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German Pages 367 [369] Year 2006
Patentmanagement Innovationen erfolgreich nutzen und schützen
Oliver Gassmann · Martin A. Bader
Patentmanagement Innovationen erfolgreich nutzen und schützen Zweite, aktualisierte Auflage
Mit 93 Abbildungen und 32 Tabellen
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Professor Dr. Oliver Gassmann Universität St. Gallen Institut für Technologiemanagement Dufourstrasse 40a 9000 St. Gallen Schweiz [email protected] www.item.unisg.ch Dr. Martin A. Bader BGW AG Management Advisory Group St. Gallen – Wien Thurgauerstrasse 4 9400 Rorschach am Bodensee Schweiz [email protected] www.bgw-sg.com
ISBN 978-3-540-68972-0 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 978-3-540-23554-5 1. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ¨ uber http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich gesch¨ utzt. Die dadurch begr¨ undeten Rechte, insbesondere die der ¨ bersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der FunkU sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielf¨ altigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielf¨ altigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zul¨ assig. Sie ist grunds¨ atzlich verg¨ utungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2007 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten w¨ aren und daher von jedermann benutzt werden d¨ urften. Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & V¨ ockler GbR, Leipzig Umschlaggestaltung: WMX Design GmbH, Heidelberg SPIN 11961611
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Vorwort
Innovationen sind von überragender Bedeutung für das Erzielen von Wettbewerbsvorteilen. Jedoch nur ein wirksamer Schutz der Innovation ermöglicht einen nachhaltigen Unternehmenserfolg. Im Wissens- und Innovationswettbewerb wird das Management von Intellectual Property wichtiger als das Führen von Fabriken. Patente nehmen deshalb stark an Bedeutung zu: Allein die Anzahl an Neuanmeldungen weltweit stieg in den letzten Jahren um etwa 25% jährlich. Neben der quantitativen Zunahme gewinnen auch Effektivität und Effizienz bei der Erstellung von schlagkräftigen, strategischen Patenten an Bedeutung. Viele Unternehmen stehen hier mit dem klassischen Service ihrer Patentabteilungen zunehmend in der Zwickmühle: Einerseits werden einschlägige Experten benötigt, die in enger Zusammenarbeit mit Forschung und Entwicklung (F&E) diese Patente anmelden und rechtlich durchsetzen sollen, andererseits nehmen die Anforderungen beim Management des Patentportfolios mit Hinblick auf die eigene Kostenstruktur und das Wettbewerbsumfeld stetig zu. Ein umfassendes, situativ an das Unternehmen angepasstes Patentmanagement wird daher zunehmend wichtiger. Obwohl die Bedeutung des Patentmanagements für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen steigt, gibt es hierzu nur wenig Literatur aus Managementperspektive. Der rasche Ausverkauf der 1. Auflage und der positive Feedback in Praxis und Presse unterstreichen dies. Die 2. Auflage wurde hinsichtlich Fehlern verbessert und aktualisiert. In das Buch sind unsere Arbeiten am Institut für Technologiemanagement der Universität St.Gallen über und mit Unternehmen aus West- und Ost-Europa, USA, Japan, China und Taiwan eingeflossen: • Benchmarking-Studie zu strategischem Technologiemanagement, bei der weltweit 61 technologieintensive Unternehmen untersucht und gemeinsam mit einem Benchmarking-Konsortium die fünf führenden Unternehmen in Europa und USA vor Ort vertieft analysiert wurden. • Projektbezogene Studien zu Lizenzierungs- und Multiplikationsmöglichkeiten auf Basis von Intellectual Property im Dienstleistungssektor und in der Chemiebranche.
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Vorwort
• Achtmonatiger Arbeitskreis mit neun multinationalen Unternehmen zu Intellectual Property Management. • Zahlreiche Industrieprojekte zur Optimierung von Strategie, Prozessen, Organisation und Kultur im Innovations- und Patentmanagement. • Mehr als 250 Interviews mit Intellectual Property Experten in Europa, USA, Japan, Taiwan und China. • Mehrjährige eigene Führungserfahrung der Autoren im Management von Innovation und Intellectual Property. Ziel des Buches ist es, einen Überblick über gängige Konzepte und Bausteine des Patentmanagements zu geben. Diese werden anhand von dreizehn Fallstudien aus unterschiedlichen Branchen vertieft: Alcatel, Aventis (Sanofi-Aventis), Basell, Bayer, British Telecom, Eastman Kodak, Henkel, Infineon Technologies, Leica Geosystems (Hexagon), Porsche, Schindler, Swiss Re und Unaxis (OC Oerlikon). Das Buch richtet sich an Führungskräfte in den Bereichen Innovation, F&E und Patentwesen. Wissenschaftlern und Studenten bietet das Buch anwendungsorientierte Impulse zu den Ausprägungen des Patentmanagements von innovativen Unternehmen im hoch kompetitiven Umfeld. Bedanken möchten wir uns bei unseren Projektpartnern, den Interviewpartnern und den Studenten der Universität St.Gallen, die mit ihrem Engagement einen wichtigen Beitrag zu diesem Buch geliefert haben. Besonderer Dank gebührt Dr. Fachri Atamny, Angela Beckenbauer, Armin O. Betschart, Donat Bischof, Hans Blöchle, Dieter Breuer, Dave G. Brown, Dr. Frank Cuypers, Dr. Gary Einhaus, Dr. Jean-Philippe Escher, Dr. Andreas Gaussmann, Dr. Georg Heger, Dr. Markus Jacobi, Dr. Dieter Joseph, Daniel Kapp, Michael Kucher, Walter Ledergerber, Dr. Thomas Meyer, Lukas Müller, Dr. Thomas Müller-Kirschbaum, Dr. Gabriele Rausch, Nicolas Rohner, Dieter Schaudel, Werner Schmidt, Bernhard Schmuckermaier, Dr. Klaus Schneider, Dr. Stefan Seelert, Roger Sutter, Dr. Eugen Voit, Dr. Burkhard Wehefritz und Dr. Juan-Carlos Wuhrmann.
St.Gallen Dezember 2006
Oliver Gassmann Martin A. Bader
Inhaltsverzeichnis
Vorwort....................................................................................................... v I.
Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten .............................. 1 Schutz von Innovationen in der Wirtschaft ....................................... 1 Ursprünge des gewerblichen Rechtsschutzes .................................... 6 Arten von Schutzrechten ................................................................... 8 Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg........................ 22
II.
Generierung von Patenten ............................................................ 31 Patentstrategien................................................................................ 31 Offensive und defensive Patentstrategien........................................ 34 Stoßrichtungen für Patente .............................................................. 36 Iterativer Patententwicklungsprozess .............................................. 37 Kosten von Patenten ........................................................................ 44 Geltungsbereich von Patenten ......................................................... 47 Handlungsfreiheit ohne Patente....................................................... 48
III.
Bewertung von Patenten ............................................................... 53 Management des Patentportfolios ................................................... 55 Evaluierung von Patenten................................................................ 70 Valuierung von Patenten ................................................................. 76
IV.
Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten.................. 83 Ziel 1: Handlungsfreiheit................................................................. 84 Ziel 2: Blockade der Wettbewerber................................................. 90 Ziel 3: Lizenzeinnahmen ................................................................. 91
V.
Organisation des Patentmanagements....................................... 103 Wertschöpfung in Organisationsformen........................................ 103 Spannungsfelder in der Organisation des Patentmanagements ..... 109 Erfinderkultur als Katalysator ....................................................... 112 Patent- und Markenabteilung als Dienstleister .............................. 113 Kosten und Nutzen einer Patentabteilung ..................................... 115 Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten ....................... 117
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Inhaltsverzeichnis
VI.
Ausprägungen des Patentmanagements.................................... 127 Branchenspezifika ......................................................................... 127 Pharma- und Chemiebranche .............................................. 127 Elektrotechnik- und Telekommunikationsbranche ............. 130 Automobil- und Maschinenbaubranche .............................. 134 Softwarebranche.................................................................. 137 Praxisleitfaden für computer-implementierte Erfindungen. 148 Finanzdienstleistungsbranche.............................................. 149 Transport- und Logistikbranche .......................................... 156 Unternehmensgröße....................................................................... 163 Produktspezifika ............................................................................ 164 Technologiereife............................................................................ 165 Länderspezifika ............................................................................. 166
VII. Patente in der Ära von Open Innovation .................................. 185 Wachstum und Sättigung............................................................... 185 Patentmanagement in Kooperationen............................................ 187 Patente in Kooperationsverträgen.................................................. 189 Forschungskooperationen mit Hochschulen.................................. 196 Patentmanagement als Wettbewerbsfaktor.................................... 198 VIII. Successful Practice Unternehmen .............................................. 205 Alcatel ........................................................................................... 205 Aventis........................................................................................... 210 Basell ............................................................................................. 220 Bayer ............................................................................................. 227 British Telecom ............................................................................. 235 Eastman Kodak.............................................................................. 243 Henkel ........................................................................................... 251 Infineon Technologies ................................................................... 258 Leica Geosystems.......................................................................... 268 Porsche .......................................................................................... 276 Schindler........................................................................................ 283 Swiss Re ........................................................................................ 294 Unaxis............................................................................................ 307
Inhaltsverzeichnis
IX.
ix
Anhang ......................................................................................... 315 Fakten und Trends ......................................................................... 315 Aufbau einer Offenlegungsschrift/Patentschrift.................. 316 Inhaltskomponenten von Patentschriften ............................ 317 Schriftenartencodes bei Patentdokumenten......................... 318 Patentklassifikation ............................................................. 319 Hinweise zum Recherchieren.............................................. 323 Webkataloge und Glossare im Internet ............................... 325 Gebühren für Schutzrechte.................................................. 326 Europäisches Patenterteilungsverfahren.............................. 328 Anmeldungen am Europäischen Patentamt......................... 330 Verfahrensdauer und Lebenszeit von Patenten ................... 331 Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation ....... 332 Die größten Anmelder beim EPA ....................................... 334 Benennungshäufigkeit der EPA-Vertragsstaaten ................ 335 Deutschland: Regionale Verteilung der Patentanmelder..... 336 Vergleich Europa mit USA ................................................. 338
Literaturverzeichnis ................................................................................. 339 Abkürzungsverzeichnis............................................................................ 351 Stichwortverzeichnis................................................................................ 355 Firmenverzeichnis.................................................................................... 363 Autoren .................................................................................................... 367
I.
Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
„Everything that can be invented has been invented!“ Charles H. Duell Director of US Patent Office, 1899
Schutz von Innovationen in der Wirtschaft Innovationen stoßen am Anfang des 21. Jahrhunderts auf besondere Rahmenbedingungen: Die Unternehmensumwelt ist geprägt durch hohe Dynamik und Komplexität sowie Globalisierung des Wettbewerbs, welche wiederum die Erfolgsquoten von Innovation reduzieren. Nach einer Untersuchung von Kienbaum sind lediglich 0,6% aller Innovationsideen kommerziell erfolgreich. In der Pharmaindustrie liegt die Erfolgsrate gar bei 1:10.000. Die Anforderungen an das Management von Innovationen haben sich in vielfacher Weise erhöht: Globalisierung des Wettbewerbs, Explosion des technischen Wissens, Technologiefusionen, Dezentralisierung des Wissens, Eskalation von Innovationskosten, kürzere Innovationszyklen und Beschleunigung der Innovationsdiffusion. Globalisierung des Wettbewerbs: Die Wettbewerbsintensität hat mit zunehmender Öffnung von nationalen Grenzen und der Expansion multinationaler Unternehmen zugenommen. Die Übernahme der PC-Sparte von IBM durch den chinesischen Wettbewerber Lenovo in 2004 wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Deshalb reicht es heute in zahlreichen Branchen nicht mehr aus, die eigenen Produkte nur lokal zu vertreiben und zu schützen. Die Macht der Skaleneffekte in der Produktion, verbunden mit dramatisch sinkenden Transport- und Informationskosten forciert globale Aktivitäten. Explosion des technischen Wissens: Die Wissensmenge verdoppelt sich alle sieben Jahre. Während die Anzahl der wissenschaftlichen Journals zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch bei 100 lag, wuchs diese 1850 auf 1.000, um 1900 auf 10.000 und im Jahr 2000 auf ungefähr 100.000. Dabei ist circa 80% des technischen Wissens in Form von Patentschriften veröffentlicht. Über 90% der in den Patentdokumenten offen gelegten Informatio-
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
nen sind ohne Schutz, da diese entweder bereits abgelaufen, zurückgewiesen, zurückgezogen oder nicht verlängert wurden (Ehrat 1997). Der größte Teil des technischen Wissens aus Patentschriften ist somit nicht nur offen zugänglich, sondern kann sogar frei genutzt werden. Technologiefusionen: Immer stärker findet eine Verschmelzung von technologischen Wissenschaftsgebieten statt. Nach Einschätzung der OECD (1998) eröffnen die interdisziplinären Forschungsarbeiten das größte Potential in den nächsten zwei Jahrzehnten. Elektronik verschmilzt mit Optik (Optronic), mit Mechanik auf mikrotechnischer Ebene (Mechatronic) und mit Biologie (Biotronic). Die bedeutenden Durchbrüche bei der Kartierung und Identifizierung des menschlichen Genoms sind Ergebnis einer engen Verknüpfung von Informatik und Gentechnologie. Auf solchen neuen Gebieten besteht daher auch ein großes Schutzbedürfnis: IBM lag 2003 im Bereich Biotechnologie weltweit bereits auf Platz sieben bezüglich der Anzahl an Patenten. Dezentralisierung des Wissens: Durch die gestiegene Globalisierung von F&E in transnationalen Großunternehmen sind weltweit dezentralisierte Kompetenzzentren entstanden. Europäische Unternehmen geben 30% ihrer F&E-Aufwendungen im Ausland aus; bei Schweizer Unternehmen liegt diese Quote sogar bei über 50%. Generell kann ein deutlicher Trend hin zu integrierten Netzwerkstrukturen mit klar definierten F&EKompetenzzentren festgestellt werden. Durch die Dezentralisierung hat die Komplexität von Innovationsprozessen deutlich zugenommen. Der Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien wird unabdingbar und eröffnet neue Innovationsformen, beispielsweise Internet basierte Innovationsnetzwerke (Gassmann 2001). Eskalation von Innovationskosten: Aufgrund der hohen Technologiedynamik und den gestiegenen Anforderungen steigen die F&E-Kosten dramatisch an. Gleichzeitig sind die 90er Jahre durch eine Reduktion von zentralen Forschungsgeldern in der Industrie gekennzeichnet: In Unternehmen wie ABB, musste die Corporate Research in den 80er Jahren nur 20% über Geschäftsbereiche finanzieren; der größte Teil der Forschungsfinanzierung erfolgte über Konzernumlage. Heute müssen 80% der Forschungsmittel über die Geschäftsbereiche oder sonstige Drittmittel erbracht werden. Ein zunehmender Anteil des F&E-Budgets wird dabei für Schutzrechte aufgebracht. In technologieintensiven Branchen fließen bis zu 5% des F&E-Budgets in die Generierung und den Erhalt von gewerblichen Schutzrechten, zuzüglich Kosten für Durchsetzung oder Verteidigung von eigenen Positionen. Kürzere Innovationszyklen: Trotz steigendem F&E-Aufwand müssen die Unternehmen immer mehr Produkte in immer kürzerer Zeit entwickeln. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass Innovations- und Tech-
Schutz von Innovationen in der Wirtschaft
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nologieführerschaft, ungeachtet steigender F&E-Kosten, zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden sind (von Braun 1994). Der Innovationszyklus einer mechanischen Schreibmaschine lag beispielsweise noch bei 25 Jahren, bei einer mikroprozessorgesteuerten Schreibmaschine liegt dieser mittlerweile bei 5 Jahren. Betrachtet man neuere Substitutionsprodukte, wie Notebooks und Palmtops, so sinkt der Innovationszyklus auf wenige Monate. Die Risiken einer verspäteten Markteinführung steigen. Beschleunigung der Innovationsdiffusion: Als Resultat der Globalisierung des Wettbewerbs, der kürzeren Innovationszyklen und der stetigen Verschärfung der Kostensituation hat sich die Diffusion von Innovation beschleunigt. In der Elektronikindustrie benötigt es inzwischen wenige Monate, bis beispielsweise chinesische Wettbewerber die Produktinnovation als kostengünstiges Imitat auf den Markt bringen. In der Spielzeugindustrie kann dies bis auf wenige Wochen reduziert sein. Der Schutz von Innovation wird für technologieintensive Unternehmen immer wichtiger, um die Investitionen in die Produktentwicklung zu amortisieren. In der Automobilindustrie werden durchschnittlich 4-5% des Umsatzes in F&E reinvestiert, in der Pharmaindustrie sind dies immerhin bis zu 20%. Die zentralen Herausforderungen für das Management von Innovation in Unternehmen lassen sich zusammenfassen in Komplexität, Dynamik und Kosten. Zukunftsorientierte Unternehmen versuchen nach den intensiven Restrukturierungswellen der letzten Jahre Vorsprung durch Innovation zu erreichen. Um dem harten Kostenwettbewerb zu entgehen, wird versucht, Differenzierungsvorteile beim Kunden zu erzielen. Neue Produkte in der Elektro-, Telekommunikations- und Softwareindustrie sind meist mit Leistungssteigerung und Kostensenkung gleichzeitig verbunden. Innovation beschränkt sich aber nicht auf die Entwicklung neuer Produkte, sondern umfasst auch die Entwicklung neuer Service- und Geschäftsmethoden. Als wesentlicher Bestandteil des Innovationsmanagements gilt daher, die Differenzierungsvorteile beim Kunden möglichst nachhaltig zu gestalten und ständig zu erneuern. Innovationen sind in den hoch industrialisierten Ländern für die Hälfte des wirtschaftlichen Wachstums verantwortlich und damit volkswirtschaftlich von hoher Bedeutung. Einerseits erwirtschaften innovative Unternehmen im Durchschnitt mehr Profit als Imitatoren, andererseits weisen in der Pharmaindustrie die Generika mit derzeit 10% jährlich die größten Wachstumsraten auf (Gassmann, Reepmeyer und von Zedtwitz 2003). Um sich hohe Investitionen in die Zukunft leisten zu können, müssen später erzielte Monopolgewinne in Form von temporären Wettbewerbsvorteilen gehalten werden. Geeignete, situativ angepasste Schutzstrategien für die eigene Innovation sind daher erforderlich. Faktische Schutzstrategien werden dabei zunehmend durch juristische ergänzt (Abb. I.1).
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Der ergänzende Einsatz von Schutzrechten betrifft in zunehmendem Maße auch kleine und mittlere Unternehmen (KMUs). 70% aller Patentanmelder am Europäischen Patentamt halten nur 1 Patent. In der durch KMUs geprägten Möbelzulieferindustrie hat sich beispielsweise eine neue Wettbewerbskomponente etabliert: Seit Anfang der 90er Jahre werden verstärkt Patente und Gebrauchsmuster angemeldet. Die Branche steht unter einem hohen Preis- und Leistungsdruck. Design allein reicht nicht mehr aus, um längerfristig bestehen zu können und schon gar nicht mehr in Form von kurzfristig vor der Fachmesse angefertigten Prototypen. Die Realität: „Preis schlägt Schönheit!“ – zumindest bei großen Volumina. Heute spielt die rechtzeitige Erkennung von Trends und die Entwicklung von entsprechenden technischen Lösungswegen in der Möbel- und der Möbelzulieferindustrie eine wichtige Rolle. Dabei ergibt sich das Problem: Wie kann verhindert werden, dass aufwendig entwickelte und verkaufsrelevante, technische Funktionalitäten direkt vom Wettbewerb übernommen werden können? Der Vorarlberger Möbelzulieferer Julius Blum hält bereits mehr als 1.000 gewerbliche Schutzrechte in den Bereichen Schubkästen, Führungen, Scharniere sowie Verbindungsbeschläge und mischt damit die Branche auf: So wurden die im Küchenbereich zum Standard gewordenen Dämpfungselemente für Schubkästen frühzeitig durch zahlreiche Patentanmeldungen geschützt und der Wettbewerb in dieser Nische stark zu Gunsten der eigenen Unternehmensaktivitäten beeinflusst. Eine zielgerichtete Führung von Innovationsprozessen und deren nachhaltige Absicherung mittels juristischer Schutzstrategien ist daher zentrale Aufgabe innovationsorientierter Unternehmensführer. Kritische Erfolgsfaktoren von innovativen Unternehmen sind kreative, motivierte Mitarbeiter, neuerungsoffene Prozesse, hohe Inventionsaktivität bei gleichartiger Umsetzung, veränderungsoffene Kultur sowie eine systematische Flankierung von Innovation durch Schutzstrategien, wie Patente. Der Schutz von Innovationen mittels gewerblicher Schutzrechte ist deshalb nunmehr zum festen Bestandteil des Innovationsmanagements geworden.
Schutz von Innovationen in der Wirtschaft
längerfristiger nachhaltiger
Wettbewerbsvorteile durch temporäre Monopolgewinne
Juristische Schutzstrategien
¾ Patente ¾ Marken ¾ Gebrauchsmuster ¾ Geschmacksmuster
schneller besser günstiger
Faktische Schutzstrategien
¾ Kurze Time-to-market bei globalen Produkten mit hoher Aktualitätsattraktivität, z.B. Designermode ¾ Geheime Prozesse und Verfahren, z.B. Coca-Cola ¾ Geheimhaltung des Quellcodes in der Software, z.B. Schindler-Steuerung ¾ Aufbau von starken Distributionskanälen, z.B. Tupperware ¾ Quasi Monopole, z.B. Hewlett-Packard
Unterstützen und verstärken faktische Schutzstrategien
¾ Bindung starker Lieferanten und Beherrschung der Wertschöpfungskette, z.B. Alusuisse ¾ Schaffung von Kundenbindung durch Pole-Position, z.B. Straumann ¾ Volumenvorteile durch Pionieraktivität und damit Kostenvorteile, z.B. Swatch ¾ Aufbau eines starken Markenimages, z.B. Haribo
Abb. I.1. Juristische und faktische Schutzstrategien ergänzen sich
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Ursprünge des gewerblichen Rechtsschutzes Die Idee der Verleihung eines zeitlich begrenzten Ausschlussrechts als Belohnung kreativer Leistung hat eine lange Tradition. So geht die Geschichte des Patentwesens nach derzeitigem Wissensstand möglicherweise bis in die Antike zwischen 700 bis 500 v. Chr. zurück (Kurz 2000): In der griechischen Kolonie Sybaris soll Köchen, die ein besonderes und ausgezeichnetes Gericht erfunden hatten, ein exklusives Ausschlussrecht für ein Jahr zugesprochen worden sein. Nur der „Urheber-Koch“ war während dieses Zeitraums berechtigt, die Speise zuzubereiten und daraus Nutzen zu ziehen. Dieser Regelung lag die Idee zu Grunde, anderen einen Anreiz zu bieten, Ähnliches zu tun und die Kochkultur weiterzuentwickeln. Im Spätmittelalter und in der aufkeimenden Renaissance in Italien bildete sich auf Basis eines sich entwickelnden Frühkapitalismus der Gedanke der Förderung des einheimischen Gewerbes heraus. Insbesondere die vom Handel lebenden italienischen Stadtstaaten, wie beispielsweise Florenz und Venedig begannen damit, Anreize für neues oder zur Verbesserung existierenden Gewerbes und zur Bewältigung technischer Probleme einzuführen. So wurden zunächst Preise und Belohnungen zur Förderung der Erfindertätigkeit vergeben. Eine Weiterentwicklung war die Verleihung von zeitlich beschränkten Privilegien für technische Innovationen. In Bezug auf den heutigen Erfindungsschutz lagen bereits folgende Anforderungsmerkmale vor: Die Neuheit der Erfindung im In- und Ausland, die Urheberschaft des Erfinders, der Rechtsanspruch des Erfinders auf die Erteilung des Erfindungsschutzes und die Zusprechung eines territorial und zeitlich beschränkten Ausschlussrechts. Einer der bekanntesten, frühen Privilegieninhaber des 15. Jahrhunderts wurde der als erster „Künstler-Ingenieur“ der Renaissance geltende, florentinische Architekt Filippo Brunelleschi, der insbesondere als Erbauer der Kuppel des Doms Santa Maria del Fiore von Florenz bekannt ist. Er konstruierte ein Frachtschiff, mit dem schwere Gesteinsblöcke auf dem flachen Wasser des Arno nach Florenz transportiert werden konnten. Auf Grund eigener Initiative, erhielt er 1421 ein dreijähriges Privileg zur ausschließlichen Nutzung seiner Erfindung sowie darüber hinaus für den Bau neuartiger Transportschiffe im Allgemeinen. Dieses Privileg wird von zahlreichen Autoren als erstes Erfindungspatent in der Geschichte des gewerblichen Rechtsschutzes gesehen, da sowohl Urheber und Privilegieninhaber dieselbe Person ist. Ferner ist die Offenbarung der Erfindung gegenüber der Öffentlichkeit an eine Kompensation in Form des Privilegienschutzes geknüpft – Brunelleschi hatte darüber hinaus zahlreiche andere Erfindungen, wie beispielsweise seine Lastenaufzüge durch Geheim-
Ursprünge des gewerblichen Rechtsschutzes
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haltung vor dem Nachbau durch Dritte geschützt und hatte zusätzlich die Einzelteile durch verschiedene Handwerker anfertigen lassen. Das erste kodifizierte Patentgesetz der Welt geht auf das Jahr 1474 zurück und wurde vom venezianischen Stadtstaat eingeführt. Es sicherte Erfindern die Urheberrechte an ihren Werken zu und verbot die freie Nachahmung. Geregelt waren sowohl die Vergabe von Privilegien für Erfindungen als auch für den Technologieimport von Erfindungen Dritter, so genannte Einführungspatente. Beide Regelungen waren rechtlich gleichgestellt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entwickelte sich das Patentrecht in Folge auch in anderen europäischen Staaten. Insbesondere in England, im damaligen Deutschen Reich, in den Niederlanden und in Frankreich entstanden dann jedoch zum Teil sehr unterschiedliche Rechtssysteme zum Schutz von Innovationen. 1624 trat in England das „Statute of Monopolies“ in Kraft, das die Erteilung eines Patents nur dem ersten und wahren Erfinder gestattete und eine willkürliche Preisgestaltung von patentgeschützten Produkten einschränkte. Während der fortschreitenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurden Schutzrechte zunehmend zur Kontrolle des Güterhandels eingesetzt. 1883 wurde schlussendlich die Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) geschlossen, die den Patentanmeldern in allen Mitgliedsstaaten eine gleiche Behandlung garantierte. Heute gehören der PVÜ über 165 Staaten an. Zur Erleichterung von Patentrecherchen wurde in Den Haag das Internationale Patentinstitut (IIB) gegründet, wodurch sich ein Trend zur Internationalisierung etablierte. Dieser führte dann in Washington im Jahr 1970 zur Unterzeichnung des Patent Cooperation Treaty (PCT) und im Jahr 1978 zur Gründung des Europäischen Patentamts (EPA). Deutschland. In Deutschland trat 1877 das erste einheitliche deutsche Patentgesetz in Kraft, mit dem Ziel, die bis dahin gebräuchliche Vergabepraxis von Privilegien und Monopolen zu harmonisieren. Schweiz. Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum wurde 1888 gegründet. Es ist für die Belange des Geistigen Eigentums, das heißt Patente, Marken, Design und Urheberrecht in der Schweiz zuständig. Am 1. Januar 1996 erhielt es den Status einer selbständigen öffentlichrechtlichen Anstalt. Erstaunlicherweise ist bis heute in der Historie nicht eindeutig belegbar, dass ein System der gewerblichen Schutzrechte im Allgemeinen und eines Patentsystems im Besonderen für den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt auf Landes- und Firmenebene notwendig oder ausreichend war (Granstrand 1999). Dennoch besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
gewerbliche Schutzrechte einen positiven Einfluss auf die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts hatten, und dass es bisher kein besseres Anreizsystem für den technischen Fortschritt im gewerblichen Bereich gegeben hat (North 1981). Die gegenwärtigen Patentsysteme basieren beispielsweise auf einem freiwilligen Vertragsschluss zwischen Erfinder und Staat. Der Erfinder teilt sein Wissen über die Erfindung der Öffentlichkeit mit und leistet damit zumindest indirekt einen Beitrag zum technischen Fortschritt. Im Gegenzug erhält er das übertragbare, temporäre und exklusive Recht Dritten die kommerzielle Nutzung seiner Erfindung zu untersagen (Verbietungsrecht). Die Vergabe von limitierten Monopolrechten als Belohnung für den Einzelnen ist somit an eine vorausgehende kreative Leistung gebunden, mit der die Öffentlichkeit bereichert wird. Das Belohnungssystem sollte dabei derart ausbalanciert sein, dass die Monopolrechte limitiert werden, z.B. in Zeit, Territorium und Umfang, damit noch hinreichend Anreize für weitere kreative Leistungen gegeben sind. Indem das Individuum aus eigenem Antrieb Werte für sich generiert, werden auch Werte für die Allgemeinheit geschaffen. Patentsysteme sind eine Möglichkeit, die Generierung und Verbreitung von technischem Wissen und Innovationen zu stimulieren – wie vorgehend beschrieben, könnten vergleichbare Effekte, aber auch durch andere Belohnungs- oder Vertragssysteme erzielt werden. Die generellen Ziele der heute ausgeprägten Patentsysteme können wie folgt zusammengefasst werden (Granstrand 1999): • Stimulierung von Erfindungen und Investitionen in Forschung und Entwicklung. • Stimulierung der wirtschaftlichen Verwertung von Erfindungen durch direkte Investitionen in Produktion und Marketing oder Technologiehandel. • Stimulierung der Veröffentlichung von technischen Informationen.
Arten von Schutzrechten Zur Klärung der begrifflichen Ausgangslage bezüglich gewerblicher Schutzrechte sollten zunächst die Begriffe Geistiges Eigentum und Geistige Eigentumsrechte erläutert werden. Häufig werden in der Fachliteratur auch die entsprechenden englischsprachigen Ausdrücke Intellectual Property und Intellectual Property Rights verwendet.
Arten von Schutzrechten
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Die Terminologie geht auf den Begriff Eigentum/Property zurück, der sich auf materielle Ressourcen bezieht. Der Begriff Geistig/Intellectual wiederum beschreibt die immaterielle Eigenschaft der Ressource. Der Umgang damit wird durch entsprechende Rechte/Rights geregelt (siehe auch Winter 1987 und Bouchaert 1990). Es gibt verschiedene Kategorien geistiger Eigentumsrechte: Dem Schutze der Ergebnisse geistigen Schaffens auf dem gewerblichen Gebiet dienen: • • • • • •
Patente. Gebrauchsmuster. Geschmacksmuster (Design). Topographieschutzrechte. Sortenschutzrechte. Kennzeichenrechte (früher: Warenzeichen).
Dem Schutze der Ergebnisse geistigen Schaffens auf dem kulturellen Gebiet dienen: • Urheberrechte. Analog wurde früher eine Unterscheidung zwischen Industrial und Intellectual vorgenommen. Dabei wurde der Begriff Intellectual Property eher für den Urheberschutz und der Begriff Industrial Property für Patente, Geschmacksmuster und Marken angewandt (Plant 1974). Tabelle I.1. Überblick der Schutzrechtsarten im deutschen Rechtsraum Schutzrechtsart
Schutzobjekt
Anmeldeerfordernis
Prüfung
Maximale Laufzeit
Patent
technische Erfindung
ja
ja
20 Jahre
Gebrauchsmuster
technische Erfindung (keine Verfahren)
ja
nein
10 Jahre
Geschmacksmuster (Design)
Gestaltung
ja
nein
25 Jahre
Topographie
Halbleitertopographie
ja
nein
10 Jahre
Kennzeichen
Marke geschäftliche Bezeichnung, Herkunftsangabe
ja nein
ja
alle 10 Jahre verlängerbar
Sortenschutz
Pflanzensorte
ja
ja
25/30 Jahre
Urheberrecht
Werke der Literatur, Kunst, Wissenschaft, Software
nein
nein
bis 70 Jahre nach Tod des Urhebers
nein
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
In Tabelle I.1 ist ein genereller Überblick über die verschiedenen Schutzrechtsarten aufgeführt, die im Folgenden noch weiter vertieft werden (siehe auch Diller 1994, Rebel 2003, Ilzhöfer 2002). Aufgeführt sind ferner der jeweilige Schutzgegenstand, inwiefern ein Verfahren erforderlich für die Schutzrechtsentstehung ist und ob dabei eine materiellrechtliche Prüfung erfolgt sowie die maximal erreichbare Schutzdauer. Patente1 Was ist ein Patent? Ein Patent verleiht seinem Inhaber das Recht, für ein bestimmtes territoriales Gebiet und für einen begrenzten Zeitraum Dritten untersagen zu können, die Erfindung gewerblich zu nutzen insbesondere herzustellen, zu gebrauchen, anzubieten, zu lagern, zu importieren oder zu verkaufen.
In Europa löst eine Erfindung im rechtlichen Sinne ein technisches Problem mit den Mitteln der Technik (IGE 2004). Ein Patent für eine Erfindung verleiht seinem Inhaber jedoch nicht notwendigerweise das Recht der unbeschränkten Nutzung der eigenen Erfindung. So könnten beispielsweise andere gewerbliche Schutzrechte oder auch andere Regelungen einer Nutzung der Erfindung durch den Erfinder oder den Patentinhaber entgegenstehen. Patente werden deshalb auch als negative Rechte oder Verbietungsrechte bezeichnet. Diese Eigenschaft weisen die anderen gewerblichen Schutzrechtsarten ebenso auf. Das Europäische Patentamt (EPA), beispielsweise, erteilt Patente für Erfindungen die (EPÜ, Art. 52) • neu sind, • auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und • gewerblich anwendbar sind. Die Kriterien der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit sind „absolut“ und gelten weltweit, das heißt sie sind unabhängig von dem territorialen Ursprung des zum Zeitpunkt des Prioritätstags vorliegenden Wissens,
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Zu weiteren Länderspezifika von Patenten siehe Kapitel VI; zu Fakten und Trends von Patenten siehe Anhang.
Arten von Schutzrechten
Donald Duck Comic als Stand der Technik Im Jahre 1964 kenterte das mit 6.000 Schafen beladene Frachtschiff Al-Kuwait im Süßwasserhafen von Kuwait. Es bestand die Gefahr, dass die verwesenden Tierkadaver das Trinkwasser vergiften könnten. Das Schiff musste somit geborgen werden – es war nur unklar wie, da die herkömmlichen Hebemethoden nicht erfolgreich waren. Die für den Schadensfall zuständige Versicherung beauftragte den dänischen Erfinder Karl Kroyer, der sich mit seinem Team an die Arbeit begab (International Starch Institute 2001). Einer seiner jungen Angestellten kam auf die Idee, in den gesunkenen Schiffskorpus Auftriebselemente in Form von aufschäumendem Polystyrol einzuleiten und damit das Schiff zu heben. Der ursprünglichen Fassung der Patentanmeldung wurde vom Patentamt allerdings ein Donald Duck Comic von Walt Disney aus dem Jahre 1949 entgegengehalten, in dem sich Donald und seine drei Neffen Tick, Trick und Track in einer ähnlichen Situation befanden und eine gesunkene Yacht heben wollten. Sie füllten den Bootskörper mit Tischtennisbällen und brachten damit das Schiff an die Wasseroberfläche zurück.
Quelle: IGE (2004)
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Stand der Technik Alles, was vor dem Anmeldedatum in schriftlicher oder mündlicher Form, durch Gebrauch oder auf sonstige Weise veröffentlicht wurde. Beschränkungen in gegenständlicher, räumlicher oder zeitlicher Hinsicht bestehen nicht.
des so genannten Stand der Technik.2 Der Prioritätstag ist dabei in der Regel der Tag der ersten Einreichung der Anmeldung der Erfindung bei einem Patentamt. Die USA stellen eine Ausnahme dar, da dort nicht das Erstanmeldeprinzip (first-to-file), sondern das Prinzip des Erfindungszeitpunktes (first-to-invent) gilt. Unter Umständen kann dieser im Zweifelsfall zur Begründung des Prioritätstages herangezogen werden. Der Patentanmelder muss während des Patentanmeldeverfahrens festlegen, in welchen Ländern er Patentschutz begehrt. Die Nachanmeldeentscheidung muss innerhalb eines Jahres nach Prioritätstag getroffen werden. Da pro benanntes Land/Region diverse Amts- und Übersetzungsgebühren anfallen, richtet sich die Auswahl der Länder oder der Region typischerweise nach dem zu erwartenden ökonomischen Nutzen, den ein Patentschutz in diesem Land potentiell erzielen kann. Die Laufzeit von Patenten wird vom Patentanmelder durch Entrichtung von Jahresgebühren gesteuert, die von den Patentämtern in der Regel auch im jährlichen Rhythmus eingezogen werden (nicht in den USA). Die maximale Laufzeit eines Patents beträgt in den meisten Ländern 20 Jahre nach dem Anmeldetag. In den USA gilt für Patente, die ab dem 8.6.1995 angemeldet wurden ebenfalls eine Laufzeit von 20 Jahren. Besteht die Absicht eines Patentschutzes in mehreren Ländern, so können Patentanmeldeverfahren international über den Patent Cooperation Treaty (PCT) und Erteilungsverfahren für zahlreiche europäische Staaten über das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) gebündelt werden.
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Insbesondere die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, beziehungsweise der Erfindungshöhe, unterliegt nationalem beziehungsweise regionalem Recht, das heißt, es bestehen in verschiedenen Ländern zum Teil unterschiedliche Kriterien und Anforderungen. Maßgebend für die Beurteilung ist der Fachmann, der auf dem von der Erfindung gelösten technischen Gebiet tätig ist. Dieser ist weder ein Super-Experte, noch ein Laie, sondern ein durchschnittlicher Industriefachmann.
Arten von Schutzrechten
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Patente sind Verbietungsrechte Patente sind keine Erlaubnisrechte – leider ein immer noch weit verbreitetes Missverständnis, welches häufig noch zu millionenschweren Fehlinvestitionen führt. Patente sind Verbietungsrechte, mit der die Imitation der geschützten Erfindung durch Dritte untersagbar ist. Bei der Frage, was letztendlich einem Patentschutz zugänglich ist – Produkte, Systeme, Prozesse, Verfahren, Software oder Geschäftsmodelle – spielen regionale Rechtsräume eine große Rolle.
Zugunsten eines schnelleren und kostengünstigeren Anmeldeverfahrens findet beispielsweise in der Schweiz keine eigentliche materielle Prüfung der Patentanmeldungen statt. Beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum in Bern erfolgt für die Eintragung eines Patents nur eine Formalprüfung. Der Patentinhaber hat bei einer möglichen, späteren Durchsetzung dann das Risiko einer unsicheren Rechtsbeständigkeit des Patents zu tragen. Früher wurde in der Schweiz noch eine voramtliche Prüfung auf den Gebieten der Zeitmessungstechnik und der Textilveredelung durchgeführt, die aber 1995 wegen zurückgehender, praktischer Bedeutung eingestellt wurde. Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel.3 Die Vermarktung von Arzneimitteln kann erst nach Durchlauf von relativ langwierigen Genehmigungsverfahren erfolgen, welche die wirksame Patentlaufzeit stark einschränken. Nach Ablauf der gesetzlichen Laufzeit des Grundpatents besteht über das ergänzende Schutzzertifikat die Möglichkeit, die Wirksamkeit des Patentschutzes um maximal 5 Jahre bei einer maximalen Restlaufzeit von 14 Jahren nach der Zulassung zu verlängern (EGVerordnung Nr. 1768/92; 35 U.S.C. §§ 155, 156).
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Zum Patentmanagement in der Pharmabranche siehe Kapitel VI, Branchenspezifika.
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Gebrauchsmuster Gebrauchsmuster werden vorwiegend nur von nationalen Patentbehörden vergeben. Als Gebrauchsmuster sind beispielsweise vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) technische Erfindungen schützbar, die neu sind, auf einem erfinderischen Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind (§1 Abs. 1 GebrMG). Im Unterschied zum Patent können keine Verfahren geschützt werden (§2 GebrMG) und die maximale Laufzeit beträgt maximal 10 Jahre. Früher wurde das Gebrauchsmuster in Deutschland häufig als das „Patent des kleinen Mannes“ bezeichnet, da die Amtsgebühren im Vergleich zum Patentverfahren wesentlich niedriger ausgefallen sind. Die geringeren Gebühren gehen allerdings zu Lasten einer größeren Rechtsunsicherheit insbesondere beim Gebrauchsmusterinhaber, da durch das Patentamt keine materielle Prüfung durchgeführt wird und daher keine offizielle Beurteilung der Rechtsbeständigkeit vorliegt. Gebrauchsmuster können dennoch als Prioritätsanmeldung dienen, um beispielsweise Patentnachanmeldungen in anderen Ländern vorzunehmen. Umgekehrt kann unter bestimmten Randbedingungen in Deutschland aus einer Patentanmeldung auf dieselbe Erfindung ein Gebrauchsmuster abgezweigt werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn ein Patent noch nicht rechtskräftig erteilt ist, jedoch kurzfristig aus dem Schutzrecht heraus gegen Dritte vorgegangen werden soll. Ein weiterer Vorteil des Gebrauchsmusters gegenüber dem Patentschutz ist eine allgemeine Neuheitsschonfrist von 6 Monaten, so dass Veröffentlichungen der Erfindung durch den Erfinder oder Anmelder selbst einer Eintragung des Gebrauchsmusters nicht entgegenstehen. Gebrauchsmuster sind auch in Österreich und Japan bekannt. In Österreich sind dabei alle Erfindungen schützbar, die auch durch Patente schützbar sind – also auch Verfahren. Allerdings bestehen gegenüber dem Patentschutz niedrigere Anforderungen an die erforderliche Erfindungshöhe eines Gebrauchsmusters. Die Laufzeit eines Gebrauchsmusters in Japan ist auf sechs Jahre nach Anmeldung beschränkt. Ein Doppelschutz durch Patent und Gebrauchsmuster ist unzulässig. Die Schweiz und die USA kennen kein nationales Gebrauchsmuster.
Arten von Schutzrechten
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Geschmacksmuster (Design) Ähnlich dem Urheberschutzrecht ist das Geschmacksmusterrecht ein gewerbliches Schutzrecht zur ausschließenden Nutzung. Als Geschmacksmuster können zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsformen eines Erzeugnisses oder Teile davon geschützt werden (§1 Abs. 1 Deutsches GeschmMG). In der Modebranche werden beispielsweise häufig Stoffmuster, in der Konsumgüterindustrie häufig Verpackungen geschützt, wie Getränkeflaschenformen. Ein schützbares Muster muss neu4 sein und einen ausreichenden Grad an Eigentümlichkeit aufweisen. Die maximale Schutzdauer beträgt 25 Jahre ab dem Anmeldetag. Neben dem nationalen Weg besteht darüber hinaus die Möglichkeit, über das Haager Musterabkommen (HMA) die internationale Hinterlegung von Mustern in den über 30 Mitgliedsländern zu tätigen, darunter auch Deutschland und die Schweiz. Soll ein Musterschutz ausschließlich in EU-Ländern, beispielsweise Deutschland oder Österreich, erzielt werden, kann auch ein EUGemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen werden, das für das gesamte Gemeinschaftsgebiet gültig ist. Im Gegensatz zum deutschen Recht ist es unerheblich, ob das Muster einen ästhetischen Gehalt aufweist oder funktional ist. Auch in den USA und in Japan besteht die Möglichkeit eines Geschmacksmusterschutzes. In beiden Ländern wird eine kosten- und zeitintensive, computer-gestützte Neuheitsprüfung vorgenommen, wobei bis zur Erteilung im Prinzip kein Schutz gegen Verletzer besteht. In den USA hat sich in der Praxis die Durchsetzung von Geschmacksmustern aber generell als schwierig erwiesen, da bisher mehr als 70% der Geschmacksmuster in Verletzungsverfahren für nichtig erklärt wurden.
Was ist ein Geschmacksmuster? Unter Geschmacksmuster im rechtlichen Sinne wird die äußere Gestaltung von Erzeugnissen oder von Teilen eines Produktes verstanden, z.B. Industrial Design oder Stoffmuster. Diese Formgebung ist charakterisiert durch die Anordnung von Linien, Konturen, Farben oder Flächen oder durch das verwendete Material. Kurz: Mit dem Designschutz wird ausschließlich die äußere Form geschützt.
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Spezieller Neuheitsbegriff.
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Topographieschutzrechte Topographien sind dreidimensionale Strukturen von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen und ähnlich wie Erfindungen schutzfähig. Eine Topographie ist allerdings nur dann schützbar, wenn sie eine „Eigenart“ aufweist. Ähnlich den Gebrauchsmustern erfolgt bei der Topographieregistrierung keine materielle Prüfung durch das Patentamt. Wenn ein Dritter der Meinung ist, dass eine Topographie zu Unrecht registriert wurde, beispielsweise wegen fehlender Eigenart, kann er Antrag auf Löschung stellen. Das Schutzrecht wird dann vom Patentamt überprüft und gegebenenfalls wieder gelöscht. Obwohl bis dato zahlreiche Topographien registriert wurden, hat diese Schutzrechtsart in der Praxis der Rechtsdurchsetzung bisher keine wesentliche Rolle entfaltet. Was ist eine Topographie? Eine Topographie im rechtlichen Sinne ist die dreidimensionale Struktur, so wie sie sich aus den miteinander in Verbindung stehenden Schichten typischerweise ergibt, aus denen ein Halbleitererzeugnis besteht. Geschützt ist somit nur die äußere Formgebung einer Topographie und nicht die elektronische Funktion des Halbleitererzeugnisses.
Sortenschutzrechte Sortenschutzrechte sind dem Patentschutzrecht vergleichbare Ausschlussrechte mit der Zielsetzung des Schutzes von geistigem Eigentum an Pflanzenzüchtungen. Der Sortenschutz soll der Pflanzenzüchtung und dem züchterischen Fortschritt in Landwirtschaft und Gartenbau dienen. Züchter oder Entdecker neuer Pflanzensorten können bei den jeweiligen nationalen Sortenschutzämtern Schutz für Sorten des gesamten Pflanzenreiches beantragen. Eine Pflanzensorte ist grundsätzlich schutzfähig, wenn sie unterscheidbar, homogen, beständig und neu ist und des Weiteren durch eine eintragbare Sortenbezeichnung bezeichnet ist. Der Sortenschutz hat die Wirkung, dass allein der Sortenschutzinhaber oder sein Rechtsnachfolger berechtigt ist, Vermehrungsmaterial (Pflanzen und Pflanzenteile inklusive Samen) einer geschützten Sorte zu gewerblichen Zwecken in Verkehr zu bringen, hierfür zu erzeugen oder einzuführen.
Arten von Schutzrechten
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Die Zulassung von Pflanzensorten ist Voraussetzung für den gewerblichen Vertrieb von Saatgut landwirtschaftlicher Pflanzenarten und Gemüsearten. Bei Obst- und Zierpflanzensorten ist zumindest in Deutschland ebenfalls eine Zulassung möglich, jedoch nicht obligatorisch. Die Erteilung und Zulassung von Pflanzensorten erfolgen beispielsweise in Deutschland durch das Bundessortenamt auf der Grundlage des Sortenschutzgesetzes (SortG). Für die forstlichen Pflanzenarten gilt das Gesetz über forstliches Saat- und Pflanzgut (ForstG). Es wird in Zuständigkeit der Bundesländer ausgeführt. Kennzeichenrechte Eine Marke ist ein Kennzeichenrecht. Die Marke erfüllt die Funktion eines Herkunftshinweises. Produkte eines Unternehmens sollen von denen anderer Unternehmen unterschieden werden können. In der Praxis werden Marken, auch als Warenzeichen bezeichnet, häufig mit dem Registrierhinweis „®“ versehen. Der Registrierhinweis ® darf nur für registrierte Marken verwendet werden. Die in der Praxis häufig üblichen Hinweise für Trademarks „TM “oder für Service-Marks „SM “ kommen aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum und werden für nicht registrierte Marken oder Marken mit noch nicht abgeschlossenem Registrierungsverfahren verwendet. Marken müssen ebenfalls durch ein Markenamt registriert werden. Es können sowohl Wort- und Bildmarken sowie deren Kombination, als auch dreidimensionale Formen, Hörmarken, Farben und Zahlen oder Buchstaben(-gruppen) eingetragen werden. Das in der Praxis relevanteste Prüfungskriterium ist die Unterscheidungskraft von anderen Marken. Die Marke soll dabei keinen beschreibenden Charakter aufweisen: So wäre beispielsweise das Wort „Buch“ prinzipiell für einen Computer schutzfähig, nicht dagegen für Sachbücher, weil es diese direkt beschreiben würde und deshalb für die Allgemeinheit zur Verwendung freigehalten werden muss. Die Laufzeit einer Marke kann gegen entsprechende Entrichtung von Amtsgebühren beliebig verlängert werden. In den meisten Ländern ist die Rechtsbeständigkeit der Marke an eine spätere, bestimmungsgemäße Benutzung der Marke im Geschäftsverkehr gebunden. Marken können bei nationalen Patent- und Markenämtern registriert werden. Es besteht des Weiteren die Möglichkeit von gebündelten Markenregistrierungsverfahren auf internationaler Ebene (so genannte IRMarken), bei der auch Deutschland, die Schweiz, Österreich, Japan und mittlerweile sogar die EU Mitgliedsländer sind. Zusätzlich besteht auf EU-Ebene auch ein Markenschutz für die gesamte EU-Zone (EUGemeinschaftsmarke).
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Was ist eine Marke? Eine Marke im rechtlichen Sinne ist ein Zeichen, das sich eignet, Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Schützbar sind Marken als: • Wörter, z.B. Persil. • Buchstabenkombinationen, z.B. ABB. • Zahlenkombinationen, z.B. 501. • Bildliche Darstellungen und Logos, z.B. Mercedes-Stern. • Dreidimensionale Formen, z.B. Coca-Cola-Flasche. • Slogans, z.B. Never stop thinking. • Kombinationen dieser Elemente als Wort-/Bildmarken, z.B. Continental-Gummi-Werke. • Konturlose Farben und Farbkombinationen als visuell wahrnehmbare Zeichen, z.B. Magenta/grau der Deutschen Telekom. • Akustische Zeichen, z.B. Intel Inside Melodie. • Positionsmarke, z.B. roter Streifen im Lloyds Herrenschuhabsatz.
In der Schweiz können am Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) Marken für zehn Jahre ab Hinterlegungsdatum geschützt werden. Die Schutzdauer kann anschließend beliebig oft um weitere zehn Jahre verlängert werden. Vor dem US-amerikanischen Patent- und Markenamt (USPTO) können für die USA Marken, Dienstleistungsmarken, Verbandsmarken und Gütemarken registriert werden. Domainnamen. Domainnamen werden nicht von den Patent- und Markenämtern vergeben. Das Domainnamensystem (DNS) wird über die weltweit zuständigen Dachorganisationen Internet Assigned Numbers Authority (IANA – http://www.iana.org/) beziehungsweise Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN – http://www.icann.org/) koordiniert. Vergabe und Registrierungen erfolgen über die jeweiligen nationalen, zentralen Registrierungsstellen für Top Level Domainnamen, wie beispielhaft aufgeführt wird für:
Arten von Schutzrechten
Marken: Einige Spezialfälle Durchgesetzte Marken: Beschreibende Zeichen können Schutzfähigkeit erlangen, wenn sie für Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens auf dem Markt allgemeine Bekanntheit erlangen, sich im Fachjargon „durchgesetzt“ haben, in der Schweiz z.B. Valser für Mineralwasser. Freizeichen: Marken können durch ihre jahrelange Präsenz zu Bezeichnungen für ganze Produktgattungen mutieren und ihre Schutzfähigkeit verlieren, z.B. Eile mit Weile. Berühmte Marken wie etwa Ferrari, Coca-Cola oder Cartier genießen beispielsweise bei Ausbeutungsgefahr durch Dritte auch für Waren und Dienstleistungen Schutz, für die sie gar nicht eingetragen wurden. Internet-Domainnamen: Für die Vergabe von Domainnamen mit den Ländercodes CH und LI und deren Registrierung ist die Stiftung SWITCH (http://www.switch.ch) zuständig. Domainnamen können gemäß den üblichen Grundsätzen auch als Marken hinterlegt werden. Herkunftsangaben unterscheiden bestimmte Waren oder Dienstleistungen voneinander – jedoch nicht bezüglich des Herstellers der Ware, sondern mit dem Hinweis auf eine bestimmte geografische Herkunft. Unterschieden wird zwischen direkten Herkunftsangaben, z.B. Schweizer Schokolade, indirekten Herkunftsangaben, z.B. Willhelm Tell und qualifizierten geografischen Herkunftsbezeichnungen, z.B. Genf für Uhren. AOC (Appellation d’Origine Controlée): Geschützte oder kontrollierte Ursprungsbezeichnungen, AOC, z.B. Tête de Moine, und geschützte geografische Angaben, IGP, z.B. Bündner Fleisch, werden in der Schweiz im Register für Landwirtschaft eingetragen. Sie können nur unter bestimmten Bedingungen auch als Marke oder Markenbestandteil registriert werden. Quelle: IGE (2004)
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
• Deutschland: http://www.denic.de/ • Österreich: http://www.nic.at/ • Schweiz: http://www.switch.ch/ Internet-Domains sind grundsätzlich als Marken registrierbar. Dies ist häufig sogar empfehlenswert, um sich vor einer generellen Nachahmung und Verwendung durch Dritte zu schützen. Aber: Nicht jeder DomainName erfüllt automatisch die Anforderungen an den Markenschutz. Umgekehrt können in der Praxis einer Domain-Registrierung auch ältere Markenrechte entgegenstehen oder zu Konflikten führen. Im Rahmen der Suche nach einem geeigneten Domainnamen ist deshalb eine Markenrecherche sinnvoll. Urheberrechte Durch das Urheberrecht sind insbesondere Werke der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst geschützt. Voraussetzung ist, dass eine persönliche schöpferische Leistung vorliegt. Zur Entstehung und zur Durchsetzung des Schutzes sind keine amtlichen Verfahren oder sonstige Formvorschriften mehr erforderlich (revidierte Berner Übereinkunft: Art. 5 rBÜ). Als einzige Voraussetzung gilt, dass das Geistesgut unmittelbar oder mittelbar sinnlich wahrnehmbar gewesen ist. Eine direkte Verkörperung oder Veröffentlichung ist nicht erforderlich. Mittelbar wahrnehmbare Werke sind beispielsweise Musikstücke auf einem Tonträger. Ebenfalls über das Urheberrecht ist Software als solche geschützt. Der Schutz betrifft jedoch nur den Quellcode beziehungsweise den Programmiertext als solchen. Durch Neuprogrammierung kann dieser Schutz daher relativ einfach umgangen werden. Werke der persönlichen geistigen Schöpfung können mit einem Urheberrechtsvermerk versehen werden. Die Kennzeichnung sollte dann durch das ©-Kennzeichen in Verbindung mit dem Namen des Inhabers des Urheberrechts und der Jahreszahl der ersten Veröffentlichung erfolgen. Eine Kennzeichnung mit dem „Copyright-Vermerk“ ist für die Entstehung des Urheberrechtsschutzes zwar nicht erforderlich, empfiehlt sich allerdings in der Praxis: Der Vermerk weist auf das Bestehen eines Urheberrechts hin und hat gleichzeitig die Wirkung eines Warnhinweises vor Verletzung des Urheberrechts. In Deutschland hat eine Kennzeichnung zusätzlich eine Beweislastumkehr zur Folge. Der Urheberrechts-Vermerk begründet nämlich eine Vermutung der Urheberschaft. Wer behaupten möchte, dass der angegebene Urheber der Falsche oder nicht berechtigt zur Geltendmachung von
Arten von Schutzrechten
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Ansprüchen aus dem Urheberrecht ist, muss dies beweisen. Zweifel gehen dabei zu seinen Lasten. In den USA sind Geisteswerke durch das bundeseinheitliche CopyrightLaw geschützt. Hierzu zählen explizit auch Computerprogramme. Mit Beitritt der USA zur revidierten Berner Übereinkunft bedarf es auch in den USA keiner Formalitäten oder Kennzeichnungen mehr zur Entstehung des Copyrightschutzes. Dennoch ist dies in der Praxis zu empfehlen, wie oben bereits aufgeführt wurde. Zusätzlich ist eine freiwillige Registrierung des geschützten Werkes beim United States Copyright Office sinnvoll – The Library of Congress (http://lcweb.loc.gov/copyright/). Hierdurch wird das Werk einerseits öffentlich gemacht und das Amt vergibt darüber hinaus eine Bescheinigung über die Registrierung. Im Rahmen der gerichtlichen Durchsetzung von Urheberrechten ist die Registrierung sogar Voraussetzung, um einen gesetzlich vorgesehenen pauschalen Schadensersatz geltend machen zu können und die Rückerstattung von Rechtsanwaltskosten bei Obsiegen verlangen zu können. Internet. Für Werke im Internet gelten im Urheberrecht keine Besonderheiten. Die Gestaltung und der Inhalt von Internetseiten sind dem Urheberrechtsschutz grundsätzlich dann zugänglich, wenn eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt. Ebenso kann eine Kennzeichnung mit dem Urheberrechtsvermerk vorgenommen werden. In der Praxis empfiehlt es sich, den Vermerk neben der Jahreszahl zusätzlich noch mit dem Datum zu versehen und bei Änderungen zu aktualisieren. Darüber hinaus kann jede Seite mit einem entsprechenden Link auf den eigentlichen Copyright-Vermerk versehen werden. Urheberrecht: Was sind Werke? Werke im urheberrechtlichen Sinne sind Schöpfungen, die individuellen Charakter besitzen. Dazu gehören insbesondere • Literarische Werke jeglicher Art, z.B. Romane, wissenschaftliche Abhandlungen, Zeitungsartikel, Werbeprospekte. • Werke der Musik und andere akustische Werke. • Werke der bildenden Kunst, z.B. Malerei, Bildhauerei, Grafik sowie der angewandten Kunst, z.B. Gegenstände mit Gebrauchswert, wobei die Hinterlegung als Geschmacksmuster den Urheberrechtsschutz nicht ausschließt.
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg „Wir müssen uns besser schützen – So langsam beginnt man zu begreifen, in welcher Gefahr kleine und mittlere Unternehmen sind, die international operieren.“ Dieter Schaudel CTO, Endress+Hauser Holding AG
Patente und Ökonomie Der Zweck von Patenten liegt nach Josef Schumpeter, dem Vater der modernen Innovationsforschung, darin, dass das innovative Unternehmen temporäre Monopolgewinne erzielt. Dadurch werden Anreize für Erfindungen und technischen Fortschritt geschaffen, welche Wachstum und Wohlstand einer Volkswirtschaft erhöhen (Schumpeter 1934). Aus volkswirtschaftlicher Sicht sollen Patente daher Innovationen begünstigen (Landes und Posner 2003). In einer Studie stellt die OECD allerdings fest, dass die Auswirkung von Patenten auf die Innovationsfähigkeit und ökonomische Leistungsfähigkeit von Unternehmen nicht eindeutig und daher differenziert zu betrachten ist (OECD 2004): Studien belegen, dass vor allem in der Biotechnologie-, der Pharmasowie der Chemiebranche Innovationen gefördert werden, indem der Patentschutz einen starken Effekt auf die Sicherung von komparativen Wettbewerbsvorteilen hat. Dies gilt in gewissem Masse auch für die Computer- und die Maschinenbauindustrie. Unternehmen aus anderen Branchen verfolgen häufig primär andere Schutzmechanismen, wie beispielsweise Geheimhaltung, Marktführerschaft, technische Komplexität und Kontrolle komplementärer Vorteile (Levin et al. 1987; Cohen et al. 2000). Schutzstrategien können aber auch auf Glaubwürdigkeit basieren, häufig bei Consumer Electronics oder auf starker Kundenbindung durch Beherrschung des Distributionskanals, wie beispielsweise der Direktvertrieb bei Hilti. Demgegenüber kann der Patentschutz auch Innovativität behindern, indem der Zugang zu wichtigem Wissen erschwert wird. Dies ist insbesondere bei emergierenden Technologien der Fall, wenn Basispatente bestehen, von denen Weiterentwicklungen abhängig sind, und wenn die Patentinhaber Nutzungslizenzen zu angemessenen Konditionen verweigern. Eine derartige Situation besteht zum Teil in der Gentechnologie (Bar-Shalom und Cook-Deegan 2002; Nuffield Council on Bioethics 2002;
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OECD 2003a) und im Softwarebereich (Bessen und Maskin 2000; Bessen und Hunt 2003; Jaffe und Lerner 2004). Einen positiven Effekt auf den Wettbewerb und Firmengründungen entfalten Patente allerdings, indem auch kleine und junge Unternehmen die Möglichkeit erhalten, durch eigene Patente in bestehende Märkte eindringen und sich gegenüber größeren Unternehmen behaupten sowie Finanzinvestoren überzeugen zu können (Gans, Hsu und Stern 2002). GoreTexTM ist deshalb so erfolgreich, weil das atmungsaktive Textil vor der Vermarktung patent- und markenrechtlich geschützt wurde. Das Patentportfolio ist traditionell eines der stärksten Wettbewerbsfaktoren von Gore. In der Biotechnologiebranche stellen Patente bei den meisten Start-Ups den größten, gesicherten Anteil des Unternehmenswertes dar. Ein positiver Effekt auf die Wissensverbreitung durch Patente kann einerseits dadurch festgestellt werden, dass Patentdokumente intensiv genutzt werden, um an technische Informationen zu gelangen. 80% des weltweit verfügbar veröffentlichten, technischen Wissens ist nur in Patentschriften publiziert (Ehrat 1997). Der weitaus größte Teil dieses Wissens ist nicht mehr durch einen Patentschutz belegt, da die Patente bereits fallen gelassen wurden oder ausgelaufen sind. Andererseits ist ein häufig genannter Ablehnungsgrund von Unternehmen bezüglich einer Patentanmeldung die damit verbundene spätere Veröffentlichung (Sheehan, Guellec und Martinez 2003). Tabelle I.2 fasst die Vor- und Nachteile des Patentsystems bezüglich Innovativität, Wettbewerb und Wissensnutzung zusammen: Tabelle I.2. Ökonomische Vor- und Nachteile von Patentsystemen Effekt
Vorteile
Nachteile
Innovativität
Anreiz für F&E-Aktivitäten durch Belohnung
Erhöhung der Transaktionskosten für Nachfolgeinnovationen
Wettbewerb
Verringerung der Markteintrittsbarrieren, insbesondere für kleine und junge Unternehmen
Temporäre Monopole, in Netzwerken häufig mit starkem Langzeiteffekt
Wissensdiffusion
Gefahr der Kartellbildung
Offenlegung von technischen Unsicherheit, ob und welches Informationen offengelegte Wissen zu angemessenen Konditionen verfügbar ist
Quelle: In Anlehnung an Hall (2003) und OECD (2004)
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Unternehmenserfolg durch geeignetes Patentportfolio Zahlreiche Studien belegen den positiven Einfluss eines Patentschutzes auf den Unternehmenserfolg. Dabei hat sich gezeigt, dass der Patentschutz und damit das Patentmanagement eine hohe Bedeutung für den Unternehmenserfolg hat, wobei vor allem die Qualität der Patente und Patentportfolien entscheidend für den Erfolg ist (Ernst und Omland 2003): So haben Patenterteilungen und häufig zitierte Patente eines Unternehmens einen positiven Einfluss auf dessen Marktwert (Austin 1993; Deng, Lev und Narin 1999; Hall, Jaffe und Trajtenberg 2000). Ebenso erhöhen Patente mit technologisch breitem Patentanspruch die Unternehmensbewertung (Lerner 1994). Unternehmen mit systematischem Patentierverhalten haben sich als erfolgreicher erwiesen, als solche mit unsystematischem Patentierverhalten (Ernst 1996), wobei dadurch bewirkte signifikante Umsatzsteigerungen eine Verzögerung von zwei bis drei Jahren aufweisen (Ernst 2001). Die Wahrscheinlichkeit einer Kommerzialisierung in Form von Unternehmensgründungen oder Lizenzverträgen steigt mit der Qualität der zugrunde liegenden Patente. Die Qualität kann dabei auf Basis von Anspruchsbreite und Zitierhäufigkeit bestimmt werden (Shane 2001). In Abb. I.2 ist die Wirkung des Patentportfolios auf den Unternehmenserfolg dargestellt. Ziel des Patentmanagements ist es, als Beitrag zum Unternehmenserfolg neben der reinen Anzahl an Patenten auch deren Qualität und Wirksamkeit zu optimieren sowie eine möglichst starke Patentposition zu erreichen (Brockhoff 1999; Ernst 2002a; Ernst und Omland 2003). Es gibt breit gefächerte Möglichkeiten, mit Patenten den Unternehmenserfolg zu beeinflussen. Folgende Wirkungen lassen sich mit Patenten für Unternehmen erzielen: • Markteinnahmen der Erfindung sichern: Patentanmeldungen werden in der Praxis häufig von Erfindungen abgeleitet, welche aus der eigenen Entwicklung als „Nebenprodukt“ anfallen. Der angestrebte juristische Schutz durch Patente konzentriert sich dadurch häufig primär auf die Sicherung der Markteinnahmen: Die eigenen Produkte werden gegen Nachahmung geschützt, wie beispielsweise bei Aventis, deren Patente häufig in mehr als hundert Ländern Geltung haben. Die Tätigkeitsfelder der Wettbewerber spielen in der Erfindungsgenerationsphase dann eine nebengeordnete Rolle. Dennoch sind Unternehmen generell bestrebt, für Erfindungen einen möglichst breiten Schutzumfang zu erzielen, um somit Umgehungslösungen seitens der Wettbewerber zu erschweren.
Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg
Generierung, Bewertung, Verwertung von Patenten
Schaffung von Wettbewerbsvorteilen durch Patentmanagement
Nutzung der Wettbewerbsvorteile durch das Unternehmen
• Strategie • Prozesse • Struktur • Kultur
• Branchenspezifika • Unternehmensgröße • Produktspezifika • Technologiereife • Länderspezifika
Patentportfolio 1. Strategische Position 2. Qualität 3. Quantität
Unternehmenserfolg
Koppelung der Patente mit Produkten/Technologien
Abb. I.2. Direkter Einfluss des Patentportfolios auf den Unternehmenserfolg
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
• Zugangshandelsware zu Technologien: Ein Unternehmen kann sich auch Zugang zu Technologiepatentpools schaffen, indem es Patente besitzt, die dafür relevant sind. Dies spielt bei Kreuzlizenzverhandlungen und bei technischen Standardisierungsverfahren eine immer größere Rolle. Siemens nutzte in den späten 80er Jahren geschickt das eigene Patentportfolio, um relativ spät noch auf den bereits festgelegten und durch zahlreiche Patente geschützten GSM-Standard aufzuspringen. • Komparative Wettbewerbsvorteile erzielen durch Blockieren der Wettbewerbstechnologie: Volkswirtschaftlich durchaus fragwürdig, aus Unternehmensperspektive jedoch unter Umständen sinnvoll, sind Schutzrechte mit reiner Blockadeabsicht. Das Rheintaler Unternehmen Leica Geosystems ist im Rahmen der Produktentwicklung auf dem Gebiet der Geomatik in etwa 25 Technologiefeldern erfinderisch tätig (z.B. Laserdistanzmessung, GPS-Vermessung und Mikrosysteme). Das internationale Wettbewerbsumfeld ist ebenfalls in ähnlicher Breite tätig. Leica Geosystems muss deshalb immer sorgfältiger beobachten und analysieren, damit eigene Produkte nicht durch Schutzrechte von Wettbewerbern mit vielleicht nur sehr kleinem Marktanteil blockiert und die eigenen Weiterentwicklungen behindert werden könnten. • Direkte Einnahmen durch externe Technologiekommerzialisierung: In diesem Zusammenhang zeigen eigene Untersuchungen auf, dass die Stoßrichtung von juristischen Schutzstrategien neben dem Schutz des geistigen Eigentums vor Nachahmung auch auf die Generierung von Lizenzeinnahmen durch externe Vermarktung gerichtet ist. Bei der Entwicklung eines Aramid-Seils für Aufzüge hat Schindler über 20 Patente angemeldet. Über Lizenzvergaben und durch den Verkauf von Patenten im Nicht-Aufzugsbereich wurden bereits die gesamten Vorentwicklungsprojektkosten in Höhe von mehreren Millionen Schweizer Franken rückfinanziert. Heute werden Schutzrechte bereits von jedem zweiten Unternehmen extern vermarktet. Vorreiter IBM erzielt jährlich über 1 Mrd. US-Dollar Lizenzeinnahmen. • Imagegewinn und Marketing der Innovativität: Patente werden häufig auch für Marketingzwecke eingesetzt. In der Maschinenbauindustrie beispielsweise werden Patente auch eingesetzt, um die Innovativität von Produkten oder des Unternehmens herauszustreichen. Der Textilfaserhersteller Gore betreibt eine konsequente Marken- und Patentpolitik, um Kunden zu binden.
Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg
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Generierung, Bewertung, Verwertung von Patenten Die Generierung, Bewertung und kommerzielle Verwertung von Patenten sind Bestandteil des strategischen Technologie- und Innovationsmanagements. Generierung, Bewertung und Verwertung erfolgen dabei im Spannungsfeld zwischen dem internen, bestehenden unternehmenseigenen Patentportfolio und externen Patentportfolien anderer Unternehmen (vgl. Ernst 2002b). Generierung. Die Generierung eines unternehmenseigenen Patentportfolios kann intern durch eigene Patentanmeldungen stattfinden. Darüber hinaus kann ein Unternehmen durch Kauf oder Einlizenzierung auch an externe Schutzrechte beziehungsweise die entsprechenden Rechte gelangen. Ein besonderer Fall sind Joint Ventures und Kooperationen, in denen interne und externe Generierung ineinander übergehen. Bewertung. Ein wesentlicher Bestandteil des Intellectual Property Managements ist die Bewertung von Patenten und Patentportfolien. Bereits in der Generierungsphase liefert eine Bewertung die Grundlage für erforderliche Entscheidungsfindungen. Sei es bei der Frage, ob eine Erfindung zum Patent angemeldet werden soll oder ob für ein bestehendes Patent weiterhin die Jahresgebühren entrichtet werden sollen oder sei es bei der Preisfindung für die Lizenz an einem externen Patentportfolio. Bewertungsmethoden können aufgrund ihrer Informationsfunktion auch zur Technologiefrüherkennung eingesetzt werden, um Wettbewerbsaktivitäten zu verfolgen. Verwertung. Die Verwertung des unternehmenseigenen Patentportfolios kann einerseits intern erfolgen, indem das Primärgeschäft des Unternehmens, das heißt Produkte, Technologien und Prozesse direkt unterstützt wird. Andererseits zielt eine externe Verwertung vielmehr auf ein eigenes Geschäftsmodel ab, indem eine zusätzliche finanzielle Wertschöpfung erfolgt. Hierzu zählt der Verkauf und das Auslizenzieren von Intellectual Property, in den USA können durch die Spende von Patenten und anderen Schutzrechten an gemeinnützige Organisationen wie Universitäten sogar Steuervorteile geltend gemacht werden (Donation). Patente werden von Unternehmen zudem häufig regelrecht als Handelsgut eingesetzt, um sich in vergleichbare oder andere Technologien „einzukaufen“. Bei der Gestaltung von Technologiestandards ist es für Unternehmen häufig sogar erforderlich, eigenes relevantes Intellectual Property, wie Marken oder Patente mit einzubringen, um am Standard ohne Lizenzzahlungen partizipieren zu können.
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Schaffung von Wettbewerbsvorteilen Durch das Patentmanagement sollen über die Optimierung des Patentportfolios Wettbewerbsvorteile geschaffen werden. Die Art und Weise, wie Unternehmen das Patentmanagement systematisieren und umsetzen können, lässt sich mittels der folgenden vier Kategorien Strategie, Prozesse, Struktur und Kultur analysieren: Strategie. Setzen das Management und die Mitarbeiter eines Unternehmens Intellectual Property als Schutz oder für den Zugang zu neuen Geschäftsfeldern ein? Werden faktische Schutzrechtsstrategien systematisch verbunden mit Patent- und Markenschutz? Werden unter KostenNutzen-Überlegungen alternative Wege der Sicherung der Handlungsfreiheit überprüft? Werden Patente aktiv extern kommerzialisiert? Ist die Intellectual Property Strategie eng verzahnt mit der Geschäfts- und Innovationsstrategie? Prozesse. Stützt sich ein Unternehmen nur auf wenige Solitäre oder ist es in der Lage sein volles Netzwerk für das Management von Intellectual Property einzusetzen? Findet ein systematisches Ideen- und Wissensmanagement statt, welches mit dem Patentmanagement gekoppelt ist? Gibt es klare Meilensteine für das Abfassen von Erfindungsmeldungen? Findet eine systematische Abstimmung der Erfinder und Ingenieure mit den Patentanwälten statt? Welche weiteren Schnittstellen existieren, z.B. zur Marketingabteilung, und werden diese gepflegt? Struktur. Wird die Verfahrensführung der Patentanmeldungen über eine eigene Patentabteilung durchgeführt oder an externe Patentanwälte ausgelagert? Wo ist die Patentabteilung organisatorisch angegliedert? Ist die Organisation des Patentwesens eher top-down oder eher bottom-up strukturiert? Hat die breite Organisation Zugang zu den für sie relevanten Informationen betreffend Intellectual Property? Wird das kreative Potential im Unternehmen genutzt? Kultur. Wie wird mit Routinevorgängen, wie mit Veränderungsvorgängen umgegangen? Wie hoch ist die Bereitschaft, Wissen frühzeitig zu teilen und strategische Patente anzumelden? Wie sind die Interaktionen zwischen Erfindern und Patentabteilung? Wie hoch ist die Wertschätzung von geistigem Eigentum im Unternehmen?
Einfluss von Patenten auf den Unternehmenserfolg
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Nutzung der Wettbewerbsvorteile Die Realisierung und Nutzung von Wettbewerbsvorteilen unterliegt zahlreichen, für die jeweiligen Unternehmen spezifischen Randbedingungen. In diesem Zusammenhang sind die folgenden Ausprägungen des Patentmanagements zu berücksichtigen:5 Branchenspezifika. In welcher Branche agiert das Unternehmen? Wie hoch ist die Veränderungsgeschwindigkeit in der Industrie? Ist eine temporäre Monopolisierung durch Schutzrechte realisierbar oder liegt ein hoher Standardisierungsgrad vor? Wie hoch ist der Reifegrad der Branche? Welche Eintrittsbarrieren existieren in dieser Branche? Wie sieht die Wettbewerbsstruktur der Branche aus (Duopol, Oligopol, Polypol) und welche Macht- und Marktanteilsverhältnisse liegen vor? Unternehmensgröße. Ist das Unternehmen ein globaler Konzern oder ein kleines oder mittelständisches Unternehmen mit starker Nischenfokussierung? Über welche Ressourcen kann innerhalb des Unternehmens verfügt werden? Welcher Komplexitätsgrad liegt vor? Kann ein Patent im Streitfall auch verteidigt werden, wenn die Rechtskosten, wie in den USA, selbst getragen werden müssen? Produktspezifika. Die Art der betroffenen Produkte spielt eine wichtige Rolle, insbesondere in welchen Wertschöpfungsstufen das Unternehmen aktiv ist. Ist das Produkt stark diversifizierbar? Welche technologischen Alternativen existieren? Wie hoch ist die Aktualitätsattraktivität des Produktes (Mode, Trendprodukte)? Technologiereife. In Abhängigkeit der Reife einer Technologie, eines Produkts oder einer Dienstleistung sind die so genannten First-Moveroder Second-Mover-Vorteile ausschlaggebend und ein Aufspringen auf bereits emergierende Trends noch möglich. Wie viele Basistechnologien sind bereits durch Wettbewerber geschützt? Besitzt das Unternehmen technologische Kernkompetenzen im potentiellen Bereich? Länderspezifika. Der Aktionsradius in denen das Unternehmen und seine Wettbewerber agieren oder zu agieren beabsichtigen, ist entscheidend für die erforderlichen vorbeugenden und relevanten Maßnahmen, die ergriffen werden müssen. Gibt es einen Markt, ist dieser eventuell ein Schlüsselmarkt? Haben die Wettbewerber Produktionskapazitäten im Land? Wie ausgeprägt ist die Durchsetzung des Patentrechts, z.B. in China?
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Eine vertiefende Darstellung der Ausprägungen des Patentmanagements findet sich in Kapitel VI.
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Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten
Kopplung mit Produkten, Technologien und Dienstleistungen Ohne die Koppelung des generierten geistigen Eigentums mit den realen Produkten, Technologien und Dienstleistungen, die direkte Wertschöpfung für ein Unternehmen erzielen, ist das beste Patentportfolio ein zahnloser Tiger. Mit anderen Worten: Die durch Patentmanagement geschaffenen Wettbewerbsvorteile müssen durch das Unternehmen auch genutzt werden. Dies ist letztlich nur möglich, wenn die Patentstrategie auf die Unternehmensstrategie abgestimmt ist und diese aktiv unterstützt. Ein Portfolio von Zufallstreffern mag im Einzelfall erfolgreich sein; in der Regel ist dies jedoch ein kostenintensives und wenig effektives Vorhaben. Die Patentstrategie muss auf die strategischen Stoßrichtungen und bestehenden Kernkompetenzen des Unternehmens ausgerichtet sein.
II.
Generierung von Patenten
„Keep up Passion! But do not have chaos all the time; if you have chaos you will never converge. You need ‘chaos discipline’.“ Dr. Gary M. Einhaus Associated Director R&D, Eastman Kodak
Patentstrategien Patentstrategien spielen in zunehmendem Masse eine entscheidende Rolle in den Geschäftsstrategien von Unternehmen. Dies liegt vor allem daran, dass es durch gewerbliche Schutzrechte in verstärktem Masse möglich geworden ist, die eigene Unternehmensposition und die Aktivitäten von anderen Unternehmen zu beeinflussen, wenn nicht sogar zu kontrollieren. Eine Strategie gibt die Leitplanken vor, innerhalb derer sich ein Unternehmen bewegt. Sie zeigt grobe Ziele und Stoßrichtungen eines Unternehmens auf und weist auf die möglichen Wege hin die Ziele zu erreichen. Eine Patentstrategie gibt deshalb Antworten auf Fragen, welche Erfindungsgebiete zu welchem Zweck patentiert werden, welche Markt- und Produktionsgebiete durch den Patentschutz abgedeckt werden und mit welchen Mitteln, Aufwendungen und Risikobereitschaft dieser Schutz verteidigt wird. Die Leitlinien für die Patentstrategie müssen von der Unternehmensstrategie gesetzt sein, so dass der Beitrag für das Ganze sichergestellt ist. Eine Strategie sollte insbesondere die angestrebten Produkte, Technologien und Applikationen explizit adressieren. Dabei hat diese sowohl Existierendes als auch Zukünftiges aufzuzeigen. Eine Positionierung des Unternehmens erfolgt in Bezug auf: • • •
Produkte und Technologien. Märkte. Finanzieller Rahmen.
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Generierung von Patenten
Jedes Unternehmen hat eine Strategie, auch jedes Kleinunternehmen. Häufig ist jedoch bei kleinen und mittleren Unternehmen festzustellen, dass die Strategie implizit im Kopf des Unternehmens steckt. Nach dem Strategieexperten Henry Mintzberg (1987) können fünf Verwendungsarten für Strategie unterschieden werden: • Plan: • • • •
Weg-Zielbeschreibung – Was soll erreicht werden und wie soll das Ziel erreicht werden? Ploy: Vorstellung der Strategie als Spielzug im Wettkampf mit und gegen Konkurrenten. Pattern: Entscheidungs- und Handlungsmuster eines Unternehmens. Position: Markt- und Wettbewerbsposition eines Unternehmens in Bezug auf seine Umwelt. Perspective: Wahrnehmung und Rekonstruktion der Umwelt.
Beim St.Galler General Management Navigator wird darüber hinaus vertieft, wie strategische Initiativen zu echtem Wandel führen. Dies läuft über die Elemente Initiierung, Positionierung, Wertschöpfung und Veränderung, welche systematisch gemessen werden (siehe Müller-Stewens und Lechner 2003). Eine Strategie ohne Umsetzung ist wertlos; Umsetzung erfordert Management und dieses wiederum Feedback („You can’t manage what you can’t measure“). Die Patentstrategie muss das Unternehmen als Ganzes, aber auch die einzelnen Geschäftsfelder berücksichtigen, produktions- und produktorientiert sein und den finanziellen Rahmen festlegen. Folgende Fragestellungen ergeben sich dabei: • Was für Vorgaben brauche ich von anderen Strategiebereichen, beispielsweise von der Unternehmens-, Technologie-, Produkt- oder Innovationsstrategie? • Welche Minimalanforderungen beziehungsweise Minimalaussagen sind erforderlich, damit eine Intellectual Property Portfolio-Steuerung vorgenommen werden kann? • Zu welchen Zielgrößen müssen Aussagen erfolgen, beispielsweise ob eine generelle Lizenzbereitschaft besteht und inwiefern und mit welchen Mitteln Lizenzeinnahmen erzielt werden sollen? Die Neuformulierung einer Patentstrategie kann durch eine generelle strategische Geschäftsumorientierung oder durch eine interne Umstrukturierung ausgelöst werden.
Patentstrategien
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Als Voraussetzung für eine gut eingebettete Patentstrategie gelten vor allem klare Aussagen seitens der Unternehmensleitung. Die Hauptfrage lautet hierbei: „Wie soll sich das Unternehmen mittels der Patentstrategie positionieren?“
Äußerer Druck der zur Initiierung einer Patentstrategie führt, wird aber oft auch durch Ressourcen- und Budgetanpassungen verursacht, die eine Neuausrichtung und Optimierung der bisherigen Vorgehensweise erfordern. Dabei stellt sich einerseits die Frage, welche Technologien und Produkte geschützt werden sollten, andererseits aber auch wie dieser Schutz aussehen soll. Welche Eigenschaften sollen geschützt werden und für wie lange, in welchen Ländern? Bei der Entwicklung einer neuen Produktgeneration besteht eine erfolgreiche Herangehensweise darin, den angestrebten Patentschutz von bestimmten Technologie- und Produkteigenschaften als konkretes Ziel zu definieren und entsprechend dem Projektfortschritt ständig zu evaluieren. Das Erfordernis für eine erfolgreiche Patentstrategie und insbesondere der Wert von Handlungsfreiheit (Freedom-of-Action) als strategisches Gut des Unternehmens wird in der Regel dann sehr deutlich, wenn letztere fehlt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn durch Patente bezogene oder verursachte Streitfälle eine Blockade und Behinderung der derzeitigen Geschäftstätigkeiten verursachen. Die Folge hiervon können Umsatzoder Gewinnrückgänge (Siemens, Herzschrittmacher) oder eine starke Beeinträchtigung der Marktkapitalisierung beziehungsweise des Börsenwerts sein (Adobe vs. Macromedia). Bei der Initiierung einer Patentstrategie ist die Abstimmung zwischen den Abteilungen Intellectual Property, F&E und Unternehmensentwicklung wichtig, wobei Konsistenz und letztendlich auch Konsens kritische Erfolgsfaktoren sind. Während die Patentabteilung der Prozess-Owner für die Initiierung der Patentstrategie sein sollte, ist von der Geschäftsleitung eine klare Unterstützung erforderlich. Des Weiteren werden als wichtigste Initiierungsereignisse die generelle Änderung der Geschäftsstrategie, die Veränderung des Umfelds oder der Geschäftsposition, die Durchführung von Benchmarkings sowie massive Klagen eingestuft. Beim mittelständischen Schweizer Messgeräte- und Automatisierungslösungsanbieter Endress+Hauser hat das Erfinden und der Schutz von Erfindungen durch Patente seit Ende der 90er Jahre einen besonders hohen
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Generierung von Patenten
Stellenwert, nachdem sich das Unternehmen erfolgreich gegen eine Patentverletzungsklage eines amerikanischen Wettbewerbers wehren konnte. Kritische Erfolgsfaktoren sind ausreichende Ressourcenverfügbarkeit, ein gemeinsames Verständnis der Notwendigkeit für eine Patentstrategie, die Unterstützung des mittleren Managements sowie eine hinreichende Analyse des Ist-Zustands. Als Hilfsmittel dienen vorzugsweise gute Kommunikation und Visualisierung, wie beispielsweise aussagestarke Patentstatistiken, eventuell unter Zuhilfenahme von externen Patentdatenbanken. Wichtige Anspruchsgruppen, die in die Initiierung einer Patentstrategie eingebunden werden sollten, sind Geschäftsleitung, Erfinder, Fachexperten und Patentanwälte oder Patentverantwortliche.
Patentstrategie Die Initiierung einer Patentstrategie erfolgt häufig erst durch einen von außen initiierten Leidensdruck, der beispielsweise durch knappe Personal- und Budget-Ressourcen, Blockaden durch fremdes Intellectual Property sowie der unfreiwilligen Erfahrung eines Patentverletzungsverfahrens verursacht wird. Wichtige Erfolgsfaktoren einer Patentstrategie sind: • • • • • •
Fit mit Unternehmensstrategie. Ressourcen. Leidensdruck. Erfahrungen (schlechte > gute). Transparenz (Markt, Innensicht). Management-Commitment.
Offensive und defensive Patentstrategien Patentstrategien lassen sich nach ihrer Ausrichtung und Aggressivität unterscheiden in offensive und defensive Patentstrategien (Rahnasto 2003): Offensive Patentstrategien basieren auf der strategischen Planung der Intellectual Property Nutzung im Rahmen der Unternehmens- und Geschäftsaktivitäten. Die Patentrechte werden darüber hinaus proaktiv und aggressiv durchgesetzt. Eine aktive Mitwirkung in verschiedenen Interessensgruppen zur Rechtsentwicklung der Intellectual Property Legislationen rundet die Strategie ab.
Offensive und defensive Patentstrategien
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Das amerikanische Halbleiterspeicherunternehmen Rambus verfolgt seit Jahren eine aggressive Vermarktungsstrategie seines Patentportfolios mit Lizenzforderungen betreffend eines bestimmten Takt- und Busverfahrens für SDRAM6-Speicherchips. Seit mehreren Jahren sind zahlreiche Patentverletzungsverfahren in den USA und Europa anhängig, die die Halbleiterspeicherbranche verunsichern. Als taktisches Manöver melden einige Unternehmen auch Patente an, um ihre Konkurrenten zu täuschen. Diese Patente werden mit wenig Aufwand erstellt, die Prüfungsgebühren werden nicht bezahlt. Der einzige Effekt dieser Maßnahme dient der gezielten Irreführung der Wettbewerber bezüglich der eigenen technologischen Stoßrichtung. Allerdings sollte der Wert dieses Manövers insbesondere bei häufiger Anwendung nicht überschätzt werden.
Patentlizenzaustausch zwischen Siemens und Microsoft Die Konzerne Siemens und Microsoft haben 2004 einen Patentlizenzaustausch abgeschlossen, mit dem sie sich gegenseitig einen erweiterten Zugriff auf das jeweilige Patentportfolio eingeräumt haben. Beide Unternehmen erhalten auf diese Weise auch die Möglichkeit, das Angebot für ihre Kunden zu vergrößern und diesen umfassende Lösungen zur Verfügung zu stellen. Microsoft will damit seinen Handlungsspielraum insbesondere im Mobiltelefonmarkt sowie im Netzwerktechnik Markt verbessern und Wettbewerber wie Nokia und Ericsson angreifen. Siemens möchte seinen Kunden weltweit immer attraktivere Produkte und Dienstleistungen anbieten, in dem IT und Software eine zentrale Stellung einnehmen. Obwohl die Unternehmen ein etwa ähnlich großes Budget für Forschung und Entwicklung in Höhe von etwa 5 Milliarden Euro ausgeben, musste Microsoft zusätzlich eine Lizenzzahlung an Siemens entrichten.
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SDRAM steht für Synchronous Dynamic Random Access Memory und zeichnet sich durch eine besonders hohe Taktrate auf, die schnelles Speichern und Auslesen ermöglicht.
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Generierung von Patenten
Defensive Patentstrategien zielen darauf ab, die Auswirkungen von Intellectual Property Strategien Dritter auf das eigene Unternehmen zu minimieren. Das mittelständische Möbelzulieferunternehmen Hettich verfolgt eine aggressive Abwehrstrategie. Durch exzellenten Umgang mit Stand-derTechnik Informationen werden zahlreiche Einspruchsverfahren gegen Wettbewerbspatente geführt und Angriffe von Wettbewerbern ausgehebelt. Offensiv-/Defensiv-Strategien. Insbesondere große Unternehmen verfolgen häufig hybride Patentstrategien, die sowohl offensive als auch defensive Bestandteile aufweisen: Obwohl der Elektrokonzern Siemens und das Softwareunternehmen Microsoft offensive Intellectual Property Strategien im oben genannten Sinne verfolgen, liegt ein Fokus der Intellectual Property Strategien stets darin, Auswirkungen von Dritten auf das eigene Unternehmen zu minimieren. Bei Siemens ist dies durch die starke Diversifizität des Produkt- und Dienstleistungsangebots bedingt. So sind Wettbewerber des einen Geschäftsbereichs häufig Kunden eines anderen Geschäftsbereichs. Microsoft wiederum ist durch seinen hohen Weltmarktanteil auf Basis eines vergleichsweise eingeschränkten Produkt- und Dienstleistungsangebots sehr sensibel gegenüber Angriffen Dritter. Unternehmen unter einer derartigen Aktivitäts- und Wettbewerbskonstellation schließen deshalb verstärkt Patentlizenzaustauschverträge ab, um die eigene Angriffsfläche (Exposure) zu reduzieren. Konsequenter Weise haben Siemens und Microsoft im Rahmen einer generellen Ausweitung der gemeinsamen Zusammenarbeit in 2004 ein solches Kreuzlizenzabkommen abgeschlossen.
Stoßrichtungen für Patente Unternehmen verfolgen mit der Generierung von Schutzrechten folgende drei Hauptmotive: • Sicherung der eigenen Handlungsfreiheit. • Blockade von Wettbewerbern zur Verteidigung des eigenen Produktund Dienstleistungsgeschäfts beziehungsweise als Zugangsmittel zu Technologien Dritter. • Generierung von Lizenzeinnahmen. Die meisten führenden, internationalen Technologieunternehmen verfolgen mit ihrer Patentstrategie als Ziel, die eigene Handlungsfreiheit zu sichern, z.B. Siemens. Ein weiterer Aspekt dabei ist, die Nachahmung der
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eigenen Produkte zu verhindern. Einige Unternehmen verteidigen dabei mit Patenten erfolgreich das eigene Produkt- und Dienstleistungsgeschäft, z.B. Bayer versus Barr Laboratories, Ruby und Hoechst-Marion-Roussel. Lediglich wenige Unternehmen setzen den Schwerpunkt der Patentstrategie auf die Erzielung von Lizenzeinnahmen, z.B. IBM – wie unsere explorative Studie mit Arbeitskreisunternehmen gezeigt hat. Neben diesen drei Hauptmotiven für Patente, spielt auch der Marketingeffekt in einigen Branchen eine Rolle („patentiertes Produkt“). Angesichts der Kosten eines Patents gibt es jedoch günstigere Werbealternativen.
Iterativer Patententwicklungsprozess Die Festlegung der richtigen Dosierung von Handlungsfreiheit, Marktdominanz durch Blockade Dritter und Erzielung von Lizenzeinnahmen, die ein Unternehmen durch den Einsatz von Patenten erzielen möchte, wird auch als Patent-Strategizing bezeichnet. Ist das Unternehmen in unterschiedliche Geschäftsbereiche unterteilt, empfiehlt sich ein zweistufiger Strategieprozess, der auf Unternehmens- und Geschäftsbereichsebene aufgeteilt ist. Auf Unternehmensebene wird die generelle, auf das Unternehmen abgestimmte Patentstrategie festgelegt, beispielsweise wie offensiv oder defensiv sich das Unternehmen verhalten möchte. Auf Geschäftsbereichsebene ist vorwiegend die Anmeldestrategie festzulegen, die sowohl Erfindungsschwerpunkte, Selektionskriterien als auch Länderportfolien umfasst. Der Abgleich von Top-down- und Bottom-up-Strategieelementen ist ein iterativer Vorgang. Die beste Strategie ist wertlos, wenn diese nicht umgesetzt wird. Hierzu sind geeignete Strukturen und Prozesse im Unternehmen erforderlich. Zur konsequenten Implementierung einer Patentstrategie müssen deshalb Prozessschritte formuliert werden. Hierbei stellen sich insbesondere folgende Fragestellungen: • Wie erhält man das nötige Management-Commitment vom TopManagement und anderen Anspruchsgruppen für die Formulierung und Umsetzung der Patentstrategie? • Wer soll bei der Kreierung und Bewertung von Erfindungsmeldungen eingebunden, und wie sollen Patentanmeldungen und Patente weiterverfolgt werden? • Wie werden Kosten-/Nutzenaspekte überprüft? • Welcher Geltungsbereich des Patentschutzes wird angestrebt? • Welche Handlungsalternativen bestehen zum Patentschutz?
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Generierung von Patenten
• Welche Organisationsformen und Berichtswege sollen zur internen Leistungserbringung gewählt werden? • Was sind typische Umsetzungsmaßnahmen? • Wie können externe Dienstleister eingebunden werden und wie die erbrachte Qualität überprüft werden? • Welche kulturellen Einflussfaktoren sollten wie berücksichtigt werden? Ungeachtet der internen Komplexität muss bei der Formulierung, zumindest aber vor Einführung von Prozessen, zur Umsetzung der Patentstrategie eine Abstimmung mit den jeweiligen Anspruchsgruppen erfolgen. Dabei kommt der Verankerung der Patentstrategie bei der Geschäftsleitung eine hohe Bedeutung zu. So wird eine gemeinsame Basis für die zukünftige Ausrichtung entwickelt. Für die spätere Umsetzung ist das mittlere Management von entscheidender Bedeutung. Dieses muss Ressourcen zuteilen und operative Prioritäten setzen, wofür oftmals harte Überzeugungsarbeit erforderlich ist. Des Weiteren können im Rahmen der Abstimmung noch erforderliche Korrekturen und Ergänzungen eingebracht werden. Zur Durchführung des Strategizing-Prozesses in Großunternehmen sind Strategierunden geeignet, die häufig auch als Strategic Patent Committees bezeichnet werden. Diese werden regelmäßig, z.B. jährlich durchgeführt und können von der Patentabteilung vorbereitet werden. Die generelle Durchführung bedarf jedoch der expliziten Unterstützung der Geschäftsleitung. In Abb. II.1 und II.2 ist ein Praxisbeispiel für Patent-Strategizing-Prozesse auf Unternehmensebene und Geschäftsbereichsebene dargestellt. Während für die Umsetzung auf Unternehmensebene vorrangig die Patentabteilung zuständig ist, ist es im dargestellten Beispiel auf Geschäftsbereichsebene das Produktmanagement. Liegt die Produktverantwortung bei F&E, sollte dort auch die Verantwortung für die Umsetzung der Patentstrategie liegen.
