Strukturalistische Prinzipal-Agent-Theorie : eine Reformulierung der Hidden-Action-Modelle aus der Perspektive des Strukturalismus
 9783835004092, 3835004093 [PDF]

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Zitiervorschau

Adem Alparslan StrukturalistischePrinzipal-Agent-Theorie

GABLER EDITION WISSENSCHAFT Information - Organisation - Produktion Herausgegeben von Professor Dr. Hans Corsten, Professor Dr. Michael ReiB, Professor Dr. Claus Steinle und Professor Dr. Stephan Zelewski

Die Schriftenreihe prasentiert Konzepte, Modelle und Methoden zu drei zentralen Domanen der Unternehmensfiihrung. Information, Organisation und Produktion werden als Bausteine eines integriert angelegten Managementsystems verstanden. Der Erforschung dieses Bereiches dienen sowohl theoretische als auch anwendungsorientierte Beitrage.

Adem Alparslan

Strukturalistische Prinzipal-Agent-Theorie Eine Reformulierung der Hidden-Action-Modelle aus der Perspektive des Strukturalismus

Mit einem Geleitwort von Univ.-Prof. Dr. Stephan Zelewski

Deutscher Universitats-Verlag

Bibliografische Information DerDeutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ijber abrufbar.

Dissertation Universitat Duisburg-Essen, Campus Essen, 2005

l.AuflageGktober2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel /Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, www.duv.de Das Werk einschlielJIich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschijtzt. Jede Verwertung aulJerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, SchefJIitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0409-3 ISBN-13 978-3-8350-0409-2

Geleitwort Das Werk von Herm Dr. Alparslan befasst sich mit der Prinzipal-Agent-Theorie. Diese Theorie - als Gattungsbegriff fiir eine Vielzahl von Theorievarianten verstanden - spielt fiir die ,^odeme" betriebswirtschaftliche Forschung aus mindestens zwei Griinden eine herausragende RoUe. Erstens handelt es sich um eine inhaltlich anspruchsvolle und ausgereifte sowie im Wissenschaftsbetrieb weithin akzeptierte Theorie, zu deren Entwicklung seit etwa den siebziger Jahren eine Vielzahl von wirtschaftswissenschaftlichen Arbeiten beigetragen hat. Zweitens erfiillt die Prinzipal-Agent-Theorie eine beachtenswerte interdisziplinare Nahtstellenfunktion. Sie integriert theoretische Ansatze aus der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, mehreren Speziellen Betriebswirtschaftslehren - wie z.B. der Organisations- und Personalwirtschaftslehre - sowie der volkswirtschaftlichen Mikrookonomie (hinsichtlich ihrer Theorie der Untemehmung). Der ganz besondere Reiz des hier vorgelegten Werks liegt nicht darin begriindet, der Prinzipal-Agent-Theorie eine weitere Variante hinzuzufiigen. Vielmehr setzt sich sein Autor mit der Prinzipal-Agent-Theorie aus grundsatzlicher, wissenschaftstheoretisch inspirierter Perspektive auseinander. Er greift die „Fundamentalkritik" an konventionell formulierten, realwissenschaftlichen Theorien auf, die seit ca. drei Jahrzehnten seitens der Analytischen Philosophie vorgetragen wird, ohne jedoch im real existierenden Wissenschaftsbetrieb auf nennenswertes Gehor zu stoBen. Dieser Kritik zufolge verstricken sich konventionell formulierte Theorien des so genannten „statement view" in unauflosbare Probleme, wenn ihre Geltungsanspruche empirisch iiberpriift werden. Als Alternative bietet der „non statement view" mit seinem strukturalistischen Theorienkonzept ein Schema fiir die Strukturierung und weit reichende Formalisierung an, das die zuvor angesprochenen grundsatzlichen Probleme zu iiberwinden hilft. Der Autor hat sich der groBen Herausforderung gestellt, die Fundamentalkritik seitens der Analytischen Philosophie aus betriebswirtschaftlicher Sicht mit groBer Sorgfalt und bemerkenswertem Fingerspitzengefiihl fiir wissenschaftstheoretische Fallstricke so aufzubereiten, dass sie sich auch von theoretisch interessierten Lesem aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften nachvoUziehen lasst. Sein besonderes Verdienst liegt darin, das strukturalistische Theorienkonzept erstmals konsequent auf die Prinzipal-Agent-Theorie anzuwenden. Damit betritt er wissenschaftliches Neuland, das er mit einer exzellenten Analyse der Erkenntnismoglichkeiten und -grenzen des „non statement view" auf dem Gebiet der Prinzipal-AgentTheorie kartiert. In der gebotenen Kiirze eines Geleitworts ist es nicht moglich, der inhaltlichen Breite und Tiefe des hier vorgelegten Werks gerecht zu werden. Daher sei es gestattet, nur drei herausragende Aspekte kurz zu erwahnen. Erstens arbeitet der Autor fiir den Teilbereich der Prinzipal-Agent-Theorie, der sich unter die Hidden-Action-Modelle subsumieren lasst, einen Strukturierungs- und einen Uberpriifungsdefekt heraus. Diese beiden Defekte soUten von Anhangem des konventionellen Theorienkonzepts als wissenschaftstheoretische Herausforderung emst genommen werden. Zugleich entwickelt der Autor aus der Perspektive des „non statement view*' ein generisches Schema fur die Reformulierung realwissenschaftlicher Theorien. Er prasentiert dieses Formulierungs- und Strukturierungsschema aber nicht nur „abstrakt", sondem wendet es auch konkret an, um mehrere Theorievarianten von Hidden-Action-Modellen strukturalistisch zu rekonstruieren. Mit dieser Rekonstruktion von maBgeblichen Ausschnitten der Prinzipal-Agent-Theorie hat

der Autor einen bemerkenswerten Beitrag zum betriebswirtschaftlichen Erkenntnisfortschritt geleistet. Denn er hat im Bereich der Prinzipal-Agent-Theorie die erste umfassende strukturalistische Theorierekonstruktion vorgelegt, die in der einschlagigen Fachliteratur iiberhaupt veroffentlicht worden ist. Hierdurch hat er dem strukturalistischen Theorienkonzept einen vollig neuen, wirtschaftswissenschaftlich zentralen Anwendungsbereich geoffnet. Zweitens konstruiert der Autor ein beeindruckendes stnikturalistisches Theorienetz fur einen Ausschnitt aus der Prinzipal-Agent-Theorie. Hiermit prasentiert er eine wissenschaftliche Innovation. Denn fiir die Prinzipal-Agent-Theorie wurde - trotz ihrer groBen wirtschaftswissenschaftlichen Verbreitung und Bedeutung - bislang noch kein solches Theorienetz aus der Perspektive des strukturalistischen Theorienkonzepts prasentiert. Es umfasst als Knoten unterschiedliche Theorievarianten der Hidden-Action-Modelle, die jeweils auf strukturalistische Weise reformuliert wurden. Der „Clou" liegt in den gerichteten Kanten des Theorienetzes. Sie besitzen im „non statement view" eine wohldefmierte, mengentheoretisch fundierte Semantik. Die Kanten bedeuten Spezialisierungen oder Erweiterungen von charakteristischen Strukturkomponenten derjenigen Theorievarianten, welche im Theorienetz iiber jeweils eine Kante miteinander verkniipft sind. Drittens gelingt es dem Autor, unter Riickgriff auf das strukturalistische Erkenntnisinstrument der Theorienetze zu erlautem, wie es sich beschreiben und rational erklaren lasst, dass sich Theorien im real existierenden Wissenschaftsbetrieb - trotz anders lautender, „fallibilistischer" und „kritisch rationaler" Bekenntnisse in methodologischen „Sonntagsreden" - oftmals gegeniiber empirischen Widerlegungen als „resistent" oder „immun" erweisen. Das Phanomen der Widerlegungsresistenz bzw. Theorieimmunisierung ist zwar in der wissenschaftshistorischen und -soziologischen Literatur schon oftmals beschrieben und gedeutet worden, wie z.B. von KUHN und LAKATOS. Aber der Strukturalismus hat mit seinen Theorienetzen erstmals ein Instrumentarium in die Hand gegeben, mit dessen Hilfe sich das Zustandekommen dieses Phanomens mit formalsprachlicher Prazision beschreiben, rational erklaren und auch - durch „Instrumentalisierung" der erkannten Wirkungszusammenhange - aktiv gestalten lasst. Es ist ein Genuss, dem Autor bei seiner ebenso kritischen wie kenntnisreichen Analyse dieses Uberpriifungsdefekts zu folgen, die einige Praktiken des etablierten empirischen Paradigmas mit erfrischender Respektlosigkeit diskutiert. Dazu gehoren beispielsweise „parameter fitting" und „calibration approach", die letztlich auf einen methodisch „raffinierten", aber dennoch wissenschaftstheoretisch „naiven" Verifikationismus hinauslaufen. Aus den vorgenannten Griinden ist den vielschichtigen, prazisen und oftmals mit iiberraschenden Details aufwartenden Ausfiihrungen des Autors eine moglichst breite Resonanz unter alien wirtschaftswissenschaftlich interessierten Lesem zu wiinschen. In erster Linie wird sein Werk Leser ansprechen, die sich fiir die wissenschaftlichen Grundlagen ihres Fachs interessieren. Vielleicht wird es auch manche Leser zum Widerspruch provozieren, well der Autor nicht davor zuriickschreckt, sich sowohl mit der etablierten Prinzipal-Agent-Theorie als auch mit dem „non statement view" auf erfrischend kritische Weise auseinander zu setzen. Aber genau das zeichnet eine hervorragende Forschungsarbeit aus. Dariiber hinaus soUten sich auch „Zaungaste" aus der Praxis, die sich fiir Grundlagendiskussionen der Wirtschaftswissenschaften begeistem konnen, eingeladen fiihlen, in diesem Werk bemerkenswerte Einblicke in die „saubere" Formulierung von Theorien zu finden. Stephan Zelewski

VI

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand wahrend meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fiir Produktion und Industrielles Informationsmanagement an der Universitat Duisburg-Essen (Campus Essen). Sie wurde vom Fachbereich fur Wirtschaftswissenschaften der Universitat Duisburg-Essen (Campus Essen) im Dezember 2005 in leicht veranderter Form als Dissertation angenommen. Diese Arbeit befasst sich mit den Defiziten betriebswirtschaftlicher Theorien, die entsprechend der konventionellen Theorienauffassung formuliert sind. Am Beispiel der PrinzipalAgent-Theorie werden zwei Defizite diskutiert. Dabei handelt es sich zum einen um die mangelnde Strukturierung der Aussagenzusammenhange (Strukturierungsdefizit) und zum anderen um die Widerlegungsresistenz (Uberpriifungsdefizit). Es wird gezeigt, wie diese beiden Defizite durch eine Rekonstruktion aus der Perspektive des Strukturalismus „geheilt" werden konnen. Die Erstellung dieser Arbeit ware ohne die fachliche und die personliche Unterstiitzung zahlreicher Menschen nicht moglich gewesen. An dieser Stelle mochte ich mich bei all jenen herzlich bedanken, die auf ihre ganz eigentiimliche Weise einen Beitrag zum Erfolg dieser Arbeit geleistet haben. Allen voran danke ich meinem Doktorvater, Herm Univ.-Prof. Dr. STEPHAN ZELEWSKI, Direktor des Instituts fiir Produktion und Industrielles Informationsmanagement an der Universitat Duisburg-Essen (Campus Essen), fiir die Bereitstellung der erforderlichen Rahmenbedingungen und die umfangreiche fachliche Unterstiitzung des Promotionsverfahrens. Herm Univ.-Prof. Dr. STEFAN EICKER, Inhaber des Lehrstuhls fiir Wirtschaftsinformatik und Softwaretechnik an der Universitat Duisburg-Essen (Campus Essen), danke ich fur die Ubemahme des Zweitgutachtens. Bei der Fertigstellung des Manuskripts hat mich insbesondere Frau Dipl.-Kff. NACIYE AKCA tatkraftig und engagiert unterstiitzt. Ihr gilt mein Dank. Besonderer Dank gilt auch Herm Dr. rer. pol. YILMAZ ALAN, der den Entstehungsprozess dieser Arbeit mit freundschaftlicher Unterstiitzung begleitet hat. Eine wesentliche Grundlage fiir die Entstehung dieser Arbeit bildete meine Familie. Meine liebevoUe Ehefrau ZEHRA hat mir und meinem Vorhaben stets jede nur denkmogliche Unterstutzung zukommen lassen. Gleichzeitig gelang es ihr, unserer Tochter S E U N gliickliche erste Lebensjahre zu schenken. Ihr ist diese Arbeit gewidmet. Adem Alparslan

VII

Inhaltsverzeichnis Abkiirzungs- und Akronymverzeichnis Symbolverzeichnis Abbildungsverzeichnis

XIII XV XXI

1

Einleitung

1

1.1 1.2 1.3

WissenschaftlicheProblemstellung Erkermtnisziele Aufbau der Untersuchung

1 9 9

2

Grundziige der Prinzipal-Agent-Theorie

11

2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.1.5.1 2.1.5.2 2.1.5.2.1 2.1.5.2.2 2.1.5.2.3 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3

Merkmale einer Prinzipal-Agent-Beziehung Allgemeiner Uberblick Vertragsbeziehung Interessenskonflikt Umweltunsicherheit Informationsasymmetrie Dimensionen von Informationen Typen von Informationsasymmetrien Hidden Characteristics Hidden Action Hidden Information Prinzipal-Agent-Probleme Uberblick iiber die Prinzipal-Agent-Probleme Adverse Selection Moral Hazard Ausgewahlte Losungsansatze zur Rednzierung der Prinzipal-Agent-Probleme Uberblick uber die Losungsansatze Losungsansatze zur Reduzierung von Adverse Selection Screening Signaling Losungsansatze zur Reduzierung von Moral Hazard Anreizsysteme KontroUsysteme Informationssysteme Intendierte Anwendungen der Prinzipal-Agent-Theorie Anwendungsgebiete der Prinzipal-Agent-Theorie Anwendungsarten der Prinzipal-Agent-Theorie Prinzipal-Agent-Modelle

11 11 12 17 18 19 19 21 21 22 23 24 24 26 27

2.3.1 2.3.2 2.3.2.1 2.3.2.2 2.3.3 2.3.3.1 2.3.3.2 2.3.3.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.5

28 28 29 29 30 32 32 33 34 35 35 38 42

IX

3

Konventionelle Formulierung der Hidden-Action-Modelle

49

3.1 3.2

Gnindlegende Axiome des Standardmodells Vertragsbeziehungen bei symmetrischer und asymmetrischer Informationsverteilung Vertragsbeziehungen bei symmetrischer Informationsverteilung Vertragsbeziehungen bei asymmetrischer Informationsverteilung Defizite der konventionell formulierten Hidden-Action-Modelle Strukturierungsdefizit Uberprufungsdefizit

49

3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1 3.3.2

4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.1.1 4.2.1.1.1 4.2.1.1.2 4.2.1.1.3 4.2.1.1.4 4.2.1.2 4.2.1.3 4.2.2 4.2.2.1 4.2.2.2 4.2.2.3 4.3

63 63 72 91 91 97

Der Stnikturalismus Allgemeiner Uberblick iiber den Strukturalismus Detaildarstellung der Konzepte des Strukturalismus Grundkonzepte des Strukturalismus TheoriekemKi Menge Mp(T) der potenziellen Modelle Menge MS(D der Modelle Menge Mpp(D der partiellen potenziellen Modelle Klasse CS(D der Restriktionen Menge IT der intendierten Anwendungen Empirische Gesamthypothese Erweiterung der Grundkonzepte um das Konzept der Theorienetze Uberblick iiber das Konzept der Theorienetze Entfaltung von Spezialisierungsbeziehungen Entwicklung von Theorienetzen Beitrage des Strukturalismus zur Auseinandersetzung mit den Defiziten konventionellerTheorieformulierung Beitrage zur Beseitigung des Strukturierungsdefizits Beitrage zur Erklarung des Uberpriifungsdefizits

109 109 114 114 114 114 115 116 122 124 128 130 130 133 140

5

Transfer des Strukturalismus auf die Hidden-Action-Modelle

151

5.1 5.2 5.2.1 5.2.1.1

Formulierungsschema fur strukturalistische Theorien Beseitigung des Strukturierungsdefizits der Hidden-Action-Modelle Theorienetz TNHAM der Hidden-Action-Modelle Detailkonstruktion von zwei exemplarischen Theorieelementen des

151 157 157

Theorienetzes TNHAM

157

5.2.1.1.1 5.2.1.1.1.1 5.2.1.1.1.1.1 5.2.1.1.1.1.2 5.2.1.1.1.2 5.2.1.1.1.3 5.2.1.1.2 5.2.1.1.2.1

Theorieelement hami Theorieelementkem Kham(i) Menge Mp(ham(i)) der potenziellen Modelle Menge Ms(ham(i)) der Modelle Menge Iham(i) der intendierten Anwendungen Empirische Gesamthypothese des Theorieelements hami Theorieelement ham2 Theorieelementkem Kham(2)

157 157 157 160 167 171 173 173

4.3.1 4.3.2

X

142 142 146

5.2.1.1.2.1.1 5.2.1.1.2.1.2 5.2.1.1.2.2 5.2.1.1.2.3 5.2.1.2 5.2.2 5.2.3 5.3

Menge Mp(ham(2)) der potenziellen Modelle Menge Ms(ham(2)) der Modelle Menge Iham(2) der intendierten Anwendungen Empirische Gesamthypothese des Theorieelements ham2 Entfaltung des Theorienetzes TNHAM der Hidden-Action-Modelle HAM-Theoretizitat der Konstrukte des Theorienetzes TNHAM Erweiterung des Basiselements hami um Restriktionen Erklarung der Widerlegungsresistenz der Hidden-Action-Modelle

173 175 176 178 179 200 206 212

6

Resumee und Ausblick

225

6.1 6.2

Zusammenfassung der Ergebnisse Anregungen fiir zukiinftige Forschungsarbeiten

225 227

Literaturverzeichnis

229

Anhang

257

XI

Abkurzungs- und Akronymverzeichnis ACM AEA Aufl. bzw. d.h. DRUID etal. f./ff. Fn. FOA H. Hrsg. HIEBS HTMOs i.V.m. Jg. MIS NBER No. Nr. o.V. o.S. S. Sp. TSA u. Vgl. Vol. vs. Z.B.

Association for Computing Machinery American Economic Association Auflage beziehungsweise das hei6t Danish Research Unit for Industrial Dynamics und andere folgende Seite/folgende Seiten FuBnote First-Order-Ansatz Heft Herausgeber Hong Kong Institute of Economics and Business Strategy High-Tech Manufacturing Organizations in Verbindung mit Jahrgang Management Information System National Bureau of Economic Research Number/Numbers Nummer ohne Verfasser ohne Seitenangaben Seite/Seiten Spalte/Spalten Two-Step-Ansatz und Vergleiche Volume versus zum Beispiel

XIII

Symbolverzeichnis Das Symbolverzeichnis umfasst die Symbole, die in dieser Untersuchung mehrfach benutzt werden. Vereinzelt gebrauchte Symbole sind hier nicht aufgeflihrt. (a)

Logisch-mathematische Symbole

X, t]

Lagrange-Multiplikatoren

Vx: ...

fur alle Entitaten x gilt die Eigenschaft (Allquantor):...

3x: ...

es existiert eine Entitat x mit der Eigenschaft (Existenzquantor):...

_,

nicht (Negat)

A

und (Konjugat)

V

Oder (Disjugat im einschlieBenden Sinn)

y

entweder... oder (Disjugat im ausschlieBenden Sinn)

->

w e n n . . . , dann (Subjugat, objektsprachlich)

genau dann..., wenn (Bijugat, objektsprachHch)

1-^

Funktionsvorschrift

h

syntaktischer Folgerungszusammenhang, Ableitungsrelation (fiir Inferenzen)

genau dann . . . , wenn (Aquivalenz, metasprachlich)

:

definitorische Aquivalenz (Identifizierung, metasprachlich)

(

Beginn eines logisch vorrangig z u s a m m e n h a n g e n d e n Ausdrucks

)

E n d e eines logisch vorrangig z u s a m m e n h a n g e n d e n Ausdrucks

[...)

Folge mit den Komponenten „..."

{...}

Menge/Klasse

{x|...}

Menge aller Elemente x, die die Eigenschaft ... besitzen

{X|...}

Klasse aller Mengen X, die die Eigenschaft ... besitzen

e

ist ein Element von

^

ist kein Element von

0

leere Menge

Xu Y

Vereinigungsmenge der Mengen X und Y

Xn Y

Schnittmenge der Mengen X und Y

X\Y

Differenzmenge der Mengen X und Y (X ohne Y)

Xc Y

Menge X ist eine (unechte) Teilmenge der Menge Y

XV

XcY

Menge X ist eine echte Teilmenge der Menge Y

XcxY

Menge X ist keine Teilmenge der Menge Y

X3Y

Menge X ist eine (unechte) Obermenge der Menge Y

XIDY

Menge X ist eine echte Obermenge der Menge Y

X=Y

Mengen X und Y sind (extensional-) gleiche Mengen

XxY

kartesisches Produkt der Mengen X und Y

pot(X)

Potenzklasse der Menge X (Klasse aller Teilmengen der Menge X)

pot+(X)

leermengenfreie Klasse aller Teilmengen der Menge X

maxf(x)

Maximierungsoperator: bestimmt den maximalen Wert der Funktion f

xeX

fiir Elemente x aus der Menge X minf(x)

Minimierungsoperator: bestimmt den minimalen Wert der Funktion f

xeX

fiir Elemente x aus der Menge X argmaxf(x)

Argumentoperator: ermittelt diejenigen Elemente x aus der Menge X,

xeX

fur welche die Funktion f den maximalen Wert annimmt rer'

Umkehrrelation zur Relation (oder Funktion) rel (Inverse) Menge der positiven natiirlichen Zahlen Menge der reellen Zahlen Menge der nicht-negativen reellen Zahlen Menge der positiven reellen Zahlen Intervall mit den Unter- und Obergrenzen x bzw. x

f,g

Dichtefunktion einer Zufallsvariable

F

Verteilungsfunktion einer Zufallsvariable

Y

Summe aus Summanden Xy mit dem Index y, der zwischen dem kleinsten y=l

Indexwert y = 1 und dem groBten Indexwert y = Y um jeweils eine Einheit verandert wird D

Jf(x)dx

bestimmtes Integral der Funktion f zwischen den Werten x = a und x = b als unterer bzw. oberer Integralgrenze Addition Subtraktion Multiplikation

XVI

= >

gleich

>

grSBer oder gleich

rinzipal-Agenten-Theorie" (vgl. Jost (2001)) bezeichnet. Vgl. zur Neoklassik Erlei (1999), S. 45 ff.; Martiensen (2000), S. 29 ff. (insbesondere S. 39fif.);Schauenberg (1998), S. 19 f; Terberger (1994), S. 19 ff. Vgl. zu dieser Einschatzung Doring (1998), S. 8. Der Begriff,institution" wird in der Literatur sehr heterogen verwendet; vgl. Erlei (1999), S. 23 ff.; Martiensen (2000), S. 11 ff. In dieser Untersuchung wird eine weite Definition fiir den Begriff,institution" zugrunde gelegt (vgl. Erlei (1999), S. 23 f.): Unter einer Institution wird ein Regelsystem (inklusive seiner Durchsetzungsmechanismen) verstandai, durch das die Handlungen von (okonomischen) Akteuren kanalisiert werden. Dieser Institutionsbegriff umfesst sowohl die Kultur und die Gesetze einer Gesellschaft als auch die Aufbauorganisation von Untemehmen und die von Untemehmen gestalteten Vertrage. Vgl. Klinkert (1999), S. 59; Meinhovel (2000), S. 1.

nomik^^ zusammengefasst werden. Zu den fur die Betriebswirtschaftslehre einflussreichen Theorien der Neuen Institutionenokonomik gehoren neben der Theorie der Verfiigungsrechte^^ und der Transaktionskostentheorie^^^ auch die Prinzipal-Agent-Theorie. Gemeinsames Ziel dieser Theorien ist es, das Zustandekommen und die Funktionsweise beobachtbarer Institutionen, in deren Rahmen okonomische Kooperationen vollzogen werden, zu erklaren und sofem dieses Erklarungsziel erreicht wird - Institutionen bewusst zu gestalten^^\ Im Mittelpunkt der Prinzipal-Agent-Theorie steht die Institution des Vertrags und seine Bedeutung fur eine Kooperation zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und einem Auftragnehmer (Agent) bei Interessenskonflikt, Umweltunsicherheit und Informationsasymmetrie^^\ In der betrieblichen Praxis finden sich zahlreiche Beispiele fur solche Prinzipal-Agent-Beziehungen^^^: Vertragsbeziehungen zwischen einem Arbeitgeber (Prinzipal) und einem Arbeitnehmer (Agent), Eigentiimer (Prinzipal) und GeschaftsfUhrer (Agent) oder Kreditgeber (Prinzipal) und Kreditnehmer (Agent). Gemeinsames Merkmal dieser Prinzipal-Agent-Beziehungen ist, dass der Prinzipal auf Basis eines Vertrags an den Agenten das Recht ubertragt, im Auftrag des Prinzipals Entscheidungen zu treffen. Je weniger Informationen der Prinzipal iiber die Eigenschaften (z.B. Qualifikationen und Leistungsmoglichkeiten) oder die faktische Leistung des Agenten hat, desto groBer ist fiir den Prinzipal die Gefahr, dass der Agent nicht vereinbarungsgemaB handelt, sondem stattdessen seine eigenen, opportunistischen Interessen verfolgt. Der Prinzipal ist folglich mit dem Problem konfrontiert, wie der Vertrag zu gestalten ist, damit der Agent seinen vertraglichen Verpflichtungen - aus der Perspektive des Prinzipals - bestmoglich nachkommt. Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie werden im Sinne einer erkldrenden Theorie rationale Handlungsweisen von Prinzipalen und Agenten einschlieBlich der daraus resultierenden Konsequenzen (z.B. der mit dem Vertrag verbundenen Kosten) aufgezeigt. Die Erkenntnisse iiber die Handlungsweisen und deren Konsequenzen bieten Ansatzpunkte, um Handlungsoptionen fiir die Gestaltung von Vertragen abzuleiten^'^^ Die Prinzipal-Agent-Theorie wurde aus zwei Griinden als Gegenstandsbereich fiir diese Untersuchung ausgewahlt. Erstens stellt die Prinzipal-Agent-Theorie eine Basistheorie an der

8) 9) 10)

11)

12)

13) 14)

Vgl. zur Neuen Institutionenokonomik Ebers (2001), S. 199 ff.; Erlei (1999); Gobel (2002); Martiensen (2000); Picot (2002), S. 54 ff.; Richter (1999); Terberger (1994), S. 47 ff. Vgl. zur Theorie der Verfugungsrechte Alchian (1972); Coase (I960), Furubotn (1972); Furubotn (1974); Martiensen (2000), S. 219 ff.; Schauenberg (1998), S, 33 f.; Terberger (1994), S. 53 ff. Vgl. zur Transaktionskostentheorie Williamson (1975); Williamson (1990); Williamson (1991); Williamson (2000); vgl. dariiber hinaus zur Transaktionskostentheorie Martiensen (2000), S. 271 ff.; Schauenberg (1998), S. 29 ff.; Terberger (1994), S. 117 ff. Vgl. Ebers (2001), S. 199; Klinkert (1999), S. 60. In diesen beiden Literaturquellen wird ausschlieBlich ein Erklarungsziel angesprochen. Allerdings lasst sich jede Theorie, die in der Lage ist, Institutionen zu erklaren, auch dazu einsetzen, diese Institutionen zu gestalten. AuBerdem wird in Kapitel 2.4.2 dargestellt, das mit der Prinzipal-Agent-Theorie als Teil der Neuen Institutionenokonomik intendiert wird, Institutionen bewusst zu gestalten. Aus Griinden der Ubersichtlichkeit wird hier zunachst davon ausgegangen, dass sich nur ein Prinzipal und ein Agent in einer erklarungs- und gestaltungsrelevanten Vertragsbeziehung gegeniiberstehen. Daneben existieren mehrere Arbeiten, die Vertragsbeziehungen zwischen mehreren Prinzipalen und mehreren Agenten beriicksichtigen; vgl. dazu die Ausfuhrungen in Kapitel 2.5. Vgl. Ewert (1997), S. 414, und Jost (2001), S. 32 ff., fur weitere praxisbezogene Beispiele fur PrinzipalAgent-Beziehungen. Vgl. zu den Erklarungs- und Gestaltungsabsichten, die mit der Prinzipal-Agent-Theorie verfolgt werden, die Ausfiihrungen in Kapitel 2.4.2.

Nahtstelle zwischen AUgemeiner Betriebswirtschaftslehre und neoklassischer Mikrookonomie dar. Diese Basistheorie wird sowohl seitens der Betriebs- als auch der Volkswirtschaftslehre als tragfahiges theoretisches Fundament zur Bearbeitung okonomischer Erklarungs- und Gestaltungsprobleme allgemein anerkannt und wird in zahlreichen Anwendungsgebieten eingesetzt'^l Zweitens erweist sich die Prinzipal-Agent-Theorie als hinreichend gehalt- und anspruchsvoll, um nicht dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, bewusst einen Untersuchungsgegenstand ausgewahlt zu haben, der sich besonders leicht kritisieren lasst (Popanz-Metapher*^^). Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie werden verschiedene (formalsprachliche^^^) Varianten behandelt. Dabei lassen sich drei Varianten unterscheiden'^l Einerseits wird in der Prinzipal-Agent-Theorie davon ausgegangen, dass bereits vor dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent besteht:

15)

16) 17) 18)

Vgl. z.B. fur einen Uberblick uber die Anwendungsgebiete der Prinzipal-Agent-Theorie Ackere (1993), S. 90 ff.; Baiman (1990), S. 344 ff.; Eisenhardt (1989), S. 64 f,; Kiener (1990), S. 20 ff.; Kleine (1995), S. 45 fF.; Petersen, T. (1993), S. 280 f., und die Ausfiihrungen in Kapitel 2.4.1. Die Anwendungsgebiete der Prinzipal-Agent-Theorie erstrecken sich z.B. auf die Probleme, die sich aus der Trennung von Eigentum undKontrolle ergeben (vgl. hierzu Aseff (2003), S. 3 ff.; Beckmann (1987), S. 380 flf.; Fama (1980), S. 289 flf.; Fama (1983a), S. 302 flf.; Fama (1983b), S. 328 flf.; Jensen (1976), S. 307 flf.; Garen (1994), S. 1178 flf; Holmstrom (1985), S. 405 flf.; Holmstrom (1986), S. 838 flf.; Holmstrom (1999), S. 170 flf.; Ittner (1997), S. 232flf.;Jensen (1990), S. 225flf.;Lambert (1986), S. 78 flf.; Lambert (1993), S. 442 f; Milde (1987), S. 40 flf.; Reichelstein (2000), S. 245 flf.; Rosen (1990), S. 10 flf; Wang (1997), S. 75 flf.; Witt (2001), S. 86 flf; Zhou (2003), S. 668 flf). Dariiber hinaus wird die Prinzipal-Agent-Theorie im Zusammenhang mit der Finanzierungspolitik von Kapitalgesellschaften (vgl. z.B. Bester (1987), S. 138 ff.; Breuer (1994), S. 292 ff.; Diamond (1984), S. 397 ff; Gale (1985), S. 650 ff; Hartmann-Wendels (1991), S. 6 ff.; Hartmann-Wendels (2001), S. 119 ff.; Haugen (1981), S. 630 ff.; Innes (1990), S. 42 ff.; Innes (1993), S. 30 ff; JCrahnen (1987), S. 259 ff; Swoboda (1987), S. 169 ff) oder der Gestaltung von Vertragsbeziehmgen in Vertriebskanalen (vgl. Basu (1985), S. 271 ff.; Bergen (1992), S. 8 ff.; Brickley (1987), S. 401 ff.; Chen (2000), S. 188 ff.; Doherty (1999), S. 227 ff.; Eisenhardt (1988), S. 490 ff.; Ghosh (2000), S. 351 ff; Hopkinson (1997), S. 833 ff; Joseph (1999), S. 161 ff.; Kaha (2001), S. 173 ff; Kraflft (1999), S. 121 f; Kraflft (2001), S. 218 f; Lafontaine (1992), S. 265 ff.; Lafontaine (1996), S. 923 ff; Lafontaine (1997), S. 1 ff.; Lafontaine (1998), S. 4 ff.; Moorthy (1993), S. 94 ff.; Rosenkranz (2001), S. 244 ff.; Seshadri (2002), S. 356 ff.; Taylor, B.A. (2000), S. 158 ff.) angewendet. Weitere Anwendungsgebiete der Prinzipal-Agent-Theorie beziehen sich auf den Bereich der Produktion und Logistik (vgl. Alles (1995), S. 179 ff.; Arya (1993), S. 796 ff.; Baiman (2000), S. 778 f; Baiman (2001), S. 176 ff; Cremer (1995), S. 432 ff; Gan (2004), S. 137 ff; Hemmer (1995), S. 209 ff; Kaluza (2003), S. 27 ff; Porteus (1991), S. 1167 ff.; Plambeck (2000), S. 241 ff; Plambeck (2003), S. 374 ff.; Ugarte (2000), S. 237 ff.; Taylor, C.R (1997), S. 601 ff.) und auf das Controlling (vgl. Homburg (2001), S. 185 ff.; Kah (1994), S. 69 ff.; Kiipper (2001), S. 46 ff.; Pfaff (2001), S. 359 ff; Trumpp (1995), S. 59 ff.; Wagenhofer (1992), S. 640 ff.; Wagenhofer (1994), S. 72 ff.). Schhefilich wird die Prinzipal-Agent-Theorie im Zusammenhang der „Software-Engineering" diskutiert (vgl. Austin (2001), S. 197 ff.; Banker (1992), S. 381 ff.; Bhattacherjee (1998), S. 141 ff.; Bahli (2003), S. 212 ff.; Hann (1996), S. 1048 f; Keil (2000), S. 636 f; Lichtenstein (2004), S. 62 f; Mahaney (2003), S. 1 ff.; Wu (2004), S. 2 ff.; Yost (2002), S. 50 ff.). Vgl. zur Popanz-Metapher Witte (1977), S. 272. Vgl. Kapitel 2.4.2 zur Unterscheidung in eine formalsprachliche und eine natiirlichsprachliche Ausrichtung der Prinzipal-Agent-Theorie. Vgl. Kapitel 2.1.5.2 zu den Varianten der Prinzipal-Agent-Theorie.

O

In den Hidden-Characteristics-Modellen^^^ bezieht sich die Informationsasymmetrie vor Vertragsabschluss auf Eigenschaften des Agenten, die der Prinzipal nicht zu beobachten vermag und ihm daher unbekannt sind.

Andererseits wird in der Prinzipal-Agent-Theorie davon ausgegangen, dass zwar vor dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die vertragsreievanten Informationen zwischen Prinzipal und Agent gleich verteilt sind, sich aber nach dem Vertragsabschluss eine Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent einstellt: ®

In den Hidden-Action-Modellen bezieht sich die Informationsasymmetrie nach Vertragsabschluss auf die Aktion des Agenten und die Auspragung der exogenen StorgroBe.

©

In Hidden-Information-Modellen betrifft die Informationsasymmetrie nach Vertragsabschluss die Auspragungen der exogenen StorgroBe, die dem Prinzipal verborgen bleiben.

Es wiirde den Rahmen dieser Untersuchung bei weitem iibersteigen, alle Varianten der Prinzipal-Agent-Modelle behandeln zu woUen. Stattdessen wird auf die Hidden-Action-Modelle fokussiert. Die Hidden-Action-Modelle werden in dieser Untersuchung im Sinne eines „pars pro toto" stellvertretend fur die anderen Varianten der Prinzipal-Agent-Modelle analysiert. Fiir die Stellvertreterrolle der Hidden-Action-Modelle sprechen im Wesentlichen drei Griinde: •





Erstens kann aufgrund der Vielzahl der Varianten der Prinzipal-Agent-Theorie keine vollstandige Analyse fiir alle Varianten der Prinzipal-Agent-Theorie erfolgen, sondem es musste eine Fokussierung auf eine „paradigmatische" Variante erfolgen. Zweitens besitzen die Hidden-Action-Modelle tatsachlich einen paradigmatischen Charakter fur die Prinzipal-Agent-Theorie. Denn die Hidden-Action-Modelle weisen den Aufbau einer Theorie auf, wie er fiir die Prinzipal-Agent-Theorie typisch ist. Drittens handelt es sich um eine anspruchsvolle^^^ Variante der Prinzipal-AgentTheorie, deren Grundmodell in der Literatur mitunter als das Basismodell der Prinzipal-Agent-Theorie bezeichnet wud^^\

Diese Untersuchung beschaftigt sich am Beispiel der Hidden-Action-Modelle der PrinzipalAgent-Theorie mit zwei grundsatzlichen Defiziten betriebswirtschaftlicher Theorien, die aus der Perspektive der konventionellen Theorienauffassung - dem so genannten „received view" Oder „statement view" - formuliert sind.

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Vorerst wird unter einem „Modeir' eine „Mini-Theorie" verstanden; vgl. zu dieser Auffassung beispielsweise Rappaport (1998), S. 112 ff.; Rappaport (2001). Im weiteren Verlauf dieser Untersuchung wird ein anderer, abweichender Modellbegriff zugrunde gelegt; vgl. dazu insbesondere die Ausfiihrungen zum Modellbegriff des Strukturalismus in Kapitel 4.1. Die Hidden-Action-Modelle weisen selbst in ihren „einfachen" Varianten eine sehr anspruchsvoUe mathematische Formulierung auf; vgl. zu dieser Einschatzung Wagenhofer (1993), S. 375, und dariiber hinaus die Ausfiihrungen in Kapitel 3.1 und 3.2. Vgl. z.B. Demski (1999), S. 22 („basic agency model"); MacDonald (1984), S. 418 („basic model").

Entsprechend der konventionellen Theorienauffassung^^^ ist eine Theorie ein axiomatisch-deduktives System, das sich auf einen bestimmten Gegenstandsbereich („Realitatsausschnitt") bezieht. Aus der Perspektive der konventionellen Theorienauffassung lassen sich die Komponenten einer Theorie entsprechend ihrer epistemischen Qualitaten zweifach differenzieren. Zum einen handelt es sich um Komponenten, die in der Theorie unhinterfragt als giiltig vorausgesetzt werden und somit axiomatischen Charakter besitzen. Sie werden hier als Axiome der Theorie bezeichnet. Zum anderen kommen Komponenten hinzu, die aus den Axiomen mittels Inferenzregeln der deduktiven Logik hergeleitet werden konnen. Sie stellen Theoreme der Theorie dar. Stellvertretend fur die anderen Varianten der Prinzipal-Agent-Theorie und andere betriebswirtschaftliche Theorien, die entsprechend der konventionellen Theorienauffassung formuliert sind, werden an den Hidden-Action-Modellen zwei Probleme identifiziert. Diese Probleme umfassen zwei thematische Schwerpunkte: Erstens die Identifikation ihrer nomischen Hypothesen^^^ (gesetzesartigen Aussagen) und zweitens ihre empirische Uberpriifimg. Diese beiden Probleme werden in Form eines Strukturierungsdefizits^^^ und eines Uberprufungsdeflzits^^^ entfaltet.

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24) 25)

Vgl. zur konventionellen Theorienauffassung Bunge (1967a), S. 51 ff.; Bunge (1967b), S. 406 ff.; Handler (1980), S. 14 ff.; Kamps (1997), S. 1232; Peli (1997), S. 312 f.; Zelewski (1999a), S. 32, und die Ausfiihrungen in Kapitel 3.3.1. Eine nomische Hypothese ist eine nicht-tautologische hypothetische Aussage fiber einen gesetzesartigen Sachverhalt und wird erst dann als Gesetz bezeichnet, wenn sie entweder gemafi dem „Verifikationismus" hinreichend oft empirisch bestatigt wurde oder gemaB dem „Falsifikationismus" hinreichend oft empirische Widerlegungsversuche uberstanden hat; vgl. Balzer (1997), S. 275 ff. Ein erhebliches erkenntnistheoretisches Problem wird durch die Frage aufgeworfen, welche notwendigen und hinreichenden Bedingungen erfullt sein mussen, um eine hypothetische Aussage als nomische Hypothese bezeichnen zu konnen. Innerhalb der wissenschaftsphilosophischen Debatte hat sich hinsichtlich dieser zentralen Frage keine dominante Auffassung herausgeschalt, die von der uberwiegenden Mehrheit der „scientific community" akzeptiert wird; vgl. fur Erorterungen des nomischen Charakters von Hypothesen Bunge (1967a), S. 43 ff.; Bunge (1985), S. 182 ff.; Opp (2002), S. 37; Simon (1957), S. 54 ff.; Schurz (1983), S. 195 ff.; Popper (1994), S. 34 ff.; StegmuUer (1983), S. 183 ff. Daher ware es vermessen, in dieser Untersuchung eine abschlieBende Charakterisierung nomischer Hypothesen bieten zu woUen. Stattdessen beschrankt sich der Verfasser auf die Arbeitshypothese, dass sich nomische Hypothesen von realwissenschaftlichen Theorien als nicht-tautologische allquantifizierte Subjugate darstellen lassen. In naturlichsprachlicher Umschreibung besitzen solche Subjugate eine „Wenn ..., dann"-Struktur und beanspruchen aufgrund ihrer Allquantifizierung eine Allgemeingultigkeit; vgl. fur eine gleichartige Auffassung fiber eine nomische Hypothese Albert, H. (1998), S. 82 ff.; Albert, M. (1994), S. 15; Gadenne (1994), S. 304 f. („Wenn-dann- [... oder ...] Je-desto-Aussagen") u. 308 (als allquantifiziertes Subjugat); Hausman (1994), S. 142 f. (als allquantifiziertes Subjugat); Neus (2001), S. 15 (in natfirlichsprachlicher Formulierung als „wenn - dann"); Priem (2001a), S. 26 f. („i^then statements"); Priem (2001b), S. 58 (als formalsprachliches Subjugat: „p -> q"); Schauenberg (1998), S. 49 (in natfirlichsprachlicher Umschreibung als „Immer wenn x, dann y"); Schanz (1990), S. 38 (naturlichsprachlich als „Wenn-Dann-Struktur"); Schneider (1995), S. 175 (als allquantifiziertes Subjugat: „Immer und fiberall gilt, wenn die Bedingungen x gegeben sind, dann werden die Folgen y zu beobachten sein"); Tietzel (1988), S. 7 f. (als allquantifiziertes Subjugat); Zelewski (1993), S. 18 (als allquantifiziertes Subjugat); Zelewski (1999a), S. 53 f. (als allquantifiziertes Subjugat). In Kapitel 3.3.1 wird das Strukturierungsdefizit der Hidden-Action-Modelle ausffihrlich behandelt. Vgl. Kapitel 3.3.2 zum Uberprufungsdefizit der Hidden-Action-Modelle. Mit der Bezeichnung „Uberprufungsdefizit" ist nicht gemeint, dass die Hidden-Action-Modelle im Besonderen und die Prinzipal-AgentTheorie im Allgemeinen nicht empirisch uberprtift werden. Stattdessen ist damit die Widerlegungsresistenz der Hidden-Action-Modelle angesprochen. Trotz der Gefahr, dass durch die Bezeichnung „Uberprufungsdefizit" Missverstandnisse entstehen, wird in dieser Untersuchung an ihr zwecks Anschlussfahigkeit an die Fachliteratur (vgl. Zelewski (1993), S. 80 ff.) festgehalten.

Strukturierungsdefizit: Im wissenschaftstheoretischen Argumentationskontext ist allgemein anerkannt, dass gehaltvolle realwissenschaftliche Theorien und wissenschaftliche Erklarungen, Prognosen und Gestaltungsempfehlungen mindestens eine nomische Hypothese enthalten miissen (These des gesetzesartigen Charakters gehaltvoller realwissenschaftlicher Theorien)^^l Mit der Prinzipal-Agent-Theorie und somit auch mit den Hidden-Action-Modellen wird intendiert, das Zustandekommen und die Funktionsweise von Vertragen innerhalb von Prinzipal-Agent-Beziehungen zu erklaren^^^ Im Folgenden wird von der Hypothese ausgegangen, dass die Hidden-Action-Modelle tatsachlich in der Lage sind, ihre Erklarungsfunktion zu erfiillen^^l Entsprechend der These des gesetzesartigen Charakters gehaltvoller realwissenschaftlicher Theorien konnen die Hidden-Action-Modelle ihre Erklarungsfunktion aber nur dann erfiillen, wenn sie mindestens eine nomische Hypothese enthalten. Folglich miissen die Hidden-Action26)

Vgl. zur These des gesetzesartigen Charakters gehaltvoller realwissenschaftlicher Theorien Albert, H. (1998), S. 112 u. 172; Albert, M. (1994), S. 12 ff.; Bunge (1967b), S. 381; Bunge (1985), S. 184 f.; Chmielewicz (1994), S. 87; Christenson (1984), S. 140 f.; Druwe (1985), S. 100; Gadenne (1990) (im Zusammenhang mit unvollstandigen Erklarungen); Gadenne (1994), S. 304; Grohmann (1988), S. 28 f.; Hausman (1994), S. 140 f. u. 292 ff.; Hempel (1994), S. 349 ff.; Kincaid (1994), S. I l l ff.; Kincaid (1996), S. 63 ff.; Opp (2002), S. 36; Priem (2001a), S. 26 f.; Popper (1994), S. 200; Schanz (1988b), S. 29 f.; Schanz (1990), S. 38; Schnell (1999), S. 51 f.; Tietzel (1988), S. 7 f.; Zelewski (1989), S. 28 ff.; Zelewski (1991), S. 76 ff.; Zelewski (1993), S. 20 f. (Fn. 3 u. 4); Zelewski (1995); Zelewski (1999a), S. 53 f. Der Verfasser vertritt explizit eine nomothetische Wissenschaftsaujfassung. Eine zentrale Pramisse der nomothetischen Wissenschaftsauffassung ist, dass sowohl innerhalb der Sozialwissenschaften als auch der Naturwissenschaften Erklarungen mittels nomischer Hypothesen vorgenommen werden konnen. Hingegen wird aus der Perspektive der anti-nomothetischen Position bestritten, dass Erklarungen in den Sozialwissenschaften auf Basis von nomischen Hypothesen formuliert werden konnten. Statt der Erklarung mittels nomischer Hypothesen wird beispielsweise die Methode des „Verstehens" vorgeschlagen. Den erkenntnistheoretischen Schwierigkeiten, die in der Fragestellung nomothetische vs. anti-nomothetische Wissenschaftsauffassung aufgeworfen werden, im Detail nachzugehen, wiirde eine eigene Untersuchung erfordem. Daher beschrankt sich der Verfasser auf zwei Haupteinwande gegen die nomothetische Wissenschaftsauffassung, die fiir die Argumentation in dieser Untersuchung relevant sind. Beide Einwande werden in der Literatur in unterschiedlicher Weise und von unterschiedlichen Verfassem vorgebracht und leissen sich daher nicht immer angemessen zurechnen. Erstens wird behauptet, dass der Forschungsgegenstand der Naturwissenschaften weitaus weniger variabel und komplex als in den Sozialwissenschaften sei. Aufgrund der Konstanz und RegelmaBigkeit naturwissenschaftlicher Phanomene lieBen sich nomische Hypothesen fiir die Naturwissenschaften besser aufstellen und iiberpriifen. Zweitens bezogen sich sozialwissenschaftliche Erklarungen auf die intentionalen Aspekte menschlicher Handlungen. Das Phanomen, dass Menschen die Fahigkeit besitzen, sich 2^ele zu setzen und das eigene Handeln danach auszurichten, konne mit einem naturwissenschaftlich gepragten Gesetzesbegriff nicht adaquat erfasst werden. Obgleich beide Einwande berechtigt sind, stellen sie unzweckmaBige Verallgemeinerungen dar: Denn erstens gehen die Vertreter einer anti-nomothetischen Auffassung von einer „naiven" Vorstellung iiber die Eigenschaften eines Gesetzesbegriffs aus, indem sie ihrer Kritik meist deterministische Gesetze zugrunde legen. Damit bleiben indeterministische Gesetzesaussagen unberiicksichtigt, die nicht nur fiir naturwissenschaftliche Theorien typisch sind (z.B. Quantentheorie), sondern aufgrund ihres stochastischen Charakters auch als geeignet erscheinen, um gesetzesartige Aussagen iiber Handlungen zu formulieren. Zweitens werden auch in den Sozialwissenschaften durchaus nomische Hypothesen eingesetzt, ohne dass diese explizit zur Kenntnis genommen werden. Beispielsweise werden im Rahmen betrieblicher Entscheidungen jedes Mai bestimmte Theorien zugrunde gelegt, die aber selten expliziert werden (vgl. Christensen (2003), S. 68 f.). Drittens bleiben die Vertreter einer anti-nomothetischen Position eine Antwort auf die Frage schuldig, wie betriebliche Gestaltungsentscheidungen getroffen werden soUen, wenn dabei nicht davon ausgegangen wird, dass die Konsequenzen von Gestaltungsentscheidungen zumindest mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit (stochastische Gesetzesaussagen) prognostiziert werden konnen und aufgrund derart antizipierter Entscheidungskonsequenzen eine begrundete Auswahl zwischen altemativen Entscheidungsoptionen rational moglich ist.

27) 28)

Vgl. dazu die Ausfiihrungen in Kapitel 2.4.2. Ob die Hidden-Action-Modelle ihre Erklarungsfunktion tatsachlich erfiillen konnen, wird im Zusammenhang mit dem Uberpriifungsdefizit behandelt.

®

Modelle jeweils mindestens eine nomische Hypothese besitzen. Die Hidden-ActionModelle sind aus der Perspektive der konventionellen Theorienauffassung formuliert und werden in der Kegel in Form von (Entscheidungs-) Modellen entfaltet. Hinsichtlich ihrer Struktur lassen sich allenfalls die grundlegenden Komponenten einer konventionell formulierten Theorie erkennen. Hierzu gehoren zum einen ihre Axiome und zum anderen ihre Theoreme^^l Die Axiome der Hidden-Action-Modelle werden dabei unterschiedslos aneinander gereiht, so dass es nicht moglich ist, wesentliche Fragen hinsichtlich der nomischen Hypothesen der Hidden-Action-Modelle anhand der vorliegenden (foraialsprachlichen) Theorieforaiulierungen zu beantworten. Insofem bereitet es bei der Anwendung, insbesondere der Uberpriifung des empirischen Geltungsanspruchs der Hidden-Action-Modelle oftmals Schwierigkeiten zu erkennen, was ihre „widerlegbaren" nomischen Hypothesen sind. Uberprufungsdefizit: GemaB der Forschungsmethodik des Falsifikationismus^^^ miisste im Fall eines Widerspruchs zwischen den Voraussagen einer Theorie und den empirischen Beobachtungen die betroffene Theorie als widerlegt betrachtet und verworfen werden. Trotz zahlreicher empirischer Befunde, die scheinbar mit den Voraussagen der Hidden-Action-Modelle nicht im Einklang stehen^^\ werden die Hidden-Action-Modelle nicht als widerlegt betrachtet und nicht aus dem Wissenschaftsbetrieb eliminiert. Stattdessen lasst sich feststellen, dass „beharrlich" an den Hidden-Action-Modellen festgehalten wird. Die Hidden-Action-Modelle erweisen sich im real existierenden Wissenschaftsbetrieb also als widerlegungsresistent gegeniiber empirischen Uberpriifungsversuchen^^l Diese Widerlegungsresistenz stellt keine Besonderheit der Hidden-ActionModelle dar, sondem ist eine charakteristische Eigenschaft sozialwissenschaftlicher^^^ Theorien. Daher wird seit langerer Zeit beklagt, dass sich die Forschungsmethodik des Falsifikationismus nicht durchsetzen vermochte und stattdessen zu unverbindlichen Lippenbekenntnissen verkommen ist^"^^: „I claim that modem economics do in fact subscribe to the methodology of falsificationism: [...] I also argue, however, that economics fail consistently to practice what they preach: their working philosophy of science is aptly characterized as 'innocuous falsificationism' [...]".

Zur Behebung des Strukturierungsdefizits und zur Beschreibung und Erklarung der Widerlegungsresistenz der Hidden-Action-Modelle ist eine Theorienauffassung erforderlich, die zwei Anforderungen erfiillt. Erstens soil sie eine reichhaltige (formalsprachliche) Theoriestrukturierung ermoglichen, um dadurch die wesentlichen Komponenten einer Theorie auszuzeich-

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Auf die Axiome und Theoreme einiger Hidden-Action-Modelle wird in Kapitel 3, insbesondere 3.1 und 3.2, eingegangen. Vgl. zum Falsifikationismus und zum Kritischen Rationalismus insbesondere Popper (1994); Popper (1995^ Popper (1996); Popper (2000a); Popper (2000b); Popper (2000d); Popper (2000e); vgl. auch Albert, M. (1994); Albert, H. (1982); Albert, H. (1987); Albert, H. (1991); Albert, H. (1998), S. 121 f.; Albert, H. (2000); Bohm (2002); Keuth (2000); Meyer (2002), S. 134 ff.; Schanz (1988b); Schanz (1990) und die Ausfiihrungen in Kapitel 3.3.2 sowie Fn. 381. Vgl. zu diesen empirischen Befunden die Ausfiihrungen in Kapitel 3.3.2. Dieses Phanomen konnte aber auch auf die besondere Giite der Hidden-Action-Modelle zuriickgefiihrt werden. Der Verfasser hegt gegeniiber dieser Ansicht zahlreiche Bedenken, die im Rahmen dieser Untersuchung vertieft werden. Diese Feststellung trifft nicht nur auf sozialwissenschaftliche Theorien zu. Vielmehr handeU es sich bei der Widerlegungsresistenz von Theorien um ein diszipliniibergreifendes Phanomen. Blaug(1992),S.xiii.

nen. Zweitens soil sie die Widerlegungsresistenz von Theorien formalsprachlich beschreiben und erklaren konnen. Diesen beiden Anforderungen wird der (wissenschaftstheoretische) Strukturalismus^^^ gerecht. Der Strukturalismus geht auf die Arbeiten von Sneed zuriick^^l Seine Auffassung iiber die Strukturierung von Theorien fiihrte zur Bezeichnung „non statement view", womit eine bewusste Abgrenzung zur konventionellen Theorienauffassung des „statement view" verdeutlicht werden sollte, Der Strukturalismus wurde im Kontext der Analytischen Wissenschaftstheorie vor allem von Stegmiiller, Balzer, Gahde und Moulines zu einer umfassenden Theorienauffassung ausgearbeitet. Er zeichnet dadurch aus, dass er fiir die Formulierung einer „wohlgeformten" Theorie eine besondere Struktur vorschreibt. Aus der Perspektive des Strukturalismus wird der Theoriegestalter „gezwungen", die wesentlichen Komponenten seiner Theorie - wie z.B. den terminologischen Apparat und die nomischen Hypothesen - formalsprachlich zu explizieren. AuBerdem lasst sich mittels des Strukturalismus die Immunitat^^ von Theorien gegeniiber „aufsassigen" Erfahrungen rational erklaren: Mit Hilfe einer strukturalistischen Reformulierung von realwissenschaftlichen Theorien wird ein „Denkrahmen" geschaffen, der es erlaubt, die Ursachen und Mechanismen der Theorieimmunisierung zu identifizieren. Dabei werden die Immunisierungsursachen und -mechanismen in den Strukturen der Theorieformulierung lokalisiert.

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Vgl. zum Strukturalismus Balzer (1987); Balzer (1996) und dariiber hinaus Balzer (1982a); Balzer (1995); Balzer (1997); Balzer (2000); Balzer (2002); Bartelborth (1996), S. 270 ff.; Diederich (1981); Gahde (1983); Gahde (1986); Gahde (1990); Gahde (1996); Gahde (1998); Gahde (2002); Moulines (1975); Moulines (1976); Moulines (1979); Moulines (1981); Moulines (1986); Moulines (1989); Moulines (1994); Moulines (1996); Moulines (2002); Sneed (1976); Sneed (1979); Sneed (1983); Sneed (1986); Stegmuller (1974); Stegmuller (1975); Stegmuller (1979); Stegmiiller (1980); Stegmuller (1981); Stegmuller (1985); Stegmiiller (1986); Westermann (2000), S. 215 ff.; Zelewski (1993), S. 94 ff., und Kapitel 4 dieser Untersuchung. Vgl, fiir eine kritische Auseinandersetzung mit dem Strukturalismus Gadenne (1985), S. 21 ff.; Gadenne (1987), S. 98 ff.; Hands (1985b), S. 309 ff.; Hands (2001), S. 341 ff.; Kim (1991), S. 67 ff.; Kiittner (1983), S. 349 ff.; Weingartner (1990). Der Theoriebegriff des Strukturalismus wurde innerhalb der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre (vgl. Behrens (1993), Sp. 4766 (distanziert); Schauenberg (1998), S. 51 f.), innerhalb der Wirtschaftsinformatik (vgl. Lehner (1999), S. 14 f.; Patig (2001), S. 39 ff.; Zelewski (1999a), S. 30 ff.) und innerhalb der Volkswirtschaftslehre (vgl. Anderson (1991), S. 21 ff.; Caldwell (1991), S. 26; Hausman (1994), S. 72 ff.) aufgegriffen. Vgl. Sneed (1979). Die Begriffe „Immunitat" und „Widerlegungsresistenz" werden in dieser Untersuchung als Synonyme gebraucht.

1.2

Erkenntnisziele

Die vorliegende Untersuchung zielt darauf ab, die beiden Defizite, die an den konventionell formulierten Hidden-Action-Modellen identifiziert werden, aus der Perspektive der strukturalistischen Theorienauffassung zu analysieren. Im Einzelnen werden folgende Erkenntnisziele angestrebt: O

Am Beispiel der Hidden-Action-Modelle soil gezeigt werden, dass die Prinzipal-AgentTheorie ein Strukturierungsdefizit zumindest hinsichtlich ihrer nomischen Hypothesen und ein Uberpriifungsdefizit im Hinblick auf ihre empirische Uberpriifung aufweisen.

®

Es soil gezeigt werden, wie sich sowohl das Strukturierungsdefizit beheben als auch die Widerlegungsresistenz der Hidden-Action-Modelle beschreiben und erklaren lassen, wenn die Hidden-Action-Modelle entsprechend dem Strukturalismus reformuliert werden.

Um Missverstandnisse zu vermeiden, wird ausdriicklich hervorgehoben, dass durch die Reformulierung der Hidden-Action-Modelle aus der Perspektive des Strukturalismus keine neuen Hidden-Action-Modelle konstruiert werden. Vielmehr handelt es sich um eine i^e-Konstruktion der konventionell formulierten Hidden-Action-Modelle. Daher bezieht sich der Erkenntnisgewinn der vorliegenden Untersuchung nicht auf die Generierung von neuem theoretischem Wissen. Vielmehr liegt der Schwerpunkt in der Identifikation von Problemen, die bei der Konstruktion betriebswirtschaftlicher Theorien im Rahmen der konventionellen Theorienauffassung auflreten, und in der Darstellung von Losungsvorschlagen zur Uberwindung dieser Probleme. AuBerdem gilt es hervorzuheben, dass die vorliegende Untersuchung sich an einem Formalisierungspostulat orientiert: Eine formalsprachliche TheorieformuHerung wird anstelle einer naturlichsprachlichen Theorieformulierung praferiert. Fur diese Praferenz konnen keine intersubjektiv verbindlichen Argumente angefuhrt werden. Vielmehr handelt es sich um ein subjektiv wertendes Urteil im wissenschaftlichen Basisbereich, das keine „Objektivierung" zulasst. Allenfalls lasst sich als Rechtfertigung fiir die formalsprachliche Theorieformulierung auf ihre zahlreichen Vorziige verweisen, die bereits an anderen Stellen und von unterschiedlichen Autoren vorgetragen worden sind^^l

1.3

Aufbau der Untersuchung

An den oben genannten Erkenntniszielen orientierend ist diese Untersuchung wie folgt aufgebaut: Die erst en zwei Kapitel befassen sich mit der Prinzipal-Agent-Theorie im AUgemeinen und den konventionell formulierten Hidden-Action-Modellen im Besonderen. In Kapitel 2 wird zunachst auf die Grundziige der Prinzipal-Agent-Theorie eingegangen. Im 3. Kapitel 38)

Die formalsprachliche Reprasentation von Theorien ubt einen ,Jieilsamen Zwang" zur expliziten und prazisen Darlegung der jeweiligen Theorieinhalte aus, die die Kommunizierbarkeit und die Kritisierbarkeit der Erkenntnisinhalte fcrdert. Vgl. zu den Vorzugen der Theorieformalisierung (zum GroCteil mit explizitem Bezug zur sozialwissenschaftlichen Theorieformulierung) Albert, H. (1998), S. 112. f.; Bruggeman (1996), S. 6 ff.; Dreier (1993), S. 43 ff.; Jensen (1983), S. 333 (mit Verweis auf die „Gefahren" der Formalisierung um ihrer selbst Willen); Kamps (1999), S. 1178 f.; Meyer (2002), S. 34 f; Opp (2002), S. 185 flf; Peli (1997), S. 310; Priem (2001b), S. 60 f; Stegmiiller (1980), S. 6 f; Suppes (1983), S. 27 ff. u. 35 ff.; Vermeulen (2001), S. 87 I

wird die konventionelle Formulierung der Hidden-Action-Modelle vorgestellt. In diesem Zusammenhang werden die Probleme der konventionell formulierten Hidden-Action-Modelle in Form des Strukturierungs- und des Uberpriifungsdefizits entfaltet. Zur Behebung des Strukturierungsdefizits und zur Erklarung der Widerlegungsresistenz soil als „Losungsansatz"^^^ der Strukturalismus herangezogen werden. Daher werden in Kapitel 4 zunachst die Ausdrucksmittel des Strukturalismus entfaltet. Danach werden in Kapitel 5 die Hidden-Action-Modelle der Prinzipal-Agent-Theorie aus strukturalistischer Perspektive reformuliert. Das Ergebnis dieses Transfers ist eine strukturalistische Altemative fiir die Prinzipal-Agent-Theorie („strukturalistische Prinzipal-Agent-Theorie"); d.h., es wird ein Vorschlag zur Reformulierung der Hidden-Action-Modelle aus der Perspektive des Strukturalismus unterbreitet. SchlieBlich werden in Kapitel 6 die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammengefasst, und es werden Anregungen fiir zukiinftige Forschungsarbeiten gegeben.

Kapitel 2: Grundziige der Prinzipal-Agent-Theorie

Kapitel 3: konventionelle Formulerung der Hidden-Action-Modelle Defizite der Hidden-Action-Modelle

wissenschaftliches Problem

„L6sungsansatz"l

Kapitel 4: Strukturalismus

Kapitel 5: Transfer des Strukturalismus auf die Hidden-Actkxi-Modelle

Kapitel 6: Resumee und Aust)lick

Abbildung 1: Aufbau der Untersuchung

39)

10

Trotz der Gefahr, dass durch die Bezeichnung „Losungsansatz" Missverstandnisse entstehen, wird sie hier verwendet. Denn dadurch soil hervorgehoben werden, dass durch die Reformulierung der HiddenAction-Modelle aus der Perspektive der strukturalistischen Theorienkonzeption die Probleme der Formulierung und empirischen Uberpriifung konventionell formulierter Theorien gelost werden, indem sie behoben (Strukturierungsdefizit) bzw, erkldrt (Uberpriifungsdefizit) werden.

2

Gnindziige der Prinzipal-Agent-Theorie

2.1

Merkmale einer Prinzipal-Agent-Beziehung

2.1.1

Allgemeiner Uherhlick

Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie wird eine Kooperation zwischen okonomischen Akteuren als eine Prinzipal-Agent-Beziehung analysiert'"^^ Es gibt eine Bandbreite von Definitionen fiir eine Prinzipal-Agent-Beziehung'^^^ die sowohl allgemeine als auch enge Formulierungen umfassen. Als ein Beispiel fur das Erste kann ein Definitionsvorschlag von Pratt und Zeckhauser angefiihrt werden"^^^: „Whenever one individual depends on the action of another, an agency relationship arises. The individual taking the action is called the agent. The affected party is the principal". Ein Beispiel fiir eine engere Definition stammt von Jensen und Meckling"*^^: ,jKn. agency relationship can be defined as a contract, under which one or more persons (the principal(s)) engage another person (the agent), to perform some service on their behalf which involves delegating some decision making authority to the agent." In diese beiden Definitionen fiir eine Prinzipal-Agent-Beziehung gehen mehrere Konstituenten ein, wie z.B. Vertrag („contract"), Abhangigkeitsverhaltnis („individual depends on the action of another"), Auftragshandeln („engage another person") und Delegation von Entscheidungsrechten („delegating [...] decision making authority"), die einer naheren Erlauterung bediirfen. Daher wird die Vielzahl von Kooperationen, die durch die Prinzipal-AgentTheorie analysiert werden, auf ihre Charakteristika reduziert und die „Grundstruktur" einer Prinzipal-Agent-Beziehung dargestellt. Hierbei wird auf die genannten und auf weitere Merkmale einer Prinzipal-Agent-Beziehung eingegangen.

40)

41)

42) 43)

Die Erkeimtnisziele, die mit der Prinzipal-Agent-Theorie verfolgt werden, sind nicht Gegenstand dieses Kapitels. Auf die Erkenntnisziele wird weiter unten in Kapitel 2.4.2 ausfuhrlicher eingegangen, wenn die positive und die normative Prinzipal-Agent-Theorie behandelt werden. Daher wird bei der Entfaltung der Merkmale einer Prinzipal-Agent-Beziehung unabhangig von den Erkenntniszielen von „analysieren'* gesprochen. Vgl. fur Vorschlage zur Definition einer Prinzipal-Agent-Beziehung Franke (1993), Sp. 38 („Agency-Beziehungen bestehen iiberall dort, wo die Handlung einer Person(engruppe) Externe Effekte hervorruft."); Rees (1985a), S. 3 („[... ] delegated choice: one individual has the responsibility for taking decisions supposedly in the interests of one or more others [...]"); Ross (1973), S. 134 („[...] [A]n agency relationship has arisen between two (or more) parties when one, designated as the agent, acts for, on behalf of, or as representative for the other, designated the principal, in a particular domain of decision problems."; Erganzungen durch den Verfasser); Sappington (1991), S. 45 („[...] the 'principal' is obliged to hire an 'agent' with specialized skills or knowledge to perform some task [...]"); Schneider (1988), S. 1182 („Principal-Agent-Beziehungen entstehen, wenn mindestens ein Auftraggeber und mindestens ein Beauftragter unter Unsicherheit und bei uneinheitlichem Wissensstand untereinander gemeinsam Ziele erreichen wollen, die nur teilweise gleichgerichtet sind und bei denen teilweise auch der Vorteil des einen zum Nachteil des anderen werden kann."). Eine Diskussion der Definitionsvorschlage fiir eine Prinzipal-AgentBeziehung findet sich bei Meinhovel (1999), S. 7 ff. und Saam (2002), S. 17 f. Pratt (1985), S. 2. Jensen (1976), S. 308.

11

2J.2

Vertragsbeziehung

Die Prinzipal-Agent-Theorie ist dem methodologischen Individualismus"^^ verpflichtet'^^l Der methodologische Individualismus stellt den Versuch dar, kollektive Phanomene durch Rekurs auf individuelles Handeln zu erklaren. Dabei werden die kollektiven Phanomene (z.B. Unternehmen) nicht als Entitaten mit eigener Identitat und eigenen Handlungsmoglichkeiten aufgefasst. Vielmehr setzt die Theoriebildung beim einzelnen Individuum als kleinster und zentraler Analyseeinheit an. Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie wird dem methodologischen Individualismus insofem Rechnung getragen, als ein Untemehmen als ein Netzwerk aus impliziten und expliziten Vertragen betrachtet wird. Mit dieser vertragsbasierten Konzeptualisierung ist die Vorstellung verbunden, dass sich das gesamte Untemehmen und seine Umweltbeziehungen in einzelne Vertragsbeziehungen zwischen den Akteuren ausdifferenzieren lassen. Daher ist die Rede von den „Zielen des Untemehmens" oder den ,^tionen eines Untemehmens" ebenso fragwiirdig wie die Unterscheidung zwischen einem „Untemehmen" und der „Umwelt eines Untemehmens"'^^ Vielmehr werden Untemehmen als „[...] legal frictions which serve as a nexus for a set of contracting relationships among individuals [... J"**^^ betrachtet. Abbildung 2 visualisiert den Gedanken des Vertragsnetzwerks.

Legende Prinzipal, ^ e n t

Prinzipal-Agent-Beziehung

*"s Grenze eines Untemehmens

Abbildung 2: Untemehmen als ein Netzwerk von Vertragsbeziehungen ^

44)

45) 46) 47) 48)

12

Vgl. zum methodologischen Individualismus Albert, H. (1977), S. 183 f.; Arrow (1994), S. 1 ff.; Bunge (2000), S. 149 f.; Clark (2003), S. 80 ff.; Jensen (1983), S. 327 f.; Popper (2000d), S. 348; Udehn (2002), S. 479 ff.; Watkins (1994), S. 443 f.; Wolff (1999a), S. 141 f. Vgl. Saam (2002), S. 12 ff. Vgl. Jensen (1983), S. 327; Ebers (2001), S. 210. Jensen (1976), S, 310. Vgl. fur eine strukturell ahnliche Abbildung Petersen, Th. (1989), S. 29.

Entsprechend dieser Sichtweise ist eine Prinzipal-Agent-Beziehung eine Vertragsbeziehung zwischen mindestens zwei Akteuren: Bin Auftraggeber (Prinzipal) engagiert einen Auftragnehmer (Agent) fiir die Durchfiihrung eines Auftrags und schlieBt daruber einen Vertrag ab. Aus dem Vertrag ergeben sich fur den Prinzipal und den Agenten die Pflichten zu Leistung und Gegenleistung. Zum einen enthalt der Vertrag die Verpflichtung des Agenten, den ihm iibertragenen Auftrag durchzufuhren (Leistungspflicht). Zum anderen legt der Vertrag die Zahlung fest, die der Agent fiir die Erfullung des Auftrags als Gegenleistung erhalten wird. Was dariiber hinaus im Vertrag vereinbart wird, hangt von der jeweiligen Prinzipal-Agent-Beziehung und den damit verbundenen (Prinzipal-Agent-) Problemen ab. Darauf wird welter unten eingegangen. Der zeitliche Ablauf dtr Vertragsbeziehung lasst sich folgendermaBen konkretisieren"^^^: •

Zum Zeitpunkt ti gestaltet der Prinzipal einen Vertrag und bietet diesen Vertrag dem Agenten an.



