. Ein hoher Preis, um einem persönlichen Kritikgespräch aus dem Weg zu gehen.
Strategie 4: „Die Kritik bei anderen adressieren.“ So erleichternd es zunächst sein mag, sich seiner Probleme bei anderen Personen zu entledigen, sei es bei Kollegen, der eigenen Führungskraft oder gar bei anderen Mitarbeitern – letztlich fällt diese Art der Kritik zuerst auf den Kritikübenden selbst zurück (siehe auch Kapitel 2, Umgang). Vor allem deshalb, weil der Kritisierende über sich selbst sagt: „Dieses Problem bekomme ich nicht in den Griff.“ Lesen Sie dazu das folgende Beispiel. Einer meiner Klienten hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, über einen Kollegen aus einem angrenzenden Bereich, mit dem er nicht so gut zurechtkam, mit einem seiner Mitarbeiter zu sprechen. Neben dem vermeintlichen Gewinn, sich das Problem von der Seele zu reden und dadurch auch mehr Nähe zu seinem Mitarbeiter aufzubauen, hat er damit vor allem zwei Dinge erreicht: Er hat das Problem nicht gelöst und seine Autorität bei seinem Mitarbeiter untergraben. Angesichts dieser Folgen hat sich mein Klient letztlich dafür entschieden, den Konflikt mit dem Kollegen persönlich anzusprechen und beizulegen. Das kostete meinen Klienten zunächst Überwindung, aber seitdem ist das Problem gelöst und die Zusammenarbeit verläuft deutlich konstruktiver. Dieses Beispiel kann nur dazu ermutigen, Kritik direkt im Eins-zu-Eins-Gespräch zu adressieren. Auch wenn es viele Gründe und Möglichkeiten gibt, es nicht zu tun – letztlich lohnt es sich. Und wenn Sie die folgenden sechs Grundsätze kritischer Anerkennung beherzigen, wird dies einfacher sein, als Sie jetzt vielleicht noch denken.
Grundsätze kritischer Anerkennung Beim Äußern von kritischer Anerkennung ist eine Reihe einfacher Grundsätzen zu beachten, die jeder mit ein bisschen Übung leicht anwenden kann. Dann stimmt auch die Form des Feedbacks.
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Grundsatz 1: Kritisches Feedback persönlich im Vier-AugenGespräch äußern Eine zunehmend verbreitete Form des Äußerns von Kritik, das bekomme ich in meinen Coaching-Gesprächen mit, ist das Kritisieren via E-Mail. Davor kann ich nur warnen. Denn was auf den ersten Blick wie eine praktische Abkürzung auf dem Weg zum Ziel aussieht, hält in der Regel viel Konfliktstoff parat. Schnell sind ein paar ärgerliche Zeilen getippt und abgeschickt, am besten noch an einen großen Verteiler. Genauso schnell sind diese Zeilen aber auch falsch verstanden. Deshalb empfehle ich, kritische Gespräche nur persönlich zu führen, wenn es sich nicht anders einrichten lässt auch telefonisch. Das lässt einen die Worte besser abwägen und gibt dem Gesprächspartner die Möglichkeit, unverzüglich zu reagieren, indem er beispielsweise Kritikpunkte klarstellt, nachfragt oder sich entschuldigt. Darüber hinaus sollten Kritikgespräche unter vier Augen geführt werden. Hinter diesem Grundsatz versteckt sich die asiatische Maßgabe, sein Gegenüber das Gesicht wahren zu lassen. Wann immer es sich also einrichten lässt – und das lässt es sich meiner Erfahrung nach fast immer – sollten Kritikgespräche ohne Publikum stattfinden. Niemand hat etwas davon, wenn eine Führungskraft ihren Mitarbeiter beispielsweise in einem Meeting vor versammelter Mannschaft für einen Fehler rügt. Ganz im Gegenteil, die Kritik fällt letztlich auf die Führungskraft selbst zurück, die den Mitarbeiter nicht im Griff zu haben scheint.
Grundsatz 2: Kritisches Feedback zeitnah äußern Je länger Sie damit warten, einen unangenehmen Sachverhalt anzusprechen, desto schwieriger wird dies in der Regel werden. Deshalb ist es empfehlenswert, Kritik möglichst bald zu äußern. Ist die Zeit aber tatsächlich einmal knapp, empfehle ich, den Sachverhalt nur kurz anzusprechen und ein ausführliches Kritikgespräch zu terminieren. Auf diese Weise haben Sie den unerfreulichen Vorfall zunächst einmal auf eine Parkposition geschoben und ihn somit aus Ihren Gedanken genommen. Handelt es sich um eine kurze Rüge, kann diese selbstverständlich sofort ausgesprochen werden, wenn Sie dies für notwendig erachten.
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Zwei Ausnahmen gibt es zu diesem Grundsatz: In Situationen, in denen Sie emotional sehr aufgebracht sind, ist es oft sinnvoller, mit dem Kritikgespräch zu warten, bis wieder die normale „Betriebstemperatur“ erreicht ist. Weiterhin empfinde ich es als guten Stil, Mitarbeitern nicht unnötig das Wochenende oder den Urlaub mit Kritik zu verderben. So habe ich von einem Mitarbeiter gehört, dem man in den Flitterwochen per Fax mitgeteilt hat, dass sein Arbeitsverhältnis nach der Probezeit beendet sei. Das ist sicher ein extremes Beispiel, zeigt aber, wie wichtig es ist, Kritik nach Möglichkeit zu einem Zeitpunkt zu äußern, zu dem der Mitarbeiter die Chance hat, sich mit Ihnen darüber auseinanderzusetzen. Wenn es Ihnen noch schwerfallen sollte, im Büro Kritik zu äußern, könnten Sie zunächst einmal im Alltag damit beginnen. Nachfolgend stelle ich Ihnen eine einfache Übung vor, die schon vielen meiner Klienten dabei geholfen hat, Kritik zeitnah zu adressieren: Wenn Ihnen im Alltag kleine Ärgernisse auffallen, wie beispielsweise die lauwarme oder versalzene Suppe im Restaurant, fassen Sie sich ein Herz und sprechen den Missstand freundlich an (siehe auch Kapitel 1, Veränderung mentaler Skripte). Nach diesen ersten „Trockenübungen“ wird es Ihnen leichterfallen, Kritik auch bei Ihren Mitarbeitern anzusprechen.
Grundsatz 3: Beobachtung und Bewertung trennen Beim Aussprechen von Kritik ist es für den Kritisierten hilfreich, wenn er genau weiß, was Sie kritisieren, anstatt ihn nur mit einer summarischen Bewertung zu konfrontieren. Marshall Rosenberg, der Begründer der Gewaltfreien Kommunikation, bemerkt dazu: „Wenn wir die Beobachtung mit einer Bewertung verknüpfen, vermindern wir die Wahrscheinlichkeit, dass andere das hören, was wir sagen wollen. Sie neigen eher dazu, Kritik zu hören, und wehren so ab, was wir eigentlich sagen wollen.“ Beim Äußern von Kritik ist es deshalb hilfreich, das Verhalten einer Person zunächst genau zu beschreiben. Dabei hilft die folgende Technik: Vergegenwärtigen Sie sich die kritische Situation so, als ob Sie diese noch einmal auf einer Videoaufzeichnung anschauen würden. Mit diesem „Tatsachenbericht“ starten Sie dann ins Gespräch. So weiß Ihr Mitarbeiter, was genau Sie kritisieren und kann sich die Situation selbst noch einmal ins Gedächtnis rufen. Je dichter Sie am tatsächlichen Verhalten
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des Mitarbeiters oder am Ergebnis faktisch anknüpfen und von einer Bewertung zunächst absehen, desto größer ist die Chance, dass der Mitarbeiter die Kritik für sich akzeptieren kann. Lesen Sie dazu das folgende Beispiel. In der Arbeit mit einem Klienten, der dazu neigte, Situationen schnell zu bewerten, haben wir dieses Vorgehen anhand einer Präsentation einstudiert, mit der mein Klient nicht zufrieden war. Sein ursprünglicher Kommentar lautete ungefähr folgendermaßen: „Da hätten Sie mich besser gleich gefragt, so geht das überhaupt nicht.“ Die Reaktion des Mitarbeiters können Sie sich vorstellen; vor allem hatte er aber keinen Anhaltspunkt, was er hätte besser machen sollen. Ganz anders die – deutlich gekürzte – „Videokritik“: „Bei der Durchsicht der Präsentation ist mir aufgefallen, dass unsere Produkte sehr technisch beschrieben sind und der Text sehr lang ist. Ich denke, dass sie durch einen verständlicheren Text und Auflockerungen gewinnen würde.“ Wie gut sind Sie selbst im Unterscheiden von Beobachtung und Bewertung? Um das herauszufinden, können Sie die nächste Aktionsfrage bearbeiten, die von Marshall Rosenbergs Buch inspiriert ist. Aktionsfrage Welche der folgenden Aussagen ist eine Beobachtung, welche eine Bewertung? f Herr Meier schiebt die Dinge immer vor sich her. f Sie arbeiten langsam. f Die Präsentation ist nicht so gut, wie sie sein könnte. f Mir ist aufgefallen, dass in der Broschüre einige inhaltliche Fehler stehen. f Herr Müller hat mich erst fünf Minuten vor dem Meeting angerufen. f Herr Schmitt behandelt seine Kunden distanziert. f Das Team von Frau Baumann ist ziemlich unkooperativ.
