Thailand. Der Große Palast von Bangkok
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Zitiervorschau

Thailand

Klassische Reiseziele Der Große Palast von Bangkok Paolo Beonio Brocchieri

Atlantis

Ins Deutsche übertragen von Kerstin Trinkner Redaktion Dr. Dieter Struss Titel der Originalausgabe Il Palazzo di Bangkok Herausgeber der Reihe Silvio Locatelli und Marcella Boroli

Lizenzausgabe 1989 für Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft mbH, Herrsching © Instituto Geografico de Agostini SpA – Novara Alle Rechte vorbehalten Printed in Italy, New Interlitho S. p. a. – Trezzano ISBN 3-88199-599-4

Die große Hauptstadt der Thai Asien – mit diesem Namen verbindet man eine jahrtausendelange Geschichte. Doch viele der größten Städte des Kontinents sind erst vor relativ kurzer Zeit entstanden, darunter auch solche, die ihre Entwicklung nicht der europäischen Kolonialherrschaft verdanken. Schanghai und Bombay, Singapur und Kalkutta, Tokyo und Manila. Vergeblich würde man ihre Namen in den weiter zurückliegenden Jahrhunderten suchen. Auch Bangkok ist eine von ihnen, die letzte Hauptstadt der Thai, offiziell gegründet im Jahre 1782. 1782, dieses Datum nimmt der Besucher nur ungern zur Kenntnis, und er zeigt sich bestürzt über den heterogenen, ja fast amerikanischen Charakter der zentralen Stadtviertel. Dort ist nämlich das traditionelle Stadtbild der Modernisierung zum Opfer gefallen, und von den zahlreichen Klong, den Kanälen, die der Stadt einst den Namen »Venedig des Ostens« gaben, ist heute kaum mehr etwas zu sehen. (Auch das japanische Osaka hatte diesen Beinamen, und auch dort erscheint er heute völlig unverständlich.) Um das Venedig von Bangkok zu finden, muß man den Fluß überqueren, den die Menschen aus der westlichen Welt Menam und die Einheimischen Menam Chao Phraya (Erhabene Herrin, Mutter des Wassers) oder einfach Chao Phraya nennen: Ein von religiöser Verehrung zeugender Name für den großen Fluß, der Fruchtbarkeit bringt und als Transportweg dient. Jenseits des Menam erstreckt sich die Stadt Thonburi, die vor Bangkok ungefähr ein Jahrzehnt lang Hauptstadt war. Thonburi, wo der Reisende bei Morgengrauen noch sehr schlaftrunken den Wat Arun (den Tempel der Morgenröte) und die Schwimmenden Märkte besichtigt, ist noch heute ein Venedig ganz aus Holz und mit einer tropischen Vegetation; Bangkok ist es nicht mehr, und sein für das 19.Jahrhundert typischer Charakter ist für immer verlorengegangen. Aber warum ist diese Stadt dann so berühmt, diese Stadt, die auf der Schwelle zum

letzten Jahrhundert gegründet wurde und sich doch schon so weit von ihrem Ursprung entfernt hat? Ganz einfach, weil Bangkok das Herz Thailands ist und seine Tempel und Paläste (nicht gerade wenige, wenn auch etwas verloren im Chaos der Metropole) eine keineswegs kurze und auch nicht mittelmäßige geschichtliche und künstlerische Entwicklung widerspiegeln. Um Bangkok, die 1782 gegründete Stadt, zu verstehen, muß man tausend Jahre zurückgehen, zu Ereignissen, die über die heutigen Grenzen Thailands weit hinausgehen. Mitte des 8. Jahrhunderts werden die Sarazenen, die in wenigen Jahrzehnten (von der arabischen Halbinsel aus) im Westen Spanien und im Osten Mittelasien erreicht haben, aufgehalten. 732 erleiden sie bei Poitiers eine Niederlage gegen Karl Martell, dessen Sohn Pippin 751 als Begründer der neuen Frankendynastie gekrönt wird. Im gleichen Jahr jedoch werden die Sarazenen am entgegengesetzten Ende ihres riesigen Reiches entschädigt. In der Schlacht am Fluß Talas (heute in der Sowjetrepublik Kirgisistan gelegen) schlagen sie den koreanischen General Kao Hsien-Chih, der die chinesischen Armeen der T’ang-Dynastie befehligt. Diese Jahre sind also einerseits durch das Aufkommen eines großen Reiches in der westlichen Welt und andererseits durch die Krise einer ruhmreichen Monarchie in der östlichen Welt charakterisiert. Es ist eine düstere Zeit für China. Von Verfall und Unruhen geprägte Jahre, für die die moralistische und frauenfeindliche konfuzianische Geschichtsschreibung dann weitgehend den unheilvollen Einfluß der schönen Yang Kuei-Fei verantwortlich macht, die Kaiser Hsuan Tsung 745 dem Alkoven eines seiner Söhne entrissen und zu seiner eigenen Geliebten erwählt hat. Die Machenschaften der Yang Kuei-Fei sollen der Grund für die Erfolge eines »Barbaren«-Generals namens An LuShan gewesen sein. Dieser lehnt sich gegen den Kaiser auf und zwingt ihn, sich nach Sichuan 3

zurückzuziehen; auf dem Weg dorthin reagieren jedoch die Truppen, Hsuan Tsung muß der Hinrichtung Yang Kuei-Feis und seines Bruders beiwohnen, worauf er gequält abdankt. Diese Episode, die sicher im Herzen vieler Chinesen wieder auflebt, wenn sie die Anschuldigungen gegenüber der Witwe Maos vernehmen, ist vielleicht irrelevant im Großen Buch der Geschichte. Doch sie hat die Phantasie vieler Dichter und Schriftsteller genährt, darunter auch die des japanischen Regisseurs Mizoguchi, der die legendäre Geliebte von der konfuzianischen Frauenfeindlichkeit befreite und sie in seine Galerie von Frauen einreihte, die sich dem Mann, den Freuden des Mannes, der Gier des Mannes und den Werten des Mannes opfern. 751 erleiden die Chinesen also an der Grenze ihres Reiches eine Niederlage, und diese Niederlage soll angeblich den Weg für eine Islamisierung des heutigen Sinkiang freigemacht haben. Im selben schicksalhaften Jahr treten sie noch einmal als Verlierer auf, und zwar werden sie im Südosten des Reiches von dem erst einige Jahre zuvor gegründeten Staat Nan-Chao besiegt. Die Bewohner von NanChao waren thaiischer Abstammung.

Südlich der Wolken Nan-Chao lag in einer heute zu China gehörenden Region, die den schönen Namen Yünnan, d.h. »südlich der Wolken«, besitzt. Eine abgelegene Region also, fast jenseits jeglicher Grenzen. Yünnan gehört zu einer weiten Hochebene, die an die hohen Bergketten des Himalaya angrenzt, und zwar dort, wo diese von Nord nach Süd verlaufen. Der Yangtze Kiang, ein großer chinesischer Fluß, durchströmt dieses Gebiet. Der Si Kiang, ein anderer großer chinesischer Fluß, entspringt dort. Und auch alle wichtigen Wasserläufe, die die indochinesische Halbinsel wie ein Netz überspannen, legen einen Teil ihres Weges in Yünnan zurück: Der rote und der schwarze 4

Fluß von Tonking, der Mekong, der Salween und der Irrawaddy. Die Täler und Städte Yünnans liegen auf einer Höhe von über tausend Metern, und die Berggipfel ragen siebentausend Meter hoch in den Himmel. Hier lebten die Thai. Hinsichtlich Sprache und ethnischen Merkmalen mit den Chinesen verwandt (wenn auch entfernt), hatten sie ein eigenes Reich gegründet, das zwar dem kulturellen Einfluß des großen Nachbarreiches unterlag, jedoch unabhängig war. Auch sein Name – nan bedeutet Süden – wies auf das Reich der Mitte hin, doch dies hinderte die Thai – wie man gesehen hat – nicht daran, die Armeen der T'ang zu schlagen. Der Thai-Staat (der später wie seine Hauptstadt auch Tali genannt wird) war größer als das heutige Yünnan: Er umfaßte den Norden Laos’ und einige Regionen Birmas und grenzte an das heutige Thailand an. Nan-Chao erscheint zur gleichen Zeit mit den Heldentaten der Sarazenen (Geschehnisse, von denen die Thai Yünnans, auch wenn sie ganz Eurasien betrafen, nur schwer etwas erfuhren) auf der Bildfläche, und auch sein Untergang fünfhundert Jahre später schließt sich an eine bedeutende geschichtliche Episode an, die ebenfalls fast alle wichtigen Kulturen Eurasiens interessieren sollte: Gemeint ist der Beginn der Mongolenherrschaft. Die Mongolen sind es auch, die die Region endgültig der chinesischen Welt einverleiben, indem sie einen Teil der lokalen Bevölkerung dazu veranlassen, in den Süden zu wandern. Dies erklärt, warum in Yünnan noch viele Thai leben (die bis in das letzte Jahrhundert hinein ab und zu mit der Unabhängigkeit liebäugelten) und warum es dort auch viele Moslems gibt, Pächter, die von den Mongolen geschickt wurden, um die Emigranten zu ersetzen und die Verbliebenen zu überwachen. Südlich von Yünnan liegt die große indochinesische Halbinsel, die heute neben den Staaten des ehemalig französischen Indochinas Birma und Thailand umfaßt; ihre äußerste Spitze gehört dagegen schon zu Malaysia, eine Insel

(wenn man von der natürlichen Geographie absieht) unter den tausend Inseln Indonesiens und der Philippinen. Diese große Halbinsel hat ihr eigenes Schicksal, auf das schon der Name hinweist. Sie liegt zwischen den beiden bedeutendsten Kulturmodellen Asiens und übernimmt von ihnen grundlegende Elemente für die eigene vielförmige Kultur. Vom menschlichen und sprachlichen Gesichtspunkt her überwiegt der Einfluß Chinas: Die Birmanen sind »Verwandte« der Tibetaner; die Thai und die Vietnamesen kommen größtenteils aus Südchina. Was dagegen die Religion, die Schreibweise und die Literatur betrifft, herrscht der Einfluß Indiens vor: Nur Vietnam reproduziert ziemlich getreu die aus dem Reich der Mitte stammenden Vorlagen. Die Region, so wie sie heute ist, entwickelt sich erst sehr spät: Nämlich erst im Laufe unseres Jahrtausends, das sich allmählich gen Ende neigt. Die Wanderung der indochinesischen Völker stellt somit die letzte große Wanderung vor jener europäischen dar, die nach Amerika und Sibirien gerichtet ist.