Iterativer Patententwicklungsprozess
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Top Management Management Patent-Counsel HR
Entwurf
VorabInformation
StrategieMeeting
Umsetzung Review
Handlungsfreiheit Marktdominanz durch Blockade Dritter Lizenzeinnahmen verantwortlich unterstützt informiert
Abb. II.1. Intellectual Property Strategizing auf Unternehmensebene
Management Patent-Counsel Produktmanagement F&E
Entwurf
VorabInformation
StrategieMeeting Review
Umsetzung in TeamMeetings
Abgleich von Geschäftsstrategie und Anmeldestrategie verantwortlich unterstützt informiert
Abb. II.2. Intellectual Property Strategizing auf Geschäftsbereichsebene
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Generierung von Patenten
Verfahrensführung Wesentlicher Bestandteil des Patentmanagements ist die Verfahrensführung im Patentanmeldeverfahren vor den Patentämtern (Patent Prosecution). Dieser weist typischerweise erstens den Generierungsprozess von Erfindungsmeldungen und zweitens die Verfahrensführung vor den Patentämtern mit jeweils folgenden Elementen auf: Generierungsprozess von Erfindungsmeldungen: 1. Identifikation von Erfindungsmeldungen. 2. Beurteilung und Selektion der Erfindungsmeldungen. Verfahrensführung vor den Patentämtern: 3. Erstanmeldung / Freigabe / Geheimhaltung / Sperrveröffentlichung. 4. Nachanmeldungen, Auslandsanmeldungen. 5. Aufrechterhaltung von Patenten und anderen Schutzrechten.
1. Die Identifikation beginnt bei der Generierung und Suche nach geeigneten Ideen. Hierzu zählen beispielsweise bereits die Ideenfindung, damit verbundene Gespräche mit Erfindern und Projektleitern sowie Reviews bei Projektmeilensteinen. Dabei kommt dem Patentanwalt neben der eher passiven Erfassung von Patentideen bei Projekt-Reviews auch eine aktive Rolle zu: Er moderiert und stimuliert Ideen für mögliche Patentanmeldungen, um neben den konkreten Produktkonzepten auch weiterreichende Innovationsideen aufzufinden. Des Weiteren hilft der Patentanwalt, von den bestehenden Produktkonzepten zu abstrahieren und aus gewohnten Denkstrukturen auszubrechen. Eine Neukombination von Wissen und Erfahrungen sowie ein moderierter Perspektivenwechsel stimulieren neue Patentideen. Folgende Schritte sind hierbei klar zu unterteilen: a) Problemklärung: Systemabgrenzung und Problemdefinition des zu patentierenden Bereichs. b) Ideenfindung: Kreativität und divergentes Denken dominieren; hilfreich sind hier Kreativitätstechniken, z.B. Morphologischer Kasten, TRIZ, 6-3-5 Methode oder gewöhnliches Brainstorming. Wichtig ist hier, dass in dieser Phase Ideen stimuliert, aber noch nicht bewertet werden. c) Ideenauswahl: Vorläufige Auswahl von Ideen, die zumindest weiterverfolgt werden sollen. Hier steht die Strukturierung, Bewertung,
Iterativer Patententwicklungsprozess
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Verdichtung der Ideen auf die aussichtsreichsten Lösungsansätze im Vordergrund. d) Umsetzung: Erstellung von Erfindungsmeldungen. 2. Die Beurteilung der Erfindungsmeldungen erfolgt vorzugsweise in einem Team, in dem Patentfunktion, F&E, Innovationsmanagement, Operations und Marketing vertreten sind. Ein regelmäßiger Meetingrhythmus gilt als vorteilhaft. Wichtig ist dabei, dass nicht durch Einzelpersonen sondern im Team beurteilt wird und wer im Bewertungsteam vertreten ist. Ergänzend kann aber auch eine schriftliche Einzelbewertung über die Patentabteilung nach genau definierten, vorgegebenen Kriterien vorgenommen werden (siehe Kapitel III zu Kriterien für die Bewertung von Patenten). 3. Die Erstanmeldung umfasst Recherchen sowie die Einreichung bei einem Patentamt. Freigaben sollten länderspezifisch vorgenommen werden. Sperrveröffentlichungen können durch Publikation in Zeitschriften, Schaukästen, Internet oder anderen Medien vorgenommen werden. Alternativ sollte generell vor einer Erstanmeldung geprüft werden, ob der erzielbare Nutzen durch ein späteres Patent überhaupt in einem erwartbar sinnvollen Verhältnis zu den Kosten stehen (siehe S. 44 ff. für Kosten von Patenten). Besteht darüber hinaus das Problem, dass potentielle Verletzung später voraussichtlich nicht nachgewiesen werden können, sollte überlegt werden, ob es nicht besser ist, die Erfindung geheim zu halten. Dies ist beispielsweise häufig der Fall bei Produktionsprozessen, die in für Außenstehende unzugänglichen Fabrikationsanlagen ablaufen und sehr unternehmensspezifisch sind. Besteht trotz geringem, erwartbarem Nutzen allerdings die Gefahr, dass Dritte im gleichen Gebiet dennoch störende Patente erzielen könnten, so kann durch Veröffentlichung der Idee mittels einer so genannten Sperrveröffentlichung Stand der Technik erzeugt werden. Dieser steht dann anderen, allerdings auch eigenen, späteren Patentanmeldungen entgegen (siehe Kapitel II unter Handlungsfreiheit ohne Patentschutz). Der mittelständische Pneumatik- und Automatisierungsexperte Festo hat im Entwicklungsprozess Meilensteine vorgesehen (Abb. II.3). An diesen werden sowohl Patentrecherchen durchgeführt und Patentinformationen analysiert, als auch die Bewertung von Erfindungen sowie eine Portfolioevaluierung vorgenommen, um den Patentanmeldeprozess zu steuern (Lichtenberger 2003). 4. Bei der Platzierung von Nachanmeldungen wird idealerweise eine wiederholte Überprüfung vorgenommen, ob die der Erstanmeldung zugrunde liegenden Beurteilungskriterien noch zutreffen. Eine zentrale
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Generierung von Patenten PM / F&E
Projektmanager / F&E
PM
Projektstart Strategiephase
Projektabschluss
Projektplanung
Produktrealisierung
Pilotserie
Nullserie
Markeinführung Serienphase
0
1
2
3
4
5
Lastenheft Strategiekonzept
Systemkonzept
Technische Freigabe
Produktionsfreigabe
Neuheitenfreigabe
Erfolgscontrolling
Meilensteine
PM = Produktmanagement
Patentrecherchen Informationen über eigene und fremde Schutzrechte
Bewertung Erfindungen (Evaluierung)
Abb. II.3. Einbindung des Patentinformations- und Portfoliobewertungsprozesses in den Entwicklungsprozess beim Mittelständler Festo
Stellung nimmt jedoch die kostenträchtige Auswahl der Länder ein, in denen weitere Schutzrechte erlangt werden sollen. Als Kriterien eignen sich insbesondere die Absatzmarktländer sowie die Länder, in denen die Produktionsstätten der Wettbewerber liegen (Blockade). 5. Der Aufrechterhaltung von Schutzrechten ist ein eigener Prozessschritt zu widmen, in Rahmen dessen die Beurteilungskriterien nochmals überprüft werden, bevor die Amtsgebühren entrichtet werden. Dabei spielt der zeitliche Anfall der Kosten in den einzelnen Ländern eine große Rolle. Während in den europäischen Ländern jährliche Gebühren erhoben werden, sind diese in den USA nach der Erteilung lediglich alle vier Jahre fällig. Das Fallenlassen eines Patents zwischen den Gebührenzahlungen ist daher unnötig. In der Regel lässt man Schutzrechte nicht explizit fallen, sondern entrichtet einfach keine Gebühren mehr. Dies hat insbesondere den Vorteil, dass im Falle einer Fehlentscheidung eventuell noch eine Heilung möglich ist und das Schutzrecht wiederbelebt werden kann. Operative Durchführung. Die Generierung von Patenten basiert in der Regel auf Einzelentscheidungen, die durch Einzelpersonen in KMUs und durch Expertenteams in größeren Unternehmen getroffen werden. Solche Teams, auch als Patent Liaisons oder auch als Operational Patent Committees bezeichnet, setzen sich aus mehreren Experten zusammen, welche Markt-, Technologie- und Patentexpertise aufweisen. Häufig tagen diese
Iterativer Patententwicklungsprozess
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Teams einmal pro Monat oder pro Quartal und beurteilen neue Erfindungsmeldungen, Erst- und Nachanmeldungen sowie Aufrechterhaltungen von Patenten. In den Abbildungen Abb. II.4 und Abb. II.5 ist beispielhaft ein Patentgenerierungsablauf dargestellt, der die Teilprozessschritte Erfindungsmeldung, Erstanmeldung und Nachanmeldung sowie Aufrechterhaltung beschreibt. Wichtig ist die breite und aktive Einbindung relevanter Anspruchsgruppen durch die Patentabteilung, wie Erfinder, Projektleiter F&E-Mitarbeiter und Produktmanager. Diese bilden zur Entscheidungsfindung das Operational Patent Committee. Wird die Ausarbeitung der Patentanmeldungen extern an Patentanwaltskanzleien vergeben, wird eine Schnittstellen- und Coachingfunktion durch die Patentabteilung oder in kleineren Unternehmen durch den Patentverantwortlichen erforderlich. Erfinder Patent-Counsel F&E Produktmanagement Verwaltung Patentanwalt (extern)
Idee
Erfindungsmeldung
Entscheidung im Team
Anmelden (Inanspruchnahme)
• Registrieren, Datenbank
• Klassifikation
• Vorbewertung durch Erfinder
• Bewertung
• Vollständigkeit der Erf.-Mldg.
Regulierung (Scorecard, Incentive)
Kanzleiauftrag / Rechte
Erstanmeldung
oder
Veröffentlichen (Inanspruchnahme)
oder
Archivieren (Inanspruchnahme)
oder
Freigeben
oder
Weiterleiten an andere Bereiche, z.B. Ideenmanagement (Inanspruchnahme)
verantwortlich unterstützt informiert
Abb. II.4. Patent Prosecution Prozess: Erfindungsmeldung / Nachanmeldung
Erfinder Patent-Counsel F&E Produktmanagemant Verwaltung Patentanwalt (extern)
Anfrage individuell nach Familie, Geschäftsbereich, Geschäftsgebiet
Entscheidung im Team
Ausführung der Entscheidung
Abb. II.5. Patent Prosecution Prozess: Aufrechterhaltung
verantwortlich unterstützt informiert
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Generierung von Patenten
Kosten von Patenten7 Die Erlangung und Aufrechterhaltung einer Patentfamilie in Europa kostet bei einem breiteren Länderportfolio über 10 Jahre etwa 25.000 Euro. Diese entwickeln sich je nach Verfahrenslauf und weisen Spitzen vor allem bei Verfahrenübergängen auf, da Anwalts- und Übersetzungskosten anfallen. Dies ist insbesondere der Fall bei Übergang des internationalen Patent Cooperation Treaty Patentanmeldeverfahrens in die regionale oder nationale Phase und beim Übergang des europäischen Patentanmeldeverfahrens in die nationale Phase. Bei erteilten Patenten steigen die Jahresgebühren in Abhängigkeit der erreichten Lebensdauer an (siehe Abb. II.6). Der Gesetzgeber beabsichtigt damit, dass die Opportunitätskosten für die Nichtbenutzung eines Patents ansteigen. Zahlreiche Unternehmen vernachlässigen jedoch noch immer eine regelmäßige Überprüfung des bestehenden Patentportfolios und übersehen dabei die schleichend wachsenden Ausgaben durch nicht erforderliche Patente. Dies sind dann verdeckte Kosten, die keinen Wettbewerbsvorteil schaffen.
Kosten (€) (Szenario: EP, US, JP)
Japan
18.000 16.000
USA
14.000
Europa
12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 1
3
5
7
9
11
13
15
17
19
21
Jahre Akkumulierte Kosten über 21 Jahre Europa: 65.000 € USA: 19.000 € Japan: 29.000 €
Prioritätsanmeldung PCT (EP, US, JP)
EP-Erteilung 6. Jahr (AT,CH,DE,FR,GB,IT) US-Erteilung 5. Jahr JP-Erteilung 6. Jahr
Abb. II.6. Kostenentwicklung einer internationalen Patentanmeldung 7
Eine Kurzübersicht von wichtigen Gebührenposten findet sich im Anhang.
Kosten von Patenten
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Da die Gebühren und Kosten auch abhängig von den Spezifitäten der jeweiligen Länder sind, muss sich ein Unternehmen genau überlegen, in welchen Ländern der Patentschutz später Geltung erlangen soll (siehe S. 47 ff. zu Geltungsbereich von Patenten). Obwohl das gebündelte internationale PCT-Verfahren in der Regel teurer ist und auch länger dauert als Einzelverfahren, können bei großen Patentportfolien Gesamtkosten gespart werden. Durch das längere internationale Anmelde- und Rechercheverfahren steht mehr Zeitraum für die Selektion derjenigen Verfahren offen, die aufgrund von Stand-der-Technik sowie Unternehmens- und Wettbewerbsaktivitäten überhaupt weitergeführt werden sollen. Die „internationale“ Phase des Verfahrens ermöglicht es dem Anmelder, zunächst ein formal relativ überschaubares und gebündeltes Anmeldeverfahren zu führen und diese Zeit für die endgültige Länderauswahl zu nutzen, bevor weitere Übersetzungs- und Anwaltskosten fällig werden. Teure Fehlentscheidungen für unnötige Patentanmeldungen können so vermieden und das Portfolio bereits sehr früh kostengünstig optimiert werden. Über eine Laufzeit von 10 Jahren ist bei einem größeren Patentportfolio für einen Patentschutz einer Erfindung in Nordamerika (USA, Kanada) mit akkumulierten Gesamtkosten von etwa 15.000 Euro, in Europa (Deutschland, Österreich, Schweiz, Großbritannien, Frankreich und Italien) mit etwa 25.000 Euro und im asiatischen Raum (Japan, Südkorea, China und Taiwan) ebenfalls mit etwa 25.000 Euro zu rechnen. Diese Kosten setzen sich aus einem Kostenblock für die Erlangung eines erteilten Patents und einem Kostenblock für die Aufrechterhaltung des Patentschutzes zusammen (Abb. II.7): • Die Kosten für die Erlangung des erteilten Patents setzen sich aus internen Kosten, wie Personalkosten der Patentabteilung beziehungsweise des Patentbeauftragten sowie externen Kosten zusammen. Zu Letzteren zählen die Kosten für externe Patentanwälte und Übersetzungen sowie Amtsgebühren. • Die Kosten für die Aufrechterhaltung des Patentschutzes sind im Wesentlichen die Jahresgebühren. Zahlreiche Unternehmen nehmen darüber hinaus die Dienstleistungen von externen Organisationen oder Kanzleien zur Entrichtung der Jahresgebühren weltweit in Anspruch. Hierfür fällt in der Regel ein Pauschalbetrag pro Land und Jahresgebühr als so genannter Retainer an. Patentanmeldungen vor dem Europäischen Patentamt, beispielsweise, werden im Median erst nach vier Jahren erteilt und die Patente im Schnitt insgesamt elf Jahre gehalten (Europäisches Patentamt 2006a). Die Kosten für die Erlangung des erteilten Patents und damit für die Erlangung des Patentschutzes betragen ohne interne Aufwendungen etwa 75% der
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Generierung von Patenten 10 Jahre akkumuliert – in Tsd. € (Szenario: EP, US, JP) Jahresgebühren
12
Amtsgebühren 40
25
15
Verfahrenskosten (v.a. externe Anwälte, Übersetzungen)
interne Kosten (v.a. Personalkosten)
Abb. II.7. Durchschnittliche Patentkosten pro Patentfamilie über 10 Jahre
akkumulierten Gesamtkosten. Es ist daher eine teure Fehlinvestition, falls sich erst nach der Erteilung herausstellt, dass der ursprünglich beantragte Patentschutz eigentlich gar nicht mehr gebraucht wird. Bei einer eventuellen späteren Durchsetzung der Patente können weitere, hohe Kosten entstehen. So sind die durchschnittlichen Aufwendungen für einen Verletzungsprozess in den USA zwischen 1999 und 2001 von 400.000 US-Dollar um 25% auf 499.000 US-Dollar pro Einzelfall angestiegen (AIPLA 2001). Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den USA die Kosten für die eigenen Anwaltskosten in der Regel selbst zu tragen sind. Kosten-Nutzen-Verhältnis beachten Der Anteil von Kosten für Patente innerhalb des Innovationsbereichs ist in den letzten Jahren in vielen Unternehmen stark angestiegen. Gründe liegen insbesondere in der größeren Anzahl an Patenten, ein großer Kostenblock geht mittlerweile allerdings häufig auf die Verteidigung von Patentverletzungsverfahren zurück. Klare Kosten-Nutzen-Abwägungen sollten deshalb auch den Ernstfall der Durchsetzung von Patenten betrachten: Anmelden, nur wenn die Patente auch durchgesetzt werden können.
Geltungsbereich von Patenten
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Geltungsbereich von Patenten Patente verbieten die Imitation einer Innovation nur in denjenigen Ländern, in denen das Patent angemeldet und rechtmäßig erteilt wurde (Territorialprinzip). Mit dem internationalen PCT-Verfahren lässt sich anfangs ein einziges Patentanmeldeverfahren führen, mit dem später ein Patentschutz in derzeit über 130 Ländern ersucht werden kann (Stand 2006). Zentrale Kriterien bei der Länderwahl sind: • Märkte des Unternehmens und der Wettbewerber. • Produktionsstandorte des Unternehmens und der Wettbewerber. • Länderspezifische Legislation, zum Beispiel Durchsetzbarkeit der Patente. • Kostenaspekte, zum Beispiel auf Basis von Übersetzungserfordernissen. Auf die optimale Länderauswahl haben die branchen- und unternehmensspezifische Konfigurationen der Wertschöpfungskette sowie deren Flexibilität einen großen Einfluss. Die Leitlinie für die Länderwahl wird aus wettbewerbsstrategischen Aspekten abgeleitet. Wichtige Kriterien sind dabei die Standorte der Wettbewerber sowie aktuelle und potentielle Märkte: • Automobilindustrie: BMW hat so gut wie keine erteilten Patente in den USA. Bei internationalen Anmeldungen wird die US-Benennung nach Publikation der Offenlegungsschrift zurückgezogen. Diese Strategie beruht darauf, dass die für BMW relevanten Wettbewerber nicht aus den USA stammen. Andere Automobilhersteller richten sich mit ihrer Patentstrategie stärker an den Zukunftsmärkten als an den Wettbewerbern aus. Sie verfolgen dabei das Rational, dass sich die Produktion in der heutigen Zeit relativ leicht verlagern lässt, und die Märkte der Zukunft sich leichter prognostizieren lassen. • Elektroindustrie: Leica Geosystems sowie deren Wettbewerber haben eine geringe räumliche Fertigungsflexibilität und richten die Patentanmeldestrategien stark an den Produktionstandorten aus. Ähnliches gilt in der kapitalintensiven Halbleiterindustrie. • Pharmaindustrie: In zahlreichen Ländern, wie z.B. der Schweiz, beeinflussen nationale Regularien die Preisgestaltung von Pharmaprodukten. Dabei hängt der Preis von der Innovativität des Produktes ab; die Anzahl an Schutzrechten gilt als Indikator für den Innovationsgrad. Schering platziert deshalb Patentanmeldungen gezielt in solchen Ländern, um dort bessere Ausgangsbedingungen für seine Preispolitik zu schaffen. Die Patentstrategie wird damit ein integraler Bestandteil der Produkt- und Preispolitik des Unternehmens.
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Generierung von Patenten
Handlungsfreiheit ohne Patente Eine Patentstrategie legt nicht nur Art und Umfang von anzustrebenden Erfindungen und Patenten fest, sondern auch, wie im Einzelfall mit Erfindungen grundsätzlich umzugehen ist. Neben der Anmeldung zum Patent bestehen zwei weitere Möglichkeiten zur Erhaltung der eigenen Handlungsfreiheit: • Geheimhaltung (Dienstgeheimnis). • Publikation (Sperrveröffentlichung). Geheimhaltung Eine wichtige Alternative zu Patentanmeldungen stellt beim Schutz der eigenen Technologie und Produkte die Geheimhaltung dar. Geheimhaltung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn sich beim Produkt oder der Technologie nicht oder nur schwer feststellen lässt, ob der Gegenstand des Schutzrechts überhaupt benutzt wurde oder wenn die Durchsetzbarkeit der Schutzrechte generell in Frage gestellt wird. Insbesondere bei Herstellverfahren und -technologien ist abzuwägen, ob Geheimhaltung längerfristig nicht den besseren Wettbewerbsvorteil sichert. Ist dem Endprodukt oder der Technologie nicht ohne Weiteres anzusehen, auf welche Weise die Herstellung erfolgte, lässt sich auch eine Patentverletzung nur schwer nachweisen, ohne Einblick in die Fertigungslinien des Wettbewerbs nehmen zu können. Zahlreiche produzierende Unternehmen halten deshalb Fertigungsverfahren geheim und melden vorwiegend nur am Produkt beziehungsweise der Technologie leicht nachzuweisende Erfindungsgegenstände zum Patent an. Coca-Cola hält das Rezept der bekannten Coca-Cola Limonade geheim, um Nachahmungen zu vermeiden. Rückblickend lässt sich festhalten, dass dies die wirksamere Schutzstrategie gewesen ist, da Patente längst ausgelaufen wären. Ein identisches Imitat für Coca-Cola gibt es trotz zahlreichen Versuchen von Wettbewerben bis heute nicht. Der Aufzughersteller Schindler hält die Steueralgorithmen seiner Aufzugssysteme geheim. Der Nachweis einer Patentverletzung wäre nur schwer zu erbringen, da der Source-Code von Aufzugsteueralgorithmen der Wettbewerber in der Regel nicht zugänglich ist, weshalb die Geheimhaltung als Schutzmassnahme gewählt wurde. Soll eine Geheimhaltung erfolgen, sind ergänzende Maßnahmen sinnvoll, um einen Wissensabfluss über andere Kanäle zu vermeiden. Als häu-
Handlungsfreiheit ohne Patente
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fig eingesetzte Methoden zur Geheimhaltung von technischen Innovationen gelten insbesondere (Granstrand 1999): • Implementierung von internen Geheimhaltungsrichtlinien.8 • Kontrolle von Vorträgen und Veröffentlichungen durch Forscher und Angestellte.
Geheimhaltung Wirksamer Schutz gegen Imitation, wenn eine allfällige Patentverletzung nur schwierig nachgewiesen oder die Innovation erfolgreich geheim gehalten werden kann. Letzteres wird in Zeiten mit zunehmender Personalfluktuation und Offenheit der Unternehmensgrenzen immer schwieriger.
Publikation Um das Risiko von „unerwünschten“ Patentanmeldungen durch Dritte zu minimieren und um die zukünftige Handlungsfreiheit zu sichern, sind Publikationen hilfreich, die in diesem Zusammenhang auch als „Sperrveröffentlichungen“ bezeichnet werden.9 Einmal publiziert, kann der Wettbewerber zumindest die beschriebene Erfindung nicht mehr selbst patentieren. Zudem wird das Unternehmensimage als Technologieführer gefördert. Swisscom publiziert nicht zu patentierende Erfindungen beispielsweise im Internet auf ip.com und in technischen Zeitschriften. Roche Instrument Center geht sehr differenziert vor: Gegebenenfalls wird unter anderem mittels eines speziellen Publikationsblatts veröffentlicht, welches alle zwei Wochen erscheint. Microsoft und Siemens nutzen hierfür technische Reports oder Konferenz-Papers, welche zahlreiche Interessensgruppen erreichen.
8
9
Diese sollten insbesondere die Verwendung von Geheimhaltungsvereinbarungserklärungen vorsehen, die bei Gesprächen mit Externen vor Gesprächsbeginn vereinbart werden. Ergänzende Gesprächsprotokolle stellen sicher, was inhaltlich dann Bestandteil der konkreten Geheimhaltung sein soll. Da Sperrveröffentlichungen ebenfalls erarbeitet werden müssen, fallen i.d.R. auch hier Kosten an. Darüber hinaus entsteht eine gewisse Abhängigkeit vom Herausgeber.
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Generierung von Patenten
Publikationen in Fachmedien sind ebenfalls im Sinne des technologischen Fortschritts sinnvoll. Der Nachteil ist jedoch, dass dieses Vorgehen es dem Wettbewerber oft ermöglicht, hilfreiche Schlüsse bezüglich Patentund Produktstrategie sowie der aktuellen F&E-Aktivitäten zu ziehen. Hier gibt es kreativere Alternativen, insbesondere für KMUs: Guerillastrategie für Handlungsfreiheit. Das Schweizer Unternehmen Kern (später Leica Geosystems) hat früher die Aarauer Kegelzeitschrift als Publikationsmedium für Erfindungen genutzt. Es handelte sich dabei um spezielle Erfindungen, die nicht stark genug für kostenintensive Patente waren, bei denen aber die Gefahr bestand, potentiell in Form von Wettbewerbspatenten aufzutauchen. Die Guerillastrategie für Handlungsfreiheit lautet: Publiziere so, dass es niemand liest! Der Hauptwettbewerber findet diese höchstwahrscheinlich nicht. Die Publikation liegt im eigenen Archiv und ist so eine kostengünstige Versicherung gegen unerwünschte Patente Dritter. Umgekehrt gefährdet eine vorschnelle Bekanntmachung einer Erfindung hingegen deren prinzipielle Patentierungsfähigkeit. Publikationen, Messeauftritte und der Aufbau von Pilotanlagen müssen somit strategisch geführt und mit den Patentanmeldeaktivitäten abgestimmt sein. Häufig wurde die Rechtsbeständigkeit von Patenten deshalb gefährdet, weil Pilotanlagen in öffentlich zugänglichen Gebäuden installiert wurden oder weil ein extrovertierter Projektleiter in einem öffentlichen Vortrag technische Neuerungen vorgestellt hat, bevor diese patentiert werden konnten.
Publikation Sicherstellung der eigenen Handlungsfreiheit in Bezug auf die Gefahr von späteren Patentanmeldungen. Während Großunternehmen häufig in speziellen Publikationsorganen veröffentlichen, die die Wettbewerber lesen, lautet die Guerillastrategie des kleinen Unternehmens: Publiziere so, dass es niemand liest. Publikationen sind Absicherungen gegen mögliche spätere Blockierversuche von Wettbewerbern.
Handlungsfreiheit ohne Patente
51
Tabelle II.1. Schutzstrategien im Überblick Faktischer Schutz
Geheimhaltung
Publikation
Patentierung
Exklusivität
Bei kurzer Time-to-market
Bis zur Offenbarung / zum Offenkundig werden
Bis zur Offenbarung / zum Offenkundig werden
Für maximal 20 Jahre
Schutz vor zukünftigen Fremdschutzrechten
Uneingeschränkt
Allenfalls internes Vorbenutzungsrecht
Uneingeschränkt
Uneingeschränkt ab Offenlegung (spätestens nach 18 Monaten)
Schutz vor älteren Fremdschutzrechten
Nein
Rechtswidrige Verletzung bleibt zunächst unbekannt Kein Schutz
Eingeschränkt ab Anmeldetag Nein
Rechtswidrige Verletzung bleibt zunächst unbekannt
Identifizierung durch amtliche oder interne Recherchen macht frühzeitige Abwehrmaßnahmen möglich Lizenzaustausch
Möglichkeit zur Kooperation
Produktspezifische Möglichkeit
Einbringung allenfalls als Know-how
Nein
Beeinflussung von Standards
Einbringung von Schutzrechten in einen Patentpool Reduzierung von Lizenzgebühren oder Stückpreisen Beeinflussung von Standards
Eignung
Produkte mit hoher Aktualitätsattraktivität, z.B. Trendprodukte mit kurzen Lebenszyklen Technologien mit hoher Dynamik, z.B. Consumer Elektronik
Verfahren, Prozesse, welche auf internem Wissen basieren.
Sicherung der Handlungsfreiheit bei geringen Kosten
Erfindungen, bei denen eine Patentverletzung kaum nachweisbar ist, wie beispielsweise Algorithmen oder Produktionsverfahren
KMUs mit begrenzter Kriegskasse Etablierung von Standards durch Wissensdiffusion
Sicherung von temporären Monopolgewinnen durch Exklusivität der Produkte Blockadeoption gegen Wettbewerber und potentielle Neueintreter
III. Bewertung von Patenten
„To develop something state-of-the-art still requires to project the invention to the market.“ Dr. Erich Rütsche Manager Business Development & Relations IBM Research
Ein Grundproblem des Patentmanagements besteht darin, dass es in einem Unternehmen mehr Ideen gibt, als operativ zum Patent angemeldet werden können. Da die Erlangung und Aufrechterhaltung einer internationalen Patentfamilie nach Vollkostenrechnung bis zu 100.000 Euro kosten kann, ist eine fundierte Bewertung und Auswahl der patentierungswürdigen Ideen und die regelmäßige Überprüfung bestehender Patentanmeldungen und Patente von großer Bedeutung. Wichtiges Ziel bei der Bewertung ist es, eine Hilfestellung bei der Fokussierung von Ressourcen auf Aktivitäten zu geben, die den größten Beitrag zum Markterfolg erwarten lassen. Dies kann einerseits antizipativ und top-down durch die Anwendung von Normstrategien zum Aufbau und zur Optimierung von Patentportfolien, als auch retrospektiv und bottom-up durch die Anwendung von Bewertungsmethoden auf bestehende Patentportfolien erfolgen. Folgende Hauptkriterien werden von den Portfolio- und Bewertungsmethoden adressiert: • Markt- und Wettbewerbsinformationen (Marktgrenzen, Marktwachstum, Wettbewerbsintensität). • F&E-Kriterien (technische Risiken, relevante Ressourcen, Investitionen, Zeit). • Produktionskriterien (Kapazität, Herstellungskosten). • Überlappungskriterien (Synergien mit anderen Produkten, Wahrscheinlichkeit von Nachfolgeprojekten, Auswirkungen auf Infrastruktur und Organisation, Lerneffekte).
54
Bewertung von Patenten
Es gibt zahlreiche Bewertungsmethoden, die sich prinzipiell unterscheiden. Basis hierzu sind: • Angestrebtes Projektziel, das heißt ökonomisch versus nicht-ökonomisch. • Anwendungszeitpunkt, das heißt vorherige Projektauswahl versus spätere Marktdurchdringung. • Typ des Risikoassessments, das heißt deterministisch versus probabilistisch. • Angewandte Bewertungsmethode als solche, das heißt qualitativ versus quantitativ. Diese Kriterien sind insbesondere hilfreich bei der Auswahl der entsprechenden Bewertungsmethode als solche. In diesem Kapitel werden des Weiteren verschiedene qualitative und quantitative Bewertungsmethoden zur Bewertung von Patenten vorgestellt und näher erläutert. Qualitative Bewertungsmethoden werden dabei auch als Evaluierung, quantitative als Valuierung bezeichnet. 1) Antizipativ und top-down Ausgehend von der Unternehmensstrategie werden Markt- und Technologiepositionen bewertet und normative Handlungsmaßnahmen in Bezug auf das Patentportfolio abgeleitet. 2) Retrospektiv und bottom-up Evaluierung: Ermittlung des qualitativen Werts von Schutzrechten unter Verwendung von Wertstufen. Valuierung: Ermittlung des quantitativen Werts von Schutzrechten unter Verwendung anerkannter Bewertungsmethoden.
Management des Patentportfolios
55
Management des Patentportfolios Portfolios sind Instrumente der Analyse und Visualisierung von strategischen Positionierungen und Stoßrichtungen. Die Vielfalt der Portfoliotechniken ist immens (siehe Müller-Stewens und Lechner 2003 für einen Überblick), jede Technik hat ihren blinden Fleck durch die Auswahl der Achsendimensionen. Im Folgenden wird der St.Galler Ansatz zum Management von Technologien und Patenten vorgestellt. Dieser wurde Anfang der 90er Jahre am Institut für Technologiemanagement entwickelt (vgl. z.B. Boutellier, Hallbauer und Locker 1995) und aufgrund von zahlreichen Projekten mit der Praxis ständig verfeinert (vgl. Gassmann und Bratzler 2000). Hier wird diese Methodik weiterentwickelt bezüglich Patentstrategie. Über Portfoliomanagement werden ausgehend von bewerteten Marktund Technologiepositionen Handlungsmaßnahmen abgeleitet, die zur Umsetzung der Unternehmensstrategie dienen. Die Vision und Mission der Unternehmensstrategie bilden dabei die Grundlage für Bewertung der Herausforderungen, die durch Kunden- und Markt, die Wettbewerber sowie durch Substitutionstechnologien gegeben sind. Unter weiterer Berücksichtigung der Ressourcenstärke des Unternehmens werden Kompetenzen sowie Technologie- und Produktfelder des Unternehmens bewertet und positioniert. Dies bildet die Grundlage für die Ableitung von Normstrategien. Auf Basis der erarbeiteten Strategien werden dann in einem letzten Schritt die erforderlichen Maßnahmen zum Umgang mit Schutzrechten in diesen Gebieten zum Potentialaufbau und zur Potentialsicherung abgeleitet (Abb. III.1). Schritt 1: Vision und Mission Vision und Mission geben die normativen Rahmenbedingungen der Unternehmensstrategie wieder. Ergänzt werden diese durch mittelfristige Zielsetzungen und die generellen Unternehmenswerte. Ein derartiger Leitkorridor ist erforderlich, um eine Bewertung der sich stellenden Herausforderungen in Bezug auf die Unternehmenskompetenzen vornehmen zu können. Wichtig ist dabei, dass Vision und Mission konkret und damit wegführend sind. Austauschbare Statements, wie „Nr. 1 im Markt“, „Kundenorientierung“ oder „Mitarbeiterförderung“ reichen in der Regel nicht aus.
56
Bewertung von Patenten
Vision: Wo wollen wir bis wann hin? • Leitidee der gewünschten Entwicklung. • Machbare Utopie. • Zukunftsorientierung. • Zeitbezug bezüglich Realisierung. Mission: Wie und mit was wollen wir die Vision erreichen? • Leitplanken der gewünschten Entwicklung. • Instrumenteller Umsetzungsfokus: Aufgabe im Zentrum. • Gegenwartsorientierung.
Schritt 2: Herausforderungen an das Unternehmen In diesem Schritt werden die technologischen Herausforderungen bestimmt, denen sich das Unternehmen stellen muss. Dabei gilt es in Bezug auf die Unternehmenskompetenzen drei Perspektiven zu berücksichtigen: • Kunde / Markt. • Wettbewerb. • Substitutionstechnologien. Kunde / Markt. Die Kunden- und Marktperspektive berücksichtigt dabei die von Kunden und Märkten gestellten Anforderungen an die im Unternehmen zur Verfügung stehenden Kompetenzen, Fähigkeiten, Technologien, Produkte und Dienstleistungen. Zu differenzieren ist dabei zwischen den Anforderungen einzelner Lead-User und breiten Markttrends. BMW berücksichtigt dabei weniger die momentane Kundennachfrage, sondern versucht vielmehr die voraussichtlich nach der Produkteinführung bestehenden zukünftigen Kundenanforderungen abzuschätzen. Wettbewerber. Die Wettbewerbsperspektive stellt den relativierenden Vergleich zu den Aktivitäten des Wettbewerbs her und berücksichtigt die komparativen Vor- und Nachteile, Stärken und Schwächen. Ist das Unternehmen in einem Bereich beispielsweise kein Technologie- oder Kompetenzführer, stellt sich bei dieser Betrachtung die Frage, ob das Unternehmen eine Fast-Follower- oder besser eine Differenzierungsposition einnehmen sollte.
Management des Patentportfolios
1.
Vision und Mission
2.
Herausforderungen an das Unternehmen 1. Kunde / Markt 2. Wettbewerb 3. Substitutionstechnologien
3.
Technologie-Portfolio 1. 2. 3. 4. 5.
Beobachten Prototypen Investieren Optimieren Desinvestieren
Reflexion und Feedback
4.
Patent-Portfolio 1. 2. 3. 4. 5.
5.
Explorieren Aufbauen Sichern Optimieren Abbauen
Maßnahmen • • • •
Priorisierung von Maßnahmen Planung von Maßnahmen Durchführung der Maßnahmen Messen der Wirksamkeit der Maßnahmen
Abb. III.1. Ableitung der Patentstrategie aus dem Technologieportfolio
57
58
Bewertung von Patenten
Substitutionstechnologien. Einerseits ist die Bedeutung der unternehmensinternen Kompetenzen in Bezug auf die Substituierbarkeit durch neue, externe Technologien, Produkte oder Dienstleistungen zu bewerten. Andererseits stellt sich die Frage einer Ablösung von bestehenden durch neue interne Technologien. Selbst wenn die Neueinführung dem Markt keine neuen Vorteile bringt oder sogar zusätzliche, nicht geforderte Funktionalitäten zur Verfügung stellt, ist die Einführung von Substitutionstechnologien dann sinnvoll, wenn intern Kosten gespart werden können oder interne Logistikprozesse optimiert werden können. Der Taiwanesische Leuchtdioden-Hersteller Huga Optotech setzt beispielsweise auf die Verdrängung der herkömmlichen Neonröhrenbeleuchtung in Büroräumen durch Leuchtdioden. Schritt 3: Technologie-Portfolio Die grundsätzliche Ausrichtung des Technologie-Portfolios ist mittels einer zweidimensionalen Portfoliodarstellung ableitbar. Ausgehend von einzustufenden Kompetenzen wird deren strategische Bedeutung auf Basis der Herausforderungen durch Kunden, Markt, Wettbewerb und Substitutionstechnologien bestimmt und auf der Vertikalachse abgebildet. Zu jeder Kompetenz wird des Weiteren die relative Ressourcenstärke des Unternehmens ermittelt, die auf der Horizontalachse abgebildet wird: Hierbei werden auch die technologischen Fähigkeiten des Unternehmens, wie beispielsweise Infrastruktur, Mitarbeiter, verfügbares Wissen und Erfahrungen berücksichtigt und im Vergleich zum Wettbewerb bewertet. Der St.Galler Ansatz unterscheidet dabei fünf Portfoliosektoren und daraus resultierende Normstrategien, die in der zeitlichen Reihenfolge einem typischen Produktentstehungs-Lebenszyklus entsprechen: Beobachten, Prototypen, Investieren, Optimieren und Desinvestieren (Gassmann und Bratzler 2000). Beobachten. Kompetenzen in diesem Segment sind gekennzeichnet durch eine als noch gering wahrgenommene strategische Bedeutung. In der Regel ist hier kein Budget verfügbar und die Verantwortung für den Radar liegt beim internen Technologieverantwortlichen. Die entsprechenden Kompetenz-, Technologie-, Produkt- oder Dienstleistungsfelder sollen aktiv beobachtet werden, beispielsweise durch den Besuch von Ausstellungen und Kongressen, das Studium von Magazinen, Journals und Internet sowie durch Kooperation mit Universitäten. Prototypen. Wächst die strategische Bedeutung aus Perspektive von Kunden, Märkten, Wettbewerbern oder Substitutionstechnologien, sind erste
Management des Patentportfolios
59
eigene Erfahrungen und Fähigkeiten aufzubauen, beispielsweise durch Prototypen. Projekte in diesem Bereich haben häufig mit einem knappen Budget zu kämpfen, bei gleichzeitig hohem Erfolgsrisiko. Des Weiteren werden externe Partner gesucht und eingebunden, um möglichst effizient interne Kompetenzen aufbauen zu können. Investieren. Hoher interner Ressourcenstärke steht eine langfristig hohe strategische Bedeutung gegenüber. Erforderlich und sinnvoll sind deshalb langfristig ausgerichtete Investitionen im Kernkompetenzbereich, um bestehende Technologien und Investitionen zu sichern und um Wettbewerbsvorteile weiter auszubauen. Die angestrebte Kapitalrendite muss zumindest langfristig erreicht werden, kurzfristige Erfolge sind nicht zwangsläufig zu erwarten. Optimieren. Liegt trotz hoher interner Ressourcenstärke nur eine mittlere strategische Bedeutung vor oder ist absehbar, dass diese sogar abnimmt, sind keine größeren Investitionen mehr sinnvoll, sondern eine Optimierung erforderlich. Die Kapitalrendite muss kurzfristig eingeholt werden.
Prototypen
Investieren
Optimieren
Beobachten Desinvestieren
Niedrig
Strategische Bedeutung
Hoch
Desinvestieren. Ist kein Wettbewerbsvorteil in den nächsten 5 bis 10 Jahren mehr sichtbar, müssen die bisher gebundenen Ressourcen rechtzeitig reduziert werden, um für neue Technologiepotentiale zur Verfügung zu stehen. Eine Fortführung der Technologien und Produkte ist nur dann noch sinnvoll, solange noch Einnahmen erzielt werden können. Von weiteren Investitionen in den Ausbau der Kompetenzen ist jedoch abzusehen.
Niedrig
Ressourcenstärke
Hoch
Abb. III.2. Normstrategien zum strategischen Technologie-Portfoliomanagement
60
Bewertung von Patenten
Schritt 4: Patent-Portfolio Die aus der Unternehmensstrategie abzuleitende Patentstrategie soll nun einerseits dem Aufbau von Geschäftspotentialen dienen, andererseits aber auch vorhandene und realisierte Potentiale sichern. Es liegt dementsprechend nahe, auf Basis der bereits dargestellten Technologieportfoliostruktur entsprechende Patentnormstrategien abzuleiten. Diese sind an der strategischen Bedeutung und den verfügbaren internen Ressourcen der Technologie-, Produkt-, beziehungsweise Dienstleistungskompetenzen des Unternehmens ausgerichtet. Die Patentnormstrategien machen generelle Aussagen über die Steuerung des Zuflusses als auch des Abflusses von Schutzrechten unter unternehmensstrategischen Aspekten. Ein Zufluss ins Portfolio erfolgt beispielsweise durch eigene Patentanmeldungen, den Kauf oder die Akquisition von Schutzrechten oder durch Lizenznahme. Der Abfluss aus dem Portfolio erfolgt durch das Fallenlassen von Patenten, den Verkauf oder die Abgabe im Rahmen von Ausgründungen. In den USA besteht auch die steuerlich attraktive Alternative des Spendens (Donation). In entsprechendem Umfang erfolgt ein Abfluss von Rechten auch durch Lizenzvergabe. Ein wesentliches Kriterium beim Patentportfoliomanagement ist die Einstufung der Patente nach der jeweiligen Relevanz. Hier spielen sowohl die Schutzbreite der jeweiligen Patentansprüche, als auch die Nachweisbarkeit einer Patentverletzung eine große Rolle für den Wert des Patents. Dies ist häufig bereits von den Anspruchskategorien ableitbar. So unterscheidet beispielsweise die Chemiebranche Ansprüche über Verfahren zur Herstellung von Ansprüchen über Stoffzusammensetzungen. Während Herstellungsverfahren in der Regel schwer nachweisbar sind, können Stoffzusammensetzungen relativ einfach durch Produktanalysen nachgewiesen werden. Durch eine Kategorisierung nach Produkten und Ländern sind später länderspezifische, rechtliche Erfordernisse berücksichtigbar. Des Weiteren muss eine strategische Bewertung der Länder in das Portfoliomanagement einfließen, beispielsweise welche Länder relevant sind für den Markt und die Produktion — und zwar nicht nur aus Sicht des eigenen Unternehmens, sondern auch aus Sicht der Wettbewerber. Ein weiteres Kriterium beim Portfoliomanagement ist das Potential der Eigennutzung und der Nutzung durch Dritte, eine wichtige Voraussetzung für Lizenzierungsvorhaben. Vor allem in der Pharmaindustrie spielt das Life-Cycle-Management eine wichtige Rolle, bei dem über die Grundpatente hinaus versucht wird, Produkt bezogene Nachfolgeschutzrechte aufzubauen. Dies ist häufig die
Management des Patentportfolios
61
einzige Möglichkeit, eine effektive Sperrwirkung auch nach Ablauf des grundlegenden Wirkstoffpatents aufrecht zu erhalten. Aufgrund des stark wachsenden Generika-Marktes ist dies von großer Bedeutung. Der Lebenszyklus von Patenten besteht aus den fünf Phasen, welche dem Technologielebenszyklus folgen (Abb. III.3): • • • • •
Explorieren. Aufbauen. Sichern. Optimieren. Abbauen.
Explorieren. Liegt auf einem Gebiet noch eine geringe oder noch nicht erkennbare strategische Bedeutung vor, so ist die weitere Potentialentwicklung zu explorieren (Patent-Scanning). Die Evaluierung von Potentialen lässt sich dabei mittels industrieübergreifenden Patentrecherchen durchführen. Es wird dabei breit recherchiert. Werden neue, entwicklungsfähige Potentiale identifiziert, können die entsprechenden Konzepte und Architekturen als Patentanmeldungen mit breiten Patentansprüchen angemeldet werden. Roche Vitamines nutzt systematisch Patentrecherchen, um Trends in Herstellungsprozesstechnologien aufzuspüren und rechtzeitig effiziente Substitutionstechnologien erkennen zu können. Mit Forschern und Marketingspezialisten werden Recherchesuchprofile auf Basis von Schlagworten definiert, um relevante Interessensgebiete einzugrenzen. Ein besonderer Fokus der Trendanalysen sind die allerdings sehr schwer zu ermittelnden Lebenszykluskurven. Der Zeithorizont liegt bei fünf bis zehn Jahren. Aufbauen. Sobald Themen- und Kompetenzfelder mit wachsender strategischer Bedeutung erkannt werden, sind gezielte Patentrecherchen durchzuführen (Patent-Monitoring). Ziel ist es, die Weiterentwicklungen auf bestimmten Technologiefeldern und bestimmte Wettbewerber gezielt durch Patentrecherchen zu überwachen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die meisten Patentdokumente erst 18 Monate nach der Prioritätsanmeldung veröffentlicht werden. Im Unternehmen empfiehlt es sich, Spezialisten für bestimmte Wettbewerber und Kompetenzgebiete zu definieren, welche diese Recherchen durchführen und gegebenenfalls schon verfügbare Prototypen analysieren. Das weltweit agierende, 600 Mitarbeiter starke, mittelständische Unternehmen Erbe Elektromedizin überwacht systematisch seine Wettbewerber: • Monatlich erhält die Patentabteilung aus der Schutzrechtsüberwachung die neuen Druckschriften des vergangenen Monats. Die Schutzrechts-
62
•
• •
•
Bewertung von Patenten
überwachung erfolgt größtenteils über die Rechercheabteilung eines externen Patentanwaltes, der diese auf Basis eines festgelegten Filters erstellt. In dringenden Fällen kann auch selbst recherchiert werden. Die Patentabteilung prüft und selektiert die Schriften vor. Dann werden die Schriften an die jeweiligen Fachexperten der F&E zugestellt. Dabei erhält ein Ingenieur genau diejenigen Schriften, die seine technischen Bereiche betreffen. Die Fachexperten erarbeiten Kurzreferate der ihnen vorgelegten Schriften aus. Hierfür stehen drei Minuten Vortragsdauer zur Verfügung. Im Rahmen einer monatlichen Patentrunde werden die Kurzvorträge der Fachexperten vorgetragen, beispielsweise jeden ersten Dienstag im Monat zu einer festen Uhrzeit. Danach erfolgt jeweils eine kurze Diskussion, und es wird das weitere Vorgehen beschlossen, beispielsweise Beschluss zum Einlegen eines Einspruchs oder der Aufnahme in die Schriftenüberwachung. Da die Patentrunde einmal monatlich tagt, besteht für sämtliche, dort besprochenen Schriften prinzipiell die Möglichkeit eines Einspruchs.10 Die Patentabteilung erstellt ein Protokoll, das an die Teilnehmer der Patentrunde verteilt wird.
Vorteile dieses Vorgehens: Der feste Termin der Patentrunde garantiert eine hohe Regelmäßigkeit, die wiederum bei den Fachingenieuren für einen fortwährenden Kenntnisstand der Schutzrechtslage sorgt. Die Verpflichtung zu Kurzreferaten garantiert ein termingerechtes Auseinandersetzen (Einspruchsfrist) der Ingenieure mit den Patentschriften, die direkte Rückmeldung an die Patentabteilung und Kollegen, eine lebhafte Diskussion der Schriften, konkrete Anregungen an jede F&E-Arbeitsgruppe sowie das Vermeiden von Doppelentwicklungen und Doppelanmeldungen. Der hoch innovative Schweizer Hörgerätehersteller Phonak nutzt Patentinformationen zur Unterstützung der internen Technologiefrühaufklärung recht intensiv. So werden die Patentoffenlegungsschriften aller einschlägigen Wettbewerber, wie beispielsweise Siemens Audiology erfasst, nach Technologie- und Kernkompetenzfeldern gegliedert und unter Verantwortung der Forschungsabteilungsleiter analysiert. Es wird dabei ein Zeithorizont für die Erkennung von Trends von drei bis fünf Jahren erreicht. Trotz wenigen eigenen Kompetenzen müssen bereits in dieser Phase wegweisende Probleme und absehbare Lösungswege extrahiert und als Patentanmeldungen mit strategischem Wert und breiter Länderpalette plat10 Die
deutsche Einspruchsfrist beträgt drei Monate, die europäische Einspruchsfrist neun Monate nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung.
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Aufbauen
Sichern
•
Gezielte Patentrecherchen durchführen (Patent-Monitoring)
•
•
Wettbewerberaktivitäten analysieren
Patent-Cluster aufbauen zur systematischen Sicherung von Wettbewerbsvorteilen: breite Basispatente und Patente auf spezifische Ausführungsvarianten
•
Strategische Patente anmelden (Unternehmensaktivitäten, Wettbewerber, Alternativgebiete)
•
Aus-Lizenzierungsmöglichkeiten auf anderen Gebieten überprüfen (langfristige Ausrichtung)
•
Cross-Industry-Patente anmelden
•
Patentlizenzaustauschpotentiale überprüfen und gegebenenfalls realisieren
Optimieren
Explorieren •
Potentiale evaluieren mittels industrieübergreifenden Patentrecherchen (Patent-Scanning)
•
Bei identifizierten Potentialen breite, konzeptionelle Patente anmelden
•
Patent-Cluster überprüfen nach Kosten-Nutzen-Überlegungen
•
Sich schützen vor Substitutionstechnologien durch Sperrpatente
•
Aus-Lizenzierungsmöglichkeiten auch auf eigenem Gebiet überprüfen (kurzfristige Ausrichtung)
Abbauen •
Exklusive Auslizenzierungsmöglichkeiten überprüfen
•
Patente aufgeben, verkaufen oder abgeben/spenden
Niedrig
Strategische Bedeutung
Hoch
Management des Patentportfolios
Niedrig
Hoch Ressourcenstärke
Abb. III.3. Normstrategien zum strategischen Patentportfoliomanagement
64
Bewertung von Patenten
ziert werden. Im Fokus dürfen dabei nicht nur die eigenen Aktivitäten des Unternehmens stehen, sondern auch die erwarteten Stoßrichtungen von bestehenden und potentiellen Wettbewerbern. Nur so lässt sich rechtzeitig ein wirksames Sperrpotential durch Schutzrechte aufbauen. Die Patentansprüche sollten einen möglichst breiten Schutzkorridor anstreben, Lösungsarchitekturen und -konzepte adressieren und branchenübergreifend formuliert sein. In dieser Phase werden die Grundsteine für spätere Patentlizenzaustauschoptionen gelegt. Auch wenn erst nach weiterer Reifephase der Kompetenzen eine direkte Auseinandersetzung mit Wettbewerbern stattfindet, so gehen wegweisende Schutzrechte in der Regel auf diese Technologie-Phase zurück. Endress+Hauser baut gezielt Schutzrechte auf, um später Auseinandersetzungen mit großen Wettbewerbern vermeiden zu können. Finden F&E-Aktivitäten mit externen Partnern statt, ist abzuwägen, welcher Nutzungs- und Kommerzialisierungsbedarf später angestrebt wird. Kooperationsverhandlungen sind dementsprechend angemessen zu führen. CeramTec, eine Unternehmensgruppe im Dynamit Nobel Konzern entwickelte in Kooperation mit einem Automobilzulieferer einen Zylinderkopf für Motoren. Die Verhandlungen über den Umgang mit daraus resultierenden Schutzrechten und daraus resultierenden Rechten wurden sorgfältig geführt. Während für das Gebiet Motor eine gemeinsame Nutzung vereinbart wurde, erhielt CeramTec die exklusiven Rechte für das Gebiet Keramik. Sichern. Dem Unternehmen ist es gelungen, eigene Ressourcen auf einem Kompetenzfeld mit hoher strategischer Bedeutung aufzubauen. Das Potential zur Anmeldbarkeit von breiten Basispatenten geht zurück, da das öffentliche Wissen, der Stand der Technik, auf diesen Gebieten stark angewachsen ist. Der Fokus der Patentanmeldungen liegt nunmehr zunehmend auf detaillierteren, sehr konkreten Ausführungsformen. Wichtig ist dabei das systematische Abklopfen der Themengebiete auf Lösungsund Ausführungsvarianten beziehungsweise Umgehungslösungen. Im Rahmen der Patentportfoliooptimierung bemühen sich Unternehmen daher verstärkt um die Erstellung von Patent-Clustern bei strategisch wichtigen Technologiefeldern (Abb. III.4): Zunächst werden breit abdeckende Patentportfolien aufgebaut (Growing), die aber zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich besser abschätzen lässt, welche Ideen technisch und kommerziell relevant sind, wieder ausgedünnt werden (Pruning). Vorteilhaft ist es, bereits im laufenden Patentanmeldeverfahren kostenwirksame Entscheidungen nach dem Nutzenaspekt zu treffen. DaimlerChrysler forciert derzeit stark die Clusterentwicklung, welche nach Selbsteinschätzung
Management des Patentportfolios
65
des Technologiestrategieleiters noch zu schwach entwickelt ist. Darauf basiert lassen sich dann entsprechende Portfoliobereinigungen vornehmen. Der deutsche Konsumgüterhersteller Henkel nutzt diese Methode erfolgreich, um möglichst viele Varianten frühzeitig zu schützen, und um später zu hohe Kosten für das Patentportfolio zu vermeiden (Abb. III.4). Recherchen bringen in diesem Stadium häufig nicht mehr die gewünschten aktuellen Erkenntnisse, da aufgrund der 18-monatigen Veröffentlichungssperrfrist nicht sichtbar wird, an welchen Varianten Wettbewerber weiterentwickeln oder welcher technische Lösungsweg eingeschlagen wurde. Insbesondere bei Kompetenzen, die mit externen Kooperationspartnern aufgebaut wurden, sollte überprüft werden, inwiefern AusLizenzierungsmöglichkeiten auf anderen technischen Gebieten beziehungsweise anderen Märkten möglich sind, um langfristig Lizenzeinnahmen erzielen zu können. Im Rahmen der kooperativen Entwicklung des zentralen, multifunktionalen Bedienelements „iDrive“ kooperierte BMW mit dem kleinen kalifornischen Softwareunternehmen Immersion. Dieses hatte bereits einschlägige Kompetenzen im Bereich der Force-Feedback-Technologie entwickelt, welche bei Joysticks, Bediengeräten im Konstruktionsbereich und der Medizintechnik eingesetzt wird. Es wurde vereinbart, dass BMW an den Entwicklungsergebnissen für den Automobilbereich zeitlich beschränkte, exklusive Rechte erhält, Immersion aber eine eigenständige Nutzung und Vermarktung außerhalb des Automobilsektors zusteht.
1999
Basis-Patent
2002
Patent zur Abdeckung einer speziellen Variante
Patent zur Abdeckung einer Weiterentwicklung
Abb. III.4. Growing und Pruning des Megaperls®-Patentportfolios beim deutschen Konsumgüterhersteller Henkel
66
Bewertung von Patenten
Optimieren. Das Unternehmen hat in diesen Feldern hohe Kompetenzen, allerdings nimmt die strategische Bedeutung aus Kunden-, Markt-, Wettbewerbs- oder Technologiesicht ab. Spätestens jetzt sind bestehende Patentcluster nach Kosten-Nutzen-Überlegungen gründlich zu überprüfen. Besteht die Gefahr, dass Kompetenzen durch Substitutionstechnologien abgelöst werden, sollten eigene, diese Gebiete betreffende Patente als Sperrschutzrechte eingesetzt werden, um einen frühzeitigen, einseitigen Wertverfall der bestehenden Kerntechnologien zu verhindern. Der Sportwagenhersteller Porsche beispielsweise nutzt Schutzrechte auf Substitutionstechnologien gezielt, um den vorzeitigen Wertverfall und eine Verwässerung bestehender Technologien zu vermeiden. Gegebenenfalls werden hierzu sogar exklusive Lizenzen genommen und vorrätig gehalten. Des Weiteren sind Aus-Lizenzierungsmöglichkeiten zu überprüfen, die im Unterschied zur Potentialsicherung auch die eigenen technischen Gebiete beziehungsweise Märkte umfassen, um auch kurzfristig Lizenzeinnahmen erzielen zu können. Manchmal ist hierdurch sogar ein Marktsegment durch stärkere Öffnung derart stimulierbar, dass auch Substitutionstendenzen durch stärkere Standardisierung und Preissenkungen weiter verzögerbar sind. Beispielsweise konnte der dänische Hörgerätehersteller ReSound nach einer Patentauseinandersetzung 3M ein starkes Patentportfolio abkaufen, das ReSound in den Hörgeräte-Patentpool HIMPP (Hearing Instrument Manufacturers Patent Partnership) einbrachte. Diesem durch die weiteren Unternehmen Danavox, Oticon, Phonak, Starkley und Widex gegründeten Pool können nunmehr Unternehmen nach Entrichtung einer Mitgliedsgebühr beitreten. Faktisch werden hierbei Markteintrittsbarrieren für potentielle neue Wettbewerber aufgebaut. Abbauen. Hat die strategische Bedeutung einer Technologie oder Kompetenz stark abgenommen, sind die entsprechenden Schutzrechte einer weiteren Prüfung zu unterziehen, ob die Patentanspruchsfassungen eine Neubewertung mit einer Zuordnung zu anderen Kompetenz- oder Wettbewerbsfeldern zulassen. Dabei sollten die Möglichkeiten einer exklusiven Auslizenzierung in Erwägung gezogen werden, soweit dies aufgrund von anderen, bereits bestehenden Lizenzvereinbarungen möglich ist. Andernfalls ist von einem geringen Nutzen auszugehen, dem hohe Kosten gegenüber stehen. Sprechen keine anderweitigen Gründe dagegen, beispielsweise die Notwendigkeit eines großen Patentportfolios, können derartige Patente aufgegeben, verkauft oder abgeben beziehungsweise gespendet werden. Endress+Hauser beispielsweise sondert alle Patente aus oder verkauft diese, wenn die betroffenen Themengebiete nicht innerhalb eines Zeit-
Management des Patentportfolios
67
raums von etwa sieben Jahren in eigene Produkte oder Herstellprozesse einfließen. Das Chemieunternehmen Dow Chemical führte zu Beginn der 90er Jahre eine komplette Überprüfung seines gesamten Schutzrechtsbestands durch. Durch aufgegebene oder gespendete Schutzrechte konnten dabei Einsparungen in Form von wegfallenden Jahresgebühren und Steuervorteile in Höhe von 50 Millionen US-Dollar realisiert werden. Schritt 5: Maßnahmen Nach Ableitung der Technologie- und der Patentstrategien müssen in einem letzten Schritt die Portfoliomaßnahmen auch umgesetzt werden. In der Umsetzung von Maßnahmen dominiert leider oft das Dilemma „Paralyse durch Analyse“. Um die entwickelten Strategien in den häufig überlasteten Patentabteilungen durchzusetzen, gilt es zunächst die Stoßrichtungen zu priorisieren. Die wichtigsten Maßnahmen (vital few actions) sind im Detail mit den Geschäftsbereichen oder Entwicklern zu planen und mit diesen umzusetzen. Gerade aufgrund der häufig indirekten und erst später wirksamen Folgewirkungen von Patentmaßnahmen drohen diese zu versanden. Klare, operative Ziele, welche regelmäßig gemessen und vom Management überprüft werden, sind hier von großer Bedeutung. Patentportfoliomanagement bei DaimlerChrysler. Der Automobilkonzern DaimlerChrysler verfolgt mit seiner Intellectual Property Strategie folgende zwei Hauptziele: (1) Sicherung von eigenen Monopolpositionen und (2) Absicherung gegen Monopolpositionen Dritter. Um diese Ziele zu erreichen, setzt DaimlerChrysler nach Aussage des Intellectual Property Leiters Einsele auf eine projektintegrierte Patentarbeit: Zu Beginn von Entwicklungsprojekten wird nach dem relevanten Stand-der-Technik und nach Fremdschutzrechten recherchiert und der jeweilige Schutzrechtsstatus erfasst und bewertet. Für jedes Entwicklungsprojekt wird eine eigene Patentstrategie definiert. Während des Projektablaufs wird die Beurteilung der Schutzrechtslage regelmäßig aktualisiert und es werden projektbezogene Informationen zu Fremdschutzrechten zur Verfügung gestellt. Dies reduziert Doppelentwicklungen und Kollisionen können so vermieden werden. Darüber hinaus wird diese Phase zur Ermittlung von schutzfähigen Ergebnissen genutzt. Während Projekten stellt der Erwerb von Schutzrechten Dritter einen zunehmend wichtiger werdenden Aspekt dar, aber auch die Vermarktung und Lizenzierung von eigenem Know-how gewinnt an Bedeutung. Bei Kooperationen oder F&E-Partnerschaften beginnt die Suche nach geeigneten Partnern auch über Patentportfolioanalysen. Die Intellectual Pro-
68
Bewertung von Patenten
perty Abteilung begleitet später die Ausarbeitung der Kooperations- und Entwicklungsverträge sowie von Geheimhaltungsverträgen zur Knowhow-Sicherung. Zu Projektende werden abschließend Projekt-Reviews durchgeführt, in denen nochmals abschließende Aussagen zum Stand-derTechnik, Fremdschutzrechten, der eigenen Schutzrechtsposition, Vertragssituation und Standards festgehalten werden. Das Patentmanagement bei DaimlerChrysler besteht aus neun Elementen: • Frühzeitige Einbindung der Intellectual Property Abteilung in den Innovationsprozess. • Begleitende Betreuung der F&E-Projekte durch die Intellectual Property Abteilung, insbesondere auch wichtiger Projekt-Reviews. • Definition der strategischen Schwerpunkte. • Betreuung der Entwickler vor Ort. • Monitoring von Wettbewerbsaktivitäten. • Vermeidung und Minimierung von Risiken. • Absicherung von schutzfähigen Ergebnissen. • Überprüfung der Transferierbarkeit und Vermarktbarkeit von Entwicklungsergebnissen. • Durchsetzung der eigenen Schutzrechte gegenüber Dritten. Die Bedeutung eines proaktiven Patentmanagements hat sich bei der Einführung des Bremsassistenten BAS gezeigt. 1989 begann DaimlerChrysler mit der Entwicklung eines eigenen Bremsassistenzsystems. Ausgehend von einer deutschen Basispatentanmeldung konnten aufgrund der intensiven projektbegleitenden Betreuung durch die Intellectual Property Abteilung in Folge über 30 weitere Patentanmeldungen in den Bereichen BAS-Funktion, Ein-/Ausschaltkriterien, Bremsanlage und Fahrzeugeigenschaften generiert werden. Fast eine Dekade später stellte sich die entscheidende Bedeutung dieser frühen Patentanmeldungen für DaimlerChrysler heraus: 1997 kam Toyota auf DaimlerChrysler zu und ersuchte um eine Lizenz an dem Basispatent von DaimlerChrysler zur Serieneinführung eines Bremsassistenzsystems. Dabei stellte sich auch heraus, dass Toyota 1990 ebenfalls eine Basispatentanmeldung in Japan für ein Bremsassistenzsystem eingereicht hatte – allerdings fünf Tage später. DaimlerChrysler willigte in die Lizenzvergabe ein: Toyota zahlte Lizenzen für das Basispatent für die Länder Deutschland und USA und für die Folgepatente in Frankreich, Italien, Großbritannien und sogar in Japan. Im Gegenzug erhielt allerdings auch DaimlerChrysler eine Lizenz am Basispatent von Toyota für den japanischen Markt.
Management des Patentportfolios
Patentportfoliomanagement Zusammenfassend nochmals wichtige Portfoliokriterien: • • • • • • • • •
Schutz- und Sperrwirkung. Nutzungspotential durch Dritte. Nachweisbarkeit einer Patentverletzung. Durchsetzbarkeit. Eigennutzungspotential. Kosten-Nutzen-Relation. Markt- und Technologiedynamik. Rechtliche Erfordernisse. Zeitlicher Aspekt des Portfoliomanagements.
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Bewertung von Patenten
Evaluierung von Patenten Der Bewertung von Patenten kommt eine zentrale Bedeutung im Patentmanagement zu. Jedes Unternehmen muss sich bei der Frage nach der Patentanmeldung mit Kriterien für den Wert von Patenten auseinandersetzen. Während die Kosten eines Patentes relativ gut angegeben werden können, ist der Nutzen oder Wert eines Patentes nicht einfach zu bestimmen. Zur qualitativen bottom-up Bewertung von Patenten gibt es verschiedene Verfahren, die je nach Anzahl der eingesetzten Bewertungsdimensionen als monovariate (eindimensionale), bivariate (zweidimensionale) oder multivariate (mehrdimensionale) Bewertungsmethode klassifiziert werden können. Aufgrund des starken zeitlichen Bezugs der Bewertung sind im Patentprozess mehrfach Bewertungen durchzuführen. Hierfür eignen sich idealerweise die Zeitpunkte, an denen kostenwirksame Entscheidungen im Patentierungsprozess anstehen: • Auswahl der Erfindungsmeldungen, die als Schutzrecht weiterverfolgt werden sollen. • Entscheidung über Nachanmeldungen (im Prioritätsjahr). • Übergang von internationaler beziehungsweise regionaler Prüfungsphase in nationale Phasen. • Fälligkeit von Jahresgebühren.
Monovariate Portfolio-Evaluierung Als Ergebnis der qualitativen Bewertung von Intellectual Property und insbesondere von Erfindungen, Patentanmeldungen oder Patenten liegen Werte einer begrenzten Werteskala vor, beispielsweise Wertzahlen von 0 bis 6 oder von A bis E. In Tabelle III.1 sind Kriterien angegeben, die in der Praxis häufig zur qualitativen Bewertung von Erfindungen, Patentanmeldungen und Patenten angewendet werden. Pro Kriterium wird eine Wertzahl festgelegt zwischen „0“ (wertlos) und „6“ (hervorragend). Das Gesamtergebnis kann entweder mittels Durchschnittsbildung oder durch eine gewichtete Auswertung der Einzelergebnisse erfolgen. Die Gesamtbewertung kann aber auch ausgehend von den Einzelbewertungen abgeschätzt werden.
Evaluierung von Patenten
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Tabelle III.1. Monovariate Portfolio-Evaluierung: Patent-Wertzahl Kriterium
Wertzahl (0…6) …
Umgehungsschwierigkeit für Wettbewerber: Gleichwertige Alternativen praktisch nicht realisierbar erfordern Aufwand problemlos realisierbar
5…6 2…4 0…1 …
Benutzungsattraktivität für Wettbewerber: Wettbewerberinteresse überragend durchschnittlich minimal
5…6 2…4 0…1 …
Nachweis einer Wettbewerbernutzung: Benutzungsnachweis problemlos möglich aufwendig praktisch unmöglich
5…6 2…4 0…1 …
Benutzung im eigenen Unternehmen: wahrscheinlich offen unwahrscheinlich
5…6 2…4 0…1 …
Zugehöriges Patentportfolio-Segment ist: zu klein angemessen zu groß
5…6 2…4 0…1 …
Weitere Kriterien: Zukünftige Technologie oder zukünftiges Produkt Sicherung wichtiger F&E-Ergebnisse Unterstützung Verkauf Stärkung Verhandlungsposition/Vertragsposition Öffentlich gefördertes Projekt Fließt in Standardisierungsprojekte ein Sonstiges
… … … … … … …
Gesamtwertzahl:
…
72
Bewertung von Patenten
Bivariate Portfolio-Evaluierung Im Rahmen von Patentlizenzverhandlungen oder zu deren Vorbereitung müssen oft Risiko- und Chancenabwägungen zwischen Unternehmen vorgenommen werden. Ein bewährtes Praxiskonzept basiert auf einem Vergleich der jeweiligen Exposition (Exposure) des einen Unternehmens gegenüber dem anderen und umgekehrt. Die Exposition wird auf der Basis von zwei Variablen ermittelt: der Umsätze des einen Unternehmens sowie der Anzahl an Patenten und Patentanmeldungen, die das andere Unternehmen hat und die für diese Umsätze relevant sind.11 Im einfachsten Falle ist die Exposition das Produkt der zwei Variablenwerte. Im Vergleich lässt sich anschließend feststellen, ob Risiken und Chancen ausgeglichen sind, oder ob eines der Unternehmen einen größeren Expositionswert aufweist und daher gegenüber dem Anderen benachteiligt ist (Abb. III.5). Soll beispielsweise ein Kreuzlizenzvertrag zwischen zwei Unternehmen abgeschlossen werden, könnte aufgrund der Ausgeglichenheit im ersteren Fall der Vertrag finanzneutral abgeschlossen werden. Im letzteren Fall könnte das Unternehmen mit der kleineren Exposition aufgrund der Unausgeglichenheit zusätzlich einen finanziellen oder einen anderen Ausgleich fordern. Vorteilhaft ist, dass insbesondere bei sehr großen Patentportfolien zunächst auch ohne Informationen des Verhandlungspartners die Werte der Variablen ermittelbar und die Expositionswerte qualitativ abschätzbar sind: Umsätze könne durch Marktstudien und die Patentanzahl durch Patentrecherchen ermittelt werden. Wird die Bewer-
Umsatz (Wettbewerber) X Anzahl Patente (eigenes Unternehmen)
Umsatz (eigenes Unternehmen)
? X
Anzahl Patente (Wettbewerber)
Abb. III.5. Bivariate Portfolio-Evaluierung: Vergleich der Expositionswerte 11 Es
können auch andere Schutzrechtsarten, wie beispielsweise Gebrauchsmuster mit einbezogen werden.
Evaluierung von Patenten
73
tungsmethode von beiden Partnern als Verhandlungsgrundlage akzeptiert, können die Werte gegenseitig nachvollziehbar diskutiert werden. Nachteil dieser Methode ist, dass zunächst grundsätzlich von einer gleichmäßigen Abdeckung der Umsätze des einen Unternehmens durch das Intellectual Property des anderen Unternehmens ausgegangen wird und umgekehrt. Dies ist daher nur bei großen Patentportfolien glaubwürdig vertretbar. Ein wichtiges Ergänzungskriterium ist daher die Trefferrate (Hit-Rate). Dies ist der Anteil an Schutzrechten, die schlussendlich auch von Produkten und Technologien des Verhandlungspartners benutzt und daher in ein Patentverletzungsverfahren eingeführt werden können. Nur wenn beide Parteien von einer ausgewogenen Trefferrate ausgehen und diese glaubwürdig belegen können, ist ein Vergleich der Expositionswerte sinnvoll. Bei kleineren Portfolien empfiehlt es sich pro Patent oder klar abgegrenztem Portfolio jeweils Expositionswerte auszurechnen und zu vergleichen. Durch Aufsummierung kann dann pro Unternehmen ein Gesamt-Expositionswert ermittelt werden.
Beispiel Beispielsweise hat ein Unternehmen A einen Umsatz von 150 Millionen Euro und 20 Patente. Das andere Unternehmen B hingegen hat einen Umsatz von 20 Milliarden Euro und 1.000 Patente. Expositionswert Unternehmen A: 150 x 1.000 = 150.000 Expositionswert Unternehmen B: 20.000 x 20 = 400.000 Obwohl das größere Unternehmen B viel mehr Patente hält, unterliegt es im Expositionswertvergleich dem kleineren Unternehmen A.
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Bewertung von Patenten
Multivariate Portfolio-Evaluierung Etwas aufwendigere Portfoliovergleiche vergleichen Technologien und Patentportfolien auf Basis folgender drei Variablen (Brockhoff 1999; Ernst 1998, 1999, 2002a): • Relative Patentposition. • Technologieattraktivität. • Technologiebedeutung. Ausgehend von bestimmten Technologiefeldern von Unternehmen ist eine dreidimensionale Patentportfolio-Darstellung generierbar (Abb. III.6). Technologien oder Technologiegruppen können so eingestuft und qualitativ miteinander verglichen werden. Beispielsweise bildet die Abszisse die relative Patentposition, die Ordinate die Technologieattraktivität und der Kreisdurchmesser die Technologie-Bedeutung ab. Aus den Positionen können dann Normstrategien abgeleitet werden. Relative Patentposition. Berechnung der relativen Patentposition eines Unternehmens in Bezug auf andere Unternehmen. Beispielsweise wird das Verhältnis aus eigenen Patenten und der Gesamtanzahl an Patenten gebil-
Technologieattraktivität
Technologiebedeutung - niedrig - hoch
Technologiefelder eines Unternehmens
Relative Patentposition
Quelle: In Anlehnung an Brockhoff (1999) und Ernst (2002a)
Abb. III.6. Multivariate Portfolio-Evaluierung: Patentportfolio
Evaluierung von Patenten
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det, die das zu untersuchende Technologiefeld betreffen. Der Maximalwert beträgt somit eins. Des Weiteren kann in diesen Wert noch die durchschnittliche Qualität dieser Patente mit einbezogen werden. Zur Ermittlung der Patentqualität werden häufig gewichtete Indikatoren herangezogen, aus denen ein Qualitäts-Index pro Patent ermittelt werden kann. Indikatoren sind z.B. Zitierquote, internationale Reichweite, das heißt Auslandsnachanmeldungen, Laufzeit sowie Einspruchsrate gegen das Patent. Technologieattraktivität. Die Technologieattraktivität wird beispielsweise berechnet aus dem Verhältnis zwischen dem Wachstum der Patentanmeldungen des jeweiligen Technologiefelds und dem Wachstum der Patentanmeldungen aller betrachteten Technologiefelder. Technologiebedeutung. Die Bedeutung einer Technologie für ein Unternehmen wird beispielsweise berechnet aus dem Verhältnis der Anzahl der Patente eines Technologiefelds eines Unternehmens und der Gesamtanzahl der Patente des Unternehmens. Qualitative Evaluierung von Patenten • Monovariate Portfolio-Evaluierung: Gesamtwertzahlbildung aus Einzelkriterienbewertung. • Bivariate Portfolio-Evaluierung: Vergleich der Expositionswerte zwischen Unternehmen (Umsatz x Anzahl Patente). • Multivariate Portfolio-Evaluierung: Vergleichende grafische Portfolioaufbereitung auf Basis von Bewertungsdimensionen.
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Bewertung von Patenten
Valuierung von Patenten Quantitative Bewertungsmethoden für Schutzrechte werden häufig im Rahmen von Verhandlungen angewendet, die Lizenzabkommen und Technologietransfers betreffen (Razgaitis 2003). In der Praxis haben sich folgende Bewertungsmethoden bewährt (Tabelle III.2, Seite 81): (1) Bewertung durch Abschätzung. Die Höhe des Lizenzsatzes beträgt 25% des Bruttogewinns vor oder nach Steuern des Unternehmens, welches die Schutzrechte nutzt (25%-Regel). Dieses Verfahren hat den Vorteil, als einfache „Daumenregel“ angewendet werden zu können. Es ist deshalb besonders dann geeignet, wenn grundsätzliche Abschätzungen vorgenommen werden sollen oder wenn nur wenige Daten vorliegen oder offenbart werden sollen. Nachteilig ist, dass weder zukünftige Profitabilität, noch das Verhältnis von Chancen und Risiken des Lizenz-Geschäftsmodells in die Bewertung einfließen. Die Methode ist damit nur für stabile, wenig wachsende Branchen geeignet. (2) Bewertung durch Marktangebot. Die Bewertung der Schutzrechte basiert ausschließlich darauf, wie viel ein Verhandlungspartner dafür bereit ist zu bezahlen. Diese Methode kann jederzeit angewendet werden und ist ein brauchbarer Ansatz, wenn sonst keine Bewertungsinformationen zur Verfügung stehen. Die Gefahr besteht allerdings in einer Unterbewertung der Schutzrechte, sofern die Spezifität des Intellectual Property hoch ist und damit wenig Marktnachfrage besteht (beispielsweise in Duopolen oder fragmentierten Oligopolen). (3) Bewertung durch Marktauktionen. Auf Basis von breit zur Verfügung gestellten Hintergrundinformationen zum Intellectual Property erfolgen zugesicherte Bieter-Angebote. Die Zahlung erfolgt in der Regel als sofort zu entrichtender Pauschalbetrag (Up-front-Payment). Die Preisfindung erfolgt wie bei der Angebotsmethode ohne direkte Berechnungen. Im Unterschied eignet sich die Auktionsmethode aber insbesondere dann, wenn eine größere Anzahl an Kauf- oder Lizenzinteressenten besteht und der Anbieter selbst nur geringe Verhandlungsressourcen, -zeit oder -erfahrung aufbieten kann, um den höchsten Handelspreis zu erzielen. Durch das Auktionsverfahren kann zwar ein zahlungsbereiter Käufer oder Lizenznehmer gefunden werden, der Verkäufer beziehungsweise Lizenzgeber hat jedoch wenig Einfluss darauf, ob dieser für ihn schlussendlich auch geeignet ist (z.B. starker Wettbewerber). Darüber hinaus lässt sich der Endpreis in der Regel nicht durch den
Valuierung von Patenten
77
Verkäufer beeinflussen. Es besteht auch die Gefahr, dass gruppendynamische Prozesse in solchen Auktionsverfahren zu einer unrealistisch hohen Bewertung führen, beispielsweise bei der Versteigerung der UMTSSendefrequenzen in Deutschland für fast 50 Milliarden Euro. (4) Bewertung durch Lizenzanalogie. Es wird der derzeitige Wert vom zukünftigen Nutzen der Schutzrechte berechnet, indem Einigkeit darüber gewonnen wird, wie dieser durch andere im Markt eingeschätzt wird. Voraussetzung hierfür ist, dass es einen aktiven Markt gibt, auf dem ähnliche oder vergleichbare Güter, das heißt geistiges Eigentum, gehandelt und lizenziert werden. Diese Berechnungsmethode wird häufig in Verletzungsverfahren und im Rahmen von Lizenztransaktionen angewendet. Wenn ausreichend Marktvergleichsdaten vorliegen, bietet diese Methode eine relativ objektive Abschätzung des tatsächlichen aktuellen Marktwertes der Schutzrechte. Andererseits wird davon ausgegangen, dass die aktuelle Werteinschätzung durch den Markt adäquat ist. Nachteilig ist es, dass die Datenerhebung jedoch sehr aufwendig werden kann. Je ungenauer die Vergleichsdaten und je stärker Vergleichsprodukte und -technologien abweichen, desto höher ist das Risiko einer Fehleinschätzung. (5) Bewertung durch anteiligen Gewinn. Die Bewertung erfolgt in Form der Festlegung eines bestimmten Lizenzsatzes in Bezug auf den Gewinn (Return on Sales). Eine Bewertung durch anteiligen Gewinn lässt sich dann anwenden, wenn der auf Basis der zu Grunde liegenden Schutzrechte zu erwartende zukünftige Umsatz gut abschätzbar ist. Trotz der einfachen Berechnungsmethode muss jedoch der Anteilsfaktor ausgehandelt werden. Häufig wird deshalb ein Schwellwert vereinbart, den der zu erwartende Umsatz mindestens erreichen muss. Das Bewertungsergebnis hängt somit vom jeweiligen Verhandlungspartner ab. (6) Bewertung durch Substitutionskosten. Die Bewertung versucht den zukünftigen Nutzen zu ermitteln. Dabei werden die Kosten ermittelt, die voraussichtlich anfallen würden, um die durch Schutzrechte abgesicherte Technologie durch eine andere zu substituieren. Diese Methode findet auch häufig in Lizenzverhandlungen und Verletzungsfällen Anwendung, da sie relativ einfach anwendbar und darzulegen ist. Die Bewertung berücksichtigt allerdings nicht den tatsächlich mit den Schutzrechten erzielbaren ökonomischen Wert, sondern vielmehr dessen Sperrwert. Es kann somit leicht zu völligen Fehlbewertungen kommen. Dennoch ist diese Methode vor allem für die Bewertung von Technologien einsetzbar, bei denen eine direkte ökonomische Bewertung nicht oder
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Bewertung von Patenten
noch nicht möglich ist – was insbesondere bei frühen Technologieentwicklungen häufig der Fall ist. (7) Bewertung durch Discounted Cash Flow. Die Bewertung der Schutzrechte erfolgt auf der Berechnung des gegenwärtigen Werts des NettoNutzens (Net Present Value), der über die Gesamtlebensdauer erzielt wird. Der Net Present Value wird errechnet aus der Summe aller zukünftig erwarteten Einnahmen, welche abdiskontiert werden auf den Gegenwartszeitpunkt, minus der Summe aller erwarteten Kosten, ebenfalls abdiskontiert auf den Gegenwartszeitpunkt. Die Bewertung durch Discounted Cash Flow wird insbesondere für Einzeltechnologien verwendet, wobei die Methode unabhängig vom aktuellen Entwicklungsstand angewendet werden kann. Vorteilhaft daran ist, dass jegliche zukünftige Gewinne mit einbezogen werden können und sich das Wettbewerbsumfeld berücksichtigen lässt. Voraussetzung ist jedoch, dass die Bewertungs- beziehungsweise die Verhandlungspartner ausreichend Know-how und Ressourcen für das Bewertungsverfahren zur Verfügung stehen haben und signifikante Kenntnisse über das Wettbewerbsumfeld vorliegen müssen. Häufig sind sogar Informationen der Bewertungspartner über die jeweilige Marktdynamik erforderlich. Trotz Verbreitung ist diese Methode aufgrund der hohen Marktunsicherheiten eher ungeeignet in frühen Technologiestadien. Die Ermittlung der Daten für die Eingabevariablen der Discounted Cash Flow Methode ist in der Regel sehr zeitaufwendig. (8) Bewertung durch Risikoabschlag. Ausgehend von der Discounted Cash Flow Methode wird zusätzlich ein Risikofaktor als Abschlagsfaktor bei der Berechnung des Net Present Values eingesetzt (Risk Hurdle Rate). Sinnvoll vor allem bei jungen Technologien, deren kommerzielle Realisierung zahlreichen Risiken unterliegt. Die Methode nutzt die Risikoanalysemethode, um den Reifegrad der den Schutzrechten zu Grunde liegenden Technologie zu berücksichtigen. Trotz des hohen mathematischen Berechnungsaufwands lässt sich aufgrund des Risikobezugs nicht das volle Potential der Technologie berücksichtigen. (9) Bewertung durch Realoptionen. Ebenfalls ausgehend von der Discounted Cash Flow Methode wird die Möglichkeit von Ereignissen beziehungsweise Entscheidungspunkten (Option) in der Zukunft berücksichtigt. In die mathematische Berechnung fließen der ermittelte, derzeitige Wert und dessen Beständigkeit, die Investitionskosten, der risikobereinigte Gewinn sowie der Zeitpunkt der Optionseinlösung ein.
Valuierung von Patenten
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Der spezifische Vorteil der Realoptionenmethode liegt darin, dass sich einerseits anfänglich schwache Cash-Flows und hohe Risiken berücksichtigen lassen, andererseits aber zukünftige Entscheidungen, beispielsweise weitere Investitionen bei den Geschäftskonditionen berücksichtigen lassen. Hauptschwierigkeit der Anwendung der Methode liegt in der zuverlässigen Abschätzung und Erhebung der Ausgangsdaten, die für die Berechnungen erforderlich sind. Die Realoptionsmethode findet in der Pharmaindustrie Anwendung, beispielsweise bei Merck KGaA. (10) Bewertung durch Technologiefaktor. Diese Bewertungsmethode wurde von der Unternehmensberatung Arthur D. Little und dem Chemieunternehmen Dow entwickelt. Dabei wird der Cashflow mittels eines Technologiefaktors ermittelt. Der Technologiefaktor basiert auf dem Beitrag der geschützten Technologie zu den Gesamterträgen der Technologie. Während bei der Discounted Cash Flow Methode das Geschäftsrisiko berücksichtigt wird, wird der Technologiefaktor aus Anwendungs-, Wettbewerbs- und Rechtspositionen abgeleitet und somit für interne Bewertungen anwendbar und mit anderen Bewertungsmethoden kombinierbar. Im Rahmen der Bewertung wird gleichzeitig Einigkeit über die Technologiebewertung erzielt. Erforderlich ist allerdings die Zusammenarbeit zahlreicher Experten unterschiedlicher Disziplinen auf Basis detaillierten Wissens über das Wettbewerbsumfeld sowie die zu Grunde liegenden Geschäftspläne. (11) Bewertung durch Patentindikatoren. Es gibt zahlreiche, wissenschaftlich belegte Indikatoren für den Patentwert. Die Indikatoren haben für eine direkte monetäre Bewertung von Patentportfolien in der Praxis bisher jedoch noch keine durchschlagende Bedeutung entfaltet (Reitzig 2004). Beispielhaft werden folgende Indikatoren aufgeführt: • • • • • • • • • • •
Patentalter. Patentfamiliengröße, beziehungsweise Anzahl an benannten Ländern. Anspruchsbreite und Anzahl Ansprüche. Vorwärts- und Rückwärts-Zitation. Patentinhaberschaft. Anzahl an Patentanmeldern. Schlüsselerfinder. Patentstrategie. Marktwert einer Kooperation. Anzahl an grenzüberschreitenden Forschungskooperationen. Rechtliche Auseinandersetzungen, insbesondere Anzahl Einsprüche.
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Bewertung von Patenten
In der Praxis stellt sich die Frage, welche Bewertungsmethoden eingesetzt werden sollen. Zu klären ist beispielsweise, welche Experten herangezogen werden, mit welchen Patentdatenbanken gearbeitet wird, und welche Software-Pakete zur Auswertung zur Verfügung stehen. Es gibt mittlerweile zahlreiche Experten und Auswertungsprogramme auf dem Markt sowie Servicedienstleistungen von Patentämtern, beispielsweise dem Schweizer Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (Bern) oder dem Österreichischen Patentamt (Wien). Häufig wird jedoch das eigene Branchen-Know-how unterschätzt: Ein eigenes, kontinuierliches Engagement bleibt für eine brauchbare Patentbewertung unabdingbar.
Valuierung von Patenten
81
Tabelle III.2. Übersicht über quantitative Bewertungsmethoden (Valuation) Methode
Beschreibung
(1) 25%-Regel
25% des Bruttogewinns vor oder nach Steuern.
(2) Angebot
Bewertung des Intellectual Property basiert ausschließlich darauf, wie viel ein Verhandlungspartner zu zahlen bereit ist.
(3) Auktion
Wertfindung durch Selektion des höchsten Bieter-Angebots auf Basis von Hintergrundinformationen zum Intellectual Property.
(4) Lizenzanalogie
Wert des Intellectual Property in Analogie zu bekannten, vergleichbaren Werteinschätzungen im Markt.
(5) Anteiliger Gewinn
Bewertung in Form von Lizenzsatz als bestimmter Gewinnanteil in %.
(6) Substitutionskosten
Nutzenermittlung auf Basis der Kosten, die voraussichtlich anfallen, um die durch Intellectual Property geschützte Technologie durch eine Andere zu substituieren.
(7) Discounted Cash Flow (DCF)
Berechnung des erwarteten Barwertes (Net Present Value), der über die Gesamtlebensdauer erzielt wird.
(8) Risikoabschlag
DCF unter Einbezug von Risikofaktor als Abschlagsfaktor zur Berechnung des Net Present Values.
(9) Realoptionen
DCF unter Einbezug von zukünftigen Entscheidungsoptionen zur Berechnung des Net Present Values.
(10) Technologiefaktor
DCF unter Einbezug des Beitrags der geschützten Technologie zum Cashflow.
(11) Patentindikatoren
Wissenschaftlich fundierte Indikatoren zur Bewertung des Wertes von Patenten.
IV. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
„Let’s grow the cake as big as we can and if we then have to share a piece with a partner it doesn’t hurt.“ S. Davey Head of IPR Initiatives, BT Exact
Die Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten hat eine zunehmende Bedeutung erlangt. Weltweit wird das Volumen an Lizenzzahlungen bei kontinuierlichem Anstieg bereits auf etwa 100 Milliarden USDollar geschätzt (Athreye und Cantwell 2005). In F&E-intensiven Industrien, wie Chemie und Pharma, Information/Kommunikation, Medizinaltechnik/Messinstrumente, Computer/ Elektronik und Software, ist es zunehmend wichtig geworden, Informationen über Schutzrechte und über Lizenzeinnahmen in Geschäftsberichten bereit zu stellen. Eine Auswertung von Geschäftsberichten zwischen 1990 und 1998 hat ergeben, dass im Schnitt bereits 14% des Gewinns durch Lizenzeinnahmen erwirtschaftet werden. Dabei kompensierten die Lizenzein20% Lizenzeinnahmen 14%
F&E
17%
0% Lizenzeinnahmen -20% -40%
andere Einnahmen 86%
-60% -80% -100%
Quelle: Gu und Lev (2000)
Abb. IV.1. Durchschnittliche Lizenzeinnahmen zwischen 1990 und 1998
84
Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
nahmen bereits 17% von den gesamten F&E-Ausgaben. In den meisten Biotechnologieunternehmen ist das Lizenzgeschäft der zentrale Geschäftszweck: Je weiter ein Produkt entlang der von der US-Regulierungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) definierten Pharmaphasen voranschreitet, desto höher ist der Wert der möglichen Lizenzeinnahmen. Dem Schweizer Biotechnologieunternehmen Cytos ist es gelungen, Produkte nach der zweiten klinischen Phase an Pfizer zu verkaufen. In der Regel geht damit das Intellectual Property komplett an das einkaufende Unternehmen über. Die Verwertung von Schutzrechten beginnt vor deren Kommerzialisierung allerdings bereits mit der Schaffung einer Ausgangssituation, in der eine möglichst geringe Angreifbarkeit des Unternehmens durch Dritte besteht. Je geringer die eigene Angreifbarkeit, desto größer ist die eigene Handlungsfreiheit gegenüber Patenten Dritter (Freedom of Action) und desto stärker können eigene Schutzrechte verteidigt und gegenüber Wettbewerbern durchgesetzt werden. Es können drei Aktivitätsniveaus unterschieden werden, auf denen die bereits in Kapitel II aufgeführten Hauptverwertungsmotive umgesetzt werden (Abb. IV.2): prophylaktische Maßnahmen zur Vorbeugung, defensive Maßnahmen zur Verteidigung und offensive Maßnahmen zum selbstinitiierten Angriff. Bezüglich Zweck und Stoßrichtung von Patenten lassen sich drei Ziele zusammenfassen: (1) Handlungsfreiheit. (2) Blockade von Wettbewerbern. (3) Lizenzeinnahmen.
Ziel 1: Handlungsfreiheit Im Vordergrund der Verwertung eigener Schutzrechte steht bei diesem Gesichtspunkt die Sicherung der eigenen Handlungsfreiheit gegenüber Dritten. Europäische Unternehmen messen dieser in der Regel einen sehr hohen Stellenwert bei und versuchen Produkte und Technologien zu entwickeln, die nicht mit Schutzrechten von Dritten kollidieren. Die eigene Handlungsfreiheit kann dabei bereits durch die schlichte Quantität von eigenen Patenten und Patentanmeldungen untermauert werden. Einerseits können so Wettbewerber abgeschreckt und andererseits Produkte von möglichen Angreifern potentiell abgedeckt werden.
Ziel 1: Handlungsfreiheit
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Verwertungsmotivation
(3) Lizenzeinnahmen
Reputation
FreigabeLizenzierung
DurchsetzungsLizenzierung
(2) Blockade von Wettbewerbern
Abschreckung von potentiellen Verletzern
Schutz vor Nachbau
Rechtlicher Angriff gegen Verletzer
(1) Handlungsfreiheit
Generierung von Produkten frei von Rechten Dritter
Abwehr von Verletzungsangriffen
Design Access (Ein-, Kreuzlizenzierung, Einspruchsverfahren Nichtigkeitsverfahren)
prophylaktisch
defensiv
offensiv
Aktivitätsniveaus
Abb. IV.2. Motivationsniveaus für die Verwertung von Patenten
Das Ziel der Handlungsfreiheit lässt sich somit durch vorbeugende, prophylaktische Maßnahmen bei der Entwicklung der eigenen Produkte und Technologien verwirklichen. Defensive Maßnahmen zur Verteidigung müssen eingeleitet werden, wenn ein Unternehmen von einem anderen mit dem Vorwurf einer Patentverletzung angegriffen wird. In der Praxis versucht das angegriffene Unternehmen neben anderen Maßnahmen insbesondere eigene Schutzrechte gegen Produkte und Geschäftstätigkeiten des angreifenden Unternehmens einzusetzen. Offensive Maßnahmen, die zur Erlangung oder Beibehaltung der Handlungsfreiheit dienen, können auch auf Eigeninitiative durchgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere das proaktive Einlizenzieren oder Kreuzlizenzieren von interessanten Patenten, aber auch das Vernichten von störenden Patenten, beispielsweise durch Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren. Der Schweizer Aufzughersteller Schindler strebt für seine Produkte und Dienstleistungen den verletzungsfreien Einsatz bestmöglicher Technologie an und bemüht sich darüber hinaus auch um die erfolgreiche Vernichtung störender Fremdpatente, beispielsweise durch Einspruchsverfahren vor den Patentämtern.
86
Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
Entwicklung von Produkten frei von Rechten Dritter. Dieses Ziel sollte von Unternehmen generell angestrebt werden. In der Praxis bedeutet dies, dass die Schutzrechtsaktivitäten Dritter beobachtet und analysiert werden müssen und gegebenenfalls spezifische Umgehungslösungen entwickelt werden müssen. Dieser als Product Clearing oder Patent Clearing bezeichneter Prozess ist häufig mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand sowie einer kontinuierlichen Qualifizierung der Mitarbeiter verbunden. Eine Missachtung oder Fahrlässigkeit kann in den USA in einem Patentverletzungsverfahren durch eine Schadensersatzverdreifachung geahndet werden (Tripple Damages). Abwehr von Verletzungsangriffen. In einer Studie der OECD (2002) über Business Patenting and Licensing berichteten 70% der befragten Unternehmen über eine wachsende Involvierung in Patentverletzungsverfahren. Für Betroffene gilt: „Angriff ist die beste Verteidigung“. Die Basis-Strategie zur Abwehr von Angriffen Dritter beruht auf vier Säulen: 1. Gegenangriff auf die Rechtsbeständigkeit der Klagepatente, z.B. durch Nichtigkeitsklagen. 2. Gegenfeststellung, ob überhaupt eine Schutzrechtsverletzung vorliegt, z.B. durch negative Feststellungsklage. 3. Gegenangriff auf die Produkt-, Technologie- und Dienstleistungspalette des Angreifers mit eigenen Schutzrechten. 4. Weitere verfahrenstechnische, rechtliche und ggf. sogar politische Schritte zur Beeinflussung des Verletzungsverfahrens im eigenen Sinne. Dennoch sollten die hohen Kosten berücksichtigt werden, die bei der Schutzrechtsdurchsetzung generell entstehen können: Patentlitigationskosten betragen in den USA bei Streitwerten von weniger als 1 Mio. US-Dollar im Durchschnitt bereits 500.000 US-Dollar und müssen in der Regel von den Unternehmen selbst getragen werden (AIPLA 2001). Des Weiteren haben innovative KMUs insbesondere die Folgekosten und Ressourcenbindung bei einer möglichen gerichtlichen Auseinandersetzung zu bedenken; dies gilt vor allem für die USA. Insofern sind bei juristischen Schutzstrategien jeweils nicht nur rechtliche, sondern immer auch finanzielle und politische Überlegungen anzustellen. Ebenso haben sich die kulturellen Aspekte geändert. Während sich Pharmaunternehmen, wie beispielsweise Schering oder Aventis, früher in der Regel noch außergerichtlich mit Dritten einigen konnten, haben nunmehr gerichtlich gestützte Auseinandersetzungen zugenommen, nicht zuletzt durch den Einfluss amerikanischer Unternehmen.