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f Herr Dikermann ist ein schlechter Redner. f Wenn Sie nicht intensiver an diesem Projekt arbeiten, wird es bestimmt nicht fertig. f Die andere Abteilung hinkt uns hinterher. Hinweise zur Lösung erhalten Sie auf Seite 205.
Grundsatz 4: Kritikpunkte deutlich und zu Beginn des Gespräches ansprechen Immer noch liest man in einschlägigen Publikationen von der so genannten Sandwichmethode, wenn es um das Äußern von Kritik geht. Diese besagt, dass man zunächst etwas Positives sagt und auch damit abschließt; dazwischen wird die Kritik eingepackt. Doch diese Mogelpackung ist schnell durchschaut und die positive Anerkennung entpuppt sich wie beim Hamburger das Brötchen schnell als Staffage. Meine Empfehlung ist deshalb, den kritischen Sachverhalt ohne „Verpackung“ gleich zu Beginn des Gespräches beim Namen zu nennen. Was nicht heißt, dass die Kritik nicht in einem wertschätzenden Ton angebracht werden sollte (siehe auch Kapitel 2, Umgang). Gerade bei kritischen Gesprächen ist es sinnvoll, die wesentlichen ein bis zwei Sätze gut vorzubereiten (siehe auch Kapitel 2, Kommunikation). Denn oft habe ich beobachtet, dass die eigentliche Kritik in schwammigen Formulierungen untergeht, was dem Mitarbeiter die Möglichkeit zur Interpretation lässt. Hier einige Beispiele, die nach einem einleitenden Satz folgen können: „Mir ist aufgefallen, dass in letzter Zeit in vielen Ihrer Präsentationen Tippfehler und inhaltliche Fehler vorkommen. Das ist nicht die Qualität, die ich erwarte.“ X „In den letzten drei Wochen kommen mir verstärkt Beschwerden über einige Mitarbeiter aus Ihrem Team zu Ohren, das gefällt mir nicht.“ X „Ich habe mehrere Ihrer Kundentelefonate mitbekommen und mir ist aufgefallen, dass Sie recht kurz angebunden waren und auch mehrmals erwähnten, was nicht geht.“ X
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„Ihre Einträge ins CRM haben Sie mehrfach hintereinander verspätet vorgenommen. Auch bei den administrativen Aufgaben erwarte ich Zuverlässigkeit von Ihnen.“
Grundsatz 5: Den eigenen Standpunkt herausstellen In simulierten Kritikgesprächen beobachte ich häufiger, dass die Führungskraft versucht, sich als Person letztlich doch aus der Sache herauszuhalten. So begann eine Führungskraft ein Kritikgespräch mit diesen Worten: „Also, Herr Baumann (Name geändert), Sie wissen ja, dass die Personalabteilung entschieden hat …“ Mit einer solchen Aussage untergräbt die Führungskraft ihre eigene Autorität. Denn in dem Beispiel war es in der Tat so, dass mein Klient mit einigen Dingen nicht einverstanden war, namentlich mit Aspekten der Mitarbeiterführung seines Mitarbeiters. Der Gesprächseinstieg, den wir miteinander erarbeitet haben, hört sich viel selbstbewusster an als die ursprüngliche Version: „Herr Baumann, wir haben uns ja schon häufiger darüber unterhalten, wie Sie Ihre Abteilung führen. Ich habe das Gespräch heute anberaumt, weil ich damit nach wie vor nicht zufrieden bin …“ So formuliert weiß der Mitarbeiter, woran er ist und spürt die Dringlichkeit der Situation besser, als wenn wie in diesem Fall die Personalabteilung als „unsichtbarer Dritter“ auf den Plan gerufen wird. Und der Veränderungshebel, der meinem Klienten zur Verfügung stand, war ungleich größer, indem er klar Stellung bezogen hat.
Grundsatz 6: Gemeinsam nach Lernpunkten und Verbesserungsmöglichkeiten suchen Haben Sie Ihre Kritik erst einmal adressiert, würde ich den größeren Teil des Kritikgesprächs damit verbringen, gemeinsam mit dem Mitarbeiter zu ermitteln, was er aus der Situation gelernt hat bzw. lernen kann und wie etwas das nächste Mal besser gemacht werden kann (siehe auch Kapitel 2, Wandel). Auf diese Weise ist nicht nur etwas schiefgegangen, sondern der Mitarbeiter kann daraus für das nächste Mal etwas lernen. Die folgenden Fragen können dabei helfen:
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Aktionsfragen f Welche Lernpunkte nehmen Sie aus dieser Angelegenheit für sich mit? f Einmal angenommen, Sie wollten sicherstellen, dass das Projekt beim nächsten Mal wieder an denselben Punkten scheitert, welche würden Sie in eine „negative Betriebsanleitung“ aufnehmen? f Wenn Sie mit diesem Projekt noch einmal von vorne beginnen könnten, an welcher Stelle würden Sie im Nachhinein etwas anders machen? f Wie hätte sich dieser Fehler vermeiden lassen? f Was war aus Ihrer Sicht der wichtigste Grund, dass dieser Fehler entstanden ist? f Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen? f Was benötigen Sie noch, um diese Veränderung umzusetzen? f Kann ich Sie dabei unterstützen? Wie? Ist das Verbesserungspotenzial identifiziert, ist es empfehlenswert, mit dem Mitarbeiter eine verbindliche Absprache zu treffen, bis wann bestimmte Dinge sich verbessert haben sollen, und einen positiven Ausblick zu geben.
Lösungshinweise zur Aktionsfrage auf S. 202 Herr Meier schiebt die Dinge immer vor sich her. (Bewertung) Alternative Beobachtung: Bei den letzten drei Projekten hat Herr Meier vor der Abgabefrist jeweils mehrere Nächte durchgearbeitet. X Sie arbeiten langsam. (Bewertung) Alternative Beobachtung: Ich sehe, dass der Bericht, den wir morgen abgeben müssen, erst zur Hälfte fertig ist. X
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X X X
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Die Präsentation ist nicht so gut, wie sie sein könnte. (Bewertung) Alternative Beobachtung: Mir ist aufgefallen, dass die Präsentation viel Text und keine Grafiken enthält. Mir ist aufgefallen, dass in der Broschüre einige inhaltliche Fehler stehen. (Beobachtung) Herr Müller hat mich erst fünf Minuten vor dem Meeting angerufen. (Beobachtung) Herr Schmitt behandelt seine Kunden distanziert. (Bewertung) Alternative Beobachtung: Herr Schmitt ist mit allen seinen Kunden per „Sie“ und geht nur in Ausnahmefällen mit ihnen essen. Das Team von Frau Baumann ist ziemlich unkooperativ. (Bewertung) Alternative Beobachtung: Herr Pabst aus dem Team von Frau Baumann hat bei unserem letzten Treffen wiederholt auf seiner Meinung beharrt, ohne diese zu begründen. Herr Dikermann ist ein schlechter Redner. (Bewertung) Alternative Beobachtung: Herr Dikermann hat sich bei seinen letzten beiden Reden mehrmals versprochen. Wenn Sie nicht intensiver an diesem Projekt arbeiten, wird es bestimmt nicht fertig. (Bewertung) Alternative Beobachtung: Wenn Sie nicht intensiver an diesem Projekt arbeiten, befürchte ich, dass es nicht fertig wird. Die andere Abteilung hinkt uns hinterher. (Bewertung) Alternative Beobachtung: Wir haben zehn Kunden akquiriert, das andere Team sieben.
Mehr als Worte: Greifbare Anerkennung Der bisherige Schwerpunkt dieses Kapitels lag auf der Anerkennung durch das Wort, das in jedem Fall die Grundlage für Feedback sein sollte. Aber es gibt Situationen, in denen das Wort allein nicht mehr genügt, sei es, weil Sie eine gute Leistung auch materiell anerkennen wollen, oder aber, dass eine schlechte Leistung Konsequenzen erfordert. Beginnen wir mit letzterem Fall.
