Jugendsprache in Barcelona und ihre Darstellung in den Kommunikationsmedien: Eine Untersuchung zum Katalanischen im Spannungsfeld zwischen normalisiertem und autonomem Sprachgebrauch (Beihefte zur Zeitschrift fur Romanische Philologie) 348452345X, 9783484523456 [PDF]

Youth media present socio-cultural tendencies which young people reflect in their language and thus often set linguistic

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German Pages 447 Year 2008

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Table of contents :
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Inhaltsverzeichnis......Page 7
Vorwort
......Page 6
Einleitung
......Page 14
1. Vorbemerkungen
......Page 18
2. Sprachkontaktphänomene unter besonderer Berücksichtigung des Katalanischen
......Page 24
3. Sprachpolitik und Sprachplanung in Katalonien
......Page 72
4. Jugendsprache, jugendliche Lebensweise und ihre Multiplikatoren in Katalonien
......Page 108
5. Analyse der fremdsprachlichen Einflüsse in der Jugendsprache Barcelonas
......Page 212
6. Jugendsprache und Sprachwandel
......Page 380
7. Schlussbetrachtung
......Page 390
Anhang I: Abbildungsverzeichnis
......Page 396
Anhang 2: Fragebogen
......Page 397
Literaturverzeichnis
......Page 408
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Jugendsprache in Barcelona und ihre Darstellung in den Kommunikationsmedien: Eine Untersuchung zum Katalanischen im Spannungsfeld zwischen normalisiertem und autonomem Sprachgebrauch (Beihefte zur Zeitschrift fur Romanische Philologie)
 348452345X, 9783484523456 [PDF]

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Zitiervorschau

Jugendsprache in Barcelona und ihre Darstellung in den Kommunikationsmedien

Katharina Wieland

Max Niemeyer Verlag

BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FR ROMANISCHE PHILOLOGIE BEGRNDET VON GUSTAV GRBER HERAUSGEGEBEN VON GNTER HOLTUS

Band 345

KATHARINA WIELAND

Jugendsprache in Barcelona und ihre Darstellung in den Kommunikationsmedien Eine Untersuchung zum Katalanischen im Spannungsfeld zwischen normalisiertem und autonomem Sprachgebrauch

n MAX NIEMEYER VERLAG TBINGEN 2008

Gedruckt mit Unterstützung der Kurt-Ringger-Stiftung, Mainz, und der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-484-52345-6

ISSN 0084-5396

 Max Niemeyer Verlag, Tbingen 2008 Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG http://www.niemeyer.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbestndigem Papier. Satz: Johanna Boy, Brennberg Gesamtherstellung: Hubert & Co, Gçttingen

Vorwort

Viele, zunächst scheinbar nebensächliche Ereignisse haben dazu geführt, dass schließlich dieses Buch entstanden ist. Zu Beginn steht die Überzeugungsarbeit meines Kommilitonen in der Studienzeit in Barcelona und heutigem Kollegen an der FU Berlin, Felix Bildhauer, der mich dazu brachte, auch mit äußerst geringen Katalanischkenntnissen sprachwissenschaftliche Seminare in dieser Sprache an der Universitat de Barcelona zu besuchen. Ihm sei herzlich dafür gedankt, dass er seine wachsende Begeisterung für die Linguistik und die katalanische Sprache an mich weitergegeben hat. Dass dieses Interesse schließlich in eine Dissertation im Bereich der katalanischen Soziolinguistik mündete, verdanke ich nicht zuletzt vielen weiteren Personen, die mich in den Jahren des Entstehens dieser Arbeit begleitet und unterstützt haben. Allen voran möchte ich meinen Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Werner Thielemann nennen, der ohne mich und meine akademischen Leistungen im Detail zu kennen, bereit war meine Dissertation an der HU Berlin zu betreuen und mir immer wieder wichtige Denkanstöße dazu gegeben hat. Mein herzlicher Dank gilt auch meinem Zweitgutachter, Herrn Prof. Dr. Dieter Kattenbusch, dessen wertvolle Kommentare besonders in der Phase der Überarbeitung der Arbeit für die Publikation mir weitergeholfen haben. Frau Prof. Dr. Gabriele Knauer, an deren Lehrstuhl ich seit Mitte 2005 tätig bin, möchte ich vor allem dafür danken, dass ich in der Abschlussphase meiner Arbeit nur mit der nötigsten Arbeit, die am Lehrstuhl anfiel, betraut wurde und Zeit und Unterstützung für den Abschluss dieses Projekts von ihr bekam. Ein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Carsten Sinner, der mit seinen Arbeiten zum spanisch-katalanischen Sprachkontakt und zu Fragen der Sprachnorm immer ein Vorbild für mich war. Durch seine Einladungen, an seiner Sektion für den Deutschen Hispanistentag 2005 teilzunehmen und mit ihm gemeinsam einen Vortrag für eine Tagung zu Sprachpolitik und Norm im Iberoamerikanischen Institut in Berlin zu halten, fühlte ich mich wissenschaftlich ernst genommen und wagte es, mich zum Thema der katalanischen Jugendsprache vor einer größeren wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu äußern. Danke für die zahlreichen großen und kleinen Tipps und Hinweise und das offene Ohr für alle Fragen, die mit dieser Arbeit und ihrer Publikation zu tun hatten.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1.

Vorbemerkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Informationsinterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Transkriptionsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4. Historischer Rückblick zum Sprachkontakt in Katalonien . . . .

5 5 5 7 7

2.

Sprachkontaktphänomene unter besonderer Berücksichtigung des Katalanischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Begriffsklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Interferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Interferenz und Entlehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3. Code-Switching vs. Interferenz und Entlehnung . . . . . . . . 2.1.4. Neologismen und Neosemantismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.5. Entlehnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.5.1. Lehnprägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.5.2. Lehnwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Entlehnungen im Katalanischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1. Kastellanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2. Anglizismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 12 13 14 21 24 28 36 39 49 52 53

3.

Sprachpolitik und Sprachplanung in Katalonien . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Norm, Normierung, Normalisierung – Begriffsklärungen und Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1. Norm und Normkonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2. Das Problem der Norm in der gesprochenen Sprache . . 3.1.3. Normierung und Normalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Der sprachliche Normalisierungsprozess in Katalonien . . . . . . . 3.2.1. Die Entwicklung bis 1975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2. Die soziolinguistische Situation nach Franco . . . . . . . . . . 3.2.3. Grundüberlegungen zur Normalisierung der katalanischen Sprache ab 1975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Die Normalisierung des Katalanischen im Kontext der Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V

59 61 61 67 71 73 73 74 77 81

Auf katalanischer Seite erhielt ich großartige Unterstützung von Francesc Xavier Vila i Moreno und Emili Boix i Fuster von der Universitat de Barcelona. Sie nahmen mich in die universitätseigene Forschungsgruppe Centre Universitari de Sociolingüística i Comunicació auf und stellten mir in Barcelona Arbeitsraum und -mittel zur Bearbeitung und Auswertung meines Korpusmaterials zur Verfügung. Die Sitzungen und der Austausch in der Gruppe waren stets eine – nicht nur – wissenschaftliche Bereicherung, auf die ich auch in Zukunft gerne bauen werde. Ein herzlicher Dank ergeht ebenfalls an die Direktoren, Lehrer und Lehrerinnen der Schulzentren in Barcelona, die mich die Aufnahmen für das Korpus durchführen ließen, an die vielen katalanischen Schüler und Schülerinnen, die sich zur Mitwirkung bereit erklärten. Ebenso danke ich den Mitarbeitern der verschiedenen sprachpolitischen und medienrelevanten Einrichtungen für ihre Bereitschaft, sich mit mir über katalanische Sprachpolitik und Jugendsprache auszutauschen. Finanzielle Unterstützung für die Forschungsaufenthalte in Barcelona erhielt ich durch das Rudolf-Brummer-Stipendium des Deutschen Katalanistenverbandes sowie durch ein Stipendium des Institut d’Estudis Catalans. Beiden Einrichtungen und insbesondere Herrn Francesc Vallverdú für die Betreuung in Barcelona sei an dieser Stelle mein Dank ausgesprochen. Ich danke dem Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Günter Holtus für Aufnahme meiner Arbeit in die Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie. Unterstützt wurde die Publikation durch die Kurt-Ringger-Stiftung der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz sowie die Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften – hierfür herzlichen Dank. Danken möchte ich ganz besonders auch meinen Freunden Matthias Keese, Karin Madlener, Christina Bischoff und Ramona Ludwig für die umfangreiche Korrekturarbeit, die sie für mich geleistet haben. Etwas weniger Korrekturhilfe, aber dafür umso mehr seelisch-moralische Unterstützung erhielt ich von Florian Walz, der von Anfang an an den Erfolg meiner Arbeit geglaubt und mich entsprechend unterstützt und immer wieder aufgemuntert hat. Danke!

3.3.1. Allgemeine Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2. Sprachkompetenzen und -gebrauch der Jugendlichen . . 3.3.3. Die Rolle der Spracheinstellungen für den Sprachgebrauch der katalanischen Jugendlichen . . 3.3.4. Die sprachliche Normalisierung in den Kommunikationsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.

Jugendsprache, jugendliche Lebensweise und ihre Multiplikatoren in Katalonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Allgemeine Betrachtungen zur Varietätenlinguistik . . . . . . . . . . 4.1.1. Sprache und Varietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2. Varietäten – Varietätenraum und Varietätenkette . . . . . 4.2. Zum Begriff der «Jugend» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Die katalanische Jugendsprache im Varietätenraum . . . . . . . . . 4.3.1. Der diastratische Aspekt der katalanischen Jugendsprache: Parlar xava und argot juvenil . . . . . . . . 4.3.2. Jugendsprachliche Varietät vs. jugendlicher Sprechstil . 4.3.3. Entstehen und Funktion von Jugendsprache . . . . . . . . . . 4.3.4. Konflikte der katalanischen Jugendsprache . . . . . . . . . . . 4.3.5. Dynamik von Jugendsprache und ihre Integration in allgemeine Sprachnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Jugendsprache in Katalonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1. Bisherige Forschungen zur katalanischen Jugendsprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2. Die katalanische Jugendsprache heute . . . . . . . . . . . . . . . 4.5. Jugendsprache – Jugendkultur / Lebensstile der Jugendlichen in Katalonien bzw. Barcelona. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1. Jugendkultur – jugendliche Subkulturen – jugendliche Lebensstile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2. Jugendsprache(n) – Jugendkultur(en) in Katalonien bzw. Barcelona . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2.1. Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2.2. Neue Forschungen und Entwicklungen . . . . . . 4.5.2.3. Die jugendlichen Subkulturen in Katalonien bzw. Barcelona – eine Beobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2.4. Sprachkontakt (vor allem Anglizismen), Jugendkultur und Jugendsprache in Katalonien bzw. Barcelona . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2.5. Statistische Daten zu jugendlichem Freizeitverhalten in Barcelona . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2.6. Wir-Gruppen und Gruppenkonstitution in den Gesprächsaufzeichnungen katalanischer Jugendlicher . . . . . . . . . . . . . . . . . VI

81 82 85 91

95 96 97 98 102 104 106 110 115 118 122 127 129 130 134 134 136 136 138

140

142 145

150

4.5.2.7.

Die Relation zwischen Wir- und Fremdgruppenkonstitution . . . . . . . . . . . . . . . 4.6. Multiplikatoren von Jugendsprache und -kultur . . . . . . . . . . . . 4.6.1. Katalanische Mediensprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.1.1. Mediensprache und mündliche Norm . . . . . . 4.6.1.2. Mediensprache von Jugendlichen . . . . . . . . . 4.6.1.3. Neuere Entwicklungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.2. Das Jugendbild in den ausgewählten Medienbeiträgen des Korpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.3. Distanzierung durch Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.3.1. Kategorisierung zur Abgrenzung vom Jugendbild in den Medien . . . . . . . . . . . 4.6.3.2. Sprachliche Komponente der Abgrenzung . 4.6.3.3. Jugendsprache vs. mediale Jugendsprache . . 5.

Analyse der fremdsprachlichen Einflüsse in der Jugendsprache Barcelonas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Methodologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1. Auswahl der angewandten Methoden . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2. Auswahl der Informanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2.1. Informationen zu den einzelnen Schulzentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2.2. Barcelona als Zentrum der Studie . . . . . . . . 5.1.3. Das Korpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3.1. Fragebogen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3.2. Schriftliche Kommunikation Jugendlicher . . 5.1.3.3. Mündliche Kommunikation Jugendlicher . . . 5.1.3.3.1. Gesprächsaufzeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3.3.2. Versteckt aufgezeichnete Gespräche . . . . . . 5.1.3.4. Medien mit jugendlicher Zielgruppe . . . . . . . 5.1.3.4.1. Mündliche Medienkommunikation . . . . . . . . 5.1.3.4.2. Schriftliche Medienkommunikation . . . . . . . . 5.1.4. Technische Daten der Aufzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Korpusanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1. Lexikalisch-semantische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.1. Semantisches Feld Musik und Mode . . . . . . . 5.2.1.1.1. Wortfeld Musikstile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.1.2. Personen(gruppen) aus dem Bereich Musik . . 5.2.1.1.3. Personen(gruppen) – Bezeichnungen nach Kleidungsstilen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.1.4. Wortfeld Kleidungsstücke . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.1.5. Accessoires und Schmuck . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.1.6. Adjektive/adjektivischer Gebrauch von Substantiven aus Musik und Mode . . . VII

156 164 166 168 176 177 179 184 188 195 197

199 200 200 202 204 206 209 209 209 211 211 214 214 214 215 216 217 218 219 219 224 233 236 237 238

5.2.1.1.7. 5.2.1.1.8. 5.2.1.2. 5.2.1.2.1. 5.2.1.2.2. 5.2.1.2.3. 5.2.1.2.4. 5.2.1.2.5.

5.2.1.3. 5.2.1.3.1. 5.2.1.3.2. 5.2.1.3.3. 5.2.1.3.4. 5.2.1.4. 5.2.1.4.1. 5.2.1.4.2. 5.2.1.5. 5.2.1.5.1. 5.2.1.5.2. 5.2.1.5.3. 5.2.1.6. 5.2.1.6.1. 5.2.1.6.2. 5.2.1.7. 5.2.1.7.1. 5.2.1.7.2. 5.2.1.7.3. 5.2.1.7.4. 5.2.1.8. 5.2.1.8.1. 5.2.1.8.2. 5.2.1.8.3. VIII

Verben aus Musik und Mode . . . . . . . . . . . . . Weitere Lexeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Semantisches Feld Freizeit . . . . . . . . . . . . . . . Substantive zur Bezeichnung jugendkultureller Bewegungen . . . . . . . . . . . . Substantive aus dem Feld Sport und Freizeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Substantive aus dem Feld Urlaub und Entspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verben aus dem Feld Sport, Freizeit, Urlaub. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Substantive und Adjektive zur Bezeichnung von Personen aus dem Feld Freizeit, Sport, Urlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Semantisches Feld Drogen . . . . . . . . . . . . . . . Substantive zur Bezeichnung verschiedener Substanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenbezeichnungen aus dem Feld Drogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verben aus dem Feld Drogen. . . . . . . . . . . . . Sonstige Lexeme aus dem Feld Drogen . . . . Semantisches Feld Essen und Trinken . . . . . Alkoholkonsum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Speisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Semantisches Feld Arbeit und Wirtschaft . . . Substantive zur Personenbezeichnung. . . . . . Verben aus dem Feld Arbeit und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Lexeme aus dem Feld Arbeit und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Moderne) Kommunikationsmedien . . . . . . . Illegalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verben zur Bezeichnung von Aktivitäten im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personen(gruppen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Personenbezeichnungen . . . . . . . Bezeichnungen für Nationalitäten . . . . . . . . . Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Semantisches Feld (sexuelle) Beziehungen . Personenbezeichnungen aus dem Feld Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homosexualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verben aus dem Feld Beziehungen . . . . . . . .

242 244 247 247 250 251 252

253 254 254 258 259 262 264 264 266 267 267 269 271 272 272 273 276 276 280 281 282 283 284 285 286

5.2.1.9. 5.2.1.9.1. 5.2.1.9.2. 5.2.1.9.3. 5.2.1.9.4. 5.2.1.9.5.

Gefühlszustände und Wertungen . . . . . . . . . . Positiv-wertende Adjektive . . . . . . . . . . . . . . . Negativ-wertende Adjektive . . . . . . . . . . . . . . Negativ-wertende Substantive . . . . . . . . . . . . Semantisch veränderte Adjektive. . . . . . . . . . Adjektive zur Bezeichnung des Befindens/ persönlicher Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.9.6. Adverbien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.9.7. Substantive zur Bezeichnung von Gefühlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.9.8. Verben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.10. Quantitative Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.10.1. Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.10.2. Zeitangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.10.3. Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.11. Bezeichnung von Räumlichkeiten und Orten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.12. Pragmatische Marker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.13. Sonstige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2. Morphosyntaktische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2.1. Der neutrale Artikel lo . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2.2. Wortbildung bei Substantiven/Adjektiven . . 5.2.2.2.1. Derivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2.2.2. Diminutive und Augmentative . . . . . . . . . . . . 5.2.2.2.3. Apokopen – Trunkierung . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2.2.4. Komposition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2.2.5. Veränderung der Wortklasse – Konversion . 5.2.2.3. Morphosyntaktische Verwendung der Verben und Verbalperiphrasen . . . . . . . . 5.2.2.4. Wortbildung bei Verben. . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3. Phonetisch-phonologische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3.1. Anglizismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3.2. Kastellanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.4. Inter- und intraphrasales Code-Switching . . . . . . . . . . . . 5.3. Zusammenfassende Darstellung der Unterschiede zwischen den Teilkorpora zur Jugend- und Mediensprache. . . . . . . . . . . .

287 287 293 300 303 305 306 308 310 311 311 312 313 314 316 322 327 327 328 328 330 330 334 338 339 343 346 346 348 349 357

6.

Jugendsprache und Sprachwandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367

7.

Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

Anhang 1: Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Anhang 2: Fragebögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 IX

X

Einleitung

Kulturelle Phänomene und insbesondere die Kultur der Massenmedien spiegeln sich im Sprachverhalten wider. Dieser für alle Sprechergruppen gültige Gemeinplatz verdient besondere Aufmerksamkeit bei der Reflexion über jugendliches Sprachverhalten. Die Medien bringen nicht nur Phänomene der Jugendkultur hervor und verstärken sie. Sie gelten auch als der «Multiplikator» par excellence für die Verbreitung von jugendsprachlichen Äußerungen. Es kann jedoch nicht verallgemeinernd behauptet werden, dass die Medien generell jugendsprachliche Äußerungen aufnehmen und somit wesentlich zu deren Verbreitung unter den Jugendlichen selbst und auch zu ihrer Aufnahme in die Standardsprache beitragen. Interessant ist, in welchen Kontexten jugendsprachliche Äußerungen in den Medien in Erscheinung treten und ob diese überhaupt als jugendsprachlich zu werten sind. Und: Was heißt eigentlich «jugendsprachlich»? Diese Aspekte stehen im Mittelpunkt dieser Studie. Sie untersucht die Sprechweise verschiedener Jugendlicher in Barcelona und kontrastiert sie mit der Sprache in von Jugendlichen bevorzugten Sendungen im katalanischen Fernsehen bzw. in Pressetexten mit jugendlicher Zielgruppe. Die Arbeit konzentriert sich in Bezug auf den Zusammenhang und die gegenseitige Abhängigkeit von Medien- und Jugendsprache besonders auf einen Aspekt: den Umgang mit Sprachkontaktphänomenen, vorzugsweise Entlehnungen. Zum einen soll die Vermutung, dass in der Jugendsprache und ihrer medialen Form vor allem Anglizismen auftreten, die durch die Medien und die Jugendlichen Eingang in die Standardsprache finden, überprüft werden; zum anderen geht es um die für das Katalanische stets bedeutsame Rolle der Entlehnungen aus dem Spanischen. Anhand des erstellten Korpus werden Divergenzen und Konvergenzen in von Jugendlichen und für Jugendliche produzierter Kommunikation auf verschiedenen sprachlichen Ebenen analysiert. Das Hauptaugenmerk ist auf die Wechselwirkung von Jugendsprache/-kultur und Medien sowie ihre Bedeutung für zukünftige Entwicklungen gerichtet. Neben lexikalischen Aspekten findet auch die Betrachtung pragmalinguistischer Diskursphänomene Eingang in die Studie, vor allem in Bezug auf die Kategorisierungs- und Abgrenzungsprozesse der Jugendlichen bzw. Jugendgruppen untereinander. Auch die Zustimmung bzw. Ablehnung der Jugendlichen gegenüber dem Ju1

gendbild und der Jugendsprache, wie sie von den Medien vermittelt werden, wird beleuchtet. Ein Vergleich zwischen jugendlicher Sprechweise mit der um Jugendlichkeit bemühten Mediensprache wäre in allen modernen Sprachen mit entsprechender Verbreitung und «Infrastruktur» aufschlussreich und interessant. Das Katalanische, als so genannte Minderheitensprache, verdient in diesem Zusammenhang besonderes Interesse. Die zugrunde liegende zweisprachige Basis der jugendlichen Sprecher eröffnet Perspektiven, wie sie in einer monolingualen Situation nicht gegeben wären: Die zentrale Fragestellung ist, wie die Jugendlichen selbst und die Medien mit dieser Zweisprachigkeit umgehen. Es stellt sich die Frage, wie die Sprechweise der jugendlichen Informanten des Korpus und die analysierte mediale Jugendsprache divergieren und konvergieren und welche Wechselwirkungen sich zwischen beiden abzeichnen. Hierbei soll untersucht werden, ob die Medien wirklich jugendliche Sprechweise – und auch jugendkulturelle Bilder und Erscheinungen – widerspiegeln. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, ob die Jugendlichen in ihrer Sprechweise in der Tat mediale Vorgaben aufnehmen oder ob hier ein mehr oder weniger großes Spannungsfeld vorliegt, da die Realität sich nicht mit ihrer Darstellung in den Medien deckt. Ausgehend von den genannten Fragestellungen entwickeln sich aber weitere, welche mit der besonderen sprachpolitischen Situation des Katalanischen zusammenhängen. Es stehen zwei eng miteinander verflochtene Aspekte im Vordergrund: der Sprachkontakt Katalanisch-Spanisch und das Verständnis von Norm im katalanischen Sprachraum. Es wird betrachtet, ob und wie sich diese Aspekte in der Jugendsprache, bei den Jugendlichen selbst und in den Medien bemerkbar machen. Jugendsprache gilt seit jeher als Quelle der Abweichung vom Standard, als Protestsprache, die ein gewolltes Divergieren von der sprachlichen Norm vorantreibt, um zu provozieren. Daher soll untersucht werden, ob die Jugendlichen nach sprachlicher Autonomie streben, die sich im Kontext der Zweisprachigkeit auch in einem «lockeren», unreflektierten oder bisweilen sogar provokativen Umgang mit beiden Sprachen manifestiert. Inwieweit normative Vorgaben hierbei eine Rolle spielen und ob durch die Zweisprachigkeit sowie den «sorglosen» Umgang mit beiden Sprachen eine größere Durchlässigkeit für weitere äußere Einflüsse wie Entlehnungen aus dem Englischen entsteht, ist Schwerpunkt dieser Arbeit. Gleichzeitig interessiert, wie die Medien in ihren als jugendsprachlich präsentierten Äußerungen mit diesem Spannungsfeld zwischen normativem und autonomem Sprachgebrauch umgehen. Dies geschieht in Anlehnung an bisherige Arbeiten der katalanischen Jugendsprachforschung (cf. 4.4.1.), die Sprachkontaktphänomene – und hier vor allem das CodeSwitching – betrachten, um zum einen die Sprechweise der jugendlichen Informanten an sich, zum anderen aber auch allgemein den Sprachgebrauch der katalanischen Jugendlichen vor dem Hintergrund der Zweisprachigkeit zu beschreiben. 2

Die vorliegende Studie geht davon aus, dass die jugendlichen Informanten des Korpus in der Kommunikation untereinander (Ingroup-Kommunikation) das Katalanische benutzen. Analysiert werden soll, wie sich ihre Sprechweise realisiert, wenn sie auf Katalanisch stattfindet, und nicht, in welchen situativen Kontexten die Jugendlichen das Katalanische und in welchen Kontexten sie das Spanische bevorzugen. Die Arbeit beleuchtet insbesondere, wie die Jugendlichen mit Sprachkontaktphänomenen umgehen, in welchem Maße die jugendliche Sprechweise von den Medien generiert bzw. von diesen absorbiert wird und welches Verhältnis zur katalanischen Standardsprache existiert. Bisher wurde die Sprache von Jugendlichen in Katalonien selten unter dem für die Jugendsprache oft herangezogenen Aspekt ihrer Funktion für die jugendlichen Sprechergruppen oder besonders in Bezug auf gruppenkonstituierende Mechanismen untersucht. Es wurde nur am Rande auf die innovative, zukunftsweisende Bedeutung der Jugendsprache für die weitere Entwicklung der katalanischen Sprache eingegangen. Diesem Ansatz soll die vorliegende Arbeit ebenfalls Raum geben. Der Vergleich mit der von den Medien verbreiteten Jugendsprache erscheint für die Untersuchung überaus geeignet, da die Medien eine wesentliche Rolle bei der Normalisierung der katalanischen Sprache und bei der Bildung und Veränderung des Standards spielen (cf. 3.3.4.).

Aufbau der Studie Die Arbeit gliedert sich folgendermaßen: Den Vorbemerkungen im ersten Kapitel schließt sich ein theoretisches Kapitel zu Sprachkontaktphänomenen an. Es behandelt die bei der späteren Korpusanalyse relevanten Phänomene wie Interferenzen, Entlehnungen und Code-Switching, stellt die verschiedenen linguistischen Erklärungsansätze dazu dar und setzt die Phänomene in Bezug zur konkreten katalanischen Situation. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der katalanischen Sprachpolitik und Sprachplanung seit 1975. Der Prozess der sprachlichen Normalisierung wird in seinen wesentlichen Etappen dargestellt und seine wichtigsten Akteure werden präsentiert. Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf den für die sprachliche Entwicklung der katalanischen Jugendlichen relevanten Bereichen wie dem Erziehungswesen und den Kommunikationsmedien. Das folgende vierte Kapitel widmet sich der Jugendsprache. Zunächst werden die Begriffe der Jugend und der Jugendsprache diskutiert und letztere im Varietätenraum situiert. Dabei spielen vor allem theoretische Überlegungen aus dem deutschsprachigen Raum zum Sprechstilkonzept, zu Funktionen von Jugendsprache und die Darstellung sprachlicher Kategorisierungsprozesse zur Gruppenkonstitution eine Rolle. Anschließend werden der sprachliche und soziokulturelle Hintergrund der für das Korpus befrag3

ten Informanten vorgestellt. Hierzu wird die statistische Auswertung der erstellten Fragebögen (cf. Anhang) präsentiert. Der Schwerpunkt des vierten Kapitels liegt auf pragmalinguistischen Betrachtungen zu den aus Korpusbeispielen ersichtlichen Funktionen von Jugendsprache, insbesondere den Kategorisierungs- und Abgrenzungsmechanismen gegenüber anderen Gruppen und dem Jugendbild in den Medien. Mittels der getroffenen Darstellungen wird ein Schaubild entwickelt, welches das Spannungsfeld veranschaulicht, in dem sich die Jugendlichen sowohl in sprachlicher Hinsicht (zwischen Norm und Autonomie, zwischen Spanisch und Katalanisch) als auch im Hinblick auf ihre – sprachliche und jugendkulturelle – Kategorisierung zwischen Selbstdarstellung der Jugendlichen und der Darstellung von Jugendlichen in den Medien) befinden. Im fünften Kapitel erfolgt die linguistische Korpusanalyse nach lexikalisch-semantischen, morphosyntaktischen und phonetisch-phonologischen Aspekten sowie dem Code-Switching zugeordneten Elementen. Zuvor wird detailliert auf die Gewinnung des Korpusmaterials eingegangen; außerdem werden Inhalt und Umfang des Korpus dargestellt. Das Kapitel fünf schließt mit einer Zusammenfassung der in der Korpusanalyse beobachteten Unterschiede zwischen der Jugendsprache und ihrer medialen Verwendung ab. Diese Betrachtung geht über in Überlegungen zum Sprachwandel und zum Entstehen sprachlicher Veränderungen durch Jugendsprache im sechsten Kapitel. Den Schluss bildet eine zusammenfassende Betrachtung mit Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen und Forschungsdesiderata.

4

1.

Vorbemerkungen

Da bereits in den Kapiteln zwei, drei und vier Zitate aus dem Korpus bzw. aus den zusätzlich durchgeführten Informationsinterviews einfließen, möchte ich im Anschluss eine Übersicht über die Informationsinterviews sowie einige Hinweise auf Transkriptionsregeln und benutzte Abkürzungen geben. Eine kurze Zusammenfassung zur Geschichte des katalanisch-spanischen Sprachkontakts in Katalonien rundet diese Vorbemerkungen ab und soll dem Leser dazu dienen, sich im Kontext dieser Arbeit zu situieren.

1.1. Informationsinterviews Zur Gewinnung von Hintergrundinformationen zur Situation der Jugendlichen in Barcelona, zur Sprachsituation im Erziehungswesen bzw. in den Medien und zu verschiedenen sprachpolitischen und sprachplanerischen Aktivitäten und Institutionen wurden Interviews bei folgenden Institutionen durchgeführt: INFO1 INFO2 INFO3 INFO4 INFO5 INFO6 INFO7 INFO8 INFO9

TV Catalunya, Servei Lingüístic, 21. Oktober 2003 Oficina del Pla Nacional de Joventut, 22. Oktober 2003 Institut d’ESO i de Batxillerat L’Alzina, 23. Oktober 2003 Grup Flaix, Servei Lingüístic, 23. Oktober 2003 Termcat, 27. Oktober 2003 Departament d’Educació de la Generalitat, 29. Oktober 2003 Casal d’Associacions Juvenils, 31. Oktober 2003 Institut d’Estudis Catalans, 13. November 2003 Coordinadora d’Associacions per la Llengua Catalana – CAL, 17. November 2003

1.2. Transkriptionsregeln Bei der Transkription der Aufzeichnungen fiel die Entscheidung gegen eine phonetische Transkription, da die Phänomene in der Lautbildung zwar auch Erwähnung in der Studie finden, aber nicht deren zentrales Thema darstellen. Einzelne Äußerungen mit besonderer und für diese Studie interessanter 5

Lautung sind phonetisch transkribiert, ansonsten folgt die Transkription der katalanischen Orthographie unter Berücksichtung suprasegmentaler sowie gesprächsrelevanter Phänomene. Auf Wiedergabe der gesamten Transkription aller Interviews in dieser Arbeit wurde aus Platzgründen verzichtet. Eine digitale Version des Korpus mit den entsprechenden Audio- und Videodateien und Transkriptionen liegt jedoch vor und kann als solche unter https:// medienportal.hu-berlin.de eingesehen werden. Die Notation folgt den Transkriptionskonventionen nach Payrató (1995), wie sie auch für das Corpus oral de conversa col·loquial der Universitat de Barcelona1 angewendet wurden: Sprachmelodie am Sequenzende fallend \ steigend / gleichbleibend – Betonung / Sprechintensität – Betonung (èmfasi) – Intensität stark (forta) sehr stark (molt forta) schwach (fluixa)

{(F) Text} {(FF) Text} {(FL) Text)}

Sprechgeschwindigkeit schneller als normal (accelerat) langsamer als normal (desaccelerat} Längung eines Wortes / einer Silbe

{(AC) Text} {(DC) Text} : :: :::

Pausen/Überschneidungen sehr kurze Pause (0,1 – 0,3 Sek.) kurze Pause (0,4 – 0,9 Sek.) mittlere Pause (1 – 3 Sek.) lange Pause (mehr als 3 Sek.) Überschneidung zweier Sprecher

(. Länge) (.. Länge) (... Länge) (.... Länge) [ Text ]

Sonstiges Lachen Lachen mit gleichzeitigem Sprechen Anmerkung der Autorin Unverständliche Passagen ein Zeichen pro Silbe relevante Stellen für die Korpusanalyse

1

Cf. Payrató/Alturo 2002, 18s.

6

{(E) Text}

@ @@ @@@ {(@) Text} ( Text ) x Unterstreichungen

1.3. Abkürzungen Bezüglich der im theoretischen Teil und für die Korpusanalyse verwendeten Wörterbücher werden folgende Abkürzungen verwendet: DIEC: Institut d’Estudis Catalans (ed.), Diccionari de la llengua catalana, Barcelona, 1997, http://pdl.iecat.net/entrada/diec.asp, letzter Zugriff am 27. Februar 2008. DPN: Enciclopèdia Catalana (ed.), Diccionari de paraules noves. Neologismes recollits a la premsa, Barcelona, Enciclopèdia Catalana, 1998. GD62: López de Castillo, Lluís (ed.), Gran Diccionari 62 de la llengua catalana, Barcelona, Edicions 62, 2000. DCBV: Institut d’Estudis Catalans (ed.), Diccionari català-valencià-balear, Barcelona, 2000, http://dcvb.iecat.net, letzter Zugriff am 27. Februar 2008. NDN: Termcat (ed.), Nou Diccionari de neologismes, Barcelona, Edicions 62, 2001a. DInt: Termcat (ed.), Diccionari d’Internet, Barcelona, Enciclopèdia Catalana, 2001b. DSL: Ruiz, Francesc et al. (ed.), Diccionari de Socioligüística, Barcelona, Enciclopèdia Catalana, 2001. CLAVE: Maldonado González, Concepción (ed.), CLAVE. Diccionario de uso del español actual, Madrid, Ediciones SM, 1999. DRAE: Real Academia Española (ed.), Diccionario de la Lengua Española, Madrid, 2001, http://www.rae.es, letzter Zugriff am 27. Februar 2008. DEA: Seco, Manuel et al., Diccionario del español actual, Madrid, Aguilar, 2005. OALD: Hornby, A. S./Cowie A. P. (ed.), Oxford Advanced Learner’s Dictionary, Oxford, Oxford University Press, 1989. Webster: Merriam-Webster, Inc. (ed.), Merriam-Webster Online Dictionary, 2005, www.m-w.com, letzter Zugriff am 27. Februar 2008.

1.4. Historischer Rückblick zum Sprachkontakt in Katalonien Ohne bis ins Detail auf die sprachgeschichtliche Entwicklung der katalanischen Sprache im Laufe der Jahrhunderte seit ihrer Entstehung aus dem Vulgärlatein eingehen zu wollen, sei an dieser Stelle dennoch ein kurzer historischer Rückblick zum besseren Verständnis der heutigen Sprachsituation erlaubt.2 In Anlehnung an Vallverdú (1979b), Lüdtke (1984) und Badia i Margarit (1973; 1981) schlagen Rogge/Beinke (cf. 1991, 196) eine Einteilung in zwei Zeitphasen bis zum Einsetzen der Renaixença vor (vom 10. Jahrhundert bis zur Personalunion mit Kastilien und vom 16. Jahrhundert bis zur Renaixença) und konstatieren für diesen Zeitraum Folgendes: «Die Sozialgeschichte der katalanischen Sprache läßt sich durchaus als Aufeinanderfolge von Sprachkontaktsituationen mit Diglossiecharakter interpretieren. Die gesellschaftliche Rollenveränderung der Sprache reicht, ausgehend von der Jahr-

2

Eine detaillierte Beschreibung zur Geschichte des Sprachkontakts in Katalonien findet sich bei Sinner (2004, 9ss.).

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tausendwende bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts, von der Rolle der BSprache und damit vorrangig mündlichen Sprachform […] im Verhältnis zum Lateinischen über diejenige der A-Sprache […] in ihrer literarischen Form gegenüber ihrer eigenen gesprochenen Variante bis erneut zur B-Sprache im Verhältnis zum Kastilischen als der Sprache des spanischen Staates» (1991, 196).

In politischer Hinsicht befand sich Katalonien seit dem 10. Jahrhundert auf dem Weg, zu einem Machtzentrum im Mittelmeerraum zu avancieren. Diese Entwicklung erreichte im 13. Jahrhundert unter Jaume I (1213–1276) ihren Höhepunkt. Die bis dato als diglossisch einzuordnende Sprachsituation (Sprache A: Latein, Sprache B: Katalanisch) wandelt sich «mit der Ausweitung der politischen Herrschaft und der positiven sozioökonomischen Entwicklung während dieser Expansionsperiode» (Rogge/Beinke 1991, 197). Es besteht eine klare Entwicklung hin zur Schriftsprachlichkeit, die durch die Präsenz des Katalanischen als Amtssprache (z. B. der 1359 gegründeten Generalitat als administratives Organ) gewährleistet wird. Das Katalanische erfährt somit annähernd eine erste Phase der Standardisierung und gewinnt eine bedeutende Stellung als Kultur- und Nationalsprache vom 13. bis zum 15. Jahrhundert. Allerdings ist innerhalb der Schriftsprachlichkeit eine deutliche Trennung zwischen Lyrik (Okzitanisch) und Prosa (Katalanisch sowie Latein) vorzunehmen, die sich bis ins 15. Jahrhundert hält (cf. Rogge/Beinke 1991, 197; Laitin 1989, 298s.). Bis zur politischen Unterordnung Kataloniens unter die kastilische Krone durch die Personalunion mit Kastilien ab 1469 besteht daher folgende soziolinguistische Situation: Sprache A: Schriftkatalanisch, Latein, (Kastilisch), (Okzitanisch), Sprache B: gesprochenes Katalanisch.3

Ab dem 16. Jahrhundert erfährt das Katalanische einen kontinuierlichen Funktionsverlust und wird in immer mehr Bereichen vom Kastilischen verdrängt. Spätestens seit dem Decreto de Nueva Planta (1716) erfolgt neben der politischen Integration auch die sprachliche Integration der katalanischen Länder (cf. Brumme 1986, 479), da ab diesem Zeitpunkt Kastilisch als offizielle Sprache in allen öffentlichen Angelegenheiten, im juristischen Bereich sowie zu bedeutenden Anteilen im Erziehungswesen durchgesetzt wird. In Verbindung mit der dem Kastilischen entgegengebrachten hohen Wertschätzung sowie der Tatsache der zunehmenden dialektalen Zersplitterung der katalanischen Sprache durch das Fehlen einer überregionalen Leitnorm stellt

3

Cf. Rogge/Beinke (1991, 8); Kastilisch und Okzitanisch erscheinen als A-Sprache in dieser Darstellung gleichberechtigt. In Wirklichkeit lässt sich allerdings eine sukzessive Verschiebung konstatieren, welche einen beständigen Rückgang des Okzitanischen in der Schriftsprache zugunsten eines Aufschwungs für das Kastilische in sich birgt.

8

sich die soziolinguistische Situation Ende des 18. Jahrhunderts in Katalonien wie folgt dar (cf. Laitin 1989, 300; Rogge/Beinke 1991, 199): Sprache A: Kastilisch, Sprache B: Katalanisch.

Im Rahmen der aufkommenden nationalen Bewegungen in Europa Mitte des 19. Jahrhunderts erfährt das Katalanische jedoch einen erneuten Aufschwung, ausgelöst durch die wachsende Industrialisierung, deren zur bürgerlichen Klasse aufsteigende Protagonisten (vor allem die Handwerker) überwiegend die katalanische Sprache sprechen (cf. Vallverdú 1979b, 1). Durch diese gesellschaftspolitische Wende erfährt der katalanische Sprachgebrauch in der Bevölkerung eine Wiedergeburt (Renaixença) und eine neue Kontinuität, welche als «Voraussetzung für eine Standardisierung der katalanischen Sprache» (Rogge/Beinke 1991, 199) gelten dürfen. Der zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzende Normierungsprozess führt schließlich dazu, dass «el català [...] reconquerí progressivament, amb estires i arronses, i de vegades amb una lluita aferrissada, si no una normalitat completa com a mínim la seva plena legitimiat» (Boyer 1992, 51).

9

10

2.

Sprachkontaktphänomene unter besonderer Berücksichtigung des Katalanischen

«Els fenòmens de contacte de llengua afecten probablement totes les llengües del món. Difícilment trobarem cap llengua que mai no hagi incorporat un manlleu, encara que només sigui per raons d’intercanvi comercial de productes nous. Però el pes quantitatiu i qualitatiu que arriben a assolir els fenòmens de contacte de llengües pot variar enormement segons el cas. […] En alguns casos, el canvi de les varietats es veu produït especialment per processos de manlleu massiu de lèxic, mentre que els components morfològic, fonològic, sintàctic i pragmàtic de la llengua no es veuen afectats en la mateixa mesura. En altres casos, allò que sembla transformar-se més profundament és el component morfosintàctic, mentre que la resta de la varietat pateix menys transformacions» (Boix/Vila 1998, 253).

Der Kontakt zweier Sprachen oder zweier Varietäten innerhalb einer Sprache lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Zum einen handelt es sich um eine historische Entwicklung, die über Jahrhunderte hinweg, manchmal intensiver, manchmal weniger intensiv, immer neue Elemente des einen in das andere sprachliche System einfließen lässt und dieses prägt. Zum anderen interessiert auch der sich historisch verändernde, reelle Umgang der Sprecher mit den Sprachkontaktphänomenen in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch. Darüber hinaus besteht gleichermaßen die Möglichkeit, Sprachkontakt nicht diachronisch, sondern synchronisch zu betrachten. In jedem Fall ist Sprachkontakt als ein Geflecht von sprachlichen und außersprachlichen Phänomenen anzusehen. Im vorliegenden Kapitel sollen nun, nach einem historischen Rückblick, aus den verschiedenen Blickwinkeln heraus die theoretischen Grundlagen für die anschließende empirische Studie gelegt werden. Hierbei geht es vor allem auch um die Klärung terminologischer Bezeichnungen. Daher werden im Folgenden verschiedene für die vorliegende Studie relevante Sprachkontaktphänomene in ihren wichtigsten Ansätzen dargestellt. Anzumerken ist, dass die Sprachkontaktforschung oft von einem bilingualen Kontext ausgeht und demnach Phänomenen wie Interferenz oder Code-Switching große Bedeutung beimisst. Der Ausgangspunkt für die dieser Arbeit zu Grunde liegende Studie ist allerdings nicht so sehr die Bilingualität der untersuchten Sprechergruppe von Jugendlichen, sondern deren Sprachgebrauch in einer ihrer beiden Sprachen, nämlich dem Katalanischen, im Hinblick auf Einflüsse von außen. Besondere Gewichtung liegt somit auch auf den Entlehnungen, die als Vergleichsfaktor für die Gegenüberstellung der Jugendsprache 11

der untersuchten Sprechergruppe mit der medialen Jugendsprache, wie sie von den katalanischen Kommunikationsmedien verbreitet wird, dienen. Entlehnungen können m.E. ein Messfaktor für den innovativen Charakter von Jugendsprache sein. Außerdem spiegelt der Umgang mit ihnen – gerade mit denjenigen, die schwer von Interferenzen zu trennen sind, weil unterschiedliche Ansichten im Zusammenhang mit der Sprachgebrauchsnorm herrschen – das Spannungsfeld zwischen Norm und autonomem Sprachgebrauch in der Jugendsprache wider, von dem in den folgenden Kapiteln (cf. 3.1.2.; 4.6.3.1.) noch die Rede sein wird.

2.1. Begriffsklärungen Die Terminologie der Sprachkontaktforschung ist seit langem mit einer Bezeichnungsproblematik behaftet, die in der Literatur oft kontrovers diskutiert wurde und immer noch wird. Zahlreiche Publikationen sind ihr gewidmet bzw. beinhalten einen theoretischen Teil zur Definition der behandelten Phänomene. Im Vergleich erweisen sich diese Definitionen jedoch als teilweise widersprüchlich und werden verschiedenartig interpretiert. Im folgenden Kapitel möchte ich daher einen Überblick über die von mir übernommene und für die vorliegende Arbeit relevante Sprachkontaktterminologie geben und dabei auf die bisweilen sehr unterschiedlichen Interpretationen der Termini eingehen. Hierbei geht es vor allem um eine Klärung der Begrifflichkeiten, die für die Korpusanalyse relevant sind. Ziel dieser Arbeit ist es, aufzuzeigen, inwiefern die Sprechweise der jugendlichen Informanten des Korpus von diversen Spannungsfeldern beeinflusst wird. Die Analyse konzentriert sich hierzu auf die Entlehnungen als Vergleichspunkte zwischen den beiden Teilen des Korpus (Jugendsprache vs. mediale Jugendsprache) und macht daran deutlich, wie sich die Jugendlichen in ihrer Sprechweise zwischen zwei Sprachen, zwischen Norm und Autonomie und zwischen ihrer eigenen und einer ihnen «in den Mund gelegten» Sprechweise bewegen. Ziel dieser Arbeit ist es daher nicht, die jugendliche Sprechweise bezüglich ihrer Interferenzen mit dem Spanischen1 oder detailliert auf das Code-Switching hin zu analysieren. Zu dieser Thematik existieren bereits zahlreiche Studien. Allerdings können Interferenzen und CodeSwitching auch nicht unberücksichtigt bleiben, handelt es sich doch um zwei sehr prägnante und typische Erscheinungsformen des Sprachkontakts. Für

1

Im Folgenden wird in dieser Arbeit in Bezug auf das heutige Kastilisch immer der Begriff «spanisch/Spanisch» verwendet. Der Differenzierungsproblematik dieser beiden Bezeichnungen bin ich mir bewusst; an dieser Stelle sei auf die Beschreibungen von Sinner (2004, 51ss.; 469ss.) verwiesen, für die der Autor Frequenzuntersuchungen heranzieht und die Unsicherheit von spanischen bzw. katalanischen Muttersprachlern bezüglich dieser Begriffe zitiert.

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das vorliegende Korpus sind sie insofern besonders wichtig, als es darum geht, Entlehnungen von ihnen abzugrenzen bzw. einige in der Jugendsprache weit verbreitete «Interferenzphänomene» (z. B. bueno, die Verwendung von Konstruktionen mit lo, etc.) im Hinblick auf ihren Interferenzcharakter zu diskutieren. Das Code-Switching, besonders in seiner Funktion des Zitierens anderer Personen, wird bezüglich seines pragmatischen Gehalts in Bezug auf das Spannungsfeld Katalanisch-Spanisch beleuchtet.2 2.1.1. Interferenz Die Bezeichnung Interferenz für Phänomene, die auftreten, wenn mehrere Sprachen (oder Varietäten einer Sprache) aufeinander stoßen, findet sich bekanntermaßen bei Weinreich in seinem Werk Languages in Contact. Hier heißt es: «Those instances of deviation from the norms of either language which occur in the speech of bilinguals as a result of their familiarity with more than one language, i.e. as a result of language contact, will be referred to as INTERFERENCE phenomena» (1964, 1).

Bei seiner Definition geht Weinreich zunächst von nicht strukturellen Faktoren wie einer allgemeinen Sprechkompetenz des Sprechers sowie von seiner Fähigkeit aus, grundsätzlich zwei Sprachen auseinander halten zu können. Weiterhin hat der von Weinreich beschriebene Sprecher relativ gute Kompetenzen in beiden Sprachen, wobei er beiden, ihren entsprechenden Kulturen sowie der Zweisprachigkeit an sich mit entweder idiosynkratischen oder stereotypisierten Einstellungen (cf. 1964, 3) gegenübertritt. In einem weiteren Schritt stellt Weinreich fest (1964, 7), dass Interferenz effektiv mit strukturalistischer Terminologie beschrieben werden kann, wenn sich die Interferenzphänomene auf den konkreten Kontakt zwischen den Grundeinheiten auf Ausdrucks- und Inhaltsseite von Sprache (bei Weinreich als Phoneme und Semanteme bezeichnet) beziehen. Seit Weinreichs Definition der Interferenz als Abweichung von der Sprachnorm wird das Phänomen oft in der Fehlerforschung bzw. im Zusammenhang mit dem Erwerb von Fremdsprachen aufgegriffen. Zwar gab es immer wieder auch Versuche zu neutraleren Definitionen, doch sind diese wenig fruchtbar. Dementsprechend stellt Sinner fest: «Der Tatsache, dass Beeinflussung einer Sprache durch eine andere Sprache nicht zwangsläufig zu Normverstößen führen muss, wird später – und auch heute noch – leider oft keine Rechnung getragen» (2001a, 133).

2

Zur vertiefenden Lektüre zum Sprachkontakt sei an dieser Stelle u. a. auf die Arbeiten von Weinreich (1964), Haugen (1950), Mackey (1970), Clyne (1975), Payratò (1985), Boix (1993), van Hout/Muysken (1994), Boix/Vila (1998) und Sinner (2001; 2004) verwiesen.

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«Der Terminus Interferenz entstand zwar im Kontext negativer Beurteilung und wurde prinzipiell als Angriff auf die Norm des Systems gewertet […], von Fehler dürfte im Kontext der sprachlichen Interferenz in Sprachkontaktsituationen aber eigentlich nicht mehr gesprochen werden, da dies nur im Vergleich zu einer korrekten Form sinnvoll wäre und somit eine Unregelmäßigkeit einer bestimmten – monolingualen – Norm gegenüber impliziert. Die eigentliche Schwierigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass es in manchen Kontaktsituationen praktisch keine wirklich monolingualen Sprecher gibt und eine Norm somit nicht eindeutig bestimmt werden kann, zumal wenn – teilweise gezwungenermaßen – Interferenz durch Vergleich mit einer zentralen Norm ermittelt wird, wie dies z. B. im Falle des in Katalonien gesprochenen Spanisch die Regel ist. Die Gleichung Interferenz = Fehler ist somit allenfalls in der Zweitsprachenerwerbsforschung gerechtfertigt» (2001a, 135).