Ziel 1: Handlungsfreiheit
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Design Access. Wer dem schwelenden Risiko einer wissentlichen Verletzung von Patenten Dritter entgehen möchte, muss sich proaktiv um den Zugang zu diesen Rechten bemühen oder zumindest versuchen, diese zu vernichten. Einlizenzierung. In zahlreichen Fällen ist die vollständige Entwicklung von Umgehungslösungen nicht möglich, zu kostspielig oder aus anderweitigen Gründen unerwünscht, beispielsweise bei technischen Standards. Dann bieten Lizenznahme oder Erwerb des Schutzrechts eine Lösungsmöglichkeit zur Nutzung der Rechte. Zahlreiche Unternehmen, wie beispielsweise IBM, verfolgen bereits eine offene Lizenzierungsstrategie und bieten Dritten zu fairen, angemessenen und nicht benachteiligenden Konditionen Lizenzen an. Allerdings besteht in der Regel keine generelle Verpflichtung eines Unternehmens zur Lizenzierung an Dritte. Insbesondere bei großen Unternehmen, ist die Vergabe von Lizenzen an Dritte zusätzlich häufig daran gebunden, dass im Gegenzug Sicherheiten geboten werden, beispielsweise Rücklizenzen. Das einlizenzierende Unternehmen soll daran gehindert werden, später das lizenzgebende Unternehmen wegen Patentverletzung angehen zu können. Das lizenzgebende Unternehmen könnte sich dann gegebenenfalls nur noch sehr schwer wehren, da die relevanten Patente bereits lizenziert und nicht mehr für einen Gegenangriff herangezogen werden könnten. Kreuzlizenzierung. Werden bei einer Einlizenzierung von Schutzrechten als Gegenleistung Rücklizenzen gegeben, so liegt eine Kreuzlizenzierung vor. Insbesondere Unternehmen mit großen Marktanteilen haben das Problem der hohen Angreifbarkeit in den jeweiligen Marktsegmenten durch Patente Dritter. Besteht in diesen Segmenten darüber hinaus eine hohe Wettbewerbs- und Innovationstätigkeit mit hohem Schutzrechtsaufkommen, versuchen viele Unternehmen, ihre Freiheitsgrade durch Zugang zu anderen Schutzrechtsportfolien zu erhöhen, wie beispielsweise die Unternehmen Siemens und Microsoft, die 2004 einen Patentlizenzaustausch abschlossen. Während früher häufig noch reine Tauschgeschäfte von gegenseitigen Nutzungsrechten stattfanden, wird in den letzten Jahren zunehmend eine Abwägung des beidseitigen Nutzens durch monetären Ausgleich kompensiert.
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Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
Lizenzbedarf des Suchmaschinen-Betreibers Google Die Grundlagen von Googles Suchtechnologie wurden von den Gründern Page und Brin im Jahr 1998 während ihrer Studienzeit an der Universität Stanford (Kalifornien) entwickelt. Die Patentrechte hält seither die Universität. Google konnte jedoch die Exklusivlizenzrechte bis zum Jahr 2011 erwerben. Im Jahr 2002 wurde Google dann in den USA von dem Yahoo!Tochterunternehmen Overture wegen Patentrechtsverletzung verklagt. Das Kernpatent (U.S. Patent No. 6,269,361) schützt ein Verfahren, das eine wesentliche Funktion für den Werbemarkt betrifft – die Haupteinnahmequelle von Google: Mit dem Verfahren lässt sich die Reihenfolge automatisch erzeugter Suchergebnisse nachträglich verändern und können Anzeigen platziert werden. Der Patentstreit wurde kurz vor dem Börsengang in 2004 beigelegt: Google erhielt eine Lizenz. Im Gegenzug bezahlte Google 2,7 Millionen Aktien mit einem Ausgabewert in Höhe von etwa 100 USDollar und entrichtet zudem Lizenzgebühren für die Nutzung an die Yahoo!-Tochter Overture.
Der Technologiekonzern Unaxis (heute OC Oerlikon) hat Kreuzlizenzverträge bisher in erster Linie zum Zweck der Streiterledigung eingesetzt. Zukünftig werden diese nach Aussage des Leiters der Rechtsabteilung Emch aber verstärkt auch bei wirtschaftlich tragbarer Beschaffung von Intellectual Property herangezogen, beispielsweise als Ersatz zum reinen Erwerb von Schutzrechten, bei Unternehmenskäufen oder der vorsorglichen Sicherung des Zugangs zu bestimmten Schutzrechten. Bei Kreuzlizenzverträgen werden prinzipiell zwei Typen unterschieden: • Die vom Vertrag betroffenen Schutzrechte bleiben grundsätzlich für deren Lebensdauer gegenseitig lizenziert. • Die vom Vertrag betroffenen Schutzrechte bleiben nur für einen bestimmten Zeitraum gegenseitig lizenziert. Nach Ablauf des Zeitraums erlischt die Lizenz und neue Verhandlungen sind gegebenenfalls erforderlich (Guillotine-Regelung).
Ziel 1: Handlungsfreiheit
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Patentlizenzaustausch zwischen SAP und Microsoft Während den Verhandlungen mit Microsoft über eine gemeinsame Partnerschaft zur Entwicklung von Internet-Dienstleistungen bestätigte SAP, dass es bereits 2003 betreffend eines möglichen Unternehmenszusammenschlusses von Microsoft angesprochen worden war. Die vorläufigen Gespräche kamen zwar ins Stocken, jedoch gingen 2004 beide Parteien eine gemeinsame Entwicklungskollaboration zur Entwicklung von Internet-Dienstleistungen ein. Das Abkommen umfasste auch ein Patentlizenzaustauschabkommen zur Verbesserung der Entwicklungsrahmenbedienungen der beiden Unternehmen.
Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren. Mit dem Einspruchsverfahren wird der bis dahin nicht am Patenterteilungsverfahren beteiligten Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben, das Patent vom Patentamt nochmals überprüfen zu lassen. Die einsprechende Partei ist dabei am Einspruchsverfahren beteiligt. Bei Erfolg wird das Patent eingeschränkt oder widerrufen. Die Wirkung des Patents entfällt dabei entsprechend rückwirkend. Im europäischen Verfahren steht zur Einlegung eines Einspruchs ein Zeitraum von neun Monaten und im deutschen Verfahren ein Zeitraum von drei Monaten zur Verfügung. In den USA besteht entsprechend die Möglichkeit des 1Parteien-Verfahrens Ex Parte Reexamination und des 2-ParteienVerfahrens Inter Partes Reexamination zur Überprüfung des Patents. Danach steht auf nationaler Ebene in vielen Legislationen nur noch das in der Regel teure und aufwendige Nichtigkeitsverfahren zur Verfügung.12 Mittels dieser Rechtsinstrumente kann so frühzeitig die Entstehung von neuen Schutzrechten eingeschränkt oder sogar verhindert werden. Für die Praxis ist die bis zum Abschluss der Verfahren bestehende Rechtsunsicherheit recht problematisch. Zieht sich das europäische Verfahren über zwei Instanzen, muss mit etwa vier Jahren gerechnet werden, bis die endgültige Entscheidung vorliegt. Darüber hinaus wird der Patentinhaber durch den Einsprechenden darauf aufmerksam gemacht, dass dieser durch das Patent gestört wird, ansonsten würden nicht die Kosten für das Verfah12 Während
das Einspruchsverfahren auch auf gebündelter, regionaler europäischer Ebene existiert, ist das Nichtigkeitsverfahren hingegen nur auf nationaler Ebene möglich. Darüber hinaus ist das Nichtigkeitsverfahren in zahlreichen Legislationen nicht als eigenständiges Verfahren, sondern nur im Zusammenhang mit Verletzungsverfahren durchführbar.
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Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
ren investiert werden. Vor dem Europäischen Patentamt hat die Quote der über Einsprüche angefochtenen Patente im Jahre 2003, den historischen Tiefstand von 5,2% (2005: 5,4%) erreicht (Europäisches Patentamt 2006a). In zahlreichen Branchen, wie beispielsweise der Konsumgüterindustrie oder der Möbelzulieferindustrie, wird allerdings immer noch eine regelrechte Einspruchskultur gelebt. Allein der Konsumgüterhersteller Henkel legt in Europa pro Jahr etwa 80 Einsprüche ein.
Ziel 2: Blockade der Wettbewerber Abschreckung erfordert Glaubwürdigkeit: Eine juristische Schutzstrategie behält nur dann ihren auch prophylaktischen Abschreckungscharakter gegenüber Dritten, wenn die grundsätzliche Bereitschaft zur Durchsetzung der Schutzrechte auch glaubwürdig ist. Der reale Wert von Patenten sinkt, wenn Wettbewerber diese verletzen und der Patentinhaber dies wissentlich oder unwissentlich duldet. Neben der rein defensiven Abschreckungswirkung eines Patentportfolios ist es für Unternehmen deshalb wichtig, auch offensive Maßnahmen wahrzunehmen und die eigenen Schutzrechte auch zur Blockade von Wettbewerbern einzusetzen. Dieses, volkswirtschaftlich durchaus fragwürdige Verhalten macht Sinn, wenn Unternehmen in duo- oder oligopolen Märkten komparative Vorteile gegenüber Wettbewerbern erzielen oder sich Zugang zu anderen Technologien Dritter verschaffen möchten. Die Ausweitung der Blockadeoption besteht deshalb darin, auch Schutzrechte aufzubauen, deren Sperrbereich vorwiegend auf Produkte, Technologien und Dienstleistungen der Wettbewerber ausgerichtet ist – ungeachtet vom Fokus des anmeldenden Unternehmens selbst. Noch fokussierter lassen sich Wettbewerber angehen oder zukünftige Märkte erschließen, wenn entsprechende Wettbewerbsprodukte im Rahmen von systematischem Reverse-Engineering analysiert und potentielle Verbesserungen dann selbst patentiert werden – hierdurch ist die eigene Ausgangs- und Verhandlungsposition nachhaltig verbesserbar. So kann eine große Hebelwirkung gegenüber Wettbewerbern erzielt werden, beispielsweise um Zugang zu anderen Technologien zu erhalten oder um Substitutionstechnologien zu kontrollieren. Auch aus Sicht der Kunden werden eigene Produkt besser platziert, wenn der Wettbewerber im gleichen Produktbereich technologische Umgehungslösungen aufgrund von Patenten angehen muss. Komparative Wettbewerbsvorteile im Porter’schen Sinne streben nicht nur die Verbesserung des relativen Kundennutzens an, sondern richten sich zum Teil bewusst gegen Wettbewerber.
Ziel 3: Lizenzeinnahmen
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Das Unternehmen Gore, bekannt durch die Marke Gore-Tex, setzt auf Alleinstellung und sichert seine Produkte und Technologien auf Basis von Fluorpolymeren konsequent durch Patente und Marken gegen Nachahmung und Substitute. So können Preise und Margen gehalten und Weiterentwicklungen ermöglicht werden. Allerdings achtet Gore dabei darauf, dass der Aufwand für den juristischen Schutz betriebswirtschaftlich gerechtfertigt ist. Die Motivation zur Blockade gelangt allerdings dann an Grenzen, wenn Unternehmungen eine herausstechende Marktdominanz erreichen. Es kann dann vorkommen, dass von der öffentlichen Hand verlangt wird, Patente der Konkurrenz im Rahmen von Zwangslizenzen gegenüber zu „öffnen“. In den entsprechenden Bereichen stellt sich somit die Frage, ob überhaupt patentiert werden soll oder nicht. Der Telekommunikationskonzern Swisscom beispielsweise leidet unter seiner marktbeherrschenden Stellung in der Schweiz und den daraus resultierenden „Deregulierungsaktivitäten der Schweizer Regulierungsbehörde“. Swisscom CEO Jens Alder (2003): „Als Folge dieser Unsicherheit sind Investitionen in Innovationen gefährdet!“.
Ziel 3: Lizenzeinnahmen Die Kommerzialisierung von Schutzrechten über Lizenzeinnahmen erfolgt unter Profit-/Loss-Gesichtspunkten. Die Lizenzpolitik übt daher einen hohen Einfluss auf die angestrebte Patentgenerierung aus: Soll ausschließlich Exklusivität verfolgt werden oder stehen die eigenen Patente grundsätzlich Dritten gegen eine angemessene Lizenzgebühr zur Verfügung, beispielsweise um aufgrund der Unternehmenspositionierung Konflikte mit Wettbewerbs- und Handelsadministrationen zu vermeiden. Die Bildung von Allianzen übt ebenfalls einen großen Einfluss auf die Generierung von Patenten aus. Bei Standardisierungsallianzen oder Wettbewerbsallianzen haben die Allianzteilnehmer untereinander meistens eine lockerere Regelung für den Umgang mit dem spezifischem Intellectual Property getroffen, als für Dritte, die nicht Mitglieder der Allianz sind. Letztere werden entweder ganz ausgeschlossen oder müssen (höhere) Lizenzgebühren entrichten. Eine bedeutende Rolle spielt deshalb für das Erzielen von Lizenzeinnahmen, welche Reputation ein Unternehmen in diesem Bereich hat; Reputation insbesondere im Hinblick auf technische, finanzielle und verfahrensrechtlich Erfahrungen im Lizenzgeschäft und die dabei erzielte Durchsetzungsstärke gegenüber Dritten. Prinzipiell lassen sich zwei Methoden zur Erzielung von Lizenzeinnahmen unterscheiden:
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Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
• Freigabe-Lizenzierung, auch als Opportunity-, Enablement- oder Carrot-Licensing bezeichnet: Gesucht wird ein Lizenznehmer, der Interesse an der Nutzung des Lizenzgegenstands hat. Da die Nutzung erst nach Lizenznahme beginnt, sind die Verhandlungen in der Regel durch die Gestaltung eines gemeinsamen Geschäftsmodells geprägt. • Durchsetzungs-Lizenzierung, auch als Assertion-, Enforcement- oder Stick-Licensing bezeichnet: Gesucht wird ein potentieller Verletzer des zu lizenzierenden Intellectual Propertys. Es wird somit von einer Nutzung der Schutzrechte durch Dritte vor der eigentlichen Lizenznahme ausgegangen. Da der potentielle Verletzer in der Regel bereits investiert hat und am Markt tätig geworden ist, fokussieren sich Verhandlungen in der Regel auf die Klärung der Frage, ob eine Verletzung vorliegt, ob die Schutzrechte rechtsbeständig sind und wie hoch gegebenenfalls die Lizenzzahlungen sein sollen. In den USA besteht hier bereits ein neues Geschäftsmodell, nach dem Patentanwälte Patentverletzungen aufspüren, das besagte Patent aufkaufen, den Verletzer verklagen und Lizenzzahlungen einfordern. Volkswirtschaftlich sind diese Modelle allerdings stark zu hinterfragen. Das amerikanische Mobilfunktechnologieunternehmen Qualcomm erwirtschaftet einen beträchtlichen Anteil seines Umsatzes aus Lizenzeinnahmen. Eine der drei Geschäftseinheiten beschäftigt sich dabei ausschließlich mit der Vermarktung geistigen Eigentums. Allein 130 Patente betreffen den amerikanischen Mobilfunkstandard CDMA. Es werden zusätzlich offensichtliche Nutzer des Patentportfolios von der „Notwendigkeit“ einer Lizenznahme überzeugt. Darüber hinaus steht das Patentportfolio auch potentiellen Lizenznehmern offen. Lizenzvereinbarungen gehen häufig mit einem Technologietransfer einher. Dabei sind folgende Entscheidungen zu treffen: • Welche Technologien, Produkte oder Geschäftsmodelle sollen lizenziert werden? • Welche Leistungen sind mit der Lizenz verbunden, von der reinen Patentnutzung bis zum vollen Know-how-Transfer und Prozessbegleitung? • Was soll behalten, was verkauft werden (keep or sell)? • Was soll selbst erbracht, was einlizenziert werden (make or buy)? • Welche Bedingungen sind an die Lizenzvergabe geknüpft, z.B. Qualitätssicherung zwecks Markenschutz? • Für welche Region ist die Lizenz gültig, z.B. Deutschland oder weltweit? • Ist die Lizenz exklusiv oder wird diese auch an Wettbewerber vergeben?
Ziel 3: Lizenzeinnahmen
93
Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer hat einen Lebensprozess für Intellectual Property aufgestellt, der aus den drei Kategorien besteht: Wissenserwerb, Wissenssicherung und Wissensverwertung (Abb. IV.3). Der Wissenserwerb erfolgt entweder intern durch eigene Wissensgenerierung oder extern im Rahmen von Auftragsforschung, Kooperationen und Joint Ventures, Einlizenzierung oder Kauf beziehungsweise Akquisition. Die Wissensverwertung kann durch interne Nutzung erfolgen, beispielsweise durch eigene Anwendungen, Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen. Extern kann das gespeicherte Wissen in Kooperationen und Joint Ventures eingebracht werden, an Dritte lizenziert oder verkauft oder im Rahmen von Outsourcing oder Benchmarking eingebracht werden. Lizenzzeitpunkt und -umfang. Bei der Verwertung von Intellectual Property stellt sich darüber hinaus die Frage, was zusätzlich zu Schutzrechten noch Bestandteil des Lizenzvertrages ist. Die Marktattraktivität einer Lizenz steigt, je geringer das Risiko der späteren Kommerzialisierung auf Seite des Lizenznehmers und je mehr vom Lizenzgeber mitgeliefert wird, beispielsweise Kunden in einem sich bereits entwickelten Markt. Das unternehmerische Risiko ist damit insbesondere vom Entwicklungsstadium und der Reife der Technologie und des Marktes abhängig. Im Pharmabereich hängt daher der Wert von Lizenzvereinbarungen stark vom Zeitpunkt des Lizenzierungsvorhabens ab (Präklinische Phase, Klinische Phase I, II, III; siehe Tabelle IV.1).
Interne Technologiegenerierung
Intern
Interne Technologienutzung • • • •
• Innovation • Business Development
eigene Anwendungen eigene Produkte eigene Verfahren eigener Service
IP-relevante Teilprozesse Wissenserwerb
Wissenssicherung
Wissensverwertung
Externer Technologieerwerb
Extern
• • • •
Auftragsforschung Kooperation / JV Einlizenzierung Kauf / Akquisition
Externe Technologieverwertung • • • • •
Benchmarking Kooperation / JV Auslizenzierung Verkauf von Know-how Outsourcing
Abb. IV.3. Verwertungskreislauf des Intellectual Propertys bei Bayer Material Science
94
Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
Tabelle IV.1. Durchschnittlicher Wert von Lizenzvereinbarungen in Abhängigkeit des Entwicklungsstadiums im Biotech Sektor Präklinik
Phase I
Phase II
Phase III
Einmalzahlung ($ Mio.)
2
5
10
15
Meilensteinzahlungen ($ Mio.)
15
25
35
50
Lizenzsätze (in %)
7
10
20
35
Quelle: Kalamas und Pinkus (2003)
Lizenzen können mit oder ohne begleitenden Wissenstransfer gegeben werden: • Verbietungsrechte ohne Know-how umfassen Patente oder Patentanmeldungen, weltweite oder regionale, exklusive oder nicht-exklusive Nutzung und die Laufzeit der Lizenz. • Know-how mit Verbietungsrechten umfassen beispielsweise Forschungs- und Testberichte, Muster, Prototypen, Auswirkungen, den Einsatz von technischen Experten zur Unterstützung des Wissenstransfers und für Kundenanpassungen und Weiterentwicklungen. Einen wichtigen Vorgang stellt die Auswahl der Schutzrechte und gegebenenfalls des Know-hows dar, das extern auslizenziert werden soll. Bei Unternehmen, deren Hauptgeschäftstätigkeit in der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen liegt, muss verhindert werden, dass durch die Lizenzierung an Dritte ein Schaden im Kerngeschäft entsteht, der nicht mehr im Verhältnis zu den zu erwartenden Lizenzeinnahmen steht. Die Selektion von auslizenzierbarem Intellectual Property kann anhand des in Abb. IV.4 dargestellten Vierstufenprozesses vorgenommen werden (siehe auch Heger 2004). Ziel ist dabei, einen unbeabsichtigten Transfer von Know-how und Schutzrechten zu vermeiden und nur dort Anstrengungen für eine Auslizenzierung aufzubringen, wo gute Marktchancen absehbar sind. Verbietungsrechte einschließlich Know-how und Geschäftsinformationen umfassen beispielsweise Marktstudien, Wettbewerbsanalysen und können sogar Kooperationspartner und Kunden beinhalten. Hier stellt sich die Frage, welche Bestandteile wie kommerzialisierbar sind. Einerseits
Ziel 3: Lizenzeinnahmen
Überschüssiges Know-how/ Technologie?
Nein
Verwendung
Nein
Beibehaltung der Patente
Nein
Patent verwerfen
Nein
Patenttransfer in anderes Geschäftsfeld
95
Ja
„Nicht-Strategisch“ für Kerngeschäft des Geschäftsfelds? Ja
Aufbaufähige Technologie, attraktiver Markt? Ja
„Nicht-Strategisch“ für anderes Geschäftsfeld? Ja
Externe Kommerzialisierung und Vermarktung
Abb. IV.4. Vierstufenprozess für die Auswahl zum Know-how-Transfer
kann ein komplettes Geschäftsmodell extern auslizenziert werden, andererseits könnte ein unternehmensinternes Spin-Up schnellere und nachhaltigere Gewinne liefern. Einige Patente könnten zwar auslizenziert werden, müssten in anderen Märkten jedoch mit hohem Aufwand offensiv durchgesetzt werden. Die zentrale F&E des europäischen Telekommunikationsunternehmens British Telecom (BT Exact) leitet Art und Umfang der Verwertung von internen Forschungsergebnissen anhand einer speziell entwickelten Verwertungsmatrix ab (Abb. IV.5). Liegt ein hinreichender Schutz durch Intellectual Property vor, wird bei hoher eigener Expertise der Weg der Freigabe-Lizenzierung gewählt, bis hin zur Ausgründung des Geschäftsmodells in Form eines Spin-Outs. Liegt hingegen wenig eigene Expertise vor und nutzen andere Unternehmen die geschützten Grundlagen, wird der Weg der Durchsetzungs-Lizenzierung eingeschlagen. Bei der Suche nach potentiellen Lizenznehmern spielt es also eine wichtige Rolle, inwiefern ein Unternehmen in der Lage ist, Märkte zu analysieren und den Marktwert des eigenen Intellectual Property zu entwickeln. Um Geschäftsmöglichkeiten zum Durchbruch zu verhelfen, müssen deshalb passende Marktapplikationen für vermarktungsfähiges Intellectual Property gefunden werden. Dies ist sowohl bei der Freigabe-Lizenzierung, bei dem potentielle Lizenznehmer gesucht werden, als auch bei der Durchsetzungs-Lizenzierung, bei der potentielle Patentverletzer gesucht werden,
technische Expertise
Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
Extern (Spin-Out)
Proprietäres Know-how
Wertschöpfungsconsulting
Know-how und Show-how Technologietransfer
Technische Fähigkeiten
Freigabe-Lizenzierung (Enablement-Licensing) Intern (Spin-Up) Durchsetzungs-Lizenzierung (Enforcement-Licensing)
Keine
Informelles IP (Intellectual Capital)
96
Keine
Alternative Lösung
VerbesserungsPatente
urheberechtlich gesch. Software
BasisPatente
Formale IP-Rechte
Abb. IV.5. Intellectual Property Verwertungsmatrix bei BT Exact
erforderlich. Angebot (Verkäufer) und Nachfrage (Käufer) sind also entsprechend aufeinander abzustimmen. Verkäufer (Keep or Sell). Das Unternehmen muss prinzipiell entscheiden, ob es seine Technologien und sein Intellectual Property behalten möchte oder bereit ist, es an Dritte weiterzugeben. Es gibt empirische Untersuchungen die zeigen, dass im Durchschnitt etwa 10% der Patente des Portfolios eines Unternehmens vermarktet werden und damit 5 bis 10% des operativen Gewinns erzielen könnten (Elton, Shah und Voyzey 2002). Es lassen sich dabei drei Kategorien unterscheiden (Torres 1999): • Strategische Positionierung: Maximierung des Wertes der eigenen Kerntechnologien durch Lizenzierung an andere relevante Marktteilnehmer, inklusive Wettbewerber. Dies ist eine sinnvolle Vorgehensweise, um schnell Märkte zu erschließen und Standards zu verbreiten. Die von Philips Electronics und Sony in den frühen 80er Jahren entwickelte CompactDisc-Technologie wurde an andere Musikelektronik-Hersteller lizenziert, um eine Standardisierung der Technologie zu ermöglichen. • Laterale Wertsteigerung: Intellectual Property, das nicht das eigene Kerngeschäft betrifft, wird an Dritte lizenziert, die eine Kommerzialisie-
Ziel 3: Lizenzeinnahmen
97
rung vornehmen können. Der Aufzugshersteller Schindler hat beispielsweise seine patentierte Aramidseil-Technologie außerhalb des Aufzugssektors extern lizenziert. • Minimierung von Risiken: Verwertung von Intellectual Property mit geeigneten Partnern, die komplementäre Stärken, Fähigkeiten oder Prozesse aufweisen. Das Schweizer Biotech-Unternehmen Cytos hat die Nutzungsrechte eines Produktes in der II. klinischen Phase an den Pharmakonzern Pfizer lizenziert. Cytos erwartet damit eine effiziente Durchführung der äußerst bürokratischen FDA-Regularien in der Pharmaentwicklung und eine starke, weltweite Vermarktung der Substanz im Erfolgsfall. Käufer (Make or Buy). Unternehmen müssen sich entscheiden, ob sie die erforderlichen Technologien und Dienstleistungen selbst entwickeln können und wollen oder ob diese einlizenziert werden sollen. Diese Entscheidung sollte sowohl auf der jeweiligen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens basieren (Teece 1988), als auch in Bezug zur generellen Zielsetzung stehen, sich verschiedener externer Innovationskanäle zu bedienen (Linder, Jarvenpaa und Davenport 2003). Die Entscheidung zur Einlizenzierung kann beabsichtigen, komplementäres Wissen anzuschaffen, die Produktion zu verbessern oder an blockierende Patente zu gelangen. Der Käufer muss einerseits einen geeigneten Leistungserbringer finden, der bereit ist, Know-how und Intellectual Property zu lizenzieren und muss andererseits selbst in der Lage sein, dieses Wissen einzulizenzieren und zu absorbieren, um es dann zu speichern oder zu kommerzialisieren. Dabei ist es für den Käufer von großer Bedeutung, zu einer realistischen Einschätzung der Transfer- und Verwertungskosten zu gelangen (Teece 1977). Einlizenzierung und interne F&E sind daher Komplementärstrategien wobei internes F&E-Know-how einen wesentlichen Erfolgsfaktor für Bewertung, Transfer und Verwertung von einlizenziertem Intellectual Property und einlizensierten Technologien darstellt (Lowe und Taylor 1998). Unter den Käufern lassen sich somit die drei Kategorien unterscheiden (Torres 1999): • Nutzung von Komplementärstärken: Als Pendant zur Verkaufsstrategie „Minimierung von Risiken“ (siehe oben). Einige Unternehmen fokussieren daher stärker auf die Kommerzialisierung als auf die eigene Produktentwicklung. In der Pharmabranche liegt bei den weltweit ersten zehn Pharmaunternehmen der auf einlizenzierte Produkte zurückgehende Anteil am Gesamtumsatz bei über 30%. • Verbesserung der Produktpalette: Optimierung und Ergänzung eines Kernprodukts oder einer Kerntechnologie. Dies ist ratsam, wo die inter-
98
Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
ne F&E nicht schnell genug oder zu teuer für ein umfassend wettbewerbsfähiges Innovationsportfolio ist. Das amerikanische Netzwerkunternehmen Cisco hat sein rasantes Wachstum vor allem der Akquisition und Lizenzierung von neuen Technologien von Start-Ups zu verdanken. Die Stärke von Cisco besteht in der Integration von neuen Technologien und der Vermarktung. • Sicherung von störendem Intellectual Property: Akquisition oder Einlizenzierung von externem Intellectual Property, welches das eigene Kerngeschäft durch Störwirkung oder Substitution beeinträchtigen könnte. Diese Vorgehensweise kann aus Unternehmenssicht in unsicheren Märkten oder zur Neutralisierung von Wettbewerbstechnologien empfehlenswert sein. Der Sportwagenhersteller Porsche macht von der Möglichkeit Gebrauch, potentielle Substitutionstechnologien einzukaufen oder exklusiv einzulizenzieren, die eigene Technologien erodieren könnten. Wahl des Vermarktungskanals. Zur Auslizenzierung von Intellectual Property stehen grundsätzlich verschiedene Vermarktungswege zur Verfügung: • Direktmarketing. • Online-Marktplatz. • Intermediäre. Direktmarketing: Dies ist der „klassische“, am stärksten verbreitete Weg. Beim Direktmarketing ist die Zielgruppe bekannt, beziehungsweise muss diese gefunden werden, damit Lizenzverhandlungen aufgenommen werden können. Der Intellectual Property Vermarktungsprozess kann innerhalb des Unternehmens durch eine eigene Intellectual Property Organisationsstruktur unterstützt werden. Diese umfasst Bereiche, wie Intellectual Property, Portfoliomanagement, Lizenzen, Juristen, Mergers & Acquisitions, Ventures sowie F&E. Es ist offensichtlich, dass die Komplexität des Vermarktungsprozesses nicht nur durch einige wenige Patentanwälte bewerkstelligt werden kann. Ein kleines, schlagkräftiges Kernteam mit variabler Vergütung arbeitet hier am besten. Je höher der Hierarchielevel, desto wahrscheinlicher können schnelle, der Situation angepasste Entscheidungen getroffen werden. In der Regel sind dabei die Personen und Prozesse wichtiger als Organisationsstrukturen (Aitken 2000). Im Folgenden sind generelle Erfolgsfaktoren für notwendige Lizenzteams aufgeführt: • Kleines Kernteam mit starken Persönlichkeiten. • Erfolgsabhängige Vergütung.
Ziel 3: Lizenzeinnahmen
• • • • •
99
Eigene Einheit mit direkter Berichtslinie zum Top-Management. Organisatorische Autonomie, mit definiertem Entscheidungsspielraum. Hinreichende Ressourcenausstattung. Klare Eingrenzung des Anwendungsbereichs vor Verhandlungen. Strikte Steuerung externer Partner, wie Kanzleien.
Online-Marktplätze: Hier sind die potentiellen Lizenznehmer ex-ante nicht bekannt. Über Internet-Plattformen werden Einzelpatente und Portfolien angeboten. Potentielle Käufer werden über den Online-Marktplatz zum potentiellen Lizenzgeber vermittelt. Das Konzept der Online-Vermarktung hat sich bisher in der Praxis allerdings nicht wirklich durchgesetzt. Es gibt nur wenige Lizenzgeschäfte, die bisher über diesen Weg zustande gekommen sind. Nach einem regelrechten „Boom“ an neuen Marktplätzen Ende der 90er Jahre und anschließenden Konsolidierungen bestehen derzeit nur wenige funktionsfähige Markplätze mit größeren Umsätzen (Tabelle IV.2). Tabelle IV.2. Online-Marktplätze für den Transfer von Intellectual Property Online-Marktplatz
Beschreibung
Internetadresse
Bionova
Biotech Technologietransferportal (Griechenland) Technologietransferportal (Türkei) Intellectual Property Handel Online Patent Handel Spiele- und Spielzeugideenbewertung IP Netzwerkportal Patent- und Technologietransfer IP und Technologietransfer (Niederlande) Intellectual Property Handel (Indien) Online-Plattform für IP
www.bionova.gr
Bulushtur Delphion Free Patent Auction Gamesplay UK Patentcafe.com Patents2License.com Patent4business.com Patent Bank yet2.com
www.bulushtur.com www.delphion.com www.freepatentauction.com www.gamesplayuk.com www.patentcafe.com www.patents2license.com www.patents4business.nl enterprisecell.in www.yet2.com
Quelle: Europäisches Patentamt (2006b)
Intermediäre: Vermitteln Intellectual Property, Technologie- und Knowhow-Anbieter mit Investoren und gegebenenfalls auch Implementoren. Generell erforderlich bei der Suche nach geeigneten Lizenzchancen sind persönliche Kontakte und Erfahrung mit der eigenen und darüber hinaus
100
Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten
mit anderen Branchen. Eine Studie zeigt, dass der Aufbau eines Expertennetzwerks die systematische Verwertung von Intellectual Property stark unterstützt (Elton, Shah und Voyzey 2002). Wissenspartner: Die Wissenspartner untersuchen Patentschriften, Prozesse und Technologien. Es sind zwei Typen von Wissenspartnern erforderlich, um einerseits Technologien und andererseits Branchen und Märkte zu verstehen: • Technologieexperten sollten ein breites, generelles Wissen aufweisen, um potentielle Anwendungen für lizenzierbare Technologien aufzuzeigen. Diese Experten können von technischen Vereinigungen, Universitäten oder Forschungszentren sein. Ein Technologieexperte sollte einerseits Anwendungen für bestehende Technologien finden und andererseits die wirtschaftliche Bedeutung der Anwendungen abschätzen können. Die Herausforderung besteht dabei darin, über Branchengrenzen hinweg zu denken. • Industrieexperten sollten ein breites Wissen über Anwendungen in den jeweiligen Märkten haben. Ihr Ziel ist es, Anwendungsideen der Technologieexperten zu hinterfragen und kommerziell zu bewerten. Konvertierungspartner: Die Konvertierungspartner helfen dabei, die identifizierten Geschäftsmodelle in Lizenzeinnahmen oder Kapitalbeteiligungen umzuwandeln. Unter Umständen sind die Konvertierungspartner dabei nicht im Unternehmen selbst angestellt. Es kann unterschieden werden zwischen Maklern, Konsolidierern und Geschäftsförderern: • Makler haben Kontakt zu potentiellen Käufern und helfen dabei, den Marktwert einer Lizenz zu bestimmen. Es empfiehlt sich, den Makler in Bezug auf den Anwendungsmarkt auszuwählen. • Konsolidierer stellen Intellectual Property Pakete zusammen, beispielsweise wenn es erforderlich ist, ein Technologieportfolio aufzubauen, das noch weitere Schutzrechte von anderen Unternehmen benötigt. • Geschäftsförderer sind häufig Anteilskapitalgeber, die Unternehmen helfen können, auf Intellectual Property basierte Geschäftsmodelle aufzubauen. Sie liefern Branchen spezifisches Management-Wissen und operatives Know-how.
Ziel 3: Lizenzeinnahmen
101
Erfolgsfaktoren zur Kommerzialisierung von Patenten • Intellectual Property ist wie ein materielles „Produkt“ zu behandeln; das Geschäftsmodell ist entscheidend. • Im Zentrum steht der potenzielle Kundennutzen und davon abgeleitet das Marktpotenzial. Wichtig dabei: Kundennutzen ist subjektiv, technische Leistungsfähigkeit ist zweitrangig. • Die Bewertung von Technologien, die sich noch in der Frühphase befinden, ist sehr aufwendig; von großer Bedeutung ist daher die Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells. • Frühzeitig auf Qualität achten, keine Ladenhüter zum Verkauf anbieten; diese schädigen den Ruf einer Technologieunternehmung. • Technologieentwicklungen sind Sunk Costs; bereits in die Technologie investierte Kosten sind nicht entscheidungsrelevant; für potentielle Käufer sind daher nicht die bisherigen Entwicklungskosten, sondern die zukünftig noch erforderlichen Investitionen, Risiken und erwarteten Einnahmen entscheidend. • Bei Patentverletzung durch Dritte sind zwei Aspekte zu berücksichtigen: a) Klare Vorstellung über rechtliche Erfolgsaussichten und ausgearbeitete Marktabschätzung; b) Streitkasse für Vermarktung und Durchsetzung der eigenen Schutzrechte bereitstellen.
V.
Organisation des Patentmanagements
„You don’t know how lucky you are if you know where your inventors are!“ Dr. Frank Cuypers Head of Intellectual Property, Swiss Re
Wertschöpfung in Organisationsformen In KMUs wird die Patentverantwortung häufig durch den Geschäftsführer übernommen, der in der Regel mit einem externen Patentanwalt zusammenarbeitet. Ersatzweise ist der Entwicklungsleiter für die Patente verantwortlich. Patentstreitigkeiten erfordern in der Regel immer die Involvierung des Geschäftsführers. Bei Großunternehmen lassen sich vier alternative Organisationsformen für die strategische und operative Wahrnehmung von Patentverantwortung unterscheiden (Abb. V.1): 1. Intellectual Property Stabsabteilung. 2. Intellectual Property integriert in die Geschäftsbereiche. 3. Externe Technologiegesellschaft: ausgelagerte, eigenständige externe Organisation; Patentverwaltung. 4. Externe Patentanwälte. (1) Intellectual Property Stabsabteilung. Die Intellectual Property Aktivitäten werden durch eine eigene Stabsabteilung geführt. Dabei können diese auch als eigenständiges Profit-Center bilanziert werden. Sie berichten direkt an die Geschäftsleitung oder den Vorstand des Unternehmens. In zahlreichen Unternehmen ist die Intellectual Property Abteilung zwar als eigenständige Stabsabteilung organisiert, berichtet jedoch an eine übergeordnete Rechtsabteilung oder an den Chief Financial Officer, z.B. Schindler bis Ende der 90er Jahre. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die zentrale Patent- und Markenabteilung in den zentralen Stabsbereich des Vorstandsvorsitzenden einzugliedern und diese zusätzlich auch an den für die F&E verantwortlichen
104
4
Organisation des Patentmanagements
Externe Patentanwälte
3 Externe Technologiegesellschaft
Geschäftsleitung
1
IP-Stabsabteilung
2
IP integriert in Geschäftsbereiche
Abb. V.1. Alternative Organisationsformen für Patentabteilungen
Chief Technology Officer berichten zu lassen, beispielsweise Infineon in den ersten Jahren nach der Ausgründung von Siemens. Dies hat einerseits den Vorteil für die Geschäftsführung, auch Gesamtunternehmen bezogene und strategische Aktivitäten ohne direkte Abhängigkeit von den Geschäftsgebieten zentral durchführen zu können und andererseits intern nur eine Schnittstelle für Intellectual Property Aktivitäten zu haben. Nachteilig ist die fehlende gegenseitige Kontrolle, die beispielsweise zwischen getrennten Rechts- und Patentabteilungen möglich ist. Insbesondere im angloamerikanischen Wirtschaftsraum wird zunehmend bezweifelt, ob eine in die Rechtsabteilung integrierte Intellectual Property Abteilung aufgrund der sehr unterschiedlichen Anforderungen in ihrer Handlungsfähigkeit nicht stark eingeschränkt wird (Rivette und Kline 2000b). Patentanwälte haben in der Regel als Ausgangsbasis einen ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Hintergrund, während in Rechtsabteilungen naturgemäß Juristen tätig sind. Des Weiteren muss eine Patentabteilung im Rahmen von Portfoliomanagement und Lizenzaktivitäten sehr unternehmerisch denken und agieren. Es ist deshalb fraglich, ob eine übergeordnete Rechtsabteilungshülle derartige Eigenschaften unterstützen sowie geeignete Experten akquirieren und halten kann. Das 600 Mitarbeiter starke, mittelständische Unternehmen Erbe Elektromedizin hat eine eigene Stabsstelle mit einem Verantwortlichen und einer Administrationskraft für den Bereich Intellectual Property eingerichtet. Betreut werden etwa 40 Patentfamilien, 20 Marken und seit 2003 etwa 16 Erfindungsmeldungen pro Jahr (Tabelle V.1).
Wertschöpfung in Organisationsformen
105
Erfolgsfaktoren für den Leiter Patente 1. Rückhalt und Unterstützung sowohl von Top-Management, Linien-Management und Projektleitern. 2. Ressourcenbestimmung und -festlegung betreffend Headcounts und finanziellem Rahmen. 3. Interne Vernetzung: Verfügbarkeit von internen Spezialisten sowie dezentralen, unterstützenden Koordinatoren, beispielsweise in der F&E. 4. Zusammenarbeit der Abteilungen Intellectual Property, F&E und Marketing/Vertrieb. 5. Förderung einer angemessenen Erfinderkultur einschließlich eines adäquaten Anreizsystems. 6. Regelmäßiges Patent Awareness Training sowie Aus- und Weiterbildung bei F&E, Management und Marketing/Vertrieb sowie der Intellectual Property Abteilung. 7. Bewertungs- und Selektionssystematik für Erfindungen und Patentportfolio mit entsprechenden Prozessen, Teams und Tools unter Berücksichtigung von Kosten-/Nutzenaspekten: Patentportfoliomanagementkriterien. 8. Abwehr von Abmahnungen und Patentverletzungsverfahren durch schnelle Verfügbarkeit eines zentral koordinierten Kernteams, das auch dezentral auf Spezialisten und Entscheidungsbefugte zurückgreifen kann. 9. Lizenzierung und Durchsetzung von Schutzrechten unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von geeigneten Schutzrechten, den finanziellen Mitteln sowie den eigenen Fähigkeiten. 10. Controlling sowie materielle und immaterielle Anreize für alle Beteiligten, beispielsweise Erfinder oder Lizenzierungsexperten.
106
Organisation des Patentmanagements
Tabelle V.1. Mitarbeiteranzahl (MA) der Patentabteilungen ausgewählter KMUs Unternehmen Braun Cytos Biotechnology Endress+Hauser Erbe Elektromedizin Festo Mann+Hummel Siegenia-Frank
ErfM. p.a. a
~75 k.A. ~160a ~16 ~100a ~160 >30
Patentfamilien
Patente
IP-MAb
k.A. 35 600 40 k.A. k.A. 220
k.A. 130 2.000 k.A. 2.800 1.200 1.000
4 1 7+x 1+1 5 4+4 2+2
Quelle: Eigene Recherchen (2001-2003) a b
Anzahl an Patentanmeldungen pro Jahr (p.a.). Anzahl an internen Patent-, Lizenz- und Markensachbearbeitern sowie Anzahl an Mitarbeitern in Administration und Recherche.
(2) Intellectual Property integriert in die Geschäftsbereiche. Die Geschäftsbereiche übernehmen die vollständige Verantwortung für das Management von Intellectual Property. Aufgrund der hohen Integration kann spezifisches Wissen in für den Geschäftsbereich relevante Geschäftsaktivitäten und Technologien und Produkte optimiert werden. Problematisch sind übergeordnete Lizenzierungsaktivitäten, welche über den Geschäftsbereich hinausgehen. Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer unterhält pro Geschäftsbereich eine eigene Rechts- und Patentabteilung. Diese Abteilungen sind vorwiegend für die Betreuung der Erfinder, das Ausarbeiten der Patentanmeldungen und die Verfahrensführung zuständig. Auch die Geschäftsbereiche des Elektrokonzerns Siemens bauen in zunehmendem Maße eigene Patentkoordinatoren auf. So genannte IP-Manager kümmern sich innerhalb von zahlreichen Geschäftsbereichen um alle Intellectual Property Belange und agieren als Schnittstelle zur zentralen Intellectual Property Abteilung. Vorteilhaft ist hier die Nähe der IP-Manager zu den Erfindern in den Bereichen, sowohl fachlich, organisatorisch als auch räumlich. (3) Externe Technologiegesellschaft. Soll Profit-/Loss-Verantwortung wahrgenommen werden, bietet eine eigenständige, ausgelagerte Organisation ideale Voraussetzungen und Freiräume, diese wahrzunehmen. Im Gegenzug steigt allerdings die Schwierigkeit, eine derartige Organisation operativ und in Abstimmung zur Interessenlage des Mutterunternehmens zu steuern. Lassen sich strategische oder finanzielle Zielsetzungen über einen Aufsichtsrat (beziehungsweise einen Verwaltungsrat) einbringen, so
Wertschöpfung in Organisationsformen
107
ist eine inhaltliche Steuerung meist erschwert. Häufig sind deshalb Schlüsselpersonen des Unternehmens zusätzlich auch Mitglied der Geschäftsleitung der externen Organisation. In einigen Fällen bietet die externe Organisation sogar den weiteren Vorteil einer steuerlichen Optimierung. Die Vorteile der Optimierung über Steuergrenzen hinweg nutzt der Nahrungsmittelkonzern Nestlé über seine Technologiegesellschaft Nestec, die auch als Technologieverwertungsgesellschaft operiert und rechtlicher Eigentümer von sämtlichem Intellectual Property ist, welches durch die F&E generiert wird (Abb. V.2). Nestecs Aktivitäten sind in die drei Kategorien „Innovative Forschung“, „Vorsorgeforschung“ und „Forschungsunterstützung“ unterteilt. Nestec stellt den Nestlé-Gesellschaften Dienstleistungen in den Bereichen F&E, technische Mittel, IT und Logistik, Marketing, Finanzierung und Human Resources zur Verfügung. Die Gesellschaften erhalten dabei Zugang zu: • Wissen und Erfindungen, die aus Grundlagenforschung hervorgegangen sind. • Prozessen, Infrastrukturen und Produkten, die aus angewandter Forschung hervorgegangen sind. • Normen und Qualitätsstandards, die im Nestlé-Konzern angewendet werden. • Fertigungs-Know-how, für das die Unterstützung von speziell ausgebildeten Ingenieuren erforderlich ist. Nestec nimmt somit die Rolle eines Beratungsunternehmens ein, das
Regions Regions Produktionsstandorte Dienstleistungen, Know-how
Lizenzzahlungen Nutzungsrechte
Patente
R&D Centers
F&E-Zentren F&E-Finanzierung
Technologieverwertungsgesellschaft
Geldfluss Dienstleistungs- und Know-how-Fluss Intellectual Property Fluss
Abb. V.2. Technologieverwertungsmodell am Beispiel Nestlé
108
Organisation des Patentmanagements
über alle Technologien, alle Patente und alle Marken der Nestlé-Produkte verfügt und sich vollkommen selbst finanziert. Patente nehmen dabei eine zentrale Rolle als Einkommensquelle ein: Den weltweiten NestléGesellschaften werden für die Nutzung des geistigen Eigentums von Nestec bis zu 5% Lizenzgebühren für den Technologietransfer in Rechnung gestellt. Vorteilhaft ist sowohl die enge Kontrolle über Technologien bei Gründung von Gesellschaften oder der Verlagerung von Produktionsstandorten in Drittländer, als auch die Möglichkeit, technische Innovationen und Prozesse global und konzernübergreifend zu verbreiten. Als Nebeneffekt lassen sich die Steuern länderübergreifend optimieren: Am Standort der F&E fallen Kosten an, am Standort der Produktion/Vertrieb fallen Gewinne an. Da die Flexibilität von Steueroptimierungen über Transferpreise bei materiellen Gütern (z.B. Komponenten, Produkte) durch die Steuerbehörden stark begrenzt ist, weichen multinationale Unternehmen zunehmend auf die Preisgestaltung beim Transfer von immateriellen Gütern aus. Durch die Entkopplung von F&E, Kosten und Einnahmen via Lizenzen entsteht Flexibilität. (4) Externe Patentanwälte. Die meisten Unternehmen greifen auf externe Patentanwälte zurück. Dies erfolgt aufgrund einer zunehmenden Konzentration auf Kernkompetenzen innerhalb von Unternehmen. KMUs können sich häufig keinen voll ausgebildeten, angestellten Patentanwalt leisten. Das mittelständische Technologieunternehmen Leica Geosystems lässt Patentanmeldungen ausschließlich extern durchführen. Intern werden diese Aktivitäten allerdings über eine Patentmanagementfunktion zentral koordiniert. Großunternehmen greifen insbesondere dann auf externe Kanzleien zurück, wenn hohe Anforderungen an zeitliche Flexibilität und Spezialisierung bei gleichzeitig großer räumlicher Verteilung bestehen. Infineon, viertgrößter Patentanmelder in Deutschland, setzt vorwiegend auf die Verfahrensführung durch externe Kanzleien. Die Kanzleien sind zwar zentral mandatiert und werden regelmäßig einer zentral koordinierten Qualitätsprüfung unterstellt; sie werden aber dezentral von den F&E-Gruppen der Geschäftsbereiche direkt kontaktiert und mit der Ausarbeitung von Patentanmeldungen beauftragt. Das Konsumgüterunternehmen Henkel greift bei elektrotechnisch basierten Erfindungen vorzugsweise auf externe Kanzleien zurück, da diese Spezialisierung unter den internen Patentanwälten nicht besteht. Die Auswahl der richtigen Organisationsform hängt stark von der aktuellen Situation des Unternehmens sowie von dessen Strategie und Zielen ab. Wichtig sind dabei die Dimensionen Änderungsgrad der Geschäftsprozesse und Änderungsgrad der Branchencharakteristika (Abb. V.3). Bei der
Spannungsfelder in der Organisation des Patentmanagements
109
hoch
IP-Abteilung externalisiert
IP-Abteilung als eigenständiger Geschäftsbereich niedrig
Veränderungserfordernis durch Geschäftsprozesse < intern >
Auslagerung ist wichtig, dass nicht sämtliches Wissen abgebaut und ausgelagert wird. Ein Mindestmaß an technischem Wissen ist erforderlich, um spezifizieren und Patentpotentiale bewerten zu können.
IP-Abteilung integriert niedrig
hoch
Veränderungserfordernis durch Branchencharakteristika < extern >
Quelle: In Anlehnung an Hutzschenreuter (2001)
Abb. V.3. Situativer Aufbau einer Intellectual Property Organisation
Spannungsfelder in der Organisation des Patentmanagements Das Patentmanagement in Unternehmen bewegt sich in zahlreichen Spannungsfeldern, welche zu berücksichtigen sind. Operative Patentanmeldung versus strategisches Portfoliomanagement. Einerseits werden einschlägige Experten benötigt, welche die operativen Patentanmelde- und Erteilungsverfahren führen, intern Fachberatung anbieten und rechtliche Auseinandersetzungen für das Unternehmen koordinieren können. Andererseits nehmen die Anforderungen im Bereich Portfolio-Aufbau und -Pflege stetig zu, da die Kosten für Patente ansteigen und die strategische Bedeutung von Patenten wächst. Viele Großunternehmen haben in Folge dessen zusätzlich zur Patentabteilung ein PatentPortfoliomanagement aufgebaut, welches in der Wertschöpfungskette vor dem Service der Patentabteilung steht und eng mit der Entwicklung in den Geschäftsbereichen vernetzt ist. Gleichzeitig besteht hier jedoch die Ge-
110
Organisation des Patentmanagements
fahr, dass die strategische Abteilung zum „Papiertiger“ wird, wenn diese zu sehr vom operativen Geschäft abgekoppelt ist. Zentralität versus Dezentralität. Einerseits sollen für das gesamte Unternehmen bestimmte Funktionen wahrgenommen werden, beispielsweise die Betreuung von Patentrechtsstreitigkeiten oder die Verfügbarkeit einer einheitlichen Infrastruktur. Wenn andererseits den Geschäftsbereichen ausreichend Eigenständigkeit bei der Verwertung von Schutzrechten eingeräumt werden soll, empfiehlt sich eine Aufsplittung von zentral und dezentral strukturierten Patentaktivitäten. Bayer unterhält zentral in der Konzernholding eine Patentabteilung, die insbesondere Governance Funktionen wahrnimmt. Die Geschäftsbereiche tragen die volle Profit- und Loss-Verantwortung (Abb. V.4). Bis vor kurzem unterhielt jede der dezentralen Geschäftsbereiche darüber hinaus eine eigene Patent- und Rechtsabteilung, welche die jeweiligen Intellectual Property Belange betreute. Unternehmensleitung Corporate Center
Arbeitsgesellschaft
Arbeitsgesellschaften
Servicegesellschaft
Servicegesellschaften Dezentrale Patentabteilungen (P&L) Zentrale Patentabteilung (Kanzlei, EV, TM) Zentrale Patentabteilung (Litigation, IPM)
Abb. V.4. Bayer balanciert zwischen Zentralität und Dezentralität
Globalität und Regionalität. Wenn ein Unternehmen auf zahlreiche Entwicklungs- und Forschungsstandorte zurückgreift, die an unterschiedlichen Standorten ansässig sind, so stellt sich häufig das Problem einer ausreichenden Patentbetreuung der Erfinder einerseits und den damit erforderlichen Ressourcen in Bezug auf Verfügbarkeit und Kosten andererseits.
Spannungsfelder in der Organisation des Patentmanagements
111
Globalität
Regionalität
Das Halbleiterunternehmen Infineon hat in der zentral organisierten Intellectual Property Abteilung jeweils den Geschäftsgebieten zugeordnete Patentmanager, die als Schnittstelle zu den Erfindern fungieren. Darüber hinaus unterhält die Patentabteilung in bestimmten Ländern und Regionen eigene Ableger-Organisationseinheiten. Die Geschäftsgebiete wiederum halten pro Standort beziehungsweise pro Projektgruppe in den Regionen Koordinatoren als Ansprechpartner in den F&E-Abteilungen, die vor Ort als lokale Erstansprechpartner und als Schnittstelle zur zentralen Patentabteilung operieren. Für diese Tätigkeit stehen den Koordinatoren 5% der Arbeitszeit zur Verfügung (Abb. V.5). Zentrale IP-Abteilung
Geschäftsbereiche (BUs)
IP-global
IP-Manager (BU)
IP-regional
IP-Koordinatoren (regional) Erfinder / Entwickler / F&E (lokal)
Abb. V.5. Infineon balanciert zwischen Globalität und Regionalität
Generalistentum und Spezialistentum. Innerhalb der Intellectual Property Abteilung wird häufig eine Aufteilung in verschiedene Aufgabenbereiche vorgenommen. Dies ermöglicht eine Spezialisierung der einzelnen Mitarbeiter insbesondere auf technische Gebiete, die von einzelnen Experten breit abgedeckt werden können, beispielsweise indem Recherche- und Anmeldetätigkeit in einer Hand liegen. Eine weitere Spezialisierung kann in Bezug auf unterschiedliche Rechtsräume und Geschäftszonen erfolgen. In Kombination führt eine derartige „zweidimensionale“ Spezialisierung zu einer Matrix-Organisation. Aktivitäten die zentral für das Unternehmen geführt und koordiniert werden sollen, wie Intellectual Property Transaktionen, Patentverwaltung oder Markenbetreuung, werden deshalb häufig global aus jeweils einer Organisationseinheit heraus betrieben. Das Telekommunikationsunternehmen Alcatel hat eine zentral organisierte Intellectual Property Abteilung mit einer Matrixstruktur. Diese weist global-zentrale Funktionen sowie spezialisierte Technologiesparten auf und erstreckt sich über Standorte mit Intellectual Property relevanten F&ETätigkeiten (Abb. V.6).
112
Organisation des Patentmanagements
CTO Vice President Intellectual Property
Senior Patent Portfolio Manager
Intellectual Property Sites
Business Licensing
Senior IP Counsel – Technology Area 1 Senior IP Counsel – Technology Area 2 Senior IP Counsel – Technology Area 3 Senior IP Counsel – Technology Area 4
Senior IP Counsel – Technology Area n
Intellectual Property Specialist Functions
France Germany Belgium Italy USA Canada China
IP & VP Rights Acquisition IPR Transactions Trademarks CTO Functions Operations & Information
Abb. V.6. Alcatel balanciert zwischen Generalistentum und Spezialistentum
Erfinderkultur als Katalysator Ein wesentlicher Bestandteil der Innovationskultur geht auf die Fähigkeit der Mitarbeiter eines Unternehmens zurück, Ideen zu entwickeln und diese in marktfähige Technologien, Produkte und Dienstleistungen umzusetzen. Zur Umsetzung der Patentstrategie wird deshalb unter Berücksichtigung der Geschäftsinteressen Einfluss auf die Erfindungsaktivitäten genommen. Hierfür eignet sich insbesondere die Einführung eines Anreizsystems, das diejenigen Erfindungen (stärker) honoriert, welche Gebiete von besonderer Bedeutung betreffen. Mit geeigneten Maßnahmen lässt sich gezielt eine Erfinderkultur schaffen: • Breiten Zugang zu allen Informationsquellen sicherstellen. • Kommunikationsverantwortlichkeiten und Rollen klären. • Gemeinsamen Team-Kodex erarbeiten. • Regelmäßig Feedback geben und Reviews machen. • Gesellschaftliche Veranstaltungen zum persönlichen Austausch fördern. • Erfolgsstories aktiv kommunizieren. • Bei Projektabschluss Projekt-Debriefings durchführen.
Patent- und Markenabteilung als Dienstleister
113
• Break-Out Sessions, um Distanz zum Tagesgeschäft herzustellen. • Experimentier-Räume einrichten, zur Förderung von Versuchen. Der Schweizer Industriekonzern Georg Fischer setzt bisher auf ein rein monetäres Anreizsystem zur Stimulation von Erfindungen, das nationale Verpflichtungen, wie beispielsweise die Arbeitnehmererfindervergütung mit berücksichtigt. Wichtig ist dabei, dass das Anreizsystem von den Beteiligten als fair wahrgenommen wird, insbesondere dann, wenn Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen und Standorten des Unternehmens als Team gemeinsam an Projekten tätig sind. Eine relevante Ausgangsgröße für Vergleiche sind dabei die durchschnittlichen Gehälter der Standorte. Des Weiteren sind Transparenz, breite Kommunikation und angemessene Schulung erforderlich. Unterstützung muss seitens der F&E-Leitung beziehungsweise dem Technischen Vorstand vorliegen, wenn das Programm als seriös und nachhaltig wahr- und angenommen werden soll. Der Rückversicherer Swiss Re hat ein Anreizsystem für Erfindungen mit monetären und nicht monetären Komponenten eingeführt. Die Erfinder werden in einer Hall of Fame im Intranet aufgeführt und geehrt. Begleitet ist dies von einem Anerkennungsschreiben von einem Geschäftsleitungsmitglied und gegebenenfalls auch kleinen Geschenken. Endress+Hauser publizierte einen Geschäftsbericht, dessen Umschlag die Portraits aller Erfinder zierte – ein starkes Zeichen nach innen (Erfinder, Mitarbeiter) und außen (Kunden).
Patent- und Markenabteilung als Dienstleister Patent- und Markenabteilungen bewegen sich als interne Dienstleister in einem Spannungsfeld zwischen strategischer Steuerung einerseits sowie Vermittlungs- und Leistungserbringung andererseits (Loebbert 2000). Die Pflege der internen Kundenbeziehungen erfolgt dabei auf den drei Ebenen (Abb. V.7): • Geschäftsleitung: Der Auftrag der Geschäftsleitung an die Patentabteilung muss klar und eindeutig sein. Die verbreitete Vorgabe bezüglich Anzahl der Patente reicht bei weitem nicht. Wichtig sind eindeutige Aussagen zur strategischen Stoßrichtung (vgl. Kap. II). • Linie: Die Leistungserstellung für den internen Klienten muss ausgewogen sein (Geben & Nehmen, Pflichten & Rechte). • Patentabteilung: Die Moderationsrolle zwischen strategischem Auftraggeber und den übrigen Klienten ist ausgewogen auszufüllen.
114
Organisation des Patentmanagements
Geschäftsleitung als strategischer Auftraggeber
Linie mit spezifischen Aufträgen
Patentabteilung als interner Dienstleister
Abb. V.7. Ebenen der Kundenbeziehung einer internen Patentabteilung
Zu den Aufgaben einer Patent- und Markenabteilung zählen daher: • Abklärung von Erfindungen und Markenanfragen. • Produktive Förderung von Erfindungen. • Verfahrensführung für Patente, Marken und andere Schutzrechte zuzüglich Monitoring externer Kanzleien. • Beratung, Unterstützung, Recherchen, Due Diligences (Methodik, Analyse, Support, Patentstrategie). • Erfindervergütung für Arbeitnehmer und Anreizsysteme/Incentives. • Standardisierungsthemen. • Patent-Portfoliomanagement (Database- und Information Management). • Administration der Patent- und Markenprozesse (Fristen, Gebühren). • Verbesserungsvorschlagswesen. • Wissensmanagement (Ideenmanagement, Stand der Technik Überblick, Erfindungsmeldungen, eigene Patente, Patente Wettbewerber). Die Leistungserbringung von zentralen Patentabteilungen steht in vielen Unternehmen immer wieder im Fokus der Kritik: Der Dienstleistungsaspekt wird in zahlreichen Unternehmen vergessen. Stattdessen verhalten sich einige Patentabteilungen als Zensoren und Verhinderer anstatt als Katalysatoren der Innovation. Den Verantwortlichen fällt es dabei häufig schwer, ausgehend von Nutzen und Kosten der Leistungserbringung rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen und diese in einem ausgewogenen Verhältnis zu balancieren.
Kosten und Nutzen einer Patentabteilung
115
Patentabteilungen erbringen Dienstleistungen Dienstleistungen sind Leistungsangebote, die sich generell durch vier Merkmale auszeichnen: • Unmittelbarkeit: Herstellung und Verbrauch beziehungsweise Verwendung fallen zeitlich zusammen. • Nichtgreifbarkeit: Die Leistung ist physisch nicht oder nur schwer greifbar. • Kundenbeziehung: In der Regel findet ein persönlicher Kontakt statt. • Kundenbeteiligung: Der Kunde ist an der Erstellung der Dienstleistung beteiligt. Es stellen sich deshalb typischerweise auch besondere Herausforderungen an den Umgang und insbesondere an die externe Beschaffung von Dienstleistungen: • Die Art und Qualität der Dienstleistung ist heterogen und daher nur schwer standardisierbar. • Eine Dienstleistung ist nicht von der Interaktion mit dem Kunden loslösbar, sondern erfolgt im sozialen Kontext. • Dienstleistungen sind nicht lagerbar, es ist somit keine Vorratshaltung möglich. • Dienstleistungen sind vor deren Bezug nur schwer zu testen. • Der Bezieher einer Dienstleistung kann häufig weder das Ergebnis noch den Prozess qualitativ beurteilen, z.B. welcher Aufwand tatsächlich betrieben wurde. Die vorgestellten Eigenschaften im Umgang mit Dienstleistungen treffen sowohl für die Leistungserbringung durch eine interne Patent- und Markenabteilung für eine Fachabteilung, als auch für die Leistungserbringung durch externe Patentanwaltskanzleien zu.
Kosten und Nutzen einer Patentabteilung Die direkten Kosten einer bestehenden Patent- und Markenabteilung sind relativ leicht zu ermitteln. Neben Personalkosten sind Infrastrukturkosten sowie Kosten von extern bezogenen Leistungen zu berücksichtigen, wie Recherchekosten, Kanzleikosten und Gebühren. Relativ schwierig hinge-
116
Organisation des Patentmanagements
gen ist die Betrachtung der Kosten des gesamten Intellectual Property Management Prozesses, unter Berücksichtigung aller internen und externen Beteiligten. Es hat sich deshalb in zahlreichen Unternehmen vorteilhaft erwiesen, eine Kostentransparenz auf Basis von Einzelaktivitäten beziehungsweise Prozessschritten einzuführen. Diese sind intern nach dem Verursacherprinzip zu verrechnen. Dabei wird die Gesamtleistung auf Leistungsgruppen aufgeteilt. Es entsteht somit ein Regulativ zwischen dem erwarteten Nutzen sowie dem Aufwand und den damit verbundenen Kosten der Leistungserbringung. Im Rahmen der Verrechnung von Einzelleistungen bestehen verschiedene Verrechnungsmodelle: • Umlagenverrechnung. • Stundenverrechnung. • Fallpauschalenverrechnung. Bei der Umlagenverrechnung werden die anfallenden Kosten auf die unterschiedlichen Anspruchsgruppen, beispielsweise Geschäftsbereiche, verteilt. Zur Verrechnung dienen dann häufig die Kostenstellen. Als Kriterien für den Verteilerschlüssel können der Umsatz der Unternehmensbereiche, deren F&E-Budget oder die Anzahl der F&E-Mitarbeiter herangezogen werden. Der Vorteil dieser Verrechnungsart besteht in dem geringen Aufwand. Nachteilig wird in der Praxis häufig die geringe Beeinflussbarkeit und Transparenz der Umlageschlüssel empfunden. Die Stundenverrechnung, analog zu externen Leistungserbringern, ist durch hohe Transparenz und Genauigkeit geprägt. Der interne Aufwand ist jedoch in der Regel ungleich höher und birgt die Schwierigkeit der Zuordnung von nicht direkt verrechenbaren Stunden. Die Fallpauschalenverrechnung stellt einen Kompromiss dar, da hinreichende Genauigkeit mit einem vertretbaren Aufwand erreicht werden kann. Besonders geeignete Arbeitsvorgänge zur Pauschalisierung sind die Ausarbeitung von Anmeldungen, Bescheiden und Gutachten, administrative Portfoliopflege sowie Auskünfte. Andere Leistungsvorgänge, wie Verletzungsangelegenheiten oder Innovationsberatung, sind aufgrund des sehr fallspezifischen Aufwandes nur schwer pauschalisierbar und werden daher in der Regel dennoch nach Aufwand verrechnet. Der generelle Nachteil von Verrechnungsmodellen besteht in der Dominanz von Partikular- und Geschäftsbereichsinteressen im Sinne von „Wer zahlt, schafft an“. Noch problematischer als die Kosten wird immer stärker der Nutzen einer Patent- und Markenabteilung diskutiert. Mit anderen Worten: Wie
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
117
hoch sind die Opportunitätskosten, wenn keine Patent- und Markenabteilung existieren würde? Der direkt monetär messbare Nutzen über Lizenzeinnahmen stellt in der Regel den kleinsten Teil dar. Viel gewichtiger zeigt sich der schwer nachweisbare Nutzen, dass Wettbewerber ein gutes Patent nur schwierig umgehen konnten und daher kein Imitator als Konkurrent tätig ist (temporäre Monopolgewinne). Das Ausmaß, in dem die Wettbewerber durch eigene Patente effektiv blockiert sind, lässt sich nur in Ausnahmefällen feststellen (z.B. Gore-Tex-Patent). Praktisch lassen sich diese Blockadeeffekte jedoch kaum monetär bewerten.
Leistungsbeurteilung Der Konsumgüterhersteller Henkel wendet als Kennzahl zur Beurteilung der Qualität der Anmeldetätigkeit der Patentabteilung die Zahl der Einsprüche gegen eigene Patente an. Dies erscheint eine einfache und effektive Kennzahl zu sein.
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten Auch bei der Leistungserbringung im Intellectual Property Bereich stellt sich die Frage, welche Tätigkeiten durch Mitarbeiter des eigenen Unternehmens und welche extern erbracht werden sollen. Operative Gründe für Outsourcing sind: • Geringe eigene Kapazität und wechselnde Kapazitätsauslastung. • Geringe Expertise auf Randgebieten oder neuen technologischen Gebieten. • Sorgfältigkeitsnachweis für die gesamten Prozesse, beispielsweise für US-Verfahren. Aus strategischen Gründen werden sinnvoller Weise zumindest diejenigen Tätigkeiten im Unternehmen selbst erbracht, die einen besonders hohen Entscheidungs- und Koordinationsbestandteil aufweisen und einen engen Kontakt zu internen Informationsquellen erfordern. Hierzu zählen insbesondere: • Entwicklung von strategischen Patentclustern. • Aufbau von Intellectual Property Know-how als Kernkompetenz, beispielsweise Biotech-Unternehmen.
118
Organisation des Patentmanagements
• Organisatorische Koordination und Qualitätsmanagement ausgelagerter Prozesse. • Inanspruchnahme von Erfindungen. • Arbeitnehmererfindervergütung. • Konsistentes Patent-Portfoliomanagement. • Corporate Budget-Management. Aus rechtlichen Gründen kann eine Beauftragung von externen Experten erforderlich sein, beispielsweise bei • Vertretungszwang vor Gerichten oder Ämtern. • Gutachtenerstellung, beispielsweise bei Patentverletzung. • Wahrung der Unabhängigkeit oder Vertraulichkeit, beispielsweise im US-Discovery-Verfahren. Generell ist bei der Auslagerung von unternehmerisch bedingt unterschiedlichen Interessenlagen zwischen dem beauftragenden Unternehmen einerseits und dem beauftragten externen Dienstleister andererseits auszugehen. So möchten Unternehmen beispielsweise wechselnde Kapazitätsauslastungen ausgleichen und möchten häufig aus Kostengründen nur Anwaltsleistung, nicht aber administrative Leistungen beziehen. Demgegenüber ist die mandatierte Kanzlei an einer möglichst gleichmäßigen Auslastung interessiert und möchte ihre administrativen Leistungen verkaufen. Beim Outsourcing sind die Kosten-/Nutzenaspekte sorgfältig zu eruieren. Hauptschwierigkeit ist dabei die Bewertung des einer ausgelagerten Tätigkeit zugrunde liegenden Aufwands sowie die Beurteilung der erhaltenen Qualität. Qualitätsmanagement im ausgelagerten Patentanmeldeprozess Wichtig beim Qualitätsmanagement ist das grundlegende Verständnis, dass das Ergebnis der extern erbrachten Dienstleistung wesentlich vom eigenen Beitrag abhängig ist. Eine umfassende Qualitätsbeurteilung bewertet daher nicht nur die extern erbrachte Leistung, sondern auch die Qualität des internen Beitrags. Beim Patentanmeldeprozess bewerten deshalb interne Experten die Leistungen der externen Patentanwaltskanzleien und Recherchenbüros (Rating). Die Leistungserbringung des eigenen Unternehmens, beispielsweise betreffend der Informationsversorgung oder Verfügbarkeit von qualifizierten Ansprechpartnern, wird im Gegenzug durch die externen Leistungserbringer beurteilt (Reverse Rating).
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
119
Zur Bewertung werden unterschiedliche Bewertungskategorien herangezogen. Als Bewertungskategorien eignen sich sowohl für das Rating als auch das Reverse Rating: • Beschaffung. • Qualität. • Logistik. Pro Kategorie werden verschiedene qualitative und quantitative Kennzahlen und Indikatoren bewertet die jeweils mit einem Gewichtungsfaktor beaufschlagt werden. Die Ergebnisse der Bewertungskategorien werden wiederum nochmals mit Gewichtungsfaktoren beaufschlagt, so dass schlussendlich ein Rating und ein Reverse Rating Ergebnis vorliegt. Es empfiehlt sich eine regelmäßige und möglichst kontinuierliche Durchführung des Bewertungsprozesses. So kann sowohl an Maßnahmen und Zielen zur Verbesserung gearbeitet werden, als auch Vergleiche zwischen verschiedenen externen Anbietern vorgenommen werden. In den folgenden zwei Aufstellungen sind beispielhaft Indikatoren für Rating und Reverse Rating dargestellt (Tabelle V.2 und Tabelle V.3). Qualitätseigenschaften von Dienstleistungen Die Qualitätsbestimmung von extern bezogenen Dienstleistungen ist sehr wichtig und hat Einfluss auf deren Beschaffung. So beruhen die Qualitätseigenschaften von Dienstleistungen auf: •
Erfahrungsqualität: vor Erbringung ist die Qualität der Dienstleistung nicht und nachher nur durch Experten beurteilbar.
•
Referenzqualität: auch nach Erbringung ist die Qualität der Dienstleistung nicht oder nur bedingt beurteilbar (Michel 2003).
Insbesondere bei Auslagerung der Ausarbeitung und Verfahrensführung von Patentanmeldungen lässt sich häufig erst Jahre später beurteilen, welche Qualität tatsächlich erbracht wurde, beispielsweise als wie rechtsbeständig sich ein erteiltes Patent schlussendlich erweisen wird.
120
Organisation des Patentmanagements
Tabelle V.2. Bewertung durch interne Patentabteilung (Rating) 1. Beschaffung 1.1 Kostenperformance bei Erstanmeldungen 2. 2.1 2.2 2.3
Qualität Anmeldungen, Einsprüche Internationale Kooperation Empfehlungen in Prüfungsund Auslandsnachanmeldeverfahren 2.4 Erfinderfeedback 2.5 Unterstützung aus dem Bereich 3. Logistik 3.1 Erfüllungsgrad interner und externer Fristen 3.2 Durchflusszeit im Anmeldeprozess 3.3 Unterstützung IP-Verwaltung 3.4 Flexibilität, z.B. kurzfristige Anmeldungen 3.5 Verbesserung des elektronischen Kommunikationsprozesses Gesamtauswertung
Gewichtung: 20% 100%
Erfüllung: … %
100/…
Gewichtung: 45% 40% 10% 20%
Erfüllung: … %
40/… 10/… 20/…
15/… 15/…
15% 15%
40/…
Gewichtung: 35% 40%
20/…
20%
20/… 10/…
20% 10%
10/…
10%
Erfüllung: … %
Gesamterfüllungsgrad: … %
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
121
Tabelle V.3. Auswertung durch externe Kanzleien (Reverse Rating) 1. Beschaffung 1.1 Rechtzeitiger Zahlungseingang 1.2 Kosten internationaler Anwälte
Gewichtung: 20% 80% 20%
Erfüllung: … %
80/… 20/…
2. Qualität 2.1 Qualität der Erfindungsmeldung
Gewichtung: 45% 45%
Erfüllung: … %
45/…
15/…
15%
20/… 20/…
20% 20%
40/…
Gewichtung: 35% 40%
30/…
30%
30/…
30%
• Struktur • Figuren, Diagramme • Stand der Technik Dokumente • Beschreibung der Erfindung • Ausführungsbeispiele
2.2 Notwendigkeit der Ergänzung der Erfindungsmeldung nach Gespräch 2.3 Hintergrundsinformationen 2.4 Qualität der internationalen Anwälte 3. Logistik 3.1 Zeitmanagement
Erfüllung: … %
• Klare Fristen • Regelmäßiger Erfindungszugang • Abschätzung Erfindungsmeldungszugang • Rechtzeitige Entscheidung für Nachanmeldungen im Ausland
3.2 Erfinderkontakt • Aktualisierte Erfinderadressen • Nennung Haupterfinder • Persönlicher Kontakt mit Erfinder möglich • zügige Erfinderreaktion
3.3 Kontakte mit anderen • IP-Manager / IP-Koordinator • IP-Referent • IP-Verwaltung • Internationale Anwälte
Gesamtauswertung
Gesamterfüllungsgrad: … %
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Organisation des Patentmanagements
Integration externer Patentanwälte: Infineon Technologies13 Das Halbleiterunternehmen Infineon Technologies geht auf die Ausgründung des Halbleiterbereichs des Elektrokonzerns Siemens im April 1999 zurück. Infineon zählte bereits damals weltweit zu den Top-Ten der Halbleiterunternehmen und verfügte über ein Patentportfolio von über 20.000 Patenten und Patentanmeldungen zum Zeitpunkt der Ausgründung. Ausgangsphilosophie seitens Infineon war es, möglichst schnell vom ehemaligen Mutterkonzern unabhängig zu werden. Da zahlreiche Dienstleistungen zuvor zentral von Siemens zur Verfügung gestellt aber nicht mit ausgegründet worden waren, sollte vor allem im Dienstleistungsbereich verstärkt auf extern verfügbare Quellen zurückgegriffen werden. Hiervon betroffen waren insbesondere die Patent- und Markenabteilung. Aufgrund dieser Ausgangssituation gab es unterschiedliche Perspektiven: • Schlussfolgerung seitens Infineon: „Wie kann die bisherige Halbleiterpatentabteilung von Siemens noch möglichst lang zur Unterstützung verpflichtet werden?“ • Schlussfolgerung seitens Siemens: „Was soll mit der bisherigen Halbleiterpatentabteilung geschehen?“ – Interne Absorption und Verselbständigung als externe Kanzlei. Beim Aufbau einer Intellectual Property Betreuung waren kurz- und langfristige Ziele zu balancieren. Kurzfristig war es erforderlich, die bisherige Intellectual Property Betreuung vollständig von Siemens auf Infineon bis zum, nur ein Jahr später im April 2000, geplanten Börsengang überzuleiten. Langfristig sollte eine eigene, wettbewerbsfähige Intellectual Property Betreuung mit anspruchsvollem Serviceangebot aufgebaut werden. Die Randbedingungen wiesen allerdings hohe Risiken für den Aufbau einer internen Patentabteilung auf. Es war eine sehr hohe Zahl von Erfindungs- und Patentanmeldungen zu bearbeiten. Im Geschäftsjahr 1998/99 wurden jährlich bereits mehr als 1.000 Patentanmeldungen eingereicht. Des Weiteren lag ein sehr hoher aktiver Aktenbestand mit über 10.000 Akten vor. Eine große Zahl an Verletzungs- und anderen Rechtsstreitigkeiten und ein generell hoher Beratungsbedarf, wie beispielsweise für Produkt Clearings und Redesign stellten hohe Anforderungen an Beratungskapazität und -qualität. Demgegenüber war am Arbeitsmarkt für den High-Tech-Bereich Halbleitertechnologie mit einer nur geringen Anzahl an frei verfügbaren IP-Professionals zu rechnen. Darüber hinaus bestand generell eine starke Nachfrage nach freien IP-Professionals am Arbeitsmarkt. 13 Siehe
auch Kapitel VIII, Infineon Technologies.
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
123
Die geschilderte Ausgangsposition legte die Auslagerung der Leistungserbringung im Patentanmeldeprozess nahe. Des Weiteren war es offensichtlich, dass das Leistungspaket auf mehrere externe Patentanwaltskanzleien aufgeteilt werden musste. Ein umfangreiches Maßnahmenpaket wurde von Infineon und Siemens aufgesetzt, um die Eigenständigkeit der Intellectual Property Aktivitäten bei Infineon zu ermöglichen. Etwa ein Drittel des Fachpersonals der Siemens-Halbleiterpatentabteilung konnte erfolgreich als eigenständige Kanzlei verselbständigt werden. In diesem Rahmen sicherte Infineon der Kanzlei temporär Mindestbezugsgrößen zu. Des Weiteren hatte die bisher für den Halbleiterbereich zuständige Patentabteilung von Siemens bereits Beziehungen zu einem externen Kanzleinetzwerk. Spitzenlasten wurden bereits als so genannte „Kollegenarbeit“, allerdings ohne Mandatsvergabe ausgelagert. Aus diesen Aktivitäten lagen Beziehungen zu etwa 30 Kanzleien in Deutschland vor, auf die nun verstärkt zugegriffen werden sollte. Eine Übergangsregelung zwischen Siemens und Infineon sicherte Infineon die temporäre Unterstützung durch ein Abwicklungsteam der Siemens-Patentabteilung und die Kontinuität der Verwaltungsabwicklung zu. Parallel wurde bei Infineon mit dem Aufbau einer eigenen Intellectual Property Abteilung begonnen. Voraussetzung für die Auslagerung von Intellectual Property Prozessen war aber der Aufbau einer spezifischen Infineon IT-Infrastruktur, um eine so genannte „Kanzlei-Fähigkeit“ herzustellen (Abb. V.8).
Intellectual Property Betreuung Patentabteilung Siemens*
Patentabteilung Infineon
Σ 100% Patentanmeldungen und Verfahrensführung (Prosecution)
Externe Kanzleien
Siemens interne Halbleiterpatentabteilung
1 Jahr
April 2000
* Abwicklungsteam der Siemens-Patentabteilung
Abb. V.8. Überphasung der Leistungserbringung auf externe Kanzleien
124
Organisation des Patentmanagements
Auswahl geeigneter Patentanwaltskanzleien. Ziel bei Infineon war es, möglichst wenige Kanzleien zu mandatieren, um eine möglichst große Steuerbarkeit beizubehalten. Ein wichtiges Selektionskriterium war, dass die Kanzleien über ausreichend technisch-spezifisch qualifizierte Mitarbeiter verfügten und dass die Möglichkeit bestand, diese Kenntnisse auszuweiten. Die technisch relevanten Gebiete betrafen vorwiegend die Halbleitertechnologie und die Nachrichtentechnik sowie das Sicherheits-Knowhow. Wichtig war zudem die generelle Handlungsbereitschaft der Kanzleien, beispielsweise ein bestimmtes Wachstum durch die Einstellung von weiteren Mitarbeitern zu realisieren. Des Weiteren wurde seitens Infineon versucht, eine Lösung für die Problematik bei Single-Sources zu finden. In relevanten Themengebieten wurde deshalb versucht, zumindest eine zweite, hinreichend qualifizierte und geeignete Kanzlei zu mandatieren. Hierdurch sollten später Leistungsund Preisvergleiche vereinfacht und auch Kapazitätsverlagerungen praktikabel durchführbar werden. Besonders entscheidend war bei der Selektion jedoch, inwiefern eine Kanzlei bereit und auch in der Lage war, nicht nur Neuanmeldungen sondern auch laufende Verfahren zu übernehmen. Im Durchschnitt stand das Mengenverhältnis etwa eins zu vier: Pro Neuanmeldung mussten vier laufende Anmeldeverfahren übernommen werden. In diesem Punkt waren natürlich diejenigen Kanzleien generell im Vorteil, die vorher bereits als verlängerte Werkbank für die Siemens-Halbleiterpatentabteilung „Kollegenarbeit“ geliefert hatten. Bei der Auswahl wurde seitens Infineon auf eine möglichst starke Standardisierung gesetzt: • Infineon hat Standardschnittstellen zu Kanzleien geschaffen: z.B. Kanzleianwälte – Infineon Patentabteilung; z.B. Kanzleianwälte – Erfinder. • Entscheidungsabläufe wurden standardisiert. • Technische Applikationsfelder und Korridore für Kanzleikapazitätsbedarf wurden identifiziert. • Die „Kanzlei-Fähigkeit“ Infineons war eine wichtige Voraussetzung um Outsourcing zu ermöglichen: beispielsweise der Aufbau einer spezifischen IT-Infrastruktur für die Patent- und Markenverwaltung. Qualitätsmanagement. Um die Qualität der externen Patentleistungen zu evaluieren, wurde ein starkes, pragmatisches und konsequentes Qualitätscontrolling etabliert. Hierzu wurde die Einkaufsabteilung von Infineon maßgeblich mit einbezogen. Bei der Aushandlung der Konditionen mit den Kanzleien waren Preis und Leistung, einschließlich Zeiterfordernisse,
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten
125
fester Bestandteil der Verhandlungen. Mit den Kanzleien wurden auf dieser Basis anschließend Rahmenverträge erstellt. Durch Ausarbeitung eines standardisierten Qualitätscontrolling-Prozesses, welcher quantitative und qualitative Aspekte abdeckte, und Erfinder, Patentabteilung und Kanzleien mit einbezog, konnte die Leistung von externen Anwälten besser beurteilt werden und somit bei weiteren Auftragsvergaben berücksichtigt werden.
INTERN
Fazit. Infineon hat den operativen Patentanmeldeprozess weitestgehend ausgelagert (Abb. V.9). Während intern der Fokus auf Strategie-, Koordinations- und Entscheidungsprozessen liegt, wird extern eine schnelle und bedarfsgerechte Verfahrensführung von Patentanmeldungen gesichert, die zu einem minimalen Rückstau an in Bearbeitung befindlichen Patentanmeldungen geführt hat.
• Erfindungsmeldung
• Auftragsvergabe
• Portfolioerfassung
• Bewertung
• Erfindereinverständnis
• Entscheidung
• Zustimmung
• Corporate und BUPortfoliomanagement • IP-Strategie
• Inanspruchnahme
• Erfindervergütung • Budget-Management
EXTERN
Erfindung
Anmeldung
• Anmeldungsentwurf • Einreichung bei den Patentämtern • Berichterstattung
Anmeldeverfahren
IP-Portfoliomanagement
• Verfahrensführung vor den Patentämtern • Nachanmeldungen • Einsprüche • Berichterstattung
Abb. V.9. Interne und extern ausgelagerte Prozesse bei Infineon Technologies
126
Organisation des Patentmanagements
Auslagerung des Patentprozesses? Vorteile durch externe Bearbeitung: • • • •
Hohe Flexibilität, auch bei schwankender eigener Nachfrage. Geringe Investitionen. Reduktion von Strukturkosten (z.B. Infineon). Klar definierte Aufträge
Vorteile bei mehreren Kanzleien (Multiple Sourcing): • • • •
Geringere Abhängigkeit von einer einzelnen Kanzlei. Kostenoptimierung durch Wettbewerb. Schnelle Umsetzung durch Parallelarbeit. Second Opinion bei kritischen Fällen.
Nachteile der externen Bearbeitung: • Oft höhere Kosten. • Größerer Aufwand für Qualitätsmanagement. • Z.T. unzureichende Produktkenntnisse.
VI. Ausprägungen des Patentmanagements
„Ein Patent ist nie besser als das Rechtssystem des Landes, in dem es erteilt ist.“ Dr. Christof Wilk Vice President Patents, Henkel
Branchenspezifika Die Wirkung von Patenten ist stark branchenabhängig (Mansfield 1986; Levin et al. 1987; Ernst und Omland 2003). Im Folgenden wird dabei auf einige branchenspezifische Ausprägungen des Patentmanagements eingegangen. Pharma- und Chemiebranche In der Pharma- und Chemiebranche sowie in der Biotechnologiebranche entfalten Patente eine effektive und wirksame Monopolwirkung in Bezug auf die zu schützenden Wirkstoffe und Produkte (Thumm 2001). Insbesondere in der Pharmabranche besteht eine hohe Abhängigkeit der Produkte vom Patentschutz. Einerseits sind Einnahmen von so genannten Blockbuster-Produkten mit Umsätzen jeweils über 1 Milliarde US-Dollar, und einem durchschnittlichen jährlichen Umsatzwachstum von über 20% nur durch Patentschutz erzielbar. Andererseits baut der gesamte GenerikaMarkt auf bioäquivalenten Produkten auf, deren Patentschutz abgelaufen ist. Der Generika-Markt wird weltweit auf 27 Milliarden US-Dollar mit einem zukünftigen durchschnittlichen Jahreswachstum von 13% geschätzt – im Extremfall können durch Generika-Produkte bereits in den ersten Monaten nach Ablauf des Patentschutzes über 50% Umsatzeinbussen verursacht werden (Reuters 2003). Besonders betroffen sind dementsprechend Pharmaunternehmen, die einen hohen Blockbuster-Anteil am Gesamtumsatz aufweisen, wie beispielsweise Pfizer (> 80%), AstraZeneca (> 40%), Eli Lilly (> 40%) und Schering-Plough (> 50%) oder beispielsweise Amgen (> 60%), TAP (> 90%) und Novo Nordisk (> 50%).
Ausprägungen des Patentmanagements
Umsatz
128
Zeit
Erfindung/ PatentProduktPatentanmeldung erteilung einführung (Zulassung)
Auslauf des Auslauf der Basis-Patents Patentschutzverlängerung Auslauf späterer Patente
Verlängerung des Patentschutzes durch: • Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel • „Orphan Drug“-Bestimmungen • Verlängerung für pädiatrische Medikamente Wertsteigerung des Produktes durch: • neuer Wirkstoff • neue Indikation Anmeldung weiterer Patente Verteidigung gegen Patentverletzer max. 14 Jahre 20 Jahre
max. 5 Jahre (Verlängerung)
Abb. VI.1. Verlängerung des Schutzes durch Patente in der Pharmaindustrie
In der Pharmaindustrie ist es deshalb eine große Herausforderung, den Umsatz mit erfolgreichen Produkten vor rapider Preiserosion zu bewahren, diese mit Ablöseprodukten zu ersetzen und ein proaktives Patentmanagement zu betreiben (Abb. VI.1). Dieses baut insbesondere auf folgenden Säulen auf: • Verlängerung des effektiven Patentschutzes durch a) ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel für maximal 5 Jahre; b) so genannte Orphan-Drug-Bestimmungen für Nischenmedikamente mit zusätzlichem Schutz von 7 Jahren in den USA und maximal 10 Jahren in der EU; c) Schutzverlängerung für pädiatrische Medikamente für 6 Monate in den USA. • Ständige Wertsteigerung der Produkte durch neue Wirkstoffe und neue Indikationen. • Aggressive Verteidigung der Schutzrechte gegenüber Patentverletzern.
Branchenspezifika
129
• Umsatzsicherung nach Ablauf des Patentschutzes durch Wechsel des Medikamentenstatus zum freiverkäuflichen Medikament (OTC-Drug) oder Einführung einer Generika-Marke. • Verminderung der Abhängigkeit von Schlüsselprodukten durch Investitionen in Lebenszyklus- und Portfoliomanagement, Lizenzvergabe an Dritte sowie Durchführung von Mergers & Acquisitions. In der Chemiebranche gilt laut Bayer-Technologieexperte Dujardin: „Wer die Formel hat, hat die Macht.“ In Bezug auf den Umgang mit Patenten, Lizenzierung und Marktstrukturen in der chemischen Industrie werden Patente in Verbindung mit anderen Instrumenten eingesetzt, beispielsweise Geheimhaltung. Dies gilt insbesondere für Verfahrensinnovationen. Je nach zugrunde liegendem Wissensgebiet wird versucht, ganze Technologiegebiete mit Patentclustern abzudecken. Lizenzabkommen sind häufig Bestandteil von Technologiepaketen. Generell besteht eine zunehmende Bereitschaft der Unternehmen ihre Produkte und Technologien zu lizenzieren (Tabelle VI.1). Tabelle VI.1. Lizenzaktivitäten größerer Chemieunternehmen Rang 1 2 3 4 5 6 8 9 10 11 14 15 16 17 18
Unternehmena
Anzahl an Lizenzen in % der Gesamtinvestitionenb
Bayer BASF Hoechst Du Pont Dow ICI UCC Shell Exxon Amoco Mobil Air Liquide Monsanto Montedison Enichem
21 20 20 16 5 3 44 32 23 35 25 21 41 45 8
Durchschnittc
27
Quelle: Arora (1997) a b c
Reihenfolge nach Umsatz in der Chemiesparte gemäß Aftalian-Liste (1991). Gesamtinvestition = Anzahl neuer Produktionsstätten zwischen 1980 und 1990. Durchschnittsbildung auf Basis der jeweiligen Anzahl an neuen Produktionsstätten. Dieser Wert bleibt fast unverändert auch ohne die Ölunternehmen Amoco, Exxon, Mobil und Shell.
130
Ausprägungen des Patentmanagements
Elektrotechnik- und Telekommunikationsbranche In weiten Bereichen der Elektronik-, Halbleiter- und Telekommunikationsbranche liegen gegenseitige Abhängigkeiten durch Patente vor. Fast kein Unternehmen dieser Branchen kann noch eigenständig Produkte entwickeln und verkaufen, ohne dabei von Patenten Dritter abhängig zu sein. Dementsprechend sind Unternehmen, wie IBM oder Siemens in verstärktem Masse zu einer offenen Lizenzpolitik gezwungen und schließen in breitem Umfang Kreuzlizenzabkommen ab. Aufgrund von Marktanforderungen gibt es einerseits häufig breite technische Überlappungsbereiche. Andererseits bestehen in der Regel zahlreiche, unterschiedliche technische Lösungsvarianten, die die gleiche Funktionalität bieten und dennoch geforderte Anforderungen erfüllen können. Da Anwender eine immer größere Modularisierung von technischen Geräten fordern, sind länder- und unternehmensübergreifende technische Standardisierungsinitiativen deshalb unumgänglich geworden. Besonders ausgeprägt sind diese im Mobilfunkbereich. In den Standardisierungsgremien müssen die beteiligten Unternehmen allerdings in der Regel bereit sein, ihre Patentportfolien zugunsten eines gemeinsamen Standards zu opfern, der allen Beteiligten zur Verfügung stehen soll. Fallbeispiel Deutsche Telekom. Die Deutsche Telekom verfolgt eine ausformulierte Strategie für das Management ihres geistigen Eigentums. In diesem Rahmen sichert die Deutsche Telekom Erfindungen und innovative Ideen bereits relativ früh, um einen möglichst breiten Schutzbereich erzielen können und ihre Technologieführerschaft gegenüber Wettbewerbern auf ein möglichst breites Spektrum auszudehnen. Die Ideen werden vor der Anmeldung auf Machbarkeit und Potenzial geprüft, obwohl nach Aussage des Intellectual Property Fachbereichsleiters Hacker die konkrete Anwendung, welche später auch kommerzialisiert werden könnte, oft zum Teil noch gar nicht bekannt ist. Diese extensive Patentstrategie zeigt sich auch in der Anzahl der jährlich angemeldeten Patente, welche seit 1995 mit der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte stark zugenommen hat (Abb. VI.2). So stieg die gesamte Zahl an Patenten im Jahr 2004 auf etwa 6.000 (Abb. VI.3). Erst in den letzten beiden Jahren ist eine Konsolidierung festzustellen, um sich für die Zukunft auf die Gebiete mit dem größten Potenzial zu konzentrieren. Eine große Bedeutung kommt dabei auch den Portfolioaktivitäten zu, die das Patent über den gesamten Lebenszyklus von der Anmeldung bis zur Aufgabe steuern und welche im nächsten Kapitel für die Deutsche Telekom analysiert werden. Die Deutsche Telekom meldet grundsätzlich alle Patente sowohl in Deutschland, als auch in Europa an, da dort die Hauptwettbewerber anzu-
Branchenspezifika
131
600 500 400 300 200 100 0 1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
t
Quelle: Deutsche Telekom (1997, 2004, 2005a)
Abb. VI.2. Anzahl der jährlichen Patentanmeldungen der Deutschen Telekom
treffen sind. Das Unternehmen besitzt momentan rund 37% aller Patente in Deutschland und über 20% in Europa. In gewissen Fällen wird ebenfalls über eine weltweite oder länderspezifische Patentierung entschieden, wenn es die Eigenschaften der Erfindung erfordern. Letztlich ist es aber stets auch eine Kostenfrage, was die Anmeldung und Erhaltung von Patenten betrifft. Dabei ist es der Deutschen Telekom sehr wichtig, dass eine möglichst große Patenteffizienz erreicht wird. Das Kriterium Patenteffizienz berechnet das Unternehmen aus der Anzahl an entsprechenden Patenten dividiert durch den Forschungsaufwand. Diese Anforderungen können nur über eine regelmäßige Kosten-NutzenAnalyse sichergestellt werden. Bei der Deutschen Telekom werden alle Patente jährlich auf Effizienz überprüft und bei Nichterreichen definierter Soll-Werte nicht mehr verlängert. Da in den Jahren 2000 bis 2004 der Aufwand für Forschung und Entwicklung stabil bei etwa 0,9 Milliarden Euro geblieben ist, hat sich das Kriterium Patenteffizienz kontinuierlich verbessert, indem die Anzahl an Patenten erhöht werden konnte (Abb. VI.3). Die Technologiegebiete Bildübertragung und Wähltechnik haben im Zeitablauf an Bedeutung verloren. Im Gegenzug ist die Bedeutung der Übertragung digitaler Information gestiegen. Dies widerspiegelt die vermehrten Investitionen der Telekommunikation in die Forschung in der Breitbandtechnologie, aber auch in Technologien, die noch nicht marktreif sind. Der Fernsprechverkehr blieb über die Jahre auf hohem Niveau konstant und verlor erst im Jahr 2004 die Top-Position an die Übertragung digitaler Information. Nach eigenen Angaben spielen dabei Patente im
132
Ausprägungen des Patentmanagements
6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 2000
2001
2002
2003
2004
t
Quelle: Deutsche Telekom (1997, 2004, 2005a)
Abb. VI.3. Entwicklung des Patentportfolios der Deutschen Telekom im Zeitverlauf
Dienstleistungsbereich eine etwas größere Rolle, als Patente auf HardwareErfindungen. Die Sicherung von Softwarepatenten bildete dabei in den letzten Jahren einen besonderen Schwerpunkt (Deutsche Telekom 2004). Betrachtet man die Anzahl der Patentanmeldungen (Abb. VI.2) unter Berücksichtungen der eben aufgezeigten rückläufigen Entwicklung im Bereich der Wähltechnik und der Bildübertragung, so zeigt sich hier eine konsequente Growing-Strategie bis 1999 (siehe auch Kapitel III, Bewertung von Patenten, S. 64f.). Die Deutsche Telekom hat sich bis zu diesem Zeitpunkt ein breites Portfolio aufgebaut, um möglichst viele Optionen zu haben. Seit 1999 hat sich die Anzahl an Neuanmeldungen konsolidiert und konzentriert. Allerdings kann noch nicht von einer Reduktionsphase gesprochen werden, da die absolute Zahl an Patenten weiterhin zunimmt (Abb. VI.3). Dennoch können so bereits durch ein gewisses Pruning Kosten gespart werden. Bei der Deutschen Telekom hatte die Verwertung und Kommerzialisierung von geistigem Eigentum Mitte der Neunziger Jahre noch eine unbedeutende Rolle, da zu dieser Zeit die Menge an Patenten verglichen mit industriellen Bereichen relativ gering war. Damit waren auch die Möglichkeiten der Kommerzialisierung beschränkt. Die Deutsche Telekom hat erst nach der Privatisierung und Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte im Jahre 2002 begonnen, ihr geistiges Eigentum zu vermarkten (Deutsche Telekom 2004). Die Bedeutung der Vermarktung von Intellectual Property hat seither ständig zugenommen und wird auch weiter vorangetrieben (Deutsche Telekom 2005a).
