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Zitiervorschau

Die 50 wichtigsten Fälle

I 3. Auflage

URBAN & FISCHER

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Torben Pottgießer Stefanie Ophoven Die 50 wichtigsten Fälle Innere Medizin

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Torben Pottgießer Stefanie Ophoven

Die 50 wichtigsten Fälle Innere Medizin 3. Auflage

ELSEVIER URßAN& FISCHER

URBAN & FISCHER München Copyrighted material

Zuschriften an: Elsevier GmbH, Urban & Hscher Verlag, Hackerbrücke 6, 80335 München E-Mail: [email protected] Wichtiger Hinwei s flirden Uenu.tzer

Die Erkenntnisse in der Mcdi7.in un terliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfah rungen. Herausgeber und Autoren dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung und unerwünschter Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nut7.er dieses Werkes aber nicht \'On der Verpflichtung, anhand weiterer schri ftlicher Informationsquellen w überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Werk abweichenund seine Verordnung in eigener Vera ntwortung 7.u treften. Fiir die VoUständigkeit und Auswahl der anfgefiibrten Medikamente übernimmt der Verlag keine GewäJu. Geschüt'tte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besonders kenntlich gemacht (1'). Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass es $ich um ei.nen freien \"/arennamcn handelt. Bibliografist;he Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaiUierte bibliografische Datensind im Internet über hllp:!fwww.d -nb.de/ abrufbar. Alle Rechte vorbehalten 3. Autlage 2015 © Elsevier GmbH, München Der Urban & foischer Verlag ist ein Imprint der Elsevier GmbH. 15 16 17 18 19

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Fiir Copyright in Bezug auf das verwendete Bildmaterial siehe Abbildungsnachweis. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung auHcrhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielniltigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Um den Textfluss nicht zu stürcn, wurde bei Paticnlen und ßcruf~bezcichnungcn die grammatikalisch maskuline f-orm gewählt. Selbstverständ lich sind in diesen f-ällen immer foraucnu nd (l.•llinner gemeint. Pl~nung: lnga Schickerling Lektorat und Projcktmanagcmcnt: Sabine I Iennhöfcr Redaktion: Dr. Sibylle Tönjes, Kiel Sat7-: abavo GmbH. Buchloe/Deutschland; TnQ, ChennaiJindien Druck und Bindung: Printer Trcnto, Trento/ltalicn Umschlaggcstahung: SpicszDcsign, Neu· Ul m Titclfotografie: © Bi lau 3D - Fotolia.com

ISBN Print 978-3-437-42653-7 ISBN e-Book 978-3-437-18792-6 Aktuelle [nformationen finden Sie im Internet unter www.elsevier.de und www.elsevicr.com Copyrighted material

Vorwort Liebe Leserinnen und Leser! Wir freuen uns, Ihnen eine aktualisierte drille Auflage zu präsentieren. Für die Überarbeitung der Fälle haben wir die aktuellsten Leitlinien der jeweiligen FachgeseUschafien sowie neu in die Praxis eingeführte diagnostische J\•1ethoden oder neue therapeutische .Möglichkeiten beriicksichtigt. Dabei bestand jedoch das Ziel, die wesentlichen Informationen und deren präzise Darstellung nicht aus den Augen zu verlieren, um Ihnen eine Hilfestellung bei der Vorbereitung auf mündliche Prüfungen zu geben sowie die Möglichkeit zu einem Selbsttest und zur kurzweiligen Repetition von bereits Gelerntem einzuräumen. Aufgrund der Nähe zum konkreten Patienten und der originalgetreuen Befunde soll mit diesem Buch vor allem die selbständige Evaluation einer klinischen Situation erfolgen, und zwar in der Reihenfolge des praktischen Vorgehens. Es kann nicht jeder Aspekt einer Krankheit abgehandelt werden, jedod1 wird ein Fall immer vollständig, das heißt von der Anamnese bis zur 1l1erapie, systematisch aufgelöst. Häufig weist eine der I:ragcn einen eher höheren Schwierigkeitsgrad auf, so wie es beispielsweise auch in einer Prüfung auftreten könnte. Dabei sollte von Ihnen auch versucht werden, den Inhalt der Antworten auf die Fragen mit eigenen Worten wiederzugeben und laut zu formulieren, so wie es derzeit im universitären Alltag häufig verlangt wird. Auch in Lerngruppen kann das Buch im Sinne einer "quizartigen"

Fnsgemnde Anwendung finden. Die ausgewählten t~älle können dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, ein klassisches Lehrbuch der Inneren Medizin kann folglich nicht ersetzt werden. Wir bedanken um für Ihre konstruktiven Kommentare und das Lob. die uns nach der Veröflentlichung der ersten beiden Auflagen erreicht haben. Durch die Möglichkeit, Abbildungen vergrößert darzustellen, konnten wir neben weiteren Modifikationen einen wesentlichen Kritikpunkt positiv verbessern. Erfreulicherweise hat das Kon zept des Buches großen Anklang gefunden, so dass der Grundstil beibehalten wurde. Stilistisch werden weiterhin eine Farbcodierung der Fragen und Antworten den Inhalt übersichtlich und didaktisch sinnvoll gestalten. Die wichtigsten Fakten sollen zudem durch "Merkekästen", Hervorhebungen und eine kurze Zusammenfassung schnell auflindbar sein. Bedanken möchten wir uns bei all denen, die mit Kritik und Kommentaren zur Verwirklichung des Buches beigetragen haben. Wir hoffen, dass diese Fälle eine kurzweilige Lektüre bieten und Ihnen bei der Vorbereitung auf eine Prüfung und im klinischen Alltag eine Hilfe sind. Viel SpaH!

Freiburg, im Juni 2015 Torben Pottgießer Stefanic Ophoven

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Abbildungsnachweis Der Verweis auf die jeweilig~· Abbildungsquelle befmdet sich bei allen Abbildungen im Werkarn Ende des Legcndcnt Bild) und ein Schwirren der Schilddrüse als typische klinische Zeichen einer BascdowKrankheit vorliegen. kann am ehesten von dieser Form der Autoimmunthyreopathie ausgegangen werden. Die Basedow·Krankheit ist die häufigste Ursache der Hyperthyreose (etwa 7'l der Fälle). Pathogenetisch kommt es zu einer Autoimmunreaktion gegen den TSH-Rezeptor mit Bildung stimulierender Antikörper, sog. TRAK (= TSH-Uezeptor-Autoantikörper). Klassischerweise manifestiert sich die Erkrankung mit der Symptomkonstellation Tachykardie, Struma und Exophthalmus, die als "Merseburger Trias" bekannt ist und bei etwa 50% der Patienten vorliegt. Weitere Symptome sind: • Gewichtsilbnahme trot7. verrnd~rtem Appetit, Durch fall , vermehrtes Schwitzen und Wärmcintolcranz, Polydipsie. • Blutdrucbmplitudc > 60mmHg. • Fcinschlägiger Tremor. • Verminderte Leistungstalligkeit, Nervosität und Bewegungsunruhe. • Pr.itibiales Myxödem (nicht wegdrückbar).

Merke Das Beschwerdebild der Hyperthyreose ist stark altersabhängig. Wahrend jüngere Patiente n von Heißhunge r, Schwitzen, Tremor und Polydipsie berichten, stehen bei älteren Patienten oft Gewichtsverlust. kardiale Symptome (Vorhoffl immern, Herzinsuffizienz) und depressive Verstimmung im Vordergrund.

2. Differenzialdiagnosen Die Paticntin 7.eigt das klassische klinische Bild einer Hyperthyreose auf dem Boden einer ßasc:dow-Krankhcit. Difi'eren7.ialdiagnostisch sollten in Erwägung gcU>gcn werden: • Andere Erkrankungen mit hyperthyreoter Stoffwechsellage, wie eine diffuse oder multinoduläre Schilddrüsenautonomie, eine Hasbimoto-Tilyrcoiditis in der initialen hyperthyreoten Phase, ein hormonproduz-ierendes papilläres oder follikuläres Schilddrüsenkarzinom und eine Hyperthyrcosis factitia (=exogene Zufuhr von Schilddriisenhormonen). • Ein extrathyreoidalcs Malignom, da die Patient in über B-Symptome klagt (Gewichtsabnahme> 10% des KGs in6 Monaten, Leistungsknick und Hyperhidrosis). Aufgrund der Raucheranamnese und der Belastungsd)•spnoe (die in unserem Fall wahr· scheinlieh auf das sekundäre Vorhofllimmem zurückzuführen ist) soUte u. a. an ein Bronchialkarzinom gedacht werden. Die Symptome Tachykardie, Schwitzen, Zittrigkeil und Ge\\~chtsabnahme könnten auch auf ein Phäochromozytom hinweisen. • Durch Medikamente induzierte H)•pcrthyrcosc, z. 13. durch Am iodaron. • Funktionelle Beschwerden, 7.. B. postmenopausalcs S)•11drom mit vermehrtem Schwitzen und psychischen Symptomen oder larvicrte Ocprcssi(ln (dies sind Ausschlussdiagnoscn!).

3. Diagnostisches Vorgehen und Befunde

Zur Difl'erenzialdiagnostik sollten Sie folgende UntersudJungen in die Wege leiten: • Kleines Blutbild und Differenzialblut bild. • Schildd rüsenparameter: TSH. freies TJ, frdes T 4 • bei Verdacht aufßasedow-Krankheit zusätzlich TRAK und Anti-TPO-AK (A ntikörper gegen thyreoidale Peroxidase, häufiger positiv bei Hashimoto-Tilyreoiditis). • Schilddrüsensonografie und -szintigrafie.

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• Peinnadelpunktion w r zytologischen Diagnostik bei tumorverd;ichtigem Befund der Schilddrüse, z. ß. bei kaltem Knoten in Szintigrafie. • EKG (Rhythmus?). • Röntgen-TI10rax in 2 Ebenen (Hinweis auf Tumor oder sonstige Ursache ftir Gewichtsabnahme?), CTThorax im Falle eines weite r abklärungsbediirftigen Befunds. • Abdomensonografie (Hinweis auf Tumor oder sonstige Ursache für Gewichtsabnahme?). • Bei Verdacht aufPhäochromozytom Bestimm ung von Adrenalin und Noradrenalin bzw. deren Abbauprodukten im 24-h-SammeluriJl. Liegt, wie bei unserer Patientin, eine Basedow- Kra nkheit vor, sehen die Untersuchungsergebnisse typischerweise folgenderma ßen aus: • bbor: Blutbild und Differenzialbl utbild unauflallig; TSH .), • fre ies T3 und freies 1'1 t . TRAK positiv (> 95 % der täll c), Anti-TPO-AK positiv(> 70% der Fälle). • Schilddriisensonografie: diffuse Echoarmut des Schilddrüsenparenchyms mit oder ohne Volumenzunahme. • Schilddriisenszintigrafie: vermehrte Speichemng im Sinne einer diffusen Hyperthyreose. • EKG: Sinustachykardie oder Vorhoffiimmern. • Riintgcn-TIJ()rax: nach retrostcrnal reichende Weichteilverschaltung als Korrelat einer Stru ma colli.

-1. 1l1crapic Die Basedow-Krankheit wird initial hoch dosiert mit einem TI1yreostatikum aus der Gruppe der TI1ionamide (1l1iamazol, Carbimazol, Ptop)•hbiouracil) bclundelt. Diese Substanzen hemmen die Schilddr üsenhormonsynthese durch Blockade der thrreoidalen Peroxidase und verh indern dadurch die Iodierung von Tyrosin zu den aktiven Hounonen. Zu beachten ist ein verzögerter \ Virkungsei ntritt (La tenz c.a. I Woche), da diese Medikamente die Inkretion der berl'its iodierten Honnone nicht verhindern. Anfangs sind laborchemische Kon trollen in vierwöchigen Abstiinden (TSH. fr 3• sinnvoll. 'lherapicziel ist die Normalisicrung des

er.)

TSII-Wcrts. Da als Nebenwirkungen eine reversible Knochenmarkdepression bis hinzu Agranulozytose sowie eine Hep;ltotoxi7.ität beschrieben sind, sollten initi r all 26).

M e rke Thyreostatika konnen allergische Blutbildveränderungen bis hin zur Agranulozytose hervorrufen. Bei Fieber müssen sich die Patienten unverzüglich einer Blutbild kontrolle unterziehen.

5. Endokrine Orbitopathie Eine endokri ne Orbitopathie, die du rch immunologische J>ro1.esse im Bereich der Augenhöhle hervorgerufen wird, äußert sich u. a. durch Exophthalmus ( > Bild), Fremdkörpergefüh l. Lidretra ktion, Konjunktivitis. retrobulbäres Druckgefiihl und Doppelbilder. In ausgeprägten Fällen ist ein Visusverlust möglich. Da sich die endokrine Orbitapathie in der Regel spontan bessert, ist meist lediglich eine symptomatische Behandlung erforderli ch (künstliche Tränenfl üssigkeit, Schutz der Augen vor hellem Licht und Staub, 11

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Fall 03

Schlafen mit erhöhtem Oberkörper). Bei mehr als 80% der Patienten mit endokriner Orbitopathic besteht ein langjähriger Nikotinabusus, weswegen man den Betroffenen empfiehlt, das Rauchen zu bcendcn. Nur in schweren Fällen, in denen konservative Therapieversuche erfolglos bleiben, werden eine GlukokortikoidStoßbehandlung, eine Bestrahlung des Retrobulbärraums oder eine chirurgische Dekompression in Erwiigung gezogen.