Die Interpretation des Interferenzbegriffes hängt also, wie man aus dem Zitat erkennen kann, eng mit dem Verständnis von Norm zusammen, das im folgenden Abschnitt bzw. im Zusammenhang mit dem Thema der sprachlichen Normalisierung in Katalonien (cf. 3.2.) ausführlicher beschrieben wird. Ein weiteres Problem, das eng damit verbunden ist, ist sicherlich die Verwendung des Terminus Interferenz für Elemente, welche ursprünglich individuelle Interferenzen waren, mittlerweile aber durch ihr hohes Auftreten in der Sprachgebrauchsnorm zu einem für einen Großteil der Kommunikationsgemeinschaft gebräuchlichen Phänomen geworden sind. Teilweise handelt es sich um in das System aufgenommene Elemente, die eigentlich entsprechend als Entlehnung (oder je nach Terminologie als Integrate) bezeichnet werden müssten. Da diese Darstellungsweise auch die unterschiedlichen Integrationsstadien von Entlehnungen einbezieht, ist es nicht verwunderlich, dass die Diskussion um die Terminologie der Sprachkontaktforschung immer wieder neu aufflammt und auch lange Zeit nach Beginn der Reflexion über diese Phänomene noch nicht abgeschlossen ist. 2.1.2. Interferenz und Entlehnung Interferenzen finden genauso wie Entlehnungen auf allen sprachlichen Ebenen statt.3 In diesem Kapitel wird exemplarisch dafür die Wortschatzebe-

3

Weinreich (1964, 29ss.) geht z. B. detailliert auf phonetische und grammatikalische Interferenzen ein und bezieht sich hierbei zunächst auf Meillet (1921; 1938) und Sapir (1927) bzw. Schuchardt (1917), die bezüglich der Möglichkeiten der Interferenz auf morphosyntaktischer Ebene gegensätzliche Meinungen, nämlich zwischen nicht-existent und sehr wohl existent, vertreten. Laut Weinreich hängen Interferenzen auf morphosyntaktischer Ebene vor allem davon ab, welche Srukturen betrachtet werden, z. B. freie oder gebundene, lexikalische oder grammatische Morpheme, verschiedene Grade festgelegter syntaktischer Strukturen etc. Er konstatiert diesbezüglich: «A word which has been transferred from one language into another is itself subject to the interference of the grammatical, as well as the phonic, system of the recipient language, especially at the hands of its unilingual

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ne4 aufgegriffen, da sie das in der Häufigkeit weiteste Feld ist und in ihr Entlehnungen meist besser als auf morphosyntaktischer Ebene zu erkennen sind. Viele der angesprochenen Definitionen und Beispiele sind auf die anderen sprachlichen Ebenen applizierbar. Interferenz ist eine sprachliche Veränderung, welcher der direkte – individuelle oder soziale – Einfluss einer zweiten Sprache zu Grunde liegt. Nimmt man diese von Boix/Vila (cf. 1998, 55) übernommene Aussage als Ausgangspunkt, so ließe sich Interferenz im weiteren Sinne als Oberbegriff für eine von einer Sprache A herbeigeführte Neuerung (Innovation, Verlust, Substitution), z. B. in der Lexik einer Sprache B bezeichnen. Unter direktem Einfluss verstehen die Autoren hierbei, dass strukturelle, außersprachliche Faktoren mit Bezug zur Sprache A sozusagen einen Druck von außen auf die Sprache B ausüben, welcher sich in sprachlichen Faktoren widerspiegelt. Dies gilt gleichermaßen für formal identische Kontaktphänomene zwischen einzelnen Registern oder dialektalen Varietäten ein und derselben Sprache. Das Problem, das sich bei dieser allgemeinen Definition, die der von Payrató (cf. 1985, 58s.) nicht unähnlich ist, stellt, ist folgendes: Wie unterscheidet sich nach dieser Beschreibung Interferenz von Entlehnung? Und inwiefern lässt sich diese Definition mit der bereits erwähnten, häufig verbreiteten Auffassung von Interferenz als Störung oder Fehler vereinbaren? Die Antwort auf letztere Frage ergibt sich aus der Tatsache, dass Boix/ Vila von einer anderen Definition von Interferenz als die Zweitspracherwerbsforschung ausgehen. Ihr Ansatz entspricht dem der «Areallinguistik» nach Sternemann, der entsprechend formuliert: «Unter Interferenz versteht man in der Areallinguistik (im Unterschied zur Fremdsprachenmethodik) […] die Berührung und Beeinflussung zweier oder mehrerer Sprachen bei gegenseitigem Kontakt» (1983, 115). Im engeren Sinne bezeichnen Boix/Vila Interferenz demzufolge auch als «un tret o element foraster (= que pertany a una llengua A), que utilitza un parlant bilingüe quan s’expressa en una llengua B» (1998, 56). Diese Beschreibung siedelt die Interferenz eher auf

4

speakers» (1964, 44). Weiterhin gesteht er den Sprechern selbst eine große Einflussnahme zu: «The choice itself would appear to depend not on the structures of the languages in contact, but rather on individual psychological and socio-cultural factors prevailing in the contact situation» (1964, 46). Bei lexikalischer Interferenz unterscheidet Weinreich die «simple word (non-compound) lexical elements» (1964, 47), eine Kategorie, der er die meisten Interferenzen zuordnet. Daneben gibt es die «compound words and phrases», die Weinreich in drei Typen unterteilt (cf. 1964, 47s.). Weinreich schreibt die Möglichkeit der lexikalischen Entlehnung nicht nur den zweisprachigen Sprechern zu, sondern allen Sprechern einer Sprache; sie dient der Bezeichnung neuer Begrifflichkeiten, ist aber auch durch interne sprachliche Faktoren wie Instabilität einzelner Lexeme, den Bedarf an Synonymen oder semantischen Bedeutungsveränderungen einzelner Lexeme bedingt (cf. 1964, 60).

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der Ebene der parole an; dies entspricht auch der Unterscheidung zwischen langue und parole, wie wir sie bei Weinreich finden: «In speech, interference is like sand carried by a stream; in language, it is the sedimented sand deposited on the bottom of a lake. The two phases of interference should be distinguished. In speech, it occurs anew in the utterances of the bilingual speaker as a result of his personal knowledge of the other tongue. In language, we find interference phenomena which, having frequently occurred in the speech of bilinguals, have become habitualized and established. Their use is no longer dependent on bilingualism» (1964, 11).

Mit seiner Differenzierung des Inferenzbegriffes für die Ebene der langue und der parole erweitert Weinreich seine eigene Ausgangsdefinition, widerspricht ihr aber auch. Demnach findet die eigentliche Interferenz in der parole statt, Einflüsse in der langue bezeichnet Weinreich als «interference in the system» und siedelt diese näher bei nicht von der Zweisprachigkeit der Sprecher abhängigen Entlehnungen an. Diese werden von Haugen (1956) und Mackey (1970) als Interferenz (als Gebrauch von Elementen einer anderen Sprache in der parole) und Integration (Eingliederung von Elementen einer anderen Sprache in die langue) aufgegriffen. Den Autoren gelingt es, zwischen individuellen Interferenzen und sich in der Sprache verankernden Integraten (d.h. Entlehnungen) zu unterscheiden. Mackey weist allerdings mehrfach darauf hin, dass diese Unterscheidung eines der schwierigsten Unterfangen bei der Analyse der Sprache von bilingualen Sprechern sei (cf. 1970, 195; 199). In diesem Zusammenhang ist auch die Arbeit von Juhász zu nennen, der Interferenz als Verletzung der Norm in der Sprachausübung bezeichnet. Als Grund für das Auftreten von Interferenzen nennt er die Unterschiedlichkeit der Systeme und verzichtet daher zunächst auf eine Unterscheidung zwischen langue- und parole-Ebene wie sie beispielsweise Weinreich vornimmt (cf. Juhász 1970, 10). Für die Elemente, die zum Bestandteil der Sprachnorm geworden sind und entsprechend aufhören, «als störender Eingriff in die Sprache zu wirken», verwendet Juhász den Begriff der Integration (1970, 10). In ähnlicher Weise geht das Diccionari de Sociolingüística (Ruiz et al. 2001; im folgenden als DSL bezeichnet) an den Interferenzbegriff heran und unterscheidet ihn von der Entlehnung. Zu Grunde liegt eindeutig die auch ursprünglich von Weinreich proklamierte Zuordnung der Interferenz zum Sprachsystem, also zur Ebene der langue. Das DSL versteht daher unter «interferència lingüística»: «Fenomen que ocorre quan una part del sistema de la llengua dominant s’introdueix, ocupa i desplaça determinats elements fònics, morfosintàctics o lèxics de la llengua minoritzada, en situacions de conflicte lingüístic. La comunitat lingüística que usa la llengua minoritzada va adquirint al llarg del temps paraules, fonemes i estructures morfològiques i sintàctiques pròpies de la llengua dominant. […] El terme interferència implica la nova disposició de patrons que resulta de la introducció d’elements estrangers en els dominis més profundament estructurats de la llengua,

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com ara la major part del sistema fonològic, una gran part de la morfologia i la sintaxi, i algunes àrees del vocabulari. […] No s’ha de confondre la interferència amb el manlleu, que no és més que una mera addició a l’inventari de la llengua receptora» (2001, 154s.).

Dem letzten Satz dieses Zitats kann man das zweite Unterscheidungskriterium zwischen Interferenz und Lehnwort (i.w.S.) entnehmen. Ein mehr oder weniger integriertes Lehnwort kann als reine Ergänzung angesehen werden, die Interferenz hingegen ist zunächst ein individueller Fehler, der durch Veränderung der Sprachgebrauchsnorm aber zu einem gruppalen Phänomen wird und eine tiefer gehende Veränderung des Sprachsystems zur Folge haben kann. Hält man sich hier allerdings die Definition von Rull vor Augen, die besagt, dass «una interferència té lloc quan l’entrada de l’element lingüístic implica la pèrdua d’un ús o d’un element lingüístic genuí» (2000b, 26), so ist eine Überschneidung mit dem unter den Lehnprägungen (cf. 2.1.5.1.) angesprochenen Substitutionseffekt gegeben. Somit ist durch die vorliegende Argumentation keine scharfe Trennlinie zwischen beiden Phänomenen zu ziehen, wenn auch die Definition von Rull sicherlich nicht für alle Arten von Interferenz als zutreffend gelten darf. Ein anderer wichtiger Faktor, der häufig zu einer ersten Abgrenzung von Interferenz nicht gegenüber Entlehnungen, sondern gegenüber dem CodeSwitching herangezogen wird, ist das von den Sprechern meist nicht bewusst wahrgenommene Auftreten von Interferenzen.5 Das DSL spricht daher nicht zu Unrecht davon, dass «una característica típica de les interferències de les llengües dominants sobre les regressives és que els parlants d’aquestes sovint no les perceben com a tals […]» (2001, 154s.). Die Interferenz in diesem engeren Sinne, gleichwohl sie das System später beeinflussen kann, ist also zunächst einmal im Sprachgebrauch, d.h. in der Rede, bemerkbar und tritt vor allem in der bilingualen Kommunikation auf. Der Begriff der Interferenz bekommt dadurch eine individuelle Ebene. Schmidt-Radefeldt bezieht sich ebenfalls auf die individuelle Interferenz im Zusammenhang mit der Darstellung des Entwicklungsprozesses von Interferenz hin zu Entlehnung. Er spricht zunächst von einer ersten Phase, in der einzelne Sprecher neue Formen annehmen und damit eine mögliche Aufnahme in das muttersprachliche System vorbereiten. An diese schließt sich eine zweite Phase an, in der zwei aus verschiedenen Systemen stammende Formen von der aufnehmenden Sprachgemeinschaft akzeptiert und nebenei-

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Cf. hierzu Payrató, der im Zusammenhang mit Interferenz von einem «procés de generalització i adaptació que porta a la integració de l’element en el sistema lingüístic receptor i a la pèrdua de consciència, en els parlants, del caràcter aliè del terme» (1985, 121) spricht. Allerdings wäre hier anzumerken, dass nicht klar wird, wie diese «pèrdua de consciència» beginnt und wie sie einzugrenzen wäre, d.h. ab wann letztendlich ein Element keine Interferenz oder kein Code-Switching mehr ist, sondern als integriert gelten kann.

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nander verwendet werden. In einer dritten Phase wird dieses «hybride» Ergebnis durch die sprechsprachliche und schließlich auch die schriftsprachliche Norm angenommen, d.h. beispielsweise durch eine mit der Normregulierung betraute Institution (cf. Schmidt-Radefeldt 1990, 148). Bei Payrató ist das Problem der Unterscheidung zwischen Interferenz und Entlehnung dadurch gelöst, dass der Autor sowohl die individuelle Interferenz als auch die Tradierung derselben als Interferenz bezeichnet (1985, 58s.). Payratós Definition ist vor allem in der spanischen Linguistik weit verbreitet und gilt dort als Referenz, und das, obwohl die Definition vielfach kritisiert wurde. So schreibt z. B. Kabatek, dass der Terminus durch Payratós Beschreibung völlig an Gebrauchsfähigkeit verliere, «da in diesem Sinne eigentlich alle Elemente einer Sprache letztendlich Interferenzen wären» (1996, 13). Der Unterschied zwischen Entlehnung und Interferenz hängt für viele Autoren vom Grad der Assimilierung (an phonologische, morphologische oder syntaktische Muster) ab. Vielfach herrscht die Überzeugung, dass ein Wort als integriert gelten kann, wenn es ausreichend assimiliert ist bzw. wenn es in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist (cf. Weinreich 1974, 37; Baetens 1964, 50). In diesem Zusammenhang unterscheidet Kloss (1952, 339ss.) zwischen Binnenentlehnungen und Außenentlehnungen. Bei Binnenentlehnungen handelt es sich um «Entlehnungen aus bis zur mündlichen Erkennbarkeit verwandten anderen Einzelsprachen» (1952, 339). Auf das Katalanische bezogen sind das die Entlehnungen aus dem Spanischen, die so genannten Kastellanismen, bei denen sich zuweilen, aufgrund der Nähe der beiden Sprachsysteme, das Erkennen der Entlehnung als solche schwierig gestaltet. Ist hingegen keine Integration ersichtlich, handelt es sich demzufolge um eine Interferenz. In diesem Sinne wäre die Integration ein kontinuierlicher Prozess, der von der Interferenz ausgeht, mehrere Phasen durchläuft und schließlich das Integrat als Resultat hat (cf. Haugen 1950; Mackey, 1970, 199 und 1976, 308; Payrató 1985, 58).6

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Payrató (1985, 119) unterscheidet zwischen vier Phasen des Integrationsprozesses, in denen ein Element von der Rede ins System übernommen wird. Bei Mackey wird diese letzte Phase auch als Entlehnung bezeichnet (1970, 199). Für Haugen (1950, 216) ist der Integrationsprozess abgeschlossen, wenn ein Element ursprüngliche Elemente der anderen Sprache ersetzt und auch die einsprachigen Sprecher es verwenden. Sinner (2004, 63; 92) schließt sich ebenfalls der Meinung, dass eine der besten Möglichkeit festzustellen, ob ein Element integriert ist, die Überprüfung seines Gebrauchs durch monolinguale Sprecher sei. Er weist allerdings darauf hin, dass mit dieser Beschreibung nicht die «integrierten» Elemente erfasst werden, die gleichzeitig mit den ursprünglichen Formen benutzt werden und außerdem keine Aussage über die Gebrauchsfrequenz der verschiedenen Elemente getroffen werden könne. Außerdem fällt für den katalanischen Fall die Möglichkeit des Vergleichs mit monolingualen Sprechern aufgrund der mehr oder weniger vollständigen Zweisprachigkeit der Katalanen weg.

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Sinner weist hier allerdings darauf hin, dass diese Gleichsetzung von Assimilierung mit Entlehnung bzw. Integrat (cf. 2004, 61s.), wie sie beispielsweise auch Grosjean (1982, 308) vornimmt, zweifelhaft ist, weil nicht genau klar wird, wie der Prozess der Assimilierung vonstatten gehen soll. Außerdem weist er darauf hin, dass der Faktor des Sprachgebrauchs insofern differenzierter zu beschreiben sei, als berücksichtigt werden sollte, ob die Sprecher diesen Sprachgebrauch als korrekt ansehen. Sinner schlägt daher vor, dass auch das Bewusstsein um funktionale Aspekte der entsprechenden Elemente aussagekräftig für ihren Charakter als Entlehnung sein kann: «El mero hecho de que los hablantes tengan conciencia de la distribución por registros a su vez puede interpretarse como índice de la integración de estos elementos en las normas de uso, pues la distribución funcional de los elementos de una lengua forma parte del conocimiento de las normas y del funcionamiento de la lengua» (2004, 92).

Dieser Ansatz berücksichtigt einen wesentlichen Punkt, der häufig bei der Diskussion um Interferenz und Entlehnung ins Spiel gebracht wird: die Norm. Geht man vom Normbegriff Coserius (cf. 1973, 77; cf. 3.1.1.) aus und interpretiert Norm als Norm im Sprachgebrauch, d.h. als Gesamtheit der von den Sprechern in der Praxis akzeptierten Realisierungen, dann lässt sich sehr wohl annehmen, dass diese Norm durch den höheren Gebrauch einiger «Interferenz»-Elemente nach und nach verändert wird (cf. Bartsch 1985, 151).7 Genauso können dann auch Elemente, die zunächst von der Norm abweichen, nach und nach in die Sprachgebrauchsnorm aufgenommen werden und somit «normativ» werden. Ähnliche Darstellungen finden sich bereits bei Sternemann, der im Zusammenhang mit der Beschreibung des Interferenzbegriffes in der Areallinguistik meint: «Bei kollektiver Zweisprachigkeit kommt es nun zu ständigen Interferenzen, deren Ergebnisse – gegenseitige Entlehnungen und kongruente Entwicklungen – allmählich zur Sprachnorm werden» (1983, 115). Es ist jedoch zu bedenken, dass dieser Vorgang nicht für alle Interferenzen gleichermaßen gelten kann, d.h. nur einige Interferenzen werden durch Wiederholung zu einem Gruppenphänomen, das letztlich eine

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Sinner weist in diesem Zusammenhang allerdings auf die Problematik der Frequenzmessung hin: «Si como norma de la lengua entendemos lo que hacen los hablantes, es decir, si la realización media constituye la norma, entonces la frecuencia media, por decirlo así, posiblemente podría dar información acerca de la pertenencia de un elemento a la norma. Sin embargo, hablar de frecuencia media podría llevar a generalizaciones peligrosas: ¿serían entonces más integradas las formas más frecuentes que otras? Si se consideran como normales las formas más comunes, automáticamente dejarían de ser normales los elementos con frecuencia muy baja o los elementos que tienen una frecuencia cada vez más baja, convirtiéndose, de esta forma, en formas no usuales que, con el tiempo, no se considerarían ya como parte de la norma de uso» (2004, 64).

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Veränderung der Sprachgebrauchsnorm oder sogar des Systems (und somit einen Sprachwandel) hervorruft. Juhász formuliert entsprechend: «Das eigentliche Problem besteht in der eigenartigen Verflechtung von diachronischen und synchronischen Gesichtspunkten für die Beurteilung der sich wandelnden Norm; denn jede Veränderung der Norm ist zwar ursprünglich ein Fehler, aber nicht aus jeder Abweichung von der Norm wird eine Veränderung der Norm. Während im ersten Fall eine der langue nicht entsprechende parole-Form zur Veränderung der langue führt, bleibt im zweiten Fall die parole-Erscheinung auch späterhin langue-widrig […]. Systemwidrige Ausdrucksformen führen selbst dann nicht immer zu einer Veränderung der langue, wenn sie sehr häufig vorkommen» (1970, 34).

Interferenz wird häufig als Verstoß gegen die Norm, also als Fehler angesehen. Dem widerspricht Sinner, indem er darauf hinweist, dass es gerade bezüglich der für die Analyse von Sprachkontakt wichtigen gesprochenen Sprache schwierig sei, diese Position aufrecht zu erhalten. Eine für die Schriftsprache festgelegte Norm, die mündliche Phänomene nicht oder kaum berücksichtigt, wie es bisher z. B. in Katalonien sowohl für das Spanische als auch für das Katalanische der Fall ist, kann hier nicht allein ausschlaggebend sein (cf. Sinner 2004, 72; cf. 3.1.2.). Der Autor bezieht sich vor allem auf eine Studie von Hernández García, die im Spanischen Kataloniens als catalanismos klassifizierte Elemente auf ihren Gebrauch in anderen Teilen Spaniens untersucht. Die Autorin fasst ihre Ergebnisse folgendermaßen zusammen: «una cosa es lo que dice la normativa – y sea la de las gramáticas o el criterio de los propios filólogos – y otra muy diferente el uso lingüístico» (1998, 507s.). Ich verstehe unter Interferenz im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit Elemente des Spanischen, die von einem zweisprachigen Sprecher (des Spanischen und des Katalanischen) im Katalanischen verwendet werden, die aber weiterhin als fremde Elemente gelten dürfen und keinerlei Integration ins katalanische Sprachsystem aufweisen. Davon ausgeschlossen sind z. B. spanische Zitate oder Elemente, die klar dem Code-Switching (cf. 2.1.3.) zugeordnet werden können. Weiterhin ausgeschlossen sind Elemente, die in der präskriptiven Norm (als Kastellanismen) sowie in der Sprachgebrauchsnorm des Katalanischen, sofern sich letztere aus meiner Sicht als Außenstehende eingrenzen lässt, enthalten sind. Ausgehend von dieser Definition werden Elemente aus anderen Sprachen als dem Spanischen in dieser Arbeit nicht als Interferenzen betrachtet, sondern in ihrer Eigenschaft als Entlehnungen bzw. im Zusammenhang mit dem Code-Switching untersucht. Dass auch diese Definition problematisch sein kann, obwohl sie sich nur auf einen kleinen Aktionsradius, nämlich die vorliegende Arbeit bezieht, ist mir bewusst. Schließlich kann eine Abweichung von der Norm bei zweisprachigen Sprechern auch von anderen als sprachlichen Faktoren abhängen bzw. von den Sprechern absichtlich vorgenommen werden (cf. Oksaar 1972, 499; Sinner 2004, 81). Weiterhin hängt die Normativität eines Elements auch von den bereits erwähnten funktionellen Aspekten ab. Ein Element kann also 20

in einem Register als normativ gelten und wäre somit nicht als Interferenz zu interpretieren; in einem anderen Register kann es hingegen eine Interferenz darstellen.8 Für die vorliegende Arbeit gilt allerdings, dass, egal ob Jugendsprache als Register oder Sprechstil definiert wird (cf. 4.3.2.), sich die analysierten Sprechweisen mehr oder weniger auf der gleichen Ebene9 befinden und wir daher von einer relativ einheitlichen Sprachgebrauchsnorm ausgehen können. Inwiefern sich die Akzeptanz mancher Interferenzen in der Sprachgebrauchsnorm, d.h. ihre Entwicklung hin zu «integrierten» normativen Elementen in diachronischer Sicht, von Generation zu Generation vollzieht, wird in Kapitel 6, das sich an die Korpusanalyse anschließt, im Zuge der Sprachwandeldiskussion aufgegriffen werden. 2.1.3. Code-Switching vs. Interferenz und Entlehnung Für bilinguales Sprechen typisch ist nicht nur eine geringere Stabilität bei der Wahl der Grundsprache, sondern auch eine viel größere Häufigkeit von Sprach- oder Code-Mischung bzw. «transkodischen Markierungen» (Lüdi 1987). Darunter versteht man nach Lüdi Formen in der Rede, z. B. Lehnwörter, Interferenzen oder Code-Switching, die in der Analyse häufig als Ergebnis eines Einflusses einer Sprache oder Varietät auf eine andere interpretiert werden. Haugen (1956) spricht von einem Kontinuum, in dem sich die bilingualen Sprachphänomene bewegen und an dessen einem Ende das Code-Switching, am anderen Ende die Entlehnung anzutreffen ist – dazwischen existiert nach Haugen als Übergangsphänomen die Interferenz. Die Rekurrenz auf diese Kommunikationsmittel stellt für die zweisprachigen Sprecher aber auch oft eine gewinnbringende Ausschöpfung ihrer sprachlichen Ressourcen dar, ist also ein Instrument, das den Sprechern zur Verfügung steht und das unterschiedlich interpretiert und definiert werden kann. Haugen äußert sich dazu folgendermaßen: «We need to get away from the notion of ‹interference› as somehow noxious and harmful to the language. The bilingual finds that communicating he is aided by the overlap between languages and he gets his message accross by whatever devices are available to him at the moment of speaking» (1968a, 685).

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Gleiches gilt für die individuelle Norm. Manche Sprecher benutzen ein Element evtl. auf allen sprachlichen Ebenen, wohingegen es für andere nur in bestimmten situativen Kontexten akzeptabel erscheint. Hierbei ist vor allem die diaphasische Ebene gemeint; allerdings kann aufgrund der Auswahl der Informanten (cf. 5.1.2.) aus einem begrenzten Raum, mit eingeschränkter Altersspanne und relativ ähnlichem Bildungsniveau auch von ihrer sprachlichen Annäherung auf diatopischer und diastratischer Ebene ausgegangen werden.

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Das Code-Switching basiert im Gegensatz zu den Interferenzen auf der Kontrastierung von Elementen zweier Sprachen. Die meisten Sprecher setzen sie daher bewusst als rhetorisches Mittel ein. Barri und Masats meinen dazu: «Entenem per canvi de codi recórrer, d’una manera conscient i voluntària, a una altra llengua, […] en una comunicació, – oral o escrita – monolingüe, ja sigui perquè l’usuari desconeix el terme en la pròpia llengua o perquè vol matisar connotacions intencionadament» (1999, 60).

Wichtig ist, an dieser Stelle festzuhalten, dass durch Code-Switching die Sprache vom Sprecher aktiv der Kommunikationssituation angepasst wird. Hierzu hat Myers-Scotton (1993) einige Regelmäßigkeiten dargelegt, die von Lüdi in folgende Phasen, die den Prozess des Code-Switchings aufzeigen, zusammengefasst werden: «a) on choisit d’abord une langue de base (’matrix language’) qui peut toutefois changer d’un tour de parole à l’autre, souvent même à l’intérieur d’un tour de parole; b) pour diverses raisons et avec de nombreuses fonctions, on intègre ensuite des éléments d’une autre langue (‹embedded language›) dans des énoncés en langue de base. Cet enchâssement peut avoir lieu à des niveaux différents. La condition à respecter est que des syntagmes mixtes suivent les règles de la grammaire de la langue de base, qui fournissent aussi les morphèmes de système. Ou alors on enchâsse des séquences entières sous forme ‹d’ilots› en langue enchâssée: c) on contrôle constamment si les unités lexicales ou constituants enchâssés sont compatibles syntaxiquement avec les cadres de la langue de base; si non, des opérations de synchronisation sont nécessaires, p.ex. la formation d’un îlot en langue enchâssée ou un changement de la langue de base» (Lüdi 1998, 144).

Diese Regelmäßigkeiten lassen u. a. auch auf einen intentionalen Gebrauch des Code-Switching schließen, der somit einen wesentlichen Unterschied zur Interferenz repräsentiert. Weitere Unterscheidungskriterien nennt Sinner: «[…] no se trata [en el caso del cambio de código] de una infracción de la norma de una lengua sino, […] de un cambio de la lengua. Mientras que la interferencia suele verse como determinado por factores lingüísticos, el cambio de código se atribuye, generalmente, a factores extralingüísticos […]. El cambio de código es un indicador extremadamente sensible de la habilidad lingüística del bilingüe y de su creatividad […]» (2004, 79).

Diese in der Theorie recht klar abgrenzbaren Faktoren verhindern allerdings nicht, dass es in der Praxis bei der Zuordnung von sprachlichen Äußerungen zu dem einen oder anderen Sprachkontaktphänomen dennoch zu Schwierigkeiten kommt. Was z. B. bei einigen bilingualen Sprechen als Interferenz erscheint, kann bei anderen ein bewusst eingesetzter Codewechsel sein. Dies gilt nicht nur für die Gegenüberstellung Code-Switching – Interferenz, sondern insbesondere auch für Interferenz vs. Entlehnung. Oft ist der Grund für das Auftreten des einen oder anderen Phänomens nicht klar zu erkennen, und eine eigentlich individuelle Interferenz kann beispielsweise so oft bei verschiedenen Sprechern auftreten, dass man ihr den Charakter einer Ent22

lehnung zuschreiben würde. Diese Tatsache ist jedoch nicht zuletzt auf den bereits erwähnten Faktor der Unbewusstheit zurückzuführen; viele Sprecher wissen nicht, dass ein bestimmtes von ihnen gebrauchtes Element eine mögliche Abweichung von einer sprachlichen Norm darstellt. Transkodische Markierungen können natürlich auch auf anderen als der bisher dargestellten Ebene der Lexik auftauchen. Blom und Gumperz (1971) sprechen beispielsweise von metaphorischem Code-Switching, bei dem eine Varietät, die normalerweise nur in bestimmten Situationen gebraucht wird, plötzlich in einer anderen Situation auftaucht, weil das Gesprächsthema mit der Ursprungssituation assoziiert wird. Gumperz (1982) unterscheidet zwischen situativen und metaphorischen Code-Switchings, d.h. die Sprecher wechseln entweder je nach Situation oder innerhalb einer Situation. Besonders im zweiten Fall misst der Autor dem Code-Switching eine kommunikative Funktion (z. B. der Hervorhebung), ähnlich dem Stilwechsel in einsprachigen Situationen, bei. Diese Überlegungen leiten uns einen Schritt weiter, auf die Ebene der Pragmatik. Bei Glück heißt es unter dem Stichwort «Interferenz» (wobei hier Interferenz im weiteren Sinne, als Oberbegriff für verschiedene Sprachkontaktphänomene zu verstehen ist): «Auch im Bereich der Pragmatik kann es zu Interferenzen kommen (wenn etwa Formen der sozialen Kontaktaufnahme wörtlich in eine andere Sprache – und einen anderen Kulturkreis – übersetzt werden)» (2000, 310).

Pragmatische Aspekte spielen in der jugendlichen Kommunikation einer sich nach außen abgrenzenden peergroup 10 eine Rolle für die Präsenz, den spezifischen Gebrauch und die Frequenz von transkodischen Markern. Pragmatische und weitere außersprachliche Faktoren fließen in die Sprachverwendung der Jugendlichen ein. In der vorliegenden Arbeit werden sie besonders in Verbindung mit der Gruppenkonstitution im Gespräch bzw. mit Abgrenzungsmechanismen von jugendlichen peergroups (cf. 4.4.1.; 4.5.2.6.) deutlich. Darüber hinaus liegt der Schwerpunkt der vorliegenden empirischen Studie allerdings weder auf Code-Switching noch auf Interferenzphänomenen. Beide Phänomene sind gerade in Bezug auf das Katalanische bereits in zahlreichen Arbeiten hinreichend diskutiert worden. Der Fokus soll vielmehr auf bewusste, in die Sprache integrierte oder im Integrationsprozess befindliche Elemente gerichtet sein, wobei dem Integrationsprozess bis hin zur Aufnahme der in der Jugendsprache auftretenden Elemente in die Standardsprache und die Sprachnorm besondere Aufmerksamkeit gewidmet sein wird. Code-

10 Gruppe von Gleichaltrigen oder Gruppe von Gleichgestellten; der Begriff geht zurück auf den Soziologen Charles H. Cooley (1864–1929). Es wird davon ausgegangen, dass besonders Kinder und Jugendliche sich bezüglich Gruppenstandards stärker an Menschen ähnlichen Alters als an den eigenen Eltern orientieren. Die peergroups haben somit eine wichtige Sozialisationsfunktion.

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Switching als bewusster Prozess wird dabei am Rande eine Rolle spielen, da es von Jugendlichen aus verschiedenen Motivationsgründen (cf. 5.2.4.) intentional eingesetzt wird. Genauso wird auch vom Interferenzbegriff in manchen Fällen die Rede sein, da bestimmte Phänomene in der Jugendsprache im Zusammenhang mit den Vorstellungen von Norm bzw. der Normdiskussion auf ihren (vermeintlichen) Interferenzcharakter untersucht werden können. Im Mittelpunkt der Studie stehen als zentrales Phänomen die Entlehnungen. Hierzu erscheint mir zunächst eine Beschäftigung mit dem Begriff des Neologismus sinnvoll, da dieser durchaus Sprachkontaktphänomene, vor allem Entlehnungen beinhalten kann; gleichzeitig ermöglicht ein näheres Eingehen auf den Begriff eine Bewusstmachung der verschiedenen Möglichkeiten zur Wortneubildung und kann helfen, Prozesse, die keine Entlehnungen darstellen, als solche zu erkennen und zu beschreiben. 2.1.4. Neologismen und Neosemantismen «neologisme: unitat lèxica nova, formalment o semànticament, creada en una llengua per les pròpies regles de formació de mots o manllevada a una altra llengua» (DIEC). «neologisme: mot de creació recent o manllevat recentment a una altra llengua; accepció nova a un mot o a una expressió que ja existia en la llengua» (López de Castillo 2000, 797). «Neologismus: […] Eine durch Neubildung oder Entlehnung neu enstandene lexikal. Einheit, die noch nicht Eingang in das Lexikon der betr. Sprache gefunden hat, bisweilen auch nicht findet. Unterschieden werden (a) Neulexeme […], d.h. Lexeme, die erstmals neue bzw. neu etablierte Gegenstände oder Sachverhalte bezeichnen […], (b) Neusememe […], d.h. Sememe […], die vorhandenen Sememen bereits existierender Lexeme neu hinzugefügt werden, (c) Neubezeichnungen, d.h. neue Bez. für Personen bzw. bereits existierende Gegenstände und Sachverhalte […]» (Glück 2000, 468s.).

Jede Sprache ist einer konstanten Weiterentwicklung ausgesetzt und gezwungen, sich an neue Notwendigkeiten und Umstände anzupassen. In diesem Sinne schafft jeder Sprecher einer Sprache fortlaufend aktiv Neologismen, sei es in einer Fachsprache, sei es im allgemeinsprachlichen Alltagsgebrauch, und ist genauso passiv einer Vielzahl von Neuschöpfungen ausgesetzt. Obgleich hiervon alle sprachlichen Ebenen betroffen sind, schlagen sich die durch den Prozess des Sprachwandels neu entstehenden Formen und Inhalte vor allem auf lexikalischer Ebene nieder. Dies geht auch aus den Eingangszitaten hervor, welche Neologismen als rein lexikalisches Phänomen bezeichnen, wobei jedoch neben der formalen Komponente natürlich auch die semantische Ebene eine Rolle spielt. Auch Guerrero Ramos definiert den Neologismus als «unidad nueva, de naturaleza léxica, en un código lingüístico definido» (1997, 12), weist jedoch auf Schwierigkeiten bei der exakten Begriffsklärung hin und schließt neben 24

Lexemen auch Morpheme, lexikalisierte Syntagmen oder sonstige syntaktische Gruppen mit ein. Unabhängig von der Klassifizierung der Neologismen nach ihrer Zuordnung zu verschiedenen sprachlichen Ebenen handelt es sich bei dem Phänomen um sprachliche Produkte, welche neue Konzepte materieller und intellektueller Natur erfassen. Quantitativ besonders häufig ist hiervon der Bereich der Wissenschaft und Technik betroffen, welcher jedoch in vielen seiner Teilaspekte direkten Einfluss auf die Alltagssprache nimmt. Als Beispiel sei an dieser Stelle nur auf die Entwicklungen im Bereich der modernen Kommunikationsmedien verwiesen. Ob ein Neologismus in einer Sprache auch wirklich «funktioniert», ergibt sich also nicht nur aus der reinen Frage der Grammatik, ob es sich um ein Lexem oder Morphem, etc. handelt; auch psychologische und soziokulturelle Faktoren spielen eine Rolle und entsprechend sollten die Analysen auch chronologische und soziolinguistische Ansätze berücksichtigen. Bezüglich der chronologischen Perspektive heißt es beispielsweise bei Guerrero Ramos: «Se debe enmarcar el neologismo en una sincronía oportunamente definida en relación con el objeto de estudio. Sin embargo, hay que tener en cuenta que la neología cambia en el tiempo. Los procedimientos y los mecanismos de renovación léxica son en la actualidad, para cualquier lengua, cuantitativa y cualitativamente distintos a los del pasado» (1997, 14).

Obgleich der synchronischen Perspektive11 deutlich der Vorrang gegeben wird, finden in dieser Anleitung von Guerrero Ramos diachronische Aspekte Eingang, die dazu dienen können, die Entwicklung der Neologismen durch die verschiedenen Epochen hindurch zu verfolgen, um somit die aktuelle Situation aufgrund ihrer historischen und sozialen Basis besser verstehen zu können. Diese Entwicklung steht unter dem Einfluss der bereits erwähnten soziokulturellen Faktoren, die wiederum der Tatsache Rechnung tragen, dass auch einzelne Lexeme in ihrer Form als Neologismen keine isolierten Phänomene im System einer Sprache darstellen. Guerrero Ramos folgt der Darstellung von Auger und Rousseau (1984), die diese Überlegung in den fünf Kriterien für die Akzeptanz eines Neologismus in einer Sprache widerspiegelt (cf. Guerrero Ramos 1997, 14): «1) conformidad al sistema de la lengua, 2) amplitud semántica, 3) valor de integración en una lengua,

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Hierbei wird der Begriff Synchronie allerdings nicht im Sinne von Saussure als Zustand einer Sprache in einem gegebenen Zeitraum verstanden, zumindest nicht, was die Lexik betrifft. Synchronie nach Saussure ist eine methodologische Abstraktion, die an dieser Stelle nicht greift, da im Gebrauch der Lexik häufig verschiedene Phasen durchlaufen werden, in denen ein Lexem viel gebraucht wird, und andere Phasen, in denen es weniger vorhanden ist.

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4) criterio onomasiológico, 5) valor sociolingüístico».

Ausführlicher dargestellt bedeutet dies folglich, dass ein Neologismus den phonologischen und orthographischen Strukturen der allgemeinen Standardsprache entsprechen (1), die Realität beschreiben (2) und sich in das Sprachsystem sowohl syntagmatisch (als Teil verschiedener Konstruktionen auf Basis einer lexikalisierten Einheit), als auch paradigmatisch (unter Berücksichtigung verschiedener sprachinterner und terminologischer Regeln) sowie auf transformationeller Ebene (als Teil von Komposita und Derivaten) integrieren muss (3). Weiterhin darf er nicht in Konkurrenz zu anderen Begriffen treten (4). Unter «valor sociolingüístico» verstehen die Autoren die Fragestellung, ob der Neologismus auf eine Notwendigkeit zum Zeitpunkt seiner Entstehung zurückgeht und er immer noch einen bestimmten Bedarf abdeckt (5). Um dies einschätzen zu können, gilt es vor allem Aspekte wie Benutzungshäufigkeit, allgemeines Verständnis des Begriffs, positive und negative Konnotation durch die Benutzer oder Verbreitung des Begriffs zu betrachten. Die Anwendung der Kriterien hängt jedoch eng mit der Art des Neologismus zusammen. Ausgehend vom sprachlichen Zeichen nach Saussure als Vereinigung von signifiant und signifié und in Anlehnung an die Definition von G. Matoré, der von Neologismus als «acepción nueva introducida en el vocabulario de una lengua en una época determinada» spricht (zit. nach Guerrero Ramos 1997, 18), unterscheidet Guerrero Ramos zwischen zwei Großgruppen von Neologismen und damit auch zwei Arten der Neologie als deren Entstehungsprozess. Zum einen erwähnt sie die formale Neologie, die neue signifiants (und teilweise gleichzeitig mit diesen neue dazugehörige signifiés) kreiert, zum anderen spricht sie von semantischer Neologie, welche hingegen bereits existierenden signifiants einer Sprache neue signifiés zuordnet (cf. Guerrero Ramos 1997, 19). Wie auch Thielemann (2002, 418s., 2003b) möchte ich diese als Neosemantismen bezeichnen. Eine ähnliche Unterscheidung trifft die gleiche Autorin mit den beiden Begrifflichkeiten der denominativen und der stilistischen Neologie. Erstere «reside […] en la necesidad de dar un nombre a un objeto, a un concepto nuevo» (Guerrero Ramos 1997, 17). Es geht hier also darum, wie bei der vorher genannten formalen Neologie auch, eine neue Erfahrung mitzuteilen, ein neues Konzept möglichst adäquat und unter Ausschluss von Ambiguität zu benennen. Die zweite Form, die stilistische Neologie, «está fundada en la búsqueda de la expresividad de la palabra en sí misma» (Guerrero Ramos 1997, 17). Hier sollen neue Ideen und Inhalte, wie bei der semantischen Neologie formuliert werden. Allerdings ist der aus diesem Prozess resultierende stilistische Neologismus stärker als sein rein semantischer Partner von der sprachlichen Kreativität der Benutzer und deren Willen, mit sprachlichen Formen zu spielen, abhängig. Es stellt sich also die Frage, inwiefern man an 26

dieser Stelle von einem Neologismus sprechen kann oder es sich doch eher um sprecherabhängie Einzelphänomene handelt. Ein wesentlicher, in den bisherigen Überlegungen noch vernachlässigter Punkt, ist neben sprachlicher Ebene und Art der Neologismen deren Herkunft. Neben den sprachinternen Kreationen ex nihilo und Umdefinierungen semantischer Inhalte auf Basis von Elementen (Lexemen, Morphemen, etc.) einer Sprache geht eine Vielzahl von Neologismen auf Entlehnungen aus anderen Sprachen zurück. Die hierfür verantwortlichen Gründe sind zahlreich und werden an späterer Stelle detaillierter betrachtet (cf. 2.1.5.; 2.2.). In Anlehnung an Auger und Rousseau bezieht Guerrero Ramos (1997, 20) in ihre Überlegungen Entlehnungen als sogenannte «neologismos de préstamo» mit ein und gelangt zu folgender Klassifizierung von Neologiephänomenen auf rein lexikalischer Ebene: «1) la neología de forma, 2) la neología de significado, 3) la neología de préstamo».

In Punkt 1 und 2 entsprechen die Autoren der bereits von Guerrero Ramos aufgestellten Definition von formaler und semantischer Neologie. Im Gegensatz zur «neología de forma», welche von Auger und Rousseau als Kreation von neuen lexikalischen Einheiten auf Basis von Elementen des eigenen morphologischen Systems einer Sprache oder des Systems einer alten oder modernen Fremdsprache verstanden wird, geht es bei der «neología de préstamo» darum, ein bereits in einer Fremdsprache existierendes lexikalisches Element in die eigene Sprache zu übernehmen. In diesem Sinne wird also die «neología de préstamo» als eine Untereinheit der «neología de forma» angesehen; die bei Entlehnungen durchaus ebenfalls existierende semantischinhaltliche Perspektive wird außer Acht gelassen. Daher erscheint es mir an dieser Stelle wichtig, auf den von Thielemann verwendeten Begriff des semantischen Anglizismus zurückzugreifen. Hierunter versteht der Autor das Prinzip, dass «fremde Begriffe an etablierte Signifikanten gebunden werden» (2003b). Anhand von Beispielen aus der Computertechnik und des Lemmas processar im Portugiesischen zeigt Thielemann, wie das Bedeutungsspektrum eines Lexems um eine Lehnbedeutung aus dem Englischen erweitert wird. Das Verfahren trägt nach Meinung des Autoren «zur Motivation der Entlehnung in der Nehmersprache bei. Selbst wenn der Neosemantismus nicht polysem, sondern homonym notiert wird, verbleibt der Eindruck, als ob beide Einträge, die etablierte und die neue Bedeutung, etwas miteinander zu tun hätten» (2002, 418). Bevor dieser Aspekt, neben der allgemeinen Klassifizierung von Entlehnungen, im Folgenden ausführlicher behandelt wird, möchte ich noch ein eng mit der Neologieforschung einhergehendes Phänomen ansprechen. Neologie und Neologismen sind immer mit einer kontroversen Diskussion um Spracherneuerung vs. -erhalt bzw. sogar Sprachkonservatismus oder Sprachpu27

rismus vs. sprachliche Innovation verbunden. Sicherlich darf eine Sprache sich nicht zu radikal und zu schnell verändern, damit die Kommunikation zwischen den Generationen gewährleistet ist. Im Falle der Entlehnungen taucht zusätzlich der Aspekt des befürchteten Sprachverfalls auf, der gerade bei sozial weniger fest verankerten Sprachen, beispielsweise dem Katalanischen, als «stets lauernde Gefahr» angesehen wird. Andererseits liegt es in der Struktur der meisten Sprachen oder am intensiven Kontakt der Sprachen untereinander, durch eine Vielzahl verschiedenartiger Prozesse Neologismen zu schaffen und dadurch neu entstehende sprachliche Bedürfnisse zu decken. Die Behauptung «la neología léxica no debe ser vista como un mal evitable» (Guerrero Ramos 1997, 11) kann in diesem Sinne richtungsweisend für eine weitere Beschäftigung mit dem sprachlichen Phänomen der Neologismen sein. 2.1.5. Entlehnungen «Entlehnung: […] Sowohl Prozeß als auch Resultat der Übernahme eines sprachl. Ausdrucks aus einer Sprache A in eine Sprache B, die häufig mit der Übernahme der so bezeichneten und vorher unbekannten oder ungebräuchlichen Gegenstände, Verfahrensweisen usw. durch die Sprachgemeinschaft B einhergeht. Neben lexikalischer Entlehnung (Lehnwort) gibt es grammatische Entlehnung, die auf allen Ebenen des Sprachsystems stattfinden kann (Lehngut). Verursacht wird Entlehnung durch politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse sowie durch Sprachkontakt. […] E. und damit verbundene Sprachmischung ist eine universelle Erscheinung; Unterschiede lassen sich allenfalls in Art und Umfang der Entlehnung feststellen. […] Entlehnungen decken vorhandenen Bezeichnungsbedarf und tragen wesentlich zur Erweiterung des Wortschatzes der entlehnenden Sprache bei […]. Im allgemeinen wird der Lehnwortschatz als Gesamtresultat der lexikalischen, grammatischen und semantischen Entlehnung (nicht immer trennscharf) unterteilt in a) Lehnwörter (i.w.S.) mit den Untergruppen Fremdwort und Lehnwort (i.e.S.) und b) Lehnprägungen mit den Untergruppen Lehnübersetzung, Lehnübertragung, Lehnschöpfung und Lehnbedeutung […]» (Glück 2000, 186).

Die vielleicht größte Zahl der Wortneuschöpfungen entspringt den Entlehnungen12 von Elementen aus anderen Sprachen. Entlehnungen spiegeln die Kulturgeschichte einer Sprache und Gesellschaft wider, zeigen sie doch, mit welchen anderen Kulturen und damit Sprachen intensiverer oder weniger intensiver Kontakt und Austausch geherrscht haben. Selbstverständlich spielen weitere Faktoren wie Zeit, Hintergründe der Kontaktsituation, Verbreitungsgebiet und -kanal oder Akzeptanz unter der Bevölkerung eine wesentliche Rolle bei der Integration in eine Sprache oder Varietät; am Anfang steht aber

12

Gerade im Hinblick auf die Terminologie der Sprachkontaktforschung und die Diskussion um die Abgrenzung zu den Interferenzen findet sich für die Entlehnungen in der Literatur auch häufig der Terminus Integrat, vor allem in der spanischsprachigen Literatur. In dieser Studie wird der Terminus Entlehnung aus diversen, im folgenden diskutierten Gründen vorgezogen.

28

meist ein bestimmtes kulturelles (oder auch politisches bzw. soziales) Ereignis im weitesten Sinne (cf. Thielemann 2002, 410; 2003b), durch das sich zu einem bestimmten Zeitpunkt die Notwendigkeit ergibt, für seine Bezeichnung das Originalelement aus einer fremden Sprache zu entlehnen. Ein wesentlicher Unterschied, gerade zum Code-Switching, das meist (mehr oder weniger) bilingualen Sprechern bzw. Sprechern im Zweitspracherwerb vorbehalten ist, tritt der Gebrauch von Entlehnungen auch bei monolingualen Sprechern auf. Der Entlehnungsprozess führt aber nicht tendenziell, wie es im Gegensatz dazu bei anderen Sprachkontaktphänomenen wie z. B. dem Code-Switching mitunter diskutiert wird, zu einer grundlegenden Veränderung der Varietät an sich – für den Sprecher werden die Entlehnungen, spätestens wenn der Prozess abgeschlossen ist, Teil ihrer Sprache bzw. Varietät. Dieser Prozess ist zunächst durchaus als positiv zu werten, da die Entlehnungen in ihrer meist nach kurzer Zeit naturalisierten, legitimierten Form eine Bereicherung für die Aufnahmesprache darstellen. Spätestens an dieser Stelle, und vor allem auch bei der Frage, wie der Entlehnungsprozess vonstatten geht bzw. wann er abgeschlossen ist, setzt die eingangs des Kapitels erwähnte Bezeichnungsproblematik ein. Hudson (1980, 59) gibt beispielsweise zu bedenken, dass Entlehnungen in verschiedenen Assimilierungsgraden auftreten, man sie also sozusagen auf einer Skala je nach Höhe des Assimilierungsgrades anordnen könne. Weiterhin erschwert werde die Klassifizierung von Entlehnungen, da diese nicht unbedingt auf allen sprachlichen Ebenen auftreten müssten, sondern teilweise nur Einzelbereiche, z. B. nur den semantischen Gehalt einzelner Lexeme oder nur die Phonetik beträfen. Payrató konstatiert beispielsweise in seinem Artikel zur Terminologie der Sprachkontakte «múltiples confusions i imprecisions que deriven del vocabulari terminològic usualment emprat per referir-se als fenòmens resultants de les influències interlingüístiques» (1985, 45); er verweist darin auch auf die in anderen Sprachen, vor allem dem Englischen und Deutschen, vorhandene Terminologie, welche detailliertere Beschreibungen als das Katalanische zulässt. Greift man auf die deutsche Terminologie zurück und betrachtet die Entlehnungen auf allen Ebenen des Sprachsystems, gelangt man zu folgendem Schema:

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Lehngut

Lehnphonem

Lehngraphem

Lehnmorphem

Lehnwortschatz

Lehnwort i.w.S. (lexikal. Entlehnung)

Fremdwort

Lehnwendung

Lehnsyntax

Lehnprägung (semant. Entlehnung)

Lehnwort i.e.S.

Lehnbedeutung

Lehnbildung

Lehnformung

Lehnübersetzung

Lehnschöpfung

Lehnübertragung

Graphik 2–1: Lehngut (cf. Glück 2000, 402)13

Ausgehend vom Begriff des Lehnguts als zusammenfassende Bezeichnung für alle Formen der Beeinflussung einer Sprache durch andere Sprachen erfolgt eine Unterteilung auf verschiedenen Ebenen,14 von denen – wie in der Graphik zu erkennen ist – der Lehnwortschatz, und damit die lexikalische Ebene, den größten Nährboden für die Integration von fremdsprachigem Gut darstellt. Wortschatzelemente sind ein offenes Inventar, das einem ständigen Wandel unterliegt; sie haben eine niedrigere Frequenz als grammatische Elemente, daher wirken sich Veränderungen in der Realität sprachlich zuerst im lexikalischen Bereich aus (cf. Dietrich/Geckeler 1990, 102s.). Der Wortschatz weist somit auf die geistig-kulturellen und politisch-sozial-ökonomischen Verhältnisse einer Sprachgemeinschaft hin und kann als die letzte sprachliche Schicht vor dem Übergang zur außersprachlichen Wirklichkeit verstanden werden. Bruguera spricht auch davon, dass «la història del lèxic és en gran part la història dels manlleus que la llengua ha anat fent – i encara fa – a d’altres llengües» (1985, 15). Der Bereich der Lexik lässt sich in Bezug auf die Entlehnungen aufteilen in eher formale und eher inhaltliche Aspekte, d.h. in Lehnwörter im weiteren Sinne und Lehnprägungen.

13 14

Eine ähnliche Typologie der Entlehnungen findet sich bei Oksaar (1984, 847). Hier erfolgt eine Aufteilung des Lehngutes in Lehnphonem, Lehngraphem, Lehnmorphem, Lehnwortschatz, Lehnwendung, Lehnsyntax.

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Lehnwörter i.w.S. wiederum ermöglichen eine erneute Unterklassifizierung, je nach Assimilierung oder Nichtassimilierung in phonetischer, graphischer oder morphologischer Hinsicht (cf. hierzu auch das Drei-Phasen-Modell von Schmidt-Radefeldt (1995b, 193), das von Thielemann (2002, 413s.; 2003b) als Vier-Stufen-Modell adaptiert wird; cf. 2.1.5.2.). So kann hier zwischen Lehnwörtern im engeren Sinne und Fremdwörtern unterschieden werden. Als Fremdwort bezeichnet Glück einen in den Wortschatz einer Sprache A integrierten, aus einer Sprache B stammenden Ausdruck, der in seiner Lautung und/oder Schreibung und/oder Flexion nicht oder nur teilweise in das System der Sprache A integriert ist (cf. 2000, 220). Die Klasse der Lehnwörter im engeren Sinne umfasst im Unterschied zum Fremdwort allein solche Entlehnungen aus einer fremden Sprache, die in Phonie, Graphie und Flexion vollständig in die entlehnende Sprache integriert sind. Der Übergang zwischen beiden Subklassen ist fließend, da zunächst viele als Fremdwort übernommene Termini im Laufe der Zeit mehr oder weniger vollständig angeglichen und integriert und so zu Lehnwörtern werden. Inhaltliche Wortschatzeinflüsse einer Sprache A auf Ausdruckselemente einer Sprache B werden in der Graphik als Lehnprägung bezeichnet. Fachsprachlich sind sie auch unter Calque oder Kalkierung geläufig, eine Bezeichnung, welcher man in der katalanischen Terminologie wiederbegegnet. Diese Ebene der semantisch identischen oder ähnlichen Nachbildungen weist ebenfalls zwei Unterklassen auf. Soweit nur die Bedeutung übernommen und auf ein vorhandenes heimisches Wort übertragen wird, spricht man von einer Lehnbedeutung. Diese entspricht dem von Thielemann verwendeten Begriff des Neosemantismus bzw. des semantischen Anglizismus (2002, 418s.; 2003b). Hier wird die Bedeutung eines Wortes der Sprache A in das schon vorhandene entsprechende Wort der Sprache B übernommen, welches dadurch eine Bedeutungserweiterung, d.h. die Erweiterung des Bedeutungsspektrums des Lexems um ein Semem, das zu den bereits vorhandenen hinzutritt, erfährt. Thielemann bezeichnet Neosemantismen «gerade für fachsprachliche Ausdrücke als glückliche Lösung […], ein ökonomischer Weg, um vorhandene Lexik zu aktivieren, anstatt das System mit ungeläufigen Neologismen zu belasten» (2003b; cf. auch 2002, 419). Gleichzeitig haben nach Ansicht des Autors Neosemantismen oder semantische Anglizismen den Vorteil, den Grad der Vertrautheit mit dem neu zu bezeichnenden Sachverhalt zu steigern. Daneben gibt es die Lehnbildung (engl. semantic calque, kat. calc semàntic) mit ihren beiden Unterklassen der Lehnschöpfung und Lehnformung, wobei letztere ebenfalls zweigeteilt als Lehnübersetzung sowie -übertragung auftritt. Bei Lehnschöpfungen wird ein fremdsprachiger Ausdruck in der Nehmersprache anhand der Elemente und Muster des Systems formal gänzlich frei nachgebildet. Lehnübersetzungen und -übertragungen hingegen sind formal abhängig und übersetzen alle bzw. einzelne Bestandteile eines fremdsprachigen Ausdrucks in die Nehmersprache. Sie alle haben nach Thielemann den Vorteil, «die neuen Begriffe in konventioneller Tracht zu prä31

sentieren, womit ihnen nicht das Image des Fremden anhängt; sie scheinen einheimische Bildungen zu sein» (2003b). Bei den calcs ist kennzeichnend, dass der semantische Inhalt aus der Ausgangssprache erhalten bleibt, die Form aber mit den Mitteln der Aufnahmesprache gebildet wird. Die katalanische Terminologie kennt vor allem zwei Begriffe, die zum einen dem deutschen Lehnwort im weiteren Sinne, zum anderen der Lehnprägung mehr oder weniger entsprechen: manlleu und calc (semàntic). Dass die Begrifflichkeiten jedoch wenig klar sind, zeigt sich schon in den Definitionsunterschieden verschiedener Nachschlagewerke. So gibt das Gran Diccionari 62 de la llengua catalana (GD62) folgende Beschreibung von manlleu: «manlleu: […] Element d’una llengua que s’incorpora a una altra llengua o un mot tècnic que passa a formar part de la llengua comuna» (López de Castillo 2000, 720).