Eine anspruchsvolle und vielschichtige Kultur Während des 1. Jahrtausends unseres Zeitalters erleben die Küsten, die Täler und das Schwemmland der Region die Entwicklung einer anspruchsvollen und vielschichtigen Kultur. Aus Indien kommen Elemente des Brahmanismus, des Hinayana-Buddhismus (das Kleine Fahrzeug) und des Mahayana-Buddhismus (das Große Fahrzeug) und verschmelzen zu einer Einheit, die eine führende Klasse von Ureinwohnern bzw. von eingebürgerten Indern auf eigene Weise formt. Der chinesische Einfluß ist dagegen im Nordosten der Halbinsel stark ausgeprägt: Von 111 v.Chr. an ist Nordvietnam für einen Zeitraum von tausend Jahren Teil des Kaiserreiches und übernimmt dessen Wertvorstellungen und Institutionen. Im 2. Jahrhundert entwickelt sich ein (fünfhundert Jahre lang bestehender) Staat, der

gewöhnlich unter dem Namen erwähnt wird, den ihm die chinesischen Quellen zuschreiben, der jedoch indischen Ursprungs ist: Fu-Nam; dieser Staat stimmt mit dem heutigen Zentralthailand überein, doch in seiner Blütezeit dehnt er sich bis zu den malayischen Fürstentümern im Süden aus. Später wächst das Ansehen derer, die in der darauffolgenden Zeit die bedeutendsten Protagonisten in der lokalen Geschichte vor den Immigrationen aus dem Norden sein werden: Gemeint sind die Khmer oder Kambodschaner. Man braucht nur einen Namen zu nennen, um die Bedeutung dieser Kultur im Gedächtnis wachzurufen: Angkor, die große Hauptstadt, die ihre Blütezeit vom 9. bis zum 16. Jahrhundert erlebt und dann vom Wald verschluckt wird, aus dem sie erst während des letzten Jahrhunderts von den Archäologen befreit wird. Mit den Khmer entsteht ein mächtiges Reich, das die umliegenden Länder aufnimmt oder an seine Grenzen verweist. Natürlich handelte es sich nicht um eine geradlinige Entwicklung; Siege wechselten sich mit Niederlagen ab und politische Stabilität mit Krisen: Auch das 12. Jahrhundert, der Höhepunkt der Khmer-Welt, ist von Gegensätzen gezeichnet. Im Zeitraum von 1113 bis 1150 schüttelt Suryavarman II. das Joch der Cham ab, dehnt sein Reich nach Birma und in Richtung Süden aus und errichtet das Meisterwerk Angkor Vat, den Mausoleumtempel, der ihn in der Person des Vishnu aufnehmen sollte. Nach seinem Tod folgt eine Zeit der Unruhen und der Usurpationen. Vor allem die Cham profitieren davon und nehmen schließlich Angkor ein. 1181 jedoch vereinigt der große Jayavarman VII. (auf den sich in unserem Jahrhundert Prinz Norodom Sihanouk beruft) das Land wieder, unterwirft die Cham und unterstreicht die Schönheit von Angkor durch den Bau des Angkor Thom und des Bayon, des zentralen Heiligtums, das vom Bild des Buddharaja beherrscht wird. Hier erlangt das religiöse Symbol des Buddha eine genaue politische Bedeu5

tung, indem die mit Shiva in Zusammenhang stehenden Vorstellungen vom Königtum in den Buddhismus aufgenommen werden. Jayavarman VII. war ein strenggläubiger Buddhist, doch der Khmer-Buddhismus ist reich an hinduistischen Elementen, und die Kunst von Angkor stellt in ihrem Ganzen vielleicht das bedeutendste Zeugnis für die Verschmelzung von Religion und Politik dar, zu der die (ursprünglich kaum politische) Lehre des Erleuchteten gelangt war.

Thai und Khmer Jayavarman VII. stirbt Anfang des 13. Jahrhunderts, und mit ihm endet die Reihe der großen Khmer-Herrscher. Aber nun stehen die neuen Protagonisten vor den Toren der Geschichte. Vietnamesen, Thai und Birmanen sind bereit, jenen »Marsch nach Süden« auf sich zu nehmen, der seitdem die Geschichte Indochinas bestimmt: Nam Tien nennen ihn später die Vietnamesen, die 939 ihre Unabhängigkeit von China erreicht hatten und nunmehr, gestärkt durch ein genaues ethnisches Profil, gegen die Staaten und Völker jenseits der Pforte der Wolken und der Kordillere von Annam drängen. Während die Wanderung der Vietnamesen entlang der Küste des Chinesischen Meeres führt, folgen die Birmanen und die Thai eher den Wasserläufen. Die Birmanen (und vor ihnen die Pyu, ein verwandter Volksstamm) kommen aus Tibet. Ihre Geschichte nimmt vom 11. Jahrhundert an Formen an, als Anoratha die Pagan-Dynastie gründet, die Funktion des Hinayana-Buddhismus bekräftigt, zum Meer vordringt und an den Grenzen seines Reiches unzählige Feinde (oder zumindest gemäß der Überlieferung viele Feinde) besiegt; Anoratha unterhielt auf alle Fälle Beziehungen zum Herrscher von Ceylon, und das ist ein Beweis für den Aufwind, den die birmanische Geschichte mit ihm erhält. Auch in diesem Fall handelt es sich nicht um 6

eine geradlinige Entwicklung, sondern um eine Folge von Siegen und Niederlagen, Erfolgen und Demütigungen; doch daß der Marsch nach Süden konstant voranging, bestätigt die geographische Lage der Städte, die nacheinander in der lokalen Geschichte eine wichtige Rolle spielen: Taunggyi, Prome, Rangon. Verdrängt und fast eingeengt zwischen Vietnamesen und Birmanen, erleben die Thai eine etwas verspätete und anfangs eher schrittweise Entwicklung. Während des 11. und 12. Jahrhunderts erwähnt die Cham- und Khmer-Epigraphie zum erstenmal die Syam als solche (daher Siam, der andere traditionelle Name Thailands), nämlich als Kriegsgefangene und tributpflichtige Krieger. In den letzten sieben- oder achthundert Jahren ist es trotz der komplexen, fast verworrenen Geschichte Indochinas doch möglich, Konstanten auszumachen: Der Marsch nach Süden der Neuankömmlinge; ihr Druck und ihre Eroberungen zum Schaden der vorher erwähnten Herren; und letztendlich die harte Konkurrenz zwischen den drei Völkern, die alle aus dem Norden kamen. Im Gegensatz zu den Birmanen und Vietnamesen haben die Thai eine eher ambivalente Geschichte der Beziehungen mit der Khmer-Kultur: Wenn ihre Truppen auch immer häufiger siegreich sind, so ist ihr Verlust im kulturellen und künstlerischen Bereich doch immer größer. Thailändische Kultur und Kultur in Thailand sind also keine Synonyme. Erstere existiert ohne Berücksichtigung der Vorgeschichte doppelt so lang wie die zweite, und die Khmer-Kultur fungiert gewissermaßen als Übertragungselement; sie absorbiert die indische Lehre, verarbeitet sie und übermittelt sie den Thai, die sie ihrerseits in den letzten siebenhundert Jahren auf ihre eigene Weise interpretieren. Aber der Weg nach Bangkok ist noch weit. Thailand existiert vor den Thai, jedoch gibt es auch außerhalb Thailands Thai: Das Land ist älter als seine heutigen Bewohner, die aber nicht alle in dem Land leben, dem sie seinen Namen gegeben haben. Linguistisch gesehen

gehören auch die Bewohner von Laos und die Shan aus Ostbirma zur Gruppe der Thai, ganz zu schweigen von den in China verbliebenen Minderheiten. Noch zur Zeit von Nan-Chao lebten weiter im Süden Thai-Stämme, an der Grenze zur schon antiken Khmer-Kultur und der aufblühenden birmanischen Kultur. In Nordthailand bilden sich nach und nach kleine Fürstentümer, die gegenüber den größeren Nachbarreichen lehnspflichtig sind und deren Macht anerkennen; einige lokale Führer heiraten kambodschanische Prinzessinnen, was die höchste aller Ehren darstellt. Der Tod von Jayavarman VII. (wahrscheinlich im Jahre 1218) und die darauffolgende Krise der Khmer-Macht ermöglichen es den Thai, einen großen Qualitätssprung zu machen. Zwei Thai-Fürsten widersetzen sich der Autorität des Gouverneurs von Sukhothai und vertreiben ihn. Einer von ihnen ist unter dem Namen Pha Muong bekannt, der andere unter dem Titel, den er bei seiner Krönung erhält: Sri Indraditya, ein, wie man sieht, indischer Name. Das Schicksal des Landes, das wir als Embryo des zukünftigen Thailands ansehen können, hängt weitgehend von der geographischen Bedeutung der zentralen Stadt ab. Sukhothai liegt in dem Gebiet, wo die Berge und Hügel des Nordens dem Becken des Menam weichen, in den nach und nach alle kleineren Flüsse münden. Über den Flußweg mit den großen kambodschanischen Zentren am Golf von Siam verbunden, liegt es auch nicht weit vom Golf von Bengalen entfernt, an dessen Ufer sich die Birmanen niedergelassen haben. Wenige Jahre später macht ein bedeutender Herrscher, dritter Sohn des Begründers und dritter Vertreter der Dynastie, den jungen Staat zu einem wichtigen Kulturzentrum und zu einem Protagonisten der indochinesischen Geschichte. Dieser Herrscher heißt Rama Khamheng. Die ruhmreiche Herrschaft des Rama Khamheng dauert von den letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts bis Anfang des 14. Jahrhunderts. Es sind vor allem Jahre der Erobe-

rung. Während die Mongolen Chinas dem antiken Thai-Staat Tali ein Ende bereiten, knüpft der neue Thai-Staat von Sukhothai Beziehungen zu den mächtigen nördlichen Nachbarn, die 1287 Pagan, die birmanische Hauptstadt, erobert haben. Im selben Jahr schließt Rama Khamheng ein Bündnis mit anderen Thai-Führern, schwächt die Macht der Mon von Lamphun und gründet in Chiang-Mai einen weiteren Thai-Staat. Gleichzeitig erobert er im Osten das heutige Vientiane, im Norden Luang Prabang und im Westen die Stadt Pegu im südlichen Birma. Doch es sind vor allem die neuen Institutionen und die kulturelle Entwicklung, die die Herrschaft Rama Khamhengs so ruhmreich haben werden lassen. Ihm wird das Verdienst zugesprochen, 1283 ein neues Schreibsystem für seine Sprache gefunden zu haben. So erhält das ursprünglich nur gesprochene Thailändisch, eine chinesische Sprache mit – wie schon erwähnt – vielen Mon-, Khmer- und vielleicht auch indonesischen strukturellen Elementen (oder nach Meinung anderer Experten eine indonesische Sprache mit vielen chinesischen Elementen), eine eigene Schrift durch Abänderung der indischen Vorlagen. Für die Thai-Literatur dieses frühen Zeitraums steht die große Stele des Rama Khamheng aus dem Jahre 1292, die mit gebührender Begeisterung die Größe des Herrschers und den Reichtum seines Reiches preist: »Solange König Rama Khamheng lebt, ist die Stadt Sukhothai glücklich. In den Gewässern gibt es Fische; auf den Feldern gibt es Reis; der Landesherr fordert keine Steuern von seinen Untertanen; die Menschen gehen in Gruppen auf die Straße, führen Ochsen mit sich, um Geschäfte zu machen, und reiten mit ihren Pferden zum Verkauf. Wer auch immer Handel mit Elefanten oder Pferden betreiben will, tut es; wer auch immer Handel mit Gold und Silber betreiben will, tut es. Stirbt einer aus dem Volk, wird ein Adliger oder Häuptling krank, stirbt er oder verschwindet er, so gehen das Haus seiner Vorfahren, seine Kleidung, 7

seine Elefanten, seine Familie, seine Reisvorräte, seine Sklaven, seine Areka- und Betelplantagen ganz und gar in den Besitz der Söhne über. Haben Personen aus seinem Volk, Adlige oder Häuptlinge, eine Meinungsverschiedenheit, führt der König eine Untersuchung durch und löst völlig unvoreingenommen das Problem für seine Untertanen; er übt keine Nachsicht gegenüber Dieben oder Hehlern; wenn er den Reis anderer sieht, begehrt er ihn nicht; wenn er die Reichtümer anderer sieht, empfindet er keinen Neid. Wer auch immer sich auf seinem Elefant zu ihm begibt, um von ihm Schutz für sein Land zu erbitten, erhält von ihm Hilfe und Beistand; wenn ein Fremder keine Elefanten, Pferde, Bedienstete, Frauen, Gold und Silber hat, verschafft er ihm davon und lädt ihn dazu ein, sich wie daheim zu fühlen. Nimmt er feindliche Krieger oder Kämpfer gefangen, so tötet oder verletzt er sie nicht. In einem Tor des Palastes hängt eine Glocke: Hat ein Bewohner des Reiches eine Beschwerde oder ein Problem, das ihn quält und sein Herz belastet und das er dem König darlegen möchte, so ist das nicht weiter schwierig: Er braucht nur die Glocke zu läuten. Immer wenn König Rama Khamheng diesen Ruf hört, befragt er den, der die Beschwerde vorbringt, über sein Problem und urteilt völlig unvoreingenommen.« Und der König ist auch berechtigt, Recht zu sprechen, denn (es spricht immer noch die Stele) sein Leben ist ein Vorbild für Werte und Nachsicht gegenüber den Landeskindern; im Krieg vernichtet er die Feinde, aber »solange mein Vater (der Begründer der Dynastie) lebte, diente ich meinem Vater und meiner Mutter. Wenn ich jagen oder fischen ging, brachte ich die Beute meinem Vater; wenn ich irgendeine Frucht hatte, süß oder sauer, wohlschmeckend und begehrenswert, brachte ich sie meinem Vater. Wenn ich Elefanten jagen ging und einige Tiere fand, brachte ich sie meinem Vater. Wenn ich ein. Dorf oder eine Stadt angriff und Elefanten, Jungen und Mädchen, Gold und Silber erbeutete, gab ich alles 8