Der Agent kann den Vertrag zum Zeitpunkt t2 entweder annehmen oder ablehnen („take-it-or-leave-it"-Offerte^®^. Er besitzt nicht die Moglichkeit, mit dem Prinzipal in Vertragsaushandlungen zu treten und ihm ein Gegenangebot anzubieten. Vielmehr besitzt der Prinzipal die voUstandige Verhandlungsmacht. Bei seiner Vertragsentscheidung wagt der Agent seine Vorteile und seine Nachteile aus der angebotenen Vertragsbeziehung mit altemativen Beschaftigungsmoglichkeiten ab. Wenn der Agent aus der Vertragsbeziehung mit dem Prinzipal mindestens den gleichen Nutzen („Reservationsnutzen") erzielen kann, den er in einer anderen Beschaftigung erreichen wurde, dann stimmt er dem Vertragsangebot zu und geht mit dem Prinzipal die Vertragsbeziehung ein^^l Ansonsten kommt es zu keiner Vertragsbeziehung zwischen Prinzipal und Agent.



Falls es zu einer Vertragsbeziehung kommt, wahlt der Agent zum Zeitpunkt ts eine Aktion aus. Die Aktion des Agenten kann unterschiedlich inhaltlich charakterisiert werden. Es kann sich dabei um die Arbeitsintensitat, den FleiB oder die Sorgfalt des Agenten handeln^^l



Zum Zeitpunkt t4 ist die Aktionsdurchfiihrung seitens des Agenten beendet und das Ergebnis der Auftragsdurchfiihrung ist realisiert.



SchlieBlich erhalt der Agent zum Zeitpunkt ts vom Prinzipal das vertraglich vereinbarte Entgelt.

In Abbildung 3 auf der folgenden Seite ist der zeitiiche Ablauf einer Prinzipal-Agent-Beziehung als Zeitstrahl visualisiert.

49)

50) 51)

52)

Vgl. zum zeitlichen Ablauf einer Prinzipal-Agent-Beziehung Demski (1999), S. 23; Jost (2001), S. 23 ff.; Kleine (1995), S. 34; Kiener (1990), S. 19 f.; Lambert (2001), S. 6; Sappington (1991), S. 46 f.; Wolff (1995), S. 51 u. 61. Vgl. Jost (2001), S. 18; Moorthy (1993), S. 95; Sappington (1991), S. 47. Hierbei handelt es sich um eine willkurliche Festlegung innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie. Stattdessen ware es auch vorstellbar, dass der Agent alle Vertragsangebote des Prinzipals ablehnt, bei denen er nicht auf jeden Fall einen hoheren Nutzen als in seiner altemativen Beschaftigungsmoglichkeit erreicht. Auf die Besonderheit dieser Annahme wird in Kapitel 3.1 zuruckgekommen, wenn die konventionelle Formulierung der Hidden-Action-Modelle behandelt wird. Vgl. Spremann (1990), S. 581.

13

V

v

v~

Prinzipal bietet dem Agenten den Vertrag an

det ijber den

Agent wahit

rung ist beendet

angebotenen

Aktion aus

und Ergebnis

Vertrag

y\^

•Y"

Aktionsdurchfuh-

Agent entschei-

Agent ertiait das vereinbarte

ist bekannt

A_

A_

Zeit

Entgelt

-^-

Abbildung 3: Zeitlicher Ablauf einer Prinzipal-Agent-Beziehung"53)

Ein zentrales Merkmal einer Prinzipal-Agent-Beziehung ist der Vertrag, der zwischen Prinzipal und Agent abgeschlossen wird. Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie wird der Vertragsbegriff grundsatzlich sehr weit ausgelegt^'^l Hierunter werden samtliche Regelkomplexe verstanden, die geeignet sind, die Entscheidungen des Agenten zu definieren, zu beeinflussen und zu koordinieren^^l Diese Regelkomplexe konnen beispielsweise die Entscheidungskompetenzen und die Entgeltung eines Mitarbeiters betreffen, aber ebenso die Verpflichtung eines Handlers umfassen, einen bestimmten Preis fiir ein Produkt zu verlangen^^^ Um ihre handlungsinduzierende Koordinationsfunktion erfiillen zu konnen, umfassen die Vertrage sowohl Belohnungs- als auch Sanktionsregeln. Die Belohnungsregeln zeigen an, welche Handlungen vom Agenten erwiinscht sind. Hingegen bedrohen die Sanktionsregeln deviante Handlungen des Agenten (z.B. Abweichungen des Agenten von der vereinbarten Leistungspflicht) mit negativen Konsequenzen. Fiir die Prinzipal-Agent-Theorie sind zwei Ausdifferenzierungen des Vertragsbegriffs von grundlegender Bedeutung^^^ Erstens wird zwischen vollstandigen und unvollstandigen Vertragen unterschieden. Von einem vollstandigen Vertrag wird dann gesprochen, wenn alle Eventualitaten der Zusammenarbeit bereits im Vertrag berucksichtigt sind und durch diesen Vertrag geregelt werden. Der Begriff „vollstandig" bezieht sich allerdings nicht notwendig auf die explizite Aufzahlung aller Vertragspflichten. Stattdessen bleiben bei einem vollstandigen Vertrag keine Fragen mehr offen, die der Prinzipal und der Agent nach Vertragsabschluss regeln miissen. Die explizite Auflistung aller Vertragspflichten ist zwar eine hinreichende, aber keine notwendige Be-

53) 54) 55) 56) 57)

14

Vgl. fiir ahnliche Darstellungen des zeitlichen Ablaufs einer Prinzipal-Agent-Beziehung Jost (2001), S. 24; Lambert (2001), S. 6; Wolff (1995), S. 51 u. 61. Vgl. Rees (1985a), S. 3 f.; Schweizer (1999), S. 5 f. In Anlehnung an Jost (2001), S. 13. Vgl. fiir eine ahnliche Definition des Vertragsbegriffs Schweizer (1999), S. 5. Vgl. Jost (2001), S. 13. Vgl. fiir unterschiedliche Differenzierungen des Vertragsbegriffs Martiensen (2000), S. 361; Scholtis (1998), S. 25 ff.; Schweizer (1999), S. 22 ff.; Wolff (1995), S. 34 ff.

dingung fur einen voUstandigen Vertrag^^l Ein unvoUstandiger Vertrag wird gegeniiber einem voUstandigen Vertrag negativ abgegrenzt. Bei einem unvollstandigen Vertrag bleiben einige Vertragspflichten bei Abschluss des Vertrags unberucksichtigt und miissen nachtraglich erganzt oder angepasst werden. Die Beriicksichtigung aller Vertragspflichten bei Vertragsabschluss ist mit Problemen verbunden^^^ Erstens scheitert die Beriicksichtigung aller Vertragspflichten an den damit verbundenen Vertragskosten. Andererseits ist es den Akteuren aufgrund kognitiver Restriktionen nicht moglich, alle Eventualitaten, die im Rahmen der Vertragsbeziehung bedeutsam sein konnten, bereits beim Vertragsabschluss zu antizipieren und in den Vertrag aufeunehmen. Zweitens wird zwischen expliziten und impliziten Vertragen unterschieden. Ein expliziter Vertrag ist ein gerichtlich durchsetzbarer Vertrag zwischen Prinzipal und Agent. Ein Beispiel hierfiir ist ein Liefervertrag, in dem die Leistung des Agenten und die Gegenleistung des Prinzipals fur einen bestimmten Zeitraum festgelegt sind. Fiir den Fall, dass sich einer der Akteure nicht an die Vertragspflichten halt, kann ein Gericht angerufen werden, um ihre Erfullung zu erzwingen^^\ Im Unterschied dazu ist ein impliziter Vertrag eine Vereinbarung zwischen Prinzipal und Agent ohne rechtlichen Status. Um dennoch die intendierte Koordinationsfunktion erfullen zu konnen, muss der Vertrag auf einem „funktionalen Aquivalent" zu rechtlichen Anspriichen beruhen. Ein solches funktionales Aquivalent kann beispielsweise auf implizitem Einverstandnis der beteiligten Akteure beruhen. Dieses Einverstandnis kann z.B. auf ungeschriebenen Handlungsmustem basieren, die sowohl im Rahmen allgemeiner gesellschaftlicher Sozialisation als auch im Rahmen der Teilhabe an speziellen Markttransaktionen erlemt werden^ ^\ Innerhalb der formalsprachlichen Prinzipal-Agent-Theorie und somit auch innerhalb der Hidden-Action-Modelle wird von voUstandigen und expliziten Vertragen ausgegangen^^l Die zwischen Prinzipal und Agent abgeschlossenen Vertrage werden von beiden Akteuren eingehalten (pacta servantur^^^). Denn die vertragUchen Regelungen sind von Gerichten durchsetzbar und die monetaren und nicht-monetaren gerichtlichen Sanktionen sind so hoch, dass weder Prinzipal noch Agent einen Vertragsbruch in Erwagung ziehen^\ Ein weiteres Merkmal der Vertragsbeziehung ist das (wechselseitige) Abhangigkeitsverhdltnis zwischen Prinzipal und Agent: Einerseits kann der Agent durch seine Aktion das Ergebnis der Auflragsdurchfiihrung und somit den Nutzen des Prinzipals beeinflussen. Andererseits kann 58)

59) 60) 61) 62) 63)

64)

Vgl, Martiensen (2000), S. 361. Ein Beispiel fur einen voUstandigen Vertrag, bei dem die Vertragspflichten nicht vollstandig aufgefiihrt sind, ist eine Zahlungsregel, die in den Hidden-Action-Modellen intensiv besprochen wird. Eine Zahlungsregel spezifiziert fur alle Zustande der Welt die Zahlungen an den Agenten. Zwar wird hierdurch z.B. nicht festgelegt, welche Aktion der Agent innerhalb der Auftragsbeziehung auswahlen soil. Jedoch bleiben keine Fragen offen, die von Prinzipal und Agent wahrend oder nach der Auftragsdurchfiihrung diesbezuglich geregelt werden miissten. Vgl. zu den Problemen der Spezifizierung eines voUstandigen Vertrags Klinkert (1999), S. 128; Martiensen (2000), S. 361; Muller (1995a), S. 65 f.; Scholtis (1998), S. 28 u. 30. Vgl. Holmstrom (1982), S. 330 (Fn. 5); Jost (2001), S. 15. Vgl. Scholtis (1998), S. 31, zu solchen fimktionalen Aquivalenten zu rechtlichen Anspruchen. Vgl. Baiman (1990), S. 342 f.; Holmstrom (1982), S. 330 (Fn. 5); Jost (2001), S. 15; Meinhovel (1999), S. 140; Schweizer (1999), S. 23 f. Vgl. Meinhovel (1999), S. 140. hmerhalb der formalsprachlichen Prinzipal-Agent-Theorie sind die zwischen Prinzipal und Agent abgeschlossenen Vertrage nicht nur einzuhalten, sondem werden auf jeden Fall eingehalten („pacta servantur"). Vgl. Jost (2001), S. 41 (Endnote 5).

15

der Prinzipal durch den Vertrag Einfluss auf die Aktion des Agenten nehmen. Hinsichtlich der Frage, wie es zu dem wechselseitigen Abhangigkeitsverhaltnis kommt, gibt es zwei Auffassungen^^^ Zum einen wird die Vertragsbeziehung zwischen Prinzipal und Agent als Auftragshandeln mit Entscheidungsdelegation aufgefasst^l Dieser Auffassung wurde bei der obigen Entfaltung des zeitiichen Abiaufs einer Prinzipal-Agent-Beziehung gefolgt. Der Prinzipal engagiert den Agenten, weil der Prinzipal aufgrund zeitlicher, kognitiver oder physischer Restriktionen den Auftrag nicht selbst durchfiihren kann und/oder der Agent komparative Vorteile - spezielle Kenntnisse und Fahigkeiten - besitzt, iiber die der Prinzipal nicht verfiigt. Eine Prinzipal-Agent-Beziehung kann aus dieser Sicht als das Ergebnis von Arbeitsteilung und Spezialisierung interpretiert werden^''^ Damit der Agent seine spezifischen Kenntnisse und Fahigkeiten fiir die erfolgreiche Durchfiihrung des Auftrags einsetzen kann, iibertragt der Prinzipal dem Agenten das Recht, im Auftrag des Prinzipals auftragsrelevante Entscheidungen zu treffen. Bei einer Prinzipal-Agent-Beziehung handelt es sich daher nicht um eine Vertragsbeziehung, wie z.B. einen Botengang oder einen Kurierdienst. Vielmehr werden im Sinne der oben angegebenen Auffassung Vertragsbeziehungen bei Entscheidungsdelegation behandelt^^l Dem Agenten wird vom Prinzipal bewusst das Recht ubertragen, eigenstandig im Auftrag des Prinzipals Entscheidungen zu treffen. Insofem ist dieser Auffassung zufolge eine reine Ubertragung des Auftrags ohne Entscheidungsspielraum fur den Agenten keine Prinzipal-AgentBeziehung^^^ Zum anderen wird das Auftragshandeln mit Entscheidungsdelegation nicht als Merkmal fiir eine Prinzipal-Agent-Beziehung betrachtet^°\ Vielmehr liegt selbst dann eine PrinzipalAgent-Beziehung vor, wenn ein Abhangigkeitsverhaltnis zwischen dem Prinzipal und dem Agenten besteht, ohne dass seitens des Prinzipals dem Agenten das Recht iibertragen worden ist, Entscheidungen im Auftrag des Prinzipals zu treffen. Ein solches Abhangigkeitsverhaltnis liegt bei externen Effekten vor. Exteme Effekte bedeuten, dass Konsequenzen der Entscheidungen eines Akteurs nicht nur bei diesem Akteur auftreten, sondem dass sich auch (vor- und nachteilige) Auswirkungen auf den Nutzen anderer Akteure zeigen. Allerdings fehlt hierbei der bewusste Akt der Entscheidungsdelegation, d.h. dem Agenten wird nicht das Recht iibertragen, durch eigenstandige Entscheidungen im Auftrag des Prinzipals den Nutzen des Prinzipals zu beeinflussen. Aus dieser Sicht kann mittels der Prinzipal-Agent-Theorie untersucht werden, unter welchen Bedingungen exteme Effekte zu einem Marktversagen fuhren, d.h., unter welchen Bedingungen Extemalitaten durch Vertrage nicht intemalisiert werden^^l Innerhalb der formalsprachlichen Modelle der Prinzipal-Agent-Theorie und somit auch innerhalb der Hidden-Action-Modelle wird nicht spezifiziert, ob eine Entscheidungsdelegation seitens des Prinzipals tatsachlich erfolgt. Stattdessen wird ausschlieBlich das Abhangigkeitsverhaltnis festgelegt. Daher lassen sich die beiden oben angesprochenen Deutungen zumindest 65) 66) 67) 68) 69) 70) 71)

16

Vgl. Saam (2002), S. 16 ff.; Spremann (1987b), S. 342. Vgl. Eisenhardt (1989), S. 58; Jensen (1976), S. 308; Rees (1985a), S. 3; Ross (1973), S. 134; Sappington (1991), S. 45. Vgl. Hart (1987), S. 75. Vgl. Jensen (1976), S. 308; Klinkert (1999), S. 119 ff.; Rees (1985a), S. 3; Spremann (1990), S. 572. Vgl. Klinkert (1999), S. 121; Schanze (1987), S. 466 ff. Vgl. Franke (1993), Sp. 38; Pratt (1985), S. 2; Spremann (1987b), S. 342. Vgl. Martiensen (2000), S. 369 (mit Bezug auf Schweizer, allerdings ohne Angabe einer Literaturquelle).

mit den formalsprachlichen Modellen der Prinzipal-Agent-Theorie vereinbaren. Daher wird die Frage, ob eine Prinzipal-Agent-Beziehung entweder iiber den Akt der Entscheidungsdelegation Oder iiber exteme Effekte definiert werden sollte, hier bewusst offen gelassen.

2.1.3

Interessenskonflikt

Der Abschluss eines Vertrags zwischen dem Prinzipal und dem Agenten deutet bereits darauf bin, dass keine prastabilierte Interessensharmonie zwischen Prinzipal und Agent besteht. Vielmehr ist das Handeln von Prinzipal und Agent durch ihre jeweiligen spezifischen Interessen bestimmt. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Agent im Sinne des Prinzipals „adaquat" verhalt, also freiwillig den Nutzen des Prinzipals maximiert. Stattdessen geht die Prinzipal-Agent-Theorie im Allgemeinen^^^ davon aus, dass der hochstmogliche Nutzen des Prinzipals durch andere Entscheidungen und Aktionen des Agenten realisiert wird als durch diejenigen, die der Agent im Interesse seiner eigenen Nutzenmaximierung treffen bzw. durchfiihren wiirde. Daher besteht ein grundsatzlicher Interessenskonflikt zwischen Prinzipal und Agent, die jeweils an ihrer eigenen Nutzenmaximierung interessiert sind. Zur Auflosung dieses Interessenskonflikts bedarf es einer Koordination zwischen den Handlungsweisen des Prinzipals und des Agenten derart, dass beide bei denselben Entscheidungen und Aktionen des Agenten ihr jeweils subjektives Nutzenmaximum - unter den „obwaltenden" Koordinationsbedingungen - realisieren. Die Prinzipal-Agent-Theorie geht davon aus, dass der Prinzipal und der Agent konstante und konsistente Praferenzen besitzen, die durch ihre Nutzenfunktionen abgebildet werden konnen^^^. Der Nutzenbegriff umfasst sowohl die Befriedigung durch materielle Giiter, wie z.B. Gehalt und Dividende, als auch durch immaterielle Giiter, wie z.B. Prestige und Karriere. AuBerdem wird den Akteuren - insbesondere dem Agenten - unterstellt, dass sie alle Handlungsspielraume innerhalb der Vertragsbeziehung opportunistisch^'^^zur Erreichung ihrer eigenen Interessen ausnutzen werden. Das heiBt, die Akteure sind bereit, in Verfolgung ihrer eigenen Interessen „arglistig" vorzugehen und unehrlich zu sein, indem sie beispielsweise bewusst ihre Praferenzen verbergen und Fakten verfalschen. Wahrend die Annahme der individuellen Nutzenmaximierung auch implizieren konnte, dass die Akteure ehrlich sind und sich an Versprechungen halten, die nicht sanktionierbar sind, wird diese Handlungsoption durch die Annahme opportunistischen Verhaltens explizit aufgehoben. Das Streben nach individueller Nutzenmaximierung und sogar opportunistisches Verhalten werfen fiir die Durchfiihrung eines Auftrags - trotz des oben angesprochenen Abhangigkeitsverhaltnisses - zunachst kein Problem auf. Sie werden erst dann zu einem Problem, wenn der Prinzipal und der Agent innerhalb der Vertragsbeziehung gegensatzliche Interessen verfolgen. Ein grundlegendes Merkmal einer Prinzipal-Agent-Beziehung ist der Interessenskonflikt zwi-

72)

73) 74)

Es ist aber grundsatzlich nicht ausgeschlossen, dass in Spezialfallen durch dieselben Entscheidungen und Aktionen des Agenten sowohl dessen eigener Nutzen als auch der Nutzen des Prinzipals maximiert werden. Vgl. Ebers (2001), S. 211 f.; Klinkert (1999), S. 19. Vgl. zur Annahme opportunistischen Verhaltens Wolff (1995), S. 22; Wolff (1999a), S. 139.

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schen den beteiligten Akteuren^^^: Der Agent erhalt vom Prinzipal eine Zahlung als Gegenleistung fur seine Leistung, die er - der Agent - dutch seinen Arbeitseinsatz bewirkt. Je hoher die Zahlung ist, desto hoher ist der Nutzen des Agenten. Mit dem Arbeitseinsatz ist fiir den Agenten auch Arbeitsleid verbunden. Sein Arbeitsleid steigt mit zunehmendem Arbeitseinsatz. Der Agent wagt seine Vorteile aus der Vertragsbeziehung (Zahlung) gegen die Nachteile (Arbeitsleid) ab. Er ist grundsatzlich an einer hohen Zahlung und an einem niedrigen Arbeiteinsatz interessiert. Der Prinzipal sieht hingegen seinen Nutzen in der Erreichung eines besonders hohen Ergebnisses aus der Durchfuhrung des Auftrags, die er an den Agenten iibertragen hat. Die Zahlung an den Agenten hingegen mindert seinen Nutzen. Auch der Prinzipal orientiert sich an seinem eigenen Nutzenkalkiil, in dessen Rahmen die Vorteile der Vertragsbeziehung (Ergebnis) mit den Nachteilen (Zahlung) abgewogen werden. Er ist grundsatzlich an einem hohen Ergebnis bei geringer Zahlung interessiert. Aufgrund dieses Interessenskonflikts kann der Prinzipal nicht von vomherein davon ausgehen, dass der Agent sich fiir eine Aktion im Interesse des Prinzipals entscheidet. Vielmehr muss der Prinzipal bei der Vertragsgestaltung beriicksichtigen, dass der Agent jede Gelegenheit dazu ausnutzen wird, seinen eigenen, opportunistischen Interessen nachzugehen.

2.1.4

Umweltunsicherheit

Neben der Aktion des Agenten wird das Auftragsergebnis auch durch exogene Umweltfaktoren beeinflusst^^l Bei diesen exogenen Umweltfaktoren kann es sich um die Branchenkonjunktur oder aber auch um die Entscheidungen anderer Akteure handeln. Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie wird in der Regel nicht der Versuch untemommen, die exogenen Umweltfaktoren zu identifizieren oder zu systematisieren. Stattdessen wird diese Umweltunsicherheit als „monolithischer Block"''^ behandelt. Der Umwelteinfluss wird in Form einer Zufallsvariable Oder einer exogenen Storgrofie konzeptualisiert. Das Ergebnis der Vertragsbeziehung wird von der Aktion und der exogenen Storgrofie beeinflusst. Es besteht also kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Aktion des Agenten und dem Auftragsergebnis. Vielmehr ist ein „gutes" Auftragsergebnis sowohl bei einem hohen Arbeitseinsatz des Agenten als auch bei einem niedrigen Arbeitseinsatz des Agenten moglich. Die exogene Storgrofie kaim zu unterschiedlichen Zeitpunkten das Auftragsergebnis beeinflussen. Aufgrund der Komplexitat der exogenen Storgrofie kann ihre Auspragung nicht exakt vorausgesagt werden. Allenfalls bilden Prinzipal und Agent Erwartungsurteile iiber die exogene Storgrofie.

75)

76) 77)

18

Die Prinzipal-Agent-Theorie geht von dem so genannten „KonfliktmodeH" aus. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die an der Vertragsbeziehung beteiligten Akteure divergierende Interessen aufweisen. Hiervon wird das so genannte „HarmoniemodeH" abgegrenzt. Dort weisen die Akteure die gleichen Interessen auf; vgl. zur Unterscheidung zwischen dem Konflikt- und dem Harmoniemodell Wolff (1999b), S. 155 f. Vgl. Arrow (1985), S. 37; MacDonald (1984), S. 418; Petersen, T. (1993), S. 287; Rees (1985a), S. 3; Saam (2002), S. 21 f, Saam (2002), S. 21.

Aufgrund des Einwirkens der exogenen StorgroBe auf das Auftragsergebnis muss der Prinzipal bei der Gestaltung des Vertrags auch Aspekte der Risikoallokation'^^ beriicksichtigen. Die Risikoallokation ist dann relevant, wenn der Agent risikoavers ist und der Prinzipal den risikoaversen Agenten zwecks Anreizwirkung am Auftragsergebnis beteiligen will. Da das Ergebnis der Auftragsdurchfuhrung nicht nur auf die Aktion des Agenten zuriickzufiihren ist, sondem auch durch eine exogene StorgroBe „verzerrt" wird, ware dadurch die Entgeltung des Agenten mit Risiko verbunden. Aufgrund seiner Risikoeinstellung wird der Agent fiir die Ubemahme des Risikos eine (Risiko-) Pramie in Form einer hoheren Entgeltung verlangen^^l

2.1.5

Informationsasymmetrie

2.1.5.1

Dimensionen von Informationen

Innerhalb einer Prinzipal-Agent-Beziehung sind die Informationen^^^ bezuglich bestimmter, fiir die Durchfuhrung eines Auftrags relevanter Merkmale zwischen Prinzipal und Agent asymmetrisch verteilt. Einerseits ist diese asymmetrische Informationsverteilung innerhalb einer Vertragsbeziehung erwiinscht. Denn eine Prinzipal-Agent-Beziehung kann als eine Konsequenz aus Arbeitsteilung und Spezialisierung gedeutet werden. Der Prinzipal engagiert den Agenten, da der Agent spezielles Wissen fiir die Durchfiihrung des Auftrags besitzt. Andererseits birgt die Informationsasymmetrie aufgrund des oben angesprochenen Interessenskonflikts auch die Gefahr, dass der besser informierte den schlechter informierten Akteur systematisch ausnutzt.

78) 79) 80)

Unter Risikoallokation wird die Aufteilung des Gesamtrisikos der Auftragsdurchfuhrung auf einen Risikoanteil des Prinzipals und einen Risikoanteil des Agenten verstanden. Vgl. dazu die Ausfiihrungen in Kapitel 3.2.2. Der Begriff der „Information" wird hier in Anlehnung an Wittmann als „zweckorientiertes Wissen" verstanden; vgl. Wittmann (1959), S. 14. In dieser Untersuchung findet der „endlose" Streit iiber die inhaltliche Abgrenzung der Begriffe Information und Wissen keine Vertiefung, der insbesondere in einer Vielzahl von Werken zum so genannten Wissensmanagement ausgetragen wird; vgl. beispielsweise Al-Laham (2003), S. 23 ff.; Bick (2004), S. 11 ff. Stattdessen reicht es fur die Analyse von Prinzipal-Agent-Beziehungen voUkommen aus, Information und Wissen als synonyme Begriffe zu verwenden.

19

Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie werden drei^^^ Typen von Informationsasymmetrien unterschieden: unbeobachtbare Eigenschaften (Hidden Characteristics), unbeobachtbare Aktionen (Hidden Action) und unbeobachtbare Auspragung der exogenen StorgroBe (Hidden Information^^y^^ Diese Typen von Informationsasymmetrien, die innerhalb einer PrinzipalAgent-Beziehung auftreten konnen, lassen sich anhand von drei Informationsdimensionen klassifizieren^^:

81)

82)

83)

84)

20



personelle Dimension: Informationsasymmetrie bedeutet immer eine Ungleichverteilung von Informationen zwischen mindestens zwei Akteuren. Fur die PrinzipalAgent-Theorie ist es von groBer Bedeutung, wer innerhalb der Vertragsbeziehung besser informiert ist.



inhaltliche Dimension: Die inhaltliche Dimension bezieht sich darauf, welche Informationen zwischen Prinzipal und Agent ungleich verteilt sind. Neben den Informationen iiber die Aktion des Agenten und die exogene StorgroBe gehoren hierzu insbesondere die Eigenschaften des Agenten.

In der Kegel werden die Informationsasymmetrien mit zwei Wortem bezeichnet, wobei das erste Wort „Hidden" ist. Das zweite Wort betrifft die inhaltliche Dimension (siehe unten) der Informationsasymmetrie. Es herrscht alles andere als Klarheit iiber die Arten und die Anzahl der Informationsasymmetrien. Mitunter findet sich sogar eine Gleichsetzung der Bezeichnung fiir die Informationsasymmetrie mit der Bezeichnung fiir das Prinzipal-Agent-Problem, das innerhalb einer Prinzipal-Agent-Beziehung auftritt; vgl. Arrow (1985), S. 38 („I will call the two types of principal agent problems hidden action and hidden information, respectively. In the literature they frequently referred to as moral hazard and adverse selection." (Hervorhebungen im Original weggelassen); Ebers (2001), S. 213 ("Agenturprobleme: 'hidden information' und 'hidden action'); Spremann (1990), S. 566 („Damit verbleiben drei Grundtypen [...] asymmetrischer Information [...] Verhaltensunsicherheit [...] heiBt Moral Hazard [...] oder ,hidden action'."). In dieser Untersuchung wird dieser Gleichsetzung nicht gefolgt. Stattdessen wird strikt zwischen den Informationsasymmetrien und den Prinzipal-Agent-Problemen getrennt. Denn das Vorliegen einer Informationsasymmetrie ist nicht hinreichend dafiir, dass Prinzipal-Agent-Probleme innerhalb einer Vertragsbeziehung auftreten. Stattdessen lasst sich beispielsweise auch vorstellen, dass zwar eine Informationsasymmetrie vorliegt, aber kein Interessenskonflikt gegeben ist. In diesem Fall kann wegen des fehlenden Interessenskonflikts kein Prinzipal-Agent-Problem entstehen, obwohl eine Informationsasymmetrie existiert. Vgl. hierzu auch die Ausfiihrungen in Kapitel 2.2.1. Die Klassifizierung der drei Informationsasymmetrien, die innerhalb einer Prinzipal-Agent-Beziehung gemeinsam oder einzeln auftreten, orientiert sich insbesondere an Jost (2001), S. 23 ff. Vgl. fiir Systematisierungen der Informationsasymmetrien auch Arrow (1985), S. 38; Breid (1995), S. 84 f.; HartmannWendels (1989), S. 717 f.; Martiensen (2000), S. 367; Saam (2002), S. 19; SchoUis (1998), S. 14 ff.; Spremann (1990), S. 566 f.; Wolff (1995), S. 48 ff. Die Bezeichnung Hidden Information ist alles andere als gliicklich gewahlt. Denn in alien Fallen besteht eine asymmetrische Informationsverteilung (Informationen z.B, iiber die Eigenschaften oder Aktionen des Agenten). Da sich diese Bezeichnung in der einschlagigen Fachliteratur durchgesetzt hat, wird sie in der vorliegenden Untersuchung iibemommen. Obwohl innerhalb einer Prinzipal-Agent-Beziehung diese drei Typen von Informationsasymmetrien auch gleichzeitig auftreten konnen, werden sie in dieser Untersuchung und in der Literatur (iiberwiegend) isoliert behandeh. Dadurch lassen sich die Besonderheiten der Informationsasymmetrien und ihre Auswirkungen auf eine Vertragsbeziehung zwischen einem Prinzipal und einem Agenten herausarbeiten. Vgl. Scholtis (1998), S. 12 ff. Neben diesen drei Dimensionen unterscheidet Scholtis die „Verifizierbarkeit" der Information als vierte Dimension. Damit ist die Uberpriifbarkeit der Information durch Dritte gemeint. In dieser Untersuchung wird davon ausgegangen, dass alle Informationen, die dem Prinzipal zuganglich sind, auch Dritten, wie z.B. Gerichten, zuganglich sind. In diesem Verstandnis kann auf die explizite Beriicksichtigung dieser vierten Dimension (Verifizierbarkeit der Information) verzichtet werden.



zeitliche Dimension: Zu alien Zeitpunkten der Vertragsbeziehung konnen die Informationen zwischen den Akteuren asymmetrisch verteilt sein. Die zeitliche Dimension der Informationsasymmetrie betrifft daher die Frage, wann eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent vorliegt.

Die personelle Dimension lasst sich fur die hier behandelten Typen von Informationsasymmetrien leicht ausmachen. Zwar konnen generell sowohl Prinzipal als auch Agent zu einem bestimmten Zeitpunkt der Vertragsbeziehung im Informationsnachteil sein, jedoch wird in dieser Untersuchung von einer einseitigen Informationsverteilung zulasten des Prinzipals ausgegangen^^^: Der Prinzipal ist innerhalb der Vertragsbeziehung zu mindestens einem Zeitpunkt im Informationsnachteil. Wahrend die personelle Dimension bei alien drei Typen von Informationsasymmetrien gleich ist (Informationsnachteil des Prinzipals), unterscheiden sich die Typen von Informationsasymmetrien hinsichtlich der zeitlichen und der inhaltlichen Dimension. Bei Hidden Characteristics bezieht sich die Informationsasymmetrie auf die Eigenschaften des Agenten (inhaltUche Dimension). Dieses Informationsdefizit des Prinzipals besteht bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (zeitliche Dimension). Hingegen tritt bei Hidden Action und Hidden Information die Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent erst nach Vertragsabschluss auf Bei Hidden Action ist der Prinzipal hinsichtlich der Aktion des Agenten und der Realisierung der exogenen StorgroBe im Informationsdefizit (inhaltliche Dimension). Die exogene Storgrofie tritt ein, nachdem der Agent eine Aktion im Rahmen der Auftragsdurchfuhrung ausgewahlt hat, d.h., zum Zeitpunkt der Auswahl einer Aktion ist der Agent hinsichtlich der exogenen StorgroBe uninformiert (zeithche Dimension). Hingegen wahlt der Agent bei Hidden Information eine Aktion mit Kenntnis uber die realisierte exogene StorgroBe aus (zeitliche Dimension). Die Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent bezieht sich ausschlieBHch auf die ReaUsierung der exogenen StorgroBe, die der Prinzipal nicht zu beobachten vermag (inhaltliche Dimension).

2.1.5.2

Typen von Informationsasymmetrien

2.1.5.2.1

Hidden Characteristics

Bei Hidden Characteristics'^^ ist der Prinzipal beziiglich der Eigenschaften des Agenten im Informationsdefizit. Als solche Eigenschaften, die dem Prinzipal unbekannt sind, kommen beispielsweise in Betracht'^^: • die Praferenzen des Agenten,

85) 86) 87)

Vgl. fur beidseitige Informationsasymmetrien beispielsweise Schweizer (1999), S. 87 fF. Vgl. zum Begriff „Hidden Characteristics" Jost (2001), S. 27 ff. Vgl. Jost (2001), S. 27; Kleine (1995), S. 39 f.; Scholtis (1998), S. 17. Wenn man den Begriff der „Eigenschaften" weit definiert, dann fiUt hierunter auch die Qualitat der vom Agenten angebotenen Giiter; vgl. Fn, 98. Dort wird ein „paradigmatisches" Beispiel fiir ein Problem dargestellt, das aufgrund der asymmetrischen Informationsverteilung beziiglich der Qualitat von Giitem (Gebrauchtwagen) resultiert.

21

• • •

das Leistungsvermogen des Agenten, der Reservationsnutzen des Agenten, der fiir seine Vertragsentscheidung relevant ist, oder das Erwartungsurteil des Agenten beziiglich der exogenen StorgroBe.

Der Prinzipal kennt zwar die Aktion des Agenten und die Auspragung der exogenen Storgro6e nach Vertragsabschluss. Aber der Prinzipal weiB zum Zeitpunkt seiner Vertragsofferte nicht, ob er eine Vertragsbeziehung mit einem Agenten eingehen wird, der beispielsweise das vom Prinzipal gewunschte Leistungsvermogen besitzt. Im zeitlichen Ablauf einer Prinzipal-Agent-Beziehung kann dieser Typ der Informationsasymmetrie wie folgt beriicksichtigt werden (siehe auch Abbildung 4). Der Prinzipal bietet dem Agenten den Vertrag an (ti), ohne iiber die Eigenschaften des Agenten informiert zu sein. Wenn der Agent der Vertragsofferte des Prinzipals zustimmt (t2), dann wahlt der Agent eine Aktion aus (ts), die vom Prinzipal beobachtet werden kann. AnschlieBend wird die exogene StorgroBe realisiert (tsv^). Nachdem das Ergebnis des Auftrags bekannt ist und von Prinzipal und Agent beobachtet wird (t4), wird der Agent vom Prinzipal vereinbarungsgemaB entlohnt (t5).

Prinzipal btetet dem Agenten den Vertrag an (Eigenschaften unbeobachtbar fur Prinzipal)

V^

v~Agent entschei--V" det iiber den angebotenen

Agent wahlt Aktion aus

Vertrag

y^

.A^

V"

Realisiemng derexogenen StorgroGe

Aktionsdurchfuh-

rung ist beendet und Ergebnis ist bekannt

Agent ertialt das vereinbarte Entgelt

A^

Abbildung 4: Zeitlicher Ablauf einer Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Characteristics ^

2.1.52.2

Hidden Action

Bei Hidden Action^^^ kennt der Prinzipal die Praferenzen, das Leistungsvermogen, den Reservationsnutzen des Agenten sowie dessen Erwartungsurteil bezuglich der exogenen StorgroBe. AuBerdem ist dem Prinzipal die Transformationsbeziehung zwischen Input (Aktion des Agen-

89)

22

Vgl. fur eine ahnliche Darstellung Jost (2001), S. 28. Fiir diese Abbildung und die Abbildung 5 auf S. 23 und Abbildung 6 auf S. 24 wird folgende Konvention vereinbart: Das (Die) beziehungsrelevante(n) Merkmal(e), auf das (die) sich der Informationsnachteil des Prinzipals bezieht, wird (werden) explizit hervorgehoben. Die beziehungsrelevanten Merkmale, die der Prinzipal zu beobachten vermag und bezuglich derer eine symmetrische Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent vorliegt, werden hingegen nicht explizit gekennzeichnet. Vgl. zum Begriff „Hidden Action" z.B. Jost (2001), S. 25 f.

ten und exogene StorgroBe) und Output (Ergebnis) bekannt. Allerdings vermag der Prinzipal die Aktion des Agenten und die Auspragung der exogenen StorgroBe nicht zu beobachten. Da neben der Aktion des Agenten auch die exogene StorgroBe das Auftragsergebnis beeinflusst, besteht kein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Ergebnis und der Aktion des Agenten. Daher kann der Prinzipal von der Beobachtung des Ergebnisses nicht auf die Aktion des Agenten schlieBen. Ebenso wenig kann der Prinzipal von der Beobachtung des Ergebnisses eine Schlussfolgerung iiber die Auspragung der realisierten exogenen StorgroBe Ziehen.

v Prinzipal bietet dem Agenten denVertragan

Agent entscheidetuberden angebotenen Vertrag

Agentwahlt Aktion aus (unbeobachtbar fur Prinzipal)

->^

A

• V Realisierung derexogenen StorgroOe (unbeobachtbar fiir Prinzipal)

"V

Alctionsdurchfuhrung ist beendet und Ergebnis istbelcannt

A.

Zeit

Agent erhalt das vereinbarte Entgelt

>\^

Abbildung 5: Zeitlicher Ablauf einer Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action ^ Hidden Action wirkt sich folgendermaBen auf den zeitlichen Ablauf einer Prinzipal-AgentBeziehung aus (siehe Abbildung 5): Der Prinzipal bietet dem Agenten einen Vertrag an (ti), iiber den der Agent entscheidet (t2). Wenn der Agent den Vertrag annimmt, dann wahlt der Agent vor der Realisierung der exogenen StorgroBe eine Aktion aus (ts), die dem Prinzipal verborgen bleibt. AnschlieBend wird die exogene StorgroBe realisiert (tsv!), die der Prinzipal ebenfalls nicht zu beobachten vermag^^\ Die Aktion des Agenten fiihrt gemeinsam mit der exogenen StorgroBe zum Ergebnis der Auftragsdurchfuhrung (t4) und der Agent wird entsprechend den Vereinbarungen im Vertrag entlohnt (is).

2.1.5.23

Hidden Information

Bei Hidden Information^^^ bezieht sich die Informationsasymmetrie nur auf die Auspragung der exogenen StorgroBe. Zwar kann der Prinzipal die Aktion des Agenten beobachten. Jedoch bleibt ihm die Auspragung der exogenen StorgroBe verborgen, da er selbst vom unmittelbaren Kontext der Aufgabendurchfuhrung entfemt ist. Da der Prinzipal die Auspragung der exogenen StorgroBe nicht beobachten kann, ist es dem Prinzipal nicht moglich einzuschatzen, ob sich der Agent in seinem Interesse eingesetzt hat.

90) 91) 92)

Vgl. fur eine ahnliche Darstellung Jost (2001), S. 27. Vgl. Hartmann-Wendels (1991), S. 147; Spremann (1990), S. 571. Vgl. zum Begriff „Hidden Information" Jost (2001), S. 30 f.

23

Dariiber hinaus lieBe sich sogar vorstellen, dass der Prinzipal die Auspragung der exogenen StorgroBe beobachten kann, aber die hierdurch gewonnene (Beobachtungs-) Information iiber die exogene StorgroBe wegen fehlenden Hintergrundwissens oder wegen unzureichender Informationsverarbeitungskapazitat nicht hinsichtlich der Beurteilung der Aktion des Agenten zu verarbeiten vermag.

^r• Prinzipal bietet dem Agenten den Vertrag an

^^

Agent entscheidet Qber den angebotenen Vertrag

^^

Realisieoing der exogenen StOrgrO&e (unbeobachtbar fur Prinzipal)

Agent wdhit Aktion aus

^T"

^r"

AI(tionsdurchfuhrung ist beendet und Ergebnis ist bekannt

Agent erhait das vereinbarte Entgelt

.y^

Abbildung 6: Zeitlicher Ablauf einer Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Information ^ Im zeitlichen Ablauf der Prinzipal-Agent-Beziehung wird die Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent hinsichtlich der exogenen StorgroBe folgendermaBen beriicksichtigt (siehe Abbildung 6): Bei der Vertragsofferte seitens des Prinzipals weisen Prinzipal und Agent noch den gleichen Informationsstand auf (ti). Wenn der Agent den Vertrag annimmt und die Vertragsbeziehung mit dem Prinzipal eingeht (t2), dann kann der Agent vor der Auswahl einer Aktion die Auspragung der exogenen StorgroBe beobachten (t2i/2). Mit dieser Information iiber die Auspragung der exogenen StorgroBe wahlt der Agent seine Aktion aus (ts). Nach der Realisierung des Ergebnisses (t4) erhait der Agent vom Prinzipal das vertraglich vereinbarte Entgelt (ts).

2.2

Prinzipal-Agent-Probleme

2.2.1

Uberblick iiber die Prinzipal-Agent-Probleme

Aufgrund des Interessenskonflikts, der Umweltunsicherheit und der Informationsasymmetrie ist der Prinzipal dem Risiko ausgesetzt, innerhalb der Vertragsbeziehung systematisch vom

93)

24

Vgl. fur eine ahnliche Darstellung Jost (2001), S. 30.

(opportunistischen) Agenten ausgenutzt zu werden^'^l Diese Gefahr wird als Prinzipal-AgentProblem bezeichnet. Wenn zwischen Prinzipal und Agent Interessensharmonie herrscht, dann spielen die Umweltunsicherheit und die Informationsasymmetrie^^^ keine RoUe. Denn der Prinzipal muss in diesem Fall nicht ein opportunistisches Verhalten des Agenten befiirchten: Aufgrund der Interessensharmonie wird der Agent seine Entscheidungen immer im Sinne des Prinzipals treffen. Wenn zwar ein Interessenskonflikt zwischen Prinzipal und Agent voriiegt und Unsicherheit liber die Einfliisse der Umwelt existiert, jedoch der Prinzipal die Eigenschaften und die Aktion des Agenten sowie die Auspragung der exogenen StorgroBe beobachten kann und wegen dieser Beobachtbarkeit aller beziehungsrelevanten Merkmale keine asymmetrische Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent voriiegt, dann entstehen aberaials keine Prinzipal-Agent-Probleme. Der Prinzipal wird mit einem Agenten eine Vertragsbeziehung dann eingehen, wenn dieser Agent z.B. das vom Prinzipal geforderte Leistungsvermogen besitzt und der Prinzipal wird diesem Agenten durch eine explizite Handlungsnorm^^^ eine bestimmte, seinerseits erwiinschte Aktion vorschreiben. Der Agent wird nur dann eine Entgeltung vom Prinzipal erhalten, wenn der Agent die vom Prinzipal gewiinschte Aktion tatsachlich auswahlt. Andemfalls wird der Agent negativ sanktioniert. Wenn keine Unsicherheit iiber die Umwelteinflusse besteht, dann sind die asymmetrische Informationsverteilung und der Interessenskonflikt zwischen Prinzipal und Agent nicht problematisch. Denn in diesem Fall wird das Ergebnis der Auftragsdurchfiihrung nicht durch die exogene StorgroBe „verzerrt". Da dem Prinzipal die Transformationsbeziehung zwischen der Aktion des Agenten und dem Ergebnis der Auftragsdurchfiihrung bekannt ist, kann der Prinzipal z.B. im Fall von Hidden Action von der Beobachtung des realisierten Ergebnisses auf die Aktion des Agenten schlieBen. Der Prinzipal wird dem Agenten abermals durch eine explizite Handlungsnorm eine Aktion vorschreiben und ihn negativ sanktionieren, wenn der Agent diese Aktion nicht auswahlt. Falls eine „nicht-degenerierte" Prinzipal-Agent-Beziehung voriiegt, wenn also tatsachlich ein Interessenskonflikt zwischen Prinzipal und Agent besteht und wenn tatsachlich Unsicherheit iiber den Einfluss der Umwelt auf das Ergebnis der Auftragsdurchfiihrung existiert, dann lasst

94)

95) 96)

Durch das systematische Ausnutzen erleidet der Prinzipal Nutzenverluste. Als MaBstab fiir den Nutzenverlust wird innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie das Nutzenniveau herangezogen, das der Prinzipal in einer fiktiven Vertragsbeziehung bei Interessensharmonie, deterministischen Ergebnissen oder Informationssymmetrie erreichen konnte; vgl. dazu Kapitel 3.2.1 i.V.m. Kapitel 3.2.2. Im Gegensatz zur Betonung des Nutzenentgangs gegeniiber einer fiktiven Vertragsbeziehung kann allerdings auch eine andere Perspektive eingenommen werden; vgl. beispielsweise Meinhovel (1999), S. 108 ff. Als MaBstab zieht Meinhovel das (deutlich niedrigere) Nutzenniveau des Prinzipals heran, das er dann erreicht, wenn er keine Vertragsbeziehung mit dem Agenten eingeht. In diesem Fall sind die Gefahren, die aus der asymmetrischen Informationsverteilung und dem Interessenskonflikt resultieren, weitaus weniger problematisch. Denn der Prinzipal kann trotz des opportunistischen Verhaltens des Agenten einen positiven (Netto-) Nutzen aus der Vertragsbeziehung mit dem Agenten erreichen. Daher wurde in dieser Untersuchung strikt zwischen den Informationsasymmetrien und den PrinzipalAgent-Problemen getrennt. Vgl. Kapitel 3.2.1. Dort wird als explizite Handlungsnorm der so genannte Forcing Contract besprochen.

25

sich jede Informationsasymmetrie genau einem der folgenden Prinzipal-Agent-Probleme zuordnen, aber nicht umgekehrt^^.

2.2.2

Adverse Selection

Bei Hidden Characteristics ist der Prinzipal mit dem Problem der Adverse Selection^^^ („negative Auslese") konfrontiert: Wenn der Prinzipal dem Agenten einen Vertrag anbietet, der auf einen durchschnittlichen Agenten zugeschnitten ist, dann muss der Prinzipal befurchten, dass ein Agent mit schlechten Eigenschaften seine privaten Informationen iiber seine Eigenschaften verheimlicht und einen Agenten mit guten Eigenschaften nachahmt. Ein Agent mit guten Eigenschaften wird hingegen die Vertragsbeziehung mit dem Prinzipal nicht eingehen, da der Vertrag auf die Praferenzen eines durchschnittlichen Agenten zugeschnitten ist und daher dem Agenten mit guten Eigenschaften keine ausreichenden Anreize zum Vertragsabschluss bietet. Hierdurch ist der Prinzipal systematisch dem Risiko ausgesetzt, immer mit einem Agenten mit schlechten Eigenschaften eine Vertragsbeziehung einzugehen oder auf die Vertragsbeziehung zu verzichten.

97)

98)

26

Die Umkehrung trifft nicht zu, weil - wie im Folgenden gezeigt wird - dem Moral-Hazard-Problem mit Hidden Action und Hidden Information zwei Informationsasymmetrien zugeordnet sind; vgl. dazu die nachfolgenden Ausfuhrungen zu Moral Hazard in Kapitel 2.2.3. Der Begriff der „Adverse Selection" entstammt aus der „Versicherungstheorie"; vgl. zum Begriff „Adverse Selection" Arrow (1985), S. 40; Jost (2001), S. 27 ff.; Kiener (1990), S. 23 f.; Picot (2002), S. 88 f.; Schauenberg (1998), S. 37 ff.; Spremann (1990), S. 574 f.; Wolff (1995), S. 59 ff. Das Problem der Adverse Selection wurde von Akerlof am Beispiel des Gebrauchtwagenmarkts dargestellt; vgl. Akerlof (1970), S. 489 ff. Auf einem Gebrauchtwagenmarkt kennen die Verkaufer (Agenten) die Eigenschaften der angebotenen Gebrauchtwagen besser als die potenziellen Kaufer (Prinzipale). In der Ausgangsituation des Akerlof-Modells stiftet den Anbietem der „guten" Gebrauchtwagen der erwartete am Markt realisierte Durchschnittspreis einen geringeren Nutzen als die eigene Nutzung. Dies fiihrt dazu, dass die Anbieter „guter" Gebrauchtwagen sich vom Markt zuriickziehen. Wenn sich die Anbieter der „besten" Gebrauchtwagen vom Markt zuriickziehen, dann sinkt die verbleibende Durchschnittsqualitat. Das Zuruckziehen wird von den potenziellen Kaufern antizipiert und in ihrer Vorstellung iiber die Durchschnittsqualitat beriicksichtigt. Letzteres wird wiederum von den Anbietem antizipiert. Je ofter dieses gegenseitige Antizipieren stattfindet, desto schlechter sind die auf dem Markt angebotenen Gebrauchtwagen. Im Extremfall fuhrt dies zu einem Zusammenbruch des Marktes (Marktversagen). Obgleich die Eigenschaften eines Agenten auch die Qualitat der von diesem Agenten angebotenen Gutes umfassen konnen (vgl. hierzu Fn. 87), passt dieses paradigmatische Beispiel fiir Adverse Selection zunachst nicht in die Konzeptualisierung fiir eine Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Characteristics, die in dieser Untersuchung zugrunde gelegt wurde (vgl. Kapitel 2.1.5.2.1). Denn bei Kaufbeziehungen auf der einen und Auftragsbeziehungen auf der anderen Seite handelt es sich um verschiedene Transaktionen. Allerdings lassen sich auch Gemeinsamkeiten erkennen; vgl. Meinhovel (1999), S. 33 ff. Sowohl bei einer Kaufbeziehung als auch bei einer Auftragsbeziehung geht es um eine Vertragsbeziehung zwischen mindestens zwei Akteuren. Es wird zwischen den Akteuren jeweils eine Leistung und eine Gegenleistung unterschieden. Die Kaufpreiszahlung durch den Kaufer (Prinzipal) steht einer Entlohnung durch den Auftraggeber (Prinzipal) grundsatzlich gleich. Die Unterschiede ergeben sich jedoch in der Gegenleistung hierfiir, der Verpflichtung zur Ubertragung der Eigentumsrechte durch den Verkaufer (Agent), verglichen mit der Durchfiihrung des Auftrages durch den Auftragnehmer (Agent). Eine „Passung" zwischen diesem Beispiel fiir Adverse Selection und der in dieser Untersuchung zugrunde gelegten Konzeptualisierung fiir eine Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Characteristics kann durch eine hinreichende Abstraktion des zeitlichen Ablaufs einer Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Characteristics erreicht werden. Hierzu wird der Begriff der Aktion des Agenten als Akt der Ubertragung der Eigentumsrechte an dem Gut verstanden.

2.2.3

Moral Hazard

Bei Hidden Action ist der Prinzipal dem Moral Hazard^^^ („moralisches Risiko") ausgesetzt. Da neben der Aktion des Agenten auch eine vom Prinzipal unbeobachtbare exogene StorgroBe das Ergebnis der Durchfuhrung eines Auftrags beeinflusst, kann der Prinzipal von der Beobachtung des (Auftrags-) Ergebnisses nicht auf die Aktion des Agenten schlieBen (Riickschlussproblem). Dadurch entsteht fur den Agenten ein „diskretionarer Handlungsspielraum"^^^\ Zwar kennt der Prinzipal die Transformationsbeziehung zwischen Input (Aktion und exogene StorgroBe'^^^) und Output (Ergebnis), jedoch kann der Prinzipal vom Output nicht auf den Input (Aktion) des Agenten schlieBen. Unter diesen Bedingungen kann der Agent die ihm iibertragenen Entscheidungsrechte ausnutzen, um seine personlichen Interessen zu verfolgen, indem er seine Aktion als Input reduziert. Aufgrund seiner opportunistischen Zielsetzung wird der Agent sich beispielsweise fur eine Aktion entscheiden, die nicht im Interesse des Prinzipals ist. Ein schlechtes Ergebnis als Konsequenz der Leistungszuriickhaltung kann der Agent mit Verweis auf die ungiinstige Realisierung der exogenen StorgroBe rechtfertigen. Da das Auftragsergebnis sowohl von der Aktion des Agenten als auch von der exogenen StorgroBe beeinflusst wird, kann der Prinzipal nicht beurteilen, ob der Agent sich tatsachlich im Interesse des Prinzipals eingesetzt hat. Im Extremfall wird der Agent die Durchfuhrung des Auftrags voUstandig einstellen, ohne dabei mit (negativen) Sanktionen seitens des Prinzipals rechnen zu mussen. Ebenso wie bei Hidden Action ist der Prinzipal bei Hidden Information mit Moral Hazard konfrontiert: Der Prinzipal kann von einem fur ihn schlechten Ergebnis der Auftragsdurchfuhrung nicht auf die Aktion des Agenten als Ursache der Ergebnisschlechtheit zuriickschlieBen, weil das schlechte Ergebnis von der beobachteten Aktion des Agenten und der unbeobachteten exogenen StorgroBe gemeinsam verursacht wird. Daher ist eine kausale Zurechenbarkeit der Qualitat des Ergebnisses auf die vom Agenten gewahlte Aktion unmoglich (Zurechnungsproblem). Der Agent kennt bei Hidden Information die ReaHsierung der StorgroBe zum Zeitpunkt XVA und wahlt mit dieser Information die Aktion aus, die seinen opportunistischen Interessen am besten entspricht. Wenn spater das Ergebnis der Auftragsdurchfiihrung feststeht und vom Prinzipal als schlecht beurteilt wird, dann hat der Agent wegen der Unbeobachtbarkeit der Auspragung der exogenen StorgroBe fur den Prinzipal die Moglichkeit zu behaupten, dass das schlechte Ergebnis auf die StorgroBe und nicht auf seine Aktion zuriickzufiihren ist. Da der Prinzipal die StorgroBe nicht beobachten kann und das Wissen des Agenten iiber die Realisie99)

100) 101)

Der Begriff ,>loral Hazard" stammt ebenso wie der BegrifF„Adverse Selection" aus der „Versicherungstheorie". Dort bezeichnet Moral Hazard die Gefahr des Versicherungsgebers (Prinzipal), dass die Versicherungsnehmer (Agent) nach Eingehen einer Versicherungsbeziehung ihrear Sorgfaltspflicht nicht nachkommen und dadurch dem Versicherungsgeber Nachteile entstehen; vgl. zum BegrifF „Moral Hazard" Amott (1988), S. 383 ff.; Arrow (1985), S. 38 f; Jost (2001), S. 27 ff.; Picot (2002), S. 89; Schauenberg (1998), S. 40; Wolff (1995), S. 50 u. 95. Vgl. Klinkert (1999), S. 121 u. 123 ff. Die stochastische Beziehung zwischen der Aktion des Agenten und dem Ergebnis ist allerdings nicht notwendig fiir das Ruckschlussproblem des Prinzipals. Wenn beispielsweise der Prinzipal einen Aufbrag an eine Gruppe von Agenten delegiert („Teamproduktion"), dann entsteht auch dann ein Riickschlussproblem, wenn kein stochastischer Einfluss auf das Ergebnis einwirkt. Vielmehr resultiert ein Riickschlussproblem dann dadurch, dass der Prinzipal das Ergebnis nicht auf die Aktionen der einzelnen Agenten zuriickfuhren kann.

27

rung der exogenen StorgroBe dem Prinzipal qua Voraussetzung verborgen bleibt, kann der Prinzipal die oben angegebene ,3ntschuldigungs"-Argumentation des Agenten nicht zuriickweisen und muss den Agenten trotz schlechten Ergebnisses entgelten, da der Agent fur die StorgroBenrealisierung nicht verantwortlich gemacht werden kann.

23

Ausgewahlte Losungsansatze zur Reduzierung der Prinzipal-Agent-Probleme

2.3.1

Uberblick uber die Losungsansatze

Zur Reduzierung der Prinzipal-Agent-Probleme konnen unterschiedliche Losungsansatze implementiert werden. Dabei kommen alle Losungsansatze in Betracht, die dazu beitragen, die Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent zu reduzieren oder eine Interessensangleichung zwischen ihnen herzustellen^®^^. Bei der Interessensangleichung ist allerdings ausgeschlossen, dass der Prinzipal die Praferenzen des Agenten beeinflusst. Aus der Perspektive der Prinzipal-Agent-Theorie sind die Praferenzen des Agenten fiir den Prinzipal exogen vorgegeben und nicht manipulierbar^^^l In der iiberwiegenden Anzahl handelt es sich bei den Losungsansatzen zur Reduzierung der Prinzipal-Agent-Probleme um vertragliche Losungsansatze: Der Prinzipal beriicksichtigt bei der Vertragsgestaltung das opportunistische Verhalten des Agenten und nimmt bestimmte Losungsansatze in den Vertrag auf, um daher zukiinftigen Prinzipal-Agent-Problemen zu begegnen. In diesem Sinn kann ein Vertrag als die „beste" Antwort des Prinzipals gedeutet werden, um die Konsequenzen der asymmetrischen Informationsverteilung bei Umweltunsicherheit und Interessenskonflikt zu reduzieren^^^ Die Initiative zur Reduzierung der Informationsasymmetrie kann allerdings auch vom Agenten ausgehen. Fur ihn kann es unter bestimmten Bedingungen vorteilhaft sein, eine symmetrische Informationsverteilung zwischen ihm und dem Prinzipal herzustellen. Da der Agent weder das Vertragsvorschlagsrecht besitzt noch die Moglichkeit hat, auf eine Vertragsofferte des Prinzipals mit einem Gegenangebot zu reagieren, stehen ihm ausschlieBlich nicht-vertragliche Losungsansatze zur Verfugung.

102)

103) 104)

28

Es ist auch denkbar, dass der Prinzipal Mafinahmen ergreift, um die Umweltunsicherheit zu vermindem. Der Prinzipal konnte beispielsweise den Einfluss der exogenen StorgroBe auf das Auftragsergebnis durch die Einfiihrung einer neuen „Technologie" reduzieren. Hierdurch kann der Prinzipal das Moral-HazardProblem losen. Denn der Prinzipal ware nicht mit einem Riickschlussproblem (Hidden Action) und einem Zurechnungsproblem (Hidden Information) konfrontiert. Dieser Aspekt wird allerdings innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie nicht diskutiert. Stattdessen beziehen sich die Losungsansatze ausschlieBIich auf die Reduzierung der Informationsasymmetrie und des Interessenskonflikts zwischen Prinzipal und Agent. Dies folgt unmittelbar aus der Annahme, dass der Agent konstante und daher nicht manipulierbare Praferenzen besitzt. Vgl. Schweizer (1999), S. 6.

Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie werden den jeweiligen Prinzipal-Agent-Problemen verschiedene problemspezifische Losungsansatze zugeordnet^^^l Um die Gefahr der Adverse Selection zu verringem, werden als Losungsansatze beispielsweise das Screening und das Signaling diskutiert. Zur Reduzierung von Moral Hazard kann der Prinzipal z.B. sowohl einzeln als auch in Kombination A/ire/z-, Kontroll- und Informationssysteme implementieren.

2.3.2

Losungsansatze zur Reduzierung von Adverse Selection

2.3.2.1

Screening

Unter Screening^^^ versteht man die vertraglichen und nicht-vertraglichen Losungsansatze, die der Prinzipal ergreift, um sein Informationsdefizit beziiglich der Eigenschaften des Agenten vor Vertragsabschluss abzubauen. Der Prinzipal kann vor Vertragsabschluss beispielsweise versuchen, Informationen iiber GroBen zu erhalten, die einen Riickschluss auf die tatsachlichen Eigenschaften des Agenten ermoglichen. Hierzu gehoren beispielsweise Qualitatspriifungen und Leistungstests^^^\ Beim Screening besteht allerdings das Problem, aussagefahige Merkmale zu identifizieren, die tatsachlich einen Riickschluss auf die Eigenschaften des Agenten erlauben (Informationsbeschaffiingsproblem). Daneben ist eine Entscheidung iiber die Genauigkeit der Messung der identifizierten Merkmale erforderlich. Dabei miissen die mit der Erhohung der Genauigkeit anfallenden „Screening-Kosten" dem zusatzlichen Nutzen des Prinzipals aufgrund praziser Informationen gegeniibergestellt werden (Infonnationsbewertungsproblem)^^^l Die Sichtweise von Screening als Problem der Informationsbeschafftmg und -bewertung findet innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie wenig Beachtung^^l Vielmehr wird auf das Screening in Form von Self-Selection^^^^ fokussiert.

105)

106) 107) 108) 109) 110)

Vgl. fiir eine Ubersicht iiber mogliche Ansatze zur „Eindammung" von Adverse Selection und Moral Hazard Ebers (2001), S. 214 f.; Jost (2001), S. 28 f.; Petersen, T. (1993), S. 280 f.; Picot (1995), Sp. 17 ff.; Picot (2002), S. 91 ff.; Saam (2002), S. 31 ff.; Schauenberg (1998), S. 41 f.; Spremann (1990), S. 575 ff.; Wolff (1995), S. 59 ff. Vgl. zum Screening Backes-Gellner (2001), S. 397 f.; Jost (2001), S. 28 f.; Picot (2002), S. 99 f.; Schauenberg (1998), S. 40 ff.; Scholtis (1998), S. 48 ff. Vgl. Backes-Gellner (2001), S. 397; Scholtis (1998), S. 48. Vgl. Schauenberg (1998), S. 41. Vgl. Scholtis (1998), S. 49. Vgl. zur Self-Selection Atkinson (1976), S. 56 f.; Bester (1985), S. 850; Chaney (2004), S. 53 ff.; Cooper (1984), S. 569 ff.; Jost (2001), S. 28 f.; Scholtis (1998), S. 49 ff.; Stiglitz (1973), S. 294, Stiglitz (1975), S. 293 ff. In der Literatur werden Screening und Self-Selection mitunter als zwei unabhangige Ansatze zur Reduzierung von Adverse Selection besprochen; vgl. z.B. Picot (2002), S. 99 ff. Im Gegensatz dazu wird in dieser Untersuchung Self-Selection als ein Unterfall von Screening betrachtet. Denn als Screening werden alle Losungsansatze seitens des Prinzipals angesehen, um die vorvertragliche Informationsasymmetrie zulasten des Prinzipals beziiglich der Eigenschaften des Agenten zu reduzieren. In diesem Sinn gehort hierzu neben der Identifikation aussagefahiger Merkmale seitens des Prinzipals, die einen Riickschluss auf die Eigenschaften des Agenten erlauben, auch die Gestaltung von Vertragen seitens des Prinzipals, um von der Vertragsauswahl des Agenten auf die Eigenschaften des Agenten zu schlieBen (siehe die nachfolgenden Ausfiihrungen zur Self-Selection); vgl. zu dieser Auffassung Scholtis (1998), S. 49.

29

Bei der Gewinnung von Informationen iiber die Eigenschaften des Agenten kann der Prinzipal das eigenniitzige Verhalten des Agenten ausnutzen. Das eigennutzige Verhalten des Agenten kann eine Situation herbeifiihren, bei der der Agent entweder seine Eigenschaften direkt „offenbart" oder einen Riickschluss auf seine tatsachlichen Eigenschaften ermoglicht. Wenn der Prinzipal dem Agenten bewusst mehrere Vertragsaltemativen anbietet, aus denen sich der Agent die fiir ihn (Erwartungs-) nutzenmaximale Vertragsaltemative aussuchen kann, dann wird von Self-Selection gesprochen. Angenommen, der Prinzipal bietet dem Agenten eine Menge von Vertragen zur Auswahl an („Menu" von Vertragen). Bei dem ersten Vertrag erhalt der Agent ausschlieBlich ein Fixgehalt, bei dem zweiten Vertrag hingegen ein niedriges Fixgehalt mit einem hohen Anteil am Ergebnis (Pramienanteil). Der Prinzipal kann von der Vertragsentscheidung des Agenten Riickschliisse auf die Eigenschaften des Agenten, wie z.B. seine Leistungsmotivation, ziehen. Ein Agent mit einer hohen Leistungsmotivation wird eher zu einem Vertrag tendieren, bei dem er ein niedriges Fixgehalt mit einem hohen Anteil am Ergebnis erhalt. Denn aufgrund seiner hohen Leistungsmotivation kann der Agent ein hohes Ergebnis realisieren und somit eine hohe Pramie erreichen. Dadurch wird ein Agent mit hoher Leistungsmotivation einen hoheren (Erwartungs-) Nutzen erzielen als durch einen Vertrag mit nur einem Fixgehalt. Damit der Prinzipal von der Vertragsentscheidung des Agenten auf seine Eigenschaften schlussfolgem kann, muss der Agent zum einen aus der Menge der ihm angebotenen Vertrage tatsachlich die fiir ihn (Erwartungs-) nutzenmaximale Vertragsaltemative auswahlen. Zum anderen miissen dem Prinzipal die „Typen" von Agenten bekannt sein. Erst wenn beide Bedingungen gleichzeitig erfiillt sind, dann ist es ihm moglich, von der Vertragsauswahl des Agenten auf seine Eigenschaften zu schlieBen.

2.3.2.2

Signaling

Neben der aktiven Aufdeckung der Eigenschaften des Agenten seitens des Prinzipals durch das Screening kann auch dor Agent die Initiative ergreifen, um dem Prinzipal im Vorfeld einer Vertragsbeziehung seine Eigenschaften preiszugeben. Im Gegensatz zum Screening iibernimmt beim Signaling der Agent die Initiative und die Kosten zur Reduzierung der Informationsasymmetrie beziiglich seiner Eigenschaften^ ^^\ Bei Hidden Characteristics sind dem Prinzipal die Eigenschaften des Agenten nicht bekannt. Dies fiihrt dazu, dass der Prinzipal nur zu einer Kooperation zu durchschnittlichen Vertragskonditionen bereit ist^^^\ Die Agenten mit guten Eigenschaften haben aber ein Interesse daran, sich von den restlichen Agenten positiv abzuheben. Denn sie leiden daran, dass die Agenten mit schlechten Eigenschaften ebenso auf dem Markt ihre Leistungen anbieten. Wenn es bestimmte Merkmale gibt, deren Auspragungen mit den Auspragungen der den Prinzipal inte-

rn) 112)

30

Vgl. Scholtis (1998), S. 85 ff., zur Unterscheidung zwischen Screening und Signaling. Hierbei handeit es sich um eine typische Argumentation innerhaib der Prinzipal-Agent-Theorie; vgl. zu dieser Argumentation beispielsweise Jost (2001), S. 28. Allerdings folgt aus der Unbestimmtheit der Eigenschaften des Agenten nicht zwangslaufig eine Orientierung am Durchschnitt. Allenfalls konnte mit den Erwartungswerten der Agenteneigenschaften argumentiert werden. Jedoch muss hierfur eine Gleichverteilung oder symmetrische Verteilung der Agenteneigenschaften vorliegen.

ressierenden, aber nicht beobachtbaren Eigenschaften des Agenten korrelieren und einen Ruckschluss auf Letzteres erlauben, dann konnen diese Merkmale zur aktiven Aufdeckung der Auspragungen der nicht beobachtbaren Eigenschaften herangezogen werden. Die Agenten mit guten Eigenschaften konnen dann diese Merkmale als Signale verwenden, urn ihren Angaben iiber die Auspragung ihrer vom Prinzipal nicht beobachtbaren Eigenschaften Glaubwiirdigkeit zu verschaffen und damit bessere Vertragskonditionen zu erlangen. Wenn der besser informierte Agent dem schlechter inforaiierten Prinzipal Inforaiationen (Signal) iiber derartige Eigenschaften sendet, dann wird von Signaling^^^^ gesprochen. Der Prinzipal kann allerdings zunachst nicht davon ausgehen, dass ein Signal Auskunft iiber die tatsachlichen Eigenschaften des Agenten gibt. Denn es besteht immer noch die Gefahr, dass ein Agent mit schlechten Eigenschaften einen Agenten mit guten Eigenschaften nachahmt. Daher werden an ein Signal bestimmte Anfordeningen gestellt^^'*^ damit das Misstrauen des Prinzipals iiberwunden wird: Erstens mussen die Agenten mit guten Eigenschaften einen Anreiz haben, tatsachlich ein Signal zu versenden. Zweitens muss das Versenden eines Signals fur die Agenten mit schlechten Eigenschaften zu teuer sein. Die Reduziening der Inforaiationsasymmetrie durch das Signaling kann an dem Signal ,Ausbildungszertifikat"^^^^ veranschaulicht werden: Die Arbeitplatzbewerber (Agenten) wissen, dass der Arbeitgeber (Prinzipal) unter einem Informationsdefizit bezuglich ihrer Eigenschaften leidet. Da die Arbeitsplatzbewerber eine Vertragsbeziehung mit dem Arbeitgeber eingehen woUen, ergreifen sie die Initiative zur Reduzierung der Informationsasymmetrie. Die Arbeitsplatzbewerber mit guten Eigenschaften haben einen Anreiz, sich durch Investitionen in das Signal,Ausbildungszertifikat" von den Agenten mit den schlechten Eigenschaften abzugrenzen. Fiir den Prinzipal ist das Signal allerdings nur dann wertvoll, wenn zum einen die Arbeitsplatzbewerber mit schlechten Eigenschaften das Ausbildungszertifikat nur mit schlechten Noten erwerben konnen. Zum anderen muss es fiir die Arbeitsplatzbewerber mit schlechten Eigenschaften prohibitiv hohe Kosten verursachen, trotz ihrer schlechten Eigenschaften an Ausbildungszertifikate mit guten Noten zu gelangen. In diesem Fall ist aus der Sicht des Prinzipals ein Separieren der guten Agenten von den schlechten Agenten moglich.