Im Diccionari de l’Institut d’Estudis Catalans (DIEC) heißt es zum gleichen Begriff: «manlleu: […] Element lingüístic, sobretot lèxic, que passa d’una llengua a una altra i s’hi integra».

Die ausführlichste Definition bietet das Diccionari de Sociolingüìstica (DSL): «manlleu (o préstec) (borrowing) Unitat lingüística pròpia d’una llengua X que s’ha integrat fonològicament, morfològicament i sintàcticament en una llengua receptora Y. Els manlleus són més o menys estables i, per tant, recurrents en la parla dels individus I de la comunitat […]» (Ruiz et al. 2001, 187).

Im GD62 wird der Begriff sehr weit gefasst; er ist auf alle sprachlichen Ebenen ausgedehnt und kann neben fremdsprachlichen Elementen auch fachsprachliche Entlehnungen in der Allgemeinsprache bezeichnen. Die engste Definition bietet sicherlich das DIEC, das besonders die lexikalische Ebene betont. Im DSL wird neben der sprachlichen Ebene und Integration der entlehnten sprachlichen Einheit auch der Gebrauch in der Nehmersprache angesprochen. Noch größer sind die Abweichungen bei der Definition von calc. Hier liest man im GD62: «calc: […] Forma de manlleu d’una llengua que consisteix a incorporar una expressió o un mot estranger mitjançant una traducció directa» (López de Castillo 2000, 181).

Das DIEC schreibt: «calc: […] Manlleu lèxic, sintàctic o semàntic que reflecteix l’estructura d’una forma estrangera a través d’una combinació d’elements nadius».

Und im DSL heißt es schließlich: «Calc (loan translation, semantic blend, calque) Reproducció d’elements lingüístics d’una llengua A en una llengua B, amb les modificacions pròpies d’aquesta llengua» (Ruiz et al. 2001, 59).

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Es fällt auf, dass die ersten beiden Einträge calc nur als Untergruppe bzw. Sonderform von manlleu ansehen. Das GD62 definiert calc sehr eingeschränkt als Lehnübersetzung, das DIEC erweitert den Begriff, der dann im eingangs dargestellten Schema der Lehnformung entspräche. Die am weitesten gefasste Definition des Begriffs findet man wiederum im DSL, welche alle sprachlichen Ebenen einbezieht und offen lässt, wie sehr die Form der Originalsprache beibehalten wird. Das DSL beschreibt außerdem den Unterschied zwischen manlleu (a) und calc (b) folgendermaßen: «a) importació a la llengua receptora d’elements de la llengua donant, b) substitució, procés que no implica l’adopció de la forma fònica de la llengua donant, sinó simplement la seva reproducció mitjançant elements propis de la llengua receptora».15

Unter dem Stichwort manlleu findet man weiterhin die Begrifflichkeit manlleu ocasional (engl. nonce borrowing) als einmalige, sprecherabhängige Entlehnung (cf. 2.1.5.2.). Payrató behandelt in seiner Publikation zur Terminologie der Sprachkontaktforschung manlleus unter dem Oberbegriff «fenòmens de contacte interlingüístics». Er kritisiert eingangs bereits den katalanischen Terminus an sich, da manllevar eigentlich einen wechselseitigen Prozess bezeichnet, der so bei Entlehnungen nicht vorliegt. Daher schlägt der Autor vor, eher von «adopció lingüística» oder «importació lingüística» zu sprechen (cf. Payrató 1985). Im Bewusstsein der Ambiguität des Begriffs als Prozess und Resultat desselben sowie der Tatsache, dass dieser, trotz weiter reichender Möglichkeiten, im Katalanischen häufig als rein lexikalisches Phänomen angesehen wird, versucht der Autor folgende Definition und unterscheidet hierbei nach «a) manlleu im weiteren Sinne als Prozess der Überführung eines Elements einer Sprache A in eine Sprache B und als sprachliches Element (jedweder Ebene), welches diesen Prozess durchlaufen hat, b) manlleu lèxic» (cf. Payrató 1984, 53s.).

Payrató lässt allerdings unklar, ob die rein lexikalischen Entlehnungen unter b) auch semantische Verschiebungen beinhalten und somit Lehnwörter und Lehnprägungen umfassen. Unter a) hingegen bezieht er, durch den Verweis auf den Integrationsprozess, alle fremdsprachigen Elemente einer Sprache mit ein, seien es Fremdwörter, Fremdwörter im Integrationsprozess oder bereits voll integrierte Lehnwörter. Durch die Ausdehnung der Begrifflichkeit, wie sie der Autor unter a) vollzieht, wird Kritik an der bis dato geläufigen Definition von manlleu deutlich. Payrató sieht hierin, in Anlehnung an Weinreich (cf. 1964, 1) und im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger, eine Evolution der Sprache, begründet durch die Imitation eines Modells von außen. Es

15

Cf. Ruiz et al. (2001, 59); die hier dargestellte Differenzierung geht zurück auf Haugen (1950).

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handelt sich beim manlleu also nicht nur um einen reinen Zusatz, sondern um eine Art Neuorganisation des ursprünglichen Sprachbestandes. Da diese häufig semantischer Art ist, lässt sich an dieser Stelle der Bezug zum calc herstellen; so erklärt sich auch zum Teil die oben dargestellte Definition dieses Begriffs unter Einbeziehung des Terminus manlleu in vielen katalanischen Wörterbüchern. Bei Payrató ist zu finden: «calc: […] un manlleu de traducció, en què s’importa un model […]» (1984, 54).

Payrató merkt kritisch an, dass manlleu sich in der Fachliteratur fast ausschließlich auf lexikalische Phänomene bezieht und nur am Rande phonische und morphologische Erscheinungen integriert. Dies liegt auch daran, dass morphologische Elemente schwieriger in eine andere Sprache zu integrieren sind und daher weit seltener auftreten.16 Semantische und syntaktische Veränderungen, die durch fremdsprachigen Einfluss hervorgerufen werden, erhalten, wenn sie bisher auch viel weniger erforscht wurden, meist die Bezeichnung calc. Die gerade bei semantischen Veränderungen bestehende Verquickung mit einer bestimmten lexikalischen (oder eventuell auch nur morphologischen) Einheit wird bei dieser Begriffswahl nicht bewusst. Ein gemeinsamer Oberbegriff wie beispielsweise Lehngut fehlt im Katalanischen. Gerade dieses Zusammenwirken von calc und manlleu stellen Boix/Vila17 schematisch dar:

16

17

Boix und Vila (1998, 236) greifen diesen Aspekt der Konzentration der entlehnten Elemente auf bestimmten sprachlichen Ebenen auf und nennen drei Faktoren für die Entlehnbarkeit (kat. manllevabilitat, engl. borrowing capacity) sprachlicher Elemente auf die langue bezogen: «a) El grau d’integració paradigmàtica: com menys integrada en un paradigma tancat, més fàcil de manllevar serà una unitat lèxica. Això explica que noms i verbs siguin manllevats amb molta més facilitat que determinants o pronoms. b) La flexió en la llengua donant: les unitats flexionades en la llengua donant resulten més difícils de manllevar que les no flexionades. c) La situació perifèrica de la unitat en la construcció de l’oració: les unitats perifèriques a la gramàtica de l’oracio […] són manllevades amb més facilitat que les no perifèriques; això explicaria que els substantius fossin manllevats normalment amb força més facilitat que els verbs, veritables centres de gravetat de l’oració». Trotz des hier eindeutig dargestellten Bezugs zu lexikalischen Einheiten, erklärt sich aus diesen Kriterien heraus auch die Tatsache, dass beispielsweise syntaktische Gruppen durch ihre festere Integration in ein geschlossenes Paradigma (a) schwerer zu entlehnen sind. Das seltenere Auftreten von morphologischen Entlehnungen erklärt sich ebenfalls aus deren festerer Integration in größere lexikalische Einheiten (a) bzw. erschwert die Flexion die Übernahme einzelner Morpheme (b). Cf. hierzu auch Haugen (1950) sowie Poplack/Sankoff/Miller (1988). Cf. Boix/Vila (1998, 227) in Anlehnung an die Sprachkontaktphänomene bei Pompeu Fabra.

34

Nivell

Fenomen

1.

Fonètic

1.1 Acomodació de trets aliens no vinculada al manlleu lèxic; Adopció de caracteristiques prosòdiques d’una altra llengua; pèrdua de distincions fonètiques que ignora l’altra llengua 1.2 Introducció de sons aliens vinculada al manlleu lèxic

2.

Lèxic

2.1 Manlleu lèxic (més o menys adaptat, més o menys detectable) 2.2 Adaptació mediatitzada de cultismes, estrangenismes i neologismes; 2.3 Calc lèxic; Traducció literal de paraules, d’elements de mots complexos i frases fetes; Acomodació de significats entre paraules que presenten alguna semblança inicial

3.

Morfològic

3.1 Manlleu de morfemes derivatius 3.2 Readjustament en el sistema de distincions 3.3 Canvi de classe morfològica

4.

Sintàctic

4.1 Canvi del comportament sintàctic dels mots 4.2 Canvi en la distribució de funcions de les marques morfològiques

5.

Discursiu

Tabelle 2–1: calc und manlleu auf verschiedenen sprachlichen Ebenen (cf. Boix/Vila 1998, 236)

Ähnlich wie in der eingangs aufgezeichneten Graphik erfolgt hier eine Aufteilung nach sprachlichen Ebenen. Besonders im Bereich der Lexik (vergleichbar mit dem «Lehnwortschatz» in Graphik 2–1) wird das Neben- und Miteinander von calc und manlleu deutlich. Aber auch bei einer Betrachtung der in den Zeilen drei und vier behandelten Morphologie bzw. Syntax wird, wenn auch nicht wortwörtlich erwähnt, deutlich, dass hier semantische Veränderungen eine Rolle spielen (z. B. Wechsel der morphologischen Klasse, Veränderung in der Funktionsverteilung, etc.). Dies entspricht auch der Auffassung von Semantik nach Coseriu, der die Semantik nicht nur als Zweig der Sprachwissenschaft versteht, welcher sich ausschließlich mit der Bedeutung der Lexeme – d.h. mit der lexikalischen Bedeutung – beschäftigt, sondern definiert: «Die Semantik ist im weitesten Sinne die Untersuchung der sprachlichen Inhalte, d.h. der semantischen Seite der Sprache. Da nun die ganze Sprache per definitionem ‹semantisch› ist, so hat die Semantik in diesem Sinne die ganze Sprache als ihr Objekt» (1974, 81).

In der Korpusanalyse (cf. 5.2.) werden das hier dargestellte Schema sowie die zu Beginn dieses Kapitels dargestellte Übersichtsgraphik besondere Berücksichtigung finden. In der Verwendung der Entlehnungsbegriffe werde ich mich jedoch eher an der deutschen Terminologie orientieren, nicht so sehr, weil sie konzeptuell von der katalanischen in großem Maße differieren würde, sondern vor allem aufgrund ihrer größeren Bezeichnungsvielfalt. 35

Die nächsten beiden Kapitel beschäftigen sich näher mit internen Differenzierungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten der Oberbegriffe calc und manlleu bzw. Lehnwort i.w.S. und Lehnprägung. An dieser Stelle sei kurz auf zwei bereits aus dem DSL zitierte Termini hingewiesen, die auf Haugen (1950) zurückgehen und von Boix/Vila (cf. 1998, 228) aufgegriffen werden: das Importieren von Elementen einer Gebersprache in eine Nehmersprache sowie die Substitution als Reproduktion eines Elements der Gebersprache mit den sprachlichen Mitteln der Nehmersprache. Boix/Vila setzen das Importieren den manlleus bzw. die Substitution den calcs gleich. Erwähnenswert ist eine an dieser Stelle neu auftauchende Mischgruppe, die so genannten «Hybride», bei denen ein Wortteil substituiert ist, der andere jedoch aus der Nehmersprache kommt. Diese, sowie die bereits erwähnte Unterscheidung zwischen Fremd- und Lehnwort werden Aspekte des folgenden Kapitels sein. 2.1.5.1. Lehnprägungen Im Gegensatz zu der sonst häufig üblichen Darstellungsreihenfolge, die in vielen Publikationen mit den Lehnwörtern beginnt, möchte ich zuerst auf die Lehnprägungen eingehen. Hierzu zählen Prägungen, bei denen der semantische Inhalt entlehnt und beibehalten, die Form, nach Regeln der Aufnahmesprache und meist in Analogie zur Sprache, aus der entlehnt wird, jedoch neu geprägt wird. Dies ist im Katalanischen z. B. der Fall bei vielen Termini der Computerfachsprache wie processar, welches eine Erweiterung vom juristischen Begriff auf die Datenverarbeitung erfährt, oder in der Musik bei cultura punk für punk culture. Dies liegt zum einen daran, dass im Zusammenhang mit den Lehnwörtern auch noch die Abgrenzung zwischen diesen, den individuell gebrauchten Lehnwörtern (engl. nonce borrowing, kat. manlleu ocasional) und den Interferenzen zu diskutieren ist. Zum zweiten ist es durch diesen Aufbau möglich, die fremdsprachigen Einflusselemente schrittweise nach dem Grad der «Auffälligkeit» in der Nehmersprache zu sortieren. Allen der Gruppe der Lehnprägungen zugeordneten Phänomenen (Lehnbedeutung und Lehnbildung mit den entsprechenden Untergruppen) ist gemeinsam, dass sie nie oder nach kürzester Zeit nicht mehr eindeutig als Entlehnungen in der Nehmersprache erkennbar und somit schwierig zu identifizieren sind. Dies erklärt sich aus der Anlehnung an rein semantische Inhalte der Originalsprache, bzw. deren Übertragung oder Übersetzung, welche aber in jedem Fall die sprachlichen Mittel der Nehmersprache nutzen. Die neuen Morpheme, Lexeme etc. sind demnach von Beginn an vollständig phonetisch, graphisch und meist auch syntaktisch integriert und ermöglichen teilweise nur schwer Rückschlüsse auf ihre jeweilige Herkunft. Wenn schon nicht die Wörter selbst, so liefern doch die semantischen Felder, denen sie entstammen oder in die sie in der Aufnahmesprache integriert werden, Hinweise auf einen möglicherweise durchlaufenen Entlehnungspro36

zess. Einige semantische Felder weisen prozentual weit mehr Entlehnungen auf als andere. Dies geschieht vor allem in Bereichen, in denen eine Kultur – und damit auch Sprache – eine Vorreiterrolle innehat, wie das Englische z. B. in der Informatik. Dieses soziokulturelle Motiv für Entlehnungen findet man selbstverständlich noch stärker ausgeprägt im Bereich der Lehnwörter, denkt man zum Beispiel an japanische Ausdrücke im Bereich der Kampfsportarten oder allgemein Bezeichnungen in der Gastronomie. In Bezug auf die Häufigkeit der Entlehnungen nach semantischen Feldern lässt sich zwischen zwei Typen unterscheiden, nämlich den «camps semàntics interns i externs al sistema de la llengua» (Rull 2000a, 21). Als Beispiel für ein «camp semàntic extern» führt der Autor Begrüßungsfloskeln an, welche ihm zu Folge als expressive Ausdrücke wenig oder keinen semantischen Inhalt haben und mit keinem konkreten Konzept verbunden sind. Sie sind äußeren Einflüssen weit mehr ausgesetzt als «camps semàntics interns». Von diesem für den gesamten Lehnwortschatz gültigen Überlegungen zurückkommend auf die Lehnprägungen (calcs), möchte ich kurz einen Ansatz von Vila/Bellés aufgreifen, die folgende Definition von calc geben: «Considerem calc semàntic aquella unitat lèxica que experimenta algun tipus de canvi semàntic paral·lel al que pateix el seu equivalent en una altra llengua i per influència directa d’aquesta equivalència. Considerem calc formal aquella unitat lèxica formada mitjançant els recursos de la pròpia llengua per mimetisme amb una unitat lèxica d’una altra llengua, la forma de la qual la primera tendeix a imitar» (1989, 12s.).

Obgleich eine scharfe Trennung zwischen semantischem und formalem calc schwierig erscheint, da auch bei der formalen Übertragung oder Übersetzung immer semantische Inhalte einfließen (wenn diese auch in beiden betroffenen Sprachen in diesem Falle die gleichen sind), ist gerade die Definition von semantischem calc in ihrer weiteren Auslegung erwähnenswert. Vila/Bellés erklären hierzu: «Si considerem els termes inclosos dins una xarxa imaginària d’hipònims i hiperònims, les possibles relacions entre un neologisme i el mot que li ha donat origen mitjançant un canvi semàntic són: a) Conversió en un hipònim b) Conversió en un hiperònim c) Conversió en un cohipònim

[...] [...] [...]

Especificació semàntica Extensió semàntica Desplaçament semàntic» (1989, 36s.).

Ein semantischer calc geht den Autoren zufolge immer mit einer semantischen Veränderung, die in Form einer Bedeutungserweiterung, Bedeutungseinschränkung oder einer Bedeutungsverschiebung geschehen kann, einher (cf. die Begriffe des semantischen Anglizismus und des Calque bei Thielemann 2002; 2003b). Der Fall der exakten Beibehaltung des semantischen Inhalts in der Nehmersprache wird, wie bereits angedeutet, von Vila/Bellés nicht den semantischen, sondern den formalen calcs zugeordnet. Mit dem 37

Ansatz der beiden Autoren lässt sich die in Punkt 2.1.5. angesprochene, von Payrató propagierte Neuorganisation des ursprünglichen Sprachbestandes durch manlleus also leicht auch auf calcs ausdehnen. Ein nicht nur die Lehnprägung, sondern den gesamten Lehnwortschatz betreffendes Phänomen ist die in vielen Sprachen seit einiger Zeit stark aufflammende Purismusdiskussion über das Maß der «zulässigen» Neologismen fremdsprachigen Ursprungs. In den meisten Fällen wird sie in Bezug auf die steigende Zahl der Anglizismen geführt. Sie findet natürlich auch im Katalanischen statt. Offiziell zuständig für die Integration von Neologismen ins Katalanische ist das 1985 von der Generalitat de Catalunya gegründete Terminologiezentrum Termcat.18 Wie aus dem Interview mit dem Leiter der Abteilung für sprachliche Normalisierung von Termcat, Xavier Fabregàs (INFO5) sowie Artikeln aus der Zeitung El Punt (2005a; 2005b) hervorgeht, handelt es sich vor allem um Termini aus den Bereichen Genetik, Informatik, Sport und Gastronomie, darunter viele aus dem Englischen, die für das Katalanische adaptiert werden – seit Gründung von Termcat waren das ca. 6000 Lexeme. Andere Bereiche, wie die Jugendsprache, finden dagegen keinen Eingang in die Termcat-Wörterbücher. Als Begründung für die Dominanz bestimmter Sektoren bei der Schaffung neuer Lexik nennt Xavier Fàbregas die auf finanziell aufwändigere Weise betriebene Forschung und Innovation. Aus dem Katalanischen selbst, so der Linguist, entstehen kaum neue Termini (cf. El Punt 2005a). An späterer Stelle (cf. 2.1.5.2.) wird bezüglich der Jugendsprache noch genauer auf die besondere Situation der katalanischen Sprache im Hinblick auf derartige Sprachkontaktphänomene eingegangen. Auf die Lehnprägungen bezogen möchte ich hier allerdings kurz auf die vom Termcat (1990) veröffentlichten Criteris lingüístics per a la terminologia verweisen, die als ein Versuch zur Erstellung allgemeiner Richtlinien im Gebrauch von Lehnprägungen (und auch Lehnwörtern) angesehen werden können. Als akzeptabel bei ersten gelten beispielsweise «calcs fixats, incorporats sovint a les obres lexicogràfiques, […] i formacions integrades per elements que es combinen d’acord amb el sistema gramatical català i presenten un significat a la cosa designada» (1990, 11).

Nicht akzeptiert werden sogenannte «calcs innecessaris», für die die katalanische Sprache selbst Wörter oder Wendungen bietet, die das gleiche Konzept ausdrücken. Weiterhin inakzeptabel sind calcs, welche grammatikalisch mit dem Katalanischen unvereinbar sind (cf. Termcat, 1990, 11s.).

18

Cf. http://www.termcat.es (letzter Zugriff am 27. Februar 2008); Termcat ist eine von der Generalitat de Catalunya, dem Institut d’Estudis Catalans und dem Consorci de Normalització Lingüística geschaffene Einrichtung mit 22 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 1,4 Millionen Euro zur Erarbeitung von (Fach)Wörterbüchern (cf. El Punt 2005b).

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Derartige Richtlinien können sicherlich zu einer Sensibilisierung für die Problematik zu vieler, unreflektierter Entlehnungen aus anderen Sprachen beitragen, ihre konkrete Anwendbarkeit dürfte jedoch durch die recht schwammigen Formulierungen eher beschränkt sein. Ein interessanter Punkt in den Kriterien von Termcat ist die auch hier präsente Zuordnung zu bestimmten semantischen Feldern nach Häufigkeit der darin auftretenden Lehnprägungen oder -wörter; zu nennen wären z. B. die Bereiche Wissenschaft und Technik, Sport, Mode, Gastronomie und Kultur im weitesten Sinne. Bevor im Anschluss die Lehnwörter behandelt werden, sollen an dieser Stelle die Hybride zur Sprache kommen. Diese Übergangselemente, entstanden aus der Symbiose einer Entlehnung mit einem Lexem/Morphem der Nehmersprache, können sowohl den Lehnprägungen als auch den Lehnwörtern beigestellt werden. Bei Payrató wird dies deutlich in der Bezeichnung der Eigenschaft der Hybride als «compostos per elements de llengües diferents» (1985, 47). Boix/Vila hingegen schreiben sie eher den Lehnwörtern zu, indem sie sie als «compostos d’una part catalana i d’una de manllevada» qualifizieren (1998, 229).

2.1.5.2. Lehnwörter «Considerem manlleu aquella unitat lèxica creada en una altra llengua i traslladada al català conservant íntegrament el significat i el significant. Un cop en català, pot haver adaptat la seva forma – o no – a les habituds fonètiques, morfològiques, etc. del català. Seguint aquest criteri, si el català manllevés un mot d’una altra llengua i l’incorporés al seu vocabulari, i si posteriorment aquest mot experimentés algun tipus de canvi semàntic que no fos compartit per la llengua d’origen, no ens trobaríem estrictament davant d’un manlleu, sinó d’una unitat ja incorporada al català amb un canvi semàntic» (Vila/Bellés 1989, 12).

Wie man aus diesem Zitat ersehen kann, existiert neben der Unterteilung der Lehnwörter i.w.S. in Fremdwörter bzw. Lehnwörter i.e.S. (cf. Graphik 2–1), die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Eingliederungsgraden der Lehnwörter (partielle bzw. vollständige Adaptation) zu unterscheiden. Daneben wären die von Vila/Bellés nicht angesprochenen Fremdwörter zu nennen, die im Folgenden näher beleuchtet werden sollen. Die laut den Autoren zweite Stufe der Entlehnung, nämlich die im Anschluss möglicherweise ablaufende semantische Veränderung, welche als eine Annäherung der Lehnwörter an die Lehnprägungen gesehen werden kann, wird in diesem Kapitel ebenfalls noch kurz aufgegriffen. Payrató kritisiert neben den vielen Schnittpunkten und daraus entstehenden Unklarheiten bei den Begriffsbestimmungen auch die Ungenauigkeit vieler Autoren beim Umgang mit den Termini der Sprachkontaktforschung. Häufig werden Begriffe nur auf lexikalische Phänomene angewandt und erfahren dadurch eine unbeabsichtigte semantische Einschränkung. Bei anderen Bezeichnungen ist sogar eine Art Degradierungsprozess zu beobachten (cf. Payrató 1984, 49). 39

Barbarismus zur Bezeichnung von Fremdwörtern ist ein im Deutschen eher selten gebrauchter Begriff, welcher laut Glück heutzutage allgemein sprachliche Unkorrektheiten bezeichnet. An gleicher Stelle heißt es allerdings auch: «[…] als B. galten falsch ausgesprochene oder verstümmelte Wörter, Phantasie- und Fremdwörter, bes. aus Spr. kulturell unterlegener Völker» (2000, 91). Dass die zweite Definition im katalanischen Empfinden bis heute ihre Gültigkeit bewahrt hat, wird am Eintrag im DSL deutlich: «Barbarisme: Forma lingüística – particularment lèxica – d’origen estranger, no assimilada i normativament rebutjada. Són abundants en la parla dels parlants de llengües minoritzades com a conseqüència de la interferència lingüística que exerceix la llengua dominant» (Ruiz et al. 2001, 49).

Die gesteigerte Frequenz von Barbarismen in Minderheitensprachen greift Sinner in seiner Arbeit El castellano de Cataluña auf. Er geht im Vergleich zum DSL noch einen Schritt weiter und schreibt den Katalanen (in der katalanischen wie in der spanischen Sprache) die Tendenz zu, barbarisme bzw. barbarismo fast ausschließlich an Stelle von castellanisme bzw. catalanismo zu gebrauchen: «[…] también constatamos algunos empleos bastante arbitrarios de términos como barbarismo y vulgarismo. [...] Cabe resaltar, sin embargo, la clara tendencia de los catalanes a emplear la palabra barbarismo como sinónimo de catalanismo (o catalanada […]), muy probablemente por influencia de la práctica extendísima en Cataluña (y en la lingüística catalana) de denominar todos los castellanismos como barbarismo […]» (2004, 609).

Einige Beispiele aus der Aufzeichnung seines Korpus bestätigen diese Tendenz (2004, 609s.): «A: ¿Cómo se llama, una expresión, un vocablo, o giro propio de la lengua catalana […] en el castellano por ejemplo? B16: Barbarismo. A: ¿Cómo se llama una palabra francesa? B16: Eeeeh un galicismo. A: ¿Y una alemana? […] B16: (…) Ah germanismo. A: ¿Y una portuguesa? B16: (…) Uuuuuh, ni idea. ¿Lusismo? A: ¿Y la catalana por qué barbarismo? B16: Eeeeeh, catalanismo. (risa) A: ¿Por qué habrías dicho barbarismo? B16: Supongo porqueeee, cuando estamos/ (…) ya porque es al revés. Eeeh las palabras/ o sea un giro español en lengua catalana, es, barbarisme. […] A: O sea, ¿un anglicismo también sería un barbarisme? (pausa de tres s.) Si digo por ejemplo, ‹feeling›, en catalán. B16: El ‹feeling›. A: ¿Lo llamarías barbarisme? B16: No».

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«B06: Catalan/nnismo/ catalanad/ yo digo catalanada pero esto es muy coloquial. Pues catalanismo. O barbarismos. A: ¿Cuál es la diferencia entre catalanada y catalanismo? B06: Yo diría que catalanada es más coloquial. A: Mh. B06: No escribirías, catalanadas. Aah, barbarismos. Ah pero los barbarismos son del/ del castellano en catalán. Bueno igual un barbarismo también. Es lo mismo».

Problematisch ist also die negative Konnotation des Begriffs, die zur weit verbreiteten Meinung beiträgt, dass die als «Barbarismus» eingestuften Entlehnungen (darunter vor allem Lehnwörter) «eliminiert» werden sollten, und sich trotz neutral gefasster Definitionen beständig hält. Die Gran Enciclopèdia Catalana gibt beispielsweise ganz allgemein «ús impropi o innecessari d’expressions i de mots forasters contra el geni de la llengua (castellanisme, gal⋅licisme, etc.)» an, die Real Academia Española nennt «faltas de ortografía, acentuaciones erróneas, el ceceo, formaciones erróneas, extranjerismos, arcaísmos, palabras usadas indebidamente etc.», und im Diccionario de uso del español von María Moliner ist die Rede von «palabra o expresión tomada o adaptada de una lengua extranjera en el idioma de que se trata» (cf. auch Payrató 1984, 48s.). Mit speziellem Bezug auf das Katalanische schreibt M. Franquesa im Diccionari de sinònims: «Per barbarisme entenem els mots d’aspecte català, amb unes formes i una accentuació pròpies del català, però que en el fons no són més que una adaptació d’un mot estranger. Són mots que no són identificables com a forasters al primer cop d’ull» (zit. nach Payrató 1984, 51).

Franquesa setzt den Barbarismus einem assimilierten Lehnwort gleich. Laut ihm handelt es sich hierbei also um ein Wort, das den Prozess der Integration schon abgeschlossen hat und nicht mehr als Fremdwort identifizierbar ist. Ganz anderer Meinung ist hingegen das DIEC, das Barbarismus als «forma lèxica d’origen estranger que no es considera assimilada a la llengua pròpia» auffasst und diesen somit eigentlich dem Fremdwort gleichsetzt. Zurückgreifend auf den Eintrag bei Glück ist der Barbarismus als Bezeichnung für eine Entlehnung doch eher veraltet und die allgemeine Zuordnung zum Begriff Fremdwort (estrangerisme), abgesehen von der oben erwähnten Auffassung vieler hispano- oder katalanophoner Sprecher, die geläufigste.19 Die in katalanischen Wörterbüchern zu findenden Bezeichnungen für estrangerisme als «mot que es pren d’una llengua estrangera per incorporarlo a la pròpia» (López de Castillo 2001, 477) oder «mot manllevat a una llengua estrangera» (DIEC) gehen der Definitionsproblematik in Bezug auf

19

Im DSL ist allerdings das umgekehrte Phänomen auffällig, hier existiert beim Eintrag estrangerisme nur der Verweis auf barbarisme.

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den Grad der Adaptation von Fremdwort und Lehnwort nicht wirklich auf den Grund. In Publikationen zur Terminologie der Sprachkontaktforschung werden allerdings Bemühungen deutlich, den Begriffen beizukommen, zum einen durch Hierarchisierung, zum anderen durch den Versuch, beide Begriffe gegeneinander abzugrenzen: «Sembla que estrangerisme és l’hiperònim de les denominacions d’origen – aquestes definicions es contradiuen amb les d’un segon grup, les quals limiten l’abast del terme a la primera fase del fenomen, és a dir, quan l’element lingüístic encara no s’ha adaptat. Des d’aquest altra angle, doncs, l’estrangerisme adaptat esdevé un manlleu» (Payrató 1984, 48).

Während die erste Definition mehr oder weniger die genannten Wörterbucheinträge ergänzt, sind nach der an zweiter Stelle genannten Auffassung Fremdwörter und Lehnwörter in einer Art diachronischer Entwicklung voneinander getrennt und stellen zwei Extrempunkte im Prozess der Adaptation oder Integration dar. Einzelne Abschnitte dieses Prozesses wären demnach den verschiedenen Stufen von Lehnwörtern in partieller Adaptation gleichzusetzen, während reine Fremdwörter gar nicht, reine Lehnwörter jedoch vollständig angepasst wären.20 Eine ähnliche Typologie des Übergangs vom Fremdwort zum Lehnwort findet man bei Thielemann (2002; 2003b) in Bezug auf die Integration von Fremdwörtern, vor allem Anglizismen, ins europäische und brasilianische Portugiesisch. Thielemann verändert hier das von ihm zitierte Drei-Phasen-Modell der Adaptation xenoglossen Vokabulars nach Schmidt-Radefeldt (1995b, 193) in folgendes Vier-Stufen-Modell: «1) Zitieren des fremden Wortes, 2) nicht angeglichene Anglizismen, 3) Naturalisierung des Fremdwortes in den zwei Teilschritten der partiellen Integration in das grammatische System (Angleichung an geläufige graphische, phonetische, morphologische und grammatische Muster, z. B. chat wird zu xat im Katalanischen), 4) morphogrammatische Assimilation (Öffnung gegenüber dem Derivationssystem der aufnehmenden Sprache, z. B. chat → xat → xatejar)».

Problematisch bei diesen ansonsten für die Analyse sehr brauchbaren Stufenmodellen ist die fast unmögliche genaue Trennung zwischen den Phänomenen. Lewandowski stellt hierzu fest: «Eine präzise Trennung zwischen Lehnwort und Fremdwort ist schwierig; sie bleibt auch ohne praktischen Wert, wenn nicht puristische Ziele verfolgt werden» (1979, 458). Diese Auffassung teilt auch Barri i Masats. Die Autorin prangert einen zu großen Purismus an, der sich in einer großen Zurückhaltung gegenüber der Akzeptanz von Fremdwörtern im Katalanischen niederschlage. Daher beginne häufig der Prozess der Adaptation von Entlehnungen lexikalischer Art nicht mit dem 20

Cf. auch Pujadas/Turell (1993, 307), die als Lehnwort Elemente bezeichnen, die phonologisch und morphologisch in die Nehmersprache integriert sind.

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Auftreten von Fremdwörtern, sondern setze erst zu einem späteren Zeitpunkt als partielle Adaptation ein. Festzumachen sei dies an der bereits erfolgten Normativierung der Wörter durch die Aufnahme in entsprechende Lexika:21 «Un punt de referència […] ha estat el fet que un element lèxic d’una altra llengua figuri en el diccionari general (i normatiu). Fet que, d’altra banda, tampoc no pot ser considerat fora d’un context temporal i social. Temporal en la mesura que la incorporació de mots en un diccionari no pot mantenir el ritme d’incorporació de neologismes – de forma o d’ús – en la llengua. Social, perquè els canvis produïts en la societat queden també reflectits en la confecció d’un diccionari d’aquestes característiques: canvis en la moda, en els costums o en la consideració de mots tabú» (1999, 52).

Der hier angesprochene temporale und soziale Kontext, in dem Fremdwörter mehr oder weniger einfach Eingang in eine Sprache finden und adaptiert werden können, ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Betrachtung des Phänomens und wird auch von Kritikern und Puristen immer wieder aufgegriffen. Durch immer stärkere Annäherung und Austausch zwischen einzelnen Kulturen ist selbstverständlich auch ein engerer sprachlicher Kontakt spürbar, der sich in einer steigenden Anzahl von neuen Entlehnungen im Katalanischen wie in allen anderen Sprachen niederschlägt. Ein derartiger Globalisierungseffekt führt auch dazu, dass Begriffe aus dominierenden Sprachen nicht nur in eine, sondern in viele andere Sprachen übernommen werden. Neben ihrer Klassifizierung als Fremdwort tragen sie gleichzeitig auch den Stempel des Internationalismus. Ob es sich hierbei um Modeerscheinungen handelt, die nach kurzer Zeit wieder verschwinden, oder um Entlehnungen, die ihren Platz in den Wörterbüchern finden, in beiden Fällen ist der Umgang mit ihnen jedenfalls sehr ambivalent. Katalanische Kritiker sprechen häufig von «estrangerismes/manlleus útils o inútils», ohne genau festzulegen, wie diese Nützlichkeit zu definieren sei. Ein Erklärungsversuch hierzu sind die bereits angesprochenen Kriterien von Termcat (1990; cf. 2.1.5.1.). Hier werden als Motive für Fremd- oder Lehnwörter z. B. Notwendigkeit, Internationalität, Mode, Snobismus, Unachtsamkeit bzw. Ignoranz genannt. Barri i Masats nennt als weitere Faktoren

21

An dieser Stelle sei auf den Unterschied in der katalanischen und der deutschen Version hingewiesen. Nimmt man den Wörterbucheintrag als Kriterium, so handelt es sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr um reine Fremdwörter, sondern eigentlich um teilweise in die Sprache eingegliederte Lehnwörter, was sich in ihrer graphischen bzw. phonetischen Adaptation, evtl. ihrer Bildung von Derivaten bzw. ihrer Integration in syntaktische Gefüge der Nehmersprache niederschlägt. Betrachtet man erneut Graphik 2–1, so findet man diese (in der Allgemeinsprache ohnehin) als Fremdwörter designierten Begriffe unter den Lehnwörtern i.w.S., während im Katalanischen in einem – bisweilen unreflektierten – Nebeneinander von estrangerismes und manlleus die Rede ist bzw. (cf. Payrató 1984) die estrangerismes als Hyperonym aufgefasst werden.

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die Neuheit und Effektivität der neuen Lexeme sowie, in geringerem Maße, das mit der Fremdsprache verbundene Prestige oder das Hervorhebenwollen der eigenen Sprachkenntnisse (cf. 1999, 54). Wie man sich leicht denken kann, sind nach Termcat nur Fremd- und Lehnwörter, welche einem der ersten beiden Motive zuzuordnen sind, wirklich nützlich, da sie zudem weniger vergänglich sind als solche, die aus anderen Gründen Eingang in die Sprache finden. Für die Integration solcher Termini in die katalanische Sprache existieren nach Termcat (cf. El Punt 2005b) drei verschiedene Möglichkeiten: die Übersetzung, die Adaptation und die exakte Übernahme eines Lexems, wobei von Termcat die Übersetzung als Idealfall angestrebt werde, aber nicht immer möglich sei. Als Beispiele für die drei Optionen nennt der Artikel in El Punt (2005b) Lexeme wie pírcing (phonetisch-orthographische Anpassung), croissant oder whisky (Übernahme der ursprünglichen Orthographie) bzw. correu electrònic (als Übersetzung vom englischen e-mail). Unter der Notwendigkeit der Übernahme von Fremd- oder Lehnwörtern ist der Prozess des Füllens von Leerstellen zu verstehen, weil z. B. in der Technik und Wissenschaft neue Bezeichnungsbedürfnisse entstehen.22 Diese entlehnten Begriffe gehen später vielfach in die Allgemeinsprache über. Ähnlich verhält es sich mit Fremd- oder Lehnwörtern, die aufgrund der immer stärkeren internationalen Zusammenarbeit in bestimmten Sektoren entstehen und Zwecken der gegenseitigen Verständigung dienen. Ein weiterer Schritt in diese Richtung wäre der Einsatz einer Lingua franca. Es ist zu erkennen, dass in einem derart puristischen Ansatz Entlehnungen in den Fachsprachen in jedem Fall eher ihre Lebensberechtigung erhalten als in der Allgemeinsprache. Der Übergang zwischen diesen beiden Registern wird allerdings immer fließender; wissenschaftlich-technische Bezeichnungen nehmen in ihrer rapiden Entwicklung auch in der Allgemeinsprache überhand und finden dort viel weiter gestreute Anwendung als ihre ursprünglichen Pendants. Bei Termcat heißt es hierzu: «Un estrangerisme, quan entra a la llengua receptora, només vol dir una cosa, la nova realitat, de manera que la denominació originària d’un concepte se sent més natural perquè és la primera que s’ha après» (1990, 2).

Für die Sprecher existiert nur ein Zusammenhang zwischen dem neuen Lexem und dem neuen Konzept; ihre eigene Sprache bietet ihnen keine Alternative, daher ist die erste Bezeichnung meist die, die am natürlichsten erscheint und in Folge schwierig wieder zu ändern ist. Aus dieser Haltung der Sprecher heraus entsteht im Katalanischen die Tendenz, die Integration von Fremd- und Lehnwörtern stark reglementieren zu wollen. Bei Termcat heißt es hierzu: 22

An dieser Stelle sei auch auf das von Thielemann (2003b) als «Pseudo-Anglizismus» bezeichnete Phänomen hingewiesen, wie es im Deutschen beispielsweise beim Lexem Handy vorliegt.

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«[…] esdevé fonamental la preocupació per detectar amb immediatesa les noves necessitats lèxiques, de manera que, abans que es propagui per inèrcia un estrangerisme, es proposi la forma genuïna més adient; altrament, hom pot arribar massa tard a l’intent d’impedir la subordinació gratuïta a una altra llengua que la pròpia» (2001a, 9).

Der hier angeführte Versuch, einer übermäßigen Aufnahme von Lehnwörtern in der katalanischen Sprache entgegenzuwirken, ist bereits früher bei Termcat in mehreren Schritten23 festgehalten. Zu den für die calcs genannten Akzeptanzkriterien, die gleichwohl für manlleus ihre Gültigkeit bewahren, sei bei den für Termcat akzeptablen Elementen noch zu ergänzen: «manlleus formats per elements cultes procedents del llatí o del grec [conforme a la norma internacional ISO R/860], manlleus de fixació vacil·lant, però molt estesos, fàcilment adaptables al sistema gràfic i fònic del català, manlleus aïllats i que sembla que no modificaran els camps denominatius de la llengua, manlleus que ja presenten una sèrie derivativa en un camp d’especialitat, manlleus molt estesos procedents de marques registrades i manlleus de base toponímica o antroponímica» (1990, 8s.).

Aus deutscher Sicht mögen derartig exakte Vorgaben für sprachlich schwer steuerbare Phänomene seltsam und schwer nachvollziehbar wirken. Klar erkennbar daraus ist eigentlich nur eine gewisse Unsicherheit im Umgang mit Sprachkontaktphänomenen im Katalanischen. Die Situation der Diglossie, welche trotz des Normalisierungsprozesses noch immer nicht vollständig in einen gleichberechtigten Bilingualismus umgewandelt ist (cf. 3.2.), hat jahrzehntelang ein unkontrolliertes Eindringen von mehrheitlich spanischen Entlehnungen gefördert. Hinzu kommt, dass die internen Verfahren zur Wortneubildung in einer Sprache zwar eigentlich vielfältig und flexibel sind, der Sprecher aber das einmal spontan aufgegriffene und bequeme Lehnwort bevorzugt. Eine Änderung im Nachhinein ist nicht oder nur schwer möglich, genauso wie die Behandlung aktuell entstehender sprachlicher Neuerungen erst nach und nach eine gewisse Ausgewogenheit erreichen kann. Einzig Fremdwörter, die spezifische Phänomene eines anderen Kulturkreises bezeichnen, sowie Eigennamen sind von diesen Reglementierungen ausgenommen. Doch selbst hier existieren Bestrebungen, ihre Behandlung, meist in Form von Vorgaben für ihre Übersetzung ins Katalanische, zu ver-

23

Cf. Termcat (1990, 6s.). Hier werden folgende fünf Punkte angeführt: 1) buscar un equilibri entre admissió indiscriminada i el refús sistemàtic, 2) no considerar manlleu com un mal necesari, sinó més aviat com un procediment normal de formació de termes, 3) objectiu prioritari obtenció d’una coherència interna en l’admissió o refús de manlleus, 4) aplicació dels criteris adoptats ha de conduir a resultats, 5) respectar al màxim l’estructura fònica i morfològica de la llengua catalana. Statt Entlehnungen werden im Allgemeinen von Termcat eindeutig auf anderem Wege entstandene Neologismen, z. B. durch Derivation, Komposition, semantische Veränderung oder Lexikalisierung von Syntagmen bevorzugt.

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einheitlichen und dadurch eine semantische Bedeutungserklärung zu geben.24 So gesehen könnte man die übersetzten Eigennamen den Lehnprägungen zurechnen. Ein weiteres mögliches Kriterium für die Klassifizierung von Lehnwörtern, die bei der Zuordnung zu den entsprechenden Herkunftssprachen (cf. 2.2.) von Bedeutung ist, ist die Frage, ob es sich um ein direktes oder indirektes Lehnwort handelt. Indirekte Lehnwörter gelangen über eine dritte, meist in irgendeiner Weise dominantere Sprache in die endgültige Nehmersprache. Ein Beispiel hierfür sind die Indoamerikanismen im Katalanischen, die ihren Eingang über das Spanische fanden. In der katalanischen Terminologie lassen sich bei diesen indirekten manlleus zwei Bezeichnungsschritte festmachen. Das zu entlehnende Original wird auch als «ètim darrer» bezeichnet, das Wort in der Mittlersprache ist das «ètim immediat» (cf. Bibiloni 1998, 21). Wenn wir einen Schritt zurückgehen und noch einmal die Frage betrachten, wann denn nun ein vollständig adaptiertes Lehnwort vorliegt, kann man aufgrund der bisherigen Betrachtungen zu dem Schluss kommen, dass eine Integration stattgefunden hat, wenn das Lehnwort (a) phonetisch und graphisch vollständig adaptiert ist, (b) aus morphosyntaktischer Sicht soweit integriert ist, dass es als Basis für Derivate dienen kann und (c) evtl. neue semantische Inhalte annimmt und dadurch polysem wird. Ein weitaus größeres Abgrenzungsproblem stellt sich aber auf einer viel früheren Integrationsstufe, zu einem Zeitpunkt, an dem eigentlich noch von Fremdwörtern die Rede ist. Es tritt meist auf lexikalischer Ebene auf, da, wie bereits angesprochen, bei Lexemen eine größere Disposition für Entlehnungen als bei anderen Wortgruppen vorliegt. In ihrer Auflistung der Analysefaktoren für lexikalische Entlehnungen nennen daher van Hout und Muysken (1994, 40) neben Schwierigkeiten wie «multiple word-borrowing» die bereits diskutierten «degrees of adaptation»; weiterhin erwähnen sie Phänomene «such as syntactic convergence or influence together with lexical borrowing» sowie «types of borrowing (e.g. loan-blend, loan-shift)» sowie die so genannten «nonce borrowings». Diese Ad-hoc-Entlehnungen, im Katalanischen als manlleus ocasionals bezeichnet, sind fremdsprachige Lexeme, die eher zufällig und einmalig in eine Konversation einfließen und folglich eine stark individuelle Ausprägung beinhalten. Wie vielleicht zu erahnen ist, ergibt sich aus dieser Kurzdefinition eine zweiseitige Fragestellung der Abgrenzung: wie unterscheiden sich zum einen die Ad-hoc-Entlehnungen (auch als Alternierungen bezeichnet) von mehr oder weniger fest integrierten Lehnwörtern, und welche Differenz be-

24

Entsprechende Publikationen sind beispielsweise Televisió de Catalunya (1997), Universitat de Barcelona, Servei de Llengua Catalana (1991).

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steht zum anderen zwischen ihnen und den Interferenzen bzw. dem CodeSwitching?25 Ausgehend von den bisherigen Betrachtungen lassen sich Lehnwörter als relativ genau festgelegte und ziemlich gut an die Normen der Nehmersprache assimilierte Einheiten beschreiben, die der ganzen Sprechergemeinschaft zugänglich sind. Bei den Alternierungen handelt es sich hingegen um sprachliche Realisierungen eines konkreten Sprechers in einem festen Kontext aus bestimmten Gründen; weiterhin fehlt im Wesentlichen die erwähnte Anpassung an die Nehmersprache. Poplack (1980) und Poplack/Sankoff (1984) schlagen daher ein variationistisches Analysemodell vor, um die Entlehnungsphänomene klar von denen des Code-Switching zu trennen. Sie legt als Kriterien für Entlehnungen nicht nur deren sprachliche (d.h. phonologische und grammatikalische) Integration ins System fest, sondern auch die soziale Integration, d.h. den tatsächlichen Gebrauch der Phänomene durch die Sprecher. Die soziale Integration kann nach Meinung der Autorin zwar auch beim Code-Switching erreicht werden, d.h. derartige Alternierungen können zu gesellschaftlich relativ weit verbreiteten Gesprächsmodalitäten werden. Eine vollständige bzw. partielle sprachliche Integration sieht Poplack beim Code-Switching hingegen nicht gegeben. Boix/Vila unterscheiden demnach, in Anlehnung an Poplack/Sankoff (1988), zwischen «alternances, caracteritzades perquè retenen íntegrament les característiques morfosintàctiques de la llengua donant» und «manlleus, que estarien adaptats morfosintàcticament a la llengua receptora» (1998, 252).26 Die Autoren vertreten allerdings die Meinung, dass es wenig sinnvoll sei, eine radikale Unterscheidung zwischen manlleu und alternança bzw. manlleu ocasional zu machen. Dies führe nur zu Verwirrungen, da es sich vielmehr um ein Kontinuum von «alternances monolèxiques menys integrades» hin zu «manlleus més ben adaptats» (1998, 253s.) handle. Das ist auch daran ersichtlich, dass bezüglich der grammatikalischen Integration von Entlehnungen bzw. Code-Switching-Phänomenen bei beiden sowohl eine unvollständige Anpassung an die morphosyntaktischen 25 26

Dieser Fragestellung wird detailliert von Poplack/Sankoff/Miller (1988) nachgegangen. Eine auf die Forderungen von Poplack aufbauende Untersuchung findet sich bei Otheguy (1993) bzw. Otheguy et al. (1989), die eine kubanische Sprechergruppe in den USA untersuchen. Sie bezeichnen alle phonetisch ins Spanische integrierten englischen Lexeme als single-word borrowings, sprechen aber bei Beibehaltung der englischen Aussprache von single-word switches. Poplack selbst lehnt es jedoch heute ab, nur den Faktor der Integration als entscheidend für die Klassifizierung von Phänomenen als Code-Switching gegenüber Entlehnung bzw. Ad-hoc-Entlehnung heranzuziehen: «Classic indication of loanword integration have had mediocre results in disambiguating the status of lone content items because different measures produce conflicting results. While these items are usually syntactically positioned according to the language in which they are embedded, they often appear to retain the phonetic properties of the donor language and sometimes appear to conserve donor-language morphology» (Poplack/Meechan 1998, 2).

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Gegebenheiten der Nehmersprache (cf. Gardner-Chloros 1991), als auch eine vollkommene Integration möglich sind (cf. Treffers-Daller 1990). Diese paradox anmutende Erscheinung erklärt sich nach Pfaff (1979, 298) vor allem dadurch, dass bestimmte Wortklassen, z. B. Verben, aus strukturellen Gründen eine vollständige Integration ins System – mit Anpassung der Flexionsendungen für Tempus, Modus, Numerus etc. – eher erforderlich machen als andere (z. B. Substantive, Adjektive). Lüdi, in gleicher Weise Gegner einer exakten Trennung der Begriffe manlleu und alternança, schlägt eine Analyse der Integration der Elemente vor, die bei ihm als lexikalische transkodische Markierungen klassifizierten werden. Dazu geht er von einer Basis dreier Achsen aus. Folgende Graphik soll diesen Ansatz veranschaulichen:27 MÀXIMA ASSIMILACIÓ: Mots dels quals només els etimòlegs coneixen l’origen estranger

Integració

Estabilitat

Difusió

Juxtaposició

Variació

Ús isolat

MÍNIMA ASSIMILACIÓ: Alternança de codi lèxica / transferència lèxica

Graphik 2–2: Drei-Achsen-Modell der Integration (cf. Lüdi 1987, 7)

Die drei Achsen sind keinesfalls isomorph zu betrachten. Es ist durchaus möglich, dass ein Lexem gleichzeitig einen sehr hohen Integrationsgrad, aber eine geringe soziale Verbreitung oder Stabilität aufweist. Gleichwohl kann sich auch ein sehr geläufiges Element auf verschiedenen, teilweise niedrigen Integrationsstufen befinden und mehr oder weniger variabel sein. Auffällig ist, dass Lüdi mit der Einführung der relativ neutralen Bezeichnung lexikalische transkodische Markierungen (cf. 2.1.3.) die Schwelle hin zu Sprachkontaktphänomenen aus bilingualer Sicht überschreitet. Lüdi beschreibt die transkodischen Markierungen (1987, 2) als «[…] marques, dans le discours, qui renvoient d’une manière ou d’une autre à la rencontre de deux ou plusieurs systèmes linguistiques (calques, emprunts, transferts lexicaux, alternances codiques, etc.)». Es geht hier nicht mehr nur um zwei ansonsten unverbundene Sprachen, die untereinander uni- oder bidirektional Lexeme austauschen. Der Fokus wird auch auf den Begriff des sprachlichen Codes als bilinguales Instrument gelenkt, da im bilingualen Kontext häufiger Kommunikationen mit mehr als einem Code vorkommen. So verwirft z. B. auch 27

Hierbei ist anzumerken, dass die mehrfachen Pfeile bei «Integració/Juxtaposició» für die möglichen sprachlichen Ebenen (phonetisch und prosodisch, morphologisch, lexikalisch und semantisch) stehen.