6. Prognose bei Schwangerschaft Patientin nen mit einer unbehandelten BasedowKrankheit oder unter antithyreoidaler ·n1erapie sollte von einer Schwangerschaft abgeraten werden, da neben einer erhöhten Rate an Frühaborten auch mit einem deutlich erhöhten Risiko filr Schwangerschaftskomplikationen zu rechnen ist (u. a. Friihgeburtlichkeit, Eklampsie, Totgeburt). Kinder von Basedow-Patientinnen weisen einerseits ein höheres Risiko für eine neonatale 'lhyreotoxikose auf, da tran spla~cntar TRAK übertragen werden. Klinische Manifestationen sind ein verlögertes intrauteri nes Wachstum sowie ei-

nepersistierende fetale Tach)•kardie. Bei Einnah me von 1hion:uniden wähn:nd der Schwangerschaft besteht hingegen die Gefahr einer fetalen llypo th yreosc mit Wachstumsstiirung und Retardierung. AuHerdcm wirken Thionamidc teratogen.

Zusammenfassung Die hyperthyreote Stoffwechseltage bei der Basedow· Krankheit entsteht durch eine Autoimm unreaktion gegen den TSH-Rezeptor mit Produktion stimulierender Antikorper (TRAK). Typische Symptome sind Gewichtsabnahme. Herzrasen. NeJVositat und Hyperhidrosis. Differenzialdiagnostisch ist v. a. an eine Schilddrüsenautonomie oder eine Thyreoiditis zu denken. Laborchemisch ist die Erkrankung durch den Nachweis eines supprimierte n TSH-Spiegels bei erhöhtem freien T3 und T4 gekennzeichnet. Die Therapie besteht aus einer sechs- bis zwölfmonatigen thyreostatischen Medikation. die in 50% zur Ausheilung führt. Bei einem Rezidiv wird eine Radiojodtherapie oder eine Schilddrüsenresektion durchgeführt.

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Husten und Hämoptysen

1 Ein 54-jähriger Postbote klagt über produktiven Hus· ten mit bräunlichem Auswurf. der sich seit 2 Monaten ha1tnäckig halte, sowie über ei11e neu aufgetretene, belastungsabhängige Atemnot, v.a. beim Treppensteigen. Außerdem babe er an Gewicht verloren. Wie viel wisse er nicht, aber mehrere lkkannte hätten ihn bereits darauf angesprochen. Gestern stien ihm Blut· faden im Sputum aufgefallen, die ihn so sehr bcunru· higten, dass er umgebend einen Termin in Ihrer Pra· xis vereinbarte. Dem Patienten wurde vor R Jahren die Gallenblase entfernt. Ansonsten sei er immer kerngesund gewc· sen. Er gibt an, seit seinem 16. Lebensjahr täglich ein Päckchen Zigaretten 1.u rauchen. Alkohol trinke er selten. Bei der körperlichen Untersm·hung Iinden Sie, abge-sehen von einem leicht reduzierten EZ und AZ, keine Autfälligkei tcn. Sie nehmen dem Patienten Blut ab, schreiben ein EKG und lassen ein Röntgenbild des "Thorax anfertigen. Während die l.aborbefunde und das EKG unauffällig sind, ergibt das Röntgen des Thorax folgendes Bild ( > Bild (T54 7)).

J. Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie? Welche Differenzialdiagnosen kommen lnfrage?

2. Sie weisen den Patienten ins Krankenhaus ein. Welche weiteren Untersuchungen sollten Ihre Kollegen durchfUhren? 3. Wie wird die Erkrankung bistologisdt eingeteilt? Wie legt man das Tumorstadium fest? 4. Welche Titerapie sollte der Patient erhalten und wie sieht die Prognose aus?

5. Es fällt ein Scrunmatriumspiegel ' 'on 110 mmol/1 bei byperosmolarem Urin (350 mosm/kg) auf. Was könnte die Ursache sein?

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Fall 04

I. Verdachts- und Dilferen~ialdiagnose Die Symptome Hush:n, BclastungsJyspnoc, llämopty· sen (blutig ti ngierter Auswurf) und Gewichtsabnahme in Kombination mit der Raucheranamnese sprechen Hir ein ßronchialkarLinom. Das Rüntgenbild ( > Abb. 4. I) untermauert die Verdachtsdiagnose. Diß'ercnzialdiagnoscn bei Husten mit blutigem Aus· wurfsind eine Lungentuberkulose, Pneumonie, Bronchitis, Bronchiektasen, benigne Raumforderungen der Lunge (z. B. Chondrom, Neurinom, Fibrom), Lungen· metastasen eines extrapulmonalen Malignoms sowie ein pulmorenales Syndrom (z. B. Goodpasturc-Syn· drom).

Merke Das Bronchialkarzinom ist die häufigste Krebstodesursa· ehe bei Männern und die dritthäufigste bei Frauen (nach Brust- und Darmkrebs). Es wird meist in fortgeschritte· nen Stadien diagnostiziert, da es keine Frühsymptome verursacht. Je I 10 mmHg, um Hypotension zu vermeiden). • Schnell wirksames Schleifendiuretikum i. v. (z. ß. Furoscmid) zur Vorlastsenkung. • Morphin i. v. zur subjektiven Linderung der Atem· not, Abschirmung und Minderung der Sympath ikusaktivität (Gabe in der Regel in Kombinat ion mit Antiemetikltm). • Bei Hypotonie/kardiogenem Schock positiv inotrop wirkende Substanzen i. v. (z. B. Dobutamin). • Bei respiratorischer Insuffizienz NIV-Be:~tmung; falls ineffektiv oder nicht toleriert Intubation. Unser Patient sollte nach der Durchftihrung der Erstmaßnahmen in eine nahe gelegene Klinik transportiet1 wer· den. Dort soll te eine Rekompensation unter engmaschiger Kontrolle von Ein· m1d Ausfuhr SOIVie der Scmmelekt ro· lytc erfolgen und ein Pleuraer Abb. 6. I und > Tab. 6.2). Zu den wichtigsten Substanzklassen gehören ACE-Hemmer (bei UnverträgLichkeit AT 1-Rezeptorantagonisten), Betablocker (bei UnvertrligLichkcit oder HF > 70/min ggf. lvabradin) und Aldosteronantagonisten (Prognoseverbesscrung). Im Gcgensal1. dazu sind Diuretika und Digitalisglykosidt: symptomatische Thcrapican~ätze ohne Einfluss auf die Prognose. • Im plantierbarer Katdioverter-Delibrillator (I CO): Ziel ist die l{cduktion des plötzlichen Herztodes durch Kammerflimmern, primär-prophylaktisch (z. B. anhaltende EF < 35% trotzoptimaler medikamentöser 1l1erapie) oder sekundär-prophylaktisch (z. B. nach überlebtem Kammerflimmern). • Kardiale Rcsynchronisation (CRT): Durch einen 3-Kammcrschrittmachcr (eine Vorhof- und 2 Ven· trikelsonden) kann eine vorhofgetriggerte, koordinierte Stimulation beider Kammern erfolgen, bei Patienten mit einer EF < 35% trotzoptimaler medikamentöser ·nlerapie, erhaltenem Sinusrhythmus und Linksschenkelhlock. • Mechanische Untcrstütwngssystemc (kardiochirurgisch ). • Herztransplantation: Ultima Ratio. 23

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Fall 06

Abb. 6.1 Pathogenl'le der Hen"suffiziel\1 und methkamentOse Ans.;ttpunkte. (M635I

6. Prognose Die l.cbcn~crwartung von Patienten mit chronischer Her1insuflizienz im fortgeschrittenen Stadium ist sehr schlecht. Unser Patient (NYHA IV) muss mit einer Le· talität von 20-30 % pro Jahr rechnen, die vergleichbar mit derjenigen bei hochmalignen Erkrankungen (z. B. Bronchialkart.inom) ist.

Zusammenfassung Die häufigsten Ursachen für eine Hemnsuf~i7ien7 sind koronare Herzkrankheit. arterielle Hypertonie und dilatative Kardiomyopathie. Das Kardinalsymptom der Linksherzinsuffizienz ist Dyspnoe, bei der Rechtsherzinsuffizienz sind es Ödeme. Zur Basisdiagnostik gehören EKG, Röntgen-Thorax, Echokardiografie und Laboruntersuchungen (einschl. BNPJI.JT-proBNP). Die Therapie besteht aus e,ner medikamentosen (ACE-HeMmer, Betablocker und Aldosteronantagoristen sow'e symptomat sch Diuretika) und einer nichtmEdikamentosen Komponente (u. a. Beseitigung von Ursachen, Allgemeinmaßnahmen. ICD· Implantation, kardiale Fesynchronisationstherap e).

Tab. 6.2 Medikamentase Stufentherapie der Heuinsuffizienz.

ACE-Hemmer AT 1-RezeptorAntagonisten Betablocker

+

+

Bei ACE Hemmer-Unverträglichkeit Nach Myo-

..

~ard infarkt.

bei arterieller Hypertonie Aldosteronrezeptoranlagenisten Diure· Thiazid tikum Schleifen· diureti kum Digitalis· glykoside

Bei arterieller Hypertonie

+

+

+

T

+

+

Bei Flüssigkensreten· tion

Nur bei tachyarrhyth· + mischem Vorhofflim· mern

+

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Abgeschlagenheit und Leistungsminderung , l

r:.1

Eine -16-jährige Psychologin stellt sich bei Ihnen mit seit einigen Monaten bestehender Abgeschlagenheil und Müdigkeit vor. Sie habe nur noch selten Lust auf Unternehmungen, was immer wieder zu Streitigkeiten mit dem Ehemann flihre. Im Fitness-Studio habe sie kürzlich wegen Dyspnoe, Herzklopfen und Schwindel eine Übung abbrechen müssen. Vorerkrankungen seien nicht bekannt, eine Dauermedikation bestehe nicht. Bei zuletzt häufiger auftretenden Kopfschmerzen nehme sie bedarfsweise Paracetamol ein. Sie lebe gesund, rauche und trinke nicht und achte auf eine ausgewogene, fleischarme Ernährung. Seit einigen Jahren spende sie regelmäßig Blut. Die .Menstruation und der Stuhlgang seien unauffällig und das Gewicht konstant. I

I

ll..J

46-jährige Frau in gutemAZ und schlankem EZ ( 166 cm, 52 kg). HF 96/min, BD 110/70 mmHg. Kardiopulmonaler und abdominaler Untersuchungsbefund unauffallig. Keine Odeme. Orientierend neurologische Untersuchung ohne pathologischen Befund. Blasses Hautkolorit. Kein Ikterus. Mundwinkelrhagaden bds. Lymphknoten unauftallig.

Leukozyten 6,2 Tsd(fll; Erythrozyten 4,1 Mio/fll; Hb 9,7 g!dl; Hkt 29 %; MCV 71 fl; MCH 24pg; MCHC 33g/dl; 'lhrombozyten 199 Tsd/fll; Natrium 143 mmolfl; Kalium 3,9 mmol/1; Seru mkreatinin 0,7 mg/dl; Harnstoff 36mgldi,GOT 19U/I;GPT21 U/1.

l. Wie lautetihre Verdachbdiagnosd Welchen taborwert fotdem Sie nach, um die Diagnose zu erhärten?

2.

Was wissen Sie: über die: J>athogenesc und die: Ursachen der Erkrankung?

3. f.rläutern Sie die 1l1erapie!

4. Wie und wann ftil1ren Sie llu:tapiekonttollen durch? 5. Welche Formen der mikrozytären, hypochromen Anämie kennen Sie? Nennen Sie jeweils typische Laborbefunde!

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Fall 07

I. Verdachtsdiagnose Die Patit:ntin leidet unter einer Anämie. Diese ist definiert als .-\bsinken der llämoglobinkonzentration unter die altt:rs- und gcschlcchtsspel.ilische Norm (bei Männcrn < 13 gfdl, bei ~rauen< 12gfdl, bei Kindem und Schwangeren gelten andere Grenzwt·rte ). Als typische Symptome berichtet die Patientin über .Müdigkeit, Abgeschlagenheit, verminderte l eistungsfahigkeit mit BeJastungsdrspnoe, Schwindel, Herzklopfen und Kopfschme rzen. Diese ßes Frage 05) sollte in erster Linie das Serumferritin bestimmt werden. Ferritin ist ein Eisenspeicherprotein, dessen J>lasmakon7.cntration mit den Eisenvorräten des Körpers eng korreliert. Eine Erniedrigung des Serumferritins bei mikrozytä rer, hypoc:hromer Anä mie erla ubt die Diagnose einer Eisenmangelanämie. Ein normaler oder erhöhter Senmlferritinwert sc:hlieHt die Diagnose aber keinesfaUs aus, da Ferritin als Akute-Phase-Protcin auch bei entzündlichen und malignen Erkrankungen sowie in der Schwangerschati erhöht sein karm, wodurch ein Eisenmangel

verschleiert "'erden kann. ßei mikrozytärer, hypochromcr Anämie 1nit normalem oder erhöhtem Ferritin wird daher zusätzlich eine CRJ>-ßestimmung empfohlen. ßci allen anderen Formen der m ikrozytiiren, hypochromen Anämie ist der Scrumferri tinspiegd normal oder erhöht.

Merke Die Symptomatik ist nicht nur abhängig von der Schwe· re der Anämie, sondern auch von der Geschwindig· keit der Entstehung. Bei langsamer Progredienz kann sich der Körper adaptieren. sodass Beschv..erd en häufig erst bei sehr niedrigen Hämoglobinwerten auftreten.