meinem Vater. Als mein Vater starb, blieb mir mein älterer Bruder (der zweite Herrscher der Dynastie), und ich diente fortan meinem älteren Bruder genauso, wie ich meinem Vater gedient hatte. Als mein älterer Bruder starb, wurde mir das ganze Reich zuteil.« Dem modernen Leser mögen die feierlichen Behauptungen, die die schwarze Stele von Sukhothai füllen, als einfache, fast harmlose und kindliche Prahlereien erscheinen. Doch sie unterscheiden sich nicht grundlegend von dem, was wir in den Proklamationen oder in den Gesetzen vieler namenhafter Könige, Begründer von Kulturen und derer finden, die ihre Volksstämme in höhere Kulturen eingeführt haben; sie erinnern an die Herrscher der antiken östlichen Welt, Manu und den Herzog von Chou, die Barbaren-Feldherrn, die Rom und das Christentum akzeptierten, Shotoku Taishi, der Japan in ein von China beeinflußtes und buddhistisches Land umwandelt. Die Stele berichtet davon, daß Rama Khamheng die Rechtsprechung und die Gesetze »erfunden« hat (indem er sie von den Khmer, von Indien und vielleicht von China übernahm), die abstrakten und generellen Prinzipien, die, soweit es die Zeiten erlaubten, für alle gültig waren und die persönliche und unumstrittene Macht des antiken Stammeshäuptlings ersetzen sollten. Rama Khamheng, Rama der Mutige, stirbt vor 1318, dem Jahr, in dem sein Sohn Lö Thai den Thron besteigt. Lö Thai erhält wegen seiner religiösen Frömmigkeit den Titel Dharmaraja, »König des Gesetzes«. Auch hier wiederholt sich also ein allgemein gültiges Muster. Der erste Herrscher symbolisiert die kriegerische Macht, der zweite legt Wert auf den frommen Respekt vor der Religion: Im antiken Rom hieß dieses Paar Romulus und Numa Pompilius. Unter Lö Thai wird die Rolle der Religion durch die Reise eines königlichen Prinzen auf die Insel Ceylon, Zentrum des Hinayana-Buddhismus, und durch eine Abhandlung bekräftigt, die der spätere Herrscher Lü Thai in siamesischer Sprache über die Anschauungen der buddhistischen Welt verfaßt.

Von Sukhothai nach Ayuthya Die übermäßige religiöse Frömmigkeit bringt den Herren von Sukhothai jedoch kein Glück. Lü Thai, der neue Dharmaraja, besteigt 1347 den Thron, und schon zwei Jahre später ist er gezwungen, die Souveränität eines neuen Thai-Staates anzuerkennen, der nur wenige Jahre zuvor nicht weit von Lopburi gegründet worden ist. Dort, wo der Menam seine letzte Etappe vor dem Meer zurücklegt, auf dem von ihm herbeigetragenen Schwemmland ist die neue Hauptstadt entstanden, die später den Namen Ayuthya erhält. Die translatio imperii, der Übergang, erfolgt nach unserem Wissen fast schmerzlos. »Genieße es, daß du kein König bist«, scheint sich Lü Thai gesagt zu haben; er widmet sich mehr dem religiösen Schaffen und entscheidet sich 1361 endgültig für die gelbe Tunika der Mönche. Der »Gründervater« der neuen ThaiMacht Rama Thibodi regiert zwanzig Jahre lang und folgt dabei scheinbar dem Beispiel seines Vorgängers von Sukhothai: Eroberungen außerhalb des Landes und neue Gesetze im Land. Seine Armeen dringen bis zur Halbinsel von Malakka vor, breiten sich über einen großen Teil des südlichen Indochinas aus und gelangen sogar bis nach Birma. Gleichzeitig entsteht ein großer Korpus von Gesetzen und Vorschriften, die die Zeugenaussagen, die Vergehen gegen den Staat, die Behandlung von Klagen, Raub, Vergehen gegen das Volk, Diebstahl, Ehe und andere Bereiche regeln. Aber im Gegensatz zu Sukhothai erlangt Ayuthya einen Ruhm, der vier Jahrhundert lang andauert und erst 1767 durch die birmanischen Armeen erlischt. Die ersten 550 Jahre dieses Zeitraums sind innen- und außenpolitisch für Thailand sehr bedeutsam. Die Erobertung von Angkor im Jahre 1431 bestimmt den endgültigen Untergang der kambodschanischen Macht; doch charakteristisch – wenn auch nicht immer im positiven Sinn – für diese Epoche sind vor allem die durch Siege und

Niederlagen – und Palastverschwörungen – gekennzeichneten Beziehungen zu Birma. 1569 wird Ayuthya sogar eingenommen und bleibt für ungefähr fünfzehn Jahre eine Kolonie. Ende des Jahrhunderts jedoch stellen zwei nacheinander regierende Brüder, Naresuen und Ekathosarot, die Autonomie und die Macht der Thai von Ayuthya wieder her. Wir befinden uns auf der Schwelle zum neuen Jahrhundert (Ekathosarot regiert bis 1610), und schon zeichnen sich neue Protagonisten am Horizont der siamesischen Geschichte ab.

Händler, Soldaten, ein Prinz und zwei Prinzessinnen »Morejòn – Wo ist Euer Hauptmann, Oya Senaphimuk Nagamasa? Japanischer Soldat – Er ist beim Beten. Morejòn (zu Pedro Kibe) – Hast du gehört? Jeden Tag ertönt diese schwermütige Glocke. König Song Tham ist schon lange krank, und die Stadt Ayuthya erstickt auch heute an einer drückenden Hitze. Der Geruch von Tod und der Geruch von Fieber scheinen jeden Winkel der Stadt zu erfassen. Auch der König, guter Verwalter des Landes und Sieger über die ausländischen Feinde, wird bald an dieser Hitze sterben. Diese schreckliche Hitze. Es gibt Dinge, die das Schicksal der Menschen erschüttern. Auch ich würde, wenn diese Hitze nicht wäre, kein alter Säufer sein, der vom rechten Weg abgekommen ist. – (nach einer Pause) – Kennst du die Bedeutung des Namens Ayuthya? Pedro Kibe – Nein. Zehn Jahre ist es her, seit ich Japan verlassen habe. In diesen zehn Jahren bin ich bis nach Rom gekommen, und von Rom aus bin ich zurückgekehrt; zahlreiche Länder und unbekannte Meere lagen auf meinem Weg, doch hier bin ich zum ersten Mal. Morejòn – Ayuthya bedeutet »sanft«. Sogar der Klang erinnert an die sanften Augen eines Lammes. Aber welche Ironie! Schon bald wird diese Stadt Schauplatz niederträchtiger und 9

aufrührerischer Ambitionen sein. Sobald der König tot ist, wird dieser Palast an der Wahl des Nachfolgers zerbrechen, und der unheilvolle Kampf wird auf grausame Weise seine Opfer fordern. Von Zeit zu Zeit vergnügen sich die Götter damit, dem ein schönes Aussehen zu verleihen, der ein hinterhältiges Herz hat. Diese Pagode ist der Tempel des Mondlichtes und die andere der Tempel der aufgehenden Sonne. Das Wasser des Menam ist gefärbt vom tiefen Rot der untergehenden Sonne. In diesem Bereich des Flußufers leben tausend Japaner in der Stadt, die sie sich selbst erbaut haben.« In diesen ersten Sätzen eines 1973 von Endo Shusaku, einem der bedeutendsten japanischen Schriftsteller, verfaßten Drama (»Die Japaner des Menam«) kommen japanische und iberische Namen vor. Aber wie man sieht, spielt die Szene in Ayuthya, und als Rahmenhandlung für das Drama dient eine reale Episode aus der siamesischen Geschichte. Die Japaner hatten in der Nähe der Stadt eine eigene Stadt errichtet; aber es gab auch ein portugiesisches, holländisches, chinesisches und englisches Viertel. Von den Ufern des Atlantik und des Pazifik, von der anderen Seite Eurasiens waren Kaufleute und Soldaten in die Hauptstadt gekommen, und oft mischten sie sich in die Palaststreitigkeiten und Spannungen zwischen den verschiedenen Mächten der Region ein. Die Portugiesen waren die ersten gewesen. Albuquerque hatte 1509 eine erste Gesandtschaft geschickt, und 1516 war ein Vertrag unterschrieben worden, der es den Portugiesen ermöglichte, sich in verschiedenen Städten des Reiches niederzulassen. 1606 trifft ein offizieller Brief von Tokugawa Ieyasu, neuer Shogun Japans, ein und 1612 ein Brief von Jakob I. von England. Yamada Nagamasa, der japanische Abenteurer und Protagonist des Dramas von Endo, spielt eine wichtige Rolle in den Komplotten, die auf den Tod des Königs Song Tham im Jahre 1628 folgen. Diese Episoden reichen nicht aus, um das Thailand dieser Epoche als Zentrum der Welt darzustellen. Im 10

Gegenteil, in vielerlei Hinsicht zeigt die stets große Bedeutung der Ausländer (auch im heutigen Bangkok haben Chinesen und Vietnamesen eine überaus wichtige wirtschaftliche und gesellschaftliche Funktion), daß die Kultur dieses Landes noch nie voll ausgereift war und daß sie noch nie zu vollständiger Autonomie gelangt ist. Jener Qualitätssprung, der eine Einordnung Thailands unter die ursprünglichen Modelle der menschlichen Geschichte erlauben würde, hat immer gefehlt und fehlt vielleicht auch heute noch. Möglicherweise ist diese anhaltende Scheu der siamesischen Welt auch auf die bedrohliche Gegenwart von äußerst hohen Vorbildern zurückzuführen – Indien, China, die Khmer und später das westliche Vorbild –, die die Bildung eines eigenen thailändischen Modells erschwerten. Sicher ist, daß die lokale Gesellschaft, obwohl sie oft eine bedeutende Rolle gespielt hat, immer einen von Zerbrechlichkeit und Begrenztheit geprägten Charakter bewahrt hat. Einen Beweis dafür liefert die Literatur und, genauer gesagt, der sehr hohe Anteil an siamesischen Werken, die (fast bis in die heutige Zeit hinein) die Unterschrift eines Herrschers oder eines Prinzen tragen. Es scheint fast so, als ob Gedanke und Kunst nicht in der Lage wären, die engen Grenzen des Palastes zu überschreiten und dem Leben des Volkes eine weitreichendere Bedeutung zu geben. Sukhothai, Ayuthya und später Bangkok sind Inseln geistiger Raffinesse; aber eine nationale Kultur ist selbstverständlich etwas anderes. Man muß manchmal an die Werkstätten der Karolinger oder an die von Nara denken: Werkstätten, die sich im Fall von Siam nicht zu einer solchen Blüte entfalten werden (oder sich zumindest bis jetzt noch nicht entfaltet haben), wie es die Kulturen der einzelnen europäischen Länder oder die Ashikaga und die Tokugawa in Japan getan haben. Die Werke sind in sehr vielen Fällen Übersetzungen oder Neubearbeitungen von im allgemeinen indischen Vorlagen. In der folgenden Zeit beschränkt sich das Schaffen im Epik-