48

Myers-Scotton (1990) den Abgrenzungsversuch des «nonce borrowing» zum herkömmlichen Lehnwort, weil hier ein Phänomen, das bilingualen Sprechern vorbehalten sei, auf eine monolinguale (zwar auch von Bilingualen benutzte) Realität ausgedehnt werde. Beide Konzepte seien demnach nicht vergleichbar (cf. Boix/Vila 1998, 252). Bei Poplack (1988) findet sich hingegen die Unterscheidung zwischen Entlehnung und Ad-hoc-Entlehnung (nonceborrowing). Als Kriterien für Abgrenzung der letzten nennt die Autorin u. a. die niedrigere Gebrauchsfrequenz, den Akzeptierungsgrad in der Sprechergemeinschaft sowie die phonologische Integration. Blas Arroyo (2000, 33) führt die Nicht-Lexikalisierung von Ad-hoc-Entlehnungen als weiteres mögliches Kriterium an. Der Autor stellt aber abschließend fest: «En suma, la frontera entre préstamos espontáneos y establecidos se sitúa en el nivel del análisis en que se centra la investigación: mientras que los últimos se hallan plenamente legitimados -gramatical y socialmente- en el nivel comunitario, los préstamos ocasionales reflejan una estrategia utilizada por los hablantes para emplear material ajeno a la lengua base del discurso, sin necesidad de ‹cambiar› de lengua» (2000, 34).

Man könnte nun also vielmehr zur zweiten Fragestellung übergehen und die Ad-hoc-Entlehnungen mit den Interferenzen kontrastieren, eine Tendenz, die ebenfalls bei Van Hout und Muysken (1994, 40) sichtbar wird, da die Autoren statt «nonce borrowing» die Bezeichnung «lexical interference» bevorzugen. Vergleicht man hierzu aber die Definition der Begrifflichkeit des «nonce borrowing» bei Myers-Scotton (1993) und Poplack/Sankoff (1984) so ist erkennbar, dass diese sicherlich weniger der Interferenz als dem Code-Switching zuzuordnen ist, da es sich um einen zwar individuell ablaufenden, jedoch durchaus überlegten Prozess handelt. Allerdings sind Ad-hoc-Entlehnungen nicht nur bilingualen Sprechern vorbehalten, eine Tatsache, in der ein wesentlicher Definitionsunterschied zum Code-Switching besteht.

2.2. Entlehnungen im Katalanischen In Minderheitensprachen, welche wie das Katalanische lange Zeit in einer Situation der Diglossie existieren mussten bzw. müssen, spielen Sprachkontaktphänomene und somit auch Entlehnungen eine große Bedeutung in der Entstehung und Veränderung sprachlicher Elemente. Oft fanden über lange Zeit hinweg fremdsprachige Elemente einen völlig unkontrollierten Eingang in die Minderheitensprache und veränderten, für die Sprecher teilweise unbewusst, deren Physiognomie. Zu den eindringenden Elementen gehören allerdings nicht nur diejenigen aus der dominanten Sprache, sondern auch solche aus anderen Fremdsprachen, die über die dominante Sprache ihren Eingang in die Minderheitensprache finden. Boix/Vila stellen diese Problematik folgendermaßen dar: 49

«Privades progressivament de funcions, les varietats subordinades patiran el doble procés d’interposició i d’intrusió. D’una banda, la llengua oficial s’interposa entre la llengua subordinada i la resta del món i es converteix en la varietat emprada pels parlants de llengua subordinada per relacionar-se amb les altres comunitats lingüístiques, de manera que la realitat del món i les innovacions arriben a la llengua subordinada passades pel tamís de la llengua dominant, en forma de manlleus i calcs. […]; és el mateix fenomen que explica per què manlleus de l’anglès com junkie o hardware es realitzen en català amb fonètica més o menys acastellanada [’joƾki], [’xarwar]» (1998, 202).

Und Bibiloni trifft für den katalanischen Fall die klare Aussage: «[…] dit més clarament: en el cas català, bona part dels manlleus – sobretot anglicismes i gal·licismes, i també d’altres llengües – ens vénen via l’espanyol» (1998, 22).

Dies ist sicherlich der Fall bei vielen eng mit dem Englischen verwobenen Bereichen, wie z. B. der Informatik. Hier tauchen neue Entwicklungen zunächst als Fremd- oder später auch Lehnwort im Spanischen auf und es existieren zunächst Übersetzungen bestimmter Programme nur auf Spanisch. Durch den – freiwillig unfreiwilligen – Umgang damit übernehmen katalanische Sprecher die spanischen Lehnwörter und katalanisieren sie anschließend; es finden also indirekte Entlehnungen statt. Häufig ist zumindest formal der Einfluss der Mittlersprache nicht mehr zu erkennen, in einigen Fällen lässt er sich jedoch relativ gut erahnen. Ein Beispiel hierfür ist das vom englischen to chat («ètim darrer») entlehnte xatejar, welches in katalanischen Wörterbüchern (DIEC, DIC62, DInt) eindeutig als Anglizismus geführt wird. Betrachtet man allerdings den Wortstamm im Englischen und führt man sich die katalanische Verbmorphologie vor Augen, die es problemlos ermöglicht hätte, mit xatar ein kürzeres, unkomplizierteres Verb zu kreieren, so wird unweigerlich eine Assoziation mit dem spanischen chatear «ètim immediat» hervorgerufen. Bernal Gallén (1998) lehnt diese vereinfachte Darstellung jedoch in ihrer Analyse der Verbalisierungssuffixe des Katalanischen ab (cf. 5.2.2.4.). Erschwerend kommt hinzu, dass der Weg über die Mittlersprache meist gewisse Zeit in Anspruch nimmt, so dass zunächst im entsprechenden Fachgebiet nur die Mittlersprache ausschlaggebend ist. Da dies meist relativ unproblematisch vonstatten geht, sinkt das Interesse an einer eigenen Terminologie und Entlehnungen finden unkontrolliert und meist nur mündlich statt; schriftlich manifestieren sie sich seltener und wenn, dann nicht in Form von möglicherweise normativ wirkenden Publikationen. Ebenfalls mit Bezug zur Informatik stellt Ebner diesbezüglich fest:28

28

Cf. hierzu jedoch Sinner/Wieland (2008), wo die Problematik der späten Implementierung solcher Publikationen und Programme und ihrer Annahme durch die Sprecher im katalanischen Sprachraum aufgezeigt wird.

50

«In Zusammenhang mit der Bildung von Neologismen für ein Fachgebiet wie der EDV kommt beim Katalanischen zum Nachteil der Kleinheit der Sprache die Tatsache der Zweisprachigkeit als merkbare Erschwernis hinzu. Da Katalanen problemlos und üblicherweise ohne zu zögern auf spanische oder französische Programme, Handbücher und Computerzeitschriften zurückgreifen können, ist die Nachfrage nach entsprechenden Produkten in katalanischer Sprache relativ gering» (2002, 112).

Im Katalanischen besteht eine gewisse Unsicherheit im Umgang mit fremdsprachigen Einflüssen, die sich im Versuch der Vorgabe genauer Akzeptanzkriterien für Entlehnungen widerspiegelt. Dass dies auf die lange Zeit problematische Diglossie-Situation zurückgeht, kann man eigentlich als bestätigt ansehen. Interessant ist allerdings auch, dass dadurch ein zum Teil gegensätzlicher Effekt erzielt wird. Rull (cf. 2000b, 26) meint dazu, dass es wesentlich einfacher sei, Kriterien für die Akzeptanz oder Nichtakzeptanz von Entlehnungen im Katalanischen zu finden, wenn dies aus einer normalisierten sprachlichen Perspektive geschehen könne. In der bisherigen Situation werde vor allem auf die Kastellanismen geachtet, die als Sondergruppe von anderen Fremdwörtern abgesetzt würden. Dies führe dazu, dass z. B. Anglizismen völlig unreflektiert ins Katalanische einfließen könnten. Es ist seit einigen Jahren aber durchaus auch das Bestreben vorhanden, neue Entlehnungen, gerade auf dem Gebiet der Fachsprachen, zu dokumentieren, eventuell zu korrigieren und schließlich zu normativieren. Publikationen zu Neologismen im Allgemeinen existieren beispielsweise von Termcat (2001a) und der Enciclopèdia Catalana (1998) oder speziell zur Informatik von Mas i Fossas (2003), Bel (2003) oder Termcat (2001). Neben der Informatik gibt es natürlich noch weitere Gebiete, die stärker als andere von Entlehnungen durchsetzt sind. Dabei gibt es Begriffe, die in all diesen Gebieten zu finden sind; andere wiederum tauchen nur in spezifischen Kontexten auf. Zu den besonders betroffenen Bereichen (cf. Alzugaray Aguirre 1985, 25) zählen Sport, Gastronomie, Kultur im weitesten Sinne, Mode, aber auch Wirtschaft. Ihnen gemeinsam ist, dass die Sprache, aus der in einem bestimmten Bereich die meisten Elemente entlehnt werden, mit einem hohen Prestige behaftet ist. Neben der Motivation aus politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Gründen kann somit die positive Konnotation von Entlehnungen als etwas Modernes, sozial Anerkanntes ausschlaggebend sein.29 Zu beachten ist außerdem, dass viele entlehnte Formen den Weg ins Katalanische zwar über eine Fachsprache finden, mit fortschreitender Integration allerdings schnell in die Allgemeinsprache übernommen werden.

29

Daneben existieren selbstverständlich noch weitere Faktoren, welche die Entlehnbarkeit eines Begriffs beeinflussen; cf. hierzu die Kriterien von Boix/Vila zur manllevabilitat (cf. 2.1.5.2.); zu Kriterien für die unterschiedliche Gebrauchsfrequenz von marques transcòdiques nach sozialen Gruppen cf. Vila (1998a, 144).

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Herkunftssprachen für Entlehnungen im Katalanischen sind hauptsächlich Spanisch, Englisch und Französisch (in der Reihenfolge ihrer Frequenz), in größerem Abstand folgen Italienisch und Deutsch. Russisch, Türkisch, Arabisch und Japanisch sind in geringem Maße vertreten, bezeichnen aber häufig Internationalismen oder füllen Bezeichnungslücken auf einem Spezialgebiet30 (z. B. Japanisch bei Kampfsportarten, Deutsch in der Philosophie, etc.). Im Folgenden wird für kurz auf die historische Entwicklung und aktuelle Erscheinungen bezüglich des spanischen und englischen Einflusses auf das Katalanische eingegangen. 2.2.1. Kastellanismen Aus den bekannten historischen Gründen ist der Einfluss des Spanischen auf die katalanische Sprache weitaus größer als bei anderen Sprachen, auch wenn, wie beim Französischen, die gleiche geographische Nähe geltend gemacht werden könnte. Ab dem 15. Jahrhundert nahm die spanische Präsenz immer stärker zu, vom 17. bis 19. Jahrhundert erfolgte dann ein massiver Eingang an Kastellanismen ins Katalanische. Dies hatte zur Folge, dass zu Zeiten des Wiederauflebens des Katalanischen, wie z. B. Mitte des 19. Jahrhunderts, viele genuine Formen im Bereich der Lexik und der Syntax verschwunden waren und durch ihre spanischen Pendants Ersatz gefunden hatten. Die Bestrebungen der Katalanisierung, die schließlich zur Normierung der Sprache durch Pompeu Fabra führten, wurden durch die Entwicklungen im 20. Jahrhundert ausgesetzt bzw. regelrecht zunichte gemacht. Moreu-Rey äußert sich zur Kontaktsituation Spanisch-Katalanisch wie folgt: «El contacto español-catalán se puede contemplar históricamente como un proceso de substitución lingüística, que avanza o retrocede en función de circunstancias sociales y políticas. Tales avances o retrocesos se traducen en una mayor o menor influencia lingüística en el catalán, especialmente en el nivel léxico, el más propenso a recibir las aportaciones de otras lenguas. En este nivel, y dadas las características de la situación de contacto lingüístico entre el español y el catalán, es imprescindible distinguir entre fenómenos de interferencia léxica que han tenido o tienen lugar en el habla de los usuarios de ambas lenguas […], los cuales no afectan sin embargo a los respectivos sistemas, y préstamos o fenómenos de interferencia léxicos que se han sedimentado en la lengua como sistema […]» (1991, 159).

Wichtig ist bekanntermaßen die Unterscheidung zwischen (lexikalischen) Interferenzphänomenen und Code-Switching sowie den Entlehnungen, zwei Bereiche, die allerdings teilweise recht schwierig voneinander zu trennen sind. Zu all diesen Bereichen existieren jedoch für das Katalanische umfassende Studien (cf. Boix 1993a; Vila 1996; Pujolar 1997 etc.); daher wird an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen.

30

Cf. Termcat (2001a), Enciclopèdia Catalana (1998).

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In einer klassischen Diglossiesituation, wie sie das Katalanische jahrhundertelang erfahren hat, findet der Austausch an sprachlichen Elementen, im Gegensatz zu einer bilingualen Ausgangslage, nur einseitig statt; entsprechend finden viel weniger Katalanismen Eingang ins kastilische Spanisch als umgekehrt und sind außerdem meist negativ belegt (cf. Sinner 2004, 609). Die Diglossie und die damit verbundene Dominanz des Spanischen sind darüber hinaus auch dafür verantwortlich, dass dessen Entlehnungen, im Gegensatz zu den französischen oder englischen, viel weiter, wenn auch in unterschiedlichen Proportionen, auf verschiedene semantische Bereiche verteilt sind. Dies reicht von fast kompletter Substitution, wie sie lange im Bildungswesen und der Justiz praktiziert wurde, bis hin zu nur geringen Präsenzen, beispielsweise in kulturell fest in die katalanische Tradition verwobenen Bereichen. Oft ist jedoch zu beobachten, dass integrierte, assimilierte Kastellanismen weniger häufig als Anglizismen oder Gallizismen semantische Restriktionen, Erweiterungen oder Veränderungen der existierenden katalanischen Bezeichnung herbeiführen, sondern beide Termini vielfach nebeneinander (oft nur mit geringen Unterschieden in Bedeutung oder Frequenz) existieren (cf. MoreuRey 1991, 160). 2.2.2. Anglizismen Obgleich erste Einflüsse des Englischen im Spanischen und Katalanischen bereits ab dem 18. Jahrhundert spürbar sind, ist das verstärkte Auftreten von Anglizismen ein eher jüngeres Phänomen. Bezogen auf die Sprachen der iberischen Halbinsel stellt Gómez Capuz dies folgendermaßen dar: «[…] la influencia angloamericana ha sido más tardía que en otras lenguas, como el francés o el mismo español de América. Así, en español peninsular, el verdadero punto de partida del anglicismo no se produce hasta 1945, con la hegemonía norteamericana en todos los niveles (político, militar, tecnológico, cultural, musical)» (1997, 29).

In sprachlicher Hinsicht gilt somit das Gleiche wie auf der soziokulturellen Ebene. Alle Lebensbereiche sind von Anglizismen betroffen, es treten sowohl lexikalische und semantische Entlehnungen auf Wortschatzebene als auch Entlehnungen im Bereich der Phonetik, Graphie, Morphologie und Syntax auf. Zu unterscheiden ist einerseits zwischen Anglizismen, welche neue Begrifflichkeiten bezeichnen und somit semantische Lücken im Katalanischen füllen und eventuell das betroffene semantische Feld neu strukturieren. Dies ist häufig der Fall in Gebieten der Wissenschaft und Technik oder des Sports. Andererseits erfolgt der Gebrauch von Anglizismen auch aus stilistischen oder gänzlich außersprachlichen Gründen,31 z. B. zur Schaffung einer inter-

31

Riquelme (1998) kreiert für diese außersprachlichen, meist kulturellen Einflüsse den Begriff anglismo, dessen sprachliche Realisierung dann der anglicismo ist. Thiele-

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nationalen Atmosphäre, aus sprachlicher Ökonomie, da der englische Begriff kürzer und prägnanter erscheint. Anglizismen dienen durchaus aber auch dazu, den Sprecher und seine Sprachkenntnisse in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Diese mitunter als «snobistisch» (cf. Rull 2000a, 19) eingeschätzte Haltung hat sogar vermehrt zur Schaffung von Pseudoanglizismen oder anglisierten Lexemen im Katalanischen geführt, welche im Englischen eine völlig andere Entsprechung aufweisen. Beispielhaft dafür sind zahlreiche das Suffix -ing beinhaltende Lexeme, z. B. fúting oder pàrquing, die vielfach allerdings nicht im Katalanischen selbst kreiert, sondern aus dem Französischen oder Spanischen entlehnt werden. Eine gewisse Zurückhaltung bei der Akzeptanz von Anglizismen als – wie im Deutschen auch – durch die Kommunikationsmedien und die Werbung vor allem aus dem Englischen transferierten oder kreierten Elemente, beginnt sich daher langsam auch im Katalanischen durchzusetzen. Vivanco schlägt diesbezüglich vor, als Klassifizierungskriterium die Gebrauchsfrequenz der entlehnten englischen Phänomene mit einzubeziehen, um eine, wenn auch nur bedingt mögliche Abgrenzung hin zu den reinen Interferenzen oder Codewechseln zu erreichen (cf. 2003, 229). Dies könnte für die Mediensprache durchaus sinnvoll sein, die, so Thielemann (2003b), «eine Vielzahl von Anglizismen [verwendet], die für den uninformierten Leser, denjenigen, der nicht up to date […] ist über die Subtilitäten amerikanisierender Spezialterminologien und Jargons, enigmatisch bleiben».32 Ob Ähnliches auch für die katalanischen Medien in ihren Texten und Sendungen für Jugendliche gelten kann, wird Thema der Korpusanalyse (cf. 5.2.) sein. Anders als bei Entlehnung aus dem Spanischen oder anderen romanischen Sprachen treten bei der Integration von Anglizismen vor allem phonetische und graphische Probleme auf. Betrachtet man die Lehnwörter i.w.S., so sind zwei Tendenzen zu beobachten. Neben Anglizismen, die ihre ursprüngliche Graphie bewahren und von den Sprechern meist auch nach dem Vorbild der englischen Phonetik realisiert werden, existieren zahlreiche an die katalanische Graphie und Phonetik angepasste Elemente.33 Rull (2000b) spricht hierbei dem Katalanischen eine hohe Integrationsfähigkeit zu, da es mehr als das Spanische dem Englischen vor allem in der Struktur seiner Silben

32 33

mann (2003a) spricht in diesem Zusammenhang vom konnotierten Anglizismus, der vorsätzlichen Verwendung von englischen Fremdwörtern aufgrund pragmatischer Ziele, z. B. in der Werbesprache des stilistischen Effekts wegen, zur Signalisierung von Attraktivität und Modernität, sozusagen als Teil der persuasiven Strategie. Als Beispiele führt Thielemann (2003) u. a. Termini aus Wirtschaft und (digitalem) Handel an, wie rating statt avaliação oder cash-flow statt receitas bzw. lucro. Dies ist der Fall bei den meisten Anglizismen, die über das Spanische (seltener auch das Französische) ins Katalanische gelangen. Meist sind sie bereits in gewisser Form an die spanische Phonetik und Graphie adaptiert, so dass sich das Katalanische eher daran als an der Phonetik oder Graphie des entsprechenden Neologismus orientiert (cf. Rull 2000b).

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(besonders mit der Möglichkeit eines okklusiven Konsonanten in Endposition) gleicht. In jüngster Zeit besteht allerdings dennoch eher die Tendenz, die englische Phonetik und Graphie beizubehalten, eine Entwicklung, die vermutlich eng mit dem Prestigefaktor der englischen Sprache verbunden sein dürfte. Ein in beiden Fällen maßgebliches Kriterium für eine fortgeschrittene Integration ist aber in jedem Fall die Bildung von Derivaten auf Basis des entlehnten Lexems oder Morphems. Bezüglich der Morphologie merkt Rull (2000b) die immer wieder neu auftauchende Problematik der Pluralbildung an, welche entweder durch die Wörterbücher ungenügend geregelt oder im Sprachgebrauch einfach anders praktiziert werde, was mitunter zu Verwirrung oder teilweise sogar syntaktischen Fehlern führen könne. Ein zweiter, fast noch häufiger auftretender Typ von Anglizismen im Katalanischen sind Lehnprägungen. In vielen Fällen sind es Lehnübersetzungen oder Lehnübertragungen in Form von Komposita, wie z. B. cap de setmana in Anlehnung an week end; genauso treten aber auch Lehnschöpfungen oder die Zuordnung einer Lehnbedeutung zu einem katalanischen Element auf, welche mitunter nach relativ kurzer Zeit nicht mehr nachzuvollziehen sind (cf. Rull, 2000b, 28). Am ehesten den Lehnprägungen zuzuordnen sind auch sogenannte Frequenzunterschiede, die auftreten, wenn ein englisches (oder anderssprachiges) Element immer mit der gleichen katalanischen Wendung wiedergegeben wird (bei Übersetzungen oder Adaptionen von fremdsprachigen Texten), obwohl das Katalanische hier eine Alternative bietet und sogar fordert. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass, auch ohne direkten Bezug auf einen z. B. englischen Ausgangstext, ein katalanisches Element, z. B. eine lexikalische Einheit, einen ganz neuen semantischen Wert erhält.34 Im Hinblick auf die Anglizismen in der katalanischen Lexik bietet Recasens Solé (1982) eine detaillierte Beschreibung, die genauso auf Entlehnungen anderer Sprachen applizierbar ist. Sie unterscheidet zwischen «anglicismos univerbales (patentes y no patentes)» und «multiverbales (compuestos bisustantivos, bisustantivos univerbales, paranominales)». Ohne an dieser Stelle näher auf die innere Differenzierung eingehen zu wollen, seien diese Begriffe kurz erklärt. Unter «anglicismos patentes» versteht die Autorin solche Lehnwörter, die nicht mehr als englische Lexeme identifizierbar sind, weil eine graphische sowie phonetische Adaptation stattgefunden hat. «Anglicismos no patentes» sind vor allem Lehnprägungen. Hierbei unterschei-

34

Als Beispiel führt Rull (2000b, 31) das Wort anyway an, welches im Katalanischen meist mit doncs wiedergegeben wird, obwohl andere und je nach Syntax und Kommunikationssituation in manchen Fällen weitaus treffendere Lexeme gefunden werden könnten. Durch diese unangemessene Gebrauchsfrequenz erfährt doncs eine semantische Veränderung und die anderen, je nach Kontext treffenderen, Lexeme werden in ihrer Gebrauchsfrequenz reduziert. Sinner (2004) beschreibt anhand der Gebrauchsfrequenz von plegar und doblar im Spanischen Kataloniens einen ähnlichen Fall semantischer Veränderung.

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det die Autorin zwischen «voces tradicionales» (neben der herkömmlichen Bedeutung erhält der Begriff zusätzlich eine Lehnbedeutung) und «voces neológicas» (Lehnübersetzung, -übertragung eines bisher im Katalanischen bezeichnungslosen Begriffs). Die dreigeteilte Gruppe der «anglicismos multiverbales» enthält erstens «anglicismos compuestos bisustantivos» (z. B. auto-escola, cine club), zweitens «anglicismos bisustantivos univerbales» (z. B. voleibol) und drittens «anglicismos paranominales» (z. B. aire acondicionat, guardarropia). Eine ähnliche Terminologie findet sich bei Vivanco (cf. 2003, 231), die zusätzlich zur Unterteilung «patente y no patente» von «anglicismos crudos» (ohne Anpassung) oder «aclimatados» (an die Sprachnorm angepasste Anglizismen) spricht.35 Das Englische ist auch Mittlersprache für die Entlehnung von sogenannten Kultismen griechischen oder lateinischen Ursprungs. Ein Bereich, in dem man mit dem Auftreten dieses Phänomens vielleicht eher weniger rechnen würde, ist die Informatik. Ebner meint dazu: «Im Katalanischen sind [in der Computersprache] relativ wenige Fremd- und Lehnwörter zu finden, da aufgrund der englischen Etymologie zumeist ohne viel Aufwand Neologismen aus lateinischen Wurzeln gebildet werden können. Übersetzungen und Neuschöpfungen erfolgen normalerweise durch offizielle und semioffizielle Stellen […]. In manchen Fällen wird ein umgangssprachlicher Begriff basierend auf einer Übersetzung oder einer Entlehnung aus dem Englischen in die Standardsprache übernommen» (2002, 97).

Die Fragestellung, ob gerade in einem so modernen Feld wie der Informatik, trotz der meist lateinischen Wurzeln der Begriffe, nicht doch eher von Anglizismen (und somit Fremd- bzw. Lehnwörtern) gesprochen werden sollte, da dies schließlich den soziokulturellen Hintergrund miteinbezöge, wird sich nicht vermeiden lassen. Interessant ist allerdings Ebners Behauptung, «englische Lemmata scheinen den katalanischen Sprachfluss derart zu stören, dass die Phase des Lehnworts zu Gunsten einer Übersetzung oder Neuschöpfung übersprungen wird» (2002, 99). Ob dies auch für andere Felder als die Informatik gelten kann und sich besonders in der Jugendsprache so äußert, in der sicherlich außer dem Sprachfluss andere sprachpragmatische Einflüsse 35

Eine sich in die bisherige Diskussion über die Terminologie der Sprachkontaktphänomene gut eingliedernde Darstellung am Beispiel der Anglizismen findet sich auch bei Riquelme (cf. 1998, 88). Er unterscheidet zwischen drei verschiedenen Typen von Anglizismen im Spanischen: «préstamos en general (integrados y momentáneos) mit den Untergruppen -xenismos, -peregrinismos, -préstamos propiamente dichos (aclimatados o en vías de aclimatación), -calcos (léxicos y semánticos); cambios de código; interferencias». Den einzelnen Kategorien ordnet er verschiedene Integrationskriterien zu. Daneben erwähnt der Autor noch die Hybride und bezieht sich dabei auf loanblends nach Haugen (1950), die er in hybride Komposita oder hybride Derivate, bestehend aus einem Lexem der Fremdsprache und einem Morphem (meist in Form eines Suffixes) der Nehmersprache aufteilt.

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für den Gebrauch von Anglizismen entscheidend sein können, wird in der Korpusanalyse herausgearbeitet werden. Die Vermutung liegt jedoch nahe, da schon andere Autoren, die sich mit jugendlichen Sprechweisen in Katalonien beschäftigt haben, einen erhöhten Einfluss des Englischen nachgewiesen haben. Vila konstatiert beispielsweise in Bezug auf die lexikalischen transkodischen Markierungen bei zweisprachigen Jugendlichen, wenn auch mit Blick auf das Verhältnis Katalanisch-Spanisch-Englisch: «It is remarkable, though, that (still) unaccepted English loanwords reach an appreciable percentage of Castilian transcodic markers. It should be noted that most of these English items are shared by Catalan […]. It is therefore not implied that Castilian has higher contact with English than Catalan does; both languages seem to be equally influenced by English, as the roughly similar number of English types and tokens recorded for each language suggests […]» (1996, 410).

Wie sich der Einfluss des Englischen – und auch des Spanischen – im konkreten Fall auswirkt, wird in der Korpusanalyse (cf. 5.) näher beleuchtet werden.

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58

3.

Sprachpolitik und Sprachplanung in Katalonien

«Entenem per planificació lingüística el cicle format per l’organització, la posada en pràctica i l’avaluació d’un conjunt coherent d’actuacions de política lingüística adreçat a acomplir uns objectius explícits de transformar la realitat sociolingüística, així com la disciplina que estudia aquestes pràctiques» (Boix/Vila 1998, 275).

Jede gezielte Veränderung der sprachlichen Realität in einer Minderheitssprachensituation kann als Handlung der Sprachpolitik, im Sinne eines Zusammenwirkens verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen, verstanden werden. Sprachpolitik bezieht sich nicht nur auf das Festlegen gesetzlicher Richtlinien, die koordinierte Arbeit von Organisationen und Institutionen (z. B. Kommunikationsmedien), sondern ebenso auf das Wirken kleiner Interessengruppen und nicht zuletzt der Einzelpersonen selbst. Die Wirkungsrichtung ist hierbei bidirektional, wie nachstehendes Schema zeigt, zum einen von oben nach unten, aber auch von unten nach oben: POLÍTIQUES I PLANIFICACIÓ LINGÜÍSTIQUES

Poder legislatiu

Poder executiu

ESTAT

Poder judicial

Poder mediàtic

Poder econòmic SOCIETAT CIVIL

Sindicats, associacions de militància lingüística, ONG en general, etc.

Població Graphik 3–1: Akteure der Sprachpolitik (Boix/Vila 1998, 277)

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Letztes Ziel der katalanischen Sprachpolitik zur Verhinderung der sprachlichen Substitution von Minderheitensprachen ist ein Terminus, der erstmalig 1965 von L. Aracil in der Soziolinguistik eingeführt wurde: die Normalització lingüística (cf. 1965, 12; cf. auch Vallverdú 1998, 12). Der Normalisierungsprozess vereinigt in sich eine sprachlich-kulturelle und eine soziopolitische Komponente, deren gemeinsames Ziel ein «normaler» Sprachgebrauch, d.h. die Nutzung der Sprache in allen Lebensbereichen und Funktionen des gesellschaftlichen Lebens, zu Hause, auf der Straße, in den Medien, im Unterrichtswesen, in den öffentlichen und politischen Institutionen, in allen zwischenmenschlichen Kommunikationen ist. Die Normalisierung beinhaltet, nach Auffassung katalanischer Soziolinguisten wie R. Ninyoles, (wenn auch nicht zwingend) einen Prozess der Sprachplanung.1 Die Beschäftigung mit Sprachpolitik erfordert den konkreten Anwendungsfall, da die Komplexität der Organisation im einzelnen von der politischen, sprachlichen und rechtlichen Situation, der Kooperation der Handlungsträger in der Sprachenplanung und den verfügbaren Mitteln der jeweiligen Region abhängt. Für das Katalanische teilen Boix/Vila die sprachpolitischen Ziele in drei Untergruppen, (a) mit Bezug auf das sprachliche Korpus, (b) auf den Status der Sprache in der Gesellschaft und (c) auf den Spracherwerb ein. Hier wird ebenfalls die Einteilung in Normierung und Normalisierung (cf. 3.1.3.) deutlich. In Analogie dazu lassen sich nach Boix/ Vila (1998) also folgende Zielsetzungen abgrenzen: «a) Normativierung, sprachliche Purifizierung, Ausarbeitung von Terminologie und Stil, sprachliche Reformen, b) Veröffentlichung und öffentliche Anerkennung einer Varietät, Förderung des Sprachgebrauchs im öffentlichen Leben, c) Sprachenplanung im Erziehungswesen.«

Die folgenden Abschnitte sollen die theoretische Basis für die Diskussion über Standardisierung, Normierung und Normalisierung des Katalanischen legen. Im Anschluss daran steht eine Zusammenfassung der bisherigen Aktivitäten im Normalisierungsprozess und eine Analyse ihrer Effektivität bezüglich einzelner für diese Arbeit relevanter Bereiche.

1

Cf. Vallverdú (1998, 15); der Autor dokumentiert dort jedoch auch gegenteilige Meinungen: «Des que l’expressió ‹normalització lingüística› es posà en circulació, s’han alçat veus contra ella considerant-la com una etiqueta innecessària, perquè el concepte sociolingüístic ja existia: era planificació lingüística o language planning. […] és oportú reconèixer que les puntualitzacions que alguns autors han fet a la teoria del language planning han acostat certament aquesta noció a allò que nosaltres anomenem ‹normalització lingüística›. Recordem, entre d’altres, Fishman, el qual afirma que language planning cobreix dues grans categories, language status planning i language corpus planning».

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3.1. Norm, Normierung, Normalisierung – Begriffsklärungen und Vorbemerkungen 3.1.1. Norm und Normkonflikt Nach Helgorsky ist Norm «un des termes les plus ambigus et les plus polysémiques des sciences du langage» (1982, 1). Der Normbegriff in der Linguistik hat in den Jahrzehnten seit seiner Existenz verschiedene Deutungen und Umdeutungen erfahren, die aufzuzählen über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen würde. Die erste Unterscheidung zwischen Norm und System findet sich bei Hjelmslev (1942). Eine der bekanntesten Defintionen der sprachlichen und sozialen Norm – als Ebene zwischen langue und parole – findet sich bei Coseriu: «[...] hay elementos que no son únicos u ocasionales, sino sociales, es decir, normales y repetidos en el hablar de una comunidad, y que, sin embargo, no pertenecen al sistema funcional de las formas lingüísticas, o sea que ya sobre la base del llamado ‹producto lingüístico› puede establecerse un sistema normal, distinto del sistema funcional que se establece en el plano superior de abstracción, el de las ‹formas lingüísticas›» (1962, 55s.).

Coserius Unterscheidung wird von zahlreichen Sprachwissenschaftlern unterstützt und aufgegriffen,2 trifft allerdings teilweise auch auf Kritik, so auch von Bartsch: «[...] von dem System und der Norm zu sprechen, setzt ein einziges homogenes System und eine einzige homogene Norm einer Sprache voraus. Beides erscheint

2

Cf. u. a. Kabatek (2003, 11), von Polenz (1972, 76), François (1974, 152ss.) und Faßke (1980, 152). Die Autoren betonen u. a., dass mit dem Erwerb der Sprachkompetenz von den Sprachteilnehmern auch ein metasprachliches Bewusstsein erworben wird, das die Unterscheidung von normativen vs. nicht normativen sprachlichen Regeln gestattet; ferner werde ein Wissen über Akzeptabilität und Nicht-Akzeptabilität erworben, d.h. über den Konsens der Sprachgemeinschft, auf dem die Sprachnormen, wenn sie nicht explizit verbindlich geregelt sind, beruhen. Diese Sprachnormen bestimmen, was aus den potentiellen Möglichkeiten des sprachlichen Systems realisiert werden kann oder soll bzw. als abweichend und nicht akzeptabel zu gelten hat. Faßke (1980, 152) beschreibt Norm als Summe aller Realisierungen und gleichzeitig als Regeln für die Kombinationsmöglichkeiten des Sprachsystems in der schriftlichen oder mündlichen Kommunikation. Somit umfasst das Konzept von Faßke alle sprachlichen Elemente, die in einer Kommunikationssituation möglicherweise auftreten können, für die aber meist der Gebrauch eines bestimmten Phänomens erwartet wird, der wiederum außerdem von den Sprechern als angemessen akzeptiert werden soll. Der Normbegriff bei Faßke umfasst zudem die stilistischen Funktionen oder Konnotationen, unabhängig davon, ob entsprechende Variationen mit der präskritiptiven Norm übereinstimmen. Die Norm beinhaltet also alle möglichen realisierbaren Strukturen, was Faßke mit der Tatsache begründet, dass Sprachen nicht statisch sind und demzufolge es die Norm auch nicht sein kann (cf. hierzu auch Sinner 2004, 65s.).

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mir völlig irrealistisch. Ich gebrauche darum auch nicht den Begriff ‹die Norm einer Sprache›, sondern spreche von vielen ‹Normen einer Sprache›; und das, was häufig als Abweichung von einer Norm verstanden wird, werde ich in vielen Fällen als einen Konflikt zwischen verschiedenen Normen analysieren» (1985, 72s.).

Coseriu versteht den Begriff Norm als normal im allgemeinen Sprachgebrauch, als Ebene zwischen den Regeln des Systems und dessen individuellen Realisierungen.3 Demgegenüber steht ein anderer Normbegriff, der Norm eher im Sinne eines Orientierungspunktes als einzuhaltende Vorgabe für die Sprecher versteht. Settekorn stellt Norm demnach folgendermaßen dar: «Normen sind auf Handlungen bezogen, was sie von Naturgesetzen unterscheidet. Sie regulieren Abläufe von Interaktionen, da sie für die wechselseitigen Erwartungen der Interaktanten konstitutiv sind. In diesem Sinne sind Normen sozial. Normen sind nicht mit Merkmalen wie ‹individuell› oder ‹partikular› zu charakterisieren. Vielmehr wird für sie ein Anspruch auf eine mehr oder weniger große Allgemeingültigkeit und Verbindlichkeit erhoben. Mit diesem Anspruch hängt ein weiteres Merkmal zusammen: Normen haben Gebotscharakter. Wer gegen sie verstößt, muß mit Sanktionen rechnen» (1988, 3).

Diese Auffassung von sprachlicher Norm (als eine unter vielen sozialen Normen) entspricht der Vorstellung von einem sozial verbindlichen Konsens, einem Regelsystem, welches der Sicherung der Kommunikationsmöglichkeiten dienen soll und eine möglichst große Übereinstimmung zwischen dem System und der Realisierung von Sprache durch den einzelnen Sprecher erreichen will (cf. Oksaar 1968, 67; Muller 1985, 272). Bartsch (1985, 30) und Sinner (2004) betonen allerdings auch die Wichtigkeit der Norm als sprachliches Regelwerk zur Garantie der größtmöglichen Verständlichkeit in der Kommunikation. Bei Muller finden sich ähnliche Darstellungen, allerdings weist der Autor darauf hin, dass «les normes ne sont pas constantes, mais soumises au changement, même si elles paraissent identiques pendant plusieurs générations ou que l’individu les perçoive dans une sorte d’intemporalité» (1985, 264).

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Diese Auffassung von Norm im Sprachgebrauch, die im Folgenden wiederholt mit deskriptiver Norm bezeichnet wird, erhält auch häufig die Bezeichnung ‹Gebrauchsnorm›. Baylon (1996, 161s.) bezeichnet sie als Grundlage für die Kommunikation einer Sprachgemeinschaft. Die Gebrauchsnorm macht den Dialog erst möglich, denn sie geht über das Individuelle hinaus und spiegelt die kollektive Sprachrealität wider. Baylon führt weiter fort: «C’est la communauté qui précise les règles et leurs applications d’après l’usage effectif de la langue; la régularisation se fait d’elle même par les locuteurs. On s’applique à être linguistiquement conforme au comportement de la majorité, car de toute évidence, une langue ayant fait ses preuves dans le cadre des situations les plus variées est bonne, et ce qui est généralisé par l’usage ne peut être faux» (1996, 170).

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Verglichen mit der Definition Coserius, welcher die Norm als normale Realisierung des Systems im Sprachgebrauch, als Filter zwischen dem virtuell Möglichkeiten und dem aktuell Genutzten beschreibt, ist diese zweite Auffassung von Norm einer Vorstellung der Realisierung des Sprachsystems unter sozial vorgegebenen Regeln gleichzusetzen. Diese grundsätzliche Unterscheidung belegt die unterschiedliche Herangehensweise an das Phänomen der Norm – die deskriptive versus die präskriptive Norm. Deskriptive Norm und präskriptive Norm werden von manchen Linguisten als gegensätzliche Positionen scharf voneinander getrennt. Dies entspricht der Unterscheidung zwischen Norm und Variation, wenn man von der Perspektive ausgeht, dass «norma equivale a orden, variación a la ruptura de este orden» (Sinner 2004, 70; cf. auch Hernández García 1998, 33). Der Übergang zwischen deskriptiver und präskriptiver Norm ist m.E. allerdings schwer einzugrenzen, wie am Ansatz von Hartung (1977) zu ersehen ist, der eine vermittelnde Position einnimmt. Er beschreibt Norm als bewertete kommunikative Erfahrung, als Abstraktion im Bewusstsein der Sprecher/ Hörer und weist ihr zwei Teilbereiche, den grammatisch-semantischen (bezogen auf sprachliche «Korrektheit») und den pragmatisch-kommunikativen (bezogen auf den sozialen Kontext und Angemessenheit in der Kommunikationssituation) zu. Zwischen präskriptiver Norm und der Norm im Sinne Coserius herrscht keine völlig scharfe Trennlinie, der Umgang mit den sprachlichen Normen findet vielmehr in einem Spannungsfeld statt zwischen einer einschränkenden, regelgetreuen Norm und der stark sozialen – und auch situativen – Veränderungen ausgesetzen Kreation, Wiedergabe, bzw. Anpassung an sprachliche Realisierungen. Bei den sprachlichen Realisierungen durch die Sprecher wirken weitere Faktoren beeinflussend, die von Muller (cf. 1985, 263ss.) u. a. als situationelle, individuelle oder auch die sozial kollektive Norm bezeichnet werden.4 Dieses Spannungsfeld, in dem sich die Sprecher bezüglich der Akzeptanz bzw. Abweichung von der präskriptiven sprachlichen Norm, vor allem in ihrem mündlichen Sprachgebrauch befinden, ist ein zentrales Thema für die Analyse der jugendsprachlichen Kommunikation, auf das in dieser Arbeit verstärkt eingegangen werden soll (cf. 3.1.2.; 4.6.3.1.).

4

Angesichts der Komplexität des Normendiskurses wird in dieser Arbeit vor allem auf die Differenzierung zwischen präskriptiv und deskriptiv hingewiesen. Die Unterteilung kann aber noch ausdifferenziert werden (cf. Monteagudo 2004, 424; Muller 1985, 263ss.). Letzter unterscheidet «a) par rapport à la situation de discours, la norme relative ou situationnelle, dépendant de la situation et fonctionnant dans l’instant, et la norme absolue, totalement indépendante de la constellation variable des éléments de la situation, dont l’objectif premier et immédiat est d’assurer l’intercompréhension la plus parfaite possible; b) par rapport au nombre de locuteurs, la norme individuelle et la norme sociale collective, commune; c) par rapport à la validité, la norme prescriptive, idéale, et la norme statistique ou norme d’usage».

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In diesem Wechselspiel begründet sich Präskription häufig auch auf Grundlage eines – nachgewiesenen oder angeblichen – allgemein praktizierten Sprachgebrauchs. Deutlich wird dies am – psychologisch motivierten – Glauben der Sprecher selbst, sich für einen Sprachgebrauch entscheiden zu müssen, den sie als normativ erachten, weil «man es eben so sagt und nicht anders». Berrendonner (1982, 43s.) zeigt diesen aus psycholinguistischer Perspektive äußerst interessanten Prozess in einem vereinfachten Schema auf: «Le raisonnement se laisse reconstituer à peu près comme suit: 1. On (=tout le monde) dit x. 2. Je dois être comme tout le monde. 3. Etre comme tout le monde, c’est dire comme tout le monde. 4. (2+3) Donc, je dois dire comme tout le monde. 5. (1+4) Donc, je dois dire x.«

Wie wird mit diesem Spannungsfeld der Norm nun in den konkreten (romanischen) Einzelsprachen umgegangen? Diese äußert komplexe Frage soll in Ansätzen für das Spanische – und dazu im Vergleich für das Italienische – angerissen werden, bevor auf den Normkonflikt in Bezug auf Minderheitensprachen (und Sprachkontakt) am Beispiel des Katalanischen eingegangen wird. Für Spanien gilt nach wie vor das u. a. von der Real Academia Española explizit oder implizit verbreitete und normativ begründete Prinzip der «lengua española» (cf. Lebsanft 2000). Regionalen Varietäten wird wenig bis keine Anerkennung gewährt, für die Norm der Nationalsprache sind sie eher irrelevant. Regionale Varietäten wirken dem Prinzip der einheitsstiftenden «lengua española» entgegen und werden aus diesem Grund als der Einheit nicht förderliche Kraft abgelehnt (cf. Schmitt 2001). Dass diese Einstellung über den Kreis der klassischen Sprachhüter im Sinne der Real Academia Española hinausgeht, beweist u. a. die Beteiligung seitens der Kommunikationsmedien an der Normendiskussion, wie sie relativ eindeutig in Form der Publikation von Stilbüchern (cf. Libro de Estilo de El País http://estudiantes. elpais.es/libroestilo/indice_estilos.htm, letzter Zugriff am 29. Juni 2008 oder Guía para los medios de comunicación digitales http://www.librodeestilo.com, letzter Zugriff am 27. Februar 2008) stattfindet. Die italienische Linguistik geht, im Gegensatz zur spanischen (cf. Lebsanft 2000) in Bezug auf die Normendiskussion über die präskriptive Norm einer einzigen Standardvarietät hinaus und bezieht Varietäten (cf. 4.1.2.) stärker mit ein. Als Beispiel sei folgendes Zitat aus der Zeitschrift der Accademia della Crusca5 genannt, in dem zwar die Einheitswirkung der Standardvarietät betont wird, dennoch aber sprachliche Nivellierungen, gerade durch die Kommunikationsmedien wie das Fernsehen, unter Bezugnahme auf Varietä-

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Die Accademia della Crusca wurde 1582 in Florenz gegründet, mit dem Ziel der «ripulitura della lingua» (cf. http://www.accademiadellacrusca.it, letzter Zugriff am 27. Februar 2008).

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ten – also nicht der präskriptiven Norm entsprechende Formen – akzeptiert werden. Es geht neben dem Respekt vor einheitsstiftenden Normen vor allem um die Gewährleistung von Kommunikation und das Verständnis für die Verschiedenartigkeit von Kommunikationsformen. Zusammengenommen, so das Fazit des Zitats, sorge diese Art von Umgang mit Sprache für eine größere sprachliche Einheit als rein präskriptive Normen: «Ma quando osserviamo con preoccupazione che la televisione, anche al di fuori delle riprese in diretta, trasmette i più vari tipi di lingua, da quella che è espressione di cultura a quella delle formule pubblicitarie, senza farne verifiche, dobbiamo consolarci pensando che all’impetuoso intervento della televisione in tutte le case italiane si deve che gli italiani abbiano conosciuto l’Italia e che, negli ultimi quarant’anni, sia venuta quella socializzazione linguistica per cui l’italiano da lingua dei ceti colti è diventato lingua di quasi tutti gli italiani, prima in gran parte dialettofoni, e la nazionalità virtuale dei essa si è mutata in nazionalità effettiva. Ovviamente un processo quantitativo così grande si sconta nella qualità; ma chi oserebbe rinnegare l’acquisto sociale e politico ottenuto col fatto che la lingua italiana è oggi divenuta il nostro più forte fattore di unità culturale e politica?» (Accademia de la Crusca 1995, 6; cf. auch Schmitt 2001, 482).

Dem Spannungsfeld zwischen präskriptiver Norm und Gebrauchsnorm wird bei Minderheitensprachen ein weiterer Problemfaktor hinzugefügt: der Sprachkontakt mit einer meist dominanten, überregionalen Sprache bzw. Varietät. Die Schwierigkeit besteht hier vor allem darin, dass die Autonomie der Sprecher, besonders in der mündlichen Sprachrealisierung, stark vom Kontakt mit der anderen Sprache bzw. Varietät beeinflusst wird. Nicht «normative» Äußerungen werden somit nicht nur als nicht regelkonform mit den präskriptiven Vorschriften der eigenen Sprache eingestuft, sondern sind auch als «Interferenzen» (cf. 2.1.1.) mit der jeweils anderen Sprache negativ klassifiziert. Dass diese Haltung in Frage gestellt und neu überdacht werden muss, wenn Minderheitensprachen bzw. einzelne Varietäten aus dem Schatten der sie dominierenden Sprache bzw. Varietät heraustreten sollen, zeigen die vom Conseil de la langue française aufgestellten Richtlinien für das Französische in Québec: «[…] il importe donc que les décisions normatives portant sur les usages linguistiques propres au Québec soient prises par des Québécois et que l’on cesse, dans ces cas-là, de s’en remettre à des évaluations et à des jugements effectués à l’étranger. Par ailleurs, les Québécois partagent aussi un grand nombre d’usages panfrancophones – cela ne doit pas être remis en cause –, mais ils ont à donner leur opinion sur leurs usages propres» (CLF 1990, 31).

Für das Katalanische erweist sich die Situation als immer noch sehr delikat, und das auch nach zahlreichen Jahren des Normalisierungsprozesses, durch den schon viele, wenn auch nicht alle, Konfliktpunkte gelöst wurden (cf. 3.2.).6

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Ein weiterer Problemfaktor bezogen auf die präskriptive Norm im Katalanischen ist die Tatsache, dass diese nicht für alle Regionen gültig ist, so z. B. nicht für Mallorca (cf. Veny 1991; Radatz 1997a; Sinner 2001b).

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Viele Sprecher glauben, oft aus eigener sprachlicher Unsicherheit heraus, sich an die präskriptive, in Form der gängigsten Grammatiken und Wörterbücher verbreitete, Norm halten zu müssen, um das Katalanische vor dem Verfall und Verschwinden zu schützen. Solà kommentiert diese Haltung mit Unverständnis und meint, dass «la majoria d’aquests detalls no tenen cap mena d’influència en la salut pública de la llengua» (2004, 38). Der Autor geht sogar noch weiter und beschwört eine Art Teufelskreis herauf, indem er feststellt: «Aquest estat de la llengua ha produït un fenomen ben explicable: la majoria dels manuals pràctics de gramàtica (i els diccionaris) prefereixen mantenir-se en una posició ‹ortodoxa›. I davant els detalls controvertits o no aclarits pels codis oficials (gramàtica i diccionari) se situen implícitament o explícitament allà on creuen que es troba la norma o l’autoritat» (2004, 38).

In heutiger Zeit bestehen allerdings Bestrebungen, die von der Vorstellung einer rein präskriptiven Norm abweichen und Sprachbeschreibung wieder als Spiegel der sprachlichen Realität betrachten. In diesem Kontext sind das Grammatikprojekt (Gramàtica del català contemporani) und auch das Wörterbuchprojekt (Diccionari descriptiu de la llengua catalana) des Institut d’Estudis Catalans anzusiedeln (cf. Solà 2004; http://dcc.iecat.net/ddlc/index. asp, letzter Zugriff am 27. Februar 2008). Solà äußert sich unter Bezugnahme auf das deskriptive Grammatikprojekt der Gramàtica del català contemporani, zu diesem Unterschied wie folgt: «Una gramàtica descriptiva intenta fer una radiografia del funcionament d’una llengua en la realitat quotidiana, cosa que equival a trobar i formular les lleis profundes dels fets visibles. [...] Una gramàtica normativa (o preceptiva), sobretot aplicada a llengües com el gallec i el català, políticament perseguides durant segles i socialment barrejades amb la llengua del poder, es preocupa bàsicament o exclusivament d’aquells fets que contribueixen a distingir un escrit ‹correcte› d’un escrit ‹incorrecte›, i per tant que ajuden de manera immediata els usuaris de bona voluntat que volen integrar en la seva vida aquella llengua bandejada, perseguida, ignorada. Però resulta que aquests dos qualificatius, correcte i incorrecte, són tan difícils de definir que aviat observem la dispersió a què un manual normatiu es veu abocat» (2004, 32s.).

Bevor näher auf die Problematik der Korrektheit besonders in der gesprochenen Sprache eingegangen wird, möchte ich allerdings noch eine Beschreibung vorstellen, die sich auf die konfliktive Situation der Norm in den Minderheitensprachen auch sehr gut anwenden lässt. Es handelt sich hierbei um die Definition von Hoinkes (1997, 38s.; cf. auch Stehl 1990; 1994) zum exogenen und endogenen Standard. Unter exogenem Standard versteht der Autor die zumeist schriftsprachlich gestützte Norm der exemplarischen Form des Standards; endogener Standard ist für ihn die Realisierung der als Referenz dienenden Norm in einer gegebenen Sprachgemeinschaft: «Zwischen der Standard-Varietät und einer abgrenzbaren Nicht-Standard-Varietät derselben historischen Sprache […] kommt es in der Regel zu einer Kontaktsituation, die mit einem komplizierten Normenkonflikt einhergeht. Dieser Normenkon-

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flikt gestaltet sich deshalb so kompliziert, weil auf der einen Seite die Standard-Varietät in der Form des endogenen Standards ein hohes Maß an Offenheit, Toleranz und Variation aufweist und auf der anderen Seite die Nicht-Standard-Varietät in der doppelten Abhängigkeit von ihrer eigenen Norm und der Norm der StandardVarietät steht. Der hieraus ableitbare Normenkonflikt ist von Fall zu Fall verschieden und wird durch Abgrenzungsmechanismen ebenso wie durch Interferenztechniken und Assimilationserscheinungen bestimmt» (Hoinkes 1997, 43).