113) 114) 115)

Vgl. zum Signaling Jost (2001), S. 29 f.; Lambert (2001), S. 47; Picot (2002), S. 98 f.; Schumacher (2004), S. 1116 ff.; Schweizer (1999), S. 27 f.; Spence (1973), S. 358 ff.; Spence (1976), S. 53 ff. Vgl. Schauenberg (1998), S. 38 f. Vgl. Spence (1973), S. 358 ff.

31

2.3.3

Losungsansdtze zur Reduzierung von Moral Hazard

2.3.3.1

Anreizsysteme

Zur Reduzierung von Moral Hazard kann der Prinzipal Anreizsysteme^^^^ implementieren. Eine (mogliche) Anreizgestaltung besteht in der Beteiligung des Agenten am (Auftrags-) Ergebnis. Je hoher die Beteiligung des Agenten am Auftragsergebnis ist, desto starker ist der Agent motiviert, die Interessen des Prinzipals zu beriicksichtigen^^^. Daher ist eine Beteiligung des Agenten am Ergebnis dazu geeignet, die Interessen von Prinzipal und Agent aufeinander abzustimmen und somit den Interessenskonflikt zu reduzieren. Dies betrifft Prinzipal-AgentBeziehungen sowohl bei Hidden Action als auch bei Hidden Information. Bei einer Beteiligung des Agenten am Auftragsergebnis wird der Agent entweder vor der Realisierung der exogenen StorgroBe (bei Hidden Action) oder mit Kenntnis iiber die realisierte exogene StorgroBe (bei Hidden Information) diejenige Aktion auswahlen, die zu einem hohen (Auftrags-) Ergebnis fuhrt. Denn aufgrund der Beteiligung am Auftragsergebnis wird der Agent bei einem hohen Ergebnis eine hohe Entgeltung vom Prinzipal erhalten. Da der Prinzipal an einem hohen Ergebnis interessiert ist, fiihrt eine Beteiligung am Auftragsergebnis dazu, dass die Erfiillung der Ziele des Prinzipals auch dem Agenten dient. Durch die Reduzierung des Interessenskonflikts sinkt auch gleichzeitig der Bedarf des Prinzipals nach Informationen iiber das Leistungsverhalten^^^^ des Agenten oder die Auspragung der exogenen StorgroBe. Allerdings muss der Prinzipal bei der Gestaltung der Zahlungsregel auch Aspekte der Risikoallokation beriicksichtigen. Denn das Ergebnis ist nicht nur auf das Leistungsverhalten des Agenten zuriickzufiihren, sondem auch auf die exogene StorgroBe, die vom Agenten nicht beeinflusst werden kann. Dadurch ist der Auftrag fiir den Agenten und somit eine ergebnisabhangige Zahlung an ihn mit Risiko verbunden. Wenn der Agent risikoavers ist, dann wird der Agent fiir die Ubemahme des Risikos eine Pramie in Form einer hoheren Zahlung verlangen. In diesem Fall muss bei der optimalen Gestaltung der ergebnisabhangigen Zahlung beriicksichtigt werden, dass die beiden Teilziele - Anreizwirkung auf der einen und Risikoallokation auf der anderen Seite - in einem Konkurrenzverhaltnis zueinander

116)

Vgl. zu Anreizsystemen beispielsweise Aseff (2003), S. 3 ff.; Holmstrom (1979), S. 75 ff.; Holmstrom (1982), S. 326 ff.; Holmstrom (1985), S. 405 ff.; Holmstrom (1986), S. 838 ff.; Holmstrom (1987), S. 306 ff.; Holmstrom (1999), S. 171 ff.; Grossman (1983), S. 10 ff.; Kiener (1990), S. 35 ff.; Lambert (1983), S. 442 ff.; Lambert (1986), S. 71 ff.; Ma (1988), S. 556 ff.; MacDonald (1984), S. 418 ff.; Petersen, T. (1993), S. 281 ff.; Rasmusen (1987), S. 429 ff.; Rogerson (1985a), S. 80 ff.; Ross (1973), S. 134 ff.; Shavell (1979), S. 57 ff.; Slade (1996), S. 468 ff.; Spremann (1990), S. 581 ff.; Wang (1997), S. 75 ff.; Zhou (2003), S. 668 ff. Anreizsysteme wurden bereits oben als Ansatze zur Losung der Adverse Selection angesprochen. Durch die Gestaltung von einem Menii von Vertragen kann der Prinzipal die vorvertragliche Informationsasymmetrie zwischen ihm und dem Agenten reduzieren. Hier werden Anreizsysteme als Regelung zur Reduzierung von Moral Hazard diskutiert. Dabei wird zwdschen Prinzipal und Agent eine Interessensangleichung hergestellt. Anreizsysteme lassen sich somit sowohl zur Reduzierung von Adverse Selection als auch von Moral Hazard einsetzen. Aber sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Wirkungsweise, weil sie einmal die vorvertragliche Informationsasymmetrie reduzieren (bei Adverse Selection), das andere Mai die Interessenskonflikte reduzieren (bei Moral Hazard). 117) Vgl. Ebers (2001), S. 214 f.; Eisenhardt (1989), S. 60. 118) Die Konstrukte „Leistungsverhalten" und „Aktion" werden in dieser Untersuchung als Synonyme gebraucht.

32

stehen^^^l Aus der Perspektive der Risikoallokation ware es optimal, wenn der Prinzipal das gesamte Risiko ubemimmt und der risikoaverse Agent hingegen eine fixe und daher risikounabhangige Zahlung erhalt. Diese Losung ist allerdings hinsichtlich der Anreizwirkung unbefriedigend. Denn bei einer fixen Zahlung besteht fiir den Agenten kein Anreiz, einen hohen Arbeitseinsatz zu leisten. Daher muss der Prinzipal dem Agenten am Ergebnis beteiligen und ihm somit einen Teil des Ergebnisrisikos iibertragen. Wenn die Anreizwirkung steigt, dann verandert sich die Risikoallokation zulasten des risikoaversen Agenten. Denn dem risikoaversen Agenten wird ein Teil des Ergebnisrisikos iibertragen. Fiir die Ubemahme des Risikos verlangt der Agent eine (Risiko-) Pramie, wodurch sich das Ergebnis des Prinzipals verschlechtert. Daher muss der Prinzipal in diesem Fall einen Kompromiss zwischen optimaler Anreizwirkung und optimaler Risikoallokation finden'^^\

2.3.3.2

Kontrollsysteme

Eine andere Regelung zur Reduzierung von Moral Hazard besteht in der Einrichtung von Kontrollsystemen^^^\ Der Prinzipal kann einen Vertrag gestalten, indem vollstandig spezifiziert ist, wie der Agent im Rahmen der Vertragsbeziehung zu handehi hat. Im Hidden-ActionFall wird der Prinzipal dem Agenten eine Aktion, die den Interessen des Prinzipals am besten entspricht, vertraglich vorschreiben. Hingegen wird der Prinzipal im Hidden-Information-Fall einen voUstandigen „Handlungsplan" spezifizieren, in demfiirjede Auspragung der exogenen StorgroBe festgelegt ist, welche Aktion der Agent auswahlen soil Ob der Agent diese vertraglich fixierten Handlungsvereinbarungen tatsachlich einhalt, wird seitens des Prinzipals selbst oder durch einen Dritten (KontroUeur) iiberpriift und bei Verletzung negativ sanktioniert*^^\ Hierdurch kann die Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent bezugUch der Aktion des Agenten und der exogenen StorgroBe reduziert werden. Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie wird die Wirksamkeit von Kontrollsystemen zur Reduzierung von Moral Hazard als gering betrachtet^^^l Denn zum einen ist die Einrichtung von Kontrollsystemen mit hohen Kosten fiir den Prinzipal verbunden: Entweder iiberpriift der Prinzipal selbst, ob die vertragHch fixierte Handlungsvereinbarung auch tatsachlich eingehalten wird, wodurch ihm Opportunitatskosten fiir seinen Arbeitseinsatz entstehen. Oder der Prinzipal beauftragt einen Dritten mit der Kontrolle, den er entlohnen muss. Zum anderen ist der Prinzipal bei der Delegation der Kontrolle an einen Dritten mit Moral Hazard und Adverse Selection konfi*ontiert: Der Prinzipal ist der Gefahr ausgesetzt, dass der

119) 120) 121)

Vgl. zu diesem Konkurrenzverhaltnis z.B. Holmstrom (1979), S. 77 f.; Kiipper (2001), S. 54. Vgl. dazu die Ausfuhrungen in Kapitel 3 und dort insbesondere in Kapitel 3.2.2. Vgl. zu Kontrollsystemen beispielsweise Antle (1982), S. 505 ff.; Baiman (1987), S. 218 ff.; Dittmann (1999), S. 525 ff.; Kiener (1990), S. 145; Strausz (1997), S. 339 ff. Kontrollsysteme werden mitunter in der Literatur auch als Autoritatssysteme bezeichnet; vgl. Saam (2002), S. 32 f (insbesondere Fn. 13). 122) Hierbei wird vorausgesetzt, dass der Prinzipal oder der KontroUeur das Hintergrundwissen oder die Informationsverarbeitungskapazitat besitzen, um die (Beobachtungs-) Informationen hinsichtlich der Auspragung der exogenen StorgroCe zu verarbeiten. 123) Vgl. Ebers (2001), S. 215.

33

Prinzipal eine Vertragsbeziehung mit einen Kontrolleur mit „schlechten" Eigenschaften eingeht (Adverse Selection) oder der Kontrolleur, der ebenfalls ein Agent des Prinzipals ist, nicht im Interesse des Prinzipals handelt (Moral Hazard). In diesem Zusammenhang ist der Prinzipal auch der Gefahr ausgesetzt, dass es zwischen dem Kontrolleur und dem Agenten zu einer Absprache kommt und der Kontrolleur somit seiner (Kontroll-) Aufgabe nicht im Interesse des Prinzipals nachkommt^^'*^

2.3.3.3

Informationssysteme

Neben Anreiz- und Kontrollsystemen kann der Prinzipal das Moral-Hazard-Problem durch den Einsatz von Informationssystemen^^^^ reduzieren. Durch die Einfiihrung von Informationssystemen kann der Prinzipal seinen Informationsstand iiber das Leistungsverhalten des Agenten oder die exogene StorgroBe verbessem und somit die asymmetrische Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent reduzieren. Je besser der Prinzipal uber das Leistungsverhalten des Agenten oder die exogene StorgroBe informiert ist, umso starker wird der Agent die Interessen des Prinzipals berucksichtigen^^*^^ Wenn der Prinzipal z.B. mit Hilfe eines Informationssystems Wissen iiber die Realisierung der exogenen StorgroBe erlangt, dann ist der Prinzipal im Fall von Hidden Action nicht mit einem Riickschlussproblem konfrontiert. Da dem Prinzipal die Transformationsbeziehung zwischen der Aktion und der exogenen StorgroBe auf der einen Seite und dem Auftragsergebnis auf der anderen Seite bekannt ist, kann der Prinzipal • vom realisierten Auftragsergebnis, die der Prinzipal zu beobachten vermag, und • der exogenen StorgroBe, deren tatsachliche Realisierung der Prinzipal durch das Informationssystem erfahrt, eine Schlussfolgerung iiber die Aktion ziehen, die der Agent tatsachlich ausgewahlt hat. Im Fall von Hidden Information ist der Prinzipal auch keinem Zurechnungsproblem ausgesetzt. Da der Prinzipal das Auftragsergebnis und die Aktion des Agenten problemlos zu beobachten vermag, kann der Prinzipal aufgrund des Wissens uber die Realisierung der exogenen StorgroBe, die der Prinzipal vom Informationssystem erhalt, nun beurteilen, ob der Agent sich im Interesse des Prinzipals engagiert hat. Durch den Einsatz eines Informationssystems kann also die Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent reduziert werden, wodurch die Gelegenheit fiir opportunistisches Verhalten gesenkt wird. Jedoch wird es nicht im Interesse des Agenten sein, eine Gleichverteilung der Informationen herbeizufiihren. Daher bedarf es in der Regel fiir die Implementierung von Informationssystemen auch der zusatzlichen Implementierung von Anreiz- und Kontrollsystemen^^^\

124) 125) 126) 127)

34

Vgl. dazu Kapitel 2.5. Vgl. zu Informationssystemen Arrow (1985), S. 45 f.; Baiman (1994), S. 218 ff.; Bickle (1987), 394 ff.; Firchau (1987), S. 82 ff.; Holmstrom (1979), S. 81 ff.; Kiener (1990), S. 25 ff. Vgl. Eisenhardt (1989), S. 60. Vgl. Ebers (2001), S. 215.

2.4

Intendierte Anwendungen der Prinzipal-Agent-Theorie

2A. 1

Anwendungsgebiete der Prinzipal-Agent-Theorie

Eine Vielzahl von Vertragsbeziehungen in Untemehmen und zwischen Untemehmen kann als Prinzipal-Agent-Beziehungen betrachtet werden. Fiir einen Auftraggeber besteht immer die Gefahr, durch den Interessenskonflikt, die Umweltunsicherheit und die Informationsasymmetrie NutzeneinbuBen zu erleiden. Dies gilt beispielsweise bei einer Vertragsbeziehung innerhalb eines Untemehmens, bei dem ein Vorgesetzter (Prinzipal) das Leistungsverhalten seines Mitarbeiters (Agent) nicht beobachten kann, und in einer Vertragsbeziehung zwischen Untemehmen, bei dem ein Lieferant (Agent) iiber die Eigenschaften seiner Giiter besser informiert ist als sein Abnehmer (Prinzipal). Somit besteht Bedarf fiir vertragliche und nichtvertragliche Losungsansatze, die die Gefahren aus der Informationsasymmetrie oder der Umweltunsicherheit reduzieren oder eine Interessensangleichung herbeifuhren. Das Spektrum der Anwendungsgebiete^^^^ der Prinzipal-Agent-Theorie ist so facettenreich, dass eine erschopfende Aufzahlung im Rahmen dieser Untersuchung nicht moglich ist. Daher wird hier eine Auswahl^^^^ von Anwendungsgebieten dargestellt. AuBerdem wird eine Aufzahlung der Anwendungsgebiete der Prinzipal-Agent-Theorie dadurch erschwert, dass mitunter ein universeller Anwendungsbereich^^^^ der Prinzipal-Agent-Theorie postuliert wird und somit jede Beziehung zwischen zwei Akteuren als eine Prinzipal-Agent-Beziehung betrachtet werden konnte. Ein in der Literatur oft genanntes Anwendungsgebiet der Prinzipal-Agent-Theorie bezieht sich auf Prinzipal-Agent-Probleme, die sich aus der Trennung von Eigentum und Kontrolle ergeben^^^l Wenn der Eigentumer (Prinzipal) eines Untemehmens dessen Fiihmng auf einen angestellten Manager (Agent) iibertragt, dann entsteht fur den Eigentumer das Problem, dem opportunistischen Verhalten des Managers entgegenzuwirken. Aufgmnd ungleicher Interessen, Umweltunsicherheit und asymmetrischer Informationsverteilung zwischen Eigentumer und Manager muss der Eigentiimer beispielsweise im Zusammenhang mit der Einstellung des Managers, seiner Vergutung und seinem Leistungsverhalten damit rechnen, systematisch durch ihn ausgenutzt zu werden. In diesem Zusammenhang liegt ein Ansatz zur Reduziemng der resultierenden Prinzipal-Agent-Probleme in der Implementiemng von Anreizsystemen.

128)

129) 130)

131)

Vgl. fiir eine Ubersicht iiber die Anwendungsgebiete der Prinzipal-Agent-Theorie beispielsweise Ackere (1993), S. 90 ff.; Baiman (1990), S. 344 ff.; Eisenhardt (1989), S. 64 f.; Kiener (1990), S. 20 ff.; Kleine (1995), S. 45 ff.; Petersen, T. (1993), S. 280 f. Die Auswahl der Anwendungsgebiete ist letztendlich subjektiv und erfolgt entsprechend den Praferenzen des Verfassers fiir Anwendungsgebiete, die in der Literatur haufig thematisiert werden. Nach Jensen und Meckling sind Prinzipal-Agent-Beziehungen allgegenwartig: „[...] in all organizations and in all cooperative efforts - at every level of management in firms, in universities, in mutual companies, in cooperatives, in governmental authorities and bureaus, in unions, and in relationships normally classified as agency relationships such as are common in performing arts and the market for real estate." (Jensen (1976), S. 309). Vgl. dazu auch Meinhovel (1999), S. 27 (kritisch). Vgl. zu diesem Anwendungsgebiet beispielsweise Aseff (2003), S. 3 ff.; Beckmann (1987), S. 380 ff.; Fama (1980), S. 289 ff.; Fama (1983a), S. 302 ff.; Fama (1983b), S. 328 ff.; Jensen (1976), S. 307 ff.; Garen (1994), S. 1178 ff.; Holmstrom (1985), S. 405 ff.; Holmstrom (1986), S. 838 ff.; Holmstrom (1999), S. 170 ff.; Ittner (1997), S. 232 ff.; Jensen (1990), S. 225 ff.; Lambert (1986), S. 78 ff.; Lambert (1993), S. 442 f.; Milde (1987), S. 40 ff.; Reichelstein (2000), S. 245 ff.; Rosen (1990), S. 10 ff.; Wang (1997), S. 75 ff.; Witt (2001), S. 86 ff.; Zhou (2003), S. 668 ff.

35

Beispielsweise kann versucht werden, durch ergebnisabhangige Vergiitungssysteme, wie z.B. Erfolgsbeteiligungen (Ertrags-, Gewinn- und Leistungsbeteiligungen) oder Kapitalbeteiligungen (z.B.: Belegschaftsaktien, stille Beteiligungen, Mitarbeiterdarlehen), eine Interessensangleichung zwischen Eigentiimer und Manager herbeizufiihren. Eine andere Regelung zur „Disziplinierung" des Managers besteht in der Einrichtung von KontroUsystemen. Ein Beispiel fiir ein solches Kontrollsystem in der Fiihrung eines Untemehmens ist der Aufsichtsrat. Ihm wird die Aufgabe iibertragen, im Interesse der Eigentiimer den Manager zu iiberwachen und seine Vergiitung festzulegen. SchlieBlich lassen sich durch die Implementierung von Informationssystemen mogliche Prinzipal-Agent-Probleme vermeiden oder die NutzeneinbuBe fur den Prinzipal reduzieren. In diesem Zusammenhang hat die Prinzipal-Agent-Theorie besondere Aufmerksamkeit im Rahmen der Berichterstattung des Managements gegeniiber den Eigentiimem und der Sicherstellung der Glaubwiirdigkeit dieser Informationen durch Wirtschaftspriifer erfahren^^^l Ein anderes Anwendungsgebiet der Prinzipal-Agent-Theorie liegt in der Analyse der Finanzierungspolitik von Kapitalgesellschaften^^^^ Hier stehen Prinzipal-Agent-Beziehungen zwischen dem Eigentiimer eines Untemehmens (Agent) und dem Kapitalgeber (Prinzipal) im Mittelpunkt. Fiir den Kapitalgeber sind mit der Kapitaliiberlassung verschiedene Gefahren verbunden, die aus dem Interessenskonflikt, der Umweltunsicherheit und der Informationsasymmetrie resultieren. Beispielsweise wird der Kapitalgeber nicht den Arbeitseinsatz beobachten konnen, mit dem der Eigentiimer eines Untemehmens seine Investitionen verfolgt, oder er wird nicht den realisierten Erfolg der Investition kennen. Die hieraus resultierende Gefahr der Unterinvestition^^"^^ kann beispielsweise durch anreizkompatible Gestaltung von Finanzierungsvertragen reduziert werden. Ein weiteres Anwendungsgebiet der Prinzipal-Agent-Theorie bezieht sich auf die Gestaltung von Vertragsbeziehungen in Vertriebskanalen^^^l Hier wird beispielsweise der Frage nachgegangen, welche Anreize einem AuBendienstmitarbeiter (Agent) gegeben werden sollten, um ein bestimmtes Leistungsverhalten zu induzieren. Hierbei steht das Problem im Mittelpunkt, dass Informationen uber das Leistungsverhalten des AuBendienstmitarbeiters fiir die Gestaltung von Anreizen nicht zur Verfiigung stehen (Hidden Action). Ebenso werden in diesem Anwendungsgebiet Vertragsbeziehungen zwischen einem Produzenten (Prinzipal) und einem Handler (Agent) hinsichtlich der Gestaltung der Distributionsstruktur analysiert. Dabei bietet der Produzent seine Produkte nicht unmittelbar am (Endprodukt-) Markt an, sondem verkauft sie zunachst an einen Handler. Aufgrund der Informationsasymmetrie zulasten des Produzen132)

Vgl. Antle (1982), S. 505 ff.; Baiman (1987), S. 218 ff.; Ballwieser (1987), S. 328 ff.; Chaney (2004), S. 54 ff.; DeJong (1985a), S. 755 ff.; Dittmann (1999), S. 525 ff.; Ewert (1987), S. 283 ff.; Ewert (1990), S. 12 ff.; Ewert (2000), S. 374 ff.; Ewert (2001), S. 147 ff.; Piot (2001), S. 463 ff. 133) Vgl. Hester (1987), S. 138 ff.; Breuer (1994), S. 292 ff.; Diamond (1984), S. 397 ff.; Gale (1985), S. 650 ff.; Hartmann-Wendels (1991), S. 6 ff.; Hartmann-Wendels (2001), S. 119 ff.; Haugen (1981), S. 630 ff.; Innes (1990), S. 42 ff.; Innes (1993), S. 30 ff.; Krahnen (1987), S. 259 ff.; Swoboda (1987), S. 169 ff. 134) Vgl. zum Problem der Unterinvestition Hartmann-Wendels (1991), S. 285 ff.; Hartmann-Wendels (2001), S. 123 ff. 135) Vgl. zu diesem Anwendungsgebiet der Prinzipal-Agent-Theorie Basu (1985), S. 271 ff.; Bergen (1992), S. 8 ff.; Brickley (1987), S. 401 ff.; Chen (2000), S. 188 ff.; Doherty (1999), S. 227 ff.; Eisenhardt (1988), S. 490 ff.; Ghosh (2000), S. 351 ff.; Hopkinson (1997), S. 833 ff.; Joseph (1999), S. 161 ff.; Kalra (2001), S. 173 ff.; Krafft (1999), S. 121 f.; Krafft (2001), S. 218 f.; Lafontaine (1992), S. 265 ff.; Lafontaine (1996), S. 923 ff.; Lafontaine (1997), S. 1 ff.; Lafontaine (1998), S. 4 ff.; Moorthy (1993), S. 94 ff.; Rosenkranz (2001), S. 244 ff.; Seshadri (2002), S. 356 ff.; Taylor, B.A. (2000), S. 158 ff.

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ten besteht dann das Moral Hazard darin, dass der Handler beispielsweise Serviceleistungen unbeobachtbar fiir den Produzenten anbietet und durchfiihrt. Hingegen tritt Adverse Selection dann auf, wenn der Produzent die Absatzkosten des Handlers nicht kennt. Als vertragliche Losungsansatze zur Reduzierung dieser Prinzipal-Agent-Probleme werden beispielsweise Franchisevertrage diskutiert^^^\ Die Prinzipal-Agent-Theorie wird auBerdem im Bereich der Produktion und Logistik eingesetzt^^^l Beispielsweise werden hier Vertragsbeziehungen zwischen Zulieferem (Prinzipale) und Abnehmem (Agenten) analysiert. Dabei wird untersucht, wie die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Akteure beziiglich ihrer Bestell- und Lagerhaltungspolitiken aufeinander abgestimmt werden konnen. Das Koordinationsproblem zwischen diesen beiden Akteuren wird dadurch erschwert, dass der Prinzipal nicht die Informationen iiber die Lagerhaltungsoder Fehlmengenkosten der Agenten besitzt. Die daraus resultierende Gefahr der Adverse Selection kann durch vertragliche Losungsansatze, wie z.B. Preisnachlasse und Strafzahlungen, gelost werden^^^^. Die Prinzipal-Agent-Theorie wird auBerdem zur theoretischen Fundierung der Aufgaben des Controllings und zur Entwicklung von Instrumenten fiir das Controlling eingesetzt^^^\ Hier lassen sich nicht nur Anwendungen im Bereich der Gestaltung von Berichts- und Budgetierungssystemen, sondem auch im Rahmen der Steuerung von dezentralen Organisationseinheiten, wie z.B. von einem Profit-Center, finden^^>. SchlieBlich finden sich (neuerdings) zahlreiche Anwendungen der Prinzipal-Agent-Theorie im Rahmen des „Software-Engineering"^'*^l Fiir dieses Anwendungsgebiet der PrinzipalAgent-Theorie lassen sich zwei Schwerpunkte ausmachen. Zum einen zeichnet sich der Prozess der Entwicklung, Implementierung und Nutzung von Software in der Regel durch Interessensdivergenzen, Unsicherheit und Informationsasymmetrien aus. Genannt sei hier als Beispiel der Zukauf von Software-Komponenten von extemen Zulieferem, wobei der Zulieferer besser als der Abnehmer iiber die Qualitatseigenschaften seines Produkts informiert ist. In diesem Fall lassen sich durch die Implementierung vertraglicher Losungsansatze die Prinzipal-Agent-Probleme reduzieren. Zum anderen flieBen die Erkenntnisse der Prinzipal-AgentTheorie in die Produkte der Software-Entwicklung ein^'*^^ Im Rahmen der „Verteilten Kiinstlichen Intelligenz" oder Gestaltung von „Multi-Agenten-Systemen" werden artifizielle Akteure (z.B. Softwareagenten) konstruiert, die relativ autonom und eigenniitzig Vertragsbeziehungen mit anderen artifiziellen oder natiirlichen Akteuren eingehen. Insofem konnen die inner-

136) Vgl. Z.B. Rosenkranz (2001), S. 244 ff. u. 251 f. 137) Vgl. beispielsweise Alles (1995), S, 179 ff.; Arya (1993), S. 796 ff.; Baiman (2000), S. 778 f.; Baiman (2001), S. 176 ff.; Cramer (1995), S. 432 ff.; Fandel (2001), S. 273 ff.; Gan (2004), S. 137 ff.; Hemmer (1995), S. 209 ff.; Kaluza (2003), S. 27 ff.; Plambeck (2000), S. 241 ff.; Plambeck (2003), S. 374 ff.; Porteus (1991), S. 1167 ff.; Taylor, C.R. (1997), S. 601 ff.; Ugarte (2000), S. 237 ff. 138) Vgl. beispielsweise Fandel (2001), S. 304 ff. 139) Vgl. Homburg (2001), S. 185 ff.; Kah (1994), S. 69 ff.; Kiipper (2001), S. 46 ff.; Pfaff (2001), S. 359 ff.; Tnimpp (1995), S. 59 ff.; Wagenhofer (1992), S. 640 ff.; Wagenhofer (1994), S. 72 ff. 140) Vgl. Kah (1994), S. 69 ff. 141) Vgl. hierzu Austin (2001), S. 197 ff.; Bahli (2003), S. 212 ff.; Banker (1992), S. 381 ff.; Bhattacherjee (1998), S. 141 ff.; Hann (1996), S. 1048 f.; Keil (2000), S. 636 f.; Uchtenstein (2004), S. 62 f.; Mahaney (2003), S. 1 ff.; Wu (2004), S. 2 ff.; Yost (2002), S. 50 ff. 142) Vgl. hierzu Czap (2000); Kraus (1996).

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halb der Prinzipal-Agent-Theorie entwickelten vertraglichen Losungsansatze auch zur Koordination dieser Vertragsbeziehungen eingesetzt werden.

2.4.2

Anwendungsarten der Prinzipal-Agent-Theorie

Bislang wurde noch nicht analysiert, welche Erkenntnisziele^"^^^ mit der Prinzipal-AgentTheorie verfolgt werden, wenn sie auf die Gebiete (Erfahrungsobjekte) angewendet wird, die im voranstehenden Kapitel 2.4.1 (S. 35 ff.) skizziert wurden. In der Literatur hat sich als Ergebnis der Systematisierungsbestrebungen eine dichotome Klassifizierung der Beitrage zur Prinzipal-Agent-Theorie durchgesetzt^"^^: Die Prinzipal-Agent-Theorie wird in einen „normativen" Zweig und einen „positiven" Zweig unterteilt. Die normative^"^^^ Ausrichtung der Prinzipal-Agent-Theorie wird als jener Zweig betrachtet, der sich (uberwiegend) formalsprachlich^'^^ mit Gestaltungsempfehlungen fiir Losungsansatze zur Koordinierung von Vertragsbeziehungen befasst. Innerhalb der normativen PrinzipalAgent-Theorie wird das Vertragsproblem in der Regel^"^^ als ein Optimierungsproblem des Prinzipals unter Nebenbedingungen entfaltet^'^^^ Entsprechend den Zielen und den Risikopraferenzen von Prinzipal und Agent, ihren Informationsstanden sowie den Erwartungsurteilen beziiglich der exogenen StorgroBe werden diejenigen Losungsansatze empfohlen, die zu einem pareto-optimalen Gleichgewicht fuhren. Ein solches Gleichgewicht zeichnet sich dadurch aus, dass sich weder der Prinzipal noch der Agent durch einen anderen Vertrag besser stellen konnen, ohne dass sich der jeweils andere Kooperationspartner verschlechtert.

143)

In den folgenden Ausfuhrungen geht es ausschlieBlich um die Ziele (Intentionen) der Forschergemeinschaft. Inwieweit diese Ziele tatsachlich erreicht werden, wird in Kapitel 3.3.2 behandelt, wenn auf das iJberprufungsdefizit der Hidden-Action-Modelle naher eingegangen wird. 144) Vgl. zu dieser dichotomen Klassifizierung der Beitrage zur Prinzipal-Agent-Theorie Breid (1995), S. 821 f. (dort insbesondere Abbildung 1); Elschen (1991), S. 1003; Gedenk (1998), S. 24 f.; Kleine (1995), S. 28; Klinkert (1999), S. 145 ff.; Meinhovel (1999), S. 23 ff.; Muller (1995a), S. 72 (Anmerkung 2); Richter (1999), S. 165 f.; Saam (2002), S. 40; Walker (1989), S. 433. Neben dieser dichotomen Klassifizierung werden die Beitrage zur Prinzipal-Agent-Theorie in einen okonomischen und einen finanziellen Zweig unterteilt; vgl. beispielsweise Bamea (1985), S. 25 ff.; Breid (1995), S. 822. 145) Vgl. zur normativen Prinzipal-Agent-Theorie beispielsweise die Beitrage von Arnott (1988); Grossman (1983); Harris (1978); Harris (1979); Holmstrom (1979); Holmstrom (1982); Holmstrom (1987); Holmstrom (1991); Holmstrom (1994); Holmstrom (1999); Laux (1990); Mirrlees (1974); Mirrlees (1976); Mirrlees (1999); Rogerson (1985a); Rogerson (1985b); Ross (1973); Spence (1971); Spence (1973); Spence (1976); Spremann (1987a); Stiglitz (1973); Stiglitz (1975). Vgl. daruber hinaus fur einen Uberblick uber die normative Prinzipal-Agent-Theorie Demougin (2001), S. 45 ff.; Eilers (1998), S. 2 ff.; Kah (1994), S. 37 ff.; Kleine (1995), S. 48 ff.; Kraus (1996), S. 301 ff.; Lambert (2001), S. 7 ff.; Mas-Colell (1995), S. 140 ff.; Rees (1985a); Rees (1985b); Salanie (1997), S. 5 ff.; Schweizer (1999), S. 12 ff. 146) Um Missverstandnissen vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, dass die hier verwendeten Bezeichnungen „formalsprachlich" und spater „natiirlichsprachlich" lediglich dazu dienen, die unterschiedlichen Akzentuierungen der Formulierungsweisen mittels eines kurzen Attributs hervorzuheben. Diese Akzentuierungen schlieBen natiirlich nicht aus, dass die formalsprachlich entfahete Prinzipal-Agent-Theorie ebenso natiirlichsprachliche Formulierungskomponenten umfasst (und umgekehrt). 147) Davon ausgenommen sind die Beitrage zur normativen Prinzipal-Agent-Theorie, bei denen der besser informierte Akteur das Vertragsvorschlagsrecht besitzt; vgl. beispielsweise Schweizer (1999), S. 77 ff. 148) Da die konventionelle Formulierungsweise der normativen Prinzipal-Agent-Theorie (Hidden-Action-Modelle) in Kapitel 3 ausfiihrlich dargestellt wird, sind die Ausfuhrungen bewusst knapp gehalten.

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Die positive^"^^^ Prinzipal-Agent-Theorie wird hingegen als der Zweig der Prinzipal-AgentTheorie angesehen, der sich (iiberwiegend) natiirlichsprachlich mit der Beschreibung und Erklarung tatsachlich beobachteter Vertrage befasst. Innerhalb der positiven Prinzipal-AgentTheorie wird die Vorteilhaftigkeit altemativer Vertrage anhand der damit verbundenen Agenturkosten beurteilt. Unter Agenturkosten werden alle Kosten verstanden, die sich aufgrund des Abweichens von einem fiktiven Idealzustand ohne Interessenskonflikt, ohne Unsicherheit und ohne Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent ergeben wiirden. Sie setzen sich aus folgenden GroBen zusammen^^^^: •





Kontrollkosten: Kosten der MaBnahmen des Prinzipals, die zu einem besseren Leistungsverhalten des Agenten fuhren soUen wie z.B. Kosten fur die KontroUe der Auftragsdurchfuhrung; Signalisierungskosten: Kosten der MaBnahmen des Agenten, die zu einer Reduzierung der vorvertragUchen Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent fuhren so Hen; Residualverluste: NutzeneinbuBe des Prinzipals infolge des Leistungsverhaltens des Agenten, das die denkmogliche Nutzenmaximierung des Prinzipals verfehlt.

Die Erklarung beobachteter Vertrage erfolgt innerhalb der positiven Prinzipal-Agent-Theorie entlang von drei Argumentationsschritten^^'\ Zunachst wird von der (Ausgangs-) Hypothese ausgegangen, dass beobachtete Vertrage optimal sind^^^^, d.h., die Koordinierung der Prinzipal-Agent-Beziehung durch den beobachteten Vertrag erfolgt zu minimalen Agenturkosten. Hierbei wird die Bedeutung „naturlicher" Auswahlmechanismen fur die Existenz der beobachteten Vertrage hervorgehoben: Im Wettbewerb der Vertrage „uberleben" nur diejenigen Vertrage, die am effizientesten sind („survival of the fittest"'^^^). Damit wird die Beobachtbarkeit eines bestimmten Vertrages zum Beleg fur die Effizienz dieses Losungsansatzes. In einem zweiten Schritt werden die Merkmale der betrachteten Prinzipal-Agent-Beziehung analysiert. Hierzu gehoren die an der Vertragsbeziehung beteiUgten Akteure, ihre (konfligierenden) Interessen und die (asymmetrische) Informationsverteilung zwischen den Akteuren. Im dritten Schritt wird argumentiert, warum die beteiligten Akteure den beobachteten Vertrag und keinen anderen Vertrag fur die Koordinierung der Prinzipal-Agent-Beziehung ausgewahlt

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Grundlegend fiir diese positive Forschungsrichtung der Prinzipal-Agent-Theorie sind die Arbeiten von Fama (1980); Fama (1983a); Fama (1983b); Jensen (1976). 150) Vgl. Jensen (1976), S. 308; Jensen (1983), S. 331; Picot (2002), S. 87. 151) Vgl. Terberger (1994), S. 106 f. 152) Vgl. Fama (1983b), S. 327 („Social and economic activities, such as religion, entertainment, education, research, and the production of other goods and services, are carried on by different types of organizations [...] Most goods and services can be produced by any form of organization, and there is competition among organizational forms for survival in any activity. Absent fiat, the form of organization that survives in an activity is the one that delivers the product demanded at lowest price while covering costs. This is the telling dimension on which the economic environment chooses among organizational forms"); Jensen (1983), S. 331; Terberger (1994), S. 134 ff. 153) Der aus der Biologic bekannte Verweis auf die „naturliche Auslese" bestimmter Phanomene zur Erklarung der Existenz dieser Phanomene ist keine Besonderheit der „naturlichsprachhchen" Prinzipal-AgentTheorie. Ein derartiger Verweis findet sich bereits bei Alchian (1950), S. 212 f

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haben. Diese Argumentation beschrankt sich auf den Vergleich altemativer Vertrage hinsichtlich der damit verbundenen Agenturkosten^^'^l Das Ergebnis dieser drei (naturlichsprachlichen) Argumentationsschritte ist wie auch innerhalb des normativen Zweigs ein bestimmter Vertrag, der als optimale Losung fiir die betrachtete Prinzipal-Agent-Beziehung bei Interessenskonflikt, Umweltunsicherheit und Informationsasymmetrie ausgewiesen wird. Diese dichotome Klassifizierung der Beitrage zur Prinzipal-Agent-Theorie - normativer versus positiver Zweig - ist allerdings problematisch: Denn es wird mit der positiven PrinzipalAgent-Theorie weder ausschlieBlich ein Beschreibungs- und ein Erklarungsziel intendiert noch wird mit der normativen Prinzipal-Agent-Theorie nur ein Gestaltungsziel verfolgt. Einerseits besteht hinsichtlich der Erklarungsabsicht der positiven Prinzipal-Agent-Theorie kein Dissens. Zweifelsohne wird mit der positiven Prinzipal-Agent-Theorie die Erklarung beobachteter Vertrage intendiert. Jedoch lasst sich jede Theorie, die in der Lage ist, beobachtbare Sachverhalte zu erklaren, auch dazu einsetzen, Gestaltungsempfehlungen fiir diese Sachverhalte abzuleiten. Daher kann die positive Prinzipal-Agent-Theorie auch fiir die Gestaltung von Vertragen eingesetzt werden. Andererseits verfolgen viele Protagonisten der Prinzipal-Agent-Theorie mit der normativen Prinzipal-Agent-Theorie nicht nur ein Gestaltungsziel. Denn nach Jensen kann die normative Prinzipal-Agent-Theorie, die seinerseits als „principal-agent literature"^^^^ bezeichnet wird, sowohl als eine Theorie mit Erklarungs- als auch mit einem Gestaltungsziel interpretiert werden^^^^: „Though much of the principal-agent-literature seems to be produced in normative mode, most of it can be interpreted in a positive fashion." Das Erklarungsziel der normativen Prinzipal-Agent-Theorie wird auch durch andere Autoren explizit unterstrichen^^^.

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Hier wird die tautologische Argumentation innerhalb der positiven Prinzipal-Agent-Theorie deutlich: Der dritte Schritt ist angesichts des ersten Schritts „sinnlos", da er in seinem Ergebnis vorherbestimmt ist. Insofem wird im dritten Schritt nicht Neues iiber die Ausgangshypothese („die Koordiniening der Prinzipal-Agent-Beziehung durch den beobachteten Vertrag erfolgt zu minimalen Agenturkosten") hinaus gesagt. Allerdings konnte es Sonderfalle geben, die den dritten Schritt rechtfertigen lassen. Ein solcher Sonderfall wiirde beispielsweise dann vorliegen, wenn es mehrere Vertragsformen mit minimalen Agenturkosten gibt und zu erklaren ist, warum eine von diesen Vertragsformen „natiirlich" ausgewahlt wird. Derartige Sonderfalle werden allerdings in der Literatur nicht behandeh. Vgl. Jensen (1983), S. 334. Jensen (1983), S. 335. Anders nimmt beispielsweise Kossbiehl Stellung zu den Erkenntniszielen der normativen PrinzipalAgent-Theorie. Seiner Ansicht nach ist es nicht das Ziel der normativen Prinzipal-Agent-Theorie, bestimmte Vertrage zu erklaren. Das Erkenntnisinteresse liege ausschlieBlich in der Entwicklung von Gestaltungsempfehlungen; vgl. Kossbiehl (1995), S. 128. Letztendlich bleibt es jedem Erkenntnissubjekt uberlassen, wie es die normative Prinzipal-Agent-Theorie auslegen mochte. Der Verfasser will mit diesen Ausfiihrungen und den Zitaten ausschlieBlich belegen, dass von einigen Autoren mit der normativen Prinzipal-Agent-Theorie tatsachlich ein Erklarungsziel angestrebt wird.

Nach Terberger kann die normative Prinzipal-Agent-Theorie nicht nur, sondem muss auch als erklarende Theorie verstanden werden^^^l Denn sie emioglicht die Generierung erklarender Hypothesen^^^^: •

Erstens kami die normative Prinzipal-Agent-Theorie zur Erklarung der Reaktion des Agenten auf einen beobachteten Vertrag herangezogen werden.



Zweitens kann die normative Prinzipal-Agent-Theorie zur Erklarung des Zustandekommens von beobachteten Vertragen eingesetzt werden.



Drittens ist es moglich, mittels der normativen Prinzipal-Agent-Theorie den Wandel von beobachteten Vertragen zu erklaren.

Von anderen Protagonisten wird sogar hervorgehoben, dass durch die normative PrinzipalAgent-Theorie nicht nur die Erklarung beobachteter Vertragsverhaltnisse intendiert wird, sondem daruber hinaus auch tatsachlich erreicht wird. Beispielsweise ist nach Wagenhofer und Ewert die normative Prinzipal-Agent-Theorie in der Lage, beobachtbare Vertragsverhaltnisse zu erklaren^^^: „In der Tat liefem Ergebnisse von Agency Modellen oft Erklarungen fiir in der Realitat beobachtbare Vertragsformen, die in Modellen mit symmetrischer Informationsverteilung manchmal nur schwer erklarlich sind. Beispiele sind etwa bestimmte Leasingvertrage, Managemententlohnungsvereinbarungen oder VoUkosten zur Beurteilung von Kostenstellenverantworlichen." Neben der Erklarung beobachtbarer Vertrage kann die normative Prinzipal-Agent-Theorie auch zur Gestaltung von Vertragen eingesetzt werden. Die Umsetzung der Modellergebnisse in praktische Gestaltungsempfehlungen setzt jedoch voraus, dass die innerhalb der normativen Prinzipal-Agent-Theorie getroffenen Annahmen, z.B. uber die Reaktion eines Agenten auf materielle Anreize^^^\ tatsachlich erfuUt sind. Ansonsten lauft der Modellanwender Gefahr, dass dadurch unerwunschte und unerwartete Ergebnisse erzielt werden^^^l Diese Ausfuhrungen belegen, dass mit der normativen Prinzipal-Agent-Theorie nicht nur intendiert wird, Empfehlungen fiir die Gestaltung von Vertragen zu unterbreiten. Vielmehr versucht die normative Prinzipal-Agent-Theorie auch jene Strukturen einzufangen, die in der Realitat bei der Gestaltung von Vertragen wirksam sind, und versucht mit formalsprachlichen Ausdrucksmitteln, beobachtete Vertrage zu erklaren. Mit der positiven Prinzipal-Agent-Theorie werden - wie zuvor aufgezeigt wurde - ebenso wie mit ihrem normativen Pendant sowohl die Erklarung als auch die Gestaltung bestimmter Aus-

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Vgl. Terberger (1994), S. 99 ff. Terberger vermeidet die Unterteilung der Beitrage zur Prinzipal-AgentTheorie in einen normativen und einen positiven Zweig. Stattdessen unterscheidet Terberger zwischen den „formaIen Agency-Modellen" (vgl. Terberger (1994), S. 92 ff.) und der „verbalen Variante der Agency-Theorie" (vgl. Terberger (1994), S. 106 ff.). Vgl. Terberger (1994), S. 100 f. Wagenhofer (1993), S. 374. In diesem Zusammenhang sind mit „Agency Modellen" diejenigen Beitrage zur Prinzipal-Agent-Theorie gemeint, die formalsprachlich entfaltet werden („Ein Hauptproblem der [... ] Agency Modelle ist die mathematisch sehr aufwendige Formulierung [...]"; Wagenhofer (1993), S. 375; Hervorhebung durch den Verfasser) und gemeinhin der normativen Prinzipal-Agent-Theorie zugerechnet werden; vgl. zur Klassifizierung der Prinzipal-Agent-Modelle das nachste Kapitel. Die Annahme, dass Agenten auf materielle Anreize (positiv im Sinne des Prinzipals) reagieren, ist auBerst umstritten; vgl. dazu auch die Ausfuhrungen zum Uberpriifungsdefizit der Hidden-Action-Modelle in Kapitel 3.3.2. Vgl. Jensen (1983), S. 321; Terberger (1994), S. 101.

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schnitte der Realitat intendiert. Daher wird im weiteren Verlauf dieser Untersuchung die dichotome Unterteilung - normativ versus positiv - vermieden. Stattdessen werden die Beitrage zur Prinzipal-Agent-Theorie entsprechend der Sprache fiir die Reprasentation von PrinzipalAgent-Problemen in die formalsprachliche Prinzipal-Agent-Theorie und die naturlichsprachliche Prinzipal-Agent-Theorie klassifiziert. Diese alternative dichotome Unterteilung in formalsprachliche und natiirlichsprachliche Prinzipal-Agent-Theorie hat den Vorzug, dass sie unabhangig von den intendierten Erkenntniszielen ist.

2.5

Prinzipal-Agent-Modelle

Die folgende Untersuchung fokussiert auf die formalsprachliche Ausrichtung der PrinzipalAgent-Theorie. Innerhalb der formalsprachlichen Ausrichtung der Prinzipal-Agent-Theorie wird anhand von Prinzipal-Agent-Modellen argumentiert. Jedes Prinzipal-Agent-Modell Oder im Folgenden kurz als „Modell" bezeichnet - stellt eine spezielle Variante der PrinzipalAgent-Theorie dar. Die Spezialisierung erfolgt jeweils durch einschrankende ,Annahmen" und „Randbedingungen". Sie fiihren dazu, dass aus dem allgemeinen Anwendungsbereich der Prinzipal-Agent-Theorie ein spezieller, modellspezifischer Teilbereich ausgegrenzt wird^^^l Die Einschrankung, durch die sich ein spezielles Prinzipal-Agent-Modell gegeniiber der allgemeinen Prinzipal-Agent-Theorie auszeichnet, kann im Prinzip beliebig - je nach verfolgtem Erkenntniszweck - gewahlt werden. Angesichts der Systematisierung der Prinzipal-Agent-Theorie, die in der hier verfolgten Untersuchung zugrunde gelegt wurde, bietet es sich an, die Einschrankungsart an charakteristischen Merkmalen von Prinzipal-Agent-Beziehungen auszurichten. Im Folgenden wird das Merkmal der Informationsasymmetrie zugrunde gelegt. Ausgehend von der inhaltlichen Dimension der Informationsasymmetrie lassen sich drei Klassen von Prinzipal-Agent-Modellen^^^ unterscheiden: • • •

Hidden-Action-Modelle, Hidden-Information-Modelle und Hidden-Characteristics-Modelle.

Jedes konkrete Prinzipal-Agent-Modell lasst sich in mindestens eine der oben genannten Klassen einordnen. Da innerhalb einer Vertragsbeziehung auch mehrere verschiedenartige Informationsasymmetrien gleichzeitig auftreten konnen, wurden Modellklassen entwickelt, die mehrere Informationsasymmetrien umfassen^^^^ Innerhalb dieser Untersuchung werden die Modellklassen mit „kombinierten" Informationsasymmetrien jedoch ausgeblendet. Stattdessen werden hier Modellklassen mit jeweils genau einer Informationsasymmetrie betrachtet.

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In dieser einschrankenden, spezialisierenden Rolle werden Modelle wissenschaftstheoretisch oft auch als „Mini-Theorien" bezeichnet; vgl. z.B. Rappaport (1998), S. 112 ff.; Rappaport (2001). Streng genommen handeit es sich jeweils um Klassen gleichartiger Modelle, die auch als Modelltypen bezeichnet werden. Sofem die Unterscheidung zwischen Modellklassen bzw. -typen und ihren Elementen (konkrete Modelle) nicht von Interesse ist, werden die Modellklassen bzw. -typen der Einfachheit halber auch kurz als „Modelle" angesprochen. Vgl. beispielsweise Faynzilberg (2000), S. 27 ff.; Page (1997), S. 4 ff.

well sich die Effekte einer Informationsasymmetrie iibersichtlicher analysieren lassen und spater ohnehin eine Fokussiemng auf nur eine Informationsasymmetrie erfolgt^^^^ Es wird hier nicht beabsichtigt, den Variantenreichtum der Prinzipal-Agent-Modelle^*^^^ auszuloten Oder gar vollstandig zu klassifizieren. Stattdessen werden ausschliefilich einige Variationen (insbesondere der Hidden-Action-Modelle) vorgestellt, um die vielfaltigen Variationsmoglichkeiten exemplarisch aufzuzeigen. Eine erste Variation der grundlegenden Prinzipal-Agent-Beziehung betrifft die Anzahl der Informationen (Signale), die der Prinzipal zur Beurteiiung der Prinzipal-Agent-Beziehung zugrunde legt, um das Entgelt fiir den Agenten zu bemessen. Dabei kann es sich beispielsweise um Informationen iiber die Auftragsdurchfiihrung (Ergebnis) und iiber die Aktionen des Agenten handeln. In den Mono-Signal-Modellen^^^ steht dem Prinzipal fur die Vertragsgestaltung ausschliefilich eine Information (z.B. das Ergebnis) zur Verfiigung. Im Gegensatz dazu kann der Prinzipal in den Multi-Signal-Modellen^^^^ weitere Informationen (Signale) in den Vertrag aufnehmen und damit seinen Informationsstand uber die Aktion des Agenten verbessem. In dieser Modellvariante wird analysiert, unter welchen Bedingungen es fiir den Prinzipal vorteilhaft ist, im Vertrag weitere Signale zu beriicksichtigen^^^l Eine weitere Variation der grundlegenden Prinzipal-Agent-Beziehung bezieht sich auf die Awzahl der vom Agenten zu erfiillenden Auftrage. Wenn der Agent nicht nur einen Auftrag, sondem mehrere Auftrage gleichzeitig zu erfiillen hat, dann ergeben sich gegeniiber der grundlegenden Prinzipal-Agent-Beziehung neue Probleme fiir den Prinzipal. Diesen Problemen widmen sich die Multi'Auftrags-Modelle^^^\ Ein typisches Beispiel fur einen Agenten, der mit mehreren Auftragen konfrontiert ist, ist ein Arbeitnehmer, der

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spater wird ausschliefilich auf die Hidden-Action-Modelle fokussiert, weil sie - wie im Untertitel der Dissertation signalisiert - im Zentrum des Erkenntnisinteresses stehen. Vgl. fur einen Uberblick iiber die Prinzipal-Agent-Modelle Demougin (2001), S. 45 ff.; Eilers (1998), S. 2 ff.; Kah (1994), S. 37 ff.; Kleine (1995), S. 48 ff.; Kraus (1996), S. 301 ff.; Lambert (2001), S. 7 ff.; Mas-Colell (1995), S. 140 ff.; Rees (1985a); Rees (1985b); Salanie (1997), S. 5 ff.; Schweizer (1999), S. 12 ff. Vgl. zu den Mono-Signal-Modellen beispielsweise Demski (1999), S. 22 ff.; Grossman (1983), S. 10 ff.; Holmstrom (1979), S. 75 ff.; Holmstrom (1982), S. 326 ff.; Holmstrom (1987), S. 306 ff.; Shavell (1979), S. 59 f.; Spremann (1987), S. 12 ff.; Ma (1988), S. 556 ff.; Malcomson (1986), S. 808 ff.; Rasmusen (1987), S. 429 ff.; Sjostrom (1996), S. 329 ff. Vgl. beispielsweise Baiman (1994), S. 218 ff.; Banker (1992), S. 381 ff.; Holmstrom (1979), S. 81 ff.; Shavell (1979), S. 64 ff., zu den Modellen, in denen mehrere Signale zur Vertragsgestaltung herangezogen werden konnen. Vgl. z.B. Holmstrom (1979), S. 83 f., zur Analyse von Bedingungen, unter denen weitere Signale in einem Vertrag beriicksichtigt werden soUten. Vgl. zu den Multi-Aufgaben-Modellen, die mitunter auch als „Multi-Task-Modelle" bezeichnet werden, insbesondere Holmstrom (1991), S. 29 ff., und dariiber hinaus Besanko (2000), S. 4 ff.; Christensen (1995), S. 407 ff.; Erlei (1999), S. 127 ff.; Feltham (1994), S. 431 ff.; Luporini (1996), S. 447 ff.; Slade (1996), S. 468 ff.; Wagenhofer (1996), S. 156 ff.

43

• • •

an einer Maschine ein Produkt herstellen, die Maschine gegebenenfalls reparieren und andere Mitarbeiter in der Bedienung der Maschine unterweisen soU^^^l

Fiir den Prinzipal ergibt sich hierbei die Schwierigkeit, den Agenten zur „richtigen"^^^^ Aufteilung seines Arbeitseinsatzes auf die Auftrage zu motivieren. Hierbei erweist es sich fiir den Prinzipal als problematisch, die Zahlungsregel nur auf die Durchfiihrung eines einzigen Auftrags zu stiitzen. In diesem Fall wird dieser Auftrag besonders intensiv unter Vemachlassigung der anderen Auftrage verfolgt (Verzerrungseffekt). Zusatzliche Probleme fur den Prinzipal entstehen dann, wenn mindestens eines der (Auftrags-) Ergebnisse nur schwer oder gar nicht messbar ist. In diesem Fall kann es fiir den Prinzipal sogar optimal sein, auf das Setzen von Anreizen in Form einer ergebnisabhangigen Zahlung ganz zu verzichten und stattdessen dem Agenten eine fixe, von den (Auftrags-) Ergebnissen unabhangige Zahlung anzubieten^^'*^ Die grundlegende Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action wird auBerdem durch die Zulassigkeit von mehr als zwei Akteuren modifiziert. Bislang wurde eine Prinzipal-Agent-Beziehung als eine bilaterale Vertragsbeziehung betrachtet, bei der ein Prinzipal an einen Agenten die Durchfiihrung eines bestimmten Auftrags delegiert. Im Gegensatz zu diesen hilateralen Modellen^^^^ werden in den multilateralen Modellen^^^^ Prinzipal-Agent-Beziehungen analysiert, bei denen mindestens drei Akteure beteiligt sind. Die multilateralen Modelle konnen danach unterschieden werden, wie viele Prinzipale und Agenten an der Prinzipal-Agent-Beziehung beteiligt sind^^^l In den Multi-Agenten-Modellen^^^^ werden solche Vertragsbeziehungen analysiert, die zwischen einem Prinzipal und mehreren Agenten stattfinden. Einerseits konnen die Gefahren, die aus der Informationsasymmetrie fiir den Prinzipal drohen, innerhalb einer Vertragsbeziehung zwischen einem Prinzipal und mehreren Agenten „entscharft" werden. Wenn ein homogener Auftrag an mehrere Agenten delegiert wird, dann kann

172) 173)

Vgl. Schauenberg (1998), S. 320. Aus der Sicht des Prinzipals liegt dann eine „richtige" Aufteilung des Arbeitseinsatzes vom Agenten vor, wenn dieser Arbeitseinsatz zu einem maximalen Erwartungsnutzen des Prinzipals fiihrt. 174) Vgl. Holmstrom (1991), S. 35 f. 175) Vgl. zu den bilateralen Modellen Baiman (1994), S. 218 ff.; Banker (1992), S. 381 ff.; Besanko (2000), S. 4 ff.; Christensen (1995), S. 407 ff.; Demski (1999), S. 22 ff.; Erlei (1999), S. 127 ff.; Feltham (1994), S. 431 ff.; Grossman (1983), S. 10 ff.; Holmstrom (1979), S. 75 ff. u. 81 ff.; Holmstrom (1987), S. 306 ff.; Holmstrom (1991), S. 29 ff.; Luporini (1996), S. 447 ff.; Rasmusen (1987), S. 429 ff.; Shavell (1979), S. 59 f. u. 64 ff.; Slade (1996), S. 468 ff.; Spremann (1987), S. 12 ff.; Wagenhofer (1996), S. 156 ff. 176) Im Grunde ist ein bilaterales Modell bereits ein multilaterales Modell. In dieser Untersuchung wird erst dann von „multilaterar' gesprochen, wenn an einer Prinzipal-Agent-Beziehung mindestens drei Akteure beteiligt sind. 177) In der Literatur werden (iberwiegend die Multi-Agenten-Modelle {ein Prinzipal und mehrere Agenten) und Common-Agency-Modelle {mehrere Prinzipale und ein Agent) als multilateral Modelle behandelt. Auf diese beiden Variationen der grundlegenden Prinzipal-Agent-Beziehung wird weiter unten eingegangen. Dariiber hinaus fmden sich vereinzelt auch Prinzipal-Agent-Modelle, die Vertragsbeziehungen zwischen mehreren Prinzipalen und mehreren Agenten behandeln; vgl. z.B. Weber (2004). 178) In der Literatur werden Modelle mit einem Prinzipal und mehreren Agenten auch als „mehrfache Auftragsbeziehung" bezeichnet; vgl. Meinhovel (1999), S. 94. Vgl. zu dieser Modellvariante beispielsweise Backes-Gellner (2001), S. 422 ff.; Demski (1984), S. 154 ff.; Gupta (1998), S. 429 ff.; Holmstrom (1982), S. 326 ff.; Ma (1988), S. 556 ff.; Malcomson (1986), S. 808 ff.; Mookherjee (1984), S. 434 ff.; Meinhovel (1999), S. 94 f.; Rasmusen (1987), S. 429 ff.; Sjostrom (1996), S. 329 ff.

44

der Vergleich der Leistungen (Ergebnisse) verschiedener Agenten die Informationsasymmetrie senken^^^l Der Einfluss der exogenen StorgroBe lasst sich „neutralisieren", da alle Agenten der exogenen StorgroBe gleichermaBen ausgesetzt sind. Allerdings droht fiir den Prinzipal die Gefahr, dass die Agenten untereinander Absprachen treffen. Durch eine Vereinbarung zur kollektiven Zuriickhaltung des Leistungsverhaltens werden die Informationen zum Leistungsvergleich fur den Prinzipal wertlos*^^\ Andererseits konnen in den Multi-Agenten-Situationen neue Probleme fur den Prinzipal entstehen. Wenn ein Prinzipal einen Vertrag mit einem Team aus mehreren Agenten abschlieBt, dann wirken sich die Informationsasymmetrien noch problematischer aus als in den bilateralen Prinzipal-Agent-Beziehungen. Denn nun wirken die Arbeitseinsatze aller Teammitglieder auf das Ergebnis. Der Prinzipal kann oft nur das Ergebnis der kollektiven Leistungsbereitstellung beobachten, aber nicht das individuelle Leistungsverhalten der Teammitglieder. In dieser Situation muss der Prinzipal mit „Trittbrettfahrereffekten" rechnen^^'^: Fiir jedes Teammitglied besteht ein Anreiz, auf Kosten der anderen Teammitglieder seinen Arbeitseinsatz zuruck2:uhalten. Durch mehrere Agenten treten also mehrere neuartige Effekte auf, die zum einen das Problem der Informationsasymmetrie des Prinzipals entscharfen, zum anderen dasselbe Problem aber auch verstarken konnen. Daher ist der Gesamteffekt, den mehrere Akteure auf die Relevanz der Informationsasymmetrie fiir den Prinzipal ausuben, im Allgemeinen nicht entscheidbar, sondem hangt von den speziellen Annahmen/Randbedingungen der jeweils betrachteten Multi-Agenten-Modelle ab. Im Gegensatz zu den Multi-Agenten-Modellen fuhrt in den Common-Agency-Modellen^^^^ ein Agent einen Auftrag fiir mehrere Prinzipale durch. Paradigmatische Beispiele fiir solche multilateral Vertragsbeziehungen sind ein Handelsvertreter (Agent), der fur mehrere Produzenten (Prinzipale) tatig ist, sowie ein Mitarbeiter (Agent) eines Untemehmens mit einer Matrixorganisation, der zum einen dem Spartenleiter (erster Prinzipal) und zum anderen dem Funktionsbereichsleiter (zweiter Prinzipal) untersteht. In diesem Fall entsteht ein Wettbewerb unter den Prinzipalen, um den Agenten zu veranlassen, relativ mehr Arbeitseinsatz zu ihrem eigenen Vorteil und zulasten der anderen Prinzipale zu erbringen. Die multilateralen Modelle konnen auBerdem danach unterschieden werden, ob eine Modellstufe Oder mehrere Modellstufen beriicksichtigt werden. Wahrend in den einstufigen Modellen^^^^ nur eine Prinzipal-Agent-Beziehung beriicksichtigt wird, werden in den mehrstufigen Modellen^^^^ Prinzipal-Agent-Beziehungen als ein Netzwerk hintereinander geschachtelter Prinzipal-Agent-Beziehungen analysiert. In den mehrstufigen Modellen wird

179) 180) 181) 182)

Vgl. Malcomson (1986), S. 807 f. Vgl. Backes-Gellner (2001), S. 422 ff. Vgl. Holmstrom (1982), 325 ff. Vgl. zu „Common Agency-Modellen" Bernheim (1985), S. 269; Bergemann (2003), S. 26 ff.; Bond (1997), S. 229 ff; Dixit (1997), S. 755 ff; Mezetti (1997), S. 327 ff. 183) Vgl. zu den einstufigen Modellen beispielsweise Bernheim (1985), S. 269; Bergemann (2003), S. 26 ff; Bond (1997), S. 229 ff; Demski (1984), S. 154 ff.; Dixit (1997), S. 755 ff.; Gupta (1998), S. 429 ff.; Holmstrom (1982), S. 326 ff.; Ma (1988), S. 556 ff; Malcomson (1986), S. 808 ff.; Mezetti (1997), S. 327 ff.; Mookherjee (1984), S. 434 ff.; Rasmusen (1987), S. 429 ff.; Sjostrom (1996), S. 329 ff. 184) Vgl. Ichiishi (1999), S. 5 ff.; Itoh (1992), S. 325 ff.; Itoh (1994), S. 694 ff.; Itoh (2001), S. 5 ff.; Melumad (1995), S. 656 ff.; Strausz (1997), S. 339 ff.

45

zwischen dem Prinzipal und dem Agenten ein dritter Akteur^^^^ beriicksichtigt, der die Aufgabe erhalt, den Agenten zu iiberwachen („monitoring") oder zu priifen („auditing") und somit den Prinzipal zu entlasten. Ein solcher Akteur kann Mitglied eines Untemehmens (z.B. mittleres Management) oder ein Extemer (z.B. Wirtschaftpriifer) sein. Bei der Uberwachung wird der dritte Akteur zur Kontrolle des Agenten eingesetzt. Hingegen wird bei der Priifung der dritte Akteur dazu verpflichtet, das Ergebnis des Agenten zu ermitteln und dem Prinzipal mitzuteilen. Zwar kann der Prinzipal sowohl durch die Kontrolle als auch durch die Priifung seitens des Dritten die Gefahren aus der Informationsasymmetrie reduzieren, jedoch muss er auch hierbei beriicksichtigen, dass es zwischen dem Dritten und dem Agenten zu einer Absprache (Kartell) kommen kann^^^\ Daher muss der Prinzipal die Zahlungsregel fiir den Dritten so gestalten, dass dieser Dritte keinen Anreiz hat, mit dem Agenten eine „Koalition" einzugehen. Eine andere Variation der grundlegenden Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action bezieht sich auf die Anzahl der Perioden, in denen eine Vertragsbeziehung besteht. In den einperiodigen Modellen^^^^ endet die Vertragsbeziehung nach der Realisierung des Ergebnisses und der Bezahlung des Agenten. In den einperiodigen Modellen werden langfristige Aspekte von Prinzipal-Agent-Beziehungen, die uber eine einmalige Auftragsdurchfiihrung hinausgehen, per constructionem nicht erfasst. Daher wird in den mehrperiodigen Modellen^^^^ der Zeitfaktor explizit in die Prinzipal-Agent-Beziehung einbezogen. Innerhalb einer mehrperiodigen Prinzipal-Agent-Beziehung konnen sich fiir den Prinzipal mehrere positive wie negative Effekte einstellen. Einerseits kann durch eine mehrperiodige Vertragsbeziehung die Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent reduziert werden. Der Prinzipal kann die bisherigen Erfahrungen^^^^ mit dem Agenten (aus den unterschiedlichen vergangenen Vertragsbeziehungen oder dem Vertrag der letzten Periode) dazu verwenden, sich ein besseres Bild iiber das Leistungsverhalten zu machen. AuBerdem wird die Unsicherheit des Prinzipals beziiglich der Eigenschaften des Agenten iiber die Zeit abgebaut. Ebenso wie beim Vergleich des Agenten mit anderen Agenten (synchroner Leistungsvergleich) kann auch der Vergleich der Leistungen (Ergebnisse) desselben Agenten iiber die Zeit (asynchroner Leistungsvergleich) den Einfluss der 185)

186) 187)

188)

189)

46

Im Grunde lasst die Prinzipal-Agent-Theorie in ihren Prinzipal-Agent-Beziehungen keinen dritten Akteur zu. Daher ist der dritte Akteur immer ais ein Prinzipal und/oder als ein Agent aufizufassen. Der dritte Akteur nimmt je nach Blickwinkel unterschiedliche Rollen ein: Auf der obersten Modellstufe agiert der dritte Akteur als Agent des Prinzipals. Auf der untersten Modellstufe agiert er hingegen als Prinzipal („derivativer Prinzipal") des Agenten. Vgl. zu diesem Problem Ewert (2001), S. 167. Vgl. zu den einperiodigen Modellen z.B. Baiman (1994), S. 218 ff.; Banker (1992), S. 381 ff.; Bemheim (1985), S. 269; Bond (1997), S. 229 ff.; Dixit (1997), S. 755 ff.; Holmstrom (1979), S. 75 ff. u. 81 ff.; Mezetti (1997), S. 327 ff.; Pfaff (2001), S. 361 ff.; Shavell (1979), S. 59 f. u. 64 ff.; Spremann (1987), S. 12 ff. Die mehrperiodigen Modelle lassen sich danach unterscheiden, ob sie einen endlichen oder einen kontinuierlichen Zeitparameter beriicksichtigen. Den ersten Fall untersuchen beispielsweise Cho (1996), S. 3 ff.; Dutta (1994), S. 486 ff.; Lambert (1983), S. 442 ff.; Malcomson (1988), S. 393 ff.; Pfaff (2001), S. 370 ff.; Plambeck (2000), S. 245 ff.; Plambeck (2003), S. 374 ff.; Radner (1986), S. 46 ff.; Rogerson (1985a), S. 70 ff.; Wang (1997), S. 75 ff. Der zweite Fall wird z.B. von Bergemann (2003), S. 26 ff.; Holmstrom (1987), S. 306 ff.; Rao (1992), S. 20 ff., analysiert. Die mehrperiodigen Modellen weisen einen engen Bezug zu „wiederholten Spielen" auf, die innerhalb der Spieltheorie intensiv diskutiert werden; vgl. z.B. Radner (1986), S. 43, der explizit von „repeated partnership games'' spricht.

exogenen StorgroBe neutralisieren. Dabei liegt die Idee zugrunde, dass ein Agent sich einige Male, jedoch nicht andauemd auf die exogene StorgroBe berufen kann. Andererseits ist vom Prinzipal bei der Gestaltung des Vertrags ein intertemporaler Effekt zu beriicksichtigen. Wenn der Prinzipal die vergangenen Ergebnisse als Leistungsstandards heranzieht, dann besteht fiir den Agenten ein Anreiz, seinen Arbeitseinsatz zu reduzieren, um diese Leistungsstandards niedrig zu halten. Bei diesem Effekt werden gute Ergebnisse aus den vergangenen Perioden gewissermaBen durch hohere Leistungsvorgaben in der Zukunft bestrafti'"). Abbildung 7 visualisiert abschlieBend eine Klassifizierung der Prinzipal-Agent-Modelle.

Merkmal

Auspragung

Typ der Informationsasymmetrie

Hidden Action (Hidden-ActlonModelle)

Hidden Information (Hidden-lnfomiationModelle)

Hidden Characteristics (HiddenCharacteristicsModelie)

Anzahl der Signale

ein (Mono-Signal-Modelle)

mehrere (Multi-Signal-Modelle)

Anzahl der Auftrage

ein (Mono-Auftrags-Modelle)

mehrere (Multi-Auftrags-Modelle) multilaterale Vertragsbeziehung (multilaterale Modelle)

Anzahl der beteiligten Akteure^^i)

Anzahl der Modellstufen Anzahl der Perioden

bilaterale Vertragsbeziehung (1:1) (bilaterale Modelle)

mehrere Prinzipale, ein Agent

mehrere Agenten, ein Prinzipal (1:m) (Multi-AgentenModelle)

1

(n:1) (Common-AgencyModelle)

eine (einstufige Modelle)

mehrere (mehrstufige Modelle)

eine (einperlodige Modelle)

mehrere (mehrperiodige Modelle)

|

|

Abbildung 7: Klassifizierung der Prinzipal-Agent-Modelle

190) 191)

Vgl. zum diesem Effekt beispielsweise Kreps (1994), S. 552. Hierbei bezeichnen n und m die Anzahl der Prinzipale bzw. der Agenten mit: n > 2 und m > 2.

47

3

Konventionelle Formuliening der Hidden-Action-Modelle

3.1

Grundlegende Axiome des Standardmodells

Die Hidden-Action-Modelle behandeln Prinzipal-Agent-Beziehungen, bei denen die beteiligten Akteure zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses iiber alle beziehungsrelevanten Merkmale gleich informiert sind. Die Informationsasymmetrie ergibt sich erst im Verlauf der Vertragsbeziehung und bezieht sich auf die Aktion des Agenten. Der Agent wahlt nach Vertragsabschluss, aber vor Eintreten der exogenen StorgroBe eine Aktion aus. Diese Aktion kann der Prinzipal nicht oder nur unter prohibitiv hohen Kosten beobachten. Der Prinzipal ist ebenso wenig in der Lage, aus dem beobachteten Ergebnis der Auftragsdurchfiihrung auf die Aktion des Agenten zu schlieBen. Denn dieses Ergebnis wird nicht nur durch die Aktionsauswahl des Agenten, sondem auch durch eine exogene StorgroBe verursacht, und der Prinzipal vermag die Ergebnisbeitrage von Aktion und exogener StorgroBe nicht voneinander zu isolieren. Daher wird der Beitrag, den der Agent durch seine Aktion leistet, aus der Perspektive des Prinzipals durch den Einfluss der exogenen StorgroBe in analytisch nicht auflosbarer Weise verzerrt. Aufgrund unterschiedlicher Interessen und der Umweltunsicherheit ist der Prinzipal mit dem Moral-Hazard-Problem konfrontiert. Der Agent wird den diskretionaren Handlungsspielraum, der aus der Informationsasymmetrie resultiert, fur seine eigenen, opportunistischen Interessen ausnutzen. Um das Moral-Hazard-Problem einzuschranken und den Agenten zu einem Handeln im Sinn des Prinzipals zu motivieren, implementiert der Prinzipal vertragliche Losungsansatze, Dafiir kommen, wie oben gezeigt wurde, Anreiz-^^^\ Kontroll^^^^- und Informationssysteme^^"^^ in Betracht. Im Folgenden wird das „Standardmodell"^^^^ der Hidden-Action-Modelle behandelt, das sich ausschlieBlich auf Anreizsysteme fokussiert. Das Standardmodell fiir die Klasse der Hidden-Action-Modelle zeichnet sich durch folgende charakteristische Eigenschaften aus: • •

Erstens steht dem Prinzipal als Signal ausschlieBlich das Ergebnis zur Vertragsgestaltung zur Verfiigung (Mono-Signal-Modell). Zweitens fuhrt der Agent ausschlieBlich einen Auftrag fiir den Prinzipal durch. Mehrere Auftrage werden im Standardmodell nicht beriicksichtigt (Mono-AuftragsModell).