und Theaterbereich auf Abänderungen des »Ramayana«, das in Thailand zum »Ramakien« wird; Übersetzungen von Klassikern oder von Shakespeare erscheinen in Thailand viel früher als anderswo. Vor diesem ungewöhnlichen und zerbrechlichen Hintergrund kennzeichnet die Regierungszeit des Phra Narai (1657-1688) das Goldene Zeitalter der lokalen Literatur. Von diesem König stammt eines der bedeutendsten thailändischen Meisterwerke, eines der wenigen Werke, die als Originale betrachtet werden können: Es handelt sich um »Lilit Phra Lo« (»Das Gedicht des erhabenen Lo«). In das ewige Thema der Liebe im Kampf mit dem Haß, der zwischen den beiden Familien herrscht, fügt der siamesische Dichter zwei sonderbare Varianten ein; erstens geht die Initiative der traditionellen Vormachtstellung des Mannes in der östlichen Welt zum Trotz, dreist von der weiblichen Seite aus, zweitens, eine (zumindest für den europäischen Leser) noch viel ungewöhnlichere Variante, haben wir auf der einen Seite den jungen Prinzen Phra Lo in der Rolle des Romeo und auf der anderen Seite in der Rolle der Julia nicht eine, sondern zwei Prinzessinnen, zwei Schwestern, die beide (ohne Konkurrenzgedanken) in den schönen ausländischen Prinzen verliebt sind. Es sind die beiden Prinzessinnen, die den Prinzen mit Hilfe der Magie entführen und ihn zur Liebe verführen. Nach einigem Zögern gibt er nach sowohl angesichts der zahlenmäßigen Übermacht als auch aufgrund anderer Argumente, auf die der Dichter mit dem für die chinesische erotische Literatur im allgemeinen typischen »bildhaften Realismus« anspielt: »... sein Gesicht nähert sich dem ihrigen, ihren reinen, frischen Wangen: Oh junges, liebliches Antlitz! Seine Brust berührt ihren Busen, sein Leib den ihrigen: Oh süßer Leib, oh süßer Busen, so voller Liebe! Verzaubert vereint er sich mit der frischen, anmutigen Schönheit des Mädchens. Ihr Duft und ihre Körper werden eins, Verlangen und Schicksal verschmelzen. Sie sind wie die zarten Blumen

einer Girlande, die aneinander gepreßt werden und deren Blüten sich öffnen und entfalten, und die Biene dringt bis in das Innerste der Lotosblüte ein, während sie sich erregt süße Worte zuflüstern. Ein Bad im Teich des Paradieses kommt dem Bad im Teich der kleinen Prinzessin nicht gleich, mit ihrem zarten Fleisch, das süße Wasser reichlich benetzen. Und groß ist die Freude im kleinen See des Mädchens, in den der siegreiche Fisch eintaucht.. .« Mit äußersten Gleichmut liebt Phra Lo zuerst die eine und dann die andere Schwester; doch die Prinzessinnen haben eine Königingroßmutter, die den Tod ihres Gemahls durch die Hand des Vaters von Phra Lo nicht verziehen hat. Und so läuft die Geschichte auf ihren tragischen Epilog zu: »Die Soldaten der Königin schießen schnell, ihre Pfeile sind vergiftet; sie treffen den Prinz und die Prinzessinnen, und ihr Blut ergießt sich auf den Boden: Aber, sich gegenseitig stützend, halten sie sich noch auf den Füßen. Mit den Gesichtern zum Feind gewandt, erscheinen sie wie übernatürliche Wesen! Und schließlich verscheiden sie alle drei gemeinsam, im Stehen, so als ob sie nicht tot wären. Und die Soldaten wagen es nicht, sich ihnen zu nähern, sie haben Angst.« Diese zarten Zeilen werden ungefähr ein Jahrhundert vor dem Untergang von Ayuthya geschrieben. In der Mitte des 18.Jahrhunderts erlebt die alte Hauptstadt unter König Boromokot noch einmal eine Glanzzeit. Diesen König sucht sogar eine ceylonesische Gesandtschaft auf, mit der Bitte, Mönche zu schicken, die die Reinheit der buddhistischen Lehre wiederherstellen sollen, die sich im Ursprungsland in einem starken Verfall befindet. Zwei Jahre später jedoch, im Jahre 1752, geht der Stern des Mannes auf, der im Sinne von Eroberungen als wirklicher Erbe Boromokots angesehen werden kann: Es ist der birmanische König Alaungpaya, Begründer einer neuen Dynastie in seinem Land. Ein Jahrzehnt nach dem Tode Boromokots, nämlich am 7. April 1767, wird Ayuthya erobert. 11

Von Ayuthya nach Bangkok Die Rache folgt auf dem Fuße, und zwar durch zwei tüchtige Generäle. Der erste, Phaya Tak Sin, der sich schon gegen die Birmanen ausgezeichnet hat, wird in Thonburi, ungefähr fünfzig Kilometer südlich von Ayuthya, zum König gekrönt; er erobert die Ruinen der alten Hauptstadt zurück und dringt nach Norden vor. Chao Phaya Chakri, der zweite General, siegt über die Kambodschaner, führt eine Revolte gegen den vom Wahn befallenen Herrscher, beseitigt diesen und besteigt selbst den Thron. Fünf Jahre später, am 20. April 1782, verlegt er die Hauptstadt an das gegenüberliegende Flußufer, nach Bangkok, dessen offizieller Name wie folgt lautet: Krungtep, Phamaha Nakorn, Amorn Ratanakosindra, Mahindrayudhya, Mahadilokpop Noparatana Rajdhani, Burirom Udom Rajnivet Mahastan, Amorn Pimarn Avatarn Satit Sakkatuttiya Vishnukarn Prasit, eine eindrucksvolle Reihe von Beinamen, die ungefähr folgendes bedeuten: »Stadt der Götter, große Stadt, Wohnsitz des Smaragd-Buddhas, uneinnehmbare Stadt des Gottes Indra, Hauptstadt der Welt mit den neun wertvollen Gemmen, glückliche Stadt, reich an riesigen Königspalästen, die ein himmlischer Wohnsitz oder das Reich eines fleischgewordenen Gottes zu sein scheinen, von Indra dargebotene und von Vishnukarn erbaute Stadt.« In Kurzform, Ratanakosin, ein Name, der später auch den Kunststil dieser Epoche charakterisiert. Bangkok liegt praktisch am Meer. Der lange Marsch der Thailänder nach Süden endet somit zu dem Zeitpunkt, als das Meer dank Europa zu einem Protagonisten in der asiatischen Geschichte wird, was in der Vergangenheit noch nie der Fall gewesen ist. 1782 nimmt Chao Phaya Chakri den Namen Rama I. an und gründet die noch heute regierende ChakriDynastie. Neun Herrscher (die alle den Na12

men Rama tragen) bestimmen die Geschichte der letzten Jahre. Die ersten siebzig Jahre bis zum Tode Ramas III. im Jahre 1851 sind Jahre des Aufbaus und der vorsichtigen Kontakte mit dem westlichen Expansionismus. Rama I. erobert alles zurück, was es zurückzuerobern ist, verfaßt den Korpus der buddhistischen Schriften neu, fertigt die erste vollständige Version des »Ramakien« an und übersetzt das »San-Kuo Chih«, die Geschichte der drei Welten, vom Chinesischen ins Siamesische. An den Hof Ramas II. gelangt 1822 John Crawford von der Indien-Gesellschaft, und Rama III. unterschreibt 1826 und 1833 Handelsverträge mit Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Aber im ganzen gesehen ist Thailand noch ein geschlossenes Land. Das Problem des Beitritts in die moderne Welt stellt sich ihm während der sechzigjährigen Herrschaft der zwei größten Herrscher der Dynastie. Rama IV. und Rama V. sind unter ihren persönlichen Namen bekannt: Mongkut und Chulalongkorn. Mongkut regiert von 1851 bis 1869, und dank der Erinnerungen von Anna Leonowens, der englischen Erzieherin seiner Kinder, hat er auch in der ausländischen Literatur einen festen Platz eingenommen. »Anna und der König von Siam, der König und ich«: Protagonist ist tatsächlich er, König Mongkut, und die Thailänder ärgern sich mit Recht über Darstellungen, die einer Persönlichkeit solch beachtlichen Niveaus nicht entsprechen. Mongkut schreibt in englischer Sprache an die Königin Viktoria; und er kann Latein. Aber er ist auch ein frommer Buddhist und Gründer einer neuen, reformierten Sekte. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts spiegelt seine Familie wieder einmal die Größe und die Grenzen der siamesischen Welt wider. Noch im 19. Jahrhundert bezeugt der außergewöhnliche Einfluß der Prinzen nicht nur im politischen, sondern auch im kulturellen Leben eine gewisse Bedeutungslosigkeit der lokalen Gesellschaft. Aber diese Prinzen hinterlassen uns auch ein überaus bemerkenswertes Zeugnis dafür, mit welcher In-

telligenz und Ausgeglichenheit das Thema der Kenntnisse über Europa angegangen wird. 1858 ist ein Neffe des Königs als Gesandter in London, und er berichtet über diese Zeit in seinen »Reisenotizen«; der englischen Hauptstadt widmet er sogar ein Gedicht, das »Nirat London«, in dem die Züge und die Gaslichter besonders hervorgehoben werden. Chulalongkorn, Mongkuts Sohn und Thronfolger, auch Rama V. genannt, ist ein Zeitgenosse des großen japanischen Herrschers Mutsuhito oder Meiji und regiert von 1868 bis 1910. Auch er hinterläßt uns interessante Überlegungen über Europa, die von Bewunderung zeugen, jedoch auch Kritik enthalten. Der klassische Tanz ist nach seiner Meinung nicht mehr als sehr schnelle Fußbewegungen im Gegensatz zum würdevolleren und langsameren siamesischen Tanz, der dank der Einbeziehung der Hände auch anmutiger wirkt. Und der Gesellschaftstanz der westlichen Welt erscheint ihm geradezu skandalös, mit aufgedonnerten und (in seinen Augen) halbnackten Frauen in den Armen der Männer. Auch sein Urteil über das Christentum im Vergleich zum Buddhismus zeigt seine Bestürzung. Warum beschuldigen uns die Katholiken des Götzendienstes, wenn sie selbst ihre Kirchen voller anthropomorpher Bilder und Symbolen haben? Und wie können sie denken, daß eine Beichte ausreicht, um eine Person von begangener Schuld reinzuwaschen? In einer Rede, an die Jugend gerichtet, die in Europa studieren will, ermahnt er die jungen Leute, »nicht nach Europa zu gehen, um zu lernen, wie man Europäer wird, sondern vielmehr zu lernen, ein Thai zu sein, der all das weiß, was die Europäer wissen... Was Sie vor allem lernen müssen, sind die Sprachen und die Bücher, die in diesen Sprachen geschrieben sind: Englisch, Französisch, Deutsch...« Sicherlich, in Indien hat man schon einige Jahrzehnte früher Kenntnis von Europa; aber die Inder konnten die westliche Welt nicht ignorieren, da sie sie ja in Gestalt ihrer englischen Herren gewissermaßen im Haus hatten.

Sie waren also, wenn wir es so nennen wollen, durch die direkte koloniale Erfahrung bevorteilt. Aber im Vergleich zu China und Japan reagiert die thailändische Aristokratie früher, und das unvergleichlich anpassungsfähiger als das Reich der Mitte. Das letzte Jahrhundert in der japanischen Geschichte ist jedoch sicher bedeutender, was aber auch damit zusammenhängt, daß es unter Tokuyawa zu einer Weiterentwicklung und zu einer Gliederung der japanischen Gesellschaft gekommen war, die Thailand nie kennengelernt hatte. Die Klugheit der bedeutendsten ChakriHerrscher Mongkut und Chulalongkorn ist auf zweifache Weise belohnt worden: Durch die Unabhängigkeit des Landes und den Fortbestand der Dynastie. Zweifellos ist die Unabhängigkeit durch die geopolitische Lage Thailands begünstigt worden, das wie Afghanistan zwischen zwei entgegengesetzten Imperialismen lag: Die Franzosen in Indochina und die Engländer in Birma und in Malaysia zogen es sicherlich vor, ein kleines unabhängiges Reich als Nachbarn zu haben, als es zu riskieren, daß dieser Nachbar von der gegnerischen Macht einverleibt würde. So ist der Erfolg bei der Aufrechterhaltung der nationalen Freiheit zu erklären, was aber nicht die Verdienste der politischen Klasse Thailands während des letzten Jahrhunderts verringert. Allerdings hatten diese Erfolge, langfristig gesehen, auch einen Nachteil: Thailand hat sich nie so tiefgreifend verändert wie beispielsweise Japan während der Meiji-Restauration und in China während der Revolutionen in diesem Jahrhundert. Wenn wir für einen Augenblick der eitlen Versuchung erliegen und die Geschichte unter dem Aspekt von »wenn« und »aber« betrachten, so können wir sicher behaupten, daß die Vorsicht der damaligen Herrscher ein Grund für den Nachholbedarf ist, der heute in so vielen Bereichen vorliegt. Jedoch würde es von einem sehr bescheidenen Sinn für Geschichte zeugen, wenn man gerade dann daran denkt, wenn man den riesigen Phra Mane-Platz hinter sich läßt, in die kleine Na 13

Phra Lan-Straße einbiegt und sich anschickt, den Großen Palast und seine Klöster zu besichtigen.