2. Eisenmangela nämie

Der normale Eisenbestand des Körpers beträgt bei Erwach~cne n 3- 5 g, wobei der überwiegende Anteil im Hämoglobin gespeichert wird. Ein Eisenmangel entsteh t durch ein Missverhältnis zwischen Eisenresorpt i· on und -bedarf. Im Initialstadium besteht ein cisendeftzit ohne Beeinflussung der Erythropoese (Speicherei· senmangel). Bei Fortbestehen kommt es im Verla uf w einer unzureichenden Eis~nvcrsorgung der cq•thropoctischen Vorstufen im Knochenmark. Man spricht dan n von einer cisendelhitären Erythropoese (lahm· lcr F.isenmangel). Der J-Himoglohinwertlicgt in diesem Stadium noch im Normbcrcich. Ers t wenn im weiteren Verlauf auch der Hämoglobinwert ~inkt, spricht man von einer Eisenmangclanämic. Diese ist weltweit flir etwa 80 % der Aniimien verantwortlich und damit die mit Abstand häufigste Anämicform. Folgende Ursachen können eine Eisenmangelanämie hervorrufen: • Blutverluste(> 75% der f-älle). - Gastroin te$tinal: z. B. bei Relluxösophagitis, Karzinomen, Angiodysplasien. - Urogenital: z. B. menstruationsbedingt (v. a. bei Hypermenorrhö), bei Karzinomen. - Iatrogen: z. B. durch häufiges Blutspenden oder perioperativ. - Bei chronischer Hämodialysebeh;mdlung. - Bei hämorrhagischer Diathese: u. a. bei Antiko· agulanzien-'lherapie.

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• Vcmtindcrtc Eiscnaufnahmc: - Infolge eisenarmer Ernährung, 1" B. bei Vegetariern oder Anorexie. - Bei chronisch-cn t7.ündlichcn Darmcrkrankungcn. - Bei glutensensitiver Enteropathic (Ziiliakic beim Kind, einheimische Sprue beim Erwachsenen). - Bei atrophischer Gastritis oder nach Magenresektion. • Erhöhter Eisenbedarf: - Schwangerschaft, Stillzeit - 'Wachstum. In 20 % der fälle lässt sich keine Ursache für die Eise nmangelanämic erm itteln.

3. Titernpie der Eisettmangelanämie Zunächst sollte nach der Ursache einer Eisenmangelanäm ie gesucht und diese nach Möglichkeit therapiert werden, z. B. sollten insbesondere ch ronische IJi utver· Juste durch Ncoplasicn wegen der weitreichenden Kon· sequenzen ausgeschlossen werden. Symptomatisch sollte bei jedem Eisenmangel, der bereits zu einer eisendefizitären Erythropoese geführt hat, eine Eisensubstitution durchgefü hrt werd en. Die Gabe erfolgt bevorzugt oral mit zweiwertigem Eisen (dreiwertiges F.isen wird iniC'stinal kaum resorbiert ). Die Einnahme sollte nach Möglichkeit nüchtern crfol· gcn, da 7.. ß. lnhalts stotlc von Tee und Kaffee durch Komplexbildung dic Resorption behindern. Vitamin C: verhindert hingegen die Oxidation von zwei- zu dreiwertigem Eisen und verbessert damit die intestinale Eiscnaufnahme. Die orale Substitutionstherapie sollte nach Normalisierung des Hämoglobinwerts noch weitere 3 Monate fo rtgesetzt we rden. Die lange TI1erapiedaucr ist insofern problematisch, da häufige gastrointestinale Nebenwirkungen (insbesondere Übelkeit und Obstip~tio n ) einen Titerapieabbruch nach sich ziehen können. Die Ultravenöse Substitution mit dreiwertigem Eisen sollte wegen der potenziellen Nebenwirkungen (lob l Venenreizung mit 1l1rombophlebitis, allergische Reaktionen, Flush-Symptomatik bei zu schneller Applikation) und der Gefahr der Überdosieru ng nur in begrün deten f ällen durchgefiihrt werden, z_ B. bei Resorpti·

onsstörungen aufgrun deiner chronisch-entzün dlichen Darmerkra nkung oder eines Malabsorptionssyndroms_

4. Titerapiekonlrolle Zur 11terapiekontrolle sollte 1-2 Wochen nach Beginn der Eisensubstitution der J-J;imoglobinwert und der Retikulozytenanteil besti mmt werden. Bei guter Wirkung kommt es zu einem deutlichen Anstieg des Hämoglobinwerts um ;::: 0,1 gldl pro Tag in den ersten 'I Wochen sowie zu einem Retikulozytenansticg ;lllf 2-1 %. Weitere Kontrollen soll ten in vierwöchigen Abständen erfolgen. Zielgröße ist neben der Norm alisierung des Hämoglobinwerts auc h eine anha ltende Normalisienmg des Serumferritins. Spricht ein Patientmit gesicherter Eisenmangelanä mie nicht auf die The rapie an, liegt meist eine mangelnde oder fe.hlerhafte Tabletteneinnahme vor. Des Weiteren sollte ei n fortbestehender Blutverlust, eine Eisenresorpti onsstöruns oder eine Fehldiagnose in Betracht gezogen werden.

5. Mikrozytäre, hypochrome Anämien Die Eisenmangelanämie ist die mit Abstan d häufigste f-orm der mikrozytären, hypochromen Anämie. Differenzialdiagnostisch kommen vor allem in Betracht: • Anämie bei chronischer Erkrankung: Hierunter werden Tum or-, Infekt- und Ent~.ündungsanämicn zusa mmengc fa~st.

• Titalassämie: angeborene Hämoglobinsyntheses törung, Vorkommen häufig bei Patienten aus der Mittelmeerregion; Diagnosestellung mittels llämoglobinelektrophoresc. • Hereditäre oder erworbene sidcroblastische Anämie: Durch eine Störung in der llämsynthcse ko mmt es zu einer Anhliufung von Eisen in den Mitochondrien der E.y1hrozy1en-Vo rstufen (sog. Ringsideroblasten in der Eisenfiirbung eines Knochenmarkausstrichs) bei gleichzeitig ineffektiver Erythropoe,se. > Tabelle 7.1 zeigt, wie eine Differenzierung anhand weniger Parameter des Eisenstoffivechsels möglich ist. Darüber hinaus gibt es weitere seltene Ursachen fiir eine mikrozytäre. hypochrome At1 ~im ic, z. B. eine Bleivergiftung. 27

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Fall 07

Tab. 7.1 Differenzialdiagnosen der hypochromen, mikrozytären Anämie. Transferriosättigung Eisenmangelanämie Anämie bei chronische1 Erkrankung (=Tumor-. normal-t Infekt- oder [nt7undungsanam e)

normal

Thalassämie

normal- t

normal- !

Sideroblastische Anämie

1

J

normal-!

normal-1

Zusammenfassung Die Eisenmangelanamie ist definiert als eine Verminderung der Hamoglobtnkonzentration unter die alters· und geschlcchtsspezrfische Norm inlolge eines Eisenmangels mit Ausbildung mikrozytarer und hypochromer Erythrozyten. Sie ist die welt.veit häufigste Form der Anämie (etwa 80 o/o). Ursache ist meist ein gesteigerter Eisenverlust bei chromscher Blutung (z. B. gastrointestinal oder bei Hypermenorrho). Typische klinische Zeichen sind eme Blässe der KonJunktiven und Mundwinkelrhagaden. Zu den klassischen Symptomen e•ner Anämie gehören lv'udrgke,t, Abgeschlagenheit, eine reduzierte

körperliche Leistungsfähigkeit (evtl. mrt Belastungsdyspnoe). Schwindel und Kopfschmerzen. für die Oiagno· sesteflung spielen neben der Bestimmung des Hämoglobinwerts in erster Lmie dre Vermmderun g der Eryth· rozytenindices MCV und MCH sowie des Serumferritinspiegels eine wichtige Rolle. Therapeutisch steht neben der Ursachensuche mit gegebenenfalls kausaler Behandlung die Eisensubstitution (vorzugsweise oral. in Ausnahmefällen intravenös) über einen Zeitraum von 3-6 Monaten im Vordergrund. Therapieziel ist d e Normalisierung des Hämoglobin und Serurnferritin· werts.

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Kopfschmerzen und Fieber

Ein 19-jähriger Patient wird über den Hausarzt an einem Freitagnachmittag stationär eingewiesen. Er habe am Vortag Fieber bis 39,7 •c selbst gemessen, was sich spontan wieder etwas gebessert habe. Darüber hinaus leide er unter starken Kopfschmerzen, die durch das Fieber eher verstärkt würden. Als er sich beim Hausarzt vorstellte, wurde die Temperatur erneut mit 39,9 •c gemessen. Husten, Auswurf, Algurie und Diarrhö werden auf Ihre Nachfrage verneint. Abgesehen von einer Tonsillektomie sind keine wesentlichen Vorerkrankungen bekannt. Vor 2 Tagen sei er von einem zweiwöchigen Familienurlaub aus Togo zurückgekommen. Bis auf einen Sonnenbrand am Rücken ist die klinische Untersuchtmg unauftallig. Wenige Stunden nach Ankunft des Patienten stellt sich auch die 44-jährige Mutter des Patienten mit ähnlich hohem Fieber und Kopfschmerzen in der Notaufnahme vor.

r

LcukoZ)1Cn4,3 Tsdlfll; Erythw.yten 5,46 Mio/fll; Hb 16,3gldl; Hkt 47,1%; MCV 86,3 n; MCH (HbF.) 29,9pg; MCHC 34,6g/dl; Thrombozyten 88 Tsd/~JI; Quick 53 %; INR 1,35; PTT 38sec; Natrium 13Smmol!l; Kalium 4,7 mmol/1; Serumkreatinin 0,92 mgldl; GPT (ALT) 157 Ufl; y·GT 97 U/1; Bilirubin gesamt 2,8 mg/dl.

1. Was ist die entscheidende Information der Anamnese? Wie lauten die Verdachts· und DIITerenzialdia· gnosen? 2. Welche diagnostischen Schritte leiten Sie ein? Welche Wertigkeit haben diese?

3. Erläutern Sie die verschiedenen Arten der Erkrankung! Wie ist das jeweilige klinische Bild?

4. Wie kommt es zu den Fieberschüben?

5. Welche Komplikationen sind relevant?

6. Wie therapieren Sie diese Erkrankung? Was wissen Sie zur Prophylaxe?

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Fall 08

I. Vcrdadtts-/Dificrcn;,.ialdiagnosen Den cntschcidcnJcn llinweis liefert der kurz zurückliegende Auslandsaufentlmll in Togo, einem .Malariaendemicgcbiet. Die Frag.: nach der Reiseanamnese ist bei Fieber unklarer Ursache von bcsondrrcr Bedeutung. Aufgnmd der fehlenden Vorerkrankungen, des unregelmäßigen Fiebers., der Kopfschmerzen sowie der Laborbefunde mit auft;Hiigen Leberwerten (Erhöhung von GPT, y-GT, Bilirubin, INR) und TI)rombozytopenie lautet die Verdachtsdiagnose Malaria. Dazu passt auch, dass die mitgereiste .Mutter ähnliche Symptome aufweist. Am ehesten handelt es sich um eine .Malaria tropica, die am häufigsten (etwa 1/, der Fälle) auftritt und durch unregelmäßige Fieberschübe imponiert, ,,·obei die anderen Formen (Malaria tertiana, Malaria quartana) zu Beginn ebenfalls mit unregelmäßigem Fieber einhergehen können. l)ifferenzialdiagnostisch kommen weitere Tropenerkrankungen (z. ß. Dengue-Fieber) in frage. Außerdem sind andere nichttropenspezifische Erkrankungen möglich, z. ß_ akute Virushepatitis, grippaler Infekt, Harnwegsinfekt oder Gastroenteritis.

2. Diagnostik Bei Verdacht auf i\blaria tropica ist eine schnelle Diagnostik entscheidend. Gold~tandard ist die mikroskopische Untersuchung eines IUutausstrichs und/oder de5

sog. "dicken Tropfens" ( > Abb. 8.1) zum direkten Nachweis des Parasiten. Dabei sind die Errcga als "Einschlüsse" in den Erythrozyten erkennbar. Der dicke Tropfen ist die sensitivcrc der beiden Untersuchungen (Sensitivität etwa 20- bis 30-fach höher), da er eine Anrcicherung der Plasmodien ermöglicht. Auf der anderen Seite gelingt im Ausstrich durch morphologische Kriterien eher die Differenzialdiagnose der verschiedenen Plasmodicnarten. Die Erfahrung des Untersuchers ist zum definitiven Ausschluss einer Malaria entscheidend. Darüber hinaus existieren weitere diagnostische Tests, welche die mikroskopischen Un tersuchungen jedoch nicht ersetzen können: • MoJckularbiologisdte Tests: Nachweis Plasmodien·spezifischer DNA mittels PCR. Nicht t'ür die Routinediagnostik geeignet, nur bei spezie.llen Fragestellungen, zudem teuer. • Malaria-SchneiJtests: lmmunocbromatografischer Nachweis von spe~ieiJ en Proteinen oder Enqmen, falsch -positive und falsch -negative Befunde sind möglich, nur in Ausnahmeffillen, kann Blutausstrich nicht ersetzen. • QBC·Methode (Quantitative Bufly Coat): keine wesentlichen Vorteile gcgeniiberdickcm Tropfen, nur in Speziallabors, teuer. • Serologische Untersuchung; Keine akute Diagnose müglich, d:t Antikürper erst im Verlauf nach1~ci sbar werden. nicht mr die Akutdiagnostik geeigncl. Zur Einschätzung des Schweregrads der Infektion und Abklärung einer Organbeteiligung sollten bei unserem Patienten auch eine Abdomcnsonografic, EKG und ein Röntgcn-TI10mx durchgeführt werden. Außerdem sollte die Labordiagnostik um CRP, Procalcitonin, LOH, Kalzium, Blutgase mit Säure-Basen Status sowie;; Laktat ergän7.t werden. Im Verlauf sollten regclm:if~ig laborchemische KontroUcn sowie die Untersuchung der Parasitämie erfolgen. Da sich das klinische Bild schnell verschlechtern kann, ist eine engmaschige Überwachung notwendig.