192) Vgl. Kapitel 2.3.3.1. 193) Vgl. Kapitel 2.3.3.2. 194) Vgl. Kapitel 2.3.3.3. 195) Die folgenden Ausfiihrungen zum Standardmodell orientieren sich insbesondere an den Arbeiten von Demougin (2001), S. 45 ff.; Ewert (1997), S. 413 ff.; Hartmann-Wendels (1991), S. 145 ff.; Holmstrom (1979), S. 75 ff.; Kiener (1990), S. 43 ff.; Kleine (1995), S. 48 ff.; Lambert (2001), 9 ff.; Rees (1985a), S. 3ff.

49



Drittens wird im Standardmodell eine bilaterale Vertragsbeziehung betrachtet. Ein Prinzipal beauftragt einen Agenten fur die Durchfuhrung eines Auftrags {bilaterales Modell). • Viertens wird aufgrund der Beschrankung auf nur einen Prinzipal und einen Agenten nur eine Modellstufe beriicksichtigt (einstufiges Modell). • Fiinftens ist die Vertragsbeziehung zwischen Prinzipal und Agent nur auf eine Periode eingeschrankt (einperiodiges Modell). Abbildung 8 visualisiert das Profildiagramm fiir das Standardmodell der Hidden-Action-Modelle.

Merkmat

Auspragung

Typ der Informationsasymmetrie

Hidden Action (Hidden-ActionModelle)

Hidden Information (Hidden-lnfomiationModelle)

Hidden Characteristics (HiddenCharacteristicsModelle)

Anzahl der Signale

ein (Mono-Signal-Modelle)

mehrere (Multi-Signal-Modelle)

Anzahl der Auftrage

ein (Mono-Auftrags-Model le)

mehrere (Multi-Auftrags-Modelle)

bilaterale Vertragsbeziehung

Anzahl der beteiligten Akteure

(1:1) (bilaterale Modelle)

Anzahl der Modellstufen Anzahl der Perioden

multllaterale Vertragsbeziehung (multilaterale Modelle) mehrere Agenten, ein Prinzipal (1;m) (Multi-AgentenModelle)

mehrere Prinzipale, ein Agent (n:1) (Common-AgencyModelle)

eine (einstufige Modelle)

mehrere (mehrstufige Modelle)

eine (einperiodige Modelle)

mehrere (mehrperiodige Modelle)

Abbildung 8: Profildiagramm fur das Standardmodell Der Agent erhalt vom Prinzipal den Auftrag, eine vom Prinzipal gewunschte Leistung zu realisieren. Zur Auftragsdurchfiihrung kann der Agent zwischen altemativen Aktionen auswah-

50

len. Die Menge AK der zulassigen Aktionen ak des Agenten umfasst als Teilmenge der nichtnegativen reellen Zahlen unendliche viele Altemativen^^^^: (1)

akeAKcR^Q.

Das Ergebnis der Auftragsbeziehung wird in monetaren Einheiten gemessen. Die Menge ER der zulassigen Ergebnisse er entspricht einer reellzahligen Menge im Intervall [er,,er] mit der Unter- und Obergrenze er^ bzw. er ^'^''^i (2)

er G E R = [ e r , ^ ] c R .

Das Ergebnis resultiert nicht nur aus der Aktion des Agenten, sondem auch aus einer vom Prinzipal und vom Agent nicht beeinflussbaren, exogenen StorgroBe. Fur die Auspragungen st der exogenen StorgroBe kommen beliebige reelle Zahlen in Betracht, so dass fur die Menge ST aller exogenen StorgroBenauspragungen gilt: (3)

st e ST e R.

Die exogene StorgroBe tritt ein, nachdem der Agent eine Aktion zwecks Auftragsdurchfuhrung ausgewahlt hat. Sie ist weder fur den Prinzipal noch fur den Agenten beobachtbar. Die Wahrscheinlichkeit fur das Eintreten einer Auspragung st der exogenen StorgroBe wird durch die Dichtefunktion g angegeben'*^^^: (4)

g:ST-»R,„ +00

st i-^g(st)mit: jg(st) = l -00

Sie ordnet jeder StorgroBenauspragung st ihre Realisierungswahrscheinlichkeit g(st) zu.

196)

197)

198)

Vgl. Holmstrom (1979), S. 75. In der Literatur gibt es auch Hidden-Action-Modelle, bei denen statt von einer .Jkontinuierlichert' Aktionsmenge (vgl. zum BegrifFkontinuierliche Aktionsmenge („continuous effort") Hart (1987), S. 83) von einer endlichen Aktionsmenge ausgegangen wird; vgl. z.B. Grossman (1983), S. 10flf.;Demougin (2001), S. 55 ff Vgl. Kleine (1995), S. 55. In einigen Hidden-Action-Modellen wird statt von einer .Jkontinuierlichert' Ergebnismenge von einer „endlicheif' Ergebnismenge (vgl. zur Unterscheidung zwischen einer endlichen und kontinuierlichen Ergebnismenge Kiener (1990), S. 73) ausgegangen; vgl. beispielsweise Grossman (1983), S. 10 ff.; Kiener (1990), S. 75. Vgl. Holmstrom (1979), S. 77; Rees (1985a), S. 5.

51

Innerhalb der Hidden-Action-Modelle lassen sich zwei Darstellungsformen beziiglich der exogenen StorgroBe unterscheiden^^^: die Zustandsraumformulierung^^^ („state-space formulation") und die Ergebnisverteilungsformulierung^^^^ („parameterized distribution formulation"). Bei der Zustandsraumformulierung wird die exogene StorgroBe explizit als unabhangige Variable (EinflussgroBe) einer Ergebnisfunktion beriicksichtigt. Das Ergebnis er resultiert aus der gewahlten Aktion ak des Agenten und der realisierten Auspragung st der exogenen StorgroBe. Hierbei wird angenommen, dass eine zweifach differenzierbare Ergebnisfunktion ef existiert, die jeder Kombination aus einer Aktion aus der Menge der zulassigen Aktionen und einer exogenen StorgroBenauspragung aus der Menge der zulassigen exogenen StorgroBenauspragungen ein zulassiges^^^^ Ergebnis zuordnet^^^^: (5)

ef: AK X ST ^ ER (ak,st) h^ ef(ak,st).

In diesem Zusammenhang wird die Ergebnisfunktion ef auch als „Produktionsfunktion" interpretiert^^^ Das Produktionsergebnis wird von der Aktion des Agenten und einer Zufallsvariable - der exogenen StorgroBe - bestimmt. Wenn man die Aktion ak des Agenten als ,Arbeitseinsatz" interpretiert, dann fallt das (Produktions-) Ergebnis mit zunehmendem Arbeitseinsatz nicht ab, d.h. es steigt an oder bleibt konstant, und es gibt mindestens einen Arbeitseinsatz, dessen Zunahme zu einem hoheren Ergebnis fiihrt^^^^:

199)

200)

201) 202) 203) 204) 205)

52

Vgl. fur diese Unterscheidung Hart (1987), S. 77 ff.; Holmstrom (1979), S. 76 f.; Rees (1985a), S. 16; Kiener (1990), S. 39; Kleine (1995), S. 50 f. Daniber hinaus unterscheiden Hart und Holmstrom als dritte Darstellungsform die „general distribution formulation". Hierbei wird der Einfluss der exogenen StorgroBe dadurch beriicksichtigt, dass der Agent keine Aktion, sondem direkt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auswahlt; vgl. Hart (1987), S. 79. Diese dritte Darstellungsform wird in dieser Untersuchung nicht weiter vertieft, da die exogene StorgroBe in der Literatur in der groBen Mehrheit entweder entsprechend der Zustandsraumformulierung oder der Ergebnisverteilungsformulierung beriicksichtigt wird. Vgl. zur Konzeptualisierung der StorgroBenabhangigkeit des Ergebnisses durch die Zustandsraumformulierung beispielsweise Harris (1978), S. 22; Ross (1973), S. 134; Spence (1971). Innerhalb des so genannten LEN-Modells wird der Einfluss der exogenen StorgroBe ebenfalls entsprechend der Zustandsraumformulierung konzeptualisiert; vgl. Spremann (1987a), S. 12 u. 17, und die Reformulierung des LEN-Modells aus der Perspektive des Strukturalismus in Kapitel 5.2.1.1.2. Die Ergebnisverteilungsformulierung wurde von Mirrlees (1974); Mirrlees (1976) und Holmstrom (1979) eingefuhrt. Im Folgenden wird der Kiirze halber auf das Attribut „zulassig" verzichtet, sofem keine inhaltliche Abgrenzung gegeniiber unzulassigen Aktionen, StorgroBen oder Ergebnissen betroffen ist. Vgl. beispielsweise Holmstrom (1979), S. 77; Spremann (1987a), S. 17. Vgl. fur eine solche Interpretation z.B. Alles (1995), S. 180; Spremann (1987a), S. 12. Vgl. Holmstrom (1979), S. 77; Petersen, Th. (1989), S. 36. In beiden Literaturquellen ist diese Bedingung in einer „verkiirzten" (formalsprachlichen) Schreibweise spezifiziert: efak(ak,st) > 0. Allerdings besteht sowohl bei Holmstrom (1979) als auch bei Petersen, Th. (1989) eine Diskrepanz zwischen dieser verkiirzten formalsprachlichen Spezifikation und der jeweiligen natiirlichsprachlichen Erlauterung. Beispielsweise wird in Petersen, Th. (1989), S. 36, dieses Axiom folgendermaBen natiirlichsprachlich erlautert: „Anstrengungen sollen also das Ergebnis [...] verbessem." Die Diskrepanz entsteht dadurch, dass die obige formalsprachliche Formulierung auch den Fall umfasst, bei dem der Agent durch seine „Anstrengung" das Ergebnis gar nicht beeinflusst: efak(ak,st) = 0. In diesem Fall gabe es fiir den Prinzipal auch keinen Grund, den Agenten fiir die AuftragsdurchfQhrung zu engagieren. Daher wird in dieser Untersuchung die vollstandige formalsprachliche Schreibweise praferiert.

(6)

VakeAK, steST: [efak(ak,st) > 0 A 3akeAK: efak(ak,st) > 0].

Im Gegensatz zur Zustandsraumformulienmg werden bei der Ergebnisverteilungsformulierung die exogene StorgroBe und die Ergebnisfunktion nicht explizit beriicksichtigt. Das Auftragsergebnis er wird selbst als eine Zufallsvariable betrachtet unter der Annahme, dass die Wahrscheinlichkeit fur ein Ergebnis von der Aktion des Agenten abhangt. Die stochastische Abhangigkeit zwischen der Aktion des Agenten und dem Ergebnis wird durch eine bedingte Dichtefunktion / beschrieben. Fiir die zweifach differenzierbare, bedingte Dichtefunktion f gilt: (7)

f: ERxAK~»R^o206) er

(er,ak) h^ f(er|ak) mit: Vak G AK: jf (er | ak) der = 1.

Um auszuschliefien, dass der Prinzipal von der Beobachtung eines tatsachlich realisierten Ergebnisses auf die Aktion des Agenten zuruckschliefien kann, wird davon ausgegangen, dass jedes Ergebnis mit positiver Wahrscheinlichkeit bei jeder Aktion des Agenten auftritt^®^^: (8)

VakeAK,er€ER: f(er|ak) > 0.

Fiir jede bedingte Dichtefunktion f existiert ihre bedingte Verteilungsfunktion F^^^\ er"^

(9)

VakeAK,er^eER: F(er>k) = Jf (er | ak) der .

Sie gibt die Wahrscheinlichkeit dafiir an, dass bei einer bestimmten Aktion ak des Agenten das Ergebnis er"^ oder ein „niedrigeres" Ergebnis (er < er"^) realisiert wird^^\ Es existiert fiir jedes Ergebnis er die partielle Ableitung der bedingten Verteilungsfunktion F nach ak und es gilt^^^^: (10) VakeAK, ereER: [F^(er|ak) v(er,za) = v(er-za). Die Kombination aus Ergebnis und Zahlung wird als monetare RestgroBe aufgefasst, bei der von dem in monetaren Einheiten gemessenen Ergebnis er die Zahlung za an den Agenten abgezogen wird. Daher wird die Nutzenfunktion des Prinzipals durch v(er-za) notiert. Die Nutzenfunktion v des Prinzipals verhalt sich unter diesen Voraussetzungen hinsichtlich der monetaren RestgroBe (er-za) stetig, streng monoton steigend und zweifach differenzierbar. Der Prinzipal ist entweder risikoneutral oder risikoavers: (14) v^er-za) > 0, v'Xer-za) < 0.

217)

218) 219) 220) 221)

Da durch den Nachweis, dass die Ergebnisverteilungsformulierung aligemeiner ist als die Zustandsraumformulierung, keine neuartigen Erkenntnisse zu erwarten sind, wird darauf verzichtet. Stattdessen sei auf die Quellenangaben in der vorangegangenen FuBnote verwiesen. Vgl. zu (Bernoulli-) Nutzenfunktion Bamberg (2002), S. 81 ff.; Klein (2004), S. 92 ff. u. 397 ff.; Kleine (1995), S. 8 ff.; Laux (2003), S. 20 ff.; Mas-Colell (1995), S. 45 ff. Vgl. Kleine (1995), S. 49. Vgl. zur Linearitat und Konkavitat einer Nutzenfunktion Bamberger (2002), S. 92 ff. Vgl. zur Nutzenfunktion des Prinzipals beispielsweise Hartmann-Wendels (1991), S. 147; Holmstrom (1979), S. 75 f.; Grossman (1983), S. 17; Rees (1985a), S. 4.

55

Wenn der Prinzipal risikoneutral ist, dann wird eine lineare Nutzenfunktion vorausgesetzt; die zweite Ableitung ist gleich Null (v"(er-zr(er)) = 0). Wenn der Prinzipal hingegen risikoavers ist, dann ist die zweite Ableitung kleiner Null (v''(er -zr(er)) < 0), und die Nutzenfunktion des Prinzipals hat einen konkaven Veriauf. Der Agent erhalt vom Prinzipal eine Zahlung. Diese Zahlung und sein Arbeitseinsatz gehen in seine Nutzenfunktion u ein. Der Arbeitseinsatz wird jedoch im Standardmodell nicht direkt gemessen. Stattdessen wird die Aktion ak, die durch den Arbeitseinsatz realisiert wird, als ErsatzgroBe fiir den Arbeitseinsatz verwendet^^^l Die Nutzenfunktion u ordnet jeder Kombination aus Zahlung za und Aktion ak des Agenten einen reellwertigen Nutzenwert zu^^^^: (15) u: ZA X AK ^ M (za,ak) i-> u(za,ak). Die Nutzenfunktion u des Agenten verhalt sich hinsichtlich der Zahlung za und der Aktion ak ebenfalls stetig, streng monoton steigend und zweifach differenzierbar. Der Agent ist abermals entweder risikoneutral (Uza.za(za,ak) = 0) oder risikoavers (Uza.za(za,ak) < 0): (16) Uza(za,ak) > 0, Uza.za(za,ak) < 0. Dariiber hinaus wird im Standardmodell unterstellt, dass der Agent zur Messung seines Arbeitseinsatzes die Aktionen aus der kontinuierlichen, vollstandig geordneten Aktionsmenge AK (1) verwendet. Daher lasst sich die Marginalanalyse auch auf den Nutzen des Agenten in Abhangigkeit von seinen Aktionen (als ErsatzgroBe fiir seinen Arbeitseinsatz) anwenden. Es wird davon ausgegangen, dass der Agent durch die Aktion eine Nutzenminderung mit nichtabnehmendem Grenznutzen aus der Aktion erfahrt^^'^^* (17) Uak(za,ak) < 0, Uak.ak(za,ak) > 0. Haufig wird von einer speziellen Nutzenfunktion des Agenten ausgegangen: Es wird angenommen, dass die Nutzenfunktion u des Agenten in den Komponenten Zahlung und Aktion additiv separierbar ist^^^: (18) u(za,ak) = mu(za) - du(ak).

222)

223) 224) 225)

56

iJber das Verhaltnis zwischen Arbeitseinsatz und dadurch realisierter Aktion schweigt sich die PrinzipalAgent-Theorie aus. Sie erweist sich in dieser Hinsicht als erweiterungsbediirftig. Im Folgenden wird ein linearer Zusammenhang zwischen Arbeitseinsatz und Aktion unterstellt. Vgl. zur Nutzenfunktion des Agenten beispielsweise Hartmann-Wendels (1991), S. 140; Demougin (2001), S. 47; Rees (1985a), S. 4. Vgl. Kiener (1990), S. 43. Vgl. zur Separabilitat der Nutzenfunktion des Agenten Demougin (2001), S. 47; Grossman (1983), S. 10 f.; Holmstrom (1979), S. 76; Kleine (1995), S. 49; Klinkert (1999), S. 149 f.; Lambert (2001), S. 11; Schweizer (1999), S. 129. Dariiber hinaus ist ebenso eine multiplikativ separable Nutzenfunktion vorstellbar. Sie ist definiert als: mu(za)du(ak). Vgl. fur eine allgemeine Formulierung der Separabilitat Grossman (1983), S. 10 f., ohne auf die additive oder multiplikative Separabilitat einzuschranken.

Die Funktion: (19) mu:ZA-> R za i-> mu(za) gibt dabei den monetaren Nutzen der Zahlung za an. Diese monetare Nutzenfunktion mu ist stetig, streng monoton steigend und linear (im Falle eines risikoneutralen Agenten) oder konkav (im Fall eines risikoaversen Agenten)^^^^: (20) mu'(za) > 0, mu''(za) < 0. Fiir die monetare Nutzenfunktion mu existiert aufgrund ihrer strengen Monotonie ihre Umkehrfunktion mu'\ (21) mu^ R->ZA. Die Umkehrfunktion mu'^ gibt die Zahlung zaeZA an, bei der der Agent einen bestimmten monetaren Nutzen mu(za) erreicht: (22) mu'*(mu(za)) = za. Da die Nutzenfunktion mu streng monoton steigt und linear oder konkav verlaufl, ist ihre Umkehrfunktion mu"^ streng monoton steigend und linear oder konvex: (23) mu"''(mu(za)) > 0, mu-^''(mu(za)) >0. Die Funktion: (24) du: AK -^ M ak h^ du(ak) reprasentiert den Nutzenverlust des Agenten durch die ausgewahlte Aktion. Sie driickt das Arbeitsleid des Agenten aus und wird fortan als Disnutzenfunktion bezeichnet. Fiir die Disnutzenfunktion gilt, dass sie stetig, streng monoton steigend ist und dass der marginale Disnutzen aus der Aktion nicht fallend ist^^^^: (25) du'(ak) > 0, du''(ak) > 0. 226) 227)

Vgl. Demougin (2001), S. 47; Kreps (1994), S. 529. Vgl, Demougin (2001), S. 47. In der Literatur wird haufig vereinbart, dass der marginale Disnutzen steigend ist: du''(ak) > 0; vgl. z.B, Kleine (1995), S. 55. In dieser Untersuchung wird eine allgemeine Spezifikation praferiert, bei der der marginale Disnutzen aus der Aktion des Agenten nicht fellend ist: du''(ak) > 0. Denn mitunter wird die Disnutzenfimktion des Agenten durch du(ak) = ak interpretiert; vgl. z.B. Rogerson (1985b), S. 1358. In diesem Fall ware die marginale Disnutzenfunktion nicht steigend: du''(ak) = 0.

57

Die (additive^^^^ Separierbarkeit der Nutzenfunktion u des Agenten bedeutet, dass die Nutzenminderung, die von der Aktion des Agenten ausgeht, unabhangig davon ist, welche Zahlung der Agent erhalt^^^^ Ebenso ist der monetare Nutzen des Agenten, der von der Zahlung ausgeht, unabhangig von der Aktion des Agenten. Die Argumente der Nutzenfunktionen u und v machen den Interessenskonflikt zwischen dem Prinzipal und dem Agenten deutlich. Die Zahlung za und die Aktion ak sind die Argumente der Nutzenfunktion u des Agenten. Fiir seine Aktion erhalt der Agent eine Zahlung vom Prinzipal. Diese Zahlung za erhoht, die Aktion ak mindert hingegen den Nutzen des Agenten. Daher ist der Agent bestrebt, bei hoher Zahlung einen geringen Arbeitseinsatz zu leisten. Hingegen wird der Nutzen des Prinzipals durch das Ergebnis er positiv und durch die Zahlung za negativ beeinflusst. Der Prinzipal ist daher an einem hohen Ergebnis bei geringer Zahlung an den Agenten interessiert. Da mit zunehmendem Arbeitseinsatz die Wahrscheinlichkeit fiir ein „hohes" Ergebnis steigt (11), ist der Prinzipal an einem hohen Arbeitseinsatz seitens des Agenten interessiert. Im Rahmen der Vertragsbeziehung wird der Agent nur dann um die Erzielung eines Aktionsniveaus mit einem hohen Arbeitseinsatz bemuht sein, wenn eine aus Sicht des Prinzipals vorteilhafte Aktion mit einer entsprechend hohen Zahlung honoriert wird. Der Prinzipal kann die Zahlung als ein Anreizinstrument benutzen, um dadurch auf die Aktion des Agenten Einfluss zu nehmen. Da der Prinzipal mit Hilfe der Dichtefunktion f Erwartungsurteile uber die Beziehung zwischen Aktionen ak und Ergebnisse er bildet und die Nutzenfunktion u des Agenten kennt, kann er die Reaktion des Agenten auf eine bestimmte Zahlung antizipieren. Beispielsweise kann der Prinzipal vorhersehen, dass eine fixe Zahlung bei asymmetrischer Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent nicht anreizwirksam ist. Denn der Agent wiirde bei einer fixen Zahlung diejenige Aktion auswahlen, bei der er seinen Disnutzen minimiert. Dies ware eine Aktion auf niedrigst moglichem Niveau, die sich mit minimalem Arbeitseinsatz des Agenten realisieren lasst. Diese „minimale" Aktion wiirde gemaB der bedingten Dichtefunktion f fiir den Prinzipal nur ein Ergebnis mit sehr geringem Nutzen fiir den Prinzipal erwarten lassen. Folglich hatte der Prinzipal keinen Anreiz gesetzt, dass der Agent eine im Sinne des Prinzipals vorteilhafte Aktion ausfiihrt. Daher wird der Prinzipal die Zahlung an den Agenten an jene GroBe koppeln, die den Agenten dazu motiviert, im Sinne des Prinzipals zu handeln, d.h. eine Aktion auszufuhren, die unter den gegebenen Randbedingungen den Nutzen des Prinzipals maximiert. Als Grundlage fiir die Zahlung kommen nur diejenigen GroBen in Betracht, die von beiden Akteuren beobachtet werden konnen. Da die Aktion des Agenten vom Prinzipal nicht beobachtet werden kann (Pramisse aller Hidden-Action-Modelle) oder die Beobachtung prohibitiv hohe Kosten verursacht, kommt als einzige GroBe fiir eine 2^hlungsregel das Ergebnis ereER in Betracht^^^l Daher wird der Prinzipal in der Zahlungsregel^^^^ die von ihm zu leistende Zahlung an das vom Agenten bewirkte Ergebnis koppeln. 228) 229) 230) 231)

58

Dieser Zusammenhang gilt ebenso fiir multiplikativ separierbare Nutzenfunktionen. Vgl. Hartmann-Wendels (1991), S. 163. Eigentlich handelt es sich bei der Zahlungsregei zr um eine Zahlungsfunktion. Die beiden Bezeichnungen Zahlungsregei und Zahlungsfunktion werden in dieser Untersuchung als Synonyme verwendet. Im Standardmodeli stehen dem Prinzipal keine weiteren GroBen (Signale) als Grundlage fiir die Zahlungsregei zur Verfiigung („Mono-Signal-ModeH"), Die Variationen des Standardmodells mit mehreren GroBen zur Vertragsgestaltung werden in dieser Untersuchung nicht vertieft.

Fiir die Menge der zulassigen Zahlungsregeln ZR gilt: (26) ZR = {zr I zr: E R - ^ ZA}. Eine ergebnisabhangige Zahlung bewirkt, dass der Agent nicht nur seinen Disnutzen aus der Aktion ak in sein Entscheidungskalkul einbezieht, sondem auch seinen monetaren Nutzen aus der ergebnisabhangigen Zahlung. Aufgrund der stochastischen Beziehung zwischen Aktion und Ergebnis ist mit einer ergebnisabhangigen Zahlung auch die Ubernahme von Risiko durch den Agenten verbunden. Zu einer Ubernahme von Risiko ist der Agent aber nur dann bereit, wenn er eine zusatzliche Risikopramie erhalt^^^l Folglich tritt neben der Anreizwirkung einer Zahlungsregel zr als zweites Teilziel des Prinzipals die optimale Risikoallokation hinzu. Diese Zielsetzung muss aber nur darm beriicksichtigt werden, wenn fiir den Agenten Risikoaspekte relevant sind, d.h. wenn er risikoavers ist. Ein auf der Zahlungsregel zr basierender Vertrag ist vollstdndig^^^\ Zwar wird durch diese Zahlungsregel nicht ausdriicklich vereinbart, welche Aktion der Agent innerhalb der Vertragsbeziehung ausfuhren soil. Jedoch bleiben keine offenen Fragen, die der Prinzipal und der Agent nach Vertragsabschluss klaren miissten. AuBerdem handelt es sich bei einem Vertrag, der auf der Zahlungsregel zr basiert, um einen expliziten Vertag, d.h. im Falle eines Vertragsbruchs konnen Gerichte angerufen werden, um die Erfullung des Vertrags durchzusetzen. Sowohl der Prinzipal als auch der Agent sind bestrebt, ihren Nutzen zu maximieren. Da die exogene StorgroBe mit Unsicherheit behaftet ist und die Risikopraferenzen der Akteure in die eingangs vorausgesetzten BemouUi-Nutzenfunktionen der beiden Akteure integriert sind, gehen Prinzipal und Agent zur Maximierung des Erwartungswerts ihrer BemouUi-Nutzenfunktionen (Erwartungsnutzen) iiber. Die Erwartungsurteile konnen aus personlichen Erfahrungen Oder das Ergebnis von Analyse- oder Prognoseverfahren sein. Die Grundlage fur die Erwartungsbildung ist die bedingte Dichtefunktion f. Der Prinzipal und der Agent besitzen homogene Erwartungsurteile. In der Regel wird davon ausgegangen, dass der Prinzipal das Erwartungsurteil des Agenten teilt^^'^l Die formalsprachliche Modellierung des Prinzipal-Agent-Problems aus der speziellen Perspektive der Hidden-Action-Modelle setzt beim Optimierungsproblem des Prinzipals an. Er steht vor dem Problem, eine Zahlungsregel zr*eZR zu spezifizieren, die den Agenten zu einer Aktion motiviert, die im Interesse des Prinzipals liegt, also den Erwartungsnutzen des Prinzipals maximiert. Das Ziel des Prinzipals ist es, durch die Gestaltung dieser Zahlungsregel seinen Erwartungsnutzen zu maximieren^^^^:

232)

233) 234) 235)

Hierbei wird implizit unterstellt, dass die Zahlung die einzige Einkunftsquelle des Agenten ist und er keine Moglichkeit besitzt, z.B. durch Kapitalmarkttransaktionen seine Risikoposition zu verandera; vgl. Hartmann-Wendels (1991), S. 149; Lambert (2001), S. 11. Vgl. dazu die Ausfiihrungen in Kapitel 2.1.2. Vgl. Rees (1985a), S. 5; Sappington (1991), S. 48 („symmetry of precontractual beliefs"). In den Nutzenfunktionen wird gegeniiber ihrer friiheren Formulierung nicht mehr die Zahlung za verwendet, sondem auf das jeweils realisierte Ergebnis zuriickgefiihrt. Diese Riickfiihrung leistet die Zahlungsregel zr mittels der definitorischen Beziehung za = zr(er).

59

(27)

max

J v(er - zr(er)) • f (er | ak) der.

Bei der Gestaltung der Zahlungsregel muss der Prinzipal zwei Nebenbedingungen beriicksichtigen. Erstens muss er sicherstellen, dass der Agent seiner Vertragsofferte tatsachlich zustimmt und die Vertragsbeziehung mit ihm eingeht. Der Agent besitzt ein Anspruchsniveau in Hohe von: (28) u e R . Dieses Anspruchsniveau wird als Reservationsnutzen bezeichnet und ist der Nutzenwert, den der Agent in seiner AuBenoption, z.B. in einer anderen Vertragsbeziehung, auf jeden Fall erreichen karm. Ein Reservationsnutzen des Prinzipals wird innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie nicht beriicksichtigt. Der Verzicht auf die explizite Beriicksichtigung einer Mindestnutzenwahrung beim Prinzipal resultiert aus dem Vertragsvorschlagsrecht des Prinzipals. Dabei wird implizit davon ausgegangen, dass fiir den Prinzipal nur diejenigen Vertrage als Entscheidungsaltemativen in Frage kommen, die ihm einen hinreichend groBen Erwartungsnutzen bieten. Ob der Erwartungsnutzen so gro6 ist, um den Anforderungen des Prinzipals tatsachlich zu geniigen, wird innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie nicht untersucht. Um den Agenten zur Teilnahme an der Vertragsbeziehung zu bewegen, muss der Agent durch die Zahlung za - gemafi der Zahlungsregel zr mit za = zr(er) - mindestens seinen Reservationsnutzen u erreichen^^^\ Ansonsten wird der Agent der Vertragsofferte des Prinzipals nicht zustimmen. Die mit diesem Entscheidungskalkiil des Agenten verbundene Nebenbedingung des Prinzipals wird als Teilnahmebedingung bezeichnet: er

(29) VakeAK,ereER: |u(zr(er),ak)f(er|ak)der>u.

Zweitens muss der Prinzipal bei der Gestaltung der Zahlungsregel bedenken, dass der Agent nachdem er dem Vertragsangebot des Prinzipals zugestimmt hat - diejenige Aktion auswahlen wird, die zur Maximierung des eigenen Erwartungsnutzens fiihrt. Dieses eigenniitzige (opportunistische) Handeln des Agenten beriicksichtigt der Prinzipal bei seiner Optimierung durch die Anreizkompatibilitdtsbedingung: (30) ak*eargmax |u(zr(er),ak)-f(er|ak)der. akeAK •'

236)

60

Innerhalb der Hidden-Action-Modelle und somit auch innerhalb des Standardmodells wird von der keineswegs notwendigen Pramisse ausgegangen, dass sich der Agent im Indifferenzfall zwischen dem Vertragsabschluss und seiner AuBenoption immer zugunsten des Vertragsabschlusses entscheidet; vgi. Grossman (1983), S. 23; Kleine (1995), S. 145; Lambert (2001), S. 16 (Fn. 16); Meinhovel (1999), S. I l l (Fn. 6).

Das Optimierungsproblem des Prinzipals besteht in der Maximierang des Erwartungswerts seiner Zielfunktion unter Berucksichtigung der Teilnahmebedingung und der Anreizkompatibilitatsbedingung. Das durch die Anforderungen (27), (29) und (30) beschriebene Optimierungsproblem des Prinzipals wird als „Pareto-Programm" bezeichnet^^^\ Durch dieses Optimierungsproblem wird eine Zahlungsregel-Aktion-Kombination (zr*,ak*) ermittelt, bei der fur einen durch den Reservationsnutzen u nach unten begrenzten Nutzen des Agenten der Erwartungsnutzen des Prinzipals maximiert wird^^^l Bei der so ermittelten pareto-optimalen Zahlungsregel-Aktion-Kombination^^^^ gibt es keine andere Zahlungsregel-Aktion-Kombination, unter der sich mindestens ein Akteur (Prinzipal oder Agent) besser und kein anderer Akteur schlechter stellt^'^®^ Da der Prinzipal zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Nutzenfunktion u und den Reservationsnutzen u des Agenten sowie die bedingte Dichtefunktion f kennt, wird er auf die Realisierung einer pareto-optimalen Zahlungsregel-Aktion-Kombination bestehen. Wenn eine solche Zahlungsregel-Aktion-Kombination existiert und der Prinzipal die Zahlungsregel dem Agenten offeriert, dann wird der Agent diese Offerte akzeptieren. Denn durch die Zahlungsregel zr* erhalt er mindestens seinen Reservationsnutzen u. AuBerdem wird er die Aktion ak* auswahlen, die seinen eigenen Erwartungsnutzen (nicht unterhalb seines Reservationsnutzens u) maximiert. AbschlieBend sind in Abbildung 10 auf der folgenden Seite die Axiome des entfalteten Standardmodells (entsprechend der Ergebnisverteilungsformulierung) zusammengefasst.

237) 238) 239) 240)

Vgl. Terberger (1994), S. 96; Rogerson (1985b), S. 1359 („Pareto-optimization program"). Vgl. Hart (1987), S. 74. In der Literatur wird in der Kegel von pareto-optimalen Vertragen (vgl. Rogerson (1985b), S. 1359) und nicht von pareto-optimalen Zahlungsregel-Aktion-Kombinationen gesprochen. Vgl. Mas-Colell (1995), S. 487 (Fn. 9); Schweizer (1999), S. 25.

61

Axiom formalsprachliche Axiomdefinition mit natuiiichsprachlichen Erlauterungen

1

Menge der Aktionen: ak e AK c R^^

2

Menge der Ergebnisse; er e ER= [er, er] c R

3

Menge der Zahlungen: za e ZA c R

4

Menge der Zahlungsregein: ZR = {zr 1 zr: ER -»• ZA), fiir die Funktion zr ailt: er i-> zr(er) bedingle Dichte- und Verteilungsfunktion: f: ER X AK->• R^„, fiirdie Funktion fgilt: (er.ak) i-*f(er|ak) mit: er

(a) VakeAK: jf(er|ak)der = 1

5

er*

(b) VakeAKereER: F(er|ak) = jf(er | ak) der er

(c) Vaki,ak2eAK,ereER: aki < ak2 -^ ... [F(er|aki) > F(er|ak2) A 3ereER: F(er|aki) > F(er|ak2)l (stochastische Dominanz erster Ordnung) (d) VaksAK.ersER: f(er|ak) > 0 (strikt positive Watirschelnlichkeiten) Nutzenfunktion des Prinzipals; v: ER X ZA -> R, fijr die Funktion v gilt: (er,zr(er)) i-^ v(er,zr(er)) = v(er- zr(er)) mit:

6

(a) v'(er-zr(er))>0 (b) v"(er - zr(er)) < 0 (nicht-risikofreudiger Prinzipal)

7

Nutzenfunktion des Agenten: u: ZA X AK -> R, fiir die Funktion u gilt: (zr(er),ak) i-> u(zr(er),ak) mit: (a) Uzr(er)(zr(er),ak) > 0 (b) Uziier).zr(er)(zr(er),ak) < 0 (nicht-risikofreudiger Agent) (c) Uak(zr(er),ak) < 0 (arbeitsaverser Agent) (d) Uak,ak(zr(er),ak) > 0

8

Zielfunktion des Prinzipals:

9

Reservationsnutzen des Agenten: 3u E R

10

Teilnahmebedingung des Agenten: VakeAK, ereER: ju(zr(er),ak) tier | ak) der > u

11

Anreizkompatibilitatsbedingung des Agenten: ak* e argmax fu(zr(er),ak) -((er | ak) der

er

max zreZR.akeAK

fv(er-zr(er))-f(er|ak)der J er

er

er

Abbildung 10: Axiome fiir das Standardmodell

62

3.2

Vertragsbeziehungen bei symmetrischer und asymmetrischer Informationsverteilung

3.2.1

Vertragsbeziehungen bei symmetrischer Informationsverteilung

Innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie wird zur Untersuchung der Anreiz- imd Risikoallokationswirkung einer Zahlungsregel zr der so genannte First-best-Fall untersucht. Hierbei handelt es sich um eine Vertragsbeziehung zwischen Prinzipal und Agent, bei der die Informationen sowohl vor als auch nach Vertragsabschluss zwischen Prinzipal und Agent symmetrisch verteilt sind^'^^l Folglich handelt es sich um keine „echte" Prinzipal-Agent-Beziehung im Sinne des Kapitels 2.1, insbesondere des Unterkapitels 2.1.5.2.2, Aufgrund der Informationssymmetrie kann der Prinzipal nach Abschluss der Auftragsdurchfuhrung beurteilen, ob der Agent sich im Interesse des Prinzipals engagiert hat. Somit ist der Prinzipal auch nicht mit dem Moral-Hazard-Problem konfrontiert. Die fur die First-best-Vertragsbeziehung ermittelte Zahlungsregel-Aktion-Kombination und die damit korrespondierenden Erwartungsnutzenwerte von Prinzipal und Agent werden als „First-best-L6sung"^'^^^ bezeichnet. Im Gegensatz zur First-best-Losung wird die Second-best-Losung abgegrenzt. Sie stellt sich dann ein, wenn eine „echte" Prinzipal-Agent-Beziehung vorUegt^'^^\ Die Differenz der Erwartungsnutzenwerte des Prinzipals zwischen der Second-best-Losung und der First-best-Losung sind die Agenturkosten. Sie stellen jenen Nutzenverlust des Prinzipals dar, den dieser aufgrund des Interessenskonflikts, der Umweltunsicherheit und der Informationsasymmetrie erleidet^'*'*l Da der Prinzipal die Aktion des Agenten beobachten kann, braucht der Prinzipal bei der Gestaltung der Zahlungsregel den Anreizeffekt einer Zahlungsregel nicht zu beriicksichtigen. Das Vertragsproblem des Prinzipals besteht ausschliefilich aus dem Problem der Aufteilung des risikobehafteten Ergebnisses auf Prinzipal und Agent (Risikoallokation). Um die Zahlungsregel-Aktion-Kombination fur die Vertragsbeziehungen bei symmetrischer Informationsverteilung herzuleiten, seien folgende Axiome zugrunde gelegt (siehe Abbildungen 11 und 12 auf den folgenden Seiten).

241)

242)

243)

244)

Altemativ ware auch der Fall denkbar, dass der Prinzipal zwar die Aktion des Agenten nicht beobachten kann, der Agent sich allerdings kooperativ verhalt und dem Prinzipal wahrheitsgetreu Informationen (Signale) iiber seine Aktion weiterleitet. Dieser Fall wird hier nicht beriicksichtigt. Stattdessen wird weiterhin von einem strikt eigennutzigen Agenten ausgegangen. Vgl. zu den Begriffen ,J^irst-best" und „Second-best" Ewert (1997), S. 417; Lambert (2001), S. 11 f.u. 15 ff; Spremann (1987a), S. 13 f. Die Bezeichnungen First-best und Second-best sind nicht sehr gliicklich gewahlt. Denn bei beiden Losungen handelt es sich um optimale Losungen; einmal bei symmetrischer Informationsverteilung und einmal bei asymmetrischer Informationsverteilung. Durch diese Bezeichnungen wird unter Umstanden verdeckt, dass Informationsrestriktionen genauso relevant sind wie z.B. Restriktionen im Produktionsbereich; vgl. Ewert (1997), S. 417. Allerdings gibt es Hidden-Action-Modelle, in denen die First-best-Losung auch iimerhalb einer „echten" Prinzipal-Agent-Beziehung erreicht werden karm. Auf diesen Aspekt wird in Kapitel 3.2.2 eingegangen, wenn eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung behandelt wird. Hierbei handelt es sich um jene GroBe, die weiter oben (S. 39) als ,3^esidualverluste" eingefiihrt wurde. Eine groBe Schwache des Standardmodells hegt darin, dass die Agenturkosten des Prinzipals nicht explizit hergeleitet werden koimen. Eine solche exphzite Herleitung der Agenturkosten ist z.B. beim LEN-Modell moglich; vgl. zum LEN-Modell Spremann (1987a), S. 17 ff.; Spremann (1987b), S. 341 ff., und die strukturalistische Reformulierung des LEN-Modells in Kapitel 5.2.1.1.2.

63

Axiom formalsprachliche Axiomdefinition mit naturlichsprachlichen Eriauterungen

1

Menge der Aktionen: ak e AK c

2

Menge der Ergebnisse: er e ER= [ er, er] c R

3

Menge der Zahlungen: za E ZA c R

4

R^

Menge der Zahlungsregein: ZR = {zr 1 zr: ER -^ ZA}, fiir die Funktion zr gilt: er \-^ zr(er) bedingte Dichte- und Verteilungsfunktion: f: ER X AK -> R^o, fiir die Funktion f gilt: (er.ak) i-^ f(er|ak) mit: er

(a) Vak€AK:|f(er|ak)der = 1 -

5

6

(b) VakeAK.ereER: F(er|ak) = jf(er | ak) der — (c) Vaki, ak2GAK,erGER: aki < ak2 ->... [F(er|aki) > F(er|ak2) A 3ere ER: F(er|aki) > F(er|ak2)] (stochastische Donfiinanz erster Ordnung) (d)VakeAK,er€ER:f(er|ak)>0 Nutzenfunktion des Prinzipals: v: ER X ZA ^ R, fiir die Funktion v gilt: (er,zr(er)) h^ v(er,zr(er)) = v(er- zr(er)) mit: (a) v'(er-zr(er))>0 (b) v''(er - zr(er)) < 0 (nicht-risikofreudiger Prinzipal) monetare Nutzenfunktion des Agenten: mu: ZA ^ R, fiir die Funktion mu gilt: zr(er) i-^ mu(zr(er)) mit:

7

(a) mu'(zr(er)) > 0 (b) mu"(zr{er)) < 0 (nicht-risikofreudiger Agent)

Abbildung 11: Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem nicht-risikofreudigen Agenten bei symmetrischer Informationsverteilung (1/2)

64

|

Axiom formalsprachliche Definition mit naturiichsprachlichen Eriauterungen

8

Disnutzenfunktion des Agenten: du: AK ~> R, fur die Funktion du gilt: ak \-^ du(ak) mit: (a) du'(ak) > 0 (arteitsaverser Agent)

1

(b)du''(ak)>0

9

(additiv separierbare) Nutzenfunktion des Agenten: u: ZA X AK - ^ E , fur die Funktion u gilt: u(zr(er),ak) = mu(zr{er)) - du(ak)

10

Zielfunktion des Prinzipals:

er

max zreZR.akeAK

11

fv(er - zr(er)) • f (er 1 ak) der J



Reservationsnutzen des Agenten: 3u e M

1 er

12

Teilnahmebedingung des Agenten: VakeAK, ereER: Ju(zr(er),ak) •f(er | ak) der > u —

J

Abbildung 12: Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem nicht-risikofreudigen Agenten bei symmetrischer Informationsverteilung (2/2) Die Menge AK der zulassigen Aktionen des Agenten (Axiom (1)) ist eine Teilmenge der nicht-negativen reellen Zahlen. Die Menge ER der zulassigen Ergebnisse (Axiom (2)) und die Menge 2 ^ der zulassigen Zahlungen (Axiom (3)) entsprechen jeweils einer Teilmenge der Menge der reellen Zahlen. Das Ergebnis er ist mit Unsicherheit behaftet und wird durch eine exogene StorgroBe st verzerrt. Die exogene StorgroBe wird entsprechend der Ergebnisverteilungsformulierung konzeptualisiert: Das Ergebnis wird selbst als Zufallsvariable modelliert. Die Wahrscheinlichkeit fiir das Auftreten eines Ergebnisses er bei einer bestimmten Aktion ak des Agenten wird durch die strikt positive, bedingte Dichtefunktion f angegeben (Axiom (5d)). Dariiber hinaus ist das Axiom der stochastischen Dominanz erster Ordnung erfullt (Axiom (5c)): Je starker sich der Agent anstrengt (ak2 > aki), desto hoher ist die Wahrscheinlichkeit fiir ein hohes Ergebnis. Der Prinzipal ist nicht-risikofreudig (Axiom (6b)). Der Agent besitzt eine additiv separierbare Nutzenfunktion (Axiome (7), (8) und (9)) und ist nichtrisikofreudig (Axiom (7b)) sowie arbeitsavers (Axiom (8a)). AuBerdem besitzt er einen Reservationsnutzen in Hohe von u (Axiom (11)), der durch jeden Vertrag, den der Agent mit dem Prinzipal abschlieBt, mindestens realisiert werden muss. Das Ziel des nicht-risikofreudigen Prinzipals ist es, seinen Erwartungsnutzen aus der Vertragsbeziehung zu maximieren (Axiom (10)). Da der Prinzipal die Aktion des nicht-risikofreudigen Agenten beobachten kann, braucht er bei der Gestaltung der Zahlungsregel zr die Anreizkompatibilitatsbedingung nicht zu beriicksichtigen. Er muss lediglich sicherstellen, dass der Agent aus der Vertragsbeziehung mindestens seinen Reservationsnutzen u erhalt und

65

somit der Vertragsofferte des Prinzipals zustimmt (Axiom (12)). Der Prinzipal maximiert durch die Gestaltung der Zahlungsregel zr seine Zielfunktion: er

(31)

max

fv(er - zr(er)) • f (er | ak) der

unter Beriicksichtigung der Teilnahmebedingung des nicht-risikofreudigen Agenten: er

er

(32) J u(zr(er). ak) • f (er | ak) der > u fmu(zr(er)) • f (er | ak) der - du(ak) > u .

Mit X als Lagrange-Multiplikator fur die Teilnahmebedingung des Agenten (32) lautet die notwendige Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr*, die den Erwartungsnutzen des Prinzipals unter Berucksichtigung der Teilnahmebedingung des Agenten maximiert^"^^^'^^^^: (33) VereER: v'(er-zr*(er)) ^ ^ mu'(zr*(er)) Die notwendige Bedingung besagt, dass bei einer optimalen Zahlungsregel zr* das Verhaltnis der Grenznutzen von Prinzipal und Agent fiir jedes Ergebnis genau dem Lagrange-Multiplikator X entspricht. Aufgrund der Nichtnegativitat der linken Seite^"^^^ von (33) ist der Lagrange-Multiplikator X fiir die Teilnamebedingung des Agenten strikt positiv, d.h.: X, > 0. Bin strikt positiver Lagrange-Multiplikator X impliziert, dass die Teilnahmebedingung des Agenten (32) als Gleichung erfiillt ist und der Agent aus der Vertragsbeziehung genau seinen Reservationsnutzen u erhalten wird^'*^^

245)

246)

Diese Bedingung wurde erstmalig von Borch abgeleitet und wird als Borch-Regel bezeichnet; vgl. Borch (1962), S. 427. Vgl. dariiber hinaus zur notwendigen Bedingung Demougin (2001), S. 51 (dort fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten); Kiener (1990), S. 51; Lambert (2001), S. 13 (dort allerdings fur eine Zahlungsregel, die neben dem Ergebnis auf einem weiteren Signal basiert); Rees (1985a), S. 22; Terberger (1994), S. 94. Bei der Herleitung der notwendigen und hinreichenden Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* wird auf die Erkenntnisse der Variationsrechnung zuruckgegriffen; vgl. zur Variationsrechnung im Allgemeinen Kamien (1991), insbesondere S. 47 ff.; Lawrynowicz (1986), S. 7 ff., und im Kontext der hier behandelten Hidden-Action-Modelle Hartmann-Wendels (1991), S. 346 f.; Kiener (1990), S. 161 ff.; MacDonald (1984), S. 30 ff. Eine explizite und ausfiihrliche Herleitung der notwendigen und hinreichenden Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* bei symmetrischer und asymmetrischer Informationsverteilung findet sich bei Kiener (1990), S. 51 i.V.m. S. 165 ff. Da durch die Herleitung der notwendigen (und spater hinreichenden) Bedingung keine neuartigen Erkenntnisse zu erwarten sind, wird hierauf verzichtet.

247)

Per Annahme gilt: v (er-zr(er)) > 0 (Axiom (6a)) und mu (zr(er)) > 0 (Axiom (7a)); vgl. S. 64.

248)

Vgl. Rees (1985a), S. 7. Wenn der Langrange-Muhiplikator X ungleich Null ist, dann kann immer davon ausgegangen werden, dass die Teilnahmebedingung des Agenten als Gleichung erfiillt ist (vgl. dazu auch Meinhovel (1999), S. 80): Jmu(zr(er)) • f (er | ak) der - du(ak) = u.

66

Mit dem Arrow-Pratt-MaB^"^^^ v'Yer~zr*(er)) v'(er-zr*(er)) als Risikoaversionskoeffizient des Prinzipals und dem Arrow-Pratt-MaB ^_

muV*(er)) mu'(zr*(er))

als Risikoaversionskoeffizient des Agenten lautet die hinreichende Bedingung fur die Optimalitat einer durch (33) charakterisierten Zahlungsregel ZT*^^^\

(34) a + p>0. Folglich ist eine Zahlungsregel zr* dann optimal hinsichtlich der Risikoallokation zwischen Prinzipal und Agent, wenn der Prinzipal und der Agent nicht-risikofreudig sind bei gleichzeitiger Risikoaversion von Prinzipal oder Agent. Die Steigung einer optimalen Zahlungsregel zr* erhalt man, indem die notwendige Bedingung (33) nach dem Ergebnis differenziert wird^^^^: (35) zr*'(er)=

"

a+p

249) Vgl. zum Arrow-Pratt-MaB Arrow (1970), S. 90 ff.; Pratt (1964), S. 125, und dariiber hinaus Bamberg (2002), S. 95 f.; Kiener (1990), S. 44; Kleine (1995), S. 11 f. Fiir risikoneutrale Akteure nimmt das Arrow-Pratt-MaB einen Wert von Null an, fiir risikoaverse einen Wert groBer Null und fiir risikofireudige Akteure einen Wert kleiner Null. 250) Vgl. zur hinreichenden Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* Kiener (1990), S. 52. Vgl. zur Herleitung der hinreichenden Bedingung Kiener (1990), S. 167 f. 251) Vgl. zur Herleitung der Steigung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* Kiener (1990), S. 52 f. i.V.m. S. 167 f.

67

Welcher Akteur bei einer optimalen Zahlungsregel zr* gemaB (35) das Ergebnis- und somit das Einkommensrisiko ubemimmt, lasst sich durch eine Fallunterscheidungen zeigen, wobei exemplarisch zwei^^^^ Falle betrachtet werden: • eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten (a) sowie • eine Vertragsbeziehung zwischen einem Tisikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten (b).

(a)

Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten

Bei einer Vertragsbeziehung zwischen einem risikoav^r5^/i Prinzipal (v''(er-zr(er))0. Dahinter verbirgt sich folgende Heuristik^^^^: Je hoher der Arbeitseinsatz des Agenten ist, den der Prinzipal vom Agenten fordert, desto hoher muss die fixe Zahlung fi an den Agenten sein. Da der Agent arbeitsavers ist^^^\ steigt mit zunehmendem Arbeitseinsatz auch sein Disnutzen. Daher muss der Prinzipal fur einen hoheren Arbeitseinsatz auch eine hohere Zahlung leisten, damit die Gleichung (43) weiterhin erfiillt ist. Der Prinzipal kann aufgrund der Informationssymmetrie die Aktion des Agenten beobachten. In diesem Fall wird der Prinzipal dem Agenten eine Aktion vorschreiben, well die Verietzung dieser Vorschrift vom Prinzipal beobachtet und negativ sanktioniert werden kann. Der Prinzipal wahlt die Aktion ak* so aus, dass sein Erwartungsnutzen - das erwartete Ergebnis abziiglich der fixen Zahlung fi* = fi*(ak) = m u \ u + du(ak)) an den Agenten - maximiert wird^^^:

(46) ak* e arg max jer • f (er | ak) der - mu'^ (u + du(ak)) akeAK

260) 261) 262) 263) 264)

70

Vgl.S.66. Vgl. Demougin (2001), S. 52. Vgl. Demougin (2001), S. 52. Vgl. Axiom (8a) in Abbildung 12 auf S. 65. Vgl. Demougin (2001), S. 52.

Der Prinzipal kann die Aktion ak*, die gemaB Gleichung (46) eraiittelt wird, durch einen Forcing Contract erzwingen^^^l Der Agent konnte zunachst einen Anreiz haben, von der Aktion ak* abzuweichen. Dieses fur den Prinzipal schadliche Handeln des Agenten kann der Prinzipal dadurch verhindem, dass er die Zahlung za an die Aktion ak* des Agenten koppelt^^^^: ,^„, , , f fi* = fi * (ak*) = mu'Vu + du(ak*)), wennak = ak* (47) za = zr(er) = ^ v_ v //' [-co, wenn ak ^t ak *. Der Agent erhalt dann und nur dann die Zahlung fi*(ak*) = mu'^(u + du(ak*)) vom Prinzipal, wenn der Agent sich fiir die optimale Aktion ak* entscheidet. Ansonsten wird der Agent negativ sanktioniert, indem er vom Prinzipal sehr hoch bestraft wird.

Die Ergebnisse der beiden Fallunterscheidungen spiegeln die optimale Risikoallokation zwischen Prinzipal und Agent wieder. Irmerhalb der Vertragsbeziehungen bei symmetrischer Informationsverteilung iibemimmt derjenige Akteur das Risiko, der es am Besten vertragen kann. Bei einer Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten ubemimmt der risikoneutrale Agent das Ergebnis- und somit das Einkommensrisiko. Der risikoaverse Prinzipal verkauft das zukiinftige Ergebnis der Auftragsbeziehung gemaB der optimalen Zahlungsregel (37) an den Agenten und erhalt dafur eine fixe Zahlung fi* (40) vom Agenten. Hierdurch wird der risikoaverse Prinzipal vom risikoneutralen Agenten versichert. Der Agent wird zum „residual claimant" und wahlt jene Aktion ak* (38) aus, die seinen Erwartungsnutzen maximiert. AuBerdem erreicht der Agent bei der optimalen 2^hlungsregel (37) gerade seinen Reservationsnutzen u (39). Hingegen ubemimmt bei einer Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten der Prinzipal voUstandig das Ergebnisrisiko und somit das Einkommensrisiko. Der risikoaverse Agent erhalt bei der optimalen Zahlungsregel (42) unabhangig von der Realisierung des Ergebnisses der Auftragsbeziehung eine fixe Zahlung fi* (44). Abermals „druckt" der Prinzipal den Agenten auf seinen Reservationsnutzen u herunter, d.h., der Agent erreicht bei der optimalen Zahlungsregel (42) aus der Vertragsbeziehung gerade seinen Reservationsnutzen u (43). Da der Prinzipal aufgrund der symmetrischen Informationsverteilung zwischen ihm und dem Agenten die Aktionsauswahl des Agenten beobachten kann, wahlt der Prinzipal eine Aktion ak* (46) aus, die seinen eigenen Erwartungsnutzen maximiert. Diese optimale Aktion ak* setzt der Prinzipal mit Hilfe eines Forcing Contracts gema6 der Zahlungsregel (47) durch.

265) 266)

Vgl. zum Forcing Contract Harris (1979), S. 246; Kiener (1990), S. 62; Kleine (1995), S. 34; Lambert (2001), S. 14; Petersen, Th. (1989), S. 57. Vgl. Harris (1979), S. 246 (Satz 5).

71

3.2.2

Vertragsbeziehungen bei asymmetrischer Informationsverteilung

Im Gegensatz zum First-best-Fall kann der Prinzipal bei Informationsasymmetrie die Aktionsauswahi des Agenten nicht beobachten. Zwar konnte der Prinzipal auch bei Informationsasymmetrie einen Forcing Contract mit einer Zahlungsregel gemaB (47) implementieren. Allerdings ware dieser Vertrag hinsichtlich der Aktion ak*, die vom Prinzipal gewiinscht wird, nur „Makulatur". Denn der Prinzipal ist nicht in der Lage, die Abweichung von der gewiinschten Aktion zu iiberpriifen. Folglich ist er mit Moral Hazard konfrontiert. Daher wird der Prinzipal die 2^hlungsregel zr so gestalten, dass der Agent dazu veranlasst wird, im Sinne des Prinzipals zu handeln. Allerdings muss beriicksichtigt werden, dass mit einer Zahlungsregel zwei Teilziele gleichzeitig verfolgt werden. Zum einen muss die Zahlungsregel den Agenten zu einer Aktion im Sinne des Prinzipals motivieren (Anreizaspekt). Zum anderen muss die Zahlungsregel den Agenten gegen Einkommensrisiken versichem (Risikoallokationsaspekt). Wenn der Agent risikoavers ist, stehen diese beiden Teilziele in einem Konfliktverhaltnis zueinander. Um diesen Konflikt herauszuarbeiten, wird zunachst exemplarisch eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten betrachtet. In dieser Vertragsbeziehung ist es dem Prinzipal moglich, sowohl eine optimale Anreizwirkung als auch eine optimale Risikoallokation zwischen ihm und dem Agenten zu erreichen^^^\ Die Abbildungen 13 und 14 auf den beiden nachfolgenden Seiten geben die Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung wieder.

267)

72

Es lasst sich prinzipiell zeigen, dass eine optimale Anreizwirkung und eine optimale Risikoallokation gleichzeitig erreicht werden konnen, wenn der Agent risikoneutral ist; vgl. dazu Shavell (1979), S. 59 u. 64, und dariiber hinaus Kiener (1990), S. 66 f. Eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten wurde in dieser Untersuchung deswegen ausgewahlt, um sie mit einer „aquivalenten" Vertragsbeziehung bei symmetrischer Informationsverteilung (vgl. Kapitel 3.2,1) zu vergleichen.

Axiom formalsprachliche Axiomdefinition mit naturlichsprachlichen Eriauterungen

1

Menge der Aktionen: ak e AK c R ^

2

Menge der Ergebnisse: er e ER= [ er, er] c E

3

Menge der Zahlungen: za € ZA e M

4

Menge der Zahlungsregein: ZR = {zr 1 zr: ER -> ZA}, fiir die Funktion zr gilt: er h^ zr(er) bedingte Dichte- und Verteilungsfunktion: f: ER X AK ^ R^o, fiir die Funktion f gilt: (er,ak) \-^ f(er|ak) mit:

1

1

er

(a) Vak€AK: Jf(er|ak)der = 1 —

5

(b) VakeAK.ereER: F(er|ak) = |f(er | ak) der (c) Vaki, ak2eAK,ereER: aki < ak2 -^... [F{er|aki) > F(er|ak2) A 3ereER: F(er|aki) > F(er|ak2)] (stochastische Dominanz erster Ordnung) (d)VakeAK,erGER:f(er|ak)>0 Nutzenfunktion des Prinzipals: v: ER X ZA -> R, fiir die Funktion v gilt: (er,zr(er)) h^ v(er,zr(er)) = v(er- zr(er)) mit:

6

(a) v'{er-zr(er))>0 (b) v''(er - zr(er)) < 0 (risikoaverser Prinzipal) monetare Nutzenfunktion des Agenten: mu: ZA - ^ R, fiir die Funktion mu gilt: zr(er) \-^ mu(zr(er)) mit:

7

1

(a) mu'(zr(er)) > 0 (b) mu''(zr(er)) = 0 (risikoneutraler Agent) Disnutzenfunktion des Agenten: du: AK ^ R, fiir die Funktion du gilt: ak h^ du(ak) mit:

8

1

(a) du'{ak) > 0 {arbeitsaverser Agent) (b)du^'(ak)>0

9

(additiv separierbare) Nutzenfunktion des Agenten: u: ZA X AK -> R, fiir die Funktion u gilt: u(zr(er),ak) = mu(zr(er)) - du(ak)

Abbildung 13: Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einemrisikoaversenPrinzipal und einemrisikoneutralenAgenten bei asymmetrischer Informationsverteilung (1/2)

73

Axiom formalsprachliche Definition mit naturlichsprachliclien Eriauterungen

10

Zielfunktion des Prinzipals:

max

fv(er - zr(er)) • f (er | ak) der

11

Reservationsnutzen des Agenten: 3u e E

12

Teilnahmebedjngung des Agenten: VakeAK, ereER: fu(zr(er),ak) -fter | ak) der > u

13

Anreizkompatibilitatsbedingung des Agenten: ak* G argmax fu(zr(er),ak) • f(er | ak) der

zreZR.akeAK J

Abbildung 14: Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung (2/2)

Fiir diese Vertragsbeziehung sei die Quasi-Verkaufslosung betrachtet, die im vorangegangen Kapitel (vgl. (37) auf S. 68) als optimale Zahlungsregel zr* fur eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten bei symmetrischer Informationsverteilung herausgearbeitet wurde^^^: (48) zr*(er) = e r - f i m i t : f i e F I c E ^ . Bei dieser Zahlungsregel zr* (48) ist das Maximierungsproblem des Agenten identisch mit dem Maximierungsproblem eines risikoneutralen Agenten bei symmetrischer Informationsverteilung. Der risikoneutrale Agent, der die Zahlungsregel (48) akzeptiert und die Vertragsbeziehung mit dem Prinzipal eingeht, wird diejenige Aktion ak* auswahlen, die der Agent auch bei symmetrischer Informationsverteilung auswahlen wiirde^^^^: er

(49) ak* G arg max J er • f (er I ak) der - fi - du(ak)

Da durch die Erhohung der fixen Zahlung fi der Nutzen des Prinzipals steigt, wird der Prinzipal die optimale fixe Zahlung fi* so hoch wie moglich wahlen. Dabei muss der Prinzipal beriicksichtigen, dass der Agent der Vertragsofferte zustimmt (Teilnahmebedingung). Der Prinzipal wird zur Maximierung seines Nutzens die Zahlung fi so weit anheben, bis der Agent 268)

269)

74

Vgl. Demougin (2001), S. 53 f. (fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten); Kiipper (2001), S. 54 (ohne auf eine additiv separierbare Nutzenfunktion einzuschranken), und dariiber hinaus Shavell (1979), S, 59 u. 64 (fur eine Vertragsbeziehung zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten, ohne auf eine additiv separierbare Nutzenfunktion einzuschranken); Kiener (1990), S. 66 f. (rudimentar); Petersen, Th. (1989), S. 58 f. (rudimentar). Vgl. dazu die Ausfiihrungen im vorangegangenen Kapitel.

droht, wegen Unterschreitung seines Reservationsnutzens u den Vertrag abzulehnen. Im Optimum wird der Erwartungsnutzen des Agenten gerade seinem Reservationsnutzen u entspreChen""': (50) Jerf(er|ak)der-fi-du(ak) = u.

Somit gilt fur die optimale fixe Zahlung fi*: er

(51) fi* = |er.f(er|ak)der-du(ak)-u.

Obgleich der Prinzipal in dieser Vertragsbeziehung die Aktion des Agenten nicht zu beobachten vermag, kann er durch die Quasi-Verkaufslosung das Moral-Hazard-Problem voUstandig „eliminieren". Hierzu iibertragt der Prinzipal gemafi der optimalen Zahlungsregel zr* (48) dem Agenten das Ergebnis- und somit das Einkommensrisiko und erhalt vom Agenten eine fixe Zahlung fi* (51). Dadurch wird sowohl eine optimale Anreizwirkung als auch eine optimale Risikoallokation erreicht. Zum einen ist der Agent fur das Ergebnis voUstandig verantwortlich und wird jene Aktion ak* (49) auswahlen, die er auch bei symmetrischer Informationsverteilung auswahlen wiirde. Zum anderen versichert der risikoneutrale Agent den risikoaversen Prinzipal voUstandig gegeniiber Einkommensrisiken. AuBerdem erreicht der Agent bei der optimalen Zahlungsregel (48) genau seinen Reservationsnutzen u (50). Eine Quasi-Verkaufslosung ist allerdings unter zwei Bedingungen nicht realisierbar^^^l Erstens kann die Quasi-Verkaufslosung daran scheitem, dass der Agent nicht iiber ausreichende Zahlungsmittel verfugt (Zahlungsmittelbeschrankung) und daher die fixe Zahlung fi* an den Prinzipal nicht aufbringen kann^^^\ In diesem Fall wird ein zahlungsmittelbeschrankter Agent der Vertragsofferte nicht zustimmen konnen, und es wird zu keiner Vertragsbeziehung zwischen Prinzipal und Agent kommen. Zweitens kann eine Quasi-Verkaufslosung an der Risikoaversion des Agenten scheitem. Wenn der Agent risikoavers ist, dann muss der Prinzipal bei der Gestaltung der Zahlungsregel neben der Anreizwirkung auch den mit der Zahlungsregel verbundenen Effekt der Risikoallokation beriicksichtigen. 270) 271) 272)

Vgl. Demougin (2001), S. 54. Zur Herleitung dieser Gleichung wird die optimale Zahlungsregel (37) in die Teilnahmebedingung des Agenten, die als Gleichung erfullt ist, eingesetzt. Vgl. Demougin (2001), S. 54; Jost (2001), S. 22 f.; Lambert (2001), S. 13 f. Auf den ersten Blick ist die Zahlungsmittelbeschrankung des Agenten unproblematisch. Denn gemafi dem zeitlichen Ablauf einer Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action (vgl. Abbildung 5) wird zunachst das Ergebnis er realisiert und erst dann erfolgt der Transfer des Entgelts zwischen Prinzipal und Agent. Insofem kann der Agent bis zur Realisierung des Ergebnisses er warten und anschliefiend dem Prinzipal das fixe Entgelt fi* zahlen. Das ist bei einem zahlungsmittelbeschrankten Agenten aber nur dann moglich, wenn fur das realisierte Ergebnis gilt: er > fi*. Andemfalls wird der Agent bei er < fi* den Differenzbetrag fi* - er aus seinem eigenen Vermogen auflDringen mussen. Da ein zahlungsmittelbeschrankter Agent kein eigenes Vermogen besitzt, kann der Agent den oben genannten Differenzbetrag auch nicht aufbringen.

75

Fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung wurde oben (S. 74 ff.) gezeigt, dass eine optimale Anreizwirkung dadurch erreicht wird, dass dem Agenten das gesamte Risiko „auferlegt" wird und der risikoaverse Prinzipal im Gegenzug vollstandig versichert wird. Wenn der Agent hingegen risikoavers ist, dann ist die einseitige Risikoallokation zulasten des Agenten nicht mehr optimal. Insbesondere wird ein risikoaverser Agent eine durch (48) charakterisierte Zahlungsregel nicht mehr akzeptieren. Um den Agenten zur Annahme der Zahlungsregel zu bewegen, muss der Prinzipal ihm eine hohere fixe Zahlung fi anbieten und ihm somit eine Risikopramie geben. Fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten bei symmetrischer Informationsverteilung wurde hingegen gezeigt, dass aus der Perspektive der Risikoallokation eine fixe Zahlung gemafi (42) optimal ist. Hierbei tragt der Prinzipal das gesamte Risiko, und der Agent wird im Gegenzug vollstandig versichert. Diese fixe Zahlung ist fiir den Prinzipal bei Informationsasymmetrie problematisch^^^l Denn dem Agenten werden hierdurch keine Anreize fiir einen hohen Arbeitseinsatz gegeben. Folglich muss die optimale Zahlungsregel fiir eine Vertragsbeziehung mit einem risikoaversen Agenten bei Informationsasymmetrie einen Kompromiss herstellen zwischen: •

optimaler Anreizwirkung und



optimaler Risikoallokation.

Um diesen Kompromiss aufzuzeigen, wird exemplarisch eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten untersucht. Dabei wird von folgenden Axiomen ausgegangen (siehe die Abbildungen 15 und 16 auf den beiden folgenden Seiten)^^^>.

273) 274)

76

Vgl. dazu die Argumentation auf S. 58 f. In der Literatur wird der Kompromiss zwischen optimaler Risikoallokation und optimaler Anreizwirkung haufig an einer Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten dargestellt; vgl. z.B. Holmstrom (1979), S. 75 ff.; Hartmann-Wendels (1991), S. 145 ff.; Kiener (1990), S. 67 ff.; Meinhovel (1999), S. 78 ff. Aus GrUnden der Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen aus dem Kapitel 3.2.1 wird hier eine Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten betrachtet.