Die Heldentaten der Chakri So wie der Menam das Wasser (und die Geschichte) Thailands zum Meer führt, so vereint der Große Palast, das Phra Borom Maha Rajawang, mit seiner uneinheitlichen Bemalung und seinem uneinheitlichen Aufbau zwei Jahrhunderte an Geschichte und die Elemente unzähliger Stile und Kunstrichtungen. Wir sind hier sehr weit von den großen Residenzen der westlichen Monarchen aus dem 17. und 18. Jahrhundert entfernt, die auf der Basis eines einheitlichen Entwurfs entstanden und oft in einem einheitlichen Stil gehalten sind. Hier, zum Großen Palast von Bangkok, haben fast alle Herrscher der Dynastie ihren Beitrag geleistet, indem sie gewissermaßen einen Pavillon neben dem anderen konstruieren ließen, einen eigenen Herrschaftssitz neben dem des Vaters und des Großvaters. Auf Rama I. geht z.B. das Dusit Maha Prasat zurück; auf Rama III. das in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts entstandene Maha Montien; auf Mongkut des Mahisra Prasat und auf Chulalongkorn die beeindrukkende Chakri-Residenz, die im Jahre 1882 erbaut wurde. Auf diesen Palast mag der Besucher, der auf der Suche nach exotischer Farbe und Kunst und nicht nach entfernten Nachbildungen der europäischen architektonischen Muster ist, vielleicht mit Unwillen reagieren: Denn der Chakri-Palast ist das Werk eines englischen Konstrukteurs, der auf die Muster der italienischen Renaissance zurückgriff. Doch dieser Bau ist sicherlich nicht der einzige Beweis für den Eklektizismus der herrschenden Dynastie: Ein vielleicht noch bedeutsameres Zeugnis stellt der Komplex von Bang Pa In (ungefähr fünfzig Kilometer von der Hauptstadt entfernt) dar. Wonach können wir uns also bei der Bewertung dieses einzigartigen, heterogenen Monu14

ments orientieren? Auf seine Weise ist es ein Meisterwerk, auch wenn ihm das für ein Meisterwerk vielleicht typischste Merkmal fehlt, nämlich der einheitliche Stil. Der Große Palast ist mehr als ein bizarres Museum aus verschiedenen Architekturformen und Kunstrichtungen und besser als ein Disney-Land aus allen baulichen Erfahrungen, die die Thailänder in den letzten zwei Jahrhunderten interessiert haben mögen. In erster Linie darf nicht vergessen werden, daß die Architektur Asiens weit weniger kompakt ist als die abendländische. Die langen, nackten Mauern mit ihrem sich in der Horizontalen ständig wiederholenden Aufbau (hier wie in China oder Japan) grenzen einen Platz ab, der im Innern nicht unbedingt durch ein großes, zentrales Gebäude beherrscht wird. Nicht einmal die »Verbotene Stadt« von Peking (wo besonderer Wert auf die Symmetrie der Bauten gelegt wird) hat einen genauen Schwerpunkt. Und in den japanischen Tempeln und Palästen spielt nicht einmal mehr die Symmetrie eine Rolle. Die strenge Logik der Umfassungsmauern, die von einfachen, keineswegs monumentalen Eingängen kaum unterbrochen werden, und die der Fialen, die sich in den Himmel erheben, stellt einen für die östliche Welt typischen Kontrast dar, der auch in Bangkok zu bemerken ist. Und dieser Kontrast ist deutlich sichtbar das Hauptthema des Komplexes trotz der relativ beeindruckenden Bauten der Paläste und des Wat Phra Keo, der den SmaragdBuddha beherbergt. Im Innern der Umfassungsmauern bemerkt man jedoch schon nichts mehr von der geometrischen Symmetrie Chinas oder von der ebenfalls geometrischen Asymmetrie der klassischen japanischen Tempel. Und das liegt nicht nur daran, weil wir deutliche Wiedergaben der europäischen Kunst vor Augen haben. Im Gegenteil, ein weiteres typisch östliches Element fällt dem Besucher auf: Die Dächer. Während das Dach für unsere Architektur wichtig, jedoch sekundär ist, beherrscht es die Bauten

Ostasiens mit seinen sanften, verzierten Wölbungen, die manchmal die vertikalen Strukturen darunter fast zu erdrücken scheinen. Hier in Bangkok sind die orangefarbenen Dächer, die wie die Tunika der Mönche in der Sonne glänzen, nicht nur ein beherrschendes Element (das oft die Horizontalität des Ganzen betont), sondern haben auch eine einzigartige geschichtliche Funktion, da sie selbst den für die Einheimischen exotisch wirkenden Bauten thailändische Nationalität verleihen. Wenn wir also (geben wir es doch zu, mehr mit Bestürzung als mit Bewunderung) den »architektonischen Mestizen« in der Gestalt des Chakri-Palastes betrachten, müssen wir diesen Aspekt berücksichtigen. Auf uns mag das Gebäude wie ein Herr im Frack mit einem Tirolerhut erscheinen, wie ein klassischer Bau, der auf sonderbare Weise durch eine fremdartige Bedeckung entstellt wird; doch der Thailänder sieht es auf andere, wenn nicht gar entgegengesetzte Weise: Denn das importierte Element darunter hat eine vergleichsweise geringe Bedeutung gegenüber dem Ansehen des im traditionellen Stil gehaltenen Daches. Auf jeden Fall ist die Tendenz zum Synkretismus offensichtlich und stark ausgeprägt. Die königlichen Auftraggeber haben Kiplings Worte nicht anerkannt: Ost ist Ost und West ist West – denn letztendlich begegnen sich die beiden. Die architektonisch in der Palaststruktur zum Ausdruck kommende Behauptung wird in den geschichtlichen Malereien, die den Thronsaal schmücken, bekräftigt; sie stellen Ludwig XIV. dar, wie er in Versailles den Gesandten des Königs Narai von Ayuthya empfängt, die Königin Viktoria, wie sie den Gesandten Mongkuts empfängt, Napoleon III. im Gespräch mit den siamesischen Gesandten und umgekehrt Mongkut, wie er dem britischen Gesandten Sir John Brown eine Audienz gibt. Die Bildreihe drückt eine doppelte Botschaft von politischer Bedeutung aus. Mit ihr will man den Besucher daran erinnern, daß die Beziehungen Thailands mit der westlichen

Welt schon sehr früh aufgebaut wurden, zu der Zeit, als es Bangkok noch nicht gab und die koloniale Expansion unmittelbar bevorstand; und sie sollen darauf hinweisen, daß diese Beziehungen traditionsgemäß paritätischen Charakter hatten. Es war weder eine von Überheblichkeit zeugende, fruchtlose Isolation noch das unterwürfige Verhalten eines lehnspflichtigen Landes: Das ist es, was der Chakri-Palast zu verstehen geben will. Im Wat Phra Keo, das im nordöstlichen Eck des großen Areals liegt, ist dagegen von einer so reichen Mischung von Stilen und geschichtlichen Reminiszenzen fast nichts zu bemerken. Das Wat Phra Keo ist der Tempel des SmaragdBuddhas und höchster religiöser Sitz des Landes. Es handelt sich um kein Kloster, sondern vielmehr um die Sainte-Chapelle des thailändischen Königtums. Das Gebäude wurde 1785 als Aufbewahrungsort für die wertvolle Buddha-Statue errichtet, die wahrscheinlich auf das 14. oder 15. Jahrhundert zurückgeht und nach zahlreichen Geschehnissen nach Bangkok gelangt ist. Der Bezirk innerhalb der Umfassungsgalerie, die die heilige Stätte abgrenzt, erscheint uns wie ein kleiner Wald aus verschiedenen Dingen: nur mit Hilfe des Grundrisses kann man noch ein Minimum an Logik in dem Komplex aus Gebäuden, Tabernakeln, Bäumen und Fialen erkennen, die ohne jegliches System angeordnet sind. Sogar ein großes Modell von Angkor Vat, dem kambodschanischen Tempel, befindet sich in dem Komplex, eine ideale Würdigung dessen, was die Thailänder im religiösen, künstlerischen und kulturellen Bereich der Khmer-Kultur zu verdanken haben. Das Zentrum des Areals stellt ein Bau dar, in dem der große Kanon der Religion aufbewahrt wird. Es handelt sich hierbei um eine eindrucksvolle Sammlung von heiligen Schriften, Regeln für das Mönchsleben, Worten des Buddha, Werken über die Natur der Dinge: Es ist die Synthese einer Weisheit, die allen Völkern Asiens, den Indern, Japanern, Tibetanern 15

und den Stämmen Insulindes, in verschiedenen Formen und Sprachen und zu verschiedenen Zeiten vermittelt wurde. Was Thailand betrifft, so ist dieser Kanon bezeichnend dafür, was dieses Land vor allem der Insel Ceylon, der anerkannten Mutter des Buddhismus des Kleinen Fahrzeugs, zu verdanken hat. Weiter im Osten in einem der Hauptgebäude zeigt sich jedoch die enge Verbindung zwischen dem Buddhismus und dem siamesischen Königtum: Hier sind die Statuen der ersten sieben Herrscher der Dynastie aufbewahrt: Sie wachen – so vermutet man – über ihr Land und werden ihrerseits von dem wertvollen Buddha bewacht, der dem Tempel seinen Namen gibt und in der weiten Halle aufgestellt ist, die den ganzen Südbereich des heiligen Bezirks umfaßt. Auch hier (wo keine ausländischen Einflüsse vorliegen) fällt der Kontrast zwischen den einfachen, schneeweißen, kaum von der prächtigen Dekoration der Tore unterbrochenen Mauern und den reich bemalten Dächern auf, die über die Umfassungsmauer herausragen und von der Stadt aus schon von weitem zu sehen sind. In der Umgebung befinden sich ferner ein Mausoleum mit der Asche des Königs, eine zweite Bibliothek und der Glockenturm: In seiner Form unterscheidet sich dieser sehr von den westlichen Glockentürmen, doch die Funktion ist die gleiche; es scheint fast, als würde somit (handle es sich nun um die Lehre Christi oder um die Lehre Buddhas) die unabänderliche religiöse Bedeutung der Glocke bekräftigt. Und doch erlaube man mir (auch wenn der Fachmann für Kunstgeschichte vielleicht bestürzt sein wird), am Ende meiner Schilderung meine Vorliebe für die große Umfassungsgalerie auszusprechen, die die heiligen Gebäude umgibt und uns eine ununterbrochene Illustration des »Ramakien« darbietet. Dieser Bilderzyklus ist ein außerordentlich beeindruckendes Werk, auch wenn er 1927 radikal restauriert wurde und somit die Reinheit des traditionellen Stils stark beeinträchtigt ist. 16

Aber was macht das schon? Die Gemälde entsprechen vielleicht so vielmehr dem Geschmack der Thailänder vor fünfzig Jahren als dem ihrer Vorfahren aus dem vergangenen Jahrhundert. Wir befinden uns auf jeden Fall in einer zeitlosen Märchenwelt mit Phantasielandschaften, anachronistischen und geometrischen Palästen, die manchmal an die Bauten im italienischen Siena erinnern, übernatürlichen Wesen und unbeschreiblichen Ungeheuern. Aber die Figurenschar, die die Erlebnisse Ramas und seiner Gemahlin Sita illustriert, ist sicherlich sehr aussagekräftig und lebendig. Wer den Halbschatten des Bot, in dem der Smaragd-Buddha verehrt wird und wo die allen großen Zentren des Buddhismus – von Sri Lanka bis Japan – eigene statische Heiterkeit herrscht, verläßt, tritt in eine im gewissen Sinne gegensätzliche Welt: Denn die Welt des »Ramakien« ist nicht nur nicht buddhistisch, sondern es ist auch eine reiche, heterogene Welt, die das Leben in all seinen vielfältigen Aspekten unterstreicht, Liebe, Krieg, Freundschaft, Pflicht: In einem Rausch von Phantasie und Übernatürlichkeit. In der Umfassungsgalerie des Wat Phra Keo findet das antike indische Epos eine seiner entferntesten und jüngsten Verherrlichungen. Seite an Seite mit den Palästen, die den Kosmopolitismus der Dynastie bezeugen, bekräftigen die Wandmalereien mit ihren Neuinterpretationen traditioneller Themen eine Art von Treue gegenüber der ältesten Inspiration der thailändischen Kultur: Die Inspiration, die über verschiedene Wege viele Jahre zuvor aus Indien gekommen war. Der Große Palast von Bangkok verdient also nicht nur wegen seiner geschichtlichen und künstlerischen Schätze die Aufmerksamkeit und Ehrfurcht des Besuchers, sondern auch und vor allem wegen seiner einzigartigen Beziehung zur Geschichte und Kultur eines Volkes, das im großen Chor der Völker einen außergewöhnlichen und unverwechselbaren Platz einnimmt.