Abb. 8.1 Dicker Tropfen. (1407)

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Merke Plasmodien sind grundsätzli I 00.000 Plasmodienhtl). In diesen Fällen spricht man von einer komplizierten Malaria tropica, die unbehandelt innerhalb weniger Tage zum Tod fiihren kann.

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Fall 08

6. 'ßterapic und Prophylaxe Grundsätzlich ist die 1h.:rapie von der Art der 1Vlalaria, dem Schweregrad, dem Infektionsgebiet und einer eventuell durchgeftihrten Prophylaxe abhängig. in jedem Fall muss die Behandlung unverzüglich nach Diagnose begonnen werden, besonders bei der .Malaria tropica. Es steht eine Vielzahl von Medikamenten zur Verfügung. Die WHO untersche idet nnhand des unter-

schiedlichen Malariarisikos und der Resistenzlage gegenüber den Medikamenten (v. a. Chloroquin) verschiedene Zonen, die bei der TI1erapie zu berücksichtigen sind. Da sich die Resistenzlagen ändern, sind immer auch die aktuellen Empfehlungen einer tropenmed izinisdlen Einrichtung zu beachten. • Malaria quartana: ambulante Behandl111lg mit Chloroquin. • Malaria tertiana: ambltla nte Behandlung mit Artcmethcr/Lumcfantrin oder Atovaquon/l'roguanil. Da bei dieser !I.Jalariaform Ruhestadien der Parasiten, sog. Hypnozoiten. jahrelang in Hepatozyten iiberleben können, wird zur RiickJaUvorbeugung tu· sätzlich eine Abschlussbehandlung mit l'rimaquin empfohlen. • Unkomplizierte Malaria tropica: stationäre Behandlung z.B. mit Artcmcthcr/l.umcfantrin oder Atovaquon/Proguanil. • Komplizierte Malaria tropica: zwingend intensivmedizinische Behandlung. Mittel der Wahl ist Artesunat i. v., nach 3 Tagen wird auf Arlcmcthcr/ Lumcfantrin oder Atovaquon/ Proguanil umgestellt. f Tabelle 9. 1 dargestellten ll·1erkmale helfen bei der Unterscheidung. Die beiden dafiir neben der Ileokoloskopie wichtigsten Untersuchungen sind die Ösophagogastroduodenoskopie (mit Biopsien) und die Diinndarm-MRT.

3. Extraintestinale Manifestationen Im Vergleich zur Colitis 11icerosa treten bei der CrobnKrankheit häufiger extraintestinale Symptome auf: • Gelenke: Arthralgien und Arthritis, z.B. Beteiligung Sakroiliakalgelenk, ankylosierende Spond)•litis, HLA-ß27 häufig positiv. • Haut: Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum, Aphthen, u. a. • Augen: Episkleritis, Uvci tis, u. a. • Hcpatobiliäre Erkrankung: primär sklcrosiercnde Cholangitis (PSC), bei Colitis ulcerosa häufiger als bei Crohn-Kran khciL

4. Laborwcrr..•crändcrungcn Bestimmt werden sollten Blutbild, Entzündungsmarker, Werte des Eisenhaushalts, Nierenretentionswerte, Elektrolyte, Leber- und Cholestasewerte sowie evtl. der Vitamin-B11-Spiegel. Dabei korreliert das CRP als Zeichen der systemischcn Entzündung annäherungsweise mit der Krankheitsaktivität. hilft jedoch differenzialdiagnostisch nicht weiter. Außerdem sind zur Abgrenzung von infektiösen Enterokolitiden Stul1lkulturen sinnvoll. Aufgrund der hier vorgestellten Symptome Leistungsminderung, Müdigkeit und Blässe der Haut ist eine Anämie (Hb ~ , likt l) wahrscheinlich, die bei der CrohnKrankhei t verschiedene Ursachen haben kann:

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Tab. 9.1 Unterscheidungsmerkmale der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Crohn·Krankheit Colitis ulcerosa Merkmal

= Backwash

Befall

Gesamter GI-Trakt, v.a. terminales Ileum und Kolon

Kolon (selten terminales Ileum lleitis)

Ausbreitung

Diskontinuierlich (Skip Lesions)

Kontinuierlich von rektal nach proximal

Histologie

Transmurale Entzündung mit lympho· Diffuse panmukosale chronische Entzündung mit iden Aggregaten. epitheleidzellige gestörter Kryptenarchitektur/Krypten atrophie. Granulome Becherzellabnahme

Klinisches Bild

Abdominalschmerzen, Diarrhöen Blutig-schleimige Diarrhöen, extraintestinale (meist unblutig). extraintestinale Sym· Symptome selten ptome (z. B. Arthritis) häufig, Fisteln

Endoskopie

Pflastersteinrelief, aphthöse Läsionen, Kontinuierliche diffuse Rotung, Ulzerationen, Stenosen, Fisteln Pseudopolypen, Kontaktblutung

Röntgen

Pflastersteinrelief, segmentale Stenosen, Fissuren

Komplikationen

Fisteln (innere und äußere), Abszesse, Blutungen, toxisches Megakolon, erh öhtes Risi· Fissuren, Stenosen, Konglomerattumor ko für kalorektales Karzinom

• Cltroniscbe Entzündung: Ferriti n t, Eisen t , Transfcrrin !. . • Eisenmangcl: rcrritin l, Eisen ~ . MCV ~, MCH J , Transfertin t . • Vitamin-8 12-Mangcl: aufgr und der Malabsorption mit dem Bild einer megaloblastiircn Anämie: Vit· amin B12 ! , MCV i , MCH t. • Mischform,·n können auftreten. Die intestinale Malabsorption (klinische Zeichen: Gewichtsabnahme und Kachexie) kann neben der Erniedrigung des Vitamin-B12-Spiegels zu weiteren Vcr:inderungen der Laborwerte fiih ren, z. ß. Serumalbumin t, Vitamin D ! , ggf. Blutungsneigung bei Vitamin·K· l\·t angcl (Quick-Wert ! , INR t ).

5. Diagnostik Neben den anmnnestischen Angaben und Befunden der körperlichen Untersuchung leitet sich die Diagnose der Crohn-Krankheit aus folgenden diagnostischen Maßnahmen ab (typische Befunde > Tab. 9.1), dabei steht die erweiterte Dünndarmdiagnostik bei der Primiirdiagnostik im Vordergrund:

Fehlende Haustrierung (.Fahrradschlauch")

• Ileokoloskopic: typische cndoskopischc Vcrändenrngen mit diskontinuierlichem Bcfallsmusler, Entnahme von Biopsien im terminalen llcum und je· dem Kolonscgmcnt. • Transabdomineller Ultraschall: Scr.:cning auf entzündete Dünn- und Dickdarmabschnitte und Abszesse. • MR-f:ntcrografie (mit oraler Kontrasticrung) zur kompletten Dünndar mdarstcllung. Als Methode der 2. Wahl steht das Röntgen in IJoppclkontrasttcchnik nach Seilink ( > Abb. 9.1) mit wasserlöslichem Kont rastmittel zur Yerfiigung. • Ösophagogastroduodcnoskopic (ÖGD) zur Beurteilung der übrigen Absch nitte des GI-Trakts. • Endosonogratic ( rektalund abdo111inal): ggf. zur Beurteilung von perianalcn Abzesscnund foisteln sowie deren Beziehung zu Nachbarorganen.

6. TI1erapie und Verlauf Die Therapie der Crohn-Krankheit erfolgt abhii ngig von Entzündungsakti vität, BefaU mustcr, extraintestinalen Manifestationen und Verlauf. 'lherapiezide sind eine Verbesserung der Lebensqualität mit Verringe35

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Fall 09

Zum Remissionsethalt i~t bei dtr Crohn-Krankhcit eine immunsupprcs~ive 1l1crJpic mit Atathioprin möglich, die bei etwa %der Patienten daucrh.1ft erfolgreich is t. lki Rauchc:m >Ollte eine Nikotinab>tincn:r. crrc1cht werden, da diese die Rezidivmtc deutlich senkt. Darüber hinau> sind suppor tivc Maßnahmen von Bedeutung. z. B. die G;~b;.> von Vitamin B12 oder Eisen bei Anämie. Die ausgepriigte Malabsorption und Kachexie kann ein._. tempor Frage 06), bedür fen aber nicht de r sofortigen Diagnostik und lherapic wie die tiefe Venenthrombose.

Merke Die klinischen Zeichen ( > Fall 02, Frage 2) einer Thrombose fehlen vor allem bei bettlägerigen. immobilisierten Patienten oft ocer sind sehr unspezifisch. Da her schließen fehlende kl inische Zeichen eine liefe Venen· thrombosc nicht aus.

2. Diagnostik Zunächst sollte die klinische Wahrscheinlichke it für ei ne TVT anband der Anamnese und der körpcrli·

chen Untersuchu ng abgeschätzt werden, dnu eignen sich Score-Systeme (z. ß. Wells-Score). Für d ie Diagnosesicherung sind folgende Un tersuch ungen relevant: • 0 -Dimcre: haben ei n.: geringe Spe7.ilität und besitzen wie bei der l.ungcncmbolic einen hohen negativen prädiktiven Wert (bei geringer klinischer Wahrscheinlichkeit und negativen D-Dimeren ist eine TVT unwahrscheinlich). Eine besondere Bedeutung besitwl bildgebende Maßnahmen (i n der Reihenfolge des Vorgehens): • Komprcssionssonografic: Methode der ersten Wahl. Bei Thrombose keine vollständige Komprimierbarkeit der Venen im Querschnitt. Duplexsonografisch Nachweis tunflossen er TI1romben. Für den sicheren Nachweis einer tiefen Venenthrombose geeignet, ggf. Doppler-Sonografie zur Un tersu chung von Strömungsprofilen der Venen, insbesondere fü r die Diagnostik von 'lhrombosen, die p roxjmal des Leistenbands gelegen sind. • CT- und MRT-Phlebografic: alternativ bei nicht eindeutiger sonogralischer Untersuchung, bieten besondere Informati onen im abdominalen und pel· vinen Hereich. • Aszendierende Phlcbografic: bei unklaren SOnografischen und/oder CT-/ MRT-ßefunden, in vasives Verfahren (A nwendung nur noch bei unklaren Fällen).

Merke Der Therapieerfolg hängt besonders vom Alter der tiefen Venenthrombose ab, sodass bei klinischem Verdacht eine schnelle Diagnosesicherung erfolgen sollte!

3. Pathogenesc/ Komplikationen Für das Entstehen einer TVT sind drei Faktoren relevant, die schon früh von Virchow als Trias beschrieben wurden: • Endothelveränderung z. B. durch entzündliche. traumat ische, degenerative oder allergische Ursachen.

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• Blutflussvcrlangsamung z. B. bei Rcchtsherzinsuffi· zknz, lmmobilisation, lokaler Stase oder Verwirbc· Jung durch Varizen. • Erhöhte Gerinnungsneigung z. ß. postoperativ, bei Schwangerschaft, Poly?;ythämic, Übergewicht oder Varikose. Bei Tiuombose einer Vene erhöht sich der Dntck im Gef.iß, sodass bd fehlenden Kollateralen ein Ödem mit Umfangsvermehrung des betroffenen Beins entsteht. Abhängig von der Ausprägung des Ödems imponieren die kJinischen Symptome mehr oder weniger stark. Folgende Komplikationen sind von Bedeutung: • lungenembolie: durch embolisehe Verschleppung von thrombo!ischem l\·1aterial in Lungengefäße. Die Lokalisation der Thrombose spielt dabei eine Rolle, da bei Beckenvenenthrombosen ein höhe res Embo· lierisiko besteht. Bei etwa SO% der TVT kommt es zu szintigrafisch nachweisbaren Lungenembolien, von denen aber nur etwa 20% symptomatisch werden. • Postthrombotisches Syndrommit Zerstörung der Klappen nach zunächst entzündlicher, dann binde· gewebiger Organisation der ·1hromben mit unvoll· ständiger Rekanalisation der Vene, fiihrt zur chro· nisch venösen Insuffizienz (CVI). • Rezidive.

4. Ursachen der Erkrankung Grundsätzlich untcrschciJct man erworbene von ;mgc· horcncn prädisponierenden Faktoren (hereditäre Ursa· chcn). Die erworbenen faktoren umfassen unter an· deren: • Immobilisation z. B. bei bettlägerigen Patienten. • Vorherige TVT oder Lungcnembolie. • Abknicken der V. poplitca bei längerem Sitzen in Flugzeug, Bus oder Auto. • Operationen erhöhen die Gerinnungsneigung; je nach Dauer und Art der OP unterschiedlich hohes Risiko (v. a. OP im Becken· oder Hüftbereich \md bei Polytrauma). • Maligne Erkrank-ungen, altersabhä ngig vor allem ab der 5. Lebensdekade. • Polycythaemia vera. • Einnahme eines Östrogenpräparats und oraler Kontr-.neptiva. • Rauchen. • Schwangerschaft (thromhembolische Ereignisse zählen zu den fiih renden Todesursachen in Schwan· gerschaftund postpartal). • Erworbene Gerinnungsstörungen z. B. erworbener Protein·C· und -S-.\hngcl (z. B. bei Leberzirrhose).