Stehen sich nun, wie im Fall des Katalanischen und Spanischen, zwei Standardsprachen gegenüber, treffen somit zwei exogene Standards, zwei endogene Standards und mehrere varietätenbezogene Standards aufeinander – die Beziehung wird also noch komplexer. Auf der normativen Ebene ergeben sich daraus teilweise schwer einzuordnende Normenkonflikte, die «zu einer brisanten Dynamik der Sprachkontaktsituation beitragen» (Hoinkes 1997, 45). Zusätzlich ist an dieser Stelle noch anzumerken, dass der spanisch-katalanische Sprachkontakt lange Zeit ja durch ein disharmonisches (diglossisches) Verhältnis von exogenem und endogenem Standard der jeweiligen Sprachen bestimmt war. Das Spanische hatte eine größere Funktionalität, mehr Prestige und damit allgemein eine übergewichtete Bedeutung, die sich darin äußerten, dass sein exogener Standard als verbindlich für die öffentliche Kommunikation in vielen Belangen galt. Für das Katalanische war hingegen der private Raum der meist mündlichen Kommunikation reserviert, ein Raum der Realisierung des endogenen Standards mit varietätenlinguistischen Besonderheiten und Ausprägungen. Somit wurde das Spannungsverhältnis zum eigenen exogenen Standard im Katalanischen verstärkt, was sich immer noch in hohem Maße im Normalisierungsprozess und in der Annahme des exogenen Standards des Katalanischen durch die Sprecher widerspiegelt. Die Sprecher des Katalanischen – und somit auch die bei dieser Arbeit im Mittelpunkt stehenden Jugendlichen – befinden sich also, zusätzlich zu dem bereits erwähnten Konflikt zwischen Norm und Autonomie bezogen auf eine Sprache (hier das Katalanische), in einem weiteren Spannungsfeld. Ihre sprachlichen Realisierungen werden zusätzlich vom Sprachkontakt SpanischKatalanisch beeinflusst. Dies wirkt sich vor allem im Umgang mit und der Einschätzung von Kontaktphänomenen wie Interferenzen, Code-Switching, Entlehnungen etc. (cf. 2.1.) aus und wird durch die Tatsache erschwert, dass gerade die – besonders in der Jugendsprache – wichtige Ebene der mündlichen Sprachrealisierung normativer Modelle (deskriptiver wie präskriptiver) Art ermangelt.

3.1.2. Das Problem der Norm in der gesprochenen Sprache Der Begriff der Norm in der gesprochenen Sprache, um den es hier gehen soll, darf nicht mit dem Begriff der mündlichen Norm (norma oral), wie man sie im katalanischen (und auch galizischen) Normendiskurs im Hinblick auf die sprachliche Normalisierung findet, verwechselt werden. Für das Katala67

nische spricht beispielsweise Payrató (1990, 60) von einem oralen Standard, der sich erst in einem Prozess der Fixierung befindet. Regueira (2004) stellt auf ähnliche Weise die Situation für das Galizische dar. Beiden Autoren ist gemein, dass sie sich hierbei vor allem auf phonetisch-phonologische Aspekte beziehen, bei denen, aufgrund der langen Diglossiesituation des Katalanischen bzw. Galizischen, noch keine «normative» Auswahl aus den verschiedenen Realisierungen der diatopischen Varietäten, beispielsweise für einen oralen Medienstandard, getroffen wurde. Für das Katalanische ist aber hinzuzufügen, dass die öffentlichen Medien, die über die lokale Ebene hinausgehen, sich mehrheitlich für die Ausspracherealisierung des català occidental entschieden haben (cf. Bassols 1997). Sicherlich existieren gemeinsame Ansatzpunkte, umfassen beide Konzepte doch vor allem die phonetisch-phonologische Ebene. Das Konzept der Norm in der gesprochenen Sprache möchte ich aber im Folgenden weiter fassen und auf alle Ebenen der Sprache anwenden. Es geht hier vor allem um die mündliche Realisierung von Sprache, mit ihren phonetisch-phonologischen, morphosyntaktischen, lexikalischen und diskurspragmatischen Eigenschaften in der mündlichen Kommunikation, wie sie auch von Koch/ Oesterreicher (1990), erweitert auf die konzeptionelle Mündlichkeit, als Nähesprache bezeichnet wird. Für diese gilt, dass sie aus verschiedenen Gründen nicht mit dem gleichen Maßstab, d.h. an der gleichen Norm gemessen werden kann, wie die Schriftsprache, oder, um den Begriff weiter zu fassen und bei der Terminologie von Koch/Oesterreicher zu bleiben, der Distanzsprache. Als einen dieser Gründe nennt Regueira (cf. 2004, 82) beispielsweise einen geringeren Fixierungsgrad in der gesprochenen Sprache und einen toleranteren Umgang mit Abweichungen seitens der Sprecher. Bei Barruti (cf. 1990, 130) wird weiterhin der Aspekt der Spontaneität sowie der Dialogizität angeführt, darüber hinaus werden der gesprochenen Sprache einfachere syntaktische Strukturen und die Verwendung einer entsprechenden Deixis zur Textstrukturierung und Herstellung interner Bezüge zugeschrieben. Zu diesen kommen Aspekte wie Gesprächsabbrüche, Unterbrechungen, Wiederholungen und Reparaturen des Geäußerten hinzu. Trotz dieser wesentlichen Unterschiede, die von Koch/Oesterreicher (1990) noch weiter ausdifferenziert worden sind, werden der Nähesprache zuzurechnende Äußerungen häufig immer noch nach Kriterien der schriftlichen Norm gemessen und in deren Sinne als «richtig» oder «falsch» klassifiziert.7 Dies ist auch häufig der Fall im Katalanischen, für das ausreichende

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Einen umgekehrten Fall für das Deutsche, in dem die schriftliche Norm in der jüngeren Vergangenheit eher eine starke Beeinflussung durch die gesprochene Sprache erfahren hat, nennt Eichinger (2005, 142s.): «Es ist aber offenkundig, dass mit den medialen Umbrüchen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die tradierte schriftsprachliche Norm weniger und weniger als die alleinige Basis

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Beschreibungen der mündlichen Besonderheiten kaum existieren (cf. Sinner 2004, 605ss.; Vila Pujol 1996, 275). Als erste Entwicklung hin zu sprachlichen Modellen für gesprochenes Katalanisch sei an dieser Stelle das Korpusprojekt der Universitat de Barcelona (Corpus oral de conversa col· loquial; cf. Payrató/Alturo 2002) genannt. Auch die Projekte des Institut d’Estudis Catalans der deskriptiven Grammatik bzw. des deskriptiven Wörterbuchs des Katalanischen (cf. Solà 2004) weisen in diese Richtung. Nichtsdestotrotz gibt es im gesprochenen Katalanisch Sprachgebrauchsnormen, welche fester Bestandteil der sprachlichen Realität Kataloniens sind, von den Sprechern aber gleichzeitig als nicht konform mit der präskriptiven Norm angesehen und somit negativ als «falsch» beurteilt werden. Sinner/ Wieland (2008) weisen in diesem Kontext darauf hin, dass «la percepción de muchos hablantes es que lo que se encuentra en los diccionarios es ‹la norma›, sacralizando, de esta forma, los diccionarios, y lo que no se halla en ellos no debe utilizarse. Sin embargo, la orientación en la norma prescriptiva que no coincide en absoluto con la norma de uso local puede causar una relación anormal con la propia lengua. Así, por ejemplo, la comparación de la propia variedad (que normalmente coincide con la variedad local) con la ‹norma central› y el tratamiento de las características de la propia variedad como incorrectos – por ejemplo en la escuela – puede provocar complejos de inferioridad en los hablantes (cf. los juicios de los alumnos de una escuela bilingüe en California descritos por Kjolseth 1973, 12)».8

Viele der Schwierigkeiten hängen mit dem Gebrauch von Umgangssprache, mit einem relativ umgangssprachlichen oder sogar vulgärsprachlichen Vokabular, mit einem weniger formellen Sprachgebrauch – also insgesamt sehr stark mit der Nähesprache – zusammen. Für die jugendliche Sprechweise gilt dies in besonderem Maße, da jugendtypische Realisierungen vor allem im

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sozial angemessenen sprachlichen Verhaltens angesehen, sondern dass umgekehrt Schriftlichkeit nunmehr auch auf verschiedene mündliche Praxen rückbezogen wird – gerade das Fernsehen kennt eine Menge von so gelagerten Formen. Dadurch verliert die schriftliche Standardnorm ihre strikte Dominanz». Diese Aussage ist m.E. allerdings mit leichten Einschränkungen zu betrachten, da Abweichungen vom Standard sehr wohl von den Sprechern wahrgenommen werden und – wenn sie auch nicht mehr in dem Maße wie früher als stigmatisierend gelten – doch zumindest «belächelt» werden. Cf. hierzu besonders Sinner (2004, 605ss.); der Autor (2005) stellt darüber hinaus einige Problemfälle dar, die im gesprochenen Katalanisch durchaus üblich sind, aber von der schriftlichen Norm abweichen. Es handelt sich dabei um Fälle, bei denen weder Sprecher noch Linguisten sicher über eine Normkonformität mit den präskriptiven Normen des Katalanischen urteilen können, die jedoch in ihrer Gesamtheit meist alle als nicht korrekt abgetan werden. Hierzu gehören z. B. der Gebrauch von tenir que statt haver de, die Bildung von Verben mit dem Suffix {-ejar}, die Verwendung der Verbalperiphrase anar a + infinitiu für das Futur, Konstruktionen mit dem Pronomen lo, der Gebrauch von per bzw. per a vor dem Infinitiv sowie die verschiedenen Möglichkeiten, die Uhrzeit anzugeben.

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Kontext der Nähesprache und damit bevorzugt in der mündlichen Kommunikation anzutreffen sind. Folglich sind im katalanischen Kontext in jugendsprachlichen Äußerungen häufig Elemente anzutreffen, die nicht dem streng normativen Katalanisch entsprechen und vielfach als castellanismes angesehen werden. Hierzu einige Beispiele aus dem Korpus dieser Arbeit:9 JOVE3 A: també ha signat lo del fòrum\ buenoJOVE4 B: buenu no/ difícil no és \ lo que passa és que són carissims\ JOVE44 és que hem quedat\ (. 0.13) a les deu i mitja JOVE40 i tinc que deixar:bueno d’aquí poc deixaré la feina i tot\

Die katalanischen Jugendlichen sind daher dem Problem ausgesetzt, dass ihre Sprechweise oft an Normen gemessen wird, die sich am idealisierten Modell messen, das oft schon mit der allgemeinen, nicht spezifisch jugendlich markierten Nähesprache kollidiert. Dieser Konflikt wird noch verstärkt, wenn man die Besonderheiten von Jugendsprache – z. B. das Bestreben, kreativ mit Sprache umzugehen bzw. mit Sprache zu provozieren –, die generell ein Abweichen von der Norm und ein Streben nach größerer sprachlicher Autonomie beinhalten, einbezieht. Folgende Graphik stellt das Spannungsfeld zwischen der – für ihre Belange unvollständig formulierten – Norm und den Bestrebungen nach sprachlicher Autonomie, in dem sich die Jugendlichen befinden, dar. sprachliche Autonomie

Jugendliche

sprachliche Norm Graphik 3–2: Spannungsfeld Norm – Autonomie (eigene Graphik)

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In aus dem Korpus zitierten Textpassagen werden im Folgenden die für die Erwähnung im Text und die Analyse relevanten Sequenzen durch Unterstreichung hervorgehoben.

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Für das folgende Kapitel, in dem das Phänomen der Jugendsprache beschrieben und auf die Situation und bisherige Forschungen in Katalonien bezogen wird, dient das hier dargestellte Spannungsfeld, ebenso wie für die Korpusanalyse (cf. 5.2.), als Hintergrund. Es wird an entsprechender Stelle (cf. 5.3., 7.) noch näher beschrieben und ausgeweitet. Zunächst möchte ich allerdings zum Normierungs- und Normalisierungsprozess der katalanischen Sprache kommen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass dazu der Begriff der Norm zunächst in Bezug auf die Normierung der Schriftsprache verwendet wird und zwar nicht im Sinne Coserius (Norm → normal), sondern im Sinne einer präskriptiven Sprachkodifizierung (Norm → normativ) zu verstehen ist. 3.1.3. Normierung und Normalisierung Als Normierung oder Normativierung (in deutschsprachigen Werken häufiger Kodifikation bzw. Kodifizierung) werden innerhalb des Gesamtbereichs der Sprachplanung alle Maßnahmen bezeichnet, die der «Fixierung einer Sprachform als verbindlich oder empfohlen» (Kremnitz 1981, 80) dienen. Normierung oder Kodifizierung von Sprache im präskriptiven Sinne ist demnach als Selektion von sprachlichen Mitteln durch Kriterien, die einen Begriff von Sprachrichtigkeit festlegen, zu verstehen. Dies bedeutet eine Gegenüberstellung von Normen mit dem System ohne Berücksichtigung des zwischen beiden Ebenen herrschenden Wechselverhältnisses. Praktiziert wird die Normierung von «Sprachhütern», zu denen Fishman (cf. 1971, 39) Schriftsteller, Grammatiker, Linguisten, Lehrer oder sonstige Personen zählt, die beruflich mit Sprache zu tun haben. Gefördert und verbreitet wird sie von staatlicher Seite durch das Unterrichtswesen und die Massenmedien, was dazu führt, dass mit der normierten Sprache von den Sprechern auch die Werte und Ziele dieser Institutionen (positiv oder negativ) assoziiert werden (cf. Haugen 1966, 28). Kremnitz definiert drei Gruppen von Kodifikation, nämlich den Unitarismus mit dem Ziel der Gültigkeit der Kodifikation für den Gesamtbereich einer historischen Sprache, den Dialektalismus als Kodifikation auf der Grundlage eines einzigen Dialekts sowie den Lokalismus als Kodifikation, die nur einzelne Orte umfassen soll (cf. 1981, 80). Als erster Schritt der Kodifikation erfolgt die Auswahl einer sprachlichen Norm als grundlegendes Modell, das in einem zweiten Schritt ausgearbeitet und als kohärentes Ganzes auf alle Bereiche der Sprache übertragen wird. Dies äußert sich (wie in Katalonien durch Pompeu Fabra geschehen) in der Ausarbeitung einer verbindlichen Orthographie, eines grammatischen Regelwerks und eines Lexikons als Ergebnis des Normierungsprozesses. Damit dieses Modell als solches von den Sprechern anerkannt wird, sind in Anlehnung an Haugen drei wesentliche Prinzipien zu befolgen: «1. Beachtung verschiedener dialektaler Formen (vergleichendes Prinzip), 2. Beachtung einer älteren Sprachform (archaisierendes Prinzip),

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3. Verwendung derjenigen Formen, welche die weiteste Verwendung haben (statistisches Prinzip)» (cf. Rogge/Beinke 1991, 194; Haugen 1968b).

Der Begriff der Standardsprache ist weiter gefasst als der der normierten oder kodifizierten Sprache. Beleuchtet letzte vor allem die sprachstrukturelle Seite, so erfasst die Standardsprache auch die gesellschaftliche Funktion, die soziale Akzeptanz der Sprache, ist demnach also auf ein positives Sprachbewusstsein der Sprecher angewiesen. 1960 prägen einige katalanische Soziolinguisten (cf. Aracil, Ninyoles, Badia) einen neuen Begriff zur Bezeichnung des Standardisierungsvorgangs: Normalització lingüística.10 Der Versuch, die drei Begriffe Normierung (bzw. Kodifikation/Kodifizierung), Standardisierung und Normalisierung zueinander in Verbindung zu setzen, lässt darauf schließen, dass Normierung (linguistische Komponente) und Normalisierung (soziolinguistische Komponente als Verbreitung der normierten Sprachform) als die beiden Grundkomponenten der Standardisierung gesehen werden können. Wirken Normierung und Normalisierung auch zu großen Teilen nebeneinander, so steht jedoch der normierende Vorgang (cf. Phasen des Standardisierungsprozesses nach Haugen 1983) vor allem in seinem kodifizierenden Aspekt der schriftlichen Niederlegung einer Varietät (des Standards) in Regeln, Grammatiken, Wörterbüchern zunächst im Vordergrund. Erst dann kann die Normalisierung einsetzen, welche im DSL wie folgt definiert wird: «Procés de reorganització social consistent en l’extensió – a través de mitjans educatius, polítics, culturals, etc. – de l’ús de la llengua minoritzada en quatre aspectes. 1 2 3 4

augment de la quantitat de parlants, augment de la freqüència d’ús, ocupació de tots els àmbits d’ús, facilitació de normes d’ús lingüístic més favorables a la presència hegemònica de la llengua dominada (…)» (Ruiz et al. 2001, 67).

Kremnitz gibt zu bedenken, dass die katalanischen Soziolinguisten unter Normalisierung «zwei komplementäre Vorgänge, nämlich die Normativierung oder Normierung […] der Sprache und die Erweiterung ihres Anwendungsbereiches […]» verstehen (1979, 23). Dies belegt eine leichte Verschiebung der Begriffserklärung unter Aussparung des Begriffs der Standardisierung, der jedoch dennoch zur besseren Abgrenzungsmöglichkeit hier dargestellt werden soll. Dies geschieht auch im Hinblick auf den Zusammenhang von

10

Der Begriff linguistic normalisation wird von Stewart (1968) als Kodifizierung und Akzeptanz eines formalen Systems von Normen des korrekten Sprachgebrauchs durch eine Sprechergemeinschaft bezeichnet. Die Verwendung des Begriffs der sprachlichen Normalisierung, wie er in der katalanischen Soziolinguistik zu finden ist, geht über die Beschreibung Stewarts hinaus und bezieht zur Förderung der Akzeptanz zahlreiche sprachplanerische und sprachpolitische Maßnahmen ein, wie im Folgenden zu sehen sein wird.

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Standardisierung und Standardvarietät und entsprechende Substandards, von welchen an späterer Stelle, im engeren Zusammenhang mit der Jugendsprache noch die Rede sein wird.

3.2. Der sprachliche Normalisierungsprozess in Katalonien 3.2.1. Die Entwicklung bis 1975 Der Beginn der Renaixença, der Wiedergeburt der katalanischen Sprache im 19. Jahrhundert, wird häufig mit der Wiederaufnahme der Jocs Florals, einem Dichterwettstreit in Barcelona im Jahre 1859, gleichgesetzt. Sie gelten vielfach als «la institució que va tenir el paper més decisiu en la recuperació plena de la llengua catalana per a un ús literari normal» (Segarra 1985, 149). Nach dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzenden Normierungsprozess durch Pompeu Fabra beschäftigt man sich alsbald mit der Normalisierung der katalanischen Sprache. Bereits die Einrichtung der Mancomunitat (1914) bringt der katalanischen Sprache de facto den Status einer offiziellen Sprache, jedoch garantiert im Grunde erst die Republik (seit 1931) die Bedingungen der Möglichkeit zur Schaffung einer katalanischen Standardsprache (cf. Vallverdú 1979b, 85). Laut Autonomiestatut von 1932 existiert das Katalanische in Katalonien in Kooffizialität neben dem Spanischen, bis 1939 verstärkt sich jedoch der Gebrauch des Katalanischen vehement, vor allem im Bildungssystem, in der Presse, in der Literatur und im öffentlichen Leben. Vallverdú kommentiert die Situation vor 193911 entsprechend: «En resum, sense que pogués considerar-se superat el conflicte lingüístic en totes les seves ramificacions, sembla evident que la situació a què havia arribat Catalunya durant aquest període [1932–1939] propiciava la plena normalització lingüística. Hi ha, certament, un bilingüisme de massa [...] però [...] un bilingüisme merament funcional, en què el català esdevé gradualment la primera llengua i el castellà una llengua de relació» (1979b, 91).

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Cf. hierzu auch Badia i Margarit (1972, 285 ss.). Der Autor teilt die Normalisierung des Katalanischen im 20. Jahrhundert in drei Phasen ein: a) eine Progressionsphase (bis 1939): Definition und Fixierung einer Schriftsprachennorm, fast vollständige gesellschaftliche Reemanzipation des Katalanischen, b) eine Regressions-/ Repressionsphase (1939 bis Mitte der 70er Jahre): gesellschaftliches Verbot des Katalanischen, starke Redialektalisierung der mündlichen Sprache, ab den 60er Jahren allerdings starke Reaktionsbewegung von katalanischer Seite, c) Phase der zweiten Renaissance (1970 bis heute). Letzte ist zum einen gekennzeichnet durch die Suche nach einer Lösung für das weitgehende Fehlen einer Gemein- bzw. Standardsprache zwischen Literatursprache und Umgangssprache (cf. auch López de Castillo 1976, 30) und zum anderen durch das Bemühen um den Funktionsausbau der Sprache (cf. auch Rogge/Beinke 1991, 203).

73

Die Normalisierung der Situation des Katalanischen wird durch Franco erneut unterbrochen und stark gefährdet, der Gebrauch des Katalanischen unter Strafe gestellt; politische und kulturelle Institutionen werden verboten, zahlreiche Intellektuelle gehen ins Exil. Erst seit Beginn der 60er Jahre kann man von einer gewissen Tolerierung des Katalanischen sprechen, die mit einem langsamen Wiederaufbau von Presse und Verlagswesen sowie dem Entstehen der nova cançó einhergeht (cf. Kremnitz 1979, 13ss.; Vallverdú 1998, 17). Die Diktatur betrieb mit ihren strikten und zum großen Teil erfolgreichen Bemühungen zur Durchsetzung des Spanischen als einzige Sprache eine «imperialistische Sprachpolitik» (cf. Vallverdú 1968, 37). Jahrzehntelang fehlte die natürliche Weiterentwicklung der katalanischen Sprache, d.h. eine Anpassung der Sprachnorm an die zunächst mündlich und später eventuell auch schriftlich auftretenden Entwicklungen; zum anderen erfolgte über mindestens eine Generation keine formale Sprachbildung in den Schulen, was dazu führte, dass viele Katalanen nahezu als «Analphabeten» in ihrer eigenen Sprache bezeichnet werden konnten. 3.2.2. Die soziolinguistische Situation nach Franco Ausgehend von den Daten der Volkszählung von 1981 stellen sich die (passiven, mündlichen) Katalanischkenntnisse der Gesamtbevölkerung Kataloniens auf den ersten Blick recht positiv dar: Cens 1981 – Coneixements passius orals del català a Catalunya 1% 19% entenen el català no entenen el català no hi consta

80%

Graphik 3–3: Katalanischkenntnisse 198112

Betrachtet man allerdings den Industriegürtel um Barcelona, so ist das Ergebnis der Volkszählung von 1975, dass mehr als die Hälfte der Einwohner

12

Eigene Graphik nach Daten des Institut d’Estadística de Catalunya unter http:// www.idescat.es (letzter Zugriff am 27. Februar 2008); Absolute Zahlen: Gesamt: 5.782.455 Personen, davon verstehen 4.616.330 Katalanisch und 1.085.367 nicht; 80.758 machten keine Angabe.

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in acht Gemeinden der àrea metropolitana mit mehr als 5.000 Einwohnern, vor allem diejenigen mit Migrationshintergrund, kein oder kaum Katalanisch versteht; in drei Gemeinden können weniger als 25% Katalanisch sprechen (cf. Jou 1998b, 186). Es handelt sich hierbei um das Gebiet, das in den 60er und 70er Jahren am stärksten von der Zuwanderung aus Andalusien und anderen spanischen Provinzen betroffen war und in dem daher der soziale Rückhalt für den Gebrauch der katalanischen Sprache fehlt, da in Katalonien bei vielen Immigranten keine sprachliche Assimilierung stattgefunden hat. Grund dafür war einerseits ein fehlender Zwang zur Integration über die Sprache aufgrund der Beherrschung des Spanischen, andererseits aber auch der Mangel an Möglichkeiten, das Katalanische zu lernen. Die in Normalfällen spätestens bei der zweiten Einwanderergeneration einsetzende Bilingualisierung, gefördert durch die Verwendung der Landessprache in Medien, Schule, Arbeit und Freizeit, war in Katalonien nicht zu registrieren (cf. Solé i Camardons 1998, 42ss.). Aber auch in anderen geographischen Gebieten Kataloniens mit hauptsächlich katalanischsprachigem Bevölkerungsanteil fehlt das Katalanische in den Anfängen der Transición fast gänzlich im öffentlichen Leben. Marí führt dies auf einen äußerst reduzierten Gebrauch in der offiziellen und behördlichen Kommunikation, auf fehlende Präsenz im Bildungswesen (erst ab 1978 Katalanischunterricht), in der Arbeitswelt und im Handel sowie auf das fast vollständige Fehlen von katalanischsprachigen Kommunikationsmedien zurück. López de Castillo sieht das Hauptproblem ebenfalls in der Ersetzung des Katalanischen durch das Spanische im öffentlichen Gebrauch, also in dem Bereich, wo sich normalerweise die soziale Standardnorm generiert und verbreitet (cf. 1976, 30ss.). Hinzu kommt der steigende Gebrauch des Spanischen in informellen, umgangssprachlichen Kommunikationssituationen (cf. Solé i Camardons 1989, 41). Mitte der 70er Jahre gibt es keine sozialen Funktionen, die nicht durch die spanische Sprache abgedeckt werden können; bei den Sprechern existiert zwar vielleicht das Bewusstsein für einen möglichen Nutzen und Notwendigkeit der katalanischen Sprache über den familiären Anwendungsbereich hinaus, Anwendung findet sie aber aufgrund der vorhergegangen Unterdrückung und immer noch vorhandenen Ablehnung kaum. Es liegt also eine Diglossie-Situation im Sinne von Ferguson13 vor.

13

Cf. hierzu auch Hudson: «Diglossia is a relatively stable language situation in which, in addition to the primary dialects of the language (which may include a standard or regional standards), there is a very divergent, highly codified (often grammatically more complex) superposed variety, the vehicle of a large and respected body of written literature, either of an earlier period or in another speech community, which is learned largely by formal education and is used for most written and formal spoken purposes but is not used by any sector of the community for ordinary conversation» (1980, 54). Ferguson selbst beschreibt zunächst die

75

Die soziolinguistische Situation in Katalonien nach Ende der Diktatur unter Franco 1975 lässt sich somit folgendermaßen darstellen: Kommunikationsbereiche

Ausrichtung

Sprache B: Katalanisch

(–) offiziell/formell

Mündlichkeit

Sprache A: Spanisch

(+) offiziell/formell

Schriftlichkeit

Tabelle 3–1: Soziolinguistische Situation in Katalonien 1975 (cf. Rogge/Beinke 1991, 195)

López de Castillo teilt die postfrankistische Gesellschaft in Katalonien unter dem sprachlichen Gesichtspunkt der Nutzung der katalanischen Standardvarietät in vier Gruppen auf: «a) Una petita élite que ha arribat a conèixer la llengua normativa fins a un grau diguem-ne de força acceptabilitat. Repartits per tots els països catalans, bé que concentrats en gran proporció a l’àrea barcelonina, estaria formada fonamentalment per professors de llengua, universitaris i altres estudiosos de la llengua que han seguit diversos cursos [...], b) L’esglaó següent el formaria una base constituida per la gent que ha estudiat poc o molt la llengua, de grans, en cursos i cursets organitzats per diverses entitats culturals [...], c) El tercer esglaó el formaria un públic més difús encara i heterogeni i de més mal concretar [...], d) A part aquesta piràmide, bé que immediatament a sota, hi trobem un nombre imprecís – però que tot indica que pot superar els anteriors – constituït per infants

Diglossie als eine extreme soziale Stratifizierung, bei der entweder die populäre Variante einer Sprache oder eine regionale bzw. eine Kreolsprache (Sprache B) einer Hochsprache (Sprache A) stark untergeordnet ist. Sprache A und Sprache B belegen unterschiedliche Funktionen, unterscheiden sich in Prestige, Erwerb, literarischem Hintergrund, Grammatik, Lexik etc. Mit den ersten Arbeiten von Badia i Margarit für das Katalanische wird der Diglossiebegriff eingeführt, und neben dem individuell geprägten Bilinguismusbegriff erstmalig auf die funktionelle Differenzierung zweier Sprachen in der katalanischen Gesellschaft verwiesen. Im Gegensatz zu Ferguson, der einer Diglossiesituation die Eigenschaft der Stabilität zuordnet, taucht nun die Vorstellung von Dynamik auf, d.h. die Veränderung der Bedingungen und Funktionen beider beteiligter Sprachen. Kremnitz sieht hierfür zwei Entwicklungsmöglichkeiten, zum einen die Substitution der B-Sprache durch die A-Sprache oder zum anderen die Normalisierung der B-Sprache mit gleichzeitiger Verdrängung der A-Sprache (cf. Kremnitz, 1979, 20). Fishman folgt Gumperz und dehnt den Begriff auf jede Gesellschaft aus, in der zwei oder mehr Varietäten oder Sprachen unter verschiedenen Voraussetzungen gebraucht werden (cf. Fishman 1971, 74).

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i nois en edat escolar que reben ensenyament de català a l’escola i a l’institut, dins dels quals hi ha una (encara) minoria que rep l’ensenyament, o part, en català [...]» (1976, 31s.).

Die Sprachpolitik der neuen Generalitat de Catalunya ab 1980 beginnt also, zusammengefasst, unter folgenden Voraussetzungen: «Una situació en què una part de la població només coneix el castellà i una altra part, que parla de manera habitual en català, escriu bé el castellà però no sap ferho en catalá» (Jou 1998b, 186s.).

Aracil (1983; cf. auch Querol 2005) stellt drei mögliche Entwicklungen und Haltungen seitens der Sprecher dar, die sich aus dieser Situation des Katalanischen als Minderheitensprache hätten ergeben können und von denen nur die letzte das Überleben der Sprache sichert: die Ablehnung der Sprache als nutzlos auf dem marché linguistique (cf. 3.3.3.), der Rückzug bzw. die Isolation in lokal sehr begrenzten Kommunikationsgemeinschaften oder schließlich die organisierte soziale Wiederbelebung der Sprache.

3.2.3. Grundüberlegungen zur Normalisierung der katalanischen Sprache ab 1975 Problematisch zeigt sich die Tatsache, dass in den Jahren nach der Diktatur die meisten Katalanen auf eine primäre Sozialisierung in spanischer Sprache zurückblicken können, somit grundlegende sprachliche Funktionen und Handlungen in der dominanten Sprache automatisiert sind und nur schwer auf die bis dato marginalisierte Sprache umgestellt werden können. Erschwerend kommt, nach Meinung von López de Castillo, noch die mangelnde Kenntnis bzw. das mangelnde Sprachbewusstsein für das normative Katalanisch hinzu:14 «Per al parlant, de fet, no hi ha llacunes, almenys mentre no té consciència de la dicotomia existent llengua normativa – llengua parlada: tot concepte troba una expressió verbal entre els parlants catalans. El significat ‹bústia› podrà ser expressat amb el significant /buson/: no hi ha doncs llacuna lingüística. El problema vindrà del no reconeixement d’aquesta forma lingüística per part de la comunitat parlant culta com a forma adequada a un nivell o norma stàndard de llenguatge. La solució d’aquest problema així posat no vindrà sinó del pes sociològic que adquireixi

14

Cf. hierzu auch Ruiz et al. (1996, 35); López de Castillo konstatiert bezüglich der Sprachkontaktphänomene allerdings nicht unbedingt ein simples Einsetzen spanischer Lexeme zur Auffüllung von Lücken in der katalanischen Lexik, sondern häufig semantische Entlehnungen. Als Beispiel führt er z. B. das Lexem raig mit seinen zwei spanischen Entsprechungen rayo und chorro an (cf. 1976, 37s.) an. Aufgrund der Ähnlichkeit von rayo und raig, tritt bei vielen Sprechern ein Phänomen von Hyperkorrektion auf, das sie in Analogie das Lexem xorro vom spanischen chorro entlehnen lässt.

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aquesta comunitat parlant culta com a orientadora de l’ús de la llengua en tota la comunitat parlant» (1976, 36).

Die Problematik wird in den zahlreichen Bemühungen deutlich, ein adäquates Katalanisch für die Massenkommunikation zu finden, die oft von Kontroversen über den «korrekten» Sprachgebrauch, ohne Berücksichtigung wesentlicher Unterschiede zwischen Literatur- und Mediensprache begleitet wurden.15 Es entsteht im Zuge der ersten Schritte der neuen katalanischen Sprachenpolitik nach Franco eine Polemik zwischen den Verfechtern einer archaisierenden, sich vom Spanischen entfernenden und eng am normierten Katalanisch orientierten Varietät (català heavy) und einer die neuesten Entwicklungen berücksichtigenden Varietät (català light). Die Diskussionen über das so genannte català heavy bzw. català light führt teilweise zu einer viel zu starken Konzentration auf die Normativität der Sprache und das Vermeiden von barbarismes, d.h. eine zu einfache Aufteilung in korrekt und inkorrekt, die einen wesentlichen Aspekt der Sprachentwicklung, den der Anpassung an soziale Konventionen, missachtet. Dass die Diskussionen um català heavy oder català light bis heute andauern, zeigt folgender polemisierender Beitrag des Linguisten Bibiloni:16 «Ja tenim el nou diari Avui. […] Llàstima que no hagin renovat també el(s) responsable(s) de la llengua i els criteris lingüístics. Això sembla que continuarà igual. És a dir que si un redactor decideix escriure ‹enguany›, ‹darrer›, ‹cercar› o ‹digué›, toparà amb l’implacable llapis vermell que li reemplaçarà aquests mots pels que usen els veïns de l’escala del corrector. I continuarà el ‹sisplau›, ‹l’esclar›, el ‹sigut›, el ‹recolzar el govern›, el ‹nòvio›, el ‹xòfer›, el ‹convence’l› [...] I és que els qui a començament dels 80 van fer la ‹revolució› del que es va anomenar català light continuen en els llocs en què astutament van saber instal·lar-se, i fent la seva feina de deturpació de la llengua. I els qui manen sembla que continuen sense entendre de què va la història».

Ende der 70er Jahre – zu Beginn des Normalisierungsprozesses und trotz der aufgezeigten Polemik – sprechen sich viele Autoren für eine Förderung des Sprachgebrauchs zur Stärkung der Kommunikationsfunktion der katalanischen Sprache aus. Sie äußern allerdings den Vorbehalt gegen mögliche sprachliche Veränderungen durch anfänglich noch mangelhaftes Katalanisch seitens spanischer oder auch katalanischer Muttersprachler.17

15 16

17

Cf. Solé i Camardons (1989, 105) und Sabater (1991). Über die Mailingliste migjorn ([email protected]) am 29. September 2005 verbreiteter Beitrag aus http://www.bibiloni.net/blog, letzter Zugriff am 27. Februar 2008. Cf. Marí (1985), Ruiz et al. (1996), Vallverdú (1979a; 1990); Aymà schreibt hierzu: «No cal ser lingüista per adonar-se que la ‹seva› llengua catalana [der Immigranten im Industriegürtel von Barcelona] és prou diferent del català que encara ara s’usa a les comarques allunyades de Barcelona o de la que parlàvem nostaltres de petits» (1992, 67). Er fährt fort: «Però les llengües canvien, sigui per evolució interna o

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Diese Überzeugung spiegelt sich letztendlich auch in den Medien wider, die wesentlichen Anteil an einer Öffnung vieler spanischsprachiger Haushalte zum Katalanischen hatten und haben: «Un cop el català va començar a tenir accés als mitjans de comunicació, es va plantejar la necessitat d’aconseguir la màxima eficàcia comunicativa dels missatges produïts des d’aquests mitjans. Aquest és l’objectiu fonamental de l’estàndard. D’ací que els arcaismes gratuïts, els dialectalismes remots o els neologismes exagerats no hi tinguin lloc» (Ruiz et al. 1996, 211; cf. auch Aymà 1992, 162; 164).

Neben der Diskussion über die sprachlich durchzusetzende Norm präsentiert sich die Frage nach dem Ziel, das es im sprachlichen Normalisierungsprozess zu verfolgen gilt. Hier sind die Meinungen verschiedener Autoren ebenfalls sehr gespalten. Branchadell unterscheidet im Hinblick auf die Sprachpolitik der katalanischen Regierung zwischen objectiu mínim/feble («que tots els ciutadans de Catalunya que ho desitgin puguin viure en català») und objectiu fort («que a Catalunya tots els ciutadans visquin de fet en català») der sprachlichen Normalisierung (1996, 9s.). Von den Verantwortlichen für den sprachlichen Normalisierungsprozess in Katalonien wird das objectiu fort nur in seltenen Fällen als oberstes Ziel genannt,18 meistens orientiert sich die Sprachenpolitik der Generalitat de Catalunya an kleinschrittigeren Zielen mit größeren Zugeständnissen an die spanische Sprechergemeinschaft in Katalonien. Branchadell selbst geht in seinen eigenen Forderungen sogar noch einen Schritt weiter und sieht als förderungswürdiges objectiu últim der sprachlichen Normalisierung «una situació en què el català fos la llengua comuna de la població», also einen «monolingüisme català» (1996, 10). Dieses Ziel wird von anderen Autoren nicht unbedingt unterstützt. Vallverdú beispielsweise spricht sich eher für das objectiu feble, für eine langsamere Rekatalanisierung der Gesellschaft aus, welche seiner Meinung nach automatisch zu einem sukzessiven Bedeutungsverlust des Spanischen führen wird:

18

per influència d’altres. Normalement, qualifiquem de ‹degradació› lingüística (o li donem algun adjectiu semblant) el canvi que s’hi opera quan ve de l’exterior. És normal, però, que les llengües es ‹degradin› o evolucionin a través dels temps. La veritat és que si es parla d’‹evolució› tothom ho troba perfecte; en canvi, emprem la paraula abans esmentada per significar que és quelcom que no ens agrada. En diem ‹degradació› perquè és un trauma que ens ‹ha tocat› a nosaltres, a les nostres generacions, de veure i viure» (1992, 172). Branchadell zitiert Aina Moll, Directora General de Política Lingüística von 1980–1988: «Normalitzar vol dir fer normal, oi? Quina seria la situació lingüística normal? En un territori on hi ha una llengua oficial qua a més és la pròpia del país, el normal és que tots els ciutadans sàpiguen aquesta llengua i l’emprin en qualsevol situació [...]. Hem de tendir a que [sic!] el català sigui veritablement la llengua pròpia d’aquí, que tota relació normal es faci en català» (Branchadell 1996, 24s.).

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«[...] com que ens proposem la normalització lingüística del català des de posicions responsables, cal acceptar un règim de cooficialitat per al castellà, amb formes no artificioses, el qual, a mesura que el nostre país es (re)catalanitzi, anirà perdent la seva necessitat de ser» (1979b, 164).

Im Endeffekt tritt zwar auch Vallverdú für eine vollständige sprachliche Normalisierung des Katalanischen ein, hält diese aber für utopisch, solange es zahlreiche Teile der Gesellschaft gibt, die der Sprache nicht mächtig sind. Ohne die Bedeutung des Spanischen (als «llengua de relació amb la resta de l’Estat espanyol, com a segona llengua dels catalans», 1979b, 172) in Frage stellen zu wollen, schlägt er das Verfolgen taktischer Ziele, vor allem die Förderung der mündlichen Sprachkompetenz in Zusammenarbeit mit Organisationen, Medien und Kulturzentren vor. Von größter Bedeutung sind hierbei nicht nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen,19 sondern vor allem der Einsatz der Gesellschaft als Protagonist der sprachlichen Normalisierung.20 Das Gesetz zur sprachlichen Normalisierung von 1998 verzeichnet insgesamt weit mehr Interventionsinstrumente als das von 1983, insbesondere durch seine Erweiterung der durch die Normalització lingüística angesprochenen Zielgruppen, nämlich nicht mehr nur Administration, Beamte, Erziehungswesen, sondern viele andere, wie z. B. soziale Träger, Geschäftsleute, Radio, Kino etc. Es soll dazu dienen, die 1983 von der Generalitat begonnene Sprachpolitik in Verwaltung, Bildungswesen und Kommunikationsmedien fortzuführen, in verschiedenen weiteren Anwendungsbereichen zu verbes-

19

20

Auf eine ausführliche Darstellung der Vorbereitung, Umsetzung und Konsequenzen der Llei 7/1983 de Normalització lingüística, ihrer Neufassung von 1998 (Llei 1/1998 de Normalització Lingüística) sowie des Pla General de Normalització Lingüística von 1995 wird an dieser Stelle verzichtet. Ausführliche Darstellungen finden sich u. a. bei Laitin (1989), Vallverdú (1990), Marí (1992), Boyer (1992), Martí i Castell (1992), Generalitat de Catalunya (1995), Branchadell (1996), Gergen (1997), Jou (1998) oder Gergen (2000). Der Wortlaut der einzelnen Gesetzestexte ist unter www.gencat.net/llengcat/legis/lleinl.htm (letzer Zugriff am 27. Februar 2008) zu finden. Cf. hierzu auch Mollà: «En aquest sentit, una primera conclusió seria que la políticia i la planificació lingüístiques de caràcter institucional, tot i ser rellevants, no són determinants. Al meu entendre, l’acció cívica és imprescindible per a convertir la reivindicació lingüística en una exigència social de caràcter col·lectiu. La societat és la realitat a normalitzar i la societat ha der ser, conseqüentment, l’agent de la normalització» (1997a, 111); das Argument, dass die Normalització lingüística nur bei entsprechender positiver Einstellung in der Bevölkerung und deren Einsatz dafür möglich ist, findet sich bei zahlreichen Autoren, u. a. Martí i Castell (1992, 133), Comes et al. (1995, 50). Eine Darstellung der Erfolge und Misserfolge bei der Umsetzung der Normalisierungsgesetze und der Implementierung der katalanischen Sprache in der katalanischen Gesellschaft findet sich bei Sinner/Wieland (2008).

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sern bzw. dort, wo es bisher keine gesetzlichen Regelungen für den Sprachgebrauch gab (Wirtschaft, private Kommunikationsmedien, Kulturbetriebe etc.), einen Rahmen zu schaffen. Noch mehr als der Pla General de Política Lingüística von 1995 soll die Llei de Normalització Lingüística von 1998 zur zentralen Handlungsachse der katalanischen Sprachpolitik werden, die zu diesem Ziel ebenfalls verschiedene Institutionen und gesellschaftliche Träger einzubinden sucht (cf. Jou 1998a, 7).

3.3. Die Normalisierung des Katalanischen im Kontext der Autonomie In diesem Kapitel soll die heutige Situation der katalanischen Sprache in Bereichen mit besonderer Bedeutung für diese Arbeit beschrieben werden. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die sprachliche Situation in der Bevölkerungsgruppe der Jugendlichen. Neben der Familie, als kleinstem Sozialisationsraum, dient bei den Jugendlichen besonders die Schule dazu, soziale Netze zu knüpfen, mit anderen in (sprachlichen) Kontakt zu treten und sich so u. a. auch mit Sprache(n) im Allgemeinen und sprachlichen Varietäten im Besonderen auseinanderzusetzen. Die Schule ist demnach einer der Hauptakteure im sprachlichen Normalisierungsprozess. Als weiterer bedeutender Faktor im Normalisierungsprozess, der auch großen Einfluss auf die Jugendlichen hat, sind die Medien zu nennen. An dieser Stelle soll jedoch nur kurz allgemein auf die sprachliche Situation in den aktuell wichtigsten Kommunikationsmedien eingegangen werden. Eine detaillierte sprachliche Analyse, besonders im Hinblick auf (vermeintlich) jugendsprachliche Äußerungen und den reziproken Einfluss aufeinander, erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt (cf. 4.6.; 5.2.). 3.3.1. Allgemeine Beobachtungen Trotz seiner vielfachen Erfolge und positiven Entwicklungen hat der sprachliche Normalisierungsprozess in Katalonien gezeigt, dass zwar bezüglich der Sprachwahl von Institutionen, Organisationen, Medien und teilweise vielleicht sogar Unternehmen die Möglichkeit besteht, Einfluss zu nehmen, es aber sehr schwierig ist, die sprachlichen Gewohnheiten von Individuen zu verändern. So ist zwar seit Ende der Franco-Diktatur und vor allem seit Beginn des Normalisierungsprozesses die Bilingualisierung der katalanischen Bevölkerung weit fortgeschritten, ohne sich jedoch auf alle Bereiche des Sprachgebrauchs und auch nicht gleichermaßen auf alle sprachlichen Fertigkeiten zu erstrecken (cf. Bastardas 1991a; 1991b). Esteva stellt allerdings eine allgemeine Ausbreitung des Katalanischen in allen Bevölkerungsgruppen fest (cf. Graphik 3–4):

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«[…] el procés de normalització inclou […] polítics, literats, professors dels diferents nivells de l’ensenyament, periodistes, publicistes i tècnics de la comunicació de masses en versions audio-visuals. Crec que aquesta és una situació pròpia adaptada al procés democràtic que viu l’Estat espanyol i que, manifestament, inclou la nova generació formada, almenys, per la gent d’edats compreses entre els 15 i els 25 anys» (1991, 14).

Dieser vermeintlichen Zweisprachigkeit stellen viele Autoren Vermutungen über eher passiv gebrauchte bilinguale Kompetenzen gegenüber. Gerade für den städtischen Bereich,21 wenn auch nicht ausschließlich für diesen, machen sie geltend, dass hier eine sprachliche Assimilierung an die größere Zahl der Sprecher des Spanischen stattfindet (cf. Bastardas 1991b, 38ss.). Eine große Diskrepanz besteht allerdings zwischen den stark verbesserten Sprachkenntnissen und deren schwer messbarem, reellem Gebrauch sowohl bei den Katalanisch- als auch den Spanischmuttersprachlern (und hier insbesondere bei den Immigranten der jüngsten Zeit): «S’ha generalitzat el coneixement del català, sense que això hagi comportat un augment similar en els usos públics» (Jou 1998b, 195). Im Folgenden sollen die Sprachkompetenzen und der Sprachgebrauch der für diese Arbeit herangezogenen jugendlichen Informanten näher beleuchtet werden. 3.3.2. Sprachkompetenzen und -gebrauch der Jugendlichen Was für die gesamte katalanische Bevölkerung gilt, lässt sich in der Gruppe der Jugendlichen (hier 15 bis 17 Jahre) etwas relativieren. Betrachtet man die Entwicklung der Sprachkenntnisse der Einwohner Kataloniens im Jahre 1996, so sind sehr hohe, fast «normalisierte» Werte in allen vier sprachlichen Fertigkeiten vor allem in der Altersgruppe der 10- bis 20-Jährigen zu erkennen. Geht man etwas tiefer ins Detail, wird allerdings deutlich, dass es sich eher um eine fortgeschrittene Bilingualisierung mit einem hohen Grad an katalanischen Sprachkompetenzen handelt, wie folgende Graphik deutlich macht.

21

Solé i Camardons meint hierzu: «La substitució lingüística ja no segueix estrictament els paràmetres de rural-urbà, sinó que pren una direcció de generalització i consolidació arreu del país, independentment del (sub)àmbit geogràfic: hi ha escoles de majoria absoluta d’alumnes castellanoparlants tant a la comarca del Baix Llobregat (cinturó industrial de Barcelona) com a l’Alt Urgell (comarca de l’Alt Pirineu)» (1991, 51).

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Sprachkenntnisse der katalanischen Bevölkerung 1991

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Sprachliche Fertigkeiten Graphik 3–4: Katalanischkenntnisse nach Altersgruppen 1996 (Farràs et al. 2000, 4)

Ihr gegenüber steht nach eigenen Aussagen vieler Jugendlicher gleichzeitig ein relativ hoher Gebrauch des Katalanischen.22 Zweifellos hat die bisher in Katalonien verfolgte Sprachpolitik in dieser Altersgruppe die meisten Erfolge aufzuweisen, werden die Jugendlichen doch durch Schule und Medien täglich mit dem Katalanischen konfrontiert und bewegen sich mehr oder weniger gut in dieser Sprache. Eine ähnliche Entwicklung wurde bereits in einer 1990 durchgeführten Umfrage unter 1.500 Jugendlichen im Alter von 14 bis 24 Jahren aufgezeigt.23 Auch hier gaben die Schüler im Durchschnitt an, die katalanische Sprache in hohem Maße zu gebrauchen, insgesamt in gut 50% ihrer Kommunikationen. Rein statistisch gesehen könnte man also durchaus von einer bilingualen Situation ausgehen. Die Auswertung der statistischen Daten des für diese Arbeit ausgewählten Korpus ergibt sogar eine noch positivere Situation zugunsten der katalanischen Sprache, wobei allerdings zu beachten ist, dass die Auswahl der befragten Jugendlichen auch gerade aufgrund ihres hohen Gebrauchs des Katalanischen getroffen wurde. 58,3% der insgesamt 144 befragten Jugendlichen im Alter von 13 bis 19 Jahren geben an, mit beiden Elternteilen Katalanisch zu sprechen, 18,7% sprechen mit einem Elternteil Katalanisch und mit dem anderen Spanisch bzw. mischen beide Sprachen. Für die Kommunikation mit

22

23

Die insgesamt 2000 in der 1998 durchgeführten Umfrage der Generalitat de Catalunya befragten Jugendlichen waren im Alter von 15 bis 29 Jahren und stammten aus der gesamten katalanischen Autonomieregion. Insgesamt 954 Befragte, d.h. 47,7%, waren zwischen 15 und 21 Jahren alt. Der Fragebogen umfasst neben dem sprachlichen Teil auch die Themen Familie, Arbeit, Studium, Freizeit, gesellschaftspolitisches Verhalten, Religion und Werte. Cf. Romaní (1992). Der Autor stellt bezüglich der Katalanischkenntsnisse bei den 14jährigen bzw. bei den 19jährigen folgende Werte fest: 23%/21% molt bé, 44%/48% bé, 26%/24% regular, 6%/7% deficient; cf. hierzu auch Marí (1992), Solé i Camardons (1997).

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den Geschwistern ergeben sich ähnliche Werte. Nach dem Sprachgebrauch im Gespräch mit Freunden befragt, erklären 66,7% der Jugendlichen, die katalanische Sprache bevorzugt bzw. zu einem Großteil fast ausschließlich zu benutzen. Ein Zusammenhang zwischen der Sprache in der Familie und der mit den Freunden üblichen Sprache lässt sich allerdings nicht erkennen (Korrelationskoeffizient r=0,02). Ebensowenig lässt sich anhand des Wohnortes (80,6% Barcelona, 13,2% primera corona metropolitana, 5,6% segona corona metropolitana)24 auf den jeweiligen Sprachgebrauch des Jugendlichen schließen (r= 0,076). Was die sprachliche Sicherheit der Jugendlichen betrifft, erhält das Katalanische mit 49,3% weit weniger Zuspruch als sein Gebrauch in der Familie oder mit den Freunden erwarten ließe. Allerdings geben 33,3% an, sich in beiden Sprachen gleichermaßen gut ausdrücken zu können. Ein, wenn auch geringer, Zusammenhang besteht zwischen der mit den Freunden gesprochenen Sprache und den sprachlichen Kompetenzen (r=0,28; das Ergebnis ist auf dem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant). Die jugendlichen Informanten des Korpus haben bezüglich der Sprachwahl und des Umgangs mit beiden Sprachen in ihrem täglichen Leben eine relativ pragmatische und undogmatische Haltung eingenommen. Die von mir befragten Jugendlichen empfinden sich in ihrer Mehrheit als bilingual und fühlen sich in beiden Sprachen zu Hause. Sie gehören bis auf wenige Ausnahmen (cf. JOVE3, 4) nicht zu den vehementen Verfechtern des Katalanischen, besonders nicht in politischer Hinsicht, geben aber an, das Katalanische mit dem Spanischen als gleichberechtigtes Kommunikationsmittel untereinander zu nutzen (cf. JOVE10). Die Zweisprachigkeit werten sie als positive Erscheinung, sind aber vielfach der Meinung, dass es für sie wichtiger ist, noch andere Sprachen zu lernen, als sich mit den zwei bereits beherrschten zufrieden zu geben oder eine von diesen abzulehnen (cf. JOVE5, 7, 8, 10, 34). Im katalanischen Durchschnitt verhalten sich Jugendliche in der sprachlichen Kommunikation gerade unter Altersgenossen aber doch anders. Im Gegensatz zur Unterrichtssprache, die in der Mehrheit der Fälle das Katalanische ist, attestiert Vila (2003, 32ss.) den katalanischen Jugendlichen einen erhöhten Gebrauch der spanischen Sprache und weist in diesem Zusammenhang auf Interferenzphänomene bzw. nicht klar einzelsprachlich abgrenzbare Phänomene hin.25 Parera/Bretxa stellen z. B. in ihrer Untersuchung zum

24

25

Mit primera/segona corona metropolitana wird das Ballungsgebiet um den eigentlichen Stadtkern Barcelonas bezeichnet, das allerdings nicht die gesamte Provinz Barcelona umfasst, cf. hierzu http://www.diba.es/prem/fitxers/enquesta%20Regio%20Barcelona%202000.pdf, letzter Zugriff am 27. Februar 2008. Ähnliche Aussagen finden sich bei Solé i Camardons (1991, 60), der bei den katalanischen Jugendlichen einen geringeren Gebrauch der katalanischen Sprache feststellt, als diese nach eigenen Aussagen vorgeben zu haben. Finden Äußerungen durch Jugendliche auf Katalanisch statt, so bemängeln viele Autoren auch deren sinkende sprachliche Qualität bzw. die große Bereitschaft, je nach Gesprächspartner sofort ins Spanische zu wechseln (cf. Solà 1996).