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Vom GSM- zum UMTS-Standard Beim Aufbau des europäischen Mobilfunkstandards GSM14 Ende der späten 80er Jahre beeinflusste das amerikanische Unternehmen Motorola den Standardisierungsvorgang maßgeblich durch die hohe Anzahl eigener relevanter Patente und verfolgte eine für die damalige Zeit ungewohnt aggressive Lizenzpolitik (Granstrand 1999). So wurde der GSM-Standard aus Ländern ferngehalten, in denen Motorola andere Interessen verfolgte. Des Weiteren konnten spezifische Lizenzkonditionen durchgesetzt werden, wie beispielsweise Kreuzlizenzierungen, die Motorola den Zugriff auf Patent- und Technologieportfolien von Wettbewerbern sicherte und die Struktur des GSM-Zuliefermarktes bestimmte (Bekkers, Duysters und Verspagen 2002): Trotz geringer Anzahl an eigenen relevanten Patenten gelang dem Unternehmen Siemens damals ein später Beitritt zum GSMStandard. Das französisch-deutsche Unternehmen Alcatel verfolgte ursprünglich einen anderen technischen Lösungsweg, der aber nicht zum Standard wurde. Nach Festlegung des GSM-Standards musste das Unternehmen daher technisch neu beginnen und ein neues Patentportfolio aufbauen. Auch bei dem weltweiten Mobilfunkstandard der dritten Generation UMTS15 spielen zugrunde liegende Patentportfolien eine wichtige Rolle. So bestehen wesentliche technische Abhängigkeiten vom amerikanischen Mobilfunkstandard CDMA16. Diesem liegen relevante Patente des amerikanischen Unternehmens Qualcomms zugrunde, ohne die der UMTS-Standard nicht zu betreiben ist. Patentportfolien dienen zunehmend dazu, bisher unbeteiligte Neulinge durch hohe Markteintrittsbarrieren fernzuhalten. Durch über Patentportfolien gestützte technische Standards sowie deren Lizenzregelungen werden Newcomer gezwungen, eigene relevante Schutzrechte offen zu legen und den Standardteilnehmern zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug wird eine Lizenz am Standard erworben. Ein derartiger Handel stößt allerdings an Grenzen, wenn Standard relevante Patente zwar existieren, deren Inhaber jedoch selbst gar nicht die Absicht hat eigene, Standard konforme Produkte zu führen, sondern vor allem auf Lizenzeinnahmen abzielt. 14 Global
System for Mobile Communications. Mobile Telecommunication System: Wird insbesondere von den HardwareHerstellern Ericsson und Nokia sowie von dem weltweit größten Anbieter von Mobilfunk-Diensten, der japanischen DoCoMo vorangetrieben. 16 Code Division Multiple Access. 15 Universal
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Ausprägungen des Patentmanagements
Automobil- und Maschinenbaubranche Die weltweite Automobilbranche leidet in dieser Dekade weltweit unter den relativ schwierigen Marktbedingungen. Aufgrund des gesamtwirtschaftlichen Hintergrunds wird sich die Lage in den Automobilmärkten voraussichtlich nur langsam verbessern. Die Branche lebt mit Überkapazitäten von etwa 20%, die nicht ohne weiteres reduzierbar sind. Begrenzte Wachstumsperspektiven der großen Automobilmärkte sowie kürzere Produktlebenszyklen verstärken den Wettbewerb und Kostendruck in allen Marktsegmenten weiter. In der Zukunft wird darüber hinaus mit weiteren Kostentreibern gerechnet, beispielsweise für strengere Umwelt- und Sicherheitsauflagen. Die Automobilbranche befindet sich aber in einem starken Konzentrationsprozess: Im Jahre 2001 produzierten die zehn größten Automobilhersteller bereits fast 80% der weltweit gefertigten Fahrzeuge. Zu den größten Automobilherstellern zählen dabei General Motors, Ford, Toyota, Volkswagen, DaimlerChrysler, PSA Peugeot Citroen, Honda, Hyundai, Nissan und Fiat. Nach Angaben des Deutschen Patent- und Markenamts kamen in Deutschland die meisten Patentanmeldungen sowohl in 2005 als auch im Vorjahr aus dem Bereich Fahrzeugbau (5.276), gefolgt von Maschinenelementen (4.007) sowie Mess- und Prüftechnik (3.916). Durch stärkere Einbindung und Verpflichtung der Automobilzulieferer werden Fahrzeugkomponenten bereits zum großen Teil von Zulieferern entwickelt und gefertigt. Ausnahmen bilden vor allem noch Presswerke, Motoren und Getriebe (McK 2003). Die Auslagerung der Innovationstätigkeit an Automobilzulieferer hat zur Folge, dass diese stärker eigenständig Schutzrechte anmelden. Nach Aussagen des Leiters Technologiemanagement von DaimlerChrysler forschen die großen Automobilzulieferer auf den gleichen Gebieten wie die OEMs: „In der Forschung sind Bosch und DaimlerChrysler harte Konkurrenten“. Es geht vor allem um den Kampf um neues Wissen und die strategisch starken Patente. Andererseits wird durch die Einkaufsabteilungen der Automobilhersteller ein starker Kostendruck auf die Zulieferer ausgeübt. Grundsätzlich wird versucht, mehrere Zulieferer, so genannte Second- oder Third-Sources, für Komponenten zu finden. Eine durch Patente gesicherte Exklusivität können die jeweiligen Zulieferer in der Praxis dann meist nur temporär und allenfalls für die Oberklasse-Fahrzeuge erzielen. Lediglich innovativ starken Zulieferern gelingt es, hier wirklich eigenständige Positionen aufrecht zu erhalten. Die Automobilzulieferer Bosch, Continental, Delphi, Mann+Hummel, Siemens VDO, Valeo oder ZF Friedrichshafen haben sich
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in der Vergangenheit starke Patentpositionen aufgebaut und nutzen diese zur Stärkung ihrer Verhandlungsposition gegenüber den OEMs. Das 6-Gang Getriebe von ZF Friedrichshafen für BMW hat beispielsweise nur noch zwei Jahre Exklusivität für BMW. Die Zeit reicht kaum noch aus für eine nachhaltige Differenzierung gegenüber Automobilkonkurrenten. Die führenden OEMs, wie DaimlerChrysler und BMW, arbeiten deshalb in den frühen Innovationsphasen explizit mit technologieintensiven Nicht-Lieferanten zusammen (z.B. Hightech Spin-offs aus Universitäten), um für den Automobilbereich strategisch wichtige Patente aufzubauen. Dies ist vor allem bei Systeminnovationen relevant. Ein Beispiel ist der Ersatz von konventionellen Lenksystemen durch Brake-and-Steer-byWire. F&E-Kooperationen mit Zulieferern. Die Stärke von Automobilzulieferern zeigt sich folglich darin, inwiefern diese in Entwicklungskooperationen mit Automobilherstellern in der Lage sind, eigene Innovationen exklusiv halten zu können. Dies gelingt derzeit nur den wirklich Grossen. KMUZulieferer sehen sich deshalb eher den im Folgenden skizzierten Situationen ausgesetzt: Die Automobilzulieferer versuchen, Erfindungen zu grundlegenden Innovationen möglichst eigenständig zu entwickeln und zu patentieren. Da die Entwicklungsarbeiten aber häufig erst in enger Zusammenarbeit mit Automobilherstellern und in deren Auftrag erfolgen, gelingt es Letzteren meistens, sich die Entwicklungsergebnisse als „Auftragsentwicklungen“ zu sichern (Abb. VI.4). Erfindungen und daraus re-
Z1²
?
A2
? Entwicklungsergebnisse inkl. IP
A1
Z1
Abfluss von Nutzungsrechten Z1 nach Z2
Hersteller
2nd-Tier Zulieferer
1st-Tier Zulieferer
Lizenzflüsse
Z2 unterlizenzierbares Nutzungsrecht
Abb. VI.4. Verflechtung von Nutzungs- und Lizenzrechten bei F&EKooperationen in der Automobilbranche
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Ausprägungen des Patentmanagements
sultierende Schutzrechte müssen dann in der Regel an den Automobilhersteller übertragen werden. Dem Automobilzulieferer Z1 verbleibt allenfalls ein einfaches Nutzungsrecht. Der Automobilhersteller A1 kann die Nutzungsrechte an weitere Zulieferer Z2 lizenzieren, um sich Zweit- und Drittzulieferer für die erzielten Entwicklungsergebnisse zu sichern. Will der Automobilzulieferer Z1 auf Basis seiner verbleibenden Nutzungsrechte darüber hinaus an einen anderen Automobilhersteller A2 liefern, ist er gezwungen, Lizenzen an A1 zu entrichten. Häufig ist er zusätzlich noch an eine Exklusivitätsfrist gebunden, in der Regel 3 bis 5 Jahre, während der nur an den Ausgangs-Automobilhersteller A1 geliefert werden darf. Im Gegenzug werden ihm dafür beispielsweise Mindestabnahmevolumina zugesichert. Hat der Automobilzulieferer Z1 hingegen Schutzrechte, über die dieser allein verfügen kann, verlangt der Automobilhersteller A1 in der Regel ein unterlizenzierbares Nutzungsrecht, das an Zweit- und Drittzulieferer Z2 weitergegeben werden kann. Als Ausgleich entrichtet der Automobilhersteller A1 dann mengen- oder umsatzabhängige Lizenzgebühren an den Schutzrechtsinhaber Z1, die durch entsprechend reduzierte Teilekosten an die durch die Lizenz begünstigten Zweit- und Drittzulieferer Z2 durchgereicht werden. Die Lizenzgebühren sind in der Regel nicht in einer Größenordung, um die aufgewendeten Entwicklungskosten zu kompensieren. Möglicherweise sieht sich der Automobilzulieferer Z1 aber auch ohne die „Vermittlung“ des Automobilherstellers gezwungen, Schutzrechte gegen Lizenzzahlungen von Dritten zu nutzen, beispielsweise von einem 2nd-Tier Unterlieferanten Z12. Zu diesen zählen insbesondere auch sehr große Automobilzulieferer, wie beispielsweise Bosch oder Siemens VDO. Dem 1st-Tier Automobilzulieferer Z1 bleibt dann nichts anderes übrig, als zu versuchen, die Lizenzgebühren irgendwie an den Automobilhersteller A1 durchzureichen. Der Automobilhersteller A1 hat in diesem Szenario allerdings das Risiko, dass dessen Zweit- und Drittzulieferer Z2 möglicherweise nicht oder nicht zu gleichen Konditionen Lizenzen vom 2nd-Tier Unterlieferant Z12 nehmen können. Dies kann beispielsweise der Fall sein, weil Nutzungslizenzen an den Bezug der Subzuliefer-Produkte von Z12 gebunden sind. Es gibt allerdings zunehmend Bestrebungen von 2nd-Tier Unterlieferanten Z12, direkt mit den Automobilherstellern A1 in Lizenzverhandlungen zu treten. Dies hat sich in der Praxis allerdings noch nicht durchgesetzt.
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Softwarebranche Die Softwarebranche ist gekennzeichnet durch ein schnelles Wachstum und eine hohe Veränderungsrate. So wies der weltweite Umsatz von Software in der letzten Dekade überdurchschnittliche Wachstumsraten auf; allein im Jahr 2004 wurden weltweit für Software im PC-Bereich über 59 Milliarden US-Dollar ausgegeben (BSA-IDC 2005). Die Entwicklung von Software geht bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück (Boehm 1976). Früher war die Softwareentwicklung vorwiegend auf Mainframe- und Minicomputer-Computing fokussiert, heute wird bereits zwischen Softwareentwicklung für Personal-, Pervasive- und Embedded-Computing unterschieden. Während früher der rechtliche Schutz von Software in der Praxis vorwiegend durch das Urheberrecht abgedeckt wurde, streben mittlerweile zahlreiche Unternehmen zusätzlich einen Schutz der Softwareinnovationen durch Patente an. Eine wegweisende Gerichtsentscheidung führte in den USA 1992 zum so genannten Freeman-Walter-Abel-Test, der in den USA die Patentierung von in der Praxis angewandten Algorithmen und damit von Software ermöglichte.17 Dieser Test wurde 1998 ebenfalls in den USA durch die so genannte StateStreet-Bank-Gerichtsentscheidung18 abgelöst, die 1999 nochmals bestätigt wurde19: Mathematische Algorithmen wurden damit patentierbar, wenn die Erfindung zu einem konkreten und fassbaren Ergebnis führte. Damit wurde in den USA auch der Startschuss für die offizielle Ära der Business Method Patents, der Patente auf Geschäftsmethoden, eingeläutet. Im Softwarebereich sind mittlerweile die Anzahl an Patentanmeldungen derartig in die Höhe geschnellt (Abb. VI.5), dass zunehmend Kritik an der Patentierbarkeit in speziell diesem Sektor laut wird (Coriat und Orsi 2002). So begann der Softwarekonzern SAP erst im Jahre 1998 mit dem Aufbau einer eigenen Patentabteilung und hielt im Mai 2001 nur vier, auf Software bezogene Patente. Der Grund für den Einsteig war der im internationalen Umfeld wachsende Wettbewerb, bei dem Patente eine zunehmend bedeutendere Rolle zu spielen begannen (FAZ 2001). Folgende Herausforderungen und Risiken bestehen in der globalen Softwarebranche im Umgang mit Patenten:
17 Arrhythmia
Research Technology, Inc. v. Corazonix Corp., 958 F.2d 1053 (Fed. Cir. 1992). 18 State Street Bank and Trust Co. v. Signature Financial Group, Inc., 149 F.3d 1368 (Fed. Cir. 1998). 19 AT&T Corp. v. Excel Communications, Inc., 172 F.3d 1352 (Fed. Cir. 1999).
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Ausprägungen des Patentmanagements
Anzahl an computerimplementierten US-Patenten 20.000 18.000 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 1991
1993
1995
1997
1999
2001
2003
2004
t
Quelle: Aharonian (2005)
Abb. VI.5. Trend zu Patenten auf computer-implementierte Erfindungen
• Schnell wachsende Anzahl an Patenten auf Software- und Geschäftsmethodenanwendungen, deren Überwachung eines entsprechenden Aufwands bedarf. • Fragwürdigkeit der Qualität und damit der Rechtsbeständigkeit zahlreicher Patente aufgrund mangelnder Bekanntheit von hinreichendem, relevantem Stand-der-Technik bei Anmeldern und Patentämtern. • Schwierigkeiten beim Aufbau eines eigenen Patentportfolios aufgrund mangelnder Erfahrungen im Umgang mit Erfindungen. • Hohes Risiko, von Dritten in einen kosten- und zeitintensiven Patentverletzungsprozess hinein gezogen zu werden, insbesondere im USMarkt. • Durchsetzung von eigenen Patenten ist insbesondere in den USA mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden. • Unsicherheit bezüglich der generellen Rechtsentwicklung in den verschiedenen Legislationen betreffend der Patentierbarkeit von Softwareanwendungen. Obwohl die aufgeführten Punkte prinzipiell auch für andere Branchen gelten, ist bei Software bezogenen Erfindungen besonders kritisch anzumerken, dass insbesondere das amerikanische Patent- und Markenamt (USPTO) nach wie vor Schwierigkeiten zu haben scheint, die übliche Qua-
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lität im Patenterteilungsverfahren aufrecht zu erhalten: Dies beruht insbesondere auf dem in den Recherchedatenbanken noch unzureichend verfügbaren Stand-der-Technik, in Form von kodifizierten Dokumentationen über Software-Algorithmen sowie über Geschäftmethoden bezogenen Patentanmeldungen zugrunde liegende betriebs- und volkswirtschaftliche Methoden. Es besteht darüber hinaus seitens der Patentanmelderschaft nur eine geringe Bereitschaft, derartigen Stand-der-Technik für eigene Patentanmeldungen selbst umfassend aufzuarbeiten – 60% der US-Patente zitieren nur Patentdokumente als Stand der Technik. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Qualifizierung und Ressourcenausstattung der Prüfer beim Patentamt (Aharonian 2005). Patentverletzungsklagen in der Softwarebranche haben insbesondere in den USA beträchtlich an Relevanz gewonnen. Betroffen davon sind insbesondere große Unternehmen: Der Software-Konzern Microsoft ist seit 1998 mit rund drei Dutzend Patentverletzungsklagen konfrontiert. Häufig konnten durch Vergleiche die gerichtlichen Verfahren beendet werden, wie beispielsweise mit Time Warner und deren Netscape, mit Immersion Corp. oder mit AT&T. Dem Java-Haus Sun Microsystems zahlte Microsoft eine Abfindungssumme von 1,95 Milliarden US-Dollar. Zu den Durchsetzern ihrer Patentrechte gehören aber auch kleine Unternehmen, wie Inter Trust Technologies Corp. in Santa Clara, Kalifornien, das 2001 ein Patentportfolio von etwa 30 Patenten gegenüber Microsoft betreffend DRMTechnologie (Digital Rights Management) aufbrachte. Der Vergleich endete mit einer Zahlung von 440 Millionen US-Dollar an Inter Trust Technologies Corp. und einer Nutzungslizenz an dem Patentportfolio für Microsoft und für die Endbenutzer von Windows-Betriebssystemen (NZZ 2004a). In der Europäischen Union liefen bis Juli 2005 gesetzgebende Verfahren, ob und inwiefern computer-implementierte Erfindungen künftig durch Patente schützbar sein sollen (siehe Kasten). Befürworter, beispielsweise der Verband der Informations- und Kommunikationsbranche EICTA, die Verbände ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie) oder Bitkom in Deutschland sprechen von einem „wertvollen Dienst für den Innovationsstandort Europa“. Demgegenüber lehnt die Open-SourceBewegung, der beispielsweise das Netzwerk Attac, der Linux-Verband, der Chaos Computer Club oder die Free Software Foundation Europe angehören, jegliche Patentierung von Software ab, da darin eine „Existenz bedrohende Katastrophe für freie Software-Entwickler und für viele kleine und mittelständische Software-Unternehmen“ gesehen wird (Welt 2004).
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Ausprägungen des Patentmanagements
Urteil im Patentstreit bereitet Kopfzerbrechen: Eolas versus Microsoft Wegen einer Patentverletzung musste Microsoft im August 2003 mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar zahlen. Ein US-Bundesgericht sprach dem Software-Unternehmen Eolas Technologies in Chicago und der University of California Schadenersatz in Höhe von rund 520 Millionen Dollar (460 Millionen Euro) zu. Microsoft kündigte Berufung an. Microsoft habe mit seinem Browser Internet Explorer ein Patent verletzt, das Eolas-Chef Michael Doyle an der University of California mitentwickelt hatte, entschied das Gericht. Dabei geht es um eine Technologie, die den Zugang zu interaktiven, in Internet-Seiten eingebettete Programme ermöglicht. Eolas wurde 1994 gegründet, um die Software zu vertreiben; die Universität hält das entsprechende Patent. Eolas und die Hochschule haben Microsoft vorgeworfen, ihre Entwicklung in Windows integriert zu haben. Gegen Microsoft sind mehr als 30 Klagen wegen Patentverletzungen anhängig. Der Sieg des kleinen Unternehmens Eolas gegenüber Microsoft sorgt im Internet für einigen Aufruhr und verursacht wohl auch anderen Software-Herstellern Kopfzerbrechen. Zwar hatte Microsoft angekündigt, sich gegen das Urteil zur Wehr zu setzen, doch das World Wide Web Consortium (W3C) beabsichtigt keineswegs tatenlos abzuwarten, ob vielleicht nicht auch in HTML Elemente enthalten sind, die das Eolas-Patent verletzen. Möglicherweise fallen die in HTML enthaltenen Tags ‚object’ und ‚embed’ ebenfalls unter das Patent. Angeblich will das W3C eine Arbeitsgruppe zum Patentrecht gründen, die klären soll, ob diese Tags tatsächlich einen Problemfall darstellen könnten. Eolas hat diese Frage für sich definitiv mit „Ja“ beantwortet. „Wer sich die Urteilsbegründung durchliest, wird an einigen Stellen Referenzen auf Experten finden, die eindeutig aussagen, dass alle Browser betroffen sind, die die Tags ‚object’ und ‚embed’ unterstützen“, äußerte Mike Doyle, Gründer und einziger Angestellter bei Eolas, gegenüber News.com. „Natürlich muss von Fall zu Fall peinlich genau unterschieden werden, aber im Prinzip ist die Aussage des Gerichts sehr umfassend.“ Quelle: Edittech International (24.09.2003)
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Historie der Meinungs- und Gesetzesbildung zur Patentierbarkeit computer-implementierter Erfindungen in Europa September 2003: Annahme eines Richtlinienvorschlags über die Patentierbarkeit computer-implementierter Erfindungen durch das Europäische Parlament. Ergebnis: Starke Einschränkung der Patentierbarkeit. Mai 2004:
Ergebnis:
Aufgrund starken Protests neuer Beschluss des EU-Ministerrats betreffend der Schützbarkeit computer-implementierter Erfindungen durch Patente. Patentierbarkeit wieder unterstützt.
Juli 2005:
Endgültige Ablehnung einer neuen Gesetzgebung in Form einer einheitlichen „Software“-Patentrichtlinie durch das Europäische Parlament.
Ergebnis:
Bestätigung der bestehenden Rechtspraxis mit in der EU geltenden, unterschiedlichen nationalen Richtlinien.
Fallbeispiel Microsoft. An der Venture Capital Konferenz in 2005 unterstrich CEO Steve Ballmer einmal mehr die große Bedeutung von Intellectual Property Portfoliomanagement für Microsoft, indem er bekannt gab, dass der Konzern häufig mehr Geld für den Kauf oder die Generierung von Patenten ausgibt, als für die Entwicklung der eigentlichen Technologien (Beck 2005). Wie andere große Technologieunternehmen meldet Microsoft seine Erfindungen zum Patent an. Das Portfolio dient dabei einerseits zur Verhandlung von Kreuzlizenzen und der Generierung von Lizenzeinnahmen, andererseits aber auch dem Wissenstransfer. Bereits 2004 verkündete Bill Gates, dass Microsoft im Jahre 2005 schätzungsweise doppelt so viele Software-Patente anmelden wird, wie im Jahr zuvor (Informationweek Smallbizpipeline 2005). Microsoft hält mittlerweile mehr als 11.000 Patente und Patentanmeldungen in 15 Kategorien
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Ausprägungen des Patentmanagements
der ECLA-Klassifikation.20 Die meisten (4285) davon sind im Bereich der G06F-Kategorie für „Electrical Digital Data Processing“ eingeordnet. Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über die Anzahl Patente der Unterkategorien von G06F und der wichtigsten sieben Kategorien (Tabelle VI.2). Tabelle VI.2. Anzahl an Microsoft-Patenten in verschiedenen Patentklassen G06F 4.285
G06F1 279 G06F12 153
G06F3 719 G06F13 44
G06F5 5 G06F15 32
G06F7 8 G06F17 1.744
G06F9 1.228 G06F19 0
G06F11 163 G06F21 250
G06K 137
G06T 658
G09G 99
G10L 233
H04L 1.131
H04N 658
Stand: Mai 2005
Microsoft ist mit 1.744 Patenten sehr stark im Bereich der „Digital computing or data processing equipment or methods, specially adapted for specific functions” vertreten (G06F17). Ebenfalls stark vertreten ist die Kategorie G06F9 mit 1.228 Einträgen. Dabei handelt es sich um Programme, die periphere Geräte wie beispielsweise eine Maus steuern. Die 1.131 Patente der Klasse H04L betreffen Erfindungen im Bereich der Telekommunikation, die mit der Übertragung von digitalen Daten zu tun haben. Mit 719 Patenten ist Microsoft ebenfalls stark im Bereich der Datenumwandlung (G06F3), dem Image Data Processing (658 Patente, G06T) und der piktographischen Kommunikation (658 Patente, H04N). Microsofts Intellectual Property Strategie hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Microsoft ist mittlerweile vor allem an ausgeglichenen Patentlizenzaustauschverträgen interessiert (Beck 2005). Dabei lizenzieren sich zwei Unternehmen gegenseitig ihre jeweiligen Technologien im Tausch gegen entsprechende Rücklizenzen vom Vertragspartner. Zum heutigen Zeitpunkt besitzt Microsoft solche Verträge mit Cisco Systems, Hewlett-Packard, IBM, SAP, Siemens, Sun Microsystems, Unisys und Xerox (Informationweek Smallbizpipeline 2005). Zuvor hatte Microsoft hauptsächlich eine angriffslustige Strategie verfolgt (Offensive Durchsetzung von Patenten). Mittlerweile ist Microsoft von der harten Verteidigung seiner Technologien aber wieder etwas abgekommen. Als Alternative zur Offensivstrategie hat Microsoft nunmehr ein Intellectual Property Lizenzierungsprogramm entwickelt, dessen Ziel es ist, von Microsoft entwickelte, aber ungenutzte Technologien an Ventures zu vergeben (Yahoo News 2005). Microsoft bietet dabei Start-ups und kleinen 20 Zur
ECLA-Klassifizierung siehe Anhang.
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Unternehmern eine spezielle Lizenz an diesen Technologien an. Im Gegenzug für ihre Technologie beansprucht Microsoft einen Anteil des Eigenkapitals des lizenznehmenden Unternehmens. Das Programm trägt den Namen Microsoft Intellectual Property Ventures und hat unter anderem zum Ziel, die Verwertung von Patenten vorhersehbarer und transparenter zu gestalten (Informationweek Smallbizpipeline 2005). Hat eine neue Technologie ein Ertragspotential von weniger als einer Milliarde USDollar oder passt sie anderweitig nicht in das eigene Produkt-Portfolio, steht sie dem Intellectual Property Ventures Programm zur Verfügung (Beck 2005). Derzeit sind etwa 20 Microsoft Technologien zur Lizenzierung verfügbar. Beispiele sind eine Gesichtserkennungssoftware, Tools zur Visualisierung von Daten, biometrische ID-Cards oder das Programm XPConference, welches Audio-, Video- und Netzwerktechnologien für Konferenzen über weite Distanzen einsetzt (Informationweek Smallbizpipeline 2005; Yahoo News 2005). Gemäß dem Direktor des Intellectual Property und Licensing Teams von Microsoft, David Kaefer, werden die Lizenzierungsbedingungen spezifisch von Fall zu Fall vereinbart, sind aber nicht öffentlich. Sie sind kommerziell angemessen und entsprechen dem allgemeinen Industriestandard. Die Lizenzen werden dabei nicht-exklusiv vergeben. Microsoft behält sich somit das Recht vor, eine Technologie an verschiedene Lizenznehmer zu vergeben (Yahoo News 2005). Analysten bewerten das neue Lizenzierungsprogramm Microsofts als einen intelligenten Schachzug. Das Unternehmen hat Milliarden an USDollar für Forschung- und Entwicklung ausgegeben, was zu einer Vielzahl von guten Ideen geführt hat – wahrscheinlich mehr, als Microsoft selbst in markfähige Produkte umsetzen könnte (Yahoo News 2005). Indem ungenutzte Technologien dem Markt zur Verfügung gestellt werden, kann durch die Anteile an den Lizenznehmern an deren Erfolg partizipiert werden, ohne dass selbst weitere Investitionen in die lizenzierten Technologien erforderlich sind. Zusammenfassend betrachtet besteht Microsofts Intellectual Property Strategie aus den drei Bestandteilen: • Aufbau eines größeren Patentportfolios als Ausgangsbasis. • Patenlizenzaustauschverträge zur Risikominimierung und als Technologiezugang. • Vergabe von Lizenzen für Unternehmensanteile zur nachhaltigen Technologieverwertung. Microsoft hat sich in den letzten Jahren zu einem internationalen Konzern mit einer ausgefeilten Intellectual Property Strategie entwickelt. Beim Innovationsprozess wird besonderen Wert auf das Personalmanagement,
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die Produktentwicklung und Markteinführung sowie das organisationale Lernen gelegt. Auch bei der neusten Entwicklung im F&E-Bereich, den globalen Innovationsnetzwerken, hat Microsoft bereits eine Vorreiterrolle inne. Um diesem Anspruch gerecht zu werden wird Microsofts Intellectual Property Team nunmehr von dem IBM-Veteranen Marshall Phelps angeführt, der in hohem Masse für den Lizenzierungserfolg bei Big Blue verantwortlich war (Intellectual Property Law & Business 2005). Microsofts strategische Orientierung beim Intellectual Property Management hat sich von einer offensiven Durchsetzungsstrategie wegentwickelt. Heute wird vor allem auf die Erweiterung des Patentportfolios, das Eingehen von Patentlizenzaustauschverträgen sowie auf das neue Microsoft Intellectual Property Ventures Programm Wert gelegt. Die Praxis des EPA im Bereich computer-implementierter Erfindungen Das Europäische Patentamt (EPA) erteilt Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik, sofern die Erfordernisse des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) erfüllt sind. Danach werden Patente nur für Erfindungen erteilt, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Im Folgenden ist ein Original-Auszug aus dem Leitfaden des Europäischen Patentamts über „Computer-implementierte Erfindungen und Patente – Rechtsgrundlagen und Praxis im Europäischen Patentamt“ dargestellt (Europäisches Patentamt 2005b). Ausgangslange. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen ist der Artikel 52 EPÜ – die grundlegende Vorschrift, wonach ein Patent für jede Erfindung zu erteilen ist, die die anderen Patentierbarkeitsvoraussetzungen erfüllt und nicht ausdrücklich vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Im EPÜ werden zwar die Erfordernisse der Neuheit, der erfinderischen Tätigkeit und der gewerblichen Anwendbarkeit relativ ausführlich dargelegt (Artikel 54, 56 und 57 EPÜ), eine rechtliche Definition des Begriffs „Erfindung“ fehlt hingegen. Es entspricht jedoch europäischer Rechtstradition seit den Anfängen des Patentsystems, dass der Patentschutz technischen Schöpfungen vorbehalten ist. Um patentfähig zu sein, muss der Gegenstand des Schutzbegehrens daher „technischen Charakter“ aufweisen oder, genauer gesagt, eine „Lehre zum technischen Handeln“ beinhalten, dass heißt eine an den Fachmann gerichtete Anweisung, mit bestimmten technischen Mitteln eine bestimmte technische Aufgabe zu lösen (und nicht etwa eine rein finanztechnische, marketingbezogene oder mathematische Aufgabe). Eine Definition der „Erfindung“ ist im EPÜ also nicht zu finden; dafür enthält es aber eine Auflistung von Gegenständen und Tätigkeiten, die mangels techni-
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schen Charakters nicht als „Erfindungen“ gelten. Die in Artikel 52 (2) EPÜ enthaltene Liste dieser Gegenstände beziehungsweise Tätigkeiten ist nicht erschöpfend, umfasst aber die wichtigsten Fälle, so unter anderem „Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten“ und „Programme für Datenverarbeitungsanlagen“. Zu dieser Ausschlussregelung ist zu sagen, dass sie gemäß Artikel 52 (3) EPÜ eng auszulegen ist. Die aufgelisteten Gegenstände und Tätigkeiten sind nur dann nicht patentfähig, wenn sich die europäische Patentanmeldung oder das europäische Patent auf die genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche bezieht. Daher können Erfindungen mit technischem Charakter, die computer-implementiert sind oder sein können, durchaus patentierbar sein. Die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts. Die Beschwerdekammern, die in ihrer Rechtsprechung vollkommen unabhängig sind, haben Entscheidungen zu überprüfen, die das EPA im Erteilungs- und im Einspruchsverfahren erlässt, und legen dabei das EPÜ im Falle von Rechtsstreitigkeiten aus. Im Bereich der computerimplementierten Erfindungen haben die Beschwerdekammern in zahlreichen Entscheidungen die im EPÜ verankerten Vorschriften zum Begriff der „Erfindung“ ausgelegt und auf diese Weise klare Anhaltspunkte dafür geliefert, was patentierbar ist. Gemäß der gängigen EPA-Praxis und im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung sind computerimplementierte Erfindungen dann patentierbar, wenn sie einen erfinderischen technischen Beitrag zum Stand der Technik leisten. Nicht patentierbar sind sie, wenn kein technischer Beitrag zum Stand der Technik vorliegt beziehungsweise wenn der technische Beitrag nicht neu oder nicht erfinderisch ist. Im EPÜ werden zwei grundlegende Arten von Patentansprüchen unterschieden: • Ansprüche auf Gegenstände (Erzeugnisse, Vorrichtungen) und • Ansprüche auf Tätigkeiten (Verfahren, Verwendungen). In der Entscheidung T 208/84 „VICOM“ wurde festgestellt, dass ein Patentanspruch auf einen Gegenstand zur Steuerung oder Ausführung eines technischen Verfahrens unabhängig davon patentierbar ist, ob das Verfahren mit Hilfe von Hardware oder von Software durchgeführt wird. Die Entscheidung darüber, ob das Verfahren mittels spezieller Schaltkreise oder mittels eines Computerprogramms durchgeführt wird, hängt von wirtschaftlichen und technischen Faktoren ab. Die Patentfähigkeit darf nicht allein mit der Begründung verneint werden, dass ein Computerprogramm eingesetzt wird. Bestätigt wurde diese Praxis mit der Entscheidung T 26/86 „Koch & Sterzel“ betreffend eine Röntgeneinrichtung zur Erstellung radiologischer Abbildungen, die sich eines Computerprogramms bedient. Einen Sonderfall stellen Ansprüche auf Computerprogrammprodukte dar, wie Computerprogramme, die auf einem Datenträger gespeichert sind (T 1173/97 „IBM“ und T 935/97 „IBM“). Solche Gegenstände sind patentierbar, wenn sie einen „weiteren technischen Effekt“ haben, dass heißt etwas, das über die normalen physikalischen Wirkungen hinausgeht, die beim Ablauf von Programmen auftreten (z.B. Fließen elektrischen Stroms). Ein weiterer technischer Effekt könnte beispielsweise in der zuverlässigeren Funktionsweise einer Auto- oder Zugbremse
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bestehen oder in einer schnelleren Verbindung zwischen zwei Mobiltelefonen mit verbesserter Sprachübertragung. Solche Ansprüche gewährt das EPA aber nur, wenn sie sich auf ein neues, erfinderisches technisches Verfahren stützen, das mit Hilfe eines Computerprogramms durchgeführt werden kann. Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten. Reine Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten als solche sind nicht patentfähig (Artikel 2 (2), (3) EPÜ und T 931/95 „PBS“). Die Patentfähigkeit eines internetgestützten Auktionsverfahrens wurde mangels eines technischen Beitrags zum Stand der Technik verneint (T 258/03 „Hitachi“), da die technische Umsetzung der verbesserten Auktionsregeln auf herkömmliche Weise mittels Computer und Computernetz erfolgte. Beispiele für patentfähige Erfindungen. Gemäß dem EPÜ, wie es von den Beschwerdekammern ausgelegt wird, kann und muss das EPA Patente für viele Erfindungen erteilen, in denen „Software“ einen technischen Beitrag leistet, z.B. für ein neues und erfinderisches computergestütztes Verfahren zur Bedienung eines Roboterarms, zur Optimierung eines grafischen Anzeigefelds, zur Überwachung der Datenspeicherung auf mehreren Speichermedien oder zur bedarfsgesteuerten Umleitung verschiedener Anrufe mit Hilfe eines Fernsprechvermittlungssystems.
Abb. VI.6. Links: Beispiel eines vom EPA erteilten europäischen Patents: Verfahren und System zum Feststellen des korrekten Funktionierens einer ABS-Steuereinheit unter Benutzung von zwei programmierten Mikroprozessoren (EP 771 280) Abb. VI.7. Rechts: Beispiel einer vom EPA zurückgewiesenen europäischen Patentanmeldung: System und Verfahren für Wetten (EP 1 139 245)
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Andere Verfahren, wie etwa der Internetvertrieb, sind, obwohl sie mit Hilfe eines Computers durchgeführt werden, in Europa nicht patentierbar, während in den USA oft entsprechende Patente erteilt werden. Beispiel eines vom EPA erteilten europäischen Patents für eine Erfindung zum Feststellen des korrekten Funktionierens einer ABS-Steuereinheit: EP 771 280 (Abb. VI.6). Beispiel einer vom EPA zurückgewiesenen europäischen Patentanmeldung für ein Wettsystem mit festen Quoten: EP 1 139 245 (Abb. VI.7). Keine Quellcodes. Das EPÜ enthält keine Rechtsvorschrift, die besagt, dass der Anmelder den Quellcode eines Programms einreichen muss. Ebenso wenig besteht die Politik des EPA darin, Quellcodes anzufordern oder zu prüfen oder sie als Anlagen zu den Anmeldungsunterlagen (die den Erteilungsantrag, die Patentansprüche, die Beschreibung, die Zeichnungen und die Zusammenfassung beinhalten) zu veröffentlichen. Der Quellcode ist weder notwendig noch zweckdienlich für die ausreichende Offenbarung einer computerimplementierten Erfindung. Für Prüfungs- und Veröffentlichungszwecke ist die erfinderische Idee in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Hierzu bedarf es keiner Offenbarung eines Quellcodes. Zudem wäre eine Prüfung von Quellcodes, die sich oft über Hunderte von Seiten erstrecken, allein auf Grund der Länge und Komplexität praktisch unmöglich. Notwendigkeit eines technischen Effekts Das EPA erteilt keine „Software“-Patente, was allerdings eine irreführende Bezeichnung ist. Gemäß dem EPÜ ist ein Computerprogramm an sich keine patentfähige Erfindung. Erfindungen, die Computerprogramme zur Durchführung von Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten und mathematischen oder ähnlichen Methoden umfassen und keinen technischen Effekt entfalten (z.B. weil sie eine geschäftsbezogene und keine technische Aufgabe lösen), sind nicht patentierbar, und in Europa werden für solche Erfindungen keine Patente erteilt.
148
Ausprägungen des Patentmanagements
Praxisleitfaden für computer-implementierte Erfindungen Nur technische Erfindungen sind in Europa patentierbar. Eine Erfindung ist technisch und somit patentierbar, wenn wenigstens eine der folgenden vier Fragen bejaht werden kann (IGE und Siemens 2005): 1. Frage: Wird mit der Erfindung eine physikalische Eigenschaft einer Einrichtung beeinflusst, z.B. Funktionen, Zustände, physikalisch messbare Werte? 2. Frage: Wird mit der Erfindung ein technischer Effekt bewirkt, wird z.B. der Wirkungsgrad, die Störsicherheit, die ‚Performance’ verbessert? 3. Frage: Liegt eine technische Aufgabe vor, wird, z.B. in einer Einrichtung eine bestimmte Fähigkeit verbessert, eine optimale Funktionenverteilung ermöglicht? 4. Frage: Waren technische Überlegungen erforderlich, mussten z.B. anlagenbedingte Beschränkungen beachtet oder überwunden werden? In der Praxis haben sich vor allem die folgenden, besonders häufig auftretenden Kategorien von computer-implementierten Erfindungen herausgebildet. Für jede dieser Kategorien wird gezeigt, welche der oben genannten Fragen in der Regel mit „Ja“ beantwortet werden kann (SiemensLeitfaden Softwarepatente). Kategorie A: Problemlösung ist ohne Software-Merkmale beschreibbar. Erfindungen, die unabhängig von der Realisierung durch Software auf einer davon abstrahierten Ebene durch technische Abläufe beschreibbar sind. Beispiel: Es wird in Abhängigkeit von Messwerten zwischen Betriebsarten eines Systems umgeschaltet (Antennadiversity im Mobilfunk) – Trotz erheblichen Software Aufwandes bei der Realisierung werden kaum software-spezifische Begriffe zur Beschreibung der Erfindung nötig sein. Die tatsächliche Realisierung in Software schmälert nicht den technischen Charakter der Erfindung (Fragen 1 bis 4 können meistens bejaht werden). Kategorie B: Problemlösung ist nicht ganz ohne Software-Merkmale beschreibbar. Erfindungen, die sich nicht mehr so abstrakt beschreiben lassen, dass die Problemlösung ohne Software-Elemente beschreibbar ist. Beispiel: In einer Anlage werden Störungen erfasst sowie fehlerabhängige Texte aus verschiedenen Dateien zusammengestellt und angezeigt – Die Beschreibung der Erfindung wird eine Mixtur aus SoftwareBegriffen und technischen Elementen darstellen (Fragen 3 und 4 können fast immer bejaht werden, häufig auch die Fragen 1 und 2).
Branchenspezifika
149
Kategorie C: Problemlösung liegt ausschließlich im Bereich der Software. Erfindungen, bei denen das zu lösende Problem und die Lösungsmittel ausschließlich in der Welt der Software liegen. Eine weitere Verallgemeinerung würde zu abstrakten Ideen ohne Bezug zur Technik führen. Beispiel: Optimiertes task scheduling; verbesserte Datenverwaltung, Verkürzung des Programmcodes, Software-Begriffe, Manipulationen an Software-Elementen und Verarbeitungs- beziehungsweise Datenstrukturregeln prägen die Erfindung (Frage 4 kann häufig bejaht werden, manchmal auch eine der Fragen 1 bis 3). Tabelle VI.3. Vier Schutzarten: Übersicht über Software-Schutzmöglichkeiten Ergebnisse der Softwareentwicklung
Schutzart
Dokumentation Bildschirmoberfläche Programmcode
Urheberrecht / Geschmacksmusterrecht
Verfahren Algorithmen
Patentrecht
Marke
Markenrecht
Quelle: http://www.patente.bmbf.de/de/info_1351.php
Finanzdienstleistungsbranche Die Finanzdienstleistungsbranche war in Bezug auf eigene Intellectual Property Aktivitäten im Vergleich zu anderen Geschäftszweigen lange untätig und fing erst zu einem späten Zeitpunkt an, Gebrauch von der Patentierung ihrer Entwicklungen zu machen (Glazier 2003). Dies erscheint möglicherweise zunächst ungewöhnlich, da es sich um eine hoch entwickelte Branche handelt. Die Finanzbrache ist charakterisiert durch weltweit etablierte, finanzkräftige Akteure, von denen sich aber erst seit kurzer Zeit einige konsequent mit Patenten beschäftigen. Ein Großteil der Finanzdienstleister ist jedoch immer noch nicht in diesem Bereich aktiv und vernachlässigt die Möglichkeiten und Gefahren von Patenten – dies, obwohl Patente entscheidende Wettbewerbsvorteile bewirken können. Dabei spielt die Patentierung von Software, in die viel investiert wird, in praktisch allen Unternehmen des Finanzwesens eine immer wichtiger werdende Rolle. Die auf Softwarelösungen basierenden Produkte und Dienstleistungen sollten deshalb vor ihrer Markteinführung rechtlich überprüft und dann geschützt werden.
150
Ausprägungen des Patentmanagements
Durch die Möglichkeit, computerbasierte Geschäftsmodelle zu patentieren, lässt sich ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Wettbewerbern erzielen, indem diese an der Nutzung des geschützten Geschäftmodells gehindert werden können (Barrron und Brodie 2004). Die folgenden zwei Graphiken veranschaulichen die Patentierungsaktivitäten im Bankensektor im Jahr 2004 (Abb. VI.8, Abb. VI.9). • Data Treasury vs JP Morgan Chase et al.: Die Klage bezieht sich unter anderem auf die Aufnahme, Datenverarbeitung und -speicherung von Schecks und Kreditkarten-Quittungen. • LML Payments Systems vs U.S. Bancorp et al.: Inhalt der Klage sind unter anderem Methoden der Konvertierung von Schecks in Papierform in elektronische Transaktionen. • NetMoneyIn vs Bank One, Citibank, Wells Fargo: Die Klage bezieht sich unter anderem auf Methoden der Annahme von Kreditkartenzahlungen über das Internet. Die damit verbundenen Risiken haben dazu geführt, dass die Patentanmeldungen in den letzten Jahren besonders im Finanz- und Versicherungswesen, aber auch branchenübergreifend sehr stark zugenommen haben, um Rechtsstreitigkeiten mit Drittparteien vorbeugen zu können. Die folgenden Zahlen veranschaulichen diesen Trend (UBS 2005a): • 59% Zunahme von US-Patentanmeldungen von 1997-2002. • 272% Zunahme von europäischen und japanischen Patentanmeldungen
13
11 Citibank
19
80
Goldman Sachs CSG UBS AG
26
Deutsch Bank First USA Bank Chase Manhattan
27
Morgan Stanley Merrill Lynch
4 27
46 1
Quelle: UBS (2005a)
Abb. VI.8. Patentanmeldungen Europa (Banken)
JP Morgan Chase
Branchenspezifika
151
von 1997-2002. • 27,5% Zunahme an US-Patentverletzungsverfahren (infringement suits) von 1998-2003. • 63% Zunahme der US-Markenhinterlegungen (trademark registration) von 1999-2003. Banken- und (Rück-)Versicherungsprodukte zeichnen sich darüber hinaus durch eine relativ leichte Imitierbarkeit aus. Wettbewerbsvorteile lassen sich daher aus der Imitation von erfolgreich gestarteten Produkten ziehen. Diese werden auch als so genannte Second Mover-Vorteile bezeichnet. Diese Praxis wird allerdings, wie oben bereits beschrieben zunehmend durch Patente auf Geschäftsmethoden und Softwarelösungen durchkreuzt. Dementsprechend eröffnen sich für Finanzdienstleister neue Möglichkeiten des Schutzes vor Imitation (Lerner 2004). Immer mehr Banken und Versicherungen erkennen deshalb die Chance der Patentierung von Innovationen zur Verteidigung von Wettbewerbsvorteilen: Geschäftsmethoden und Softwarelösungen werden zunehmend durch Patente geschützt. Dies findet insbesondere in den USA und in Japan Anwendung. Typische Versicherungspatente betreffen Gebiete, wie beispielsweise Risikotransferschemen, Versicherungsprodukte, e-Business-Lösungen oder Pricing-Instrumente. In der Bankenbranche wird in Zukunft vor allem mit Innovationen bei neuen Typen von Finanzdienstleistungen gerechnet, wie beispielsweise 1% 2% 8% 27%
Datenmanagement Sichere Finanztransaktionen
10%
Investment Produkte Kundendienstleistungen Risikomanagement
13%
Kryptographie/Sicherheit Dokumentenerstellung 21% 18%
Telefonie
Quelle: UBS (2005a)
Abb. VI.9. Patentanmeldungen Europa (Bank-Applikationen)
152
Ausprägungen des Patentmanagements
neuen Funktionalitäten für Kreditkarten Accounts, im Home Banking, im Remote Banking, für E-Money, für E-Commerce, für internetbasierte Bank-Anwendungen, für Back-Office Software, welche die administrative Effizienz und Effektivität erhöht sowie für das Design von neuen Financial Services, insbesondere neuen Arten von Fondstrukturen, neuen Programmen für Handels-Algorithmen und neuen Arten von kombinierten Accounts und Billing Systemen. Nach den US-Vorreitern, darunter die Citigroup und Merrill Lynch, haben nun Swiss Re und die UBS den Trend erkannt: mit fokussierten Patentabteilungen werden eigene Patente angemeldet. Intellectual Property Strategien sind deshalb zunehmend auch auf den Schutz von Dienstleistungsinnovationen gerichtet. Erstaunlich aber ist, dass in der Finanzdienstleistungsbranche lediglich 50% der Unternehmen für den Schutz von Dienstleistungen durch gewerbliche Schutzrechte tatsächlich sensibilisiert sind. Recherchen haben gezeigt, dass selbst am Europäischen Patentamt 75% der Patentanmeldungen im Banken- und Versicherungsbereich von Unternehmen aus den angelsächsischen Ländern USA, Kanada und Großbritannien stammen (Abb. VI.10). Nur 10% aller Patentanmeldungen stammen von europäischen Unternehmen. Wenngleich das Europäische Patentamt derzeit restriktiver bezüglich des Schutzes von neuen Geschäftsmodellen ist, zeigen diese Zahlen, dass sich USUnternehmen im Dienstleistungssektor patentsensibler verhalten. Fallbeispiel UBS. Patente wurden lange Zeit von Finanzdienstleistungsunternehmen unterschätzt und haben erst in den vergangenen Jahren an Publizität gewonnen. Grundlegende Dienstleistungen, wie beispielsweise die Vermögensverwaltung, sind in der Regel nicht patentierbar – so jedenfalls war die lang gehegte Auffassung. Die UBS hatte historisch gesehen auch keinen Bezug zu Patenten, wie dies in technologiegetriebenen Unternehmen eher der Fall ist. Trotz des Dienstleistungscharakters der Produkte, hat die UBS die Risiken und Chancen im Umgang mit gewerblichen Schutzrechten erkannt und eine tragfähige Patentstrategie entwickelt. Die Abwehr von Klagen durch ein eigenes Patentportfolio ist dabei eine grundlegende Zielsetzung der Patentstrategie, wobei der bereits erwähnte State-StreetBank-Fall ein wesentlicher Auslöser war. So könnten im Falle einer Verletzungsbehauptung eigene Schutzrechte entgegengehalten werden und gegebenenfalls auch Kreuzlizenzen erwirkt werden (Cross-Licensing). Die UBS hat zur Umsetzung ihrer Patentstrategie bereits vor fünf Jahren eine eigene Fachabteilung für das professionelle Management ihres Intellectual Propertys aufgebaut. Der Fokus der Patentanmeldungen liegt dabei weniger direkt auf den eigenen Produkten und Dienstleistungen, sondern auf den Systemen, die im
Branchenspezifika
8%
153
10% 7%
75%
Europa Europa A sien/Japan Asien/Japan U S/C A /U K USA/CA/UK Andere O t hers
Abb. VI.10. Patentanmeldungen am EPA im Finanzdienstleistungssektor (2003): Europäer laufen Gefahr, den Anschluss zu verpassen.
Hintergrund für die Erstellung der Produkte und Dienstleistungen überlebenswichtig sind, beispielsweise im Bereich des Datenmanagements: Die UBS muss allein in der Schweiz rund 3,5 Millionen Kunden einschließlich der dazugehörigen Daten verwalten, was erahnen lässt, wie elementar das Datenmanagement für das Tagesgeschäft ist (UBS 2005b). Die logische Konsequenz ist deshalb für die UBS, diesen wichtigen Bereich vor juristischen Angriffen zu schützen und innovative Eigenentwicklungen im ITBereich entsprechend zu patentieren. Neben verschiedenen Marken hält die UBS in Europa mittlerweile 27, in Summe sogar fast 50 Patente beziehungsweise Patentanmeldungen (Abb. VI.11). UBS hält im Vergleich zur nächstplatzierten europäischen Bank, der Deutschen Bank, deutlich mehr Patente. Sie konnte auch den Abstand zu den amerikanischen Konkurrenten verringern, die zumeist früher mit dem Aufbau eines Portfolios begonnen hatten. Die UBS schreibt in ihrem Handbuch (UBS 2004) dass Citibank, JP Morgan und Merrill Lynch
154
Ausprägungen des Patentmanagements
Lloyds TSB Bank HSBC Barclays Bank First Union Mellon Bank Deutsche Bank ABN Amro Bank of America Wells Fargo Bank One JP Morgan Chase First USA UBS Goldman Sachs Chase Manhattan Capital One Citibank 0
20
40
60
80
100
120
Quelle: Barron und Brodie (2004)
Abb. VI.11. Patentportfolios von Banken
zu ihren größten Konkurrenten im Privatkundengeschäft gehören. Anhand der Tabelle ist ersichtlich, dass einzig die Citibank mehr Patente hält. Merrill Lynch hat es nicht mehr in die Top 17, weltweit gesehen, geschafft. Setzt man nun die Anzahl der Patente in Relation zur Größe der jeweiligen Bank, ergibt sich folgendes Bild: Punkto Gesamtvermögen belegt die UBS weltweit den dritten Platz, wobei die Citibank den ersten und Mizhou Financial Group den zweiten Platz belegen (Die Bank 2003). Wie aus der Tabelle zu entnehmen ist, belegt die UBS bei der Anzahl an Patenten in Europa aber bereits den fünften Platz was auf einen schnellen Anschluss schließen lässt. Die UBS hat bisher keinen Gebrauch von der Kommerzialisierung von Patenten gemacht. Sie konzentriert sich gegenwärtig auf juristische Schutzstrategien, um allfälligen Klagen vorzubeugen und besser entgegentreten zu können. Die geschützten Anwendungen haben häufig noch keinen direkten Zusammenhang zum Kerngeschäft der Bank. Sie werden vielmehr vor allem in den Unterstützungsprozessen des Unternehmens eingesetzt. Da immer mehr Finanzdienstleistungen auf patentierbaren Softwarelösungen basieren, ist jedoch davon auszugehen, dass das Unter-
Branchenspezifika
155
Tokio Marine & Fire Sumitomo
Aioi AIG
Aiu Swiss Re
Progressive EQE
Prudential Allstate
ERC Zürich
eReinsure.com Toshiba
Ace Chubb
Converium 0
10
20
30
40
50
60
70
80
Quelle: Swiss Re, Intellectual Property Report 2003
Abb. VI.12. Veröffentlichte Patentanmeldungen großer (Rück-)Versicherer
nehmen die Möglichkeit der Kommerzialisierung von Intellectual Property zukünftig vermehrt nutzen wird. Die Bankenbranche fasst Intellectual Property erst allmählich als strategischen Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor auf und die UBS nimmt dabei vor allem in Europa eine führende Position ein. Auslöser für das beginnende Umdenken bei den Finanzdienstleistern waren insbesondere Rechtsstreitigkeiten, die aufgrund ihrer Tragweite und Neuartigkeit auf eine große Medien-Resonanz stießen. Der Schutz vor Klagen stellt denn auch die grundlegende Triebfeder zur Entwicklung von Patentstrategien dar. Die Verwertung und Kommerzialisierung von Intellectual Property ist dagegen gegenwärtig zweitrangig, wird aufgrund der technologischen Entwicklungen im Finanzdienstleistungsgeschäft jedoch wohl an Bedeutung gewinnen. Fallbeispiel Swiss Re.21 Die Swiss Re ist weltweit eines der ersten Rückversicherungsunternehmen, das eine eigene Patentabteilung aufgebaut hat und eine konsequente Patentstrategie praktiziert. 21 Siehe
auch Kapitel VIII, Swiss Re.
156
Ausprägungen des Patentmanagements
In der vorangehenden Grafik sind die publizierten Patentanmeldungen und Patente der führenden Erst- und Rückversicherer aufgeführt (Abb. VI.12; Stand Oktober 2003). Von Swiss Re ist zusätzlich die Anzahl der noch nicht offen gelegten Patentanmeldungen dargestellt. Augenfällig ist, dass neben Swiss Re, Converium und ERC kein anderer Rückversicherer eigene Patente aufzuweisen hat, sondern allenfalls andere Erstversicherer. Der weltweit größte Rückversicherer Munich Re (Münchner Rück) hat überhaupt keine eigenen, publizierten Patentanmeldungen. Zahlenmäßig stark sind vor allem japanische Erstversicherer, die die ersten drei Plätze belegen. Am Beispiel der Swiss Re lässt sich gut abschätzen, wie groß das generelle Verhältnis zwischen bereits publizierten Patenten beziehungsweise Patentanmeldungen und noch nicht publizierten Patentanmeldungen ist. Mit großer Sicherheit werden deshalb in den folgenden Jahren zahlreiche weitere Anmeldungen öffentlich bekannt werden. Eine hohe Anzahl der die Branche betreffenden Patente geht auf Einzelpatentinhaber und auf Großunternehmen mit langjähriger Patenterfahrung zurück, deren Kerntätigkeiten aber nicht im (Rück-) Versicherungsgeschäft liegen. Dies lässt sich auf den New Economy Hype zurückführen, in dem ein Großteil der Dotcom-Unternehmen Patente für Software- und Geschäftsmethoden anzumelden versuchte, um attraktiver für potentielle Kapitalgeber zu erscheinen (Cuypers 2003). Transport- und Logistikbranche Zur Branche Transport und Logistik zählen Unternehmungen, die direkt oder indirekt den Versand oder den Transport von Personen und Gütern und deren „intelligente Verteilung“ durchführen. Das Logistik-Marktvolumen betrug in Deutschland im Jahr 2002 150 Milliarden Euro (Klaus 2003). Bezogen auf den EU-Raum (EU15) im Jahr 2002, ergänzt durch die Schweiz und Norwegen, beträgt das Marktvolumen 585 Milliarden Euro. Auf Rang eins liegt United Parcel Service (UPS) mit fast 33 Milliarden Dollar Umsatz, gefolgt von Federal Express (FedEx) mit 20 Milliarden Umsatz. FedEx ist vor allem in den USA ein direkter Konkurrent von UPS. Der Deutsche Post World Net Konzern liegt mit knapp 16 Milliarden Dollar Umsatz im Bereich Logistik auf Rang vier. In Europa liegt Deutsche Post World Net in der Rangliste der umsatzstärksten Logistikunternehmen auf Platz eins, UPS hingegen nur auf Platz 22. UPS und FedEx zählen zu den so genannten Kurier-, Express- und Paketdiensten (KEPs), wohingegen der Deutsche Post World Net Konzern diversifiziert ist und auch Finanzdienstleistungen anbietet (Postbank). Aus der europäischen Perspektive zählen des Weiteren die Unternehmen DHL und Danzas sowie
Branchenspezifika
157
1.166 1.100
400
337
300 200 100
23
13
0 UPS
FedEx
Deutsche Post World Net
Royal Mail
Abb. VI.13. Patente und Patentanmeldungen wichtiger Transport- und Logistikunternehmen (2005)
die Royal Mail aus Großbritannien zu den Wettbewerbern. In Deutschland konkurrieren darüber hinaus die Hermes Logistik Gruppe (HLG) und TNT Logistics. Die Transport- und Logistikbranche zählt zu den Newcomern im Umgang mit Patenten. Vor etwa 15 Jahren waren noch überhaupt keine Patentanmeldungen zu registrieren. Besonders in den letzten 10 Jahren ist jedoch eine deutliche Belebung der Patentierungsaktivitäten festzustellen. UPS hält dabei den Großteil der Patente und Patentanmeldungen mit 1.166, FedEx mit 13, die Deutsche Post World Net mit 337 sowie die Royal Mail mit 23 (Abb. VI.13). Der Anteil von UPS beträgt hier im Vergleich etwa 75 Prozent. Fallbeispiel UPS. United Parcel Service Inc., wurde 1907 als Kurierdienst in den Vereinigten Staaten gegründet und ist heute weltweit der größte Express- und Paketzustelldienst. Im Jahr 2005 erwirtschaftete UPS 42,6 Milliarden US-Dollar Umsatz und beschäftigte 407.000 Personen, hiervon rund 348.000 in den USA. Über die Jahre hinweg hat UPS sein Leistungsportfolio gewaltig expandiert und koordiniert heute nicht nur Güterbewegungen, sondern auch die dabei entstehenden Informations- und Finanzflüsse. UPS gehört heute zu den führenden Anbietern von spezialisierten Beförderungs-, Logistik-, Kapital- und E-Commerce-Serviceleistungen (UPS 2006). UPS hat Innovationen stets einen sehr hohen Stellenwert eingeräumt, und dadurch Kundendienstleistungen standardisiert und die Zuverlässig-
158
Ausprägungen des Patentmanagements
keit erhöht. UPS sieht darin eine nachhaltige Möglichkeit zur Differenzierung vom Wettbewerb (UPS 2006). UPS wendet dabei drei Innovationsprinzipien an: Erstens wurden die Geschäftstätigkeiten kontinuierlich neu definiert, was UPS 1998 mit der strategischen Neuausrichtung von „serving the small package delivery needs of our customers“ zu „enabling global commerce“ und dem Einstieg ins Dienstleistungsgeschäft erfolgreich umsetzte. Zweitens wurde die Bedeutung des langfristigen Zeithorizonts von Innovationen und drittens die wichtige Rolle der Unternehmensmarke bei der Kommunikation während des Wandels erkannt (Beystehner 2005). UPS meldet seine Patente sowohl im Bereich von Packanlagen und Paketwaagen (ECLA-Klassifikation Sektion B), als auch im Bereich technisch hoch entwickelter Software und elektronischer Geräte an (ECLAKlassifikation Sektion G; Abb. VI.14).22 Hauptanmeldeland sind die USA, dem Haupttätigkeitsgebiet der UPS. Während in Sektion B beispielsweise Computersysteme zur Steuerung von Paketlieferungen, Geräte, um Pakete aller Größen auf Paletten zu packen, Messgeräte für Pakete, Paketgreifanlagen, Förderbänder oder Druckmaschinen für Versandanleitungen klassifiziert sind, finden sich in der Sektion G Testsysteme für drahtlose Netzwerke, Bildaufnahmesysteme für sich bewegende Gegenstände und Systeme für die elektronische Aufzeichnung von Paketsendungen. Das Aktivitätsniveau in der Sektion G ist bei UPS deutlich höher als in Sektion B. In beiden Sektionen erfolgte ein stetiger Anstieg der Patentanmeldungen bis 1999, wobei in der Sektion G fast doppelt so viele Patente wie in Sektion B angemeldet wurden. Danach folgte ein starker Rückgang in beiden Sektionen. Seit 2002 wurde wieder das alte Erteilungsniveau erreicht. In den letzten 15 Jahren haben die Bedeutung und die Aktivitäten bezüglich Intellectual Property bei UPS stark zugenommen. Dies verdeutlicht die stark gestiegene Anzahl der Patentanmeldungen seit ungefähr 1990. Auch aufgrund der Diversifizierung der operativen Tätigkeit fokussiert UPS dabei nicht nur auf Patentanmeldungen im Transportbereich. In der Sektion G ist ebenfalls ein starker Anstieg der Patente zu beobachten mit sehr anspruchsvollem technischem Hintergrund. Insgesamt verfolgt UPS die Strategie, Erfindungen und deren Schutz einen hohen Stellenwert einzuräumen und sich dadurch als besonders innovatives Unternehmen zu positionieren. Im Geschäftsjahr 2005 wies UPS im Bereich Intangible Assets unter Handelsmarken, Lizenzen, Patente und andere 139 Millionen brutto beziehungsweise 108 Millionen US-Dollar netto aus, und unter Franchise Rights (Lizenzvergaberechte) 108 Millionen brutto beziehungsweise 85 Millionen US-Dollar netto aus (UPS 2006).
22 Zur
ECLA-Klassifikation siehe Anhang.
Branchenspezifika
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60 50 40 30 20 10 0 1996 1998 2000 1988 1990 1992 1994 2002 2004 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003
t
ECLA-Klassifikation Sektion G ECLA-Klassifikation Sektion B
Abb. VI.14. Zeitliche Verteilung erteilter Patente von UPS in den ECLASektionen B (Summe: 210) und G (Summe: 553) (1987-2004)
Fallbeispiel Deutsche Post World Net. Die Deutsche Post World Net mit Hauptsitz in Bonn, Deutschland agiert in Europa, Nordamerika, Asien und Australien. Derzeit beschäftigt der Konzern über 500.000 Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren hat die Deutsche Post World Net eine beispiellose Umgestaltung durchgeführt und sich von einer staatlichen Institution zu einem hochprofitablen, globalen Unternehmen entwickelt. Die Vision von Deutsche Post World Net strebt an, langfristig zum weltweit führenden Logistikanbieter aufzusteigen, wobei das Unternehmen zur Erreichung dieses Ziels eine konsequente Wachstums- und Internationalisierungsstrategie verfolgt. Das Produktportfolio wurde in den letzen Jahren maßgeblich erweitert, so dass der Konzern heute ein Spektrum an Brief-, Paketund Expressdienstleistungen sowie an Logistik- und Finanzdienstleistungen offeriert. Bis 1990 war die Deutsche Post noch eine Staatsbehörde mit Monopolstellung gewesen. Es war deshalb bis dahin auch kein Patentmanagement zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen erforderlich gewesen. Durch die Privatisierung und die damit verbundene Expansion in neue Geschäftsfelder wie Logistics and Finance war die Deutsche Post World Net aber plötzlich mit neuen Wettbewerbern konfrontiert. In diesen Dienstleistungsbranchen finden wesentliche Innovationen im Bereich der Entwick-
160
Ausprägungen des Patentmanagements
lung von Verfahren und Lösungen statt, oft in Kombination mit Software. Weniger bedeutend ist die Generierung physischer Produkte. Deutsche Post World Net musste beobachten, wie Wettbewerber, wie beispielsweise der amerikanische Logistikdienstleister UPS, Patentanmeldungen einreichten und diese auch aggressiv durchsetzen konnten. In einem Fall meldete ein Wettbewerber sogar ein Schutzrecht für ein Verfahren an, an dessen Entwicklung die Deutsche Post World Net maßgeblich beteiligt war, aber von einer eigenen Patentierung abgesehen hatte. Um sich am Markt behaupten zu können, sah sich das Unternehmen 2002 dazu veranlasst, eine eigene Patentabteilung zu gründen. Neben einigen internen Mitarbeitern arbeitet die Patentabteilung mit externen Patentexperten auf Basis einer langfristig angelegten Geschäftsbeziehung zusammen. Dies hat den Vorteil, dass externe Patentanwälte spezialisiertes Wissen über die Belange der einzelnen Divisionen aufbauen können. Die Deutsche Post World Net unterstützt ihre Vision, sich zum globalen Logistikdienstleister zu wandeln, durch Patentmanagement. So entstehen in den Kernbereichen des Unternehmens durch eigene Entwicklungen Patentideen, welche nach einer Prüfung auf Anmeldefähigkeit patentiert werden und so den Wettbewerbsvorsprung in diesen Bereichen sichern. Diese Entwicklungsdienste sind im Bereich Technologiemanagement angesiedelt, welches die Aufgabe hat, technische Entwicklungen voranzutreiben, konkrete Situationen zu Intellectual Property Management der Deutschen Post zu lösen und neue Trends zu identifizieren. Die Deutsche Post World Net orientiert sich dabei an einer unternehmensweiten Technology-RoadMap, da das Angebot und dadurch auch die Problembereiche des Unternehmens zu breit sind, als dass man dies auf wenige Technologieklassen eingrenzen könnte. Die größte Anzahl an Patenten der Deutsche Post World Net finden sich in den ECLA-Klassen B65, G06F, G07 und H04 (Abb. VI.13).23 Darüber hinaus hat sich innerhalb des Patentportfolios der Deutschen Post World Net im Verlauf der Jahre eine Verschiebung der Patentklassen, in welchen das Unternehmen hauptsächlich Patente anmeldet, ergeben. Waren zu Beginn des privatisierten Konzerns vor allem die Patentklassen B60, B42, B62 und B65 vertreten, in welchen sich Transport- und Aufbewahrungslösungen auffinden lassen, so lässt sich mit der Zeit ein Wandel hin zu sehr viel unterschiedlicheren Klassen feststellen. Insbesondere lässt sich ein Ansteigen der Bedeutung digitaler Technologien erkennen, die in den Klassen G05 bis G09 vertreten sind. Dies lässt sich mit der internationalen Ausrichtung des Konzerns, vorangetrieben durch die Unternehmensstrategie, erklären, welche eine Digitalisierung der 23 Zur
ECLA-Klassifikation siehe Anhang.
Branchenspezifika
161
Informationen zur schnellen Kommunikation und Befriedigung von Kundenbedürfnissen unabwendbar macht. Auch der Wandel vom reinen Postdienstleister zu einem globalen Konzern mit den vier Unternehmensbereichen Brief, Express, Logistik und Finanzdienstleistungen lässt sich in dieser Differenzierung des Patentportfolios wieder finden. Das aufgebaute Patentportfolio umfasst zu einem Großteil Softwarelösungen und Verfahren, die den Bereichen Logistics und Finance zugeordnet werden können. Diese Patente werden bereits teilweise an Dritte lizenziert. Ein Zahlungsverfahren, das via Internet abgewickelt wird, wurde zum Beispiel an eine deutsche Großbank lizenziert. Patentideen müssen allerdings nicht immer im Kerngeschäft der Deutschen Post World Net angesiedelt sein, sondern können in allen Unternehmensbereichen und Abteilungen entstehen. Die Patentabteilung prüft dann, ob die Idee für die Post nutzbar gemacht werden kann, bevor der Patentierungsprozess eingeleitet wird. Sollte die Idee keinen Nutzen für den Konzern haben, wird die Patentierung aus finanziellen und organisatorischen Gründen abgelehnt. Es handelt sich somit jeweils um eine Einzelfallentscheidung, ob eine Idee patentiert werden soll oder ob darauf verzichtet wird. Es muss jedoch angemerkt werden, dass etwa im Finanzbereich weniger Ideen generiert werden, als beispielsweise im Unternehmensbereich Brief. Im Bereich der Patentanmeldungen in den einzelnen Ländern wird ebenfalls die Strategie zur Globalisierung unterstützt: Während früher vor allem national patentiert wurde, wird nun bei jedem Patent auch eine Patentierung in weiteren Ländern in Erwägung gezogen. Hauptsächlich wird in den Schwerpunktländern der Deutschen Post World Net, also den USA und Westeuropa patentiert, aber auch Asien muss durch die strategische Ausdehnung des Konzerns immer häufiger bei Patentanmeldungen beachtet werden. Weitere Länder werden dann einbezogen, wenn es sich auf Grund einer Kosten-/Nutzen-Analyse anbietet. In den USA wird zudem die Möglichkeit des Schutzes von Geschäftsmethoden genutzt. Deutsche Post World Net ist trotz des Dienstleistungscharakters ihrer Angebote stark auf Technik angewiesen. Durch ein aktives Patentmanagement wird versucht, dem Trend zu Kosteneinsparungen durch Technik zu folgen und dem Unternehmen seinen Wettbewerbern gegenüber einen Wettbewerbsvorsprung zu sichern. Der Wachstums- und Differenzierungsstrategie des Konzerns wird durch eine Zunahme internationaler Patentanmeldungen und eine Ausweitung der Patente in verschiedene Patentklassen Rechnung getragen, wobei die Ideengenerierung hauptsächlich im Konzern selbst durch ein betriebliches Vorschlagwesen und eigene Entwicklungen vorangetrieben wird.
162
Ausprägungen des Patentmanagements
1997
1999
33%
33%
34%
34%
33% G09
33%
B65
B62
B60
2001
B42
B25
2002
13%
6%
17%
25% 6% 13%
43%
28% 49% G07
G06
B65
H04
B42
G07
2004 6%
G06
C09
B65
2005
4% 2%
3% 21%
18%
15% 21% 2% 2%
21%
15%
28% 2% H04 B42
G08 B07
29%
2%
G07 A47
G06
G05
E06
6% B65
3%
B60 G08
G07
G06
G05
B65
B07
A47
Abb. VI.15. Zunehmende Diversifikation der Patentstrategie bei der Deutschen Post: Anteile der Patentklassen an den jährlichen Patentveröffentlichungen zwischen 1997 und 2005
Unternehmensgröße
163
Auch in Zukunft erwartet der Konzern eine Zunahme der Bedeutung des Geistigen Eigentums und des Patentmanagements im Markt. Der Trend zu immer mehr Patentanmeldungen, um sich von der Konkurrenz abheben und am Markt bestehen zu können, wird sich, getrieben durch die weiterhin starke Bedeutung von Technologien und die Zunahme der Wettbewerber, weiter fortsetzen. Die Deutsche Post World Net sieht sich hierfür vorbereitet und kann durch die vielen Unternehmenszukäufe der letzten Jahre auf ein großes Wissenspotential der Mitarbeiter zurückgreifen, um durch neue Ideen den Marktanteil des Unternehmens in den Bereichen Brief, Express, Logistik und Finanzdienstleistungen sichern und ausbauen zu können.
Unternehmensgröße Bei kleinen Unternehmen stehen häufig klare Kosten-/Nutzenaspekte eines Patents im Vordergrund. Als Folge davon wenden kleine Unternehmen stringentere Kriterien bei der Auswahl von zum Patent anzumeldenden Erfindungen an (Täger 1989; Ernst 1996). Obwohl die Patentprozesse im Vergleich zu großen Unternehmen weniger formalisiert sind, wird den eigenen Patenten eine größere Wichtigkeit eingeräumt. Als Folge weisen KMUs eine höhere Nutzungsquote auf. Generell ziehen kleine Unternehmen nach wie vor die Geheimhaltung eher einer Patentanmeldung vor, als große Unternehmen dies tun (Arundel 2001). Der Aufbau und die Anwendung von gewerblichen Schutzrechten haben auch für KMUs Vorteile: • Stärkung der Verhandlungsposition: KMUs sind stärker im Business-toBusiness-Bereich tätig, bei dem Großunternehmen als Kunden dominieren. Ohne Patentschutz wäre die Verhandlungsposition gegenüber Großkunden äußerst schwach, da diese eine Innovation häufig selbst übernehmen oder von Drittanbietern günstiger herstellen lassen können. Ein Patentschutz kann einen wesentlichen Beitrag dazu liefern, Folgeaufträge zu sichern, die zur Amortisation vorheriger F&E-Investitionen benötigt werden. • Kapitalbeschaffung: Risikokapitalgeber verlangen laut der Patentanwaltskammer (2004) oft Sicherheiten für ihre Investitionen. Patente, Patentanmeldungen, Gebrauchsmuster sowie Marken werden dabei zunehmend als Sicherungsindikatoren für den Geschäftsplan und zur Absicherung der Innovationen gegen Nachahmer akzeptiert. Mittlerweile lassen sich Patente sogar direkt als Sicherheit für Kreditvergaben einsetzen.
164
Ausprägungen des Patentmanagements
Insbesondere bei KMUs, die bisher ein wenig konsequentes Patentmanagement geführt haben, liegt die Schutzrechtsarbeit häufig noch beim Geschäftsführer. Zum Teil ist die Koordination der Patentaktivitäten an einen Mitarbeiter der Entwicklung delegiert, der diese Tätigkeit neben anderen Tätigkeiten erfüllen soll. Die Konsequenzen davon sind (Grosse 2004): • Wenig Zeit für Fragestellungen und Probleme des gewerblichen Rechtsschutzes. • Wenig Systematisierung, wenig oder keine Strukturierung und Formalisierung. • Fehlen eines offiziellen Ansprechpartners. • Fehlende technische oder juristische Sachkenntnis. Als Folge davon besteht die Gefahr, dass Arbeiten im Patentbereich nicht fristgerecht erledigt werden und wenig Überblick über die vielfältigen Vorgänge besteht. Darüber hinaus hat sich in der Praxis in Deutschland und Österreich gezeigt, dass Regelungen zur Erfüllung der Arbeitnehmererfindergesetze keinen Eingang in Arbeitsabläufe finden und Rechtsstreitigkeiten mit Erfindern und ehemaligen Mitarbeitern oft die Folge sind.
Produktspezifika Je schneller sich Innovationszyklen bewegen, desto schwieriger ist es, nachhaltig Wettbewerbsvorteile durch Schutzrechte zu erzielen, da der Patentschutz erst mit einer gewissen Zeitverzögerung einen wirksamen Schutz vor Imitation bewirkt, beispielsweise bei Produkten mit einer hohen Aktualitätsattraktivität, wie Trends oder Moden. Demgegenüber helfen geeignete Patentportfolien langlebige technische Standards zu etablieren (Bekkers, Duysters und Verspagen 2002). Die durch Patente entfaltbare Wirkung hängt ebenfalls von der durch ein Unternehmen angestrebten Fertigungstiefe sowie der Stellung und dem Anteil ab, den das Unternehmen an der gesamten Wertschöpfungskette einnimmt. Je stärker es einem Unternehmen gelingt, nicht nur die eigenen sondern auch andere Wertschöpfungsstufen über Patente zu beeinflussen, desto stärker deren Wirkung. Umgekehrt steigen Abhängigkeit und Risiko, wenn ein Unternehmen auf andere Wertschöpfungsketten zur Entwicklung und Vermarktung der eigenen Produkte direkt oder indirekt angewiesen ist.
Technologiereife
165
An den Übergängen von Halbleiter- zu Elektrotechnikprodukten weiten Halbleiterunternehmen aufgrund der kontinuierlich fortschreitenden Integration von Funktionalitäten auf den integrierten Schaltkreisen ihre Wertschöpfungsketten aus und geraten in Kollision mit der Wertschöpfungsstufe ihrer derzeitigen Kunden.
Technologiereife Zudem variiert die Entstehung von Erfindungen in der Regel mit dem Technologielebenszyklus. Der Lebenszyklus eines Produkts oder einer Technologie kann in vier Phasen unterteilt werden: • • • •
Entstehungphase (Emergence). Wachstumsphase (Growth). Reifephase (Maturity). Altersphase (Obsolescence).
In der Entstehungs- und Wachstumsphase wird die Technologie entwickelt. Es ist mit einer relativ hohen Anzahl an patentierbaren Erfindungen zu rechnen, die darüber hinaus breite Schutzansprüche, auch so genannte Basispatente erhoffen lassen, da noch relativ wenig Stand-der-Technik existieren sollte. Demgegenüber finden in der Reife- und Altersphase zunehmend nur noch inkrementelle Weiterentwicklungen statt. Die Anzahl und Tragweite an relevanten Erfindungen nimmt daher ab (Gerpott 1999). Insbesondere bei neuen Technologien geraten bestehende Intellectual Property Instrumente allerdings zunächst häufig an Grenzen, wie beispielsweise im Software-, Dienstleistungs- und im Biotechnologiesektor, da rechtlich oder ethisch motivierte Probleme entstehen (Gerstenberger 1992; Kortum und Lerner 1999). Der Einfluss der Lebenszyklusphasen eines Produktes oder einer Technologie auf das Patentierverhalten ist im folgenden Beispiel für die Herstellungstechnologie von Salpetersäure dargestellt (Abb. VI.16). Dabei werden zwei Patentindikatoren herangezogen: Anzahl technologisch aktiver Firmen und die Anzahl an Patentfamilien, jeweils bezogen auf bestimmte Zeitabschnitte. Eine weitere Einflussgröße die das Patentmanagement beeinflusst, ist die F&E-Intensität der jeweiligen Technologie. So lassen Spitzentechnologien mit einem F&E-Anteil größer als 8,5% des mittleren Umsatzes grundsätzlich eine höhere Erfindungsanzahl und -qualität erwarten als Niedrigtechnologien, bei denen der F&E-Anteil weniger als 3,5% des mittleren Umsatzes beträgt.
166
Ausprägungen des Patentmanagements
20 18
Anzahl Familien pro Jahr
16
1969 bis 1971
< HochtechnologieWettbewerb >
14
Wachstum
12
Beispiel: Herstellungstechnologie für Salpetersäure
Reife
10 8 6
Entstehung
1984 bis 1986
4 2
< Technologie nicht mehr Wettbewerbsbasis >
Alterung
0 0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
Anzahl Unternehmen pro Jahr
Quelle: Mogee (1997)
Abb. VI.16. Lebenszyklus-Analyse mittels Patentindikatoren
Länderspezifika Da sich juristische Schutzstrategien unter anderem an der Relevanz von Märkten ausrichten, nimmt das Patentmanagement Einfluss darauf, wo Patentschutz erlangt werden soll.24 Es ist daher nicht besonders überraschend, dass in verschiedenen Ländern unterschiedlich häufig Patentschutz ersucht wird. In Tabelle VI.4 sind die Länderbenennungen der im Jahr 2005 erteilten Patente vor dem Europäischen Patentamt aufgeführt.25 Am häufigsten wird derzeit Patentschutz in Deutschland, Frankreich und Großbritannien erlangt.
24 Zu
den Grundlagen von gewerblichen Schutzrechten siehe Kapitel I, Arten von Schutzrechten. 25 Zur Benennungshäufigkeit der Vertragsstaaten des Europäischen Patentamtes siehe auch Anhang.
Länderspezifika
167
Wer meldet an? Die Patentinhaber haben dabei nur in 52,6% der Fälle ihren Ursprung in einem der Mitgliedsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens. 24% aller Patentinhaber stammen aus dem USA, 18% aus Japan (Europäisches Patentamt 2006a). Darüber hinaus bestehen trotz zunehmender Harmonisierung des gewerblichen Rechtsschutzes weltweit immer noch zahlreiche Unterschiede zwischen den nationalen Legislaturen (Tabelle VI.5a/b/c, Seite 182). Dies sowohl in Bezug auf das was schützbar ist und wie der Schutz durchgesetzt werden kann. So können im amerikanischen Rechtsraum auch Internetseitenoberflächen durch Trade Dress geschützt werden (Berkowitz 2000; von Bassewitz 2004).
Tabelle VI.4. Top-10 Länder des Patentschutzes in Europa Rang
Land
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Deutschland Frankreich Großbritannien Italien Spanien Niederlande Schweden Schweizb Belgien Österreich
Benennungen 2005 erteilter europ. Patentea 98 % 93 % 93 % 76 % 62 % 60 % 57 % 56 % 54 % 53 %
Quelle: Europäisches Patentamt (2006a) a
Anteil der Häufigkeit der Länderbenennung in Bezug auf die in 2005 am Europäischen Patentamt erteilten europäischen Patente (Artikel 97(4) EPÜ). b inkl. Liechtenstein.
168
Ausprägungen des Patentmanagements
USA Das erste Patentgesetz der USA wurde bereits 1790 verabschiedet. Heute kennt es Patente, Geschmacksmuster und Patente für Pflanzenzüchtungen. Durch ein Patent sind in den USA technische Verfahren, Vorrichtungen, Erzeugnisse, Materialkompositionen oder deren Verbesserungen schützbar. Als Besonderheit des US-Patentgesetzes wird bei sich zeitlich überschneidenden Patentanmeldungen, die sich auf einen Erfindungsgegenstand beziehen, das Ersterfinderprinzip angewendet (first-to-invent). Der Ersterfinder wird im Bedarfsfall von Amts wegen über ein so genanntes Interference-Verfahren ermittelt. Während des Erteilungsverfahrens hat der Anmelder die Möglichkeit, seine Patentanmeldung zu modifizieren. Er kann seine Anmeldung in Form einer Divisional Application teilen oder in Form einer Continuing Application eine Fortsetzung, beziehungsweise eine Continuation-in-part Application als Teilfortsetzungsanmeldung durchführen. Diese drei Möglichkeiten stehen dem Anmelder nur so lange offen, wie die ursprüngliche Anmeldung nicht rechtskräftig zurückgewiesen wurde. Bei einer positiven Sachprüfung der Patentanmeldung durch das US-amerikanische Patent- und Markenamt wird das Patent erteilt. Jedes erteilte Patent wird einer oder mehreren Patentklassen zugeordnet. Die Klassifizierung in den USA wird seit 1836 mittels einer eigenen, nationalen Patentklassifikation und parallel dazu in der International Patentklassifikation (IPC) vorgenommen.26 Im US-Patentblatt erscheinen einmal wöchentlich die bibliographischen Daten, die Kurzfassung und gegebenenfalls die erforderlichen Zeichnungen der erteilten Patente. US-Patente können jederzeit vor einem ordentlichen Gericht oder dem Patentberufungsgericht – dem US Court of Appeals for the Federal Circuit – angefochten werden (Specht und Möhrle 2002). Beim Eintritt in den US-Markt sowie bei der Durchsetzung von Schutzrechten sollten einige auf das US-Recht zurückgehende Besonderheiten berücksichtigt werden: • Generell hohe Anzahl an US-Patenten. • Relativ einfache Angreifbarkeit des Unternehmens bei neuem USMarkteintritt. • Nachgewiesen wissentliche Patentverletzung kann die Verdreifachung des Schadensersatzanspruchs zur Folge haben (Triple Damage). • Kosten eines Patentverletzungsprozesses sind nur schwer abschätzbar; bei Streitwerten unter 1 Million US-Dollar liegen die Kosten pro Einzelfall durchschnittlich bei 499.000 US-Dollar (AIPLA 2001). 26 Zur
IPC-Klassifikation siehe Anhang.
Länderspezifika
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• Auch die obsiegende Partei zahlt in der Regel ihre eigenen Prozesskosten selbst. Endress+Hauser: Markteintritt in USA 1. Aufbau eines eigenen „Waffenarsenals“ mit eigenen Patenten zur passiven Abschreckung möglicher Angreifer und das bei einem potentiellen Angriff eingebracht werden könnte. 2. Sorgfältige, vorherige Prüfung bei neu auf den Markt zu bringenden Produkten, ob eine Kollision mit anderen Patenten bestehen könnte. 3. Jede, auch noch so gering erscheinende Drohung wegen einer angeblichen Patentverletzung sofort zur Chefsache machen und möglichst früh ersticken.
Europäisches Patentübereinkommen27 Im Rahmen des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) wurde 1978 das Europäische Patentamt (EPA) als Institution zur Unterstützung eines einheitlichen Patenterteilungsverfahrens gegründet. Der Hauptsitz des EPA befindet sich in München. Daneben hat das Amt eine Zweigstelle in Den Haag und Dienststellen in Berlin und Wien sowie ein Verbindungsbüro zu den Institutionen der EU in Brüssel. Dem EPÜ gehören heute 31 Vertragsstaaten und fünf so genannte Erstreckungsstaaten an.28 Europäische Patentanmeldungen können beim EPA oder national bei den jeweiligen Patentämtern der Vertragsstaaten eingereicht werden.29 Die offiziellen drei Amtssprachen des Europäischen Patentamtes sind Deutsch, Englisch und Französisch. Vom Patentanmelder müssen die Vertragsstaaten benannt werden, in denen das Schutzrecht bei Erteilung gelten soll. Die Anmeldung ist kostenpflichtig.30 Nach Einreichen der Anmeldeschrift wird 27 Ein
Leitfaden für Anmelder, die Rechtstexte sowie weitere Informationen des EPAs finden sich unter: http://www.european-patent-office.org/_new_tb_applic/index.de.php 28 Zu den Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens siehe Anhang. 29 Zum zeitlichen Überblick und Prozessablauf des Europäischen Patenterteilungsverfahrens siehe Anhang. 30 Zu Gebühren von Schutzrechten siehe Anhang.
170
Ausprägungen des Patentmanagements
eine Eingangs- und Formalprüfung vorgenommen. Die Recherche zum Stand der Technik wird vom Europäischen Patentamt durchgeführt, in Form eines Rechercheberichts niedergelegt und ist ebenfalls kostenpflichtig. 18 Monate nach Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag wird die Patentanmeldungsschrift veröffentlicht. Die kostenpflichtige Sachprüfung der Patentanmeldungsschrift muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Hinweis auf die Veröffentlichung des Rechercheberichts beantragt werden. Bei positiver Sachprüfung sind Erteilungs- und Druckkosten zu bezahlen, bevor die Patentschrift veröffentlicht wird. Gegen die Patenterteilung können Dritte innerhalb von neun Monaten Einspruch erheben. Die Laufzeit eines Patentes beim Europäischen Patentamt beträgt 20 Jahre ab dem Anmeldetag, auch wenn eine maximal ein Jahr ältere Prioritätsanmeldung derselben Erfindung beansprucht wurde. Eine Verlängerung der Patentlaufzeit ist auf nationaler Ebene unter bestimmten Voraussetzungen möglich, beispielsweise bei Arzneimitteln.31 Gestaffelte Jahresgebühren werden ab dem dritten Jahr fällig. Das Europäische Patentamt unterhält seit 1983 über eine trilaterale Vereinbarung enge Verbindungen zum japanischen Patentamt und US-amerikanischen Patent- und Markenamt.32 Frankreich Das französische Patentwesen geht zurück auf ein bereits im Jahr 1791 erlassenes Gesetz, welches den Begriff des intellektuellen Eigentums definierte. Neben Marken und Geschmacksmustern ist das Patent als dritte Art eines gewerblichen Schutzrechts zu erlangen. Französische Patentanmeldungen werden ebenfalls 18 Monate nach Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag in Form einer Offenlegungsschrift offen gelegt. Nach Patenterteilung wird die Patentschrift im französischen Patentblatt veröffentlicht. In Frankreich existiert kein Einspruchsverfahren, da im Bedarfsfall die Gerichte die Rechtsbeständigkeit eines Patentes beurteilen. Das französische Patentamt nimmt jedoch Einwände Dritter gegen Patenterteilungen entgegen und fügt sie dem Recherchebericht hinzu. Die maximale Schutzdauer eines französischen Patents beträgt 20 Jahre. Es sind Jahresgebühren zur Aufrechterhaltung zu entrichten (Specht und Möhrle 2002).
31 Zum
Ergänzenden Schutzzertifikat für Arzneimittel siehe Kapitel I, Arten von Schutzrechten/Patente sowie Kapitel VI, Pharma- und Chemiebranche. 32 Trilateral Web Site unter: http://www.european-patent-office.org/tws/
Länderspezifika
171
Großbritannien Mit einer Gesetzesnovellierung im Jahr 1977 ist das britische Patentrecht an die europäischen Standards angepasst worden. In Großbritannien werden drei gewerbliche Schutzrechte unterschieden: Patente, Geschmacksmuster und Marken. Des Weiteren bestehen ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel und Pflanzenschutzpräparate. Patentanmeldungen in Großbritannien durchlaufen ebenfalls zunächst eine Formalprüfung. 18 Monate nach dem Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag wird die Anmeldung veröffentlicht. Die Offenlegung in Form einer Patentanmeldungsschrift kann auf Antrag des Anmelders auch vorgezogen werden. Die Verfahrensakten sind danach einsehbar. Eventuelle Einwände, beispielsweise den Stand der Technik betreffend, können Dritte dem Patentamt mitteilen, da ein Einspruchsverfahren seit der Gesetzesnovellierung nicht mehr vorgesehen ist. Recherche- und Prüfungsbericht werden ebenfalls durch das britische Patentamt veröffentlicht. Durch den Prüfer formulierte Einwände müssen binnen einer Frist von dreieinhalb Jahren, beginnend mit dem Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag, durch den Patentanmelder beseitigt werden, andernfalls verfällt die Anmeldung. Bei positivem Prüfungsergebnis wird das Patent erteilt und eine Patentschrift durch das britische Patentamt veröffentlicht. Die Laufzeit beträgt 20 Jahre. Ab dem fünften Jahr sind Jahresgebühren durch den Patentanmelder oder seinen Rechtsnachfolger zu entrichten (Specht und Möhrle 2002). Russische Föderation In der damaligen UdSSR wurde 1991 kurz vor dem Zusammenbruch ein neues Patentgesetz erlassen, welches die Abschaffung der früher üblichen Urheberscheine bewirkte. Bis 1992 war in der Russischen Föderation die einzige Schutzrechtsform das Patent. Nach 1992 wurden durch Gesetzesnovellierung Gebrauchs- und Geschmacksmuster sowie der Markenschutz eingeführt. Urheberscheine konnten in Patente umgewandelt werden. Nach einer Formalprüfung erfolgt 18 Monate nach dem Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag eine Mitteilung über die Anmeldung. Das Verfahren ist danach öffentlich einsehbar. Wird die Prüfung fristgerecht beantragt und erfüllt die Erfindung die notwendigen Bedingungen für die Patentierbarkeit, wird ein Patent erteilt und die Patentschrift veröffentlicht. In erster Instanz können Beschwerden bei der Appellationskammer des Patentamtes eingelegt werden. In der zweiten Instanz ist die Oberste Patentkammer zuständig (Specht und Möhrle 2002).
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Ausprägungen des Patentmanagements
Grenzen der Durchsetzung bei nationalen Interessen: Pharma-Patente in Brasilien In Brasilien hat jeder Aids-Kranke das Recht, gratis mit AidsMedikamenten versorgt zu werden. Brasilien produziert deshalb für sein Aids-Programm schon seit Jahren Generika in großem Umfang: 7 der 15 benötigten Aids-Medikamente werden von dem staatlichen Pharmaunternehmen Far-Manguinhos selbst hergestellt, das Teil der renommierten, direkt dem Gesundheitsministerium unterstellten Stiftung Oswalds Cruz ist. Das Problem ist jedoch, dass die sehr kostspieligen Medikamente eigentlich internationalem Patentschutz mit Wirkung für Brasilien unterstehen. In Brasilien besteht ein Patentschutz zwar nur auf diejenigen Medikamente, die von internationalen Pharmakonzernen nach 1997 kommerzialisiert worden sind. Brasilien droht aber seit Jahren, Schutzrechte auf Aids-Medikamente zu missachten und diese auch selbst herzustellen. Durch Drohgebärden und dem Einsatz von Far-Manguinhos, das nach eigenen Angaben innerhalb von nur 6 Monaten auch alle anderen benötigten Aids-Medikamente kopieren könnte, gelang es Brasilien den Preis für eine einjährige Behandlung von 8.500 Rl. (rund 2.800 Euro) in 1999 auf 3.400 Rl. in 2003 zu senken (NZZ 2004a). Das Brasilianische Gesundheitsministerium hat 2005 nun die nächste Runde eingeleitet. Vom US-Pharmakonzern Abbott Laboratories wurde gefordert, für dessen Aids-Medikament Keletra entweder einen deutlichen Preisnachlass zu erhalten oder aber freiwillig eine Produktionslizenz zu erteilen. Andernfalls würde Brasilien auf Basis einer Zwangslizenz selbst mit der Produktion des Generikums beginnen, da andernfalls das Aids-Präventivprogramm nicht mehr zu bezahlen sei. Das brasilianische Gesundheitsministerium beruft sich dabei auf das von der Welthandelsorganisation (WTO) verabschiedete Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums (TRIPS, Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights). Das Abkommen räumt WTO angehörenden Entwicklungs- und Schwellenländern im Falle gravierender Probleme der Volksgesundheit die Möglichkeit ein, auf pharmazeutische Produkte Zwangslizenzen zu erteilen (NZZ 2004d).