Tab. 10.1 Genetische Ursachen einer Gerinnungsstörung mit Thrombophilie. Anteil aller Pati· Pathogenese der Hyperkoagulabilität Name des Defekts enten mit TVT Faktor·V·Leiden-Mutati· 20-30% Mangelnde Inaktivierung von Faktor Va on/APC -Resistenz durch APC (aktiviertes Protein C) Mutation des Gens für :: 10% Hyperhomozysteinämie führt zu Hyperko· die Mcthyltetrahydrofo· agulabilität (venös und arter:cll) Iaireduktase (MTHFR) 5- 10% Prothrombinmutation Plasmaspiegel von Prothrombin (Faktor II) erhöht ::5 % Protein-e ·Mangel Verminderte Inaktivierung von Faktor Va und VIlla durch fehlendes Protein C Protein·S·Mangel ==2 % Verminderte Aktivität von Protein C (Kofak· torvon APC) Antithrombin·III·Mangel :: 1% AT·III ist Thrombininhibitor, entweder AT·III· Spiegel (Typ I) oder AT-lU-Aktivität erniedrigt

Risikoerhöhung Heterozygot bis achtfach Homozygot bis 80-fach Heterozygot bis dreifach

Heterozygot bis dreifach Homozygot bis 50-fach Achtfach Achtfach Heterozygot mehr als zehnfach 39

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Fall10

• Antiphospholipids)•ndrom: Antikürper gegen Phospholipide fUhren zu llyperkoagulabilität. Etwa 50% der Patientcn mit TVT weisen hereditäre Ursachen auf(> Tab. 10.1). Außerdem exis tieren ang~borenc Varianten oder Anomali~ n der Venen (z. ß. Ma)•-'11turner-Syndrom, Aplasie der V. cava inferior), die fiir eine TVT prädisponieren.

5. Therapie Die llterapie der TVr soll eine Lungenembolie, das Wachstum des lltrombus sowie das Entstehen eines postthrombotischen Syndroms verhindern. Vordringlich ist eine sofortige tberapeutisdte Antiko· agulatjon bei gesicherter TVT, bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit noch bevor die Diagnose gesichert ist: • Niedermolekulares Heparin oder Fondaparinux (selektiver Faktor-Xa-lnhibitor): subkutane Anwendung, sichere und bessere Wirksamkeil als unfraktioniertes Heparin, das bei erhöhter ßlutungsnei· gung und schwerer Niereninsuffizienz indiziert ist. • Überlappend am l. oder 2. Tag Beginn einer oralen Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten (Ziei-INR 2- 3), die zur Rezidivprophylaxe je nach Art der lltrombose und Risikofaktor mindestens 3 Monale durchgcfi.ihrl werden sollt~:, ggf. auch zeitlich unbcgren?.l bei stangehabt Bild). • Neurologischc/psychialrisdu: Symptome: Die neurologischen Symptome wadenunter dem Ober· bcgrifr "funikuläre Myelose'·' wsammengerasst, bei der es zu einem Mark.~cheidcnschwund der Hinterstränge (spinale Ata: Bild (l.l 06]).

I. Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie? Definieren Sie d.ie Erkrankung kurz!

2. Erklären Sie, wie es zu den S)•mptomen der Patientin kommt!

3. Welche diagnostischen Maßnahmen sollten Sie bei der Verdachtsdiagnose \'eranJassen?

4. Welche Stadieneinteilung wird verwendet? Ordnen Sie dieser Patientin das passende Stadium zu!

5. Mit welchen Komplikationen müssen Sie bei dieser Erkrankung rechnen?

6. Welche Therapie leiten Sie ein?

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Fall12

I. Verdachtsdiagnose Die Symptomatik (Rückcnschmcrzcn, Müdigkeit, Infektanfälligkeit), die Labon:rgdmisse (makrozytäre Anämie, ·n,rombopcnic, stark erhöhte ßSG [sog. Sturzsenkung], Erhühu ng von Nicrc:nrctcntionsparamctcrn, Kal1.ium und Gesamteiweiß) und die Serumelektrophorese (schmalbasige Erhöhung der y-Giobulinfra~-rion , M-Gradient >- Abb. 12.1) sprechen flir ein Plasmozytom/maligncs Myelom. Dieses aggressive Non-Hodgkin-Lymphom der· ß-Zell-Reihe entsteht durch die maligne Proliferation eines difterenzierten Plasmazcllklons. Die Tumorzellen sezernieren in der Regelmonoklonale Antikörper oder Antikörperfragmente. Am häufigsten sind lgG- und !gA-sezernierende Myelome (zusammen> i5% der F.ille). Werden keine kompletten Immunglobuline gebildet, liegt ein sog. Leichtkettenmyelom vor (20 % der Fälle). Häufig können dann auch Leichtketten im Urin nachgewiesen werden ("lknce-jones-Proteinurie"). Selten kom men auch asekn.iorische M)•dome vor.

2. Pathogenese der Symptome Myelomzellen sezernieren Z)•tokinc (u. a. 11.-6), die Osteoklastcn stirnulicrcn und Ostcob!.tstcn hemmen. Die Folge ist eine vermehrt e Knochc:nrcsorption, die: sich klinisch typischerweise durch bewegungsahhängige Schmerzen im Bereich der BWS und LWS sowie pathologische Frakturen (ohne adäquates Trauma) äußert. Die Abgeschlagenheit wird wahrscheinlich durch die Hypcrkalzämic (folge der gesteigerten Knochenresorption) und die Anämie (tumorbedingt oder durch Verdrängung der llämatopoese im Knochenmark) hervorgerufen. Da alle Tumorzellen von einer einzigen Plasmazelle abstammen, sezernieren sie monokloaale Antikörper bzw. Antikörperfragmente (sog. Parap rotein). Deren e:tzessive Bildung hat eine verminderte Produkti on der restlichen Immunglobuli ne zur Folge. Es entsteht ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom mit lnfektneigung.

Merke

3. Diagnostische Maßnahmen Zur Diagnosesicherung und zum Staging sollten neben Anamnese und körperlicher Untersuchung folgen de 1\-f.tHnahmcn durchgeführt werden: • l.ahoruntersuchung: Diftc rem.ialblutbild, Serumdektrolyte (inkl. Kal1.ium), Rctcntionsparamctc:r, Gesamteiweiß und Albumin, ßSG (t)•pischcrwcisc stark crhiiht), I.DH und CRP, Immunglobuline quantitativ, 24-h-Sammclurin zur Quant ifi ticrung der Proteinurie, ß2-lvlikroglobulin (korreliert mit einem erhöhten Zellumsatz, wird beim rnalignen Myelom als Tumormarker zur Verlaufs- und lllerapiekontrolle eingesetzt und hat prognostische Bedeutung). • Nach weis des Paraprotcins: Serumeiweißelektrophoresc: Pathognomonisch ist der M-Gradient (schma!basige Erhöhung der y-Globulinfraktion > Abb. 12. 1). - Immunelektrophorese: quantitativer Kachweis des Paraproteins. lmmunfixation: Nachweis de r Monoklonalität. - Urinimmunelektrophorese: ggL zum Nachweis von Leichtketten im Urin.

ln 95% der Fälle breiten sich die Tumorzellen diffus im Knochenmark aus, was durch die Bezeichnunq ,.Multi· ples Myelom" zumAusdruck gebracht wird. Begrifflich sollte man das prognostisch günstiger einzustufende .. Piasmozytom" abgrenzen, bei dem die malignen Zellen einen solitären Tumor (ossär oder selten extraossär) bilden. Im deutschsprachigen Raum werden die beiden Begriffe jedoch häufig synonym verwendet.

~.I -Grad ient

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Abb. 11.1 Serumelektrophorese mit M·GradienL ll\06)

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• Knochcnmatkuntcrsuchung: llistologic (prozentuale Plasrn azellinliltration) und Zytologie. • Bildgcbung: - Röntgen d.:s Achsen- und Extn:mitätenskdetls nach sog. l,atiscr Schema: Schädel seitlich (typisch ist der sog. Schrotschussschädd), Wirbelsäule seitlich, Humerus, Becken, Femur. - CT oder MRT: z.B. bei neurologischer Sympto matik mit Verdacht auf Myelonkompression.

Merke Beim Bence·Jones·Myelom (Leichtkettenmyelom) gestaltet sich der Nachweis des Paraproteins schwierig. Da Leichtketten aufgrund ihres niedrigen Molekulargewichts glomerulär filtriert werden. ist in der Serumeiweißelektrophorese kein M-Gradient sichtbar. Im Urinstreifentest werden Bence -Jones-Proteine ebenfalls nicht erfasst. Der Nachweis erfolgt mittels Immunfixation bzw. Immunelektrophorese des Urins.

4. Stadieneinteilung Die Stadieneinteilung erfolgt klassischerweise nach Durie und Salmon ( >- Tab. 12.1). Aufgrund des erhöhten Kalzium- und Kreatininwcrts liegt bei der Patient in ein Stadium 111 n vor. Diese Stadienzuordnung

erl;lubt eine grobe Abschätzung der Tumorzcllmasse, lässt ab.:r nu r begrenzt Rückschlüsse auf die Prognose zu, weshalb in den lct'l.len Jahren zunehmend die ncuerc JSS-Stadicncinteilung (International Staging System) verwendet wird. Anband des Serurn;1lbumin- und ~l·Mikroglobuli nspiegds erfolgt die Zuordnung zu einer von drl'i prognostischen Gru ppen (Stad ium 1-111).

5. Komplikationen beim multiplen Myelom Aus der Knochenmarkbeteiligung und dem Auftreten des Paraproteins ergeben sich folgende Komplikationen: • P 10g/dl. • Normales Serumkalzium. • Röntgenologisch unauffälliges Skelett oder nur eine solitäre Osteolyse. • Niedrige Paraproteinkonzentrationen in Serum und Urin. Stadium II

Wede· Stadium I noch Stadium 111 Mindestens eines der nachfolgenden Kriterien muss erfüllt sein: • Hb 3 osteolytische Herde. • Hohe Paraproteinkonzentrationen in Serum oder Urin.

Anhand der Nierenfunktion werden die Stadien zusätzlich unterteilt in: • .. A" bei einem Serumkreatinin < 2 mg/dl. • .. B" bei einem Serumkreatinin > 2 mg/dl.

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Fall 12

6. "fl1erapie Die Therapie erfolgt abhängig von Symptomatik, ßeglcitt:rkrankungcn, Alter und ISS-Stadium und befindet sich au fgrund de r Einflihrung neuer, potenter Substanzen (1.. ß_ des Proteasorn-lnhibitors Borte?.OJnib un d der lmmunmodulatoren1h:~lidomid und Lenalidomid) im Umbruc h. Bei asymptomatischen Patienten besteht in der Regel keine TI1erapieindikation (Watch and Wait). Bei symptomatischen Patienten (z. B. Hyperkalzäm ic, Niereninsuffizienz mi t Kreat in in > 2,0 mgldl, Anämie mit Hämoglobin < 10 mgldl oder Knochenbetei ligung) wird eine Therapie emplohlen: • Patienten < 70 Jahre ollJle rele\'ante Begleiter· krankungen: Hochdosismelphalantherapie (Induktion) mit anschließender autologer Stamm zelltransplantation (Konsolidierung). • Patienten > 70 Jahre und/oder mit eingeschränktem AZ: KeiJ1e Indi kation !Ur eine Hochdosischc· motherapie. Stattdc;;.sen niedrig dosiert /l•lelphalan und Prcd nisolon in Kombination mit Bortezo mib und/oder "lhalidomid (Induktion). Zur Erhaltungs· thcrapie stehen aktuell Interferon alpha, Prednison, Lenalidomid und 'Ihalidomid zur Verfiigung. Die allogene Stammzelltransplantation ist der einzige kurative Ansatz zur ßehandlung des multiplen Myeloms. Der Stellenwert dieses Therapieverfahrens wird aktudl im Rahmen von Studien evaluiert. Bei Rezidiven sollte eine crncutt: Hochdosischemotherapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantati on disk utiert werden.

Patienten mit multiplem !IIyelom profitieren von der frühzeitigen Gabe von ßisphosphonatcn, welche die Osteoklastcnfunktion hemmen. Eine Kontrastmittelgabe sollte strikt vermieden werden, da ein hohes Risiko fiir ein akutes Nierenversage n besteht. Zusätzlich kommen folgende supporli\'e Maßnahmen in frage: • Osteolysen: Bestrahlung frakturgefährdeter Knochen. operative St;lbilisienmg pathologischer Frakturen, Bisphosphonate, Schmerztherapie.

• Nicrcninsutlizienz: suffiziente I lydrierung, llarnalkalisierung. • Anämie: Folsäure, Vitamin B12, Eisen, Errthropoctin, Transfusion. • HYI'crkalzämic: ßisphosphonalt:, Kal z.itonin, Glukokortikoide, evtl. Furoscmid. • Hypcr\'iskositätssyndrom: Plasma pherese. • Infektionen: friilm:itig Antibiotika, Substitution von Immunglobulinen, lmpfprophylaxe.

Zusammenfassung Das multiple Myelom ist laut Definition ein aggressives B-Non-Hodgkin-Lymphom, das durch die maligne Entartung eines immunglobulinproduzierenden Plasmazellklons entsteht. Klassische Symptome sind osteolytisch bedingte Schmerzen, pathologische Frakturen, Abgeschlagenheil und lnfektneigung. Im Krankheitsverlauf treten typischer.veise eine Niereninsuffizienz und eine Anämie auf. Zu den wichtigsten diagnostischen Maß· nahmen gehört der Nachweis des Paraproteins (z. B. mittels Serumeiweißelektroph orese), Röntgenaufnahmen des Skeletts (Pariser Sehemal sowie Knochenmarkhistologie und -Z)ttologie. Die klassische Stadieneintei· Jung geht auf Salmon und Durie zurück. Heute wird zunehmend die neucre ISS·Stadieneinteilung (Zuordnung zu Stadium 1-111 anhand von Serumalbumin- und ß1Mikroglobulinspiegel) eingeset71. Die Therapie befindet sich derzeit au fg rund der Einführung neuer, potenter Substanzen (z. B. Borte7omib, Thalidomid) im Umbru ch. Eine Therapieindikation besteht bei symptomatischen Patienten, in Abhängigkeit des Alters werden entweder Hochdosischemotherapie und autologe Starmntelltransplantation oder Chemotherapie in Kombination mit neuen Substanzen (z. B. Bortezomib) durchgeführt. Der Stellenwert einer allogenen Stammzelltransplantation als einzig potenziell kurativer Therapieoption wird derzeit im Rahmen von Studien geprüft.