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Gebrauch des Katalanischen durch jugendliche Sprecher in der an Barcelona angrenzenden Gemeinde Santa Coloma de Gramenet fest, dass «l’escola ha donat una base per a l’aprenentatge de la segona llengua. Tanmateix l’escola no ha generat una adopció del català en relacions horitzontals (amb els iguals). De fet, els informants relaten una evolució en la relació amb la llengua catalana: ús en les primeres etapes, allunyament a finals de primari i durant secundària, i nova valoració després de l’escolarització» (2003, 14).

Die Diskrepanz zwischen Sprachkenntnissen und tatsächlichem Sprachgebrauch der jugendlichen Bevölkerung, die katalanische Schulpolitiker, Soziolinguisten und Pädagogen oft mit «hem guanyat l’aula, però hem perdut el pati» (cf. Vila 2004a; Vila/Galindo 2005; cf. auch Solà 1996) bezeichnen, erklären verschiedene Autoren mit zwei eng zusammenhängenden Phänomenen. Zum einen wird der starke gesellschaftliche Druck gegen des Katalanische von außen angeführt: «[...] si als anys 60 passar-se al castellà era qüestió de bona educació, quatre dècades després és qüestió de no-nacionalisme, obertura, tolerància i mestissatge» (Vila/Vial 2003, 36).

Zum anderen berufen sich Erklärungen auf die Einstellung der Jugendlichen zur Sprache – ein Konzept, das im Folgenden näher erläutert werden soll. 3.3.3. Die Rolle der Spracheinstellungen für den Sprachgebrauch der katalanischen Jugendlichen Einstellungen werden als Orientierung des Individuums gegenüber seinem sozialen und physischen Umfeld verstanden. López Morales (1993) nennt zwei Gruppen, die sich mit der Definition von Einstellungen im Allgemeinen beschäftigt haben: die Mentalisten und die Konduktivisten. Die erstgenannten, zu denen u. a. Fishman zu zählen ist, fassen Einstellungen als eine das Subjekt in seinen Handlungen dauerhaft determinierende Grundhaltung auf, welche López Morales «una variable que interviene entre estímulo que afecta a la persona y su respuesta a él» (1993, 231) nennt. Im Gegensatz zu den Konduktivisten, deren Definition von Einstellung auf den Reaktionen von Sprechern in bestimmten, direkt beobachtbaren Situationen basiert, versuchen die weitläufiger akzeptierten Mentalisten, aufgrund der Einstellungen Vorhersagen über das menschliche Handeln zu treffen. Sie sehen Einstellung somit nicht als eigenständige psychologische Bezugsgröße, sondern als übergeordnete Kategorie für weitere Konzepte. Diesen sind als «constructes conductals de caràcter multidimensional» (cf. Comes et al. 1995, 41) Affekt, Verhalten und Kognition untergeordnet. Beide Definitionen lassen sich allerdings auf einen gemeinsamen Nenner bringen:

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«[...] las actitudes son adquiridas, permanecen implícitas, son relativamente estables, tienen un referente específico, varían en dirección y grado, y proporcionan una base para la obtención de índices cuantitativos» (López Morales 1993, 234).

Viele Einstellungen werden bereits in relativ frühem Alter erworben; dies erklärt, dass Kinder bereits mit Eintritt ins Schulleben eine Reihe von Werten besitzen, die zum einen durch ihre Persönlichkeit, zum anderen aus eigenen Erfahrungen entstanden sind. Durch Einfluss von außen, z. B. Erziehung, Schule, soziales Umfeld und Medien als auf kognitive Prozesse einwirkende Faktoren sind aber durchaus Modifikationen im positiven wie im negativen Sinne möglich, die sich sowohl durch die neuen Erfahrungen des Kindes, als vor allem auch durch die Zugehörigkeit zu neuen Gruppensystemen entwickeln. Große Bedeutung kommt hier den peergroups zu, den Gruppen Kinder und Jugendlicher mit der größten Dominanz und dem jeweils stärksten kulturellen und sprachlichen Einfluss auf eine mehr oder weniger begrenzte jugendliche Gemeinschaft und ihre Individuen. Das Bestreben nach Zugehörigkeit zu dieser peergroup beinhaltet häufig die Übernahme oder die Anpassung an die Gruppenideologie, an die in der Gruppe geläufigen Meinungen und Einstellungen (cf. 4.5.2.6.). Viele Einstellungen sind demnach durch das Umfeld kommunizierte und von ihm geprägte Haltungen, zu gesellschaftlichen oder politischen Themen ebenso wie zu Kultur und Sprache: «Spracheinstellungen beschreiben die subjektiven Einstellungen eines Individuums gegenüber seiner Sprache bzw. der eines anderen Individuums. Der Sprecher wird aufgrund seiner Sprache «klassifiziert» und in ein soziales Gefüge eingeordnet. Nicht nur das Gegenüber wird auf dieses [sic!] Weise bewertet, ein Sprecher unterzieht sich auch selber diesem Vorgang und ordnet sich in einem Identifizierungsprozeß in dieses System ein, indem er eine bestimmte Sprachvarietät wählt» (Dittmar/Schlobinski/Wachs 1986, 89).

Durch diesen Umstand und die Tatsache, dass Sprache als «bloßes» Kommunikationsmittel oft viel weniger reflektiert und diskutiert wird als beispielsweise politische oder wirtschaftliche Ereignisse oder Entscheidungen, bedarf es weit reichender, gesamtgesellschaftlicher Bemühungen, um auf die individuelle Grundeinstellung eines Menschen zu (s)einer Sprache verändernd einzuwirken: «Per canviar les actituds lingüístiques dels parlants […] és necessari prèviament incidir en aquells valors mitjançant els quals es mesuren les coses, i això implica que si no es produeix un canvi en les estructures sòcio-econòmiques, sòcio-culturals i polítiques, no és gens previsible un canvi de les actituts lingüístiques, ja que els valors no depenen dels parlants ailladament sinó del conjunt social i dels models de comportament que tot aquest conjunt social – socio-econòmic, socio-cultural i polític – vehicula» (Comes et al. 1995, 50).

Das Katalanische hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten zweifellos an sozioökonomischem und soziokulturellem Prestige gewonnen, sein «Ge86

brauchswert» ist definitiv gestiegen. Des Weiteren sei an dieser Stelle auch auf die wichtige Rolle von Sprache im Allgemeinen als identitätsstiftendes Element verwiesen, ein Gemeinplatz, der sich so auch auf das Katalanische übertragen lässt. Auf die Frage, ob jeder Bürger Kataloniens beide offizielle Sprachen beherrschen sollte, antworteten fast drei Viertel der in der Enquesta a la Joventut de Catalunya 1998 befragten Jugendlichen mit ja. A Catalunya tothom hauria de saber català i castellà Edat Totalment d’acord Relativament d’acord Relativament en desacord Totalment en desacord NS/NC

15–17 53,7 23,6 11,8 6,5 4,3

18–21 56,6 21,3 13,5 5,6 3,0

Tabelle 3–2: Einstellung katalanischer Jugendlicher zu Sprachkenntnissen (cf. Generalitat de Catalunya 1999b, 104s.)

Für den realen Sprachgebrauch existiert jedoch eine Situation, die von einigen, auch katalanischen Linguisten mit dem von Bourdieu als «marché linguistique» bezeichneten Phänomen beschrieben wird (1977, 645ss.; 1983, 183ss.; cf. hierzu auch Sankoff/Laberge 1978a, 239; Solé i Carmardons 1991, 62). Beziehungen in der Kommunikation, die auf sprachlichem Austausch beruhen, sind in erheblichem Maße symbolische Machtbeziehungen; der Status des Sprechers und die Umstände der Situation spielen eine bedeutende Rolle. Jeder Sprecher hat ein ihm zur Verfügung stehendes sprachliches Kapital, nämlich den sozialen Wert der ihm zur Verfügung stehenden sprachlichen Kompetenzen auf dem sprachlichen Markt. Der soziale Wert, also die Höhe des Kapitals, hängt von den Bedingungen der Produktion und Reproduktion von Sprache durch die Sprecher ab. Für die bilinguale Situation heißt das, dass die Sprecher, im konkreten Fall die Jugendlichen, zusammen mit ihren sprachlichen Kompetenzen im Spanischen und Katalanischen, ein ökonomisches Marktdenken erwerben. Sie lernen den Wert ihres sprachlichen Kapitals einzuschätzen und diesen durch jede soziale Interaktion zu steigern bzw. zu verringern. Dies führt zu einer praktischen Kompetenz der optimalen Anwendung, die darin besteht, vorherzusehen, in welcher Situation welche Sprache die vorteilhafteste oder konfliktärmste ist. So gibt es Jugendliche, die zwar auf Befragung hin der katalanischen Sprache einen sehr hohen Stellenwert einräumen, deren Sprachverhalten jedoch von einem hohen Pragmatismus gekennzeichnet wird:

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«La majoria d’aquests joves [barcelonins] saben parlar català, l’usen força, a vegades o gens, però la majoria no hi tenen animadversió. Tots ells valoren per sobre de tot la llibertat individual. L’important és poder triar [...].» (Boix 1993b, 204).

Boix betont in seiner Studie zwar auch, dass eine Situation der «portes obertes» (1993b, 203ss.) zwischen den katalanischen Jugendlichen und den Jugendlichen nicht katalanischer Muttersprache existiere, die eine Entwicklung hin zu einer Art zweisprachiger Norm mit sich bringe. An anderer Stelle schreibt er hierzu: «[...] els parlants de primera llengua catalana o castellana cada vegada més es bilingualitzen més, és a dir, poden usar activament l’altra llengua i entren sovint a la casa [etnolingüística] de l’altre grup etnolingüístic, mitjançant l’ús d’interferències, manlleus i alternances, però pocs s’hi queden a viure, pocs passen a adoptar la llengua de l’altre grup com a llengua principal que transmeten o transmetrien als fills» (1993b, 292).

Boix hebt allerdings, wie im Zitat ersichtlich wird – wie andere Autoren auch (cf. Solà 1996) – hervor, dass die Sprachgebrauchsnormen für das Katalanische und Spanische in Katalonien immer noch die seit Jahren existierenden Tendenzen widerspiegeln. Darunter versteht er den Gebrauch des Spanischen in formalen Kontexten, in der Öffentlichkeit, im Umgang mit primär spanischsprachigen Personen und bei der Anrede von Unbekannten (cf. Boix 1993b, 95s.; Woolard 1989, 69; Sinner 2004, 427). Diese Situation wird im Allgemeinen durch die demographische Realität der starken Zuwanderung spanischer Muttersprachler nach Katalonien verstärkt.26 Dieser konfliktiven Darstellung des Umgangs mit dem Spanischen und dem Katalanischen in der Kommunikation Jugendlicher trägt das bereits erwähnte Spannungsfeld, in dem sich die Jugendlichen bezüglich der beiden Sprachen befinden, Rechnung. Graphisch lässt es sich wie folgt darstellen:

Spanisch

Jugendliche

Katalanisch

Graphik 3–5: Spannungsfeld Spanisch – Katalanisch (eigene Graphik)

26

Cf. Consorci d’Informació i Documentació de Catalunya (1986; 1988), Institut d’Estadística de Catalunya (1993; 1999), Subirats (1992), Boix (1993b), Siguán (1994) und Institut d’Estudis Metropolitans (1997) zur Zahl der Spanisch- und Katalanischsprecher bzw. zur Bilingualisierung der Bevölkerung Kataloniens.

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Beispiele für dieses Spannungsfeld finden sich im Korpus zahlreiche, wie die linguistische Analyse (cf. 5.2.) zeigen wird. In engem Zusammenhang damit steht das bereits angerissene Spannungsfeld zwischen Norm und Autonomie im katalanischen Sprachgebrauch. Dass der Konflikt Spanisch – Katalanisch über das Sprachliche hinaus auch von den Jugendlichen auf einer sozio-politischen und kulturellen Ebene geführt wird, belegen ebenfalls Äußerungen aus dem Korpus, wenn auch wenige. Generell ist hier allerdings zu bemerken, dass anders als oft in sprachlicher Hinsicht (cf. JOVE7), eher eine Distanzierung von allem, was mit spanischer Kultur etc. verbunden ist (z. B. Espanya profunda oder Fernsehsender wie Antena 3 oder Televisión Española) stattfindet: JOVE7 vull anar a Austràlia/ i acabar com a una professora de institut allà/ serà en castellàque tampoc fa res/ B: val[Handyklingeln] (…1,1) JOVE4 B: l’Espanya profunda no cambia\ C: [l’Espanya profunda] A: que éseh::K: què és l’Espanya profunda/ B: els pobleseh:: C: la ignorància B: [la] la meseta/ ehJOVE4 A: per exemple Antena 3 i Televisió Espanyola\ C: hombre que estánK: síquina hi ha/ A: no no el que síque són els dos fatxes\ C: són todosK: TV3/ C: sempreA: noTV3 no\ Antena 3\ K: Antena ahA: Antena 3 K: pensava: com pot ser\

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@ A: TV3 encara té encara és una mica: encara té una mica de seny\

Dass die Bevorzugung des Spanischen für zahlreiche Kommunikationssituationen eines der wesentlichsten Probleme für die Normalisierung des Katalanischen darstellt, wurde von Seiten der Sprachplaner in Katalonien durchaus erkannt. Man begegnet dem Problem in den letzten Jahren u. a. mit neuen Sprachkampagnen, z. B. im Jahr 2005 mit Dóna corda al català.27 Sind diese Kampagnen natürlich an die ganze katalanische Gesellschaft gerichtet, so sprechen sie doch auch in besonderem Maße die Jugendlichen als auch in sprachlicher Hinsicht innovative Gestalter eben dieser Gesellschaft an. In ähnlicher Weise und mit ebendieser Zielgruppe verfolgte der Pla General de Normalització Lingüística von 1995 sprachpolitische Maßnahmen, bei denen er vor allem die Jugend als einen seiner Schwerpunkte ins Zentrum stellt. Eines seiner erklärten Ziele ist die Förderung der katalanischen Sprache in den von Jugendlichen (hier zwischen 14 und 24 Jahren) häufig genutzten bzw. aufgesuchten sozialen Umfeldern. Dazu zählen neben öffentlichen Freizeiteinrichtungen wie Jugendclubs und centres cívics auch Kneipen und Diskotheken. All diese Lokale werden angehalten, ihr Angebot für Jugendliche auf Katalanisch zu formulieren und Personal mit den entsprechenden Sprachkenntnissen zu beschäftigen – Bestrebungen, die im privaten Sektor allerdings nur schwer zu reglementieren sind. Gleiches gilt für die Medien (cf. 3.3.4.), deren Einflussnahme auf die sprachliche Entwicklung und die Meinungsbildung zur Sprache grundsätzlich nicht angezweifelt wird. Neben den klassischen Kommunikationsmedien wie Rundfunk und Fernsehen und auch der (in Katalonien stark unterentwickelten) Presse für jugendliches Publikum, darunter auch nicht nur von Jugendlichen konsultierte Publikationen zu Sport- und Informatik, gelten die jüngsten Normalisierungsbestrebungen in großem Maße einer Förderung von katalanischen Comics und Computerspielen und deren öffentlicher Bereitstellung in Bibliotheken. Der Erfolg dieser Förderung des aktiven Gebrauchs durch Eingang der Sprache in jugendliche Lebensbereiche sowie der im Schulalltag erworbenen Sprachkenntnisse der Jugendlichen scheint angesichts der bisher beobachte-

27

Cf. Sinner/Wieland (2008): «Así, con la campaña Dóna corda al català […] la primera campaña dirigida a toda la sociedad, el Govern destina tres millones de euros al fomento del catalán más importante desde las iniciativas de 1982. Parla sense vergonya [...], Parla amb llibertat [...] y Per començar, parla en català [...] son los mensajes de esta nueva campaña desarrollada por la secretaría de Política Lingüística de la Generalitat. La campaña se dirige, expresamente, a los catalanohablantes que renuncian a usar su lengua, a las personas que a pesar de tener conocimientos suficientes del catalán no lo utilizan habitualmente y finalmente a aquellos que aún no lo hablan con facilidad y necesitan ayuda y apoyo para poder hablarlo».

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ten statistischen Daten gegeben. Entscheidend für die weitere Bedeutung des Katalanischen im Erwachsenenleben wäre allerdings eine wirklich dauerhafte und gesellschaftlich akzeptierte Präsenz der Sprache in allen Gesellschaftsgruppen und Lebensbereichen. Diese kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Sprache vor allem als Kommunikationsmittel gebraucht wird, um am Alltagsleben teilzunehmen, wenn also reale Anwendungsmöglichkeiten vorliegen.28 In dieser Hinsicht spielen die Kommunikationsmedien eine entscheidende Rolle (cf. hierzu auch die Sprachverteilung im Umgang mit Medien bei den Informanten des Korpus cf. 4.6.). Daher sollen auch hier, abschließend zu diesem Kapitel, die neuesten Entwicklungen bezüglich des sprachlichen Normalisierungsprozesses in den Kommunikationsmedien dargestellt werden, bevor im folgenden Kapitel die jugendlichen Sprach- und Ausdrucksformen im Mittelpunkt stehen. 3.3.4. Die sprachliche Normalisierung in den Kommunikationsmedien Seit Gründung des ersten katalanischen Fernsehsenders TV3 im Jahr 1983 hat sich die katalanische Medienlandschaft in großem Maße verändert und erweitert. Im Dezember 2001 wurden in Katalonien 91 Fernsehprogramme ausgestrahlt, davon überregional vier öffentlich-rechtliche und drei private sowie noch 85 lokale Sender. Die in Katalonien ansässigen Sender TV3 und Canal33 sendeten ausschließlich auf Katalanisch, die staatlichen spanischen Sender La2 und TVE sendeten 23 bzw. 3,5 Stunden pro Woche auf Katalanisch, und selbst bei den privaten Sendern TELE5 und Antena 3 war das Katalanische immerhin mit 6,5 bzw. 2,5 Stunden pro Woche vertreten (cf. Generalitat de Catalunya 2001, 75). Laut der Llei de Normalització Lingüística von 1998 ist die katalanische Sprache als offizielle Sprache des öffentlichen Fernsehens (d.h. der Generalitat unterstellten Kanäle) festgeschrieben. Für die lokalen Sender gilt eine 50%-Quote für Sendungen in katalanischer Sprache sowie die Vorschrift, Synchronisierungen fremdsprachiger Filme – außer spanischsprachigen – auf Katalanisch zu senden. Was das Radio betrifft, so wurde die seit 1983 vereinbarte sprachliche Förderung 1998 gesetzlich verankert. Hier gilt, in Analogie zu den Fernsehsendern, dass öffentliche Sender ausschließlich auf Katalanisch senden dürfen und lokale Privatsender ebenfalls eine Quote von 50% erfüllen sollen (2001, 79s.). Durch die audiovisuellen Kommunikationsmedien wurde seit Beginn der 80er Jahre erstmals ein «oraler Standard» der katalanischen Sprache verbreitet, bzw. kamen die Hörer und Zuschauer, unter ihnen viele mit spanischer

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Cf. hierzu Claret (2003, 8); weitere Ansätze bzw. Beschreibungen von Modellversuchen zur Steigerung des Sprachgebrauchs bzw. der mündlichen Kompetenzen im Katalanischen sind den Artikeln von Duran (2005), Martínez/Nussbaum (2005), Bastardas (2005) zu entnehmen.

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Muttersprache, auch mit ihren bis dahin vielleicht unbekannten Registern und regionalen Varietäten in Kontakt (zum Verhältnis der Medien zu einzelnen sprachlichen Varietäten bzw. Registern bzw. zur Prägung sowie Verbreitung der Standardsprache durch die Medien cf. 4.6.1.; 6.). Bassols beschreibt daher das Fernsehen als «difusora d’uns models de llengua que abans d’ara no havien arribat d’una manera tan intensa i diversa al conjunt de la població» (1997, 13) und fügt hinzu: «[…] el microcosmos que recrea la televisió permetia fer arribar a tota la comunitat lingüística la ficció d’un ús normalitzat de la llengua en tota mena de situacions. D’aquesta manera, es podien vehicular per primer cop d’una manera massiva una sèrie de models lingüístics, corresponents a la diversitat lingüística d’una llengua ‹normal›, amb les seves varietats i els seus registres» (1997, 14).29

Interessanterweise scheint kein Zusammenhang zwischen dem Gebrauch der katalanischen Sprache in den audiovisuellen Kommunikationsmedien und der Muttersprache der Hörer oder Zuschauer zu bestehen. Im Jahre 2001 lag der Sender TV3 mit einer Zuschauerquote von über 20% noch vor den spanischsprachigen Sendern TELE5, TVE und Antena3 (je ca. 19%), und dies auch im zu großen Teilen spanischsprachigen Industriegürtel von Barcelona (cf. Terra i Sans 2001, 76). Trotz dieser für die katalanische Sprache als positiv zu wertenden Entwicklungen wäre es übertrieben, von einer Massenkultur auf Katalanisch zu sprechen. Vor allem die Neuerungen in der Computerbranche und den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien mit relativ geringer Präsenz des Katalanischen deuten darauf hin, dass dieser für den modernen sprachlichen Gebrauch so wichtige Markt nur langsam erschlossen werden kann und das Katalanische (hier stellvertretend für alle regionalen Minderheitensprachen) in diesem Bereich zurückzufallen droht. Dies scheint paradox, ist doch das Katalanische unter den 20 Sprachen mit den meisten Seiten im Internet zu finden (cf. Generalitat de Catalunya 2001, 115). Die Problematik liegt jedoch, verständlicherweise, in der nicht vorhandenen Kontrollierbarkeit des Prozesses – die Akteure der Normalització lingüística haben lediglich Einfluss auf die Präsenz des Katalanischen bei offiziellen Internetauftritten; die Sprache privater Seiten ist, wie der Sprachgebrauch an sich, nicht direkt beeinflussbar und tendiert ohnehin zu einer stärkeren Internationalisierung, d.h. einer noch größeren Nutzung der englischen und auch spa-

29

Cf. hierzu auch Broch/Panyella: «Participar en la normalització lingüística volia dir demostrar als catalanoparlants que la seva llengua podia servir per als registres més variats – des del doblatge d’un western fins a la informació internacional o la divulgació científica – i per tant dotar-la de prestigi, familiaritzar als no catalanoparlants amb la llengua catalana i convertir-la en atractiva o necessària per a la vida quotidiana i, finalment, fixar i divulgar un estàndard lingüístic i flexibilitzar la llengua per a tots els usos pràcticament inèdits que comportava» (1989, 289).

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nischen Sprache.30 Nichtsdestotrotz sollte man nicht den verallgemeinernden Schluss ziehen, das Internet führe zu einer ausschließenden Globalisierung und biete keine Chance der Abbildung einer realen Vielfalt. Die katalanische Internetpräsenz deckt umfassend alle Bereiche der Informations- und Kommunikationsverbreitung bzw. -vernetzung ab und erfüllt damit die Voraussetzungen für eine über die Region hinausgehende Nutzung (cf. hierzu auch Weber 2001). Ebenso wie das Internet sind nach Meinung vieler Autoren (cf. Marí 1998; Martí i Castell 1992) weitere Schlüsselbereiche von einer mangelnden Präsenz der katalanischen Sprache betroffen. Hierzu zählen vor allem die Filmindustrie sowie weite Bereiche der Jugendkultur (Comics, Jugend- und Musikzeitschriften, Computer- und Videospiele etc.), in denen sich die Situation seit den 80er Jahren nicht wesentlich geändert hat. Mitunter ist daran auch die hohe Indifferenzquote, die Martí i Castell in Bezug auf das Leseverhalten von Jugendlichen in einer Umfrage konstatiert, Schuld: «Els joves de Catalunya llegeixen de forma majoritària publicacions en espanyol: el 75% dels enquestats; quantitat que contrasta amb la del 65% que es declaren partidaris, tanmateix, de la catalanització de la premsa. [...] Es una contradicció solament aparent i que només s’entén en un context sociolingüístic com el nostre, on [...] voler i poder són encara massa excloents, i on el retrocés de l’hostilitat ideològica a la catalanització social no implica la decisió, el compromís personal de la col·laboració. Un 90% dels joves enquestats creuen que TV3 no ha d’utilitzar cap altra llengua que la catalana, [...] però mostren una preferència inequívoca per TVE, tot i que la televisió catalana, amb un 30% de seguidors, ocupa un molt digne segon lloc» (1992, 99s.).

Ein neuer Problembereich, der in den vergangenen Jahren durch zunehmende Nutzerzahlen ins Zentrum des Interesses gerückt ist, sind die digitalen Kommunikationsmedien, allen voran Computerprogramme, das Internet mit seinen verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten und der Mobilfunk. Die schnelle Verbreitung dieser Kommunikationsmittel unter katalanischen Nutzern, vor allem unter Jugendlichen, stellt eine Herausforderung für die Institutionen der sprachlichen Normalisierung in Katalonien dar, die bei der sprachlichen Reglementierung dieses Kommunikationsbereiches der technischen Entwicklung hinterher hinken. Ein Grund dafür ist auch, dass die großen Anbieter die meisten ihrer Produkte, von Bedienungsanleitungen über Textverarbeitungsprogramme und Internetbrowser bis hin zu Handysoftware bzw. automatischen Mailboxan-

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Cf. Generalitat de Catalunya (2001, 116). In einer Umfrage unter Internetnutzern im Jahre 2001 gaben 49,8% an, dass sie katalanischsprachige Webseiten besuchen; gleichzeitig riefen diese Nutzer zu 82,7% bzw. 44,5% spanisch- bzw. englischsprachige Seiten auf.

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sagen lange Zeit nur auf Spanisch angeboten haben.31 So entstand seitens der Nutzer eine Bevorzugung des Spanischen zu Lasten des Katalanischen bei der Anwendung entsprechender Programme und der Produktion von schriftlicher oder mündlicher Sprache darin. Ein zusätzlicher Problemfaktor ist, dass die informelle Kommunikation unter Privatpersonen, wie wir sie über Internet oder Mobilfunk antreffen, der mündlichen bzw. konzeptionell mündlichen Sprache (cf. 3.1.2) zuzuordnen ist – ein Bereich, der für die Akteure der sprachlichen Normalisierung schwer zu kontrollieren ist. Die genannten Elemente der jugendlichen Lebensweise mit ihrer Bedeutung für das Sprechverhalten der Jugendlichen und die katalanische Jugendsprache an sich werden im folgenden Kapitel einer genaueren Analyse unterzogen. Diese steht im Anschluss an die Definition von Jugendsprache, die Darstellung ihrer Funktionen und einen Überblick über die bisherigen Entwicklungen und Forschungen auf diesem Gebiet in Katalonien.

31

Auf der Internetseite Racó Català (cf. 2005a; b) können mehrere Artikel zum Angebot oder dem Fehlen derartiger Programme eingesehen werden. La Plataforma per la Llengua beschrieb z. B., dass «empreses com NOKIA, MOTOROLA i ERICSSON encara discriminen els consumidors catalans malgrat que sí que respecten consumidors de llengües amb igual o menys parlants que el català. L’organització demana a aquestes tres empreses que s’adaptin a les tendències actuals del mercat, que respectin els mínims de qualitat d’atenció al client i que per tant, introdueixin la llengua catalana en els seus models de telèfon mòbil» (Racó Català 2005b).

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4.

Jugendsprache, jugendliche Lebensweise und ihre Multiplikatoren in Katalonien

Die Jugendsprache ist ein im Vergleich zu anderen linguistischen Forschungsfeldern relativ «junger» Bereich. Den Beginn einer intensiven linguistischen Auseinandersetzung mit dem Phänomen kann man erst ab den 80er Jahren ansetzen. Zwar existierten bereits vorher wissenschaftliche Arbeiten zum Thema, doch handelte es sich hierbei vor allem um lexikographische Sammlungen jugendlichen Wortschatzes. Jugendsprache wurde als Sondersprache angesehen, als Ausdruck von Jugendkultur, als Protestsprache, als Jargon einer Sondergruppe am Rande der Gesellschaft.1 Sie galt häufig als minderwertig, primitiv, gefährlich und oft als Zeichen eines unaufhaltsamen Sprachverfalls. Mitunter wurde als Grund für das relative Desinteresse in der Forschung die Wandelbarkeit der Jugendsprache, ihre schnelle Veränderbarkeit angeführt – in der heutigen Zeit ist dieser Aspekt allerdings der vorrangige Grund, sich mit Jugendsprache linguistisch auseinanderzusetzen.2 Ab den 80er Jahren beginnt daher die Erforschung von Jugendsprache anhand von empirischem Material; es wird die authentische Sprechweise zu Grunde gelegt, man geht nicht mehr von der Outgroup-Perspektive (d.h. von der Kommunikation Jugendlicher mit Nicht-Jugendlichen), sondern von der Ingroup-Kommunikation (d.h. Kommunikation der Jugendlichen untereinander) aus. Ansatzpunkt ist nicht so sehr die Vermutung, dass Jugendliche die Absicht haben, sich mit ihrer Sprache von anderen Jugendlichen oder Erwachsenen abzugrenzen, sondern dass sie mit Themen und Regeln eher spielerische Experimente durchführen und ihre sprachlichen und diskursiven Kompetenzen erproben (cf. Augenstein 1998, 13). Jugendsprache spiegelt sich schnell wandelnde gesellschaftliche Veränderungen wider – die Sprache nimmt demnach «schnelllebige, diffuse, eklektizistische und sehr flexible For-

1

2

Ein Beispiel hierfür im spanischen Sprachraum ist das Cheli (cf. 4.3.1.), die Jugendsprache des Madrid der 80er Jahre, die teilweise auch als Jugendsprache mit sondersprachlichen Elementen bezeichnet wird (cf. Baumann 2001, 10s.). Cf. Zimmermann (2004, 29). Der Autor stellt hier Jugendsprache aufgrund ihres akzelerierten und ludisch geprägten Wandels als hochgradig interessant für die Sprachwandelforschung dar. Er betont, dass Jugendsprache entweder zur dauerhaften Sondersprache wird, teilweise jugendsprachliche Phänomene einfach verschwinden, andererseits aber auch Begriffe in die allgemeine Umgangs- und Standardsprache aufgenommen werden.

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men an» (Schlobinski/Heins 1998, 13). In den 90er Jahren besteht daher die Tendenz, die jugendliche Ausdrucksweise nicht so sehr als Sprachvarietät, sondern vielmehr als Sprach- oder Sprechstil zu bezeichnen, da sie weniger «Ausdruck subkultureller Gegenentwürfe», sondern vielmehr «gesampelter Teilkulturen» sei (Baumann 2001, 9). Um allgemeine Überlegungen zur Varietätenlinguistik sowie eine Situierung der Jugendsprache im Spektrum von Varietät und Sprechstil geht es im ersten Teil dieses Kapitels. Bevor auf den konkreten katalanischen Fall eingegangen wird, werden zunächst kurz die Voraussetzungen für das Entstehen von Jugendsprache, ihre Funktionen und ihre Dynamik, d.h. ihre Anpassung an Sprachnormen bzw. die Aufnahme in die Standardsprache oder die bewusste Abgrenzung davon präsentiert. Der dritte Teil des Kapitels, der sich explizit mit den Entwicklungen und Gegebenheiten in Katalonien befasst, betrachtet zunächst die wichtigsten Arbeiten der katalanischen Soziologie und Soziolinguistik zu diesem Thema. Anschließend werden einige Besonderheiten innerhalb der aktuellen katalanischen Jugendsprache unter Berücksichtigung im Korpus enthaltener Beispiele aufgezeigt. Jugendsprache und jugendliche Lebensweise werden miteinander in Bezug gesetzt. Hierbei spielen Verfahren der Gruppenkonstitution sowie der Abgrenzung von Gruppen untereinander eine wesentliche Rolle. Zur Veranschaulichung werden Korpusbeispiele herangezogen. Der letzte Teil des Kapitels geht der Frage nach, welche Rolle Multiplikatoren von Jugendsprache spielen. Hier stehen vor allem die Kommunikationsmedien im Vordergrund. Dieser Teil gibt einen allgemeinen Überblick zum Thema der (jugendlichen) katalanischen Mediensprache und hinterfragt kritisch das in katalanischen Medien verbreitete Jugendbild. Abschließend wird dieses Jugendbild mit den bei der Gruppenkonstitution projizierten Selbstbildern der Jugendlichen kontrastiert. Der Vergleich auf linguistischer Ebene zwischen Jugendsprache und Mediensprache in Jugendprogrammen erfolgt dann in Kapitel 5.

4.1. Allgemeine Betrachtungen zur Varietätenlinguistik Norm und Variation sind in der linguistischen und soziolinguistischen Literatur feststehende Begriffe. Die Reihenfolge ihrer Erwähnung müsste hingegen umgekehrt erfolgen, denn sie lässt uns irreführenderweise annehmen, dass es in einer Einzelsprache zuerst die Sprachnorm (meist in Form einer Standardvarietät)3 gibt und die Variation dieser nachgeordnet ist. Doch in jeder Sprache existiert primär die kreative Produktion voller Variationen, und

3

Dieser Begriff wurde zuerst vom norwegischen Romanisten Leiv Flydal 1951 eingeführt, 1958 von Coseriu aufgegriffen und hat sich seither in der Varietätenlinguistik etabliert (cf. Coseriu 1988, 24).

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in einem zweiten Schritt entsteht die Norm, bzw. wird diese beständig durch die Integration von aus Variationen entstandenen Elementen erweitert. Variation ist also Normalität im Sprachgebrauch und demnach kein Sonderfall, keine Abweichung von der Norm, sondern die Basis, anhand derer sich die Norm erst herauskristallisiert (cf. Mattheier 1997, 7). Aus diesem Grund steht zu Beginn der Beschäftigung mit Jugendsprache eine Reflektion über diejenigen Variationen innerhalb der Norm des Katalanischen, welche zusammen genommen oft als jugendsprachliche Varietät bezeichnet werden. Bereits bei einer oberflächlichen Betrachtung der Literatur zur Jugendsprachforschung wird schnell ein grundlegender Konflikt bei der Begriffsdefinition deutlich. Viele deutsche Publikationen sprechen von jugendsprachlicher Varietät, im katalanischen und spanischen Sprachraum stößt man hingegen häufig auf den Begriff des Registers (cf. hierzu Wieland 2005). Weiterhin findet man die Bezeichnung jugendlicher Sprech- oder Sprachstil oder auch die katalanische bzw. spanische Bezeichnung argot juvenil. Diese Begriffe sollen im Folgenden näher beleuchtet werden. 4.1.1. Sprache und Varietät Unter einer Sprache und ihrer Grammatik kann man Elemente und Regeln des Systems verstehen, die helfen, Sprachproduktionen einer Sprechergruppe widerspruchsfrei zu beschreiben; Sprache ist aber gleichzeitig die Ausdrucksweise, derer sich eine als in sich homogen aufgefasste ethnisch-soziale Gruppe bedient. Jede Sprache ist, in Folge der Existenz vieler derartiger Gruppen in einem Sprachraum, in einem mehrdimensionalen, vielschichtigen räumlichen, historischen, sozialen und situativen Ganzen zu sehen; sie wird in Abhängigkeit von ihren Sprechern sowie den äußeren Umständen wie Ort und Zeit unterschiedlich realisiert. Sprache ist heterogen und passt sich an die Unterschiede menschlichen Handelns an. Diese unterschiedlichen Realisierungsformen, in denen eine historische Sprache erscheinen kann, können als Varietäten bezeichnet werden. Der soziale Kontext ist wesentlich für die Sprachbeschreibung und das Verständnis des Funktionierens von Varietäten. Eine sprachliche Varietät zeichnet sich dadurch aus, dass bestimmte Realisierungsformen des Sprachsystems mit gewissen sozialen und funktionalen Merkmalen der Anwendungssituationen der Sprache kookkurrieren (cf. Berruto 1987, 264). Varietäten können im Sinne der soziolinguistischen Sprachbetrachtung von zwei Seiten aus beleuchtet werden. Zum einen lassen sie sich aus der Sprache heraus, also von innen, über die Funktion von sprachlichen Zeichen und den Regeln ihrer Verknüpfung definieren; zum anderen, in einer soziolinguistisch ausgerichteten Betrachtungsweise, über die Gruppe der Sprecher (cf. Albrecht 2005, 128s.).

97

4.1.2. Varietäten – Varietätenraum und Varietätenkette «A variación lingüística, os seus matices que se engaden aos valores comunicativos referenciais do código lingua, permiten ao instrumento lingua responder da maneira máis flexible e funcional ás exigencias cada vez máis diversificadas e complexas da vida, da estrutura e das relacións sociais. Ao tempo, a variación lingüística pode ser empregada, conferíndolle determinados valores simbólicos, como un importante medio e vehículo de información afirmación e transmisión da identidade sociocultural e incluso pesoal» (Regueira 2004, 89).

Ausgehend von dem von Coseriu (1974, 14s.) entworfenen Varietätenraum und der von Nabrings (1981) erstellten Varietätentypologie basieren die Varietäten auf zwei Grundtypen der Variation, der dialektalen (mit ihrer diatopischen, diastratischen und diachronischen Ausprägung) und der stilistischen/ funktionalen (diaphasische Ausprägung), also im wesentlichen vier Ausprägungen.4 Diese sind, nach Bibiloni «un conjunt d’elements lingüístics adscrits a un grup humà o a un context de producció lingüística» (1997, 68). Folglich gelangen wir zu einer ersten Klasse von Varietäten mit den drei Untergruppen der diatopischen, diastratischen und diachronischen Varietät, welche immer in Verbindung mit bestimmten Sprechergruppen zu setzen sind, deren Grenzen allerdings stark verschwimmen; daneben existiert eine zweite Klasse, welche nicht so sehr die Charakteristika der einzelnen Sprecher, sondern vielmehr der Sprechsituation widerspiegelt. Diese diaphasische5 Varietät findet man vielerorts unter der Bezeichnung Register wieder, so auch bei Coseriu (1981), der von Register als situativ gebundener Varietät spricht. Auch hier sind, wie für die Varietäten im Allgemeinen, die Grenzen fließend, denn jeder Sprecher hat eine partielle Kompetenz in verschiedenen Registern und kann sich an unterschiedliche Situationen anpassen – allerdings in einem unterschiedlichen Umfang und mit unterschiedlichem Geschick. Auf die diaphasische Varietät wird an späterer Stelle in diesem Kapitel (cf. 4.3.2.) näher eingegangen. Wenden wir uns den Varietäten und ihrem Verhältnis zur Standardvarietät zu. Coseriu (1980; 1988) weist darauf hin, dass die Opposition zwischen Sprache und Dialekt primärsprachlich, also in den Sprachen selbst zu finden sei. Sprache umfasst auch immer Dialekte, Dialekte unterstehen aber nicht zwingend einer Sprache. Dialekt ist jedoch ein relationeller Begriff, denn ein Dialekt ist immer nur ein Dialekt in Bezug auf eine bestimmte Sprache. Laut Coseriu (1980, 106s.; 1988, 24) ist das Varietätenproblem Teil der Entwicklungsgeschichte einer Einzelsprache, es muss daher als Teil der «historischen Sprache» betrachtet werden. Nur die historische Sprache

4 5

Auf weitere Variationstypen wie beispielsweise die individuelle Variation einzugehen, wird an dieser Stelle verzichtet. Auch bezeichnet als stilistische, funktionale oder diatypische Varietät.

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steht in Opposition zum Dialekt. Primäre Dialekte6 existieren schon vor der Gemeinsprache und können auf dem Weg sein, sich zu einer selbständigen historischen Sprache zu entwickeln und sich dabei gegen andere Dialekte durchzusetzen (cf. Kastilisch). Dadurch erlangen sie den Status eines Gefüges historischer Sprechtraditionen, das von seinen eigenen Sprechern und den Sprechern anderer Sprachen als autonome Sprache anerkannt wird. Als sekundäre Dialekte bezeichnet Coseriu die Dialekte, die durch die Differenzierung der Gemeinsprache selbst entstehen (z. B. zurückgehend auf das Kastilische das (historische) andalusische oder das kanarische Spanisch). In einer Erweiterung seiner Darstellung führt Coseriu den Begriff des tertiären Dialekts ein: «In einer Gemeinsprache kann man ferner eine Stufe unterscheiden, die ihre sozial-kulturelle Norm darstellt, die ‹Standardsprache›, das, was ich das ‹Exemplarische› einer Sprache nenne. Diese Stufe des Exemplarischen kann nun wiederum zu einer Differenzierung gelangen, d.h. das Exemplarische kann seinerseits in verschiedenen Gegenden verschieden realisiert werden, wodurch neue diatopische Unterschiede entstehen und zugleich neue syntopische Einheiten, die man tertiäre Dialekte nennen kann» (1980, 114).

Coseriu bezieht sich in seiner Aussage vor allem auf die geographische Dimension, die diatopischen Varietäten; er schlägt außerdem vor, die Betrachtung aus syntopischer Perspektive vorzunehmen, da die verschiedenen diatopischen Formen unterschiedlichen Ebenen der Varietätenkette (cf. Graphik 4–1) zuzuordnen seien. Dies bestätigt, dass die von Coseriu vorgenommenen Unterteilungen, wie er auch selbst schreibt, nicht getrennt voneinander zu sehen sind, sondern ein ineinander greifendes Kontinuum darstellen. Betrachten wir diese Aussage Coserius im Zusammenhang mit der Varietätenkette bzw. dem von Nabrings (1981) postulierten Ordnungsschema7 wird diese Verbindung zwischen den einzelnen Ordnungsdimensionen des Varietätenraums schnell klar. Sie stellen ein Kontinuum hin zu einer nicht markierten Varietät dar, die man mehr oder weniger mit der Standardvarietät gleichsetzen kann. Die einzelnen Ebenen können in der Realität jedoch nicht, wie in der Graphik dargestellt, relativ streng getrennt betrachtet werden, sondern überlappen einander. Markierungen auf einer der Varietätenebenen können

6

7

Cf. zu primären, sekundären und tertiären Dialekten auch Coseriu (1981, 14), García Mouton (1996), Dittmar (1997, 14s.), Sinner (2004) sowie Lüdtke (2005, 178s.). Cf. hierzu auch Linke/Nussbaumer/Portmann (1996, 179s.); die von Nabrings in ihrer Typologie dargestellten Ordnungen sind die diachrone, diatopische, diastratische und diaphasische Dimension, Person, Raum, Gruppen, Kodifizierung, Situation und Kontakt. Dittmar (1997, 179s.) unterscheidet als Ordnungsdimensionen Person, Raum, Gruppen, Kodifizierung, Situation sowie Kontakt und vernachlässigt die historische Dimension, da er sich vor allem auf die gesprochene Sprache bezieht.

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Status

Nähe

‹Nähe› niedrig

einzelspr. kontingent

niedrig

stark

Distanz

Ύ Ύ Ύ

diaphasisch

diastratisch

diatopisch

‹Distanz› hoch

hoch

schwach



diachron zu Markierungen auf übergeordneten Ebenen werden. Eine diatopische Varietät kann also sozial markiert sein, oder soziale Merkmale können situationsabhängig auf die diaphasische Ebene gehoben werden.

nicht markiert

diasystemat. Markierung markiert

Graphik 4–1: Varietätenkette (cf. Koch/Oesterreicher 1990, 13)

Die hier dargestellte Varietätenkette entspricht nicht dem ursprünglichen Pyramidenmodell mit dem Standard an der Spitze und den darunter geordneten Varietäten, wie es u. a. Gilles (2003, 198) beschreibt. Es taucht hier eine neue Dimension auf, die einer exakteren Definition des «Zwischenbereichs» zwischen den beiden Polen Dialekt und Standard dienlich sein kann. Wie aus der Graphik ersichtlich wird, bewegt sich das ganze Diasystem in einem Kontinuum zwischen Nähesprache und Distanzsprache. Äußerungen zwischen Kommunikationspartnern im Rahmen einer nahen, vertrauten Beziehung haben andere sprachliche Formen als solche, bei denen eine gewisse physische oder auch psychische Distanz zwischen Sender und Empfänger herrscht. Häufig wird Nähe dem Medium Mündlichkeit und Distanz einer schriftsprachlichen Ebene zugeordnet. Diese Einteilung kann jedoch nicht allgemeingültig sein, da es nur darauf ankommt, wie der Sprecher die Äußerung konzipiert, also auf die konzeptionelle Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit.8 Das Kontinuum zwischen Nähe- und Distanzsprache ist zum einen

8

Cf. Koch/Oesterreicher (1990,8s.; cf. 4.3.4); Koch/Oesterreicher gehen von der Unterscheidung zwischen Medium und Konzeption aus (verwenden statt Konzeption aber die Begriffe Nähe und Distanz). Die Termini mündlich/schriftlich bekommen bei den Autoren einen doppelten Sinn: zum einen bezogen auf das Medium der Realisierung (mündlich = phonisch, schriftlich = graphisch), zum anderen bezogen auf den Duktus, d.h. die Modalität der Äußerungen sowie die verwendeten Varietäten (konzeptionelle Mündlichkeit/Schriftlichkeit). Koch/Oesterreichers Konzeption der Nähe- und Distanzsprache, der Verschränkung von Schriftlichkeit und Mündlichkeit, findet im Registerkonzept (cf. 4.3.2.) eine gute Anwendung.

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universell, zum anderen ist es einzelsprachlich relevant und steht in direktem hierarchischen Zusammenhang mit den anderen Varietätenebenen. Innerhalb der einzelnen Diaebenen sind Äußerungen, die stark/niedrig markiert sind, eher dem nähesprachlichen Pol zuzuordnen. Schwach/hoch markierte Äußerungen sind von Distanz geprägt bzw. prägen diese. Darüber hinaus kann es in einer Sprache auch Merkmale geben, die nicht diatopische, diastratische oder diaphasische Markierungen sind, sondern nur generell typisch sind für den einzelsprachlichen Nähe- oder Distanzpol. Diese Äußerungen finden sich in der Varietätenkette zwischen den Diaebenen und der nicht markierten Varietät wieder. Koch/Oesterreicher verbinden also die variationslinguistischen Traditionsbegriffe mit der Vorstellung des Kontinuums zwischen Nähe und Distanz als eigener Varietätendimension. Diese Position wird von Kabatek (2003) als unnötig in Frage gestellt, da man Nähe- und Distanzsprache doch innerhalb der diaphasischen Variation einordnen könne. Die Erweiterung der Varietätenkette um das Kontinuum der Nähe- und Distanzsprache durch Koch/Oesterreicher (1990) hat aber für die Jugendsprachforschung durchaus Relevanz. Jugendsprachliche, meist mündliche Äußerungen sind generell auf einer nähesprachlichen Ebene anzusiedeln und zunächst dialektal (ob nun diatopisch, diastratisch oder vor allem diaphasisch) markiert (cf. 4.3.). Darüber hinaus können sie, im Zuge der Varietätenkette, zum einzelsprachlichen Merkmal des Nähewortschatzes werden, d.h. um eine weitere Hierarchieebene aufsteigen. Am Ende steht eine mögliche Aufnahme in den distanzsprachlich unmarkierten Bereich. Gleichzeitig übernehmen Jugendliche auch zahlreiche Elemente gerade aus der universellen Ebene der Nähesprache. Sehr gut erkennen kann man das an «Gesprächswörtern», also pragmatischen Markern, die der Strukturierung des Gesprächs dienen. Im Korpus treten diese häufig in Form von bueno, pues etc. auf, z. B.: JOVE4 B: bueno:: si no busques no trobes\ no/ JOVE4 B: si surt bé pues:: faré biologia i si no surt bé pues:: estudiaré música

Diese potentiellen Entwicklungen werde ich im Rahmen der Betrachtung zur Dynamik von Jugendsprache und Sprachwandel (cf. 6.) erneut aufgreifen. An dieser Stelle sei, unter Bezug auf Sokol (2001, 185), ein Beispiel aus der deutschen jugendsprachlichen Lexik gegeben: «Die deutschen Wörter toll, klasse und super waren in den 50er- und 60er-Jahren diastratisch, und zwar jugendsprachlich markiert. Heute sind sie zu nähesprachlichen Normalwörtern für distanzsprachlich ausgezeichnet oder hervorragend gewor-

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den, und schicken sich an, auch ihre nähesprachliche Markierung zu verlieren. Stark, cool und geil sind im Aufstieg begriffen, wobei stark schon weiter in die diaphasische Kompetenz aller Sprecher vorgedrungen ist als cool, und cool schon weiter als geil. Die markiert jugendsprachlich sprechenden Gruppen verwenden zunehmend nicht mehr cool bzw. geil, sondern innovativ umgedeutete Wörter (krass oder korrekt) oder morphosemantische Verstärkungen des Typs supercool, supergeil oder oberaffengeil».

Jugendsprache ist also auf allen Ebenen des sprachlichen Diasystems nähesprachlich markiert. Darüber hinaus gestaltet sich die generelle Einordnung der Jugendsprache in das Varietätensystem allerdings schwierig; in der Literatur zur Jugendsprachforschung finden sich daher zahlreiche konkurrierende Definitionen, von denen einige Jugendsprache eher als diastratische Varietät, andere wiederum eher als diaphasische Varietät bzw. Register, wiederum andere als gruppengeprägten Sprechstil innerhalb der diaphasischen Varietät bezeichnen. Auf diese Definitionsproblematik soll im nächsten Abschnitt eingegangen werden. Zunächst erfolgt jedoch eine kurze Bestimmung des Begriffs der «Jugend».