Detail einer Kinnari, einer mythologischen Figur, die halb Mensch, halb Vogel ist. Sie befindet sich im Innern der Umfassung des Großen Palastes von Bangkok.

Die komplexe und differenzierte Struktur des Palastes Der Große Palast (bzw. Phra Borom Maha Rajawang) von Bangkok liegt am linken Ufer des Chao Phraya, nördlich eines riesigen grünen Platzes, der von den Thailändern Sanam Luang genannt wird, jedoch unter dem Namen Phra Mane bekannt ist. Mit dem Bau des Großen Palastes, der Hauptresidenz des Königs von Thailand, wurde 1782 auf Befehl Ramas I. begonnen. Die zahlreichen Gebäude stammen aus verschiedenen Zeiten und sind in verschiedenen Stilen realisiert; somit stellen sie in ihrer Gesamtheit eine Synthese der von den Thai ausgearbeiteten architektonischen Formen dar. Der Gesamtkomplex kann in drei Hauptbereiche unterteilt werden: In den Äußeren Hof, den Tempel und den Inneren Hof. Der Außenhof, der unmittelbar hinter dem Haupteingang beginnt, umfaßt mehrere öffentliche Gebäude, unter anderem das Finanzministerium und die Sala Lukhum, das Innenministerium, jedoch sind sie alle von geringem künstlerischen Interesse. Vom Außenhof gelangt man in den Tempel, der auf thailändisch Wat Phra Keo heißt: Es handelt sich hierbei in Wirklichkeit um eine große Umfassungsgalerie, die verschiedene Bauten umschließt. Am bekanntesten ist sicherlich die 1785 erbaute königliche Kapelle, die die berühmte Statue des Smaragd-Buddhas beherbergt. Der Innenhof schließlich, zu dem man durch ein Doppeltor ebenfalls vom Äußeren Hof aus gelangt, stellt den größten Bereich des Großen Palastes dar; in ihm befinden sich die wichtigsten Residenz- und Repräsentationsgebäude der thailändischen Monarchie: Der Komplex des Dusit Maha Prasat, die ChakriResidenz, die Maha Montien-Gruppe und die Paläste um den Shivalaya-Garten. Das Dusit Maha Prasat ist der älteste Teil des Gesamtareals; er wurde auf noch älteren Strukturen erbaut und dient als Empfangs- und Krönungshalle: Das kreuzförmige Gebäude hat ein fünfstufiges Dach, das eine lange Spitze krönt. Das Chakri Maha Prasat bzw. die Chakri-Residenz wurde 1882 von König Chulalongkorn im neoklassizistischen Stil erbaut und mit einem Dach im Thai-Stil versehen. Das Maha Montien stellt die große königliche Residenz des Königs Rama III. dar. In ihr befindet sich auch die Amarindra-Audienzhalle. Der Shivalaya-Garten schließlich nimmt den gesamten Ostteil des Innenhofs ein: Im Zentrum befindet sich die Kapelle des Kristall-Buddhas, und um sie herum sind Gebäude angeordnet, die als Residenz des momentan regierenden Herrschers oder als Gästehäuser für Staatsbesucher dienen. Der Garten selbst wird häufig für öffentliche Feste und Veranstaltungen genutzt. 18

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Unten Detail des Wat Phra Keo vom Außenhof aus gesehen. Im Gegensatz zu den Tempeln in der westlichen Welt ist der thailändische Tempel (Wat) keine Kultstätte, da in ihm keine Götter verehrt werden. Er ist vielmehr ein Ort der Meditation und der Aufbewahrung von heiligen Gegenständen und Reliquien, ein Komplex von Kapellen, Mönchswohnungen und anderen häufig rein symbolischen Gebäuden, wie z. B. die Chedi, von dem indischen Stupa abgeleitete kompakte Strukturen, die den heiligen Berg Mahameru der hinduistischen Tradition darstellen. Am rechten Rand ist das große goldene Chedi zu sehen.

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I Äußerer Hof 1 Eingang 2 Finanzministerium 3 SalaLukhum 4 Büro des Rechnungsprüfers 5 Schatzamt 6 Sahadaya-Halle II WatPhraKeo 7 Galerie 8 Glockenturm 9 Kapelle des Smaragd-Buddhas 10 Pantheon 11 Bibliothek

12 Goldenes Chedi 13 Modell von Angkor Vat 14 Wiharn Yot 15 Phra Nak 16 No Montien Tham III Innerer Hof 17 Doppeltor Duslt Maha Prasat-Gruppe 18 Audienzhalle 19 Phiman Ratya 20 Abhorn Pimok 21 Konferenzhalle

22 Chakri-Residenz Maha Montien-Gruppe 23 Chakriparti Phiman 24 PaisalTaksin 25 Amarindra (Audienzhalle) Shivalaya-Garten 26 Kapelle des Kristall-Buddhas 27 Boroma Phiman 28 Shivalaya Maha Prasat 29 Suddhaisvarya-Halle 30 Mahisra Prasat

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Diese ungefähr sechs Meter hohen riesigen Dämonen (auf thailändisch Yaek) bewachen den Tempeleingang. In der thailändischen Ikonographie sind spitze Zähne immer ein Zeichen für die Kräfte der Unterwelt, das Konzept von Gut und Böse im Buddhismus unterscheidet sich jedoch sehr von dem des Christentums: Dämonen können den Zugang zu einer heiligen Stätte bewachen. Und dem Volksglauben nach ist übrigens auch der Beschützer der momentan regierenden Chakri-Dynastie ein Dämon, der sogenannte Rote Fürst. Zwischen den beiden Figuren im Vordergrund ist ein Weihetürmchen für die Opfer der Gläubigen zu sehen. Im Hintergrund erkennt man den Dachkomplex der Umfassungsgalerie des Wat Phra Keo. Der große Tempel wurde 1957 anläßlich des 2500. Jahrestages des Nirvana Buddhas (gemäß der thailändischen Zeitrechnung) restauriert und zeigt sich heute in all seiner Farbenpracht dank der Verzierung mit vielfarbigen Keramikstücken und Mosaiken. Sie bildet einen schönen Kontrast zu den weißen Umfassungsmauern und einigen mit Kalk bemalten Gebäuden. Rechts außen Detail des Gesichts eines Yaek. 22

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Entlang der Umfassungsgalerie des Wat Phra Keo befinden sich mehrere kleinere Gebäude, wie z. B. kleine Kapellen und Chedi, die nach und nach hinzugefügt wurden und bestimmte Funktionen haben. An der Ostseite ragen acht Prang empor, die die acht Planeten der buddhistischen Kosmographie symbolisieren. Der Prang (gut sichtbar im Vordergrund links) ist ein vom indischen Stupa abgeleitetes, kompaktes Bauwerk. Eine Zwischenstufe bildet dabei die Khmer-Architektur des 12. Jahrhunderts, in der das Chedi, ebenfalls ein Abkömmling des Stupa, von den Formen der ceylonesischen Modelle beeinflußt ist.

Oben Detail der Galerien, die das Wat Phra Keo abgrenzen. Sie sind mit Malereien verziert, die Geschichten des »Ramakien«, der thailändischen Version des »Ramayana«, darstellen. Das Gedicht erzählt von den Erlebnissen der Prinzessin Sita, die vom Dämon Ravana entführt und nach Lanka gebracht wird, wo sie ihr Gemahl Rama mit Hilfe eines vom großen weißen Affen angeführten Affenheers befreit. Obwohl es eines der heiligen Bücher des Hinduismus ist, wurde dieses Werk in die traditionsgemäß eklektische buddhistische Literatur aufgenommen. 25

Unten eine perspektivische Verkürzung des Südostbereichs des Wat Phra Reo. Die zwei Türwächter auf der linken Seite des Bildes flankieren einen Nebeneingang hinter der Kapelle des Smaragd-Buddhas. Im Hintergrund erhebt sich vor der Umfassungsgalerie ein prächtiger Bau, von dem ein Detail rechts reproduziert ist. Neben den Löwen im chinesischen Stil im Vordergrund ist auch die reiche Dekoration mit Fayencekacheln und Keramikstücken beachtenswert, eine in der Kunst Thailands verbreitete Ornamentik, für die es jedoch keine lokale Produktion gibt, so daß importierte Werkstoffe verwendet werden.

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Oben links eine der Statuen in der Umfassungsgalerie des Wat Phra Keo, die die weißen Elefanten Ramas I., Ramas IL und Ramas III. darstellen. Aufgrund ihrer militärischen und zivilen Bedeutung waren diese Tiere alleiniger Besitz des Herrschers. Übrigens mißt die gesamte Thai-Kultur den Elefanten eine große Bedeutung zu, und einige Texte erzählen davon, wie Buddha sich in der Gestalt eines Elefanten opferte, um 700 Personen, die sich in der Wüste verirrt hatten, vor dem Hungertod zu bewahren. Unten links eine perspektivische Verkürzung der mit Ramakien-Malereien geschmückten Galerie, von denen unten ein Beispiel wiedergegeben ist.

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Diese beiden Seiten zeigen Details der Galeriemalereien. Die 1927 vorgenommenen Restaurierungen haben wegen der fehlenden Originaltreue beachtliche Kritik seitens der westlichen Welt hervorgerufen. Trotzdem haben diese Malereien die typischen Eigenschaften der traditionellen thailändischen Malerei bewahrt, d. h. die fehlende bzw. »primitiv« interpretierte Linearperspektive und scharf konturierte Gebäude und Gestalten (klare Umrisse und kaum abgestufte Farben), die sich von einem oft einheitlichen oder auch verschwommenen und undeutlichen Hintergrund abheben.

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Details der Galeriemalereien, die die heldenhaften Kämpfe des Rama gegen Ravana erzählen. Bei der Neubearbeitung des indischen Gedichts wurde die Handlung nicht verändert, auch wenn sich die Ikonographie sehr von der ursprünglichen unterscheidet und von der Architektur und den Bräuchen Thailands beeinflußt ist. Der Stil dieser gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Gemälde spiegelt das Aufeinandertreffen der lokalen mit der westlichen traditionellen Kunst wider, es kommt zu einer Überlagerung von Gestalten aus der traditionellen Ikonographie und perspektivisch genauen naturalistischen Landschaften. Die Ergebnisse vermitteln einen sonderbaren übernatürlichen Eindruck.