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Luftnot und Agitiertheit

Sie werden im Dienst um 5 Uhr morgens zu einer 21-jährigen Patientin gerufen, die laut Angaben der Nachtschwester plötzlich keine Luft mehr bekommt Sie finden eine dyspnoische junge Frau vor, die an der Bettkante sitzt und stark agitiert wirkt. Autgrund ihrer Atemnot kann sie kaum sprechen. Ein Blick in die Unterlagen verrät Ihnen, dass bei der Patientin \•or einem Tag eine hintere Kreuzbandplastik durchgefi"lhrt wurde. An Vorerkrankungen ist ein lleuschnupfen bekannt Ein in der Akutsituation bereits geschriebenes EKG zeigt außer einer Sinustachykardie keine Auttalligkeiten.

Stark d)•Spnot•ischc 21-jährige Frau in akut reduziertem A7. und normalem EZ (167 cm, 61 kg). Vitalparamctcr: BD 165/90mmHg; IIF 129/min; AF 28/min, Temperatur 37,8 •c. Haut und Schleimhäute: starkt.>s Schwitzen, keine Zyanose. Kopf und Hals: unaulf:illig. Hcn: IIT rein, rhythmisch, keine pathologischen Geräusche. Lunge: Orthopnoe mit Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, Sprechd)•spnoe, Giemen und Brummen beidseits exspiratorisch> inspiratorisch, deutlich verlängertes Exspirium, hypersonorer Klopfschall über beiden Lungen, geringe Atemverschieblichkeit beidseits, keine Dämpfung. Abdomen: unautfallig. Extremitäten: unauffiillig. Neurologie: Agitiertheit, ansonsten orientierend unauffiillig.

l Unter Raurnluft: pll 7,48; PaC0 2 26 rnmllg; Pa0 2 62 mmllg; Sa02 91 %.

1. Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Begründen Sie diese! Welche Differenzialdiagnosen kommen in Betracht? 2. Welche therapeutischen Maßnahmen leiten Sie in der Akutsituation ein?

3. Wie erklären Sie die eingeschränkte Oxygenierung? Welcher Mechanismus wirkt dem entgegen?

4. Welche Formen der Erkrankung kennen Sie? Wodurch unterscheiden sie sich, worin gleichen sie sich? 5. Welche diagnostischen Maßnahmen sollten bei Verdacht auf eine Erstmanifestation der Erkrankung eingeleitet werden? 6. Beschreiben Sie die Dauertherapie der Erkrankung!

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Fall13

I. Verdachtsdiagnose Die akut aufgetretene Dyspnoe mit Tachy- sowie Sprcchd)•spnoe, die Tachykardie, das exspiratorische Giemen und Brummen sowie das verlängerte Exspiri· um sprechen für einen schweren Asthmaanfall. Untermauert wird der Verdacht auf Astluna bronchiale durch die Orthopnoe (Lulinot im Liegen, die durch Aufsetzen gebessert wird), das Auftreten der S)•mptome in den frühen J\,lorgenstunden, die bekannte Atopieneigung der Patientin (Heuschnupfen) sowie die Ergebnisse der Blutgasanalyse. Möglicher Auslöser könnte hier die postoperative Gabe eines nichtsteroidalen Antipl1logistikums (NSAID) mit nachfolgender pseudoaUergischer Reaktion sein. Differeuzialdia.g:nostisch muss insbesondere eine potenziell lebensbedrohliche Lungenembolie ausgeschlossen werden, da aufgrund des vorangegangenen chirurgischen Eingrills ein erhöhtes Risiko besteht. Hinzu konunt, dass sich eine Lungene mbolie klinisch ähnlich wie ein Asth maanfall manifestieren kann (plötzliche Atemnot, SiJmstachykardie, vergleichbare Ergebnisse der Blutgasanal ysc). Weitere mögliche Dif· ferenzialdiagnosen sind: • Verkgung der oberen Atemwege (z. ß. Aspiration). • Sti mrnbandd)•sfunktion (= Vocal Cord D)•Sfunction, VCD), insbesondere bei jungen Frauen. • l-l ypcrvcntilationssyndrom. • Asthma cardialc bei Herzinsuffizienz mit Lungenstauung. • Exazerbation einer COPD mit/ohne Lungenemphysem. • Exogen allergische Alveolitis. • Bronchitis und atypische Pneumonie. • (Spontan-)Pneumothorax.

2. AkutmaßuaJuneu Beim schweren Asthmaanfall sind folgende Akut maß· nahmen erforderlich: • Bedarfsgerechte Sauerstoftgabe (Ziel Sa0 2 > 92 %). • Gabe eines rasch wirksamen, inhalativen ß2 • Sympathomimet ikums (RABA, z. 13. Salbutamol). • Gabe von Glukokortikoiden i. v. (z. ß. Prednisolon).

• Zusätzliche Vernebelung mit Iprntropiumbromid (inhalativcs Anticholinergikum), ggf. in Kombination mit einem RABA. • Beruhigung der Paticntin, allerdings Veniclat auf ßenzodiazcpine aufgrundder atcmdepressivcn Wirkung. • Atemerleichternde Körperposition herstellen (Arme aufgest ützt, Lip penbremse). • Bei unzureichendem Ansprechen Eskalation durch - subkutane oder intravenöse Gabe eines RABA, z. B. Terbutalin s. c. oder Reproterol i. v. (cavc: bei Henvorerkrankungen). - Magnesiumsulfat i. v. - ·n1eophyllin i. v. (nur unter stationären Bedingungen) . • Intensivmedizinische Übernah me der Patientin prüfen bzw. umgehender Transport in eine Klinik in notärztlicher Begleitung.

Interpretation der Blutgasanalyse Ocr mit 7,48 leicht erhöhte pH-Wert und der mit 26 mmHg deutlich erniedrigte C0 2-Partialdruck sind Ausdn1ck einer hyperventilationsbedingten respiratorischen Alkalose. Oie eingeschränkte Oxygcnic run g wird durch einen erhöhten arteriovenösen Shuntfluss hervorgerufen (normal: bis t.u 5% des Hcrucitvolumens). Beim Asthmaanfall kommt es w r Minderhclüftung der Alveolen mit g~störtcm V.:ntil ations-Pcrfusions-V crhältni~. Das an nicht· bzw. minderventilierten Alveolen vorbeiströmende Blut wird unzureichend oxygeniert, sodass ein ges teigertes Shuntvolumen entsteht. Der Erhöhung des Shuntvolumens wirkt der sogenannte Eulcr-Liljcstra.ud-Effckt (= hypoxisehe Vasokonsttiktion) entgegen, der bei absinkendcm Sauerstofl'partialdruck in den Alveolen zu einer Vasokonstrik-tion der zufiih renden Blutgefäße führt. Dadurch werden der Shuntfluss redu1jert, die belüfteten Lungenabschnitte besser perfundiert tmd somit der Gasaustausch verbessert. Dennoch kann dieser Mechanismus das gestörte VentilationsPcrntsions-Verhältnis beim schweren Asthmaanfall nicht vollstiindig kompensieren. Langflistig fuhrt die h~-pox.i ­ sche Vasokonstriktion zur pulmonalen Hypertonie. 3.

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z. ß. llusten als Asthma-}\quivalent (Cough-Variant4. Formen der Erkrankung Man unterscheidet verschiedene Formen des Asthma bronchiale: • Extrinsisches Asthma oder allergisches Asthma: v.a. bei l)aticntcn mit Atopicncigung (häufig Heu· schnu pfen oder :1topische Dermatitis in Anamnese, positive f amilienanamnese). Es wird nach vorausgehender Sensibilisierungsphase durch Allergene gctriggert (z. B. Pollen, Tierepithelien), die eine !gEvermittelte allergische Sofortreaktion auslösen. Nachfolgend kommt es zur :VIastzelldegranulation mit Ausschüttung von Mediatoren (z. B. Histamin und Leukotrienen), die eine endobronchiale Obstruktion verursachen. Neben dieser Typ-I-Reakt ion kann auch eine lgG-vermittelte Spätreaktion vom Typ IV zum Krankheitsgeschehen beitragen. • Intrinsisches oder ukbtallcrgischcs Asthma: wird häufig durch Atemwegsinfektionen ausgdöst, ebenso durch eine Vielzahl weiterer nichtallergener Reize, z. B. NSAID (pseudoallergische Reaktion), körperliche Anstrengun g. inhalative Noxen, kalte Atemluft und emotionale Faktoren. Im Gegensat z zum allergischen Asthma sind die Reaktionen auf die Rt:i zc nicht erworben (keine Sensibilisierungsphase, nicht-lgE-vermilleh), sondern genetisch festgelegt. Unabhängig vom Auslös Tabelle 13.1 dargestellten Stufenplan (3 Grade: kontrolliertes, teilweise kontrolliertes oder unkontrolliertcs Ast hma). Dabei

wird der Grad der Asthmakontrolle regelmäßig überprüft und die 1l1crapic schrittweise intensiviert oder reduziert. Eine Optimierung der Kombinationstherapie steht dabei im Vordergrund.

Zusammenfassung Asthma bronchiale ist definiert als eine chronisch -entzündliche Erkrankung der Atemwege, die durch eine bronchiale Hyperreagibilitat sowie eine intermittierende, reversible Atemwegsobstruktion gekennzeichnet ist. Ätiologisch unterscheidet man das allergische. extrinsische vom nichtallergischen, intrinsischen Asthma bronchiale. Das charakteristische Symptom ist bei beiden Formen die anfa llsweise auftretende Dyspnoe mit exspiratorischem Stridor. Wegweisend für die Diagnostik ist die Lungeniunktionsprüfung. Die Therapie setzt sich aus einem kausalen (v. a. Allergenkarenz) und einem symptomatischen Ansatz (5-Stulenplan in Abhängigkeit der Asthmakontrolle) zusammen.

Tab. 13.1 Stufenplan für die Dauertherapie des Asthma bronchiale in Anlehnung an die Nationale Versorgungsleitlinie Asthma (2009, zuletzt geändert 08/20 13). Stufe

BeiBedarf

Dauermedikation

1

Keine

2

lnhalative Glukokortikoide (ICS) niedrigdosiert, Alternative: Montelukast (Leukotrienrezeptorantagonist, LTRA)

3

ICS niedrigdosiert plus lang wirksames. inhalatives ß,-Sympathomimetikum (LABA) oder ICS mitteldosiert, Alternativen: ICS niedrigdosiert plus LTRA oder ICS niedrigdosiert plus Theophyllin

4

ICS mittel bis hochdosiert plus LABA. Gegebenenfalls plus LTRA und/oder Theophyllin. Alternative zu LABA: LTRA und/oder Theophyllin

Zusätzlich zu Stufe 11: orale Glukokortikoide (niedrigste zur Kontrolle not>Nendige Dosis); bei lgE·vermittelter Genese ggf. zusätzlich Anti·lgE-Antikörper Omalizumab Genannte Alternative jeweils in begründeten Fallen.

5

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Morgendliche Kopfschmerzen

\

Ein 47-jähriger Bankangestellter stellt sich in Ihrer Hausarztpraxis vor, weil beim Blutspenden ein erhöhter Blutdruck aufgefallen ist. Auf Ihre Frage nach Beschwerden berichtet der Patient, dass er seit einiger Zeit unter morgendlichen Kopfschmerzen leide, ansonsten fühle er sich gesund. An Vorerkrankungen sind ein Di;~betes mellitus Typ 2 bekannt, der mit Metfom1in eingestellt ist, sowie eine Hypercholesterinämie, die mit Sinwastatin behandelt wird. Der Patient gibt an, seit seiner Jugend täglich eine Schachtel Zigaretten zu rauchen. Abends trinke er gelegentlich eine Flasche Bier oder ein Glas Wein. Da der Vater des Patienten seit Jahren in Ihrer Behandlung steht, wissen Sie, dass er an einer KHK erkrankt ist und sich kürzlich einer koronaren Bypass-Operation unterziehen musste. ' I

47-jährigcr Patient in adipösem EZ ( 176 cm, 94 kg, ßMI 30,4 kg/m 2) und altcrsentsprechendem AZ. Vitalparamcter: HF 78/min, BD rechts 185/105 mmHg, links 185/1 IOmmHg, AF I6/min; Temperatur 37,1 °C. Kopf und Hals: stark gerötete Gesichtsfarbe, ansonsten unauffällig. Herz: reine, regelmäßige 1-!T, keine pathologischen Geräusche. Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch, keine RG. Abdomen: Leber 2 cm unter Rippenbogen tastbar, ansonsten unauff.illig. Nierenlager: nicht klopfschmerzhaft Extremitäten: Varizen an beiden Unterschenkeln, sonst unautiallig.

I. Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Was wissen Sie über die .Messung des Blutdrucks?