Länderspezifika
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Japan Das japanische Patentrecht hat durch eine Gesetzesnovellierung im Jahr 1978 weitestgehend eine Harmonisierung mit dem Europäischen Standard erfahren. In Japan bestehen vier Arten der gewerblichen Schutzrechte: Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster sowie Marken. Patentanmeldungen können in englischer und japanischer Sprache eingereicht werden. Danach wird die Patentanmeldung einer Prüfung aller formalen Gesichtspunkte unterzogen. Fällt die Formalprüfung der Anmeldungsschrift positiv aus, erfolgt 18 Monate nach dem Anmelde- beziehungsweise Prioritätstag die Offenlegung der Patentanmeldung durch Veröffentlichung im japanischen Patentblatt. Wie in Deutschland, hat der Patentinhaber nach der Offenlegung einen Entschädigungsanspruch gegenüber Dritten, die die Erfindung unrechtmäßig benutzen. Das Patenterteilungsverfahren erfolgt seit der Einführung einer weiteren Neuerung des Patentgesetzes im Jahr 1995 in zwei Stufen. Die Patenterteilung erfolgt nach positiv durchlaufener Sachprüfung. Gegenüber der Öffentlichkeit besteht ebenfalls ein Einspruchsverfahren, das innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung eingelegt werden kann. Die Patentlaufzeit beträgt in Japan 20 Jahre ab dem Anmeldetag (Specht und Möhrle 2002). China Zahlreiche Absatzmärkte verlagern sich nach Fernost. Der Schweizer Konzern Saurer erarbeitete 2003 bereits 40% seines Textilmaschinenumsatzes in China, während es in Europa weniger als 15% waren. Trotz allen Chancen besteht aus westlicher Sicht ein großes Problem im mangelnden Schutz des geistigen Eigentums: „Copyright“ wird häufig als „Right to copy“ verstanden. So gilt generell das Anfertigen von Kopien als Ehrerbietung vor Meistern und selbst abgeschlossene Verträge werden auf ihre Aktualität hinterfragt. So hat ein chinesischer Staatsbetrieb, eine als Kunde von Saurer erworbene Textilmaschine an einen chinesischen Wettbewerber weitergegeben, der ebenfalls ein staatliches Unternehmen ist. Dieser zerlegte und analysierte die Maschine, um diese anschließend nachzubauen. China trat der Welthandelsorganisation (WTO) und der internationalen Vereinbarung auf dem Gebiet der Immaterialgüterrechte (TRIPS) erst 2001 nach 15 Jahren zäher Verhandlungen bei. Der mit dem Beitritt verbundene Druck, zahlreiche Gesetze zu ändern und diese vor allem effektiv durchzusetzen, brachte für China große Herausforderungen. Der führende Reform-
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Ausprägungen des Patentmanagements
ökonom Chinas, Fan Gang, rechnet damit, dass China noch 50 Jahre benötigen wird, bis die geltenden Gesetze vollständig anerkannt und umgesetzt werden. Chinesische Anwälte empfehlen Unternehmen zur Durchsetzung ihrer Patentrechte zwar bereits heute den Gang zu den staatlichen Gerichten, von den in China tätigen ausländischen, multinationalen Unternehmen haben dennoch 69% Probleme mit dem derzeitigen Schutzrechtssystem beziehungsweise den chinesischen Intellectual Property Institutionen. 50% wurden Opfer umfassender Verletzungen ihrer Schutzrechte (Yang 2003). Vermehrt leiden aber auch die aufstrebenden chinesischen Großfirmen unter den mangelnden Rahmenbedingungen und fordern deshalb eine Stärkung des effektiven Schutzes durch gewerbliche Schutzrechte (Haour und von Zedtwitz 2004). Stellt sich bei der Länderauswahl die Frage, ob in China ein Patent angemeldet werden soll, so sollte generell versucht werden, möglichst das ganze schützbare Wissen zu sichern. Daher empfiehlt sich ein verstärktes Growing und Pruning (siehe Kapitel III, Bewertung von Patenten). Erfindungen, die möglicherweise einmal eine strategische und wirtschaftliche Relevanz in China erhalten könnten, sollten deshalb auch dort geschützt werden. Lediglich bei durch Reverse-Engineering einfach imitierbaren Kernprodukten oder -technologien sollte gegebenenfalls einer Geheimhaltung der Vorrang gegeben werden, wenn das Risiko einer Wissensdiffusion durch Patentveröffentlichungen als zu hoch bewertet wird. China ver-
180.000 150.000 120.000 90.000 60.000 30.000
t 1985
1987
1989
1991
1993
1995
1997
1999
2001
2003
2005
Gesamtanzahl Patentanmeldungen in China Patentanmeldungen von Unternehmen mit Sitz in China
Abb. VI.17. Anzahl an Patentanmeldungen und Patenten mit Wirkung in China
Länderspezifika
175
zeichnete in der letzten Dekade einen starken Anstieg an Patentanmeldungen (Abb. VI.17). Besonders hoch ist dabei der Anteil ausländischer Patentanmelder in Höhe von 60,5% (Abb. VI.18). Aufgrund der in China vorherrschenden Wertvorstellungen ist Beziehungsmanagement ein wesentlicher Punkt (Granier 2002). Durch gezieltes Beziehungsmanagement mit der chinesischen Regierung können daher insbesondere große Unternehmen mit Marktmacht ihre Patentrechte in China leichter durchsetzen. Das Erreichen einer hinreichenden Marktmacht gestaltet sich allerdings nicht sehr einfach. Im Bereich des Patentmanagements gilt es somit, die notwendigen Beziehungen zu Wettbewerbern, juristischen Instanzen, Zulieferern und Kunden zu pflegen, unter der Berücksichtigung der kulturellen Aspekte, wie Personenfokus und Hierarchie. Untersuchungen haben gezeigt, dass ausländische, China erprobte Unternehmen zufriedener mit dem chinesischen Rechtsystem sind, als Unerfahrene (Guvenli und Sanyal 2003). Das Verständnis der kulturbedingten Besonderheiten, der juristischen Abläufe sowie das Kennen aller Möglichkeiten des Patentrechtssystems in China sind daher Voraussetzungen für erfolgreiches Patentmanagement in China. Als verwandter Faktor gilt darüber hinaus die lokale Verbundenheit. Unternehmen die in China regional etabliert sind, haben höhere Chancen Deutschland 5,8% Niederlande 2,5% Frankreich 2,2%
Japan 20,6%
USA 14,9%
Europäische Union 16,8%
Andere europäische Länder 1,2%
Schweden 1,8% England 1,6% Finnland 0,9% Italien 0,8%
Andere Länder 8,2%
Korea 3,6%
China 39,5%
A ndere Länder 1,7%
Schweiz 1,8% Kanada 0,5% Australien 0,5%
Quelle: OECD (2004)
Abb. VI.18. Länderanteil der Patentanmeldungen beim Chinesischen Patentamt
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Ausprägungen des Patentmanagements
Jede Dritte Software ist eine Raubkopie Weltweit wurden 2004 mit Software im PC-Bereich 59 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Diesen steht tatsächlich auf Computern installierte Software im Wert von schätzungsweise 90 Milliarden USDollar gegenüber. Der Schaden in Form entgangener Einnahmen wird auf 34 Milliarden US-Dollar geschätzt. Praktisch ist daher jede dritte Software eine Raubkopie. Weltweite Spitzenreiter bei Raubkopien sind China, die Ukraine und Vietnam mit Quoten nicht lizenzierter Software in Höhe von über 90% (BSA-IDC 2005). Auch die Schweiz ist von Piraterie betroffen. An der Spitze liegt dort jedoch der Handel mit gefälschten Uhren und Juwelierwaren. Der Schweizer Uhrenindustrie entsteht dabei ein jährlicher Schaden in der Größenordnung von 800 Mio. Franken (NZZ 2004b).
auf erfolgreiche Durchsetzung ihrer Patentrechte (Guvenli und Sanyal 2003). Dieses Ergebnis ist dadurch zu erklären, dass entsprechende Unternehmen wichtige Arbeitsplätze schaffen und zur wirtschaftlichen Entwicklung einen Beitrag leisten. Dadurch genießen diese Unternehmen eher Sympathien im juristischen System und in der Bevölkerung. Der Schweizer Industriekonzern ABB genießt beispielsweise eine hohe Akzeptanz und Beliebtheit in China. Dadurch, dass das Unternehmen in China seit vielen Jahren vielerorts lokal vertreten ist, China technologisch unterstützt und zahlreiche Arbeitsstellen schafft, verkörpert es eine erhebliche Marktmacht. Deshalb pflegt ABB über Jahre hinweg gute Beziehungen zu lokalen Entscheidungsträgern und Behörden und versucht, diese teilweise beinahe freundschaftlichen Beziehungen weiterhin auszubauen. Die Bedürfnisse und Ansprüche von ABB genießen so eine höhere Akzeptanz, was sich erfahrungsgemäß positiv auf die Durchsetzung der Patentrechte auswirkt. Ausländische Unternehmen in China werden in nächster Zeit weiterhin den Patentschutz und dessen Durchsetzung als ausgesprochene Herausforderung wahrnehmen (Cunningham 2002). Die neuen Intellectual Property Gesetze gelten zwar als gut, aber der Rechtsapparat ist verständlicherweise noch sehr unerfahren. Für den Ausgang eines Rechtsstreites können deshalb die lokale Verbundenheit, die Beziehung zur Regierung und die Marktmacht eines Schutzrechtsinhabers noch in erheblichem Umfang entscheidend sein. Auch wenn China aktiv daran arbeitet, die Akzeptanz von
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gewerblichen Schutzrechten in kürzester Zeit zu erhöhen, muss beachtet werden, dass mit den aktuell verfügbaren Ressourcen China gar nicht in der Lage sein kann, das große Territorium effektiv selbst zu überwachen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor in China ist deshalb der Aufbau eines starken Durchsetzungsimages. Wenn ein Unternehmen den Ruf erlangt hat, rigoros gegen Patentverletzer vorzugehen und die eigenen Patentrechte vehement durchzusetzen, hat dies eine abschreckende Wirkung auf allfällige Patentverletzer. Es muss der Eindruck entstehen, dass sofort und unerbittlich gegen Patentverletzungen vorgegangen wird. Ein solcher Ruf erhöht den Patentwert erheblich, indem Kosten und Aufwand für Patentverletzungen so hoch erscheinen, dass potentielle Verletzer abgeschreckt werden, Patentrechte zu verletzen (Deng et al. 1996). In den einzelnen Fällen müssen Kosten und Nutzen vom Patentinhaber oder Lizenznehmer abgewogen werden, wobei die zu Beginn anfallenden Kosten als Investition betrachtet werden können. Langfristig werden diese Kosten dann auf Grund des erreichten Rufes sinken. Dieses Vorgehen setzt allerdings eine gewisse finanzielle Stärke voraus, da zunächst erhebliche Kosten anfallen können, die durch die derzeit gerichtlich ausgesprochenen Entschädigungszahlungen in der Regel nicht kompensiert werden. Soll die Imitation eigener Produkte verhindert werden, müssen zunächst alle vorhandenen Rechtsmöglichkeiten genutzt werden. Patente sind dabei eine wichtige Grundlage, um Verbietungs- und Entschädigungsforderungen zu untermauern und durchzusetzen. Auf Grund des hohen Risikos einer Patentverletzung, kommt in China dabei dem Monitoring von Fremdprodukten eine besonders hohe Bedeutung zu. Nur wenn allfällige Patentverletzungen früh erkannt werden, können Reaktionen erwogen, Gegenmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet und der wirtschaftliche Schaden in Grenzen gehalten werden. Mittels aktivem Monitoring und der Ausnutzung aller Rechtsmöglichkeiten kann dann bereits ein guter Schutz bei lokaler Verankerung und ausreichender Marktmacht erzielt werden. Die Experten sind sich einig, dass die derzeit noch als mangelhaft wahrgenommene Rechtssicherheit in China Bestandteil des derzeitigen Transformationsprozesses ist. Langfristig werden die Gerichte und Behörden die nötige Erfahrung haben, und es wird sich ein entsprechendes Bewusstsein in der Bevölkerung entwickeln. Zahlreiche europäische Unternehmen haben die Schlüsselfunktion des Patentmanagements beim Eintritt in den chinesischen Markt und für die Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen bereits erkannt. Sobald gewerbliche Schutzrechte in China die angedachte volle Wirkung entfalten, werden diejenigen, die schon frühzeitig aktiv geworden sind, nur schwer aufholbare Wettbewerbsvorteile etabliert haben. In Kombination mit Geduld, Erfahrung in China und erfolgreichem Beziehungsmanage-
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Ausprägungen des Patentmanagements
ment können Unternehmen durch konsequentes Patentmanagement Wettbewerbsvorteile sichern. Chinesisches Patentwesen. Im chinesischen Patentwesen werden Erfindungspatente, Gebrauchsmuster und Geschmacksmusterpatente unterschieden. Bei Erfindungen werden dienstliche und nicht-dienstliche Erfindungen unterschieden. Dienstliche Erfindungen gehen auf volkseigene oder genossenschaftliche Einrichtungen zurück und sind Eigentum des Staates. Das Erfinderkollektiv tritt nur als Treuhänder auf. Nichtdienstliche Erfindungen sind Inventionen, die außerhalb des staatlichen Umfeldes entstanden sind. Letzteres gilt im besonderen Maße für Erfindungen, die aus Joint Ventures hervorgegangen sind. Das früher bestehende Verbot des Stoffschutzes, der Patentierung von Mikroorganismen und Nahrungsmitteln sowie von pharmazeutischen Erzeugnissen wurde 1993 aufgehoben. Die in der Volksrepublik China zum Patent angemeldeten Erfindungen durchlaufen ebenfalls zunächst eine Formalprüfung. Nach positiver Formalprüfung erfolgt 18 Monate nach Anmeldung die Veröffentlichung durch Publizierung einer Offenlegungsschrift. Die früher bestehende Auslegung ist mit der Novellierung des Patentgesetzes von 1993 entfallen. Einsprüche können nach der Patenterteilung eingelegt werden. Seit 1993 beträgt die Schutzdauer für Patente in der Volksrepublik China 20 Jahre (Specht und Möhrle 2002). F&E-Kooperationen in China. F&E-Kooperationen in China haben noch keine lange Tradition, die Anzahl der F&E-Einheiten in China jedoch steigt rasant an: Schweizer und deutsche Unternehmen genießen hohes Ansehen dank ihrer Technologieführerschaft und Qualität. Dieser Imagevorteil könnte ihnen zugute kommen. Auf der anderen Seite kontrastiert die ausgeprägte Neigung zur Unsicherheitsvermeidung dieser Unternehmen mit den pragmatischen chinesischen Geschäftspraktiken und der Bürokratie der Regierung, was zahlreiche Konflikte und Risiken mit sich bringt. Unsicherheiten in der F&E-Zusammenarbeit entstehen dabei hauptsächlich auf Grund der ungenügend praktizierten Gesetzesgrundlage und einer protektionistischen Tendenz regionaler Regierungen. Die meisten der potenziellen Kooperationspartner sind staatseigene Unternehmen. Die Gefahr eines ungewollten und intransparenten Wissens- und Technologietransfers durch dieses Netzwerk ist groß und für einen Neueinsteiger nicht sofort erkennbar. Sogar wenn der ausländische Partner klare Beweise für einen gesetzeswidrigen Technologietransfer hat, ist er häufig machtlos, da regionale Regierungen im Eigeninteresse handeln und typischerweise in die Vorgänge verwickelt sind.
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In der Vergangenheit wurden Lieferverträge nach China oft nur im Zusammenhang mit Know-how-Transfer genehmigt. Mittlerweile ist ein Technologietransfer hierfür allerdings nicht mehr Voraussetzung, wodurch insbesondere die westliche Maschinen- und Anlagenbranche eine Stärkung erfahren hat. So können Lizenzgeber bereits von der Möglichkeit Gebrauch machen, nachvertragliche Geheimhaltungsvereinbarungen oder vertragliche Verbote der Weiterbenutzung nach Beendigung des Vertrages zu verabreden (Pattloch 2003; Chao, Yu und Bissett 2003; Trempel 2001). Eine Befragung von 80 globalen Industrieunternehmen in China ergab, dass für Joint Venture Kooperation in China eine erhebliche Gefahr des Know-how-Abflusses an chinesische Partner besteht (EAC 2000). Eine Ursache liegt unter anderem darin, dass die Loyalität von chinesischen Angestellten generell als geringer einzustufen ist, als in Europa oder den USA. Für die Elektroerosionsmaschinen der Georg Fischer-Tochter Agie Charmilles ist China der weltgrößte Absatzmarkt. Das Unternehmen verlor beispielsweise Mitarbeiter, die dann eigenständig begannen, eine auf einfache Maschinen eingeschränkte Produktion aufzubauen. Grundsätzlich besteht die Gefahr der Wissensdiffusion bei leicht imitierbaren Basis- und Schlüsseltechnologien. Daher müssen Know-how sichernde Maßnahmen ergriffen werden. Es gilt zu entscheiden, welche Technologien überhaupt in die F&E-Kooperation eingebracht werden sollen. Werden keine oder nur Technologien älterer Generationen eingebracht, sind chinesische Kooperationspartner häufig unzufrieden und ziehen entsprechende Konsequenzen daraus. Aufbau von ausländischen F&E-Kooperationen in China. Der Erfolg ausländischer F&E-Projekte in China hängt stark davon ab, dass die Chancen und Gefahren realistisch eingeschätzt und frühzeitig Maßnahmen eingeleitet werden können (Gassmann und Han 2005): • Umgang mit chinesischer Sprache und Kultur. Ein großes Problem besteht bei westlichen Managern darin, die kulturellen Unterschiede überwinden zu können, z.B. kontextreiche Kommunikation, wie Tonhöhe, Gesichtsausdruck und Körpersprache sowie das Face Saving. • Diversität in F&E-Teams birgt Zündstoff. In interkulturellen F&ETeams sind Differenzen zwischen rückkehrenden Auslandschinesen, haigui genannt, sowie lokal rekrutierten Chinesen nicht zu unterschätzen (Bildung, Arbeitsweisen, Löhne). • Geringe Eigeninitiative und Innovationsfreude. Das chinesische Schulund Universitätssystem misst der Entwicklung von Eigeninitiative relativ wenig Bedeutung zu.
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Ausprägungen des Patentmanagements
• Hohe Fluktuationsraten: Wissen wandert mit den Köpfen. Insbesondere in den großen Städten wie Peking oder Shanghai wechseln Angestellte häufig den Arbeitgeber. Ausländische Unternehmen werden als Karriere-Sprungbrett betrachtet. • Bürokratie und Abhängigkeit der Regierung. Gute Beziehungen zur Regierung sind immer noch ein entscheidender Faktor für Effizienz und Erfolg. • Technologie gegen Marktzutritt: Wissensabfluss. Potentielle Kooperationspartner sind häufig staatseigene Unternehmen. Das Risiko eines ungewollten und intransparenten Wissens- und Technologietransfers ist dann besonders hoch. • Überprüfung, ob den Kooperationspartnern vertraut werden kann. Bei der Wahl des Kooperationspartners ist darauf zu achten, welchen formellen und informellen Netzwerken, z.B. Familien, dieser angehört, um einen Abfluss an den Wettbewerb zu vermeiden. • Kooperationen mit lokalen Universitäten von Vorteil. Nutzung der etablierten Beziehungen zur Regierung und zu einzelnen Ministerien, um eigene Beziehungen, so genanntes Guanxi, aufzubauen. Der Weg zum Erfolg liegt generell nicht nur im Beziehungsmanagement, sondern auch in einem an China angepassten Verhandlungsstil. Die in China vorherrschenden Wertvorstellungen beeinflussen den notwendigen Verhandlungsstil in ganz erheblichem Umfang. Während westliche Unternehmen häufig versuchen, sachbezogene Ziele effizient zu erreichen, versuchen chinesische Verhandlungspartner zunächst eine persönliche Beziehung und Vertrauen aufzubauen. Dieser Umstand zieht den ganzen Verhandlungsprozess für westliche Partner ungewohnt in die Länge. Chinesische Manager versuchen auf diese Weise, zukünftige Konfliktherde von Anfang an auszuschließen. Geduld, Ausdauer, Einfühlungsvermögen und wiederum Erfahrung im Umgang mit der chinesischen Kultur werden in diesen Verhandlungen den Erfolg bringen (Granier 2002; Chong 2001). Weitere Faktoren für F&E-Kooperationen mit chinesischen Partnern sind die Abklärung des einzubringenden Know-hows und der Ressourcen sowie die spätere Sicherung dieses Wissens. Der Erfolg für einen westlichen Partner besteht dabei darin, das Kontinuum Vertrauen–Selbstschutz erfolgreich zu bewältigen. Blieb China bisher der „wilde Osten“ des Intellectual Property Managements, bei dem das Recht des Schnelleren und Smarteren galt, so ist seit Chinas WTO-Beitritt die Grundlage für die Harmonisierung des Patentschutzes gegeben. Die Durchsetzung des derzeitigen Rechts bleibt jedoch trotz ersten Fortschritten schwierig.
Länderspezifika
181
Syngenta hat als eines der wenigen westlichen Unternehmen einen Piraterierechtsstreit gegen chinesische Imitatoren in China gewonnen. Es ist zu erwarten, dass sich die Durchsetzung von Patentrechten erst dann verbessert, wenn die ersten chinesischen Innovatoren chinesische Imitatoren wegen Patentverletzung verklagen.
Erfolgsfaktoren für Patentmanagement in China • Beziehungsmanagement. • Lokale Verbundenheit. • Angepasster Verhandlungsstil, insbesondere Geduld. • Marktmacht. • China-Erfahrung. • Verstärkte Growing- und Pruning-Aktivitäten. • Verstärktes Monitoring von Fremdprodukten. • Nutzung jeglicher Rechtsmittel. • Durchsetzungsimage.
182
Ausprägungen des Patentmanagements
Tabelle VI.5a/b/c. Vergleich verschiedener Patentlegislationen (I/II/III) Europa (EPÜ) Prioritätsprinzip Neuheitsschonfrist Veröffentlichung Laufzeit Prüfungsantrag Sprache
First to file Neini
First to invent Bis ein Jahr vor nationalem Anmeldetag (Grace Period) 18 Monate nach Prioritätstag 18 Monate nach Prioritätstag ii Max. 20 Jahre nach Anmelde- Max. 20 Jahre nach Anmeldetag tagiii Nein Bis 6 Monate nach Hinweis auf Veröffentlichung des Rechercheberichts Deutsch, Englisch, FranzöEnglisch sischiv
Japan Prioritätsprinzip First to file Neuheitsschonfrist Max. 6 Monate vor nationalem Anmeldetag Veröffentlichung 18 Monate nach Prioritätstag Laufzeit Max. 20 Jahre nach Anmeldetag Prüfungsantrag Bis 7 Jahre nach Anmeldetag Sprache Japanisch, Englisch
China Prioritätsprinzip Neuheitsschonfrist Veröffentlichung Laufzeit Prüfungsantrag Sprache
USA
Taiwan First to file Neinv 18 Monate nach Prioritätstag Max. 20 Jahre nach Anmeldetag Bis 3 Jahre nach Anmeldetag Taiwanesisch, Englischvi
Hongkong
First to file
Basispatentanmeldung in CN, GB, EP(GB), PCT(CN, EP)vii v Nein s. Basispatentanmeldung 18 Monate nach Prioritätstag s. Basispatentanmeldung Max. 20 Jahre nach Anmelde- Max. 20 Jahre nach Anmeldetag tagviii Bis 3 Jahre nach Prioritätstag Erstreckungsantrag innerhalb von 6 Monaten nach Offenlegung der Basisanmeldung s. Basispatentanmeldung Chinesischix
Quellen: Eigene Recherchen sowie Grandstrand (2000), Mayer (2003), Rebel (2003), Tönhardt (2003a, 2003b)
Länderspezifika
183
i
Ausnahmen: in Missbrauchsfällen oder bei amtlich anerkannten Ausstellungen bis max. 6 Monate vor nationalem Anmeldetag (Art. 55 EPÜ).
ii
Für US-Patentanmeldungen die nach dem 28.11.2000 eingereicht wurden. USAnmelder können die Offenlegung auf Antrag unterbinden, wenn keine Auslandsnachanmeldungen eingereicht werden (American Inventor Protection Act, 1999).
iii
Für US-Patentanmeldungen die ab dem 08.06.1995 angemeldet wurden. Frühere Anmeldungen haben eine maximale Laufzeit von 17 Jahren nach Erteilungstag.
iv
Amtssprachen des Europäischen Patentamts. Einreichung für Angehörige von Vertragsstaaten mit anderen Sprachen können Patentanmeldungen in der anderen Amtsprache einreichen, müssen jedoch Übersetzung nachliefern (Art. 14(2) EPÜ).
v
Ausnahmen: Veröffentlichungen für die Zwecke von Forschung und Experiment oder bei von der Regierung unterstützten oder anerkannten Messen bis max. 6 Monate vor nationalem Anmeldetag.
vi
Taiwanesische Übersetzung muss innerhalb von 60 Tagen nachgeliefert werden.
vii
Standard-Patentanmeldung für Hong Kong basiert auf einer Chinesischen, Britischen, EPÜ- (Europa) mit Benennung Großbritanniens oder PCT- (international) Anmeldung mit Benennung Chinas oder EPÜ-Region (Europa); Das Standard-Patent ist grundsätzlich vom Basis-Patent unabhängig, fällt aber, wenn das Basis-Patent beispielsweise im Einspruchsverfahren vernichtet wird.
viii
Short-Term-Patent nur 8 Jahre (ähnlich Gebrauchsmuster, da ohne Sachprüfung); Einreichung direkt beim Department of Intellectual Property in Hongkong.
ix
Chinesischer Text aus Taiwan nur bedingt verwendbar!
VII. Patente in der Ära von Open Innovation
„Technology has become so sophisticated, broad and expensive that even the largest companies cannot afford to do it all themselves.“ R.Z. Gussin Corporate Vice President Science and Technology Johnson & Johnson, New Brunswick, NJ
Wachstum und Sättigung Der Bedarf an gewerblichen Schutzrechten ist während der letzten Dekade fast exponentiell angestiegen. Eine größer werdende Anzahl an Unternehmen hat die Chancen erkannt, die gewerbliche Schutzrechte bieten: Der Gesamtbedarf an neuen gewerblichen Schutzrechten ist seit 2000 weltweit von 10,1 Millionen auf den historischen Höchststand von 23,5 Millionen 30 Anzahl an Patentanmeldungen [in Mio.]
23,5
20
15
Ø 24% p.a.
10,1 10
5
0 2000
2004
t
Quelle: Trilateral Statistical Report 2005 (2006)
Abb. VII.1. Weltweit sind die Patentanmeldungen rasant angestiegen
186
Patente in der Ära von Open Innovation
in 2004 gestiegen. Dies entspricht einem jährlichen Anstieg von 24% (Abb. VII.1). Jede exponentielle Entwicklung wächst jedoch nicht auf Dauer. In Europa waren 2002 bis 2003 erste Anzeichen einer Stagnation zu erkennen, wenn auch auf hohem Niveau. Das Europäische Patentamt führte die Stabilisierung des Anmeldeaufkommens auf eine Abnahme der auf dem internationalen Weg eingereichten Euro-PCT-Anmeldungen zurück (Europäisches Patentamt 2004). Die Stagnation der Neuanmeldungen in der genannten Periode, die auch am amerikanischen Patent- und Markenamt zu beobachten war, ging aber auch auf den generellen Einbruch im internationalen Wirtschaftswachstum zurück. Obwohl der Biotechnologie- und Pharmasektor weiter anzog, konnte der Rückgang im Computer- und Softwaresektor, der zuvor insbesondere von Dotcom-Unternehmen aufgeheizt worden war, nicht ausgeglichen werden. Die Patentämter nutzten die Atempause, um intern die Recherche- und Anmeldeprozesse zu optimieren und die Bearbeitungszeiten zu verringern (Tait 2004). Beim Europäischen Patentamt konnte von 2003 und 2004 die Zeit bis zum Erstbescheid der Erteilungsfähigkeit der Anmeldung bei 50% der Prüfungsverfahren von 29.6 auf 26.1 Monate nach Einreichung der Patentanmeldung verkürzt werden (Europäisches Patentamt 2004). Seit 2004 steigen die beim Europäischen Patentamt eingereichten europäischen und internationalen Euro-PCT-Anmeldungen wieder an (2004: 178.500). Der Druck in Unternehmen zur Optimierung von Kosten-/NutzenAbwägungen trifft auf eine größere Aufmerksamkeit für Intellectual Property Belange bei gleichzeitig besser werdenden Prozessen. Unsere Studien zeigen, dass 75% aller Unternehmen juristische Schutzstrategien verfolgen und eine ausformulierte Patentstrategie haben, die mit der Unternehmensstrategie abgestimmt und flächendeckend implementiert ist sowie regelmäßig überprüft und aktualisiert wird. Die Forschungs- und Entwicklungsbereiche sind dabei besonders aktiv in den Strategieprozess eingebunden. Die Untersuchungen zeigen des Weiteren auf, dass die Stoßrichtung der Patentstrategien vermehrt neben der puren Verteidigung (Handlungsfreiheit) und dem Schutz des geistigen Eigentums (Blockade) zusätzlich auch auf die Generierung von Lizenzeinnahmen durch die externe Vermarktung von gewerblichen Schutzrechten gerichtet ist. Vorreiter IBM erzielt heute über 1 Milliarde US-Dollar und damit fast 1,5% seines Umsatzes über solche Lizenzeinnahmen. Generell wird Intellectual Property bereits von jedem zweiten Unternehmen auch extern vermarktet. Hier ist jedoch ein differenziertes Vorgehen erforderlich, da in der Regel die Kernkompetenzen und komparativen Wettbewerbsvorteile von Unternehmen betroffen sind.
Patentmanagement in Kooperationen
187
Patentmanagement in Kooperationen Unternehmen greifen zunehmend nicht mehr ausschließlich auf Intellectual Property aus Eigenentwicklungen zurück, sondern suchen vermehrt nach externen Zugangsmöglichkeiten. Outsourcing von Innovationen hat bereits in den 90er Jahren in größerem Ausmaß Einzug in die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen gehalten. Ebenfalls war hier die Akquisitionsund Fusionsfreudigkeit auf dem Höhepunkt. Heute sind vorwettbewerbliche Technologieallianzen, offene Produktarchitekturen sowie kooperative Produktentwicklungen und -vermarktungen integrativer Bestandteil zahlreicher Unternehmensstrategien. Zudem sind Unternehmen nicht erst seit der Open-Source Entwicklung zusehends bereit, ihr Intellectual Property mit Dritten zu teilen und zu multiplizieren. Das Management von geistigem Eigentum gilt deshalb als zunehmend wichtiger Erfolgsfaktor bei F&E-Kooperationen. Im Vorfeld der Kooperationen wird dabei häufig versucht, noch zu schützen was patent- und markenrechtlich schützbar ist. Die Regelung des Umgangs mit dem Intellectual Property das erst in Kooperationen entsteht, stellt demgegenüber eine besonders hohe Herausforderung für die Partner und deren Strategen dar. Zu regeln sind beispielsweise Business-Pläne, rechtliche Vereinbarungen über die zukünftige Nutzung der Kooperationsergebnisse sowie Regelungen für das Scheitern der Allianzen. Da immer noch 50% bis 60% aller Kooperationen auseinander brechen, stellt sich die Frage einer klaren ExitStrategie: Wem gehört was nach Beendigung der Kooperation? Das Dilemma bei der Bildung der Kooperation in der Frühphase liegt darin, dass die für den Erfolg maßgeblichen Markt- und Wettbewerbsverhältnisse zu Beginn noch nicht eingetreten sind und sich allenfalls abschätzen lassen. In anderen Worten: Man spricht über die Verteilung des Kuchens, bevor dieser gebacken ist. Unsere Studien haben in diesem Zusammenhang gezeigt, dass Intellectual Property Management bereits in der Frühphase der Kooperationsprozesse eine entscheidende Rolle spielt. Allerdings kann nur in etwa 50% der Fälle der Umgang mit Schutzrechten in F&E-Kooperationen wirklich zufrieden stellend gelöst werden (Duysters, Kok und Vaandrager 1999; Kelly, Schaan und Joncas 2002). Das Erzielen von langfristigen Wettbewerbsvorteilen durch Patent- und Markenschutz hat in Unternehmen eine hohe Aktualität. Sogar Universitäten und öffentliche Forschungseinrichtungen versuchen, auf diesen Trend aufzuspringen. Bei der Gestaltung des eigenen Patentportfolios gilt es, viel versprechenden, aber unsicheren Nutzen gegenüber sicheren Kostenpositionen abzuwägen.
188
Patente in der Ära von Open Innovation
Interessant ist der derzeitige Trend in Europa: Die durch Patent- und Markenschutz erzielbaren Wettbewerbsvorteile werden vom industriellen Einzelunternehmen auf Dienstleistungsinnovationen ausgedehnt. Die Öffnung des Innovationsprozesses in Form des Open Innovation-Trends findet auch im Intellectual Property Umfeld statt: Unternehmen sind zunehmend bereit, geistiges Eigentum zu teilen und zu multiplizieren (Gassmann 2006). Die Ausgangslage für Innovationskooperationen bezieht die zukünftige Verwendungsabsicht mit ein auf der Grundlage von Hintergrund Intellectual Property sowie zukünftigem peripheren und postkooperativen Intellectual Property. Eine klar definierte Ausstiegsstrategie zu Beginn ist ein verdeckter Erfolgsfaktor in Kooperationen: Vorab regeln, wer welche Rechte nach Beendigung der Kooperation hat, insbesondere im Falle eines Scheiterns der Kooperation. Die Kunst der Verhandlungsführung besteht darin, einerseits juristische Klarheit zu schaffen, andererseits jedoch nicht die gemeinsame Vision zu zerstückeln: Andernfalls besteht die Gefahr, in einem unproduktiven Nullsummenspiel zu enden. Im Dienstleistungssektor sind US-Unternehmen auch in Europa im Umgang mit Intellectual Property deutlich aggressiver als ihre europäischen Patente in Kooperationen • Klare Zieldefinition: Wohin wollen wir gehen? • Einbezug der zukünftigen Verwendungsabsicht in die Ausgangslage der Innovationskooperation: Wer möchte was kommerzialisieren? • Klare Abgrenzung von bereits vorhandenem Intellectual Property: Wer bringt was in die Kooperation ein? • Frühe Einbindung von internen und externen Patentexperten in die Produktentwicklung: Was lässt sich patentieren? • Regelmäßige Kommunikation zwischen den Partnern. • Festlegung von Patent-Checks an frühen Meilensteinen im Innovationsprozess. • Effizientes Patentportfoliomanagement Growing und Pruning.
durch
konsequentes
• Klar definierte Ausstiegsoptionen durch Exit-Klauseln bereits zu Beginn der Kooperation: Wem gehört was? Wer hat welche Rechte in der Verwertung des gemeinsam generierten Wissens?
Patente in Kooperationsverträgen
189
Konkurrenten. Obwohl das Europäische Patentamt derzeit einer restriktiveren Erteilungspraxis unterliegt, reichen US-Unternehmen verstärkt Software- und geschäftmodellbezogene Patentanmeldungen ein.
Patente in Kooperationsverträgen Im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen müssen insbesondere folgende Punkte in Bezug auf den Umgang mit Intellectual Property geklärt werden (Bader 2006a): • • • • • •
Eigentumsrechte bezüglich Erfinderschaft und Patentinhaberschaft. Nutzungsrechte. Lizenzrechte. Geltendmachung der Rechte. Verfahrensführung, Administration und Aufteilung der Kosten. Umgang mit kooperationsnahem Intellectual Property.
Eigentumsrechte: Erfinderschaft und Patentinhaberschaft. Das Recht an der Erfindung und das Recht auf das Patent an der Erfindung sind in den meisten Legislaturen zwei unterschiedliche Dinge. Während das Recht an der Erfindung häufig zunächst dem Erfinder zugerechnet wird, hängt es vom nationalen Recht des jeweiligen Kooperationspartners ab, wie dieser das Recht an der Patentierung der Erfindung erlangen kann. Das Patentrecht der USA schlägt letzteres beispielsweise dem Erfinder zu und nicht dessen Arbeitgeber (United States Patent Law 35 U.S.C. 111; Dillahunty 2002). Die Kooperationspartner sollten somit unter Berücksichtigung der geltenden Gesetzgebungen genau vereinbaren, wie sie die gewünschten Rechte erlangen können. Hierzu ist es manchmal sogar empfehlenswert, die im Rahmen der Kooperation tätigen angestellten Arbeitnehmer namentlich in der Kooperationsvereinbarung aufzuführen. Da Erfindungen sowohl ausschließlich von den Angehörigen eines als auch beider Kooperationspartner möglich sind, sollten sich die Kooperationspartner überlegen, wie mit gemeinsamen Erfindungen umgegangen wird, also Erfindungen, bei denen Erfinder beider Kooperationspartner beteiligt sind. Der Technologie- und Softwarekonzern IBM baut auf seine Technologieführerschaft: Patentinhaber wird jeweils derjenige Kooperationspartner, dessen Angestellte als Erfinder genannt sind. Das Unternehmen wendet diese, an die Erfinderquelle gebundene Aufteilung der Patentinhaberschaft als Standardregelung in seinen Technologiekooperationen an (Sutter 2003).
190
Patente in der Ära von Open Innovation
Regeln die Kooperationspartner die Patentinhaberschaft nicht explizit, wird diese nur durch die Unternehmenszugehörigkeit der Erfinder bestimmt. Genau dies birgt aber ein großes Problem in zahlreichen Allianzen: Jeder der Kooperationspartner wird einerseits versuchen, möglichst viele Erfindungen selbst und ohne den anderen Partner zu entwickeln. Andererseits wird dieser versuchen, bei möglichst vielen Erfindungen des Partners durch Mindestbeiträge eine Miterfinder- und damit Patentmitinhaberschaft zu begründen. Die absehbare Folge davon ist, dass die Partner die interessanten Problemstellungen alleine lösen und den Kooperationspartner aushorchen: Das Vertrauen kann dadurch nachhaltig gestört werden. Eine derartige Regelung bewirkt das Gegenteil von dem, was man ursprünglich erreichen wollte: eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und die gegenseitige Nutzung von Potentialen. Der Ausweg aus dieser Problemstellung führt dazu, die Regelung der Patentinhaberschaft unabhängig von der Erfinderschaft zu gestalten und die jeweiligen Nutzungs-, Lizenz- und Durchsetzungsrechte an den Produkt-, Markt- und Wettbewerbsverhältnissen der Kooperationspartner auszurichten. Als Kriterium für die Klärung der Patentinhaberschaft eignet sich dann vorzugsweise der Gegenstand der Erfindung selbst. Beispielsweise sind die Kooperationspartner ein Systemhersteller und ein Komponentenhersteller. Erfindungen, die auf Systeme bezogen sind, können dann dem System-Kooperationspartner zugeordnet werden. Erfindungen, die auf Komponenten bezogen sind, können dem Komponenten-Kooperationspartner zugeordnet werden. Erfindungen, die sich auf beides beziehen, erhalten eine gemeinsame Patentinhaberschaft (Abb. VII.2). Weitere Varianten sind die vollständige Übertragung der Erfindungen auf einen Kooperationspartner oder die vollständige gemeinsame PatentinSystem bezogene Erfindungen
Komponenten bezogene Erfindungen
A&B Patentinhaber: Kooperationspartner A
Patentinhaber: Kooperationspartner B
Abb. VII.2. Patentinhaberschaft gemäß Gegenstand der Erfindung
Patente in Kooperationsverträgen
191
haberschaft (Abb. VII.3a/b). Dies kann vorteilhaft sein, wenn hierdurch das Patentanmeldeverfahren erleichtert oder optimiert werden soll, um beispielsweise gegenseitige Stand-der-Technik-Kollisionen zu vermeiden. In beiden Fällen kann des Weiteren vereinbart werden, dass die Patente nach Abschluss des Patenterteilungsverfahrens mit der bereits oben dargestellten Methodik wieder auf die Kooperationspartner aufgeteilt werden. Dies ist dann wichtig, wenn kulturelle Aspekte zwischen den Kooperationspartnern eine wichtige Rolle spielen, wie dies besonders in Japan der Fall ist (Nakano 2000). Bayer MaterialScience besteht in F&E-Kooperationen mit Universitäten oder öffentlichen Forschungseinrichtungen grundsätzlich auf einer vollständigen Übertragung der für das eigene Geschäft relevanten Forschungsund Entwicklungsergebnisse. Der Hightech-Konzern Unaxis (heute OC Oerlikon) kam in einer Entwicklungskooperation mit einem japanischen Zulieferer für Transportroboter überein, dass die Patentanmeldeverfahren zwar von einem Kooperationspartner geführt werden sollten, beide Partner aber grundsätzlich gemeinsame Patentinhaber waren.
Abb. VII.3a/b. Patentinhaberschaft durch einen oder beide Kooperationspartner
Nutzungs- und Lizenzrechte. Die Aufteilung der Nutzungs- und Lizenzrechte kann nun gemäß vorliegender Patentinhaberschaft in Form der oben aufgeführten ersten Variante geregelt werden. Problematisch sind dann unter Umständen noch die Patente mit gemeinsamer Patentinhaberschaft. Die nationalen Gesetzgebungen sehen zum Teil unterschiedliche Rechte des Einzelnen am gemeinsamen Gut vor, in der Schweiz und Deutschland ist dies die gemeinsame Patentinhaberschaft. In den Vereinigten Staaten von Amerika kann jeder der Patentinhaber das gemeinschaftliche Patent ohne Abstimmung und ohne Verpflichtungen gegenüber dem anderen Co-
192
Patente in der Ära von Open Innovation
Patentinhaber nutzen und verwerten (O´Reilley 2000). Es können dann im Überlappungsbereich Kannibalisierungseffekte entstehen, bei denen die Unternehmen mit unterschiedlichen Lizenzierungsstrategien gegeneinander konkurrieren. Demgegenüber kann in Ländern wie beispielsweise Großbritannien, Japan und Malaysia der Co-Patentinhaber Lizenzen nur mit Zustimmung des anderen Co-Patentinhabers vergeben (Brown 2000; Nakano 2000; Siaw 2000). In beiden Fällen könnten die Kooperationspartner vereinbaren, dass Lizenzeinnahmen aus gemeinsamen Patenten nach Abzug der Aufwandskosten geteilt werden sollen (Abb. VII.4). Ein großer Nachteil der oben aufgeführten Regelungen ist, dass die Vorteile beziehungsweise die ursprünglichen Gründe für die Kooperation unterhöhlt werden. Der Komponenten-Kooperationspartner hat möglicherweise das Interesse, noch an andere System-Hersteller zu liefern, die im Wettbewerb zum System-Kooperationspartner stehen. Demgegenüber hat der System-Kooperationspartner allenfalls das Interesse, Komponenten noch von anderen Komponenten-Herstellern zu beziehen, die wiederum im Wettbewerb zum Komponenten-Kooperationspartner stehen. Die oben genannte Variante bietet darum einen für beide Kooperationspartner nur unbefriedigenden Lösungsspielraum an. Das Kriterium zur Interessenaufteilung im Rahmen einer Kooperation können aber die Märkte der Partner bieten: beispielsweise Markt A gegenüber Markt B beziehungsweise alle anderen Märkte als Markt A. Die Aufteilung kann dann in Form von zwei Varianten erfolgen. Die Regelung betreffend gemeinschaftlicher Patente kann die Nutzungs- und Lizenzierungsrechte für Kooperationspartner A nur im Markt A und für Kooperationspartner B nur im Markt B beziehungsweise allen anderen Märkten als Markt A vorsehen (Abb. VII.5). IBM nimmt in Ausnahmefällen auch eine Aufteilung der Nutzungs- und Lizenzrechte vor. Bei gemeinsamen Erfindungen wird dann eine Differenzierung anhand des Marktes vorgenommen. Eine derartige Vorgehensweise wird insbesondere dann als angemessen erachtet, wenn der Kooperationspartner in einem sehr spezifischen Markt tätig ist, beispielsweise im Pharmabereich (Beckenbauer 2005a, b). Je nach Anwendungsfall könnte sogar vereinbart werden, dass Kooperationspartner A im Markt A nicht nur die eigenen und die gemeinsamen, sondern auch die Kooperations-Patente von Kooperationspartner B nutzen und exklusiv lizenzieren darf. Demgegenüber könnte dann Kooperationspartner B im Markt B die eigenen, die gemeinsamen und die Patente von Kooperationspartner A nutzen und exklusiv lizenzieren (Abb. VII.6). Der große Vorteil dieser Kooperations-Regelung besteht darin, dass System-Hersteller A nun Komponenten auch von anderen Komponentenherstellern beziehen kann und hierfür Komponenten-Lizenzen für die Her-
Patente in Kooperationsverträgen
System bezogene Erfindungen
193
Komponenten bezogene Erfindungen
Nutzungs- und Lizenzrechte A
Nutzungs- und Lizenzrechte B
A&B Patentinhaber: Kooperationspartner A
Patentinhaber: Kooperationspartner B
Gemeinsame Nutzungs- und Lizenzrechte A&B (z.B. Aufteilung der Lizenzeinnahmen)
Abb. VII.4. Lösungsspielraum bei gemeinsamen Nutzungs- und Lizenzrechten
System bezogene Erfindungen
Komponenten bezogene Erfindungen
Nutzungs- und Lizenzrechte A
Nutzungs- und Lizenzrechte B
Markt A Markt B / alle anderen Märkte A&B Patentinhaber: Kooperationspartner A
Patentinhaber: Kooperationspartner B
Abb. VII.5. Aufteilung gemeinsamer Nutzungs- und Lizenzrechte auf Märkte
System bezogene Erfindungen
Komponenten bezogene Erfindungen
Nutzungs- und Lizenzrechte A Markt A Markt B / alle anderen Märkte
Nutzungs- und Lizenzrechte B
A&B Patentinhaber: Kooperationspartner A
Patentinhaber: Kooperationspartner B
Abb. VII.6. Vollständige Aufteilung nach Märkten
194
Patente in der Ära von Open Innovation
stellung vergeben kann. Dies jedoch nur für den Markt A. KomponentenHersteller B kann demgegenüber auch an andere System-Hersteller Komponenten liefern und diesen System-Lizenzen vergeben, sofern diese im Markt B beziehungsweise nicht im Markt A tätig werden. Dies zeigt die nachfolgende Grafik (Abb. VII.7a/b).
Systeme Kooperationspartner A (System) Markt A
Markt B / alle anderen Märkte
Wettbewerb (z.B. Patentlizenzaustausch)
Komponenten Kooperationspartner B (Komponenten)
Systeme
Komponenten
Kooperationspartner A (System)
Kooperationspartner B (Komponenten)
Wettbewerber A1 (System)
Wettbewerber B1 (Komponenten)
2nd Source
Wettbewerber A1 (System)
Wettbewerber B1 (Komponenten)
Systemhersteller A2
KomponentenHersteller B2
weitere Kunden
Systemhersteller A2
Wettbewerb (z.B. Patentlizenzaustausch)
KomponentenHersteller B2
Abb. VII.7a/b. Vergabe von Exklusivrechten im entsprechenden Markt
Geltendmachung der Rechte. Die Geltendmachung von Rechten hängt ebenfalls von den jeweiligen nationalen Gesetzgebungen ab. Dabei ist von Interesse, inwiefern ein Kooperationspartner involviert werden muss, damit der andere Kooperationspartner vor Gericht ein Klageverfahren gegen einen Patentverletzer führen kann. Falls die nationale Gesetzgebung eine Involvierung erfordert, ist es ratsam, diese bereits im Rahmen der Kooperationsvereinbarung im Voraus und analog der Nutzungs- und Lizenzrechte zu vereinbaren. Verfahrensführung, Administration und Aufteilung der Kosten. Bedeutend ist die frühzeitige Klärung, wer die Verfahrensführung übernehmen und ob dies beispielsweise durch eine interne Patentabteilung oder durch eine externe Patentanwaltskanzlei erfolgen soll. Die Abstimmung der verfahrensgebundenen Entscheidungsprozesse ist dabei ebenfalls wichtig, beispielsweise die Auswahl von Ländern für Nachanmeldungen oder der Umgang mit länderspezifischen Aufrechterhaltungsentscheidungen. Des Weiteren ist über die Aufteilung zukünftiger Kosten zu entscheiden, die im Rahmen der Patentanmeldung, der Verfahrensführung sowie durch externe Kanzleien, Übersetzungen und Jahresgebühren anfallen. Umgang mit kooperationsnahem Intellectual Property. Zur Sicherung einer erfolgreichen Kooperation ist zu evaluieren, welche ergänzende Wissens- und Schutzrechtselemente erforderlich sind, um eine spätere Verwer-
Patente in Kooperationsverträgen
195
Kollaborationszeitrahmen
Postkooperatives IP
Peripheres IP Partner A
Kooperation
Peripheres IP Partner B
Vordergrund IP
Start
Hintergrund IP
Hintergrund IP
Partner A
Partner B
Partner A
Partner B
Abb. VII.8. Für die Verwertung der Kooperationsergebnisse ist entscheidend, wer welches Intellectual Property wie weiterverwenden kann
tung der Kooperationsergebnisse im eventuellen Alleingang überhaupt zu ermöglichen (Abb. VII.8). Neben dem in der Kooperation entstehenden Intellectual Property (Vordergrund Intellectual Property), ist hier einerseits das Know-how und Intellectual Property wichtig, das die Kooperationspartner direkt in die Kooperation mit einbringen (Hintergrund Intellectual Property). Geradezu tückisch können sich andererseits jedoch Parallelaktivitäten zur Kooperation erweisen, wenn dabei relevantes, proprietäres Intellectual Property entsteht, das nur von einem der Partner genutzt werden darf (peripheres Intellectual Property). Nach der Kooperation entstehendes Know-how und Intellectual Property (postkooperatives Intellectual Property), beispielsweise Verbesserungen oder Vermarktungsstrategien, werden von Kooperationspartnern als Herausforderung gesehen: Der jeweils Bessere wird sich durchsetzen. Wichtig ist somit die frühe und explizite Vereinbarung zur Besitz- und Nutzenverteilung von Schutzrechten mit den Kooperationspartnern. Eine Lösung wird häufig durch Vereinbarungen erzielt, die temporäre Lieferoder Bezugsexklusivitäten vorsehen – eine Vorgehensweise, die sich in der Automobil- und Konsumgüterindustrie bewährt hat.
196
Patente in der Ära von Open Innovation
Forschungskooperationen mit Hochschulen In Deutschland hat die japanische Firma Canon die meisten Kooperationen mit deutschen Universitäten. F&E-Kooperationen mit Universitäten, öffentlichen Forschungseinrichtungen und Transferzentren haben sich in den letzten Jahren für zahlreiche Unternehmen als „bittere Pille“ erwiesen: Während es früher gängige Praxis war, dass den Unternehmen als Auftraggeber die Forschungsergebnisse einschließlich daraus resultierender Schutzrechte zufielen, ist dies häufig nicht mehr oder nur nach zähen Verhandlungen möglich. Darüber hinaus hat sich bis dato noch kein generell gültiges Modell für den Technologietransfer in Bezug auf öffentliche Forschungseinrichtungen durchgesetzt. Auslöser für den Wandel sind Transfer- und Verwertungszentren an Universitäten und in öffentlichen Forschungseinrichtungen, die dem Vorbild des Vorreiters University of Stanford in den USA folgen. Auf Basis von Änderungen in den nationalen Gesetzgebungen, beispielsweise in den USA oder in Deutschland, haben öffentliche Forschungseinrichtungen damit begonnen die entstehenden Erfindungen für die Hochschule zu schützen und selbst monetär zu verwerten. Die neuen Vermarktungsabsichten stehen aber häufig im Wettbewerb mit Interessen der Forschungsabteilungen und deren industriellen Auftraggebern, gesponserte, praxisrelevante Forschung zu betreiben. Problematisch scheint weiterhin zu sein, dass die Verwertungszentren eher kleine Finanzreserven aufweisen, die keine für ein erfolgreiches Lizenzgeschäft notwendige mittel- oder langfristige Planung ermöglichen. Lizenzierungsprimus IBM, beispielsweise, benötigte etwa zehn Jahre, um sein Lizenzierungsprogramm auszubauen. Darüber hinaus ist gemäß der OECD (2003b) die Verwertung von Intellectual Property durch Universitäten oder öffentliche Forschungseinrichtungen derzeit auch noch ein Politikum: Kann durch die Lizenzaktivitäten wirklich ein relevanter Einnahmenanstieg generiert werden, der die finanzielle Unabhängigkeit der Institute sichert – oder erfolgt eher eine Beschränkung des Zugangs zu den öffentlich finanzierten Ergebnissen bei gleichzeitig höherer Unsicherheit in Bezug auf die Leistungsfähigkeit der Forschung? Fallbeispiel F&E-Zentrum CTR.33 Carinthian Tech Research (CTR) ist ein mittelgroßes, kommerzielles Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungsunternehmen im Medizinaltechnikbereich mit Sitz in Villach, Österreich. CTR geht traditionell zahlreiche Kooperationen ein. Part33 Vgl.
Müller (2004); Kraft (2004); CTR Jahresbericht 2004.
Forschungskooperationen mit Hochschulen
197
Kooperationen mit öffentlichen Forschungseinrichtungen • Das Volumen des Technologietransfers wächst nicht analog zur Anzahl der Schutzrechte an. • Die Nachfrage zur Verwertung von Intellectual Property stimuliert die Weiterentwicklung von Bewertungsmethoden und von Portfoliomanagementmethoden, z.B. Ludwig-Maximilian-Universität München, Universität Bern, WHU Vallendar. • Lizenzeinnahmen sind eine große Motivation für Forscher ihre Forschungsergebnisse zu kommerzialisieren, z.B. in Deutschland: 30% der Lizenzeinnahmen. • Forschungsergebnisse werden aufgrund ihres frühen Innovationsstadiums häufig auf Basis von nur wenigen Patenten kommerzialisiert, z.B. Max-Planck-Gesellschaft/Garching Innovation. • Nur einige wenige Technologietransfergeschäfte bringen wirklich hohe Lizenzeinnahmen – die meisten Transfers generieren nur geringe oder keine Einnahmen, z.B. basieren die Lizenzeinnahmen der Fraunhofer Gesellschaft wesentlich auf der Vermarktung des MP3-Standards. • Nur wenige Ausgründungen von Bedeutung haben bisher stattgefunden zur Nutzung und Verwertung von Erfindungen und Forschungsergebnissen, z.B. Universität Stanford (Kalifornien) mit Google. • Eine Auslizenzierung an Ausgründungsgesellschaften wird dennoch teilweise vorgezogen, da unter anderem ein besserer Zugang und eine bessere Kontrolle möglich ist, z.B. der Heinz Nixdorf Lehrstuhl für medizinische Elektronik (Technische Universität München) und Micronas mit Bionas. • Generelle Abneigung gegen Exklusivlizenzen, z.B. ETH Zürich: Projektpauschalaufschlag in Höhe von 35% für Exklusivlizenzen. • Erfolge basieren stark auf Personalressourcen in Bezug auf Qualität und Quantität. • Direkte und gut ausgebildete Kontakte zwischen Transferzentren, Erfindern und Investoren sind ein wichtiger Erfolgsfaktor. Quelle: OECD 2003b
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Patente in der Ära von Open Innovation
ner sind Forschungszentren, Universitäten und Unternehmen. Die Kooperationen mit Unternehmen sind üblicherweise bezahlte Auftragsforschung. Früher waren für das Patentmanagement die F&E-Leiter der einzelnen CTR-Abteilungen zuständig und es gab kein systematisches Patentmanagement. Es stellte sich heraus, dass die Patentaspekte bei Verhandlungen über eine bevorstehende Kooperation von den Patentabteilungen der Kooperations-Unternehmen dominiert wurden. Des Weiteren war es für die F&E-Leiter häufig inhaltlich schwierig, das Patentmanagement durchzuführen. In 2004 richtete CTR deshalb eine zentrale Patentabteilung ein. Für CTR spielt die Regelung der Patentinhaberschaft und der Nutzungsrechte von in Kooperationen entstandenen Erfindungen eine zentrale Rolle. In der Regel liegen die Patentinhaberschaft beim Auftraggeber, die Nutzungsrechte aber bei beiden. Dabei darf der im Voraus festegelegte Auftragsbereich des Partnerunternehmens nicht tangiert werden. In vielen Fällen muss daher Rücksprache mit dem Partner genommen werden. Eine solche Patentregelung ist typisch für ein F&E-Dienstleistungsunternehmen. In seltenen Fällen einigt man sich auch auf eine vollständige gemeinsame Patentinhaberschaft. Die Bedeutung von Joint Patenting spiegelt sich bei CTR auch in Zahlen wieder: Von 14 angemeldeten Patenten im Jahr 2003 wurden drei an Unternehmen verkauft und acht gemeinsam mit Unternehmen entwickelt und angemeldet.
Patentmanagement als Wettbewerbsfaktor Patentmanagement wird zunehmend zu einem strategischen Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor in Unternehmen. Eine situativ angepasste Kombination von faktischen Imitationsbarrieren und juristischen Schutzmechanismen schafft und sichert deshalb Wettbewerbsvorteile. Das Patentmanagement darf dabei nicht eine an Patentanwälte ausgelagerte Fachdisziplin sein. Vielmehr ist die Patentstrategie in erfolgreichen Unternehmen ein integraler Bestandteil der Geschäfts- und Innovationsstrategie. In Tabelle VII.1 sind die Unternehmen aufgeführt, die im folgenden Kapitel als vertiefende Fallstudien vorgestellt werden. Bei großen Unternehmen liegt aufgrund der höheren Anzahl von Patenten häufig ein wesentlicher Punkt des Patentmanagements im Bereich der Komplexitätssteuerung. Einerseits muss das Wissen bezüglich des Patentportfolios und dessen Anwendbarkeit ständig aktualisiert und neu verknüpft werden. Andererseits muss eine zentrale Steuerung mit dezentraler Verfügbarkeit von Fachexperten innerhalb und außerhalb des Unterneh-
Patentmanagement als Wettbewerbsfaktor
199
Tabelle VII.1. Übersicht der vorgestellten Successful Practice Unternehmen Unternehmen
Branche
Alcatel Aventis (Sanofi-Aventis) Basell Bayer British Telecom Eastman Kodak Henkel Infineon Leica Geosystems Porsche Schindler Swiss Re Unaxis (OC Oerlikon)
Telekommunikation Pharma Chemie Chemie/Pharma Telekommunikation Chemie, Software Konsumgüter Halbleiter Geomatik, Software Automobil Maschinenbau Rückversicherung Maschinenbau
Umsatz F&E[Mrd. €] Ausgaben [Mio. €] 13,1 27,3 3,7 27.4 18,4 12,1 11,9 7,9 0,5 6.5 6,0 17,8 1,0
1.443 4.044 49 1.886 727 753 324 1.250 51 340 71 k.A. 95
Anzahl Patentea 10.000b 50.000b 1.000 3.200 7.700b * 12.100 7.000 9.000b 150 k.A. 9.000b 45 400
Quelle: Eigene Recherchen (2002, 2006) a b
Anzahl der Patente/Patentanmeldungen in Schutzrechtsfamilien. Angaben in Einzelschutzrechten.
mens abgeglichen werden. Große Unternehmen haben deshalb in der Regel ausdifferenzierte Prozesse, Informationsflüsse und Rechercheaktivitäten, die durch spezifische Softwaretools unterstützt werden. Erfindern steht in der Regel ein breiter Zugang zu Patentinformationen offen, sowohl in Bezug auf das eigene Schutzrechtsportfolio, als auch auf Portfolien von Dritten. Kleine und mittlere Unternehmen müssen stringente Kriterien bei der Identifikation und Selektion von zum Patent anzumeldenden Erfindungen anwenden, da Kosten-/Nutzenaspekte im Vordergrund stehen. Sie weisen meistens eine breit vernetzte, aber sehr schlanke interne Struktur auf. Häufig koordinieren der Geschäftsführer oder der F&E-Leiter alle Intellectual Property bezogenen Aktivitäten. Der Patentanmeldeprozess, inklusive Aktenverwaltung und Rechercheaktivitäten weist deshalb in der Regel eine starke Auslagerungsquote an externe Patentanwaltskanzleien und Berater auf. Darüber hinaus stellt sich gegebenenfalls die Problematik der Durchsetzungsfähigkeit von Patenten hinsichtlich verfügbarer Ressourcen und angesichts hoher Kosten.
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Patente in der Ära von Open Innovation
Unabhängig von der Unternehmensgröße muss das Patentmanagement stark an die Branchenspezifika angepasst werden: • Pharma: Die Pharmaindustrie ist sehr stark forschungsgetrieben. Auf etwa 500 Millionen US-Dollar kommt im Schnitt ein neues Medikament. Bevor ein Medikament auf den Markt kommt, muss es weltweit erst durch die jeweiligen nationalen Behörden zugelassen werden. Pharmaunternehmen streben daher global vermarktbare Produkte an, um die exorbitant hohen F&E-Ausgaben nachträglich kompensieren zu können – dies gilt auch für kleinere Unternehmen und Start-ups. Die Pharmabranche strebt daher sehr breite Länderportfolien an, die teilweise in mehr als hundert Ländern nachangemeldet werden. Patentlizenzaustauschverträge haben eine geringe Bedeutung, da in der Regel eine exklusive Vermarktung angestrebt wird. Wissen gilt als Haupttreiber der pharmazeutischen F&E. Dieses Wissen wird immer stärker im Rahmen von Kooperationen und auf Basis von öffentlich zugänglichen Datenbanken aufgebaut. Dabei spielen zumindest in der Frühphase Skaleneffekte noch eine untergeordnete Rolle. Das Unternehmen Hoechst investierte 1998 eine Milliarde Deutsche Mark für ein einziges Gen-Technologiepatent, das einer kleinen Forschungsfirma gehörte. In späteren F&E-Phasen können die Kosten Größenordungen erreichen, die nur noch Pharmakonzerne aufbringen können: 80% der F&E-Ausgaben werden durch die für die Freigabe erforderlichen und zeitaufwändigen klinischen Tests verursacht. Beim Patentportfoliomanagement spielt daher das Life-Cycle-Management eine wesentliche Rolle, um die Vermarktung von Wirkstoffen einen möglichst langen Zeitraum mit einem wirksamen Patentschutz flankieren zu können. • Chemie: Die chemische Industrie ist von einer starken Homogenität geprägt: forschungsgetriebene F&E, Hightech und dominantes Design. Die F&E-Abteilungen sind in der Regel sehr nah beim Vorstand angegliedert, da die Zukunft der Unternehmen maßgeblich vom Erfolg der F&E-Aktivitäten abhängt. F&E-Investitionen werden dabei auch unter dem Gesichtspunkt der externen Verwertbarkeit getätigt, wobei F&EKooperationen zur Generierung und Verwertung von Intellectual Property genutzt werden, beispielsweise, um in neue Märkte vorzudringen. Die chemische Industrie befindet sich im Wandel. Grundlagenforschung wird verstärkt an große Universitäten ausgegliedert, Entwicklungsschritte hingegen an kleine, spezialisierte Unternehmen. Das Industrieumfeld verändert sich darüber hinaus von einem vertikal integrierten Wettbewerb hin zu einem horizontalen, wie das vergleichbar in der PCIndustrie vor einigen Jahren stattfand. Handlungsspielräume und Redu-
Patentmanagement als Wettbewerbsfaktor
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zierung von Entwicklungskosten werden daher zusätzlich auch durch Nutzung von Patentlizenzaustauschverträgen ausgeweitet. • Konsumgüter: Auch die Konsumgüterindustrie wird immer stärker innovationsgetrieben. Neue Fortschritte in der Forschung, beispielsweise im Bereich der Antifettpillen in der Nahrungsmittelindustrie, sind klare Anzeichen für die Zunahme des Hightech-Anteils und einen Anstieg der F&E-Intensität. Marken- und Patentstrategie werden deshalb eng aufeinander abgestimmt und ergänzend sich gegenseitig. Die Festlegung von Anmeldezeiträumen erfolgt in Abhängigkeit des potentiell erzielbaren Schutzbereichs. • Automobil- und Maschinenbau: Die Automobil- und Maschinenbaubranche operiert zu einem großen Anteil auf Basis von ausgereiften Technologien. Die Unternehmen verbessern kontinuierlich die bestehenden Produkte und Technologien. Dabei erfolgt häufig eine klare Abgrenzung zwischen Technologieentwicklung und der Entwicklung von neuen Produkten, bei denen ein starker Treiber von Kosteneinsparungsprogrammen ausgeht. Eine Differenzierung am Markt erfolgt dabei aber nicht mehr nur über bessere Produkte, sondern zunehmend auch durch entsprechende Dienstleistungen. Neben einem Schutz durch Patente spielt daher auch das durch Marken gestützte Branding ebenfalls eine wichtige Rolle. Die in den 90er Jahren erfolgte Deregulation initiierte wesentliche Innovationsschübe: Mechanische Sicherheitskomponenten werden durch Multi-Group-Steuerungen ersetzt, neue Informationssysteme kombiniert mit Mechatronik. Die F&E ist damit konfrontiert, dass die alte Trialand-Error-Methode durch ausgeklügelte, computer-gestützte Simulations- und Berechnungsmethoden ersetzt wird. Auch der Maschinenbau ist davon betroffen: Neue Technologien erfordern neue Materialien, ausgetüftelte Softwarepakete und Elektronik. Große Bedeutung kommen daher F&E-Kooperationen und dem damit verbundenen Umgang mit Patenten zu: Erforderlich sind klare Grundregeln zur Gestaltung und Pflege der Vertragsbeziehungen. • Informationstechnologie und Telekommunikation: In der Informationstechnologie- und Telekommunikationsbranche sind neue Technologien die wesentlichsten Treiber für die F&E. Patentstrategien fokussieren daher auf die Technologien der Wertschöpfungskette. Trotz kurzer Lebenszyklen ist es immer wieder erforderlich, gemeinsam definierte technische Plattformen zu vereinbaren, um entsprechend breite Kundenkreise ansprechen zu können. Es besteht, technisch gesehen, daher eine hohe Überlappung zwischen den Technologien und Produkten von
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Patente in der Ära von Open Innovation
Wettbewerbern. Der Absicherung der Handlungsfreiheit durch Lizenzierungsaktivitäten und Patentlizenzaustauschverträge kommt somit eine große Bedeutung zu. Bei der Bildung von technischen Standards ist das Patentmanagement ein zentraler Bestandteil. • Halbleiter: Auch in der Halbleiterindustrie sind vorwiegend HightechUnternehmen tätig. Eine wesentliche Differenzierung am Markt wird dabei über entsprechende Hightech-Produkte erzielt, die die Ausgangsbasis für die Informationstechnologie- und Telekommunikationsbranche bilden. Die wesentlichen Technologiekomponenten sind dabei Hardund Software-Komponenten, die sehr kurzen Lebenszyklen unterworfen sind. Als Schrittmacher gilt das Gesetz von Moore, das davon ausgeht, dass sich alle zwei Jahre die Transistorendichte pro Chipfläche verdoppeln lässt und damit eine Leistungssteigerung beziehungsweise ein Preisverfall bewirkt wird. Viele Innovationen sind daher inkrementell und bauen auf bestehendem Wissen auf. Patentlizenzaustauschverträgen und aktivem Ein- und Auslizenzieren von Patenten kommt deshalb eine große Bedeutung zu. Patentlizenzaustauschverträge werden sogar regelmäßig zwischen Wettbewerbern vereinbart, um sich gegenseitig ein Minimum an Handlungsfreiheit zu sichern. • Software: Unternehmen der Softwarebranche sind gezwungen, die kurzen Lebenszyklen von Produktkomponenten mit robusten Architekturen und der Bildung von dominanten Designs zu verbinden. Patente und der Umgang mit ihnen, sind hingegen ein neuartiges Phänomen, das zu einer großen Anzahl von neuen Patenten vor allem im Software-Bereich mit hohen Kollisionsrisiken geführt hat. Darüber hat sich die starke, kritische Open-Source-Bewegung gebildet, die sich für die freie Verbreitung und Nutzung sowie gegen die Patentierung von Software einsetzt. Weltweit bestehen dabei große, rechtliche Unterschiede. In den USA sind neben Software sogar Geschäftsmethoden patentierbar. In Europa werden für computerimplementierte Erfindungen nur nach härteren Kriterien (Technizitätserfordernis) Patente erteilt, wobei in den europäischen Mitgliedsländern weder die Erteilungskriterien, noch die Durchsetzungskriterien harmonisiert sind. Darüber hinaus stellen sich die Nachweisbarkeit und die Durchsetzung von computer-implementierten Erfindungen in der Praxis häufig als sehr schwierig heraus. • Banken und Versicherungen: Die Dienstleistungen der Banken- und Versicherungsbranche beruhen in erheblichem Masse auf Software basierten Informationssystemen. Dementsprechend betreffen die Veränderungen im Softwarebereich in Bezug auf Patente zunehmend auch diese Branche. Viele, insbesondere europäische Institutionen verschlie-
Patentmanagement als Wettbewerbsfaktor
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ßen sich jedoch noch diesem Wandel und den damit verbundenen Chancen und Risiken. Bei der Implementierung des Patentmanagements sind zu Beginn die Wissensidentifikation im Unternehmen und die Aktivierung der richtigen internen Ansprechpartner ein wesentlicher Aspekt. Insbesondere in den USA agierenden, europäischen Unternehmen ist es wichtig, ein geeignetes Verteidigungsportfolio aufzubauen. Tabelle VII.2. Lessons learned der Successful-Practice Unternehmen Unternehmen
Erfolgsfaktoren
Alcatel
• Zentrale Intellectual Property Abteilung mit spezialisierten Fachabteilungen und zahlreichen Standortleitungen weltweit. • Detaillierte Schutzrechtsüberwachungsprozesse, die im wesentlichen von Patent-Professionals selbst durchgeführt werden.
Aventis (Sanofi-Aventis)
• Die Intellectual Property Strategie ist schriftlich hinterlegt, implementiert und wird regelmäßig kommuniziert und in internen Patentseminaren vermittelt. • Die Leitsätze der Intellectual Property Strategie sind mit den Fachbereichen abgestimmt. • Vierteljährlich stattfindendes, interdisziplinär zusammengesetztes Patent Application Committee als Entscheidungsgremium.
Basell
• Projekt-Debriefings auch zur Sondierung von Erfindungsmeldungen. • Klassifikation und Bewertung von Patenten mit KeywordMatrix. • Gesamtrevision des Unternehmenspatentportfolios mit Bewertung im 2-Jahres Turnus.
Bayer
• Dezentrale Organisationsstruktur der Intellectual Property Abteilungen in den Teilkonzernen mit zentraler, konzernweiter Governance-Funktion in der Holding. • Interdisziplinär zusammengesetzte Patentausschüsse pro Technologiefeld mit jeweils 5 bis 6 Entscheidungsträgern. • Die Vermarktung von Know-how und Intellectual Property erfolgt dezentral aus den Business Units. • Lizenzierung abhängig vom Business-Plan.
British Telecom
• Auswertungsmatrix, um Know-how und Schutzrechte intern und extern zu verwerten. • Nutzung einer externen Lizenzierungsfirma für die Verwertung von Schutzrechten in Nordamerika.
Eastman Kodak
• Rechtlich separierte Organisation für das Management und die Lizenzierung von Intellectual Property. • IP-Strategie zielt auf die Maximierung des Intellectual Property Wertes in Bezug auf das gesamte Unternehmen ab.
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Patente in der Ära von Open Innovation
Henkel
• Interdisziplinäre Teams zur Bewertung von Erfindungen in Bezug auf Marktrelevanz und technische Relevanz. • Vierstufiger Entscheidungs- und Selektionsprozess, der am Patentanmeldeprozess ausgerichtet ist.
Infineon
• Zahlreiche kleine, interdisziplinär zusammengesetzte Teams führen Klassifizierungen und Bewertungen durch. • Umfangreiches Outsourcing des Patentanmeldeprozesses. • Bonuswirksame Invention-Scorecard mit qualitativ/quantitativ optimierten Erfindungsvorgaben für F&E.
Leica Geosystems (Hexagon)
• Breit vernetzte, aber sehr schlanke interne Struktur: Zentraler Patentmanager zur Koordination aller Intellectual Property bezogenen Aktivitäten. • Vollständig ausgegliederter Patentanmeldeprozess, inklusive Aktenverwaltung und Rechercheaktivitäten.
Porsche
• Patentrecherchen sind grundsätzlich Bestandteil von jedem Entwicklungsprojekt und werden zur Abgrenzung der eigenen Erfindungen herangezogen. • Offene Innovationskultur: Es werden sowohl Lizenzen von Dritten genommen als auch Lizenzen vergeben. • Der Verwertungsgedanke geschützter Technologien und Produkte ist Bestandteil der Unternehmenssatzung.
Schindler
• Eigene Gesellschaft für Intellectual Property. • Einbindung der Patentexperten in den Technologie-Früherkennungsprozess und in Trend Teams. • Generierung von Erfindungsmeldungen ist Bestandteil der F&E-Zielvereinbarungen.
Swiss Re
• Unterstützung durch Top-Management. • Awareness-Programm, um möglichst viele Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum erreichen zu können. • Anreizsystem für Erfindungen.
Unaxis (OC Oerlikon)
• Quantitative Leistungszielsetzung für Erfindungstätigkeit der F&E. • Divisionaler Intellectual Property Manager als Schnittstelle zur zentralen Patentabteilung.
VIII. Successful Practice Unternehmen
Alcatel Alcatel ist ein führender Telekommunikationshersteller sowie Marktführer bei Hochgeschwindigkeitszugangstechnologien zum Internet und bei optischen Netzen. Alcatel liefert Kommunikationslösungen, wie beispielsweise optische Netzwerke für terrestrische und Unterwasser-Anwendungen und Vermittlungslösungen (public switching). Die Kunden von Alcatel sind Netzbetreiber, Diensteanbieter und Unternehmen im privaten und öffentlichen Bereich, beispielsweise Unternehmen im Transport- und Energiebereich. Die zentrale Forschung des Unternehmens fokussiert auf die Entwicklung von Technologien im Bereich der Telekommunikation sowie auf System- und Netzwerkarchitekturen. Alcatel wurde 1898 von Pierre Azariain gegründet und formierte ursprünglich unter dem Namen Compagnie Générale d’Electricité. 1998 wurde das Unternehmen von Alcatel Alsthom in Alcatel umbenannt. Der Hauptsitz von Alcatel ist in Paris, Frankreich. Alcatel operiert in mehr als 130 Ländern. Im Geschäftsjahr 2005 wies das Unternehmen einen Umsatz von 13,1 Milliarden Euro aus, der sich aufteilt in: Westeuropa 41%, Nordamerika 14%, Asien 15% und übrige Welt 30%. In 2005 wurde ein F&E-Budget in Höhe von 1,4 Milliarden Euro investiert, welches einen Anteil von 11,5% des Umsatzes ausmacht. Alcatel ist in drei Geschäftsgruppen unterteilt: Fixed Communications, Mobile Communications und Private Communications. Innerhalb dieser Bereiche gibt es verschiedene Divisions, die beispielsweise für Fixed Solutions, Access Networks, Intellectual Property, Mobile Radio, Optical Networks, Enterprise Solutions, Space Solutions und Transport Solutions verantwortlich sind. Alcatel gilt als die Nummer eins in optischen Netzwerken mit 16% Marktanteil und im DSL-Markt im Asiatisch-PazifischenRaum mit 23% Marktanteil. Alcatel ist mit über 23 Millionen gelieferten DSL-Leitungen Weltmarktführer in Broadband-Access Technologien und hält einen kumulierten Marktanteil von 38% (Global Insight 2006). Innovationen seitens Alcatel finden nunmehr verstärkt im Bereich von Geschäfts- und Netzwerklösungen sowie von Netzwerkdienstleistungen
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Successful Practice Unternehmen
statt. Der Anteil an Hardware orientierten Lösungen und Erfindungen nimmt deshalb ab. Innovationen liegen beispielsweise in den Bereichen Systemlösungen, innovativ miteinander verknüpften bekannten Komponenten sowie Dienstleistungsmethoden vor und weisen einen hohen Anteil an Softwarethemen auf. Es ist somit zunehmend eine Herausforderung für die Intellectual Property Abteilung, in diesen Bereichen juristische Schutzstrategien anzubringen und zu realisieren. Generierung von Patenten Strategie. Alcatels Intellectual Property Strategie strebt in erster Linie Freedom-of-Action an und bevorratet Schutzrechte für Tauschgeschäfte, die Abwehr von Angriffen und für Lizenzeinnahmen. Problematisch ist es allerdings, dass bei Patenten im Softwarebereich die Nachweisbarkeit einer Patentverletzung oft schwierig zu führen ist. Früher wurde Alcatel nur in den seltensten Fällen patentrechtlich angegangen. Mittlerweile ist Alcatel, wie deren Wettbewerber, in zunehmendem Maße davon betroffen, dass Dritte ihre Schutzrechte geltend zu machen versuchen. Deshalb hat für Alcatel die Überwachung von Drittschutzrechten auch in der Zukunft eine große Bedeutung. Dies hat beispielsweise dazu geführt, dass Werkzeuge für die Drittschutzrechtsüberwachung zentral zur Verfügung gestellt werden, um die Effizienz und das Ergebnis zu verbessern. Prozesse. Alcatel führt Schutzrechtsüberwachung insbesondere durch, um • • • •
technische Informationen zu erhalten; Konkurrenzbeobachtungen durchzuführen; Risikobewertungen durchzuführen; Versicherungsbedingungen zu erfüllen.
Technische Informationen: Alcatel führt seine Mitarbeiter im Bereich Research und Innovation nach Projektstruktur und mit klaren Zielvorgaben. Vorwiegend beim Start neuer Forschungsprogramme wird Patentliteratur ausgewertet, um an technische Informationen zu gelangen. „Fallen“ können so gezielter umgangen werden. Alcatel hat keine spezialisierte Rechercheabteilung. Fachrecherchen werden weltweit durch die jeweiligen Alcatel Patent Professionals selbst durchgeführt. Konkurrenzbeobachtungen: Alcatel wendet gegenüber Unternehmen, mit denen bereits Patentlizenzaustauschverträge abgeschlossen wurden, eine andere Überwachungsstrategie an, als gegenüber Unternehmen, mit denen neue Verträge abgeschlossen werden sollen. Eine gezielte Überwachung
Alcatel
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von Wettbewerbern erfolgt insbesondere im Rahmen von Lizenzgeschäften sowie zur Vorbereitung von Standardisierungsverhandlungen. Bei Patenten, die als relevant für Standards eingestuft werden, sind die Bedingungen der jeweiligen Standardisierungsgremien zu berücksichtigen. Risikobewertungen: Zur Ermittlung der Risiken, die sich aus der Patenthaftung ergeben, führt Alcatel Risikobewertungen unter anderem im Rahmen von Vertragsverhandlungen sowie bei Einkaufs- und Lieferverträgen durch. Insbesondere bei Lieferverträgen fließen hierbei auch die Ergebnisse aus Risikoabschätzungen ein, die bereits früher aus anderen Anlässen gemacht wurden. Die Risikoabschätzungen werden bei Alcatel durch Senior IP-Counsels durchgeführt. Versicherungsbedingungen: Alcatel hat eine Intellectual Property Versicherung abgeschlossen. Auch daraus ergeben sich bestimmte Verpflichtungen bezüglich der Überwachung von Schutzrechten Dritter. Organisation. Alcatel unterhält mit der Alcatel Intellectual Property Group eine für alle Intellectual Property Themen zuständige, zentrale Abteilung, die auf neun Standorte aufgeteilt ist, unter anderem auf Paris, Stuttgart, Antwerpen, Vimercate, USA, Ottawa und Shanghai (Abb. VIII.1). Der Hauptabteilungsleiter berichtet an den CTO in Paris. Etwa 60 Professionals befassen sich mit den Themen Patentprosecution, Patentverletzungsverfahren, Lizenzierung von Schutzrechten, allgemeinen Intellectual Property Vertragsthemen sowie Marken. Circa 50% des Patentanmeldevolumens wird in der Abteilung selbst bearbeitet. CTO Vice President Intellectual Property
Vice President Intellectual Property Business Licensing
Senior Patent Portfolio Manager
Senior Counsel IPR Transactions
Senior IP Counsel – Technology Area 1
General Trademark Counsel
Deputy Director Intellectual Property & VP Rights Acquisition
Senior IP Counsel CTO Functions
Senior IP Manager Operations & Information
Intellectual Property Sites
Senior IP Counsel – Technology Area 2 Senior IP Counsel – Technology Area 3 Senior IP Counsel – Technology Area 4 Senior IP Counsel – Technology Area 5 Senior IP Counsel – Technology Area 6 Senior IP Counsel – Technology Area 7
France Germany Belgium Italy USA Canada China
Senior IP Counsel – Technology Area 8
Abb. VIII.1. Organisationsstruktur der Alcatel Intellectual Property Group
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Successful Practice Unternehmen
Kultur. Die Tätigkeitsinhalte haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verlagert. Alcatel wird zunehmend mit der Bearbeitung von Gesamtaufträgen für schlüsselfertige Lösungen beauftragt. Im Fokus stehen dabei vorwiegend innovative Lösungen, Qualität, Kosten, Service- und Dienstleistungen sowie eine zeitgerechte Durchführung. Darüber hinaus geht Alcatel auch zunehmend Partnerschaften mit Dritten ein, um Best-in-classLösungen anbieten zu können. Bewertung von Patenten Generell werden Schutzrechtsüberwachungen mit Hinblick auf die Spezifika und die Granularität der jeweiligen relevanten Märkte durchgeführt. Generell besteht ein größeres Risiko gegenüber Patentinhabern, die Alcatel mit dem eigenen Patentportfolio nicht direkt angreifen könnte. Alcatel überwacht unterschiedliche Informationsquellen: Veröffentlichungen und Offenlegungen werden für die Aufbereitung der technischen Informationen herangezogen (siehe oben). Patente werden vorwiegend für die Risikoabschätzung mit Bezug auf die Regionen Vereinigte Staaten von Amerika, Europa und Deutschland überwacht. Eine Berücksichtigung chinesischer Patentschriften ist ebenfalls angedacht. Alcatel führt Patentrecherchen unter Zuhilfenahme von Auftragsdiensten, eigenen Datenprofilen und statistischen Bewertungsmethoden durch. Typischerweise werden Derwents WPIDS sowie Inpadoc, EUROPatfull und USPatfull abgefragt und die Daten dann weiter ausgewertet. Des Weiteren steht das Patentverwaltungssystem Memotech von CPA zur Verfügung. Eine Weiterverarbeitung der Daten inklusive der statistischen Aufbereitung erfolgt über Excel unter Strukturierung nach Geschäftsbereichen, Stichworten sowie weiteren Kriterien. Die Ergebnisse werden von den Senior IP-Counsels freigegeben und über die interne Intranet-Seite Quick-Place zur Verfügung gestellt. Als Datenbank verwendet Alcatel eine eigens konfigurierte Lotus-Notes Datenbank. Alcatel hat für sich die Erfahrung gemacht, dass die eigene Aufbereitung der Daten schlussendlich kostengünstiger ist, als das Zukaufen von Auswertungen über Informationsdienstleister. Darüber hinaus haben die Forscher und Entwickler die Möglichkeit, selbst über Intranet Patentrecherchen durchzuführen.
Alcatel
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Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Zur Vorbereitung von Lizenzverhandlungen werden in der Regel Vergleichsdarstellungen der Intellectual Property Bestände aufbereitet. Wichtig ist für Alcatel dabei die externe Nachvollziehbarkeit für den Verhandlungspartner, so dass die Darstellungen mittels externer Datenbanken überprüfbar sind. Typische Inhalte sind: • Ergebnis Patentanzahl in einer IPC-Klasse; • Entwicklung über die letzten Jahre; • Übersetzung der IPC-Klassen in Geschäftsbereiche, beispielsweise entspricht die Internationale Patentklasse G02B/Optical Elements dem Alcatel-Geschäftsbereich Optical Networks; • Statistische Aufbereitung, beispielsweise für die zehn stärksten Patentklassen. Patentmanagement in Kooperationen Alcatels zentraler Forschungsbereich Research & Innovation (R&I) vereint sechs Forschungszentren mit rund 600 Forschern unter seinem Dach. R&I unterhält im Rahmen des Alcatel Research Partner Programs weltweit über 80 Forschungskooperationen mit bedeutenden Universitäten und Forschungseinrichtungen und hat mit namhaften akademischen Einrichtungen Forschungspartnerschaften abgeschlossen. Take Aways Alcatel • Zentrale Intellectual Property Abteilung mit spezialisierten Fachabteilungen und zahlreichen Standortleitungen weltweit. • Große Bedeutung des Intellectual Property Managements, vor allem bei der Bildung von technischen Standards. • Detaillierte Schutzrechtsüberwachungsprozesse, die im Wesentlichen von den Patent Professionals selbst durchgeführt werden. • Interne Patentdatenbank, die auch den Erfindern zur Verfügung steht und von diesen auch für Eigenrecherchen genutzt werden kann. • Nachweisbarkeit und Durchsetzung von Computer implementierten Erfindungen stellt sich in der Praxis häufig als schwierig heraus.
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Successful Practice Unternehmen
Aventis34 Das Pharma-Unternehmen Aventis mit Hauptsitz in Straßburg, Frankreich, ist aus einem Zusammenschluss von Hoechst AG und Rhone-Poulenc S.A. hervorgegangen und beschäftigt 2003 weltweit über 75.000 Mitarbeiter. Aventis ist weltweit einer der größten Medikamentenhersteller. Die Geschäftsaktivitäten sind sehr breit angelegt und gehen von Pharmazeutik bis zu Impfstoffen. Die Hauptmärkte liegen in den USA, Europa und Asien. Zum Ende des Geschäftsjahres 2003, wies das Unternehmen einen Umsatz in der Höhe von 16,7 Milliarden Euro aus. Aventis hat drei Geschäftsbereiche, die verschreibungspflichtige Medikamente, Impfstoffe und therapeutische Proteine herstellen. Die Hauptgeschäftstätigkeit geht aus der Pharmazeutik mit Marken, wie beispielsweise Allegra, Lovenox und Taxotere hervor. Aventis fokussiert die eigenen Forschungsaktivitäten auf die Entwicklung von Therapeutika in den Bereichen Diabetes, Herz/Kreislauf, Onkologie (Paris) sowie Asthma und Schizophrenie (USA). Besonders erfolgreich ist Aventis bei der Entwicklung und Herstellung von Medikamenten zur Bekämpfung so genannter „Wohlstandskrankheiten“. Diese haben besonders hohe Markterwartungen in den USA, da derartige Krankheitsbilder dort häufiger auftreten und eine vergleichsweise hohe Kaufkraft von Patienten vorhanden ist. Das Intellectual Property Umfeld von Aventis ist durch die zunehmende Globalisierung von starken Veränderungen betroffen. Schutzrechte für Arzneimittel werden deshalb auch nicht mehr – wie vor 20 Jahren – nur in den großen Industrienationen angemeldet, sondern häufig in 100 Ländern oder mehr. Des Weiteren ist das Patentbewusstsein in der Industrie sowie an Hochschulen und Forschungseinrichtungen gewachsen, was zu einem kompetitiveren Umfeld geführt hat. Neben der Globalisierung gehen die Veränderungen aber auch auf den rapiden Wissenszuwachs sowie dessen schnelle Verbreitung zurück. Geistiges Eigentum wurde zunehmend als Wirtschaftsfaktor erkannt und hat somit größere volkswirtschaftliche Bedeutung erfahren. Weitere Veränderungen haben sich in den letzten Jahren durch Rechtsharmonisierung ergeben, was Aventis als sehr begrüßenswert einstuft. Die Laufzeit von Patenten wurde beispielsweise weltweit auf 20 Jahre ab Anmeldetag festgelegt. Da im Pharmabereich der Wettbewerb stark zugenommen hat und grundlegende Innovationen seltener geworden sind, wird verstärkt um Marktanteile in begrenzten Therapiebereichen gekämpft. Durch die wachsende Zahl von Schutzrechten und die zunehmende Klagebereitschaft der Unternehmen im Pharmabereich, 34
Im Jahr 2004 fusionierten Aventis und Sanofi-Synthélabo zu Sanofi-Aventis.