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Wenn Sie merken, dass Sie ein Fehlverhalten oder unzureichende Ergebnisse trotz offener und intensiver, lösungsorientierter Gespräche nicht abstellen können, ist es an der Zeit für Konsequenzen. Das hört sich im ersten Moment vielleicht hart an, aber wenn keine Konsequenzen folgen, wird oft auch nichts verändert. Eine Konsequenz kann sein, dass bestimmte Aufgaben anders verteilt werden, dass Sie die Kontrolle enger fassen (siehe Kapitel 2, Umgang/Vertrauen), dass Sie eine Abmahnung oder in der letzten Konsequenz sogar eine Kündigung aussprechen. All diese Maßnahmen sollten nicht das erste Mittel sein, um Missstände abzustellen. Allerdings ist irgendwann der Zeitpunkt gekommen, zu dem Worte allein nicht mehr ans Ziel führen. Um diesen Zeitpunkt zu bestimmen, kann Ihnen Ihr Gefühl ein guter Indikator sein: Wenn Sie merken, dass Sie ein Mitarbeiter, Teile seines Verhaltens oder schlechte Ergebnisse wiederholt und zunehmend gereizt oder ärgerlich stimmen und Sie, ohne ein Ergebnis zu erreichen, viel Zeit aufwenden, ist es wahrscheinlich eine gute Idee, über Konsequenzen nicht nur nachzudenken, sondern sie in die Tat umzusetzen. Kommen wir nun zum nächsten Teil dieses Kapitels: zu greifbarer positiver Anerkennung. In diesem Bereich gibt es noch eine Reihe weiterer Möglichkeiten, gute Leistung über Lob und positives Feedback hinaus zu honorieren. Wenn es beim Thema Anerkennung um „mehr als Worte“ geht, denkt man dabei wahrscheinlich erst einmal an monetäre Anerkennung, also an Gehalt, Bonuszahlungen und dergleichen.
Gehalt, Bonus und Beförderung Betrachten wir zunächst den Effekt von Gehaltserhöhungen auf die Motivation von Mitarbeitern. Dieser ist deutlich geringer, als auch von Führungskräften oft vermutet wird. Denn Gehaltserhöhungen wirken nur sehr kurzfristig und spätestens nach ein paar Monaten ist das neue Gehaltsniveau zur Selbstverständlichkeit geworden. Der Motivationseffekt nutzt sich schnell ab. Das kennen Sie wahrscheinlich aus Ihrer eigenen Alltagserfahrung: der größere Dienstwagen, das luxuriösere Hotel, die Senator-Karte – all das verliert nach einer recht kurzen Zeit den Glanz des Neuen und wird gern als selbstverständlich hingenommen. Fast schon im Gegenteil: Man wundert sich, wie man bisher mit weniger
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auskommen konnte. Deshalb eignen sich Gehaltserhöhungen nicht dazu, Mitarbeiter – insbesondere langfristig – zu noch besserer Leistung zu motivieren. Das Gehalt eignet sich als Instrument der Anerkennung lediglich dahingehend, dass es im internen und externen Vergleich angemessen hoch sein muss, um gute Mitarbeiter zu halten. Und angemessen muss nicht bedeuten, dass es beispielsweise im externen Vergleich das höchste ist. Viele Top-Arbeitgeber zahlen sogar nur durchschnittliche Gehälter und punkten bei ihren Mitarbeitern stattdessen beispielsweise mit einer attraktiven Unternehmenskultur (siehe Kapitel 2, Mit Gestaltungskraft zur Erfolgskultur) und spannenden Entwicklungsmöglichkeiten (siehe Kapitel 3, Stärken entwickeln). Im Gegensatz zum Festgehalt erscheinen Boni auf den ersten Blick schon eher geeignet, gute Leistung zu incentiveren. Werden sie doch direkt für eine gute Leistung ausgezahlt, beispielsweise für das Erreichen von Zielen. Doch auch Bonuszahlungen haben ihre deutlichen Grenzen. Die Bankenkrise hat den Beweis erbracht, dass die astronomisch hohen Boni der Investmentbanker die Ergebnisqualität nicht unbedingt erhöht haben; der St. Gallener Wirtschaftethiker Ulrich Thielemann sieht in ihnen sogar die Hauptursache für die Bankenkrise (FAZ, 15.10.2009). Was man an diesem Beispiel auch sehen kann: Die Ausrichtung eines Bonussystems ist komplex und leicht werden Verhaltensweisen und Ergebnisse incentiviert, die gar nicht im Interesse des Unternehmens liegen. Wissenschaftliche Studien (u. a. Ariely, Gneezy, Loewenstein, Mazar) belegen ebenfalls, dass hohe finanzielle Anreize durchaus kontraproduktiv sein können, weil durch sie zwar der Anreiz steigt, allerdings auch die Anspannung und in Folge die Fehleranfälligkeit zunimmt, insbesondere bei geistigen Aufgaben. Der Druck ist ungleich größer und die Aufmerksamkeit wird von der eigentlichen Aufgabe leicht hin zum Ergebnis und den damit einhergehenden positiven wie negativen Folgen gelenkt. Insbesondere sehr hohe Boni scheinen recht wenig mit einem hohen Leistungsniveau zu tun zu haben bzw. sich sogar negativ darauf auszuwirken. Auch Martin Seligman sieht den Nutzen von Geld als durchaus begrenzt an, um Mitarbeiter nachhaltig zu motivieren, weil dieses letztlich keinen Beitrag zur eigenen Zufriedenheit leistet: „Die Forschungsergebnisse
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über Lebensbefriedigung – wonach über eine Grundsicherung hinaus vorhandenes Geld für das subjektive Wohlbefinden wenig oder überhaupt nichts bringt – sickern langsam in das allgemeine Bewusstsein ein.“ Einem ähnlichen Wirkmechanismus wie Gehälter und Boni folgen auch Beförderungen. Die Freude darüber weicht schnell dem Gefühl der Selbstverständlichkeit über den neu erlangten Status in der Organisation. Darüber hinaus birgt die Beförderung als Standard-Instrument der Anerkennung eine große Gefahr: Wenn gute Leistung mit einer Beförderung entgolten wird, spielt der Blick zurück eine größere Rolle als die Frage nach der Passung des Mitarbeiters zur neuen Aufgabe. Nach dem PeterPrinzip werden fähige Mitarbeiter so lange befördert, bis sie in ihrer neuen Funktion überfordert sind. Auf diese Weise sind schon zahlreiche Führungspositionen mit Mitarbeitern besetzt worden, die mit anderen Aufgaben sicherlich glücklicher wären. Zu begrüßen sind deshalb die Anstrengungen vieler Unternehmen, neben die Führungskarriere gleichwertige Fach- oder Projektkarrieren zu stellen, in denen exzellente Mitarbeiter eine echte Alternative haben, ihre Stärken auch ohne Führungsverantwortung einzubringen. Nachdem rein monetäre Anreize und Beförderungen wie oben geschildert nur einen begrenzten Mehrwert bieten, wenn es um die Anerkennung guter Leistung mit mehr als nur guten Worten geht – was bleibt dann noch an greifbarer Anerkennung übrig?
Aufgaben Zunächst einmal sind anspruchsvolle und interessante Aufgaben, die den Fähigkeiten der Mitarbeiter entsprechen, eine gute Möglichkeit, greifbare Anerkennung zu zollen (siehe auch Kapitel 3, Stärken entwickeln). Solche Aufgaben sind, so Martin Seligman, „die am meisten befriedigende Art von Arbeit, eben weil sie eine Belohnungshandlung ist und deshalb um Ihrer selbst willen getan wird, statt für die materiellen Vorteile, die sie bringt. Wenn man bei der Berufsarbeit den Flow-Zustand genießt, dann (…) wird dies wohl wichtiger als die materiellen Kompensationen für Arbeit. Unternehmen, die diesen Bewusstseinszustand bei ihren Angestellten fördern, werden jene Unternehmen überholen, die allein auf
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Vergütungen in Geldform bauen.“ Als besondere Wertschätzung wird es von Mitarbeitern oft erlebt, wenn sie im Rahmen ihrer Aufgabe Kontakt zu Mitgliedern des Senior- und Top-Managements oder zu ausgewiesenen Experten auf ihrem Gebiet erhalten. So ist es eine gute Form der Anerkennung, einen Mitarbeiter beispielsweise in eine Besprechung mit dem entsprechenden Bereichsvorstand oder Geschäftsführer mitzunehmen, damit er dort seine Arbeit präsentieren kann. Oder ihn im Rahmen eines Projekts zu einer Fachkonferenz zu entsenden.