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Unten links der große Glockenturm, der sich auf der Südseite der Umfassungsgalerie des Wat Phra Keo befindet: Der Thai-Glockenturm hat gewöhnlich eine Basis, auf der die Struktur angebracht ist, die die bronzene Glocke trägt; gekrönt wird der ganze Bau durch eine Spitze, die der Königskrone ähnelt. Unten rechts ein Detail des mehrfarbigen Mosaikschmucks der Basis. In der thailändischen Kunst dient das Mosaik nicht zur inneren Ausschmückung wie in der westlichen Kunst, sondern wird vielmehr als äußere Verkleidung verwendet. Es eignet sich sehr gut für die Darstellung von geometrischen Formen und Blumenmotiven.

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Unten eine perspektivische Verkürzung der Balustrade, die den Bot des Smaragd-Buddhas umgibt und darunter ein Detail des Frieses, der die Basis schmückt. Um diese große, über 50 Meter lange Kapelle führt ein Säulengang, dessen Zwischenräume mit kleinen Tabernakeln (rechts) gefüllt sind. Der thailändische Bot ist kein Gebäude für den öffentlichen Kult, sondern vielmehr ein Versammlungssaal für die Bonzen; er hat einen rechteckigen Grundriß und ist im Innern durch zwei Säulenreihen in drei Schiffe unterteilt- Für den öffentlichen Kult dient der ähnlich aufgebaute Wiharn, der jedoch nicht in jedem Wat zu finden ist.

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Seitenansicht des Bot (Seite 38 oben), bei der die Dachstruktur zur Geltung kommt. Das Thai-Dach ist am Ende eine spitze Volute, die eine Naga symbolisiert, die mythische Schlange, die der Legende nach Buddha während eines sieben Tage und sieben Nächte andauernden Unwetters schützte. Entlang der Dächer sind herzförmige Kupferschellen angebracht, die im Wind leise klingeln. Seite 38 unten ist ein Detail des Giebels zu sehen, und das Bild links zeigt eine perspektivische Verkürzung der Bot-Fassade. Der Kapellenbezirk ist heilig und immer durch acht Grenzsteine, Sema genannt, eingegrenzt. Im Bot des Wat Phra Keo verteilt der Herrscher anläßlich des Vollmondfestes im Mai (Wisakha Bucha), an dem die Geburt, die Erleuchtung und das Nirwana des Meisters gefeiert wird, Fächer an die Mönche, die sich im Lauf des Jahres durch ihre Frömmigkeit ausgezeichnet haben. Die eindrucksvolle Zeremonie erreicht am Abend in einer Reihe von Prozessionen ihren Höhepunkt. Im Wat Phra Keo gibt es kein Kloster und auch keinen Klerus, der die religiösen Aufgaben übernimmt, denn der Herrscher selbst leitet die thailändische Sangha (d. h. die Gemeinschaft, die Ekklesia). 39

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Unten links ein Bild vom Eingang des Bot unter der Kolonnade; die Treppen werden von Bronzelöwen flankiert, von denen ganz unten rechts ein Detail reproduziert ist. Das Bild unten rechts zeigt dagegen einen Teil des Frieses, der den unteren Teil der Wand schmückt und aus einer langen Reihe von Garuda besteht. Diese mythischen, adlet'ähnlichen Vögel sind das traditionelle Reittier des Gottes Vishnu. Zahlreiche andere mythologische Wesen verzieren das Wat Phra Keo: die Yaksha, Schutzgeister, die Apsara, himmlische Nymphen, und die Kinnara, Gestalten mit einem menschlichen Gesicht und Vogelkrallen.

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Seite 42 Innenansicht des Bot mit dem Smaragd-Buddha. Das Alter dieser ungefähr 60 cm hohen Statuette, die in Wirklichkeit aus grünem Jaspis ist, kann nicht genau bestimmt werden; zum erstenmal erwähnt wurde sie 1436, ah man sie im nordthailändischen Chiang Mai im Innern eines großen Gipsbuddhas fand, der beim Transport zerbrochen war. Nach zahlreichen Geschehnissen, in deren Verlauf die Statue nach Laos gelangte, erwarb sie 1778 König Tak Sin erneut für Thailand. Gemäß einer in den östlichen Gebieten relativ verbreiteten Tradition wird die Statue mit wertvollen Gewändern bekleidet, die je nach der Jahreszeit gewechselt werden; diese Aufgabe übernimmt der König selbst in einer feierlichen Zeremonie. Der Smaragd-Buddha befindet sich in einer Glasvitrine auf einer Art Altar, zu dem man über einige vergoldete Stufen gelangt. Vor dem Podest steht der Buddha des Königs Mongkut, er ist rechts und links von weiteren Skulpturen umgeben, die fünfstufige Schirme tragen; eine dieser Figuren (links) macht mit den Händen die Geste der Furchtvertreibung: Die Symbolik der Hände ist in der buddhistischen Ikonographie von besonderer Bedeutung. 43

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Die Seiten 44 bis 47 zeigen Details der Malereien im Innern des Bot, die Szenen aus dem Leben Buddhas und kosmogonische Szenen darstellen. Sie dienen der Meditation und auch als Inspirationsquelle bei der Suche nach der Wahrheit, die nach Meinung der Buddhisten jeder allein finden muß. Die Gemälde wurden, auch wenn sie im traditionellen Stil gehalten sind, erst vor relativ kurzer Zeit angefertigt und zeugen von großer Raffinesse und beachtlichem Können. Die Thai-Malerei ist formal stark von China beeinflußt, obgleich der satte und einheitliche Farbauftrag ein lokales Charakteristikum ist.

Folgende Episoden aus dem Leben Buddhas werden im Bot behandelt: Die wunderbare Geburt des Meisters; die Predigt zu den fünf Asketen, bei der Buddha beschließt, nicht mehr durch Fasten und andere Entbehrungen nach der Wahrheit zu suchen; sein Sieg über Mara, den Geist des Bösen; und die Erleuchtung unter dem Bodhgaya-Baum (Seite 44). Die Zwischenräume zwischen den Fenstern schmücken dagegen Darstellungen von Szenen aus den Jataka, lehrreiche Geschichten von den früheren Leben des Meisters. Im hinteren Bereich schirmt eine spanische Wand den Platz des Königs ab. 46

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Links Detail des prächtigen Eingangs des Prasat Phra Thepbidorn, gewöhnlich Pantheon genannt, das auf einer großen Terrasse nördlich des Bot errichtet wurde. In diesem Bereich befinden sich ebenfalls die Bibliothek und das gewaltige goldene Chedi. Das Bild rechts zeigt eine Gesamtansicht. Das Pantheon ist ein großer Bau in Form eines griechischen Kreuzes und wird von einem gelben Prang in kambodschanischem Stil gekrönt, der von fünffachen Staffeldächern aus orangefarbenen Ziegeln mit grünem Rand getragen wird. Es entspricht somit, wie auch der ursprüngliche Name beweist, der architektonischen Typologie des Prasat, einer besonderen Schöpfung der thailändischen Kunst. Das Prasat besteht nämlich aus einem zentralen Gebäude, meistens mit einem Grundriß in Form eines griechischen Kreuzes, und ist von einem Staffeldach bedeckt; wenn das Gebäude eine religiöse Funktion hat, wird das Dach durch einen Prang gekrönt, wenn es zivilen Zwecken dient, durch eine an die thailändische Krone erinnernde Spitze (Yot). Das Pantheon ist von einer eleganten Kolonnade umgeben: Die Säulen haben ein Kapitell, ein in der ThaiArchitektur seltener eingesetztes Element, da hier vielmehr die oft mit Friesen und Karyatiden geschmückte Basis hervorgehoben wird. 49

Die Bilder auf diesen beiden Seiten zeigen Details des Pantheon. Die Wände sind mit mehrfarbigen, plastischen Mosaiken verkleidet, in denen sich zahlreiche Türen befinden. Das Gebäude beherbergt die sieben Statuen der verstorbenen Könige der regierenden Dynastie und wird als Heiligtum der Chakri-Könige angesehen. Gewöhnlich hat die Öffentlichkeit keinen Zutritt, doch am 6. April jeden Jahres, am Jahrestag der Dynastiegründung, wird das Pantheon feierlich für die Allgemeinheit geöffnet. Am 6. April 1782 bestieg nämlich der General Chao Phya Chakri unter dem Namen Rama I. den Thron, nachdem er den dem Wahn verfallenen Tak Sin abgesetzt hatte.

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Die Bibliothek des Wat Phra Keo Seite 52 hat die typische Struktur des Mondop: Das auf einem quadratischen Grundriß erbaute, oft von Säulen umgebene Mondop ist mit einem mehrstufigen Dach versehen, bei dem jede Stufe auf andere Weise verziert ist; die Krönung des Dachs bildet eine lange Spitze (Yot). In den Ecken der Bibliothek stehen vier steinerne BuddhaStatuen in javanischem Stil, die auf das 14. Jahrhundert datiert werden (links oben). Das Bild unten zeigt ein Detail der Balustrade, die das Gebäude umgibt. Im Innern sind die Wände mit vergoldeten Motiven verziert, der Fußboden dagegen ist mit reinem Silber verkleidet. Von den hier behüteten religiösen und literarischen Schätzen hat der Pali-Kanon (so genannt, weil er in dieser Sprache geschrieben ist) eine besondere Bedeutung, ein weitreichender literarischer Korpus, der dem HinayanaBuddhismus zugrunde liegt; die fundamentalen Schriften des Mahayana-Buddhismus sind dagegen in Sanskrit niedergeschrieben. Das Ideal des Hinayana-Buddhismus ist der Arhat, der Mensch, der keine Wünsche mehr hat und sich gänzlich von der Welt gelöst hat; das Große Fahrzeug strebt dagegen das Ideal des Boddhisattva an, d.h. den Menschen, der auf den Rang des Buddha verzichtet, um anderen zu helfen. 53

Auf dieser Seite ist der in der Bibliothek aufbewahrte kostbare Schrein zu sehen, in dem der Pali-Kanon eingeschlossen ist; er ist mit Perlmuttinkrustationen auf schwarzem Lack verziert. Die Details auf der gegenüberliegenden Seite zeigen mythologische Szenen (oben) und einen doppelten Garuda-Fries (unten). Der Pali-Kanon wurde 1805 während eines von König Rama I. angesagten und im Großen Palast von Bangkok abgehaltenen Konzils geordnet. Vorher existierten nur unzählige Manuskripte aus verschiedenen Epochen, deren Echtheit nicht immer bewiesen war.

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Das Bild links zeigt das große goldene Chedi, das sich am äußeren westlichen Ende der Terrasse nördlich des Bot befindet. Es wurde von König Mongkot nach dem Modell eines Chedi in Ayuthya, der ehemaligen, zerstörten Hauptstadt, erbaut und ist mit kleinen Goldziegeln überzogen. Der Brauch, Statuen oder Monumente mit Goldziegeln zu verkleiden, ist in Thailand als Form der Ergebenheit sehr verbreitet. Eine Nische im Innern des Chedi enthält ein Reliquiar des Bronze-Buddha ebenfalls in der Gestalt eines Chedi. Rechts im Vordergrund das Modell von Angkor Wat aus grauem Stein, das zur Zeit des Königs Mongkut angefertigt wurde. Kambodscha war damals ein Vasallenstaat Slams: Seine antike Kultur hat die Thai-Kunst stark beeinflußt, und einige ihrer architektonischen Typologien lehnen sich an das kambodschanische Vorbild an, so z. B. der Prang, ein Charakteristikum der Tempel von Angkor. Links dahinter ist das Wiharn Yot zu sehen, das Gebäude, das den Thron des Königs Rama Khamheng von Sukhothai beherbergt; rechts dagegen sieht man das Ho Montien Tham, eine zweite Bibliothek. Beide Monumente befinden sich an der Nordseite des Wat Phra Keo. 56

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Unten ist ein Kinnara abgebildet, ein mythisches Wesen, halb Mensch und halb Vogel, das im Himavanta-Wald am Fuße des Himalaya lebt. Die entsprechende weibliche Form wird Kinnari genannt. Solche mythischen, vom Hinduismus übernommenen Figuren haben in der buddhistischen Kunst nur eine reine Schmuckfunktion, jegliche religiöse Bedeutung ist verlorengegangen. Rechts zwei Bilder des Phra Nak, des kleinen Mausoleums, in dem die Urnen mit der Asche der momentan regierenden Familie aufbewahrt sind; es befindet sich im nordöstlichen Eck des Wat Phra Keo-Bezirks.