Axiom formalsprachliche Axiomdefinition mit naturlichsprachlichen Eriauterungen

1

Menge der Aktionen: ak € AK c R^Q

2

Menge der Ergebnisse: er G ER= [ er, er] C M

3

Menge der Zahlungen: za e ZA c M

4

|

Menge der Zahlungsregein: ZR = {zr 1 zr: ER -> ZA}, fur die Funktion zr gilt: er \-^ zr(er) bedingte Dichte- und Verteilungsfunktion: f: ER X AK ^ R^, fiir die Funktion f gilt: (er.ak) h-» f(er|ak) mIt: er

(a) VakGAK:|f(er|ak)der = 1 —

5

6

er"^

(b) Vak6AK.erGER: F(er|ak) = Jf(er | ak) der — (c) Vaki,ak2GAK,erGER: aki < ak2 - > . . . [F(er|aki) > F(er|ak2) A BereER: F(er|aki) > F(er|ak2)] (stochastische Dominanz erster Ordnung) (d)Vak€AK,er€ER:f(er|ak)>0 Nutzenfunktion des Prinzipals: v: ER X ZA -> R, fur die Funktion v gilt: (er,zr(er)) h-» v(er,zr(er)) = v(er- zr(er)) mit:

1

(a) v'{er-zr(er))>0 (b) v''(er - zr(er)) = 0 (risikoneutraler Prinzipal) monetare Nutzenfunktion des Agenten: mu: ZA - ^ R, fur die Funktion mu gilt: zr(er) H^ mu(zr(er)) mit:

7

1

(a) mu'(zr(er)) > 0 (b) mu''(zr(er)) < 0 (risikoaverser Agent)

8

DIsnutzenfunktion des Agenten: du: AK - ^ R, fur die Funktion du gilt: ak i-^ du(ak) mit: (a) du'(ak) > 0 (arbeitsaverser Agent)

1

(b)du''(ak)>0

Abbildung 15: Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einemrisikoneutralenPrinzipal und einemrisikoaversenAgenten bei asymmetrischer Informationsverteilung (1/2)

77

Axiom

formalsprachliche Definition mit naturliclisprachlichen Erlauterungen

(additiv separierbare) Nutzenfunktion des Agenten: u: ZA X AK ^

R, fur die Funktion u gilt: u(zr(er),ak) = mu(zr(er)) - du(ak)

10

Zielfunktion des Prinzipals:

11

Reservationsnutzen des Agenten: 3u

12

Teiinatimebedingung des Agenten: VakeAK, ereER: Ju(zr(er),ak) • f(er | ak) der > u

13

Anreizkompatlbilitatsbedingung des Agenten: ak* s argmax fu(zr{er),ak) • f(er | ak) der

max

fv(er-zr(er))-f(er|ak)der

zreZR.akeAK J

akeAK J

Abbildung 16: Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung (2/2)

Bei einer Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung maximiert der risikoneutrale Prinzipal seinen Erwartungsnutzen durch die Wahl der Zahlungsregel zr:

(52)

275)

78

max

|v(er-zr(er))f(er|ak)der 275)

In der Literatur lassen sich zwei Ansatze identifizieren, urn die Risikoneutralitat des Prinzipals bei der Herleitung der notwendigen und hinreichenden Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* sowie der Steigung dieser Zahlungsregel zr* zu beriicksichtigen. Erstens wird die Nutzenfunktion v des risikoneutralen Prinzipals durch: v(er - zr(er)) = er - zr(er) interpretiert und anschlieBend werden mittels der interpretierten Nutzenfunktion v die Ergebnisse hergeleitet; vgl. z.B. Demougin (2001), S. 55 ff.; Jewitt (1988), S. 1178 ff. Zweitens erfolgt die Herleitung der Ergebnisse mit der uninterprelierten Nutzenfunktion v unter der Annahme, dass der Prinzipal nicht-risikofreudig ist. D.h., der Prinzipal kann hierbei sowohl risikoneutral als auch risikoavers sein; vgl. z.B. Holmstrom (1979), S. 76 ff.; Kiener (1990), S. 67 ff. In dieser Untersuchung wird zur Herleitung der notwendigen und hinreichenden Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* sowie der Steigung dieser Zahlungsregel zr* der zweite Ansatz praferierl. D.h., die notwendige Bedingung und die hinreichende Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* sowie die Steigung der optimalen Zahlungsregel zr* werden zunachst mit der uninterpretierten Nutzenfunktion V des Prinzipals ermittelt. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass die Ergebnisse allgemein dargestellt werden. Die Nutzenfunktion v des Prinzipals wird aber immer dann interpretiert, wenn die hergeleiteten Ergebnisse fiir eine Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten mit den Ergebnissen einer „aquivalenten" Vertragsbeziehung bei symmetrischer Informationsverteilung verglichen werden.

unter der Restriktion der Teilnahme- und Anreizkompatibilitatsbedingung des risikoaversen Agenten: er

(53)

er

ju(zr(er), ak) • f (er | ak) der > u u er

CT

er

(54) ak*€argmax |u(zr(er),ak)-f(er|ak)der ak£AK •'

er

ak* e arg max jmu(zr(er)) • f (er | ak) der - du(ak)

Bei der Herleitung der notwendigen und hinreichenden Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* wird eine Vereinfachung vorgenommen. Die Anreizkompatibilitatsbedingung des Agenten (54) wird durch die notwendige Bedingung fiir eine erwartungsnutzenmaximale Aktion - die so genannte „First-Order Condition" - des Agenten ersetzt: er

(55)

jmu(zr(er)) • f^ (er | ak) der - du^ak) = 0 .

Daher wird diese Vorgehensweise als First-Order-Ansatz^^^^ bezeichnet. Nach Ersetzen der Anreizkompatibilitatsbedingung durch die First-Order-Condition lautet das Optimierungsproblem des Prinzipals^^^^:

(56)

max

fv(er - zr(er)) • f (er | ak) der

zreZR.aksAK •

unter der Restriktion der Teilnahmebedingung und der First-Order Condition des risikoaversen Agenten: er

(57)

276)

277)

jmu(zr(er)) • f (er | ak) der - du(ak) > u

Vgl. zum First-Order-Ansatz Alvi (1997), S. 59; Hartmann-Wendels (1991), S. 153 ff.; Holmstrom (1979), S. 77 f.; Jewitt (1988), S. 1178 ff.; Kiener (1990), S. 67 u. S. 168 f.; Kreps (1994), S. 545 ff.; UCalci (2003), S. 168 ff.; Rees (1985a), S. 18 ff.; Salanie (1997), S. 124 f.; Rogerson (1985b), S. 1360 ff. Das modifizierte Optimierungsproblem des Prinzipals wird auch als „relaxed program" bezeichnet; vgl. Rogerson (1985b), S. 1359. Wegen der Veraachlassigung der hinreichenden Bedingung fiir die erwartungsnutzenmaximale Aktion des Agenten ist die First-Order-Condition nicht aquivalent zur Anreizkompatibilitatsbedingung. Durch die First-Order-Condition wird weniger („relaxed") gefordert als durch die Anreizkompatibilitatsbedingung.

79

(58) jmu(zr(er)) • f,^ (er | ak) der - du '(ak) = 0.

Mit X und ri als Lagrange-Multiplikatoren fur die Teilnahmebedingung (57) bzw. die FirstOrder-Condition (58) des Agenten gilt als notwendige Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr*, die den Erwartungsnutzen des Prinzipals unter Beriicksichtigung der Teilnahmebedingung und der First-Order-Condition des Agenten maximiert^^^^: (59)

VereER:^^(^^-"^*(^^))^;.^rTf^-^^^^l^^l muXzr*(er)) 1^ f(er|ak) )

Bei asymmetrischer Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent erweist es sich als hinreichend fiir die Optimalitat einer durch (59) charakterisierten Zahlungsregel zr*, wenn die Summe der Risikoaversionskoeffizienten von Prinzipal (a) und Agent (p) strikt positiv ist^^^^: (60) a + p > 0 . Die hinreichende Bedingung ist fiir die betrachtete Vertragsbeziehung erfiillt, weil der Prinzipal risikoneutral (a = 0) und der Agent risikoavers (P > 0) ist. Fiir die Vertragsbeziehung bei symmetrischer Informationsverteilung wurde gezeigt, dass eine optimale Risikoallokation dann erreicht wird, wenn das Verhaltnis der Grenznutzen von Prinzipal und Agent fiir alle Ergebnisse dem Lagrange-Multiplikator X fiir die Teilnahmebedingung entspricht (vgl. (33)). Um die gleiche Risikoallokation wie bei einer Vertragsbeziehung bei Informationssymmetrie zu erreichen, muss gelten^^^: (61) Ver€ER:f^-^^^''^^=OvTi^Q

U(er|ak)

278)

279)

280)

80

Bei der Herleitung der notwendigen und hinreichenden Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr*, die den Erwartungsnutzen des Prinzipals unter Beriicksichtigung der Teilnahme- und First-Order-Condition maximiert, wird emeut auf die Erkenntnisse der Variationsrechnung (vgl. zur Variationsrechnung Fn. 246) zuriickgegriffen; da durch die Herleitung der notwendigen (und weiter unten hinreichenden) Bedingung keine neuartigen Erkenntnisse zu erwarten sind, wird hierauf verzichtet. Vgl. zur notwendigen Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel Demougin (2001), S. 61; Holmstrom (1979), S. 77; Jewitt (1988), S. 1179; Kiener (1990), S. 69; Milgrom (1981), S. 386, vgl. zur Herleitung der notwendigen Bedingung Kiener (1990), S. 68 f. i.V.m. S. 165 f. Vgl. Kiener (1990), S. 69 i.V.m. 165. Vgl. dazu auch die hinreichende Bedingung (34) fur eine optimale Zahlungsregel zr* bei symmetrischer Informationsverteilung auf S. 67, bei der ebenfalls gefordert wird, dass die Summe der Risikoaversionskoeffizienten strikt positiv ist. Hierbei handelt es sich um ein Disjugat im einschlieBenden Sinn. Daher wird die gleiche Risikoallokation wie bei einer Vertragsbeziehung bei Informationssymmetrie erreicht, wenn die erste Komponente des Disjugats Oder die zweite Komponente des Disjugats oder beide Komponenten des Disjugats gleichzeitig erfiillt sind. Die gleiche Risikoallokation wie bei symmetrischer Informationsverteilung wird dann nicht erreicht, wenn die erste und die zweite Komponente des Disjugats nicht erfiillt sind.

Die erste Komponente des Disjugats (61) ist aufgrund der strikt positiven bedingten Dichtefunktion^^^^: VakeAK,erEER: f(er|ak) > 0 identisch damit, dass gilt: (62) VereER: fak(er|ak) = 0. Hieraus wiirde aber folgen^^^^: (63) VereER: Fak(er|ak) = 0, was ein Widerspruch zur stochastischen Dominanz erster Ordnung ware. Denn entsprechend der stochastischen Dominanz erster Ordnung^^"^^ gibt es mindestens ein Ergebnis, fur das die nachfolgende Ungleichung erfuUt ist: Fak(er|ak) < 0. Daher kann eine optimale Risikoallokation wie bei einer Vertragsbeziehung bei symmetrischer Informationsverteilung nur dann erreicht werden, wenn die zweite Komponente des Disjugats (61) erfiillt ist, d.h., wenn der Lagrange-Multiplikator r| fiir die First-Order-Condition des Agenten Null ist. Das ist aber nicht der Fall. Denn der Lagrange-Multiplikator tj ist strikt positiv, d.h.: r| > O^^'^l Somit kann bei einer Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und risikoaversen Agenten keine optimale Risikoallokation wie bei einer Vertragsbeziehung bei Informationssymmetrie erreicht werden, was auch durch die Bezeichnung „Second-best"-L6sung zum Ausdruck kommt^^^l AUerdings bedeutet dieser Terminus nicht, dass die ermittelte Zahlungsregel zr* fur die betrachtete Vertragsbeziehung nicht optimal ware. Vielmehr driickt er den Kompromiss zwischen der optimalen Risikoallokation auf der einen und der gegenlaufigen Anreizwirkung auf der anderen Seite aus. Die Berucksichtigung der Anreizwirkung er281) 282) 283) 284)

Vgl. Axiom (5d) in Abbildung 15. Vgl. Kiener (1990), S. 69 f. Vgl. Axiom (5c) in Abbildung 15 i.V.m. den Ausfuhnmgen auf S. 53 f. Es bereitet nicht unerhebliche Schwierigkeiten, diese Ungleichung herzuleiten. Daher wird darauf verzichtet; vgl. zur Herleitung dieser Ungleichung Holmstrom (1979), S. 78 i.V.m. 90; Jewitt (1988), S. 1180 (Fn. 3); Kiener (1990), S. 69; Mirrlees (1976), S. 124. Vgl. Holmstrom (1979), S. 78, und Kiener (1990), S. 69, fiir eine naturlichsprachliche Interpretation des strikt positiven Lagrange-Multiplikators r| fur die First-Order-Condition. Der Lagrange-Multiplikator r\ fur die First-Order-Condition gibt an, wie sich der Erwartungsnutzen des Prinzipals verandem wiirde, wenn die First-Order-Condition um eine marginale Einheit des Arbeitseinsatzes erhoht wird. Da der Lagrange-Muhiplikator r| fur die First-Order-Condition strikt positiv ist, steigt der Erwartungsnutzen des Prinzipals durch eine marginale Steigerung des Arbeitseinsatzes. Trotz der Optimalitat der Zahlungsregel zr* ist der Prinzipal also daran interessiert, dass der Agent seinen Arbeitseinsatz erhoht. Hinsichtlich der Frage, ob der Lagrange-Multiplikator X fiir die Teilnahmebedingung des Agenten ungleich Null ist und somit der Agent aus der Vertragsbeziehung genau seinen Reservationsnutzen u erreichen wird, schweigt sich die Prinzipal-Agent-Theorie aus; vgl. Meinhovel (1999), S. 80. Insofem ist prinzipiell nicht ausgeschlossen, dass der Agent bei einer optimalen Zahlungsregel zr*, die durch die notwendige Bedingung (59) charakterisiert wird, einen Erwartungsnutzen erreichen wird, der hoher ist als sein Reservationsnutzen u. 285) Vgl. Kiener (1990), S. 70.

81

fordert ein Abweichen von der optimalen Risikoallokation, wie sie bei einer symmetrischen Informationsverteilung zwischen dem risikoneutralen Prinzipal und dem risikoaversen Agenten erreicht werden konnte. Dieser Kompromiss zwischen optimaler Risikoallokation und optimaler Anreizwirkung lasst sich an der Steigung einer optimalen Zahlungsregel zr* verdeutlichen. Ein zur Vertragsbeziehung bei symmetrischer Informationsverteilung analoges Vorgehen durch Differenzieren der notwendigen Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* nach dem Ergebnis fiihrt zur Steigung dieser Zahlungsregel^^^^(64) zr^cr)-^ "" i "^ muXzr*(er)) f d y^{€v\ak) a + p a + p vXer-zr*(er)) [dGT J f(er|ak) Unter den bisher getroffenen Annahmen: • risikoneutraler Prinzipal mit steigendem Grenznutzen (v'(er-zr*(er)) > 0, v "(er - zr*(er)) = 0 und somit a = 0)^^^^, •

risikoaverser Agent mit steigendem monetaren Grenznutzen (mu'(zr*(er)) > 0, mu"(zr*(er)) < 0 und somit p > 0)^^^^ sowie



positiver Lagrange-Multiplikator r\ fiir die Anreizkompatibilitatsbedingung

kann keine Aussage iiber die Steigung dieser optimalen Zahlungsregel zr* gemacht werden. Um eine Aussage iiber die Steigung der optimalen Zahlungsregel machen zu konnen, benotigt man zusatzlich Kenntnis iiber das Vorzeichen von: (65) ( ^ Vak(erlak) l^erj f(er(ak) Es lasst sich zeigen, dass die optimale Zahlungsregel zr* dann im Ergebnis monoton steigend ist, wenn gilt^^^: (66) Vak„ak.eAK,er,,er.EER: [ak, 0

(68) z r * - ( e r ) = - ^ ^ - f - ^ . muXzr*(er)) (±YA^r\3k) ^ ^^ a + P a + P v'(er-zr*(er)) {derJ f(er|ak)

Bei einer Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten bei symmetrischer Informationsverteilung ist aus der Perspektive der Risikoallokation eine fixe Zahlung entsprechend der Gleichung (42) optimal. Der risikoneutrale Prinzipal tragt dabei das gesamte Risiko, wahrend der risikoaverse Agent im Gegenzug voUstandig versichert wird. Bei asymmetrischer Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent ist 291)

292) 293) 294)

Vgl. zum monotonen Likelihoodquotienten Demougin (2001), S. 59; Grossman (1983), S. 23 ff.; Lambert (2001), S. 18 f.; Mas-Colell (1995), S. 140; Schweizer (1999), S. 134; Salanie (1997), S. 118 ff.; Kleine (1995), S. 52; Milgrom (1981), S. 383 i.V.m. S. 385 f. Im Allgemeinen stellt ein monotoner Likelihoodquotient gegeniiber der stochastischen Dominanz erster Ordnung eine Verscharfung dar. Ein monotoner Likelihoodquotient impliziert immer die stochastische Dominanz erster Ordnung (vgl. insbesondere Whitt (1980), S. 116 ff., und dariiber hinaus Kraft, H. (2000), S. 166 f.; Rogerson (1985b), S. 1362 (Lemma 1); Salanie (1997), S. 119 f.; Schweizer (1999), S. 134): Wenn ein monotoner Likelihoodquotient vorliegt, dann gilt immer die stochastische Dominanz erster Ordnung. Hingegen impliziert die stochastische Dominanz erster Ordnung nicht immer einen monotonen Likelihoodquotienten. AusschlieBlich im Fall einer endlichen Ergebnismenge mit genau zwei zulassigen Ergebnissen entspricht die stochastische Dominanz erster Ordnung immer einem monotonen Likelihoodquotienten (vgl. Salanie (1997), S. 119; Schweizer (1999), S. 134). Vgl. zur differenziellen Form des monotonen Likelihoodquotienten Milgrom (1981), S, 386, und dariiber hinaus Kiener (1991), S. 70 f.; Petersen, Th. (1989), S. 54. Vgl. Kiener (1990), S. 71. Eine im Ergebnis nicht monoton steigende 2^hlungsregel hatte fiir den Prinzipal „fatale" Konsequenzen. Beispielsweise konnte der Agent bei einer Zahlungsregel, bei der der Agent fiir „mittlere" Ergebnisse eine hohere Zahlung erhalt als fiir „hohe" Ergebnisse, seine Position immer dadurch verbessern, dass er (kostenlos und unbeobachtbar fiir den Prinzipal) ein „hohes" Ergebnis vernichtet und auf das Niveau reduziert, bei dem er seinen Erwartungsnutzen wegen der hoheren Zahlung bei mittleren Ergebnissen maximiert. Hierdurch erleidet der Prinzipal eine NutzeneinbuBe. Denn er konnte einen hoheren Erwartungsnutzen erreichen, wenn der Agent eine Aktion mit einem hoheren Arbeitseinsatz erbringen wiirde.

83

eine fixe Zahlung nicht mehr optimal. Denn dadurch werden dem Agenten keine Anreize gegeben, einen hohen Arbeitseinsatz zu leisten. Zwecks Anreizwirkung ist der Prinzipal gezwungen, von der optimalen Risikoallokation abzuriicken. Der Prinzipal beteiligt den Agenten am Ergebnis und iibertragt dem Agenten damit ein Teil des Risikos, was an der Steigung der optimalen Zahlungsregel (68) deutlich wird. Fiir die Ubemahme des Risikos muss der Prinzipal dem Agenten allerdings eine Risikopramie gewahren^^^l Der Anteil des Agenten am Ergebnisrisiko und somit sein Einkommensrisiko ist umso hoher, je niedriger die Risikoaversion des Agenten ist. Dies lasst sich anhand der Steigung der optimalen Zahlungsregel zr* (68) zeigen^^^\ Wenn man bei Konstanz aller anderer GroBen die Risikoaversion des Agenten zunehmen lasst, dann erhalt man eine gegen Null tendierende Steigung der optimalen Zahlungsregel zr*. D.h., je risikoaverser der Agent ist, desto geringer ist sein Einkommensrisiko. Die Kosten der Anreizwirkung bestehen bei symmetrischer Informationsverteilung nur aus der Entschadigung des Agenten fiir seinen Disnutzen aus der Aktion^^^. Hingegen setzen sich bei asymmetrischer Informationsverteilung die Kosten der Anreizwirkung aus der Entschadigung fiir die Ubemahme des Risikos in Form der Risikopramie und der Entschadigung fiir den Disnutzen aus der Aktion zusammen. Daher ist es fiir den Prinzipal vorteilhaft, bei asymmetrischer Informationsverteilung eine niedrigere Aktion ak* zu induzieren als die Aktion bei symmetrischer Informationsverteilung^^^^ Wegen der stochastischen Dominanz erster Ordnung fuhrt eine niedrigere Aktion (tendenziell) zu einem niedrigeren Ergebnis, verglichen mit einer Vertragsbeziehung bei symmetrischer Informationsverteilung. Die optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten zeichnet sich durch folgende Merkmale aus. Erstens ist die optimale Zahlungsregel zr* vom Ergebnis abhangig. Der Agent ubemimmt bei der optimalen Zahlungsregel zr* einen Teil des Risikos. Fiir die Ubemahme des Risikos erhalt der Agent vom Prinzipal eine Risikopramie. Zweitens ist die optimale Aktion ak* des Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung niedriger als bei symmetrischer Informationsverteilung. Die niedrigere Aktion bewirkt aufgmnd der stochastischen Dominanz erster Ordnung ein niedrigeres Ergebnis als bei symmetrischer Informationsverteilung. Aufgmnd der Risikopramie, die der Prinzipal dem risikoaversen Agenten gewahren muss, und der niedrigeren Aktion des Agenten, die aufgmnd der stochastischen Dominanz erster Ordnung zu einem niedrigeren Ergebnis fuhrt, sinkt der Erwartungsnutzen des Prinzipals, verglichen mit dem Erwartungsnutzen bei symmetrischer Informationsverteilung^^^^ Die optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination und der damit korrespondierende Erwartungsnutzen des Prinzipals bei symmetrischer Informationsverteilung (First-best-Losung) ist daher aus Sicht des Prinzipals immer besser als die optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination

295) 296) 297) 298) 299)

84

Vgl. Hartmann-Wendels (1991), S. 154. Vgl. Kiener (1990), S. 71. Vgl.S.70f. Vgl. Hartmann-Wendels (1991), S. 159 f. Vgl. Kleine (1995), S. 57.

und der damit korrespondierende Erwartungsnutzen des Prinzipals bei asymmetrischer Informationsverteilung (Second-best-Losung). Deim dem Prinzipal entstehen durch die Informationsasymmetrie (sowie den Interessenskonflikt und die Umweltunsicherlieit) Agenturkosten^«^>. AbschlieBend ist ein Problem des First-Order-Ansatzes zu diskutieren, dass in der Uteratur besondere Aufmerksamkeit erlangt hat. Die Ermittlung der Zahlungsregel-Aktion-Kombination mit Hilfe des First-Order-Ansatzes ist problematisch^^^l Denn die First-Order-Condition ist nur notwendig, aber nicht hinreichend fiir das Optimierungsproblem des Agenten. Bei der ermittelten Aktion ak* kann es sich urn ein lokales Minimum oder ein lokales Maximum Oder aber auch um einen Sattelpunkt handeln. Die First-Order-Condition ist nur dann hinreichend fiir das gesuchte globale Maximum, werm zusatzlich gilt^°^^: er

(69) Jmu(zr * (er)) .f^.3,(er | ak) der -du,,.^(ak) < 0.

Ob die hinreichende Bedingung (69) fiir ein lokales Maximum erfiillt ist, hangt von der Nutzenfunktion u des Agenten mit ihren Teilfunktionen mu und du, von der bedingten Dichtefunktion f und der Zahlungsregel zr ab. Die Zahlungsregel wird allerdings Modell-endogen bestimmt. Daher ist von vomherein nicht bekannt, ob der First-Order-Ansatz angewendet werden darf. In der Literatur lassen sich zwei Ansatze identifizieren, um mit diesem Problem umzugehen, Erstens wurden Bedingungen herausgearbeitet, die fiir die Anwendbarkeit des First-OrderAnsatzes gemeinsam hinreichend sind^^^l Bei diesen hinreichenden Bedingungen handelt es sich • •

um den monotonen Likelihoodquotienten (66) und um die hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexe bedingte Verteilungsfunktion F („convexity of the distribution function condition").

Die bedingte Verteilungsfunktion F ist hinsichtlich der Aktion des Agenten konvex, wenn gilt:^^)

300) 301) 302) 303)

304)

Vgl. Holmstrom (1979), S. 78 (Corollary 2). Vgl. Grossman (1983), S. 7 ff. (insbesondere Fn. 3 i.V.m. Fig. 1); Petersen, Th. (1989), S. 34; Salanie (1997), S. 124 f. Vgl. Hartmann-Wendels (1991), S. 153; Salanie (1997), S. 125. Vgl. Rogerson (1985b), S. 1360 ff., fiir den Beweis, dass die beiden Bedingungen hinreichend fiir die Anwendbarkeit des First-Order-Ansatzes sind. Neben diesen beiden Bedingungen muss die Nutzenfiinktion des Agenten in den Komponenten Zahlung und Aktion additiv separierbar sein; diese Bedingung wurde bereits durch das Axiom (9) in Abbildung 16 auf S. 78 vorausgesetzt; vgl. Alvi (1997), S. 61 ff. fiir alternative Bedingungen fiir die Anwendbarkeit des First-Order-Ansatzes, ohne die Separierbarkeit der Nutzenfunktion des Agenten vorauszusetzen. Vgl. dazu Grossman (1983), S. 25; Hart (1987), S. 85; Kraft, H. (2000), S. 166; Salanie (1997), S. 120 ff. Statt dieser allgemeinen Definition fiir die Konvexitat der Verteilungsfunktion wird in der Literatur die Konvexitat ebenso durch: Fatak(er|ak) > 0 notiert; vgl. Demougin (2001), S. 61; Petersen, Th. (1989), S. 65;Kiener(1989),S.47.

85

(70) V aki,ak2eAK, CFGER, y e [0,1] c R :

F(er I y-aki +(1 - y)-ak2) < y-F(er|aki) + (1 - y)-F(er|ak2). Die in der Aktion des Agenten konvexe bedingte Verteilungsfunktion bedeutet in Verbindung mit einem monotonen Likelihoodquotienten, dass die Wahrscheinlichkeit, ein bestimmtes Ergebnis er zu erhalten, mit zunehmendem Arbeitseinsatz ak steigt, und zwar mit einer fallenden Anderungsrate^^^l Wenn die bedingte Dichtefunktion einen monotonen Likelihoodquotienten aufweist und die bedingte Verteilungsfunktion hinsichtlich der Aktionen des Agenten konvex ist, dann wird auch die hinreichende Bedingung fiir ein lokales Maximum der Erwartungsnutzenfunktion des Agenten (69) erfiillt und die Anreizkompatibilitatsbedingung kann durch die First-OrderCondition ersetzt werden^^l Dies bedeutet aber nicht, dass diese beiden Bedingungen erfiillt sein miissen, um den First-Order-Ansatz anwenden zu konnen. Denn diese beiden Bedingungen sind nicht notwendig, sondem nur hinreichend fiir die Anwendbarkeit des First-OrderAnsatzes^^^l Wahrend viele Standardverteilungen einen monotonen Likelihoodquotienten aufweisen^^^\ wird die hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexe bedingte Verteilungsfunktion (70) als zu restriktiv empfunden^^l Denn es sind nur wenige bedingte Verteilungsfunktionen bekannt, die ihr geniigen^^^l Zweitens wurde der „Two-Step-Ansatz"^^^^ entwickelt, bei der die optimale ZahlungsregelAktion-Kombination hergeleitet wird, ohne die First-Order-Condition des Agenten zu verwenden. Beim Two-Step-Ansatz wird zur Herleitung der optimalen Zahlungsregel-AktionKombination von einer endlichen Aktionsmenge^^^^ ausgegangen und das Pareto-Programm (als Optimierungsproblem des Prinzipals) wird in zwei Teilprobleme zerlegt^^'^^: • Im ersten Schritt wird fiir jede Aktion ak aus der Aktionsmenge AK des Agenten die fiir den Prinzipal giinstigste Zahlungsregel zr aus der Menge ZR der Zahlungs305) 306) 307) 308) 309) 310) 311)

312)

313)

86

Vgl. dazu Jewitt (1988), S. 1177. Vgl. zum formalsprachlichen Nachweis Rogerson (1985b), S. 1361 ff. Vgl. dazu Petersen, Th. (1989), S. 55. Vgl. z.B. Kiener (1990), S. 71 f. (Fn. 73); Petersen, Th. (1989), S. 254 f. Hierzu gehoren beispielsweise die Normal-, die Exponential- und die Binomialverteilung. Vgl. z.B. Jewitt (1988), S. 1177 f. Vgl. fur diese bedingten Verteilungsfunktionen Kiener (1990), S. 47; Rogerson (1985b), S. 1362; LiCalci (2003), S. 169 ff. Der Two-Step-Ansatz geht auf die Arbeit von Grossman und Hart zuriick; vgl. Grossman (1983), S. 10 ff.; vgl. dariiber hinaus zum Two-Step-Ansatz Demougin (2001), S. 51 ff.; Edelmann (1998), S. 8 ff.; Kleine (1995), S. 63 ff.; Kreps (1994), S. 529 ff.; Meinhovel (1999), S. 84 ff.; Picot (2002), S. 110 f.; Salanie (1997), S. 116 f. Auf die weiteren Besonderheiten des Two-Step-Ansatzes und die Herleitung der optimalen Zahlungsregel-Aktion-Kombination mit Hilfe des Two-Step-Ansatzes wird in dieser Untersuchung verzichtet, weil dadurch keine neuartigen Erkenntnisse zu erwarten sind. Stattdessen sei auf die oben genannten Literaturquellen verwiesen. Die Hidden-Action-Modelle, bei denen die optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination mit Hilfe des Two-Step-Ansatzes ermittelt werden kann, lassen sich hinsichtlich der Ergebnismenge zweifach unterscheiden. In einigen Hidden-Action-Modellen wird von einer endlichen Ergebnismenge ausgegangen (vgl. Grossman (1983), S. 10 ff.; Kleine (1995), S. 63; Kreps (1994), S. 529 ff.; Salanie (1997), S. 112 ff.); hingegen wird in anderen Hidden-Action-Modellen eine kontinuierliche Ergebnismenge zugrunde gelegt (vgl. Demougin (2001), S. 55 ff.; Edelmann (1998), S. 8 ff.; Salanie (1997), S. 125 f.). Vgl. z.B. Salanie (1997), S. 116.



regeln ermittelt, die unter Berucksichtigung der Teilnahme- und Anreizkompatibilitatsbedingung den Agenten dazu veranlasst, die Vertragsbeziehung mit dem Prinzipal einzugehen und diese Aktion auszuwahlen^'^^l Die giinstigste Zahlungsregel zr ist aus Sicht des Prinzipals diejenige Zahlungsregel, bei der der Prinzipal den geringsten Zahlungserwartungswert nach MaBgabe der Zahlungsregel zr(er) an den Agenten leisten muss. Im zweiten Schritt wird die Aktion ak aus der Menge AK der zulassigen Aktionen ermittelt, die den Erwartungsnutzen des Prinzipals (im Fall eines risikoneutralen Prinzipals: das erwartete Ergebnis bei dieser Aktion ak abziiglich der giinstigsten Zahlung zr(er) zur Implementierung der Aktion ak) maximiert^'^l

Mit Hilfe dieser zweistufigen Vorgehensweise gelingt es zwar, pareto-optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombinationen herzuleiten. AUerdings besitzt auch diese Vorgehensweise ihre Schwachen. Denn um sicherzustellen, dass die optimale Zahlungsregel im Ergebnis streng monoton steigend ist, mussen auch bei dieser Vorgehensweise ein monotoner Likelihoodquotient (66) und eine hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexe bedingte Verteilungsfunktion (70) vorausgesetzt werden^^^l Die Forderung nach einem monotonen Likelihoodquotienten und die in der Aktion des Agenten konvexe bedingte Verteilungsfunktion besitzen gemeinsam eine herausragende Bedeutung fur die Hidden-Action-Modelle. Zum einen sind sie hinreichend zur Ermittlung der optimalen Zahlungsregel-Aktion-Kombination durch den First-Order-Ansatz. Zum anderen wird durch sie beim Two-Step-Ansatz die „Monotonie" der optimalen Zahlungsregel sichergestellt. In den Abbildungen 17, 18 und 19 auf den nachfolgenden Seiten sind abschliefiend die Axiome fur eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung sowie endlicher Aktions- und Ergebnismenge abgebildet, bei der die optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination mit Hilfe des Two-Step-Ansatzes ermittelt werden kann^*^\ Durch die Axiome (5e) und (5f), die in

314)

Formalsprachlich lasst sich der erste Schritt als ein Minimierungsproblem darstellen (hierbei wird beispielhaft von einer endlichen Ergebnismenge ausgegangen): zr * (er^) e arg min £ zr(erj • f (erj akj) zreZR

q=i

unter Berucksichtigung der Teibiahme- und Anreizkompatibihtatsbedingung des Agenten:

iu(: u(zr(er^), akj) • f (erJ akj) > u

1-

akj earg max 2^u(zr(erq),akjf(erq | a k j " k ^ ' ^ q=l

Vak, e AK:|;u(zr(er^),ak.)-f(er^ | ak.)> |;u(zr(erj,akJ-f(er^ | ak,). q=l

315)

q=l

Der zweite Schritt lasst sich formalsprachlich als Maximierungsproblem spezifizieren, wobei emeut von einer endlichen Ergebnismenge ausgegangen wird: JJ^fjE^^q'^K I a k j ) - £ z r * ( e r j - f ( e r j akj). j^

316) 317)

q=l

q=l

Vgl. Grossman (1983), S. 25; Dutta (1994), S. 877; Kraft, H. (2000), S. 166 ff.; Kreps (1994), S. 537 ff.; Petersen, Th. (1989), S. 54 f.; Salanie (1997), S. 117 ff. Vgl. zu den Axiomen die Ausfiihrungen in Salanie (1997), S. 112 ff

87

Abbildung 17 auf der folgenden Seite grau hervorgehoben sind, wird sichergestellt, dass die optimale 2^hlungsregel im Ergebnis streng monoton steigt^^^^

318)

88

Im Grunde werden in den nachfolgenden Abbildungen die Axiome fiir zwei Hidden-Action-Modelie zusammengefasst. Die Axiome (l)-(5d) und (6)-(13) beziehen sich auf das Hidden-Action-Modell, bei dem die optimale Zahlungsregel mit Hilfe des Two-Step-Ansatzes ermittelt werden kann (1. Modell). Hingegen betreffen alle aufgefiihrten Axiome, d.h. Axiome (1)-(13), das Hidden-Action-Modell, bei der die optimale Zahlungsregel mit Hilfe des Two-Step-Ansatzes ermittelt werden kann und auBerdem sichergestellt ist, dass die optimale Zahlungsregel im Ergebnis streng monoton steigt (2. Modell). In der Literatur wird bei der Entfaltung der Axiome fiir das Hidden-Action-Modell, bei dem die optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination mit Hilfe des Two-Step-Ansatzes ermittelt werden kann (1. Modell), das Axiom beziiglich der stochastischen Dominanz erster Ordnung zunachst nicht aufgefiihrt. Stattdessen wird dieses Axiom erst dann besprochen, wenn als zusatzliche Axiome der monotone Likelihoodquotient und die hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexe bedingte Verteilungsfunktion besprochen werden, die die „Monotonie" der optimalen Zahlungsregel sicherstellen (2. Modell); vgl. z.B. Salanie (1997), S. 119. In diesem Zusammenhang wird dann aufgezeigt, dass der monotone Likelihoodquotient im Allgemeinen eine Verscharfung der stochastischen Dominanz erster Ordnung darstellt. In dieser Untersuchung wird die stochastische Dominanz erster Ordnung bereits als Axiom fiir das 1. Modell beriicksichtigt. Denn die stochastische Dominanz erster Ordnung driickt heuristisch folgenden Sachverhalt aus: Mit zunehmendem Arbeitseinsatz steigt die Wahrscheinlichkeit fiir ein hohes Ergebnis. Wenn die stochastische Dominanz erster Ordnung nicht erfiillt ware, dann konnte der Agent durch seinen Arbeitseinsatz das Ergebnis nicht positiv beeinflussen. In diesem Fall gabe es fiir den Prinzipal, der die Eigenschaften des Agenten kennt, keinen Grund, diesen Agenten zur Durchfiihrung des Auftrags zu engagieren. Daher wird in dieser Untersuchung die stochastische Dominanz erster Ordnung fiir das 1. Modell als Axiom beriicksichtigt. Dadurch resultiert fiir das 2. Modell eine Redundanz: Im 2. Modell werden sowohl die stochastische Dominanz erster Ordnung als auch ein monotoner Likelihoodquotient als Axiome spezifiziert. Ein monotoner Likelihoodquotient impliziert immer die stochastische Dominanz erster Ordnung; vgl. Fn. 291. Daher wird der oben darstellte Sachverhalt, dass der Agent das Ergebnis positiv beeinflussen kann, bereits durch den monotonen Likelihoodquotienten abgedeckt, so dass auf die stochastische Dominanz erster Ordnung verzichtet werden konnte. Diese Redundanz wird bewusst in Kauf genommen, um explizit aufeuzeigen, dass es sich beim 2. Modell um eine Verscharfung des 1. Modells handelt. Auf diesen Aspekt wird im Rahmen der Reformulierung der Hidden-Action-Modelle in Kapitel 5.2.1.2 emeut zuriickgekommen.

Abbildung 17: Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einemrisikoaversenAgenten bei asymmetrischer Informationsverteilung (Two-Step-Ansatz) (1/3)

319)

320) 321)

Vgl. zu dieser Notation Ewert (1997), S. 416. In der Literatur wird fur den Fall einer endlichen Ergebnismenge die Zahlungsregel mit dem Vektor der Zahlungen identifiziert, die der Agent je Ergebnis erhalt; vgl. beispielsweise Grossman (1983), S. 9; Rogerson (1985b), S. 1359, Salanie (1997), S. 113. Die Zahlungsregel zr(erq) wird dann als Vektor (zai, ..., zaq) notiert, d.h., der Agent erhalt bei dem Ergebnis erq die Zahlung zaq. Aufgrund der endlichen Aktions- und Ergebnismenge wird statt von einer stetigen bedingten Dichtefunktion von einer diskreten bedingten Wahrscheinlichkeitsfunktion ausgegangen. Vgl. zur Notation f(erq|akj) Ewert (1997), S. 416.

89

Abbildung 18: Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung (Two-Step-Ansatz) (2/3)

322) Fur die Nutzenfunktion v des Prinzipals, die monetare Nutzenfunktion mu und die Disnutzenfunktion du des Agenten wird der Einfachheit halber davon ausgegangen, dass sie zweifach differenzierbar sind. 323) In Salanie (1997), S. 113 wird die Disnutzenfunktion des Agenten durcli: du(akj) = akj interpretiert. In dieser Untersuchung wird aus Griinden einer allgemeinen Modellformulierung eine allgemeine Spezifikation der Disnutzenfunktion des Agenten praferiert.

90

Axiom Formalsprachliche Definition mit naturlichsprachllchen Eriauterungen Teilnahmebedingung des Agenten:

12

Q

VakjeAK,erqeER: ^u(zr(erq),akj)-f(erq |akj)>u q=1

Anreizkompatibilitatsbedingung des Agenten:

13

Q

akj* e arg max Xu(zr(eg.akJ-((er^ | a k j

Abbildung 19: Axiome fiir eine Vertragsbeziehung zwischen einemrisikoneutralenPrinzipal und einemrisikoaversenAgenten bei asymmetrischer Informationsverteilung (Two-Step-Ansatz) (3/3)

33 3.3.1

Defizite der konventionell formulierten Hidden-Action-Modelle Strukturierungsdefizit

Aus der Perspektive der konventionellen Theorienauffassung^^'*^ des „statement view" ist eine realwissenschaftliche Theorie ein axiomatisch-deduktives System, das sich auf einen bestimmten Gegenstandsbereich („Realitatsausschnitt") bezieht. Eine Theorie T ist eine relationale Struktur T=. Die Aussagen einer Theorie sind in der nicht-leeren Menge FO zusammengefasst. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Aussagen als Foraieln eines logischen Kalkuls reprasentiert werden konnen. AuBerdem wird angenommen, dass ein Beweissystem gegeben ist. Dieses Beweissystem legt fest, welche Schlussfolgerungen („Inferenzen") zulassig sind. Die Inferenzregeln des Beweissystems definieren auf der Formelmenge FO eine deduktive Ableitungsrelation „l-", die iiber der Formelmenge FO eine Halbordnung^^^^ errichtet. Die Formelmenge FO umfasst nicht nur die Formeln, die in einer Theorieformulierung explizit aufgefuhrt werden, sondem auch alle Formeln, die sich aus den explizit aufgefuhrten Formeln durch Anwendung von Inferenzregeln des vorgegebenen Beweissystems deduktiv erschlieBen lassen. In diesem Zusammenhang wird von einem „deduktiv-abgeschlossenen Aussagensystem" gesprochen. Die Formelmenge FO kann in die nicht-leeren Formelmengen FOA und FOxh unterteilt werden. Die Menge FOA enthalt die Axiome einer Theorie. Die Axiome sind jene Formeln eines deduktiven Systems, die sich aus keinen anderen Formeln ableiten lassen. Samtliche aus den Axiomen einer Theorie unmittelbar oder mittelbar ableitbaren Formeln werden als Theoreme 324)

325)

Vgl. zur konventionellen Theorienauffassung Bunge (1967a), S. 51 ff.; Bunge (1967b), S. 406 ff.; Handler (1980), S. 14 ff.; Kamps (1997), S. 1232; Fell (1997), S. 312 f.; Zelewski (1999a), S. 32, und fur eine formalsprachliche Rekonstruktion vormals natiirlichsprachlich oder semi-formalsprachlich reprasentierter sozialwissenschaftlicher Theorien entsprechend der konventionellen Theorienauffassung Bniggeman (1996), S. 21 ff., 27 ff., 47 ff., 61 ff. u. 71 ff.; Hannan (2004), S. 214 ff.; Kamps (1997), S. 1230 ff.; Kamps (1999), S. 1781 ff.; Peli (1997), S. 313 ff.; Polos (2002), S. 91 ff.; Vermeulen (2001), S. 90 ff.; Zelewski (1999a), S. 32 ff. (dort mit anschlieBender Rekonstruktion aus der Perspektive des Strukturalismus). Vgl. Bunge (1967b), S. 52.

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der Theorie bezeichnet. Sie sind in der Formelmenge FO-rh zusammengefasst. Abbildung 20 visualisiert den Zusammenhang zwischen den Axiomen und Theoremen einer Theorie als ein Theoremnetz.

/ u1

J

v'y

(A 2

s

l)

)

V

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®

vy

Theoreme

J

Legende

I O

Formel

Ableitbarkeitsbeziehung zwisctien zwei Formein

\

~\

w

v'y

Axiome

Ky

^

J zwei Formein gehen in die Ableitung einer .geschlussfolgerten''For mel ein

Abbildung 20: Theoremnetz einer axiomatisierten Theorie ' Zwischen der Axiommenge FOA und der Theoremmenge FO-n, einer Theorie T besteht im Idealfall sowohl eine Disjunktheitsbeziehung FOA n FOxh = 0 als auch eine Voilstandigkeitsbeziehung FO = FOA ^ FOTT,. Eine Theorie T wird als axiomatisch bezeichnet, wenn eine disjunkte und voUstandige Separation ihrer Formelmenge FO in eine Axiommenge FOA und eine Theoremmenge FO-n, voriiegt^^^l Neben der Differenziening zwischen der Teilmenge FOA der Axiome auf der einen und der Teilmenge FO-n, der Theoreme auf der anderen Seite kann die Formelmenge FO auBerdem in die disjunkten Teilmengen FOEX und FOim unterteilt werden^^^l Die Formelmenge FOEX enthalt alle Aussagen, die in der Theorieformulierung explizit als Formein ausgewiesen sind (Theorieexplikat). Hingegen enthalt die Formelmenge FOim alle Aussagen, die in der Theorieformulierung nicht explizit reprasentiert sind, sich aber aus dem Theorieexplikat als logische Schlussfolgerungen ableiten lassen (Theorieimplikat).

326) 327) 328)

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Vgl. fur eine ahnliche Abbildung Bunge (1967a), S. 369; Schanz (1988a), S. 49. Vgl. Zelewski (1993), S. 7. Vgl. Zelewski (1993), S. 7 ff.

Die Axiomatisierung einer Theorie hat mehrere Vorteile. Hierdurch wird eine besonders kompakte, d.h. minimale Theorieforaiulierung moglich, well die Theorieformulierung im Theorieexplikat nur solche Formeln enthalt, die einerseits aus keinen anderen Formeln der Theorie abgeleitet werden konnen, aber andererseits erforderlich sind, um die anderen Formeln der Theorie - ihr TheorieimpUkat - ableiten zu konnen. Folglich ist keine weiter gehende „Kompaktifizierung" einer axiomatisierten Theorie moglich, ohne dass ein Informationsverlust derart entstehen wiirde, dass vormals ableitbare Formeln in der weiter ,Jcompaktifizierten" Theorie nicht mehr abgeleitet werden konnen. Umgekehrt besitzt jede „umfangreiche" Theorie, die gegeniiber einer axiomatisierten Theorie keine zusatzlichen Axiome, sondem nur daraus ableitbare Theoreme in ihrem Theorieexplikat enthalt, keinen zusatzlichen Informationswert gegeniiber der axiomatisierten Form, weil die deduktiven Hiillen beider Theorieformulierungen identisch sind. Die hier skizzierte formalsprachliche Minimalstruktur einer axiomatisierten Theorie reicht aber nicht aus, um Aspekte zu identifizieren, die fur die natiirlichsprachlich ausdriickbare Bedeutung („Semantik") von Theoriekomponenten und deren Verwendung („Pragmatik") z.B. fur Erklarungs-, Prognose- oder Uberprufungszwecke eine wichtige RoUe spielen. Hierbei handelt es sich insbesondere um die nomischen Hypothesen (gesetzesartigen Aussagerf'^'^^) einer Theorie. Nomische Hypothesen stellen die zentrale Komponente einer jeden (realwissenschafllichen) Theorie dar^^^l Eine nomische Hypothese ist eine nicht-tautologische (nicht-triviale^^'^) hypothetische Aussage (Hypothese) uber einen gesetzesartigen („nomischen") Sachverhalt. Sie wird erst dann als Gesetz bezeichnet, wenn sie - je nach epistemischer Ausrichtung - entweder hinreichend oft empirisch bestatigt wurde („Verifikationismus") oder hinreichend oft empirische Widerlegungsversuche iiberstanden hat („Falsifikationismus")^^^^Hinsichtlich der Frage, welche notwendigen und hinreichenden Bedingungen erfullt sein miissen, damit eine Aussage als nomische Hypothese klassifiziert werden kann, hat sich bislang innerhalb der wissenschaftsphilosophischen Debatte keine dominante Auffassung herausge-

329) 330)

331)

332)

Die Konstrukte „nomische Hypothese" und „gesetzesartige Aussage" werden in dieser Untersuchung als Synonyme gebraucht. Im wissenschaftstheoretischen Argumentationskontext ist allgemein anerkannt, dass gehaltvolle realwissenschaftliche Theorien und wissenschaftliche Erklarungen, Prognosen und Gestaltungsempfehlungen mindestens eine nomische Hypothese (gesetzesartige Aussage) enthalten mussen. Vgl. dazu Albert, H. (1998), S. 112 u. 172; Albert, M. (1994), S. 12 flf.; Bunge (1967b), S. 381; Bunge (1985), S. 184 f.; Chmielewicz (1994), S. 87; Christenson (1984), S. 140 f.; Druwe (1987), S. 100; Gadenne (1990) (im Zusammenhang mit unvollstandigen Erklarungen); Gadenne (1994), S. 304; Grohmann (1988), S. 28 £; Hausman (1994), S. 140 f. u. 292 fif.; Hempel (1994), S. 349 ff.; Kincaid (1994), S. I l l ff.; Kincaid (1996), S. 63 ff.; Opp (2002), S. 36; Priem (2001a), S. 26 f; Popper (1994), S. 200; Schanz (1988b), S. 29 f; Schanz (1990), S. 38; Schnell (1999), S. 51 f.; Tietzel (1988), S. 7 f; Zelewski (1989), S, 28 fif.; Zelewski (1991), S. 76fif.;Zelewski (1993), S. 20 f (Fn. 3 u. 4); Zelewski (1995); Zelewski (1999a), S. 53 f Daher wird im Folgenden von der Giiltigkeit der These des gesetzesartigen Charakters gehaltvoUer realwissenschaftlicher Theorien ausgegangen. Durch diesen Zusatz werden alle „tautologischen" und „trivialen" Gesetze der Fomalwissenschaflen ausgegrenzt, die zwar auch gesetzesartige Sachverhalte ausdriicken, aber allgemeingiiltig sind, d.h. unabhangig von empirischen Widerlegungsmoglichkeiten immer zutreffen und daher als „tautologisch" oder „trivial" bezeichnet werden. Vgl. dazu Balzer (1997), S. 275 fif.

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bildet^^^\ Denn aus wissenschaftstheoretischer Perspektive bereitet es Schwierigkeiten, genau festzulegen, welchen formalen Anforderungen eine Aussage genugen muss, um als „gesetzesartig" bezeichnet zu werden. Das Auffinden solcher Kriterien gehort zu den schwierigsten und bislang noch nicht gelosten Problemen der Erkenntnistheorie. Denn bei der Definition einer nomischen Hypothese ist man mit einem Problem konfrontiert, das nach Stegmuller „[...] eines der grundlegendsten und schwierigsten Probleme der Theorie der Erfahrungserkenntnis [...J"^^"^^ ist. Daher ware es vermessen, hier den Anspruch zu erheben, eine abschlieBende Antwort auf diese zentrale Frage geben zu wollen. Stattdessen wird in dieser Untersuchung eine Arbeitsdefmition zugrunde gelegt, die das intuitive, pra-theoretische Verstandnis fur eine gesetzesartige Aussage widerspiegelt. Eine nomische Hypothese wird als ein nicht-tautologisches allquantifizierendes Subjugat^^^^ verstanden und lasst sich formalsprachlich reprasentieren als^^^>: NH: Vx: ANT(x) -> KON(x). Eine nomische Hypothese setzt sich zusammen aus einer Antezedenzkomponente ANT(x) und einer Konklusionskomponente KON(x) und lasst sich natiirlichsprachlich mit „Wenn ..., dann ..." umschreiben. Durch den Ausschluss tautologischer Subjugate wird der Geltungsbereich auf realwissenschaftliche Phanomene eingeschrankt, die mindestens eine empirisch iiberpriifbare und somit auch widerlegbare und nicht bereits logisch allgemeingiiltige gesetzesartige Aussage (Tautologie^^^^ enthalt. AuBerdem wird durch die Allquantifizierung ein allgemeingiiltiger Zusammenhang zwischen der Antezedenz- und der Konklusionskomponente aufgestellt. Der Aussagenzusammenhang soil an alien Orten und zu alien Zeiten („ubiquitar") zutreffen, an bzw. zu denen die Randbedingungen, die in der Antezedenzkomponente ausgedriickt werden, erfullt sind.

333)

Vgl. fiir Erorterungen des nomischen Charakters von Hypothesen Bunge (1967a), S. 43 ff.; Bunge (1985), S. 182 ff.; Opp (2002), S. 37; Simon (1957), S. 54 ff.; Schurz (1983), S. 195 ff.; Popper (1994), S. 34 ff.; Stegmiilier (1983), S. 183 ff. Die Problematik der Eingrenzung einer nomischen Hypothese wird in dieser Arbeit nicht vertieft. Stattdessen wird fortan die Auffassung vertreten, dass nomische Hypothesen als nicht-tautologische allquantifizierte Subjugate ausgedriickt werden konnen. 334) Stegmiilier (1983), S. 320. 335) Auch nomische Hypothesen, die als Bijugate formuliert sind, fallen unter diese Definition. Denn jedes Bijugat lasst sich in zwei konjunktiv verkniipfte Subjugate aquivalent umformen. 336) Vgl. fiir eine gleichartige Formulierung einer nomischen Hypothese Albert, H. (1998), S. 82 ff.; Albert, M. (1994), S. 15; Gadenne (1994), S. 304 f. („Wenn-dann- [... oder ...] Je-desto-Aussagen") u. 308 (als allquantifiziertes Subjugat); Hausman (1994), S. 142 f. (als allquantifiziertes Subjugat); Neus (2001), S. 15 (in natiirlichsprachlicher Formulierung als „wenn - dann"); Priem (2001a), S. 26 f. („if/then statements"); Priem (2001b), S. 58 (als formalsprachliches Subjugat: „p -^ q"); Schauenberg (1998), S. 49 (in naturlichsprachlicher Umschreibung als „Immer wenn x, dann y"); Schanz (1990), S. 38 (natiirlichsprachlich als „Wenn-Dann-Struktur"); Schneider (1995), S. 175 (als allquantifiziertes Subjugat: „Immer und iiberall gilt, wenn die Bedingungen x gegeben sind, dann werden die Folgen y zu beobachten sein"); Tietzel (1988), S. 7 f. (als allquantifiziertes Subjugat); Zelewski (1993), S. 18 (als allquantifiziertes Subjugat); Zelewski (1999a), S. 53 f. (als allquantifiziertes Subjugat). 337) Eine Tautologie ist eine Aussageform, die unabhangig von der Belegung ihrer atomaren Formeln immer gultig ist. Ein Beispiel fiir eine Tautologie ist folgendes Subjugat: Vx: P(x) -> (Q(x) v -iQ(x)) oder nach einer Aquivalenzumformung die allquantifizierte Aussage: Vx: -«P(x) v (Q(x) v -iQ(x)). Unabhangig davon, ob die atomaren Formeln P(x) und Q(x) (un-) giiltig sind, ist die Aussage in ihrer Gesamtheit immer giiltig.

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Die Hidden-Action-Modelle sind entsprechend der konventionellen Theorienauffassung formuliert. Sie sind deduktiv abgeschlossene Aussagensysteme und stellen unstrukturierte sprachliche Entitaten dar. Allenfalls kann zwischen den Axiomen auf der einen und den Theoremen auf der anderen Seite unterschieden werden. Uber diese Minimalstruktur hinaus besitzen die Hidden-Action-Modelle keine weitere (formalsprachliche) Strukturierung. Es fehlen diejenigen formalsprachlichen Ausdrucksmittel, die es erlauben, die unterschiedlichen theoretischen Qualitaten von Aussagen - insbesondere ihren Charakter als nomische Hypothesen^^^^ - anhand ihrer stnikturellen Merkmale eindeutig zu identifizieren (Strukturierungsdefizit), Die unzureichende Strukturierung ist keine zufallige Besonderheit der Hidden-Action-Modelle im Speziellen oder der Prinzipal-Agent-Theorie im Allgemeinen. Sie ist noch nicht einmal auf okonomische Theorien beschrankt^^^l Vielmehr erweist sich die unzureichende Strukturierung fiir alle Theorien als charakteristisch, die im Rahmen der konventionellen Theorienauffassung des „statement view" formuliert sind. Wie eingangs dargestellt wurde, wird mit der formalsprachlichen Prinzipal-Agent-Theorie und somit auch mit den Hidden-Action-Modellen intendiert, bestimmte Phanomene in betriebswirtschaftlich (oder auch volkswirtschaftlich) interessierenden Realitatsausschnitten zu erklaren^'^^l Bei den hier besprochenen Hidden-Action-Modellen werden vor allem Antworten auf zwei Fragen gesucht^"^^^:

338)

339)

340)

341)



Warum wurde innerhalb der Vertragsbeziehung die beobachtete Zahlungsregel zr* ausgewahlt?



Warum wurde innerhalb der Vertragsbeziehung die beobachtete Aktion ak* ausgewahlt?

Eine weitere theoretische Qualitat von Aussagen ware z.B. ihre Eigenart, den intendierten Anwendungsbereich einer Theorie (und somit die Anwendungs- und Randbedingungen fiir die nomischen Hypothesen) festzuiegen. Vgl. beispielsweise den Gesetzesdefekt produktionswirtschaftlicher Theorien (vgl. Zelewski (1993), S. 18 ff.; Zelewski (2004), S. 16 ff.) oder den Gesetzesdefekt der theoretischen Begriindung des Informationsparadoxons nach Stickel (vgl. Zelewski (1999a), S. 30 i.V.m. S. 53 ff.). Vgl. Kapitel 2.4.2. Dort wurde auf die AuBerungen einiger Autoren eingegangen, die mit der formalsprachlichen Prinzipal-Agent-Theorie und somit auch mit den Hidden-Action-Modellen explizit die Erklarung beobachtbarer Vertrage intendieren. Vgl. Prendergast (1999), S. 15 ff. Prendergast identifiziert zwei Fragestellungen, die in empirischen Untersuchungen gemeinsam oder isoliert behandeh werden. Die erste Fragestellung bezieht sich darauf, ob die Agenten auf Anreize (Zahlungen) reagieren („Do Incentives Matter?"). Die zweite Fragestellung hingegen betrifft die Frage, ob die empirisch beobachteten Vertrage den Voraussagen der Prinzipal-AgentTheorie entsprechen („Do Contracts Reflect Agency Concerns?"). Vgl. auBerdem Kapitel 2.4.2 i.V.m. Terberger (1994), S. 100 f. Dort wurden die Hypothesen entfaltet, die aus der formalsprachlichen Prinzipal-Agent-Theorie abgeleitet werden konnen: Hypothesen iiber das Zustandekommen von Vertragen und Hypothesen iiber die Auswirkungen beobachtbarer Vertrage auf das Verhalten des Agenten. Zwar ist das Zustandekommen einer Vertragsbeziehung nicht identisch mit der Auswahl einer bestimmten Zahlungsregel. Denn der Prinzipal bietet dem Agenten eine Zahlungsregel an, die dieser ablehnen kann. Aber laut Pramissen der Prinzipal-Agent-Theorie kommt dann eine Vertragsbeziehung zustande, sobald der Prinzipal eine Zahlungsregel auswahlt, welche die Teilnahmebedingung (und die Anreizkompatibilitatsbedingung) erfiiUt.

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Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die Hidden-Action-Modelle tatsachlich in der Lage sind, diese Erklarungsfunktion zu erfiillen^'^^l Eine Theorie kann ihre Erklarungsfunktion aber nur dann erfiillen, wenn sie mindestens eine nomische Hypothese enthalt. A forteriori miissen die Hidden-Action-Modelle jeweils mindestens eine nomische Hypothese enthalten. Prima facie lassen sind in den konventionell formulierten Hidden-Action-Modellen aber keine nomischen Hypothesen finden. Hinsichtlich ihrer Struktur lassen sich bestenfalls die grundlegenden Komponenten einer konventionell formulierten Theorie erkennen: Auf der einen Seite werden die Axiome (iiberwiegend) explizit ausgewiesen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Axiome beziiglich • • •

der Aktionsmenge des Agenten, der Risikopraferenzen von Prinzipal und Agent sowie der stochastischen Dominanz erster Ordnung ^^l

Auf der anderen Seite werden aus den Axiomen durch die Anwendung logischer Inferenzregeln Theoreme abgeleitet, wie z.B. die notwendige^^^ und die hinreichende^^^ Bedingung fiir eine optimale Zahlungsregel zr* sowie die Steigung dieser Zahlungsregel^'^^ Dariiber hinaus gibt es keine nicht-tautologischen allquantifizierten Subjugate, die als nomische Hypothesen ausgewiesen werden. Nun kormte der Einwand erhoben werden, dass der Verfasser einen „Popanz''^^^ fingiert, weil er die Hidden-Action-Modelle bewusst verzerrt dargestellt hat und hierbei die nomischen Hypothesen nicht explizit als nicht-tautologische"^"^^ allquantifizierte Subjugate ausgewiesen hat. Dieser Einwand ware allerdings verfehlt. Denn das Strukturierungsdefizit lasst sich nicht einmal durch die formalsprachliche Durchdringung der konventionell formulierten HiddenAction-Modelle beheben, indem alle allquantifizierten Subjugate formalsprachlich ausgewiesen werden. Denn es lassen sich durchaus unterschiedliche Aussagen als allquantifizierte Sub-

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Ob die Hidden-Action-Modelle tatsachlich in der Lage sind, ihre Erklarungsfunktion zu erfiillen, wird in diesem Kapitel nicht welter vertieft. Der empirische Geltungsanspruch der Hidden-Action-Modelle und ihre Widerlegungsresistenz gegeniiber empirischen Inkonsistenzen werden im nachsten Kapitel ausfiihrlicher behandelt. Vgl. hierzu z.B. die Abbildung 15 (S. 77) und Abbildung 16 (S. 78), in denen die Axiome fiir die Vertragsbeziehungen zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten bei asymmetrischer Informationsverteilung abgebildet sind. Vgl. Gleichung (59) auf S. 80. Vgl. Gleichung (60) auf S. 80. Vgl. Gleichung (67) auf S. 83. Vgl. zu dieser plastischen Formulierung Witte (1977), S. 272. Im Folgenden wird auf das prazisierende Attribut „nicht-tautologisch" der Kiirze halber verzichtet, solange keine Abgrenzung gegeniiber „tautologischen" Gesetzen der Formalwissenschaften erforderlich erscheint.

jugate formulieren, obwohl sie nicht die Qualitat einer gesetzesartigen Aussage besitzen, sondem beispielsweise nur Randbedingungen^"^^^ fiir die Anwendung der Theorie spezifizieren. Daher ist die formale Gestalt eines allquantifizierten Subjugats weder notwendig^^^^ noch hinreichend fiir das Vorliegen einer nomischen Hypothese. Ob eine Theoriekomponente die Qualitat einer nomischen Hypothese besitzt, legt vielmehr ihre Einordnung in die Struktur der Theorie fest. Die konventionelle Theorienauffassung besitzt aber aufgrund ihres eigentiimlichen Aufbaus keine Ausdrucksmittel, um nomische Hypothesen innerhalb der Struktur einer Theorie als solche auszuzeichnen.

3.3,2

Uherprilfungsdefizit

Mit dem Uberpriifungsdefizit soil nicht suggeriert werden, dass die Hidden-Action-Modelle nicht empirisch untersucht werden. Tatsachlich gibt es eine Vielzahl empirischer Untersuchungen zu den Hidden-Action-Modeilen im Besonderen und der Prinzipal-Agent-Theorie im Allgemeinen^^^\ Allerdings lasst sich oftmals eine erhebliche zeitliche Diskrepanz zwischen der Konstruktion der jeweiligen Modelle und ihrer empirischen Untersuchung feststellen^^^l

349)

Mit diesen Randbedingungen sind allerdings nicht singulare Aussagen gemeint, die auch als Anfangsbedingungen bezeicbnet werden und als Situationsbeschreibungen in jeder Situationserklarung enthalten sind; vgl. z.B. Keuth (2000), S. 57. Vielmehr sind mit Randbedingungen diejenigen Restiiktionen gemeint, die den Geltungsbereich einer nomischen Hypothese und somit ihren Anwendungsbereich einschranken. Die Einschrankung des Geltungsbereichs einer nomischen Hypothese wird haufig iibersehen, wenn von der raumzeitlich uneingeschrankten Geltung von nomischen Hypothesen die Rede ist. In diesem Zusammenhang wird des Ofteren postuliert, dass nur dann eine „echte" nomische Hypothese vorliegt, wenn sie unabhangig von Raum und Zeit ist. Dadurch werden Randbedingungen, die den Geltungsbereich einer nomischen Hypothese einschranken, (scheinbar) explizit verboten. Der raumzeitlich uneingeschrankte Geltungsbereich von nomischen Hypothesen wird in den Sozialwissenschaften dann vertreten, wenn von der Existenz von „Quasi-Gesetzen" (vgl. Albert, H. (2000), S. I l l f.) die Rede ist. Dabei wird hervorgehoben, dass es sich bei diesen Aussagen um keine „echten" nomischen Hypothesen handelt, sondem vielmehr um Vorstufen fiir gesetzesartige Aussagen. In dieser Untersuchung wird dieser Auffassung nicht gefolgt. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass jede nomische Hypothese in ihrer Antezedenzkomponente durch Randbedingungen eingeschrankt wird; vgl. dazu die ausfiihrliche Diskussion der Bedeutung von Randbedingungen fiir realwissenschaftliche Theorien durch Zelewski (1993), 50 ff. i.V.m. S. 62 ff. (insbesondere Fn. 2). Zelewski unterscheidet dabei zwischen den wesentlichen gesetzesartigen Aussagen und den nicht wesentlichen gesetzesartigen Aussagen (Rand-/Anwendungsbedingungen). Die Unterscheidung zwischen den nomischen Hypothesen einer Theorie auf der einen Seite und ihren Rand-/ Anwendungsbedingungen auf der anderen Seite ist allerdings nicht neu und findet sich in der Diskussion um die ,Annahmen" einer Theorie wieder. Beispielsweise findet sich eine ahnliche Unterscheidung der „Annahmen" einer Theorie bei Musgrave. Er beriicksichtigt neben „negligibility assumptions" und „heuristic assumptions" auch die „domain assumptions"; vgl. Musgrave (1981), S. 380 ff. Den „domain assumptions" kommt die Aufgabe zu, den Anwendungsbereich der Theorie einzuschranken („If a domain assumption is always false, then the theory containing it can be applied to no actual situation [...]", S. 381 f.). Vgl. Maki (2000), S. 328 f. fiir die Unterteilung der Annahmen in „core assumption" und „peripheral assumptions", die der Unterscheidung zwischen den nomischen Hypothesen und den Rand-/Anwendungsbedingungen (iiberwiegend) entspricht. 350) Die formale Gestah eines allquantifizierten Subjugats ist nicht notwendig dafiir, dass eine nomische Hypothese vorliegt, da eine nomische Hypothese z.B. auch die formale Gestalt eines allquantifizierten Bijugats und von Differenzialgleichungen annehmen kann. 351) Vgl. dazu die nachfolgenden Belege in den FuBnoten 355 und 356. 352) Vgl. hierzu Salanie (2003), S. 461 („[...] empirical validation of the theory has long lagged behind the theoretical work.").

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In vielen Beitragen zur Prinzipal-Agent-Theorie wird zwar ein Modell entwickelt. Jedoch wird von den Modell-Konstrukteuren entweder kein Bezug zu den empirisch beobachtbaren Sachverhalten hergestellt, oder es werden blo6 anekdotische Evidenzen^^^^ prasentiert. Mit einer oftmals erheblichen zeitlichen Verzogerung werden anschliefiend Untersuchungen zur empirischen Giiltigkeit dieser Modelle durchgefiihrt^^'^l Dabei lassen sich zwei unterschiedliche Formen empirischer Untersuchungen identifizieren: Erstens werden Feldstudien^^^^ durchgefuhrt, bei denen umfangreiche Daten erhoben werden, um den empirischen Gehalt der Prinzipal-Agent-Theorie in der (betrieblichen) Praxis zu testen. Zweitens wird der empirische Gehalt der Prinzipal-Agent-Theorie durch (Labor-) Experimente^^^^ uberpriift. Hierbei werden im Labor kunstliche Vertragsbeziehungen studiert, um die Geltungsanspriiche der Modelle unter Ausschluss von Storfaktoren zu testen. Es ist bemerkenswert, dass weder die Feldstudien noch die Experimente dazu gefiihrt haben, die Hidden-Action-Modelle als widerlegt zu betrachten und damit zu verwerfen (Uberprufungsdefizitf^^\ Diese Feststellung ist deswegen bemerkenswert, weil die Hidden-Action-Mo-

353) 354) 355)

356)

357)

98

Vgl. beispielsweise Makadok (2003). Vgl. dazu auch Chiappori (1997), S. 944; Salanie (2003), S. 462. Vgl. zu Feldstudien beispielsweise Agrawal (1995), S. 214 ff.; Aggarwal (1999), S. 70 ff.; Aggarwal (2003), S. 88 ff.; Allen (1999), S. 706 ff.; Basu (1985), S. 271 ff.; Brickley (1987), S. 408 ff.; Foss (2002), S. 5 ff.; Garen (1994), S. 1184 ff.; Gibbons (1992), S. 480 ff.; Golec (1992), S. 89 ff.; Janakiraman (1992), S. 57 ff.; Jensen (1990), S. 228 ff.; Kraft, K. (1999), S. 20 ff.; Krafft (1999), S. 20 ff.; Lambert (1987), S. 91 ff.; Lafontaine (1996), S. 925 ff.; Lafontaine (1997), S. 2 ff.; Lambert (1993), S. 442 f. i.V.m. S. 456 f.; Shepard (1993), S. 66 ff.; Slade (1996), S. 476 ff.; Taylor, B.A. (2000), S. 160 ff. Vgl. fiir eine Ubersicht iiber empirische Untersuchungen zur Prinzipal-Agent-Theorie Baiman (1990), S. 350 ff.; Baker (1988), S. 594 ff.; Bergen (1992), S. 8 ff.; Eisenhardt (1989), S. 65 ff.; Indjejikian (1999), S. 150 ff.; Meinhovel (1999), S. 143 ff.; Petersen, T. (1993), S. 285; Prendergast (1999), S. 15 ff.; Lafontaine (1998), S. 9 ff.; Walker (1989), S. 439 ff.; Winter (2001), S. 512 ff. Vgl. fiir die experimentelle Uberpriifung des empirischen Gehalts der Hidden-Action-Modelle z.B. Anderhub (2002), S. 12 ff.; Berg (1992), S. 10 ff.; DeJong (1985a), S. 760 ff.; DeJong (1985b), 93 ff.; Epstein (1992), S. 40 ff.; Fehr (2000), S. 1059 ff.; Fehr (2002), S. 3 ff.; Ghosh (2000), S. 354 ff.; Giith (1998), S. 328 ff.; Irlenbusch (2003), S. 9 ff.; Keser (2000), S. 172 ff.; Parks (1995), S. 830 ff.; Uecker (1985), S. 64 ff.; Umanath (1993), S. 38 ff. Eine Ubersicht uber experimentelle Untersuchungen zur Uberpriifung des empirischen Gehalts der Hidden-Action-Modelle fmdet sich bei Fehr (2001), S. 9 f.; Konigstein (2001), S. 543 ff. Um Missverstandnissen vorzubeugen, wird hier ausdriicklich darauf verwiesen, dass sich das Uberpriifungsdefizit nicht auf das Verwerfen einzelner Hidden-Action-Modelle bezieht. Vielmehr geht es hier um die iibergeordnete Fragestellung, ob die Hidden-Action-Modelle in ihrer Gesamtheit als unangemessen abgelehnt werden.

delle scheinbar von einem „Ozean"'^^^^ empirischer Widerspriiche umgeben sind^^^l Die empirischen Widerspriiche lassen sich dabei mehrfach verorten. In der vorliegenden Untersuchung wird nicht angestrebt, die Vielzahl der empirischen Widerspruche aufeufuhren oder zu sys-

358) 359)

Vgl, Lakatos (1974a), S. 134, fur eine ahnliche metaphorischen Umschreibung („Ozean von Anomalien"). Vgl. beispielsweise fiir empirische Untersuchungen mit negativem und bestenfalls gemischtem Testausgang Aggarwal (2003) („Our findings suggest that diversification is indeed related to agency problems, but in a much different way than has been explored in the Uterature. Our evidence does not support the idea that managers diversify their firms to reduce their exposure to risk.", S, 112); Allen (1999) („Our evidence consistently foils to support the predictions of the traditional risk models.", S. 728); Foss (2002) („We also examined the multitasking agency hypothesis (the Holmstrom-Milgrom hypothesis) which states that, as risk increases, the flexibility of agents is restricted. We found no evidence of such a relationship.", S. 18); Golec (1992) (,3mpirical test results for a specialized principal-agent model [...] are mixed", S. 94); Janakiraman (1992) („[...] we find little empirical support for the ,standard' agency theory model [...]", S. 68); Jensen (1990) („We believe that our results are inconsistent with the impHcations of formal agency models of optimal contracting. The empirical relation between the pay of top-level executives and firm performance [....] is small for an occupation in which incentive pay is expected to play an important role. ", S. 227), die Untersuchung von Jensen und Murphy wird weiter unten intensiver behandelt; Lafontaine (1997) (mit gemischtem Ergebnis, siehe dort (S. 21) insbesondere den Vergleich zwischen den Voraussagen der Hidden-Action-Modelle und den empirischen Ergebnissen). Allerdings soil hierdurch nicht der Eindruck erweckt werden, dass in alien empirischen Untersuchungen negative Testergebnisse festgestellt werden; vgl. beispielsweise zu empirischen Untersuchungen mit positivem Testausgang Agrawal (1995) („[...] the results of our empirical analysis lend support to our hypothesis, and thereby offer empirical support to the [...] model.", S. 220); Aggarwal (1999) („Our results support the principal-agent model of executive compensation.", S. 104); Basu (1985) („[...] the theory postulated in this paper provides an explanation for many different types of compensation plans being currently used to manage salesforces [...]", S. 287); DeJong (1985a) („[...] we were able to obtain equilibrium results in the laboratories which are consistent with the predictions of the model.", S. 783); Garen (1994) („[...] several features of the findings are consistent with the predictions.", S. 1198); Kraft, K. (1999) („We test a hypothesis which is impUed in the Holmstrom/Milgrom model of managerial compensation. The hypothesis states that increases in the variance of profits should lead to a higher share of the fixed part in managers' remuneration. The results support this conjecture.", S. 24); Krafft (1999) („This article reports strong evidence for sales force control systemfiramework[, which] is based on hypothesis derived fi-om agency theory, [transaction cost theory] and Ouchi's organizational approach.", S. 132; Anmerkungen durch den Verfesser); Krishnaswami (2001) („The authors' results [...] are consistent with the agency theory [...]", S. 681); Lafontaine (1996) („[...] predictions are supported by the data", S. 931); Lambert (1993) („This pay-for-performance correlation is consistent with die implications of economic models developed using agency fi-amework", S. 458); Shepard (1993) („[...] the insights provided by general principal-agent models are confirmed.", S. 76); Slade (1996) („The formal tests are based on a particular modification of the Holmstrom and Milgrom (1991) model. Nevertheless, they lend informal support to other multitask model predictions.", S. 483); Taylor, B.A. (2000) („The role of observability of effort has been examined within a vertical principal-agentfi-amework.The principal-agent model predicts that as monitoring becomes less effective, either because of high cost or the nature of the activity, principals will likely Offer incentive contracts that induce desired effort levels, but at the expense of direct control. [...] Empirical results confirm that as the unobservability of effort becomes more important, refiners offer contracts to downstream retailers that include relatively more performance incentives, but less direct control.", S. 163 f). Die Zitate beziehen sich iiberwiegend auf die Prinzipal-Agent-Theorie im Allgemeinen. Sie lassen sich aber inhalthch ohne Schwierigkeiten auf die Hidden-Action-Modelle ubertragen.