Individuelle Präsente und Feiern von Erfolgen Eine weitere sehr schöne, weil individuelle Variante greifbarer Anerkennung ist ein speziell für den Mitarbeiter ausgesuchtes Präsent, beispielsweise zum Geburtstag oder anlässlich eines speziellen Erfolgs. Dieses muss gar nicht teuer sein, es kommt vor allem darauf an, dass Sie damit die Interessen des Mitarbeiters treffen und er merkt, dass Sie sich bei der Auswahl des Geschenks Gedanken gemacht haben. Die Liste möglicher Geschenke ist lang, Klassiker sind beispielsweise persönlich ausgesuchte Bücher und Konzertkarten. Eine gute Idee für ein Geschenk hatte auch einer meiner Klienten. Sein Mitarbeiter hatte gegen einige Wettbewerber ein großes Projekt bei der Deutschen Bahn akquiriert. Mein Klient schenkte ihm eine Märklin-Eisenbahn. An diesen Erfolg wird der Mitarbeiter sicher noch lange denken. Aktionsfrage Über welches persönliche Geschenk würde sich jeder Ihrer Mitarbeiter freuen? Wenn Ihnen auf diese Frage nicht gleich das passende Geschenk einfällt, nutzen Sie die nächsten Wochen doch einmal dazu, um im persönlichen Gespräch herauszufinden, was Ihre Mitarbeiter neben der Arbeit beschäftigt. Und überraschen Sie sie zum nächsten Geburtstag oder anlässlich einer herausragenden Leistung mit dem passenden Geschenk. Diese Mühe lohnt sich. Denn wenn das Geschenk nicht individuell ist, ist es oft besser, gar keines zu machen. So höre ich von Klienten immer wieder, mehr oder weniger empört, von Geschenken, die eher das Gegenteil von
Mehr als Worte: Greifbare Anerkennung
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Anerkennung bewirken, beispielsweise ein Acht-Euro-Gutschein vom örtlichen Buchhandel oder dasselbe Buch für alle Mitarbeiter. Für ebenso wenig geeignet halte ich die folgende Vorgehensweise, von der mir immer wieder berichtet wird, nämlich Geschenke mit einem pädagogischen Imperativ zu machen und den Mitarbeiter erziehen zu wollen. Einer meiner Klienten hat auf diesem Weg ein Buch mit einem Titel wie „Mehr Selbstbewusstsein wagen“ bekommen – sicher genau das richtige Mittel, um es zu steigern. An dieser Stelle hat die Führungskraft ihre Fürsorgepflicht wohl etwas zu ernst genommen. Eine gute Idee ist auch das Feiern von Erfolgen, sei es ein gutes Geschäftsjahr oder ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt. Und auch hier zählt letztlich die Idee wieder mehr als das in sie gesteckte Budget. Einer meiner Klienten hat beispielsweise für die besondere Anstrengung der gesamten Mannschaft seines Bereichs in einem Restrukturierungsprozess einen Abend in der hauseigenen Kantine veranstaltet, die mit wenig Aufwand und der Mithilfe einiger Kollegen zum Spielcasino umgebaut wurde. Für das Essen sorgte der Kantinenwirt, einige der Preise wurden von lokalen Geschäften gesponsert. Für einen überschaubaren Betrag haben sich die Mitarbeiter so bestens amüsiert, wie mir mein Klient berichtete. Ein weiteres gelungenes Beispiel: Einer meiner Kunden hat zu Weihnachten einen Abend im Frankfurter Dialogmuseum organisiert. Unter Begleitung von Kommunikationstrainern haben die Mitarbeiter dort mit viel Spaß ihr Kommunikationsverhalten spielerisch erkundet. Ein weiterer Kunde hat seine Mitarbeiter zu einer eintägigen Kanu-Tour eingeladen – ein Ereignis, durch das nicht nur der Spaß, sondern auch der Zusammenhalt im Team gestärkt wurde. Und das für wenig Geld. Eine gute Idee ist natürlich auch der Klassiker: Essen gehen. Das kann, muss aber nicht teuer sein. Oft höre ich, dass sich Mitarbeiter auch über eine finanziell überschaubare Einladung freuen und schon die Geste an sich Wirkung zeigt, auch wenn es nur die Pizza vom Lieferservice ist. Ich habe aber auch noch das Feedback einer Klientin im Ohr, die begeistert von einer Einladung anlässlich eines guten Projektabschlusses berichtete. Mit den Worten: „Lasst es mal richtig krachen und macht Euch einen schönen Abend“, hatte der Geschäftsführer zu dem Essen eingeladen. Eine gewisse Großzügigkeit kommt bei den meisten Mitarbeiten sowieso
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Kapitel 4 – Mit Anerkennung zu dauerhaftem Erfolg
gut an. So berichtete einer meiner Klienten: „Wenn ich mit meinen Mitarbeitern unterwegs bin, zahlt entweder die Firma oder ich. Das wissen meine Mitarbeiter zu schätzen.“
Fazit f Mit den drei Komponenten Positives Feedback, Kritisches Feedback sowie Greifbare Anerkennung ist der Werkzeugkasten der Anerkennung gut gefüllt. Nachfolgend noch einmal die wichtigsten Punkte in der Zusammenfassung: f Anerkennung ist ein menschliches Grundbedürfnis; Anerkennung zu zollen ist deshalb eine wichtige Führungsaufgabe. f Anerkennung versetzt die Mitarbeiter in die Lage, ihre Stärken und Fähigkeiten noch besser einzuschätzen und an das eigene Können zu glauben. f Ein kurzes Lob zwischen Tür und Angel ist das richtige Werkzeug für kleine Erfolge. f In ausführlichen Feedback-Gesprächen werden größere Erfolge auf deren Ursachen hin analysiert, um diese replizierbar zu machen. f Positives Feedback sollte kritisches Feedback mindestens im Verhältnis 3:1 überwiegen. f Ein Lob oder positives Feedback für Ihre Mitarbeiter ist immer auch eines in eigener Sache für Sie als Führungskraft. f Auch wenn Sie selbst nicht im wünschenswerten Umfang Lob und positives Feedback bekommen, sollten Sie Ihren Mitarbeitern dieses zukommen lassen. f Wenn Sie Kritik äußern, tun Sie dies persönlich, zeitnah, konkret und lösungsorientiert. f Trennen Sie Beobachtung und Bewertung und machen dabei Ihren eigenen Standpunkt deutlich. f Gehaltserhöhungen, Boni und Beförderungen eignen sich nur sehr bedingt, um Mitarbeiter nachhaltig zu motivieren. f Geeignete Formen greifbarer Anerkennung sind interessante Aufgaben, individuelle Präsente sowie gemeinsame Unternehmungen und Feiern.
Interview: Führung im Rückblick
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Interview: Führung im Rückblick Ein Gespräch mit Udo Ricke, Geschäftsführer (Ruheständler), über Führung. Udo Ricke, heute als Berater für den Senior Experten Service (SES) weltweit unterwegs, war langjährig in Führungs- und Geschäftsführerpositionen u. a. für die Verlage Axel Springer und Georg von Holtzbrinck (Saarbrücker Zeitung) tätig. Das folgende Interview entstand aufgrund eines zufälligen Kontakts auf der Insel Juist, wo wir im selben Gästehaus wohnten und über das Thema Führung ins Gespräch kamen. Beeindruckt an Herrn Ricke hat mich seine positive, interessierte und unternehmungslustige Ausstrahlung. „Offensichtlich hat er in seinem (Berufs-)Leben einiges richtig gemacht“, war mein erster Gedanke, als ich ihn kennenlernte. Dieser Eindruck ließ mich neugierig werden und die Idee wachsen, Herrn Ricke für dieses Buch zu seinen Erfahrungen als Führungskraft zu befragen – was mich beeindruckt hat, könnte auch für die Leser interessant sein. Im Folgenden lesen Sie die Quintessenz unseres etwa dreistündigen Gesprächs.
Wo haben Sie Führung gelernt? Bei Axel Springer. Die Ausbildung von Führungskräften nahm schon damals, Mitte der 60er Jahre, einen hohen Stellenwert im Verlag und bei Axel Springer persönlich ein. Ich erinnere mich noch gut an ein Seminar mit Nachwuchskräften auf Sylt, in dem die oberen Führungskräfte des Verlags und Axel Springer persönlich zugegen waren. Es war eine prägende Erfahrung für mich, die Führungskräfte auch einmal privat, ohne Krawatte, kennenzulernen und zu erfahren: Wir Nachwuchskräfte sind ihnen wichtig. Inhaltlich hat Springer für seine Führungskräfte eine breite Basis gelegt: Als gelernter Wirtschaftsjournalist habe ich die unterschiedlichen Verlagsbereiche kennengelernt (Management, Vertrieb, Anzeigen, Drucktechnik, Redaktion) und war bei Paris Match ein halbes Jahr im
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Ausland. Genauso wichtig wie diese geschäftsbezogenen Aspekte unserer Ausbildung war aber auch eine breite humanistische Bildung, die uns befähigte, die Dinge von allen Seiten zu betrachten. Dazu gehörten beispielsweise Theaterbesuche oder literarische Diskussionen mit Siegfried Lenz. Auch auf Etikette wurde Wert gelegt. So haben wir in „Schümanns Austernkeller“ gelernt, uns auf offiziellem Parkett zu bewegen. Die Vermittlung vertiefender Fachkenntnis war zunächst nachrangig. Es ging vor allem um die Gesamtsicht der Dinge, um die Fähigkeit, Plausibilitäten und Zusammenhänge zu erkennen.