2. Beschreiben Sie die Schweregradeinteilung der Erkrankung! ln welche Kategorie f:illt der Patient?

3. Beschreiben Sie die Formen der Erkrankung, die anband ihrer Ätiologie unterschieden werden!

4. Welche diagnostischen Maßnahmen sind sinnvoll?

5. Beschreiben Sie die Grundzüge der Therapie! Welches 1herapiezicl streben Sie bei diesem Patienten an? 6. Einige Wocben später treten akute Sehstörungen und Übelkeit auf. Der Blutdruck beträgt 240/145 mmHg. Was tun Sie? 53 Copynghted material

Fall14

I. Verdachtsdiagnose/Blutdruckmessung

Die Verdachtsdiagnose lautet arterielle Hypertonie. Typisch ist das weitgehende Fehlen von Symptomen (abgesehen von Kopfschmerzen berichtet der Patient über subjektives Wohlbefinden). Da der Blutdruck von vielen Faktoren beeinflusst wird (z. B. Tageszeit, physi· sehe und psychische Belastung), darf die Diagnose erst gestellt werden, wenn mindestens dreimal an 2 verschiedenen Tagen erhöhte Werte gemessen werden. folglich bestellen Sie den Patienten an einem weiteren Tag in Ihre Praxis ein und fUhren Kontrollmessungen des Blutdrucks durch. Um verlässliche Ergebnisse zu erhalten, muss die Blutdruckmessung standardisiert im Sitzen oder Liegen erfolgen und zum Ausschluss einer Seitendifl"erenz an beiden Armen (ggf. auch an den Beinen zum Ausschluss einer Aortenisthmusstenose). Eine vorherige Rubellha.se von 5 Minuten sowie eine Nikotin· und Kaffeekarenz von mindestens 30 Minuten sind eimm· halten. Die Arme sollten sich auf Herzhöhe befinden. Auf-erdem ist die Größe der Blutdruckmanschette dem Oberarmumfang des Patienten 140

> 110

< 90

der ge messenen Werte an einem anderen Tag an einer schweren arteriellen Hypertonie (Grad 3).

3. Formen der arteriellen Hypertonic Wird bei der Diagnostik keine Ursache gefunden, spricht man von einer primären (= e.sscnzicUcn) Hypertonie (> 90 % der Fälle). Sie ist multifaktorieller Genese und wird in etwa 60% der Fälle vererbt. Risikofaktoren sind u. a. Rauchen, Alkohol, Adipositas, Insulinrcsistcnz, Strc,ss und BewegungsmangeI. Die sekundäre Hypertonie (< 10% der Fälle) ist auf eine bestimmte Ursache zurückzufuhren: • Renale Hypertonic z. B. bei renovaskulären Ursachen (z. B. Nierenarterienstenose) oder renoparendt)'matösen Ursachen (z. B. Glomcrulonephritis oder Zystennieren). • Endokrine Hypertonic z. ß. beim p•·imären Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom), Phäochromozytom oder Cushing-Syndrom ( > Fall 05). • Kardiovaskulärc Hypcrtottic z. B. bei Aortenisthmusstenose. • Pharmaka-induzierte Hypertonic z. B. bei Einnahme von Östrogenen, Glukokortikoiden, NSAID, Ciclosporin A oder Amphetaminen. • Scltlafapnoe-bedingte Hypertonie.

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• Schwangerschaftsinduz-ierte Hypertonic bis zur Eklampsie. • Neurogene Hypertonic 7. . B. bei Enzt:phalitis oder erhöhtem Hi rndruck.

Merke Häufige Ursachen der sekundären Hypertonie sind die Nierenarterienstenose (NAST) mit einer atherosklerotischen (v. a. im höheren Alter) und einer fibromuskulären Form (v. a. junge Frauen) und der primäre Hyper· aldosteronismus (Conn-Syndrom).

4. Diagnostik Zur Basisdiagnostik der arteriellen Hypertonie und

Erfassung der kardievaskulären Risikos gehören neben der Anamnese (insbesondere Medikamente, kardievaskuläre Hisikofaktoren, Begleiterkrankungen) und der köqJerlichen Unters uchung: • L.abordiagnostik: Bestimmung von Kreatinln, Elektrolyten (v.a. Kalium), Lipiden, Gl ukose, Harns.'iure und TSH; im Urin Messung von Protein (Mikroal· buminurie?) und Glu kose. • EKG und EchokardiograJic: Hinweise auf dne linksventrikuläre Hypt:rtrophic:- oder eine KIIK? • Abdomcnsonografi e: llcurtcilung von )/ieren (Zys· tcnnieren? Schrumpfnieren?), Nebennieren (Tu•nor?) und großen Gel1ißcn (Ant:UT}'Sma? Steno· sen?). Eine weiterführende Diagnostik auf sekundäre Hypertonieformen (z. B. foarbduplexsonografie bei ~ie­ renarterienstenose, endokrinelogische Abklärung) ist lediglich bei begründetem Verdacht sinnvoll. Folgende klinische Zeichen sprechen fiir eine sekundäre lly· pertonie: • Pathologisches Blutdruckverhalten (z. B. fehlende Nachtabsenkung, Inversion Tag-Nacht-Rhythmus) in der 24-Stunden-Blutdruckmessung. • Erstmanifestation der arteriellen Hypertonie vor dem 30. Lebensjahr. • Hypokaliämie, die nicht anders zu erklären ist (Sc reening auf Conn·Syndrom).

• Anamnestlsche I!inweise oder autnillige körperliche Befunde ft.ir Phäochromozytom oder Cushing-S)rndrom. • TlJerapicrefraktärt: arterielle: llypt:rtonie (keine Kont rolle un ter Dreifachkombination). Bei diesem l'aticnten ngc:ben sich keint: I !in weise auf sekundäre Ursachen der Hypertonie, sodass die Diagnose einer essenziellen Hypert011ie gestellt wird.

Me r ke Die primäre Hypertonie ist eine Ausschlussdiagnose I

5. Titerapie

Die Indika tion filr eine Therapie erfolgt abhängig vom Grad der Blutdruckerhöhung und vom ka rdiovas!..-ulären Gesamtrisiko. Eine medikamentöse l11erapie kann bei hohem Risiko bereits bei hochnormale n Blutdruck· werten indiziert sein. Fiir die Behandlung der primären Hypertonie stehen ausschlief\lich symptomatische lberapieoptionen zur Verfügu ng. Bei der sekundären Hypertonie kann bei behandelbarer Ursache kausal vorgegangen werden (z. ß. Behandlu ng ..:int:r Niert:narterit:nstcnose), andernfalls erfolgt eine· 'fherapic wie bei primärer I lypcr· tonic. Unabhängig von der Hypcrtoniclorm sollte eine Basis· therapie mit allgcmeint:n, nichtmedikamentösen Maßnahmen (Lebensstiländcrungcn) erfolgen: • Gewichtsreduktion. • Salzarme Kost und Ernährungsumstellung auf obstund gemüsereiche Kost. • Nikotin- und Alkoholkarenz. • Vermehrte körperliche Aktivität durch Ausda uertraining. • l11erapie wei terer kardievaskulärer Rlsikofaktoren. Bei weiterhin unzureichender Blutdrucksenku ng wird zusätzlich eine medikamentöse Therapie eingeleitet: • Stufcntherapie: Beginn mit einer Monothera pie, die bei unzureichender Eflektivität um ein weiteres und ggf. um ein drittes Antihypertensh•um ergänzt wird.

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Fall14

• Primäre Kombinationsthcmpie: Beginn mit einer Zweifachkombination, im Verlauf Umstellung auf Dreifachkombination möglich. Zur Vcrfiigung stehen daftir Diuretika, ACE-Henuner, An giotensin-Rt-zeptorblocker, Kai ziumantagonisten und ßetablocker sowie Reserveantihypertensiva (zentral wirkende Antihypertensiva, a 1- Blocker, arterioliire Vasodilatatoren). Bei einer Zweifachkombination wird meistens mit einer Kombination aus einem Diuretikum und einem anderen Antihypertensivum der ersten Wahl begonnen. Die Auswahl eines C\kdikaments bzw. der Kombination richtet sich nach den Begleiterkranktmgen und Endorganschäden, z. B. : • Bei Herzinsuffizienz und KHK Behandlung mit einem ACE-Hemmer und Betablocker. • Bei Diabetes mellitus Gabe eines ACE-Hemmers oder Angiotensin-Rezeptorblockers aufgrundder nephroprotektiven Effek-te (v. a. bei diabetiseher Nephropat hie). Pri märes Ziel der Hypertoniebehandlung ist die dauerhafte Senkung des Blutdrucks auf< 140/90 mm Hg und bei alten Patienten > 80 Jahre auf einen systolischen Blutd ruck < 150 mmHg. Bei therapieresistenten Hwertonieformeu kann auf Reserveantihypertensiva zurückgcgritren werden. Seit Kur7.Cm ist mit der renalen sympathischen Denervation ein intcrvc::ntiunclks blutdrucksenkendes Verfahren verfügbar (Daten zur langfristigen Effektivität und Sicherheit fehlen noch).

Me r ke Die medikamentöse Therapie ist häufig eine Oauertherapie, die lebenslang erfolgen muss.

6. Ambulante Erstbehandlung Jcs hypertensivcn Notfalls Sehstörungen und Übelkeit in Kombination mit dem stark erhöhten ßlutdruck sprechen für einen hypcrtensiven Notfall. Ziel der ambulanten Erstversorgung ist die schnelle medikamentöse Senkung des Blutdrucks, jedoch höchstens um 30% des Ausgangswerts in der ersten Stunde. Zur Verfügung stehen Nitroglyze rin als Spra}' oder Kapsel, Urapidil i. v. oder Nifedipin oral (kontraindiziert bei ACS). Die weitere Abklärung und Behandlung sollte stationär erfolgen, sodass der Patient mit Notantbegleitung in das nächstgelegene Krankenhaus eingewiesen werden sollte.

Zusammenfassung Die arterielle Hypertonie ist nach neuen Leitlinien defin iert als eine Blutdruckerhöhung, bei der Diag1ostik und Therapie für den Patienten von Vorteil sind. Klinisch werden verschiedene Einteilungen verwendet, als Grenze eines hoch normalen Billtdrucks gilt nach ESH/ESC-Kiassifikation 140/90mmHg. Anhand der Ätiologie unterscheidet man zwischen primaren (ca. 90% der Fälle) und sekundären Hypertonieformen (ca. 10% der =älle). Die Erkrankung verläuft meist asymptomatisch. Kommt es dennoch LU Symptomen, klagen die Patienten häufig über Kopfschmerzen, Sehstörungen. Angina pedoris und Belastungsdysnoe. Neben Anamnese und körperlicher Untersuchung gehören verschiedene Blutdru(kmessungen und laborchemische Untersuchungen von Blut und Urin zur Basisdiagnostik. Während sekundäre Hypertonien teilweise kausal therapiert werden können, wird die primäre Hypertonie symptomatisch mit allgemeinen Maßnahmen (Lebensstiländerung) und Medikamenten behandelt. Es stehen mehrere Substanzen der ersten Wahl zur Verfügung, die abhängig von Risikofaktoren und Begleiterkrankungen häufig kombiniert angewandt werden.

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Müdigkeit und Abgeschlagenheit

"'

l

Ein 27 -jähriger Arz.t konunt wegen Neueinstellung zur betriebsärztlichen Untersuchung. Ihm ginge es prinzipiell gesundheitlich gut Bei der Systemanamnese gibt er zögerlich zu, sich manchmal ungewohnt müde und abgeschlagen zu fühlen. Er treibe trotzdem viel Sport und sei in seinem Alltag nicht eingeschränkt. Andere Symptome habe er nicht bemerkt. Alkohol würde er nur selten trinken, geraucht habe er nie. Die körperliche Untersuchung ist unauflällig. Sie nehmen Blut ab und schicken auch Serum zur virologischen Untersuchung. Dabei erwähnt der Patient, die Hepatitisimpfung bisher versäumt zu haben, diese aber nun nachholen zu wollen.

r Lcukm.)•tcn 4,6 Tsd{f.il; Eryth rozyten 5,40 Miolf.il; Hh 13,9gldl; Hkt 42,5%, MCV 82,0 Cl; MCH 26,9pg; MCHC 32,8 g/dl; Thrombo1.ytcn 208 Tsd/1!1; Quick 100 %; INR 1,0; Natrium 138 mmol/1, Kalium 4,3 mmol/1, Harnstoff 29mg/dl; Scrumkrcatinin 1,05mg/dl; GOT 144 U/1; GPT 287 U/1; y-GT 42 U/1; Hilirubin gesamt 0,9mgldl; Albumin 3,8gfdl. Hepatitisserologic: Anti-HA V-lgM negativ; Anti-HAV -lgG negativ, HBs-Ag positiv; llße-Ag positiv; AntiHBc-lgM negativ; Anti-HBc-lgG positiv; Anti-HBs negativ; Anti-Hbe negativ; HBV-DNA positiv(> 100.000 Kopien/m i); Anti-HDV negativ und Anti-IICV-IgG negativ.

I. Wie lautet die Diagnose? Was fällt Ihnen an den Laborwerten auf? Beschreiben Sie diese!

2. Welche anderen virusserologisch en Konstellationen können bei d er Erkrankung auftreten?

3. Welch e klinischen Verlaufsfonnen und Kom plikationen können bei dieser Erkrankung auftreten?

4. Was wissen Sie zur Epidemiologie und Übertragung des Virus?

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5. Welche nu~rapiemöglicbkeiten kommen infrage?