99

tematisieren. Stattdessen wird auf die empirischen Widerspriiche^^^ fokussiert, die die kognitiven und motivationalen Pramissen der Hidden-Action-Modelle betreffen. Zum anderen werden die systematischen Abweichungen von den Voraussagen der Hidden-Action-Modelle beziiglich der optimalen Zahlungsregel behandelt. Die Kritik an den kognitiven Pramissen der Hidden-Action-Modelle richtet sich auf die Aktionsauswahl, ihre Realisiening, die Informationspramissen und den direkten Prozess der Infomiationsverarbeitung, also die Entscheidungskalkiile von Prinzipal und Agent. Aus der Perspektive der Prinzipal-Agent-Theorie sind der Prinzipal und der Agent individuelle Erwartungsnutzenmaximierer: Sie besitzen jeweils eine Menge von Entscheidungsaltemativen, die sie entsprechend ihren Praferenzen bewerten, und wahlen dann eine Entscheidungsaltemative aus, die ihren (Erwartungs-) Nutzen maximiert. AuBerdem kennen sie alle Entscheidungsaltemativen, konnen deren Konsequenzen auf die Zielerreichung voUstandig abschatzen und sind in der Lage, die relevanten Erwartungsurteile fur die Losung ihres Entscheidungsproblems anzugeben. Dariiber hinaus verfiigen sie iiber die kognitiven Fahigkeiten, um die fiir die Entscheidung relevanten Informationen problemlos zu verarbeiten und dann eine (ziel-) optimale Entscheidungsaltemative auszuwahlen. Diese Annahmen beziiglich des Entscheidungsverhaltens der Entscheidungstrager treffen anscheinend empirisch nicht zu^^^l Einer der ersten, der in der kritischen Auseinandersetzung mit den Verhaltensannahmen fur Entscheidungstrager in der betrieblichen Praxis auf die eingeschrankte Rationalitat hingewiesen hat, war Simon^^^l Nach Simon verhalten sich Akteure 360)

361)

362)

100

Die folgenden Aussagen sind immer als 2-stellige Beziehungen aufzufassen: Das Hidden-Action-Modell ist von der empirischen Inkonsistenz x betroffen. Es wird keine Schiussfolgerung dariiber gezogen, ob eine „alteraative" Theorie von der empirischen Inkonsistenz x nicht betroffen ist oder den Hidden-ActionModellen sogar iiberlegen ist. Zwar mag das auf den ersten Blick als selbstverstandlich und somit nicht als hervorhebenswert erscheinen. Jedoch findet man in der Literatur mitunter auch implizite Theorievergleiche. Hierbei wird zunachst eine Vieizahl der oben beschriebenen 2-stelligen Beziehungen aufgefiihrt, und anschliefiend wird geschlossen, dass die Hidden-Action-Modelle aufgrund der Vieizahl der widerspriichlichen Fakten einer anderen Theorie unterlegen sind. Ein paradigmatisches Beispiel fUr einen solchen impliziten Theorievergleich ist die Untersuchung von Miiller (1995a), S. 62 ff. Dort werden zahlreiche empirische Inkonsistenzen an dem so genannten LEN-Modell identifiziert. AnschlieBend wird die Schiussfolgerung gezogen, dass der „Agency-Ansatz" die verhaltenswissenschaftlichen Altemativen nicht ersetzen konne: „Schon gar nicht kann er [- der „Agency-Ansatz" - ] die fast durchweg informationshaltigeren verhaltenswissenschaftlichen Theorien ersetzen"; Miiller (1995a), S. 72 (Erganzungen durch den Verfasser). Vgl. dazu die Kritik an Miiller durch Bamberg (1995); Elschen (1995); Spremann (1995); Kossbiehl (1995) und die Gegenreaktion von Muller (1995b). In diesem Zusammenhang seien die zahlreichen empirischen Inkonsistenzen gegeniiber der Erwartungsnutzenhypothese, die den „Kem" der Hidden-Action-Modelle bildet, erwahnt; vgl. beispielsweise die Zielfunktion des Prinzipals, die Teilnahmebedingung und die Anreizkompatibilitatsbedingung des Agenten, die in den Axiomen (8), (10) bzw. (11) in Abbildung 10 auf S. 62 spezifiziert werden. In experimentellen Untersuchungen sind zahlreiche Inkonsistenzen gegeniiber der Erwartungsnutzenhypothese festgestellt worden. Vgl. zu den so genannten „Entscheidungsanomalien" Earl (1990), S. 722 ff.; Eichenberger (1992), S. 10 ff.; Haug (1998), S. 128 ff.; Kahnemann (1984), S. 342 ff.; Kirchgassner (2000), S. 160 f.; Klein (2004), S. 410 ff.; Kunz, V. (2004), S. 142 ff.; Laville (2000), S. 399 ff.; McFadden (1999), S. 84 ff.; McFadden (2001), S. 361 ff.; Schoemaker (1982), S. 541 ff.; Tversky (1981), S. 453 ff.; Tversky (1988), S. 371 ff.; Tversky (1990), S. 206 ff.; Tversky (1992), S. 305 ff. Vgl. auch fur eine Diskussion der Argumente fiir und wider die Maximierungshypothese Conlisk (1996), S. 670 ff. Vgl. Simon (1957) und dariiber hinaus Simon (1986); Simon (1991); Simon (1993); vgl. dariiber hinaus zum „bounded rationality"-Konzept Jones (1999), S. 299 ff.; Lipman (1995), S. 44 ff.; Munier (1999), S. 234 ff.; Selten (1990), S. 649 ff.; Selten (1998), S. 414 ff.; Sehen (2000), S. 132 ff. Ein Ansatz zur formalsprachlichen Axiomatisierung der eingeschrankten Rationalitat findet sich in Lipman (1999), S. 343 ff.; Mullainathan (2002), S. 738 ff.

nicht rational im strengen Sinne, sondem nur eingeschrankt rational. Eingeschrankte Rationalitat bedeutet hierbei, dass sich die Entscheidungstrager zwar rational im Sinne eines Optimierungskalkiils verhalten wollen, dies aber nur im Rahmen ihrer eingeschrankten kognitiven Fahigkeiten vermogen. Simon fasst die Grenzen der Rationalitat wie folgt zusammen: •

Erstens wird in dem oben beschriebenen Verhaltensmodell vorausgesetzt, dass die Entscheidungstrager vollstandige Kenntnis uber ihre Entscheidungsaltemativen und iiber die moglichen Konsequenzen ihrer Entscheidungen besitzen, die sich bei der Handlungsauswahl ergeben (voUstandiges Entscheidungsproblem). Tatsachlich ist das Wissen der Entscheidungstrager iiber ihre Entscheidungsaltemativen und deren Konsequenzen jedoch blo6 fragmentarisch.



Zweitens sind der menschlichen Informationsaufnahme okonomische Grenzen gesetzt: Selbst wenn dem Entscheidungstrager die Beziehungen zwischen seinen Entscheidungsaltemativen und deren Konsequenz voUstandig bekannt waren, wiirden ihm sehr hohe Kosten fiir die Informationsaufnahme entstehen.



Drittens sind die kognitiven Fahigkeiten eines Entscheidungstragers beschrankt. Zur Ermittlung der optimalen Entscheidungsaltemative sind umfassende Berechnungen notwendig, zu denen ein Entscheidungstrager in der Regel nicht in der Lage ist.

Neben der Kritik an den „kognitiven Zumutungen", die die Prinzipal-Agent-Theorie an Prinzipal und Agent stellt, werden auch diejenigen Pramissen heftig kritisiert, in denen die motivationalen Gmndlagen von Prinzipal und Agent zum Ausdmck kommen. Die Kritik an den motivationalen Gmndlagen zielt zum einen auf die in der Okonomie verbreitete Praxis, die zulassigen Anreize auf bestimmte Praferenzen einzuschranken und das Verhalten ausschlieBlich auf die Maximiemng des materiellen Nutzens zuriickzufiihren. Vor allem intrinsische Motive fmden keine Beriicksichtigung, obwohl sie nach den Ergebnissen empirischer Untersuchungen in vielen Erklamngszusammenhangen relevant erscheinen^^^l In diesem Zusammenhang wird auf den in der motivationspsychologischen Forschung vielfach bestatigten Sachverhalt der Kormmpiemng intrinsischen Nutzens durch materielle Anreize verwiesen. Wenn der Prinzipal den Agenten fiir die Durchfiihmng des Auftrags bezahlt, den der Agent z.B. wegen seiner „moralischen tjberzeugung" unentgeltlich erbringt oder erbracht hatte, dann kann dies dazu fuhren, dass die vorhandene intrinsische Motivation deutlich abgeschwacht oder ausgeloscht wird (Verdrangungseffekt)^^\ Diese kann zu der Konsequenz fiihren, dass das Leistungsverhalten vom Agenten trotz der materiellen Zahlung zuriickgeht. Zum anderen wird bemangelt, dass innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie ein „a-soziales Wesen"^^^^ - ahnlich dem homo-oeconomicus - konstmiert wird, das jede Gelegenheit dazu ausnutzt, um seinen Nutzen auf Kosten der anderen Akteure zu maximieren. Es wird bezweifelt,

363) 364)

365)

Vgl. Z.B. Frey (2001b), S. 563 ff. Vgl. zur so genannten Verdrangungshypothese Frey (1997), S. 746 ff., Frey (2001a), S. 591 ff.; Frey (2001b), S. 563 ff.; Kreps (1997), S. 360 f.; Kunz, V. (2004), S. 139 f.; Miiller (1995a), S. 68 („SisyphosDilemma der Motivierung"); Sliwka (2003), S. 17 ff. Vgl. dariiber hinaus zu experimentellen Untersuchungen zum Verdrangungseffekt Fehr (2002), S. 3 ff.; Irlenbusch (2003), S. 4 ff. Vgl. Miiller (1995a), S. 69.

101

ob die Aimahme des opportunistisch handelnden Agenten empirisch zutreffend ist^^^\ Vielmehr sei das Verhalten realer Akteure scheinbar nicht nur durch Eigennutz, sondem auch durch Altruismus bestimmt. AuBerdem wird die Pramisse bemangelt, dass der Agent aus der Durchfiihrung des Auftrags immer eine Nutzenminderung erfahrt: Die Aktionsauswahl fiihrt bei jedem Agenten zu einem Disnutzen. Diese Annahme scheint fiir vieie reale Agenten nicht erfiillt zu sein. Beispielsweise weisen viele Manager (Agenten) kein arbeitsaverses Verhalten auf, sondem sind im Gegenteil oft „Workaholics"^^^\ Das Standardmodell impliziert, dass die Struktur der optimalen Zahlungsregel sehr sensitiv auf Veranderungen der zugrunde liegenden bedingten Dichtefunktion und der Nutzenfunktionen der beteiligten Akteure reagiert^^l Somit konnen sich fast keine akteursubergreifenden Regularitaten in den Struktureigenschaften der optimalen Zahlungsregeln ergeben. Viele Zahlungsregeln, die tatsachlich beobachtet werden, haben jedoch eine lineare Struktur, wie z.B. Stiicklohne, Provisionen und Aktienoptionen fiir Manager. Offensichtlich besteht ein Widerspruch zwischen den Aussagen des Standardmodells und den empirischen Beobachtungen (alltaglichen Beobachtungen). Ein ahnliches Resumee zieht auch Arrow^^^^: „Most important the theory tends to lead to very complex fee functions [... ] We do not find such complex relations in reality [...] In some cases, where principal-agent-theory seems clearly applicable, real-wo rid practice is very different from the model [...] Even in situations where compensation systems seem closer in form to the theoretical, there are significant differences." Ahnlich argumentieren auch Holmstrom und Milgrom"^^^^: „Real world incentive schemes appear to take less extreme forms than [...] predicted by the basic theory." Dariiber hinaus wird festgestellt, dass in der betrieblichen Praxis entweder keine erfolgsabhangigen Zahlungsregeln zwischen real en Prinzipalen und Agenten vereinbart werden"^^^^: „Existing formal models that have analyzed this tension have produced only limited results. [...] It remains a puzzle for this theory that employment contracts so often specify fixed wages [...]." Oder es werden erfolgsabhangige Zahlungsregeln beobachtet, jedoch sind diese Zahlungsregeln nicht optimal im Sinne der Hidden-Action-Modelle. In diesem Zusammenhang wird auf die empirische Untersuchung von Jensen und Murphy verwiesen. Jensen und Murphy betrachten ein nicht naher spezifiziertes Hidden-Action-Modell mit Agent (angestelltem Manager) und Prinzipal (Eigentumer). Entsprechend dem Hidden-Action-Modell sollten der Eigentumer die Zahlung an den Agenten in Abhangigkeit vom realisierten Ergebnis festlegen, um das Moral-Hazard-Problem zu mindem und dem Manager einen Anreiz zu geben, einen hohen Arbeitseinsatz zu leisten. Nach der Analyse von empirischem Datenmaterial von USamerikanischen Untemehmen kommen Jensen und Murphy zwar zu dem Ergebnis, dass ein positiver und statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Untemehmenswert und der Entlohnung des Managements besteht: Wenn der (durchschnittliche) Untemehmenswert 366) 367) 368)

369) 370) 371)

102

Vgl. MuIIer (1995a), S. 69. Vgl. Baron (1988), S. 494; Breid (1995), S. 825; Gedenk (1998), S. 25; Holmstrom (1986), S. 835; Kaplan (1984), S. 404 f.; Kreps (1997), S. 361; Muller (1995a), S. 70. Vgl. hierzu die Steigung der optimalen Zahlungsregel zr*, die in Kapitel 3.2.2 fiir eine Frinzipal-AgentBeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten hergeleitet worden ist. Arrow (1985), S. 48 f. Holmstrom (1987), S. 304. Holmstrom (1991), S. 24. In diesem Zusammenhang wird von der „Dominanz des Fixlohns" gesprochen; vgl. Muller (1995a), S. 72

urn 1000 Dollar zunimmt, dann steigt die Entlohnung des (durchschnittlichen) Managers um 3,25 Dollar. Jedoch wenden sie ein, dass die festgestellte „Pay-Performance-Sensitivitat" von 0,325 % im Widerspruch zur Prinzipal-Agent-Theorie steht^^^l Hieraus ziehen sie die Schlussfolgemng, dass in den betrachteten Vertragsbeziehungen keine optimalen Vertrage abgeschlossen werden, die das Management dazu motivieren, im Sinne der Eigentumer zu handeln, Neben den empirischen Widerspnichen zwischen den Aussagen der Hidden-Action-Modelle beziiglich der optimalen Zahlungsregel und alltaglichen Beobachtungen (einschlieBlich Feldstudien) werden auch in Experimenten deutliche Abweichungen festgestellt. Beispielsweise testeten Keser und Willinger den empirischen Gehalt von zwei Hidden-Action-Modellen. Die Axiome fur die von Keser und Willinger untersuchten Hidden-Action-Modelle sind in der Abbildung 21 angegeben. Zwecks einer kompakten Darstellung wurden die Axiome der beiden Hidden-Action-Modelle in einer Abbildung zusammengefasst und blo6 rudimentar wiedergegeben. Der Unterschied zwischen diesen beiden Modellen kommt im Axiom (6) zum Ausdruck. Im ersten Modell steht ein risikoneutraler Prinzipal einem risikoneutralen Agenten gegeniiber. Im zweiten Modell wird hingegen eine Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten betrachtet.

Axiom

formalsprachliche Axiomdefinition mit naturlichsprachlichen Eriauterungen

1

Menge der Aktionen: AK={akj} j=i,2 mit: aki < ak2

2

Menge der Ergebnisse: ER={erq} q=i,2 mit: eri=50 und er2= 100

3

Menge der Zahlungen: ZA={1,2,...,100}

4 5

bedingte Dichtefunktionen: f(eri|aki)=0,5; f(er2|aki)=0,5; f(eri|ak2)=0,2; f(er2|ak2)=0,8 Nutzenfunktion des PrinzipaJs: v(erq-zaq)=erq - zr(erq)

|

Nutzenfunktion des Agenten:

6

LlVlodell:

2. Modell:

1 7

risikoneutraler Agent: u{zaq.akj) = zr(erq) - du(akj) mit: du(aki)=13; du(ak2)=20 risikoaverser Agent: u(zaq,akj) = - exp(-p(zr(erq) - nz(akj)) mit: |3 e M^

Reservationsnutzen des Agenten: 3u = 0

Abbildung 21: Axiome der von Keser und Willinger untersuchten Hidden-Action-Modelle ^

372) Vgl. Jensen (1990), S. 226 f. 373) Vgl. Keser (2000), S. 166 ff.

103

Der Prinzipal praferiert ein hohes Anstrengungsniveau. Denn dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit fiir ein hohes Ergebnis (er2): f(er2|ak2) > f(er2|aki). Hingegen praferiert der Agent einen niedrigen Arbeitseinsatz, da er dadurch einen geringeren Disnutzen erreicht: du(aki) < du(ak2). Die Aktion des Agenten kann im Experiment von Keser und Willinger vom Prinzipal nicht beobachtet werden. Daher ist der Prinzipal mit dem Moral-Hazard-Problem konfrontiert. Um diese Gefahr zu reduzieren, legt der Prinzipal die Zahlung zr(erq) in Abhangigkeit vom realisierten Ergebnis fest^^'^^ Fiir die Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten (1. Modell) leiten Keser und Willinger folgende theoretische Voraussagen ab^^^\ Der Prinzipal sollte die Zahlungsregel (1,25)^^^^ anbieten, und der Agent sollte nach Annahme der Vertragsofferte die Aktion ak2 wahlen. Folglich musste folgende Zahlungsregel-Aktion-Kombination ((l,25),ak2) beobachtet werden. Diese theoretische Voraussage wird in dem Experiment von Keser und Willinger allerdings nicht bestatigt. Unter den 500^^^ beobachteten Prinzipal-Agent-Beziehungen, die mit Studierenden als Probanden durchgefuhrt wurden, wurde kein einziges Mai die Zahlungsregel (1,25) beobachtet. Die durchschnittliche Zahlungsregel lag bei (23,45). Abbildung 22 auf S. 105 gibt einen Uberblick iiber die absoluten Haufigkeiten und die Auspragungen der innerhalb des Experiments beobachteten Zahlungsregeln.

374)

375) 376) 377)

104

Abweichend von der in Kapitel 3.2.2 behandelten Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten wird hier das Ergebnis nicht an den Agenten verkauft. In diesem Modell stellt sich also die so genannte „Quasi-Verkaufsl6sung" nicht ein. Der Grund fiir das Scheitern der Quasi-Verkaufslosung konnte in einer Zahlungsbeschrankung des Agenten liegen. Allerdings gehen Keser und Willinger nicht auf diesen Sachverhalt ein. Vgl. Keser (2000), S. 168 ff. Vgl. zur Zahlungsregel im Falle einer endlichen Ergebnismenge, die mit dem Vektor der Zahlungen identifiziert wird, die Ausfiihrungen in Fn. 319. Keser und Willinger haben das Experiment zunachst probeweise 500mal mit Studierenden als Probanden ablaufen lassen, um den Studierenden die Moglichkeit zu geben, Erfahrungen bei der Gestaltung von Vertragen und der Auswahl der Aktionen zu sammeln. AnschlieBend haben Keser und Willinger das Experiment emeut SOOmal mit diesen nun „erfahrenen" Studierenden durchgefuhrt. Die folgenden Ausfiihrungen beziehen sich ausschlieBlich auf das Experiment mit den erfahrenen Studierenden als Probanden.

\ \

95

/

1 90

[

85 80 75 70 65 60

za2

1

4

4

8

14

1

4

22

33 21

6

10

12

19

52

13

3

2

51

25

10

45

6

11

34

12

40

1

3

37

4

1

2

35

1

12 25

1

6

1

8

2

56 50

30

theoretisch optimale

r

11

20

2

1

4

15 10 5 \

1

0

10

15

20

25

30

35

40

45

50

55

70

75

80

85

Abbildung 22: Absolute Haufigkeiten und Auspragungen der Zahlungsregeln im Experiment von KeserundWillinger^^^^

Diese erheblichen Abweichungen von den theoretischen Voraussagen konnen aus unterschiedlichen Griinden resultieren. Eine Ursache konnte die Risikoaversion der Agenten sein. Um diesen Aspekt auszuschlieBen, untersuchten Keser und Willinger auch die Axiome fiir eine Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten (2. Modell). Sie gingen dabei von einer exponentiellen Nutzenfiinktion der Agenten mit P als deren Risikoaversionskoeffizient aus. Auch fur diesen Fall stellen Keser und Willinger erhebliche Abweichungen fest^^^l Die im Experiment beobachteten Zahlungen waren viel „ausgegHchener", als durch die beiden untersuchten Modelle vorausgesagt wurde. Diese Abweichungen fiihrten Keser und Wil-

378) 379)

Vgl. Keser (2000), S. 177. Die Zahlen in den Matrixfeldera geben die absoluten Haufigkeiten der Beobachtungen jener Zahlungsregeln an, die dem betroffenen Matrixfeld (zai,za2) jeweils entsprechen. In ihrem Experiment werden ausschlieBlich zwei Zahlungsregeln beobachtet, die den Voraussagen der oben genannten Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten entsprechen; vgl. Keser (2000), S. 183 (,A11 but two contract offers lie outside the region [...]).

105

linger auf Faimess-Uberlegungen zuriick. Ihnen zufolge wird eine Zahlungsregel, bei der ein Agent auf seinen Reservationsnutzen u „heruntergedruckt" wird, als unfair empfunden^^^l Die Tatsache, dass die Hidden-Action-Modelle vor dem Hintergrund dieser exemplarisch aufgefiihrten empirischen Widerspriiche nicht als widerlegt betrachtet und verworfen werden, ist beachtlich. Die Hidden-Action-Modelle zeichnen sich folglich durch eine weitgehende Widerlegungsresistenz aus. Aufgrund dieser Feststellung lasst sich mutmafien, dass sich die Forschungsmethodik des Falsifikationismus^^^^ innerhalb der Hidden-Action-Modelle nicht durchzusetzen vermochte. Dieses „BehaiTungsvermogen" gegeniiber empirischen Widerspriichen ist allerdings keine Besonderheit der Prinzipal-Agent-Theorie im Allgemeinen oder der Hidden-Action-Modelle im Besonderen. Vielmehr handelt es sich ebenso wie beim Strukturierungsdefizit um eine charakteristische Eigenschaft (nicht nur) okonomischer Theorien. Daher wird seit geraumer Zeit beklagt, dass sich die Forschungsmethodik des Falsifikationismus in den Sozialwissenschaften nicht durchzusetzen vermochte. Entsprechend frustriert auBert sich z.B. Blaug liber

380)

381)

106

Vgl. Keser (2000), S. 165 u. 183. Ahnliche Uberlegungen finden sich auch beim Konzept der „Ungleichheitsaversion" („inequity aversion") eines Agenten wieder; vgl. insbesondere Fehr (1999), S. 820; Fehr (2000), S. 1059 ff.; Fehr (2001), S. 15 ff., und dariiber hinaus Englmaier (2002), S. 2 ff. Ein Agent wird hiemach dann als „Ungleichheits-avers" bezeichnet, wenn er in seinen Nutzeniiberlegungen nicht nur die erhaltene Zahlung und seine Aktion beriicksichtigt, sondem auBerdem seinen monetaren Vorteil aus der Vertragsbeziehung mit dem monetaren Vorteil des Prinzipals vergleicht. Diese zusatzliche Vorteilsabwagung kommt in der Nutzenfunktion des Agenten in Form einer weiteren Nutzenkomponente zum Ausdruck. Die additive Nutzenfunktion des Agenten wird um die „Ungleichheits"-Nutzenfunktion iu(er,zr(er)) mit x^ K^g als seinem Ungleichheitsaversionskoeffizienten erweitert (vgl. Englmaier (2002), S. 6; vgl. ebenso Fehr (1999), S. 822; Fehr (2002), S. 1063, fur eine alternative Darstellung der Nutzenfunktion des Agenten mit einer endlichen Aktions- und Ergebnismenge): u(zr(er),ak,er) = mu(zr(er)) - du(ak) - iu(er,zr(er)) mit iu(er,zr(er)) = x((er - zr(er)) - zr(er)). Die Funktion iu(er,zr(er)) gibt den mit x gewichteten Nutzen des Agenten aus der Differenz zwischen dem Residuum des Prinzipals ((er - zr(er)) und der Zahlung zr(er) an den Agenten wieder. Auf die Ungleichheitsaversion des Agenten wird erneut zuriickgekommen, wenn die Widerlegungsresistenz der Hidden-Action-Modelle aus der Perspektive des Strukturalismus betrachtet wird; vgl. dazu Kapitel 5.3. Vgl. zum Falsifikationismus und zum Kritischen Rationalismus insbesondere Popper (1994); Popper (1995); Popper (1996); Popper (2000a); Popper (2000b); Popper (2000d); Popper (2000e); vgl. auch Albert, M. (1994); Albert, H. (1982); Albert, H. (1987); Albert, H. (1991); Albert, H. (1998), S. 121 f.; Albert, H. (2000); Bohm (2002); Keuth (2000); Meyer (2002), S. 134 ff.; Schanz (1988b); Schanz (1990). Popper hat als Methode fiir die Sozialwissenschaften die „Situationslogik" vorgeschlagen, die auch als „Methode der rationalen Rekonstruktion" bezeichnet wird; vgl. zur Situationslogik Popper (2000c), S. 347 ff. u. 350 ff. Popper betrachtet die Situationslogik als die einzige Methode, mit der sozialwissenschaftliche Phanomene erklart werden konnen: „Meine These ist, dass wir das, was in der Gesellschaft geschieht - gesellschaftliche Ereignisse - nur [durch die Situationslogik] erklaren und verstehen konnen." (Popper (2000c), S. 351; Erganzung durch den Verfasser). Entsprechend dieser methodologischen Regel werden die Handlungen von Akteuren und deren Konsequenzen erklart, ohne sich dabei auf die individuelle Motivation der Akteure zu beziehen. Die zentralen Elemente der Situationslogik sind die Situationsanalyse und das Rationalitatsprinzip. Eine Erklarung entsprechend der Methode der Situationslogik umfasst vier Schritte (vgl. Hands (2001), S. 284; Koertge (1979), S. 87 f.): Zunachst wird die Situation beschrieben, in der sich der betrachtete Akteur befmdet. Der zweite Schritt besteht aus der Situationsanalyse: Es wird die Aktion des Akteurs gesucht, die dieser in der gegebenen Situation entsprechend seinen Praferenzen auswahlen sollte, wenn er rational handelt. Im dritten Schritt wird das Rationalitatsprinzip eingesetzt. Es wird angenommen, dass Akteure immer diejenige Aktion auswahlen, die situationsadaquat ist. SchlieBlich wird viertens das zu erklarende Phanomen - die Aktion des Akteurs - logisch deduktiv aus der Situationsanalyse und dem Rationalitatsprinzip hergeleitet. Vgl. zur Kritik an der Situationslogik Caldwell (1991), S. 13; Hands (1985a), S. 310 ff.; Hands (2001), S. 283 ff.

den Status des Falsifikationismus in der Okonomie^^^^: „ [ . . . ] ! claim that modem economics do in fact subscribe to the methodology of falsificationism: [...] I also argue, however, that economics fail consistently to practice what they preach: their working philosophy of science is aptly characterized as 'innocuous falsificationism' [...]". Damit driickt Blaug seine Enttauschung dariiber aus, dass die Idee des Falsifikationismus zu unverbindlichen „Lippenbekenntnissen"^^^^ verkommen ist^^'^l Zu einem ahnlichen Ergebnis iiber die Anwendung falsifikationistischer Leitideen innerhalb der Wirtschaftswissenschaften gelangt auch Latsis^^^^: „No extensive historiographical research is required to reveal that the development of economic analysis would look a dismal affair through falsificationist spectacles." Das „Beharrungsvermogen" gegeniiber den zahlreichen empirischen Widerspriichen kann man entweder so akzeptieren. Oder man kann nach Erklarungsmustem fiir dieses Beharrungsvermogen suchen. Zur Erklarung dieses Phanomens konnten Konzeptionen wie die paradigmatische Normalwissenschaft nach Kuhn^^^^ und die Methodologie der Forschungsprogramme nach Lakatos^^'^ herangezogen werden^^^l Sowohl das Konzept der paradigmatischen Normalwissenschaft als auch das Konzept der Forschungsprogramme werden jedoch naturlichsprachlich entfaltet. Daher werden diese beiden Erklarungsmuster zur Begnindung der Widerlegungsresistenz der Hidden-Action-Modelle nicht herangezogen. Denn in der hier vorgelegten Untersuchung steht die formalsprachlich formulierte Prinzipal-Agent-Theorie - „paradigmatisch" veranschaulicht anhand der formalen Hidden-Action-Modelle - im Vorder-

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Blaug (1992), S. xiii. Solche Lippenbekenntnisse verurteilt Feyerabend auf ironische Weise: „Man [... ] kann diese MaBstabe als verbale Omamente beibehalten, als ein Andenken an gliickliche Zeiten, als man noch glaubte, [.,.] Wissenschaft auf Grund einiger einfacher und rationaler Regeln lenken zu konnen."; Feyerabend (2001), S. 208. Vgl. fiir weitere (zum Teil frustrierte) AuBerungen iiber die Verbreitung und Anwendung des Falsifikationismus innerhalb der Okonomie Caldwell (1982), S. 236 („[...] falsificationism has not been practiced in economics, and, more important, that it seems to be unpracticable [...]")» Hands (1985b), S. 322 („Despite the fact, that most economists advocate the severe testing of economic theories, they in fact almost never practice what they preach. Negative evidence, if acknowledged at all, is never quite sufficient to dislodge (or cause the rejection of) a professionally popular theory."); Hands (2001), S. 279 ff. Latsis (1976b), S. 8. Vgl. zum Konzept der paradigmatischen Normalwissenschaft Kuhn (1973), S. 288 ff.; Kuhn (1974), S. 225 ff.; Kuhn (2003). In der Literatur finden sich zahlreiche Beispiele, in denen zumindest begrifflich eine Beziehung zwischen der Forschungspraxis innerhalb der Prinzipal-Agent-Theorie und dem Konzept der paradigmatischen Normalwissenschaft hergesteUt wird; vgl. beispielsweise Ackere (1993), S. 3 („The Principal/Agent Paradigm"); Baiman (1990), S. 350 („Empirical tests of the agency paradigm"); Borland (1998), S. 201 („Organizational Form Outside the Principal-Agent-Paradigm"); Foss (1997), S. 10 („principal/agent paradigm"); Hart (1987), S. 77 („The agency paradigm"); Harris (1978), S. 20 ("agency paradigm"); Haubrich (1994), S. 258 („principal-agent paradigm"); Janakiraman (1992), S, 53 („principalagent framework has become a widely used paradigm"); Klinkert (1999), S. 127 ("Agency-Paradigma"); Lafontaine (1998), S. 3 („principal/agent paradigm"); Lambert (2001), S. 3 f. („theoretical paradigms in accounting"); Kerschbamer (2001), S. 6 („principal-agent paradigm"); Petersen, Th. (1989), S. VIII („Paradigma der Organisationstheorie"); Salanie (1997), S. 4 ("Principal-Agent paradigm"); Vera-Hemandez (2003), S. 670 („principal-agent paradigm"). Allerdings verharren diese Verweise ausschlieBlich auf der begrifflichen Ebene. Die Widerlegungsresistenz wird nicht weiter thematisiert. Vgl. Lakatos (1974a), S. 128 ff.; Lakatos (1974b), S. 279 ff.; Lakatos (1974c), S. 318 ff.; Lakatos (1982), S. 170 ff. Vgl. fiir die Rekonstruktion okonomischer Theorien mit den Ausdrucksmitteln der Methodologie der Forschungsprogramme die Fallstudien im Sammelband von Latsis (1976a). Dariiber hinaus lieBe sich auch das Schema-Konzept von Hohmann und Suchanek heranziehen, um die Widerlegungsresistenz der Prinzipal-Agent-Theorie zu erklaren; vgl. Hohmann (1989), S. 71 ff.; Suchanek (1994), S. 60 ff.

107

grund des Erkenntnisinteresses (vgl. S. 4 f.). AuBerdem wurde zu Beginn der Untersuchung anhand des dort geauBerten Formalisieningspostulats eine klare Praferenz zugunsten formalsprachlicher Theorieformulierung bekundet (vgl. S. 9). Stattdessen wird durch die strukturalistische Reformulierung der Hidden-Action-Modelle gezeigt, dass die formale Struktur der Hidden-Action-Modelle eine inharente Widerlegungsresistenz besitzt und gegen jegliche Widerlegungsversuche immun ist. Mit der Entscheidung fur den Strukturalismus in der hier vorgelegten Untersuchung wird aber keineswegs behauptet, dass die oben erwahnten wissenschaftssoziologischen und -psychologischen Erklarungsmuster nicht in der Lage waren, die Widerlegungsresistenz von Theorien auch zu erklaren.

108

4

Der Strukturalismus

4.1

Allgemeiner Uberblick iiber den Strukturalismus

Der (wissenschaftstheoretische) Strukturalismus^^^^ geht auf den modelltheoretischen Ansatz von Suppes zuriick und wurde durch Sneed in seinem Buch „The Logical Structure of Mathematical Physics"^^^ ausgearbeitet. Stegmiiller, Balzer, Moulines und Gahde prazisierten den Strukturalismus und wirkten an seiner Ausarbeitung zu einer Gesamtkonzeption bei. Der Ausgangspunkt fiir die Entwicklung des Strukturalismus war die Auseinandersetzung mit den Defiziten der konventionellen Theorienauffassung^^^l Insbesondere war die Frage nach der Theoretizitat von Konstrukten ein wesentlicher Grund fiir die Entwicklung des Strukturalismus^^^\ Erst spater stellte sich eher als „Nebenprodukt" heraus, dass mit den Ausdrucks389)

390) 391) 392)

Vgl. fiir eine Einfuhrung zum Strukturalismus als Standardwerke Sneed (1979); Stegmiiller (1980); Stegmiiller (1985); Stegmuller (1986); Balzer (1987); Balzer (1996). Vgl. dariiber hinaus zum Struktura lismus Balzer (1982a); Balzer (1995); Balzer (1997); Balzer (2000); Balzer (2002); Bartelborth (1996), S 270 ff.; Diederich (1981); Gahde (1983); Gahde (1986); Gahde (1990); Gahde (1996); Gahde (1998); Gahde (2002); MouUnes (1975); Moulines (1976); Moulines (1979); Moulines (1981); Moulines (1986); Moulines (1989); Moulines (1994); Moulines (1996); Moulines (2002); Sneed (1976); Sneed (1983); Sneed (1986); Stegmuller (1974); Stegmuller (1975); Stegmiiller (1979); Stegmiiller (1981); Westermann (2000), S. 215 ff.; Zelewski (1993), S. 94 ff. Vgl. fiir eine kritische Auseinandersetzung mit dem Strukturalismus Gadenne (1985), S. 21 ff.; Gadenne (1987), S. 98 ff.; Hands (1985b), S. 309 ff.; Hands (2001), S. 341 ff.; Kim (1991), S. 67 ff.; Kiittner (1983), S. 349 ff.; Weingartner (1990). In der Literatur gibt es unterschiedliche Bezeichnungen fiir diese Theorienkonzeption: „strukturalistische Theorienkonzeption", „Nicht-Aussagenkonzeption", „non-statement view" und „semantic view". In dieser Untersuchung wird ausschliefilich die Bezeichnung „Strukturalismus" verwendet. Die strukturalistische Theorienauffassung wurde mittlerweile in Rahmen der (Neu-) Definition des betriebswirtschaftlichen Theoriebegriffs aufgegriffen. Der Vorschlag von Schneider fiir eine Neudefinition des Theoriebegriffs fiir die Betriebswirtschaftslehre zeigt deutlich strukturalistische Ziige; vgl. Schneider (1995), S. 166 ff. Hiemach besteht eine Theorie erstens aus einer Problemstellung, bestehend aus einer Frage, verbunden mit einer Losungsidee fiir diese Frage, zweitens einem Strukturkern als Ausformung der Problemlosungsidee in einem Modell, drittens aus Musterbeispielen als Anwendungsfallen der Problemlosungsidee und viertens aus Hypothesen als Verallgemeinerungen der modellgestiitzten Musterbeispiele zu einer behaupteten „Gesetzesma6igkeit" als Problemlosung. Theorien sind demnach in Strukturkemen ausgeformte Problemlosungsideen, deren Ergebnisse, in eine wissenschaftliche Beobachtungssprache ubersetzt, Problemlosungen behaupten. Schneider verweist explizit darauf, dass es sich bei seinem Definitionsvorschlag um eine „Anleihe" aus dem Strukturalismus handeh; vgl. Schneider (1995), S. 166. Es sei aber darauf hingewiesen, dass durch seine Interpretation wichtige Komponenten einer Theorie verloren gehen, die im Strukturalismus berucksichtigt werden. Beispielsweise wird in seiner Auslegung nicht die Trennung von T-theoretischen und nicht-T-theoretischen Konstrukten und die damit einhergehende Unterscheidung zwischen der Menge der potenziellen Modelle und der Menge der partiellen potenziellen Modelle einer Theorie beriicksichtigt. Vgl. fiir weitere Kritik an Schneiders Auslegung des Strukturalismus Breinlinger-O'Reilly (1991), S. 95 ff. u. 274 ff.; Zelewski (1993), S. 4 (Fn. 6). Dariiber hinaus wurde der Theoriebegriff des Strukturalismus innerhalb der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre (vgl. Behrens (1993), Sp. 4766 (distanziert); Schauenberg (1998), S. 51 f.), innerhalb der Wirtschaftsinformatik (vgl. Lehner (1999), S. 14 f.; Patig (2001), S. 39 ff.; Zelewski (1999a), S. 30 ff.) und innerhalb der Volkswirtschaftslehre (vgl. Anderson (1991), S. 21 ff.; Caldwell (1991), S. 26; Hausman (1994), S. 72 ff.) in einigen wenigen Fallen aufgegriffen, aber selten in konkret ausformulierte strukturalistische Theorien umgesetzt (vgl. beispielsweise zu solchen sehenen Ausnahmen beispielsweise die Quellenangaben in der Fn. 400). Vgl. Sneed (1979). Vgl. zur konventionellen Theorienauffassung Kapitel 3.3.1. Vgl. hierzu Kapitel 4.2.1.1.3 und Kapitel 5.2.2.

109

mitteln des Strukturalismus die zentralen Konstrukte der Kuhnschen Wissenschaftstheorie, wie z.B. „Normalwissenschaft", „Theorieverdrangung", „Theorierevolution" und „Inkommensurabilitat", formalsprachlich prazisiert werden konnen^^^l

Ein charakteristischer Grundzug des Strukturalismus ist seine liberale und pragmatische Auffassung von Wissenschaftstheorie. Dies bezieht sich auf zwei Aspekte: Erstens erlaubt der Strukturalismus die formalsprachliche Prazisierung wissenschaftshistorischer und -soziologischer Aspekte. Zweitens ist der Strukturalismus - im Gegensatz zum Logischen Empirismus Oder Kritischen Rationalismus - nicht normativ orientiert. Das Interesse des Strukturalismus gilt vielmehr der rationalen Reformulierung bestehender Theorien'^^'^l Damit ist gemeint, dass prasystematisch vorgegebene, oftmals natiirlichsprachlich vorgegebene Theorien durch klare, exakte und konsistente, formalsprachlich rekonstruierte Theorien ersetzt werden, um dadurch die Defizite der erstgenannten Theorien zu beheben. Urspriinglich wurde der Strukturalismus fiir die Analyse der logischen Struktur physikalischer Theorien entwickelt. Allerdings ist der Anwendungsbereich des Strukturalismus - wie irrtiimlich oft angenommen wird - nicht auf physikalische oder naturwissenschaftliche Theorien beschrankt. In diesem Zusammenhang wird insbesondere eingeworfen, dass der Strukturalismus aufgrund seiner rigiden formalen Anforderungen fur die inexakten (Geistes- und) Sozialwissenschaften nur eingeschrankt - oder iiberhaupt nicht - anwendbar ist^^^\ Allerdings lasst sich dieser Einwand nicht halten. Zum einen wurde die Moglichkeit, den Strukturalismus auf nicht-naturwissenschaftliche Theorien anzuwenden, durch zahlreiche Reformulierungsbeispiele aus unterschiedlichen Disziplinen der Geistes- und Sozialwissenschaften belegt"'^^^ Mittlerweile gibt es strukturalistische Reformulierungen fiir: • psychologische^^^\ • soziologische^^^^ • politikwissenschaftliche^^^ und

393) 394) 395)

396)

397) 398) 399)

110

Vgl. Stegmiiller (1986), S. 115 ff. u. 200 ff.; Zelewski (1993), S. 93 (Fn. 62), 379 ff., 395 ff., 406 ff., 416 ff. u. 454 ff. Vgl. StegmuUer (1980), S. 20 ff. Vgl. zu diesem Einwand z.B. Frank (1999), S. 150 („Der Strukturalismus ist m.E. wegen seinen rigiden formalen Anforderungen auf die Wirtschaftsinformatik allenfalls sehr eingeschrankt anwendbar."). Weitaus drastischer bringt Poser seine Vorbehalte gegeniiber dem Strukturalismus zum Ausdruck: „Das [...] Stegmiillersche Modell [...] setzt durchgangig formalisierte Theorien voraus [...] Diese Voraussetzung erfiilh aber nur die theoretische Physik [...] Damit ist die Fruchtbarkeit des [...] Modells [...] begrenzt; insbesondere ist nicht zu sehen, wie man eine Ausweitung iiber die Physik hinaus auf andere exakte Wissenschaften vomehmen konnte, zu schweigen von den Geistes- und Sozialwissenschaften."; Poser (2001), S. 172. Vgl. fiir eine Ubersicht iiber die Rekonstruktion realwissenschaftlicher Theorien aus der Perspektive des Strukturalismus Diederich (1994) und fiir die Rekonstruktion okonomischer Theorien BreinlingerO'Reilly (1991), S. 257 und Dreier (1993), S. 302 ff. Vgl. Lutkemeier (2001), S. 93 ff.; Stephan (1990), S. 63 ff. u. 101 ff.; Westermann (1987), S. 39 ff. Vgl. Manhart (1995); Manhart (1998), S. 304 ff. Vgl. Balzer (1999), S. 620 ff.; Dreier (1993), S. 289 ff.; Dreier (1994), S. 189 ff.; Dreier (1997), S. 2 ff.; Dreier (2000), S. 191 ff.



okonomische"^^^^

Theorien. Zwar ist die Fulle der (Reformulierungs-) Beispiele kein Beweis fur die generelle Erweiterbarkeit des Stmkturalismus auf die Geistes- und Sozialwissenschaften. Jedoch wird in dieser Untersuchung - bis zum Beweis des Gegenteils - von der Hypothese der grundsatzlichen Anwendbarkeit in den Sozialwissenschaften und somit auch innerhalb der Betriebswirtschaftslehre ausgegangen. Zum anderen werden aus der Perspektive des Strukturalismus an die Formalisierung einer Theorie weitaus geringere Anforderungen gestellt, als durch den oben angefuhrten Einwand suggeriert wird. Denn es ist nicht erforderlich, Theorien in ein pradikatenlogisches Kalkiil (oder in eine andere, ahnUch „machtige" Logik) zu iibersetzen. Stattdessen werden zur Prazisierung einer Theorie die „informelle" Mengenlehre und einfachste Mittel der Pradikatenlogik verwendet'*^^^ Mit Verweis auf die so genannte Bourbaki-Gruppe"^^^^ in der Mathematik wird eine Theorie informell-mengentheoretisch axiomatisiert, wobei auf die „naive" Mengen- und Relationstheorie"^^^^ zuriickgegrifFen wird'^^'^l Die Axiomatisierung einer Theorie erfolgt hierbei durch die Einfiihrung eines mengentheoretischen Pradikats. Die Axiome, die in der Sprache der „naiven" Mengen- und Relationstheorie formuliert werden'^^^^ bilden die Definitionsbestandteile des jeweihgen Pradikats. Sie brauchen nicht voUstandig formalsprachhch spezifiziert zu werden, sondem konnen auch natiirlichsprachHche Elemente enthalten. Diese „sanf-

400)

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403) 404) 405)

Vgl. Balzer (1982b), S. 23 ff.; Balzer (1985), S. 185 ff.; Balzer (1987), S. 155 ff.; Balzer (2000), S. 99 ff.; De La Sienra (2000), S. 53 ff.; Diederich (1981), S. 124 ff; Diederich (1982), S. 148 ff; Handler (1982a), S. 68 ff.; Handler (1982b), S. 41 ff; Hamminga (1986), S. 31 ff; Hands (1985c), S. 259ff".;Haslinger (1983), S. 115 ff; Herrmann-Pillath (1998); Janssen (1989a), S. 165 ff; Janssen (1989b), S. 184 ff. u. 198 ff.; Patig (2001), S. 45 fif.; Pearce (1982), S. 91 ff.; Sneed (1982), S. 201 ff.; Troitzsch (1998), S. 43 ff; Weber (1983), S. 617 fif.; Zelewski (1993), S. 231 fif u. 245 ff; Zelewski (1994), S. 908 fif; Zelewski (1996), Sp. 1600; Zelewski (1997), S. 351 fif; Zelewski (1999a), S. 44 fif; Zelewski (2004), S. 16 fif Vgl. Manhart (1998), S. 303; Moulines (2002), S. 2. Die Bourbaki-Gruppe ist ein Pseudonym fur eine Gnippe von Mathematikem, die sich Mitte der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zusammengeschlossen und mehrere Jahrzehnte zusammengearbeitet hat, um einen prazisen Aufbau der modemen Mathematik zu erarbeiten. Bei der Formalisierung der Mathematik hat die Bourbaki-Gruppe bewusst auf die Verwendung der Pradikatenlogik erster Ordnung oder eine andere Formalsprache verzichtet. Denn die Verwendung einer Kunstsprache hatte die Verwirklichung ihres Projekts vielleicht um hundert Jahre verzogert; vgl. Stegmiiller (1980), S. 80 f Daher begniigte sich die Bourbaki-Gruppe zur Verwirklichung ihres Projekts der informellen Axiomatisierung; vgl. zur so genaimten ,3ourbakisierung" Bourbaki (1968). Vgl. zur naiven Mengen- und Relationstheorie Hermes (1991). Vgl. Stegmuller (1980), S. 56; Zelewski (1993), S. 94. Im Folgenden wird der Kurze halber auch von ,4nengensprachlichen" Formulierungen die Rede sein.

Ill

te" Formalisierung erleichtert die Reformulierung betriebswirtschaftlicher Theorien, da keine vollstandige formalsprachliche Spezifizierung notig ist'^^l Um die informell-mengentheoretische Axiomatisierung einer Theorie zu illustrieren, sei der Strukturbegriff betrachtet. Anhand der folgenden Definition wird der Begriff „Struktur" mittels eines informell-mengentheoretischen Pradikats „... ist eine Struktur" definiert ^^\ X ist eine Struktur genau dann, wenn es Di,... ,DK und Ri,... ,RN gibt, so dass gilt: (1)

X=;

(2)

Di, ..., DK sind nicht-leere Mengen mit Ke N^;

(3)

Vne {1,... ,N}: Rn ist eine Relation iiber den Mengen Di,... ,DK mit N e N^.

Der Begriff „Struktur*' wird durch die drei mengensprachlichen Axiome definiert. Sie besagen, dass eine Struktur x ein (K+N)-Tupel ist (1) mit K nicht-leeren (Trager-) Mengen (2) und N Relationen iiber diesen Mengen (3). Eine Entitat m wird dann und nur dann als ein Modell des definierten Pradikats „... ist eine Struktur" bezeichnet, wenn sie die oben genannten Axiome erfiillt. Die Menge der Modelle ist die Extension des Pradikats „... ist eine Struktur", d.h. die Menge aller Entitaten, die die Axiome (l)-(3) erfiillen. Hierbei gilt es hervorzuheben, dass der Modellbegriff im Strukturalismus anders als in der Betriebswirtschaftslehre ublich verstanden wird. Ein Modell wird innerhalb der Betriebswirtschaftslehre - abhangig von der ontischen und epistemischen Basisposition - entweder als eine (passive) Abbildung oder als eine (aktive) Konstruktion einer Representation eines Realitatsausschnitts betrachtet'"^^^ Im Gegensatz dazu ist der Modellbegriff im Strukturalismus im prazisierten Sinn der logisch-mathematischen Modelltheorie zu verstehen'^^ Ein Modell ist ein sprachliches Konstrukt, das einem rein syntaktisch definierten („uninterpretierten") Formelsystem so zugeordnet werden kann (d.h. in die Formeln des Systems so eingesetzt werden kann), dass das resultierende nunmehr „interpretierte" Formelsystem „gultig" ist. Die Entitaten m, die fiir die informell-mengentheoretischen Pradikate Modelle darstellen, sind (formal-)

406)

407) 408)

409)

112

Damit wird aber keineswegs ausgeschlossen, dass fiir die Formalisierung einer Theorie aus der Perspektive des Strukturalismus eine andere Notation verwendet wird. Zwar wird von den Protagonisten des Strukturalismus die informell-mengentheoretische Axiomatisierung als eine wesentliche Eigenart strukturalistisch formulierter Theorien angesehen und in Form eines Formulierungseinwands vorgetragen, wonach sich realwissenschaftliche Theorien nicht als Aussagenzusammenhange darstellen lassen; vgl. Balzer (1987), S. XXI; Stegmuller (1980), S. 4 ff. u. 56; Stegmuller (1986), S. 20 ff. Allerdings lassen sich fur die Rekonstruktion einer Theorie ebenso andere Notationen verwenden. Schurz (vgl. Schurz (1983), S. 357 ff.) hat ebenso wie Zelewski (vgl. Zelewski (1993), S. 213 ff.; Zelewski (1999a), S. 49 ff.) gezeigt, dass es im Prinzip keine Schwierigkeiten bereitet, Theorien aus der Perspektive des Strukturalismus auch auf der Basis einer sortierten Pradikatenlogik zu axiomatisieren. Beispielsweise benutzt Zelewski bei seiner strukturalistischen Rekonstruktion der aktivitats- und verbrauchsanalytischen Produktionstheorie eine kombinierte Notation aus arithmetisch angereichter sortierter Pradikatenlogik und algebraischen Signaturen. Vgl. Balzer (1995), S. 200 ff.; Dreier (1993), S. 40 ff.; Manhart (1995), S. 103 f. Vgl. fiir eine ausfiihrliche Diskussion der unterschiedlichen Modellauffassungen innerhalb der Betriebswirtschaftslehre Bamberg (2002), S. 13 ff.; Breinlinger-O'Reilly (1991), S. 240 ff.; Bretzke (1980), S. 32 ff.; Eichhom (1979), S. 58 ff.; Reihlen (1997), S. 2 ff. Die Ausfuhrungen zum abbildungs- und konstruktionsorientierten Modellbegriff werden hier als bekannt vorausgesetzt und nicht weiter vertieft. Vgl. zur logisch-mathematischen Modelltheorie Hermes (1991), S. 22 u. 74 ff. u. 78 ff.; vgl. dariiber hinaus zum Modellbegriff der Strukturalismus Balzer (1987), S. 2 ff.; Moulines (2002), S. 1 f.

sprachliche Artefakte (sprachliche Bezeichner von „Individuen"), die - wenn sie in die Argumentstellen der Pradikate eingesetzt werden - diese Pradikate zu einer gultigen („wahren") Aussage machen. In diesem Sinn wird ein sprachliches Artefakt nur dann als eine Struktur bezeichnet, wenn es die oben spezifizierten Axiome erfiillt. Der Realitatsbezug kommt dadurch zustande, dass die Pradikate in natiirlichsprachlicher Interpretation etwas iiber den sprachlich reprasentierten Realitatsausschnitt aussagen und die sprachlichen Artefakte als Bezeichner von (logischen) „Individuen" mittels Korrespondenzregeln mit (realen) Objekten aus dem sprachlich reprasentierten Realitatsausschnitt verkniipft werden konnen. Das Interesse der Strukturalisten gilt den unterschiedlichen Modellen einer Theorie T. Zunachst wird eine Theorie T zweifach ausdifferenziert'*^^^ Erstens wird eine Theorie als ein 2Tupel T betrachtet, dass sich aus einem Theoriekem KT einerseits und aus dem Theorieanwendungsbereich"^^^^ IT andererseits zusammensetzt: T=.

Die Komponenten einer Theorie werden unterschieden in eine formale Komponente, die im Theoriekem KT als „Struktur" S(T) der Theorie T spezifiziert wird, und in eine empirische Komponente, die sich als Theorieanwendungsbereich IT der Theorie T manifestiert. Zweitens wird der Theoriekem als ein 4-Tupel KT ausdifferenziert: K T = < M P ( T ) , MS(T), Mpp(T), CS(T)>.

Der Theoriekem KT wird weiter unterteilt in die Menge Mp(T) der potenziellen Modelle, die Menge MS(T) der Modelle, die Menge Mpp(T) der partiellen potenziellen Modelle und die Restriktionsklasse CS(Y)^^^. Diese vier Konstituenten des Theoriekems spezifizieren in ihrer Gesamtheit die formale Stmktur S(T) der Theorie T. Die einzelnen Komponenten einer Theorie T - der Theoriekem mit dem 4-Tupel KT und der Theorieanwendungsbereich (also die Menge IT der intendierten Anwendungen) - werden im Folgenden vorgestellt.

410) 411)

412)

Die folgende Darstellung des Stnikturalismus ist angelehnt an die Ausfuhrungen von Stegmiiller (1980), S. 32 ff., 56 ff. u. 137 ff.; Stegmiiller (1986), S. 47; Zelewski (1993), S. 94 ff. u. 151 ff. Die Konstrukte „intendierte Anwendungen", „intendierter Anwendungsbereich", „Theorieanwendungsbereich" und „Menge der intendierten Anwendungen" werden in der vorliegenden Untersuchung als Synonyme gebraucht. In dieser Untersuchung werden die Bezeichnungen „potenzielle Modellmenge" als Synonym fiir „Menge der potenziellen Modelle", „Modellmenge" als Synonym fiir „Menge der Modelle" und „partielle potenzielle Modellmenge" als Synonym fiir „Menge der partiellen potenziellen Modelle" verwendet.

113

4.2

Detaildarstellung der Konzepte des Strukturalismus

4.2.1

Grundkonzepte des Strukturalismus

4.2.1.1

Theoriekern Kj

4.2.1.1.1

Menge MpfQ der potenziellen Modelle

Als erste Komponente des Theoriekems Kj wird die Menge Mp(T) der potenziellen Modelle einer Theorie T betrachtet. Die potenzielle Modellmenge umfasst alle Entitaten, die mit dem terminologischen Apparat der Theorie T formuliert sind. Innerhalb einer Theorie ubemimmt der terminologische Apparat mindestens zwei Funktionen^^^>: • Erstens werden durch den terminologischen Apparat einer Theorie diejenigen sprachlichen Konstrukte"^^"^^ festgelegt, mit denen der jeweilige Realitatsausschnitt und die darin verorteten Phanomene erfahrbar gemacht werden soUen. Damit iibernimmt der terminologische Apparat einer Theorie die Funktion der sprachlichen ErschlieBung der Welt. Denn erst der terminologische Apparat einer Theorie ermoglicht es, sich das Wissen iiber Realitatsausschnitte durch Theorien sprachlich anzueignen und es Dritten zu vermitteln. •

Zweitens erfiillt der terminologische Apparat einer Theorie eine Systematisierungsfunktion. Denn durch den terminologischen Apparat einer Theorie wird der betrachtete Realitatsausschnitt vorstrukturiert, indem die als real angenommenen und somit sprachlich reprasentierbaren Phanomene klassifiziert und typisiert werden.

Die Funktion, die der terminologische Apparat einer Theorie fiir die Vorstrukturierung, Aneignung und Vermittlung von Wissen iiber Realitatsaspekte erbringt, kann unter dem Begriff der „Konzeptualisierung"'^^^^ zusammengefasst werden. Eine Konzeptualisierung ist eine abstrahierende und vereinfachte Sichtweise auf Phanomene des betrachteten Realitatsausschnitts. Welche Aspekte des Realitatsausschnitts als wesentlich erachtet werden, wird durch die Erkenntniszwecke des erkennenden Subjekts bestimmt. Eine Konzeptualisierung ist somit eine subjekt- und zweckabhangige Strukturierung relevanter Realitatsaspekte. Der Konzeptualisierungsprozess stellt eine aktive Erkenntnisleistung dar, die von den Erkenntnissubjekten zur Erfullung der von ihnen verfolgten Erkennmiszwecke vollbracht wird.

413) 414) 415)

114

Vgl. Zelewski (1999b), S. 28 f. Durch die Bezeichnung „Konstrukt" soil die (sprachliche) Konstruktionsleistung des erkennenden Subjekts hervorgehoben werden. Hier wird der Begriff „Konzeptualisierung" gewahlt. Stattdessen hatte auch die Bezeichnung „Kategorisierung" benutzt werden konnen.

In der Kegel gibt die Realitat - so, wie sie unabhangig vom Beobachter existiert'^^^^ - Anlass zu mehreren Konzeptualisierungen. Welche Konzeptualisierung der Beobachter in dem betrachteten Realitatsausschnitt wahmimmt, hangt letzten Endes von seinen Interessen ab. Zur Mitteilung dieser Konzeptualisierung bedient sich das Erkenntnissubjekt immer eines terminologischen Apparats. Die Konzeptualisierungen werden durch einen terminologischen Apparat artikuliert und vermittelt. Innerhalb des Strukturalismus ist jede Entitat, die mit dem terminologischen Apparat einer Theorie T formuliert ist, ein potenzielles Modell mp(T) dieser Theorie T. Die potenzielle Modellmenge Mp(T) enthalt alle potenziellen Modelle mp(D der Theorie T.

4.2.1.1.2

Menge MS(D der Modelle

Die potenzielle Modellmenge umfasst alle Entitaten, die mit dem terminologischen Apparat einer Theorie T formuliert sind. Durch das Attribut „potenziell" wird dabei zum Ausdruck gebracht, dass es sich um ein Modell dieser Theorie handeln kann, aber nicht muss. Ein potenzielles Modell mp(T) einer Theorie T wird erst dann zu einem Modell ms(T) dieser Theorie, wenn es alle nomischen Hypothesen der Theorie T erfuUt. Nomische Hypothesen werden durch die Menge MS(T) der Modelle ausgedriickt. Wenn eine Theorie nomische Hypothesen NHn mit n={l, ... ,N} und N e N^ "^^^^ umfasst, dann gilt fiir die Menge MS(T) der Modelle ms(T) einer Theorie T^^^^: Ms(T)={ms(T)| ms(D e Mp(T) A NHn(ms(T)) mit: n={l, ... ,N} und N G N ^ }, Die Modellmenge MS(T) besteht aus den Modellen ms(T) einer Theorie, in denen jeweils alle nomischen Hypothesen dieser Theorie simultan erfiillt sind. Es ist durchaus denkbar, dass ein potenzielles Modell mp(T)nur einige der nomischen Hypothesen NHi, ..., NHw mit W < N der Theorie T erfullt. Obwohl einige nomische Hypothesen erfiillt sind, handelt es sich trotzdem um kein Modell ms(T) der Theorie T. Der strukturelle Unterschied zwischen einem potenziellen Modell mp(T) und einem Modell ms(T) einer Theorie T besteht folglich darin, dass nur fiir die Modelle ms(T) einer Theorie die Einhaltung aller nomischen Hypothesen sichergestellt ist.

416)

417)

418)

Der Verfasser bekennt sich zu einem „ontischen Realismus", der davon ausgeht, dass eine Realitat „an sich" existiert, unabhangig davon, ob und - gegebenenfalls - wie sie von erkennenden Subjekten thematisiert wird. Dagegen schliefit sich der Verfasser keineswegs einem naiven Realismus an, der neben einem ontischen auch einen epistemischen Realismus umfasst. GemaB dem epistemischen Realismus konnen Subjekte die Realitat so, wie sie „an sich" ist, im Prinzip unverfalscht erkennen; vgl. zu den unterschiedlichen ontischen und epistemischen Positionen Schiitte (1999), S. 219 ff. Die voranstehenden Ausfiihrungen zur sprachlichen ErschlieBung und Vorstnikturierung sowie zur aktiven Konzeptualisierung von Realitatsausschnitten soUten „hinreichend" verdeutlicht haben, dass der Verfasser weit davon entfernt ist, sich einem „naiven" epistemischen Realismus anzuschlieBen. Vielmehr vertritt er in epistemischer Hinsicht eine „gema6ig;t-konstruktivistische" Erkenntnisposition; vgl. zu dieser erkenntnistheoretischen Basisposition beispielsweise Schiitte (1999), S. 224 ff. (insbesondere S. 227 f.). Durch N€ N^ wird zum Ausdruck gebracht, dass genau dann von einer Theorie gesprochen wird, wenn ihre formale Struktur mindestens eine nomische Hypothese umfasst. Damit werden von vomherein Begriffssystematisierungen ohne nomischen Kern (N=0) ausgeschlossen. Vgl. ahnlich Zelewski (1993), S. 96.

115

Durch die Erfiillung der nomischen Hypothesen geht die potenzielle Modellmenge in die Modellmenge iiber. In der Kegel werden aber nicht alle potenziellen Modelle, also diejenigen Entitaten, die mittels des terminologischen Apparats der Theorie beschrieben werden konnen, auch alle nomischen Hypothesen dieser Theorie erfiillen. Daher besteht eine Teilmengenbeziehung zwischen der Modellmenge und der potenziellen Modellmenge: MS(DQ Mp^r)Abbildung 23 auf der folgenden Seite visualisiert den Zusammenhang zwischen der potenziellen Modellmenge Mp^x) und der Modellmenge MS(T) einer Theorie T. Dort sind die potenzielle Modellmenge und die Modellmenge der Theorie abgetragen. Die Entitaten x und y stehen dabei fur ein potenzielles Modell bzw. fiir ein Modell der Theorie T. Die Entitat y erfiillt alle nomischen Hypothesen der Theorie, well es sich um ein Modell der Theorie handelt. Per constructionem gilt femer, dass y auch ein potenzielles Modell der Theorie T ist. Fiir die Entitat X gilt hingegen, dass sie ausschlieBlich ein potenzielles Modell der Theorie darstellt. Denn sie erfiillt nicht alle nomischen Hypothesen dieser Theorie.

MS(T)

M,'p(T)

Abbildung 23: Zusammenhang zwischen potenziellen Modellen und Modellen einer Theorie

4.2.1.1.3

Menge MppfD der partiellen potenziellen Modelle

Der gesamte terminologische Apparat einer Theorie T wird aus der Perspektive des Strukturalismus zweifach ausdifferenziert. Zum einen umfasst der terminologische Apparat die T-theoretischen Konstrukte und zum anderen die nicht-T-theoretischen Konstrukte. Mit dieser Unterscheidung stellt sich gegeniiber

116

der konventionellen Theorienauffassung fur die Theoretizitat eines Konstrukts eine ,^adikale" Perspektivenverschiebung ein. Die konventionelle Theorienauffassung kniipft an der Denktradition des Logischen Empirismus an. Dort wird die Zweischichtenkonzeption der Wissenschaftssprache"^'^^ vertreten. Die Konstrukte einer Theorie werden in empirische, d.h. unmittelbar beobachtbare Konstrukte einerseits und theoretische, d.h. nicht unmittelbar beobachtbare Konstrukte andererseits unterteilt. Die Frage, ob ein Konstrukt ein empirisches oder ein theoretisches Konstrukt ist, wird rein sprachanalytisch beantwortet. Fiir die Konstrukte einer Theorie kann daher unabhangig von ihrem Status innerhalb einer Theorie festgestellt werden, ob sie entweder von empirischer oder von theoretischer Qualitat sind. Aus der Perspektive des StrukturaUsmus wird diese sprachliche, Theorie-unabhangige Unterscheidung der Konstrukte einer Theorie aufgegeben. Daher ist fiir den StrukturaUsmus die Dichotomie zwischen empirischen vs. theoretischen Konstrukten irrelevant. Stattdessen zeichnet sich die strukturalistische Definition fur die Theoretizitat eines Konstrukts durch eine eigentiimliche Reflexivitat aus: Die Frage, ob ein Konstrukt theoretisch ist oder nicht, wird immer aus der Perspektive der betroffenen Theorie T beantwortet. Ein Konstrukt wird dann als (T-) theoretisch bezeichnet, wenn alle denkmoglichen Messvorschriflen, die mit dem termino logischen Apparat der Theorie T fiir das Konstrukt formuUert werden konnen, „von vomherein", also ohne jegliche empirische Uberpriifung, alle nomischen Hypothesen der Theorie T erfiillen miissen und daher Modelle der Theorie T sind'^^^l Diese Formulierung verdeutlicht den Messbarkeits- und Abhangigkeitsaspekt des strukturaHstischen Theoretizitatskriteriums'^^^\ Erstens stellt sich aus der Perspektive des StrukturaUsmus nicht das Problem der Beobachtbarkeit eines Konstrukts. Die grundsatzUche Beobachtbarkeit eines Konstrukts wird erst gar nicht in Zweifel gezogen. Stattdessen wird die Messung theoretischer Konstrukte in eigener Weise festgelegt (Messbarkeitsaspekt). Zweitens werden die theoretischen Konstrukte einer Theorie nicht absolut, sondem immer relativ zu einer bestimmten Theorie als theoretisch bezeichnet (Abhangigkeitsaspekt). Ein Konstrukt kann in zwei unterschiedlichen Theorien verschiedene Qualitaten besitzen. Wenn ein Konstrukt Ri in der Theorie Ti theoretisch bezuglich dieser Theorie - also Ti-theoretisch- ist, dann kann das Konstrukt in einer anderen Theorie T2 nicht-T2-theoretisch sein. Aus den vorgenannten Griinden wird im Rahmen des StrukturaUsmus nicht mehr blofi von theoretischen Konstrukten, sondem nur noch von T-theoretischen Konstrukten gesprochen. Gegeniiber der Uberpriifung einer empirischen Theorie T, die mindestens ein T-theoretisches Konstrukt enthalt'^^^^ wird aus der Perspektive des StrukturaUsmus Qm. fundamentaler Uber-

419) 420)

421) 422)

Vgl. zur Zweischichtenkonzqjtion der Wissenschaftssprache Camap (1959), S. 33 ff; Hempel (1966), 178 f. Vgl. zur strukturalistischen Auffassung iiber die T-Theoretizitat von Konstrukten Balzer (1987), S. 73 ff.; Balzer (1996), S. 144 ff.; Gahde (1983); Gahde (1990), S. 219 ff.; Stegmiiller (1986), S. 33 ff u. 164 ff; Zelewski (1993), S. 112fif.u. 262 ff.; Zoglauer (1993), S. 40 ff. Vgl. Zelewski (1993), S. 265 f Von den Protagonisten des Strukturalismus wird die dogmatische Grundhaltung vertreten, dass jede empirisch gehaltvoUe Theorie mindestens ein T-theoretisches Konstrukt enthalt; vgl. beispielsweise Balzer (1987), S. 55 f Allerdings wird im Laufe dieser Untersuchung gezeigt, dass sich diese ,Jieroische" These fiir die Hidden-Action-Modelle nicht aufrechthalten lasst. Denn fiir die Hidden-Action-Modelle lassen sich keine T-theoretischen Konstrukte identifizieren.