4.2. Zum Begriff der «Jugend» Für die Jugend als universal auftretendes Phänomen existieren unterschiedliche Modellvorstellungen, wohl annähernd so viele wie aktuelle und ehemalige Gesellschaftsformen. Ihnen allen gemein ist, dass sie Jugend als «fase necessària del desenvolupament dels individus caracteritzada per la presència permanent de confluits interns» (Alegre/Herrera 2000, 121) bezeichnen. Die heute als Jugend klassifizierte Lebenszeit gibt es in ihrer derartigen Form erst seit relativ kurzer Zeit. Anfang des 20. Jahrhunderts entstand die ‹Jugend› als autonome und selbstbestimmte Lebensphase – zuvor verhinderte vor allem die frühe Integration ins Arbeitsleben die Entwicklung des Phänomens «Jugend». Gesellschaftliche Veränderungen, insbesondere längere Ausbildungszeiten, verschieben die Verantwortung als Erwachsener seit Mitte des 20. Jahrhunderts immer weiter nach hinten; die von Orientieren und Umorientieren geprägte Übergangsphase von Kindheit zu Erwachsensein gewinnt an Dauer: «L’ordenació de les etapes que van des de l’entrada a la pubertat fins a l’arribada a l’edat adulta ha sofert en els darrers anys una reestructuració que afecta tant a la transició dels estudis al món del treball, com al procés d’emancipació familiar i constitució d’una llar pròpia i autònoma. […] diríem que al llarg dels darrers cinquanta anys s’ha produit un canvi substitutiu en la manera de franquejar els quatre llindars que condueixen els joves a l’adquisició de nous estatus i rols socials: d’una banda, l’acabament dels estudis (llindar 1) i l’inici de la vida professional (llindar 2), que formen l’eix ‹públic› i, de l’altra, l’abandonament de la llar dels pares (llindar 3) i l’aparellament o vida en comú amb una altra persona (llindar 4), que consitueixen l’eix ‹privat›. […] aquest model sincrònic ha entrat en crisi per

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donar lloc, ‹a poc a poc› a un altre de caracteritzat no només per l’allargament de l’edat en què se superen els principals llindars d’entrada a la vida adulta, sinó també […] per la gran desconnexió entre els moments en què es franquegen els llindars […]» (Alegre/Herrera 2000, 122s.).9

Die Jugend darf jedoch nicht nur als reine Übergangsphase von der Kindheit zur Erwachsenenwelt betrachtet werden, sondern vielmehr als Phase mit teilweise kultureller Autonomie, die vor allem von Cliquen und kleineren Teilgruppen geprägt wird. Diese peergroups (als weitere Untergliederung der subkulturellen Gruppen im Gesamtkontext der jugendlichen Großgruppe) üben teilweise großen Einfluss auf einzelne Individuen aus und gelten mithin als Modelle zur Entwicklung und Konsolidierung der persönlichen Identität. Dabei kann der Gruppenzwang, z. B. auch in Bezug auf den Sprachgebrauch in der Gruppe, explizit oder implizit, offen oder versteckt auftreten. Der versteckt und subtil ausgeübte Gruppenzwang ist aus psychologischer Sicht der effektivere, nämlich der, dem man sich als Individuum nur mit stark entwickelter Persönlichkeit entziehen kann. Neben der Wirkung der Gruppe nach innen und ihrem Einfluss auf ihre einzelnen Mitglieder hat jede Gruppe auch eine entsprechende Außenwirkung. Kremnitz beschreibt diese wie folgt: «Kollektive Identität hat […] immer etwas mit Abgrenzung zu tun. Sie bildet sich immer auch gegen andere Gruppen, allerdings sind sie in Oppositionen, in denen sich solche Relationen darstellen lassen, sehr komplex: zum einen können sie kaum je nur zwei Gruppen in eine Relation stellen, mindestens lateral spielen immer auch weitere Gruppen hinein, zum anderen wird auch kaum je nur ein Merkmal eine Rolle spielen».10

Schwierig gestaltet sich auch die Bestimmung einer Altersgrenze – bis zu welchem Alter wird ein Individuum noch zur Gruppe der Jugendlichen hinzugerechnet? Hier weichen die bisherige Studien zu Jugendkultur oder Jugendsprache extrem, vor allem kulturell bedingt, voneinander ab. Deutsche Publikationen gehen meist von einem jugendlich pubertären bis postpubertären Publikum aus, betrachten also vor allem Schüler bis zu einem Alter von 18 bis 20 Jahren. Spanische und katalanische Publikationen setzen das Höchstalter weitaus höher an, manche Studien bezeichnen auch noch 35jäh-

9 10

Hervorhebungen im Original, Anmerkung der Autorin. Kremnitz (1995, 70); cf. 4.4.1; besonders bezüglich der Gruppenbildung sei auf die Problematik der Jugendlichen aus Immigrantenfamilien hingewiesen. Alegre/ Herrera (2000) verweisen auf die Herausbildung von sogenannten «endogrups» mit anderen Jugendlichen aus Immigrantenfamilien. Dieses Phänomen tritt vor allem bei Jugendlichen auf, die relativ spät in die neue Gesellschaft kommen, bei denen keine oder nur eine sehr geringe Integration ins Schulleben erfolgen kann und deren Eltern eventuell keine legale Aufenthaltssituation haben. Die Autoren sprechen in diesen Fällen bezogen auf die nicht garantierte soziale Integration und berufliche Entwicklung von «itineraris de transició clarament destructurades» bzw. sogar von «trajectòries en precarietat».

103

rige als Jugendliche.11 Betrachtet man die eingangs erwähnten Schwellen zwischen Jugend- und Erwachsenwelt, erscheint dieser Unterschied weniger befremdlich. Gerade in Bezug auf die private Ebene erfolgt die Abkapselung der Jugendlichen vom Elternhaus, oft aus finanziellen Gründen, sehr spät, so dass die Berücksichtigung von 30jährigen in Studien zur Jugend aus soziologischer Sicht durchaus gerechtfertigt erscheint. In dieser Untersuchung wird, analog zur Definition der Vereinten Nationen (cf. http://www.un.org, letzter Zugriff am 27. Februar 2008), die Altersgrenze bei 19 Jahren angesetzt, was in meinen Augen jedoch nicht mit dem Ende der Jugendzeit gleichzusetzen ist. Man kann allerdings davon ausgehen, dass dieses Alter einen Einschnitt im Leben vieler katalanischer Jugendlichen darstellt, da mit dem Ende der Schulzeit nach dem batxillerat tief greifende Veränderungen (Studienbeginn oder Eintritt ins Arbeitsleben, damit verbundene Umzüge und das Kennenlernen neuer Freunde etc.) anstehen, welche sich eventuell auch auf die Sprachgepflogenheiten auswirken.

4.3. Die katalanische Jugendsprache im Varietätenraum Eine Situierung von jugendsprachlichen Äußerungsformen im Varietätensystem gestaltet sich äußert komplex und vielschichtig. An dieser Stelle sollen nur die für diese Arbeit relevanten Aspekte, d.h. vor allem die diaphasische Ebene, näher beleuchtet werden. Auf regionale Unterschiede einzugehen und somit die Jugendsprache in ihren diversen diatopischen Ausprägungen darzustellen, kann und will diese Arbeit nicht leisten. Sicherlich interessant, wenn gleichfalls zu umfangreich, wäre eine Analyse der Sprechweise katalanischer Jugendlicher in Bezug auf diastratische Unterschiede, d.h. ein Vergleich jugendlicher Sprechweisen zwischen «höherer und niedrigerer Umgangssprache». Diese Möglichkeit, ebenso wie die Analyse von Jugendsprache auf der

11

Cf. hierzu für Katalonien Generalitat de Catalunya (1999b), Salvadó (1998), Romaní (1992). «Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß die Angehörigen einer bestimmten Altersgruppe aufgrund der für die verschiedenen Lebensalter konstitutiven Erfahrungs- und Handlungswelten auch ein entsprechend ähnliches Sprachverhalten an den Tag legen» (Linke/Nussbaumer/Portmann 1996, 309). Betrachtet man weitergehend bisherige Studien zu Jugendlichen und Jugendsprache, so wird man sich sehr leicht der Problematik einer genauen Definition des Terminus ‹Jugend› bewusst. Barruti stellt dazu folgende Überlegung an: «En resum, considerem la joventut com una construcció social que constitueix el resultat dinàmic de la interacció de dos elements fonamentals, que són les images culturals sobre la joventut, i les condicions socials dels diferents grups de joves. No podem considerar la joventut com un conjunt homogeni pel fet de ser un grup que està dins d’una determinada edat (quina o quines?) o de compartir una mateixa situació de subordinació en relació amb els adults del seu entorn immeditat» (1990, 14). In der katalanischen Literatur findet sich für den Lebensabschnitt von 12 bis 17 Jahren auch der Terminus adolescència (cf. Serra/Huguet 1993).

104

diatopischen Ebene, stellt Radtke in folgender Graphik dar. Hierbei werden die diatopische und diastratische Ebene der Jugendsprache ihrer «Sondersprachlichkeit» gegenübergestellt, wobei der Autor vor allem den diaphasischen Aspekt der Gruppensprachlichkeit hervorhebt. Sprache Jugendlicher (linguaggio dei giovani)

 umgangssprachlich überregional

sondersprachlich

vs.

regional

Generationenbezogenheit große Gesellschaftsgruppen

(diatopische Marktierung)

Kleingruppenbezug/ gewisse Sachbereichsorientierung

höhere niedere Umgangssprache Umgangssprache Jugendlichenjargon

(diastratische Marktierung)

sexuellskatologische Vulgärsprache

hohe Alltagssprachlichkeit uneingeschränkte Verständlichkeit deskriptive Normen adäquates Sprachverhalten

Schülerjargon Drogenjargon Politjargon Militärjargon etc.

hohe Sondersprachlichkeit Jargonisierung gesteigertes Expressivitäts- und Emotionspotential soziale Konsonanz von Subkulturen

Graphik 4–2: Jugendsprache im Varietätenraum (Radtke 1990, 139)

Der diastratische Aspekt soll kurz angesprochen werden und im konkreten Fall des Argots Beachtung finden. Hinzuweisen wäre an dieser Stelle weiterhin auf die Stadtsprachenforschung. Stadtsprachen oder Urbanolekte lassen sich sowohl in diatopischer als auch in diastratischer Hinsicht gegenüber dem Standard klassifizieren: Sie sind räumlich zu verorten und sozial stratifiziert. Stadtsprachen haben sich im Zuge von Wanderungsbewegungen entwickelt, haben Einfluss auf die Standardisierung von Dialekten ausgeübt und vielfach die Unterschiede zwischen verschiedenen Dialekten eingeebnet (cf. Dittmar 1997, 193ss.). Die vorliegende Arbeit geht von Jugendsprache im städtischen Umfeld von Barcelona aus und hat nicht die Zielsetzung, diese mit nicht urbanen, jugendlichen Varietäten des Katalanischen zu kontrastieren – daher erscheint mir eine explizite Differenzierung von städtischen Varietäten gegenüber der Standardvarietät oder anderen Varietäten an dieser Stelle nicht nötig.

105

4.3.1. Der diastratische Aspekt der katalanischen Jugendsprache: Parlar xava und argot juvenil Eine Besonderheit – vor allem der spanisch geprägten – Jugendsprache Barcelonas ist das so genannte parlar xava, das von Jugendlichen aus einfachen Vierteln Barcelonas (xave = noi (Junge) im caló) entwickelt wurde. Teilweise spricht man auch von parlar xanego, wobei der Unterschied zu xava allerdings schwer und nur aufgrund soziologischer Überlegungen (cf. López de Castillo 1976, 55) festzumachen ist. López de Castillo definiert xava oder xanego als «parlar fortament acastellanat de l’immigrant de parla castellana que ha après el català al carrer, a la feina […], i que el domina a males penes, amb grans llacunes en tots els camps […], omplint-les amb els corresponents castellans. Es tractaria de modalitats criolles de llenguatge. Els seus límits, doncs, serien força imprecisos, ja que estarien en funció de la capacitat lingüística de cada parlant. Les realitzacions individuals comprendrien així una gamma amplíssima de possiblitats, amb l’única característica comuna d’un llenguatge fortament barrejat que no ha arribat a dominar el sistema de la llengua, característica que apareix com a clarament perceptible fins per al catalanoparlant corrent no cultivat en llengua pròpia» (1976, 56).

Angesichts dieser Definition könnte man davon ausgehen, dass sich vor allem stark vom Spanischen beeinflusste jugendliche Sprecher, z. B. aus der Generation neuer Immigranten, das parlar xava aneignen dürften. Davon betroffene Orte könnten vor allem der Industriegürtel von Barcelona sowie Innenstadtbereiche mit großem Anteil an (häufig sozial schwacher) Immigrationsbevölkerung sein. In Wirklichkeit ist der Einfluss des parlar xava jedoch viel größer und reicht mittlerweile in weitere Gesellschaftsgruppen hinein: «Val a dir, però, que algunes d’aquestes característiques12 del parlar xava s’han anat generalitzant els darrers anys, especialment entre les generacions més joves. La causa no és altra que la massiva castellanització de l’ambient (escolarització més àmplia que mai, tant en abast de població com en durada, amb bandejament del català). Aquesta influència actual massiva del castellà ha trobat una base ja existent en el dit parlar xava, la qual cosa ha potenciat alguns dels seus trets, especialment fonològics, i els ha estès cap a posicions avançades dins la llengua familiar d’una proporció més grand de parlants. Així no és estrany de trobar aquí i allà gent que han arribat a un nivell de llenguatge en aparença standard – a causa d’uns cursos de català que hagin pogut seguir, d’una més o menys familiaritat amb la llengua escrita – i que posseixen en canvi alguns d’aquests trets (ensordiments, vocals mitjanes, castellanismes lèxics i sintàctics) combinats curiosament amb cultismes i arcaismes» (López de Castillo 1976, 58).

Das parlar xava ist in seiner relativen Begrenzung als jugendliche Gruppensprache den Argots13 zuzurechnen, die immer einer bestimmten sozialen

12 13

Vor allem bezogen auf die phonetischen Merkmale, Anmerkung der Autorin. Die Bezeichnung Argot entstammt dem Französischen und existiert in verschiedenen romanischen Sprachen; das Englische verwendet dafür die Bezeichnung

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Schicht oder Gruppe entstammen. Sie verfügen über ein spezielles Vokabular, das allerdings nicht mit dem technischen Vokabular von Fachsprachen zu verwechseln ist (López de Castillo 1976, 58s.):14 «Del punt de vista dels nivells de llenguatge podríem dir que, per a cada grup, l’argot correspondria a un nivell col·loquial o familiar, mentre que el vocabulari específic (en el cas d’oficis, professions, etc.) constituiria part integrant del propi stàndard. Així podríem establir: standard

tècnic =

familiar-col·loquial

argot.«

Argot ist eine Gruppensprache, die mehr oder weniger manifest intendiert, Nicht-Gruppenmitglieder auszuschließen, indem sie gleichzeitig die Gruppenidentität intern verstärkt. In vielen Fällen findet Argot im Sinne einer echten Gruppensprache nur innerhalb dieser Gruppe als Umgangssprache Anwendung, in der Kommunikation nach außen verschwindet er aber. Dadurch entsteht unmittelbar eine soziale Wertung des Argot, der so einer familiären, umgangssprachlichen Ebene mit eingeschränktem Wirkungskreis zugeordnet wird (cf. López de Castillo 1976, 60). Erste historische Hinweise auf katalanischen Argot gehen ins Valencia des 16. Jahrhunderts zurück, wo wirtschaftliche Unbeständigkeit und Kriminalität zum Entstehen dieser «Sondersprache» beigetragen haben. Erste sprachwissenschaftlich bedeutende Beschreibungen des Argot finden sich in Barcelona Ende des 19. Jahrhunderts, die z. B. von Max-Léopold Wagner (1924) aufgezeichnet wurden. Viele der Ausdrücke entstammen den Zigeunersprachen caló oder romanó15 und dem Bereich der Kriminellensprache. Daher findet man als Definition für Argot in historischen Publikationen auch: «manera de hablar de los gitanos ó de los ladrones y rufianes, usada por ellos solos y compuesta de voces del idioma castellano con significación distinta de la

14

15

slang, das Deutsche spricht häufig von Jargon. In der französischen Soziolinguistik wird Argot häufig mit Studentensprache oder allgemein jugendlicher Sprechweise gleichgesetzt. Man kann Argot demnach auch als eine Art Szenesprache verstehen (cf. Hinrichs 1983/1984; Braun 1987). Radtke (1984) betrachtet Argot, Jargon und Slang als Sondersprachen, will aber nur das Kriterium der Lexik angewendet wissen, «die in eine mehr oder weniger substandardsprachliche» Syntax eingebettet ist. Eine ähnliche Auffassung findet sich auch bei Sanmartín: «Los argots comparten un léxico más genérico y constituido por elementos cotidianos a cualquier hablante como la ropa, el dinero, el cuerpo humano, la bebida o comida, etc. Este rasgo separa el argot de la jerga y el tecnicismo […]» (1998, 48). Caló und romanó sind die Sprachen spanischer Zigeuner, vor allem aus Andalusien, deren Einfluss auf die Gaunersprache germania vor allem im 19. Jahrhundert zunimmt. Im 20. Jahrhundert spricht man zunächst auch von caló jergal, später dann von caliente als Gaunersprache.

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genuïna y verdadera, y de otros muchos vocablos de formación caprichosa ó de origen desconocido ó dudoso» (Besses 1905, 1s.).

Argot wurde in der Vergangenheit lange Zeit auch als Geheimsprache bezeichnet und hat einen eigenen «Wortschatz». Dieser gestaltet sich kreativ, indem zum konventionellen Wortschatz unkonventionelle Alternativen erfunden werden. Besonders gut ersichtlich ist dies an Bezeichnungen für spezifische Berufsgruppen;16 beispielsweise findet man im katalanischen Argot für die Bezeichnung des Berufs Politiker Ausdrücke wie politicastre oder politiquer, für Polizei sogar eine noch größere Vielfalt mit Bezeichnungen wie pasma, bòfia, madam, etc. Im Katalanischen findet man Ende des 19. Jahrhunderts im Argot viele (verfremdete) Wörter mit Suffixen, die als Geheimcode dienen, z. B. brisquiar anstelle von obrir.17 Argots waren immer rein urbane Phänomene, die aus dem Bedürfnis einzelner sozialer Gruppen entstanden, sich gegenüber anderen Gruppen abzugrenzen und zu identifizieren. Der Argot fungierte als Gruppensprache und hatte eine identifizierende Funktion. Gleichzeitig diente er zum Ausdruck von Werten und Haltungen, indem er als so genannte antillenguatge das Gefühl der Marginalisierung und der Opposition zur Gesellschaft vermittelte. Dies mag einer der Gründe sein, weshalb einige Lexeme des ehemaligen Argot dels marginats i delinqüents (cavall = heroina, camell = traficant, al·lucinar oder flipar = tenir sensacions oder al·lucionacions, privar = beure alcohol) in der Jugendsprache aufgegriffen werden: «Aquest es el factor que generalment més atrau als joves: el fet que l’argot expressa i simbolitza el rebuig a l’autoritat i el trencar les formes» (Enciclopèdia Catalana 2001, 195).

Beispiele des parlar xava finden sich auch im Korpus der vorliegenden Arbeit wieder. Dazu gehören vor allem Lexeme aus der Welt der Drogen, z. B. eben al·lucinar oder auch porro oder solche, die vulgär oder sexuell konnotiert sind wie cagar (cf. hierzu Pomares 1997). Am Beispiel von tio, das von Pomares im Diccionari del català popular i argòtic (1997) aufgeführt wird, lässt sich aus eigenen Erfahrungen erkennen, wie weit der Argot schon in die allgemeine Nähesprache vorgedrungen ist:

16

17

Gerade die unterschiedliche Bezeichnung für Berufsgruppen gibt Hinweise auf die Ursprünge dessen, was z. B. im Deutschen auch als Jargon bezeichnet wird: ein Mittel zur interprofessionellen Verständigung zwischen Kollegen innerhalb gleicher Arbeitsfelder (cf. Dittmar 1997, 219). Reduktion der ersten Silbe; die zweite Silbe und somit ein Teil der Verbendung wird Teil des Verbstamms – bri(squi), das Verb erhält eine neue Endung -ar (cf. Enciclopèdia Catalana 2001, 194ss.).

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JOVE3 A: vull dir que és molt al·lucinant, no/ JOVE38 pos que:el Edu i jo la vam cagar\ JOVE35 A: era un porro {(FF)uhuhu/} @@ B: @@@ C: @@ A: i el tio/ el tio veu

Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist die Madrider Jugendsprache der 70er und 80er Jahre, das cheli, das aus der contracultura, der kulturellen Gegenbewegung der Jugendlichen in den 70er und 80er Jahren, heraus entstanden ist und sich zahlreicher Ausdrücke aus dem Argot bediente. Ein von katalanischen Sprachwissenschaftlern18 als problematisch bezeichneter Punkt ist das nicht vorhandene Ausschöpfen der kreativen Möglichkeiten zur Schaffung eines neuen katalanischen Argots. Seit der Unterdrückung des Katalanischen durch das Franco-Regime entsteht Argot in Katalonien fast nur noch auf Spanisch – der wenige, vermeintlich katalanische Argot, ist in Wirklichkeit oft nur eine Entlehnung aus dem Spanischen, teilweise ergänzt durch englischsprachige Elemente. An folgenden Korpusbeispielen (tio aus dem Spanischen, bzw. al·lucinant, heavy aus dem Englischen) wird dies deutlich:19

18

19

Das Thema des wenig bis fast gar nicht vorhandenen Argots auf Katalanisch bzw. das Fehlen von neuen Entwicklungen wurde von allen für diese Arbeit interviewten Sprachexperten (INFO1, 4, 8) bestätigt. In den Augen der Experten gibt es kaum Slang oder Argot, weil fast alle wichtigen, von den Jugendlichen genutzen Kulturprodukte (Kino, Musik etc.) in spanischer Sprache verfasst sind. Die Bemühungen um ein standardisiertes Katalanisch in den katalanischen Medien (cf. 3.2.3, 3.3.6.) verhindern ebenfalls, dass wirklicher Argot entsteht, auch wenn in dieser Hinsicht Bestrebungen existieren, jugendliche Sprechstile zu berücksichtigen. In den Augen der Befragten könnte man damit rechnen, außerhalb Barcelonas, in ländlicheren Gebieten, sicherlich mehr jugendsprachlich umgangssprachliche Äußerungen auf Katalanisch zu finden – diese seien jedoch dann stark diatopisch geprägt und könnten nicht als allgemein typisch für die aktuelle katalanische Jugendsprache gelten (cf. Graphik 4–1). Ob die hier genannten Beispiele wirklich als Argot gelten können, sei dahingestellt; m. E. sind sie nicht unbedingt einem bestimmten Soziolekt im Sinne eines Argot zuzuordnen, sondern sind Teil der allgemeinen katalanischen Nähesprache, besonders das Lexem tio. Sie sind allerdings auch im Wörterbuch von Pomares (1997) zu finden, daher wurden sie hier ausgewählt.

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JOVE4 t’enviarànt’enviaràn a Iraq tio\ JOVE3 A: però:. però bueno/ és al·lucinant, perquè- (..0,7) és un fòrum: no séJOVE0 Això d’aquest noi és molt heavy

4.3.2. Jugendsprachliche Varietät vs. jugendlicher Sprechstil Innerhalb einer Varietät stehen den Sprechern zur Durchführung sprachlicher Handlungen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung; sie treffen unter diesen Möglichkeiten – den Stilen – bewusst oder unbewusst eine Auswahl, je nach intendierter kommunikativer Wirkung ihrer Sprechhandlung. Dittmar nimmt Bezug auf verschiedene Stilbegriffe (u. a. von Labov) und betrachtet Stil als ein «auf Wirkung und Expressivität ausgerichtetes System tendenzieller Gebrauchspräferenzen (von Sprechern), die kontextgebunden und gefiltert durch Registeranforderungen aus den verschiedenen Ebenen des einzelsprachlichen Varietätenraums Ausdrucksformen selektieren und diese mittels Kookkurrenzrestriktionen zu einer spezifischen Stillage kombinieren» (1997, 226).

Register ist nicht leicht vom Begriff Stil abzugrenzen. Register sprechen vor allem «erwartbare» Formen des Sprachhandelns an und haben also prototypisch mit dem Muster- und Gebrauchswissen von Situationen zu tun. Eine bestimmte Person wird je nach Situation, z. B. im beruflichen oder im privaten Umfeld, ein anderes sprachliches Register aktualisieren, da sie sich in der konkreten Situation auch einer bestimmten sozialen Gruppe zuordnet. Auch Veränderungen innerhalb einer Situation können die Wahl eines anderen Registers hervorrufen (cf. Linke/Nussbaumer/Portmann 1996a, 306). Soziolinguistische Stile hingegen markieren vor allem Gruppen, die Situation spielt, im Gegensatz zum Register, eine untergeordnetere Rolle. Stile verbinden sich prototypisch mit der personen- oder gruppenspezifischen Expressivität der jeweils durchzuführenden kommunikativen Aufgabe. Sie vermitteln Informationen über den Sprecher (Geschlecht, Alter, Herkunft etc.) sowie nichtsprachliche Informationen,20 während Register in erster Linie auf den funktionalen Kontext bezogene Informationen liefern. Stil und

20

Typisch für die soziale Identität (Gruppenidentität) als indizierendes Stilmittel sind auch die Verweise auf nicht-sprachliches Verhalten, die Art der Kleidung etc.: «Zum sozialen Stil gehören ebenso Eigenschaften des nicht-sprachlichen Verhal-

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Register sind also eng verbunden, Stil ist jedoch Register eigentlich nachgeordnet (cf. Dittmar 1997, 212, 222ss.). Dabei sind Register enger an soziale Normen gebunden als Stile, denn «Register sind kommunikative Praktiken […], deren Erfolg an der Nähe zu den ‹legitimen› Normen gemessen wird» (Dittmar 1997, 212). Der Bezug zu kommunikativen Normen im Register äußert sich als Mittel zur Auswahl aus einem Repertoire nach den Regeln der situativen Angemessenheit: «Betrachtet man individuelle Repertoires als in ihren Erscheinungsformen sozialer Variation zugrundeliegende Basisvarietäten, könnte man Jugendsprache als einen gruppen- und altersspezifischen Ausschnitt aus dem Lebenszyklus von solchen Repertoires betrachten. Als entwicklungsspezifische Übergangsphase […] baut die Jugendsprache auf bereits erworbene dialektale und soziolektale Varietäten auf; andererseits werden bestimmte Teile des bestehenden Registers innovativ verändert» (Dittmar 1997, 230).

Die deutsche Jugendsprachforschung vermeidet es mittlerweile immer stärker, Jugendsprache als soziale Sondersprache oder eigenständige Varietät des Deutschen aufzufassen. Auch die situative Dimension des Registers wird weitgehend ausgeblendet (cf. Schlobinski/Kohl/Ludewigt 1993). Cherubim äußert sich dazu wie folgt: «Jugendsprachliche Ausprägungen auf verschiedenen linguistischen Ebenen […] rechtfertigen noch nicht den Status einer selbständigen Subsprache des Deutschen. Vielleicht sollte man eher von einer Suppletivsprache reden, zumal sie auch von Subjekten, den Jugendlichen, oft gezielt komplementär metakommunikativ oder ironisch distanziert gebraucht wird» (1986, 88).

Der Autor schlägt vielmehr die Bezeichnung Stilregister vor, ein m.E. der Begrifflichkeit der diaphasischen Varietät nahe stehendes Konzept, welches sich an dem u. a. von Augenstein (1998), Neuland (1994; 2003a und b), Neuland / Bleckwenn (1991) oder Schlobinski/Kohl/Ludewigt (1993) und Schlobinski/ Runkehl/Siever (1998) formulierten Sprechstilkonzept orientiert. Neuland (2003a und b) betrachtet Jugendsprache unter dem Begriff der subkulturellen Stile, d.h. unter Einbeziehung des charakteristischen expressiven Verhaltens eines Individuums auf diaphasischer Ebene. Subkulturelle Sprechstile Jugendlicher sind somit Ausdrucksformen jugendlicher Lebenswelten mit der besonderen Funktion der sozialen Distinktion gegenüber der Außenwelt der Erwachsenen und der Identifikation in den Innenräumen jugendlicher Lebenswelten. Die subkulturellen Sprechstile Jugendlicher werden also unter einem kulturanalytischen Aspekt analysiert. Das Sprechstilkonzept bezieht sich auf die sprechsprachliche Performanz, wo jedes Sprachelement ein potentielles Stilelement darstellt und nicht unbedingt an die Intentionen des

tens, der körperlichen Bewegung, des Distanzverhaltens, der Kleidung, der Einrichtung, der Ernährung usw.» (Kallmeyer 1994, 31).

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Sprechers/Schreibers gebunden ist. Die Bezeichnung der Jugendsprache als «Sprechstil» mit von den Jugendlichen geschaffenen Besonderheiten, findet sich auch bei Zimmermann (2004) wieder, der damit der Jugendsprache den Charakter einer «eigenständigen» Sprache zu nehmen versucht. Der Ausdruck Stil siedelt sich auf der Ebene der parole an, der Sprache in ihrer kommunikativen Realisierung; die Jugendlichen wählen sprachliche und visuelle Mittel gezielt aus und kombinieren sie, um eine bestimmte soziale Identität zu konstituieren. Auf diese Weise wird Stil zur «Relation zwischen Textelementen und ihrem funktional-situativen und sozialen Zusammenhang» (Androutsopoulos 2003, 275). Stil ist hier jedoch nicht als normatives Konzept zu verstehen, sondern stellt eine Zusammenfassung sprachlicher und sozialer Einzelerscheinungen dar. Im Gegensatz zu Varietäten, welche die Autoren auf der langue-Ebene als zur Verfügung stehende Ressourcen ansiedeln, sind Sprechstile konkrete Realisierungen in einem sozialen oder regionalen Umfeld, die spezifischen Darstellungs- und Ausdrucksbedürfnissen nachkommen (parole-Ebene). Wie bereits erwähnt, sind beide Konzepte für Jugendsprache zutreffend, je nachdem ob man die Betrachtung eher auf die langue- oder die parole-Ebene konzentriert. Die Jugendlichen bedienen sich schließlich ihrer Ressourcen des Sprachsystems (also der langue) und kombinieren diese spontan in ihren sprachlichen Realisierungen (parole-Ebene). Je nach Situation und Gruppe gestaltet sich die Abweichung der Realisierung von den «Standard-Ressourcen» mehr oder weniger stark. Ich verwende in diesem Sinne verallgemeinernd und unter Vorbehalt der bisherigen Erläuterungen den Begriff Jugendsprache als beide Auffassungen abdeckend. Wenn nötig, erfolgt eine Spezifizierung durch die genaueren Bezeichnungen Stil bzw. Varietät. Jugendsprache in der Outgroup-Kommunikation, d.h. in Kommunikationssituationen mit anderen als den Mitgliedern der eigenen Gruppe, ist immer expressiv als sozialsymbolisches Handeln markiert (cf. Augenstein 1998, 21). Diese markierten Sprachhandlungen können jedoch gruppenspezifisch gestaltet werden. Laut Augenstein kann «auch Jugendsprache […] als solch ein Sprechstil beschrieben werden, der sich über die Realisierung spezifischer Marker konkretisiert» (1998, 22). Der Sprechstil einer Gruppe generiert sich aus regelmäßig auftretenden expressiven Markern und wird zum Identifikationsmerkmal der Gruppe. Sprechstile Jugendlicher sind keine Erfindung einer Person, sie bilden sich im Kommunikationsprozess der Gruppe aus und spiegeln das Wertesystem, soziolinguistische Normen und die gemeinsame Erfahrung der Gruppe wider. Die Auffassung von Jugendsprache als Gesamtheit von Sprechstilen betont ihre Heterogenität: Es gibt so viele Sprechstile, wie es Jugendgruppen gibt. Jugendsprache(n) ist/sind Gruppensprache(n), allerdings auf verschiedenen Ebenen. Zum einen müssen wir von der Ingroup-Perspektive ausgehen, von singulären jugendlichen Sprechstilen innerhalb einzelner jugendlicher peergroups, d.h. den Gruppen Jugendlicher, die gemeinsam ihre Freizeit (und 112

evtl. auch Schulzeit) verbringen und gemeinsame Interessen verfolgen.21 Die für das Korpus ausgewählten Jugendgruppen können auch als peergroups bezeichnet werden, wobei das Konzept von peergroup hier weit zu fassen ist. Manche, z. B. die Musikgruppen (JOVE10, 19, 25), die Gruppe der okupes (JOVE3) oder Gruppen langjähriger Freunde (JOVE2, 6, 16, 22, 34) kann man als wirkliche peergroups bezeichnen. Andere Gruppen sind Zufallskonstrukte, z. B. Studierende im gleichen Kurs (JOVE5, 7, 8, 14), bei denen die Verbundenheit der Gruppenmitglieder auf äußere Umstände zurückzuführen ist, die von ihnen nicht immer wählbar sind. Zimmermann (2003b, 32) spricht in Bezug auf die peergroups auch von spezifischen kommunikativen Netzwerken, die bei Jugendlichen aufgrund der Generationenidentität dichter seien, häufiger aktiviert würden und eine größere Relevanz hätten als bei Erwachsenen. Im Gegensatz dazu steht die Outgroup-Perspektive der Intergruppenkommunikation, die sich einerseits in der Kommunikation jugendlicher «Szenen» oder peergroups untereinander, andererseits im makrosoziologischen Kontext als Kommunikation zwischen den Generationen beschreiben lässt. Sie stellt den Sprechstil der Jugendlichen dem der Erwachsenen (oder auch der Kinder) gegenüber (cf. Augenstein 1998, 25; Tajfel 1982). In dieser makrosoziologischen Outgroup-Perspektive ist Jugendsprache also auch ein Oberbegriff für eine Generationensprache, deren einzelnen Ausprägungen einige wesentliche Aspekte gemein sind. Hierzu zählt die Ambivalenz der Jugendsprache, das Spannungsfeld zwischen Provokation und Stereotypie sowie die teilweise noch recht ausgeprägte Infantilität und spontane Kreativität im Sprachgebrauch. Folgende Gesprächsbeispiele sollen dies für das Katalanische der jugendlichen Informanten veranschaulichen: JOVE12a A: si no: (..0,4) si la gent no pateix/ llavors no es la noticiala gent no vol veure les noticies perquè diguin el món és guai/ sino per {(E)patir}\ K: mh/ A: és unaés una real masoquista/

21

Die peergroup dient der sozialen Orientierung und Kontrolle beim Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenleben. Jugendliche projizieren ihre Probleme auf die Gruppe, identifizieren sich mit Werten oder Personen der Grupppe und entwickeln so ihre eigene Identität (zur sprachlichen Konstitution der Gruppenidentität cf. 4.5.2.6.).

113

que suposo que era tot así {(AC)és una bocata}B: @@ C: [@@] A: @@ B: xxxxx ja està\ A: ahi::: JOVE7 E: buenoB: no són(..0,6) A: sí:(..0,4) sobretot vas alals extrems de les línees i no sési agafes la línea cinc/ i te’n vas a Horta:/ (..0,4) a Horta ésE: {(@)no tornes @@@ B: @@ JOVE3 K: creus que serà possible/ A: i tantK: si/ A: sientre nosaltres ja parlem en català sempre-vull dir ehB: com un grup de pre: un lobby de [{(@)pressió}] A: un lobby de pressió\ B: @@@ A: @@

Am ersten Beispiel (JOVE12a) wird der Umgang der Jugendlichen mit Stereotypen (la gent no vol) sowie der provokative Umgang mit Sprache (és una real masoquista) deutlich. Gleichzeitig verwenden die Jugendlichen semantisch umgedeutetes Vokabular (és una bocata) auf kreative Weise, um so in der Gruppe Anerkennung – in Form von Lachen – zu gewinnen. Am zweiten Beispiel (JOVE7) zeigt sich neben dem kreativen Umgang mit Sprache durch den erzeugten Reim wiederum der integrative Aspekt von Jugendsprache. Dem Sprecher gelingt es, durch seinen Sprachwitz eine gruppendynamische Situation zu erzeugen, bei der die anderen Sprecher ihre Zustimmung durch Lachen geben und sich so als Gruppe mit der Äußerung identifizieren. Im dritten Fall (JOVE3) tritt die sprachliche Kreativität – ebenfalls mit integrativer Wirkung – in Form eines Neologismus bzw. einer neologistischen Komposition auf. Die synonymisch verwendbaren Lexien grup de presió bzw. der 114

Anglizismus lobby werden vom Sprecher kreativ und, wie die Intonation des Sprechers bezeugt, bewusst zu lobby de presió kombiniert. Es entsteht also ein Pleonasmus, eine Kreation, die in der Gruppe durch Lachen kommentiert und somit anerkannt wird. 4.3.3. Entstehen und Funktion von Jugendsprache Eine gute Zusammenfassung über Entstehen und Besonderheiten von Jugendsprache findet sich bei Zimmermann (2004, 27s.). Der Autor ordnet die Verfahren zur Kreation von Jugendsprache durch die Jugendlichen selbst allen sprachlichen Ebenen zu, schließt also Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexik, Semantik, Pragmatik, textuelle bzw. diskursive Formen des Redens sowie non-verbale und semiotische Aspekte ein. Jugendsprache entsteht und wird vorwiegend in Situationen mündlicher Kommunikation jugendkultureller Art eingesetzt; vor diesem Hintergrund muss sie als eine Sonderform der gesprochenen Sprache kategorisiert werden; daher werden ihr aber auch häufig Merkmale zugeschrieben, die gleichwohl allgemein Charakteristika der gesprochenen Sprache sind. Jugendsprache dient, wie wir bereits gesehen haben, als Mittel der Selbstidentifikation Jugendlicher, sie hat einen stark ludischen Charakter und ist oft Ausdruck des kreativen Umgangs mit Sprache durch die Jugendlichen (cf. auch Schwitalla/Streek 1989, 250). Die beiden folgenden Beispiele aus dem Korpus zeigen, wie einzelne Jugendliche durch den kreativen Gebrauch von Sprache (hier in Form von Homophonie) spielerisch mit ihren sprachlichen Ressourcen umgehen und sich gleichzeitig in den Mittelpunkt der Gesprächssituation (Hervorrufen einer positiven Reaktion in Form von Lachen bei den anderen Teilnehmern) stellen: JOVE7 A: a Espanya em penso que és un trenta i pico per cent/ i a Holanda un dinou per cent\ E: un trenta i pico per cent/ (..0,7) A: sí síE: wow, és molt\ B: @@@ A: és que sortia al metro avui\ B: @@ C: no però que sía mi no me sorpren:perquèE: [al metro allà-] (..0,4) a l’estiu és aixòvénen els: (..0,6) els estrangers aquí/ i vénen aquí:

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a la platja a beure D: i a {(@veure}\

Mag es auch wie ein Gemeinplatz wirken, so sei an dieser Stelle dennoch einmal mehr betont, dass es die Jugendsprache (und somit auch die katalanische Jugendsprache) an sich nicht gibt. Januschek (1989, 136s.; 1991, 117) geht sogar so weit zu behaupten, dass der Annnahme, es existiere so etwas wie Jugendsprache, Projektionen Erwachsener zugrunde liegen; entsprechend basiere der Begriff der Jugendsprache nicht auf der sprachlichen Realität, sondern suche sich nur seinen Gegenstand darin. Jugendsprache ist in sich differenziert und variiert sowohl regional als auch sozial. Darüber hinaus sei hier nur nebenbei auf weitere mögliche, z. B. geschlechts-, schichten- oder bildungsspezifische sowie ethische Unterschiede verwiesen. Wird die Jugend als eine homogene Altersgruppe verstanden, ist vielmals von Jugendsprache als Generationssoziolekt die Rede. Auf diese Weise sollen Sprachmerkmale betont werden, die für eine ganze Jugendgeneration charakteristisch sind, z. B. der Gebrauch von Modewörtern; gleichzeitig wird durch den Begriff Soziolekt der Aspekt der sozialen Schichtung angeschnitten. Wenn hingegen die Zugehörigkeit Jugendlicher zu verschiedenen Subkulturen berücksichtigt werden soll, stehen im Mittelpunkt der linguistischen Jugendsprachforschung die spezifischen Merkmale verschiedener subkultureller Sprachen, z. B. die Sprache der Fans unterschiedlicher Musikrichtungen (HipHop, Rap u. a.). Folgende Graphik veranschaulicht das unter dem Begriff der Jugendsprache zusammenfließende Variationsspektrum und stellt eine Auswahl verschiedener Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Subkulturen, Bildung, Medien etc. dar:

Standardsprache

࣐ ࣐ ࣐ Zeitgeschichte gesellschaftlicher Kontext Geschlecht

Bildungsgang

Region

Jugendsprache

Medien Alter

Situation

Gruppe

soziale Herkunft

Generation Subkulturen

Graphik 4–3: Variationsspektrum von Jugendsprache (cf. Neuland 2003b, 213)

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Demzufolge sollte man vielmehr im Plural von jugendsprachlichen Varietäten oder Sprechstilen sprechen, die unter dem globalen Oberbegriff der Jugendsprache Ausdruck unterschiedlicher jugendlicher Subkulturen sind, die nie alle Jugendlichen einer Generation oder eines soziokulturellen Raumes gleichermaßen erreichen können oder wollen (cf. Zimmermann 2004, 28; zur sprachlichen Abgrenzung unterschiedlicher Subgruppen cf. 4.4.1.; 4.2.5.6.). Eine weitere Besonderheit der Jugendsprache ist sicherlich ihre schnelle Wandelbarkeit, die nicht nur auf den Generationenwechsel zurückzuführen ist, sondern sich zu großen Teilen auch durch die Übernahme jugendsprachlicher Elemente in die Standardsprache bzw. in die allgemeine Nähesprache (durch Kommunikationsmedien und Werbung) ergibt. Solche Prozesse bezeichnet Zimmermann als Bedrohung für den «emblematischen Charakter» der Jugendsprache (cf. 2004, 34), der durch das Herausbilden neuer Charakteristika entgegen gewirkt wird. Unter den Konstitutionsverfahren, mit denen Jugendsprache kreiert wird, nennt Zimmermann vor allem die Verfremdungstechnik (d.h. dem Wort oder Ausdruck wird der Anstrich von Andersartigkeit gegeben), die Suffigierung (im Spanischen in großem Maßen durch die Suffixe {-ata}, {-eta}, {-ota}. Hierfür finden sich auch einige Beispiele im Korpus, die Entlehnungen aus dem Spanischen darstellen, wie drogata (cf. JOVE42a), die Verwendung von tabuüberschreitenden Termini bzw. «Kraftausdrücken» wie gilipollada oder der Bezeichnung einer Person als gilipollas (cf. JESC9), Inhaltskreationen auf semantischer Ebene z. B. maquillo (cf. JOVE7) bzw. Umsemantisierungen. Weiterhin besteht die Möglichkeit der Intervarietäten-Entlehnung/Quersprachigkeit (Entlehnung aus anderen Sprachen bzw. Varietäten der gleichen Sprache (Argot/Technolekte) sowie aus markanten Texten (Werbetexte, Fanzines, Fernsehsendungen) mit Hilfe der Bricolagetechnik, d.h. der Mischung von Alltagssprache und medialen Elementen (cf. 4.6.). Diese Techniken dienen der Symbolisierung der jugendlichen Generationenidentität und der Gruppenkonstitution. In der Jugendsprache existieren spezielle, von Jugendlichen geschaffene und zu einem bestimmten Zeitpunkt nur oder fast nur von Jugendlichen gebrauchte varietätenspezifische Elemente. Daneben findet man aber auch solche, die bereits früher in anderen Varietäten belegt waren, aber von Jugendlichen entlehnt werden und somit auch für jugendliches Sprechen charakteristisch sind, ohne spezifisch zu sein (cf. Zimmermann 2004, 34). Zu diesen beiden Verfahren gesellen sich die bereits erwähnten Inhaltskreationen, durch die neue materielle und kulturelle Gegenstände und Sachverhalte bezeichnet werden sollen. Viele solcher spielerisch wirkende Kreationen stehen in «funktionaler Beziehung zur generationalen Identität der Schöpfer und Benutzer und erwachsen aus spezifisch jugendlichen Gesprächssituationen mit entsprechenden Gesprächsstrategien» (Zimmermann 2004, 36). Jugendsprachlichen Varietäten oder Sprechstilen wurde lange Zeit und wird zum Teil heutzutage noch eine sowohl in sprachlicher als auch in gesellschaftlicher Hinsicht anti-normative Provokationsfunktion zugesprochen. 117

Jugendsprache an sich ist jedoch linguistisch betrachtet nicht wirklich antinormativ, denn sie braucht die Grundlagen der Standardsprache, um überhaupt existieren zu können. Ein Ausbruch aus den (sprachlichen) Normen, die manchmal in der Schulzeit als drückend empfunden werden, findet zwar statt, konzentriert sich aber oft auf eine, in dieser Hinsicht sehr flexible, sprachliche Ebene: die Lexik. Lange Zeit wurde Jugendsprache als eine primär lexikalisch markierte Ausdrucksform angesehen (cf. Radtke 1990, 137). Lexikalische Forschungen und Zusammenstellungen zur Jugendsprache im deutschsprachigen Raum finden sich bei Ehmann (1996), Heinemann (1989), Beneke (1986), um nur einige zu nennen. Für den spanischsprachigen Raum sind, vor allem im Hinblick auf die iberische Halbinsel, die Arbeiten von Zimmermann (2000) oder einzelne Arbeiten in den Sammelbänden von Rodríguez González (1989 und 2002b) zu erwähnen. Für das Katalanische können die Arbeiten von Vila/ Bellés (1989) oder Recasens Solé (1982) angeführt werden. Für die katalanische Jugendsprachforschung gilt aber, dass sie seit jeher sehr stark der soziolinguistischen Analyse verbunden war und nicht nur rein lexikalische Phänomene, sondern vielmehr Sprachkontaktphänomene auf allen sprachlichen Ebenen, vor allem auch bezüglich ihres pragmatischen Gehalts, untersucht hat. Es besteht meines Erachtens eine zunehmende Tendenz in der katalanischen Jugendsprachforschung, die Jugendsprache im Spannungsfeld zwischen dem Katalanischen und Spanischen (cf. Graphik 3–7.) besonders auf Phänomene des Code-Switching (cf. Boix 1993a; Vila 1996; Pujolar 1997) zu analysieren. 4.3.4. Konflikte der katalanischen Jugendsprache Transkodische Markierungen wie Interferenzphänomene (cf. 2.1.1.) auf allen sprachlichen Ebenen wie auch das Code-Switching (cf. 2.1.3.) sind nicht nur innerhalb des Spannungsfelds zwischen zwei Sprachen, hier also dem Katalanischen und dem Spanischen, zu sehen. In engem Zusammenhang mit diesem Spannungsfeld, sozusagen als eine Dimension desselben, öffnet sich ein neuer Konfliktbereich, der ebenfalls bereits angerissen wurde: das Spannungsfeld zwischen der (fehlenden mündlichen) Norm – und der sprachlichen Autonomie (cf. Graphik 3–2). Letztere bedeutet für die Jugendlichen den ihnen eigenen kreativen Umgang mit Sprache und Sprachkontaktphänomenen. Dieser «freie» Umgang stößt einerseits an die Grenzen zu großer Autonomie. Erreicht ist diese Grenze im Falle des Nicht-Erfüllens einer der Konversationsmaximen nach Grice, nämlich die der Modalität, d.h. die Äußerung klar und verständlich zu formulieren. Dies geschieht vor allem gegenüber Außenstehenden durch Rückgriff auf in der Gruppe bekanntes (Sprach-)Wissen. Ein relativ einfaches Beispiel aus dem Korpus macht dies deutlich:

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JOVE16 B: i dibuixos de: el Raimon\ K: dibuixos de què/ B: el de Raimon/ @@ A: @@ A. els mires encara/ B: encara els miro\ A: ostres\

Trotz Nachfrage seitens der außenstehenden Person wird das nicht verstandene Element (el Raimon) von Sprecher B nicht näher erläutert, sondern lediglich wiederholt. Der eigene Kommentar durch Lachen sowie die nonverbale und verbale Reaktion von A lassen erkennen, dass die Äußerung Teil des gemeinsamen Wissens von A und B ist und entsprechende Konnotationen bei beiden hervorruft. Am anderen Ende des Spannungsfeldes sieht sich Jugendsprache mit der (präskriptiven) Norm und ihrer Einhaltung konfrontiert. So erklärt es sich, dass in der Kommunikation der Jugendlichen sowohl bezüglich der als zu umgangssprachlich gewerteten Elemente (f- treure, wobei das anlautende [f] aufgrund inhaltlich-logischer Vermutung das Verb fotre oder auch fer ergeben hätte), als auch vor allem in Bezug auf Kastellanismen (casco, después, cine) Eigenkorrekturen oder, wie in dem Beispiel aus JOVE7, Korrekturen von den anderen Gruppenmitgliedern auftreten: JOVE40 (. 0.20) i tal-} que havia tingut que f- treure: el tio fora no/ (.. 0.34) perquè clarJOVE 3 A: I els casco (.0,3) els centres urbans JOVE4 A: [a Barcelona] al centre neuràlgic o sigui el centre::: la logística\ i despuesi després la distribuim a: a todocontra els fatxes\ JOVE 6 A: bueno, és aixòpues jo també l’utilitzomh: majoritariam:-

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per anar-me al cine(..0,5) K: mh/ A: al cinema\ JOVE 7 és molt més barato aquí:: C: [més barat] tot això\ el tabac per exempleés molt més barat aquí que a qualsevol altreB: ((weinerlich))ola:: és cert/ A: @@@ C: @@ B: @@@

Dass diese Norm für den mündlichen Sprachgebrauch im Katalanischen noch nicht hinreichend formuliert ist, stellt einen zusätzlichen Problemfaktor in besagtem Spannungsfeld dar (cf. 3.1.2.). Das Leben in diesem Spannungsfeld, geprägt von einem gewissen Streben nach Autonomie und dem Wunsch nach Provokation durch Sprache und auch «kulturelles» Verhalten hat einen emotiv-konativen Hintergrund. Ihm sind auch andere Funktionen von Jugendsprache zuzuordnen – die Abgrenzung gegenüber anderen (sozialen, generationalen, sprachlichen etc.) Gruppen (cf. 4.5.2.7.), das Streben nach Kreativität, Innovation und Originalität (dem die Jugendsprache oft selbst eine große Zahl stereotyper Phrasen entgegensetzt). Nicht unbedeutend ist weiterhin der ökonomische Aspekt jugendsprachlicher Kommunikation (cf. Buschmann 1994), d.h. das Streben nach möglichst hoher Dichte und Intensität des Informationsaustausches – ein Aspekt, der ebenfalls von den Jugendlichen durch teilweise große Redundanz – wie im folgenden Beispiel ersichtlich – zu Nichte gemacht wird: JOVE42 G: (... 1.34) {(F) joderVidal- ((cognom fictici)) tio\} (.. 0.56) {(F) joderper què l’hi vas deixar\ si és meva:\} J: (.. 0.55) ejo no l’hi vaig deixar\ [me la va xx] G: [{(F) hòstiano:\ Vidal\ ((cognom fictici)) no l’hi havies d’haver deixat\ ni posar-se-la\} (…) (.. 0.48) jo [l-] G: {(F) [hòs]tia-

120

tio\ ara no la veuré eenque enhòstia puta:\ jode:r\} J: (... 1.61) aviam tio\ xxG: {(F) joder\ ara no la veuré en dos setmane:s\ i estarà picada:\} (. 0.24) {(F) joder tio\ és que ets la hòstiaeh tio\} J:aviam\ truca’l\ tioaviam\ jo li vaig direh\ és del Poma\ no l’agafis\ diu da igual\ el Poma me la deixa\ se la va posar(. 0.22) i dic eh\ despu(é)s la deixes on estava\ i diu sí sí\ i no es va enrecordar perquè(.. 0.46) [xx] G: {(F) [sí:-] no es va enrecordar\ una polla\} (.. 0.36) {(AC)(F) no l’hi havies d’haver deixat\ és meva\ tio\ les coses que no són teves no les deixes\} J:joder\ [{que jo no l’hi vaig deixar\}] G: [{(F) hòstia puta\}] J: [{la va agafar\}] G: [{(F) Jordi\ és que no ho en]tens\ ara no la veuré en un mes\} (…) J: (. 0.25) que la va agafartio\ jo no l’hi vaig deixar\ (. 0.12) Gerard\ (. 0.18) collons\

121

G: xxx\ (.. 0.39) hòstia puta:\ J: (.. 0.77) parla amb ell\ [xxx] G: [jjoder\] merda\ sabia que nohòstia puta\ {(AC) no sé per què me la vaig oblidar\} xxx\ (.. 0.55) hòstia\ p(e)rò com se t’acudeix deixar-l’hi\ i què se la va emportarper la Mallola\ J: (.. 0.30) eh/ G: (. 0.18) se la va emportar per la Mallolaallà\ J: sí\ G: (. 0.20) i per què l’hi vas deixartio\ J: (.. 0.46) p(e)rò que no l’hi vaig deixart’estic dient\ tioque me la va agafar\ (... 1.18) jo vaig dirés del Poma\ (.. 0.70) i em diuno:\ que el Poma me la deixa\ no sé [què\ xx\]

4.3.5. Dynamik von Jugendsprache und ihre Integration in allgemeine Sprachnormen Die Quantität jugendsprachlicher Phänomene in der Kommunikation von Jugendlichen lässt keineswegs auf die Relevanz jugendsprachlicher Ausdrucksformen für die Altersgruppe selbst oder für Personen anderer Altersgruppen, welche diese übernehmen, schließen. Januschek äußert sich dazu wie folgt: «Die zahlenmäßig meisten Jugendlichen gebrauchen höchst selten diejenigen sprachlichen Ausdrucksformen, die uns als typisch jugendsprachlich auffallen und zwar so selten, daß die Verständigung nie gefährdet ist. Diejenigen Jugendlichen, die sich überhaupt ‹jugendsprachlich› artikulieren, tun dies nicht ständig, sondern nur in bestimmten Situationen […]. Die meisten der typisch jugendsprachlichen Ausdrucksformen werden auch von Nicht-Jugendlichen in der ein oder anderen Weise gebraucht» (1991, 117).22

22

Daher wird auch das dieser Arbeit zu Grunde liegende Korpus vorrangig qualitativ und nicht quantitativ ausgewertet.