Was hat die Führung Axel Springers ausgezeichnet? Ganz wichtig war, dass wir alle wussten, wo der Verlag hinwollte: Deutsche Wiedervereinigung, Menschenrechte, Anerkennung Israels und Nicht-Anerkennung der DDR. Das hat Springer persönlich vorgelebt. So war er beispielsweise jedes Weihnachten in Israel. Und klar war auch: Wer sich öffentlich gegen diese Ziele aussprach, also beispielsweise eine anti-israelische Haltung offenbarte, musste das Haus verlassen. Was ihn auch auszeichnete: dass er mit den Meinungen seiner Mitarbeiter gelebt und nicht ins Tagesgeschäft eingegriffen hat. Ich weiß, dass er wegen der Überschriften in der Bild gelitten hat wie ein Hund. Trotzdem ließ er den Redakteuren ihren Freiraum. Die Verantwortlichkeiten waren klar geregelt, darauf konnte man sich verlassen.
Wodurch war Ihr eigener Führungsstil besonders geprägt? Was meinen Führungsstil geprägt hat, war an erster Stelle sicherlich die Nähe zu meinen Mitarbeitern. Mir war es wichtig, immer mit meinen Mitarbeitern im Gespräch zu sein. Weil wir Führungskräfte auf einem eigenen Flur saßen, bin ich täglich einmal durch die Büros oder die Herstellung gegangen, war präsent und habe mir Zeit für Gesprä-
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che genommen. Einfache Fragen wie: „Woran arbeitet ihr gerade?“ oder: „Für welchen Kunden ist dieser Auftrag?“, haben den Mitarbeitern mein Interesse signalisiert. Um möglichst offen ins Gespräch zu kommen, war es mir wichtig, die Aussagen meiner Mitarbeiter nicht zu bewerten („das ist nicht gut“), sondern erst einmal hinzuhören, um die Dinge zu verstehen. Auch persönliche Themen meiner Mitarbeiter haben mich interessiert. Um mir diese Informationen besser zu merken, habe ich eine eigene „Kundenkartei“ angelegt. So konnte ich beispielsweise immer passende Geschenke zum Geburtstag machen, weil ich wusste, was der betreffende Mitarbeiter z. B. gern liest. Aber auch wenn ich nicht im Betrieb unterwegs war, wussten meine Mitarbeiter, dass ich Zeit für sie habe; die Tür zu meinem Büro war so gut wie immer offen.
Welche weiteren grundlegenden Erfahrungen geben Sie heute an jüngere Kollegen weiter? Wichtig ist es meiner Erfahrung nach, den Mitarbeitern Freiraum zu lassen, Aufgaben auf ihre Weise zu erledigen und ihnen dabei einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. „Das musst Du entscheiden, das ist Dein Job“, habe ich oft zu meinen Mitarbeitern gesagt. Natürlich ist dabei auch mal was schiefgegangen. Ein oder zweimal war das in Ordnung. Damit habe ich immer gerechnet und daraus haben wir gelernt. Diese Erfahrung habe ich auch selbst gemacht: Als junger Redakteur habe ich einen flammenden Artikel gegen die damals diskutierte Milchpfennig-Abgabe geschrieben, dessentwegen die Zeitung mit dem norddeutschen Bauerverband einen wichtigen Anzeigenkunden verlor. „200000 Mark hat uns das gekostet“, war alles, was mein Chef dazu sagte. Sie können sich vorstellen, dass mir so etwas nicht wieder passiert ist. Die Voraussetzung für dieses Vertrauen war natürlich, dass ich meine Mitarbeiter gut kannte und ihre Fähigkeiten ebenso wie ihre Persönlichkeit gut einschätzen konnte. Deshalb empfehle ich jüngeren Führungskräften, viel Zeit mit ihren Mitarbeitern zu verbringen, vor allem,
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um sich über deren Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten im Klaren zu sein. Ich versuche jüngeren Kollegen auch zu vermitteln, wie wichtig es ist, eine konstruktive Grundstimmung zu etablieren: „Machen wir’s! Wie geht’s?“ Mir war es wichtig, zügig Entscheidungen zu treffen und erst einmal zu machen, anzufangen. Die Schwierigkeiten kommen von selbst. Und es nützt niemandem, erst eine lange Liste von Bedenken zu diskutieren. Fehler passieren trotzdem oder gerade deswegen.
Wie sind Sie denn mit Fehlern umgegangen? Mir war wichtig, nicht den Schuldigen zu finden, sondern gemeinsam zu überlegen, wie wir es beim nächsten Mal besser machen. Auch die Form der Kritik ist wichtig. Ich habe mich immer bemüht, positiv zu kritisieren: „Damit Du noch besser wirst.“ Und ich habe nicht gewartet, bis Fehler offensichtlich wurden. In offenen Diskussionen haben wir Ergebnisse analysiert, um daraus zu lernen. „Was können wir wie besser machen?“, war eine sehr typische Frage für mich.
Wie sind Sie mit wirklich schwierigen Mitarbeitern umgegangen? Die gab es natürlich auch. Ich erinnere mich beispielsweise an einen Außendienstmitarbeiter, der trotz mehrfacher Gespräche nicht auf Linie zu bringen war. Er machte seine eigene Tour und gewährte den Kunden entgegen unserer klar kommunizierten Preispolitik großzügige Zusatzkonditionen. Auch um Ausreden, warum er seine Ziele nicht erreichte, war er nicht verlegen („schwierige Kunden“). Letztlich blieb mir als Konsequenz nur, ihn rauszusetzen. Oder ein Mitarbeiter in der Druckerei, der nicht nachts in der dritten Schicht arbeiten wollte. Auch in diesem Fall habe ich gesagt: „Dann geht’s eben nicht. So können wir nicht miteinander arbeiten.“
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Wie haben Sie Mitarbeiter ausgewählt? Schon im Einstellungsprozess habe ich lange Gespräche mit den Bewerbern geführt, um deren Stärken möglichst gut kennenzulernen. Häufig habe ich Kandidaten auch mit ihrem Partner zum Essen eingeladen. In diesen ungezwungenen Situationen kam schnell die Persönlichkeit der Kandidaten zum Vorschein. Dabei kam es mir besonders auf die Teamfähigkeit an, dass der jeweilige Kandidat trotz einer gewissen Position auf Augenhöhe kommuniziert, beispielsweise mit dem Servicepersonal. Ich wollte in meinem Team niemanden haben, der dachte, er sei als Führungskraft etwas Besseres.
Wie haben Sie dafür gesorgt, dass der einzelne Mitarbeiter eine gute Leistung erbringt? Ich habe mir viel Mühe gegeben, Aufgaben überwiegend den Fähigkeiten angemessen zu verteilen. In persönlichen Gesprächen habe ich zunächst herausgefunden, was meine Mitarbeiter gern tun möchten, um mit ihren Interessen arbeiten zu können. Im nächsten Schritt habe ich aufgabenbezogen gefragt: „Wo liegen Deine Stärken?“ und „Was bringst Du dafür mit?“ Mit dieser Vorgehensweise war ich den meisten Situationen gut beraten. Damit hinterher niemand eine böse Überraschung erlebt, habe ich es mir auch zur Angewohnheit gemacht, die Schattenseiten einer Aufgabe etwas zu überzeichnen, z. B. den cholerischen, aber wichtigen Anzeigenkunden zu überzeugen oder die mit viel Fingerspitzengefühl zu verkaufende Preiserhöhung, oder auch die Tatsache, dass es im Betrieb selbst viele Stolpersteine gibt, die manchmal mutlos machen. Meine Erfahrung ist es auch, dass Mitarbeiter eine bessere Leistung erbracht haben, wenn ich an sie geglaubt und ihnen den Rücken gestärkt habe. Ich habe mich auch immer bemüht, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie wichtig sind und dass ich gern mit ihnen arbeite. Gelegentlich auf ein Glas nach Feierabend oder ich schickte sie zu weiterbildenden Fachseminaren und Sprachkursen. Einigen, denen
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ich die „Treppe“ leichter machen wollte, habe ich zu Verbandsitzungen oder -tagungen mitgenommen.
Wie haben Sie Leistungsträger langfristig an das Unternehmen gebunden? Einerseits habe ich dafür gesorgt, dass meine besten Mitarbeiter immer wieder neue und herausfordernde Aufgaben bekamen, in die sich einarbeiten und an denen sie wachsen konnten. Daneben war es mir wichtig, ihnen eine Perspektive, auch persönlich, aufzuzeigen. Einem engeren Kreis von Mitarbeitern habe ich das Gefühl gegeben, dass sie eine Zukunft im Unternehmen haben, dass ein Ziel erreichbar war. Dafür haben wir darüber gesprochen, wo der Mitarbeiter in einer gewissen Zeit hinwollte und welche Qualitäten er dafür mitbrachte. Wichtig war mir auch, ob er sich mehr als notwendig einsetzen wollte. Konnte ihm das Unternehmen eine Entwicklung bieten und war ein Weg gefunden, wurde er von beiden – Mitarbeiter und Vorgesetztem – gegangen, der eine als Lernender, der andere als kritischer Begleiter. Das war oft mühevoll, führte auch nicht immer zum gewünschten Ziel, brachte aber eine ganze Reihe guter Führungskräfte hervor.