117

priifungseinwand vorgebracht"^^^^: Bei Vorliegen eines T-theoretischen Konstrukts kann die Theorie T weder verifiziert noch falsifiziert werden'^^'^l Denn jeder Versuch der empirischen Uberpriifung dieser Theorie T endet entweder in einem logischen Zirkel oder einem infiniten Regress^^^\ Um den fundamentalen Uberpriifungseinwand zu illustrieren, wird im Folgenden von einer Theorie T ausgegangen, die (mindestens) ein T-theoretisches Konstrukt „Ri" enthalt'*^^^ Da die Theorie T ein T-theoretisches Konstrukt Ri enthalt, wird zur Bestimmung von Ri vorausgesetzt, dass es bereits eine bestatigende Anwendung „a" der Theorie T gibt. Eine Theorie wird durch eine Anwendung „a" nur dann bestatigt, wenn diese Anwendung nicht nur mit dem terminologischen Apparat der Theorie formuliert ist, sondem auch die nomischen Hypothesen der Theorie erfiillt. Somit handelt es sich bei einer bestatigenden Anwendung der Theorie T um ein Modell dieser Theorie: aeMs(D. Zur Uberpriifung der empirischen Geltung der Theorie sei eine beliebige Anwendung „b" betrachtet. Diese Anwendung kann der bestatigenden Anwendung a (zufallig) entsprechen. Damit die Anwendung b eine bestatigende Anwendung der Theorie T ist, muss sie sowohJ mit dem terminologischen Apparat der Theorie T formuliert sein als auch die nomischen Hypothesen dieser Theorie erfiillen, d.h. es muss gelten: bGMp(T) A bGMs(T). Wenn die Anwendung b sowohl mit dem terminologischen Apparat der betrachteten Theorie formuliert ist (beMp(D) als auch deren nomische Hypothesen erfuUt (bGMs(D), dann handelt es sich bei b um eine bestatigende Anwendung der Theorie T. Andemfalls wird die Theorie von der Anwendung b widerlegt. Fiir die Uberpriifung der Behauptung, dass die Anwendung b ein Modell der Theorie T ist, ergeben sich zwei Fallunterscheidungen. Entweder der zufallige Fall tritt ein, dass die Anwendungen a und b zusammenfalien (a=b), oder dieser Fall tritt nicht ein (a^b). Wenn die beiden Anwendungen a und b zusammenfallen (a=b), wird fiir die Uberpriifung der Behauptung bGMs(T) vorausgesetzt, dass b bereits eine bestatigende Anwendung der Theorie ist. Das ist offensichtlich ein Zirkelschluss: Fur die Uberpriifung einer Behauptung wird dieselbe Behauptung vorausgesetzt. Andemfalls wird bei Verschiedenheit der Anwendungen a und b (a^b) zur Uberprufung der Behauptung beMs(T) nur vorausgesetzt, dass die Anwendung a gultig ist (a€Ms(T)). Sofem die Behauptung aeMs(D ungiiltig ist, kann die Behauptung beMs(D nicht iiberpruft werden. Denn in diesem Fall kann das T-theoretische Konstrukt Ri nicht gemessen werden. Die Uberpriifung der Behauptung ist daher nur dann moglich, wenn

423) 424)

425)

426)

118

Vgl. zum fundamentalen Uberpriifungseinwand Stegmuller (1980), S. 56 ff.; Stegmuller (1986), S. 33 ff. Durch diesen Uberpriifungseinwand wird das falsifikationistische Wissenschaftsverstandnis vollkommen in Zweifel gezogen. Denn wenn die Uberprufung einer Theorie bei Vorliegen T-theoretischer Konstrukte in einem logischen Zirkel oder einem infiniten Regress endet, dann ist es unmoglich, diese Theorie zu falsifizieren. Vgl. Stegmuller (1986), S. 35 ff. In der Literatur wird behauptet, dass der fundamentale Uberpriifungseinwand nur scheinbar bestiinde und deswegen kein Problem darstellen wiirde; vgl. Gadenne (1987), S. 99 ff. Man brauchte fiir die Bestimmung der T-theoretischen Konstrukte einer Theorie nur die jeweilige Theorie versuchsweise als giiltig vorauszusetzen. Dieser Einwand greift jedoch zu kurz; vgl. Zoglauer (1991), S. 41. Denn das Uberpriifungsproblem ist kein empirisches, sondem ein logisches Problem. Fiir die Logik ist es irrelevant, ob eine Theorie giiltig ist oder nur als giiltig vorausgesetzt wird, damit die Auspragungen T-theoretischer Konstrukte moglich sind. Vgl. zum folgenden Nachweis Zelewski (1993), S. 112 ff.

gezeigt wird, dass a eine bestatigende Anwendung der Theorie ist (aeMs(T)) und die Anwendungen a und b verschieden sind (a^^b). Aufgnind der Tatsache, dass die Theorie T ein T-theoretisches Konstrukt Ri enthalt, muss unterstellt werden, dass es eine Anwendung „c" gibt, die die Theorie T bestatigt (CGMS(T)). In diesem Fall lassen sich wieder zwei Falle unterscheiden: Die Anwendung c fallt entweder mit der Anwendung a oder der Anwendung b zusammen: c=a y c=b. Oder die Anwendung c entspricht weder der Anwendung a noch der Anwendung b: c 9^ a A c 9^ b. Analog der obigen Argumentation fiihrt der erste Fall (c=a y c=b) wieder zu einem Zirkelschluss, wobei zur Uberpriifung der Behauptung CGMS(T) diese Behauptung wieder vorausgesetzt wird. Im zweiten Fall (c 9i a A c 9i b) wird abermals eine Fallunterscheidung getroffen. Denn zur Uberpriifung der Behauptung ceMs(T) wird unterstellt, dass es eine Anwendung „d" gibt, die die Theorie bestatigt. Das obige Konstruktionsprinzip wird - abhangig davon, wie gro6 die Anzahl der potenziellen Modelle ist - durch entweder endlich oder potenziell unendlich viele Unterfalle fortgesetzt. Bei potenziell unendlich vielen Unterfallen fiihrt die Uberpriifung der ursprunglichen Behauptung beMs(D in einen infiniten Regress. Hingegen fiihrt die Behauptungsiiberpriifung bei endlichen Unterfallen zu einem logischen Zirkel. Jeder Versuch der empirischen Uberpriifung einer Theorie, die mindestens ein T-theoretisches Konstrukt enthalt, endet entweder in einem logischen Zirkel oder in einem infiniten Regress. Sowohl der logische Zirkel als auch der infinite Regress stellen unzulassig Argumentationsformen dar. Daher werden die „problematischen" T-theoretischen Konstrukte mittels der Ramsey-Eliminierungstechnik aus dem terminologischen Apparat entfemt'^^^l Zur Verdeutlichung der Ramsey-Eliminierungstechnik wird eine Theorie T mit zwei nomische Hypothesen NHi und NH2 betrachtet. Femer sei „Ri" das T-theoretische Konstrukt"^^^^: NHi: Vx: ANT(x) -> Ri(x) und mi2: Vx: Ri(x) -^ KON(x). Aus diesen beiden nomischen Hypothesen wird zunachst eine konjunktiv verkniipfte Gesamtformel gebildet: NH: NHi A NH2 Vx: (ANT(x) ^ Ri(x)) A (Ri(x) -> KON(x)). AnschlieBend wird eine Ramsey-Variable ram fiir das T-theoretische Konstrukt Ri eingefiihrt: NH: NHi A NH2 Vx: (ANT(x) -^ ram(x)) A (ram(x) -^ KON(x)). SchlieBlich wird die Ramsey-Variable ram mittels eines Existenzquantors gebunden: NH: ram(x)) A (ram(x) -^ KON(x)).

427)

428)

Vgl. zur Ramsey-Eliminierungstechnik Ramsey (1965), S. 212 ff., und fiir die Ubertragung in die strukturalistisclie Theorienformulierung Handler (1982b), S. 42 f.; Sneed (1979), S. 41 ff.; Stegmiiller (1980), S. 58 u. 62 ff.; Stegmiiller (1986), S. 42 ff.; Zelewski (1993), S. 118 ff. Vgl. Zelewski (1993), S. 118 ff.

119

Durch die Anwendung der Ramsey-Eliminierungstechnik werden aus dem terminologischen Apparat einer Theorie alle T-theoretischen Konstrukte (hier: Ri) eliminiert, ohne dabei den empirischen Gehalt der Theorie zu verandem. Dies bedeutet, dass die empirisch uberpriifbaren - widerlegbaren oder bestatigbaren - Aussagen einer Theorie unverandert bleiben unabhangig davon, ob die Theorie T-theoretische Konstrukte oder existenzquantifizierte RamseyVariablen nach Eliminierung aller T-theoretischen Konstrukte enthalt. Durch die Eliminierung aller T-theoretischen Konstrukte wird es moglich, den empirischen Geltungsanspruch einer Theorie zu uberpriifen, ohne dabei in einen infiniten Regress oder logischen Zirkel zu geraten. Um eine Anwendung der Ramsey-Eliminierungstechnik auszudriicken, wird auf die Restriktionsfunktion „r" Bezug genommen. Die Restriktionsfunktion ist fiir alle Elemente aus der potenziellen Modellmenge Mp(T) einer Theorie T defmiert. Sie bildet jedes potenzielle Modell mp(D in ein partielles potenzielles Modell mpp^r) ab, das die T-theoretischen Konstrukte nicht mehr enthalt"^^^^: r: Mp(T) - > Mpp^T).

Bei der Anwendung der Ramsey-Eliminierungstechnik geht aus einem potenziellen Modell mp(T) ein partielles potenzielles Modell mpp(D hervor. Aus der gedanklichen Umkehrung der Ramsey-Eliminierungstechnik kann als Komplement die Erganzungsrelation „e" definiert werden, die jedes partielle potenzielle Modell mpp(T) in eine nicht-leere Menge potenzieller Modelle abbildet: e(mpp pot+(M) = 0 ; vgl. Zelewski (1993), S. 143 (Fn. 4). Stegmiiller (1986), S. 57.

nicht-leere Menge von potenziellen Modellen, die alien restriktionsspezifischen Anforderungen einer Theorie T gerecht werden. Dann wird von einer restriktionserfullenden Menge aus potenziellen Modellen gesprochen'^^^^ Die Zusammenfassung aller Restriktionen Cy, die fiir eine Theorie T definiert sind, miindet in der Restriktionsklasse CS(T) einer Theorie T. Die Klasse der Restriktionen ist die Durchschnittsklasse einzelner Restriktionen ^: rn(y = 1,..., Y): Cy,

wenn y e N^ mit Cy c pot^CMp^^))

^S(T) ~ I

[pot^(Mp(T,)),

wenny = 0

mit:Cs(T-)Cpot^(Mp(T)). Solange sich eine Theorie nur auf einzelne, isoHerte Anwendungen bezieht, spielen Restriktionen keine RoUe. In dieser Untersuchung werden zunachst einzelne Anwendungen der Hidden-Action-Modelle betrachtet. Daher ist die Spezifikation von Restriktionen fur die HiddenAction-Modelle nicht erforderlich. Die Klasse der Restriktionen entspricht in diesem Fall der leermengenfreien Potenzklasse der potenziellen Modellmenge: CS(T) = pot+(Mp(T)). Die Restriktionen riicken erst dann ins Blickfeld, wenn Zusammenhange zwischen mehreren Anwendungen einer Theorie beriicksichtigt werden. Dabei ubemehmen die Restriktionen eine integrative und eine ausgrenzende Funktion"*^^^: Einerseits kommt den Restriktionen eine integrative Funktion zu, indem sie zwischen zwei Anwendungen einer Theorie, die zunachst unabhangig voneinander stehen, einen wohldefinierten Zusammenhang herstellen. Um die Zusammenhange zwischen den unterschiedlichen Anwendungen einer Theorie zu spezifizieren, kommen unterschiedliche Restriktionen in Betracht"^"^^^: Beispielsweise wird durch eine Identitatsrestriktion sichergestellt, dass eine bestimmte Grofie in zwei Anwendungen einer Theorie immer den gleichen Wert aufweist'^^l Andererseits wirken die Restriktionen auch ausgrenzend. Durch die Spezifikation von Restriktionen werden bestimmte denkmogliche Anwendungsmengen einer Theorie ausgeschlossen. Denn jede Menge aus zusammenhangenden Anwendungen einer Theorie muss als Element der Klasse CS(T) alle Restriktionen Cy mit ye {1,...,Y} und YG N+ dieser Theorie erfiillen.

437) 438) 439) 440)

441)

Vgl. Zelewski (1993), S. 132. Vgl. Zelewski (1993), S. 132. Vgl. Zelewski (1993), S. 319. Neben dem „Identitatsconstraint" konnen die Zusammenhange zwischen verschiedenen denkmoglichen Anwendungen einer Theorie T auch durch so genannte „Extensivitatsconstraints" oder ,>lehrstufigkeitsconstraints" hergestellt werden; vgl. Stegmiiller (1986), S. 438. Ein okonomisches Beispiel fiir ein Identitatsconstraint ist die Konstanz der Nutzenfimktion in der neoklassischen Gleichgewichtstheorie des Tausches; vgl. Stegmiiller (1986), S. 376 ff. Dort wird behauptet, dass der Nutzen eines Akteurs aus dem Konsum eines Gutes in unterschiedlichen Anwendungen dieser Theorie identisch ist. Auf diese Restriktion wird weiter unten eingegangen, wenn die strukturalistische Reformulierung der Hidden-Action-Modelle um Restriktionen erweitert wird.

123

4.2.1.2

Menge IT der intendierten Anwendungen

Durch die Menge IT der intendierten Anwendungen wird der strukturalistische Theoriebegriff in einen pragmatischen Anwendungskontext eingebettet. Die intendierten Anwendungen einer Theorie sind diejenigen Anwendungen, an denen die Forschergemeinschaft praktisch interessiert ist. Bevor im Einzelnen dargestellt wird, in welcher Beziehung die intendierten Anwendungen einer Theorie T zur formalen Struktur S(T) - also dem Kem Kj dieser Theorie - stehen, sind drei charakteristische Merkmale der intendierten Anwendungen explizit hervorzuheben^^). Erstens ist der Theorieanwendungsbereich kein Konstrukt, das fiir alle Zeiten konstant ist. Vielmehr ist die Menge IT der intendierten Anwendungen einer Theorie eine „offene" Menge. D.h., der Theorieanwendungsbereich kann je nach Interessen, die mit einer Theorie verfolgt werden, auf unterschiedliche Realitatsausschnitte vergroBert oder verkleinert werden. Beispielsweise lasst sich der Theorieanwendungsbereich im Rahmen der Weiterentwicklung einer Theorie sukzessive erweitem oder bei fortwahrendem Scheitem gegeniiber der Erfahrung verkleinem. Zweitens konnen sich intendierte Anwendungen der gleichen Theorie iiberlappen. Dieser Aspekt wurde bereits bei der Einfiihrung von Restriktionen angesprochen. Beispielsweise kann ein okonomischer Akteur gleichzeitig Agent in zwei verschiedenen Prinzipal-Agent-Beziehungen sein. Um die Integritat des Zusammenhangs der betroffenen intendierten Anwendungen sicherzustellen, ist dann die Spezifikation von Restriktionen erforderiich, SchlieBlich wird drittens der Anwendungsbereich einer Theorie T nicht mit der Spezifikation der formalen Struktur S(T) dieser Theorie festgelegt. Denn realwissenschaftliche Theorien zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Anwendungsbereich im Gegensatz zu mathematischen Theorien nicht anhand der Definition der formalen Struktur S(T) bestimmt wird'^^l Stattdessen erfolgt die Interpretation"^^ der formalen Theoriekomponente durch explizite Bezugnahme auf bestimmte, den Anwendem einer Theorie interessierende („intendierte") Realitatsausschnitte. Eine mogliche Bestimmung der intendierten Anwendungen einer Theorie T besteht darin, dass analog zum Wittgensteinschen Spielbegriff und dem damit verbundenen Begriff der „Familienahnlichkeit" vorgegangen wird'*^^\ Hierbei werden zunachst paradigmatische Anwendungsbeispiele fur eine Theorie T eingefiihrt. Das sind solche Anwendungen der Theorie, die von den Theorie-Konstrukteuren selbst eingefiihrt wurden und/oder in Lehrbiichem zur Illustration der Theorie verwendet werden. Zu diesen paradigmatischen Anwendungsbeispielen 442) 443) 444)

445)

124

Vgl. insbesondere Stegmuller (1980), S. 14 f., und dariiber hinaus Dreier (1993), S. 120 ff.; Stephan (1990), S. 45 ff. Vgl. Bartelborth (1996), S. 284 f. Ein anschauliches Beispiel fiir die vielfaltigen Interpretationsmoglichkeiten eines Hidden-InformationsModells findet sich bei Schweizer (vgl. Schweizer (1999), S. 35 ff.): Er zeigt sieben verschiedene Moglichkeiten auf, wie ein allgemein formuliertes, formalsprachliches Hidden-Information-Modell interpretiert werden kann. Vgl. zur Ubemahme des Wittgensteinschen Spielbegriffs und des Begriffs der Familienahnlichkeit innerhalb des Strukturalismus Stegmuller (1980), S. 113; Stegmuller (1986), S. 115 f. Durch die Beriicksichtigung von paradigmatischen Anwendungsbeispielen wird der Strukturalismus mit anderen wissenschaftstheoretischen Konzeptionen eng verflochten. Beispielsweise zeigen sich dadurch enge Parallelen zum Kuhnschen Konzept der paradigmatischen Normalwissenschaft.

werden „hinreichend" ahnliche Anwendungen der Theorie T erganzt. Die Menge IT.O der paradigmatischen Anwendungsbeispiele einerseits und die Menge IT.* der „hinreichend" ahnlichen Anwendungen andererseits konstituieren gemeinsam die Menge IT der intendierten Anwendungen der Theorie T: IT = IT.O ^ IT.*«

Die paradigmatischen Anwendungsbeispiele bilden nur eine echte Teilmenge des gesamten Theorieanwendungsbereichs IT, SO dass gilt"^^^: IT.O ^ IT«

Es ist nicht moglich, die intendierten Anwendungen einer Theorie - und somit die Menge IT.* der „hinreichend" ahnlichen Theorieanwendungen - auf formalsprachliche Weise eindeutig und vollstandig festzulegen. Dies liegt an der fundamentalen Unzulanglichkeit, die jeder formalsprachlichen Theorieformulierung unterliegt: Aufgrund der Isomorphie"^^^ formalsprachlicher Konstrukte ist die vollstandige formalsprachliche Spezifikation der intendierten Anwendungen einer Theorie unmoglich: Wenn ein Konstrukt ein Modell einer Theorie ist, dann ist jedes andere Konstrukt, das isomorph zum erstgenannten Konstrukt ist, auch ein Modell dieser Theorie. Zu jedem Konstrukt konnen unendlich viele isomorphe Konstrukte gebildet werden. Wenn mit einer Theorie nur eine endliche Anzahl an Konstrukten als Anwendungen intendiert wird, ist es nicht moglich, die unendlich vielen nicht-intendierten Konstrukte formalsprachlich vollstandig auszuschlieBen. Denn jeder Abgrenzungsversuch miisste auf formalsprachliche Konstrukte zuruckgreifen, zu denen es wiederum unendlich viele isomorphe Konstrukte gibt. Daher miisste abermals ein Abgrenzungsversuch untemommen werden, um die nicht-intendierten Konstrukte auszuschlieBen. Jeder weitere Abgrenzungsversuch wiirde neue Abgrenzungsversuche erfordem, so dass die Abgrenzungsversuche unendlich lange (ad infinitum) fortgesetzt werden miissten. Daher ist die eindeutige und vollstandige formalsprachliche Ausgrenzung aller nicht intendierten Anwendungen einer Theorie unmoglich. Hieraus folgen zwei Konsequenzen. Zum einen kann die formalsprachliche Spezifikation des intendierten Anwendungsbereichs einer Theorie niemals vollstandig sein. Zum anderen muss bei jedem Versuch der Beschreibung der intendierten Anwendungen einer Theorie auf natiirlichsprachliche Umschreibungen zuriickgegriffen werden'^^l Aus der Perspektive des Strukturalismus wird gefordert'^^^ dass ein empirisch beobachtbarer Sachverhalt mit dem terminologischen Apparat der zu iiberpriifenden Theorie T formuliert sein muss. Andemfalls wiirde nicht die betroffene Theorie T iiberpriift werden. AuBerdem wird gefordert, dass die empirische Sachverhaltsbeschreibung nicht von vomherein ein Mo446) 447)

448) 449)

Vgl. Stegmuller (1986), S. 115 f. Vgl. zur Isomorphic formalsprachlicher Konstrukte Alisch (1987), S. 270 ff.; Putnam (1982), S. 21 ff.; Stachowiak (1973), S. 186 u. 259; Stegmuller (1984), S. 436. Vgl. dariiber hinaus zur Unmoglichkeit der voUstandigen formalsprachlichen Spezifikation der intendierten Anwendungen einer Theorie Balzer (1987), S. 38. u. 86 f, (hier mit einem Beispiel, zu welchen Absurditaten es fiihrt, die Anwendungen einer Theorie vollstandig formalsprachlich festzulegen); Stegmiiller (1980), S. 7 f.; Zelewski (1993), S. 155 f. u. 159. Vgl. Balzer (1987), S. 38; Zelewski (1993), S. 155 f. Vgl. Zelewski (1993), S. 133.

125

dell der Theorie T ist. Denn es ware ein Zirkelschluss, wenn bei der Uberpriifung der Giiltigkeit der nomischen Hypothesen der Theorie T bereits von vomherein die Giiltigkeit dieser Theorie T vorausgesetzt wiirde. Daher darf sich die Sachverhaltsbeschreibung nicht auf die Modelle der Theorie beziehen, die definitionsgemaB alle nomischen Hypothesen der Theorie erfullen. Zur Sachverhaltsbeschreibung kommen deshalb - wenn iiberhaupt - nur die potenziellen Modelle der Theorie T in Betracht. Aufgrund der T-theoretischen Konstrukte kann jedoch nicht der gesamte terminologische Apparat herangezogen werden. Da bei der Messung der Konstruktauspragung der T-theoretischen Konstrukte einer Theorie T vorausgesetzt wird, dass die nomischen Hypothesen der Theorie T bereits erfiillt sind, kame es auch hier einem Zirkelschluss gleich, wenn bei der Sachverhaltsbeschreibung zur Uberpriifung einer Theorie der gesamte terminologische Apparat und somit auch die T-theoretischen Konstrukte verwendet wiirden. Daher konnen fur eine Sachverhaltsbeschreibung nur die partiellen potenziellen Modelle herangezogen werden, die per constructionem keine T-theoretischen Konstrukte mehr enthalten. Die vorangegangen Anforderungen werden nur dann erfiillt, wenn jede Sachverhaltsbeschreibung aus partiellen potenziellen Modellen mpp(D der Theorie T besteht. In solchen partiellen potenziellen Modellen wird nicht bereits von vomherein die Erfiillung aller nomischen Hypothesen prasupponiert. SchlieBlich wird durch die Verwendung von partiellen potenziellen Modellen gewahrleistet, dass zur Sachverhaltsbeschreibung ausschlieBlich der terminologische Apparat der betroffenen Theorie T (ohne die T-theoretischen Konstrukte) benutzt wird. Aus diesem Grund werden nur jene Sachverhaltsbeschreibungen als intendierte Anwendungen der Theorie T zugelassen, die jeweils aus partiellen potenziellen Modellen mpp(T) dieser Theorie bestehen. Eine intendierte Anwendung ij der Theorie T ist zunachst eine denkmogliche Anwendung dx dieser Theorie, an der die Theorieanwender interessiert sind. Als eine denkmogliche Anwendung kommen aufgrund der vorherigen Ausfiihrungen nur nicht-leere Mengen partieller potenzieller Modelle einer Theorie T in Betracht: dj e Mpp(D A dx ^ 0 . Die Klasse aller denkmoglichen Anwendungen Dx einer Theorie T ist die Klasse der nicht-leeren Mengen partieller potenzieller Modelle dieser Theorie T: Dx = pot+(Mpp(r)). Der Anwendungsbereich einer Theorie T ist im Regelfall eine Klasse aus nicht-leeren partiellen potenziellen Modellen dieser Theorie. Allerdings kann der Anwendungsbereich einer Theorie T in besonderen Fallen, z.B. wenn keine Anwendung intendiert ist, zu einer leeren Menge degenerieren: lx=0'^^^^. Sowohl der Regel- als auch der degenerierte Sonderfall werden dadurch erfasst, dass der intendierte Anwendungsbereich Ix einer Theorie T eine Teilklasse der Klasse der denkmoglichen Anwendungen dieser Theorie ist und somit eine Teilklasse der leermengenfreien Potenzklasse partieller potenzieller Modelle darstellt'^^^^-

450) 451)

126

Dies trifft beispielsweise fiir empirisch belanglose Theorien zu, Vgl. Stegmiiller (1980), S. 181 (ohne Einschrankung auf die Leermengenfreiheit); vgl. in diesem Zusammenhang zur Unterscheidung zwischen dem Regel- und dem degenerierten Sonderfall Zelewski (1993), S. 134.

IT c DT o IT c pot+(Mpp(T)). Fiir die empirische Uberprufung einer Theorie reicht diese Kennzeichnung der intendierten Anwendungen einer Theorie T noch nicht aus. Denn die intendierten Anwendungen sind nur denkmogliche Anwendungen der Theorie, die noch nicht die nomischen Hypothesen und die Restriktionen der Theorie T erfiillen miissen und somit noch nicht mit der fonnalen Struktur der Theorie (bis auf deren terminologischen Apparat) ubereinzustimmen brauchen. Eine Verbindung zwischen den intendierten Anwendungen einer Theorie T und ihrer formalen Struktur S(T) wird durch die zulassigen Anwendungen der Theorie T hergestellt. Bei einer erweiterten^^^^ zulassigen Anwendung einer Theorie T handelt es sich um eine Anwendung, die zum einen die nomischen Hypothesen und zum anderen die Restriktionen einer Theorie erfiillt. Zwecks Erfullung der nomischen Hypothesen muss es sich bei einer erweiterten zulassigen Anwendung um eine Teilklasse der leermengenfreien Potenzklasse pot+(Ms(T)) handeln. Daneben muss es sich zwecks Erfullung der Restriktionen aber auch um eine Teilklasse der Restriktionsklasse CS(T) handeln. Folglich stellt die Klasse der erweiterten zulassigen Anwendungen die Durchschnittklasse pot+(Ms(T)) n CS(D dar. Da die Modellmenge MS(T) eine Teilmenge der potenziellen Modellmenge Mp(T) ist und die Restriktionsklasse CS(D als Teilklasse der leermengenfreien Potenzklasse der potenziellen Modellmenge Mp(T) defmiert ist, gilt fiir die Durchschnittsklasse: (pot+(Ms(T)) n Cs(T)) c pot+(Mp(T)). Diese Durchschnittsklasse wird als theoretischer Gehalt^^^^ des Theoriekems KT bezeichnet. Da die erweiterten zulassigen Anwendungen die problematischen T-theoretischen Konstrukte enthalten, wird die Ramsey-Eliminierungstechnik auf alle T-theoretischen Konstrukte angewendet. Allerdings handelt es sich um keine gewohnliche Ramsey-Eliminierungstechnik. Denn die Ramsey-Eliminierungstechnik wird auf einer Klasse erweiterter zulassiger Anwendungen ausgefuhrt. Um diese Besonderheit auszudriicken, wird die Eliminierungstechnik durch „r^* notiert. Die Anwendung der Eliminierungstechnik fuhrt zur Klasse ZT aller zulassigen Anwendungen der Theorie T^^"*^: ZT = r^(pot+(Ms(T)) n CS(T)).

Diese Durchschnittsklasse ohne T-theoretische Konstrukte wird auch als empirischer Gehalt des Theoriekems KT hervorgehoben'^^^^ Da es sich bei der Durchschnittsklasse pot+(Ms(T)) n Cs(T) um eine Teilklasse der leermengenfreien Potenzklasse der potenziellen Modellmenge Mp(D handelt, auf dieser Durchschnittsklasse die Ramsey-Eliminierungstechnik ausgefuhrt wird und somit jedes potenzielle Modell aus der Durchschnittsklasse durch die Entfemung Ttheoretischer Konstrukte in ein partielles potenzielles Modell iiberfiihrt wird, gilt fiir die Klasse 2yr der zulassigen Anwendungen der Theorie T ebenso:

452) Die Erweiterung bezieht sich auf die Erganzung der partiellen potenziellen Modelle, aus denen eine denkmogliche Theorieanwendung besteht, um die T-theoretischen Konstrukte der betroffenen Theorie T. 453) Vgl. Bartelborth (1996), S. 288. 454) Vgl. Zelewski (1993), S. 137. 455) Vgl. Bartelborth (1996), S. 289.

127

ZT C pot+(Mpp(D).

Die Klasse Dj der denkmoglichen Anwendungen der Theorie T wurde als die leennengenfreie Potenzklasse der partiellen potenziellen Modellmenge Mpp(T) definiert (DT = pot+(Mpp(T))). Daraus folgt unmittelbar fur den zulassigen Anwendungsbereich Zj der Theorie T: ZTcI>rvZT = 0 . Diese Formulierung umfasst auch den degenerierten Sonderfall: ZT = 0^^^\ Der degenerierte Sonderfall tritt immer dann ein, wenn die nomischen Hypothesen und die Restriktionen so fonnuliert sind, dass sie von keiner denkmoglichen Anwendung gleichzeitig erfiillt werden. Jede zulassige Anwendung einer Theorie ist eine denkmogliche Anwendung dieser Theorie. Sie lasst sich empirisch iiberpriifen, da durch die Ramsey-Eliminierungstechnik r^ die T-theoretischen Konstrukte entfemt wurden. AuBerdem lasst sich jede zulassige Anwendung mit dem Theoriekem vereinbaren. Denn sie erfiillt gleichzeitig die nomischen Hypothesen und die Restriktionen der Theorie T.

4.2.1.3

Empirische Gesamthypothese

Aus der Perspektive des Strukturalismus lasst sich die empirische Uberpriifung einer Theorie T auf genau eine einzelne empirische Gesamthypothese zuruckfiihren: Jede intendierte Anwendung iy aus dem Theorieanwendungsbereich IT erfiillt sowohl alle nomischen Hypothesen als auch alle Restriktionen der Theorie T. Aufgrund der zuvor genannten Vereinbarungen ist diese Aussage fur IT 7^ 0 aquivalent zur Aussage, dass die Klasse der intendierten Anwendungen IT einer Theorie T eine Teilklasse der Klasse ZT der zulassigen Anwendungen dieser Theorie T ist^^^: IT c ZT IT e r^(pot+(Ms (tei,te3)esp. Vgl. zur Transitivitat der Spezialisierungsrelation Stephan (1990), S. 29 f.

Seite und die Spezialisierungsrelation als Menge SP der Spezialisierungsbeziehungen zwischen den Theorieelementen auf der anderen Seite bilden zusammen als 2-Tupel TN ein The-

TN=. Eine Erweiterungsbeziehung ew ergibt sich aus der Umkehrung ihrer zugrunde liegenden Spezialisierungsbeziehung: ew = sp"^ Fiir jede Spezialisieningsbeziehung sp kann eine komplementare Erweiterungsbeziehung ew defmiert werden. Somit lasst sich jede Spezialisierungsbeziehung, die durch ein Theorieelementpaar (tei,te2)GSp festgelegt ist, durch eine Erweiterungsbeziehung ausdriicken, die auf dem komplementaren Theorieelementpaar (te2,tei)eew festgelegt ist. Die Spezialisierungs- und Erweiterungsbeziehungen bilden zusammen diejenigen Altemativen, die zur Entfaltung eines Theorienetzes zur Verfiigung stehen. Da alle denkmoglichen Erweiterungsbeziehungen aus komplementaren Spezialisierungsbeziehungen gewonnen werden konnen, ist die Verwendung von Erweiterungsbeziehungen in einem Theorienetz TN grundsatzlich nicht notwendig. Daher werden im Folgenden ausschliefilich Spezialisierungsbeziehungen'*^^^ zwischen den Theorieelementen eines Theorienetzes beriicksichtigt. Durch die Spezialisierungsbeziehungen wird auf der Menge TE eine Halbordnung"*^^^ konstituiert. Die partiell geordnete Menge der Theorieelemente lasst sich graphisch in Form eines gerichteten Graphen G = (KN,KA) visualisieren"^^. Die Knotenmenge KN steht fiir die Men-

464)

465) 466)

467)

Vgl. zum Konzept der Theorienetze Balzer (1982a), S. 42 ff.; Balzer (1987), S. 167 ff.; Dreier (1993), S. 198 ff.; Gahde (1996), S. 170 ff.; Moulines (1979), S. 418 ff.; Pearce (1982), S. 87 ff.; Sneed (1986), S. 246 ff.; Stegmiiller (1980), S. 16 ff., 97 ff. u. 110 ff.; Stephan (1990), S. 53 ff.; Zelewski (1993), S. 151 ff. Eine „Verallgemeinerung" des Konzepts der Theorienetze fiihrt zu dem Konzept der Theorie-Holone; vgl. zu Theorie-Holonen Zelewski (1993), S. 402 ff. Ein Theorie-Holon ist ebenso wie ein Theorienetz ein strukturierter Zusammenhang von Theorieelementen. Den Zusammenhang zwischen den Theorieelementen eines Theorie-Holons stiffen die intertheoretischen Verkniipfungsrelationen. Zwar gleicht ein Theorie-Holon in seinem strukturellen Aufbau einem Theorienetz. Jedoch besteht ein wesentlicher Unterschied. Der innere Zusammenhang eines Theorienetzes wird ausschlieBlich iiber die Verfeinerungsrelation (Spezialisierungs- oder Erweiterungsrelation) bestimmt. Ein Theorie-Holon hingegen ist so weit definiert, dass es grundsatzlich jede 2-stellige Verkniipfungsrelationen zwischen seinen Theorieelementen zulasst. Dariiber hinaus erstreckt sich ein Theorienetz nur auf die Theorieelemente, die zur selben Theorie gehoren. Hingegen kann ein Theorie-Holon Theorieelemente aus unterschiedlichen Theorien vereinen. Die Menge der intertheoretischen Verkniipfungsrelationen, die den Zusammenhang zwischen den Theorieelementen eines Theorie-Holons herstellen, sind als eine „offene" Menge aufzufassen, die jederzeit um neuartige Verkniipfungsrelationen erweitert werden kann. Dadurch erweist sich das Konzept der TheorieHolone als besonders „ertragreich"; vgl. zu intertheoretischen Verkniipfungsrelationen Dreier (1993), S. 200 ff.; Stephan (1990), S. 55 ff.; Zelewski (1993), S. 403 ff. Hierzu gehoren beispielsweise die Spezialisierungsrelation, die Theoretisierungsrelation und die Reduktionsrelation. Eine detaillierte Darstellung moglicher Spezialisierungsbeziehungen erfolgt im nachsten Kapitel. Vgl. Balzer (1987), S. 172; Zelewski (1993), S. 151 ff. Der Begriff Halbordnung wird in diesem Zusammenhang im weitesten Sinn des Wortes verwendet und umfasst sowohl die Halbordnung im engeren Sinn als auch die Vollordnung. Ein Theorienetz wiirde in Form einer VoUordnung dann vorliegen, wenn jedes Theorieelement mit jedem anderen Theorieelement des gleichen Theorienetzes durch eine Spezialisierungsbeziehung verbunden ware. Zwar wird ein Theorienetz im Allgemeinen nicht in Form einer Vollordnung vorliegen. Jedoch soil durch die Verwendung des Begriffs der Halbordnung im weitesten Sinn eine Vollordnung nicht ausgeschlossen werden. Vgl. fur Theorienetze als visualisierte Graphen Balzer (1987), S. 229 ff.; Balzer (1999), S. 633; Dreier (1993), S. 325; Dreier (2000), S. 206; Stephan (1990), S. 102 u. 132; Zelewski (1993), S. 349 f. u. 441 f.

131

ge der Theorieelemente, und die Kantenmenge KA reprasentiert die Menge der Spezialisierungsbeziehungen. Abbildung 25 visualisiert ein Theorienetz TN in Form eines gerichteten Graphen. Dort sind die spezialisierten Theorieelemente groBer abgebildet als die spezialisierenden Theorieelemente, um die Spezialisierungsbezidmng visuell hervorzuheben.

(te3,tee)6sp

Abbildung 25: Theorienetz als gerichteter Graph Die Struktur eines jeden Theorieelements teqcTE des Theorienetzes TN wird durch das 2-Tupel teq= spczifiziert. Die erste Komponente ist der Theorieelementkem Kte(q), der die formale Struktur S(teq) des Theorieelements teq prazisiert. Er wird als 4-Tupel Kte(q)=

weiter ausdifferenziert in die Menge Mp(te(q)) der potenziellen Modelle, die Menge Ms(te(q)) der Modelle, die Menge Mpp(te(q)) der partiellen potenziellen Modelle und die Restriktionsklasse Cs(te(q)) des Theorieelements teq. Die zweite Komponente ist die Menge Ite(q) der intendierten Anwendungen des Theorieelements tCq: Ite(q) c pot+(Mpp(te(q))). Fiir die empirische Gesamthypothese eines Theorieelements folgt"^^: Ite(q) Q Zte(q) mit.* Zte(q) = T (pOt+(Ms(te u .

akeAK J er

Das Verhalten des Agenten innerhalb einer Prinzipal-Agent-Beziehung lasst sich durch das folgende Subjugat formalsprachlich prazisieren: er

er

max Ju(zr*(er),ak)f(er|ak)der > u - ^ a k * e argmax |u(zr*(er),ak)-f(er|ak)der.

Wenn der Agent aus der Vertragsbeziehung mit dem Prinzipal mindestens seinen Reservationsnutzen u erhalt, dann wird er eine erwartungsnutzenmaximale Entscheidung ak* treffen. Dagegen wird der Agent die Vertragsbeziehung mit dem Prinzipal nicht eingehen und somit auf die Wahl einer Aktion verzichten, wenn er - der Agent - nicht mindestens seinen Reservationsnutzen u erhalt. Das Entscheidungskalkiil des Prinzipals kommt in der konventionellen Theorieformulierung im Pareto-Programm zum Ausdruck. Der Prinzipal maximiert seinen Erwartungsnutzen unter Beriicksichtigung der Teilnahme- und der Anreizkompatibilitatsbedingung. Zum einen beriicksichtigt der Prinzipal bei der Gestaltung der 2^hlungsregel, dass der Agent aus der Vertragsbeziehung mindestens seinen Reservationsnutzen u erreicht. Zum anderen antizipiert er die erwartungsnutzenmaximale Entscheidung des Agenten zugunsten der Aktion ak* und bestimmt die Zahlungsregel zr* so, dass der Erwartungsnutzen des Prinzipals maximal wird: er

zr* e arg max J v(er - zr(er)) • f (er | ak*) der.

Beide Entscheidungstrager, Prinzipal und Agent, treffen ihre Entscheidungen auf die Art, dass keiner von beiden einen Anreiz hat, von seiner optimalen Entscheidung, zr* bzw. ak*, abzuweichen. Die Auswahlentscheidungen von beiden Entscheidungstragem treffen sich dabei in

162

einem ,Agentur-Gleichgewicht"^^®l Dieses Agentur-Gleichgewicht zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus^^^\ Erstens wird der Agent fur eine gegebene Zahlungsregel zr*eZR immer seine erwartungsnutzenmaximale Entscheidung ak* als beste Antwort auf die Zahlungsregel des Prinzipals treffen. Hingegen wird der Prinzipal fixr alle moglichen Entscheidungen akeAK des Agenten und alle moglichen Zahlungsregeln zr aus der Menge der ihm bekannten Zahlungsregeln ZR diejenige Zahlungsregel zr* auswahlen, die seinen eigenen Erwartungsnutzen maximiert. Dies ist eine beste Antwort des Prinzipals auf die moglichen Reaktionen des Agenten. Sowohl der Agent als auch der Prinzipal reagieren also mit jeweils fur sich selbst besten Antworten auf die Entscheidungen des jeweils anderen Akteurs (Gleichgewichtsaspekt). Zweitens ist die Vertragsbeziehung pareto-optimal. Es gibt also keine andere Kombination (zr"^,ak"^) aus Zahlungsregel zr"^ mit: zr"^GZR A zr^ T^ zr* und Aktion ak^ mit: ak^eAK A ak^ ^ ak*, die zu einem hoheren Erwartungsnutzen fiir mindestens einen der Akteure als (zr*,ak*) fiihrt, ohne dass sich mindestens einer der anderen Akteure dabei verschlechtert (Pareto-Optimalitatf^^\ Unter Beriicksichtigung der Funktion ver kann in einer vorlaufigen Version eine schwache nomische Hypothese NH°ham(i) fiir das Basiselement hami formuliert werden:

520)

521) 522)

Vgl. zum Begriff „Agentur-Gleichgewicht" („agency equilibrium") Antle (1982), S. 509. Durch diese Formulierung wird der enge Bezug der Hidden-Action-Modelle im Besonderen und der Prinzipal-AgentTheorie im Allgemeinen zur Spieltheorie deutlich. Prinzipal-Agent-Beziehungen konnen und werden auch in spieUheoretischer Terminologie modelliert; vgl. beispielsweise Kreps (1994), S. 544 f.; Rasmusen (2003), S. 159 ff.; Terberger (1994), S. 179 ff. (insbesondere S. 183). Das dabei verwendete Losungskonzept ist ein teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht; vgl. Anderhub (2002), S. 9; Keser (2000), S. 164 ff.; Kleine (1995), S. 143 ff.; Kraus (1996), S. 302; Kreps (1994), S. 544; Rasmusen (2003), S. 164; Wang (1997), S. 77; vgl. hingegen die Ausfuhrungen von Hartmann-Wendels (1991), S. 150 f. und Terberger (1994), S. 183; Schweizer (1999), S. 130. Sie gehen von einem allgemeineren Gleichgewicht, namlich dem Nash-Gleichgewicht aus. Ein teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht ist ein Nash-Gleichgewicht, bei dem unglaubwiirdige Drohungen ausgescWossen werden. Innerhalb der Hidden-Action-Modelle konmit die Teilspielperfektheit an folgender Stelle zur Anwendung: Der Agent nimmt den Vertrag an und wahlt seine optimale Aktion aus, nachdem der Vertrag (Zahlungsregel) gegeben ist. Es konnen problemlos teilspielimperfekte Gleichgewichte konstruiert werden, bei denen der Agent z.B. droht, jeden Vertrag abzulehnen, der ihm nicht einen groBeren Erwartungsnutzen als seinen Reservationsnutzen u einbringt, oder den Vertrag zwar anzunehmen, aber anschliefiend eine fiir ihn suboptimale Aktion auszuwahlen, die fur den Prinzipal schadlich ist. Derartige Drohungen werden innerhalb der Hidden-Action-Modelle ausgeschlossen. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass der Agent immer einen Vertrag annimmt, der ihm mindestens seinen Reservationsnutzen zugesteht, und auf eine vertraglich vom Prinzipal vorgegebene Zahlungsregel immer so reagiert, dass er die Aktion auswahlt, die seinen Erwartungsnutzen maximiert. Vgl. Kraus (1996), S. 302 f. Allerdings stellt sich eine pareto-optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination nicht automatisch ein. Denn es ist durchaus denkbar, dass bei einer Zahlungsregel-Aktion-Kombination (zr*,ak*), die vom Prinzipal vorgeschlagen wird, der Agent zwischen dieser Zahlungsregel-Aktion-Kombination und einer anderen (zr*,ak*) indifferent ist, weil beide Kombinationen zu dem gleichen maximalen Erwartungsnutzenwert fiir den Agenten fiihren. In diesem Fall ist man entweder auf die Annahme angewiesen, dass sich der Agent bei Indifferenz inrnier zugunsten des Prinzipals entscheidet, oder es wird durch zusatzliche Randbedingungen sichergestellt, dass die vom Prinzipal „vorgeschlagene" Aktion ak* tatsachlich die fiir den Agenten erwartungsnutzenmaximale Aktion ist. Bei diesen Randbedingungen handeh es sich um den monotonen Likelihoodquotienten und die hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexe Verteilungsfunktion. Auf diese beiden Randbedingungen wird bei der Entfaltung des Theorienetzes TNHAM der HiddenAction-Modelle weiter unten eingegangen.

163

NH°ham(l)

: Vak*eAK, UGUA, zr*eZR: ver(zr*,ak*) -^ ... max fu(zr*(er),ak) • f(er|ak) der > u -> ak* e arg max fu(zr*(er),ak) • f(er|ak) der akeAK J

akeAK J

A zr* € arg max jv(er - zr(er)) • f(er|ak*) der Wenn eine Vertragsbeziehung zwischen einem Prinzipal und einem Agenten mit den Komponenten zr* und ak* beobachtbar ist, dann handelt es sich bei den Entscheidungen des Prinzipals beziiglich der Zahlungsregel zr* und des Agenten zugunsten der Aktion ak* um erwartungsnutzenmaximale Entscheidungen, die ein pareto-optimales Gleichgewicht bilden. In dieser Formulierung der nomischen Hypothese verbleibt eine Irritation. Denn eine wichtige Determinante wird noch nicht ausreichend beriicksichtigt. Hierbei handelt es sich um die Hypothese, dass beobachtbare Vertragsbeziehungen auf rationalen Wahlakten von Prinzipal und Agent beruhen. Aus der Perspektive der Prinzipal-Agent-Theorie und somit der HiddenAction-Modelle werden kollektive Phanomene durch Rekurs auf individuelles Handeln erklart (methodologischer Individualismus^^^^, d.h. die Theoriebildung setzt beim einzelnen Individuum an. Prinzipal und Agent, die individuelle Ziele verfolgen (Erwartungsnutzenmaximierung), wahlen in der gegebenen Problemsituation diejenigen Entscheidungen aus, mit denen sie ihre Ziele und Erwartungen jeweils bestmoglich („optimal") erfiillen. Um diese Handlungsrationalitat der Entscheidungstrager explizit als nomische Hypothesen auszudriicken, werden die oben eingefuhrten Hilfsfunktionen rwa und rwp fiir rationale Wahlakte aufgegriffen. Unter Beriicksichtigung dieser beiden Funktionen lasst sich diese Irritation beheben, und als erste nomische Hypothese des Basiselements hami kann die nomische Rationalitdtshypothese NHRAT(ham(i)) formuliert werden:

NHRAT(ham(l))

:o

Vak*GAK, zr*eZR: ver(zr*,ak*) -^ (rwp(zr*) A rwa(ak*) ).

Wenn eine Vertragsbeziehung zwischen einem Prinzipal und einem Agenten mit den Komponenten zr* und ak* beobachtet wird, dann handelt es sich bei den Komponenten der Vertragsbeziehung um rationale Wahlakte von Prinzipal und Agent. Die Handlungsrationalitat des Prinzipals und des Agenten wird durch die pareto-optimale Gleichgewichtsbedingung konkretisiert. Zur Explizierung der Gleichgewichtsbedingung kann auf die vorlaufige nomische Hypothese NH°ham(i) des Basiselements zuriickgegriffen werden. Hierbei wird derjenige Teil ausgeblendet, der in der nomischen Rationalitatshypothese NHRAT(ham(i)) bereits beriicksichtigt worden ist: die Beobachtbarkeit einer Vertragsbeziehung

523)

164

Vgl. Kapitel 2.1.2.

zwischen Prinzipal und Agent. Daraus folgt die nomische Gleichgewichtshypothese NHGG(ham(i)) des Basiselements hami: NHGG(ham(l)) : . . . ^

er

er

max [ u(zr*(er),ak) • f(er|ak) der > u -> ak* e argmax | u(zr*(er),ak) • f(er|ak) der akeARJ §1

akeAK J

er

zr* e arg max f v(er - zr(er)) • f(er|ak*) der zreZR

J

Aus der konjunktiven Verkniipfung der beiden nomischen Hypothesen des Basiselements nomische Rationalitatshypothese NHRAT(ham(i)) auf der einen und nomische Gleichgewichtshypothese NHGG(ham(i)) auf dcr anderen Seite - folgt die urspriingliche Version der nomischen Hypothese NHhain(i)des Basiselements hami^^"*^: NHRAT(ham(l)) A NHGG(ham(l)) NH°ham(l).

Aufgrund der vorangegangenen Ausfuhrungen gilt fur die Modellmenge Ms(ham(i)) des Basiselements hami:

524)

Aus der konjunktiven Verkniipfung der beiden nomischen Hypothesen folgt: NHRAT(ham(l)) A NHGG(ham(l))

( Vak* €AK,zr* eZR: ver(zr*,ak*) -^ (rwp(zr*) A rwa(ak*))) A ( Vak*6AK, u€UA, zr*eZR: (rwp(zr*) A rwa(ak*)) -^ ... er

er

max I u(zr*(er),ak) • f(er|ak) der) ^ u -> ak* e arg max f u(zr*(er),ak) • f(er|ak) der akeAKJ

akeAK J er

n

A zr* e arg max f v(er - zr(er)) • f(er|ak*) der ) zreZR

J

Vak*€AK, UGUA, zr*eZR: ver(zr*,ak*) -> ...

[

er

er

max I u(zr*(er),ak) • f(er|ak) der) > u -> ak* G arg max [ u(zr*(er),ak) • f(er|ak) der akeAK J er

akeAK J

A zr* e arg max f v(er - zr(er)) • f(er|ak*) der zreZR

J

NH°ham(l).

165

X ist eine Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem nicht-risikofreudigen Agenten mit einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge (xeMs(ham(i))) genau dann, wenn es Mengen AK, ER, PRO, UA, UP, ZA, ZR und {wahr;falsch} sowie Funktionen f, F, rwa, rwp, u, u, v und ver gibt, so dass gilt: (1)

x=;

(2)

XeMp(hain(l));

(3)

NHRAT(ham(l))

: (4)

Vak* eAK, zr* eZR: ver(zr*,ak*) -> ( rwp(zr*) A rwa(ak*));

NHGG(ham(l)) : ... max I u(zr*(er),ak) • f(er|ak) der > u ->

akeAK J er

^

^

/

\

i

/

er

ak* G argmax [u(zr*(er),ak)-f(er|ak)der akeAK ^ er

A zr* e arg max J v(er - zr(er)) • f(er|ak*) der

In Axiom (2) wird gefordert, dass ein Kandidat fiir ein Modell des Basiselements hami mit dem terminologischen Apparat formuliert ist und somit ein potenzielles Modell dieses Theorieelements darstellt. Das Axiom (3) druckt die nomische Rationalitatshypothese NHRAT(hain(i)) aus. Sie ist erfullt, wenn eine Vertragsbeziehung zwischen einem Prinzipal und einem Agenten mit den Komponenten Zahlungsregel zr* und Aktion ak* beobachtbar ist und diese Komponenten das Ergebnis von rationalen Wahlakten^^^^ von Prinzipal und Agent sind^^^l In Axiom (4) wird die nomische Gleichgewichtshypothese NHGG(ham(i)) spezifiziert. Sie konkretisiert die Wahlakte der rationalen Akteure: Auf eine gegebene Zahlungsfunktion zr* wird

525)

526)

166

Hierbei wird unterstellt, dass die rationalen Wahlakte von Prinzipal und Agent festgestellt (gemessen) werden konnen. Hierzu miissten akzeptable Messtheorien zur Verfligung stehen, die es erlauben, von den Handlungsweisen von Prinzipal und Agent auf ihre Rationalitat zu schlieBen. Der Verfasser sieht erhebliche Probleme bei der Auswahl von Kriterien, urn die Akzeptabilitdt einer Messtheorie zu beurteilen. Daher begniigt sich der Verfasser mit dem Hinweis, dass Kriterien zur Beurteilung solcher Messtheorien auBerst umstritten sind; vgl. zu den Problemen bei der Messung der Rationalitat eines Akteurs und dem damit verbundenen Problem hinsichtlich der Beurteilung von Messtheorien Zelewski (1993), S. 263 f. Die nomische Rationalitatshypothese ist - wie jedes Subjugat - ebenso erfullt, wenn ihre Antezedenzkomponente ungiiltig ist, wenn also keine beobachtbare Vertragsbeziehung vorliegt. Dieser Fall ist zwar formallogisch unvermeidlich. Aber er spielt fiir die Anwendung der Prinzipal-Agent-Theorie im Allgemeinen und der Hidden-Action-Modelle im Besonderen zur Losung okonomischer Beschreibungs-, Erklarungs- und Gestaltungsprobleme keine RoUe, weil es der Prinzipal-Agent-Theorie bzw. den HiddenAction-Modellen nur um tatsachlich beobachtbare Vertragsbeziehungen geht.

der Agent diejenige Aktion ak* auswahlen, die seinen Erwartungsnutzen maximiert. Der Prinzipal wird das erwartungsnutzenmaximale Verhalten des Agenten antizipieren und die Zahlungsregel so bestimmen, dass sein Erwartungsnutzen maximiert wird und der Agent aus der Vertragsbeziehung auf jeden Fall seinen Reservationsnutzen u erhalt. Die nomische Rationalitatshypothese und die nomische Gleichgewichtshypothese bilden in konjunktiver Verkniipfung den nomischen Kern des Basiselements hami. Die Modelle des Basiselements lassen sich unter Riickgriff auf den Inhalt dieses nomischen Kerns verbal wie folgt formulieren: Eine Entitat x ist genau dann eine Prinzipal-Agent-Beziehung, wenn sie ein potenzielles Modell des Basiselements hami darstellt und die beobachtbaren Vertragsbeziehungen auf rationalen Wahlentscheidungen von Prinzipal und Agent beruhen sowie Prinzipal und Agent gleichgewichtige pareto-optimale Entscheidungen treffen. Dieser nomische Kern besitzt fur alle Modelle des Basiselements hami Giiltigkeit. In diesem Zusammenhang wird emeut darauf hingewiesen, dass im Strukturalismus der Modellbegriff im Sinne einer formal-logischen Semantik verwendet wird und nichts mit dem „betriebswirtschaftlichen" Modellbegriff gemeinsam hat: Unter einem Modell des Basiselements hami wird im Strukturalismus eine Entitat x verstanden, die mit Hilfe des terminologischen Apparats dieses Basiselements formuliert ist (xGMp(ham(i))) und alle nomischen Hypothesen dieses Basiselements erfiillt (x€Ms(ham(i))).

5,2,1.1.1,2

Menge Iham(i) der intendierten Anwendungen

Nachdem die Menge Mp(ham(i)) der potenziellen Modelle und die Menge Ms(ham(i)) der Modelle des Basiselements hami spezifiziert sind, gilt es den Bereich (die Menge) Iham(i) seiner intendierten Anwendungen „festzulegen". In der Spezifizierung der Menge der intendierten Anwendungen liegt - neben der Explizierung des nomischen Kerns eines Theorieelements - ein weiterer wesentlicher Beitrag des Strukturalismus fiir eine „strukturierte" Theorieformulierung: Er „zwingt" dazu, offen zu legen, welche Anwendungen der formalen Struktur einer Theorie intendiert werden. Allerdings handelt es sich um keine rein formalsprachliche Spezifikation des intendierten Anwendungsbereichs des Basiselements. Denn es ist nicht moglich, die intendierten Anwendungen einer Theorie formalsprachlich sowohl voUstandig als auch eindeutig festzulegen. Auf die Probleme der voUstandigen und eindeutigen formalsprachlichen Spezifikation der intendierten Anwendungen einer Theorie wurde bereits oben^^^^ eingegangen. Der intendierte Anwendungsbereich Iham(i) des Basiselements hami wird durch die Anwendungsbedingungen konkretisiert. Sie setzen sich zusammen aus den formalsprachlichen Interpretationsbedingungen fiir die Mengen und Funktionen, die im Kern des Basiselements als Konstituenten seiner formalen Struktur S(hami) verwendet werden, und den formal- und natiirlichsprachlichen Randbedingungen. Fiir den intendierten Anwendungsbereich Iham(i) des Basiselements hami gilt mit den Axiomen (1)-(14), die nachfolgend erlautert werden:

527)

Vgl. die Ausfiihrangen zur Isomorphic formalsprachlicher Konstrukte in Kapitel 4.2.1.2.

167

X ist vermutlich eine Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipai und einem nicht-risikofreudigen Agenten mit einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge (xelham(i)) genau dann, wenn es Mengen AK, ER, PRO, UA, UP, ZA, ZR und {wahr;falsch} sowie Funktionen f, F, rwa, rwp, u, u, V und ver gibt, so dass gilt: (1)

x=;

(2)

X e Mpp(ham(i)); aufgrund von Mpp(ham(i)) = Mp(ham(i)) gilt ebenso x e Mp(ham(i));

(3)

der Prinzipai ist im Informationsnachteil hinsichtlich der Aktion ak des Agenten;

(4)

AKeR,,;

(5)

ER=[er,er]cIR;

(6)

PROeR^;

(7) (8) (9)

UAcM; UPcR; ZAcR;

(10) fiir die Funktion zr gilt: er h^ zr(er): beliebig; (11) fiir die Funktion f gilt: (er,ak) h^ f(er|ak) mit: er

(a)

Vak G AK: jf (er | ak) der = 1; er

er*

(b)

VakGAK,er*EER: F(er>k) = Jf (er | ak) der;

(c)

Vaki,ak2eAK,ereER : aki < ak2 ^ ...

?i

[F(er|aki) > F(er|ak2) A BereER: F(er|aki) > F(er|ak2)]; (d)

VakGAK,erGER: f(er|ak) > 0;

(12) fiir die Funktion v gilt: (er,zr(er)) h^ v(er,zr(er)) = v(er-zr(er)) mit: (a) v'(er-zr(er)) > 0; (b) v'Xer-zr(er)) < 0; (13) fiir die Funktion u gilt: (zr(er),ak) i-> u(zr(er),ak) mit: (a)

Uzr(er)(zr(er),ak) > 0;

(b)

Uzr(er).zr(er)(zr(er),ak) < 0;

(c)

Uak(zr(er),ak) < 0;

(d)

Uak.ak(zr(er),ak) > 0;

(14) fur die Funktion u gilt: ( ) ^ u ( ) = u.

168

In Axiom (2) wird gefordert, dass jede intendierte Anwendung x ein partielles potenzielles Modell des Basiselements ist: X€Mpp(ham(l))-

Aufgrund des Fehlens hami-theoretischer Konstrukte fallt die partielle potenzielle Modellmenge Mpp(ham(i))niit der potenziellen Modellmenge Mp(ham(i))zusammen. Daher ist eine intendierte Anwendung x ein potenzielles Modell des Basiselements hami: XeMp(ham(l))-

Das Axiom (3) driickt die Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent aus und ist in Form einer natiirlichsprachlichen Randbedingung formuliert. Im Basiselement werden ausschlieBlich Realitatsausschnitte betrachtet, die sich auf Vertragsbeziehungen bei asymmetrischer Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent beziehen. Diese Informationsasymmetrie betrifft die Aktionen ak des Agenten. Der Prinzipal kann die Aktionen des Agenten nicht beobachten, oder die Kosten der Beobachtung sind prohibitiv hoch, so dass der Prinzipal die Beobachtung unterlasst. In den Axiomen (4)-(9) werden die Defmitionsbereiche fiir die Mengen angegeben. Die Aktionsmenge AK ist eine Teilmenge der nicht-negativen reellen Zahlen (kontinuierliche Aktionsmenge^^^^) (4). Ebenso ist die Zahlungsmenge ZA eine Teilmenge der reellen Zahlen (9). Die Ergebnismenge (5) ist eine reellzahlige Menge im Intervall [er,er] mit der Unter- und Obergrenze er bzw. er (kontinuieriiche Ergebnismenge^^^^). Die Menge PRO der Wahrscheinlichkeitswerte wird auf nicht-negative reelle Zahlen festgelegt (6). In den Axiomen (7) und (8) werden die Definitionsbereiche der Mengen UA und UP festgelegt. Sie sind jeweils Teilmengen der reellen Zahlen. In den restlichen Axiomen werden die Anwendungsbedingungen fiir die Funktionen spezifiziert. Eine erste Besonderheit der vorgelegten strukturalistischen Reformulierung liegt darin, dass fiir einige Funktionen uberhaupt keine Funktionsvorschriften angegeben werden. Dies trifft z.B. auf die Funktionen rwa und rwp zu. Zur Spezifikation der Funktionsvorschriften fiir diese beiden Funktionen miisste prazisiert werden, wie die rationalen Wahlakte des Agenten (im Fall von rwa) und des Prinzipals (im Fall von rwp) gemessen werden konnen. Hierzu miissten akzeptable Messtheorien zur Verfiigung stehen, die es erlauben, von den Handlungsweisen von Prinzipal und Agent auf ihre Rationalitat zu schliefien. Der Verfasser sieht erhebliche Probleme bei der Auswahl von Kriterien, um die Akzeptahilitdt einer solchen Messtheorie zu beurteilen. Denn die Kriterien zur Beurteilung der Rationalitat eines Akteurs sind auBerst umstritten^^^\ Daher werden fiir die Funktionen rwa und rwp keine Funktionsvorschriften formuliert und sind fiir nachtragliche Spezifizierungen offen gelassen.

528) 529) 530)

Vgl. zum Begriff „kontinuierliche Aktionsmenge" Fn. 196. Vgl. zum Begriff „kontinuierliche Ergebnismenge" Fn. 197. Vgl. dazu die Ausfiihrungen in Fn. 525 und die dort angegebene literaturquelle.

169

Eine weitere Besonderheit der vorgelegten stnikturalistischen Reformulierung des Basiselements hami liegt darin, dass fiir einige Funktionen keine konkreten Funktionsvorschriften spezifiziert werden. Stattdessen sind die Funktionen fiir „beliebige" nachtragliche Spezifizierungen offen gehalten. Insofem handelt es sich hierbei um ein Schema intendierter Anwendungen. Diese offene Formuliening umfasst die Gesamtheit aller Anwendungen des Basiselements hami, die sich aus diesem Schema gewinnen lassen, indem fiir die Funktionen die jeweiligen Funktionsvorschriften spezifiziert werden. Beispielsweise wird fiir die Funktion zr nicht festgelegt, welchen Verlauf die Zahlungsregel aufweist (10). Die zulassigen Zahlungsregeln werden als „beliebig" definiert. Insofem kommt jede Funktion zr, die die Ergebnismenge auf die Zahlungsmenge abbildet, als zulassige Zahlungsregel in Betracht. Ebenso wird die Funktionsvorschrift fur die bedingte Dichtefunktion f nicht eindeutig spezifiziert. In Axiom (11) werden fiir die bedingte Dichtefunktion f zunachst zwei definitorische Beziehungen festgelegt. Erstens wird vereinbart, dass die kumulierte Wahrscheinlichkeit fiir die bedingte Dichtefunktion f eins betragt (Ha). Zweitens wird die Definition der Verteilungsfunktion F spezifiziert (lib). Diese Vereinfachung dient der kompakten Notation des Axioms (lie). In Axiom (lie) wird als Randbedingung die stochastische Dominanz erster Ordnung spezifiziert: Mit zunehmendem Arbeitseinsatz des Agenten steigt die Wahrscheinlichkeit fiir ein hohes Ergebnis. Bei dieser Randbedingung handelt es sich um ein allquantifiziertes Subjugat, das nicht die Qualitat einer nomischen Hypothese besitzt. Vielmehr wird durch dieses allquantifizierte Subjugat ausschliefilich der intendierte Anwendungsbereich Iham(i) des Basiselements hami eingeschrankt. AuBerdem wird fiir die bedingte Dichtefunktion f festgelegt, dass jedes Ergebnis mit positiver Wahrscheinlichkeit bei jeder Aktion auftritt (lid). Dadurch wird ausgeschlossen, dass der Prinzipal von der Beobachtung eines tatsachlich realisierten Ergebnisses auf die Aktion des Agenten schlieBen kann. Im Basiselement hami wird ausschliefilich eine Vertragsbeziehung zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem nicht-risikofreudigen Agenten betrachtet. Die Einschrankung auf nicht-risikofreudige Akteure wird durch die Festlegung bei ihren Nutzenfunktionen erreicht. Fiir die Nutzenfunktion v des Prinzipals gilt, dass sie streng monoton steigend (12a) und konkav oder linear ist (12b), d.h. der Nutzen des Prinzipal steigt mit zunehmendem Residuum (Ergebnis abzuglich der Zahlung an den Agenten) und der Prinzipal ist entweder risikoneutral oder risikoavers. Der Nutzen des Agenten steigt mit zunehmender Zahlung (13a) und sinkt mit zunehmendem Arbeitseinsatz (13c), d.h. er ist arbeitsavers, wobei das AusmaB der Arbeitsaversion mit zunehmendem Arbeitseinsatz nicht abnimmt (13d). AuBerdem ist der Agent ebenfalls entweder risikoneutral oder risikoavers (13b).

170

5.2.1.1.1.3

Empirische Gesamthypothese des Theorieelements hamy

Nach der Reforaiulierung der potenziellen Modellmenge und der Modellmenge sowie des intendierten Anwendungsbereichs des Basiselements hami lasst sich nun seine empirische Gesamthypothese foraiuUeren: Iham(l) Q Zham(l).

Die empirische Gesamthypothese behauptet, dass alle intendierten Anwendungen des Basiselements hami zulassige Anwendungen des Basiselements hami sind. Eine intendierte Anwendung ist zunachst ein (partielles^^*^) potenzielles Modell des Basiselements und somit eine potenzielle Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action. Eine zulassige Anwendung des Basiselements hami ist hingegen eine Entitat x, die zum einen mit dem terminologischen Apparat des Basiselements hami formuliert ist und aufierdem alle nomischen Hypothesen sowie die Restriktionen des Basiselements hami erfiillt: ^ham(l ) - r (pOt+(Ms(ham(l))) n Cs(ham(l))).

Aufgrund des Fehlens von Restriktionen gilt: Cs(ham(l)) = pOt+(Mp(ham(l))).

Daher lasst sich die Klasse der zulassigen Anwendungen formulieren als: Zham(l)=r (pOt+(Ms(ham(l))) H pOt+(Mp(ham(l)))).

Dariiber hinaus gilt, dass die Menge der Modelle des Basiselements hami eine Teilmenge der Menge seiner potenziellen Modelle ist: pOt+(Ms(hani(l))) C pOt+(Mp(ham(l))).

Hieraus resultiert fur die Klasse der zulassigen Anwendungen: Zham( 1) = r^(pOt+(Ms(ham( 1)))).

Femer spielen HAM-theoretische Konstrukte keine Rolle fur die Reformulierung der HiddenAction-Modelle^^^\ Insbesondere existieren fiir das Basiselement hami keine hami-theoretischen Konstrukte. Daher lasst sich die Ramsey-Eliminierung (r^) hier nicht anwenden. Somit folgt schliefihch fur die Klasse der zulassigen Anwendungen:

531)

532)

Vgl. die Ausfiihrungen in vorangegangenen Kapitel 5.2.1.1,1.2 zum ZusammenfeUen der Menge der partiellen potenziellen Modelle mit der Menge der potenziellen Modelle fiir das Basiselement hami (wegen des Fehlens hami-theoretischer Konstrukte). Vgl. dazu die Ausfiihrungen in Kapitel 5.2.2.

171

Zham(l) = pOt+(Ms(ham(l)))-

Nach diesen Umformungen gilt fur die empirische Gesamthypothese des Basiselements: Iham(l) Q pOt+(Ms(ham(l)))-

Die empirische Gesamthypothese des Basiselements ist eine einzige unzeriegbare Aussage. Sie behauptet, dass jede intendierte Anwendung aus dem Anwendungsbereich Iham(i) des Basiselements hami der formalen Struktur S(hami) des Basiselements hami geniigt. Diese formale Struktur manifestiert sich aufgrund des Fehlens von Restriktionen ausschlieBlich in dem terminologischen Apparat (Mp(ham(i))) und in den nomischen Hypothesen (Ms(ham(i))) des Basiselements hami. Abbildung 30 visualisiert den Zusammenhang zwischen der potenziellen Modellmenge Mp(ham(i)), der Modellmenge Ms(ham(i)) und der Menge Iham(i) der intendierten Anwendungen des Basiselements hami.

P^*+(^S(ham(1))) - ^ham(1)

P0t.{Mp(,3,.J

Abbildung 30: Konstruktzusammenhang zwischen den drei Theoriekomponenten des Basiselements hami gemaB dessen empirischer Gesamthypothese

533)

172

^

Der „Venn"-Bezirk zur Visualisierung von Ihan^i) braucht im Allgemeinen keineswegs „innerhalb" des „Venn"-Bezirks zur Visualisierung der Klasse Zhani(i) der zulassigen Anwendungen zu liegen. Vielmehr kann sich Iham(i) mit Zham(i) auch partieli iiberlappen (Iham(i) i^ Zhani(i) =?^ 0 A Iham(i) \ Zham(i) "^ 0 ) oder sogar vollkommen „au6erhalb" von Zham(i) liegen (Iham(i) 0 A 3akeAK: efak(ak,st) > 0]; (14) fiir die Funktion g gilt: St h^ g(st)=

^

. expf ^ i ^ ^ ^ ^ ^ ^ l m i t : E(st)=0 und a^ > 0;

(15) fur die Funktion fi gilt: 0^fiO=fi; (16) fiir die Funktion sh gilt: OH>shO=sh; (17) fiir die Funktion zr gilt: ef(ak,st) h-^zr(ef(ak,st)) = zr(ef(ak,st)) = fi + sh-ef(ak,st); (18) fiir die Funktion nz gilt: ak i-> nz(ak) mit: (a)

nz'(ak) > 0;

(b)

nz"(ak)>0;

(19) fiir die Funktion v gilt: (ef(ak,st),zr(ef(ak,st))) h^ v(ef(ak,st),zr(ef(ak,st))) = ef(ak,st) - zr(ef(ak,st)); (20) fur die Funktion u gilt: (zr(ef(ak,st)),nz(ak)) h^ u(zr(ef(ak,st)),nz(ak)) =1 - exp(- P(zr(ef(ak,st)) - nz(ak))) mit: PG R,; (21) fiir die Funktion u gilt:

0^->uO = u.