122

Im Gespräch JOVE4 taucht beispielsweise sehr oft das Lexem terroristes als Kategorisierung für die eigene Gruppe auf, vermutlich durch die starke Präsenz des Begriffs in den Medien zum Zeitpunkt der Gesprächsaufzeichnung durch den Irak-Krieg. In anderen Aufzeichnungen aus dem Korpus ist es hingegen nicht zu finden: JOVE4 B: a veure: (..0,5) algu deu ferperò ja no ho sé A: @@@@ B: [@@@@] C: [@@@@] K: tan malament/ A: está fatal ehB: hi ha més policia perquè és difícilC: {(@) si si} A: o sigui:: semblem els terroristes{(@)no/ C: terroristes si sisom terroristes B: [sobre ] tot a les festes majors als barris/ (..0,6) fa uns anys no hi havia policia i aquest any hi ha hagut\ (…) A: jo vull o siguijo vull una mica d’independència\ C: {(AC) jo també vull independència}\ B: @@@ A: depèn de totperquè jo també però xxxxxx ja estàviure al meu lloc\ ((Zwischengeräusche)) viure al meu lloc\ ja està\ vosaltres/ B: igualC: hem de montar-nos terroristesehabans/ B: [fer] els estudis o algo\ C: jo xxxxx A: que diu/ C: que hem de montar-nos terroristes abans

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K: @@@ C: abans de ser independents\ B: terrorizar-lo K: {(@) aquí a Barcelona o a un altre lloc/ C: no aquí a Barcelona/ contraA: [a Barcelona] al centre neuràlgic o sigui el centre::: la logística\ i despuesi després la distribuim a: a todocontra els fatxes\

Sprachliche, spielerisch gestaltete Innovationen innerhalb einer jugendlichen peergroup werden zunächst von Kommunikationsteilnehmern der gleichen Altersgruppe rezipiert. Ob es sich hierbei um eine positive oder negative Rezeption handelt, hängt häufig mit dem Prestige der Gruppe bzw. ihres leaders (cf. Zimmermann 2003b) zusammen. Bei positiver Rezeption kann ein innerhalb einer Jugendgruppe kreiertes Phänomen regionale bzw. sogar nationale Bedeutung erhalten; vorausgesetzt, man geht von der Bezeichnung jugendsprachliche Varietät aus, so ist festzuhalten, dass Innovation und Ausbreitung jugendsprachlicher Phänomene sich zunächst einmal innerhalb der Varietät durch die Existenz von kommunikativen Netzwerken unter Jugendlichen manifestieren. Wie kommt es nun aber dazu, dass jugendsprachliche Äußerungen nicht nur von anderen Sprechergruppen aufgegriffen, sondern fest in der allgemeinen Nähesprache bzw. sogar in der Standardsprache verankert werden? Für die Übernahme jugendsprachlicher Innovationen in die Standardsprache wird oft das Argument der vermeintlichen «Modernität» der Jugendsprache angeführt, der Wunsch nach Übernahme modischer Elemente aus einer Terminologie, welche die Jugendlichkeit des Sprechers unterstützen soll (cf. Jakob 1988, 338). Sicherlich sind bestimmte Berufsgruppen besonders aufnahmebereit, darunter vor allem Lehrer und Sozialpädagogen bzw. Sozialarbeiter, die eng mit Jugendlichen in Kontakt stehen (cf. Jakob 1988, 338; Augenstein 1998:215).23 Überschreiten jugendsprachliche Ausdrücke die dia-

23

Die Imitation von Jugendsprache durch Erwachsene kann eventuell aus der Appellfunktion von Jugendsprache bzw. Sprache im Allgemeinen heraus interpretiert werden. Kommunizierende suchen nach der Aufrechterhaltung bzw. Steigerung ihres positiven Selbstwertgefühls. Diese erreichen sie z. B. durch Konvergenz, d.h. durch Anpassung ihres Sprechstils. Im Falle der Erwachsenen, die jugendsprachliche Äußerungen übernehmen, sind es die Statushöheren, die den Statusniedrigeren sprachlich entgegenkommen, dadurch aber ihre eigene Position stärken, indem sie den Jugendlichen Nähe signalisieren. Der weitaus häufigere Fall ist allerdings die Anpassung des Statusniedrigeren, in unserem Fall der Jugendlichen, an den

124

phasischen Varietätengrenzen, werden sie also in die allgemeine Nähesprache oder sogar Standardsprache24 aufgenommen, wird somit die Markierung «jugendlich» nach und nach implizit aufgehoben (cf. Zimmermann 2003b, 34). Für die Jugendlichen ist diese verallgemeinerte und häufig kommerzialisierte Jugendsprache wertlos, sie muss in der eigentlichen jugendsprachlichen Varietät wieder durch etwas Neues ersetzt werden, es vollzieht sich demnach ein Binnenvarietätswandel.25 Im engeren Sinne kann die bloße Übernahme von isolierten Phänomenen durch einzelne Sprecher noch nicht als Sprachwandel betrachtet werden, da es sich nur um eine spontane Innovation handelt. Die Motivation, die Innovation zu akzeptieren, kann ebenso wie das Motiv der Innovation ganz unterschiedlicher Art sein (cf. Wesch 2001, 141). Sprachwandel gilt meist erst nach Aufnahme in die Standardsprache, in der Regel nachgewiesen durch Aufnahme in Wörterbücher, als vollzogen. Je nach normativem oder deskriptivem Charakter der Wörterbücher gestaltet sich die Aufnahme jugendsprachlicher Elemente entsprechend einfacher oder schwieriger. Coseriu macht jedoch deutlich, dass es bereits den Prozess des Sprachwandels zu beobachten gilt, und definiert diesen als «[…] absichtsvolle Übernahme einer zufälligen oder absichtlichen Innovation im Sprechen eines Individuums durch ihn selbst bzw. vom Hörer und, von dieser einen Übernahme ausgehend, als eine sich fortsetzende Reihe von Übernahmen durch andere Hörer» (1958, 44s.).26

24

25

26

Statushöheren und seine Sprechweise aus dem Bedürfnis nach sozialer Anerkennung. Dies hat allerdings zur Folge, dass relativ wenige Elemente jugendlicher Sprechstile direkt in den Outgroup-Dialog gelangen (cf. hierzu Augenstein 1998, 81ss.; Boix 1993a, 85). Im folgenden wird der Kürze halber der Begriff Standardsprache verwendet. Eine genaue Unterscheidung zwischen allgemeiner Nähesprache (Umgangssprache) und Standardsprache bezüglich der Aufnahme jugendsprachlicher Elemente findet sich wieder bei der Diskussion um Sprachwandelphänomene im Zusammenhang mit Jugendsprache (cf. 6.). Zimmermann meint: «[…] hay cada vez más adultos que pretenden ‹rejuvenecerse› a través del uso de expresiones tomadas del lenguaje juvenil. Como los jóvenes tienen que reaccionar contra esta forma de asimilación e imitación de otros (adultos y niños) para conservar la función de lo que simboliza la identidad del grupo, se ven obligados a crear nuevos símbolos. Así se puede ver que la meta de los jóvenes al crearse una variedad específica no es contribuir al cambio del lenguaje estándar, sino establecer para sí mismos un símbolo de identidad. No obstante contribuyen con ello, sin intentarlo, a un cambio lingüístico. Este cambio puede ser efímero, si un rasgo cae en desuso poco después, pero puede también ser definitivo si primero los jóvenes lo usan con frecuencia y durante mucho tiempo hasta llegar al lenguaje estándar, cuando los hablantes lo integran en su código que consideran estándar, de forma que finalmente las agencias normativas se ven obligadas a codificarlo como ‹normal›» (2002, 144). Die Definition Coserius betrachtet den Sprachwandel vornehmlich als lineare Entwicklung und geht nicht auf differenzierte soziokulturelle Interaktionsstrukturen

125

Auch wenn Jugendsprache als innovative Gruppensprache in der Gruppe selbst sehr häufig die Standardsprache ergänzt, da sich Sprachwandel meist zunächst durch Verstöße gegen die Normen der Angemessenheit materialisiert, so sind ihre Einflüsse auf den allgemeinen Sprachwandel doch sehr begrenzt. Jugendsprache braucht die Standardsprache als Basis, wäre sie doch ansonsten in ihrer Reichweite in funktionaler und sozialräumlicher Hinsicht sehr eingeschränkt (cf. Jakob 1988, 346). Diese Reziprozität von Jugendsprache und Standardsprache dokumentiert anschaulich die nachstehende Graphik: 1. Stilbildung:

«Destandardisierung» (Neubildungen, Umdeutungen, Bricolage)

Jugendsprache

2. Stilverbreitung:

Standardsprache

«Restandardisierung» (Verlust sozio-kultureller Konnotationen und stilistischer Gebrauchspräferenzen)

Graphik 4–4: Jugendsprache und Sprachwandel (Augenstein 1998, 97)

Der jugendliche Sprechstil nährt sich durch «Destandardisierung», d.h. Neubildungen, Umdeutungen etc. von standardsprachlichen Elementen, die später wieder, bei der Übernahme von Jugendsprache durch Erwachsene, restandardisiert werden.

ein. Andere Autoren (cf. Wesch 2001, 141) plädieren dafür, Sprachwandel nicht als linearen, sondern als dynamischen Prozess zu untersuchen, der im Extremfall auch wieder rückgängig gemacht werden kann. López Morales (1993, 242s.) stellt, in Anlehnung an Cedergren (1987), den Sprachwandel in drei Dimensionen und mit drei theoretischen Produkten dar: «1) fuentes de innovación lingüística e innovaciones; 2) filtro de selección lingüística/variantes lingüísticas; 3) filtro de difusión y cambio lingüístico».

126

Ein weiteres Phänomen in der wechselseitigen Beziehung Jugendsprache – Standardsprache ist eine langsame Veränderung des sprachlichen Ausdrucks, die Jugendliche auf der Schwelle zur Erwachsenenwelt sukzessive vollziehen, d.h. die immer stärkere Zuwendung zur Standardsprache und Erweiterung der eigenen standardsprachlichen Kompetenz. Jugendsprachliche Ausdrucksformen werden dann stark eingeschränkt bzw. leben sie fast nur noch in Gesprächen mit ehemaligen Mitgliedern der gleichen peergroup weiter, werden aber nicht durch neue jugendsprachliche Mittel ergänzt. Im Anschluss an die Korpusanalyse (cf. 6.) wird nochmals auf das Thema des Sprachwandels eingegangen. Wenden wir uns nun aber zunächst einmal der aktuellen Situation der Jugendsprache(n) und -kultur(en) in Katalonien zu.

4.4. Jugendsprache in Katalonien Offiziell hat das Katalanische seit Ende der Franko-Diktatur in alle jugendlichen Lebensbereiche Eingang gefunden, doch wird es nicht von allen Sprechern aktiv und bewusst genutzt. Solé i Camardons meint dazu: «[…] molts joves tenen una representació idealitzada del contacte de llengües a la societat catalana en què viuen. […] dos de cada tres joves convergeixen amb l’interlocutor, és a dir, passen a parlar la llengua de l’interlocutor» (1997, 29).

Diese wenig optimistische Formulierung lässt jedoch auch etwas klar werden: Jugendliche Kommunikation findet in Katalonien statt und somit existiert auch dort Jugendsprache als Sprechstil und Varietät, die jedoch, soviel steht fest, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten großen externen Einflüssen ausgesetzt war und nach wie vor ist. Gerade bei sprachlich neu zu benennenden Gegenständen und Konzepten der Jugendkultur weicht das Katalanische häufig gegenüber anderen Sprachen zurück. Wenn katalanische Jugendliche beispielsweise über ihr neuestes Computerspiel oder Musik sprechen, dann tun sie dies zwar nicht unbedingt auf Spanisch, aber durchaus in einem Katalanisch mit einer hohen Durchsetzung an castellanismes oder anglicismes (cf. hierzu auch Solé i Camardons 1997, 30s.). Einige der zahlreichen Beispiele aus dem Korpus belegen dies: JOVE4 A: si diguessi digo una mica pues aleshores: (..0,6) no séxx de pensar pero vaya/ B: bueno jo sé que és un emepe tresi com funciona\ pero no sabia que:

127

que és pugui grabar veu\ K: en teniu/ A: jo tinc minidisc\ JOVE4 B: tot lo que:: tot lo que xxx pues pel moment música actual i popA: uah pop B: escolto també (..0,7) crash metal:

Es ist aufgrund der fortgeschrittenen Normalització lingüística allerdings davon auszugehen, dass ein Großteil der katalanischen Jugendlichen über grundlegende bis sehr gute Kompetenzen in der katalanischen Sprache verfügt (cf. Graphik 3–4). Es sollte also in der Jugendsprachforschung in jedem Fall auch darum gehen, den tatsächlichen Gebrauch des Katalanischen durch die Jugendlichen zu ergründen, wie Vila postuliert: «Val a dir que aquests sectors [els infants i els adolescents] són precisament els que més han experimentat l’avenç institucional del català. Caldria estudiar la manera que les recerques sociolingüístiques no deixessin de banda aquests sectors, tan crucials per al futur de la llengua. Ara com ara tenim menys informació d’aquests sectors que de la resta de la població» (2003, 154).

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Untersuchung hat seinen Ursprung in der Sprachkontaktforschung und widmet sich vor allem der Sprachwahl in jugendlichen peergroups sowie dem Code-Switching in der Kommunikation jugendlicher Sprecher untereinander.27 Grund für diesen Fokus ist die größere Durchlässigkeit jugendlicher Sprachvarietäten und der Jugendkultur für Kontaktphänomene: «[…] els fenomens de contacte de llengües no es reparteixen d’una manera homogènia al llarg de la comunitat. […] L’edat, la formació cultural, la classe social, el gènere, les posicions ideològiques, etc., són variables totes elles que permeten identificar reparticions diferents en l’ús de les marques transcòdiques» (Vila 1998a, 145s.).

Kommen bei Vila neben dem Alter noch weitere Faktoren ins Spiel, so betrachten Poplack/Sankoff/Miller den Faktor Alter getrennt von anderen Indikatoren:

27

Vila zitiert hier Heller, die von 1988 bis 1994 verschiedene Untersuchungen zum Code-Switching verschiedener englischer und französischer Sprechergruppen in Kanada durchgeführt hat: «Code-switching may be either conventional or anti-conventional. Conventional language practices represent relatively stable relationships of power, while their violations can be seen as forms of resistance. Conventions are created, maintained or changed through social interaction» (1996, 69ss.).

128

«Both a speaker’s age and English proficiency […] have systematic but generally only marginally significant effects, particularly on borrowing patterns. Younger speakers proficient in English have higher borrowing rates and use significantly more nonce and fewer widespread loans than the others» (1988, 76). «[…] Comparison of borrowing rates among the six age groups [15–24, 25–34, 35–44, 45–54, 55–64, 65+], however, shows that the proportion borrowings represent of the total vocabulary tends to decrease slightly though consistently with age, such that the youngest groups (aged 15–34) use significantly (pB>A (cf. 2003b, 33).

374

Korpusanalyse zu sehen war, tauchen immer wieder jugendsprachlich und auch mediensprachlich verwendete Lexeme auf, die – noch nicht – in den entsprechenden katalanischen Wörterbüchern verzeichnet sind, z.B. pijo (cf. 5.2.1.1.2.). Meistens tritt dieser Fall aber bei Entlehnungen aus dem Spanischen auf, viele jugend- oder mediensprachlich verwendete Anglizismen, wie hippy, tauchen hingegen in den katalanischen Wörterbüchern auf. Allerdings ist auch hier eine Diskrepanz zwischen dem Wörterbuch des Institut d’Estudis Catalans DIEC, welches den Anspruch vertritt, das für die katalanische Sprache normative Werk zu sein, und anderen Wörterbüchern wie dem GD62 zu erkennen. Vor allem die über den musikalischen oder computertechnologischen Fachwortschatz hinausgehenden Lexeme (z.B. cool, heavy) finden meist nur im GD62 Eingang, im normativen Wörterbuch sind sie – noch – nicht verzeichnet. Daneben gibt es auch in Bezug auf die morphosyntaktische Assimilierung der Anglizismen Unterschiede, die auf verschiedene Stadien der Übernahme eines Lexems in die Standardsprache – und somit der sprachlichen Veränderung – hinweisen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass z.B. weder das Substantiv sàmpler/sampler noch das Verb samplejar im Katalanischen in Wörterbüchern verzeichnet sind (cf. GD62, DIEC). Das GD62 kennt allerdings den nicht assimilierten Anglizismus sampling, der im Korpus hingegen gar nicht auftaucht. Nicht nur bei Anglizismen, sondern auch bei Lehnwörtern oder Lehnprägungen aus dem Spanischen lässt sich der noch nicht bis zum letzten Schritt der Lexikalisierung im normativen Wörterbuch vollzogene Prozess der sprachlichen Veränderung dokumentieren. Die Lexeme moguda, ro(t)llo oder marxa haben beispielsweise im GD62 u.a. die entlehnte Bedeutung aus dem Spanischen, die auch die Jugendlichen verwenden (cf. 5.2.1.2), die aber im DIEC nicht verzeichnet sind. Auch sprachintern gibt es ähnliche Fälle, so z.B. das Lexem versionar, das in der Jugendsprache und auch in den Medien eine semantische Erweiterung erfährt, welche in den Wörterbüchern noch nicht verzeichnet ist (cf. 5.2.1.1.7.). Ob es allerdings jemals dazu kommen wird, dass im Rahmen eines Sprachwandels diese Lexeme Eingang ins normative Katalanisch finden, lässt sich, wie bereits dargestellt, nicht vorhersagen. Lange Zeit ging die Sprachwandelforschung davon aus, dass die Mitglieder der einflussreicheren Klassen Innovationen hervorbringen (cf. Jakobson 1970, 552, Baylon 1996, 101). Die moderne soziolinguistische Forschung geht allerdings davon aus (cf. Labov 2001; Baylon 1996, 104s.), dass das betroffene sprachliche Element zunächst als stilistischer Marker in einer räumlich oder gesellschaftlich begrenzten Sprechergemeinschaft (meist mit niedrigem sozialen Status) – und dort relativ unregelmäßig – verbreitet ist. Diesen Ansatz stellen auch Lüdtke/Mattheier dar, die Neuerungen in ihrer Anfangsphase als oftmals diaphasisch sehr eng begrenzt bezeichnen und deren Realisierung als nur unter restriktiven situativen Bedingungen auftretend beschreiben (cf. 2005, 31). 375

Das Element erlangt dann eventuelle Verbreitung in der Gesellschaft, verliert seinen Status als stilistisch markiertes Phänomen und wird zum Indikator einer ganzen Gruppe. Dieses Verfahren wird von Labov als «change from below» bezeichnet (2001). Es liegt also ein Verallgemeinerungsprozess vor, «und zwar auf der diatopischen Ebene durch Ausweitung im Raum und auf der diastratischen Ebene durch Generalisierung innerhalb der gesellschaftlichen Gruppenstruktur» (Lüdtke/Mattheier 2005, 32). Dies kann aber auch durchaus dazu führen, dass höher stehende gesellschaftliche Gruppen der Innovation widerstehen und diese ablehnen (cf. auch Viaplana 2000, 46) und es, in Anlehnung an die höheren gesellschaftlichen Schichten, zu Hyperkorrekturen kommt. Ein Beispiel aus dem Korpus hierfür kann in der hyperkorrekten Realisierung der palatalen Affrikate beim Lexem show, wo das Englische die frikative Realisierung vorschreibt, gesehen werden (cf. 5.2.3.1.). Eine ähnliche Tendenz zur subkulturellen Stilbildung und deren Beitrag zum Sprachwandel «von unten» stellt auch Radtke am Beispiel der italienischen Jugendsprache fest. Er erwähnt diesbezüglich das heimliche Prestige des Substandards und sieht eine zunehmende Verwendung von Regionalsprachen gegeben, die das sprachliche, aber auch soziale Bewusstsein der Sprecher demonstrieren (1990, 163ss.). Das Aufgreifen von jugendsprachlichen Elementen durch die Massenmedien hat aber auch den Effekt, dass «Formen der Jugendsprache verblassen» (Radtke 1990, 163). Die Jugendlichen selbst sehen sich gezwungen, auf andere Formen auszuweichen, wenn die bisher von ihnen genutzte Form eine zu große Verbreitung erfahren hat und ihre jugendsprachliche Markierung somit aufgehoben ist. Abschließend sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Darstellung der Akzeptanz und Verbreitung jugendsprachlicher Elemente, zunächst innerhalb der jugendlichen Sprechergruppen selbst, schließlich in verschiedenen Varietäten bis hin zur Standardsprache nicht als der Prototyp jugendsprachlich bedingten Sprachwandels anzusehen ist. Es ist jederzeit möglich, dass nur Teilprozesse ablaufen, die wieder rückgängig gemacht werden oder einfach «verblassen», oder dass hier dargestellte Etappen übersprungen werden.

376

7.

Schlussbetrachtung

Die Tatsache, dass viele Jugendliche in Barcelona das Katalanische als Kommunikationsmittel untereinander benutzen, ist als Zeichen für die Erfolge der sprachlichen Normalisierungspolitik zu werten. Allerdings lässt sich – sozial bedingt – eine unterschiedliche Gebrauchsfrequenz für das Katalanische und das Spanische feststellen. So ist nach wie vor tendenziell ein höherer Gebrauch des Katalanischen in bürgerlichen Schichten und unter Akademikern zu finden, das Spanische hingegen ist – wenngleich diese Aussage nicht generalisierend getroffen werden kann – die bevorzugte Kommunikationssprache sozial schwächerer Gruppen, darunter vieler Migranten. Diese gesellschaftliche Verteilung bezüglich der Sprachwahl betrifft natürlich auch die Jugendsprache in Katalonien. Darüber hinaus befindet sich die jugendliche Sprechweise, wie sie in der Korpusanalyse dargestellt wurde, in einem sprachlich-kulturellen Spannungsfeld. Seine Pole sind einerseits die katalanische Sprache und Kultur, andererseits die urbanen Ausdrucksformen der Jugendkultur und ein urbanes Umfeld, das stärker als jede andere Region des Landes hispanisiert ist. Im Vergleich der katalanischen Jugendsprache mit den Äußerungsformen in Jugendsendungen katalanischer Kommunikationsmedien, wie er in der vorliegenden Arbeit angestellt wurde, lässt sich daher eine Tendenz feststellen: Die Jugendlichen benutzen im alltäglichen Sprachgebrauch mehr spanische Kontaktphänomene, als dies in auf sie zugeschnittenen Programmen in den Medien der Fall ist. Eine genaue Analyse, die nur das «Herauspicken» von Elementen der Jugendsprache und ihre negative Klassifizierung als vermeidbare Einflüsse des Spanischen zum Ziel hat, wäre wenig sinnvoll. Eine solche Herangehensweise wäre in ihrem präskriptiven Charakter einer Stigmatisierung der jugendlichen Sprechweise gleichzusetzen. Hauptziel dieser Arbeit war es hingegen, in größerem Maße als bisher deskriptiv zu erfassen, welche Elemente den Sprechstil der katalanischen Jugendlichen ausmachen. Die katalanische Jugendsprache als vor allem mündlich erscheinende Sprachform ist noch nicht ausreichend beschrieben. Problematisch ist vor allem der zu Grunde gelegte katalanische Standard. Auch nach zahlreichen Diskussionen, z.B. über català heavy oder català light bei der Entscheidung, welche Sprache in den Medien verwendet werden sollte (cf. 3.3.3.), und Veröffentlichungen zum mündlichen Standard muss die Frage nach der Existenz eines normativen Modells des mündlichen Katalanisch, das auf deskriptiven Erhebungen basiert, verneint werden. Es wird zwar immer 377

hervorgehoben, dass es den katalanischen Kommunikationsmedien, und hier vor allem dem Fernsehen, zu verdanken sei, dass die katalanische Bevölkerung in Kontakt mit einem mündlichen Standard gebracht worden sei; hiermit sind aber vor allem standardisierte Aussprachemuster bzw. die phonetisch-phonologische Ebene verschiedener Varietäten des Katalanischen gemeint. Betrachtet man die Jugendsprache, wie sie im Korpus dargeboten wird, so wird schnell klar, wie komplex die Spannungsfelder sind, in denen sich die Jugendlichen in sprachlicher Hinsicht bewegen. Ihr Streben nach Autonomie im Sprachgebrauch und der dadurch entstehende sorglosere Umgang mit der Sprache, führen dazu, dass das Spannungsfeld Spanisch-Katalanisch im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Beide Spannungsfelder (Norm-Autonomie; Spanisch-Katalanisch, cf. Graphik 4-10) können nicht ohne einander existieren. Mehr Autonomie im Sprachgebrauch der katalanischen Jugendlichen führt auch zu einem erhöhten Auftreten von Kastellanismen. Somit entsteht scheinbar ein «sprachlicher Verfall», der im Sinne der – immer noch stark präskriptiv geprägten – Norm als negativ gewertet wird. Wenn die Norm, in der die sprachlichen Äußerungen der Jugendlichen gemessen werden, vor allem die Norm für die Schriftsprache meint, sind Abweichungen davon vorprogrammiert. In dem Bewusstsein, dass für den mündlichen Sprachgebrauch auch in den Medien immer noch häufig die schriftsprachliche Norm zu Grunde gelegt wird, ist es nicht verwunderlich, dass in manchen Bereichen die dargestellten, mitunter auffälligen Unterschiede zwischen der «echten» Jugendsprache und dem, was die Medien als Jugendsprache ausgeben, auftreten. Eine wirkliche sprachliche Anpassung an die Jugendlichen seitens der Medien erfolgt nur sehr bedingt, sobald die Normativität der Äußerung durch Übernahme jugendlicher Sprachmuster in Frage gestellt werden kann, wird auf sie meist verzichtet. Faktoren wie Modernität oder mögliches Prestige bei den entsprechenden Zielgruppen treten hier gegenüber dem Sprachauftrag der Medien zurück. Somit existiert ein nicht nur auf das Bild der Jugendlichen in den Medien bezogenes «kulturelles» Spannungsfeld zwischen Jugendlichen und Kommunikationsmedien, sondern es umfasst auch die sprachliche Seite (cf. 4.6.2.). Folgende Darstellung zeigt, aus Sicht der Medien, das Spannungsfeld auf, in dem diese sich befinden, wollen sie sowohl ihrem Sprachauftrag, als auch ihrem jugendlichen Publikum gerecht werden:

Jugendsprache

mediale Jugendsprache

Sprach- und Normalisierungsauftrag der katalanischen Kommunikationsmedien

Graphik 7–1: Spannungsfeld Jugendsprache – Sprachauftrag der Medien (eigene Graphik)

378

Aufgrund der normativen Beschränkungen, welche sich die Medien auferlegen, tragen die Jugendlichen also weniger als häufig erwartet zu einer Veränderung der an sie gerichteten Mediensprache bei. Vielfach ist die von den Medien aufgezeigte Jugendsprache relativ verfestigt und konzentriert sich auf wenige Lexeme, die in die Dialogsequenzen eingeflochten werden, um Jugendlichkeit zu imitieren. In diesen Fällen liegt eine gezielt als Jugendsprache gestaltete Sprache vor. Diese bemühte Jugendlichkeit wird meist überdeutlich gezeichnet, so dass sie nach Aussagen vieler Informanten unnatürlich wirkt. Andere Sendungen, sogar diejenigen, die auf spontaner, ungeplanter Sprache basieren, wie Una altra cosa, weisen relativ wenige jugendsprachliche Phänomene und auch weniger Sprachkontaktphänomene auf, als häufig vermutet wird. Die Jugendlichen greifen relativ wenige, von den Medien als jugendlich dargestellte sprachliche Phänomene auf. Dies ist an den Unterschieden im Gebrauch der Anglizismen, aber auch an der in Kapitel vier dargestellten Bricolage-Technik zu erkennen. Von dieser medialen Ressource machen die Jugendlichen nur sehr begrenzt Gebrauch. Auch auf die außergewöhnliche sprachliche Kreativität der Jugendlichen weisen in den analysierten Beispielen weniger Äußerungen hin, als zu vermuten wäre (cf. 5.3.). Die oft gebrauchte Behauptung, Jugendsprache sei ein Teil einer durch die Medien geprägten Kultur, ist als zu generalisierend abzulehnen. Auf den Sprechstil der jugendlichen Informanten des Korpus trifft sie auch nur bedingt zu. Generell gilt es festzuhalten, dass im Vergleich zwischen der jugendlichen Sprechweise der Informanten und der als jugendlich dargestellten Sprechweise in den Medien mehr verbindende als trennende Elemente vorhanden sind. Auch die Protestfunktion von Jugendsprache zur Abgrenzung der Jugendlichen gegenüber dem Rest der Gesellschaft und vor allem gegenüber der Erwachsenenwelt, die in Arbeiten zur Jugendsprache häufig hervorgehoben wird, ist in der vorliegenden Korpusanalyse nur bedingt nachzuweisen. Die häufig angestellte Reduktion der Funktionen von Jugendsprache auf den Protest als zentrales Element ist meines Erachtens eine stark verallgemeinerte und auch vereinfachte Darstellung. Anhand der Korpusanalyse zeichnen sich aber der Gruppencharakter von Jugendsprache und die mehr oder weniger stark ausgeprägten Abgrenzungsmechanismen ab. Dennoch sei noch einmal hervorgehoben, dass die Unterschiede zwischen jugendlicher Sprechweise und der Mediensprache in jugendlichen Sendungen im vorliegenden katalanischen Fall nicht frappierend erscheinen. Dies führt zu der Frage, was an der jugendlichen Sprechweise der Informanten wirklich «jugendsprachlich» ist. Die vorliegende Arbeit verneint den Ansatz, Jugendsprache mit der Standardsprache auf Basis von Wörterbucheinträgen zu vergleichen, d.h. der Jugendsprache im Sinne einer substandardlichen Varietät nur die Elemente zuzuschreiben, die der Standard nicht kennt. Die Arbeit orientiert sich vielmehr am Sprechstilkonzept, das Jugendsprache in ihrer konkreten Realisierung im sprachlichen Umfeld der Jugendlichen beschrieben sehen will. Die auftretenden Phänomene sind dem379

nach nicht nach ihrer Existenz innerhalb oder außerhalb der Jugendsprache (im Standard oder in Fachsprachen, was bei den meisten auftretenden Lexemen der Fall ist) zu bewerten, sondern aufgrund ihrer Bedeutung für die Sprachrealität der jugendlichen Sprecher. Sie sind ein Teil des sich auch sprachlich manifestierenden dreifachen Spannungsfeldes, in dem sich die Jugendlichen befinden (cf. Graphik 4-12) und das sie bewusst oder vielfach auch unbewusst prägen. Zum einen konstituieren und gestalten sie durch explizite oder implizite Selbst- und Fremdkategorisierungen die Gruppe, zu der sie sich zugehörig fühlen. Neben den in Kapitel vier dargestellten Formen der Kategorisierung, besonders im Hinblick auf die Abgrenzung gegenüber dem von den Jugendlichen in den Medien verbreiteten Bild bzw. den Medien im Allgemeinen lassen sich auch auf der Ebene der Verwendung sprachlicher Elemente ähnliche Abgrenzungen aufzeigen. Zum jugendlichen Sprechstil der Informanten gehören gruppenprägende Elemente. Dies können auf eine kleine Gruppe beschränkte Lexeme, Phrasen etc. sein; es gehören aber auch im gesamten Korpus verzeichnete, von den Jugendlichen verstärkt eingesetzte Lexeme oder auch morphosyntaktische Elemente. Die Abgrenzung von der jugendlichen Mediensprache, die durch den Gebrauch dieser Elemente durch die Jugendlichen entsteht, ist aber weniger ein von den Jugendlichen bewusst vorangetriebener Prozess, sondern entsteht vielmehr durch die explizite Gebrauchseinschränkung eben dieser Elemente in den Medien. Die Tatsache wiederum, dass die Medien viele der unterschiedlich gebrauchten Phänomene als vermeidbare Kastellanismen ansehen, schlägt den Bogen zu den beiden anderen Dimensionen des Spannungsfeldes. An den genannten Beispielen wird der Konflikt zwischen Norm und Autonomie, zwischen Spanisch und Katalanisch deutlich. Für die jugendlichen Sprecher selbst in ihrer Kommunikation untereinander dieser Konflikt relativ bedeutungslos ist. Sie gehen auf natürliche Weise mit von der Norm abweichenden Elementen um und schenken spanischen Entlehnungen wenig Beachtung. Nur in einigen wenigen Fällen werden eindeutige Interferenzen von den Sprechern selbst oder von ihren Gesprächspartnern korrigiert (cf. 4.3.4.). Der jugendsprachliche Sprechstil der katalanischen Informanten befindet sich, wie dies für jugendsprachliche Varietäten/Register allgemein gilt, zwar in einem Spannungsfeld zwischen Autonomie und Sprachnormen, d.h. dem ständigen Wunsch, über die Normen hinwegsehen zu wollen, und der gleichzeitigen Notwendigkeit, diese zur Optimierung des Kommunikationsflusses nutzen zu müssen. Doch bietet der Aspekt der Zweisprachigkeit im Gegensatz beispielsweise zur Sprechweise monolingualer spanischer Jugendlicher in Madrid oder monolingualer deutscher Jugendlicher in Berlin eine interessante Komponente. Das Überschreiten sprachlicher Normen durch die Entlehnung spanischer Elemente trägt selbst dann nicht zu einem Scheitern der Kommunikation bei, wenn das Katalanische stark davon durchsetzt ist. Die Verständlichkeit für alle zweisprachigen Gesprächsteilnehmer, wie es die 380

Informanten des Korpus sind, ist zu jeder Zeit gewährleistet. Die Jugendlichen genießen somit eine kommunikative Freiheit, welche dazu führt, dass auf rein sprachlicher – und nicht politischer oder kultureller – Ebene (cf. 4.5.2.3.) die Spannungsfelder zwischen Norm und Autonomie bzw. zwischen Spanisch und Katalanisch für sie eine Quelle der Erweiterung ihrer sprachlichen Möglichkeiten darstellen. Zu Konflikten führen die Spannungsfelder zwischen Norm und Autonomie, zwischen Spanisch und Katalanisch erst durch äußere Einflüsse, durch die Beschränkung der Autonomie seitens sprachpflegerisch und sprachpolitisch arbeitender Einrichtungen, wie im vorliegenden Fall der Medien. Für sie treten wirkliche, teilweise problematische Spannungen auf: Sie fühlen sich, wie dargestellt, sowohl dem Publikum als auch der Sprachpflege verpflichtet. Geht man davon aus, dass das, was in den Jugendsendungen der Medien erscheint, möglichst jugendsprachlich wirken soll, dann treten eben diese Merkmale hervor, die auf ein unterschiedliches Normverständnis und auf eine unterschiedliche Auffassung der sprachlichen Realität, in der die Sprecher in Katalonien leben, hindeuten. Diese Realität ist von der Koexistenz zweier Sprachen – unabhängig davon, ob man sie als Diglossiesituation oder Bilinguismus bezeichnet – geprägt. Die Informanten des Korpus leben in dieser Zweisprachigkeit und sind in den täglich sich ihnen neu bietenden Kommunikationssituationen damit konfrontiert. Aufgrund der sprachpolitischen Situation sowie dem Umgang mit beiden Sprachen von früher Kindheit an haben sie diese Realität weit mehr interiorisiert als die meisten Generationen vor ihnen. Die jugendlichen Informanten des Korpus bewegen sich somit jeden Tag zwischen zwei Sprachen hin und her und sind fähig, ohne größere Schwierigkeiten zwischen beiden zu wechseln. Hinsichtlich der dargestellten und in der Korpusanalyse deutlich gewordenen sprachlichen Realität erscheint es doppelt schwierig, die Sprechweise der Jugendlichen zu klassifizieren, vor allem, wenn es darum gehen sollte, Spanisch und Katalanisch streng voneinander zu trennen. Genauso trägt die Vermischung diaphasischer und diastratischer Elemente der Jugendsprache mit standardsprachlichen Merkmalen dazu bei, dass eine Abgrenzung der Varietäten voneinander im Katalanischen selbst erschwert wird. Viele Lexeme bzw. diese in ihrer semantischen Erweiterung, aber auch phonetisch-phonologische und morphosyntaktische Phänomene mit klarem spanischen Einfluss sind integrativer Bestandteil der jugendlichen Sprechweise der Informanten, die sich in ihrem dauerhaften Kontakt mit dem Spanischen wandelt. Gleiches mag für die bislang wenig untersuchte Jugendsprache auf Spanisch in Katalonien gelten; erste Untersuchungen finden sich hier bei Pujolar (1997). Die mangelnde Akzeptanz dieser jugendsprachlichen Realität und der jugendlichen Sprechweise ist meines Erachtens als möglicher Faktor einer Verlangsamung des sprachlichen Normalisierungsprozesses in Katalonien zu werten. Seitens sprachpolitischer und vor allem sprachregulierender Institu381

tionen wie z.B. dem Institut d’Estudis Catalans, Verlagen und Akteuren der Bildungspolitik wird gegenüber dem Sprachgebrauch jugendlicher Sprecher häufig eine abweisende und zur sprachlichen Korrektur neigende Haltung eingenommen. Dadurch kann es bei den Jugendlichen – gerade bei denjenigen, die weniger vertraut mit dem Katalanischen sind, weil in ihrer Familie Spanisch gesprochen wird und sie das Katalanische vor allem in einem schulischen Kontext gelernt haben – zu einer mehr oder weniger starken Ablehnung der katalanischen und zu einer Hinwendung zur spanischen Sprache kommen. Die Gründe dafür liegen zum einen in der erfahrenen Zurückweisung und der empfundenen «Gängelung», die bei manchen Jugendlichen eine Protesthaltung gegenüber dem Katalanischen auslöst. Zum anderen – und dieser Faktor fällt meines Erachtens noch stärker ins Gewicht, fürchten die Jugendlichen, durch vermeintliche sprachliche Inkorrektheit negativ aufzufallen. Beide Aspekte tragen jedoch zum gleichen Ergebnis bei, nämlich dass unter jugendlichen Sprechern die katalanische Sprache nicht in «normalem» Umfang verwendet wird. Eine Öffnung gegenüber der jugendsprachlichen Realität würde aber ein Abweichen von wesentlichen sprachlichen Normen des Katalanischen bedeuten und wäre eine – durch die lange Diglossie-Situation brisant gewordene – Veränderung. Aufgrund der sprachlichen Vergangenheit wird die Normdebatte im Katalanischen nicht mit dem Abstand und der Neutralität geführt, wie sie geführt werden sollte. Es entsteht eine wesentliche Verlangsamung im Normalisierungsprozess, die die Sprache in ihrer freien Entfaltung eingeschränkt: Sie kann nicht die nötige innovative Lebendigkeit entwickeln. Diese trägt aber dazu bei, dass die Sprecher ein unkompliziertes und natürliches Verhältnis zu ihrer Sprache haben. Die katalanischen (Jugend-)Medien sind vor die Aufgabe gestellt, eine sprachliche Äußerungsform zu finden, die verschiedenen Ansprüchen gerecht wird: Zum einen muss sie den sprachpolitischen und spracherhalterischen Grundsätzen genügen, zum anderen aber die im Zuge der Globalisierung nicht abnehmenden Einflüsse von außen in «gesundem» Maße aufnehmen und dazu noch den Sprachgebrauch der jugendlichen – und auch aller anderen – Sprecher reflektieren. Ein wesentlicher Aspekt für ein «normales» Weiterbestehen der katalanischen Sprache ist nicht nur die Einflussnahme und die unanfechtbar wichtige sprachpflegerische Wirkung der Medien auf die Jugendlichen in den nähesprachlich geprägten Bereichen. Genauso wichtig ist die Orientierung der Medien an den in genau diesen Bereichen entstehenden sprachlichen Veränderungen. Es sollte darum gehen, eine vor allem mündliche jugendsprachliche – und in einem weiteren Schritt – allgemeinsprachliche Norm zu finden, welche die sprachliche Realität der Jugendlichen – und somit auch der späteren Erwachsenen – respektiert und als Quelle sprachlicher Innovation und Kreativität akzeptiert.

382

Anhang 1: Abbildungsverzeichnis

Graphik Graphik Graphik Graphik Graphik Graphik Graphik Graphik Graphik Graphik Graphik Graphik

2–1: 2–2: 3–1: 3–2: 3–3: 3–4: 3–5: 4–1: 4–2: 4–3: 4–4: 4–5:

Lehngut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drei-Achsen-Modell der Integration . . . . . . . . . . . . . . . . Akteure der Sprachpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spannungsfeld Norm – Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katalanischkenntnisse 1981 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katalanischkenntnisse nach Altersgruppen 1996 . . . . . . Spannungsfeld Spanisch – Katalanisch . . . . . . . . . . . . . . . Varietätenkette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jugendsprache im Varietätenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . Variationsspektrum von Jugendsprache . . . . . . . . . . . . . . Jugendsprache und Sprachwandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freizeitaktivitäten der Jugendlichen (2003) an Wochentagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphik 4–6: Freizeitaktivitäten der Jugendlichen (2003) an Wochenenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphik 4–7: Vergleich der Freizeitaktivitäten Jugendlicher (1998/2003) an Wochentagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphik 4–8: Vergleich der Freizeitaktivitäten Jugendlicher (1998/2003) an Wochenenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphik 4–9: Polyfunktionalität von Mediensprache . . . . . . . . . . . . . . . Graphik 4–10: Fremdkategorisierungen der jugendlichen Informanten des Korpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphik 4–11: Spannungsfeld Selbstbild – Jugendbild in den Medien . . . Graphik 4–12: Dreifaches Spannungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphik 5–1: Sprachen in den Stadtteilen von Barcelona . . . . . . . . . . . Graphik 5–2: Auszug aus TELE25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphik 5–3: Pragmatische Marker im Spanischen und ihre Funktionen . Graphik 7–1: Spannungsfeld Jugendsprache – Sprachauftrag der Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 2–1: Tabelle 3–1: Tabelle 3–2:

30 48 59 70 74 83 88 100 105 116 126 145 146 147 147 167 186 194 195 208 279 317 378

Calc und manlleu auf verschiedenen sprachlichen Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Soziolinguistische Situation in Katalonien 1975 . . . . . . . . . 76 Einstellung katalanischer Jugendlicher zu Sprachkenntnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 383

Anhang 2

Fragebogen Teil I Edat: Curs: Sexe: Barri on vius: Lloc de naixement: Si no vas néixer a Catalunya, Illes Balears o País Valencià, quants anys fa que vas arribar a Catalunya? Marcar amb una x. a) 5 o menys anys b) 6 a 10 anys c) 11 o més anys __________________________________________________________________________ Dades lingüístiques Marcar amb una X, sis plau. 1) a) b) c) d)

En quina llengua et parlen els teus pares? Tots dos sempre o gairebé sempre en català Tots dos sempre o gairebé sempre en castellà Un sempre en català i l’altre sempre en castellà Tots dos barregen el català i el castellà

2) a) b) c) d)

En quina llengua parles als teus pares? A tots dos sempre o gairebé sempre en català A tots dos sempre o gairebé sempre en castellà A un sempre en català i a l’altre sempre en castellà A tots dos barrejant el català i el castellà

3) On van néixer els teus pares? _____________________________________________ _______________________________________________________________________ 4) De què treballa el teu pare?

384

5) De què treballa la teva mare?

6) a) b) c)

En quina llengua parleu els teus germans i tu? Sempre o gairebé sempre en català Sempre o gairebé sempre en castellà Barregem el català i el castellà

7) a) b) c) d) e)

A l’institut, en quina llengua et parlen els teus companys fora de la classe? Sempre o gairebé sempre en català Més en català que en castellà En català i en castellà, aproximadament igual Més en castellà que en català Sempre o gairebé sempre en castellà

8) a) b) c) d) e)

A l’institut, en quina llengua parles als teus companys fora de la classe? Sempre o gairebé sempre en català Més en català que en castellà En català i en castellà, aproximadament igual Més en castellà que en català Sempre o gairebé sempre en castellà

9) En quina llengua parles amb els teus amics durant el teu temps lliure o els caps de setmana? a) Sempre o gairebé sempre en català b) Més en català que en castellà c) En català i en castellà, aproximadament igual d) Més en castellà que en català e) Sempre o gairebé sempre en castellà 10) a) b) c)

En quina llengua et va més bé parlar, normalment? En català En castellà Igual en català que en castellà

___________________________________________________________________________

385

Temps lliure 11) Quines d’aquestes activitats és la que fas més els dies feiners? I la que fas més durant el cap de setmana? Anota per ordre de preferència ( 1, 2, 3, 4, 5) un màxim de 5 respostes Dies feiners

Caps de setmana

Mirar la TV Anar de copes Escoltar música Fer excursions Llegir el diari Anar a discoteques Anar al cinema Fer esport Escoltar la ràdio Passejar Sortir amb els amics Llegir revistes Ordinador Activitats associatives Anar de compres Altres Quines?

12) Pertanys a alguna associació de les esmentades a continuació? Anota un màxim de 3 respostes Cultural Excursionisme Esplai o joventut Religiosa Esportiva De cooperació o voluntariat Política Ecologista

386

Altres____________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ No pertanyo a cap associació

13) On et trobes amb els teus amics a la tarda / al vespre o els caps de setmanes? Marcar amb una x un màxim de tres respostes a) a casa (meva o dels amics) b) al carrer c) a un bar/café d) a una discoteca e) a un casal de joves f) a un centre esportiu g) al cinema h) a un altre lloc: _____________________________

14) De la següent llista en què prefereixes dedicar els diners que disposes cada més? Anota per ordre de preferència (1, 2, 3) un màxim de 3 respostes Bars, discoteques Cinema Roba, calçat Llibres CD Esport Excursions Tabac Concerts Jocs Viatges Altres____________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________

15) De la llista següent, quin és actualment per a tu l’aspecte més important de la teva vida? Anota per ordre de preferència (1, 2, 3) un màxim de 3 respostes Els amics La família L’oci Els estudis Els diners L’amor La cultura La política L’èxit personal Altres____________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________

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Música: 16) Quin tipus de música és el que més t’agrada? ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________

17) Escoltes grups de música en català? Quins? ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________

18) Coneixes o llegeixes alguns “fanzines” (revistes fetes per fans o còmics) de música catalana? Quins? ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ Lectura 19) a) b) c)

En quina llengua prefereixes llegir? Marcar amb una X Sempre o gairebé sempre en català Sempre o gairebé sempre en castellà En ambdues llengües, aproximament igual

20) Quines són les teves lectures preferides? Posar-hi xifres de 1 a 4 o marcar la resposta e) amb una X a) llibres b) premsa diària c) revistes d) còmics e) no llegeixo mai 21) Amb quina freqüència llegeixes (només el teu número 1 de la pregunta anterior): a) cada dia b) només els caps de setmana c) de tant en tant, alguns dies de la setmana d) molt poc 22) Si llegeixes còmics o revistes en català, quins són? ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________

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Mitjans de comunicació: Televisisió 23) Quantes hores de mitjana et passes mirant la televisió? Marcar amb una X

dies feiners a)

menys d‘1 hora

b)

d‘1 a 2 hores

c)

de 2 a 3 hores

d)

de 3 a 4 hores

e)

més de 4 hores

f)

no veu televisió

caps de setmana

24) Quin canal de televisió mires habitualment? Marcar amb una X un màxim de tres respostes TVE TV2 TV3 C-33 Antena 3 Tele 5 Canal Plus Barcelona Televisió City TV Flaix TV Altres canals satèl.lit 25) Tens un aparell propi o lo comparteixes amb els teus germans, la teva família? Marcar-lo amb una X a) Tinc aparell propi b) El comparteixo amb els meus germans c) El comparteixo amb tota la família 26) Quan engegues l’aparell només per distreure’t, sense voler mirar algun programa especial, et fixes més amb els programes catalans o castellans? a) Més amb programes en català b) Més amb programes en castellà c) Amb programes en català i castellà, aproximadament igual

389

27) Quins són els teus programes predilectes en català? Marca’ls amb una X (màxim de tres respostes) i anota el nom del programa. – pel·lícules / Quin tipus de pel·lícules? ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ notícies / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – informatius i documentals / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – esportius / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – sèries / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – musicals / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – programes de cor / de famosos / programes de tipus «Gran Hermano» / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – concursos i entreteniment / El nom dels programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – altres / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ Ràdio 28) Tens una ràdio pròpia o la comparteixes amb els teus germans, la teva família? Marcar amb una X a) Tinc una ràdio pròpia b) La comparteixo amb els meus germans c) La comparteixo amb tota la família 29) Quantes hores de mitjana et passes escoltant la ràdio? dies feiners a)

menys d‘1 hora

b)

d‘1 a 2 hores

c)

de 2 a 3 hores

d)

de 3 a 4 hores

e)

més de 4 hores

f)

no escolto la ràdio

390

caps de setmana

30) Quins emissora de ràdio prefereixes? Màxim de tres respostes a) SER / Ràdio Barcelona b) Catalunya Ràdio c) RAC 105 d) Cadena 100 e) Catalunya Música f) Catalunya Informació g) FlaixBac h) RAC 1 i) Radio Club 25 j) Altres: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ 31) En quin idioma es fan els programes d’aquestes emissores? a) b) c) 32) Quins són els teus programes predilectes en català? Marca’ls amb una X, i anota el nom dels programa. – Informatius (notícies i debats) /El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – esportius / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – musicals / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – altres / El nom del programa: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ Noves tecnologies Internet 35) Tens un ordinador propi a casa teva? 36) Quantes hores de mitjana et passes davant l’ordinador? Marcar amb una X Dies feiners a)

menys d‘1 hora

b)

d‘1 a 2 hores

c)

de 2 a 3 hores

d)

de 3 a 4 hores

e)

més de 4 hores

f)

no tinc ordinador

caps de setmana

391

35) El teu ordinador té Internet? 36) Si no en té, on pots accedir a Internet? 37) Quan et connectes a Internet, quines són les teves activitats preferides? Marcar amb una X (màxim de tres respostes) i detallar-ho una mica: – escriure mails / amb qui? / en quina llengua ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – els xats / amb qui? / en quina llengua / quins ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – baixar música / per exemple: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – buscar informació sobre: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ Quin buscador utilitzes normalment? ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ – altres: ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________

38) A quina pàgina d’Internet et connectes més sovint?

Telefonia mòbil 39) Tens un telèfon mòbil propi? 40) a) b) c) d)

Quin ús en fas? Marcar amb una X per telefonar per escriure missatges per telefonar i escriure missatges només perquè em truquin a mi

41) Quant de temps utilitzes el telèfon mòbil diàriament? Dies feiners a)

menys d’un quart d’hora

b)

d’un quart d’hora a mitja hora

c)

de mitja hora a una hora

d)

d’una hora a dues hores

e)

més de dues hores

392

caps de setmana

42) Quants missatges escrius amb el teu telèfon mòbil diàriament Marcar amb una X a) menys de tres b) entre tres i cinc c) entre sis i nou d) deu i més

MOLTES GRÀCIES PER LA TEVA COL·LABORACIÓ!!!!!!

Fragebogen Teil II En quina llengua escrius el teus missatges amb el mòbil? Marcar amb una X a) b) c) d) e)

Sempre o gairebé sempre en català Més en català que en castellà En català i en castellà, aproximadament igual Més en castellà que en català Sempre o gairebé sempre en castellà

Em podries posar, aquí baix, tres missatges en català que vas rebre últimament al teu mòbil de part d’altres joves de la teva edat? Sisplau, no canviïs gaire el text del missatge. Posa’l amb totes les abreviatures que hi hagi. Les dades es tractaran confidencialment i només s’utilizaran per a aquest estudi. Si vols, pots borrar els noms que apareguin en els missatges.







Em podries afegir també dos mails en català (un que vas escriure últimament a un amic / una amiga de la teva edat i un altre que vas rebre últimament d’un amic / una amiga de la teva edat)? Sisplau, no canviïs gaire el text del missatge. Posa’l amb totes les abreviatures que hi hagi. Les dades es tractaran confidencialment i només s’utilizaran per a aquest estudi. Si vols, pots borrar els noms que apareguin en els missatges.

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394

Literaturverzeichnis

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