Über die Jahre gab es eine ganze Menge neuer Führungsmethoden. Welchen Nutzen hatten diese für Sie? Wenn ich ehrlich bin, haben mich diese ganzen „Management byMethoden“ eher amüsiert – ich hätte ja fast ein Dutzendmal meine Führungsmethode ändern müssen. Geschätzt habe ich das „Harzburger Führungsmodell“ mit der Trennung von Handlungs- und Führungsverantwortung. Und sicherlich habe ich durch die anderen neuen Führungsmethoden immer wieder einmal neue Denkanstöße bekommen. Aber im Großen und Ganzen bin ich sehr gut mit den wenigen, klaren Grundsätzen gefahren, die ich in diesem Gespräch beschrieben habe. Diese haben sich über die Jahre kaum verändert und besitzen meines Erachtens auch heute noch ihre Gültigkeit. Um die wich-
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tigsten noch einmal zu nennen: eine große Nähe zu den Mitarbeitern, eine konstruktive Grundhaltung, klare Spielregeln und Ziele, Stärken herausarbeiten und damit motivieren, Freiräume und Vertrauen gewähren, aus Fehlern lernen, Konsequenz, Anerkennung und Respekt.
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Detailinformationen zu den Persönlichkeitsinventaren (siehe Kapitel 3, Stärken erkennen) X X X X X
Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) Golden Profiler of Personality (GPOP) Gallup Strengthsfinder VIA Signaturstärken (Seligman) Belbins Teamrollen
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Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) Berufliche Orientierung Leistungsmotivation Gestaltungsmotivation Führungsmotivation
Steigerung der eigenen Leistung, hoher Gütemaßstab, Anstrengungsbereitschaft Bereitschaft zur Einflussnahme, Veränderungswille bei Missständen Präferierung von Führungsaufgaben, soziale Einflussnahme
Arbeitsverhalten Gewissenhaftigkeit Flexibilität Handlungsorientierung
Sorgfältiger Arbeitsstil, Zuverlässigkeit, detailorientiert Offenheit für Neues, Veränderungsbereitschaft, Bereitschaft, Ungewissheit zu tolerieren Rasche Umsetzung der gewählten Entscheidung in zielgerichtete Aktivität
Soziale Kompetenzen Sensitivität Kontaktfähigkeit Soziabilität Teamorientierung Durchsetzungsstärke
Einfühlungsvermögen, sichere Interpretation von Verhaltensweisen anderer Zugehen auf andere, Pflege von Beziehungen und Netzwerken Sozialverhalten, Freundlichkeit, Rücksichtnahme, Wunsch nach Harmonie Kooperation, Zurücknahme eigener Profilierungsmöglichkeiten zugunsten des Teams Dominanz in sozialen Situationen, Konfliktbereitschaft, Wille, eigene Ziele zu verfolgen
Psychische Konstitution Emotionale Stabilität
Belastbarkeit Selbstbewusstsein
Ausgeglichenheit, rasche Überwindung von Misserfolgen, Kontrolle der emotionalen Reaktionen Physische Widerstandsfähigkeit, Bereitschaft zu außergewöhnlichen Belastungen Selbstwirksamkeitsüberzeugung, Selbstvertrauen unabhängig von den Urteilen anderer
Quelle: Hossiep, Rüdiger; Paschen, Michael: Das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP). Hogrefe Verlag, Göttingen 1998.
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Golden Profiler of Personality (GPOP) Woher beziehen Sie Ihre Energie bevorzugt (Extraversion/Introversion)? _
Beziehe meine Energie von anderen Äußere Herausforderungen und Einflüsse bewirken einen Sog nach außen Bin oft freundlich, redselig und leicht kennenzulernen Brauche Beziehungen Zeige Gefühle Suche, brauche und gebe dem Leben Weite Handele erst und überlege dann, vielleicht Werde von anderen (I) als oberflächlich erlebt Summe Extraversion (E)
_
Beziehe meine Kraft aus inneren Ressourcen Äußere Herausforderungen und Einflüsse bewirken einen Sog nach innen Bin zurückhaltend, ruhig und schwer kennenzulernen Brauche Privatsphäre Halte meine Gefühle zurück Suche, brauche und gebe dem Leben Tiefe Überlege erst und handele dann, vielleicht Werde von anderen (E) als verschlossen erlebt Summe Introversion (I)
Wie nehmen Sie Ihre Umwelt bevorzugt wahr (Sensing/Intuition)?
Lese Anleitungen, bemerke Details Bevorzuge das Praktische Sehe Einzelteile Mag Dinge, die klar und messbar sind Beginne am Anfang und gehe schrittweise vor Lebe in der Gegenwart; genieße, was da ist
Folge meinem Gefühl, nehme die Anleitung als letzte Möglichkeit zur Hand Stelle mir lieber die Möglichkeiten vor Sehe Muster und Zusammenhänge Mag das Kreative
Werde von anderen (N) als materialistisch und buchstabengläubig erlebt
Fange irgendwo an und überspringe Schritte Lebe in der Zukunft und mache mir Gedanken darüber, was sein könnte Werde von anderen (S) als Traumtänzer erlebt
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Summe Sensing (S)
_
Summe Intuition (N)
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Wie treffen Sie bevorzugt Entscheidungen (Thinking/Feeling)?
_
Entscheide mit dem Kopf Mag Logik Lege Wert auf Beziehungen von Wahrheit und Gerechtigkeit Kritisiere sofort aus dem Stand, finde sofort Fehler Sehe Dinge von außen Nehme etwas langfristig in den Blick Kann gut analysieren Werde von anderen (F) als kühl und überheblich erlebt Summe Thinking (T)
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Entscheide mit dem Herzen Bevorzuge persönliche Überzeugungen Lege Wert auf Beziehungen und Harmonie Werte spontan, übersehe manchmal Fehler Sehe die Dinge mit innerer Anteilnahme Lebe vom direkten persönlichen Eindruck Kann Menschen gut verstehen Werde von anderen (T) als „kraus im Kopf“ und emotional erlebt Summe Feeling (F)
Welche bevorzugte Einstellung zur Außenwelt haben Sie (Judging/Perceiving)? _
Mag klare Abläufe und eine feste Routine Mag klare Grenzen und Kategorien Bevorzuge ein geregeltes Leben Bin entschlussfreudig Halte mich an Termine und plane im Voraus Mag Abgeschlossenheit, beende eine Aufgabe Möchte mein Leben in den Griff bekommen Werde von anderen (P) als zu eng und strukturiert erlebt Summe Judging (J)
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Mag Veränderung und Vielfalt Mag die grenzenlose Freiheit Bevorzuge einen flexiblen Lebensstil Bin neugierig und offen für Überraschungen jeder Art Komme mit einer Terminsache erst in letzter Minute zurande Bevorzuge Offenheit und genieße den Prozess als solchen Möchte jeden Augenblick meines Lebens auskosten Werde von anderen (J) als unorganisiert und unordentlich erlebt Summe Perceiving (P)
Quelle: Bents, Richard; Blank, Reiner: Typisch Mensch. Einführung in die Typentheorie. Beltz Test GmbH, Göttingen 1995.
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Gallup Strengthsfinder Arrangeur Wenn Sie einer komplexen Situation gegenüberstehen, bei der eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen ist, jonglieren Sie mit ihnen hin und her (...), bis Sie sicher sind, dass Sie die ideale Anordnung gefunden haben. (...) Weniger Organisationsbegabte Menschen erstarren angesichts Ihrer organisatorischen Fähigkeiten in Ehrfurcht. (...) In Sachen Flexibilität sind Sie einfach unschlagbar, und zwar unabhängig davon, ob Sie nun in letzter Sekunde Ihre Reiseroute ändern (...) oder ob Sie die ideale Kombination von Mitarbeitern und Betriebsmitteln zur Fertigstellung eines bestimmten Projekts aushecken. Ob es sich nun um ganz banale oder komplexe Zusammenhänge handelt, Sie sind immer auf der Suche nach der richtigen Zusammenstellung. Und wenn dazu noch eine bestimmte Dynamik ins Spiel kommt, geraten Sie so richtig in Fahrt.
Bedeutsamkeit Ihnen ist wichtig, in den Augen anderer als bedeutsame Person zu erscheinen und anerkannt zu werden. Sie wollen gehört werden und legen Wert darauf, sich von anderen abzuheben. Sie verlangen Anerkennung für Ihre einzigartigen Stärken, die Sie von anderen unterscheiden. (...) Sie sind unabhängiges Denken gewohnt, und Ihre Arbeit ist für Sie nicht nur ein Job, sondern eine Lebensweise, mit der Sie eine möglichst hohe Handlungsfreiheit anstreben. Ihren Wünschen und Vorlieben messen Sie eine große Bedeutung bei. Deshalb steuern Sie Ihre Ziele mit einer außergewöhnlichen Bestimmtheit an und heben sich dadurch eindeutig vom Mittelmaß ab. Ihr Streben nach Bedeutsamkeit führt Sie auf diese Weise zum immer neuen Erfolgen.