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Betritt man den Innenhof des Großen Palastes über das Doppeltor (Phimanjayasri), so erblickt man auf der rechten Seite einen Baukomplex, aus dem die Audienzhalle, das Dusit Maha Prasat (links), hervorsticht. Dieser große Saal (maha bedeutet auf Sanskrit »groß«) gilt als eines der reinsten Zeugnisse für einheimische Architektur in Thailand. Der Grundriß des Gebäudes hat wie bei allen Prasat die Form eines griechischen Kreuzes. Der Komplex wird von einem Staffeldach gekrönt, das von einer feinen Spitze in der Gestalt der Königskrone überragt wird. Der Bau wurde 1782 von König Rama I. errichtet und war abgesehen von dessen Krönung für Zeremonien jeglicher Art bestimmt. Im Süden schließt sich das Phiman Ratya bzw. der nächtliche Wohnsitz an, und in der Umgebung befinden sich andere kleinere Bauten. Rechts eine der zwei Wächterstatuen aus grauem Sandstein, die den Zugang zum Dusit flankieren; sie zeugt vom Einfluß des chinesischen Stils in der ThaiKunst und ist bezeichnend für den heterogenen Charakter dieser Kunst, in der indische, ceylonesische, birmanische, chinesische, europäische und Khmer-Elemente miteinander verschmelzen.

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Oben links ein Bild des Dusit Maha Prasat, das die komplexe Dachstruktur besonders hervorhebt. Das Dach besteht aus mehreren übereinandergelagerten, unterschiedlich verzierten Elementen; den Abschluß bildet jeweils eine spitze Volute, die eine Naga symbolisiert. In der Mitte ist einer der vier Garuda zu erkennen, die die Basis der Spitze tragen. Unten links eine Ostansicht des Gebäudes: Am rechten Bildrand sieht man die Tür, die in dem Detail auf dieser Seite unten reproduziert ist: Die Türflügel sind mit sonderbaren Interpretationen im Thai-Stil mit Soldaten in europäischer Kolonialkleidung bemalt.

Seite 64 ist das Innere des Dusit Maha Prasat abgebildet. Es gibt nur einen einzigen Saal, dessen Wände mit Blumen und Blättern verziert sind. Die Decke ist schwarz lackiert und in Rot und Gold ausgeschmückt. Gegenüber dem Eingang befindet sich der Thron, der von einem neunstufigen weißen Baldachin überragt wird. König Kama I. wurde hiernach seinem Tode im Jahre 1809 aufgebahrt, und seitdem dient das Gebäude vielmehr dieser Funktion und nicht mehr den Krönungszeremonien, für die es ursprünglich vorgesehen war. 63

Unten der kleine vergoldete Pavillon in der Nähe der Chakri-Residenz (im Hintergrund rechts zu erkennen). Dieser Pavillon (auf thailändisch Abhorn Pimok) diente einst als königlicher Umkleideraum bei den offiziellen Zeremonien. Bevor der König das Dusk Maha Prasat betrat, stieg er hier von seinem Tragsessel und legte die Krone und die Goldparamente ab. Der im Thai-Stil gehaltene Bau hat die Struktur eines Prasat und ist ein kleines Schmuckstück von auserlesener Machart, das viele Charakteristiken der Thai-Architektur aus der Bangkok-Zeit in sich vereint.

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Links eine Ansicht der Fassade der Chakri-Residenz (Cbakri Maha Prasat). Rechts ist ein Detail von einer der beiden Freitreppen zu sehen, die zum Eingangsvestibül führen. Dieses eindrucksvolle Gebäude wurde 1882 von einem englischen Architekten erbaut, der sich bei seinem Werk von der italienischen Renaissance inspirieren ließ und somit der damals in Europa herrschenden Tendenz zum Revival folgte. Anschließend wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Königs das Thai-Dach hinzugefügt, und auf diese Weise entstand eine bizarre Mischung verschiedener Stile. Die beiden folgenden Seiten zeigen einige Bilder vom Thronsaal: Seite 68 der in einer Nische des Saals aufgestellte, silberne Thron; er ist reich mit Intarsien verziert und von einem neunstufigen weißen Baldachin überragt. Seite 69 unten eine perspektivische Verkürzung des Saals: Bemerkenswert ist die klar von Europa beeinflußte Ausschmückung und Einrichtung. In diesem Saal, in dem der König die ausländischen Gesandten empfängt, befinden sich vier Gemälde mit geschichtlichen Themen, die sich auf diplomatische Missionen beziehen: Auf dem hier reproduzierten Bild ist Ludwig XIV. zu sehen, wie er in Versailles den Gesandten des Königs Narai von Ayuthya empfängt (Seite 69 oben). 67

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Die Amarindra-Audienzhalle (Seite 70) gehört zu einem größeren Gebäudekomplex, dem sogenannten Maha Montien, der in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts von König Rama III. erbaut wurde. Weitere Bauten des Maha Montien (von dem oben links eine perspektivische Verkürzung zu sehen ist) sind das ChakripartiPhiman, d.h. der Residenzbereich, in dem die königlichen Insignien aufbewahrt werden (der Schirm, auf thailändisch Chatra genannt, die Krone, das goldene Schwert, der Fliegenwedel und die goldenen Schuhe) und die Krönungshalle (Paisal Taksin). In der AmarindraHalle befindet sich der große, antike Thron in Gestalt einer Barke (auf dem Bild gut sichtbar), auf dem hinter dem Vorhang der König saß. Der Königsthron liegt immer der aufgehenden Sonne gegenüber, und der König wird bei der Ausübung seiner Funktionen Buddha gleichgesetzt. Seine Person ist wie die der Familienmitglieder heilig und darf nicht berührt werden; dieser Grundsatz wurde 1890 der Gemahlin des Königs Chulalongkorn zum Verhängnis, sie ertrank in den Fluten des Chao Phraya, weil keiner der Untergebenen es wagte, sie zu berühren. Unten links Detail eines Tores von der Balustrade des Maha Montien. 71

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Im Ostbereich des großen Innenhofs liegt der ShivalayaGarten; im wesentlichen handelt es sich um eine weite Grünfläche, in deren Mitte sich die Kapelle des KristallBuddhas erhebt (links). Das Gebäude aus grauem Marmor wurde von König Mongkut als Aufbewahrungsort für die Statue errichtet, die einige Jäger in den Wäldern Nordthailands gefunden hatten und die ein Geschenk des Fürsten Champasak an König Rama II. darstellte. An der Nordseite befinden sich die Gebäude des Boroma Phiman (rechts), das Rama VI. Anfang des Jahrhunderts von seiner Thronbesteigung als Residenz für Staatsgäste erbauen ließ. Im Süden schließt sich das Shivalaya Maha Prasat an, ein zweistöckiger Bau, der von König Chulalongkorn stammt; östlich des Shivalaya Maha Prasat ist in die Umfassung des Großen Palastes ein Bau in der Gestalt eines Prasat eingefügt, in dem das Volk bei speziellen Audienzen dem König seine Ergebenheit bezeugen kann: Die Suddhaisvarya-Halle. Auf der gegenüberliegenden Seite, an der Westmauer des Gartens, befindet sich schließlich das Mahisra Prasat, ein prächtiges Gebäude, das von König Mongkut zu Ehren seines Vaters Rama II. erbaut wurde. 73

Unten ist im Vordergrund der elegante, rechteckige Pavillon im Shivalaya-Garten zu sehen, der aus einem von schlanken Säulen getragenem Doppeldach besteht. Im Hintergrund links schimmert der weiße Bau des Mahisra Prasat an der Umfassungsmauer des Gartens durch die Bäume. Das Eingangstor dieses Gebäudes ist rechts abgebildet. Besondere Aufmerksamkeit gebührt der lackierten Tür. Die Lackkunst beherrschen die Thai-Handwerker traditionsgemäß meisterhaft. Im Hintergrund erhebt sich die zentrale Filial der Chakri-Residenz.

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Inhalt DER PALAST VON BANGKOK 3 Die letzte Hauptstadt der Thai von Paolo Beonio Brocchien 17 Detail einer Kinnari 18-19 Ansicht des Großen Palastes 20 Blick vom Äußeren Hof auf das Wat Phra Keo 21 Grundriß des Palastes 22-23 Dämonen am Eingang des Wat Phra Keo 24 Gebäude und Bauten entlang der Umfassungsgalerie des Wat Phra Keo 25 Detail der Galerie des Wat Phra Keo 26-27 Perspektivische Verkürzung des Südostbereichs des Wat Phra Keo mit einem prächtigen Bau 28 Statue eines weißen Elefanten 28 Verkürzte Innenansicht der Galerie des Wat Phra Keo 29-33 Ramakien-Malereien in der Galerie des Wat Phra Keo 34-35 Glockenturm des Wat Phra Keo 36 Details der Balustrade des Bot 37 Tabernakel vom Säulengang des Bot 38 Seitenansicht des Bot 39 Giebel des Bot 40 Fassade des Bot 40-41 Eingang des Bot unter der Kolonnade mit Details 42-43 Innenansicht des Bot 44–47 Malereien im Innern des Bot 48 Eingang des Pantheon 49 Ansicht des Pantheon

50-51 Details der Mosaikverkleidung des Pantheon 52 Bibliothek des Wat Phra Keo 53 Details im Äußeren der Bibliothek 54-55 Der Schrein des Pali-Kanons im Innern der Bibliothek, mit Details 56 Das Goldene Chedi 57 Modell von Angkor Vat 58 Kinnara 59 Ansicht und Details des Mausoleums (Phra Nak) 60 Fassade des Dusit Maha Prasat 61 Wächterstatue vor dem Eingang des Dusit Maha Prasat 62-63 Ostansicht des Dusit Maha Prasat mit Details vom Dach und dem Eingangstor 64 Inneres des Dusit Maha Prasat mit Thron 65 Abhorn Pimok 66 Fassade der Chakri-Residenz 67 Detail einer Freitreppe der ChakriResidenz 68 Der Thron im Innern der Chakri-Residenz 69 Gemälde in der Chakri-Residenz mit Ludwig XIV., der in Versailles den Gesandten des Königs Narai von Ayuthya empfängt 70 Thronsaal in der Chakri-Residenz 71 Perspektivische Verkürzung des Maha Montien mit Detail 72 Kapelle des Kristall-Buddha 73 Detail des Boroma Phiman 74 Pavillon im Shivalaya-Garten 75 Eingangstor des Mahisra Prasat

Mitten im Gewühl der modernen Weltstadt Bangkok, der Hauptstadt von Thailand, hat sich der Große Palast von Bangkok erhalten. Das ummauerte Areal ist das politische und religiöse Zentrum des Landes. Seine Bauten sind erst in den letzten Jahrhunderten entstanden, ja, es haben sogar „weiße" Architekten daran mitgewirkt und europäische Stilformen eingeführt. Und trotzdem ist der Zauber dieser Tempelstadt mit ihren vielen goldenen Dächern für jeden spürbar. Die Stilmischungen sind der bildhafte Ausdruck eines liebenswerten Volkes, das nie unterdrückt wurde, sondern es immer verstand, sich anzupassen. Die Reihe „Klassische Reiseziele“ führt uns zu den bedeutendsten Kunstdenkmälern der Welt. Jedes Werk zeugt von der Kreativität des Menschen durch die Jahrtausende und ist daher heute noch so aktuell und faszinierend wie zur Zeit ihrer Entstehung. Namhafte Fachleute erklären an Hand von Beispielen eine ganze Epoche und ihren kulturellen Hintergrund. Moderne Fotografen zeigen in rund 60 neuen, vorzüglich gedruckten Bildern das Schönste aus der Welt der Kunst.