5.2.1 A.23

Empirische Gesamthypothese des Theorieelements ham2

Die empirische Gesamthypothese des Theorieelements ham2 ist ebenso wie die empirische Gesamthypothese des Basiselements hami eine einzige unzerlegbare Aussage. Sie behauptet, dass jede intendierte Anwendung des Theorieelements ham2 fiir LEN-Prinzipal-Agent-Beziehungen bei Hidden Action eine zulassige Anwendung des Theorieelements ham2 darstellt^'^^^*

543)

178

Die Ausfiihrungen zur ausfuhrlicheren Darstellung der empirischen Gesamthypothese des Basiselements in Kapitel 5.2.1.1.1.3 gelten auch hier.

Iham(2) Q pOt+(Ms(ham(2)))-

Eine Widerlegung dieser Teilmengenbehauptung betrifft das Theorieelement als holistische Entitat^'*^^ Eine weitergehende Schlussfolgening, z.B. welche nomische Hypothese des Theorieelements hamz im Einzelnen widerlegt ist, lasst die strukturalistische Theorienauffassung nicht zu. Denn die Falschheit der Teilmengenbehauptung kann sowohl durch einen Fehler bei der Spezifikation des Theoriekems Kham(2) - und dort wiederum durch einen Fehler bei der Formulierung des terminologischen Apparats oder der nomischen Hypothesen - als auch durch einen Fehler bei der Festlegung des Bereichs Iham(2) intendierter Anwendungen hervorgerufen worden sein. Es ist nicht moglich, die Ursache fur die Falschheit der empirischen Gesamthypothese durch Lokalisierung in einer der Theoriekomponenten eindeutig festzustellen.

5.2.1.2

Entfaltung des Theorienetzes TNHAM der Hidden-Action-Modelle

Das Grundkonzept des Strukturalismus wurde bisher dargestellt, ohne dabei die Entfaltungsmoglichkeiten der Hidden-Action-Modelle in Form eines Theorienetzes zu berucksichtigen. Auf diese Weise wurde das Strukturierungsdefizit fur die Theorieelemente hami und ham2 exemplarisch behoben. Es bereitet nun keine Schwierigkeiten, das Theorienetz TNHAM der Hidden-Action-Modelle aufzuspannen. Hierdurch werden die Verfeinerungsbeziehungen zwischen den Theorieelementen offen gelegt, die in der konventionellen Theorieformulierung entweder gar nicht oder allenfalls natiirlichsprachlich als „Spezialisierung", „Erweiterung" oder „Variation" behandelt werden. Da nicht alle in der Literatur diskutierten Hidden-Action-Modelle in dem Theorienetz TNHAM berucksichtigt werden, handelt es sich selbstverstandlich nur um ein unvollstandiges und daher partielles Theorienetz der Hidden-Action-Modelle. Auf die Attribute unvoUstandig und partiell wird im Folgenden verzichtet. Stattdessen wird ausschliefilich vom Theorienetz TNHAM der Hidden-Action-Modelle gesprochen. Die Reformulierung der Hidden-Action-Modelle der Prinzipal-Agent-Theorie als Theorienetz TNHAM orientiert sich an dem nachfolgenden (Re-) Konstruktionsprinzip: Den Ausgangspunkt fiir das Theorienetz TNHAM bildet das zuvor spezifizierte Basiselement hami. Fiir das Basiselement wurden die Risikopraferenzen von Prinzipal und Agent nicht eindeutig spezifiziert. Es wurde ausschliefilich vereinbart, dass der Prinzipal und der Agent nicht-risikofreudig sind. Die Spezifikation der Risikopraferenzen der Akteure (insbesondere des Agenten) spielt fur die Hidden-Action-Modelle eine zentrale Rolle. Wenn der Agent risikoneutral ist, dann kann der Prinzipal durch die Gestaltung einer speziellen Zahlungsregel („Quasi-Verkaufsl6sung") die so genannte First-Best-Losung erreichen. Dies wurde am Beispiel einer Vertragsbeziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten dargestellt^'^^^ Wenn der Agent hingegen risikoavers ist, dann ist dem Prinzipal nur die Second-best-Losung moglich. Dies wurde am Beispiel einer Ver544)

Vgl. Kapitel 4.2.1.3 und insbesondere Fn. 459 zum holistischen Charakter stnikturalistisch formulierter Theorien. 545) Vgl. Kapitel 3.2.2.

179

tragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten gezeigt^^^^ Durch die Spezifikation der Risikoprdferenzen von Prinzipal und Agent werden aus dem Basiselement hami die neuen Theorieelemente hams und ham4 generiert (Schritt O). Das Theorieelement hams^"^^^ behandelt eine Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten. Hingegen bezieht sich das Theorieelement ham/^^> auf eine Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten. Bei dem Theorieelement hams handelt es sich um die strukturalistische Reformulierung des Hidden-Action-Modells, bei dem die optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination mit Hilfe des First-Order-Ansatzes ermittelt wird. Fur dieses Hidden-Action-Modell wurde gezeigt, dass die optimale Zahlungsregel dann im Ergebnis monoton steigend ist, wenn ein monotoner Likelihoodquotient vorliegt^'^^l Durch die Spezifikation der Bedingungflirdie Monotonie der optimalen Zahlungsregel heim First-Order-Ansatz wird vom Theorieelement hams auf das Theorieelement hams^^^^ iibergegangen (Schritt ©). Die Ermittlung der optimalen Zahlungsregel-Aktion-Kombination mittels des First-Order-Ansatzes ist mit einer Schwierigkeit verbunden: Dadurch, dass man die Anreizkompatibilitatsbedingung des Agenten durch die First-Order-Condition ersetzt, wird nicht sichergestellt, dass der Agent tatsachlich die auf diese Weise ermittelte Aktion ak auswahlen wird. Moglicher-

546) 547)

Vgl. Kapitel 3.2.2. Vgl. zum Theorieelement hams Kapitel 3.2.2 (insbesondere Abbildungen 16 und 17 auf S. 77 bzw. 89) und dariiber hinaus Demougin (2001), S. 55 ff. i.V.m. 60 f.; Jewitt (1988), S. 1178 ff.; Rees (1985a), S. 16 ff. In der Literatur fmdet sich eine allgemeine Formulierung dieses Modelis bei Holmstrom (1979), S. 75 ff., und dariiber hinaus bei Hartmann-Wendels (1991), S. 145 ff.; Kiener (1990), S. 67 ff.; Meinhovel (1999), S. 78 ff. In diesen Arbeiten wird eine Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten analysiert, wahrend das Theorieelement hama auf eine Prinzipal-Agent-Beziehungen zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten fokussiert. Zwecks Konsistenz mit den Ausfiihningen in Kapitel 3.2.2 wird hier bei der Spezifikation des Theorieelements hama bereits ein risikoneutraler Prinzipal festgelegt. Es lieBe sich vorstellen, ein weiteres Theorieelement hams* einzufiihren, dass eine Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten behandelt und damit allgemeiner ist als das Theorieelement hams, weil sowohl risikoneutrale als auch risikoaverse Prinzipale als Akteure zugelassen waren. 548) Vgl. Theorieelement ham4 Kapitel 3.2.2 (insbesondere Abbildungen 13 und 14 auf S. 73 f.). In der Literatur fmden sich ebenso Hidden-Action-Modelle, die sich auf Prinzipal-Agent-Beziehungen zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten beziehen, ohne eine additiv separierbare Nutzenfunktion des Agenten vorauszusetzen; vgl. Shavell (1979), S. 59 u. 64; Kiener (1990), S. 66 f.; Petersen, Th. (1989), S. 58 f. Aus Griinden der Konsistenz mit den Ausfiihrungen in Kapitel 3.2.2 wird in dieser Untersuchung die Spezifikation des Theorieelements hanu auf einen risikoaversen Prinzipal und einen risikoneutralen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion eingeschrankt. Wie beim Theorieelement hams (vgl. die Ausfiihrungen in der vorangehenden FuBnote) lieBe sich vorstellen, ein weiteres Theorieelement hanij. einzufiihren, das sich ebenso auf risikoneutrale Prinzipale bezieht und Agenten betrifft, die keine additiv separierbare Nutzenfunktion besitzen. 549) Vgl. Kapitel 3.2.2. 550) Vgl. zum Theorieelement hams das Kapitel 3.2.2 und dariiber hinaus Hartmann-Wendels (1991), S, 145 ff. (insbesondere S. 158); Holmstrom (1979), S. 75 ff.; Kiener (1990), S. 67 ff. (insbesondere S. 71); Petersen, Th. (1989), S. 62 f. In diesen Arbeiten wird die Risikopraferenz des Prinzipals nicht eindeutig spezifiziert, weil als Prinzipale sowohl risikoneutrale als auch risikoaverse Akteure in Frage kommen konnen. Die Ausfiihrungen zur Einfiihrung eines allgemeinen Theorieelements aus den vorangehenden FuBnoten gelten auch hier.

180

weise ist diese Aktion ak ein lokales Minimum, ein lokales Maximum oder aber ein Sattelpunkt. Um dieses Problem zu losen, muss zusatzlich sichergestellt werden, dass die hinreichenden Bedingungen fiir das Optimierungsproblem des Agenten erfiillt sind. Bei diesen hinreichenden Bedingungen handelt es sich erstens um den monotonen Likelihoodquotienten und zweitens um die hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexe bedingte VerteilungsfunktiDurch die Spezifikation der hinreichenden Bedingungen fur die Anwendbarkeit des First-Order-Ansatzes erfolgt der Ubergang vom Theorieelement hams auf das Theorieelement ham6^^^> (Schritt ©). Beim Two-Step-Ansatz wird die optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination hergeleitet, ohne die Anreizkompatibilitatsbedingung des Agenten durch die First-Order-Condition zu ersetzen^^^l Dabei wird von einer endlichen Aktionsmenge des Agenten (und einer endlichen Ergebnismenge^^"^^) ausgegangen und das Pareto-Programm wird in zwei Schritten gelost. Durch die Spezifikation derAxiomefUr die Anwendbarkeit des Two-Step-Ansatzes wird aus dem Basiselement hami das neue Theorieelement ham?^^^^ gewonnen (Schritt O). Der Two-Step-Ansatz weist allerdings seinerseits Schwachen auf: Um sicherzustellen, dass die optimale Zahlungsregel im Ergebnis monoton steigend ist, werden die Bedingungen vorausgesetzt, die bereits fiir die Anwendbarkeit des First-Order-Ansatzes hinreichend sind^^^l Durch die Spezifikationen der Bedingungen fiir die Monotonie der optimalen Zahlungsregel beim Two-Step-Ansat:^^^ wird vom Theorieelement ham7 auf das Theorieelement hamg^^^^ iibergegangen (Schritt ©).

551) 552)

Vgl. Kapitel 3.2.2. Vgl. zum Theorieelement ham^ die Ausfiihrungen in Kapitel 3.2.2 und dariiber hinaus Alvi (1997), S. 59 ff.; Demougin (2001), S. 55 ff. i.V.m. 60 f.; UCalci (2003), S. 169 ff.; Rogerson (1985b), S. 1362 ff. Vgl. auBerdem Hartmann-Wendels (1991), S. 145 ff. und Kiener (1990), S. 67 ff. i.V.m. 168 f., bei denen die Risikopraferenz des Prinzipals nicht eindeutig festgelegt wird, d.h., der Prinzipal kann sowohl risikoneutral als auch risikoavers sein. 553) Vgl. Kapitel 3.2.2. 554) In der Literatur wird bei einigen Hidden-Action-Modellen, bei denen die optimale Zahlungsregel-AktionKombination mit Hilfe des Two-Step-Ansatzes ermittelt werden kann, von einer kontinuierlichen Ergebnismenge ausgegangen; vgl. Fn. 312. In dieser Untersuchung wird bei den Theorieelementen, die sich auf den Two-Step-Ansatz beziehen, ausschliefilich eine endliche Ergebnismenge beriicksichtigt. 555) Vgl. zum Theorieelement hamy das Kapitel 3.2.2 und dariiber hinaus Grossman (1983), S. 10 ff.; Demougin (2001), S. 51 ff.; Edelmann (1998), S. 8 ff.; Kleine (1995), S. 63 ff.; Kreps (1994), S. 529 ff.; Meinhovel (1999), S. 84 ff.; Salanie (1997), S. 116 f. Die Reformulierung des Theorieelements ham? orientiert sich insbesondere an den Arbeiten von Salanie (1997), S. 116 f. Vgl. dazu die Abbildungen 17 (ausgenommen die Axiome (5e) und (5f), die grau hervorgehoben worden sind), 18 und 19 auf S. 89 ff. 556) Vgl. Kapitel 3.2.2. 557) Hierbei handelt es sich um eine verkiirzte Formulierung. Eigentlich miisste es heifien: Spezifikation der Bedingungen, die die Monotonie der optimalen Zahlungsregel beim Two-Step-Ansatz sicherstellen. 558) Vgl. zum Theorieelement hamg das Kapitel 3.2.2 und die Abbildungen 17 (inklusive der Axiome (5e) und (5f)), 18 und 19 auf S. 89 ff. und dariiber hinaus Grossman (1983), S. 25; Dutta (1994), S. 877; Kraft, H. (2000), S. 166 ff.; BCreps (1994), S. 537 ff.; Petersen, Th. (1989), S. 54 f.

181

Abbildung 31 visualisiert das im Folgenden zugrunde gelegte (Re-) Konstruktionsprinzip.

Schritt O

ham, Spezifikation def Ritikopriferenzen Spezif vonP

nsikoneutrater Prinzipal. riskoaverser Agent

ham3

,

I

nsikoaverser Prinzipal. risiKoneutrater Agent

Schritt© harrij

harris

Schritt ©

y

Sptzifikation d«r Btdingung fOr (Ht Monotonit 6f optimaltn Zahlungsregtl M m Fint-Ordtr-An«Mz

ham. Sp«zi(ikation d«r hjnrtichtndtn Btdingungen fOr die AnnMndbarfcait dM Firtt-Ordcr-AntatzM

ham^

>-

Schritt O Sptzifikation der Axiome fQr die Anwendbartteit dts Two-Stap-AniatzM

Schritt© ham^

ham,

| - | spaiifikatiootn dtr I Btdingungen fOr dit Zahlungtragel b«im LjTwo-Stap-Antatz

Abbildung 31: (Re-) Konstruktionsprinzip Durch diese Vorgehensweise ergeben sich zusatzlich zu den bisher rekonstruierten Theorieelementen hami und ham2 weitere sechs Theorieelemente des Theorienetzes TNHAM- Im weiteren Verlauf dieser Untersuchung wird das Theorienetz TNHAM um zwei weitere Theorieelemente (ham9 und hamio) an Umfang zunehmen. Diese beiden Theorieelemente werden weiter unten^^^^ im Zusammenhang mit der Widerlegungsresistenz der Hidden-Action-Modelle besprochen. Die Abbildung 32 auf der folgenden Seite gibt einen Uberblick iiber die Theorieelemente des Theorienetzes TNHAM, die in diesem Kapitel reformuHert werden. Jedes Theorieelement des Theorienetzes TNHAM wird durch die Einfiihrung eines informell-mengentheoretischen Pradikats axiomatisiert. In der rechten Spalte sind die jeweiligen informell-mengentheoretischen 559)

182

Vgl. Kapitel 5.3.

Pradikate der weiteren sechs Theorieelemente aufgefuhrt. Da fiir die Theorieelemente des Theorienetzes TNHAM weiterhin haniq-theoretische Konstrukte keine RoUe spielen und die Theorieelemente so aufbereitet werden konnen, dass sich auf die Spezifikation von Restriktionen verzichten lasst, wird das oben^^^^ entfaltete Formulierungsschema auch fur die Reformulierung dieser Theorieelemente zugrunde gelegt, d.h., fur jedes Theorieelement hamq mit: q={3,...,8} werden seine potenzielle Modellmenge Mp(ham(q)), seine Modellmenge Ms(ham(q)) ^^d sein intendierter Anwendungsbereich Iham(q) spezifiziert.

informell-mengentheoretische Pradikate: Theorie-

^ ist eine potenzielle..." (x E Mp(ham(q))),

element

^ ist eine..." (x G MS(ham(q))), ^ ist vermutlich eine..." (x e Iham(q)) ... Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal

hami

und einem nicht-risikofreudigen Agenten mit einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge

ham2

... LEN-Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action ... Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und

ham3

1

einem risikoaversen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten und einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge ... Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoaversen Prinzipal und ei-

ham4

nem risikoneutralen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten und einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge ... Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und

hams

einem risikoaversen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten sowie einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge und einem monotonen Likelihoodquotlenten ... Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und

1

haiTie

1

einem risikoaversen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten sowie einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge, einem monotonen Likelihoodquotienten und einer hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexen bedingten Verteilungsfunktion ... Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und

ham?

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einem risikoaversen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten und einer endlichen Aktions- und Ergebnismenge ... Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und

1

hams

einem risikoaversen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten sowie einer endlichen Aktions- und Ergebnismenge, einem monotonen Likelihoodquotienten und einer hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexen bedingten Verteilungsfunktion

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Abbildung 32: Ubersicht iiber die Theorieelemente des Theorienetzes TNHAM Zur Entfaltung des Theorienetzes TNHAM wird auf die vielfaltigen Spezialisierungsrelationen zuriickgegriffen, die zur Beschreibung der Verfeinerungsbeziehungen zwischen den Theorie560) Vgl.Kapitel5.1.

183

elementen eines Theorienetzes herangezogen werden konnen^^^^ Im Wesentlichen lassen sich drei Netzverfeinerungen identifizieren, die das Theorienetz TNHAM aufspannen. Bei diesen Verfeinerungsrelationen handelt es sich um • • •

die Anwendungsspezialisierung spA, die terminologiebegleitete Anwendungsspezialisierung sptA und die terminologiebegleitete Gesetzes- und Anwendungsspezialisierung sptcA-

Der Ubergang vom Basiselement hami zum Theorieelement hams stellt ein Element der terminologiebegleiteten Anwendungsspezialisierung dar: (hami,ham3)GSptA, Zum einen wird der terminologische Apparat des Theorieelements hama^^^^ gegenliber dem terminologischen Apparat des Basiselements hami um die charakteristischen Komponenten der additiv separierbaren^^^^ Nutzenfunktion u des Agenten spezialisiert: Mp(ham(3)) C Mp(ham(l))-

Hierzu werden die Funktionen mu und du eingefuhrt. Sie driicken den monetaren Nutzen des Agenten bzw. den Disnutzen des Agenten aus. Die Funktion mu bildet die Zahlungsmenge ZA auf die Menge UA der Nutzenwerte des Agenten ab (Sf^K Hingegen wird durch die Funktion du die Aktionsmenge AK auf die Menge UA der Nutzenwerte des Agenten abgebildet (7). Von diesen Modifikationen ist auch die Struktur der Nutzenfunktion u des Agenten betroffen (8). Die Funktion u ordnet nun jedem Tupel aus einer Zahlung und einem Disnutzen aus dem Arbeitseinsatz einen Nutzenwert zu. Die restlichen Konstrukte werden im Theorieelement hams gegenliber dem Theorieelement ham^ nicht modifiziert. Fiir die potenzielle Modellmenge Mp(hain(3)) des Theorieelements hams gilt mit diesen Vereinbarungen: X ist eine potenzielle Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten und einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge (x€Mp(ham(3))) geuau dann, wenn es Mengen AK, ER, PRO, UA, UP, ZA, ZR und {wahr;falsch} sowie Funktionen du, f, F, mu, rwa, rwp, u, u, v und ver gibt, so dass gilt: (1) x=; (2) AK, ER, PRO, UA, UP und ZA sind nicht-leere Mengen; (3) ZR={zr|zr: ER ^ ZA}; (4) f: ER X AK -> PRO; 561) 562) 563) 564)

184

Vgl. Kapitel 4.2.2.2. Vgl. die voUstandige Spezifikation des Theorieelements hams im Anhang A.3. Vgl. zur additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten Kapitel 3.1. Die folgenden Axiomnummern beziehen sich auf den nachfolgenden Kasten.

(5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12)

v: ER X ZA -> UP ist zweifach differenzierbar; mu: ZA -> UA ist zweifach differenzierbar; du: AK -> UA ist zweifach differenzierbar; u: UA X UA -^ UA ist zweifach differenzierbar; u: -^ UA; rwa: AK -> {wahr;falsch}; rwp: ZR-> {wahr;falsch}; ver: ZR x AK -^ {wahr;faisch}.

Zum anderen wird der intendierte Anwendungsbereich Iham(3) des Theorieelements hams gegeniiber dem intendierten Anwendungsbereich Iham(i) des Basiselements hami eingeschrankt. Fiir das Basiselement hami wurden die Risikopraferenzen von Prinzipal und Agent nicht eindeutig festgelegt. Es wurde nur vereinbart, dass der Prinzipal und der Agent nicht-risikofreudig sind. Im Theorieelement hams wird nun der Anwendungsbereich auf diejenigen Realitatsausschnitte eingeschrankt, die sich als Vertragsbeziehung zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten beschreiben lassen. Dies entspricht einer Spezialisierung des intendierten Anwendungsbereichs Ihain(3) des Theorieelements hams gegenuber dem intendierten Anwendungsbereich Iham(i) des Basiselements hami: Ihain(3) k) = jf (er | ak) der;

er*

(c)

Vaki,ak2€AK,erGER : aki < ak2 -> ... [F(er|aki) > F(er|ak2) A BereER: F(er|aki) > F(er|ak2)]; (d) VakeAK,erGER: f(er|ak) > 0; (12) fiir die Funktion v gilt: (er,zr(er)) i-^ v(er,zr(er)) = v(er-zr(er)) mit: (a) v'(er-zr(er)) > 0; (b) v"(er-zr(er)) = 0; (13) fiir die Funktion mu gilt: zr(er) h^ mu(zr(er)) mit: (a)

mu'(zr(er)) > 0;

(b)

mu"(zr(er)) < 0;

(14) fiir die Funktion du gilt: ak i-> du(ak) mit: (a)

du'(ak) > 0;

(b)

du"(ak)>0;

(15) fiir die Funktion u gilt: (zr(er),ak) i-> u(zr(er),ak) = mu(zr(er)) - du(ak); (16) fiir die Funktion u gilt: 0 ^ u ( ) = u.

Ein weiteres Theorieelement des Theorienetzes TNHAM wird dadurch gewonnen, dass wieder beim Basiselement hami angesetzt wird. Vom Basiselement fiihrt eine Netzverfeinerung zum

186

Theorieelement ham4^^^\ dass eine Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten behandelt. Von dieser Netzverfeinerung sind alle drei Theoriekomponenten (terminologischer Apparat, nomische Hypothesen und intendierter Anwendungsbereich) gleichzeitig betroffen. Erstens wird der terminologische Apparat des Theorieelements ham4 gegeniiber dem terminologischen Apparat des Basiselements hami mehrfach spezialisiert. Zum einen werden zwei spezielle Konstrukte eingefiihrt, um die Quasi-Verkaufslosung beschreiben zu konnen. Hierbei handelt es sich um die • fixe Zahlung fi, die als nullstellige Funktion definiert (5)^^^ wird, und • die Menge FI der fixen Zahlungen, die als eine nicht-leere Menge (2) festgelegt wird. Zum anderen werden - wie beim Theorieelement hams - die charakteristischen Komponenten mu (7) und du (8) der additiv separierbaren Nutzenfunktion eingefiihrt. Dadurch verandert sich abermals die Struktur der Nutzenfunktion u des Agenten (9). Fiir die potenzielle Modellmenge Mp(ham(4)) des Theorieelements ham4 folgt nach der Einfiihrung der speziellen Konstrukte: X ist eine potenzielle Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten und einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge (xGMp(ham(4))) gcuau dann, wenn es Mengen AK, ER, FI, PRO, UA, UP, ZA, ZR und {wahr;falsch} sowie Funktionen du, f, F, fi, mu, rwa, rwp, u, u, v und ver gibt, so dass gilt: (1) x=; (2) AK, ER, FI, PRO, UA, UP, ZA und ZR sind nicht-leere Mengen; (3) ZR = {zr|zr: ER -> ZA}; (4) f:ERxAK->PRO; (5) fi: -> FI; (6) v: ER X ZA -> UP ist zweifach differenzierbar; (7) mu: ZA -^ UA ist zweifach differenzierbar; (8) du: AK -> UA ist zweifach differenzierbar; (9) u: UA X UA -^ UA ist zweifach differenzierbar; (10) u:->UA; (11) rwa: AK -> {wahr;falsch}; (12) rwp AK -> {wahr;falsch}; (13) ver ZR X AK -^ {wahr;falsch}.

565)

Vgl. die voUstandige Spezifikation des Theorieelements hanu im Anhang A.4.

566)

Die folgenden Axiomnummem beziehen sich auf den nachfolgenden Kasten.

187

Zweitens wird die nomischen Hypothese des Theorieelements ham4 gegeniiber den nomischen Hypothesen des Basiselements harrii verscharft. Zwar bilden auch hier die nomische Rationalitatshypothese und die nomische Gleichgewichtshypothese den Kem des Theorieelements ham4. Allerdings wahlt der Prinzipal nicht mehr irgendeine Zahlungsregel zr* aus der Menge ZR der ihm bekannten Zahlungsregeln aus. Vielmehr wahlt der Prinzipal das opportunistische Verhalten des Agenten antizipierend eine spezielle Zahlungsregel als rationalen Wahlakt aus. Hierbei handelt es sich um die Quasi-Verkaufslosung^^^^: rwp(zr*) A zr*(er) = er - fi*. Der risikoaverse Prinzipal burgt dem risikoneutralen Agenten das gesamte Risiko bezuglich des Ergebnisses auf und erhalt im Gegenzug eine fixe Zahlung fi* vom Agenten. Der Prinzipal wird diese fixe Zahlung fi* so bestimmen, dass sein Erwartungsnutzen maximal wird. Der Rest der nomischen Hypothesen bleibt unverandert. D.h., der Agent wird auf die obige Zahlungsregel zr* immer die Aktion auswahlen, die seinen Erwartungsnutzen maximiert, und er wird die Vertragsofferte nur dann akzeptieren, wenn er mindestens seinen Reservationsnutzen erreicht. Daher handelt es sich hierbei wieder um gleichgewichtige Entscheidungen von Prinzipal und Agent. AuBerdem ist die Vertragsbeziehung pareto-optimal: Weder Prinzipal noch Agent konnen sich durch eine andere Zahlungsregel-Aktion-Kombination besser stellen, ohne dass der jeweils andere benachteiligt wird. Mit den strenger formulierten nomischen Hypothesen gilt fur die Modellmenge Ms(ham(4)) des Theorieelements ham4: X ist eine Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten und einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge (xeMs(ham(4))) gcnau dann, wenn es Mengen AK, ER, FI, PRO, UA, UP, ZA, ZR und {wahr;falsch} sowie Funktionen du, f, F, fi, mu, rwa, rwp, u, u, v und ver gibt, so dass gilt: (1) x=; (2)

X€Mp(ham(4));

(3)

NHRAT(ham(4)) ; :

Vak*GAK,fi*GFI,zr*GZR:

ver(zr*,ak*) -> ( rwp(zr*) A zr*(er) = er - fi* A rwa(ak*));

567)

188

Eine alternative Rekonstruktionsmoglichkeit der Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten besteht darin, die Menge ZR der dem Prinzipal bekannten Zahlungsregeln auf die „Quasi-Verkaufsl6sung" einzuschranken. Diese Einschrankung wiirde durch eine Interpretationsbedingung erfolgen. Der Prinzipal wiirde also nicht endogen die „Quasi-Verkaufslosung" als rationalen Wahlakt auswahlen. Vielmehr wiirde der Prinzipal nur die fixe Komponente fi* der „Quasi-Verkaufslosung" als rationalen Wahlakt bestimmen. In diesem Fall wiirden Vertrage mit: zr*(er) ^ er - fi das Theorieelement hanu nicht mehr „widerlegen". Stattdessen waren diese Vertrage schlicht nicht-intendierte Anwendungen von ham4, also „irrelevant".

(4)

NHGG(ham(4)) : . . . er

max [ u(zr*(er),ak) • f(er|ak) der > u -> ... akeAK J er

er

ak* e argmax f u(zr*(er),ak)-f(er|ak)der akeAK J er

A ZT* G arg max | v(er - zr(er)) • f(er|ak*) der zreZR

J

Schliefilich wird drittens auch der intendierte Anwendungsbereich Iham(4) des Theorieelements ham4 durch mehrere Anwendungsbedingungen gegeniiber dem intendierten Anwendungsbereich Iham(i) des Basiselements hami eingeschrankt. Zum einen werden im Theorieelement hanu ausschlieBlich Prinzipal-Agent-Beziehungen zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agent en behandelt, wahrend im Basiselement hami beispielsweise auch Prinzipal-Agent-Beziehungen zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten zugelassen waren. Diese Einschrankung wird abermals durch die Spezifizierung der zweiten Ableitungen der Nutzenfunktion v des Prinzipals (14b) und der monetaren Nutzenfunktion mu des Agenten (15b)^^^^ erreicht. Zum anderen wird als Interpretationsbedingung der Definitionsbereich der Menge FI (7) spezifiziert. Die Menge FI der zulassigen fixen Zahlungen wird als eine Teilmenge der nichtnegativen reellen Zahlen definiert. Fiir den intendierten Anwendungsbereich Iham(4) des Theorieelements hanu gilt aufgrund dieser Ausfuhrungen:

X ist vermutHch eine Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfiinktion des Agenten und einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge (xGlham(4)) gcnau daun, wenn es Mengen AK, ER, FI, PRO, UA, UP, ZA, ZR und {wahr;falsch} sowie Funktionen du, f, F, fi, mu, rwa, rwp, u, u, v und ver gibt, so dass gilt: (1) x=; (2)

XGMpp(ham(4)); a u f g r u n d v o n Mpp(ham(4)) = Mp(ham(4)) g i l t ebenSO XGMp(ham(4));

(3) (4)

der Prinzipal ist im Informationsnachteil hinsichtUch der Aktion ak des Agenten; AKcR;

568)

Die Axiomnummem beziehen sich auf den nachfolgenden Kasten.

189

(5)

ER = [er,er]cR;

(6)

PROcRy,;

(7)

FIcR,„;

(8) U A c R ; (9) U P c K ; (10) Z A c R ; (11) fiir die Funktion zr gilt: er h^ zr(er): beliebig; fiir die Funktion f gilt: (12) (er,ak) (-^ f(er|ak) mit: er

(a)

VakeAK: jf(er|ak) der = l; er

er*

(b)

VakEAK,er^6ER: F(er>k) = jf (er | ak)der;

(c)

Vaki ,ak2 e AK,er e ER aki < ak2 -> ... [F(er|aki) > F(er|ak2) ^ BereER: F(er|aki) > F(er|ak2)]; VakeAK,erGER:f( er1ak)> 0;

(d)

(13) fiir die Funktion fi gilt: (14) fiir die Funktion v gilt: (er,zr(er)) f-^ v(er,zr(er)) = v(er-zr(er)) mit: (a)

v'(er-zr(er)) > 0;

(b)

V "(er-zr(er)) < 0;

(15) fiir die Funktion mu gilt: zr(er) i-^ mu(zr(er)) mit: (a)

mu'(zr(er)) > 0;

(b)

mu"(zr(er)) = 0;

(16) fiir die Funktion du gilt: ak 1-4 du(ak) mit: (a)

du'(ak) > 0;

(b)

du"(ak)>0;

(17) fiir die Funktion u gilt: (zr(er),ak) h^ u(zr(er),ak) = mu(zr(er)) - du(ak); (18) fur die Funktion u gilt: ()^^u() = u.

190

Da von dieser Verfeinerungsbeziehung alle drei Theoriekomponenten gleichzeitig betroffen sind, handelt es sich urn eine terminologiebegleitete Gesetzes- und Anwendungsspezialisierung: (hami,ham4) e sptoAErstens werden mehrere spezielle Konstrukte eingefiihrt. Hierbei handelt es sich um die Funktionen du, fi und mu sowie um die Menge FI. Insofem wird der teraiinologische Apparat des Theorieelements ham4 gegenuber dem teraiinologischen Apparat des Basiselement hami spezialisiert: Mp(hain(4)) CI Mp(hain(l))-

Zweitens sind die nomischen Hypothesen des Theorieelements ham4 strenger formuliert als die nomischen Hypothesen des Basiselements hami. Dies entspricht einer Einschrankung der Modellmenge Ms(ham(4)) des Theorieelements ham4 gegenuber der Modellmenge Ms(ham(i)) des Basiselements hami: Ms(ham(4)) C: Ms(ham(l))-

SchlieBlich wird der intendierte Anwendungsbereich des Basiselements hami eingeschrankt, da durch das Theorieelement ham4 ausschlieBlich Prinzipal-Agent-Beziehungen zwischen einem risikoaversen Prinzipal und einem risikoneutralen Agenten intendiert werden: Iham(4) C Ihain(l)-

Ein weiteres Theorieelement wird auf den Weg gebracht, indem beim Theorieelement ham3 angesetzt wird. Bei der Entfaltung der konventionell formulierten Hidden-Action-Modelle wurde gezeigt, dass die optimale Zahlung an den Agenten dann im Ergebnis monoton steigend ist, wenn ein monotoner Likelihoodquotient voriiegt. Durch die Spezialisierung des intendierten Anwendungsbereichs Iham(3) des Theorieelements hams auf diejenigen Realitatsausschnitte, in denen die bedingten Dichtefunktionen einen monotonen Likelihoodquotienten aufweisen, wird vom Theorieelement hams auf das Theorieelement hams^^^^ iibergegangen. Bei dieser Spezialisierung handelt es sich um eine (reine) Anwendungsspezialisierung: (ham3,ham5)espA, well der terminologische Apparat und die nomischen Hypothesen des Theorieelements hama unberiihrt bleiben. Die Spezialisierung erfolgt ausschliefilich in Form einer weiteren Randbedingung, in der der monotone Likelihoodquotient spezifiziert ist. Durch diese Randbedingung

569)

Vgl. die voUstandige Spezifikation des Theorieelements hams ini Anhang A.5.

191

wird der intendierte Anwendungsbereich Ihain(5) des Theorieelements hams gegeniiber dem intendierten Anwendungsbereich Iham(3) des Theorieelements hams eingeschrankt^^^^: Iham(5) CI Iham(3)-

Fur den intendierten Anwendungsbereich Iham(5) des Theorieelements hams gilt mit der zusatzlichen Randbedingung (He) beziiglich des monotonen Likelihoodquotienten:

X ist vermutlich eine Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten sowie einer kontinuieriichen Aktions- und Ergebnismenge und einem monotonen Likelihoodquotienten (xelham(5)) genau dann, wenn es Mengen AK, ER, PRO, UA, UP, ZA, ZR und {wahr;falsch} sowie Funktionen du, f, F, mu, rwa, rwp, u, u, V und ver gibt, so dass gilt: (1) x=; (2)

X € Mpp(ham(5)); a u f g r u n d v o n Mpp(hain(5)) = Mp(ham(5)) g i l t e b e n S O X e Mp(hain(5));

(3) (4)

der Prinzipal ist im Informationsnachteil hinsichtlich der Aktion ak des Agenten; AKeR^;

(5)

ER=[er,^]cR;

(6)

PROcR^;

(7) (8) (9)

UAcR; UPcR; ZA c R;

(10) fur die Funktion zr gilt: er h-> zr(er): beliebig; (11) fur die Funktion f gilt: (er,ak) i-> f(er|ak) mit: er

(a)

Vak e AK: |f (er | ak) der = 1; er

er*

570)

192

(b)

Vak€AK,er*€ER: F(er>k) = jf(er |ak) der;

(c)

Vaki,ak2eAK,ereER : aki < aki ^-... [F(er|aki) > F(er|ak2) A BereER: F(er|aki) > F(er|ak2)];

Ein monotoner Likelihoodquotient impliziert immer die stochastische Dominanz erster Ordnung; vgl. Fn. 291 und die Ausfiihrungen in Fn. 318. Insofern ist das Axiom (lie), in dem die stochastische Dominanz erster Ordnung spezifiziert wird, redundant und konnte gestrichen werden. Die stochastische Dominanz erster Ordnung wird hier aber nochmals explizit beriicksichtigt, um zu zeigen, dass der intendierte Anwendungsbereichs Iham(5) des Theorieelements hams gegeniiber dem intendierten Anwendungsbereich Iham(3) des Theorieelements hams durch ein weiteres Axiom verscharft - d.h. eingeschrankt - wird.

(d)

VakeAK,ereER: f(er|ak) > 0;

(e)

Vakj,ak2 e AK,eri,erj,G ER: [akj < ak2 A er^ < er2 ] ^ ... f(er,|ak2) ^ fCer^jak^), f(e^|aki) f(er2|aki)'

(12) fiir die Funktion v gilt: (er,zr(er)) 1-4 v(er,zr(er)) = v(er-zr(er)) mit: (a) vXer-zr(er)) > 0; (b)v'Xer-zr(er)) = 0; (13) fiir die Funktion mu gilt: zr(er) i-> mu(zr(er)) mit: (a)

muXzr(er)) > 0;

(b)

mu'Xzr(er)) < 0;

(14) fiir die Funktion du gilt: ak h-> du(ak) mit: (a)

du^ak) > 0;

(b)

du'Xak)>0;

(15) fiir die Funktion u gilt: (zr(er),ak) H> u(zr(er),ak) = mu(zr(er)) - du(ak); (16) fiir die Funktion u gilt: Q'->uO = u.

Von dem Theorieelement hams fiihrt eine weitere Spezialisierung zum Theorieelement ham6^^^\ Beim Ubergang vom Theorieelement hams auf das Theorieelement hame wird der intendierte Anwendungsbereich Iham(5) des Theorieelements hams auf diejenigen Realitatsausschnitte eingeschrankt, in denen der monotone Likelihoodquotient und die hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexe bedingte Verteilungsfunktion gleichzeitig erfiillt sind. Bin monotoner Likelihoodquotient wurde bereits bei der Spezifikation des intendierten Anwendungsbereich Ihain(5) des Theorieelements hams als Randbedingung beriicksichtigt. Daher wird beim Ubergang vom Theorieelement hams auf das Theorieelement hame nur eine weitere Randbedingung festgelegt. Hierbei handelt es sich um die hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexe bedingte Verteilungsfunktion. Da sich die Netzverfeinerung nur auf den intendierten Anwendungsbereich auswirkt: Iham(6) CI Iham(5),

571)

Vgl. die voUstandige Spezifikation des Theorieelements hani6 im Anhang A.6.

193

handelt es sich um einen Akt der Anwendungsspezialisiening spA: (ham5,ham6)espA. Mit der zusatzlichen Randbedingung (llf), in der die hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexe bedingte Verteilungsfunktion festgelegt wird, gilt fiir den intendierten Anwendungsbereich Iham(6) des Theorieelements hame: X ist vermutlich eine Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem risikoneutralen Prinzipal und einem risikoaversen Agenten mit einer additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten sowie einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge, einem monotonen Likelihoodquotienten und einer hinsichtlich der Aktion des Agenten konvexen bedingten Verteilungsfunktion (xGlham(6)) genau dann, wenn es Mengen AK, ER, PRO, UA, UP, ZA, ZR und {wahr;falsch} sowie Funktionen du, f, F, mu, rwa, rwp, u, u, V und ver gibt, so dass gilt: (1)

x=;

(2)

X e Mpp(ham(6)); aufgrund von Mpp(ham(6)) = Mp(ham(6)) gilt ebenso x e Mp(ham(6));

(3)

der Prinzipal ist im Informationsnachteil hinsichtlich der Aktion ak des Agenten;

(4)

AKeR,o;

(5)

ER=[er,er]cM;

(6)

PROcR^o;

(7) (8) (9)

UAeR; UPeE; ZA c R;

(10) fiir die Funktion zr gilt: er i-> zr(er): beliebig; (11) fur die Funktion f gilt: (er,ak) i-> f(er|ak) mit: er

(a)

Vak e AK: Jf (er | ak) der = 1; er

er*

(b)

VakeAK,er^GER: F(er>k) = jf (er | ak) der;

(c)

Vaki,ak2€AK,ereER : aki < ak2 -^ ... [F(er|aki) > F(er|ak2) A 3ereER: F(er|aki) > F(er|ak2)]; VakGAK,ereER: f(er|ak) > 0; Vak^ak, e AK.er,.er.,€ ER: [ak, mu(zr(er)) mit: (a)

mu'(zr(er)) > 0;

(b)

mu''(zr(er)) < 0;

(14) fur die Funktion du gilt: ak h-> du(ak) mit: (a)

du'(ak) > 0;

(b)

du'Xak) > 0;

(15) fiir die Funktion u gilt: (zr(er),ak) i-> u(zr(er),ak) = mu(zr(er)) - du(ak); (16) fur die Funktion u gilt: ()^u() =a

Wie fur die bisher beschriebenen Theorieelemente des Theorienetzes TNHAM gezeigt wurde, gehen auch die Theorieelemente ham? und hams, die sich auf die Hidden-Action-Modelle beziehen, bei denen die optimale Zahlungsregel-Aktion-Kombination mit Hilfe des Two-StepAnsatzes ermittelt werden kann, aus einer Netzverfeinerung hervor. Da hierdurch keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, wird hier auf eine ausfuhrliche Beschreibung der Verfeinerungsrelationen verzichtet. Die voUstandigen Spezifikationen der Theorieelemente hamy und hamg sind im Internet dokumentiert. Durch eine terminologiebegleitete Anwendungsspezialisierung: (hami,ham7)GsptA wird aus dem Basiselement hami das Theorieelement hamy^^^^ gewonnen. Bei dieser Netzverfeinerung handelt es sich um eine Terminologiespezialisierung (Mp(ham(7)) c: Mp(ham(i)))5 weil analog zu den Theorieelementen hams und ham* - die speziellen Konstrukte mu und du zur Beschreibung der charakteristischen Komponenten der additiv separierbaren Nutzenfunktion des Agenten eingefuhrt werden. Durch die Einfuhrung dieser speziellen Konstrukte verandert sich abermals die Struktur der Nutzenfunktion u des Agenten.

572) Vgl. die voUstandige Spezifikation des Theorieelements haniy im Anhang A.7.

195

AuBerdem wird der intendierte Anwendungsbereich Iham(7) des Theorieelements ham? gegeniiber dem intendierten Anwendungsbereich Ihain(i) des Basiselements hami eingeschrankt. Dies entspricht einer Anwendungsspezialisierung: Iham(7) ... (rwp(zr*) A rwa(ak*)) A ( rwp(zr*) A rwa(ak*) ) - > . . . er

max fu(zr*(er),ak) • f(er|ak) der > u -> ... er

ak* e argmax Ju(zr*(er),ak)-f(er|ak)der er

A zr* e arg max | v(er - zr(er)) • f(er|ak*) der (b) Einfuhning von Ramsey-Variablen: NHRAT(ham(l)) A NHGG(ham(l))

: Vak* e AK, ueUA, zr* eZR: (rami(zr*,ak*) -> (ram2(zr*) A ram3(ak*)) A (ram2(zr*) A ram3(ak*)) -^ ... max Ju(zr*(er),ak) • f(er|ak) der > u ^ . er

ak* G argmax ju(zr*(er),ak)• f(er|ak)der er

A zr* G arg max jv(er - zr(er)) • f(er|ak*) der

203

(c) Existenzquantifizierung der Ramsey-Variablen: NHRAT(ham(l)) A NHGG(ham(l))

: Brami,ram2,ram3: Vak*eAK, ueUA, zr* GZR: (rami(zr*,ak*) -> (ram2(zr*) A ram3(ak*)) A (ram2(zr*) A ram3(ak*)) -> max fu(zr*(er),ak) • f(er|ak) der > u ^ ... ak€AK •' er er

ak* G arg max |u(zr*(er),ak) • f(er|ak) der akeAK J ?L

er

A zr* e arg max fv(er - zr(er)) • f(er|ak*) der zreZR

J

Fiir die partielle potenzielle Modellmenge Mpp(ham(i)) des Basiselements hami wiirde nach Anwendung der Ramsey-Eliminieningstechnik folgen: X ist eine partielle potenzielle Prinzipal-Agent-Beziehung bei Hidden Action zwischen einem nicht-risikofreudigen Prinzipal und einem nicht-risikofreudigen Prinzipal mit einer kontinuierlichen Aktions- und Ergebnismenge (xeMpp(hain(i))) genau dann, wenn es Mengen AK, ER, PRO, UA, UP, ZA, ZR und {wahr;falsch} sowie Funktionen f, F, u, u, V gibt, so dass gilt: (1) x=; (2) AK, ER, PRO, UA, UP und ZA sind nicht-leere Mengen; (3) ZR={zr|zr: ER -> ZA}; (4) f: ER X AK ^ PRO; (5) v: ER X ZA -> UP ist zweifach differenzierbar; (6) u: ZA X AK -> UA ist zweifach differenzierbar; (7) u: -> UA.

Durch die Anwendung der Ramsey-Eliminierungstechnik kann tatsachlich die empirische Geltung des Basiselements hami iiberpriift werden, ohne dabei der Gefahr ausgesetzt zu sein, auf unzulassige Argumentationsformen (logischer Zirkel oder infmiter Regress) zuriickzugreifen. Die Identifikation der HAM-theoretischen Konstrukte bereitet allerdings erhebliche Schwierigkeiten. Dies liegt an der universellen Komponente des strukturalistischen Theoretizitatskriteriums^^^^: Jede denkmoglichen Messvorschrift My mit: yGY={rwa,rwp,ver} fiir das HAM-

588)

204

Vgl. zu dem folgenden Nachweisdefekt Zelewski (1993), S. 262 ff.

theoretische Konstrukt ye Y lasst sich nur dann mit dem terminologischen Apparat des Basiselements hami formulieren, wenn bei der Formulierung der Messvorschriften die Erfiillung der nomischen Rationalitatshypothese und der nomischen Gleichgewichtshypothese vorausgesetzt wird. Dieser Zusammenhang erstreckt sich nicht nur auf einige Messvorschriften My fCir das HAM-theoretische Konstrukt y, sondem auf alle denkmoglichen Messvorschriften fiir dieses Konstrukt. Der Nachweis, dass alle Messvorschriften des Konstrukts y bereits die Giiltigkeit der beiden nomischen Hypothesen des Basiselements hami prasupponieren, bereitet allerdings erhebliche Schwierigkeiten. Hierzu muss gezeigt werden, dass in alien Fallen, in denen die Messvorschrift My fiir das Konstrukt y mit dem terminologischen Apparat des Basiselements hami formuliert ist, auch alle nomischen Hypothesen des Basiselements hami erfiillt sind. Der Verfasser sieht keine Moglichkeit, stringent den Nachweis zu erbringen, dass es sich bei den Konstrukten ye Y um HAM-theoretische Konstrukte handelt (Nachweisdefekt). Dieser Nachweisdefekt trifft nicht nur auf die exemplarisch als HAM-theoretisch angenommenen Konstrukte zu. Vielmehr betrifft er auch z.B. die Konstrukte u und v. Fiir alle denkmoglichen aus dem terminologischen Apparat des Basiselements formulierbaren Messvorschriften muss formalsprachlich nachgewiesen werden, dass die Messung der Praferenzurteile von Prinzipal und Agent nur bei Giiltigkeit der nomischen Rationalitats- und Gleichgewichtshypothese moglich ist. Stattdessen spricht sogar einiges dagegen. Denn die Annahme, dass Praferenzurteile von okonomischen Akteuren nur dann gemessen werden konnen, wenn die Akteure sich (Erwartungs-) nutzenmaximierend verhalten, lasst sich nicht aufrechthalten. Denn durch die direkte Befragung von Prinzipal und Agent konnten ihre Praferenzurteile ermittelt und durch eine Nutzenfunktion abgebildet werden, ohne dabei die Maximierung ihrer Nutzenfunktionen oder Erfullung der Gleichgewichtshypothese vorauszusetzen^^^^'^^^\ Allerdings fallt es ebenso schwer, die damit nahe gelegte nicht-HAM-Theoretizitat streng nachzuweisen. Denn hierzu musste die oben skizzierte Messvorschrift zunachst formalisiert und untersucht werden, ob sie zum einen mit dem terminologischen Apparat des Basiselements hami formuliert ist und zum anderen die Erfiillung der nomischen Hypothesen nicht prasupponiert. Die voranstehende Argumentation kann auf die anderen Konstrukte des Basiselements hami iibertragen werden. Da der grundsatzliche Nachweisdefekt bei alien Konstrukten vorliegt, wird darauf verzichtet, ihre HAM-Theoretizitat ausfiihrlich zu besprechen. Bei alien Kon589)

590)

In diesem Zusammenhang sei auf Arbeiten zur eingeschrankten Rationalitat verwiesen. Dort wird gezeigt, dass Praferenzurteile durchaus beobachtet werden konnen, ohne die Maximierung des (Erwartungs-) Nutzens vorauszusetzen. Vgl. beispielsweise Klein (2004), S. 95 ff.; statt der Maximierung der Nutzenfunktion wird dort die Satisfiziening oder approximative Annaherung eines bestimmten (Mindest-) Anspruchsniveaus angestrebt. Diese Auffassung ist nicht unumstritten. Denn das Verhalten der Satisfiziening kann auch als Maximierung unter Beriicksichtigung von Informationsverarbeitungskosten aufgefasst werden. Wenn diese Altemativauffassung geteilt wird, dann handelt es bei der „Satisfizierungsannahme" ebenfalls um eine Maximierungsannahme. Vgl. in diesem Zusammenhang den Nachweisdefekt beziiglich der T-Theoretizitat der Nutzenfunktion in okonomischen Theorien: Zwar wird in Balzer (1982a), S. 32 ff.; Balzer (1999), S. 621 f.; Handler (1982b), S. 51 u. 53; Hamminga (1986), S. 35, die Nutzenfunktion eines okonomischen Akteurs als eine T-theoretische GroBe ausgewiesen. Diese Auffassung wird in Alisch (1987), S. 273; Hands (1985b), S. 306 f.; Hands (2001), S. 340 f.; Haslinger (1983), S. 121 f.; Stegmiiller (1986), S. 391 f.; Zelewski (1993), S. 284, jedoch bestritten.

205

strukten folgt die gleiche Feststellung, dass sich ihre HAM-Theoretizitat nicht stringent nachweisen lasst. Dieser Nachweisdefekt wird in zahlreichen strukturalistischen Reformulierungen allerdings nicht beriicksichtigt. Dort werden bestimmte Konstrukte eindeutig als theoretisch beziiglich der betroffenen Theorien ausgewiesen. Sie markieren den Ubergang von der potenziellen zur partiellen potenziellen Modellmenge. Aber die T-Theoretizitat der betroffenen Konstrukte wird nicht stringent nachgewiesen. Stattdessen handelt es sich ausschliefilich um MutmaBungen der jeweiligen Theorie-Rekonstrukteure^^^^. Solche Vermutungen haben allerdings nicht den gleichen Stellenwert wie ein expliziter Nachweis. Aufgrund des Nachweisdefekts^^^^ wurde in dieser Untersuchung von der Hypothese ausgegangen, dass die Konstrukte des Basiselements und der mit ihm mittelbar oder unmittelbar verbundenen Theorieelemente nichtHAM-theoretisch sind. An dieser Arbeitshypothese ist festzuhalten, bis ein strenger Nachweis fiir die HAM-Theoretizitat mindestens eines Konstrukts aus dem terminologischen Apparat des Basiselements (oder anderer Theorieelemente) des Theorienetzes TNHAM gelingt.

5.2.3

Erweiterung des Basiselements hamj um Restriktionen

Bisher wurden die Hidden-Action-Modelle der Prinzipal-Agent-Theorie so rekonstruiert, dass auf die Spezifikation von (strukturalistischen) Restriktionen verzichtet werden konnte. Die Restriktionen diirfen allerdings nur dann vemachlassigt werden, wenn ausschlieBlich einzelne

591)

592)

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Dass es sich hierbei um MutmaBungen handelt, wird auch von Protagonisten des Strukturalismus mitunter hervorgehoben; vgl. beispielsweise Balzer (1982b), S. 32 („[...] this, of course, cannot be logically proved [...]"; Sneed (1979), S. 33 („status of substantive claims [... ]"). Das Problem der Theoretizitatsdefmition wurde seitens der Strukturalisten mittlerweile erkannt. Daher wurden alternative Definitionen fiir die Theoretizitat eines Konstrukts entwickelt. Hierzu gehort beispielsweise das modifizierte Kriterium von Balzer (Balzer (1986), S. 35; Erganzungen durch den Verfasser): Ein Konstrukt ist „|T-] theoretisch, wenn es [mindestens] ein Messmodell fiir ihn gibt, welches zu einer MeBmethode gehort, die beziiglich des [Konstrukts] die gleiche Invarianz wie die Theorie hat." In dieser Definition wird nicht mehr vorausgesetzt, dass fiir alle Messvorschriften die nomischen Hypothesen einer Theorie erfiillt sind. Stattdessen wird nur noch gefordert, dass es mindestens eine Messvorschrift gibt, welche die Erfiillung aller nomischen Hypothesen einer Theorie voraussetzt. Allerdings ist mit der neuen Theoretizitatsdefinition auch der fundamentale Uberpriifungseinwand nichtig. Denn durch die Abschwachung der urspriinglichen Allquantifizierung „fiir alle denkmoglichen Messvorschriften ... nur dann, wenn ..." zu einer Existenzquantifizerung: „... dann, wenn es [mindestens] ein Messmodell gibt ..." endet die empirische Uberpriifung einer Theorie nicht zwangslaufig in einem logischen Zirkel Oder einem infiniten Regress. Durch die abgeschwachte Theoretizitatsdefinition wird die Existenz eines Messmodells, das mit dem terminologischen Apparat der betroffenen Theorie T formuliert ist und gleichzeitig nicht alle nomischen Hypothesen dieser Theorie erfuUt, nicht ausgeschlossen. Insofem kann die empirische Geltung einer Theorie iiberpriift werden, ohne in einen logischen Zirkel oder einen infiniten Regress zu geraten. Vgl. fur weitere T-Theoretizitatsdefinitionen Balzer (1996), S. 144 ff.; Gahde (1983), S. 76 ff.; Gahde (1990), S. 219 ff.; Stegmiiller (1986), S. 164 ff., und zur Kritik an dieser (formalen) T-Theoretizitatsdefinition Schurz (1990), S. 163 ff.; Zelewski (1993), S. 262 ff.; Zoglauer (1993), S. 41 ff.

intendierte Anwendungen einer Theorie T oder eines Theorieelements tCq^^"^^ betrachtet werden. Weiin hingegen die Zusammenhange zwischen mehreren Theorieanwendungen in den Blick riicken, dann kann die Spezifikation von Restriktionen erforderlich werden. Innerhalb einer strukturalistisch reformulierten Theorie kommt den Restriktionen eine zweifache RoUe zu. Zum einen stellen Restriktionen zwischen den Anwendungen einer Theorie, die zuvor isoHert nebeneinander standen, einen wohldefinierten Zusammenhang her. Der Zusammenhang erstreckt sich dabei nicht direkt auf die Klasse Dj der denkmoglichen Anwendungen einer Theorie T. Sie wurde als Teilmenge der nicht-leeren Potenzklasse pot+(Mpp(T)) der partiellen potenziellen Modellmenge definiert: Dj c pot+(Mpp(T)). Vielmehr beziehen sich die Restriktionen immer auf eine Teilmenge der nicht-leeren Potenzklasse pot+(Mp(T)) der potenziellen Modellmenge und somit auf diejenigen denkmoglichen Anwendungen einer Theorie, die durch die gedankliche Umkehrung der Ramsey-Eliminierungstechnik zu potenziellen Modellen erweitert wurden. Aufgrund dieser Beziehung zwischen der potenziellen Modellmenge Mp(T) und der partiellen potenziellen Modellmenge Mpp(T) wird durch die Restriktionen zunachst nur ein indirekter Zusammenhang zwischen den denkmoglichen Anwendungen einer Theorie hergestellt. Zum anderen wirken Restriktionen ausgrenzend. Durch sie werden (denkmogliche) Anwendungen einer Theorie T ausgeschlossen. Denn als zulassige Anwendungen kommen nur Entitaten x in Betracht, die potenzielle Modelle der Theorie darstellen und simultan sowohl die nomischen Hypothesen als auch die Restriktionen dieser Theorie erfullen: DT = r^(pot+(Ms(T)) n CS(T)).

Wenn Restriktionen beriicksichtigt werden, dann werden denkmogliche Anwendungen erst dann zu zulassigen Anwendungen, wenn sie alle nomischen Hypothesen der Theorie T erfullen und gleichzeitig alien Restriktionen der Theorie T gerecht werden. Durch die Restriktionen werden somit alle Entitaten aus der Klasse der zulassigen Anwendungen ausgeschlossen, die zwar Modelle der Theorie T sind und daher alle nomischen Hypothesen der Theorie erfullen, jedoch nicht mit den Restriktionen vereinbart werden konnen. Dieser Ausschluss von Anwendungen trotz Erfiillung aller nomischen Hypothesen aus dem Bereich zulassiger Theorieanwendungen ist in der konventionellen Theorienauffassung vollkommen unbekannt. Sie stellt ein Spezifikum des Strukturalismus dar. Im Folgenden wird die Bedeutung von Restriktionen fiir strukturalistisch rekonstruierte Theorien anhand des Theorienetzes TNHAM fur die Hidden-Action-Modelle illustriert. Daher wird von einzelnen Theorien T auf die Theorieelemente hamq aus dem Theorienetz TNHAM iibergegangen. Dariiber hinaus erfolgt eine Fokussierung auf das Basiselement hami dieses Theorienetzes, weil es ausreicht, um die Rolle von (strukturalistischen) Restriktionen fur den intra-

593)

Restriktionen werden im Folgenden zunachst in Bezug auf eine Theorie T eingefiihrt, um die unmittelbare Anschlussfihigkeit an die theoriebezogenen Ausfiihrungen des Kapitels 4.2,1.1.4 zu wahren. Spater werden Restriktionen jedoch auf den Anwendungskontext von Theorienetzen iibertragen, weil hier die Rekonstruktion der Hidden-Action-Modelle (als Ausschnitt der umfessenden Prinzipal-Agent-Theorie) in der Gestalt eines Theorienetzes erfolgt.

207

theoretischen Zusammenhang zwischen zulassigen Anwendungen desselben Theorieelements exemplarisch zu verdeutlichen. Um intra-theoretische Zusammenhange zwischen denkmoglichen Anwendungen des Basiselements hami herzustellen, kommen unterschiedliche Restriktionen in Betracht. In der vorliegenden Untersuchung wird nicht angestrebt, die Fiille der Restriktionen zu spezifizieren Oder zu systematisieren, die sich fur das Basiselement hami vorstelien lassen. Stattdessen werden als „partes pro toto" nur zwei Restriktionen beriicksichtigt, denen im Kontext der Erklarung von Vertragsbeziehungen eine zentrale Stellung zukommt. Es handelt sich dabei um die akteursspezifische Auspragung einer fiir okonomische Erklarungen typischen Invarianzhypothese^^^^: Die Praferenzen der Akteure sind konstant und verandem sich nicht, wenn von einer Anwendung in eine andere Anwendung des Basiselements hami gewechseh wird. Um die akteursspezifische Auspragung der Invarianzhypothese formulieren zu konnen, muss zunachst der terminologische Apparat des Basiselements hami um zwei Konstrukte erweitert werden. Hierbei handelt es sich um die Menge AG der Agenten und um die Menge PR der Prinzipale. Wenn auf eine bestimmte Vertragsbeziehung zwischen einem Prinzipal pr°ePR und einem Agenten ag°GAG fokussiert wird, darm sind drei Falle denkbar, in denen es zu einer Uberlappung von denkmoglichen Anwendungen des Basiselements hami kommen kann: • eine weitere Vertragsbeziehung zwischen Prinzipal pr° und Agent ag°, • eine andere Vertragsbeziehung zwischen dem Prinzipal pr° und einem anderen Agenten ag"*"eAG mit ag"^ ^ ag° sowie • eine andere Vertragsbeziehung zwischen einem anderen Prinzipal pr^ePR mit pr"^ ^ pr° und dem Agenten ag°. Diese drei Falle konnen weiter ausdifferenziert werden: Beispielsweise lieBe sich unterscheiden, ob eine synchrone oder asynchrone Uberlappung der Anwendungen vorliegt. Eine synchrone Uberlappung liegt darm vor, wenn z.B. ein Prinzipal pr° zeitgleich zwei voneinander unabhangige Vertragsbeziehungen mit zwei Agenten ag° und ag"^ eingeht. Hingegen ist eine asynchrone Uberlappung dann gegeben, wenn z.B. der Prinzipal pr° zeitversetzt mit dem Agenten ag° erst eine und danach eine zweite Vertragsbeziehung schlieBt. Ebenso ist eine Unterscheidung nach dem Ort der Vertragsbeziehung denkbar. Um die Fiille der moglichen Uberlappungen zu beriicksichtigen, sind insgesamt zwei Restriktionen erforderlich. Sie beziehen sich auf die anwendungsiibergreifende, zeit- und ortsunabhangige Invarianz der Nutzenfunktionen von Prinzipal und Agent. Die Praferenzen des Prinzipals pr werden als invariant bezeichnet, wenn sie nicht von der denkmoglichen Anwendung des Basiselements hami abhangen. Eine Invarianzhypothese fiir das Basiselement hami besagt, dass der Prinzipal pr in alien denkmoglichen Anwendungen des Basiselements die Kombinationen aus Ergebnis und Zahlung an den Agenten auf die gleiche Weise bewertet. Die Praferenzen des Prinzipals pr beziiglich der Ergebnisse und der Zahlungen werden durch seine Nutzenfunktion v^^ abgebildet. Mit Hilfe seiner Nutzenfunktion lasst sich nun ausdriicken, dass sich sein Nutzen nicht verandert („indifferent" bleibt), weim

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208

Vgl. zu dieser Invarianzhypothese Balzer (1982a), S. 38 f.; Stegmiiller (1986), S. 392; Zelewski (1993), S. 320 ff.

von einer denkmoglichen Anwendung des Basiselements zu einer seiner anderen denkmoglichen Anwendungen ubergegangen wird, d.h., wenn die Nutzenfunktion des Prinzipals stabil ist. Um diese Restriktion formulieren zu konnen, sind einige notationelle Vereinbarungen erforderlich^^^^: Die Klasse Cy der Ramsey-erweiterten^^^^ denkmoglichen Anwendungen des Basiselements hami, die eine Restriktion Ry erfiillen^^^, ist eine Klasse aus nicht-leeren Mengen potenzieller Modeller 0 ^^ Cy c pot+(Mp(ham(i))). Sie wird als Restriktionsklasse Cy (fiir die Restriktion Ry) bezeichnet. Die potenziellen Modelle x und y sind Elemente der Klasse Cy. Mit PR"" und PR^ werden in den beiden potenziellen Modellen die Mengen der Prinzipale notiert. Der Prinzipal pr ist in beiden potenziellen Modellen x und y an jeweils (mindestens) einer Vertragsbeziehung beteiligt, d.h., er ist sowohl Element der Menge PR"" als auch der Menge PR^: pr€(PR'' n PR^). Die Funktionen v^^*^ und v^"^'^ sind die Nutzenfunktionen des Prinzipals pr in den beiden potenziellen Modellen x und y. Aufgrund dieser Vereinbarungen lasst sich als erste Restriktion Ci die Stabilitat der Nutzenfunktion des Prinzipals formulieren^^^^:

Ri ist eine Restriktion fur die Stabilitat der Nutzenfunktion des Prinzipals mit der zugehorigen Restriktionsklasse Ci(S(hain(i))) (ci(s(ham(i))) Q Cs(ham(i))) genau dann, wenn gilt: (1)

0 9^ Ci e pOt+(Mp(ham(l)));

(2)

VereER, x, yeci, zreZR: pr€(PR^ n PRy) ^ vP'^-^(er,zr(er)) = yP^ y(er,zr(er)).

Die Restriktionsklasse - oder kurz: Restriktion - Ci(S(ham(i))) sorgt dafiir, dass die denkmoglichen Anwendungen des Basiselements hami nur dann zur Klasse seiner zulassigen Anwendungen gehoren, wenn die Nutzenfunktion v^' desselben Prinzipals pr in verschiedenen Theorieanwendungen x und y identisch ist^^\ Das bedeutet, dass sich die Praferenzen desselben 595) 596)

597)

598)

599)

Vgl. fur eine ahnliche Notation Stegmiiller (1986), S. 392. Denkmogliche Anwendungen dhani(i) des Basiselements hami sind auf der „empirischen" Ebene als nichtleere Mengen partieller potenzieller Modelle definiert (dham(i)epot+(Mpp(ham(i))))- Restriktionen sind dagegen ebenso wie nomische Hypothesen auf der „theoretischen" Ebene der potenziellen Modelle (Mp(ham(i))) definiert. Daher miissen denkmogliche Anwendungen zunachst durch Umkehrung der Ramsey-Eliminierungstechnik um hami-theoretische Konstrukte erweitert werden, bevor Restriktionen auf die derart erweiterten denkmoglichen Anwendungen bezogen werden konnen. Oftmals wird nicht explizit zwischen einer Restriktion Ry und der Klasse Cy aller (Ramsey-erweiterten) denkmoglichen Anwendungen, welche die Restriktion Ry erfiillen, unterschieden. Dann wird vereinfacht die Klasse Cy als „Restriktionsklasse" oder kurz als „Restriktion" angesprochen. Von dieser vereinfachten Diktion wurde auch im Kapitel 4.2.1.1.4 anlasslich der Einfiihrung in das strukturalistische Restriktionskonzept Gebrauch gemacht. Vgl. fiir eine ahnliche Spezifikation der Stabilitat der Nutzenfunktion eines okonomischen Akteurs in der strukturalistischen Rekonstruktion der neoklassischen Theorie der Tauschwirtschaft Balzer (1982a), S. 38 f.; Stegmiiller (1986), S. 392. In Bedingung (2) zur Definition der Stabilitatsrestriktion Ri werden prima facie fur zwei Nutzenfunktionen v'*''' und v''^^ fiir denselben Prinzipal pr verwendet. Aber in der Bedingung (2) wird gefordert, dass sich diese beiden Nutzenfunktionen fiir alle zulassigen Ergebnisse aus der Auftragsdurchfiihrung (VereER), fiir alle zulassigen Zahlungsregeln (VzreZR) und fiir alle gemaB Ri zulassigen Theorieanwendungen (Vx,yECi) in nichts unterscheiden diirfen. Dann sind die beiden Nutzenfunktionen gemaU dem Prinzip „identitas indiscemibilium" von Leibnitz identisch; vgl. zu diesem Identitatsprinzip z.B. Hermes (1991), S. 141.

209

Prinzipals in zwei unterschiedlichen zulassigen Anwendungen des Basiselements nicht voneinander unterscheiden durfen. Auf ahnliche Weise wird die Invarianzhypothese bezuglich der Praferenzen des Agenten ag spezifiziert. Da die Praferenzen des Agenten auf analoge Weise durch seine Nutzenfunktion u^^ ausgedriickt werden, bezieht sich die restriktionsspezifische Anforderung auf seine Nutzenfunktion: R2 ist eine Restriktion fiir die Stabilitat der Nutzenfunktion des Agenten mit der zugehorigen Restriktionsklasse C2(S(hatn(i))) (c2(S(ham(i))) ^ Cs(ham(i))) genau dann, wenn gilt: (1)

0 ^ C2 C pOt+(Mp(ham(l)));

(2)

VakeAK, x, yec2, zreZR: ageAG' n AG^ -» u'^"(zr(er),ak) = u"gy(zr(er),ak).

Hierbei sind x und y weiterhin zwei potenzielle Modelle des Basiselements hami. AG^ und AG^ bezeichnen die Mengen der Agenten. u^^^ und u^^^ notieren die Nutzenfunktionen des Agenten ag in den beiden potenziellen Modellen x und y. Entsprechend der Restriktion C2(S(ham(i))) gehoFcn die denkmoglichen Anwendungen des Basiselements hami nur dann zur Klasse seiner zulassigen Anwendungen, wenn derselbe Agent ag in verschiedenen Theorieanwendungen eine identische Nutzenfunktion besitzt^^^. In der Reformulierung des Basiselements wurden noch keine Restriktionen beriicksichtigt. Daher gait fur seine Restriktionsklasse: Cs(ham(i))=pot+(Mp(ham(i)))- Die Restriktionsklasse des Basiselements hami wird nun so modifiziert, dass sie die beiden Restriktionen Ci und C2 fiir die anwendungsubergreifende Stabilitat (Invarianz) der Praferenzen von Prinzipal bzw. Agent einschliefit. Dabei wird der Einfachheit halber davon ausgegangen, dass diese beiden Restriktionen die einzigen Restriktionen des entsprechend verfeinerten Basiselements hami^^^ sind und daruber hinaus keine weiteren Restriktionen formuliert werden brauchen. Dann fallt die Restriktionsklasse Cs(ham(i)) niit der Schnittmenge der beiden Restriktionsklassen ci und C2 zusammen: ^S(ham(l)) ~ ' ' ( y ~ ^' ^) ' ^y(S(ham(l))) '

Durch die Restriktionsklasse Cs(hain(i)) wird in der strukturalistischen Reformulierung der Hidden-Action-Modelle die Invarianzhypothese bezuglich der Stabilitat der Praferenzen der Ak-

600) 601)

210

Analog zur Argumentation in der voranstehenden FuBnote sind die beiden Nutzenfunktionen u''^" und u*^^ in der Bedingung (2) identisch. Streng genommen bedeutet die Spezifizierung der beiden Restriktionen Ri und R2 mit der zugehorigen Restriktionsklasse Ci bzw. Cj, dass vom Basiselement hami mittels einer Kombination aus Terminologieenveiterung (aufgrund der expliziten Beriicksichtigung der Menge AG und der Menge PR) und Restriktionsspezialisierung zu einem neuen Theorieelement hamn iibergegangen wird. Es wird an dieser Stelle jedoch darauf verzichtet, dem Theorienetz TNHAM ein neues Theorieelement hinzuzufiigen, weil nur das prinzipielle Vorgehen bei der Spezifizierung von Restriktionen verdeutlicht werden sollte, Daher wird das verfeinerte (terminologieerweiterte und restriktionsspezialisierte) Theorieelement im Folgenden - vereinfacht - weiterhin als Basiselement hami angesprochen.

teure beriicksichtigt. In der konventionellen Formulierung von Hidden-Action-Modellen wird diese Hypothese hingegen nicht expliziert. Nach der Spezifizierung der Restriktionsklasse Cs(ham(i)) wird auch die empirische Gesamthypothese des Basiselements hami modifiziert: Iham(l) Q Zham(l) Iham(l) Q (pOt+(Ms(ham(l)))