Einzelwahrnehmung Sie sind fasziniert von den einzigartigen Veranlagungen, die Sie bei jedem einzelnen Menschen wahrnehmen. Verallgemeinerungen und sämtliche Ausprägungen von Schubladendenken sind Ihnen dagegen zuwider. Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt den Unterschieden, die zwischen verschiedenen Personen bestehen. (...) Mit Ihrem ausgeprägten Blick für die
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Stärken Ihrer Mitmenschen können Sie sie dabei unterstützen, ihre starken Seiten auch optimal zu nutzen. Indem Sie beispielsweise einer bestimmten Person mitteilen, welche Begabung Sie an ihr beobachtet haben, schaffen Sie es, dass sie sich bemüht, noch mehr aus sich herauszuholen. (...) Sie sind davon überzeugt, dass es in erster Linie darum geht, die einzelnen Rollen im Team richtig zu verteilen und dabei den einzelnen Mitarbeitern die Gelegenheit zu geben, ihre Stärken optimal einzusetzen.
Verbundenheit Sie sind davon überzeugt, dass es für alles, was geschieht, einen Grund gibt. Sie glauben daran, dass alle Menschen miteinander verbunden sind. Einerseits besteht die Welt zwar aus einzelnen Individuen (...), darüber hinaus sind jedoch alle Menschen ein Teil von etwas Größerem (...) Deshalb verhalten Sie sich anderen gegenüber rücksichtsvoll, fürsorglich und sind um Verständnis bemüht. Weil Sie von der Zusammengehörigkeit der gesamten Menschheit überzeugt sind, übernehmen Sie gern die Rolle des Vermittlers zwischen verschiedenen Kulturen. (...) Sie selbst und Ihnen nahestehende Personen werden von Ihrem Glauben getragen.
Wiederherstellung Sie lösen für Ihr Leben gern Probleme. Während bestimmte Menschen angesichts von Dauerpannen zunehmend aus der Fassung geraten, werden Sie bei wachsenden Problemen erst so richtig munter. Mit einem wahren Feuereifer mache Sie sich an die Fehleranalyse, finden heraus, wodurch die Störung verursacht wurde und wie diese beseitigt werden kann. Möglicherweise lösen Sie lieber ganz praktische Probleme, oder Sie beschäftigen sich vorzugsweise mit Problemen auf intellektueller oder persönlicher Ebene. (...) In jedem Fall bringen Sie die Dinge wieder zum Laufen. Es macht Sie regelrecht glücklich, Fehler aufzuspüren, auszumerzen und dafür zu sorgen, dass alles wieder reibungslos funktioniert. Quelle: Buckingham, Marcus; Clifton, Donald O.: Entdecken Sie Ihre Stärken jetzt! Campus Verlag, Frankfurt/New York 2007.
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VIA Signaturstärken (Seligman) 1. Neugier/Interesse für die Welt Sie sind auf alles neugierig. Sie stellen immer Fragen und finden alle Themen faszinierend. Sie mögen Erforschungen und Entdeckungen. 2. Lerneifer Sie lieben es, neue Dinge zu lernen, sei es in einem Kurs oder für sich selbst. Sie sind gern zur Schule gegangen, lesen gern, besuchen gern Museen – alle Orte, an denen es etwas zu lernen gibt. 3. Urteilskraft/kritisches Denken/geistige Offenheit Die Dinge von allen Seiten zu durchdenken und zu beleuchten, ist ein wesentlicher Teil von Ihnen. Sie ziehen keine voreiligen Schlüsse, sondern Sie vertrauen auf konkrete Beweise, wenn Sie eine Entscheidung treffen. Sie sind dazu in der Lage, Ihre Meinung zu ändern. 4. Erfindergeist/Originalität/praktische Intelligenz/Bauernschläue Sie überlegen ständig neue Wege, die Dinge zu tun. Sie sind nicht damit zufrieden, etwas auf konventionelle Weise zu tun, wenn es einen besseren Weg gibt. 5. Soziale Intelligenz/personale Intelligenz/emotionale Intelligenz Sie erkennen leicht die Motive und Gefühle anderer Menschen. Sie wissen, was in unterschiedlichen sozialen Situationen zu tun ist und was Sie dazu beitragen können, dass andere sich wohlfühlen. 6. Weitblick Auch wenn Sie sich nicht als weise bezeichnen würden, Ihre Freunde schätzen Sie so ein. Sie schätzen Ihre Sicht der Dinge und bitten Sie um Rat. Sie blicken in einer Art und Weise auf die Welt, die Ihnen und anderen sinnvoll erscheint. 7. Tapferkeit und Zivilcourage Sie sind eine mutige Person, die nicht vor Herausforderungen, Schwierigkeiten oder unangenehmen Erfahrungen zurückschreckt. Sie sagen deutlich, was Sie für richtig halten, auch wenn es Widerstand gibt. Sie treten für Ihre Überzeugungen ein.
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8. Durchhaltekraft/Fleiß/Gewissenhaftigkeit Sie beenden, was Sie angefangen haben. Projekte beenden Sie pünktlich. Sie lassen sich nicht so leicht ablenken und ziehen Zufriedenheit daraus, eine Aufgabe beendet zu haben. 9. Integrität/Echtheit/Ehrlichkeit/Lauterkeit Sie sind ein ehrlicher Mensch, nicht nur in dem, was Sie sagen, sondern Sie führen generell ein wahrhaftes und authentisches Leben. Sie sind bodenständig und spielen niemandem etwas vor. Sie sind eine „echte“ Person. 10. Menschenfreundlichkeit und Großzügigkeit Sie sind freundlich und großzügig zu anderen und nie zu beschäftigt, um einen Gefallen zu tun. Sie tun anderen gern etwas Gutes, auch wenn Sie sie kaum kennen. 11. Lieben und sich lieben lassen Sie mögen enge Beziehungen mit anderen, teilen Ihre Gedanken gern und kümmern sich um andere, besonders wenn diese Beziehungen auf Gegenseitigkeit beruhen. 12. Staatsbürgertum/Pflicht/Teamwork/Loyalität Sie übertreffen sich selbst als Mitglied einer Gruppe. Sie sind ein loyales Teammitglied, das seine Aufgaben immer erledigt und hart arbeitet, damit das Team Erfolg hat. 13. Fairness und Ausgleich Ihre Mitmenschen gerecht zu behandeln, ist eines Ihrer obersten Prinzipien. Ihre Entscheidungen sind nicht von Ihrer Meinung über andere Personen bestimmt. Sie geben jedem eine Chance. 14. Menschenführung (Leadership) Sie sind überragend bei allen Führungsaufgaben: eine Gruppe zur Erledigung von Aufgaben zu ermuntern oder Harmonie im Team herzustellen. Sie sind gut darin, Aktivitäten zu organisieren und diese umzusetzen.
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15. Selbstkontrolle Sie sind diszipliniert. Sie kontrollieren Ihre Gefühle und Gelüste, nicht umgekehrt. 16. Klugheit/Ermessen/Vorsicht Sie sind ein vorsichtiger Mensch und Ihre Entscheidungen sind stets umsichtig. Sie sagen nichts, was Sie später bereuen könnten. 17. Demut und Bescheidenheit Sie stehen nicht gern im Rampenlicht und lassen lieber Ihre Ergebnisse für sich selbst sprechen. Andere schätzen Ihre Bescheidenheit. 18. Sinn für Schönheit und Vortrefflichkeit Sie bemerken und schätzen Schönheit, Exzellenz und/oder eine qualifizierte Arbeitsleistung in allen Lebensbereichen. 19. Dankbarkeit Sie sind sich der guten Dinge bewusst, die Ihnen widerfahren, und Sie sehen diese niemals als selbstverständlich an. Sie nehmen sich immer die Zeit, Danke zu sagen. 20. Hoffnung/Optimismus/Zukunftsbezogenheit Sie erwarten das Beste von Zukunft und Sie arbeiten daran, dass es auch eintrifft. Sie glauben daran, dass Sie die Zukunft bestimmen können. 21. Spiritualität/Gefühl für Lebenssinn/Glaube/Religiosität Sie haben einen starken Glauben an einen höheren Zweck und Sinn im Leben. Ihr Glaube leitet Ihre Handlungen und ist eine Quelle des Trostes für Sie. 22. Vergeben und Gnade walten lassen Sie vergeben denen, die einen Fehler gemacht haben, und geben jedem eine zweite Chance. Ihr Leitmotiv ist Barmherzigkeit, nicht Rache. 23. Spielerische Leichtigkeit und Humor Sie lieben es zu lachen. Andere zum Lachen zu bringen, ist wichtig für Sie. Sie versuchen, die leichte Seite einer Situation zu sehen.