Aventis
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ergeben sich häufiger gerichtliche Auseinandersetzungen, die öfter auch von Misserfolgen begleitet werden. In diesem Zusammenhang misst Aventis eine wachsende Bedeutung der regelmäßigen und umfangreichen Unterrichtung der beteiligten Kreise bei, wie der Unternehmensleitung oder den Shareholdern. Aufgrund der wachsenden Komplexität der Technologien ist Aventis zunehmend mit der Problematik konfrontiert, Konflikte auf einfachem Wege zu bereinigen. Durch ein ständiges Abwägen von Kosten und Nutzen von Aktivitäten wird nach Möglichkeit versucht, den internen Aufwand auf einem vertretbaren Niveau zu halten. Die Aufgabe einer Industrie-Patentabteilung sieht Aventis zum einen darin, das geistige Eigentum des Unternehmens zu schützen und weiter zu entwickeln, zum anderen jedoch auch darin, einen Beitrag für die Weiterentwicklung des internationalen Schutzes von Erfindungen zu leisten. Hierbei setzt sich Aventis besonders dafür ein, dass international hohe Qualitätsstandards gewährleistet sind und die Kosten auch für kleinere Anmelder tragbar bleiben, da sich sinkende Qualität und hohe Kosten negativ auf die Innovationsbereitschaft auswirken können. Generierung von Patenten Strategie. Aventis verfügt über eine globale Intellectual Property Strategie, die in den Jahren 2001/02 von einem Team entwickelt und ausgearbeitet wurde, dem Mitglieder der globalen Patentfunktion, Rechtsfunktion und verschiedenen Forschungsbereichen angehören. Die Intellectual Property Strategie wurde in den Jahren 2002/2003 weitgehend im Konzern implementiert, wobei es regelmäßig einiger „Nachbesserungen“ bedarf. So erfolgt etwa alle 6 Monate eine geringfügige Anpassung. Hierbei spielen insbesondere veränderte wirtschaftliche Situationen und Änderungen des rechtlichen Umfeldes eine Rolle, wie beispielsweise die EU-Erweiterung. Die Intellectual Property Strategie von Aventis ist sehr ausführlich entwickelt und beinhaltet Aussagen zur grundsätzlichen Intellectual Property Philosophie von Aventis, wie beispielsweise: • „Wir respektieren Schutzrechte Dritter, soweit wir Sie für relevant erachten“; • „Aktive Anmeldungspolitik in allen Geschäftsbereichen“; • „Wir betreiben aktives Life-Cycle-Management“. Das etwa 100 Seiten starke Dokument, wurde aus Vertraulichkeitsgründen nur einem kleinen Personenkreis zugänglich gemacht. Eine Zusammenfassung wurde aber innerhalb des Unternehmens verteilt. Des Weiteren führt die Patentabteilung interne Patentseminare zur Information über
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Successful Practice Unternehmen
die Aufgaben der Patentfunktion und zur Umsetzung der Strategie durch. Wichtige Ziele bestehen darin, die „Patent Awareness“ im Unternehmen zu steigern, die Struktur der Patentfunktion und deren Aufgaben zu erläutern und den Ablauf des Patentierungsprozesses darzulegen. Darüber hinaus spielt eine Abwägung von Kosten und Nutzen, insbesondere bezüglich des Schutzes von Erfindungen im Ausland eine große Rolle. Etwa einmal pro Jahr trifft die Intellectual Property Abteilung eine Budgetvereinbarung mit dem Vorstand für das folgende Geschäftsjahr. Ein wesentlicher Punkt der Patentstrategie besteht in der Darlegung des Umgangs mit Schutzrechten Dritter, die für die Aventis Produkt- und Technologie-Strategie von Bedeutung sind. Des Weiteren ist der Umgang mit dem optimalen Zeitpunkt von Patentanmeldungen, Patentrecherchen und Patentrecherchetools geregelt. Ein wichtiger weiterer Bestandteil ist darüber hinaus das Life Cycle Management, dessen Ziel es ist, ein Produkt mit mehreren Lagen von Schutzrechten zu schützen. Beispielsweise hält Aventis zum Produkt Insulin ein sehr großes und breites Patentportfolio, wie die Entwicklung des Insulinpräparates „inhalatives Insulin“, das inhaliert werden kann und das biochemisch durch genetisch manipulierte Bakterien produziert wird. Der Wirkstoff ist dem humanen Insulin sehr ähnlich und entfaltet im menschlichen Körper eine gleiche Wirkung. Der Patentschutz richtet sich dabei nicht nur auf den Wirkstoff selbst, sondern wird zeitlich versetzt auch auf Hilfsstoffe und Aufbereitungsverfahren ausgedehnt. Aventis trifft Entscheidungen betreffend Erfindungsmeldungen und Patentanmeldungen über ein so genanntes Patent Application Committee (PAC). Das Patent Application Committee setzt sich aus Vertretern der Patentabteilung, der Produktion und des Marketings sowie den Leitern der Forschungseinheiten zusammen und findet an den drei Patentabteilungsstandorten in Frankfurt, Paris und Bridgewater statt. Der Tagungszyklus liegt bei drei Monaten. Die Zuständigkeitsbereiche der Patentabteilungsstandorte sind nach Therapiebereichen aufgeteilt. Das Intellectual Property Portfolio der einzelnen Therapiebereiche wird vom jeweiligen Standort aus global gesteuert. Aufgabe des Patent Application Committees ist es vorwiegend, neue Erfindungen zu besprechen, Auslandsprogramme zu beschließen sowie über die Verlängerung beziehungsweise Aufgabe von Schutzrechten zu entscheiden. Das Patentgremium PAC gewinnt dabei einen guten Überblick über die Stärken und Schwächen bei der Ideengenerierung. Im Jahr 2003 verfügte Aventis über 140 relevante Erfindungsmeldungen. Da Schutzrechte zu Arzneimitteln in der Regel hohe Interdependenzen aufweisen, ist es wichtig, dass die Mitglieder des Patent Application Committees auch über ein breites Wissensspektrum betreffend der Unternehmensaktivitäten besitzen, um Fehlentscheidungen zu vermei-
Aventis
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den. In der Regel decken in der Pharmaindustrie nur wenige Schutzrechte sehr große Produktumsatzanteile ab. Wichtige Kriterien im Rahmen des Portfoliomanagements sind statistische Kenngrößen, wie Anzahl von Patenten pro Jahr, Auslandsverteilung der Schutzrechte oder Kosten der Anmeldungen und Patente. Die Umsetzung der Beschlüsse des Patent Application Committees erfolgt durch die Patent- und Lizenzabteilung, die dabei nicht nur die formale Umsetzung vornimmt, sondern gegebenenfalls auch Rückfragen mit externen Partnern oder internen Stellen vornimmt, falls noch unklare Punkte bestehen. Im Rahmen des Portfoliomanagements werden regelmäßig auch Schwachpunkte der Patentsituation sichtbar, was im Einzelfall zu Maßnahmen zur Verstärkung des Innovationsprozesses führen kann. Informationen über das Aventis Patentportfolio stehen nur einem begrenzten Personenkreis zur Verfügung, zu dem die internen Patentanwälte an den drei Forschungsstandorten in Frankfurt, Paris und den USA gehören. Ferner hat das TopManagement Zugang zu den Portfolio-Informationen. Als Hilfsmittel für das Intellectual Property Portfolio Management werden verschiedene interne Software-Systeme eingesetzt, beispielsweise die MIS Memotech Database. Ferner finden auch externe Datenbanken Verwendung. Erfindungsmeldungen liegen bei Aventis dem Patent Application Committee als so genannte Invention Disclosure Memoranden (IDM) vor. Diese können entweder den Zustand von vollständig formulierten Erfindungsmeldungen haben, akzeptiert werden aber auch Vorstadien, beispielsweise Konzepte und noch nicht vollständig weiterentwickelte Ideen. Aventis führt dabei weltweit eine möglichst einheitliche Kategorisierung der Erfindungen durch. Die Ideen, Konzepte und Erfindungen werden von der Patentabteilung aufbereitet, im Patent Application Committee vorgestellt und diskutiert. Bei Ideen, die noch weiterentwickelt werden müssen, wird bei der viermonatigen Inanspruchsnahmefrist für Erfindungen über Beanstandung eine Fristverlängerung bewirkt. Darüber hinaus wird die weitere Vorgehensweise besprochen. Entscheidungen über die Weiterverfolgung von Erfindungen als Patentanmeldungen sind bei Aventis sehr budgetrelevant. Eine Patentanmeldung hat bei Aventis durchschnittlich eine Größenordnung von über 50 Seiten und wird bisweilen in mehr als 100 Ländern nachangemeldet. Darunter sind auch eine größere Anzahl an Ländern, die nicht durch das PCTPatentanmeldeverfahren abdeckbar sind. Die Länderauswahl richtet sich dabei unter anderem nach dem medizinischen Therapiegebiet. Aventis meldet beispielsweise Erfindungen zu Antiinfektiva mit einem sehr breiten Länderspektrum an. Im Prioritätsjahr werden Erfindungen durch das Patent Application Committee kategorisiert, der aktuelle Status festgestellt und das jeweilige Auslandsprogramm festgelegt. Von besonderer Bedeu-
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Successful Practice Unternehmen
tung ist der Beschluss vor Ablauf der PCT-Phase, in welchen Ländern eine Nationalisierung durchgeführt wird. Aufgrund der in der Pharmabranche erforderlichen großen Länderpalette, muss eine genaue Evaluierung von Kosten und Risiken erfolgen, was im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten kann. Im Rahmen der PCT-Nationalisierung wird deshalb die Kategorisierung der Patentanmeldung überprüft, der aktuelle Status festgestellt und die endgültige Auswahl der Länder getroffen, in denen die nationalen Verfahren weitergeführt werden sollen. Im Jahr 2003 führte das Patent Application Committee in Frankfurt die folgenden Beschlüsse durch: • 95 Beschlüsse über nationale Anmeldungen im Ausland (inklusive PCT), aus denen 500 Auslandsanmeldungen hervorgingen; • 90 Beschlüsse über Nationalisierungen von PCT-Anmeldungen, aus denen 1.400 Auslandsanmeldungen hervorgingen. Aventis führt eine kontinuierliche Überprüfung aller Schutzrechte nach den Kriterien Strategie-, Projekt-, Produkt- und Lizenzrelevanz durch. Dies erfolgt üblicherweise im jährlichen Abstand und wird über die Fristenüberwachung im Rahmen der Arbeitnehmererfindervergütung initiiert. Eine erneute Überprüfung kann allerdings auch zwischenzeitlich erforderlich werden, bei Änderungen eines oder mehrerer der bereits erwähnten Kriterien. Das Patent Application Committee entscheidet über die Fortführung oder Aufgabe von Schutzrechten. Als Kriterium dient unter anderem die Abgrenzbarkeit der Erfindung vom relevanten Stand der Technik. Unter Umständen erfolgt auch eine Abstimmung mit weiteren internen Stellen. Vor einer Schutzrechtsaufgabe überprüft die Patentabteilung zusätzlich, ob bestimmte vertragliche Verpflichtungen entgegenstehen könnten. Im Jahr 2003 traf Aventis in Frankfurt etwa 150 Beschlüsse über teilweise oder vollständige Aufgaben von Schutzrechtsfamilien, die sich auf etwa 2.500 Schutzrechte auswirken werden. Bei Aventis scheinen gezielte Portfolio-Aufbaumaßnahmen derzeit nicht erforderlich, da das Patentportfolio per se einen permanenten Zuwachs erfährt. Bei Forschungsausgaben von 3 Milliarden Euro pro Jahr ergeben sich automatisch viele Erfindungen, die einem Patentschutz zugeführt werden. Die Maßnahmen zur Portfolio-Reduzierung werden jedes Quartal vom PAC beschlossen und umfassen sowohl das Fallenlassen von Schutzrechten als auch den Verkauf, die Ausgründung von Gesellschaften oder die Übertragung an die Erfinder. Prozesse. Jedem F&E-Projekt wird zur Betreuung ein Patentmentor zugeordnet. Neben Produkten ist auch die Patentierung von Verfahren beziehungsweise von Prozessen sehr wichtig. Aventis lanciert rund 3.000 bis 5.000 Patentanmeldungen jährlich. Die Führung der Patentanmeldeverfah-
Aventis
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ren wird außerhalb Europas und der USA durch externe Patentanwälte vorgenommen. Die Prozessschritte Draft und File werden intern möglichst frühzeitig durchgeführt. Aventis hat damit im Unternehmen bereits einen relativ gut strukturierten Prozess, welcher an den drei F&E-Standorten implementiert ist. Die Dokumentation der Intellectual Property Aktivitäten spielt eine wichtige Rolle für das Performance-Assessment innerhalb des Unternehmens. Quartalsweise werden bei Aventis die Patentaktivitäten an den verschiedenen Forschungsstandorten aufgeschlüsselt nach Arbeitsgebieten analysiert. Auch für die jährliche Budget-Planung sowie allfällige Umstrukturierungsmaßnahmen ist die Auswertung der Intellectual Property Aktivitäten eine wichtige Voraussetzung. So werden regelmäßig die Anzahl von Erfindungsmeldungen pro Forschungseinheit, die Zahl der Auslandsanmeldungen, die Zahl der Gutachten sowie die Zahl der Rechtsstreitigkeiten erfasst. In dem sich ständig ändernden Umfeld im Pharmabereich sieht Aventis eine besondere Bedeutung darin, Prozesse regelmäßig zu hinterfragen und Prognosen abzugeben, wie sich das Umfeld in den nächsten Jahren ändern wird. Die zu ergreifenden Maßnahmen müssen dann rechtzeitig beschlossen und weit genug kommuniziert werden. An wen entsprechende Veränderungsmaßnahmen zu kommunizieren sind, hängt bei Aventis vom Einzelfall ab. Dabei werden insbesondere die Bereiche Öffentlichkeitsarbeit, Investor Relations, Controlling Personal, Forschung und Entwicklung sowie Finanzen in Veränderungsprozesse einbezogen. Organisation. Aventis hat an den drei Forschungs- und Entwicklungsstandorten Frankfurt, Paris und Bridgewater, USA jeweils eine Patentabteilung, mit jeweils etwa 40 Mitarbeitern in Frankfurt und Bridgewater. In Paris sind knapp 30 Mitarbeiter tätig. Frankfurt und Paris werden in Personalunion geführt. Ziel der Patentfunktion ist es in erster Linie, neue, innovative Produkte über den Patentschutz mit möglichst lang andauernder Wirkung zu schützen. Das Portfoliomanagement gilt dabei als eine der zentralen Herausforderungen. Wie bereits oben beschrieben, unterstützen Komitees aus Vertretern des Managements, der F&E, der Intellectual Property Abteilung sowie der Produktion die Entscheidungsfindung. Das interdisziplinär zusammengesetzte „Patent Application Committee“ trifft sich alle drei Monate an den drei Forschungsstandorten von Aventis. Dem Team gehören Forschungsmanager, Gruppenleiter der Patentfunktion sowie Vertreter aus Produktion und anderen Bereichen an. Im Rahmen dieser Sitzungsrunden wird über neue Erfindungen und deren Schutz diskutiert. Kultur. Aufgrund des deutschen Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen können den Erfindern so genannter „Blockbuster“-Medikamente bei
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Successful Practice Unternehmen
Aventis sehr hohe Vergütungen zustehen. Auch Verbesserungen im Bereich der Blockbuster zur effektiven Verlängerung des Patentschutzes haben ähnliche Auswirkungen. Neben gesetzlich verankerten finanziellen Anreizen, setzt Aventis auch eine Bonus- und Prämierungssystematik ein, durch die auch Teams gefordert und Einzelpersonen selektiert werden können. Die Bewertungen hierzu erfolgen insbesondere auf Basis von Projekten und werden durch das Management festgelegt, wie beispielsweise durch die Projektleiter sowie die Standort- und Regionalleiter. Wichtig erachtet Aventis dabei den ständigen Austausch und persönliche Gespräche. Bewertung von Patenten Technologie-Früherkennung erfolgt bei Aventis durch regelmäßige Beobachtung sämtlicher für den Pharmabereich relevanter Technologien. Competitive Intelligence wird zur Bestimmung der Marktentwicklung auf Corporate Ebene systematisch betrieben. Außerdem werden intern und extern Intellectual Property Analysen durchgeführt. Dabei werden nicht nur die Aktivitäten der Wettbewerber untersucht, sondern auch die an Hochschulen und anderen Einrichtungen entwickelten Technologien beobachtet. Die Bewertung von Intellectual Property erfolgt bei Aventis projektbezogen durch ein interdisziplinäres Team, wobei auch standardisierte Methoden Verwendung finden. Im Rahmen der einzelnen Forschungsprojekte werden in regelmäßigen Abständen auch Patentanalysen durchgeführt. Hierfür gibt es an den drei wichtigen Forschungsstandorten spezielle Patent Search Teams, die den Forschungseinheiten zugeordnet sind. Der Umfang der Patentanalysen hängt stark von der jeweiligen Thematik ab. In manchen Fällen reicht eine Kurzanalyse der Schutzrechte Dritter aus, in vielen Fällen jedoch müssen hunderte von Dokumenten analysiert werden, um eine anschließende, rechtliche Bewertung durch externe Patentanwälte vorzubereiten. Aus den Patentanalysen lassen sich Aussagen darüber herleiten, wie stark das jeweilige Arbeitsgebiet bereits von Wettbewerbern belegt ist. Darüber hinaus ist es gegebenenfalls ein wichtiges Ziel, Patentlücken in stark umkämpften Technologiebereichen zu finden. Für Patentanalysen werden sowohl unternehmensinterne Arbeitsgruppen an den Standorten Frankfurt, Paris und USA eingesetzt, als auch externe, darauf spezialisierte Unternehmen einbezogen. Als letztes Glied der Patentanalyse-Kette ist die Intellectual Property Abteilung von Aventis dafür verantwortlich, eine rechtliche Bewertung von potentiell als relevant erachteten Schutzrechten vorzunehmen. Dies setzt jedoch eine qualifizierte Vorarbeit der Rechercheabteilung voraus. In der Regel stehen für die von
Aventis
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den Forschungsabteilungen in Auftrag gegebenen Patentanalysen mehrere Wochen zur Verfügung, so dass eine gute Koordinierung zwischen der Rechercheabteilung und den Patentabteilungen erfolgen kann. Sind in Einzelfällen sehr eilige Patentanalysen erforderlich, werden diese gegebenenfalls von Externen durchgeführt. Ferner erfolgt eine Bewertung von Schutzrechtsanmeldungen im Hinblick auf Entscheidungen zum Auslandsprogramm. Auch wird über die Aufgabe von Schutzrechten beziehungsweise deren Transfer entschieden. Das Komitee wird vom Leiter der Patentfunktion gelenkt. Eine durchgehende Bewertung des Aventis-Patentportfolios findet derzeit aus Kapazitätsgründen nicht statt. Im Rahmen einzelner Projekte werden jedoch regelmäßig Schutzrechtspakete kritisch betrachtet und einer detaillierten Bewertung unterzogen. Dies hat beispielsweise bei der Veräußerung von Unternehmensteilen oder beim Eingehen von strategischen Allianzen Bedeutung. Patentanalysen sind ein wichtiger Bestandteil der Wettbewerbsbeobachtung. Darüber hinaus werden jedoch einzelne Unternehmen auch gezielt mit ihrem weiteren Umfeld beobachtet. Der Hauptvorteil der Durchführung von Patentanalysen und Technologie-Bewertungen besteht darin, dass rechtliche Auseinandersetzungen im Vorfeld durch Technologiewechsel oder Lizenznahme vermieden werden können. In zunehmendem Maße hat es sich als wichtig erwiesen, zu einem frühen Zeitpunkt so genannte Freedom-to-Operate-Stellungnahmen zu erhalten. Kriterien für die Bewertung von Schutzrechten Dritter sind insbesondere die Laufzeit der Schutzrechte, geografische Gestaltung der Auslandsprogramme, Validität der Schutzrechte, Umgehbarkeit der Technologie und Chancen für einen Technologietransfer. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Neben dem Kauf und Verkauf von Schutzrechten unterhält Aventis auch hunderte von Lizenzpartnern, Kooperationen und Joint Ventures. Ein Teil der Intellectual Property Strategie von Aventis betrifft den Technologietransfer, wie beispielsweise den Umgang mit Lizenzen und Optionen. Im Rahmen von Technologietransfer-Verhandlungen kommt der Erstellung einer qualifizierten Patentanalyse eine große Bedeutung zu. Es ist beispielsweise wichtig, vor einer potentiellen Lizenznahme die Validität der Schutzrechte eines Dritten genau zu prüfen.
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Successful Practice Unternehmen
Patentmanagement in Kooperationen Aventis geht eine Vielzahl an Kooperationen mit anderen Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein. Da ein nicht unwesentlicher Teil des Aventis-Patentportfolios im Zusammenhang mit Kooperationen steht, ist es erforderlich, die beschlossenen Maßnahmen stets mit den Kooperationspartnern abzustimmen. Diese Abstimmung erfolgt jedoch nicht im Rahmen der PAC-Runden, sondern im Vorfeld oder als Nachbereitung zu den Besprechungen. Bei der Suche nach geeigneten Kooperationspartnern spielen Patentanalysen auch eine wichtige Rolle. Für die Vorbereitung einer Zusammenarbeit mit Universitäten, Forschungsinstituten und Wettbewerbern findet im Vorfeld eine Untersuchung der Patentsituation statt. Unter bestimmten Rahmenbedingungen kann es sich als sinnvoll erweisen, vor der Initiierung von Veränderungen externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies kann zum einen durch Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen erfolgen, mit denen beispielsweise über Verbandsarbeit Kontakte bestehen, oder aber durch Einschaltung von Consultants, die auf bestimmte Fragestellungen spezialisiert sind. Aventis pflegt Hunderte von Kooperationen mit diversen Partnern weltweit. Die Kooperationen werden dabei insbesondere zur Bereicherung des Medikamentenportfolios angestrebt. Auch ohne detaillierte Regelungen durch die Patentstrategie, versucht sich Aventis in der Regel die vollständige Patentinhaberschaft zu sichern. Im Zusammenhang mit der Anbahnung von Kooperationen hat Aventis in den letzten Jahren beobachten können, dass durch die zunehmende Patent Awareness die Verhandlung von Verträgen und die Ausgestaltung von Zusammenarbeiten schwieriger geworden ist. Für Aventis hat sich die ursprünglich zur Unterstützung der Universitäten vorgesehene Einführung von Technologie-Verwertungseinrichtungen vorwiegend als bürokratische Hürde erwiesen, anstatt tatsächlich Hilfe für kleine Forschungsgruppen zu leisten.
Aventis
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Take Aways Aventis • Intellectual Property Strategie ist schriftlich hinterlegt, implementiert und wird regelmäßig kommuniziert und in internen Patentseminaren vermittelt. • Leitsätze der Intellectual Property Strategie sind mit den Fachbereichen abgestimmt. • Vierteljährlich stattfindendes, interdisziplinär zusammengesetztes Patent Application Committee als Entscheidungsgremium. • Aufnahme auch von Ideen vor der Erfindungsmeldung im Patent Application Committee. • Sehr breite Länderportfolien: teilweise werden mehr als hundert Länder nachangemeldet, die nicht alle dem PCT-Abkommen beigetreten sind. • Beim Portfoliomanagement spielt das Life-Cycle-Management eine wesentliche Rolle. • Geringe Bedeutung von Patentlizenzaustauschverträgen (Kreuzlizenzen). • Hoher Anteil an F&E-Kooperationen.
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Successful Practice Unternehmen
Basell Basell ist größter Polypropylen-Hersteller weltweit und ein führender Anbieter von Polyethylenen und Advanced Polyolefinen. Bei der Entwicklung und Lizenzierung von Polypropylen- und Polyethylenprozessen sowie Katalysatoren steht Basell weltweit an der Spitze. Basell beliefert Kunden in mehr als 120 Ländern und besitzt Produktionsstätten in 21 Ländern auf fünf Kontinenten. Der Hauptsitz des Unternehmens liegt im niederländischen Hoofddorp, in der Nähe von Amsterdam. Regionale Niederlassungen befinden sich in Brüssel, Frankfurt, Elkton/Maryland, Sao Paulo und in Hong Kong. Darüber hinaus hat Basell Verkaufsniederlassungen in allen wichtigen Märkten der Welt. Das Unternehmen ging aus einer Reihe von Beteiligungen und Akquisitionen seitens Shell, BASF und Hoechst hervor (Abb. VIII.2). Im Oktober 2000 wurde Basell als 50/50-Joint Venture von Shell und BASF gegründet. Basell erzielte im Geschäftsjahr 2005 einen Umsatz in Höhe von 3,7 Milliarden Euro und beschäftigte 6.600 Mitarbeiter. 35 Mit koordinierten Forschungs- und Entwicklungsprogrammen in Zentren in Europa, Nordamerika und im Asien-Pazifikraum setzt Basell eine
Montedison
Hercules
BASF
ICI PP 1984
1983
Himont
Shell 1995
BASF 1998
Hoechst 1997 Hostalen Polyethylene
Montell
Elenac
Targor
Polypropylene
Polypropylene
Polypropylene
2000
Basell Abb. VIII.2. Entwicklungshistorie Basell
35 BASF
und Shell haben ihre Anteile an Basell im Jahr 2005 verkauft an Nell Acquisition, eine Tochter der Holdinggesellschaft Access Industries, die von dem aus Russland stammenden Milliardär Len Blavatnik gegründet wurde.
Basell
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technologische Tradition fort, die bis in die ersten Anfänge der PolyolefinIndustrie zurückgeht. Basell nutzt Forschung und Entwicklung, um das Eigenschaftenprofil des Polyolefin-Sortiments ständig zu erweitern und gemeinsam mit seinen Kunden optimale Markteinführungen zu realisieren. Basells globale Präsenz stützt sich neben einem weltweiten Netzwerk von Basell eigenen Geschäftsbereichen auch auf Investitionen in Joint Ventures. Die Joint Ventures erweitern Basells Technologie- und Marktgrundlagen und ermöglichen es dem Unternehmen, wichtige Kunden bei ihrer geschäftlichen Expansion und Globalisierung zu begleiten. Zu den Joint Ventures von Basell zählen unter anderem PolyPacific in Australien, PolyMirae in Südkorea, Polibrasil Resinas in Brasilien, Indelpro in Mexiko, HMC Polymers in Thailand, Taiwan Polypropylene sowie SunAllomer in Japan. Bedingt durch die kurze Firmengeschichte und die damit verbundenen Änderungen in der Organisation, den Abläufen und auch in den handelnden Personen haben zwar zahlreiche Veränderungen stattgefunden, diese waren jedoch von „außen“ auferlegt worden. Zu weiteren, ebenfalls von „außen“ initiierten Veränderungen zählen der im Januar 2004 erfolgte Wechsel der Leitung der deutschen Patentgruppe sowie der anstehende Umzug des überwiegenden Teils der deutschen Patentgruppe von Ludwigshafen nach Frankfurt. Im deutschen Raum sind Veränderungen im Intellectual Property Umfeld also vorwiegend Reaktionen auf die geänderten Randbedingungen. Generierung von Patenten Strategie. Die Patentstrategie wird bei Basell im Rahmen eines „Patent Committees“ festgelegt. Eingebunden sind dabei insbesondere die verschiedenen Forschungsabteilungen und verschiedene Marketingbereiche. Neben den Intellectual Property Gruppenleitern sind die verschiedenen Geschäftsbereiche in der Regel durch F&E-Abteilungsleiter der Vice President Ebene sowie teilweise Projektleiter vertreten. Beim Entwurf der Patentstrategie werden die Ziele der F&E-Projekte, die kontinuierliche und nachhaltige Absicherung von Innovationen, die Aktivitäten der Wettbewerber sowie die Marketingwirkung der Schutzrechte und die Kosten berücksichtigt. Das Patent Committee trifft jährlich zusammen und überprüft die Ausrichtung der Patentstrategie. Es erfolgt allerdings keine schriftliche Festlegung der Strategie. Hauptziele der Patentstrategie von Basell sind der Schutz von Innovationen, die Sicherung von Wettbewerbsvorteilen im Produkt- und Lizenzgeschäft und die Ausweitung des Handlungsspielraums durch Nutzung von
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Successful Practice Unternehmen
Kreuzlizenzen. Basell zählt stark auf die Defensivwirkung seines Patentportfolios, um potentielle „Angreifer“ abzuschrecken. Die Patentstrategie wird über das Patent Committee mit der Produktund Technologiestrategie abgestimmt. Über Erstanmeldung entscheidet die Intellectual Property Abteilung eigenständig. Vor Nachanmeldung werden die Patentanmeldungen innerhalb des Prioritätsjahres nochmals bewertet. Dies erfolgt per Email-Umlauf über das Patent Committee und wird auf Anfrage entschieden. Die Länderprogramme von Erfindungen werden im Wesentlichen unter Kosteneffizienzgesichtspunkten festgelegt. Dabei analysiert Basell das eigene Portfolio hinsichtlich der Schutzwirkung der Patente (regional, Überlappungen). Basiserfindungen werden dann breit angemeldet, Auswahlerfindungen mit kleinerem Programm weitergeführt. Behilflich sind dabei Keycodes für die Klassifizierung der Schutzrechte nach Technologiegebieten und Schutzbereichen, beispielsweise Katalysatoren, Herstellungsverfahren, Endprodukte, Applikationen. Bei Aufgabe werden Schutzrechte in der Regel fallengelassen, da sich Verkaufen als unergiebig erwiesen hat. Die Patentabteilung nimmt intern aktiv Einfluss auf den Entwicklungsprozess und verfolgt eine starke Service- und Kundenorientierung. Extern wird versucht, die Balance zu halten zwischen Kooperationswilligkeit gegenüber Dritten und der Bereitschaft eigene Schutzrechte gegebenenfalls auch durchzusetzen. Obwohl die Patentstrategie unternehmensweit abgestimmt und als implementiert gilt, erachtet Basell die firmenweite Sensibilisierung für den Umgang mit Schutzrechten als optimierungsbedürftig. Der Einfluss des Portfoliomanagements auf die Ideengenerierung ist bei Basell derzeit noch relativ gering. Der weitaus größte Teil des Patentportfolios von Basell basiert auf eigenen Forschungsaktivitäten, die teilweise auch auf der Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern basieren. Basell hält derzeit etwa 1.000 anhängige Patentfamilien. Im Jahr 2002 wurden 81 Erstanmeldungen, davon 38 in Deutschland, und im Jahr 2003 74 Erstanmeldungen eingereicht, davon 27 in Deutschland. Prozesse. Basell führt nach Projektabschluss so genannte ProjektDebriefings durch, um Erfindungen zu sondieren. Als Problem hat sich allerdings herausgestellt, dass die prozessorientierten Fragestellungen durch die vorwiegend produktorientierten Mitarbeiter nicht ohne weiteres angenommen werden. Die Anzahl getätigter Patentanmeldungen dient teilweise als Messwert für die Forschungseinheiten, auch Key Performance Indicator genannt. Bei neuen Forschungsgebieten werden in der Regel die strategischen Entwicklungsmöglichkeiten des Portfolios betrachtet. Dabei wird versucht, mittels
Basell
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so genannter Patent-Cluster bestimmte Gebiete patentrechtlich zu besetzen. Organisation. Die zentrale Patentabteilung umfasst insgesamt 15 Patentprofessionals und 12 Administrationskräfte und ist auf die Standorte in Italien, Deutschland und USA verteilt. Geleitet wird die Patentabteilung vom Standort in Italien. In Deutschland arbeiten derzeit am Standort Ludwigshafen fünf Patentprofessionals und vier Administrationskräfte. Des Weiteren besteht eine zentrale Vertragsrechtsabteilung mit sechs Mitarbeitern und Sitz in Mailand, Italien. Als problematisch hat sich bei Basell aus Patentabteilungssicht die Matrix-Struktur der F&E-Abteilungen erwiesen, bei der die Experten permanent in verschiedenen Teams tätig sind. Dies führt häufig zur kapazitiven Überforderung von Mitarbeitern und schwächt zugleich deren Zugehörigkeitsgefühl. Die Bereitschaft, Intellectual Property bezogene Beiträge zu leisten, wird somit erschwert. Kultur. Basell möchte seine innovationsfördernden Anreizsysteme auf Unternehmensebene noch verbessern. Einerseits wird zwar das gesetzlich Notwendige veranlasst, andererseits gibt es darüber hinaus nur wenige Einzelinitiativen zur Stimulation der Erfindertätigkeit. Bewertung von Patenten Im Rahmen des Portfoliomanagements wendet Basell verschiedene Strukturkriterien an. Die Hauptstruktur besteht aus einer Klassifizierung nach verschiedenen Technologiegebieten, beispielsweise verschiedene Katalysatortypen und Chemikalien sowie nach der wichtigsten Anspruchskategorie, beispielsweise Verfahrenstechnologie, Produkte und Anwendungen. Die Einteilung ist derart aufgebaut, dass jeder Klasse ein gemeinsames Auslandsprogramm zugeordnet werden kann. Eine Feineinteilung ist möglich durch Zuordnung zu einer achtstelligen KeywordMatrix. Weitere Kriterien sind: Wichtigkeit der geschützten Technologie, Eigennutzung sowie Wirkung des Verbietungsrechts auf Wettbewerber. Basell unterzieht sein Patentportfolio darüber hinaus alle zwei Jahre einer Gesamtbewertung (Revision). Die Bewertung erfolgt nach professioneller Einschätzung durch interne Experten, allerdings kommen keine standardisierten Werkzeuge oder Kriterien zur Verwendung. Entscheidungen werden von der Patentabteilung vorgeschlagen, insbesondere bei der Revision wird vorab nach abweichenden Meinungen gefragt. Die Dissenzfälle werden dann gemeinsam durchgesprochen, um eine Einigung zu erzielen.
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Successful Practice Unternehmen
Das Intellectual Property Portfolio ist in einer Datenbank abgebildet, die nur der Intellectual Property Abteilung zugänglich ist. Dem Patent Committee wird jedoch zur Revision ein Gesamtüberblick des Portfolios erstellt. Sortierungen nach bestimmten Detailgebieten werden den Unternehmensbereichen auf Anfrage zur Verfügung gestellt. Die Patentdatenbank wird für verschiedene Abfragen genutzt, beispielsweise für die Sortierung nach verschiedenen Technologien. Für die Revision des Portfolios durch das Patent Committee werden die entscheidungsrelevanten Daten im Excel-Format verteilt. Basell setzt als Methode zur Technologie-Früherkennung insbesondere das Screening von Offenlegungsschriften ein, die beispielsweise von Wila oder Derwent bezogen werden. Wenn in Zusammenhang mit Forschung und Entwicklung neue Technologiegebiete als Ziele identifiziert werden, wird in der Regel zunächst eine Patentrecherche durchgeführt. Der Umfang der Recherchen variiert mit der Komplexität des Zielgebiets und mit der Beschränkung des Zielgebiets auf bestimmte Ausführungsformen. Typische, im Rahmen von Patentanalysen gestellte Hauptfragen sind: • • • •
Welche Wettbewerber haben das stärkste Portfolio? Gibt es Lücken, die Freedom-of-Action ermöglichen? Welche Patente erscheinen umgehbar? In welche Richtung entwickelt der Wettbewerb die Technologie?
Basell nutzt Patentanalysen als ein wichtiges Instrument, um mit Patentrecherchen möglichst frühzeitig neue Entwicklungsmöglichkeiten und Forschungsgebiete zu erkennen sowie Entwicklungsziele von Wettbewerbern analysieren und bewerten zu können. Die strategischen Vorteile liegen in der Vermeidbarkeit von Fehlentwicklungen in durch Drittschutzrechte blockierten Gebieten sowie der frühzeitigen Vorbereitung von Lizenzierungsgesprächen. Bei der Bewertung von Schutzrechten werden zunächst die Umgehbarkeit der Schutzrechte und die Wirkung des Gesamtportfolios eines Wettbewerbers auf dem Zielgebiet betrachtet. Ferner wird das Alter der Schutzrechte (Ablauf) und die voraussichtliche Lizenzbereitschaft des Wettbewerbers berücksichtigt. Für die Patentrecherchen steht in der Regel soviel Zeit wie nötig zur Verfügung. Der Detaillierungsgrad der Patentanalyse wird aber vorab unter dem Gesichtpunkt des Zeit- und Kostenaufwands festgelegt.
Basell
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Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Selten werden Schutzrechte einlizenziert oder gekauft. Für die meisten Technologiebereiche vergibt Basell jedoch Lizenzen. In wenigen, sehr innovativen Bereichen werden Lizenzen allerdings erst nach der Herausbildung eines Marktvorteils vergeben. Die Einlizenzierung von Technologien wird vorgenommen, wenn diese kostengünstiger sind oder wären als Eigenentwicklungen. Dies kommt aber nur selten vor. Patentmanagement in Kooperationen Kooperationen sind für Basell ein wichtiger Bestandteil der Geschäftstätigkeit. Basell ist außerhalb Europas an etwa zwölf Joint Ventures beteiligt. Bei diesen stellen Intellectual Property Rights allerdings eine geringe Problematik dar. Basell geht Joint Ventures vor allem in solchen Ländern ein, in denen das Unternehmen historisch gesehen gar nicht oder nur wenig repräsentiert ist. Die Kooperationstätigkeiten erfolgen insbesondere im Hinblick auf eine bessere Erreichung der Märkte, Verfügbarkeit einer lokalen Verkaufsmannschaft und Einbringung von Basell-Technologie. Im F&E-Bereich unterhält Basell zahlreiche Kooperationen. Diese betreffen hauptsächlich Universitäten und Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Grundlagenforschung. Basell ist bisher mehr als zehn Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen eingegangen. Demgegenüber existiert auch eine Kooperation mit einem Wettbewerber. Etwa 1% der F&E-Ausgaben fließt in die Kooperationen. Der Erfolg der Kooperationen wird aus dem Gewinn der entsprechenden Verkaufsprodukte abgeleitet. Wichtig ist für Basell, dass der Nutzen groß genug und möglichst gleich verteilt ist. Basell geht auch Kooperationen mit anderen Unternehmen ein. Die Kooperationen sind primär in die Forschungsstrategie und nur indirekt in die Patentstrategie eingebunden. Kooperationen werden bei Basell daher vorwiegend durch die F&E-Strategie initiiert und gesteuert. Bei der Suche nach geeigneten Kooperationspartnern setzt Basell nur selten Patentanalysen ein. Basell nutzt Patentanalysen jedoch im Rahmen der Vorbereitung von Patentlizenzverhandlungen. Bei Kreuzlizenzverhandlungen wird beispielsweise das Portfolio des Wettbewerbers genau daraufhin untersucht, an welchen Schutzrechten der Wettbewerber möglicherweise Interesse haben könnte. Während in der Frühphase von Kooperationen bei Joint Ventures Intellectual Property in etwa 88% der Fälle einen Nebenaspekt darstellt, ist das Intellectual Property zu 90% der Grund für die eingegangenen F&E-
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Kooperationen. Als Hauptherausforderung bei der Regelung des Umgangs mit Intellectual Property in der Frühphase von Kooperationen sieht Basell die Verteilung der Nutzungsrechte und des Gewinns. Häufig besteht das Problem aber bei abgeschlossenen Verträgen darin, herauszufinden, ob und wenn ja, welche vertraglichen Regelungen zwischen Basell und den Partnern bezüglich Intellectual Property getroffen wurden. Ziel ist es für Basell in Kooperationen, möglichst weitgehende Kontrolle über Intellectual Property zu erlangen. Deshalb wird in Kooperationsverhandlungen versucht, die alleinige Patentinhaberschaft zu sichern, bei der Nutzungsrechte, Sublizenzrechte und möglichst Exklusivitätsrechte bei Basell verbleiben und Kosten im Verhältnis zum Nutzen aufgeteilt werden. In der Regel trägt Basell die Kosten für Intellectual Property aber vollständig. Gemeinsame Patentinhaberschaften werden nach Möglichkeit vermieden. Basell hat die Erfahrung gemacht, dass sich in der Regel später keine Probleme ergeben, wenn derartige Vereinbarungen bereits vorab getroffen wurden. Als schwierig haben sich jedoch die Fälle erwiesen, bei denen zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen keine entsprechenden Regelungen getroffen wurden und erst nach Entstehung von Schutzrechten diesbezüglich verhandelt werden musste. Die Verwertung der Kooperationsergebnisse erfolgt fallweise. Take Aways Basell • Patentstrategie berücksichtigt F&E-Strategie sowie Wettbewerbsaktivitäten; jährliche Überprüfung und Anpassung der Patentstrategie; Gesamtrevision des unternehmensweiten Patentportfolios mit Bewertung im zweijährigen Turnus. • Interdisziplinär zusammengesetzte Patent Committees. • Projekt-Debriefings zur Sondierung von Erfindungsmeldungen. • Klassifikation und Bewertung von Patenten mit Keyword-Matrix. • Ausweitung des Handlungsspielraums durch Nutzung von Patentlizenzaustauschverträgen (Kreuzlizenzen). • Nutzung von F&E-Kooperationen zur Generierung und Verwertung von Intellectual Property.
Bayer
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Bayer Die Bayer AG ist eine Holding, bestehend aus drei Arbeitsgesellschaften Bayer HealthCare, Bayer CropScience und Bayer MaterialScience sowie drei Service-Gesellschaften. Bayer MaterialScience ging aus Bayer Polymers hervor (Abb. VIII.3). Der frühere Unternehmensteil Lanxess (zuvor: Bayer Chemicals) wurde am 1. Januar 2005 ausgegliedert und anschließend an die Börse gebracht.36 Im Rahmen dieser Ausgliederung wurden einige Portfolio-Bereinigungen und Geschäftsaufteilungen zwischen MaterialScience und Lanxess vorgenommen. Bayer MaterialScience ist heute: • Weltmarkführer bei Polyethern, aromatischen Diisocyanaten (TDI, MDI), aliphatischen Isocyanaten und Klebstoffrohstoffen, und hält die • Weltmarktposition zwei bei Polycarbonaten einschließlich Polycarbonat-Blends, thermoplastischen Polyurethanen und PolycarbonatHalbzeugen.
Konzernvorstand
Holding
Bayer AG
Bayer Healthcare
Bayer CropScience
Corporate Center
Bayer MaterialScience
Bayer Business Services
Lanxess
Bayer Technology Services (Ausgegliedert Im Januar 2005)
Bayer Industry Services
Arbeitsgebiets-Gesellschaften
ServiceGesellschaften P&L der Teilkonzerne Kanzlei, EV, TM, Service Litigation, IPM
Abb. VIII.3. Konzernstruktur Bayer mit Arbeitsgesellschaften 36
Lanxess stellt chemische Zwischenstoffe, Funktionschemikalien, Funktionskunststoffe und Funktionsgummis her. Von Bayer MaterialScience wurden übernommen: Synthesekautschuk, Kautschukchemikalien, ABS, Polyamide und Polyester. Lanxess wies im Geschäftsjahr 2005 Umsatzerlöse in Höhe von 7,1 Milliarden Euro auf und beschäftigt etwa 18.000 Mitarbeiter in mehr als 15 Geschäftseinheiten an 50 Standorten in 18 Ländern.
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Successful Practice Unternehmen
Bayer MaterialScience wies im Geschäftsjahr 2005 einen Umsatzerlös in Höhe von 10,7 Milliarden Euro auf und beschäftigt etwa 18.500 Mitarbeiter an 40 Standorten weltweit. Der Produktabsatz liegt in der Größenordnung von vier Millionen Tonnen pro Jahr. Hauptwettbewerber sind Dow Chemical, GE Plastics, BASF/Elastogran, Huntsman, Rhodia und UCB. Im Folgenden werden die Intellectual Property Aktivitäten von Bayer am Beispiel der Arbeitsgesellschaft Bayer MaterialScience beschrieben. Generierung von Patenten Strategie. Bayer MaterialScience verfügt über ein Portfolio von etwa 3.200 Patentfamilien. Jährlich werden etwa 250 neue Erstanmeldungen eingereicht. Die Erstanmeldungen erfolgen in der Regel zunächst in Deutschland oder den USA und werden auch zu Offenlegungszwecken herangezogen. Auslandsnachanmeldungen werden erst nach sorgfältiger Abwägung durchgeführt. Einspruchsmöglichkeiten werden genutzt soweit dies sinnvoll ist. Bayer MaterialScience hat sich als Ziel die Verwertung eigener Technologien gesetzt. Über immaterielle Vermögenswerte soll der Ertrag des Unternehmens zusätzlich gesteigert werden. Als Voraussetzung müssen hierzu einerseits wertvolle Technologien geschaffen werden, die andererseits durch entsprechende Verbietungsrechte flankiert werden. Um dies zu erreichen und eine optimale Verwertung zu ermöglichen, werden immaterielle Vermögenswerte, das heißt Patente und Know-how vergleichbar wie Sachanlagevermögen gemanagt: • Zielgerichteter Aufbau von Intellectual Assets im Rahmen risikobewerteter F&E-Projekte; • Professionelles Patentportfoliomanagement; • Verhinderung von Missbrauch durch Dritte; • Konsequentes Durchsetzen der eigenen Verbietungsrechte. Prozesse. Bayer MaterialScience hat drei relevante Intellectual Property Prozesse: Wissenserwerb, Wissenssicherung und Wissensverwertung. Zu Beginn und zum Ende der Prozesse gibt es eine interne und eine externe Ausrichtung (vgl. Kapitel IV. Verwertung). In Tabelle VIII.1 ist die Relevanz der Teilprozesse für F&E-Projekte bei Bayer MaterialScience aufgeführt.
Bayer
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Tabelle VIII.1. Intellectual Property relevante Teilprozesse IP-relevante Teilprozesse F&E Projekte
Stoff- oder Neuproduktentwicklung
Wissens-Erwerb Auftrags- Koopeforschung ration 1) 1)
Wissens-Sicherung
Lizenz/ Patenterwerb
Akquisition 1)
Patentierung/ Offenlegung
PatentGeheimeinsprüche/ haltung Verletzungs2) klagen
Wissens-Verwertung Benchmarking 3)
Kooperation/Joint Venture 4)
Auslizenzierung Verkauf
Outsourcing
++Ç
+Ç
+
O
++++
O
++++
O
+
+Ê
+Ê
Neue Anwendungen/ Formulierungen
O
++Ê
O
O
++++
O
++++
O
+
+
+Ê
Verfahrensentwicklung
O
OÇ
+Ê
+Ê
+++
O
+++
+
+
O
+Ê
Verfahrensmodifikation/ Optimierung
O
O
+Ê
O
++
+
++Ç
+
+
O
O
+++Ç
+Ç
O
O
++++
O
+++
O
O
++Ê
O
Freiraumforschung 1)
Ziel: Wissenserwerb Verzicht auf Patentierung (Betriebsgeheimnis) Eng begrenzter Know-how Austausch 4) Ziel: Wissensverwertung 2) 3)
++++ = sehr bedeutend O = ohne jede Bedeutung Zukünftige Trends (Soll-Tendenz) (Ê/Ç) Bedeutungszunahme (Ì/È) Bedeutungsabnahme
Organisation. Jede der Arbeitsgebietsgesellschaften hat eine eigene Rechts- und Patentabteilung, die alle rechtlichen beziehungsweise Intellectual Property betreffenden Fragestellungen der jeweiligen Gesellschaft betreut. Es existiert des Weiteren noch eine zentrale Patentabteilung bei der Bayer Holding, die insbesondere die Governance-Funktion konzernweit übernimmt. Für jedes Technologiefeld ist ein Patentausschuss eingerichtet, an dem neben der Patentabteilung auch F&E, Marketing und Produktion beteiligt sind. Regelmäßig durchgeführte PatentausschussSitzungen sind die Basis für abgestimmte Entscheidungen betreffend Intellectual Property. Bayer MaterialScience vermarktet das Know-how und das Intellectual Property, das von den Business Units freigegeben wurde. Häufig betrifft das zu vermarktende Intellectual Property Produkte, deren Entwicklung bei Bayer Material Science nicht weiter verfolgt wird. Die Intellectual Property Management Abteilungen in den einzelnen Arbeitsgebietsgesellschaften haben folgende Aufgaben: • Bewertung von Patenten, Know-how und Geschäften; • Beratung des Managements in Intellectual Property Marketingfragen; • Initiierung und Koordination von Lizenzverhandlungen; • Wettbewerbsbeobachtung auf dem Intellectual Property Markt; • Interner und externer Ansprechpartner für Intellectual Property Belange; • Verkauf und Beschaffung von Intellectual Property; • Controlling von Lizenzerlösen und -aufwendungen.
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Successful Practice Unternehmen
Im Rahmen der Neuorganisation von Bayer MaterialScience wurde die Frage der Zentralisierung oder Dezentralisierung in Bezug auf die Arbeitsgesellschaft Bayer MaterialScience neu geführt. Die wesentlichen Argumente waren jeweils: Vorteile einer zentralen Organisation bei Bayer MaterialScience: • • • • •
Effektiverer Personaleinsatz; Erweiterter Horizont für Gesamtgeschäft; Besserer Überblick über Unternehmensstrategie; Höhere Kompetenz (Center of Excellence); Ein zentraler Ansprechpartner für interne und externe Anfragen (z.B. Lizenzierung).
Vorteile einer dezentralen Organisation in den Business Units von Bayer MaterialScience: • • • •
Höhere chemisch-technische Spezialisierung; Konzentration auf die spezifische Strategie der Arbeitsgesellschaft; Näher am Tagesgeschäft; Bessere Akzeptanz in der Arbeitsgesellschaft.
Bewertung von Patenten Anlässe zur Bewertung von Intellectual Property sind bei Bayer MaterialScience insbesondere: • • • • • • •
Arbeitnehmererfindervergütung (in Deutschland); Patentportfolio-Management; Vermarktung und Lizenzierung; Merger & Acquisitions; Finanzierungen und Spin-offs; Bilanzierung und Steuerzahlung; Streitwert bei Prozessen.
Bei der Bewertung bezieht Bayer MaterialScience die Patent- und Lizenzabteilung, F&E, Produktion und Technik sowie das Marketing mit ein. Die am häufigsten angewandte Methode für die Berechnung von Lizenzwerten ist die Discounted-Cashflow-Methode (DCF). Das Modell wurde mit internen Mathematik- und Finanzexperten ausgearbeitet. Eine Bewertung unter Anwendung der Realoptionen-Methode wird aber nicht vorgenommen (Abb. VIII.4).
Bayer Datenbereitstellung
Schutzrechtliche Faktoren (PL) Technologische Faktoren (FE, PT)
Bewertung
Preisbildung
Wahl der Bewertungsmethode
Bewertungsergebnis Subjektive Elemente, z. B. unterschiedliche Risikoabschätzung
z. B. DCF-Methode
Wirtschaftliche Faktoren (M)
PL FE PT M
= = = =
Patente/Lizenzen Forschung & Entwicklung Produktion & Technik Marketing
231
Preis
Abb. VIII.4. Bewertung von Intellectual Property bei Bayer MaterialScience
Eine typische Problematik bei der Bewertung von Intellectual Property und Know-how sieht Bayer MaterialScience in der Forderung einer zu hohen Lizenzgebühr durch den Lizenzgeber. Als Folge wird der Markterfolg des Lizenznehmers wegen hoher Marktpreise und zu geringer Deckungsbeiträge gefährdet. Somit besteht die Gefahr des Verlustes potentieller Gewinne sowohl beim Lizenznehmer, als folglich auch beim Lizenzgeber. Zur Gewinnmaximierung sollte daher zumindest eine gemeinsame Deckungsbeitragsoptimierung von Lizenzgeber und -nehmer angestrebt werden. Während bei ausgereiften Produkten eine realistische Barwert-Risikobewertungsverteilung für Lizenzgeber und -nehmer häufig bei 60% zu 40% liegt, ist bei unreifen oder unerprobten Produkten eher ein Risikowert von 30% für den Lizenznehmer angemessen. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Technologie wird bei Bayer MaterialScience als eigenständiges Vermarktungsobjekt gehandhabt. Im Rahmen des Innovationsprozesses wird sogar bei jedem Meilenstein eine Lizenzierung in Betracht gezogen. Die Technologieverwertung kann somit bereits deutlich vor der Produktvermarktung beginnen. Typische Meilensteine bestehen in der Durchführung folgender Innovationsprozessschritte: • • • •
Ideenfindung; Projektdefinition; Labor- und Technikumentwicklung; Pilotierung, Bemusterung, Produktionsversuche;
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Successful Practice Unternehmen
• Verankerung, Produktion, Anlagenbau, Implementierung, Marketing; • Projektnachbesprechung. F&E-Projekte werden als Investitionen betrachtet. Diese Projekte werden bei Bayer MaterialScience deshalb mindestens einmal jährlich bewertet. Hierzu werden voraussichtlicher Wertbeitrag und die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Wertbeitrags herangezogen und in einem Wert-/RisikoPortfolio strukturiert und verglichen. Bei der Auslizenzierung wendet Bayer MaterialScience einen speziellen Entscheidungsprozess an. Dieser orientiert sich an der kommerziellen Nutzbarkeit durch Dritte (Abb. VIII.5). Wird prinzipiell ein Nutzungsinteresse von Dritten vermutet, erfolgt eine weitere Unterscheidung, ob eine Lizenzierung an Wettbewerber oder Nicht-Wettbewerber erfolgen kann. Ist bei einem potentiellen Käufer das Interesse einer Lizenzierung gegeben, werden entsprechende Verhandlungen aufgenommen. Bei Wettbewerbern wird zunächst noch überprüft, ob eine regionale oder partielle Auslizenzierung möglich ist. Nur wenn dies möglich ist, wird ein Lizenzierungsangebot unterbreitet. Lizenziert werden mit steigendem Reifegrad und abnehmendem Geschäftsrisiko Technologien, Produkte oder sogar Geschäftsmodelle. Zur Technologieverwertung setzt Bayer MaterialScience im Wesentlichen das Direktmarketing oder das Online-Marketing ein. Es wird ebenfalls versucht, über Vermittler vorzugehen. Die Vertriebskanäle ergänzen sich dabei. Das Online-Marketing konnte die ursprünglichen Erwartungen
Gibt es irgendeine Technologie, ein Produkt, ein Verfahren, eine Anwendung, die von einem anderen Unternehmen kommerziell genutzt werden könnte? ja
Angebot an potentiellen Käufer
nein
wenn Interesse vorhanden Beginn mit Verhandlungen
Durch Wettbewerber ?
nein
ja
ja
Regionale oder teilweise Auslizenzierung ?
nein
Abb. VIII.5. Bewertung von Intellectual Property bei Bayer MaterialScience
Bayer
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bisher aber nicht erfüllen. Obwohl die Vermarktung von Know-how und Intellectual Property zwar nicht zum Kerngeschäft von Bayer MaterialScience zählt, nimmt ihre Bedeutung deutlich zu. Die wichtigsten Vermarktungsergebnisse für Bayer MaterialScience sind dabei Patentlizenzaustauschverträge. Darüber hinaus geht Bayer MaterialScience konsequent gegen Patentverletzer vor. Die größten Schwierigkeiten bestehen derzeit vorwiegend mit Plagiaten aus der Region Asien-Pazifik. Patentmanagement in Kooperationen Kooperationen werden mit wachsender Bedeutung vor allem bei der Stoffoder Neuproduktentwicklung, der Entwicklung von neuen Anwendungen und Formulierungen sowie im Rahmen der Freiraumforschung genutzt. Im Rahmen des externen Technologieerwerbs werden Kooperationen und Joint Ventures eingesetzt: Die Kooperationen finden hauptsächlich mit Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen statt. Bayer MaterialScience besteht bei Auftragsforschung grundsätzlich auf der vollständigen Übertragung der für das eigene Geschäft relevanten Forschungsund Entwicklungsergebnisse – einschließlich der Patentinhaberschaft bei hervorgegangen Erfindungen, die als Patentanmeldung weiterverfolgt werden. Probleme ergaben sich bei diesen Kooperationen nur, wenn Verhandlungen über die Verwertung von generiertem Intellectual Property erst erfolgten, nachdem bereits konkrete Ergebnisse vorlagen. Kooperationen werden andererseits aber auch zur Wissensverwertung eingegangen (vgl. Tabelle VIII.1). Beispielsweise bei: • • • •
Stoff- oder Neuproduktentwicklung; Entwicklung von neuen Anwendungen und Formulierungen; Verfahrensentwicklung; Verfahrensmodifikation und -optimierung.
Da in diesen Fällen das relevante Intellectual Property in der Regel bei Bayer MaterialScience liegt, werden allenfalls einfache Nutzungsrechte lizenziert.
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Successful Practice Unternehmen
Take Aways Bayer MaterialScience • Dezentrale Organisationsstruktur der Intellectual Property Abteilungen in den Teilkonzernen mit zentraler, konzernweiter Governance-Funktion in der Holding. • Interdisziplinär zusammengesetzte Patentausschüsse pro Technologiefeld mit jeweils fünf bis sechs Entscheidungsträgern. • Auf die F&E-Prozesse feinabgestimmte Intellectual Property Prozesse (Erwerb, Sicherung, Verwertung). • F&E-Investitionen werden auch unter dem Gesichtspunkt der externen Verwertbarkeit getätigt. • Nutzung von F&E-Kooperationen zur Generierung und Verwertung von Intellectual Property. • Die Vermarktung von Know-how und Intellectual Property erfolgt dezentral aus den Business Units. • Auslizenzierungen sind abhängig vom jeweiligen Business-Plan. • Lizenzwertberechnungsmethode Cashflow-Methode.
auf
Basis
der
Discounted-
British Telecom
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British Telecom British Telecom wurde im Jahre 1981 aus der Britischen Post heraus gegründet und im August 1984 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Heute ist die BT Group eine börsennotierte Holding für eine integrierte Anzahl an Geschäftstätigkeiten im Bereich der Telekommunikations- und Datendienstleistungen in Großbritannien, Europa und weltweit (Stand 2006): • BT Retail – bedient Geschäfts- und Privatkunden. Der wichtigste Marktzugang für die BT Unternehmensgruppen. • BT Wholesale –bietet Netzwerkdienstleistungen und Lösungen für andere Kommunikationsdienstleister an. • BT Global Services – BTs global geführter Service und Lösungsanbieter für weltweite Organisationen mit mehreren Standorten. • BT Exact – BTs Forschungs-, Technologie- und Informationstechnologieunternehmensbereich unterstützt Kunden, um maximale Vorteile von Kommunikationstechnologien zu gewinnen. • Openreach – besitzt, unterhält und entwickelt das Zugangsnetzwerk für britische Privat- und Geschäftskunden und stellt dies Kommunikationsdienstleistern zur Bewirtschaftung zur Verfüfung. BT Exact. BT Exact ist BTs Forschungs-, Technologie- und Informationstechnologieunternehmensbereich, der auf Telekommunikationstechnik, führendes Netzwerkdesign, Informationstechnologiesysteme und Applikationen spezialisiert ist, hat aber auch umfangreiche Erfahrung im Business Consulting. Dieses Wissen hilft den Kunden der BT Group und anderen ausgewählten Unternehmen, einen maximalen Vorteil im Bezug auf Investitionen in Netzwerke und Informationstechnologien zu gewinnen sowie die Entwicklung von neuen Ressourcen und neuen Möglichkeiten zu verfolgen. BT Exact führt die technologische Expertise der BT Forschungslaboratorien und die operationellen Erfahrungen der Teams zusammen, welche die Informationstechnologien von BT entwickeln und betreiben. Mit der Unterstützung eines Teams von über 6.000 Technologieexperten setzt das Unternehmen globale Maßstäbe. BT Exact baut auf die Erkenntnisse und die Expertise seiner Forschung auf, um den Anforderungen für die nächste Internetgeneration gerecht zu werden sowie die Weiterentwicklung fortgeschrittener Datendienstleistungen, der Informations- und Netzwerksicherheit sowie von Softwaresystemen für die Unterstützung von weltweiten Kommunikationsnetzwerken anzugehen. BT Exact hat seine Mitarbeiter an Standorten in Großbritannien und Asien, Kontinentaleuropa sowie Nordamerika.
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Successful Practice Unternehmen
Adastral Park. Seit 1973 ist BT Exact in Martlesham Heath in der Nähe von Ipswich in Großbritannien ansässig. Ursprünglich beherbergte dieser Standort nur BT Laboratorien, welche aber allmählich wuchsen und schlussendlich 3.500 Angestellte aufwiesen. In den späten neunziger Jahren wurde der Name dieses Standorts in Adastral Park geändert. Auch die Strategie änderte sich, um Partner und andere Unternehmen anzuziehen, um die in diesem Businesspark zu Verfügung stehenden gemeinsamen Anlagen zu nutzen. Intensiver Kommunikations- und Informationsaustausch sollte jeden Partner im Wachstum unterstützen. Inzwischen sind über 30 Unternehmungen und Institutionen an diesem Standort untergebracht, unter anderem Alcatel, verschiedene Unternehmensbereiche der BT Group, Cisco, Fujitsu, ipValue, O2, Pirelli, Siemens, University College London, und Xerox. Intelligent Systems Lab (ISL). Das Intelligent Systems Lab wurde als Kompetenzzentrum für künstliche Intelligenz, Forschung und Innovation entwickelt. Das Labor hat seinen Sitz ebenfalls im Adastral Park. Der Fokus liegt in der Verbesserung der Kundendienstleistungen, dem Einsparen von Betriebskosten sowie der Ertragssteigerung. Dies wird erzielt durch Plattformen, Tools und Technologien, die für verschiedene Applikation in der ganzen BT Group genutzt werden können. ISL spielt eine wichtige Rolle im Technologietransfer innerhalb der BT Wertschöpfungskette. Beispielsweise schließt die Optimierungs- und Planungsarbeit einen dynamischen Arbeitskapazitätsverteilungsplaner mit ein; ein Produkt, das inzwischen von BTs 30.000 Frontend-Mitarbeitern eingesetzt wird. Hierdurch konnten der Einsatz und die Disposition von BT-Ingenieuren automatisiert und im ersten Jahr der Einführung die Produktivität in Höhe von etwa 4% gesteigert werden. Generierung von Patenten Strategie. BT hat eine lange F&E-Historie und bereichert die Unternehmensbereiche mit Erfindungen und neuen Technologien aus den Forschungsaktivitäten. So wurde bis jetzt ein großes Patentportfolio von über 7.000 Patenten aufgebaut. Das Unternehmen sieht sich nicht nur als eine Kombination einer forschenden und kommerziellen Organisation. BT möchte die Grenzen neu definieren, die traditionell zwischen diesen zwei Ausrichtungen gelegen haben, und Marktchancen und unerwartete technologische Möglichkeiten zusammen führen. Obwohl Patente bei BT historisch für die Lizenzierung und die Absicherung von Lieferanten gebraucht wurden, hat BT Exact über die letzten zwei Jahre hinweg ein Programm eingeführt, um ihr Patentportfolio frei-
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Komponenten & Equipment
InfrastrukturBildner
NetzwerkProvider
Photonik
ApplikationsProvider
ServiceProvider
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Endnutzer
Multimedia-Applikationen
Netzwerke
Non-Core
Netzwerk- und Servicemanagement Mobilität
Abb. VIII.6. Wertschöpfungskette und zugehörige Patentthemengebiete
zugeben. In diesem Zusammenhang wurden Freigabe- und DurchsetzungsLizenzierung (Carrot- und Stick-Licensing) eingesetzt, und es erfolgte die Gründung von Spin-Outs und Interessengemeinschaften. Das Patentportfolio beinhaltet Ideen, welche unter sechs breite Themengebiete fallen. Jedes Thema beinhaltet eine Reihe von Technologien, die in verschiedenen Industrien von Aerospace, Produktion, Telekommunikation bis hin zum Tourismus angewendet werden können. Die Hauptthemen für die Patentierung sind Photonics, Multimedia-Applikationen, Netzwerke, Netzwerk- und Servicemanagement, Non-Core- und Mobilitätsapplikationen, welche die gesamte Telekommunikationswertschöpfungskette abdecken (siehe Abb. VIII.6). Ein Schlüsselelement von BT Exacts Technologie- und Innovationstätigkeiten stellt der Einsatz von Innovationen in vier Hauptbereichen dar: • durch Industriepartnerschaften ĺ neue Technologien; • durch Geschäftsleitung- und Universitätsnetzwerke ĺ Wissen, Risikobeteiligung, Expertenrekrutierung; • durch Mitbeteiligungen ĺ 10 Inkubationsfirmen; • durch europäische kollaborative Partnerschaften ĺ Industrieabgleich. Die Intellectual Property Strategie von BT Exact ist im Detail formuliert, mit der Unternehmensstrategie koordiniert und firmenweit implementiert. Sie wird regelmäßig überprüft und aktualisiert. Während Intellectual Property in der Vergangenheit meist nur für Verteidigungszwecke genutzt
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Successful Practice Unternehmen
wurde, hat die Unternehmensforschung nunmehr die Freiheit ihr Intellectual Property zu lizenzieren, um somit die Forschung finanziell zu unterstützen. Die Aufstellung und Anpassung dieser neuen Strategie benötigte den zeitlichen Umfang eines Jahres und ist nun bereits seit über drei Jahren im Einsatz. Prozesse. BT Exact hat sich vor etwa drei Jahren entschieden, das Patentmanagement verstärkt proaktiv anzugehen. Zu diesem Zweck wurde das gesamte Patentportfolio von einem Prüfungsteam vollkommen überarbeitet, um die wertvollen Patente zu identifizieren. Das Intellectual Property wurde dabei nach Kriterien untersucht, wie beispielsweise der Patentwert bei Eigengebrauch, die potenzielle Verwertung nach außen, um Einnahmen zu generieren, die Möglichkeit Patentverletzungen zu belegen sowie die Attraktivität der Technologie gegenüber Dritten. Bei BT Exact findet eine monatliche Besprechung zwischen der Intellectual Property Abteilung und den Erfindern statt. Eine solche Besprechung, das so genannte Filing Forum, dient dazu Erfindungen zu sammeln und zu bewerten. Die Bewertung fokussiert dabei auf die potentiellen wissenschaftlichen und kommerziellen Beiträge der Erfindungen. Der Intellectual Property Spezialist nutzt das Filing Forum ferner, um die F&E-Abteilung auf interessante Lücken in der kommerziellen Verwertung von Intellectual Property aufmerksam zu machen, und um Erfindungen in diesen Bereichen anzustoßen. BT Exact meldet derzeit etwa 100 bis 140 Patente jährlich an. Jede Anmeldung wird in bis zu 10 Ländern nachangemeldet. Die Zahl der Ideen in Bezug darauf, ist jedoch beträchtlich höher: bis zu 50%. Organisation. Das Intellectual Property Team von BT Exact gliedert sich in sechs Hauptpatentthemen und berichtet an den Direktor Forschung und Venturing. Des Weiteren gibt es eine Rechtsabteilung, welche die Patentanmeldungen verfasst, anmeldet und weiterverfolgt und rechtliche Angelegenheiten übernimmt. Kultur. BT Exact hat es nicht als allzu schwierig empfunden, eine Erfindungskultur aufzubauen, da der Adastral Park Standort bereits sehr akademisch geprägt war und die Forscher und Entwickler bereits mit dem Veröffentlichen und Patentieren vertraut waren. Bewertung von Patenten Die Evaluierung von Intellectual Property ist jedoch als schwieriger Prozess anzusehen. Das Unternehmen benutzt dazu eine Methode, die jedes Patent aus verschiedenen Aspekten beurteilt, zum Beispiel Marktpotenzial und Durchsetzungspotenzial. BT Exact untersucht seine Intellectual Pro-
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perty Portfolios selber, pflegt aber eine enge Partnerschaft mit der externen Lizenzfirma ipValue. ipValue ist ein Start-up-Unternehmen, welches von der Boston Consulting Group, General Atlantic Partners und Goldman Sachs unterstützt wird und Standorte an der West- und Ostküste der USA, in London sowie an BT Exacts Standort Adastral Park besitzt. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten BT Exact führt eine offene Lizenzpolitik. Die Telekommunikationsindustrie ist sehr stark von standardisierten Aktivitäten geprägt und daher ist eine konstante Exklusivität nur sehr schwer zu erreichen. BT Exact nutzt eine Verwertungsmatrix, um die verschiedenen Nutzungsbereiche zu strukturieren und zu segmentieren. Auch zur Unterstützung im Entscheidungsprozess bezüglich des weiteren Vorgehens wird diese Strukturierung zu Hilfe gezogen. Die Verwertungsmatrix unterscheidet zwischen informellem und formellem Intellectual Property (siehe Kapitel IV, Abb. IV.5, S. 96). Mit informellem Intellectual Property ist in diesem Falle das nicht greifbare Wissen, zum Beispiel Fähigkeiten und Expertise und mit formellem Intellectual Property sind greifbare Intellectual Property Rechte, wie Copyrights und Patente gemeint. In Bezug auf Lizenzen ist BT Exact bereit Patente, Copyrights und Wissen an externe Firmen zu lizenzieren. Solch ein Abkommen beinhaltet meist den Transfer von Wissen und Technologie. Sollte ein spezifischer Markt für formelles Intellectual Property bestehen, zieht BT Exact es jedoch vor, dies als eigenes Geschäft auszugliedern. Normalerweise hält BT Exact weniger als 100% des Eigenkapitals. Eine weitere Möglichkeit stellen Investitionen von Intellectual Property in bereits existierende Geschäfte dar, wie beispielsweise in Start-up Unternehmen. Lizenz- und Spin-up- (intern) Geschäftstätigkeiten schließen sich gegenseitig nicht aus, können einander sogar stimulieren. In bereits gut erschlossenen Märkten, können insbesondere Lizenzen unverzüglichen Gewinn erwirtschaften. Wenn eine Technologie nicht hinreichend patentiert werden kann, werden interne Spin-up-Aktivitäten gegenüber einer Lizenzvergabe bevorzugt. Sofern gute Patente auf hohe technische Expertise treffen, bietet ein Spin-out den größten Nutzen, ist jedoch auch mit erhöhtem Risiko verbunden. Das Teilen dieser Risiken mit anderen Partnern kann dazu beitragen, die Kosten und Risiken zu senken. Im Weiteren haben Spin-outs den Vorteil Entrepreneur- und Intrapreneurmöglichkeiten zu stimulieren. BT Exact sucht die externe Unterstützung von ipValue als Verwertungspartner für Lizenzierungen in Nordamerika. BT Exact möchte
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dadurch die Suche nach geeigneten Lizenznehmern beschleunigen. Des Weiteren ist der Einsatz von Rechts- und Prozessspezialisten nicht BT Exacts Kerngeschäft. Da die USA das größte Lizenzpotenzial in Bezug auf Marktgröße und Mentalität besitzen, hat sich BT Exact entschlossen einen in den USA stationierten und versierten Partner, wie ipValue, auszuwählen. In anderen geographischen Gebieten sucht BT Exact sich eventuell auch weitere Partner für Aktivitäten aus. ipValue hat exklusive Rechte für den Großteil des BT Exact Portfolios, dieses an Firmen in Nordamerika zu lizenzieren. Die Entscheidung welche Patente lizenziert werden können liegt jedoch immer noch bei BT Exact. Für diese Patente investiert ipValue in die Kosten, übernimmt Risiken und teilt den Gewinn mit BT Exact, nachdem das Geschäft finalisiert wurde. Ein erfolgreicher Schlüsselfaktor in der Partnerschaft mit ipValue ist daher das Wachstum der Lizenzeinnahmen. Typische Abkommensstrukturen von BT Exact und ipValue sind: • Pauschalbeträge für frühere unlizenzierte Aktivitäten; • Vorauszahlung für Verpflichtungen, Zugang, Kosten und jeglichen Technologietransfer; • Lizenzgebühren in % vom Verkauf, % der Ersparnisse oder eine Nutzungsgebühr; • Minimalvergütung, vor allem wenn es um Exklusivität geht; • Anfangsperiode von Minimumsvergütung befreit, die meistens zwischen drei bis sechs Monate beträgt; • Gewinnbeteiligung, vor allem bei Start-ups. BT Exact achtet darauf, gewisse Rechte zu behalten, um den eigenen Markt sowie die Lizenzaktivitäten zu schützen. Die Vergabe von exklusiven Rechten wird von BT Exact sorgfältig geprüft, in der Regel jedoch zu vermeiden versucht. Weitere Ausschlüsse von Generallizenzen erfolgen auch in Bezug auf die Sicherung von BT Exacts Tätigkeiten und Märkten, Spin-outs Finanzierungsanforderungen, Kontrolle, Dauer, Carve-outs und Ausführungskonditionen. Um eine zusammenhängende Strategie zu erreichen, führt BT Exact seine Lizenzaktivitäten auf globaler Ebene durch. Im Durchschnitt dauert es mindestens zwei Jahre, um einen Lizenzvertrag abzuschließen. Bei BT Exact wächst zunehmend die Bereitschaft, das gesamte Intellectual Property Portfolio zu lizenzieren. Rege Verhandlungen entlang BT Exacts Telekommunikationswertschöpfungskette sind daher wesentlich verbreiteter. Die Verwertung der Intellectual Property Rechte unterstützt die Sicherstellung der Wertschöpfungskette. BT Exact setzt heutzutage verstärkt seine Lizenzaktivitäten ein, um den Markt in der oberen Telekommunikationswertschöpfungskette zu erschließen und Standar-
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Komponenten & Equipment
InfrastrukturBildner
NetzwerkProvider
ApplikationsProvider
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ServiceProvider
Sichere Supply-Chain
Marktwachstum
Standardisierung
Abb. VIII.7. Fokus bei Freigabelizenzierung von BT Exact
disierungsaktivitäten zu unterstützen. Bei solchen Standardisierungsverhandlungen bewährt sich BT Exacts Intellectual Property als Stärkung der Verhandlungsposition (siehe Abb. VIII.7). BT Exact setzt den Nutzen seines abwechslungsreichen Patentportfolios wirksam ein. Dies bedeutet, Know-how zu unterstützen und Demonstrations- sowie Prototypprodukte zur Verfügung zu stellen. Lizenzprojekte erfordern eine gewisse Ausdauer, aber die Ausführungsgeschwindigkeit hat sich jedoch als unverzichtbarer Faktor erwiesen.
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Successful Practice Unternehmen
Take Aways BT Exact • Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten werden mit klarem Fokus auf den Zukunftsnutzen durchgeführt – intern und extern. • Die Patentstrategie ist im Detail formuliert, mit der Unternehmensstrategie koordiniert und firmenweit implementiert und wird regelmäßig überprüft und aktualisiert. • Die Patentstrategie legt Patentthemen in Bezug auf Technologien der Wertschöpfungskette fest. • Vollständig überprüftes Patentportfolio. • Monatliches Filing Forum, um Erfindungen zu sammeln und bezüglich ihres wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzens zu bewerten. • Verwertungsmatrix, um formelles und informelles Intellectual Property intern und extern zu nutzen. • Externe Lizenzfirmen für die Nutzung von Intellectual Property in Nordamerika.
Eastman Kodak
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Eastman Kodak Eastman Kodak wurde im Jahre 1880 von George Eastman gegründet, als dieser erstmals Photo-Trockenplatten produzierte und zum Verkauf anbot. Das Wort „Kodak“ wurde daraufhin im Jahr 1888 als Marke registriert. Spekulationen über die Herkunft des Wortes Kodak, erwiesen sich als hinfällig; Eastman hat dieses Wort frei erfunden. Im Jahr 1889 wurde die Eastman Photographic Materials Company in London, Großbritannien gegründet, um den Vertrieb von Kodakprodukten in Ländern außerhalb der USA abzuwickeln. Heute hat das Unternehmen Produktionsstandorte in Kanada, Mexiko, Brasilien, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Australien und den USA. Kodakprodukte werden von den Niederlassungen an Kunden in mehr als 150 Ländern vermarktet. Die Organisation der Firma ist auf strategische Produktgruppen zentriert und hat drei Segmente, Digital & Film Imaging Systems, Health und Graphic Communications sowie verschiedene weitere Dienstleistungsbereiche. In Kodaks Unternehmensforschung arbeiten rund 3.000 Forscher in drei F&E Zentren in Grossbritannien, den USA und in China. Weitere rund 3.000 Ingenieure arbeiten in 8 Ländern direkt mit den Geschäftsbereichen in dezentralisierten F&E-Organisationen zusammen, wobei die meisten Forschungsaktivitäten am Hauptsitz in Rochester, USA stattfinden.
CTO Eastman Kodak Company
Zwei GeschäftsbereichsOrganisationsmodelle (BU A/H)
Direktor Forschung & Entwicklung
BU A Präsident
Zentrale Forschung
Gebiet 1 AssociateDirektor
Abteilungen
Gebiet 2 AssociateDirektor
Abteilungen
GruppenLeiter
GruppenLeiter
EntwicklungsTeam
EntwicklungsTeam
CTO
Kodak Technology Council Vision Teams BU H Präsident
Mitglieder aus Geschäftsbereichen & Zentraler Forschung Portfolio Management Team F&E Führungsteam Technologieplattformen Beziehungsmanager
CTO
GruppenLeiter
(alle innerhalb Zentraler Forschung) EntwicklungsTeam
Abb. VIII.8. F&E Organisation von Eastman Kodak
EntwicklungsTeam
GruppenLeiter
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Successful Practice Unternehmen
Die F&E-Organisation wird vom Chief Technology Officer (CTO) geführt, der zugleich auch F&E-Direktor ist. Auf einem Hybridmodel basierend wird auf Geschäftsbereichsebene zwischen der zentralen Forschung und der Produktentwicklung unterschieden. Kodak unterscheidet auch zwischen den Forschungs- und Entwicklungsangestellten. Während von den Forschern erwartet wird, dass sie eine hohe wissenschaftliche Kompetenz im zugrunde liegenden Fachgebiet aufweisen, erwartet Kodak von den Entwicklern, dass diese weit reichende Erfahrungen und ein breites Wissensspektrum über das Kommerzialisierungspotential neuer Technologien besitzen. Es besteht eine etwa gleiche Aufteilung zwischen den Angestellten der zentralen Forschung und der Produktentwicklung. Die zentrale Forschung unterstützt die Produktentwicklung innerhalb der einzelnen Geschäftsbereiche, die im Gegenzug die zentrale Forschung finanzieren. Mit den formellen und informellen Schnittstellen fördert dieses Model einen guten Austausch entlang des gesamten F&E-Prozesses. Die zentrale Forschung hat zwei Betriebsabteilungen, beide unter der Leitung eines F&E-Direktors. Die zentrale Forschung sorgt für zahlreiche andere Funktionen und Positionen, wie zum Beispiel Beziehungsmanager, welche für die Schnittstelle zwischen den Forschungs- und Geschäftssowie den Portfolio Management Teams, den F&E Führungsteams und den Technologieplattformen zuständig sind (siehe Abb. VIII.8). Die Schnittstelle zwischen der zentralen Forschung und dem Business Unit Modell besteht aus dem Kodak Technology Council (KTC) und so genannten Vision Teams, welche aus Mitgliedern der zentralen Forschung und der Produktentwicklung bestehen. Das KTC trifft sich monatlich, überprüft die Technologie-Roadmaps für jeden Geschäftsbereich und entwirft Lösungsvorschläge für Fragestellungen bezüglich Schlüsseltechnologien. Zusätzlich bestätigt das KTC die Inhalte des Forschungsportfolios. Die Vision Teams entwickeln den Inhalt des Schlüsselinvestitionsportfolios. Die Zielsetzung des Kodak Technology Councils und der Vision Teams ist es, dem CTO Informationen zur Technologiestrategie, -planung und -ausführung zu liefern. Generierung von Patenten Strategie. Kodak belegte den achten Platz der innovativsten Firmen des 20. Jahrhunderts in Bezug auf die erhaltenen Patente. Während die ganze Organisation bis heute mehr als 20.000 US Patente erhalten hat, haben dabei 15 Erfinder über 100 Patente und 215 Erfinder 20 oder mehr Patente erarbeitet. Insgesamt hält Eastman Kodak etwa 9.100 Patentfamilien, wobei jährlich 700 bis 800 neue Patenterteilungen hinzukommen. Die Zahl
Eastman Kodak
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der Anmeldungen pro Jahr hat jedoch seit 1998 abgenommen. Der Grund liegt in der strategischen Entscheidung, das F&E-Budget zu reduzieren und sich auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren. Die Intellectual Property Politik von Eastman Kodak lautet wie folgt: • Respektiere rechtsgültige Patentrechte von Dritten; • Strebe nach Patenten von Erfindungen, die potenzielle Kommerzialisierung durch Kodak oder Dritte ermöglichen und somit substanzielle Investitionen im F&E-Bereich kompensieren können. Die Intellectual Property Strategie wurde im Detail formuliert und mit der Unternehmensstrategie abgestimmt. Das Intellectual Property Management ist im Technologieentwicklungsprozess, sowie im kommerziellen Prozess integriert. Intellectual Property wird als Unternehmensanlage betrachtet, weshalb dessen Strategie den Intellectual Property Wert für die ganze Organisation zu maximieren und Produkte sowie Produktlinien zu schützen versucht. Jedes Technologiecluster hat eine Intellectual Property Strategie, welche mit der Geschäftsbereichsstrategie verknüpft ist. Die jeweilige Intellectual Property Strategie legt fest, was und wo bezogen auf Marktstandort und Marktgröße geschützt und abgedeckt werden soll. Die wesentlichen Auswahlkriterien sind: • • • • •
Allgemeine Geschäftsziele; Marktgröße des Vertriebs; Bewertung der Wettbewerber; Schlüsselprodukte und Technologien; Produktzukunftspläne.
Wenn bestimmte Patente keine Anwendung mehr finden, wird überprüft, ob diese für das Unternehmung noch einen Wert besitzen. Sollte dies der Fall sein, wird eine externe Lizenzierung angestrebt. Andernfalls wird an eine gemeinnützige Organisation gespendet, oder die Patente werden aufgegeben. Prozesse. Eastman Kodak betreibt einen Intellectual Property Generierungsprozess, welcher in sechs Schritten abläuft und von einem IT-Tool unterstützt wird, dem so genannten Invention Tracker: 1. Erfindung; 2. Wertbeurteilung; 3. Persönliches Gespräch zwischen Erfinder und Patentanwalt; 4. Entwurf der Patentanmeldung; 5. Einreichung und Führung des Patentanmeldeverfahrens; 6. Entscheidung zur Anmeldung auf internationaler Ebene.
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Erfindung: Während des F&E-Prozesses entwerfen Forscher und Entwickler Erfindungsmeldungen. Sie sollten daher den aktuellen Stand der Technik kennen. Wertbeurteilung: Für die Beurteilung des Wertes einer Erfindungsmeldung wird diese an einen Intellectual Property Koordinator weitergeleitet, welcher den potenziellen Wert der Erfindung schätzt. Wenn die Erfindung einen ausreichenden Wert erwarten lässt, reicht ein IP-Koordinator diese an den entsprechenden internen Patenanwalt weiter. Persönliches Gespräch zwischen Erfinder und Patentanwalt: Das Hauptziel dieses Zusammentreffens zielt darauf ab, dass der Patentanwalt die Erfindung versteht, und dass alle wichtigen Informationen zur Technologie und dem Stand-der-Technik gesammelt wurden. Gegebenenfalls besteht noch immer Bedarf für Laborexperimente, um die Verständlichkeit der Erfindung darzulegen oder aber die Übersetzung des Kodak eigenen Wortschatzes in eine verständliche Sprache ist notwendig. Wenn alle Anforderungen dieses Prozessschritts erfüllt sind, hat die Erfindung den Status einer so genannten „anwaltsfertigen Erfindung“ erreicht. Mit dem Transfer zum nächsten Prozessschritt, geht die Prozessverantwortung vom Erfinder auf den Anwalt über. Entwurf der Patentanmeldung: Der Patentanwalt entwirft die Patentanmeldungsschrift basierend auf dem Stand der „anwaltsfertigen Erfindung“. Einreichung und Führung des Patentanmeldeverfahrens: Der Patentanwalt meldet anschließend das Patent am entsprechenden Patentamt an, in den USA ist dies in der Regel das amerikanische Patent- und Markenamt (USPTO). Entscheidung zur Anmeldung auf internationaler Ebene: Der Patentanwalt informiert einen für den jeweiligen Technologiebereich zuständigen Intellectual Property Koordinator über den Verlauf der Patentanmeldeprozedur. Der IP- Koordinator wird wiederum vom Anwalt konsultiert, um den Wert der Patentanmeldung zu bestimmen und um festzulegen, ob das Patent auf internationaler Ebene angemeldet werden soll. Der Rechtsschutz von Dienstleistungserfindungen ist bei Eastman Kodak in letzter Zeit ein wichtiges Thema geworden. Ein erfolgreicher Mechanismus wurde zu diesem Zweck eingeführt. Eastman Kodak betreibt vorwiegend vier IT-Tools, um den Informationsablauf und die Informationsverarbeitung im Bereich des Intellectual Property Managements zu unterstützen:
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1. Invention Tracker: Der Invention Tracker unterstützt den PatentGenerierungsprozess wie bereits beschrieben. 2. Intellectual Property Master: Der Intellectual Property Master ist ein kommerzielles Patent-Workflow-Management-Tool, welches insbesondere für Patentanwälte entworfen wurde. Es hilft, die Patentanmeldungsphasen und die offiziellen Patentprozesstermine zu überwachen und Zahlungen und Gebühren zu koordinieren. 3. MicroPatent: Der Zugang zur kommerziellen MicroPatent Datenbank ermöglicht den F&E-Angestellten einen einfachen Zugang zu Intellectual Property Informationen, beispielsweise externe Patente und aktuelle Technologien, welche in der Patentliteratur aufgeführt sind. 4. MP-Tools: Ist ein intern entwickelter Prozess, bestehend aus Patentanalyse-Tools, die zur Unterstützung von Anschaffungs- und Bewertungsentscheidungen dienen. Dieser Prozess gilt als ein standardisiertes Werkzeug, welches im gesamten Unternehmen zum Einsatz kommt. Organisation. Das Intellectual Property Portfolio wird durch Technologiecluster gesteuert. Ein typisches Portfolioführungsteam umfasst: • • • • •
IP-Koordinator; Patentanwalt; Portfolio Leader; Corporate-Commercial-Affair-Beauftragter; Research IP-Manager.
IP-Koordinator: Jeder der Technologiebereiche hat einen designierten IP-Koordinator aus dem F&E-Bereich, zum Beispiel einen Forscher aus einem Projektteam. Bisweilen gibt es sogar mehrere IP-Koordinatoren pro Projekt. Ein Intellectual Property Koordinator deckt mit dieser Tätigkeit etwa 10 bis 20% seiner Arbeitszeit ab. Der IP-Koordinator bestätigt den Erhalt einer Erfindung und geht der Patentanmeldung nach. Des Weiteren bestimmt der Koordinator den Wert der Patentanmeldung, um festzulegen, ob das Patent auf internationaler Ebene angemeldet werden soll und verifiziert die Patentfreigabeprozedur für neue Produkte. Aus rechtlichen Gründen (Attorney-Client Privilegded Information) wird der Produktfreigabeprozess, das so genannte Patent Clearing, jedoch von einem Patentanwalt vorgenommen. Patentanwalt: Die Patentanwälte von Eastman Kodak gehören zur Konzernrechtsabteilung. Eastman Kodak hat etwa 27 interne Patentanwälte angestellt, welche in den verschiedenen F&E-Standorten arbeiten, vor allem in den USA, Großbritannien und Frankreich. Für die Tätigkeiten im asiati-
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schen Raum, für Projekte mit Dritten und Sonderprojekten, werden entsprechend externe Anwälte involviert. Portfolio Leader: Der Portfolio Leader ist ein Mitglied des F&EManagementteams. Corporate-Commercial-Affair-Beauftragter: Der Corporate-Commercial-Affair-Beauftragte ist ein Mitglied der Rechtsabteilung, die sich speziell mit Lizenzen beschäftigen. Research IP-Manager: Der Unternehmensbereich F&E hat einen einzigen IP-Manager, welcher an einen der zwei F&E-Direktoren berichtet. Diese berichten wiederum an den CTO. Der IP-Manager ist verantwortlich für verschiedenste Intellectual Property Angelegenheiten und Aktivitäten in der F&E, wie beispielsweise das Patentportfoliomanagement, dessen kontinuierliche Bewertung sowie die Beurteilung von Intellectual Property bei Akquisitionen. Kultur. Eastman Kodak hat im Wesentlichen vier Auszeichnungen, von denen sich drei auf Patente beziehen: 1. CTO 1st Patent Award, Auszeichnung für das erste erteilte Patent, inklusive einer Kopie des ausgestellten Patentzertifikats und einem vom CTO unterschriebenen Brief. 2. 20th Kodak Patent, Auszeichnung für das 20ste erteilte Patent, inklusive eines Geldpreises und einer Einladung zum jährlichen Abendessen mit dem CEO und dem CTO als Gastgeber. 3. 100th Kodak Patent, CTO Century Auszeichnung, inklusive eines Geldpreises und einer Einladung zum jährlichen Abendessen. 4. Eastman Innovation Award, Jährliche Auszeichnung, die sich auf wichtige Erfindungen bezieht, aber nicht notwendigerweise auf Patente. Bewertung von Patenten Eastman Kodak bewertet Intellectual Property im Rahmen von Akquisitionen, Aufrechterhaltungsentscheiden und Lizenzierungen. Kodak erkennt den Wert von Intellectual Property vor allem bezüglich der zu schützenden Marktvorteile und für Lizenzzwecke. Kodak ermittelt den Wert von Patenten wie folgt:
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• • • •
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Nachgewiesener oder erwarteter interner Gebrauch; Nachgewiesener oder erwarteter externer Gebrauch; Breite von Patentansprüchen; Identifizierung des Gebrauchs von geschützten Technologien oder Produkten.
Die Begutachtung für interne Zwecke basiert auf einer qualitativen Auswertung und beinhaltet keine finanzielle Bewertung. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Das Management und die Lizenzierung von Intellectual Property hat bei Eastman Kodak in der letzten Zeit mehr und mehr an Bedeutung gewonnen und ist selbst Teil einer separaten Organisation. Bereits heute sind die generierten Einnahmen höher als die Kosten. Im Jahr 2004 verklagte Kodak das Unternehmen Sun, mit dem Vorwurf, dass Suns Java-Sprache bestimmte Patente verletze, die Kodak durch den Kauf des Imaging-Unternehmens Wang übernommen hatte. Die Forderung von über einer Milliarde Dollar Schadensersatz, entsprach der Hälfte des zwischen Januar 1998 und Juni 2001 erwirtschafteten Gewinns, den Sun durch den Verkauf von Server- und Speichereinheiten erzielt hatte. Die Unternehmen einigten sich letztendlich auf eine Zahlung von Sun an Eastman Kodak in Höhe von 92 Millionen Dollar Lizenzgebühren für die Kodak-Technologie. Patentmanagement in Kooperationen Eastman Kodak arbeitet sowohl mit industriellen Partnern, als auch mit Universitäten und Regierungsinstitutionen zusammen. Von besonderer Bedeutung ist für Eastman Kodak dabei ein gegenseitiges, gemeinsames Verständnis von den Geschäftsbedingungen und Verantwortlichkeiten der Kooperationspartner. Alle Parteien müssen dabei jedes Detail verstehen, bevor ein Abkommen unterzeichnet wird. Die Abkommen sind jedoch immer abhängig von Verhandlungsstärke der jeweiligen Kooperationspartner.
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Take Aways Eastman Kodak • Vertieftes Verständnis von Angelegenheiten, die Intellectual Property betreffen. • Intellectual Property Strategie beabsichtigt die Maximierung des Intellectual Property Werts für die gesamte Organisation. • Separate Organisationen für die Steuerung und das Lizenzieren des Intellectual Property Portfolios. • Die Intellectual Property Strategie wird durch auf Technologiecluster zurückgehende, fachübergreifende Managementteams kategorisiert. • Invention-Tracker-Tool, um den aus sechs Schritten bestehenden Patent-Generierungsprozess zu unterstützen. • Informationsfluss wird durch vier spezifische IT-Tools unterstützt. • Verschiedene Erfinderauszeichnungen. • Lizenzierungsaktivitäten zeigen einen klaren Erfolg durch Einnahme von hohen Lizenzgebühren.
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Henkel Die Henkel-Gruppe wurde 1876 von Fritz Henkel gegründet und operiert heute auf Basis von drei strategischen Geschäftsfeldern: Wasch- und Reinigungsmittel, Kosmetik und Körperpflege sowie Klebstoffe, Dichtstoffe und Oberflächentechnik. Die strategischen Geschäftsfelder sind innerhalb der Henkel-Gruppe wiederum in vier weltweit tätige Unternehmensbereiche gegliedert (Abb. VIII.9): • • • •
Wasch-/Reinigungsmittel; Kosmetik/Körperpflege; Klebstoffe für Konsumenten und Handwerker sowie Henkel Technologies.
Der Hauptsitz der Henkel-Gruppe befindet sich in Düsseldorf. Henkel ist mit seinen Marken und Technologien in über 125 Ländern vertreten. Von 50.000 Mitarbeitern sind 80% außerhalb Deutschlands tätig. Damit gilt Henkel als eines der am stärksten international ausgerichteten Unternehmen in Deutschland. Im Jahresdurchschnitt arbeiten weltweit rund 2.800 Mitarbeiter bei Henkel im Bereich Forschung, Produktentwicklung und Anwendungstechnik. Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung betrugen in der Henkel-Gruppe im Jahr 2005 rund 324 Millionen Euro. Das entspricht einem Anteil am Umsatz von 2,7%. Dabei wurden 38 Millionen Euro für die zentrale Forschung und 286 Millionen Euro für die Produkt- und Verfah-
Wasch-/ Kosmetik/ Reinigungsmittel Körperpflege
Klebstoffe, Dichtstoffe und Oberflächentechnik
Konsumenten
Industrie
Qualität mit Marken & Technologien Abb. VIII.9. Die vier Unternehmensbereiche der Henkel-Gruppe
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rensentwicklung der Unternehmensbereiche eingesetzt. In der zentralen Forschung arbeiten etwa 600 Spezialisten, davon etwa 160 Chemiker, Physiker, Biologen und Ingenieure. Als Haupterfolgsfaktor und Wettbewerbsvorteil sieht Henkel die geschickte Kombination von Forschung, Entwicklung und Technologie. Während die meisten Produktbestandteile von Rohmaterialzulieferern bezogen werden können, werden durch Henkel die Mixturen entwickelt und derartig zu Produkten zusammengestellt, dass die Kundenbedürfnisse getroffen werden. Generierung von Patenten und Marken Strategie. Henkel begreift Marken als Synonym für Vertrauen und Zuverlässigkeit. Dem Unternehmen ist es wichtig, ein klares Verständnis darüber zu haben, dass Kunden lokal agieren und deshalb Marken auch eine lokale Wirkung entfalten. Schmerzhaft blieben deswegen die Nachwirkungen des Lizenzvertrages aus dem Jahr 1909 mit Crosfield in England. Durch die Übernahme von Crosfield durch die Lever Bros. im Jahre 1919 war der Markenname Persil zum Eigentum dieses Unternehmens in allen Gebieten des British Empire geworden. Bis heute ist das Lever-Persil das führende Waschmittel in Großbritannien. Hier operiert Henkel heute unter anderen Markennamen. Die Markenstrategie steht im Spannungsfeld zwischen Standardisierungsbedürfnissen auf der einen Seite und Differenzierungserfordernissen auf der anderen Seite. So ist die Standardisierung von Produkten und Marken vorteilhaft für eine effiziente und preiswerte Produktion, niedrige Komplexität und für eine schnelle Einführung neuer Produkte. DifferenSta nda rd i s ieru
ng eru nzi e r e Diff Kundennähe
ng
Low-cost Produktion Niedrige Komplexität
GLOCAL
ProdukteinführungsKonzepte
Abb. VIII.10. Henkels Markenstrategie
Flexible Antworten Regionale Marktdurchdringung
Henkel
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zierung ist notwendig, um eine möglichst hohe Kundenbindung zu erreichen, flexible Antworten erhalten zu können und regionale Märkte erschließen zu können. Als Ergebnis versucht die Markenstrategie deshalb beiden Schwerpunkten gerecht zu werden. Henkel hat hierfür das Kunstwort glocal eingeführt, das aus local und global hervorgeht (Abb. VIII.10). Die Patentstrategie von Henkel unterscheidet Kernkompetenz- und Nicht-Kernkompetenzbereiche. In Kernkompetenzbereichen werden Erfindungen so gut wie möglich als Patentanmeldungen weiterverfolgt, um eine möglichst große Abgrenzung bezüglich Wettbewerbern zu erreichen. Henkel strebt in diesen Kernbereichen einen exklusiven Schutz von Produkten, Technologien, Verpackungen und Inhaltsstoffen an. In NichtKernkompetenzbereichen versucht Henkel, eine möglichst große Freedomof-Action-Position beizubehalten: Häufig werden in diesen Bereichen Erfindungen deshalb nicht zum Patent angemeldet, sondern Sperrpublikationen veröffentlicht, um einer eventuellen Patentierung durch Wettbewerber vorzubeugen. Henkel stimmt den erzielbaren Schutz durch Marken und den erzielbaren Schutz durch Patente aufeinander ab. Während der Markenschutz vorwiegend als Schutz der Kundenschnittstelle geeignet ist, lassen sich über Patente vorwiegend Produkte und Technologien schützen. Da die Schutzwirkungen von Marken und Patenten in diesem Sinn komplementäre Wirkung haben, gilt es deshalb die Schutzalternativen derartig aufeinander abzustimmen, dass eine optimale Gesamtwirkung sowohl auf Kunden- als auch auf der Technologieseite erzielt wird (Abb. VIII.11). Henkel wies im Jahr 2002 ein Patentportfolio mit etwa 700 Patentfamilien auf. In den vorausgehenden zwei Jahren restrukturierte Henkel das eigene Patentportfolio vollständig. Beinahe ein Drittel des früheren
Gröȕte Wirkung
Marke
Geschmacksmuster
Gebrauchsmuster
Patent
Gröȕte Wirkung
Technologie
Kunde
Abb. VIII.11. Wirkung der Schutzinstrumente Patente und Marken
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Successful Practice Unternehmen
Patentportfolios wurde dabei aufgegeben, da keine Relevanz mehr in Bezug auf einen Exklusivitätsbeitrag vorlag. Es wurden deshalb auch keine Lizenzen vergeben oder fallen zu lassende Patente gespendet. Prozesse. Henkel wendet einen dreistufigen Prozess an, um einen optimalen Patentschutz zu erreichen: 1. Anmeldung eines Patents mit einem möglichst breiten Schutzbereich. 2. Absicherung von Umgehungslösungen und Varianten durch fokussierte Patentanmeldungen, um bestimmte Gebiete möglichst vollständig abzusichern. 3. Falls Patentanmeldungen mit breitem Schutzbereich erteilt werden, können darunter fallende, spezialisierte Patentanmeldungen wieder aufgegeben werden. Wenn mit mehr als einer Technologie vergleichbare Ergebnisse erzielbar sind, versucht Henkel ein Patentportfolio aufzubauen, das möglichst alle Lösungen zu einem Problem abdeckt. Dennoch würde Henkel nur eine der Lösungsmöglichkeiten auf Technologie- und Produktseite selbst weiterverfolgen. Der zur Verfügung stehende Zeitraum für die Ausarbeitung von Patentanmeldungen wird auf die durch einen Patentschutz erzielbare Exklusivität abgestimmt. Nur wenn sich voraussichtlich ein breiter Schutz erreichen lässt, ist für Henkel der erhöhte Zeitbedarf akzeptabel und das Unternehmen investiert Aufwendungen in weitere Varianten und Lösungsmöglichkeiten zu einem vorgegebenen Problem. Wenn lediglich eine geringe Exklusivität erwartbar ist, bestehen umgekehrt hohe Anforderungen an einen kurzen Anmeldezeitraum (Abb. VIII.12). Exklusivität hoch
X niedrig kurzfristig
erhöhter Zeitbedarf akzeptabel
Anforderung an Anmeldezeitraum
Abb. VIII.12. Patentstrategie: Erwartbare Exklusivität versus Anmeldezeitraum
Henkel
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Im Patentanmeldeprozess trifft Henkel die erforderlichen Entscheidungen mit Hilfe von zwei Teams: • Das Patent Controlling Team besteht aus Experten der F&E- sowie der Patentabteilung. • Der Projektsteuerungskreis (PSK) besteht aus Experten des Marketings und der F&E. Während das Patent Controlling Team monatlich über Erfindungen auf Basis des jeweils relevanten Stands der Technik und der generellen technischen Bedeutung entscheidet, schätzt das PSK-Team Marktrelevanz und erwartbaren Schutzbereich ab. Das PSK-Team tagt etwa zwei bis drei Stunden pro Monat. Auf Basis dieses Vorgehens versucht Henkel, die Kosten zu minimieren und den Nutzen zu maximieren. Die Evaluierungsschritte und Entscheidungsphasen sind dabei am Patentanmeldeverfahren ausgerichtet: 1. Einreichung der Patentanmeldung: interne Priorität für Patentabteilung. 2. Entscheidung im 6. Monat: internationale Nachanmeldungen, Aufgabe oder Forschungsveröffentlichung. 3. Entscheidung im 24. Monat: Festlegung Länderportfolio (EP, US, JP) oder Aufgabe. 4. Erteilung: Bestätigung des Länderportfolios oder Aufgabe. Jede Priorisierung berücksichtigt immer die Marktrelevanz und den zu erwartenden Schutzbereich. Die Marktrelevanz wird auf Basis des laufenden Geschäfts und des relevanten Stands der Technik abgeschätzt. Der Betrachtungshorizont beträgt in der Regel 20 Jahre (siehe Abb. VIII.13).
Marktrelevanz Prio B
Prio A
Reduziertes Länderportfolio
Breites Länderportfolio
Reduziertes Länderportfolio
Breites Länderportfolio
Reduziertes Länderportfolio
Breites Länderportfolio
Aufgabe
Prio C
Aufgabe, Sperrveröffentlichung
Reduziertes Länderportfolio
Aufgabe, Sperrveröffentlichung
Reduziertes Länderportfolio
Aufgabe, Sperrveröffentlichung
Reduziertes Länderportfolio
Schutzbereich („Patentqualität“)
Erfindung 1.
6 Monate nach Anmeldung 2.
24 Monate nach Anmeldung 3.
Erteilung 4.
Abb. VIII.13. Systematische Priorisierung während des Erteilungsprozesses
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Successful Practice Unternehmen
Organisation. Henkel unterhält eine zentrale Patent- und Markenabteilung mit etwa 30 Patentreferenten. Jährlich werden etwa 300 Patentanmeldungen eingereicht. 30% bis 60% der Patentanmeldungen werden extern vergeben. Bewertung von Patenten Zur Wettbewerbsbeobachtung nutzt Henkel das Dienstleistungsangebot von Derwent und MicroPatent. Etwa 5.000 Patentschriften werden jährlich händisch durchgearbeitet. Der Fokus liegt dabei auf den Aktivitäten der Wettbewerber. Zusätzlich werden mit Schlüsselwörtersuche Technologiefelder überwacht. Verantwortlich für die Überwachung und die Auswertung der Patentdokumente sind die zuständigen Technologiespezialisten. Dies sind in der Regel die Leiter der F&E-Gruppen. So ist beispielsweise der Leiter für die Entwicklung von Wasch- und Spülmitteltabletten verantwortlich für das Suchfeld „Tabletten“. Obwohl die Gruppenleiter in erster Instanz die Verantwortung tragen, können diese in ihrem Team auf die Zuarbeit von weiteren, benannten Technologieexperten zurückgreifen. Der F&E-Leiter lässt sich regelmäßig und direkt von den Leitern der F&E-Gruppen über die Patentsituation berichten. Bei Henkel wird sehr auf die regelmäßige und intensive Arbeit der F&E-Spezialisten mit Patentdokumenten und -informationen geachtet. Nach Durchsicht der Dokumente werden in einem zweiten Schritt auf Basis des neuen Verständnisses entsprechende Handlungsmaßnahmen abgeleitet. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Henkel hat sein Patentportfolio vorwiegend darauf ausgerichtet, den Transfer von Ideen zu Innovationen abzusichern. Dennoch vermeidet Henkel unnötige Risiken und versucht deshalb derzeit nicht, über reine Lizenzaktivitäten weitere Gewinne zu erzielen. Henkel unterhält einige Kreuzlizenzverträge, die Patente, Marken, Geschmacks- und Gebrauchsmuster betreffen. Diese Austauschverträge betreffen aber in keinem der Fälle das Gesamtportfolio, sondern sind auf bestimmte Teilaspekte ausgerichtet und basieren auf einem gegenseitigen Austausch. Betroffen sind beispielsweise Technologien die tatsächlich gebraucht werden oder bei denen man sich die Option eines möglichen späteren Gebrauchs offen halten möchte. Henkel vermeidet in derartigen Vereinbarungen jeglichen finanziellen Ausgleich.
Henkel
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Patentmanagement in Kooperationen Henkel operiert erfolgreich mit seinen Kooperationspartnern. Das Unternehmen hat dabei einen eigenen Weg für sein Branchensegment entwickelt: Es wird beispielsweise nicht unter allen Umständen auf die vollständige Übertragung von in Kooperationen entstehendem Intellectual Property bestanden. Ein Kooperationspartner kann durchaus Patente, Gebrauchsmuster und Marken behalten, die durch diesen in der Kooperation entstanden sind. Dies auch dann, wenn der Partner gegebenenfalls sogar mit Henkels Know-how unterstützt wurde. Henkel praktiziert dabei die Philosophie: „Wir leihen mit Freude“. Im Gegenzug erwartet Henkel allerdings eine Exklusivitätsphase, beispielsweise für Einkaufsverträge. Ein typischer Zeitraum sind dabei zwei Jahre. Der Vorteil aus dieser Vorgehensweise resultiert für Henkel in einer wesentlich höheren Motivation des Partners und in einem Vertrauens- und Attraktivitätsvorsprung. Da Henkel im Vergleich zu seinen direkten Wettbewerbern relativ klein ist, ist es sehr bedeutend, attraktiv für die besten Zulieferer und andere Kooperationspartner zu bleiben. Die Nutzung von externem Know-how zur Ergänzung der eigenen Kernkompetenz gewinnt weiter an Bedeutung. Henkel wird aus diesem Grund verstärkt in Venture Capital Fonds und in Start-up-Unternehmen investieren sowie weltweit verstärkt Forschungskooperationen eingehen.
Take Aways Henkel • Aufeinander abgestimmte, sich gegenseitig ergänzende Markenund Patentstrategie. • Festlegung des zulässigen Anmeldezeitraums in Abhängigkeit des potentiell erzielbaren Schutzbereichs. • Interdisziplinäre Teams zur Bewertung von Erfindungen in Bezug auf Marktrelevanz und technische Relevanz. • Vierstufiger Entscheidungs- und Selektionsprozess, der am Patentanmeldeprozess ausgerichtet ist. • Lieferexklusivitätsvereinbarungen in F&E-Kooperationen als Ausgleich für Nicht-Exklusivität bei Patent- und Markenrechten.
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Infineon Technologies37 Infineon Technologies entwickelt, entwirft, fertigt und vermarktet ein breites Portfolio von Halbleiterprodukten und kompletten Systemlösungen für ausgewählte Anwendungsbereiche. Die Produkte finden Anwendung in der mobilen und drahtgebundenen Kommunikation, im Computer-, Sicherheits- und Chipkartenbereich sowie in der Automobil- und Industrieelektronik. Das Produktportfolio des Unternehmens besteht aus Speicher- und Logikprodukten und umfasst integrierte Schaltkreise (integrated circuits, ICs), insbesondere Digital-, Mixed-Signal- und Analog-ICs sowie diskrete Halbleiterprodukte und Systemlösungen. Infineon ist der größte Halbleiterhersteller in Europa und einer der zehn führenden Halbleiterhersteller weltweit. Infineon Technologies ging am 1. April 1999 aus dem Siemens-Halbleiterbereich hervor und blickt auf über 50 Jahre Halbleiterindustrie in Deutschland zurück. F&E Ausgaben in Millionen Euro und in % vom Umsatz (1996 - 2006)
16% 370
16% 457
17% 20% 637 739
17% 19% 16% 21% 20% 18% 1.219 1.293 1.249 14% 1.189 1.060 1.089 1.025
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Anzahl an Patenten und Patentanmeldungen (1996 - 2005)
> 42.000 > 41.000 > 35.000
31.100 30.300 28.200 23.853 18.349 13.804 9.879
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005
Abb. VIII.14. F&E-Ausgaben und Anzahl an Patenten bei Infineon Technologies 37 Bis
2006 einschließlich des DRAM-Speichergeschäfts, das im Mai 2006 in die rechtlich eigenständige Tochtergesellschaft Qimonda abgespalten wurde.
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Siemens hält seit 2006 keine Anteile mehr an Infineon, ist aber ein grosser Kunde mit rund 15% Umsatzanteil im Jahr 2005. Der Firmensitz von Infineon Technologies befindet sich in München, Deutschland. Infineon beschäftigt weltweit 36.400 Mitarbeiter, von denen 7.400 in Forschung und Entwicklung an mehr als 30 unterschiedlichen Standorten tätig sind. Zum Geschäftsjahresende im September 2006, wies das Unternehmen einen Umsatz in der Höhe von 7,9 Milliarden Euro aus. Die F&EAusgaben lagen bei 1,2 Milliarden Euro. Infineon hält derzeit über 42.000 Patente und Patentanmeldungen, die auf etwa 12.100 Patentfamilien zurückgehen (Abb. VIII.14). Jährlich werden aus etwa 2.800 Erfindungsmeldungen etwa 1.600 Erstanmeldungen selektiert und angemeldet. In den USA hatte Infineon im Geschäftsjahr 2003 etwa 1000 Patentanmeldungen eingereicht, 2004 und 2005 je etwa 790 Patentanmeldungen. Interessant ist dabei, dass unter den 20 führenden Patentanmeldern vor dem amerikanischen Patent- und Markenamt hauptsächlich Halbleiterfirmen sind und jeweils mehr als 1.000 Patentanmeldungen jährlich einreichen. Hierzu zählen unter anderen IBM, Canon, Matsushita, Samsung, Micron, Intel, Hitachi, Toshiba, Fujitsu und Sony. Außer dem Ranglisten-Ersten IBM, mit fast 3.300 Patentanmeldungen pro Jahr, stehen diese mehr oder weniger im direkten Wettbewerb zu Infineon. Generierung von Patenten Strategie. Infineon verfolgt im Bereich Intellectual Property Management folgende Strategie: • Freedom-of-Action beziehungsweise Freedom-to-Design. • Infineon unterhält mit vielen Firmen Patentlizenzaustauschverträge. • Produktschutz gegenüber Plagiateuren: – Bei der Hochvolumenproduktion sind die Gewinnmargen in der Halbleiterindustrie gering(Memory-Produkte, Qimonda), – Bei Logik-Produkten sind die Gewinnmargen in der Halbleiterindustrie höher, dafür sind die Stückzahlen niedriger. • Lizenzeinnahmen. Es ist nachvollziehbar, dass die durch ein erfolgreiches Intellectual Property Portfolio Management zu lösenden Hauptprobleme für Infineon sind: • • • •
„Was haben wir eigentlich? – Wie viele Patente auf welchen Gebieten?“ „Wie gut sind wir? – Welchen Wert haben die Patente?“ „Was können wir machen? – Schützen, handeln, lizenzieren.“ „Wohin sollen wir gehen? – Anmelden, aufgeben.“
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Intellectual Property Portfolio Management steht bei Infineon im Zentrum von Strategie (top-down) und dem Umgang mit Ideen, Erfindungen, Patentanmeldungen und Patenten. Es ist Instrument für den Schutz eigener Produkte und ist Basis für Patentlizenzaustauschverträge, zur Prozessführung bei Angriff und Verteidigung, zur Verwertung von Intellectual Property (Lizenzierung), für Intellectual Asset Management, zum Messen und Regulieren der Intellectual Property Aktivitäten sowie zur Generierung neuer Ideen. Die Intellectual Property Strategie geht bei Infineon von der Geschäftsund der F&E-Strategie aus. Infineon führt Intellectual Property Strategiemeetings durch, die etwa einmal pro Jahr durchgeführt werden und auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden. Neben der Festlegung der unternehmensweiten Strategie finden des Weiteren auch auf Geschäftsbereichsebene Strategiemeetings statt. Bei der unternehmensweiten Strategie geht es insbesondere um die Festlegung des Mixes zwischen Lizenzeinnahmen, Marktdominanz und Bewegungsfreiheit. Auf Geschäftsbereichsebene wird die Geschäftsstrategie abgeglichen und die Anmeldestrategie festgelegt, die auch die Länderportfolien umfasst. Beim Intellectual Property Portfolio Management verfolgt Infineon hauptsächlich folgende Ziele: • Make ĺ Aufbau von eigenem Intellectual Property über die Entwicklungsabteilungen; • Freedom-to-Design ĺ Großflächiges Einlizenzieren von Intellectual Property durch Patentlizenzaustauschverträge; • Buy ĺ Wird bisher nur in Ausnahmefällen vorgenommen; Es gibt generelle Zielgrößen in Form von Erfindungsmeldungen pro F&E-Mitarbeiter für die Forschungs- und Entwicklungsbereiche, um Anreize für die Generierung von Intellectual Property zu schaffen. Diese Zielgrößen können für einzelne technologische Bereiche angehoben oder gesenkt werden, je nach strategischer Bedeutung. Dadurch wird versucht, die Unternehmens-, die F&E- und die Intellectual Property Strategie aufeinander abzustimmen. Des Weiteren wird bei den Zielvorgaben differenziert zwischen: • Im Aufbau befindlichen Technologien ĺ Fokus auf Quantität der Anmeldungen; • in Reife befindlichen Technologien ĺ Fokus auf Qualität der Anmeldungen; und • im Auslauf befindlichen Technologien ĺ Keine Neuanmeldungen, Fokus auf vorhandenem Intellectual Property.
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Prozesse. Infineons Intellectual Property Portfolio Management weist folgende Kernprozesse auf, die wiederum eng mit anderen Unternehmensprozessen, wie beispielsweise Strategie- und F&E-Prozess verflochten sind: • • • • •
Corporate und Business Group Intellectual Property Strategizing; Patent Prosecution Prozess; Erfindervergütung; Product Clearance; Lizenzierung.
Über die Entwicklungsprojekt-Meilensteine gesteuert erfolgt bei Infineon prozessorientiert die Überprüfung von Fremdschutzrechten (Patent Clearance) und die Festlegung der Schwerpunkte für die eigene Intellectual Property Generierung (Patent Prosecution). Des Weiteren wird überprüft, inwiefern eventuell eine Einlizenzierung erforderlich oder sinnvoll sein könnte (Licensing Clearance). Die Product Clearance wird durch die große Anzahl an Patentlizenzaustauschabkommen mit anderen großen Wettbewerbern erleichtert, da von diesen Schutzrechten in der Regel keine Gefahr mehr ausgeht. Diese Prozesse sind wiederum eng miteinander verflochten (Abb. VIII.15).
ReverseEngineering
Ziele/Ressourcen
F&E-, Geschäftsstrategie Ziele
Lizenzierung
Ziele/Ressourcen
Portfolioanalyse
IP-Strategie Ziele Aufgabe
ErfinderVergütung
Product Clearing Portfolio
Klassifizierung
Evaluierung nein
Erfindungsmeldungen
ja
Patentanmeldung
Generierung
F&E
Weisse Felder
Bescheid
Patentämter
Incentive
Abb. VIII.15. Intellectual Property Management Prozesse bei Infineon
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Das Intellectual Property Portfolio Management greift sowohl in den Entwicklungsprozess als auch in den Standardisierungsprozess und den Lizenzprozess ein. Es ist eingebunden in Mergers & Acquisitions und Joint Venture Projekte. Derzeit findet aufgrund von fehlenden Ressourcen aber keine weitere Steuerung des Innovationsmanagementprozesses statt. Wesentlicher Bestandteil des Intellectual Property Portfolio Managements ist der Patentanmeldeprozess. Dieser ist nach dem Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“ aufgebaut. So erhält jeder Erfinder für seine Erfindung eine Prämie in der Höhe von 700 Euro als Belohnung. Andererseits sind aber pro Bereich Erfindungszahlen als Ziele vorgegeben, beispielsweise 0,35 Erfindungsmeldungen pro F&E-Mitarbeiter pro Jahr. Diese Ziele werden mittels einer Balanced Scorecard erfasst und überprüft. Die tatsächlich erzielten Ergebnisse wirken sich darüber hinaus auf den Bonusanteil der Gehälter aus. Infineon möchte die Erfassung der Erfindungsmeldungszahlen zukünftig noch mit einem Qualitätsfaktor koppeln und optimieren. Die Einzelentscheidungen werden weltweit in 20 Operational Patent Committees gefällt. Diese setzen sich in der Regel aus vier bis sieben unterschiedlichen Experten zusammen, die entsprechende technische, patentrechtliche und Marketing-Expertise einbringen. Etwa einmal pro Monat finden die Operational Patent Committees statt und entscheiden über neue Patentanmeldungen, Nachanmeldungen und Aufrechterhaltungen. Bei Erfindungsmeldungen wird zunächst entschieden, ob die Erfindung in Anspruch genommen oder freigegeben werden soll. Bei Inanspruchnahme ist zudem zu entscheiden, ob die Erfindung angemeldet, nur veröffentlicht oder archiviert werden soll. Des Weiteren wird auch eine Klassifizierung und Bewertung der Erfindungen beziehungsweise der Patentanmeldungen vorgenommen. Infineon hat den eigentlichen Patentanmeldeprozess vollständig ausgelagert und arbeitet deshalb mit einer Anzahl an sorgfältig ausgewählten, externen Patentanwaltskanzleien zusammen, die das Ausarbeiten und anwaltliche Durchführen der Patentanmeldeverfahren vornehmen.38 Regelmäßig, etwa im Abstand von zwei Jahren, finden Durchsprachen des Intellectual Property Portfolios statt, um zu entscheiden, welche Schutzrechte aufgegeben werden können. Bei Verkauf von Geschäftsfeldern wird das entsprechende Intellectual Property Portfolio in der Regel ebenfalls verkauft, um den Preis zu steigern. Spenden und Ausgründungen sind bisher aber eher die Ausnahme. Infineon hat des Weiteren einen speziellen Prozess für externe Erfindungen. Infineon erhält regelmäßig externe Angebote an Patent38 Zur
Auslagerung von Intellectual Property Aktivitäten am Beispiel Infineon Technologies siehe Kapitel V.
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anmeldungen, Patenten und Lizenzen. Bei derzeit 2 bis 3 Angeboten pro Woche stellt es allerdings fast schon ein organisatorisches Problem dar, bei der Angebotsflut eine saubere und effiziente Abwicklung zu gewährleisten. Um das Klage-Risiko von Dritten zu vermeiden, (PunitiveDamage Klagen), muss darüber hinaus sichergestellt werden, dass keine vertraulich zugestellten Informationen intern fehlgeleitet werden. Organisation. Das Intellectual Property Portfolio Management ist bei Infineon zentral organisiert. Intellectual Property Portfolio Entscheidungen über Erstanmeldungen, Nachanmeldungen, und Aufrechterhaltungen werden in der Regel durch ein interdisziplinär zusammengesetztes Team von vier bis sechs Personen getroffen, das sich aus Vertretern der Intellectual Property Abteilung, erfahrenen Entwicklern und Leitern der F&E sowie der Leitung Produktmanagement zusammensetzt. Die Entscheidungsfindung wird durch die Vertreter der Intellectual Property Abteilung vorbereitet. Es wird eine Konsensentscheidung des Teams angestrebt. Für jeden technischen Bereich ist ein derartiges Team aufgestellt. Federführend und letztlich Entscheidender ist der Vertreter der zentralen Intellectual Property Abteilung. Er bereitet das Treffen vor, indem den Mitgliedern Informationen über die zur Entscheidung anstehenden Fälle im Vorfeld zugestellt und Portfoliodaten bereitgehalten werden. Je nach Lage werden zusätzliche Informationen durch Kurzvorstellungen der Erfinder oder Meinungen weiterer Experten hinzugezogen, beispielsweise Telefonkonferenzen oder Minigutachten. Kultur. Wichtige Erkenntnis für Infineon ist die Schaffung einer internen Erfindungskultur. So wird in F&E-Projekten Zeit zum Erfinden und Formulieren von Erfindungen als auch für Gespräche mit Patentanwälten eingeplant. Die Zielvorgaben müssen dabei realistisch auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Entwickler abgestimmt sein, da sonst die Gefahr besteht, dass die Qualität der Erfindungen stark beeinträchtigt wird. Bewertung von Patenten Als besonders vorteilhaft hat sich die Klassifizierung und Bewertung von Schutzrechten Dritter nach einer einheitlichen Methode erwiesen, beispielsweise im Rahmen von Akquisitionen. Ein typisches Portfolioprojekt richtet Klassifizierung und Bewertungsschema an der spezifischen Fragestellung aus, beschafft die Patentdaten, wertet diese entsprechend aus und erzeugt eine auf die internen Kunden ausgerichtete Ergebnisdarstellung.
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Klassifizierung. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Klassifizierung, die jeweils Vor- und Nachteile haben: • Eine Klassifizierung nach Schemata, beispielsweise nach IPC-Klassifizierung oder einem eigenen System, erfordert zwar teilweise einen hohen Aufwand, liefert andererseits aber klare Ergebnisse. • Eine Klassifizierung durch Suchbegriffe ermöglicht eine ähnliche Vorgehensweise wie bei der Patentrecherche und ist schnell durchführbar. Nachteilig ist jedoch, dass eine flächendeckende Umsetzung schwierig ist und die Methode keine eindeutigen Ergebnisse liefert. Die Klassifizierung nach Schemata kann einerseits über die von den Patentämtern zur Verfügung gestellte Klassifizierung erfolgen, wie beispielsweise die International Patent Classification (IPC).39 Vorteilhaft ist bei dieser Klassifizierung die unabhängige Einteilung mit globalem Ansatz, eine hohe Vergleichbarkeit zwischen Patenten unterschiedlicher Unternehmen und die mehr oder weniger kostenfreie Verfügbarkeit. Nachteilig ist, dass die Klassifizierungsdaten erst nach 18 Monaten verfügbar sind, einem globalen Anspruch genügen müssen und rein technisch orientiert sind, was eine interne Kommunikation erschwert. Die Klassifizierung nach Schemata kann andererseits aber auch nach einer speziell an die Unternehmensbedürfnisse angepassten, eigenen Klassifikation erfolgen. Der Vorteil einer hauseigenen Klassifizierung ist die interne Kommunizierbarkeit, die schnelle Beantwortbarkeit von Fragen sowohl seitens des Managements als auch von der F&E sowie eine Vereinfachung der Datenaufbereitung bei Rechtsstreitigkeiten. Falls nötig, ist auch ein Vergleich mit externen Patenten möglich. Infineon führt deshalb eine hauseigene Klassifizierung von Patentanmeldungen und Patenten durch. Dabei werden zur Klassifizierung zwei Hauptkriterien herangezogen, die parallel angewendet werden: • Produkt-Klassifikation – „Wie sage ich es meinem Management?“ • Technologie-Klassifikation – „Wie sage ich es meiner F&E?“ Bei der Produkt-Klassifikation werden Patente relevanten Produktgruppen zugeordnet. Infineon hat hierzu zentrale Produktgruppen definiert, beispielsweise Wireline Communication, ISDN/xDSL, ADSL/ VDSL. Über die Produkt-Klassifikation ist somit das Produktmanagement abbildbar und sind CTO-Fragen beantwortbar, wie beispielsweise: „Wie viele Schutzrechte haben wir in GSM-Produkten?“. Die Geschäftsstrategie ist einfacher auf die Patentstrategien übertragbar und umsetzbar, da Anmel-
39 Zur
IPC-Klassifizierung siehe Anhang.
Infineon Technologies
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deverhalten leichter steuerbar wird und Entscheidungen über Aufrechterhaltungen optimaler getroffen werden können. Bei der Technologie-Klassifikation ordnet Infineon die Patente parallel zur Produkt-Klassifikation auch den relevanten Technologie-Feldern zu. Infineon hat hierzu diejenigen Technologieklassen ermittelt, die besonders vorteilhaft von der F&E anwendbar sind. Kriterium ist dabei vorrangig die Sprache der F&E, beispielsweise Functions/Bus/Clock/Generation. Bewertung. Die Bewertung von Schutzrechten, insbesondere von Patenten, ist umstritten, da unterschiedliche Bewertungskriterien herangezogen werden können und da es keine einheitliche Vorgehensweise gibt. Darüber hinaus ist die Bewertung von Patenten immer zweck- und zeitgebunden. Beispielsweise schreiben neue Bilanzierungsvorschriften eine Einzelbewertung von Schutzrechten vor nach dem Aufwand in der Entwicklung, dem Umsatz und prognostizierten Umsatzerwartungen. Eine Bewertung von Schutzrechten kann durchgeführt werden nach: • Objektiven Kriterien – insbesondere auf Basis von Patentbibliographischen Daten, wie beispielsweise Erteilung, Zitate, Triade, Lizenzeinnahmen. Nachteilig ist dabei die zeitlich abgerückte Verfügbarkeit dieser Daten. • Subjektiven Kriterien – insbesondere auf Basis von Roadmaps, Umgehbarkeit des Schutzrechts, Relevanz des Schutzrechts für Produkte. Vorteilhaft ist dabei die zeitnahe Verfügbarkeit. Dennoch gewinnt die Bewertung von Schutzrechten, beziehungsweise das so genannte Intellectual Asset Management eine zunehmende Bedeutung in der Praxis, da eine durchgehende Bewertung eine Reduzierung des intangiblen Bewertungsanteils von börsennotierten Unternehmen bewirken könnte. So kann derzeit ein Unternehmen mit etwa 10.000 Schutzrechten durchaus eine Bewertungsspanne zwischen 50 Millionen bis 1 Milliarde Euro rechtfertigen. Es besteht daher die Notwendigkeit von klaren, eindeutigen und weltweit anwendbaren Richtlinien. Beim Vergleich zwischen unterschiedlichen Firmen kann zusätzlich noch der relevante Umsatz in die Bewertung einbezogen werden, die so genannte Exposure. Die Exposure wird üblicherweise als Produkt der Anzahl von Patenten einer bestimmten Kategorie des Patentinhabers und dem für diese Kategorie relevanten Produkt- oder Technologie-Umsatz des Patentnutzers gebildet.40 Infineon bewertet sein Intellectual Property Portfolio nach einem relativ einfachen Fragenkatalog. Die Fragen sind eher subjektiv, können aber be40 Zur
Berechnung der Exposure siehe Beispiel in Kapitel III, Evaluierung von Patenten.
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reits sehr früh beantwortet werden. Die Strukturierung des Portfolios nimmt dagegen erheblichen Raum ein. Eine hausinterne Klassifizierungsstruktur positioniert die Erfindungs- beziehungsweise Patentanmeldungen in den Themengebieten: Produkt, Technik und Nutzen. Die Mächtigkeit der Produkt- und Technikklassifizierung richtet sich nach der Stärke der entsprechenden Portfolios, enthält aber in jedem Fall mehrere hundert verschiedene Klassen. Als Hilfsmittel zum Intellectual Property Portfolio Management setzt Infineon ein: eine hauseigene Patentadministrations-Software und eine Recherche-Software. Ein Portfolio-Management Tool befindet sich derzeit in der Einführungsphase. Alle drei IT-Tools sind miteinander verbunden. Die Intellectual Property Portfolio Daten stehen dem Intellectual Property Management und den an der Entscheidung beteiligten Personen zur Verfügung. Zusätzlich hat auch das obere F&E-Management Zugriff auf die Daten. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Auslizenzierung von Intellectual Property hat bei Infineon als allein stehender Prozess derzeit noch eine kleinere Bedeutung, da Auslizenzierungen derzeit noch vorrangig über Technologie- und Know-howVerträge erfolgen. Infineon nimmt aber zunehmend Projekte auf, um Patentverletzer aufzuspüren und Lizenzen einzufordern. Besonders effektiv für eine spätere Lizenzierung ist eine gezielte Generierung von Intellectual Property. Fokussiert wird dabei auf Themengebiete, an denen Dritte, wie beispielsweise Wettbewerber, später interessiert sein könnten. Die Generierung erfolgt dabei unabhängig von den eigenen Produkten und Technologien. In der Regel können bei dieser Methodik systematisch Patente auf praxisrelevanten Gebieten erzeugt werden, die nur sehr schwer umgehbar sind. Besonders problematisch ist bei dieser Vorgehensweise allerdings die Verfügbarkeit von geeigneten Ressourcen: vor allem Personal und Budget Ressourcen. Ein entsprechendes Team benötigt entsprechende Spezialisten und Patentexperten und erhält entweder eine vorgegebene Aufgabenstellung oder sucht sich diese selbst. Auf Basis dieses festgelegten Rahmens wird dann recherchiert, werden Lücken entdeckt und virtuelle Weiterentwicklungen lanciert, die anschließend patentiert werden können.
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Take Aways Infineon Technologies • Zweistufige Intellectual Property Strategie. • Vollständig beschriebener Intellectual Property Prozess. • Strategische und Operative Patentkomitees (jährlich, monatlich). • Zahlreiche kleine, interdisziplinär zusammengesetzte Teams führen Klassifizierungen und Bewertungen durch. • Umfangreiches Outsourcing des Patentanmeldeprozesses. • Bonus wirksame Invention Scorecard mit qualitativ-quantitativ optimierten Erfindungsvorgaben für F&E. • Aktive Ein- und Auslizenzierung von Intellectual Property. • Große Bedeutung von Patentlizenzaustauschverträgen.
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Leica Geosystems41 Leica Geosystems ist im Bereich der Geomatik tätig. Hauptaktivitätsfeld ist die Herstellung von Vermessungsgeräten, insbesondere im Bereich der terrestrischen Vermessung. Der Sitz von Leica Geosystems liegt in der Schweiz, in Heerbrugg im Rheintal. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 2.400 Mitarbeiter, wovon etwa 800 am Standort in Heerbrugg tätig sind. Leica Geosystems ist global tätig. Weitere Unternehmensstandorte für Entwicklung und Produktion liegen in Europa, den USA und Asien. Ursprünglich wurde das Unternehmen durch den Zusammenschluss der Firmen Wild-Leitz und Cambridge Instruments im Jahre 1990 formiert. Dieses neue Unternehmen konnte dabei auf eine Historie von etwa 180 Jahren zurückblicken. Das Unternehmen wurde später in drei unabhängige Unternehmen aufgeteilt, die den Namen „Leica“ teilen: Leica Camera AG, Leica Geosystems AG und Leica Microsystems AG. Leica Geosystems generierte im Geschäftsjahr 2005 einen Umsatz in der Höhe von 773,2 Millionen Schweizer Franken. Zentrales Produkt sind Vermessungsgeräte, wie beispielsweise so genannte Theodoliten. Leica Geosystems Kernkompetenzen liegen dabei im Bereich der Laser gestützten Distanzmessung, der optoelektronischen Winkelmessung sowie der GPS basierten Positionsbestimmung. Im Geschäftsjahr 2005 bestehen die Geschäftsaktivitäten von Leica Geosystems aus fünf operativen Geschäftsbereichen: • • • • •
Surveying & Engineering; GIS (Grafische Informationssysteme) & Mapping; Consumer Products; Metrology; HDS – High Definition Surveying.
Der größte Geschäftsbereich ist Surveying & Engineering, der etwa 70% des Unternehmensumsatzes generiert. Leica Geosystem investierte Geschäftsjahr 2005 etwa 10% des Umsatzes in F&E-Aktivitäten. Bemerkenswert ist dabei, dass mittlerweile etwa 50% der F&E-Ausgaben in die Entwicklung von Software investiert werden, insbesondere zur Bildund Echtzeit-Datenverarbeitung. Leica Geosystems blickt auf eine Restrukturierungs- und Fokussierungsphase zurück: Im Jahr 2003 gliederte Leica Geosystems seine Optikfertigung in Form des Unternehmens Swissoptic aus. Des Weiteren wurde die Elektronikfertigung unter dem Firmennamen Vectronix ausgegliedert 41 Seit
Anfang 2006 ist Leica Geosystems Teil des schwedischen Hexagon Konzerns.
Leica Geosystems
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und die Anteile veräußert sowie die Mechanikfertigung unter dem Namen Polymeca ausgegliedert. Hauptwettbewerber der Leica Geosystems sind insbesondere Trimble in den USA sowie Sokkia und Topcon in Japan. Generierung von Patenten Strategie. Leica Geosystems verfolgt ein aktives Intellectual Property Management mit dem Ziel, den eigenen Handlungsspielraum zu sichern beziehungsweise zu vergrößern. Intellectual Property gilt dabei als wichtiges Instrument zum Schutz von Erfindungen. Weitere Anstrengungen gehen in die Abwehr von Patentverletzungen. Die Hauptziele der Patentstrategie sind ein ausgewogenes Patentportfolio, der aktive Schutz durch eigene Intellectual Property Rechte sowie ein positives Image durch Technologieführerschaft. Leica Geosystems ist dabei auf die folgenden vier Technologiefelder fokussiert: • • • •
Optoelektronische Distanzmessung und Winkelmessung; Genaue GPS Vermessung; Prozessierung und Visualisierung von räumlichen Informationen; Optik, Laser und Bildverarbeitung.
Kerntechnologiebereich ist die optoelektronische Distanzmessung. In allen vier Technologiefeldern sieht Leica Geosystems seine Stärken, die durch intensiven Schutz des Intellectual Propertys abgesichert werden. Die Patentstrategie differenziert zwei Ebenen: Die Corporate Ebene und die Divisionsebene. Die Corporate Intellectual Property Policy ist vollständig formuliert. Die divisionalen Patentstrategien sind bis jetzt allerdings nur teilweise und noch nicht in allen Divisionen implementiert. Beide Strategieebenen werden jährlich überarbeitet und angepasst. Inhaltlich werden die Unternehmens- und Divisionsstrategien, das Patentportfolio sowie die Patentsituation der Wettbewerber berücksichtigt. Die eigentliche Portfoliopflege erfolgt durch einen zentralen Patent Manager. Als Grundlage dienen die Corporate Intellectual Property Policy und die divisionalen Patentstrategien. Die Entscheidungsfindung erfolgt durch den Chief Technology Officer in Zusammenarbeit mit den Divisionen und den externen Patentanwälten. In der folgenden Abbildung sind die in den letzten zwei Dekaden kontinuierlich gestiegenen Patentanmeldeaktivitäten von Leica Geosystems dargestellt (Abb. VIII.16).
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120 120
100 100
80 80
60 60 40 40 20 20
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
1989
1988
1987
1986
1985
1984
00 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003
Anmeldejahr Patente Anmeldejahr Patentanmeldungen
Abb. VIII.16. Patentportfolioentwicklung bei Leica Geosystems
Leica Geosystems verfügt heute über etwa 150 Patentfamilien mit rund 1.000 Patenten beziehungsweise Patentanmeldungen, verteilt auf jeweils fünf bis acht Länder, beispielsweise DE, GB, FR, CH, US, CA, AU und JP, zunehmend aber auch SA, RU und CN. Jährlich zählt Leica Geosystems etwa 30 Erfindungen und etwa 10 bis 12 Patentanmeldungen. Der Produktlebenszyklus beträgt im Wettbewerbsumfeld der Geomatik circa drei bis vier Jahre. Prozesse. Der Erfindungsprozess als solcher ist bei Leica schlank strukturiert. Die Ausarbeitung der Patentschriften erfolgt durch externe Patentanwaltsbüros nach Rücksprache mit dem Erfinder. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit beträgt dabei etwa vier Wochen. Die Anmeldeschrift wird vor Einreichung bei Patentämtern von den Erfindern, dem F&E-Manager und dem Patentmanager nochmals durchgesehen und gegebenenfalls überarbeitet (Abb. VIII.17). Generell sind im Rahmen des Abschlusses von Projekten so genannte Projektdebriefings vorgesehen. In der Praxis werden diese aber häufig durch die hohe Aktualität nachfolgender, neuer Projekte überpriorisiert. Als Kommunikationsinfrastruktur setzt Leica Geosystems im Patentmanagement Umfeld vor allem auf Emails und Sitzungen.
Leica Geosystems
Erfinder
F&E-Manager
Patentmanager
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Patentanwalt
Idee Rücksprache mit dem Patentmanager und dem F&E-Manager: Zur Sicherstellung der Sinnhaftigkeit und Neuheit innerhalb Leica Geosystems. Eventuell muss noch etwas „dazu erfunden“ werden. Beschreibung der Erfindung: technische Problemlösung, Kritik des bestehenden Zustandes und weshalb die Erfindung ein Vorteil ist; Unterlagen der Bereiche, falls vorhanden, die den Stand der Technik beschreiben; eventuell vorhandene, weitere Dokumente zur Erfindung.
Recherche
Je nach Ausgang der Recherche wird abgebrochen, modifiziert oder fortgefahren.
Konstruktionsunterlagen, Messungen, Literatursammlung.
Erstellen der Patentschrift
Der Entwurf der Patentschrift wird vom Patentmanager kontrolliert und zur Einreichung freigegeben oder korrigiert und dann freigegeben. Patentanwalt
Patentamt
Wettbewerber
Einreichung des Patentes Prüfbescheid
Je nach Prüfbescheid ist eine Überarbeitung des Patentes notwendig oder nicht. Die Überarbeitung erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen dem Patentanwalt, dem Erfinder und dem Patentmanager. Offenlegung
Erteilung
Einspruch (optional)
Patentschrift
Abb. VIII.17. Erfindungs- und Patentanmeldeprozess bei Leica Geosystems
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Successful Practice Unternehmen
Organisation. Leica Geosystems hat sich in den letzten Jahren stark verändert. So hat einerseits die Aufteilung des früheren Leica-Konzerns in drei unabhängige Gesellschaften, darunter die Leica Geosystems sowie deren Börsengang große organisatorische Veränderungen bewirkt. Andererseits hat sich das Patentierverhalten des Wettbewerbsumfeldes von Leica Geosystems ebenfalls stark verändert: Es wird mehr und proaktiver angemeldet, die Durchsetzungsbereitschaft von Schutzrechten ist größer und aggressiver geworden. Intern wurde bei Leica Geosystems auf die Veränderungen durch Reorganisation und Umstrukturierung des Patentmanagements reagiert. Ziel dabei war es, insbesondere administrative Themenbereiche vollständig auszulagern, sich ein verlässliches und qualitativ hohes, externes Expertennetzwerk für die jeweiligen Standorte mit einer hohen kapazitiven Verfügbarkeit aufzubauen. Die ursprüngliche Intellectual Property Organisation wurde 1997 durch die damalige Teilung des Unternehmens aufgelöst. Aus diesem Grund wurde bei Leica Geosystems eine neue Intellectual Property Organisation aufgebaut. Organisatorisch ist nun das Intellectual Property Management dem Corporate Technology Center unterstellt, welches wiederum dem Strategic Business Management untersteht. Ein auf Corporate Ebene angesiedelter interner Rechtsanwalt bearbeitet vorwiegend Vertragsangelegenheiten. Leica Geosystems verfolgt auf Corporate Ebene ein zentrales Patentmanagement, das alle entsprechenden Aktivitäten koordiniert. Der Chief Technology Officer und der Patent Manager erstellen zentral ein Leitbild (Policy), das mit der Geschäftsleitung abgestimmt wird. Auf Divisionsebene hat jede Division die Funktion eines Patentkoordinators als Hauptschnittstelle zum Patentmanager eingerichtet. Des Weiteren erfolgt eine Abstimmung zwischen den Divisionsleitern und der F&E-Leitung sowie mit Marketing und Rechtsabteilung. Leica Geosystems hat ein Technology Advisory Board eingerichtet, das eine zentrale Rolle für das Intellectual Property Management hat (Abb. VIII.18). Der Patent Manager ist dabei für die Gestaltung des Patentportfolios verantwortlich, pflegt die unternehmensinterne Patentdatenbank und berät und unterstützt die Divisionen im Umgang mit Intellectual Property. Die dezentralen Patentkoordinatoren versorgen die Divisionen insbesondere mit Patentabstracts und unterstützen den Patent Manager. Die Zusammenarbeit mit den externen Patentanwaltsbüros ist sehr intensiv, da diese Leica Geosystems in allen Patentangelegenheiten vor den Patentämtern vertreten. Alle extern vorgenommenen Aktivitäten sind dabei mit dem Patent Manager abgestimmt. Die Kanzlei für den Standort Heerbrugg, die im Auftrag auch die Patentanalysen und Recherchen durchführt, hat eine Größe von etwa 14 Mitarbeitern, von denen etwa vier Patentan-
Leica Geosystems
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Technology Advisory Board
Steering Board
Division Patent Management
Division Manager
R&D Manager Patent Coordinator
CTO
Engineers Patent Manager
Patent Process
Inventor
Div / CTC Inventors
Legal Services Patent / Legal Support Patent Attorny
Abb. VIII.18. Technology Advisory Board bei Leica Geosystems
wälte für das Unternehmen tätig sind. Die Zuordnung erfolgt nach entsprechendem Technologiefeld. Im Durchschnitt wird am Standort in Heerbrugg die Kapazität eines externen Patentanwalts ausgelastet. Die Kanzlei übernimmt auch die zentrale Aktenverwaltung: Verfahrensakten sowie sämtliche Unterlagen und Dokumentationen des Gesamtkonzerns sind beim externen Anwaltsbüro gelagert. Dennoch kann auf diese Daten und Informationen kurzfristig zugegriffen werden. Für die Verwaltung der Daten und Akten von Leica Geosystems ist bei der externen Kanzlei eine Verwaltungskraft zuständig. Als Hauptvorteile der externen Kanzlei-Lösung sieht Leica Geosystems den höheren Service-Level, den umgehenden Support und die geographische Nähe. Außerdem wurden die internen Mitarbeiter von zusätzlichem Arbeitsaufwand befreit und können sich stärker dem Tagesgeschäft widmen. Kultur. Leica Geosystems hat im Rahmen der internen Restrukturierung vor vier bis fünf Jahren das Vorschlagswesen abgeschafft. Derzeit wird nunmehr im Rahmen eines konzernweiten Projektes nach „etwas Neuem“ gesucht. Erfindungen und Beiträge zu erfolgreichen Innovationen werden mit allen Erfindern im Rahmen eines jährlich stattfindenden Anlasses gefeiert.
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Successful Practice Unternehmen
Ein Bericht über diesen Anlass, an dem auch der CEO teilnimmt, wird sogar in den Medien platziert. Bewertung und Verwertung von Patenten Die interne Intellectual Property Datenbank wird derzeit zweimal jährlich aktualisiert. Die Daten hierzu werden in Form von Excel-Listen elektronisch und per Papier vom externen Patentanwalt dem Patent Manager zugestellt. Die Patentportfolioinformationen sind in einer internen Datenbank festgehalten und stehen der F&E ebenfalls zur Verfügung. Neben der vollständigen Information über das eigene Patentportfolio enthält die Datenbank auch Informationen über das Geschäftsumfeld betreffende Fremdschutzrechte. Eine Strukturierung erfolgt nach Technologien und Organisationseinheiten. Eine weitergehende monetäre Bewertung findet aber nicht statt. Zur Datenverwaltung verwendet Leica Geosystems Knowledge Warehouse von SAP. Für die Technology Intelligence erstellt das externe Anwaltsbüro im Auftrag des Patentmanagers Intellectual Property Analysen und unterstützt deren Evaluierung. Die Bewertung von Patenten ist bisher allerdings noch auf Einzelaktionen beschränkt. Lizenzen werden durchaus an Dritte vergeben. Voraussetzung ist allerdings, dass diese in anderen Märkten agieren. Im Gegenzug nimmt Leica Geosystems von Dritten nur dann Lizenzen, wenn keine alternative Lösung vorhanden ist. Patentmanagement in Kooperationen Leica Geosystems unterhält ein starkes Partner-Netzwerk mit integrierten Firmen- und Systempartnern und pflegt eine Reihe von strategischen Allianzen, beispielsweise mit dem Unternehmen Novatel zur GPS-Hardwareentwicklung. F&E-Kooperationen bestehen vor allem mit Universitäten. Die Patentstrategie gibt Richtlinien vor, durch die der Umgang mit Kooperationspartnern geregelt ist. Bisher ist der Einfluss des Intellectual Property Managements auf Kooperationen relativ niedrig.
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Take Aways Leica Geosystems • Breit vernetzte, aber sehr schlanke interne Struktur: Zentraler Patentmanager zur Koordination aller Intellectual Property bezogenen Aktivitäten. • Vollständig ausgegliederter Patentanmeldeprozess, inklusive Aktenverwaltung, Rechercheaktivitäten und -analysen. • Professionelle, interne Datenbank für Informationshandhabung und Portfoliomanagement, in welche regelmäßig Patentinformationen der externen Kanzleien eingespeist werden.
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Porsche Das Automobilunternehmen Porsche geht auf das im Jahr 1931 durch Professor Ferdinand Porsche gegründete Konstruktionsbüro für Luft-, Landund Wasserfahrzeuge zurück, das aus einer kleinen Gruppe von Entwicklungsingenieuren und einem Patentexperten bestand. Innerhalb weniger Jahre wurden von Porsche wegweisende Konstruktionen patentiert. Hierzu zählen unter anderem die Drehstabfeder für die Radaufhängung, die selbsttragende Karosserie, das halbautomatische Getriebe, das Mittelmotorkonzept für Auto Union Formel 1 Rennwagen sowie der Weltrekordwagen TG 80, der für Mercedes Benz entwickelt wurde. Generierung von Patenten Strategie. Pro Geschäftsjahr weist Porsche rund 250 neue Schutzrechtsanmeldungen aus, darunter Patent-, Gebrauchsmuster- und Geschmacksmusteranmeldungen. Mittlerweile umfasst das Porsche Schutzrechtsportfolio etwa 3.600 nationale und internationale Schutzrechte. Diese Schutzrechte beziehen sich zum einen auf produktoptimierende Lösungen und formschöpferische Innovationen, zum anderen auf richtungweisende technische Systeme (Herrmann 2004). Porsche sieht folgende generellen Gründe für den Aufbau, Erwerb und Einsatz von Schutzrechten: • • • •
Produktschutz zur Sicherung eines Wettbewerbsvorsprungs; Öffnung und Sicherung neuer Entwicklungsrichtungen; Nachweis technischer Kompetenz und Innovationsstärke; Sicherung der Exklusivität von Porsche spezifischen Entwicklungen, beispielsweise Luftleitvorrichtungen und Räder; • Erzielung eines Return on Investments durch Lizenzvergabe und Kreuzlizenzierung.
Entwicklungsprojekte sind bei Porsche entscheidend bestimmt durch die Vorgaben der Lastenhefte, Budgetvorgaben und Einsatztermine. Diese Festlegungen steuern und fokussieren sehr stark die – vor allem zeitlichen – Aufwendungen, die Entwickler für Schutzrechtsangelegenheiten bei der Projektdurchführung zur Verfügung stellen können. Bei Porsche begleiten daher ein oder mehrere Patentexperten das jeweilige Entwicklungsprojekt mit folgenden Zielen: • Klarheit über Schutzrechte Dritter; • Sicherung eines weit reichenden Patentschutzes; • Stärkung des Schutzrechtsportfolios;
Porsche
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• Grundlagenschaffung für die Verwertung von geschützten PorscheTechnologien. Dem Unternehmen ist bewusst, dass es schwerlich möglich ist, ein Kraftfahrzeug oder Komponenten davon, beispielsweise Motor oder Getriebe, in Gesamtheit mit entsprechenden Schutzrechten vollständig vor Nachahmern zu schützen. Durch gezieltes Einreichen von Schutzrechtsanmeldungen kann jedoch ein weitreichender Schutz für Entwicklungen und Produkte erzielt werden. Porsche ist es hierdurch gelungen, eine Reihe hochrangiger Erfindungen mit einem umfassenden Schutzrechtspaket abzusichern, wie beispielsweise: • Getriebesynchronisierung; • Al-Kurbelwellenlagerbrücke mit Graugusseinsätzen; • Automatikgetriebe Tiptronic und CVTip mit manuellem und automatischem Modus; • Cabrio Verdecke; • Crashstrukturen für Aufbauten; • Leichtbau-Räder. Fallbeispiel Porsche Carrera GT: Bis zum Vorstellungstag auf dem Genfer Automobilsalon im März 2003 wurden nicht weniger als 126 Recherchen durchgeführt und 82 Schutzrechtsanmeldungen eingereicht, davon 69 Patentanmeldungen und 13 Geschmacksmusteranmeldungen. Die Schutzrechtsanmeldungen betreffen stilistische Formschöpfungen und technische Erfindungen auf den Gebieten Triebwerk, Karosserie, Fahrwerk und Elektrik. Prozesse. Erstanmeldungen werden zunächst in Deutschland angemeldet. Etwa 20% der Anmeldungen werden an externe Kanzleien ausgelagert, komplexe Erfindungen werden aber ausschließlich intern bearbeitet. Unter Wahrung der Priorität werden anschließend Nachanmeldungen in anderen Staaten eingereicht. Die Entscheidung über Art und Umfang von Auslandsanmeldungen hängt dabei von folgenden Prüffaktoren ab: • Bedeutung der geschützten Erfindung für eine Entwicklung beziehungsweise für ein Produkt; • Wertung der geschützten Erfindung; • Prüfungsbescheid zur Erstanmeldung; • Technischer Grad der geschützten Erfindung. Soweit die entsprechende Erfindung eine ausreichend gute Bewertung erhält, werden die Länder für Nachanmeldungen ausgewählt. Im Fokus stehen diejenigen Länder, in denen Porsche entsprechende Marktanteile
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hält. Dazu zählen Europa zumindest mit den Bestimmungsländern Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien sowie die USA und Japan. Herausragende Erfindungen werden je nach Sachlage in China, Korea und von Fall zu Fall auch in weiteren Ländern nachangemeldet. In diesem Zusammenhang nutzt Porsche vor allem das europäische und manchmal auch das internationale PCT-Patentanmeldeverfahren. Organisation. Porsche unterhält eine zentrale Patentabteilung. Die Schutzrechte werden im Forschungs- und Entwicklungszentrum Weissach, Deutschland verwaltet. Kultur. Für Porsche ist eine Geschäftswelt ohne Schutzrechtsinstrumente undenkbar. Schutzrechte werden als Mittel gesehen, den betrieblichen Wert des Unternehmens zu steigern. Neben der Möglichkeit, Dritte von der gewerblichen Nutzung eigener Erfindungen oder Formschöpfungen auszuschließen, erfolgt über die gängigen Informationssysteme eine Verbreitung der von in den Schutzrechten enthaltenen Informationen. Bei Porsche hat die Behandlung von Schutzrechten sogar Satzungsrang. Aufgabe des Managements des Unternehmens ist es daher, das eigene Schutzrechtsportfolio zu entwickeln und zu pflegen. Dabei steht zunächst im Vordergrund, die aus Eigenentwicklungen resultierenden Erfindungen oder Formschöpfungen in Schutzrechte umzusetzen. Allerdings können auch Schutzrechte Dritter von Bedeutung sein, deren Nutzung über Lizenzvereinbarungen zu sichern ist. Lizenznahmen von Dritten ist bei Porsche kein Tabu, zumal es aus wirtschaftlichen Gründen regelmäßig günstiger ist, sich der Nachbaurechte von Schutzrechten Dritter zu versichern, als das Risiko eines Schutzrechtsstreits einzugehen. Bestandteil der Porsche-Entwicklungskultur ist deshalb auch der Erwerb von Lizenzen Dritter. Dies kann begründet sein durch: • Einsparung von Entwicklungskosten durch Übernahme einer Technologie eines Partners; • Beilegung eines Schutzrechtsstreits; • Ausgleich von Interessen durch Schutzrechtsaustausch. Bewertung von Patenten Porsche führt grundsätzlich zu jedem Entwicklungsprojekt Schutzrechtsrecherchen durch. Hierfür werden signifikante Konstruktionen der Entwicklungsprojekte in Zusammenarbeit zwischen Entwicklern und Patentexperten analysiert. Die Analyse umfasst ein oder mehrere Merkmale und bildet, gestützt durch zeichnerische Unterlagen, einen Untersuchungsgegenstand
Porsche
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für eine Recherche am Deutschen Patent- und Markenamt. Sie wird regelmäßig von einem freien Mitarbeiter durchgeführt. Das Rechercheergebnis zu dem Untersuchungsgegenstand wird von einem internen Patentexperten ausgewertet, der darauf basierend einen Recherchebericht mit folgendem Inhalt erstellt: • Untersuchungsgegenstand; • Durchführung der Recherche am Deutschen Patent- und Markenamt, in Datenbanken oder dergleichen; • Kommentierung wenigstens eines, das heißt des nächstliegenden Standes der Technik; • Fazit des Untersuchungsergebnisses; • Entgegenstehende Schutzrechte; • Freier Stand der Technik; • Erfindungsüberschuss des Untersuchungsgegenstandes gegenüber dem Stand der Technik. Auf Basis des jeweiligen Rechercheberichts werden folgende Wirkungen beabsichtigt und erzielt: Die Entwicklungsabteilung überprüft den beschriebenen Untersuchungsgegenstand mit der tatsächlichen Konstruktion und erhält eine Übersicht über den relevanten Stand der Technik. Etwaige Schutzrechte Dritter werden ermittelt und können bei den weiteren Arbeiten des Entwicklungsprojekts berücksichtigt werden. Darüber hinaus können Entwickler und Patentexperten den Erfindungsüberschuss gegenüber dem Stand der Technik herausarbeiten, auf dessen Basis die Patentanmeldung ausgearbeitet wird. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Porsches Satzung legt fest, dass die Verwertung technischer Schutzrechte Bestandteil der Geschäftstätigkeit ist. Lizenzgeschäfte sind heute Bestandteil des Geschäftsalltags des Unternehmens und werden als Ausdruck eines weit blickenden Unternehmertums gesehen. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass einerseits verwertbare Immaterialgüter nicht nur im eigenen Betrieb genutzt, sondern auch anderen Partnern entgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Andererseits besteht auch keine Scheu, Lizenzen von Dritten zu erwerben. Bei Porsche hat die Vergabe von Lizenzen auf eigene Schutzrechte eine lange Tradition. Dabei soll generell ein Return on Investment auf mit hohen Kosten erworbenen Entwicklungsergebnissen erzielt werden, die mit Schutzrechten abgesichert sind. Allgemeine Bewegungsgründe für Lizenzaktivitäten sind dabei:
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Successful Practice Unternehmen
• Erwirkung eines Returns on Investment; • Beilegung von Patentstreitigkeiten; • Einsparung von Forschungs- und Entwicklungskosten durch Erwerb einer Lizenz auf Schutzrechte Dritter; • Markteröffnung und Markterhaltung, unter anderem in Ländern, wo Export durch Zölle sowie Import- und Devisenrestriktionen erschwert ist; • Schutz bestehender Technologien, indem exklusive Lizenzen auf Entwicklungen genommen und vorrätig gehalten werden, die das bestehende Produkt obsolet zu machen drohen. Zur gezielten Vergabe von Lizenzen auf Schutzrechte hat Porsche eine Lizenzabteilung eingerichtet, deren Mitarbeiter über umfassendes Wissen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, der Technik und auch des Marketings verfügen. An zu verwertende Schutzrechte stellt Porsche die Anforderung der Rechtsbeständigkeit, die Bewährung der Erfindung oder Formschöpfung in der Praxis sowie die Schutzwirkung in relevanten Marktländern. Porsche hat in der Vergangenheit sogar mit externen Brokerunternehmen kooperiert, um zahlreiche potentielle Lizenznehmer zu akquirieren. Allerdings gelang es nicht, konkrete Lizenzverträge abzuschließen. Als kritische Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Vermarktung der Schutzrechte stellten sich dabei die Güte der Schutzrechte und die jeweiligen Marktgegebenheiten heraus. Als Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vermarktung sieht Porsche deshalb: • Akzeptanz des geschützten Gegenstands vom Markt; • Bewährung des geschützten Gegenstands in der Praxis – „The proof of the pudding is in the eating“ (Herrmann 2004); • Umsetzbarkeit des geschützten Gegenstands mit vertretbaren Mitteln; • Offenheit der Unternehmen, einen geschützten Gegenstand eines Dritten zu verwerten – Keine Not-Invented-Here-Kultur; • Wirtschaftliche Vertretbarkeit der Lizenzgebühren für den geschützten Gegenstand. Die jährlichen Lizenzeinnahmen bei Porsche liegen im zweistelligen Millionenbereich. Dies führt Porsche einerseits auf eine hohe Anzahl an Lizenznehmern und andererseits auf neue Lizenzverträge mit hochrangigen Partnern zurück. Porsche hat mit rund 70 Lizenzpartnern über 90 laufende Lizenzverträge, die ein hervorragendes Netzwerk von Lizenzbeziehungen darstellen. Diese Lizenzbeziehungen dauern in einigen Fällen seit über 20 Jahren an und sind stark geprägt von gegenseitigem Vertrauen und angemessenen Bedingungen in den entsprechenden Verträgen. Die Grund-
Porsche
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lage für den Erhalt und die Ausweitung der Lizenzaktivitäten bilden bei Porsche: • Pflege des Netzwerks; • Studium der Produkte Dritter durch Produktzerlegung auf eventuelle Nutzung von Porsche Schutzrechten, über Literatur und durch Messebesuche; • Lizenzangebote an potentielle Lizenznehmer; • Unterstützung durch externe Spezialisten, wie beispielsweise Broker. Patentmanagement in Kooperationen Porsche gestaltet und pflegt Vertragsbeziehungen auf Basis folgender Grundprinzipien: • Verträge, insbesondere Lizenzverträge, sind ein geeignetes Mittel, um die Grundregeln einer Vertragsbeziehung schriftlich und übersichtlich niederzulegen. Allerdings lassen sich nicht immer alle erdenklichen Möglichkeiten explizit festlegen. • Eine positive Vertragsbeziehung ist dann gegeben, wenn beide Vertragspartner daraus ihren Nutzen ziehen können. Unausgewogenheiten belasten dabei ein Vertragsverhältnis. • Gute Vertragsbeziehungen werden bereits bei den Vertragsverhandlungen entwickelt. Beide Vertragspartner legen ihre Interessensstruktur offen dar und gestalten darauf aufbauend eine gemeinsame Konzeption. • Unterschiedliche Standpunkte sind zu diskutieren, um daraus gemeinsame Lösungen zu finden. • Zur Pflege der Vertragsbeziehung dient die weitere Betreuung von Lizenzverträgen nach Vertragsabschluß. Porsche sieht darin eine gegenseitige Dienstleistung der Vertragspartner. Regelmäßiger Kontakt untereinander – nicht nur im Rahmen der Lizenzabrechnung – pflegt die Vertragsbeziehung ebenso wie die Information des Lizenzgebers über den Stand der Vertragsschutzrechte oder des Lizenznehmers über sich ändernde Nutzungsumfänge. • Partnerschaftliche Beziehungen zu Lizenzpartnern, seien es Lizenznehmer oder Lizenzgeber, aufzubauen und zu pflegen ist ein wichtiges Unternehmensziel von Porsche, da darin die Grundlage für das Entstehen einer Kultur gesehen wird, die weit reichende Lizenzaktivitäten unterstützt.
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Take Aways Porsche • Lange und tief verwurzelte Tradition Schutzrechte zum Schutz eigener Innovationen einzusetzen. • Patentrecherchen sind grundsätzlich Bestandteil eines jeden Entwicklungsprojekts und werden zur Abgrenzung der eigenen Erfindungen herangezogen. • Offene Innovationskultur: Es werden sowohl Lizenzen von Dritten genommen als auch Lizenzen vergeben. • Der Verwertungsgedanke geschützter Technologien und Produkte ist Bestandteil der Unternehmenssatzung. • Klare Grundregeln zur Gestaltung und Pflege von Vertragsbeziehungen.
Schindler
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Schindler Schindler ist ein weltweit führendes Unternehmen im Markt für Aufzüge und Rolltreppen und beschäftigt heute über 40.000 Mitarbeiter, davon rund 400 in der zentralen Forschung und Entwicklung. Hauptabsatzmärkte sind Europa, die USA und Asien, wobei Asien hohe Wachstumsraten aufweist. Als Hauptwettbewerber gelten OTIS, Thyssen, Kone und Mitsubishi. In der Branche herrscht ein großer Preiskampf. Neben der Entwicklung und Produktion von Aufzugsystemen gelten Wartung und Service sowie Modernisierung als wichtige Tätigkeitsgebiete und Einnahmequellen. Die Fertigungstiefe ist dabei nach wie vor relativ hoch. Das Gesamtpatentportfolio von Schindler weist etwa 9.000 aktive Patente auf. Rund 80% der Patente kommen aus der F&E-Abteilung. Im Jahr 2003 wurden von ungefähr 250 Erfindungsmeldungen 85 als internationale Patentanmeldungen weiterverfolgt. Im Falle einer Patentverletzung mit strategischer Bedeutung entscheidet der Konzern-Verwaltungsratsausschuss darüber, ob rechtliche Schritte eingeleitet werden oder nicht. Generierung von Patenten Strategie. Die Grundzüge der globalen Intellectual Property Strategie werden vom Verwaltungsrat der Inventio AG verabschiedet, eines in einer eigenen Gesellschaft gefassten, globalen Intellectual Property Bereichs von Schindler. Der Leiter der zentralen F&E ist Mitglied im Verwaltungsrat von Inventio. Hierdurch ist sichergestellt, dass die F&E-Strategie regelmäßig mit der Business Strategie abgeglichen wird. Die weltweite Umsetzung der Intellectual Property Strategie obliegt dem Management von Inventio in Abstimmung mit dem Product-Line-Management und der F&E. Entwicklungskooperationen existieren mit diversen Technologiepartnern und werden durch die F&E beziehungsweise das Board initiiert und durchgeführt. Make-or-Buy-Entscheide werden von der Inventio zusammen mit F&E und der Market Organisation gefällt. Bei der Ausführung der Patentstrategie fließen die Ziele von Schindler und daraus abgeleitete Ziele der F&E, der Stand eigener Entwicklungen, Technologien, die Marktanforderungen sowie Codes und Standards ein. Einflussfaktoren sind: • Intern: Entwicklungsprojekte, Studien, Durchsetzung der eigenen Schutzrechte am Markt sowie steuerliche Optimierungen.
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• Extern: Entwicklungen in Technologien, auch für andere Branchen und Konkurrenzaktivitäten sowie Industrie- und allgemeine Trends im Bereich des geistigen Eigentums. Veränderungen im Markt und Veränderungen von internen Zielen nutzt Schindler zu einer Adaption der Strategie. Strategische Bausteine, die nicht zum gewünschten Erfolg beitragen, werden neu definiert. Die Patentstrategie ist Top-down entwickelt, schriftlich formuliert und intern kommuniziert worden. Zur Definition und Formulierung strategischer Elemente greift Schindler auf externe Berater zurück. Zur Umsetzung der Patentstrategie ist ein Abgleich des Patentportfolios mit den Hauptaktivitäten von Schindler erforderlich mit Fokus auf: • Frühzeitiges Aufspüren von Trends und potentiellen Aktivitätsfeldern; • Anwendbare Bewertungskriterien für ein effizientes und nachhaltiges Assessment von Ideen und Erfindungen; • Effektive Kommunikation zwischen F&E, Product-Line-Managern und den Inventio-Patentanwälten; • Funktionelle Verantwortungsteilung mit Win-Win-Basis. Hauptziel der Intellectual Property Strategie ist der Aufbau eines strategischen Schutzportfolios für alle entscheidenden Produkte und Dienstleistungen. Dabei sollen zusätzlich die Bewegungsfreiheit und der Marktwert des Intellectual Propertys gesteigert werden: „Boost Ideas to IP Values and Ensure Freedom-of-Action“ (Abb. VIII.19). Darunter versteht Schindler den Schutz von technischen Lösungen beziehungsweise den Einsatz von Technologien in den Produktgruppen Aufzug und Fahrtreppen mit dem Ziel: • Den Weg offen halten, um technische Lösungen selber umsetzen zu können; • Wettbewerber daran hindern, diese Lösungen umzusetzen oder zu patentieren. Es werden dabei die Ziele der verschiedenen Anspruchsgruppen verfolgt. Der F&E sollen vorwiegend freie Entwicklungsaktivitäten ermöglicht werden. Den Product-Line-Managern soll als Marktvertreter die Möglichkeit einer freien Definition von Produkten und von Angeboten technologisch optimaler Lösungen im Vergleich zum Wettbewerb gegeben werden. Die Intellectual Property Strategie von Schindler befindet sich derzeit in der Implementierungsphase. Bei der Vermittlung des Patentstrategieprozesses übernimmt bei Schindler das F&E-Management-Team die federführende Rolle. Die Patentspezialisten der Inventio sind in den Entwicklungs-
Schindler
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prozess integriert und konzentrieren die Ressourcen auf die strategisch wichtigen Themengebiete. Folgende Ziele werden operationalisiert: • Besetzung zukunftsträchtiger Schlüsseltechnologien durch Monopolrechte; • Größtes Portfolio an durchsetzungsstarken Patenten im Aufzugs- und Fahrtreppenbau; • Verletzungsfreier Einsatz der bestmöglichen Technologie; • Erfolgreiche Vernichtung störender Fremdpatente; • Positive Lizenzbilanz mit Wettbewerbern. Prozesse. Der Implementierung der Intellectual Property Strategie liegen vier wesentliche Kernprozessschritte zugrunde (Abb. VIII.19): • Trend Team: Analyse, Bewertung und Einflussnahme auf Trends unter Berücksichtigung der Wichtigkeit und der Dringlichkeit für die eigene Geschäftstätigkeit; • Exploitation: Förderung und Nutzung von internen Ideen; • Portfolio Management: Durchführung von Patentportfolio-Analysen, Aufspüren von Chancen und Risiken, Wettbewerbsüberwachungen, Make-or-Buy-Entscheidungen; • Invention Process: Durchgängiger Erfindungsmeldungsprozess mit Klassifizierung.
Boost Ideas to IP Values & Ensure Freedom of Action Trend Team • Anticipate Trends
Exploitation • Encourage Ideas
• Trend Mapping • Assess Ideas • Propose studies
Portfolio Management • Portfolio Analysis • Infrigements • Morphology • Alternatives
• Portfolio Synthesis • Exploit Ideas • WS or • Study Proposal
• IP-Opportunities • Extension to Cluster
• Competitor Survey • Make or Buy
Invention Process • Integr. PCP • Invention Workflow
• IP-Manager • First level support • Education
• Classification • Incentives
Invention Database and Patent Database
Abb. VIII.19. Intellectual Property Strategie mit Kernprozessen bei Schindler
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Successful Practice Unternehmen
Trend Team: Die Trend Teams spüren in vierteljährlich stattfindenden Workshops frühe Trends auf. Wichtig neben dem Erkennen von Trends sind die Ableitung von frühen Warnungen sowie die Initiierung von Aktivitäten in identifizierten technologischen Bereichen. Des Weiteren werden Patentanalysen zur Generierung von neuen Ideen eingesetzt. Patentanalysen stellen eine von verschiedenen Informationsquellen zu Wettbewerbsaktivitäten dar. Schindler versucht mittels der Patentanalysen auch seine Technologieführerschaft auszubauen und somit die Branche technologisch zu beeinflussen. Generelles Hauptziel ist es, die eigene Handlungsfreiheit zu erhalten. Invention Process: Die Generierung von Erfindungsmeldungen ist bei Schindler ein wichtiges Ziel der F&E und wird dementsprechend auch in den persönlichen Zielvereinbarungen stark gewichtet. Die erforderlichen Entscheidungen werden dabei ausschließlich von Inventio getroffen. Der Schindler Invention Process erfolgt in zwei Teilprozessen, beginnend mit der Ideenbewertung und abschließend mit der Patentierbarkeitsbewertung (Abb. VIII.20): • Im Idea-Disclosure Prozess werden Ideen von den Erfindern entwickelt und unter Einbezug des Supervisors nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien bewertet; • Im Invention-Disclosure Prozess werden die Ideen dann auf die Eignung zur Anmeldung zum Patent geprüft. Ein wichtiges Kriterium ist hierbei die Abgrenzbarkeit vom Stand der Technik.
Abandoned 75%
Ideas
No
Idea Disclosure
Invention Disclosure 10%
25%
Yes
Search
Yes
Evaluation 15%
Drafting
No
Patent Database
Application Idea-Disclosure Prozess Invention-Disclosure Prozess
Abb. VIII.20. Teilprozesse Portfolio Management bei Schindler
Schindler
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Erstanmeldungen werden ausschließlich durch Inventio initiiert. Für Nachanmeldungen wird die Relevanz des Stands der Technik berücksichtigt. Hierzu holt Inventio Stellungnahmen von Schindler-Produktverantwortlichen ein und trifft auf dieser Basis eine entsprechende Länderauswahl (Abb. VIII.21). Die Auswertung derartiger Informationen und die darauf beruhenden Investitionsentscheidungen erfordern langjährige Erfahrung und vorausschauendes Denken der Inventio-Geschäftsführung. Für die Aufrechterhaltung von Schutzrechten werden in der Regel alle zwei Jahre die Produktverantwortlichen schriftlich angefragt. Die Entscheidung erfolgt schlussendlich jedoch bei Inventio.
IP Process
5 Invention Description
4 Supervisor Evaluation
3
2
Invention Assessment
1
Patent Assessment
Choice of Countries
Maturity Visibility
R&D
0 1
PLM, POO
Process & Access Level
2
INVENTIO 3
4
FORUM
Supervisor 5
Inventor
free selection of discussion members t
Abb. VIII.21. Generierungsprozess Intellectual Property bei Schindler
Portfolio Management: Das Portfoliomanagement ist eng mit der Entwicklung und der Vermarktung der Produkte verbunden. In Bezug auf den Einfluss auf die Ideengenerierung werden bestimmte Schwerpunkte gepflegt; beispielsweise reifen Weiterentwicklungen in gemeinsamen Workshops von F&E und Inventio gezielt zu Erfindungsmeldungen. Portfolioinformationen und der damit verbundene Informationsfluss werden von Inventio zur Verfügung gestellt. Die Kommunikation mit Schindler erfolgt sowohl traditionell per Formular und Postzustellung als auch auf elektronischem Wege.
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Im Rahmen seines Intellectual Property Managements versucht Schindler generell die Lancierung von Patentanmeldungen mit geringer Erfolgswahrscheinlichkeit zu verhindern, mögliche Verletzungen zu erkennen und somit mögliche Klagen zu verhindern. Invention and Patent Database: Mittels einer virtuellen Erfindungsdatenbank werden wertvolle Kriterien für eine effiziente und pragmatische Bewertung von Ideen und Erfindungen zur Verfügung gestellt (Abb. VIII.22). Eine in der Erfindungsdatenbank implementierte Patentmapping-Funktion ermöglicht die aktive Gestaltung des Schindler-Inventio Patentportfolios. Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung des Ideen- und Erfindungsmeldungsprozess bei Schindlers sind: • Garantierte Privatsphäre für den Erfinder in einem bestimmten Umfang; • Einfache Einbeziehung von Kollegen, Mitarbeitern und Partnern während Studien und Projekten; • Supervisor-Feedback, in der Regel von Projekt- oder F&E-Leitern zu Ideen, um eine weitere Wertschöpfung zu erhalten; • Erweiterte Informationsbasis für Inventio-, F&E- und Product-LineManager; • Größere Informationsverfügbarkeit innerhalb Schindlers; • Funktionsteilung für alle Entscheidungsträger; • Abgestimmtheit über den Ablauf der Wertschöpfungskette; • Objektive Erfindungsvergütung; • Management-Tool für Patentmapping. Die Erfindungsdatenbank ermöglicht eine einfache Dokumentation von Ideen. Dabei hatte Schindler zunächst das Problem zu lösen, dass einerseits der Drang des Erfinders zur Kommunikation und andererseits das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen und des Unternehmens berücksichtigt werden musste. Durch unterschiedliche Ebenen der Zugriffsberechtigung konnte die Zugänglichkeit für Nutzergruppen und damit die Vertraulichkeitsstufe geregelt werden. Durch eine konsequente Einführung und Kommunikation konnte Schindler eine hohe Akzeptanz bei den Anwendern erreichen. Organisation. Wie bereits beschrieben, ist die Intellectual Property Abteilung bei Schindler in die Tochtergesellschaft Inventio ausgelagert. Diese hält sämtliche Intellectual Property Rechte und ist weltweit für deren Erwerb, Durchsetzung und Verwertung verantwortlich. Inventio wird intern als kundenorientiert, vielfältig und kooperativ beschrieben und bietet der F&E Unterstützung in wichtigen Fragen.
Schindler
Studies
C0 – C4
C4 – C6
C6 – C8
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MOL
Invention Database 5 Invention Description
C&S, C&S, M&C M&C Trends Trends Technology Technology Inputs
4
3
Supervisor Evaluation
Invention
2 Patent
1
Assessment
Assessment
Choice of countries
0 Publish in R&D
Search
Evaluation Info (Matrix)
Search Classification
0
Reports Interpretations Surveys Analysis
Patent DB
Abb. VIII.22. Erfindungsdatenbankkonzept bei Schindler
Kultur. Die Innovationstätigkeit wird immer wichtiger und der Schutz dieser Innovationen durch Patente hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Intellectual Property hat somit eine strategische Bedeutung im Unternehmen erhalten. Das Ziel der F&E ist es dabei, wertvolle Innovationen hervorzubringen und diese in Patenten vollständig zu schützen. Inventio zielt auf Sensibilisierung der F&E sowie die Erstellung von qualitativ hochwertigen Schutzschriften ab. Ein erster wichtiger Maßstab ist die Quantität von Erfindungsmeldungen und auch von angemeldeten Schutzschriften. Des Weiteren sehr wichtig ist die Qualität der Erfindungen. Qualität kann nur durch reichhaltige Informationsübermittlung gesteigert werden, das heißt, wenn innovative Ideen vollständig als Patentanmeldung erfasst werden. Daher wird dem Ideen- und InnovationsManagement eine große Bedeutung beigemessen. Veränderungen im Intellectual Property Umfeld, wie Umstellungen der Sicherheitsnormen für Aufzüge, bewirkten ein Umdenken. Die Ablösung von Vorschriften über konkrete Schutzmaßnahmen durch die Formulierung von Schutzzielen hat zu einem Innovationsschub geführt. Die Konkurrenz und speziell der Wettbewerber Kone hat diese Möglichkeit wahrgenommen, innovative Produkte auf den Markt gebracht und sofort eine aggressive Patentstrategie verfolgt. Dies hat auch bei Schindler zu einer Sensibilisierung für Intellectual Property bezogene Themenstellungen
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geführt. Aufgrund des Preiskampfes und der ähnlichen Pflichtenhefte, sind auch die technischen Lösungen ähnlich und innovative kostengünstige Lösungen bieten große Marktvorteile. Die Initiative hierzu ging gleichermaßen von Inventio und der F&E aus, um auch in Zukunft die notwendigen Handlungsfreiheiten zu haben. Erforderliche Veränderungen mussten so initiiert werden, dass ein klarer Nutzen für den einzelnen F&E-Mitarbeiter sichtbar wurde, ohne den Arbeitsprozess zu stark zu beeinflussen. Misserfolge äußern sich durch Ignoranz von Veränderungsprojekten. Hier ist Überzeugungsarbeit nötig, die von den Vorgesetzten vorgelebt werden sollte. Eine kontinuierliche Verbesserung führt schlussendlich zum Ziel. Dadurch werden die Veränderungen langsam eingeführt und können kontinuierlich verbessert werden. Zuerst sollten sekundäre Prozesse verändert werden, um die generelle Akzeptanz von Veränderungsprozessen zu erfühlen, dann breite Unterstützung für primäre Prozessveränderungen gesammelt und konzertiert vorgegangen werden. Die Kommunikation von Veränderungen erfolgt bei Schindler einerseits über Präsentationen in Managementmeetings und in Abteilungssitzungen sowie per Email und über Datenbanken. Hier wird auf bestehende Mittel zurückgegriffen. Wenn möglich, werden keine neuen Datenbanken geschaffen, sondern allenfalls bestehende Datenbanken erweitert. Bei Schindler hat sich die Zusammenarbeit zwischen F&E und Inventio bewährt. Zur Initiierung von Veränderungsprozessen werden alle Beteiligten angesprochen, denn nur wenn eine Win-Win-Situation vorliegt, nehmen diese am Veränderungsprozess teil. Bewertung von Patenten Die Bewertung von Erfindungen und Schutzrechten erfolgt bei Schindler systematisch und durchgängig. Zur Bewertung werden standardisierte Werkzeuge und Kriterien verwendet. Die Bewertung sieht als Ergebnis einen Indikator vor, der den Entscheidungsprozess unterstützt und einen Beitrag zur Klarheit und Transparenz liefert. Gleichwohl erfordert die Bewertung von Intellectual Property profundes Erfahrungswissen des Inventio-Managements. Die Bewertung von Einzelschutzrechten und Schutzrechtsbündeln erfolgt ebenfalls nach Rückfrage bei den Produktverantwortlichen durch Inventio. Die Produktverantwortlichen sind matrixartig strukturiert. Schindler setzt Verantwortliche sowohl für einzelne Produktgruppen ein, beispielsweise für Commodity, Customer, Design, als auch für die lokalen Märkte der einzelnen Produktgruppen, beispielsweise für Europa, Asien
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und Amerika. So werden Aufzüge für Hochhäuser mit mehr als 20 Stockwerken hauptsächlich in Asien verkauft. In den USA, Spanien und Italien werden viele Hydraulik-Aufzüge verkauft. In Europa und Japan werden vor allem Commodity-Aufzüge verkauft. Im Rahmen der Technologie-Früherkennung wird der Wettbewerb beobachtet und wenn möglich, schnell reagiert. Patente wurden als wichtige Informationsquelle für technologische Entwicklungen erkannt. Schindler setzt insbesondere Technologie-Scanning, Technologie-Monitoring und Competitive Technical Intelligence ein, wie beispielsweise Literatur, Zeitschriften, Internet, Forschungseinrichtungen, Konkurrenzprodukte, Patente, interne und externe Experten sowie die Trend Teams. Zur TechnologieFrüherkennung zieht Schindler aber auch Patentanalysen heran. Dabei wird die Zielsetzung verfolgt, regelmäßig Patentrecherchen und Patentanalysen zu bestimmten Technologiebereichen aufgrund von internen Erfindungsmeldungen durchzuführen. Davon ausgehend werden vereinzelt umfangreiche Patentanalysen in wichtigen Technologiebereichen der Aufzugsbranche veranlasst. Hauptfragen im Rahmen der Patentanalysen sind: • Sind unsere Ideen patentierbar? • Verletzen wir fremde Patente? • Gibt es noch weiße Felder in bestimmten Technologiebereichen? Des Weiteren gilt es, insbesondere die Festlegung von Patentclustern sowie die Erkennung von Konkurrenzaktivitäten und von Trends vorzunehmen. Der Umfang der Patentanalysen schwankt, je nach Bedeutung des Falles. Bei Erfindungsmeldungen sind maximal zwei Arbeitstage vorgesehen, bei Abklärungen oder im Rahmen von Patentverletzungsgutachten kann sich der Aufwand vervielfachen. Die Patentrecherchen werden über das F&E-Technologiemanagement und durch Inventio durchgeführt. Externe Partner werden nicht hinzugezogen. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Schindler ist grundsätzlich bereit, Lizenzen zu vergeben. Dabei wird vorwiegend mit Zulieferern zusammengearbeitet. Für Schlüsseltechnologien, die selbst weltweit vermarktet werden können, wird konsequent Exklusivität anstrebt, um Wettbewerbsvorteile realisieren zu können.
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Patentmanagement in Kooperationen Kooperationen mit Entwicklungspartnern, die Entwicklungen im Auftrag der F&E durchführen, sind bei Schindler an der Tagesordnung. Schindler kooperiert auch mit Zulieferern, die Ihre Komponenten nach Wunsch von Schindler anpassen, damit diese Komponenten optimal zu den bestehenden Systemen passen. Lizenzierung von Schutzrechten im Rahmen von Partnerschaften mit Lieferanten nimmt tendenziell kontinuierlich zu. Kooperationen mit Partnern in Forschungsprojekten sind eher selten. Schindler konzentriert sich auf das Geschäftsfeld Aufzüge und Fahrtreppen, was dazu führt, dass viele Komponenten von Zulieferern bezogen werden. Im Rahmen von Entwicklungsprojekten werden auch Kooperationen eingegangen, bei denen gezielt externes Know-how benutzt wird. Die Anzahl an Kooperationen und auch an Kooperationspartnern ist groß, aufgrund der verschiedenen technischen Gebiete, die abgedeckt werden müssen: 15% bis 20% des F&E-Budgets fließen in Kooperationen. Schindler hält folgende Kooperationsanteile: • • • •
Zulieferer für Komponenten oder Entwicklungsleistungen: ~ 90% Kunden: ~ 3% Wettbewerber: ~ 3% Universitäten und öffentliche Forschungseinrichtungen: ~ 3%
Die Kooperationspartner werden projektbezogen evaluiert. Dabei versucht man, Partner zu wählen, mit denen man bereits gute Erfahrungen gemacht hat. Somit wird auch die Anzahl an Kooperationspartnern minimiert. Vor der Wahl des Kooperationspartners wird ein Selfassessment des potentiellen Partners durchgeführt. Kooperationspartner müssen in der Regel Mindestkriterien erfüllen, um berücksichtigt zu werden, beispielsweise im Bereich der Zertifizierung. Nach Abschluss der Kooperation im Bereich von Entwicklungsprojekten wird eine Beurteilung des Kooperationspartners durchgeführt, die dann bei der Wahl eines Partners in einem neuen Entwicklungsprojekt herangezogen wird. Der Anteil an erfolgreichen Kooperationen liegt bei über 80%. Schindler hat die Erfahrung mit folgenden Erfolgsfaktoren in Bezug auf Kooperationen gemacht: • Gezielte Auswahl der Kooperationspartner aufgrund Ihrer Kernfähigkeiten, die nicht im eigenen Hause vorhanden sind; • Klare Anforderungen, Spezifikationen und intensive Begleitung; • Vermittlung des Gesamtbilds.
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Intellectual Property gewinnt in allen Kooperationen heute stark an Bedeutung, insbesondere bei Kooperationen im Bereich des F&ETechnologiemanagements, da Intellectual Property bei Studien eine Sonderstellung hat. In Entwicklungskooperationen, bei denen die Entwicklung im Auftrag von Schindler erfolgt, beansprucht Schindler generiertes Intellectual Property vollständig und führt das Patentannmeldeverfahren. In Sonderfällen wird den Zulieferern ein Nutzungsrecht außerhalb des Bereichs Aufzüge und Fahrtreppen gewährt. Die Patentkosten für Erstellung, Anmeldung und Aufrechterhaltung trägt Schindler. Bei Komponentenlieferanten sind Sublizenzen möglich. Ein Bestandteil der Entwicklungsverträge ist daher das Abtreten des Intellectual Propertys an Schindler. Die gemeinsame Patentinhaberschaft hat für Schindler keine Bedeutung. In Bezug auf die Verwertung der Kooperationsergebnisse verbleibt vorab eingebrachtes Intellectual Property beim Zulieferer und Schindler versucht gegebenenfalls, erforderliches Intellectual Property zu kaufen oder, wenn dies nicht möglich ist, eine Lizenz zu nehmen. Als Hauptherausforderung sieht Schindler, dass die Rechte von Erfindungen klar geregelt sein müssen, da es sonst Streit und Doppelspurigkeiten geben kann. Falls derartige Regelungen nicht zustande kommen, besteht die Gefahr, dass die Partner beispielsweise separate Schutzrechte für die gleiche Erfindung anmelden. Auch müssen eventuelle Lizenzen klar geregelt werden, insbesondere wenn ein Partner die Erfindung exklusiv verwerten möchte. Take Aways Schindler / Inventio • Eigene Gesellschaft als Intellectual Property Inhaberin. • Klar formulierte Patentstrategie mit Kernprozessen. • Zweistufiger Selektions- und Entscheidungsprozess zur Anmeldung von Erfindungen. • Einbindung der Patentexperten in den Technologie-Früherkennungsprozess und in Trend Teams. • Erfindungsdatenbank als Informationsplattform für Erfinder. • Generierung von Erfindungsmeldungen ist Bestandteil der F&EZielvereinbarungen. • Fast 20% des F&E-Budgets fließt in Entwicklungskooperationen.
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Swiss Re Die Swiss Reinsurance Company (Swiss Re) ist einer der führenden Rückversicherer und weltweit der größte Lebensrückversicherer. Das Unternehmen ist mit mehr als 70 Gruppengesellschaften und Vertretungen in über 30 Ländern präsent. Seit seiner Gründung 1863 in Zürich, ist der Konzern in der Rückversicherung tätig. Mit den drei Geschäftsbereichen Property & Casualty, Life & Health sowie Financial Services bietet Swiss Re ein großes Spektrum an Dienstleistungen und Produkten für das Management von Kapital und Risiko an. Traditionelle Rückversicherungsprodukte decken die gesamte Bandbreite versicherungstechnischer Risiken im Leben- und Nichtlebendbereich ab, wie beispielsweise Unfall-, Sach-, Haftpflicht-, Motorfahrzeug- oder Luftfahrtversicherungen. Hinzu kommen versicherungsbasierte Lösungen zur Unternehmensfinanzierung und ergänzende Dienstleistungen für ein umfassendes Risikomanagement. Swiss Re mit Firmensitz in Zürich, Schweiz, erzielte im Geschäftsjahr 2005 einen Umsatz in der Höhe von 27,7 Milliarden Schweizer Franken. Weltweit sind in 30 Ländern über 8.800 Mitarbeiter beschäftigt, von denen etwa 3.000 in der Schweiz angestellt sind. Als Wettbewerber gelten die Munich Re die Hannover Re sowie die GeneralCologne Re. Mit der Übernahme der GE Insurance Solutions von General Electric Ende 2005 wurde Swiss Re zum weltgrössten Rückversicherer. Beginn der Intellectual Property Ära bei Swiss Re. Die Einführung und der Aufbau von eigenen Intellectual Property bezogenen Aktivitäten bei Swiss Re geht insbesondere auf die Einführung von e-Business basierten Rückversicherungsprodukten vor einigen Jahren zurück. Ziel der e-Business-Lösungen ist es, vor allem eine höhere Effizienz in der Abwicklung von Rückversicherungsgeschäften zu erzielen. Im Rahmen dessen setzte sich Swiss Re zunehmend mit Internet und Browser basierten IT-Lösungen auseinander und stieß dabei auch auf Patentschriften von Wettbewerbern. Diese waren durch die State Street Decision in den USA legitimiert worden, welcher ein großes, plötzliches Wachstum an Business-Model-Patentanmeldungen folgte. Swiss Re, deren Kernkompetenz in der Bewertung von Risiken und Chancen liegt, stieß dabei vor allem auf zwei Punkte: • Es bestand das Risiko der Verletzung von Patenten von a) Wettbewerbern; b) Anderen Dritten, die nicht notwendigerweise im Wettbewerb mit Swiss Re standen.
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• Es gab für Swiss Re nicht nur Risiken, sondern es musste gleichzeitig auch Chancen geben: a) Veröffentlichbarkeit von bisher geheim gehaltenen Trade Secrets, die über Patente geschützt sind; b) Absicherung von Rückflüssen aus Investitionen in Forschung und Entwicklung; c) Stärkere Unabhängigkeit von Schlüsselwissensträgern; d) Bestandsaufnahme und Verwaltung von internem Know-how. Dieses Szenario führte nach Einsatz einer durch die Geschäftsführung beauftragten Task-Force im Herbst 2000 zur Entscheidung, eine eigene Patentabteilung aufzubauen. Die Gründung einer zentralen Intellectual Property Abteilung erfolgte schlussendlich im August 2001 und wurde der Risk & Knowledge Division im Corporate Centre am Hauptsitz in Zürich unterstellt. Diese unterstützte den Konzern bereits mit verschiedenen Dienstleistungen. Zum Gründungszeitpunkt lagen keine Patentverletzungsklagen oder dergleichen vor. Die Patentabteilung setzte daher zunächst den Fokus auf die Generierung und Überwachung von Patenten. Urheberrechte wurden bereits von der Rechtsabteilung betreut; Trademarks wurden bereits national von den Landesvertretungen mit externen Anwälten betreut. Ziel der neuen Patentabteilung war und ist derzeit primär die Risikominimierung. Initiierung der Intellectual Property Aktivitäten. Zur Initiierung der eigenen Patentaktivitäten hat die Patentabteilung von Swiss Re ein so genanntes „Awareness-Programm“ aufgesetzt, das auf die interne und externe Publikation von Artikeln zum Thema Intellectual Property, eine eigene Seite im Intranet mit Informationen zu Intellectual Property, die aktive Teilnahme an Konferenzen, interne und externe Interviews sowie interne bilaterale Gespräche und Teammeetings setzt. Die Patentabteilung hat sich darüber hinaus einen Vortrag in der internen „Welcome on Board“ Veranstaltung für neue Mitarbeiter gesichert. In der folgenden Grafik (Abb. VIII.23) sind die kumulierte Anzahl und die Art der Aktivitäten im Jahr 2003 dargestellt. Die besonderen Herausforderungen bei der Initiierung der eigenen Patentaktivitäten waren für die Swiss Re Patentabteilung dabei: • Ausreichende Sensibilität für Intellectual Property, da das anfängliche Hauptproblem der Patentabteilung darin bestand, intern überhaupt wahrgenommen zu werden.
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Quelle: Swiss Re, Intellectual Property Report 2003
Abb. VIII.23. IP-Initiierungsaktivitäten bei Swiss Re in 2003
• Aufspüren auch von vermeintlich „unwichtigen“ Ideen, die möglicherweise einem Patentschutz zugänglich sein könnten. Selbst wenn die internen Experten die Patentabteilung kannten, wurden Erfindungen häufig nicht als solche erkannt, da den Erfindern noch die Erfahrung zur Einschätzung ihrer Erfindung fehlte. • Der generelle Sinn und Nutzen von Intellectual Property für (Rück-) Versicherer. • Aufzeigen der Verbesserungen und Veränderungen, die durch die Gründung der Patentabteilung und die Patentaktivitäten erzielt werden konnten. Generierung von Patenten Strategie. Swiss Re verfolgt mit eigenen Patentanmeldungen und -aktivitäten als Hauptziel, das eigene geistige Eigentum zu schützen und für allfällige Kreuzlizenzierungsabkommen ein solides und gut diversifiziertes Patentportfolio aufzubauen.42 Bei Rückversicherungsprodukten gilt dabei, 42 Zum
Vergleich der Patenanmeldungen von Swiss Re mit anderen (Rück-) Versicherern siehe Kapitel VI, Finanzdienstleistungsbranche.
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je besser die statistischen Aussagen über Risiken sind, desto besser können Prämien berechnet werden. Ein gutes Modell schlägt sich daher direkt auf den Gewinn nieder. Rückversicherungsprodukte sind in der Regel relativ einfach durch Wettbewerber zu kopieren, insbesondere dann, wenn die Entwicklungsschritte und das damit verbundene Know-how an Vertragsnehmer ausgegliedert werden oder Produkte an den Kunden weiter gegeben werden. Es ist daher attraktiv, die Modelle mit Patenten zu schützen. Ein derartiger Schutz hat folgende Vorteile: • Die Produktentwicklung oder Teilaufgaben davon können an Dritte ausgegliedert werden, ohne dass die unmittelbare Gefahr besteht, diese wieder direkt beim Wettbewerb auftauchen zu sehen. Hierdurch können der Entwicklungsprozess optimiert und Kosten gesenkt werden. • Auf Basis von Patenten können F&E-Kooperationen eingegangen werden, die ohne den zusätzlichen Schutz des Intellectual Propertys bisher nicht eingegangen worden wären. • Produkte können an Kunden weitergegeben werden, ohne dass diese die Möglichkeit haben, die Produkte ohne Kontrolle zu kopieren und gegebenenfalls anderweitig zu nutzen oder weiter zu geben. Früher wurden insbesondere kleinere Projekte gar nicht realisiert, wenn der Anwendungs- oder Marktbereich zu klein war, um diesen selbst voll zu entwickeln und auszuschöpfen. Durch den Schutz des geistigen Eigentums erhofft sich Swiss Re somit einerseits eine effizientere und kostengünstigere Produktentwicklung sowie ein Marktwachstum über die Ausweitung des Marktes in Nischen, die bisher aufgrund zu hoher Eigenentwicklungskosten nicht wahrgenommen werden konnten. Die Intellectual Property Aktivitäten der Swiss Re beruhen auf drei strategisch ausgerichteten Säulen: • Defence: (Patent-) Verletzungsvorwürfe gegen Swiss Re sollen antizipiert, verhindert und gehandhabt werden. Die zentrale Intellectual Property Abteilung unterhält hierzu eine strategische Partnerschaft mit der Geschäftsleitung. • Action: F&E-Aktivitäten der Swiss Re sollen identifiziert, gefördert, geschützt und zum Vorteil des Unternehmens genutzt werden. Die zentrale Intellectual Property Abteilung unterhält hierzu eine strategische Partnerschaft mit den Geschäftsbereichen. • Leadership: Die Swiss Re will zum Branchenleader im Umgang mit Intellectual Property werden. Die zentrale Intellectual Property Abteilung
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sucht hierzu strategische Partnerschaften mit anderen Branchenmitgliedern. Die dargestellten Strategiepunkte wurden von der zentralen Intellectual Property Abteilung im Auftrag und im Einverständnis mit der Unternehmensleitung erarbeitet und sind auf die Unternehmensleitlinien der Swiss Re abgestimmt. Als Grundlage für eine erfolgreiche Strategieumsetzung soll ein starkes, diversifiziertes Patentportfolio aufgebaut werden. Folgende Leitregeln wurden aus der Intellectual Property Strategie abgeleitet, an denen sich Mitarbeiter orientieren können. Diese grundlegenden Punkte sind insbesondere für Mitarbeiter von hoher Bedeutung, die oft in Kontakt mit Dritten stehen. • Neuartigkeit: Neuartigkeit ist das grundlegende Kriterium, damit eine Erfindung patentiert werden kann. Erfindungen dürfen deshalb vor einer möglichen Anmeldung zum Patent in keiner Form an die Öffentlichkeit gelangen. Andernfalls besteht das Risiko, die Patentierbarkeit zu verlieren. Darüber hinaus besteht die Gefahr von Reputationsschäden, falls der Gegenstand von Patentanmeldungen bereits durch eigene oder fremde Publikationen vorweggenommen sein sollte. • Identifizierung und Nachweis von Patentverletzungen: In Fällen, in denen eine Patentverletzung schwierig nachzuweisen ist, kann ein wirksamerer Schutz der Erfindung eventuell durch Klassifizierung als Trade Secret (Betriebsgeheimnis) erzielt werden. • Nutzen für Dritte: Wenn eine Patentanmeldung zu sehr auf Swiss Re Spezifika ausgerichtet ist, steht der ökonomische Nutzen in Zweifel. Die geschützte Technologie sollte daher wertvoll für andere Unternehmen sein. • Bedeutung für Swiss Re: Falls eine Erfindung eine Kernkompetenz betrifft oder von anderweitiger wesentlicher Bedeutung für einen Geschäftsbereich ist, soll vermieden werden, dass Wettbewerber auf diesem Gebiet eigene Patente aufbauen können. In einem solchen Fall wäre eine Klassifizierung als Trade Secret eine gefährliche Option. Vorteilhafter ist dann die Anmeldung zum Patent oder die Veröffentlichung der Erfindung als neuheitsschädliche Publikation. Das Intellectual Property Portfolio der Swiss Re ist mittlerweile ausgehend von etwa 100 Erfindungen auf mehr als 40 eingereichte Patentanmeldungen angewachsen. 10 Weitere wurden als Geschäftsgeheimnisse klassifiziert und fast 15 Erfindungen wurden als „neuheitsschädlich vorweggenommen“ zurückgewiesen. Zwei erteilte US Schutzrechte gehen auf die Akquisition der Lincoln Re zurück (Stand Oktober 2003).
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Swiss Re meldet Erfindungen mit guten Erteilungsaussichten zunächst in Europa an. Bei Patentanmeldungen mit Bezug auf IT kann in der Regel ein relativ hoher Grad an Technizität dargestellt werden. Kritischere Inhalte werden dagegen zunächst direkt in den USA und über das PCTVerfahren eingereicht. Der Schwerpunkt der Anmeldeaktivitäten liegt derzeit jedoch generell noch in den USA. Organisation. Die Patentabteilung von Swiss Re umfasst derzeit drei Intellectual Property Manager sowie eine Halbtagsverwaltungskraft. Die Patentaktivitäten werden bei Swiss Re zentral und weltweit vom Standort Zürich aus koordiniert. Zur dezentralen Unterstützung stehen der Patentabteilung an größeren lokalen Standorten so genannte Divisional Intellectual Property Officers (DIPOs) zur Verfügung, die sich mit etwa 5% ihrer Arbeitszeit den Intellectual Property Belangen widmen. Es bestehen drei Hauptaufgabenfelder: • Identifizierung von möglichen Patentverletzungen: Die DIPOs vergleichen hierzu neue Patentveröffentlichungen Dritter mit den Geschäftstätigkeiten ihres Geschäftsbereichs. • Identifizierung von Erfindungen: Durch Beratung der Erfinder wird erstens deren Sensibilisierung für Intellectual Property Belange erhöht. Zweitens können die DIPOs hierdurch ein Netzwerk mit zahlreichen Erfindern aufbauen und F&E-Aktivitäten überwachen. • Identifizierung von Geschäftschancen: Die DIPOs sollen einerseits mögliche Verletzungen von Patenten der Swiss Re entdecken. Andererseits sollen Lizenzierungsmöglichkeiten mit anderen Akteuren ermittelt werden, welche die Technologie von Swiss Re anwenden oder benötigen. Die DIPOs sind vor allem für die Einhaltung der Bereiche Defence und Action der Intellectual Property Strategie verantwortlich: „DIPOs should be aware of any new development or invention at the earliest stage, preferably at conception” (Bischof und Cuypers 2004). Damit die DIPOs ihre Aufgaben erfüllen können, müssen sie innerhalb ihres Geschäftbereichs gut vernetzt sein und über Kontakte zu vielen Ansprechpartnern verfügen sowie allgemein akzeptiert sein. Zudem müssen sie profundes Wissen über den Markt besitzen in dem sie agieren. DIPOs sind deshalb an so genannten Hot Spots platziert. An Hot Spot Orten konzentriert sich viel Wissen, so dass dort folglich ein großes Potential für patentierbare Erfindungen besteht. Momentan beschäftigt die Swiss Re 13 DIPOs, von denen acht in Zürich ansässig sind. Weitere Standorte, die mit derartigen Funktionen das Aufspüren von Inventionen unterstützen sind Deutschland, Großbritannien
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und Frankreich. Für Asien existiert derzeit nur ein einziger DIPO, da dort zukünftig nur wenige Aktivitäten erwartet werden. Besonders vorteilhaft hat sich in der internen Struktur erwiesen, eine Gesamtübersicht über die Projekte zu wahren und gezielt und zum richtigen Zeitpunkt an die entsprechenden Projektleiter heranzutreten. In der Regel sprechen die DIPOs die Projektleiter vor Ort an – häufig erfolgt dies aber noch durch die zentrale Patentabteilung. Mit den Betroffenen werden die Zielsetzungen und Chancen diskutiert, um diese generell zu sensibilisieren, die Möglichkeiten einer Patentierung abzuschätzen und diese gegebenenfalls vorzunehmen. Bemerkenswert ist, dass die Vielzahl der Projekte der Entwicklung von Software dient. Andere interne Zielgruppen sind beispielsweise Aktuare (Versicherungsmathematiker) und die Riskengineers, die Risiken simulieren und analysieren. Insgesamt beläuft sich der interne „Mandantenstamm“ auf etwa 100 Personen. Die Einbindung der Standorte möchte die zentrale Intellectual Property Abteilung noch weiter optimieren: Die an die DIPOs gestellten Ansprüche können in der Praxis nämlich bis jetzt nur begrenzt erfüllt werden. So nehmen die DIPOs ihre Aufgaben mit unterschiedlichem Engagement wahr. Teilweise bestehen sogar Kompetenzkonflikte zwischen der zentralen Intellectual Property Abteilung und der Linienführung bezüglich des für Intellectual Property Aktivitäten vorgesehenen Arbeitsanteils der DIPOs. Prozesse. Die Ausarbeitung von Patentanmeldungen und die Verfahrensführung vor den Patentämtern führt Swiss Re mit Hilfe von zwei Schweizer Patentanwaltskanzleien durch. Für das Anmeldeverfahren vor dem USPatent- und Markenamt werden externe US-Patentanwälte hinzugezogen. Im Vorgang zu Patentanmeldungen recherchiert die Patentabteilung zunächst den relevanten Stand der Technik und analysiert diesen. Swiss Re unternimmt bereits Anstrengungen, auch auf diesem Gebiet in Zukunft eigenständiger zu werden: Für Verfahren vor dem Europäischen Patentamt werden Patentansprüche schon vermehrt intern mit eigenem Personal formuliert. In der folgenden Grafik sind die Anmeldeaktivitäten von Swiss Re im Vergleich mit der Erst- und Rückversicherungsbranche über die letzte Dekade dargestellt (Abb. VIII.24). Deutlich zu sehen ist der Effekt der Entscheidung zur Gründung der Patentabteilung im Jahr 2000. Identifizierung von Erfindungen. Ein wichtiger Bestandteil des Intellectual Property Managements ist die Identifizierung von Erfindungen. Swiss Re sieht sich dabei in erster Linie als Wissensunternehmen: Die entscheidenden Fähigkeiten stecken in den Köpfen der Mitarbeitenden (Swiss Re 2003). Diese Aufgabe ist momentan eine der größten Herausforderun-
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800 700 600 500 400 300 200 100 0 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Veröffentlichte Patente von Versicherern Veröffentlichte Patente von Rückvericherern (x10) Swiss Re (x10)
Quelle: Swiss Re, Intellectual Property Report 2003
Abb. VIII.24. Patentanmeldeaktivitäten der Swiss Re im Branchenvergleich
gen der zentralen Intellectual Property Abteilung. Damit Erfindungen identifiziert und potenziell geschützt werden können, hat Swiss Re verschiedene Prozesse und Instrumente eingeführt: • Integration von größeren Projekten in den Organisationsprozess des Projektmanagements: Die Beurteilung, ob eine patentierbare Erfindung vorliegen könnte, obliegt zunächst dem Projektleiter und dem Projektüberprüfungskomitee. Wenn ein Projekt neue Bestandteile aufwirft, wird die zentrale Intellectual Property Abteilung zur weitergehenden Beurteilung eingebunden. • Verantwortung der DIPOs bei kleineren Projekten und lokalen Entwicklungen: Da die DIPOs innerhalb der Geschäftsbereiche in der Regel über ein gutes Netzwerk verfügen, können Erfindungen normalerweise schnell identifiziert werden. • Informelles Netzwerk der zentralen Intellectual Property Abteilung: Im Gespräch mit Mitarbeitern versucht die Intellectual Property Abteilung im Unternehmen vorliegende Erfindungen zu identifizieren. Das weitaus effektivste Instrument zur Identifizierung von Erfindungen ist bisher das informelle Netzwerk der zentralen Patentabteilung: „In der Kaffeepause finde ich nach wie vor die meisten Erfindungen“, so Dr. F. Cuypers, Head Group Intellectual Property bei Swiss Re (Müller 2004).