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24. Elan/Leidenschaft/Enthusiasmus Unabhängig davon, was Sie gerade tun, Sie tun es mit Begeisterung und Energie. Sie machen nichts nur zur Hälfte oder halbherzig. Für Sie ist das Leben ein Abenteuer. Quelle: Original Testunterlagen VIA Signature Strengths, www.authentichappiness.org, Übersetzung durch den Autor.
Belbins Teamrollen Teamrollen
Teamrollenbeitrag (Auszug)
Neuerer Wegbereiter
Kreativ, fantasievoll. Löst schwierige Probleme. Extravertiert, begeistert, gesprächig. Erforscht Möglichkeiten. Entwickelt Kontakte. Reif, zuversichtlich. Erklärt Ziele. Bringt andere Personen zusammen und fördert die Teamdiskussion. Herausfordernd, dynamisch, macht Druck. Hat Antrieb und Mut, Hindernisse zu überwinden. Meint es ernst, strategisch und urteilsfähig. Sieht alle Möglichkeiten. Urteilt genau. Umgänglich, freundlich, einsichtig, zuvorkommend und diplomatisch. Hört zu, baut Reibungsverluste ab. Diszipliniert, zuverlässig, hat konservative Gewohnheiten. Eine Kapazität für praktische Schritte und Aktionen. Zuverlässig, gewissenhaft, ängstlich. Deckt Fehler und Unterlassungen auf. Liefert pünktlich. Selbstbezogen, engagiert dem Fachwissen zugewandt. Liefert Informationen und Wissen, das sonst kaum verfügbar ist.
Koordinator Macher Beobachter Teamarbeiter Umsetzer Perfektionist Spezialist
© e-interplace, Belbin Associates, UK 2001 / Bergander, Germany 2009
Literatur- und Quellenverzeichnis
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Literatur- und Quellenverzeichnis
ARIELY, DAN; GNEEZY, URI; LOEWENSTEIN, GEORGE; MAZAR, NINA: Large Stakes and Big Mistakes. Review of Economic Studies, 76 (2), 2009, 451-469. ASHKANASY, NEAL M.; WILDEROM, CELESTE P. M.; PETERSON, MARK F. (EDS.): Handbook of Organizational Culture and Climate. Sage Publications, Thousand Oaks 2000. BENTS, RICHARD; BLANK, REINER: Typisch Mensch. Einführung in die Typentheorie. Beltz Test, Göttingen 1995. BONO, EDWARD DE: Six Thinking Hats. Penguin, London 2000. BRAND EINS Wirtschaftsmagazin, Ausgabe 09/2009. BUCKINGHAM, MARCUS; CLIFTON, DONALD O.: Entdecken Sie Ihre Stärken Jetzt! Das Gallup-Prinzip für individuelle Entwicklung und erfolgreiche Führung. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2007. COOKE, ROBERT A.; SZUMAL, JANET L.: Measuring Normative Beliefs and Shared Behavioral Expectations in Organizations. Psychological Reports (1993), 1299 – 1330. CSIKSZENTMIHALYI, MIHALY: Flow im Beruf. Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz. Klett-Cotta, Stuttgart 2004. DILTS, ROBERT: Strategies of Genius 1. Meta Publications, Capitola 1995. GABRISCH, JOCHEN: Die Besten entdecken. Über 800 Fragen für erfolgreiche Auswahlgespräche mit Fach- und Führungskräften. Luchterhand (Wolters Kluwer), Köln/Neuwied 2006. GABRISCH, JOCHEN; KRÜGER CLAUDIA: Einfach Führen. Wie sich Personalentwicklung in den Alltag integrieren lässt. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005. GLADWELL, MALCOLM: Blink. The Power of Thinking without Thinking. Back Bay Books, New York 2005.
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Stichwortverzeichnis
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Stichwortverzeichnis
Aktionsfeld .......................... 20 Anerkennung ..........185 ff., 206 Anfangsinvestition................ 24 Anforderung........................ 162 Anweisung ............................ 81 Aufgabe .............................. 160 Aufrichtigkeit...................... 106 Autismus............................. 139 Autorität................................ 87
Cooke, Robert........................53 Corporate Social Responsibility ................ 116 Corporate Volunteering ....... 118 Csikszentmihályi, Mihály ...140, 162
Diversity.............................106 Duchenne-Lachen .................70
Bargh-Experiment ............. 109
Entscheidung........................90
Belbin, Meredith ................. 155 Belbins Teamrollen............. 155 Beobachtung ....................... 201 Berufung ..............................114 Besprechung ....................56 ff. Bewertung........................... 201 Big Brothers Big Sisters Deutschland....................116 Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) ....... 148 Bono, Edward de ................ 132 Bonus .................................. 207
Erfolg ............... 34, 109 ff., 138 Erfolgsjournal.....................34 f. Erfolgskultur .........................53 Erfolgsmessung ...................124 Erfolgsmoment............... 141 ff. Erfolgssituationen .................29 Erfolgsszenario....................121 Ergebnis.......................... 108 ff. Erwartungshaltung ...30, 32, 82, 111, 122 Euripides ...............................78
Carnegie, Dale .................. 185 Clueso ................................... 19 Coaching............................. 165
Feedback .....................96, 156, 187 ff., 191 ff. Feiern...................................210 Flow.............................162, 209 Fragetyp..............................79 f. Freundlichkeit .....................105
236
Stichwortverzeichnis
Gallup Strengthsfinder .......153 Gehalt ..................................207 Gesprächsleitfaden ............ 75 f. Gesprächsvorbereitung....64, 74 Gladwell, Malcolm ...............70, 104, 109 Glück ...................................137 Golden Profiler of Personality (GPOP) .......150
Lernkultur ........................... 130 Lernpunkt............................ 204 Lob ...................................... 188
Machtdistanz ....................... 86
Heskett, James .....................53 Hierarchie ................... 57, 85 ff. Hilfsbereitschaft ..................107 Humor............................... 97 ff.
Malik, Fredmund......... 115, 119 Mattheuer, Wolfgang ........... 137 Meetingkultur.....................62 f. Meilenstein-Gespräch ........... 36 Mentor................................. 116 Mentoring............................ 166 Mikrobotschaft..................70 ff. Minto, Barbara ..................... 74 Mohn, Reinhard .................. 130
Innovation...........................126
Optimierungspotenzial ...... 128
Innovationsworkshop ..........131 Interesse...............................106
Organizational Culture Inventory ....................... 133
Jung, C. G...........................150
Parzellieren .......................... 22 Persönlichkeitsinventar...147 ff. Peter-Prinzip ....................... 209 Phelps, Edmund .................. 160 Pinnow, Daniel F. ................. 53 Placebo-Effekt....................... 39 Postproduction ...................... 34 Potenzialgespräch ............... 168 Prinzip der Pyramide ............ 74 Priorisieren............................ 26 Psychologie, Positive .......... 140 Pygmalion-Effekt.................. 39
Kaizen ................................127 Kant, Immanuel ...................104 Klartext............................. 63 ff. Kommunikation................ 55 ff. Kommunikationsstruktur.................. 56 ff., 95 Konsequenz .............66, 91, 207 Kontrolle................................94 Kotter, John ...........................53 Kultur.............................. 133 ff.
Lafferty, Clayton ..................53 Lernfeld ...............................171
Respekt .............................. 103 Rolle.............................. 67, 167 Routine............ 30, 33, 127, 130
Stichwortverzeichnis
Saint-Exupéry, Antoine de ..114 Schwäche ............................ 169 Schwarz, Gerhard ................. 97 Schweitzer, Albert ................. 30 Selbstbild .............................110 Selbstwirksamkeitsüberzeugung...................111 Seligman, Martin ........114, 140, 154, 162, 208 f. Sinn ................................ 112 ff. Skript, mentales ...............39 ff. Spielregel ........................ 59, 90 Sprenger, Reinhard ............... 93 Stärke .....................137, 141 ff. STAR-Methode ..............141 ff. Strategie ...............................113
Taylor, Charles.................. 185 Team ................................... 155 Thielemann, Ulrich............. 208 Training............................... 164
237
Transfer-Gespräch ...............165
Veränderungen ....... 19 ff., 127 Veränderungsprozess............30, 34, 36 Verbesserungsmöglichkeit ..204 Vermeidungsstrategie ..........197 Vertrauen ......................... 92 ff. VIA Signaturstärken............154 Vorbild...................................96
Wahrnehmung ...................127 Walt-Disney-Methode .........131 Wandel ........................... 126 ff. Watzlawick, Paul ...................55 Winslet, Kate ................. 27, 111 Wrzesniewski, Amy .............. 114
Ziel ...............22 ff., 65, 119 ff. Zielvereinbarungsprozess....121 Zufriedenheit .......................208