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Das von der Intellectual Property Abteilung initiierte Awareness-Programm soll hier weiter zur Erleichterung der Wissensidentifizierung beitragen. Ein wesentliches Problem bei der Umsetzung besteht noch darin, dass die Intellectual Property Abteilung zu spät über patentierbare Erfindungen informiert wird. Häufiger Grund hierfür sind oft vorschnelle Veröffentlichungen, die beispielsweise durch Vorträge auf Seminaren und Konferenzen, durch Publikationen sowie im Austausch mit Dritten verursacht werden. Kultur. Intellectual Property ist ein neues Phänomen in der gesamten Finanzdienstleistungsbranche. Bisher herrschte die Vorstellung, dass Intellectual Property nur in Technologie intensiven Branchen, wie beispielsweise der Maschinenbaubranche relevant ist. Die dafür erforderlichen Methoden wurden aber nie wirklich auf Dienstleistungsdomänen wie die Banken- und Versicherungsbranche übertragen. Der Umgang mit Intellectual Property ist deshalb auch für das Rückversicherungsunternehmen Swiss Re eine neue Herausforderung. Für viele Mitarbeiter, insbesondere für Mathematiker und Naturwissenschaftler, ist es daher zum Teil schwer nachvollziehbar, warum Geschäftsmethoden oder Softwareanwendungen plötzlich als Intellectual Property eine Bedeutung für das Unternehmen darstellen sollen. Bei Swiss Re besteht nicht die Absicht, dass Intellectual Property zum generellen Tagesgeschäft eines durchschnittlichen Mitarbeiters gehört. Ähnlich wie die Informationstechnologie, wird es als unterstützendes Element gesehen. Derzeit besteht jedoch bei einer Mehrheit der Mitarbeiterschaft noch eine ungenügende Sensibilisierung und ein limitierter Wille, auf Intellectual Property zu achten. Als Resultat einer allgemein bestehenden Informationsüberflutung werden nicht zum Tagesgeschäft zugerechnete Informationen und Aktivitäten durch Mitarbeiter häufig ignoriert oder als unwichtig erachtet. Es kommt hinzu, dass die DIPOs teilweise noch Schwierigkeiten haben, den Zeitaufwand in Höhe von fünf Prozent der Arbeitszeit für Aufgaben zu rechtfertigen, die nicht zum Tagesgeschäft im engeren Sinne gehören. Seit kurzem hat Swiss Re deshalb ein revidiertes Anreizsystem für Erfindungen eingeführt. Es besteht aus monetären und nicht monetären Komponenten. Nicht monetäre Elemente sind unter anderem: • Hall of Fame im Intranet: Die Erfinder werden im Intranet der Swiss Re in einem speziellem Bereich aufgeführt und geehrt. • Anerkennungsschreiben von einem Geschäftsleitungsmitglied. • Silberdollar. • Diverse kleine Geschenke.
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• Jährliche Abendessen, zu denen alle Erfinder eingeladen sind. Darüber hinaus erhalten Erfinder einen monetären Pauschalbetrag, der abhängig von der erreichten Verfahrensstufe im Patentanmelde- und Erteilungsprozess ist. Ein Erfinder erhält beispielsweise einen höheren Betrag bei Erteilung eines Patents durch ein Patentamt als für die vorhergehende Patentanmeldung. Swiss Re setzt derzeit zur Stimulierung der Erfindungskultur allerdings vorwiegend auf die nicht monetären Anreizkomponenten. Bewertung von Patenten Momentan werden bei Swiss Re noch keine vollständigen Patentanalysen durchgeführt, da derzeit zu wenig Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Patentabteilung befindet sich noch in der Aufbauphase, weshalb nicht jede Aufgabe mit gleich hoher Priorität wahrgenommen wird. In etwa fünf bis zehn Jahren werden fundiertere Patentanalysen allerdings ein unumgängliches Hilfsmittel sein. Dabei sollen (Rück-) Versicherungsaktivitäten untersucht, Markt-Trends aufgespürt, Patentverletzungen verhindert und auch die Auswahl von möglichen Kooperationspartnern erleichtert werden. Ein erster Schritt hierzu ist die Akquisition eines multifunktionalen Such- und Klassifizierungsinstruments im Frühjahr 2003. Verfeinerte Analysen werden zukünftig somit ermöglicht. Verwertung und Kommerzialisierung von Patenten Swiss Re verfolgt eine offene Lizenzpolitik und möchte verstärkt mit Dritten kooperieren und zusammenarbeiten statt zu monopolisieren. Darüber hinaus besteht je nach Situation auch das Interesse und die Bereitschaft an Kreuzlizenzierungsabkommen. Die Finanzdienstleistungsbranche ist von Unternehmen geprägt ist, die häufig auf eine lange Tradition zurückblicken können. Die Branche ist nun konfrontiert mit plötzlich und schnell entstandenen Chancen- und Risikoszenarien auf Basis von gewerblichen Schutzrechten, insbesondere Patenten. Der Trend hierzu geht auf Mitte der 90er Jahre in den USA und Japan zurück. Angloamerikanische und japanische Traditionshäuser gelten im globalen Wettbewerb der Finanzdienstleister als Vorreiter in Bezug auf den Umgang mit Intellectual Property. Europäische Unternehmen haben größtenteils weder die daraus für sie resultierenden Risiken erkannt, noch Gegenmaßnahmen oder Aktivitäten entwickelt, um eigene Chancen zu sichern.
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Swiss Re hat sich folgende Schwerpunkte für das zukünftige Intellectual Property Management gesetzt: • Weitere Sensibilisierung für Intellectual Property Belange im Unternehmen. • Unterhalt von Partnerschaften mit Banken und Versicherungen, insbesondere im Bereich der Förderung von computer-implementierten Erfindungen in Europa („Software“-Patente). • Eigenständige Formulierung und Ausarbeitung von Patentansprüchen, insbesondere zur Anmeldung vor dem Europäischen Patentamt. Aus dem vorgestellten Beispiel des Rückversicherungsunternehmens Swiss Re können folgende Erfolgsfaktoren für das Intellectual Property Management mit besonderem Fokus auf die Finanzdienstleistungsbranche abgeleitet werden: 1. Unterstützung durch Top-Management: Unterstützung vom Top-Management und einer Intellectual Property Abteilung ist wichtig, jedoch kommt es im Austausch mit Dritten oft auf das mittlere Management und die jeweils verantwortlichen Mitarbeiter an. Wenn sich diese in Intellectual Property Belangen korrekt verhalten, können Erfindungen geschützt werden, bevor diese an die Öffentlichkeit gelangen. 2. Awareness-Programm: Eine Sensibilisierung auf das Thema Intellectual Property ist daher generell erforderlich. Dies kann beispielsweise durch ein entsprechendes Awareness-Programm erfolgen, mit dem möglichst viele Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum erreicht werden können. Derartige Maßnahmen sollten unbedingt langfristig ausgerichtet sein, da gerade in Branchen, in denen nur geringe Kenntnisse oder sogar Ablehnung gegenüber Patenten besteht, erst eine aktive Interaktion mit zahlreichen Beteiligten erfolgen muss. 3. Anreizsystem für Erfindungen: Die Einführung eines Anreizsystems für Erfindungen ist ein bewährtes Hilfsmittel zu Unterstützung der Aktivitäten der Intellectual Property Abteilung. Ein wichtiger Punkt ist dabei, die Anreize hinreichend bei der Mitarbeiterschaft zu kommunizieren und festzustellen, ob diese ausreichend wahrgenommen werden. Ohne wirksames Anreizsystem oder bei unzulänglicher Wahrnehmung besteht die Gefahr, dass Erfindungen nicht oder zu spät gemeldet werden, auch wenn ein generelles Bewusstsein für die Bedeutung von Intellectual Property besteht. 4. Identifizierung von Erfindungen: Die Identifizierung von Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter basiert auf der Nutzbarkeit von informellen Kontakten innerhalb des Unternehmens. Unterstützend können in
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Projekte integrierte Prozesse und Mechanismen wirken, mit denen die Identifikation erleichtert wird. 5. Lokale Ansprech- und Vermittlungspartner für Intellectual Property: Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Wissensidentifikation betrifft die Mittlerpersonen (DIPOs) zwischen den Geschäftsbereichen und der zentralen Intellectual Property Abteilung. Diese sollten nach Kriterien, wie beispielsweise Vernetzung bei den Mitarbeitern, Marktkenntnisse sowie Wissen über und Sensibilisierung für Intellectual Property Belange ausgewählt werden. In Unternehmen, in denen keine konzentrierte F&E-Abteilung besteht und die Forscher und damit die potentiellen Erfinder im Unternehmen verstreut sind, vergleichsweise mit der Swiss Re, gilt es Hot Spots ausfindig zu machen und entsprechend DIPOs zu platzieren. 6. Verteidigungsposition: Ein großes, stark diversifiziertes Patentportfolio ist eine gute Grundlage für die Abwehr von Intellectual Property basierten Angriffen Dritter. Die eigene Verhandlungsposition kann so entscheidend gestärkt werden. Es besteht beispielsweise die Option, Kreuzlizenzverträge abschließen zu können. 7. Nachhaltigkeit der Intellectual Property Aktivitäten und hinreichendes Budget: Der Aufbau eines eigenen Intellectual Property Portfolios stellt insbesondere in der Finanzdienstleistungsbranche ein zeitintensives und aufwendiges Vorhaben dar. Vorteilhaft ist es daher, wenn die Intellectual Property Abteilung zumindest die anfallenden Kosten für Anmeldeund Verfahrensführung der Patentanmeldungen übernehmen kann. 8. Nutzung von externem Experten Know-how: Der Einbezug von fachkundigen und erfahrenen externen Patentanwälten ist insbesondere in Unternehmen sinnvoll, welche selbst noch über wenig Erfahrung im Umgang mit Intellectual Property verfügen.
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Take Aways Swiss Re • Unterstützung durch das Top-Management und intensiver Austausch mit dem mittleren Management. • Awareness-Programm zur kontinuierlichen Sensibilisierung der Mitarbeiter in Bezug auf die Intellectual Property Thematik. • Anreizsystem für Erfindungen mit nicht monetären und monetären Elementen. • Identifizierung von Erfindungen durch informelle Kontakte und in Projekte integrierte Prozesse. • Lokale Ansprech- und Vermittlungspartner für Intellectual Property. • Verteidigungsposition durch starkes und diversifiziertes Patentportfolio. • Nachhaltigkeit der Intellectual Property Aktivitäten und hinreichendes Budget. • Nutzung von externem Experten Know-how.
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Unaxis43 Unaxis ist ein weltweit führender Anbieter von Produktionssystemen, Komponenten und Dienstleistungen für ausgewählte Wachstumsmärkte der Informationstechnologie sowie für anspruchsvolle TechnologieApplikationen. Der Tätigkeitsbereich von Unaxis umfasst die Segmente Coating Services (Beschichtungen von Werkzeugen und Präzisionsbauteilen), Vacuum Solutions (Vakuumtechnologie für Fertigungsindustrie und wissenschaftliche Anwendungen), Data Storage Solutions (Vervielfältigungs- und Beschichtungstechnologie), Components and Special Systems (Optik und Raumfahrttechnik), Solar and Display Technology (DünnfilmSolarmodule und Bildschirmtechnologie) sowie Semiconductor Equipment (Produktionssysteme und -automation für Halbleiter) (Abb. VIII.25). Unaxis beschäftigt rund 6.500 Mitarbeiter und erzielte im Geschäftsjahr 2005 auf einen Umsatz von 1,6 Milliarden Schweizer Franken. Der Konzern mit Hauptsitz in Pfäffikon im Kanton Schwyz verfügt über eigene Produktionsstandorte in Europa, Nordamerika und Asien sowie Vertriebsgesellschaften in 25 Ländern. Im Folgenden werden die Intellectual Property Aktivitäten von Unaxis am Beispiel des Bereichs Unaxis Displays im Segment Solar and Display Technology beschrieben. Der Geschäftsbereich Unaxis Displays entwickelt Dünnfilmbeschich-
Solar and Display Technology
Semiconductor Equipment
ESEC
Unaxis Wafer Processing
Unaxis Displays
Unaxis Solar
(Space Technology)
Contraves Space
Leybold Vaccum
Components and Special Systems
(Optics)
Balzers
Data Storage Solutions
Unaxis Optics
Vacuum Solutions
Unaxis Data Storage
Coating Services
Abb. VIII.25. Konzernstruktur Unaxis mit Geschäftssegmenten (2005)
43 Im
September 2006 wurde der Unaxis Konzern in OC Oerlikon umbenannt sowie umstrukturiert.
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tungsverfahren für die Herstellung von TFT-Flachbildschirmen. Die TFTTechnologie steuert die einzelnen Bildschirm-Pixel durch ein aktives Halbleiter-Bauelement und erzeugt dadurch kontrastreiche, brillante Bilder. TFT-Flachbildschirme werden für Fernseher, Notebooks, PCs, Mobiltelefone sowie PDAs eingesetzt. Aufgrund der bei Unaxis Displays entwickelten technologischen Verfahren können die Fertigungskosten um bis zu 40% verringert werden. Die Produktionssysteme von Unaxis sind so ausgelegt, dass die spezifischen Anforderungen der Kunden vom ersten Konzept bis zu Prozessplanung, Implementierung, Fertigung und Kundendienst erfüllt werden. Insgesamt dauert die Fertigung eines Display-Systems ungefähr neun Monate. Displays unterhält lokale Vertriebs- und Kundendienstzentren in Japan, Korea, Taiwan und China, wo weltweit 99% aller Flachbildschirme hergestellt werden. Zusätzlich bestehen Entwicklungs- und Fertigungsanlagen in Trübbach, Schweiz sowie Forschungseinrichtungen in Paris, Frankreich und Osaka, Japan. Unaxis Display hält einen Weltmarktanteil von etwa 20%, der sich vorwiegend in Asien befindet. Es gibt nur etwa zwei bis drei direkte Wettbewerber, dennoch wird aber indirekt auch die ganze Halbleiterzulieferindustrie als technologischer Wettbewerb gesehen. Generierung von Patenten Strategie. Unaxis hat als technologieorientiertes Unternehmen erkannt, dass Intellectual Property ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Intellectual Property soll dabei einen Beitrag zum Geschäftserfolg liefern, ohne zum Selbstzweck zu verkommen. So sollen mit Intellectual Property einerseits Positionen im Markt verteidigt werden und andererseits neue Geschäftsfelder erschlossen werden. Unaxis Displays sowie die größten zwei Wettbewerber verfolgen untereinander eine passive Patentstrategie: „Leben und leben lassen“. Als problematisch wird die große Anzahl an Schutzrechten in Fernost betrachtet. Bereits mehr als 50% der relevanten Schutzrechte sind dort angemeldet. Seitens des Intellectual Property Managements wird nunmehr versucht, Anzahl und Qualität der Schutzrechte zu erhöhen und gleichzeitig das Bewusstsein über die Bedeutung von Schutzrechten bei den Forschern und Entwicklern zu erhöhen. Das Intellectual Property Management legt Wert auf die Qualität von Innovationen. Dennoch muss auch die Quantität (Anzahl von Schutzrechten) angemessen sein: Ein ausgewogenes Kosten- / Nutzen-Verhältnis wird dabei als Schlüssel zum Erfolg gesehen. Unaxis
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Displays hat sich zum Ziel gesetzt, die Anzahl der Patentanmeldungen auf eine Patentanmeldung pro zehn F&E-Mitarbeiter pro Jahr zu verdoppeln. Das Patentportfolio dient im Wesentlichen dem Schutz der Anlagen die produziert werden: Die Strukturierung und damit auch die Bewertung beziehen sich auf den Stellenwert der Anlagen und ihrer Komponenten. Da der Markt nur aus wenigen asiatischen Ländern sowie den USA besteht, erfolgt bei Unaxis Displays keine detailliertere Portfoliostrukturierung. Durch die geringe Anzahl von Anmeldungen auf Geschäftsbereichsstufe von weniger als zehn pro Jahr sowie die gut handhabbaren 70 F&EMitarbeiter kann sehr pragmatisch vorgegangen werden. Eine eigentliche Patentstrategie befindet sich derzeit erst im Aufbau. Da Unaxis Displays im Wesentlichen Produktionsanlagen herstellt, haben Marken eine untergeordnete Rolle. Dies steht im deutlichen Gegensatz zu den Kunden von Unaxis. Treibende Kraft beim Portfolioaufbau ist stets der Schutz der eigenen Anlagen und Entwicklungen. Eine Beeinflussung des Ideengenerierungsprozesses erfolgt vorrangig durch direkte Kontakte und Gespräche eines divisionalen Intellectual Property Managers mit den Erfindern. Zur Optimierung des Portfolios wird bei fälligen Kosten- und Gebührenfristen entschieden, ob Schutzrechte fallen zu lassen oder noch zu halten sind. Portfolioinformationen stehen neben der Geschäftsleitung auch der Patentabteilung sowie der F&E-Leitung zu Verfügung: Letztendlich stellt aber die F&E das Budget für die Schutzrechte. Wegen der geringen Portfoliogröße und der sich in der Implementierungsphase befindlichen Patentstrategie hat sich Unaxis bisher noch nicht auf ein Portfolio-Werkzeug festgelegt. Unaxis hält etwa 2.000 Einzelschutzrechte, die auf 400 Patentfamilien zurückgehen. Auf Unaxis Displays gehen davon etwa 45 Patentfamilien zurück. Nachanmeldungen werden in der Regel in den Ländern Japan, Südkorea, Taiwan und China angemeldet, da sich dort Produktionsanlagen befinden. Prozesse. Unaxis Displays setzt zur Technologie-Früherkennung insbesondere auf Besuche internationaler Konferenzen, Zusammenarbeit mit Hochschulen, Fachzeitschriften sowie Patentanalysen. Patentanalysen werden dabei vorwiegend eingesetzt, um Wettbewerber zu beobachten. Ziel ist es, hierdurch eine Vergrößerung des Absatzmarktes zu unterstützen sowie die Steuerung der Entwicklung in Richtung neuer Technologien und neuer Märkte zu erleichtern. In der Regel sind Patentanalysen bei Unaxis ad hoc Abfragen, aber auch „flächendeckende“ Abfragen, die durch Hochschul-Kooperationen, beispielsweise Diplomarbeiten abgedeckt werden. Intern erfolgt die Zusam-
310
Successful Practice Unternehmen
menarbeitet mit der Forschungsabteilung und der Marketing-Abteilung. Extern erfolgt die Zusammenarbeit vorwiegend mit Hochschulen. In der Regel stehen für die Patentanalysen intern etwa ein bis zwei Tage, extern etwa zwölf Wochen zur Verfügung. Von besonderem Interesse ist bei Unaxis dabei die Suche nach Trends für neue Märkte und Anwendungen bestehender Produkte, beispielsweise Unaxis-Fertigungsmaschinen sowie die Suche nach disruptiven Technologien, die derzeitige Märkte gefährden könnten. Unaxis setzt derzeit Patentanalysen noch in geringem Umfang zur Bewertung von Schutzrechten ein. Die Haupt-Zielsetzung der gesamten Patentstrategie ist die Absicherung der Produktionsanlagen. Da der Wettbewerb überschaubar ist, kann bei eigenen Unaxis-Entwicklungsprojekten im Prinzip jedes Konkurrenzpatent in Betracht gezogen werden. Organisation. Unaxis unterhält zentral eine Patentabteilung mit drei Mitarbeitern: Patent-Professional, Rechercheur und Sekretariat/Verwaltung. Dezentral, wie beispielsweise im Geschäftsbereich Unaxis Displays, übernimmt ein Intellectual Property Manager als Gatekeeper die Koordination und Kommunikation zwischen dem Bereich, den Erfindern und der zentralen Patentabteilung. Die Ausarbeitung von Patentanmeldungen und die Verfahrensführung werden aber ausschließlich von externen Patentanwälten vorgenommen. Gebührenfristen werden vierteljährlich gesammelt. Bei Fälligkeit wird die Entscheidung über Aufrechterhaltung der Einzelschutzrechte getroffen: Dazu befragt die Patentabteilung auf Konzernstufe über den Intellectual Property Gatekeeper auf Divisionsstufe sowohl die Erfinder, als auch den Divisions-F&E-Leiter. Für das Fallenlassen von Schutzrechten wird zusätzlich der Divisionsleiter befragt. Für Erstanmeldungen sammelt der Gatekeeper die Erfindungsmeldungen und bereitet sie soweit auf, dass die Patentabteilung eine Recherche durchführen kann. Ausgehend vom Resultat der Recherche und den Empfehlungen der Patentabteilung entscheidet der Gatekeeper zusammen mit dem F&E-Leiter über die Einreichung der Anmeldung. An der Entscheidungsfindung sind somit die Erfinder selbst, der Gatekeeper, der F&E-Leiter sowie die Patentabteilung beteiligt. Aktive Beiträge leisten die Erfinder in Form von Erfindungsmeldung, der Gatekeeper überprüft die Qualität der Erfindungsmeldung und führt eine erste Recherche durch. Die Patentabteilung überprüft die Erfindungshöhe und führt eine vertiefte Recherche durch. Kultur. Als besonders anschlussfähig haben sich vor allem jene Veränderungsinitiativen erwiesen, die kostenneutral und ohne radikale Umstrukturierungen durchführbar sind, wie beispielsweise interne Patent- und Recherchekurse. Die wirkungsvollste Art, mit Erfolgen sowie mit Misser-
Unaxis
311
folgen umzugehen, sieht Unaxis darin, aus diesen zu lernen und künftig Fehler zu vermeiden. Im Fokus stehen die Ausbildung und Sensibilisierung der F&E. Als innovationsfördernden Anreiz erhalten die Erfinder bei Unaxis einen finanziellen Bonus bei erfolgreicher Patentanmeldung und in Abhängigkeit der Relevanz der Erfindung. Bei Unaxis Displays werden vorwiegend bilaterale Gespräche oder Emails für die Kommunikation angewendet. Meetings oder Konferenzen bilden eher die Ausnahme. Da das Top-Management von der Bedeutung des geistigen Eigentums schon überzeugt ist, sind es oft die Ingenieure, die noch überzeugt werden müssen. Bewertung und Verwertung von Patenten Intellectual Property bezogene Auswertungen bilden die Grundlage für quantitative Intellectual Property Vorgaben der individuellen Zielvereinbarungen. Des Weiteren werden die Einhaltung des vereinbarten Budgets und die Einhaltung der Qualitätsvorgaben für Intellectual Property berücksichtigt. Unaxis sieht sich derzeit mit neuen Herausforderungen konfrontiert, die Veränderungen an die bisherige Vorgehensweise in Entwicklung und Beschaffung stellen. Dies geht zurück auf: • Zunehmende Komplexität von Technologien und Prozessen; • Sinkende Entwicklungszyklen (lead time reduction). Unaxis befindet sich derzeit im Übergang von der traditionell geschlossenen zu einer zunehmend offenen Lizenzpolitik. Diese setzt auf offene Kommunikation und Netzwerkbildung mit externen F&E-Zentren, kontinuierliche Weiterbildung der Mitarbeiter, ständige Suche nach externem Intellectual Property sowie dessen Einlizenzierung. Während Unaxis bisher Lizenzverträge nur zur Vermeidung von größeren Einbußen oder zur Stärkung der Geschäftsposition einging, wird zukünftig explizit der Einsatz von aktiven und passiven Lizenzen als Instrument für die Produkt- und Geschäftsentwicklung befürwortet. Hierzu zählen auch die systematische Suche nach und Abschlüsse von Patentlizenzaustauschverträgen. Letztere sollen den Einkauf von Intellectual Property und von Unternehmen zwecks Erwerbs von Intellectual Property ablösen. Da sich Unaxis zum Systemintegrierer entwickelt, werden zunehmend Produktionstätigkeiten ausgelagert. Die dafür erforderlichen Lizenzen werden an die Auftragnehmer vergeben. Ein Verkauf von Schutzrechten
312
Successful Practice Unternehmen
findet jedoch nicht statt. Bei Verkauf von Unternehmen oder Geschäftssegmenten gilt: • Single-use-Patente werden verkauft. Unaxis behält sich eine nichtexklusive Rücklizenz für Anwendungen außerhalb des verkauften Geschäftsgebiets vor. • Multiple-use-Patente werden nicht verkauft. Der Käufer erhält aber eine exklusive Lizenz für das entsprechende Anwendungsgebiet. An Kunden von Unaxis werden die für den Betrieb erforderlichen Lizenzen der verkauften Produktionsanlagen mitlizenziert. Davon sind allerdings Verwendungen der Produktionsanlagen ausgeschlossen, die: • in Kombination mit Bestandteilen erfolgt, die nicht von Unaxis stammen oder nicht genehmigt wurden; • zur Herstellung nicht genehmigter Produkte führen, die eine Lizenz von Dritten erfordert; • durch nicht von Unaxis vorgenommene oder genehmigte Veränderungen an der Anlage entstanden sind. Die Höhe der Lizenzsätze wird individuell vereinbart und ist gewöhnlich an den branchenüblichen Sätzen ausgerichtet. Lizenzverträge werden je nach Bedeutung von den Divisionsleitern oder der Konzernleitung genehmigt. Patentmanagement in Kooperationen Für Unaxis Displays sind aufgrund der Geschäftstätigkeit als Apparatebauer Kooperationen mit Kunden, Universitäten und mit Zulieferern von zentraler Bedeutung. Etwa 30% der Kooperationen erfolgt mit Universitäten, Zulieferern und Kunden; 10% gehen auf europäische Firmenkonsortien zurück. Mit Wettbewerbern bestehen im Wesentlichen keine Kooperationen. Die Kooperationsstrategien unterscheiden zwischen den verschiedenen Kooperationspartnertypen: • Bei Kooperationen mit Hochschulen, EU-Förderprojekten und Firmenkonsortien verfolgt Unaxis mehr Grundlagenforschung, um den Weg in die Zukunft zu ebnen. • Bei Kooperationen mit Kunden oder Zulieferern zielt die Kooperation meist auf Entwicklungen und Verbesserungen ab. Bei Letzteren stehen entsprechend oft preisliche Vorteile im Vordergrund („Wie können wir etwas günstiger oder effizienter durchführen?“).
Unaxis
313
Ziel in Kooperationen mit Universitäten ist es, insbesondere Intellectual Property aufzubauen. Die Intellectual Property Management Abteilung von Unaxis Displays macht jedoch zunehmend die Erfahrung, dass Kooperationspartner bereits in der frühen Phase der Kooperation einen immer höheren Anteil an den Intellectual Property Rechten zu erlangen versuchen: Hochschulen sehen beispielsweise zunehmend eine Voraussetzung darin, dass Kooperationsschutzrechte bei der Universität verbleiben, und bei Bedarf lediglich an das Auftrag vergebende Unternehmen lizenziert werden. In Kooperationen mit Zulieferern und Kunden hingegen spielt Intellectual Property eher eine untergeordnete Rolle. Angestrebt wird meist eine Aufteilung des Intellectual Propertys: Geteilte Kosten, geteilte Rechte. Sublizenzen können nicht ohne vorherige Absprache vergeben werden. Die gemeinsame Patentinhaberschaft liegt deshalb bei Unaxis häufig vor. Die Rolle von Patentanalysen bei der Vorbereitung auf Verhandlungen ist von Fall zu Fall sehr verschieden. Insbesondere bei Kooperationsgesprächen mit amerikanischen Unternehmen sind diese allerdings von zunehmender Bedeutung. Patentanalysen werden weniger zur Suche nach geeigneten Kooperationspartnern eingesetzt, als zur Überprüfung bereits gefundener Kooperationspartner. Die Patentanalysen werden dann vorwiegend herangezogen, um bestehendes Intellectual Property gegenüber Intellectual Property abzugrenzen, das bei der Kooperation erst entstehen soll. Bei der Verwertung von Kooperationsergebnissen wird vor der Kooperation klar das im Vorfeld eingebrachte Wissen definiert. Dies erfolgt unter anderem durch vorzeitige Patentanmeldungen. Des Weiteren wird festgelegt, welches Wissen in der Kooperation erarbeitet werden soll. Im Allgemeinen werden jedoch keine Post-Kooperationsregelungen festgelegt. Als Hersteller von Produktionsanlagen ist Unaxis Displays allerdings sehr darauf bedacht, Intellectual Property aus Kooperationen auch an Kunden weitergeben zu können, da diese die gelieferten Anlagen später betreiben. Exklusivitäten werden daher besonders genau auf ihren Nutzen hin betrachtet. Die überwiegende Mehrheit der Kooperationen verlief bei Unaxis Displays bisher erfolgreich. Von besonderer Bedeutung sind in Kooperationsverträgen eine klare Zieldefinition, eine klare Abgrenzung zu bereits vorhandenem Intellectual Property sowie eine regelmäßige Kommunikation. Als Beispiel kann eine Entwicklungskooperation mit einem japanischen Zulieferer für Transportroboter aufgezeigt werden. Es bestand die Absicht, die Kosten für Entwicklung und Intellectual Property zu teilen. Der Lieferant sollte die Patentanmeldungen durchführen. Als problematisch erwies
314
Successful Practice Unternehmen
sich schließlich aber, dass dieser tatsächlich nur einen Teil der Erfindungen und darüber hinaus nur in Japan anmeldete, da weitere Regelungen nicht getroffen worden waren. Rückblickend hätten durch eine detailliertere Vereinbarung im Vorfeld der Kooperation die unterschiedlichen Erwartungshaltungen deutlich werden und diese Schwierigkeiten vermieden werden können.
Take Aways Unaxis Displays • Vom Top-Management initiierte Patentinitiative. • Bisheriges stillschweigendes Nichtangriffsverhalten zwischen den großen Wettbewerbern beginnt aufzuweichen. • Quantitative Leistungszielsetzung für Erfindungstätigkeit der F&E. • Divisionaler Intellectual Property Manager als Schnittstelle zur zentralen Patentabteilung. • Intellectual Property Manager überprüft Qualität von Erfindungen und führt Erstrecherchen durch. • F&E-Kooperationstätigkeit mit Hochschulen, Zulieferern und Kunden. • Verwendung von Patentportfolioanalysen zur vorsondierter, potentieller Kooperationspartner.
Überprüfung
IX. Anhang
Fakten und Trends Im Folgenden sind einige für den Praktiker interessante Fakten, Einstiegshilfen, Trends und Statistiken zu Patenten aufgeführt: • • • • • • • • • • • • • • •
Aufbau einer Offenlegungsschrift/Patentschrift. Inhaltskomponenten von Patentschriften. Schriftenartencodes bei Patentdokumenten. Patentklassifikation (inkl. Auszug aus der ECLA-Patentklassifikation). Hinweise zum Recherchieren. Webkataloge und Glossare im Internet. Gebühren für Schutzrechte. Europäisches Patenterteilungsverfahren (zeitlicher Überblick, Prozessablauf). Anmeldungen am Europäischen Patentamt. Verfahrensdauer und Lebenszeit von Patenten. Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation. Die größten Anmelder beim EPA. Benennungshäufigkeit der EPA-Vertragsstaaten. Deutschland: Regionale Verteilung der Patentanmelder. Vergleich Europa mit USA.
316
Anhang
Aufbau einer Offenlegungsschrift/Patentschrift Titelseite einer Offenlegungsschrift bzw. eines Patentdokuments: • • • • • • • • •
Land, Veröffentlichungsnummer (19), (10) Klassifizierung IPC (51) Prioritätstag (30) Anmeldetag (22) Offenlegungstag (Patentanmeldung) / Erteilungstag (Patent) (43), (45) Inhaber, Erfinder, Vertreter (71), (72), (74) Titel/Bezeichnung (54) Zusammenfassung (57) häufig Zeichnung
Abb. IX.1.
Beispiel für die Titelseite einer Offenlegungsschrift (Patentanmeldung)
Fakten und Trends
317
Inhaltskomponenten von Patentschriften
hoch
• Titelseite: • Land, Veröffentlichungsnummer. • Klassifizierung IPC. • Bibliographische Daten (Prioritätstag, Anmeldetag, Offenlegungstag, Erteilungstag, geprüfter Stand der Technik). • Inhaber, Erfinder, Vertreter. • Titel/Bezeichnung. • Zusammenfassung. • Beschreibung: • Eingrenzung des technischen Gebiets. • Diskussion des Stands der Technik und der Nachteile. • Aufgabenstellung. • Darstellung der Erfindung (in der Regel erster Anspruch), einschließlich Beschreibung der Vorteile; Lösungsvarianten. • Kurzbeschreibung der Zeichnungen. • Beschreibung der Erfindung unter Verweis auf die Zeichnungen. • Unabhängige und abhängige Patentansprüche, einteilig oder zweiteilig („dadurch gekennzeichnet, dass“). • Zeichnungen.
Unteransprüche
Beispiele und Figuren
Komplexität
Zusammenfassung
Stand der Technik
niedrig
Titel
niedrig
Hauptanspruch
Aufgabe
Abstraktionsgrad
hoch
Quelle: IGE (2005)
Abb. IX.2.
Inhaltskomponenten eines Patentdokuments
318
Anhang
Schriftenartencodes bei Patentdokumenten
Zur eindeutigen Kennzeichnung der verschiedenen Arten von Patentdokumenten, z.B. Offenlegungsschriften, Patentschriften und Gebrauchsmusterschriften, hat die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) die Verwendung von Schriftenartencodes gemäß WIPO-Standard ST.16 empfohlen.44 Die Codes bestehen aus einem Buchstaben und häufig einer Ziffer, die rechts neben der Veröffentlichungsnummer aufgedruckt werden. Beispiel Deutsche Patentdokumente seit 200445. Folgende Buchstaben wurden und werden für DE-Patentdokumente verwendet (aus der Liste gemäß WIPO-Standard ST.16). • A 1. Publikationsniveau bei Patentverfahren, ungeprüfte Patentanmeldung, wie z.B. Offenlegungsschrift. • B 2. Publikationsniveau bei Patentverfahren, z.B. ab 2004 DEPatentschrift oder (wie bis ca. 1981) DE-Auslegeschrift (geprüfte Anmeldung), in der Regel jeweils nach vorhergegangener Veröffentlichung einer ungeprüften Anmeldung (A). • C 3. Publikationsniveau bei Patentverfahren, z.B. ab 2004 geänderte Patentschrift nach vorangegangenen Patent- und Offenlegungsschriften. Bis 1981 wurde die Patentschrift nach Auslege- (B) und Offenlegungsschrift (A) publiziert, von 1981 bis 2004 war die C-Schrift in der Regel die 2. Publikation. • U Gebrauchsmusterschriften. • T Übersetzungen; Veröffentlichung der Übersetzung eines vollständigen Patentdokuments oder eines Teiles eines Patentdokuments, das bereits durch eine andere Patentbehörde veröffentlicht wurde. Beispiel Europäische Patentdokumente: • • • • •
44 45
A1 Patentanmeldung mit Recherchenbericht. A2 Patentanmeldung ohne Recherchenbericht. A3 Recherchenbericht. B1 Patentschrift. B2 Geänderte Patentschrift (nach Einspruchsverfahren).
WIPO-Standard ST.16 und ST.50: http://www.wipo.int/scit/en/index.html DPMA „Benutzerinformation 17“: http://www.dpma.de/formulare/bi17.pdf
Fakten und Trends
319
Patentklassifikation
Die gesamte Patentliteratur umfasst weltweit etwa 30 Millionen Dokumente. In den letzten Jahren kamen im Mittel jährlich etwa 1 Million Dokumente hinzu. Um eine strukturierte Ablage der Dokumente zu ermöglichen, und um die Suche in der Patentliteratur zu vereinfachen, wurden verschiedene Klassifikationen eingeführt. Dabei hat sich die Internationale Patentklassifikation (IPC) zur sachgebietsmäßigen Einteilung von Patenten und Gebrauchsmustern durchgesetzt, die weltweit von den Patentämtern in über 80 Ländern angewendet wird. Die IPC wird alle fünf Jahre überarbeitet und hat zurzeit in der 8. Ausgabe über 70.000 Einordnungsstellen. Das Europäische Patentamt wendet darüber hinaus auch die Europäische Patentklassifikation (ECLA) an. IPC und ECLA sind hierarchisch in absteigender Reihenfolge gegliedert (Tabelle IX.1 und Tabelle IX.2). Tabelle IX.1. Sektionen der IPC / ECLA Sektion IPC/ECLA
Beschreibung
Sektion A Sektion B Sektion C Sektion D Sektion E Sektion F Sektion G Sektion H
Täglicher Lebensbedarf. Arbeitsverfahren; Transportieren. Chemie; Hüttenwesen. Textilien; Papier. Bauwesen; Erdbohren; Bergbau. Maschinenbau; Beleuchtung; Heizung; Waffen; Sprengen. Physik. Elektrotechnik.
IPC-Liste: ECLA-Liste:
http://depatisnet.dpma.de/ipc/index.html http://v3.espacenet.com/eclasrch
Tabelle IX.2. Aufbau einer Klassifikation, am Beispiel G11B 33/04 Aufbau einer Klassifikation, am Beispiel G11B 33/04: Sektion Untersektion Klasse
Großbuchstabe Zahl (2-stellig) Großbuchstabe
G 11 B
Unterklasse Hauptgruppe Untergruppe
Zahl Zahl Zahl
33 /0 4
Physik Informationsspeicherung Relativbewegung zwischen Aufzeichnungsträger und Wandler Behälter, Verpackungselemente … ausgebildet für Aufzeichnungsträger … zur Aufbewahrung
320
Anhang
Auszug aus der ECLA-Patentklassifikation46 B
PERFORMING OPERATIONS; TRANSPORTING
B42
BOOKBINDING; MATTER
B60
VEHICLES IN GENERAL
B62
LAND VEHICLES FOR TRAVELLING OTHERWISE THAN ON RAILS
B65
CONVEYING; PACKING; STORING; HANDLING THIN OR FILAMENTARY MATERIAL
G
PHYSICS
G05
CONTROLLING; REGULATING (specially adapted to a particular field of use, see the relevant place for that field, e.g. A62C37/00, B03B13/00, B23Q)
G06
COMPUTING; CALCULATING; COUNTING (score computers for games A63; combinations of writing applicances with computing devices B43K29/08)
G06F
ELECTRICAL DIGITAL DATA PROCESSING (computers in which a part of the computation is effected hydraulically or pneumatically G06D; optically G06E; self-contained input or output peripheral equipment G06K; impedance networks using digital techniques H03H) [C9603]
46
ALBUMS;
FILES;
SPECIAL
PRINTED
G06F1
Details of data-processing equipment not covered by groups G06F3/00 to G06F13/00 [N: e.g. cooling, packaging, power supply, specially adapted for computer application]
G06F3
Input arrangements for transferring data to be processed into a form capable of being handled by the computer; Output arrangements for transferring data from processing unit to output unit, e.g. interface arrangements (typewriters B41J; conversion of physical variables F15B5/00, G01; image acquisition G06T1/00, G06F9/00; coding, decoding or code conversion in general H03M ; transmission of digital information H04L) [N: (in regulating or control systems G05B)]
Siehe http://l2.espacenet.com/eclasrch für einen vollständigen Überblick.
Fakten und Trends
321
G06F5
Methods or arrangements for data conversion without changing the order or content of the data handled (by coding or decoding H03M)
G06F7
Methods or arrangements for processing data by operating upon the order or content of the data handled (logic circuits H03K19/00)
G06F9
Arrangements for programme control, e.g. control unit (programme control for peripheral devices G06F13/10; in regulating or control systems G05B)
G06F11 Error detection; Error correction; Monitoring (methods or arrangements for verifying the correctness of marking on a record carrier G06K5/00; in information storage based on relative movement between record carrier and transducer G11B, e.g. G11B20/18; in static stores G11C; coding, decoding or code conversion, for error detection or error correction, in general H03M13/00) [C9509] G06F12 Accessing, addressing or allocating within memory systems or architectures (information storage in general G11) [N: Digital input or output to record carriers, e.g. to disc storage units G06F3/06] [C0405] G06F13 Interconnection of, or transfer of information or other signals between, memories, input/output devices or central processing units (interface circuits for specific input/output devices G06F3/00; multiprocessor systems G06F15/16; transmission of digital information in general H04L; selecting H04Q) [N: multiprogramme control therefore G06F9/46] G06F15 Digital computers in general (details G06F1/00 to G06F13/00); Data processing equipment in general (neural networks for image data processing G06T) [C9705] G06F17 Digital computing or data processing equipment or methods, specially adapted for specific functions [N9409] G06F19 Digital computing or data processing equipment or methods, specially adapted for specific applications (G06F17/00 takes precedence) [N9710] G06F21 [N: IPC 8] Security arrangements for protecting computers or computer systems against unauthorised activity (multiprogramming G06F9/46; protection against unauthorised use of memory G06F12/14; dispensing apparatus actuated by coded identity card or credit card G07F7/08; equipment anti-theft monitoring by a central station G08B26/00; secret or secure
322
Anhang communication H04L9/00; H04L12/00) [N0307]
data
switching
networks
G06K RECOGNITION OF DATA; PRESENTATION OF DATA; RECORD CARRIERS; HANDLING RECORD CARRIERS G06T
IMAGE DATA PROCESSING OR GENERATION, IN GENERAL (specially adapted for particular applications, see the relevant subclasses, e.g. G06K, G09G, H04N) [N9408]
G07
CHECKING-DEVICES
G08
SIGNALLING (indicating or display devices per se G09F; transmission of pictures H04N) [C9504]
G09
EDUCATION; CRYPTOGRAPHY; DISPLAY; ADVERTISING; SEALS
H
ELECTRICITY
H04
ELECTRIC COMMUNICATION TECHNIQUE
H04L
TRANSMISSION OF DIGITAL INFORMATION, e.g. TELEGRAPHIC COMMUNICATION (typewriters B41J; order telegraphs, fire or police telegraphs G08B; visual telegraphy G08B, C; teleautographic systems G08C; ciphering or deciphering apparatus per se G09C; coding, decoding or code conversion, in general H03M; arrangements common to telegraphic and telephonic communication H04M; selecting H04Q)
H04N
PICTORIAL COMMUNICATION, e.g. TELEVISION (measuring, testing G01; systems for autographic writing, e.g. writing telegraphy, which involve following an outline G08 [N: G08C21/00]; information storage based on relative movement between record carrier and transducer G11B; coding, decoding or code conversion, in general H03M; broadcast distribution or the recording of use made thereof H04H)
Fakten und Trends
323
Hinweise zum Recherchieren
Wozu sind Patent/Marken-Recherchen im Internet geeignet? • Herunterladen von Einzeldokumenten. • Nachschlagen von bekannten Informationen. • Einfache Fragen beantworten. • Kurzen Überblick verschaffen.
Tabelle IX.3. Übersicht über kostenfreie Internetrecherchenzugänge (Patente) Patente
Internetadresse
Canadian Patents Database DPMA (DEPATISnet)* DPMA (DPINFO)* Europ. Publikationsserver
http://patents1.ic.gc.ca/intro-e.html http://www.depatisnet.de https://dpinfo.dpma.de/ https://publications.european-patentoffice.org/PublicationServer/index.jsp?lg=en http://ep.espacenet.com
esp@cenet –EPA-Register für Pateninformationen Freepatentsonline – USA IGE JPO Österreichisches Patentamt* SurfIP – Singapore USPTO WIPO (PCT)
http://freepatentsonline.com/ http://www.swissreg.ch http://www.ipdl.ncipi.go.jp/homepg_e.ipdl http://www.european-patent-office.org/jpinfo/ http://www.patentamt.at/Content.Node_opa_internet/Home/daspatentamt/PubServ/Pubserv.html http://www.surfip.gov.sg/_patent-f.htm http://www.uspto.gov/patft/index.html http://ipdl.wipo.int
Stand: 2006 * incl. Gebrauchsmuster Tabelle IX.4. Übersicht über kostenfreie Internetrecherchenzugänge (Marken) Marken
Internetadresse
DPMA (DPINFO) IGE EU-Gemeinschaftsmarken Internationale Marke (IR)
https://dpinfo.dpma.de/ http://www.swissreg.ch http://oami.eu.int/de/database/ctm-online.htm http://www.wipo.int/ipdl/en/search/madrid/ search-struct.jsp
Stand: 2006
324
Anhang
Stärken von esp@cenet • ECLA-Klassifikation … ebenfalls via Internet. • Umfangreichste Sammlung. • Dokumente relativ schnell nach Publikation erhältlich (innerhalb von 14 Tagen); gut für die Überwachung von Schutzrechten. • Einfache Suche mit Stichwörtern. • Suche mit Wortstämmen möglich (Trunkierung). • pdf-Dateien mittlerweile komplett druck- und speicherbar.47 Schwächen von esp@cenet • Stichwortsuche eingeschränkt (einige nur Titel oder IPC). • Abfragesprache nur auf Englisch. • Keine statistischen Auswertungen. • Kein Ersatz für professionelle Suche. Grenzen im espacenet • Verknüpfung von maximal 21 Suchkriterien und 20 Operatoren. • Anzeige von maximal 500 Dokumenten. • Für viele Länder weder Abstract noch Volltext verfügbar. • Suche nur im Originaltitel und Abstract. • Trunkierung möglich, aber: Suche nach „car“ ergibt neben „cars“ auch „card“ und „carbone“. Stärken von DEPATISnet • Dokumente sehr schnell nach Publikation erhältlich; ist ideal für Überwachung. • Zweitgrößte Sammlung (ca. 28 Millionen Dokumente). • Suche mit Wortstämmen möglich (Trunkierung). • Freie Gestaltung der Trefferliste (mit Anmelder und IPC). • Mehrsprachiges Suchen möglich. • pdf-Dateien komplett druck- und speicherbar.47 Schwächen von DEPATISnet • Sammlung nicht so groß wie in espacenet. • Stichwortsuche eingeschränkt (z.T. nur Titel, Abstract oder IPC). • Anspruchsvolle Suchsprache im Fortgeschrittenenmodus. • Vorkenntnisse sinnvoll. • Kein Ersatz für eine professionelle Suche. 47 Mit
dem Programmtool docserver des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum lassen sich über die Veröffentlichungsnummer die Patentdokumente einer Patentfamilie in pdf-Format kostenlos herunterladen: http://www.ip4all.ch/pool4s/docserver/
Fakten und Trends
325
Webkataloge und Glossare im Internet
Tabelle IX.5. Webkataloge und Glossare im Internet Verfasser
Internetadresse
Deutsche Patentinformationszentren (PIZnet) Patentserver des Bundesministeriums für Bildung, Forschung und Technologie Europäisches Patentamt Patentinformation Europäisches Patentamt IP-Links INSTI - Innovationsstimulierung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) Mayall's IP Links Phillips Ormonde & Fitzpatrick The British Library Yahoo
http://www.patentinformation.de/ Index: „FAQ“ http://www.patente.bmbf.de http://patentinfo.european-patentoffice.org/index.en.php http://www.european-patentoffice.org/onlinelinks/ http://www.insti.de/index.php
http://www.mayallj.freeserve.co.uk/front.htm http://www.ipmenu.com http://www.bl.uk/collections/patents/keylinks.html http://dir.yahoo.com; Sucheingabe „Patent“
326
Anhang
Gebühren für Schutzrechte48 Tabelle IX.6. Gebühren des Europäischen Patentamts (Kurzübersicht) Schutzrecht
Kostenart
EP-Patent
Anmeldung (elektron./Papierform) Recherche* Benennungsgebühr (pro Land, 7) Prüfung (exkl. Recherche)* Erteilung (inkl. Veröffentlichung)**
PCT-Verfahren
Internationale Recherche Vorläufige Prüfung einer internationalen Anmeldung
Gebühr in Euro 95/170 720/1.000 80 1.490/1.335 750 1.615 1.595
Stand: 1. April 2006 * vor/nach 1.7.2005 ** ab 35 Seiten Zuschlag Vollständige Liste: http://www.european-patent-office.org/epo/fees1_d.htm#cost Tabelle IX.7. Gebühren des Deutschen Patentamts (Kurzübersicht) Schutzrecht
Kostenart
Patent
Anmeldung (elektron./Papierform) Prüfung (exkl./inkl. Recherche) Recherche Prüfung bei vorhergehender Recherche
50/60 150/350 250 150
Gebrauchsmuster
Anmeldung (elektron./Papierform) Recherche (fakultativ)
30/40 250
Geschmacksmuster
Anmeldung (elektron./Papierform) – Schutzdauer 5 Jahre (1 bis 10 Modelle) jedes weitere Modell
60/70
Marke
Gebühr in Euro
Anmeldung (elektron./Papierform) jede weitere Klasse Beschleunigte Prüfung
6/7 290/300 100 200
Stand: Oktober 2006 Vollständige Liste unter: http://www.dpma.de/formulare/a9510.pdf
48 Zu
Kosten von Schutzrechten siehe Kapitel II, Kosten von Patenten sowie Kapitel V, Kosten und Nutzen einer Patentabteilung.
Fakten und Trends
327
Tabelle IX.8. Gebühren des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (Kurzübersicht) Schutzrecht
Kostenart
Patent
Anmeldung Recherche Prüfung Verlängerung (jährlich ab 5./7.* Jahr)
Geschmacksmuster
Anmeldung (exkl. Publikation) jedes weitere Modell Verlängerung (um 5 Jahre)
Marke
Hinterlegung – Schutzdauer 10 Jahre jede weitere Klasse Verlängerung (10 Jahre)
Gebühr in CHF 200 1.200 500 320/310* 200 100 200 700/550* 100 700
Stand: 14. Juni 2005 * ab 1.1.2007 Vollständige Liste unter: http://www.admin.ch/ch/d/sr/2/232.148.de.pdf Tabelle IX.9. Gebühren des Österreichischen Patentamts (Kurzübersicht) Schutzrecht
Kostenart
Patent
Anmeldung und Recherche Veröffentlichung Anmeldung Prüfung (inkl. Recherche) Veröffentlichung Patentschrift (national) Recherche Stand der Technik
Gebrauchsmuster
Anmeldung Veröffentlichung
Geschmacksmuster
Anmeldung (exkl. Publikation) Bekanntmachungspauschale je Muster Erneuerung
Marke
Hinterlegung – Schutzdauer 10 Jahre Erneuerung
Gebühr in Euro 50 130 200* 200 50 130 50 - 100 25 100 ~329 500
Stand: 1. Juli 2005 * ab 16 Seiten Zuschlag Vollständige Liste unter: http://www.patentamt.at/dms/dms.php?id=21521&filename=Gebuehren_gesamt_jun06.pdf
328
Anhang
Europäisches Patenterteilungsverfahren49
Patenterteilung ca. 48 Monate
Prüfungsantrag i.d.R. 24 Monate
Veröffentlichung (Offenlegung) 18 Monate
Prioritätsfrist 12 Monate
Recherchenbericht 3 – 6 Monate
Anmeldetag (Erstanmeldung)
ErfindungsMeldung
Idee
Zeitlicher Überblick
9 Monate Einspruchsfrist
max. 20Jahre nach Anmeldetag
18 Monate (nicht öffentliche Periode)
Abb. IX.3.
49 Zum
Zeitlicher Ablauf eines Europäischen Patenterteilungsverfahrens
Europäischen Patenterteilungsverfahren siehe auch Kapitel VI, Länderspezifika.
Fakten und Trends
Prozessablauf Nationale oder PCT-Erstanmeldung Europäische Nachanmeldungen
Europäische Erstanmeldungen
91%
9%
91%
100%
33%
67%
Euro-Direkt
PCT-IP
Recherche
Internationale Recherche Vorläufige Prüfung* PCT-RP 64%
Prüfung
Zurücknahme
Zurückweisung
Beschwerde 45%
Zurückweisung
Erteilte Patente 2%
43%
Angefochtene Patente
Nicht angefochtene Patente
Einspruch
Widerruf des Patents
Änderungs des Patents
Zurückweisung des Einspruchs
Beschwerde Widerrufene Patente
Aufrechterhaltene Patente
* Die vorläufige Prüfung ist fakultativ Quelle: Europäisches Patentamt (2005a)
Abb. IX.4.
Erteilungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt
329
330
Anhang
Anmeldungen am Europäischen Patentamt 200.000 180.000 160.000 140.000 120.000 100.000 80.000 Eingereichte europäische und Euro-PCT-Anmeldungen (internationale Phase)
60.000 40.000 20.000 0 2000
2001
2002
2003
2004
2005
Eingereichte europäische und in die europäische Phase eintretende Euro-PCT-Anmeldungen
Quelle: Europäisches Patentamt (2006a)
Abb. IX.5.
Anmeldungen am Europäischen Patentamt 2005
Tabelle IX.10. Anmeldungen am Europäischen Patentamt in 2005 Anmeldungen
Wachstum 2004-2005
Ø Wachstum 2000-2005
60.762
3,8%
2.2%
132.861
8,8%
8.5%
193.623
7,2%
6.3%
67.917
4,1%
8.1%
128.679
4,0%
5%
Europäische Direktanmeldungen Eingereichte Euro-PCTAnmeldungen insgesamt (internationale Phase) Europäische Patentanmeldungen insgesamt (mit EuroPCT internationale Phase) In die regionale Phase eintretende Euro-PCTAnmeldungen Europäische Patentanmeldungen
Quelle: Europäisches Patentamt (2006a)
Fakten und Trends
331
Verfahrensdauer und Lebenszeit von Patenten 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% Durchschnittliche Verfahrensdauer am EPA (Median):
30% 20%
Recherchenberichte: ~6.4 Monate Erteilung: ~45.3 Monate
10% 0% 0
12
24
36
60
48
72
84 Monate
Quelle: Europäisches Patentamt (2006a)
Abb. IX.6.
Verfahrensdauer vor dem Europäischen Patentamt (2005)
100%
50%
0% 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18 19 20 Patentjahre
Durchschnittliche Lebensdauer von Patenten am: Europäisches Patentamt (EPA): 11 Jahre Amerikanisches Patent- und Markenamt (USPTO): 11 Jahre Japanisches Patentamt (JPO): 17 Jahre
Quelle: Trilateral Statistical Report 2005 (2006)
Abb. IX.7.
Durchschnittliche Lebenszeit von Patenten vor dem Europäischen, Amerikanischen und Japanischen Patentamt
332
Anhang
Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation Tabelle IX.11. Vertragsstaaten der Europäischen Patentorganisation (2006) Kurzzeichen
Vertragsstaat
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Österreich Belgien Bulgarien Schweiz Zypern Tschechische Republik Deutschland Dänemark Estland Spanien Finnland Frankreich Vereinigtes Königreich Griechenland Ungarn Irland Island Italien Liechtenstein Litauen Luxemburg Lettland Monaco Niederlande Polen Portugal Rumänien Schweden Slowenien Slowakei Türkei
Tabelle IX.12. Erstreckungsstaaten der Europäischen Patentorganisation (2006) Kurzzeichen
Vertragsstaat
AL BA HR MK RS
Albanien Bosnien-Herzegowina Kroatien Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien Serbien
Fakten und Trends
333
Quelle: Basierend auf Europäisches Patentamt (2005a, 2006a)
Abb. IX.8.
Die Vertrags- und Erstreckungsstaaten der Europäischen Patentorganisation (Stand 2006)
334
Anhang
Die größten Anmelder beim EPA Tabelle IX.13. Anmeldungen am Europäischen Patentamt in 2005 Rang
Unternehmen
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Philips Siemens Samsung Electronics Matsushita Electric LG Electronics Sony Bosch Microsoft Fujitsu BASF Nokia Thomson DSM IP Assets IBM General Electric Alcatel Seiko Epson Bayer 3M Canon Hitachi Fuji L’Oréal Delphi Technologies NEC
Anmeldungena
Quelle: Europäisches Patentamt (2006a) a
Anmeldungen, für die 2005 ein europäisches Erteilungsverfahren eröffnet wurde.
4.883 1.863 1.585 1.390 1.152 1.117 1.030 879 837 778 688 577 575 573 567 552 521 519 517 499 492 462 448 447 431
Fakten und Trends
335
Benennungshäufigkeit der EPA-Vertragsstaaten
Quelle: Europäisches Patentamt (2005a)
Abb. IX.9.
Bennennungshäufigkeit der Vertragsstaaten der Europäischen Patentorganisation
336
Anhang
Deutschland: Regionale Verteilung der Patentanmelder
Quelle: Greif und Schmiedl (2002)
Abb. IX.10. Patentanmeldungen in Deutschland nach den wichtigsten Raumordungsregionen (absolute Werte 1995 und 2000)
Fakten und Trends
337
Quelle: Greif und Schmiedl (2002)
Abb. IX.11. Regionale Verteilung der Patentanmeldungen nach Häufigkeit in Deutschland
338
Anhang
Vergleich Europa mit USA Europäisches Patentamt (EPA): Summe 24%
Amerikanisches Patent- und Markenamt (USPTO): Summe 36% 11%
15%
10% 19%
Europa Japan USA Andere
40% 30%
20% 55%
Hochtrechnologiegebiete: • Computer- und Automatisierungsequipment • Mikroorganismen und Gentechnik • Aviation • Kommunikationstechnologie • Halbleiter • Laser
Quelle: Trilateral Statistical Report 2005 (2006)
Abb. IX.12. Anteil der Patentanmeldungen im Hochtechnologiebereich und nach Ursprungsland
Europäisches Patentamt (EPA)
4% 3%
Amerikanisches Patent- und Markenamt (USPTO)
1%
5%
5% 1%
22% 1 2 bis 5 6 bis 10 11 bis 50 51 oder mehr
26%
63% 70%
Quelle: Trilateral Statistical Report 2005 (2006)
Abb. IX.13. Anzahl von Patenten pro Patentanmelder
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Abkürzungsverzeichnis
ADSL AIPO AOC APO ArbEG AT BAS BU CBE CDMA CH CN CTM CTO DCF DE DIPO DPMA DRM ECLA EG EICTA EP EPA EPC EPO EPÜ EU F&E ForstG FR GB GebrMG
Asymmetric Digital Subscriber Line African Intellectual Property Organization, s.a. OAPI Appellation d’Origine Controlée, s.a. GUB Austrian Patent Office, s.a. ÖPA Arbeitnehmererfindungsgesetz Österreich Bremsassistent Business Unit Convention sur le Brevet Européen, s.a. EPÜ, EPC Code Division Multiple Access (amerikanischer Mobilfunkstandard), s.a. GSM Schweiz China Community Trademark (Euroäische Gemeinschaftsmarke) Chief Technical Officer (Technischer Vorstand) Discounted Cashflow Methode Deutschland Divisional Intellectual Property Officer (Swiss Re) Deutsches Patent- und Markenamt Digital Rights Management European Classification System (Europäsiche Patentklassifikation), s.a. IPC Europäische Gemeinschaft European Information, Communications and Consumer Electronics Technology Industry Associations (Verband der Informations- und Kommunikationsbranche) Europa Europäisches Patentamt, s.a. EPO, OEB European Patent Convention, s.a. EPÜ, CBE European Patent Office, s.a. EPA, OEB Europäisches Patentübereinkommen, s.a. EPC, CBE Europäische Union Forschung und Entwicklung Gesetz über forstliches Saat- und Pflanzgut Frankreich Großbritannien Gebrauchsmustergesetz
352
Abkürzungsverzeichnis
GeschmMG GGA GIS GPS GPÜ GSM GUB HDS HIMPP HMA HTML IANA IC ICANN IDM IGE IGP IIB INPI IP IPC IPM IPR IR-Marke ISDN IT IT JP KEP KMU KTC LI M&A NDA NPV OAPI OEB OECD OEM ÖPA OTC-Drug PAC PC
Geschmacksmustergesetz Geschützte Geographische Angabe, s.a. IGP Grafische Informationssysteme Global Postitioning System Gemeinschaftspatentübereinkommen Global System for Mobile Commication, s.a. CDMA Geschützte Ursprungsbezeichnung, s.a. AOC High Definition Surveying Hearing Instrument Manufacturers Patent Partnership Haager Musterabkommen Hypertext Markup Language Internet Assigned Numbers Authority Integrated Circuit (Integrierter Schaltkreis) Internet Corporation for Assigned Names and Numbers Invention Disclosure Memorandum (Aventis) Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Indication Géographique Protégée, s.a. GGA Internationales Patentinstitut Institut National de la Propriété Industrielle (Französisches Patentamt) Intellectual Property International Patent Classification (Internationale Patentklassifikation), s.a. ECLA Intellectual Property Management Intellectual Property Rights Internationale Markenhinterlegung Integrated Services Digital Network Informationstechnologie Italien Japan Kurier-, Express- und Paketdienste Kleine(s) und mittlere(s) Unternehmen Kodak Technology Council (Eastman Kodak) Liechtenstein Mergers and Acquisitions Non Disclosure Agreement (Geheimhaltungsvereinbarung) Net Present Value Organisation Africaine de la Propriété Intellectuelle, s.a. AIPO Office Europeen des Brevets, s.a. EPA, EPO Organisation for Economic Co-operation and Development Orignial Equipment Manufacturer (Hersteller, dessen Produkte unter einem Markennamen als Einheit verkauft werden) Österreichisches Patentamt, s.a. APO Over-the-Counter Drug (verschreibungsfreies Medikament) Patent Application Committee (Aventis) Personal Computer
Abkürzungsverzeichnis PCT PDA PSK PVÜ rBÜ SDRAM SIPO SortenG TFT TRIPS TRIZ UMTS UrhG US USPTO VDSL W3C WIPO WPIDS WTO xDSL ZVEI
353
Patent Cooperation Treaty (Patentzusammenarbeitsvertrag) Personal Digital Assistant (Handcomputer) Projektsteuerungskreis (Henkel) Pariser Verbandsübereinkunft revidierte Berner Übereinkunft Synchronous Dynamic Random Access Memory State Intellectual Property Office of the People‘s Republic of China Sortenschutzgesetz thin-film transistor (Dünnschichttransistor) Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (Internationale Vereinbarung auf dem Gebiet der Immaterialgüterrechte) Theory of Inventive Problem Solving (Theorie des erfinderischen Problemlösens) Universal Mobile Telecommunication System Urheberrechtsgesetz United States of America United States Patent and Trademark Office (US-amerikanisches Patent- und Markenamt) Very High Speed Digital Subscriber Line World Wide Web Consortium World Intellectual Property Organization Derwent World Patents Index, s.a. IPC World Trade Organization (Welthandelsorganisation) Digital Subscriber Line, z.B. ADSL, VDSL, Technik für eine vergleichsweise breitbandige digitale Verbindung über ein TelefonZugangsnetz Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie
Stichwortverzeichnis
25%-Regel
76
Alternativen zum Patentschutz 48ff. anteiliger Gewinn 77 Arzneimittel ergänzendes Schutzzertifikat 13 Ausprägungen des Patentmanagements 29, 127ff. Belgien 167 Bewertung von Patenten 27, 53ff., 208, 216, 223, 230, 238, 248, 256, 263, 274, 278, 290, 303, 311 durch Abschätzung 76 Evaluierung 54, 70 Multiple-use 311 qualitativ 54, 70 quantitativ 54, 76 Patentportfolio 55ff. Single-use 311 Valuierung 54, 76 Branche 29, 108f., 127ff. Anlagenbau 179 Automobil- 3, 47, 134ff., 199, 201 Banken- 149ff., 202f. Biotechnologie- 22, 94 Chemie- 22, 60, 83, 127ff., 199, 200f. Computer 83 Consumer Electronics 22 Elektrotechnik- 3, 47, 83, 130ff., 165, 199, 201f. Finanzdienstleistungs- 149ff. , 199, 202f. Gentechnologie 22 Geomatik 199 Halbleiter 165, 199, 202 Hochtechnologie 338 Informationstechnologie 83, 201f. Konsumgüter 90, 199, 201
Maschinenbau- 134ff., 179, 199, 201 Medizinaltechnik 83 Messinstrumente 83 Möbelzuliefer- 4, 90 Pharma- 3, 13, 22, 47, 60, 79, 83, 97f., 127ff., 199, 200 Software- 3, 23, 83, 137ff., 199, 202 Spielzeug- 3 Telekommunikations- 3, 130ff., 199, 201f. Transport- und Logistik- 156ff. Versicherungs- 149ff., 199, 202f. Branding 201, s.a. Marken Brasilien 172 Business Method Patents 137ff. China 29, 173ff., 182f. Durchsetzung 176f. Erfolgsfaktoren 181 F&E-Kooperationen 178ff. Competitive Intelligence 216, s.a. Patentinformation und Bewertung Computer-implementierte Erfindungen 137ff., 144ff., 149ff., 202 Durchsetzung 202, 206 Japan 151 Praxisleitfaden 148 Quellcode 5, 147 Raubkopie 176 Schutzarten 149 technischer Effekt 147 USA 151 Copyright 20f., 149, 176 -Vermerk 20f. Depatisnet 323f. Design- s. Geschmacksmuster Design Access 85, 87 Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) 7, 14, 323
356
Stichwortverzeichnis
Deutschland 7, 9, 14, 15, 17, 20, 21, 167, 191, 336f. Regionale Verteilung 336f. Dienstleistung 113f., 115 Qualitätseigenschaften 119 Discounted Cash Flow 78, 230f. Domainnamen 18ff. Domainnamensystem (DNS) 18 IANA 18 ICANN 18 Registrierung 18ff. Durchsetzung 91ff. Brasilien 172 China 176f. Grenzen 172, 202, 206 in Kooperationen 194 Kosten 86 USA 138ff., 168 Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE) 7, 10, 18, 80, 323 Einspruch 62, 89f., 328f. Deutschland 62, 89 Europa 62, 89f., 328f. USA (Reexamination) 89 Entgegenhaltung 11, s.a. Stand der Technik Entwicklungsprozess 37 Erfindung 8f., 10 computer-implementierte 137ff., 144ff. Identifikation von 202f., 300ff. s.a. Generierung -smeldung 213, 328. Erfinder -ische Tätigkeit 10ff. -kultur 112ff., 208, 215, 223, 238, 248, 263, 273, 278, 289, 302, 310 -nennung 316f. US- 189 -vergütung 114, 164 Erfolgsfaktoren 203f. China 181 Finanzdienstleistungsbranche 304 Kooperationen 188 Leiter Patente 105 Lizenzierung 101 Markteintritt in USA 169 Patentportfoliomanagement 69 Patentstrategie 34
Successful Practice Unternehmen 203f., 209, 219, 226, 234, 242, 250, 257, 267, 275, 282, 293, 306, 314 Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel 13, 128 Erlaubnisrechte 13 Espacenet 323f. Europäisches Patentamt (EPA) 7, 10, 323ff. Anmelderstatistik 334 Anmeldungen am 330 Benennungshäufigkeit 167, 335 Erstreckungsstaaten 332 Verfahrensdauer 331 Mitgliedsstaaten 169, 332f. Mittlere Lebensdauer 331 Vergleich Europa/USA 338 Europäisches Patentübereinkommen (EPÜ) 10, 12, 167, 169f., 182f. computer-implementierte Erfindungen 144ff. Euro-PCT 186, 329 Fristen 182f., 328 Europäische Union (EU) computer-implementierte Erfindungen 137ff., 144ff., 149ff., 202 Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel 13, 128 Europatfull 208 Evaluierung 70ff. monovariat 70f. bivariat 72f. multivariat 74f. Exklusivität in Kooperationen 192ff. Exposition/Exposure 36, 72f., 265 first-to-file-Prinzip 12, 182f. first-to-invent-Prinzip 12, 182f. Forschungseinrichtungen 196ff. Frankreich 167, 170 Freeman-Walter-Abel-Test 137 Frist Einspruchs- 62, 89f., 328 Prioritäts- 10f., 219, 328 Veröffentlichungssperr- 166ff., 182f., 328 Gebrauchsmuster 9, 14 Schutzdauer 9
Stichwortverzeichnis Gebühren 326f. Jahresgebühren 12, 44ff., 166ff., 326f. Geheimhaltung 5, 48ff., 51 Geheimhaltungsvereinbarung 49 Geistiges Eigentum 8f. Geistige Eigentumsrechte 8f. Geltungsbereich 47 General Management Navigator 32 Generierung von Patenten 27, 31ff., 206, 211, 221, 228, 236, 244, 252, 259, 269, 276, 283, 296, 308 Geschäftsmethoden 137ff., 149ff. s.a. computer-implementierte Erfindungen Geschmacksmuster 9, 15, 149 EU Gemeinschafts- 15 Haager Musterabkommen 15 Schutzdauer 9 Trade Dress 167 Gewerbliche Anwendbarkeit Gewerblicher Rechtsschutz Arten von Schutzrechten 8 Historie 6 Globalisierung 1 Großbritannien 167, 171, 192 Guillotine-Regelung 88 Hit Rate 73 Hochschulen 196ff. Hongkong 182f. IGE s. Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Innovationen Schutz 1ff., 5, 198ff. Innovations -diffusion 3 -kosten -management 1f. -zyklen 2 Intellectual Property 8f. -Koordinator 247 -Manager 106 Intellectual Property Rights 8f. Internationale Patentanmeldung s. Patent Cooperation Treaty Internationales Patentinstitut (IIB) 7 Internet 21 s.a. Domainnamen Trade Dress 167 Italien 167
357
Japan 14, 15, 17, 151, 167, 173, 182f., 323 Joint Venture s. Kooperationen Kennzeichenrecht s. Marken Klassifizierung 263ff., 319ff. ECLA- 142, 158f., 160, 162 IPC- 168, 209, 264f., 316f. KMU 4, 42, 50, 86, 103, 108, 134f., 163f., 169, 199 Know-how Transfer 94ff. Knowledge Warehouse 274 Kommerzialisierung 27, 83, 83ff., 209, 217, 225, 231, 239, 249, 256, 266, 274, 279, 291, 303, 311 Blockade der Wettbewerber 26, 36, 84, 90f. Handlungsfreiheit 24, 36, 84ff. Motivationsniveaus 85 Lizenzeinnahmen 26, 36, 84, 91ff. Kooperationen 135f., 178f., 187ff., 209, 218, 225, 233, 249, 257, 274, 281, 292, 312 Automobilbranche 135f., 201 China 178f., 179ff. Durchsetzung von Rechten 194 Erfinder 189ff. Erfolgsfaktoren 188 Exklusivität 192ff. Kosten 194 Lizenzrechte 191ff. Nutzungsrechte 191ff. Open Innovation 185ff. Patentinhaberschaft 189ff. Patentmanagement in 187ff. Pharmabranche 200 Universitäten 196ff. Verträge 189ff. Kosten 41, 44ff., 326f. -/Nutzenverhältnis 46 Aufbau Patentfamilie Aufrechterhaltung Durchsetzung (Litigation) 86 Gebühren 326f. Kooperationen 194 Outsourcing 118ff, 126 Rechtsstreitigkeits- 86 Verrechnungsmodelle 116f. Kreativitätstechniken 40f. Länderspezifika 10, 29, 47, 166ff.
358
Stichwortverzeichnis
Laufzeit 9, 12, 182f. Verlängerung 13, 128 Life-Cycle-Management 13, 60, 128f., 200, 211f. Lizenzanalogie 77 Lizenzierung 36, 84, 91ff. Aus- 63, 64ff. Carrot- 92 Durchsetzungs- 92 Ein- 87ff. Erfolgsfaktoren 101 Exposition/Exposure 36, 72f., 265 Freigabe- 92 Guillotine-Regelung 88 in Kooperationen 135f., 189ff. Keep or Sell 96f. Kreuz-/Austausch- 35, 63, 72, 87ff., 130f., 152, 202, 225, 239 Licensing Clearance 261 Lizenzeinnahmen 36, 91ff. Lizenzsätze 94 Make or Buy 97ff. Stick- 92 Up-front-Payment 76 Vermarktungskanäle 98ff. Verwertungsmatrix 96 Zwangs- 91, 172 Lotus Notes 208 Malaysia 192 Marken 9, 17ff., 149, 201, 252ff., 323 EU-Gemeinschaftsmarke 17, 323 IR-Marke 17, 323 Kennzeichenrecht 17 Registrierhinweis 17 Service-Marks 17 Schutzdauer 9, 18 Trademarks 17 USA 18 Warenzeichen 17 Marktangebot 76 Marktauktion 76f. MIS Memotech Database 208, 213 Monopol temporärer -gewinn 5 limitierte -rechte 8 Multiple Sourcing 126 Net Present Value 78 Neuheit 10ff.
Territorialprinzip 10ff., 47 Nichtigkeitsverfahren 15, 89f. Niederlande 167 Offenlegung/-stag 166ff., 182f., 316f., 328 Online-Marktplätze 99f. Open Innovation 185ff. Open-Source 139, 202 Organisation 103ff., 207, 215, 223, 229, 238, 247, 256, 263, 272, 278, 288, 299, 310 Dezentralität 110 Generalistentum 111f. Globalität 110f. Regionalität 110f. Spannungsfelder 109ff. Spezialistentum 111 Zentralität 110 Österreich 14, 15, 17, 20, 167 Österreichisches Patentamt 80, 323 Outsourcing 117ff. Kosten-/Nutzen 118 Prozess 122ff. Qualitätsmanagement 118ff., 124 Vor- und Nachteile 126 Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) 7 Patent 9ff. Anmeldetag 316f., 328 Ansprüche 317 Aufrechterhaltung 42 Beschreibung 317 Einspruch 62, 89f., 328f. Erfinderische Tätigkeit 10ff. Erstanmeldung 41 Erteilungsverfahren 329 Fachmann 12 Fakten und Trends 315ff. Fristen 182f., 328 Gebühren 326f. Geltungsbereich 47 Gewerbliche Anwendbarkeit 10 Inhaber 316f. INID-Codes 316 Jahresgebühren 42, 44ff., 166ff., 326f. Klassifizierung 142, 158, 160, 162, 168, 263ff., 316f., 319ff. länderspezifisch 166ff. - brasilianisches 172 - britisches 171
Stichwortverzeichnis - chinesisches 178, 182f. - deutsches s. Deutschland - europäisches 169f., 182f., 328ff. - französisches 170 - Hongkong 182f. - international s. Patent Cooperation Treaty - japanisches 173, 182f. - österreichisches s. Österreich - russisches 171 - schweizer s. Schweiz - taiwanesisches 182f. - US-amerikanisches s. USA Laufzeit 12, 182f., 166ff., 328, 331 Nachanmeldung 41, 47 Neuheit 10ff. Nichtigkeit 89f. Offenlegung/-stag 166ff., 182f., 316f., 328 Patentschrift 316f. Prioritätstag 10ff., 328, 219, 316f. Prosecution 40, 261 Prüfung-/santrag 328f. Schriftenartencodes 318 Stand der Technik 11f., 316f. Territorialprinzip 47 Titel/Bezeichnung 316f. Verfahrensdauer 331 Veröffentlichungsnummer 316f. Verlängerung 13, 128 Verletzungsverfahren 85ff, 151. Zeichnung 316f. Zusammenfassung 316f. Patent Clearing 86, 247 s.a Product Clearing Patent Cooperation Treaty (PCT) 7, 12, 44ff., 47, 323, 329 Euro-PCT 186, 329 Patent- und Markenabteilung 103ff. Aufgaben 114 Auslagerung 117ff. Dienstleister 113f., 115 Kundenbeziehungsebenen 113f. Erfolgsfaktoren 105 Kosten und Nutzen 115ff. Leistungsbeurteilung 117 Organisation 103ff., 207, 215, 223, 229, 238, 247, 256, 263, 272, 278, 288, 299, 310 Outsourcing 117ff. Prosecution 40ff. Qualitätsmanagement 117,
359
118ff., 124f. Spannungsfelder 113f. Verrechnungsmodelle 116f. Wertschöpfung 103 Patentanwaltskanzlei 117ff. Auswahl 124f. Integration von 122ff. Nennung 316f. Organisation 108f. Qualitätsmanagement 118ff., 124 Rating 120 Reverse Rating 121 Patentindikatoren 75, 79, 166 Patentinformation 1f., 23, 61ff. s.a. Bewertung und Recherche Patentlizenz s. Lizenzierung Patentmanagement 55ff. Alternativen zum Patent 48ff. Ausprägungen 29, 127ff. Bewertung 27, 53ff., 208, 216, 223, 230, 238, 248, 256, 263, 274, 278, 290, 303, 311 Blockade 26, 36, 84, 90f. defensives 36, 85, 90 Diversifikation 162 Erfolgsfaktoren 34 Geheimhaltung 5, 48f., 51 Generierung 27, 31ff., 206, 211, 221, 228, 236, 244, 252, 259, 269, 276, 283, 296, 308 Handlungsfreiheit 33, 36, 84ff., 224, 253, 259f., 284f. (Freedom-of-Action) Kooperationen 135f., 178f., 187ff. Kosten 44ff., 115ff. Kriterien 69 Kultur 28, 112f., 208, 216, 223, 238, 248, 263, 273, 278, 289, 302, 310 Länderauswahl 12, 47, 174 Lizenzeinnahmen 36, 84, 91ff. s.a. Lizenzierung Mission 56 Monitoring 61, 63 Normstrategie 60ff., 63 offensives 34f., 85, 90 Operatives Patenkomitee 42f., 61f., 212f., 262f. Patent Liaison 42f. Patentposition 74f. prophylaktisches 85 Prozesse 28, 206, 214, 222,
360
Stichwortverzeichnis
228, 238, 245, 254, 260, 270, 277, 285, 300, 309 Scanning 61, 63 Sperrpatent 63, 66 Sperrveröffentlichung 41, 49ff. Standardisierung 202 Stoßrichtung 36f., 84ff., 186 Strategie 3ff., 28, 31ff., 51, 60ff., 198, 206, 221, 228, 236, 244, 252, 259, 269, 276, 283, 296, 308 Strategisches Patentkomitee 38 Strategizing 37ff., 261ff. Struktur 28 Überwachung 61f. Verfahrensführung 40ff. Verwertung 27, 83ff., 209, 217, 225, 231, 239, 248, 256, 266, 274, 279, 291, 303, 311 Vision 56 Wettbewerbsvorteile 28ff., 198 Patentsystem Ökonomie 22f. Vor- und Nachteile 23 Wachstum weltweit 185 Patentverletzung 86f., 139 Portfolio 60ff. Blockade 26, 36, 84, 90f. Cluster 63, 64f. Growing 64f., 174f., 219 Imagegewinn 26 Management des 55ff., 69 Markteinnahmen 24 Normstrategien 60ff. Patentwertzahl 71 Pruning 64f., 132, 174f., 219 Technologie- 58f. Technologiekommerzialisierung 26 Unternehmenserfolg 24ff. Zugangshandelsware 26 Prioritätsjahr/-tag 10f., 219, 316, 328 Product Clearing 86, s.a. Patent Clearing Produktpiraterie 176 Produktspezifika 29, 164f. Prozesse 28, 206, 214, 222, 228, 238, 245, 254, 260, 270, 277, 285, 300, 309 Publikation 49ff., s.a. Offenlegung Qualitätsmanagement 117ff., 124f.
Erfahrungsqualität 119 beim Outsourcing 118ff., 124f. Rating 118f., 120 Referenzqualität 119 Reverse Rating 118f., 121 Quick-Place 208 Raubkopie 176 Realoptionen 78f., 230f. Recherche 23, 61f., 166, 328f., 329 s.a. Patentinformation/Bewertung Hinweise zur 323ff. Marken-/Domain- 20 Reverse Engineering 90 revidierte Berner Übereinkunft 20f. Risk Hurdle Rate 78 Risikoabschlag 78 Russische Föderation 171 Schutzstrategien 3ff. faktische 3ff., 198ff. juristische 3ff., 198ff. Patent- 31ff., 60ff. Überblick 51 Schutzrechte 8ff. ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel 13, 128 Design- s. Geschmacksmuster Gebrauchsmuster- 9, 14 Geschmacksmuster- 9, 15 Historie 6ff. Kennzeichen- 9, 17ff. Patent- 6ff., 9ff. Marken- 9, 17ff. Sorten- 9, 16f. Topographie- 9, 16f. Urheber- 9, 20f. Warenzeichen 9, 17ff. Schweden 167 Schweiz 7, 13, 14, 15, 17f., 19, 20, 167, 176, 191 Software s. computerimplementierte Erfindungen Spanien 167 Stand der Technik 11f. Standardisierung 202 Strategie 3ff., 28, 31ff., 51, 60ff., 198, 206, 221, 228, 236, 244, 252, 259, 269, 276, 283, 296, 308 Normstrategie 60ff., 63 Substitutions
Stichwortverzeichnis -kosten 77 -technologie 26, 63, 66, 98, 279 Sortenschutzrecht 9, 16f. Schutzdauer 9 Taiwan 182f. Technizität 10, 147, 202 Technologie -attraktivität 74f. -bedeutung 74f. -faktor 79 -fusion 2 -gesellschaft 106ff. -lebenszyklus 165f. -reife 29, 165f. Substitutions- 26, 63, 66, 279 Territorialprinzip 47 Topographieschutzrecht 9, 16 Schutzdauer 9 Trade Dress 167 TRIZ 40 United States Patent and Trademark Office (USTPO) 18, 138, 323 Universitäten 196ff. Unternehmens -erfolg 22 -größe 29, 163f. Up-front-Payment 76 Urheberrecht 9, 20f., 176 Copyright-Vermerk 20f. Raubkopien 176 Schutzdauer 9 USA 12, 14, 15, 18, 21, 29, 92, 151, 167, 168f., 182f. Attorney-Client Priviledge 247 Continuing Application 168 Continuation-in-part Application 168 Erfinder 189 first-to-invent 12, 168 Discovery-Verfahren 118 Divisional Application 168
361
Donation 27, 60 Durchsetzung 138ff., 168 Infringement suit 151 Interference-Verfahren 168 Jahresgebühren 42, 44ff. Laufzeit Patente 12, 182f. Litigation Costs 86 Markteintritt 168f. Offenlegung 182f. Patentinhaberschaft 191f. Punitive-Damage Klage 263. Reexamination 89 Trade Dress 167 Tripple Damages 86, 168 US Court of Appeals for the Federal Circuit 168 Vergleich Europa/USA 338 Verlängerung Patente 13, 128 USpatfull 208 Valuierung 76ff. Verbesserungsvorschlagswesen 114 Verbietungsrecht 10, 13 Vertragsgestaltung 189ff., 281 Verwertung 27, 83ff., 209, 217, 225, 231, 239, 248, 256, 266, 274, 279, 291, 303, 311 Vietnam 176 Warenzeichen s. Marken Wertschöpfungskette 165, 201f., 237, 241 Wettbewerb 200, 237, 241 vertikal integriert 200 horizontal 200 Wissen Identifikation 202f., 300ff. -sezentralisierung 2 -sdiffusion 174f., 179f. -smenge 1f. technisches 1, 23 Verbreitung 23 Zwangslizenz 91, 172
Firmenverzeichnis
3M 66, 334 ABB 2, 18, 176 Abbot Laboratories 172 ABN Amro 154 Ace 155 Adobe 33 Agie Charmilles (Georg Fischer) 179 AIG 155 Aioi 155 Air Liquide 129 Aiu 155 Alcatel 111f., 133, 199, 203, 205ff., 236, 334 Alcatel Alsthom 205 Allstate 155 Alusuisse 5 Amgen 127 Amoco 129 Arrhythmia Research Technology 137 Arthur D. Little 79 AstraZeneca 127 AT&T 137, 139 Aventis 24, 86, 199, 203, 210ff. Bank of America 154 Bank One 150, 154 Barclays 154 Barr Laboratories 37 Basell 199, 203, 220ff. BASF 129, 220, 228, 334 Bayer 37, 93, 106, 110, 129, 199, 203, 227ff., 334 Bayer CropScience 227 Bayer Healthcare 227 Bayer MaterialScience 93, 191, 199, 203, 227ff. Bayer Polymers 227 Bionas 197 Bitkom 139 BMW 47, 56, 65, 135 Bosch 134, 136, 334
Boston Consulting Group 239f. Braun 106 British Telecom / BT Exact 95f., 199, 203, 235ff. Cambridge Instruments 268 Canon 259, 334 Capital One 154 Carinthian Tech Research (CTR) 196ff. Cartier 19 CeramTec (Dynamit Nobel) 64 Chaos Computer Club 139 Chase Manhattan 150, 154 Chubb 155 Cisco 98, 142, 236 Citigroup/Citibank 150, 152, 153f. Coca-Cola 5, 18, 19, 48 Compagnie Générale d’Electricité 205 Continental 18, 134 Convernium 155, 156 Corazonix 137 CPA 208 Crosfield 252 CSG 150 Cytos Biotechnology 84, 97, 106 DaimlerChrysler 64, 67f., 134f. Danavox 66 Danzas 156 Data Treasury 150 Delphi 134, 334 Delphion 99 Derwent 208, 224, 256 Deutsche Bank 150, 153, 154 Deutsche Telekom 18, 130ff. Deutsche Post World Net 156f., 159ff. DHL 156 DoCoMo 133 Dow 67, 79, 129, 228 DSM IP Assets 334 DuPont 129
364
Firmenverzeichnis
Dynamit Nobel 64 Eastman Kodak 199, 203, 243ff. EICTA 139 Elastogran (BASF) 228 Elenac 220 Eli Lilly 127 Endress+Hauser 33, 64, 66f., 106, 113, 169 Enichem 129 Eolas 140 EQE 155 Erbe Elektromedizin 61, 104, 106 ERC 155, 156 eReinsure.com 155 Ericsson 35, 133 ETH Zürich 197 Excel Communications 137 Exxon 129 Far-Manguinhos 172 FDA 84, 97 FedEx 156f. Ferrari 19 Festo 41f., 106 Fiat 134 First Union 154 First USA Bank 150, 154 Ford 134 Fraunhofer Gesellschaft 197 Free Software Foundation Europe 139 Fuji 334 Fujitsu 236, 259, 334 Gamesplay UK 99 Garching Innovation (Max-PlanckGesellschaft) 197 GE Insurance Services 294 General Atlantic Partners 239ff. General Electric (GE) 228, 294, 334 General Motors 134 GeneralCologne Re 294 Georg Fischer 113, 179 GE Plastics 228 Goldman Sachs 150, 154, 239f. Google 88, 197 Gore 23, 26, 91, 117 Hannover Re 294 Haribo 5 Hearing Instrument Manufacturers Patent Partnership (HIMPP) 66 Henkel 65, 90, 108, 117, 199, 204, 251ff. Hercules 220
Hermes Logistik Gruppe (HLG) 157 Hettich 36 Hewlett-Packard 5, 142, 236 Hexagon s. Leica Geosystems Hilti 22 Himont 220 Hitachi 144, 259, 334 HMC Polymers 221 Hoechst 129, 200, 210, 220 Hoechst-Marion-Roussel 37 Honda 134 Hostalen 220 HSBC 154 Huga Optotech 58 Huntsman 228 Hyundai 134 IBM 1, 2, 4, 26, 37, 87, 130, 142, 144, 145, 186, 189, 192, 196, 259, 334 ICI 129, 220 Immersion 65, 139 Indelpro 221 Infineon Technologies, 104, 108, 111, 122ff., 199, 204, 258ff. Inpadoc 208 Intel 18, 259 Internet Assigned Numbers Authority (IANA) 18 Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) 18 Inter Trust Technologies 139 Inventio 283ff., s. Schindler ipValue 236, 239f. JP Morgan Chase 150, 153f., 154 Julius Blum 4 Kern 50 Kone 283, 289 L’Oréal 334 Lanxess (früher: Bayer Chemicals) 227 Leica Camera 268 Leica Geosystems 26, 47, 50, 108, 199, 204, 268ff. Leica Microsystems 268 Lenovo 1 Lever Bros 252 LG Electronics 334 Linux-Verband 139 Lloyds 18 Lloyds TSB Bank 154 LML Payments Systems 150
Firmenverzeichnis Ludwig-Maximilian-Universität München 197 Macromedia 33 Mann+Hummel 106, 134 Matsushita 334 Max-Plack-Gesellschaft 197 Mellon Bank 154 Mercedes 18, 276 Merck 79 Merrill Lynch 150, 152, 153f. Micron 259 Micronas 197 MicroPatent 247, 256 Microsoft 35, 36, 49, 87, 89, 139, 140, 141ff., 334 Mitsubishi 283 Mizhou Financial Group 154 Mobil 129 Monsanto 129 Montedison 129, 220 Montell 220 Morgan Stanley 150 Motorola 133 Munich Re (Münchner Rück) 156, 294 NEC 334 Nell Acquisition (Access Industries) 220 Nestec (Nestlé) 107f. Nestlé 107f. NetMoneyIn 150 Netscape 139 Nissan 134 Nokia 35, 133, 334 Novatel 274 Novo Nordisk 127 O2 236 OC Oerlikon s. Unaxis Oswalds Cruz 172 Oticon 66 OTIS 283 Overture (Yahoo!) 88 Patentcafe.com 99 Pfizer 84, 97, 127 Philips 96f., 334 Phonak 62, 66 Pirelli 236 Polibrasil Resinas 221 Polymeca 269 PolyMirae 221 PolyPacific 221 Porsche 66, 98, 204, 276ff. Postbank 156
365
Progressive 155 Prudential 155 PSA Peugot Citroen 134 Qimonda s. Infineon Qualcomm 92, 133 Rambus 35 ReSound 56 Rhodia 228 Rhone-Poulenc 210 Roche Instrument Center 49 Roche Vitamines 61 Royal Mail 157 Ruby 37 Samsung 259, 334 Sanofi-Aventis s. Aventis Sanofi-Synthélabo s. Aventis SAP 89, 137, 142, 274 Saurer 173 Schering 47, 86 Schering-Plough 127 Schindler 5, 26, 48, 85, 97, 103, 199, 204, 283ff. Seiko Epson 334 Shell 129, 220 Siegenia-Frank 106 Siemens 26, 33, 35f., 49, 87, 104, 106, 122ff., 130, 133, 142, 236, 258f., 334 Siemens Audiology 62 Siemens VDO 134, 136 Signature Financial Group 137 Sokkia 269 Sony 96f., 259, 334 Sony-Ericsson s. Ericsson Stanford University 88, 196f. Starkley 66 State Street Bank 137, 152, 294 Straumann 5 Sumitomo 155 Sun Microsystems 139, 142 SunAllomer 221 Swatch 5 Swiss Re 113, 152, 155f., 199, 204, 294ff. Swisscom 49, 91 Swissoptic 268 Syngenta 181 Taiwan Polypropylen 221 TAP 127 Targor 220 Technische Universität München 197 The Library of Congress 21
366
Firmenverzeichnis
Thomson 334 Thyssen 283 Time Warner (Netscape) 139 TNT Logistics 157 Tokio Marine & Fire 155 Topcon 269 Toshiba 155, 259 Toyota 68, 134 Tupperware 5 UBS 150f., 152ff. UCB 228 UCC 129 Unaxis 88, 191, 199, 204, 307ff. Unisys 142 Universität Bern 197 University College London 236 University of Stanford s. Stanford University UPS 156, 157ff., 160
U.S. Bancorp 150 Valeo 134 Valser 19 Vectronix 268 Volkswagen 134 W3C 140 Walt Disney 11 Wang 249 Wells Fargo 150, 154 WHU Valendar 197 Widex 66 Wila 224 Wild-Leitz 268 Xerox 142, 236 Yahoo! 88, 325 yet2.com 99 ZF Friedrichshafen 134f. Zürich 155 ZVEI 139
Autoren
Prof. Dr. Oliver Gassmann ist Ordinarius für Technologiemanagement und Direktor des Instituts für Technologiemanagement an der Universität St.Gallen. Er ist Mitglied zahlreicher wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Beiräte, z.B. dem Editorial Board von R&D Management. 1996 bis 2002 leitete er bei Schindler als Vice President Technology Management die Forschung und Vorentwicklung weltweit. Er ist weiterhin im Audit Committee von Schindler sowie im Verwaltungsrat der BGW AG aktiv. Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim; Arbeitsaufenthalte in Deutschland, England, Irland und Singapur für Daimler, Festo, Woco, Norma und Kolb. 1997 Promotion mit höchster Auszeichnung, 2001 Habilitation an der Universität St.Gallen. 1998 erhielt er den renommierten RADMA-Prize in Manchester. Oliver Gassmann ist Autor, Co-Autor und Herausgeber von 10 Büchern und hat über 2160 Fachpublikationen im Bereich Technologie- und Innovationsmanagement veröffentlicht. Seine Arbeiten sind in deutsch, englisch, französisch, japanisch und chinesisch erschienen. Dr. Martin A. Bader ist Europäischer und Schweizer Patentanwalt sowie Geschäftsführender Partner der BGW AG, Management Advisory Group St.Gallen – Wien, einem Spin-off der Universität St.Gallen. Zuvor leitete er als Vice President und Chief Intellectual Property Counsel die Hauptabteilung Intellectual Capital bei Infineon Technologies, München. Studium der Elektrotechnik an der Universität Karlsruhe sowie an der University of Southampton, Großbritannien und der ESIEE, Paris; Arbeitsaufenthalte in Deutschland, Frankreich und Australien für Dornier, ZF Friedrichshafen, MTU, DASA und ABB. Ausbildung zum European Patent Attorney in der Patentabteilung von Siemens, Erlangen. Promotion an der Universität St.Gallen mit Fokus auf das Themengebiet Intellectual Property Management in F&E-Kooperationen. Martin Bader ist stellvertretendes Mitglied des Rates der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter, sowie Mitglied beim Verband der freiberuflichen schweizerischen Patentanwälte und der Licensing Executives Society. Er ist Autor von 2 Büchern und zahlreichen Fachpublikationen im Bereich Intellectual Property Management.