6. Was wissen Sie generell zur Prophylaxe der Erkrankung?

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Fall15

l. Diagnose

Oie Konstellation weist auf eine chronisch-infektiöse Hepatitis ß hin: positii'('S Bßs- und l lße-Antig.:n bei fehlenden cntspn:chendcn Antikiirp.:rn SOIViC positiver JlßVDNA. Das positive Anti-lllk-lgG zeigt in diesem Fall nur den Zustand nach HBV-Primärinfektion an. Da bisher keine Serokonwrsion 1·on HBe-Ag zu Anti-Hße erfolgt und die Anzahl der HBV-DNA-Kopien hoch ist, besteht eine Phase mit entzündlicher Aktivität. Auch die Trans;uninasen belegen eine Hepatitis (Dc-Ritis-Quoticnt ;ms GOT und GPT < 1). DieSyntheseleistung der Leber ist aktuell normal (Nonnalwe11e von Album in und QuickWert). Die restlichen Laborbefunde sind unautfallig. Die di. fferenzialdiagnostisclt in Betracht komm enden anderen Hepatitiden können serologisch ausgeschlossen werden. Eine Infektion mit de m Hepatitis-A-Virus ist bisher nicht erfolgt (negative Antikörper), auch eine Super- oder Koinfekt ion mit dem Hepatitis-U-Virus liegt nich t vor. Bei negativem Anti-HCV-IgG gibt es k111·t nach der Infekt ion eine diagnos tische Liicke. Im Zweifel sollte zum Ausschluss einer Infektion mit dem Hepatitis-CVirus eiJle Bestimmung der HCV -RNA erfolgen.

2. Konstellationen der Virusserologie

Abhängig von der Vcrlaufsform ergeben sich verschiedene Konstellationen S}le'lifischer Antigene und Antikiir}ler, die in > Tabd ie 15.1 dargestellt sind. Die serologische Diagnostik sollte einem Stufenschema fol gen, beginnend mil Tests auf HBs-Ag sowie J\nti- Hßc {Gesamt-lg, falls positiv auch Anti-II Bc-IgM).

Eine akute Vi rushepatitis wi rd als chronisch bezeichnet, wen n sie nach 6 Monaten nich t ausgeheilt ist. Die Viruspersistenz geht mit einem positi ven I Ißs-Ag einher. Wie in uns.:rcm Fall ist Anti-Hßc-lgM dann meist negativ, sodass eine akute, frische Infektion ausgeschlossen werden kann. Solange HßsAg und II ßeAg nac hweisbar sind, muss von Infektiosität ausgegangen werden, zusiit7lich spielt auch die Menge der ausgeschiedenen HBV-DNA eine Rolle (bei negativer HBVDNA kei ne Infektiosität).

3. Verlaufsformen und Komplikationen Die meisten Patienten (::: 70 %) haben eine klinisch inapparente Hepatitis-B-Infektion; etwa 30% erkranken an einer akuten Hepatitis (Ikterus. Anstieg der

Transa minasen).I n etwa 99% der akuten Fälle heilt die Infektion aus. Bei den verbleibenden FäUen kommt es zum fulminanten akuten Verlauf, der zu einer Lcberinsutlizien:t führt, die im Labor anha nd der ver minderten Syntheseleistung (Quick ~ , INR I . Albumin t , Cholinesterase ~) erkennbar wird, und im akuten Leben•ersagen (Gerin nungsstöru ng, Ikterus, Bewusstseinsstörung) tödlich enden kann (Letalität 50%). In 5- IO% aller Fälle kom mt es zum chron ischen Verlauf mi t Viruspcrsistcnz, cnt weder in Form einer immu naktiven l lepatitis (hochvirämische f orm, d wa 30 %) oder al~ immuninaktive lllls-Trägerschaft (niedrigvirämische ~orm, etwa 70 %), die sich konsekutiv entwickeln kiin ncn. Bei jiihrlich 5- 10 % erfolgt eine Scrokonvcrsion von 1-IBeAg zu Anti-Hße und damit zur inaktiven, asymptomatischen Verlaufsform (IIBs-Trä-

Tab. 15.1 Marke rkonstellationen verschiedener Verlaufsformen einer HBV-Infektion. Verlaufsform

Anti-HBc-lgG

Akut

+ Chronisch aktiv + ln a~tiver Hßs+ Träger Ausheilung

+ +

+

Im pfimmu nität

+

+ +

+

+

±

+

+ - 1(+)

t 1

+ +

Normal/t

-1(+)

Normal/( t l Normal Normal

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ger). Eine spontane Ausheilung (Verschwinden der 1-l ßV-DNA) ist sdtcn ( I %/Jahr). Neben vcrschiedcncn extrahepatischen Manifestationen (z. ß. Arthritis, Glomcruloncphritis) sind ht:i der chronischen Hepatitis folgende Komplikationen rd cvan t, die I'Or allem bei hohcr Vir usl a~t (I 04 Kopien DNA/ml) auftreten: • Leberzirrhose: Etwa 20 % der Patienten mit chronisch aktiver Hepatitis (positives HßeAg) entwickeln nach 10 Jahren eine Leberzirrhose. • Prim;ircs Leberzellkarzinom (IICC): Bei chronisch aktiver Hepatitis (positives HBeAg) besteht ein um den Faktor 60 erhöhtes Risiko für ein HCC. Von den Patienten mit virusassoziierter Leberzirrh ose erkran ken 5% pro Jahr an einem HCC.

Merke Während die Hepatitis-B-Inlektion bei Erwachsenen in 90- 95% der Fälle spontan und folgenlos abheilt, beob· achtet man bei Neugeborenen mit perinataler Infektion in 90% der Fälle einen chronischen Verlauf.

4. Epidemiologie und Obertragung.~wege Das He patitis-tl-Virus (IIHV) ist ein DNA·Virus, d;1s weltweit abhängig von der geografischen Lage unterschiedlich häufig vorko mmt. So findet man in Zentralafrika und Südos tasien bei mehr als 8% eine chroni· sehe Infektion. In Deutschland sind 0,6% HbsAg-Träger und damit chronisch infiziert. Die HBV -Übertra· gung erfolgt parenteral, sexuell oder perinatal. In Risikogruppen z. B. bei i. v.-Drogenabh;i ngige n und medizinischem Personal breitet sich das Virus bevorzugt parenteral aus, in Ländern mit hohcr Prävalenz bevorzugt ve rtikal {perinatal) von der chronisch infi· zierten Mutter auf das Neugeborene. Manchmal lässt sich der Infektionsweg nicht klären.

Merke Etwa 60% der Hepatitis·B·lnfektionen werden sexuell übertragen.

5. 'U1erapie

Die Therapie erfolgt abhängig davon, ob es sich um eine akute oder chronisch ••ktive llepatitis-B-lnfektion handelt. Bei dcr akuten Hepatitis sind folgende Aspekte von Bedeutung: • Allgcmcinmaßnaluncn: Meiden lebertoxischer Substanzen (z. B. hepatotoxische Medika mente, Alkohol), körperliche Schonung. Überwachung von Transaminasen und Syntheseparametern der Leber. • Keine antivirale 11terapie: aufgrund der hohen Spontanheilu ngsrate nicht sinnvolL • Keine Gabe von Glukokortikoideu: behindern Viruseli mi nation, verschlechtern Prognose. • Fulminante Hepatitis und aJ..'tltes Lebcrvcrsagcn: bei frühen Anzeichen einer Leberinsuffizienz Lami· vudiu sinnvoll (geringere Transplantationsrate). ggf. Indikation t-ur Lebertransplantalion stellen und frühzeitige Verlegung in Transplantatze ntrum organisieren. ßei der chronischen Hepatitis sind neben Allgemein· maßnahmcn (s. o.) abhängig von der entzündlichen Aktivität {HßV-DNA, Transaminasen, ßiopsiestatus) und der vorhandenen Kornplikationen antivirale 'fherapiemaßnahmen sinnvoll. Das Ziel ist eine dauerhafte Suppression dcr HBV-DNA unter die Nachweisgrenze sowie eine Serokonversion von HBcAg zu Anti·Hßc: • a·lnterferone: subkutane Applikation, häufig NW (z. B. Myalgien, grippeähnliche Symptome und Fieber), pegyliertes Interferon a bietet patientenfreundli· chere Anwendung (nur I x{Wochc s. c.), Kl: z. B. dekompensierte Leberzirrhose, Autoimmunerkrankungen, Schwangerschaft. Dauer 2·1-48 Wochen. • Nukleosidanaloga (z. B. Lamh'udin, Entecavir, Tclbivudiu) und Nukleotidanaloga (z. B. Tenofo· vir): bei Versagen, NW oder KI einer lnterferonthera pie. Orale ·rnerapie; Resistenzen sind teilweise möglich (z. B. gegen Lamivudin). NW: gastro intesti· nal und nephrotoxisch (insbesondere Nukleotidanaloga). Die speziellen MaH nahmen erfordern bei der chroni· sehen Hepatitis ß eine langfristige Medikation von bis zu einem Jahr und länger je nach Medikament und An59

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Fall15

sprechen. Die IIBV -DNA sollte im Vcrlauf regelmäßig kontrolliert werden. Bei unserem Patienten besteht bei chronischer llepati· tis n mit positive n 1-lßs-Ag und Hße·Ag sowie erhöhten Transaminasen die Indikation 7.ur antiviralen Therapie. Entzündliche Aktivität und Fibroseausmaß lassen sich durch eine Leberbiopsie bestimmen. Abhängig vom Genotyp und bei fehlenden Kl kann in erster Linie pegylicrtes Interferon gegeben werden.

des llßs-Titcrs im Verlauf(erfolgrcichc Immunisierung, wenn Anti-Hßs-Titer > 100 lE/1), in Kombina· tion mit Immunisierung gegen Hepatitis A möglich. • Passive Immunisierung (postcxpositiondl) erfolgt als aktiv-passive Impfung mit HBV-Irnmunglobulin und aktiver Impfung (HikAg), indiziert bei Neugeborenen Hßs-Ag-positiver Mütter und nach Verletzung mit HBV-infektiösern Material innerhalb von 48 Stunden nach Ex position.

Zusammenfassung 6. Prophylaxe

Zunächst sind AUgemeinmaßnahmen wichtig, die die Hygiene verbessern und Schut-t vor einer HBV-Übert rCh ist das thorakale Druck- oder Engegefühl mit ausstrahlendem Charakter (z. B. Arm, Hals) bei körperlicher Belastung (hier W 55 Jahre. Weitt:te Risikofaktoren sind körpe rl iche Inaktivität, Adipositas, l lypcrtriglyzcridämic, Lipoproteinerhöhung und Thrombophilic.

3. Verlaufsformen

Bei der KIIK werden je nach klinischer Symptomatik unterschiedl iche Verlaufsformen abgegrenzt: • Stabile Angina pectoris: Der auslösende Mechanismus (z. B. körperliche Belastung) ist reproduzie rbar und führt regelmäßig zu pektanginösen Beschwerden, die in Ruhe oder auf die Gabe von Nitraten sis· tieren. • Instabile Angina pectoris: jede Erstangina bei zuvor asymptomatischen Patienten (primär instabile AP). Davon unte rschieden wird die sekundä r instabile AP, die sich durch rasche Zunahme der Häufigkeit, Schwere und Dauer (Crescendo-Angi na) der Beschwerden oder nachlassendes blw. fehlendes Ansprechen auf Nitrate oder eine nuhe·Angina auszeichnet. Die Gefahr eines aku ten Myokardin· farkts ist erhö ht, cla der ins tabilen Al' einedynami sehe Koronarstenosierung zugrunde liegt. Dt:r Bt:griff akutes Ko ronarsyndro m fasst drt:i akute Vc rlauf.~formcn der KIIK zusammen: instabile AP, Nicht-ST-Strecken-Hebungsinfarkt {~STEM I ) und STStrcckcn-l l cbungsinfarkt (STF.M 1). • Sonderformen: u. a. Walk-'lh rough-Angina mit Sistieren der AP bei weiterer Belastung (du rch vaso· dilatierende Metaboliten). • Prinzmctal-Angina: dlLrch Koronarspasmen. Sie führt t)•pischerwei~e in Ruhe zu Symptomen, die mi t reversiblen ST-IIebungen einhergehen können (oh ne Hcrzenzymveränderung). • Strcss- Kardiomyopalhie (Synon)•m Tako-TsuboKardiomyopatltie): reversible linksventrikuläre Dysfunktion mit meist apikaler Wandbewegungsstörung, infarktähnlichen ST-Hebungen und positiven Herzenzymen. Die Korenarien sind unauffiillig. Betroffen sind v. a. Frauen > 60 Jahre, häufig bestehen psychische Relastungssituationen.

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Ir> Ruhe

4. Diagnostik Trotz der häufig typischen Symptomatik kommt der Stufendiagnostik bei der KlJK eine besondere Bedcutungzu: • l.abor: Bestimmung laborchemischer Risikofaktoren (z. B. Cholesterinwerte, Nüchtern plasmaglukose), Ausschluss Anämie (kann AP-Symptomatik auslösen), ggf. Bestimmung herzspezifischer Biomarker 7.um Ausschluss eines akuten M)•okardinfarkts. • Ruhc-EKG: eingeschränkte Aussagekraft, da selbst bei schwerer KHK in Ruhe unauffiillige Befunde möglich sind, ansonsten können sich unspezifische Veränderungen (T· Negativierungen, ST-Streckenveränderungen) zeigen. • Bclashlllgs-EKG: dient der Objektivieru ng einer Myokardischämie mittels zunehmender körperlicher l.klastung z. B. bei halb liegender Fahrradergn· metrie. Typisch flir eine induzierbare Myokardisch· ämie sind ho1izontale oder deszendierende ST·Streckenscnku ngen (2: 0,1 mV in Extremitätenablei tun· genu nd 2: 0,2 mV in Brustwandableitungen, > Abb. 18.1). Die Methode ist auf die Mitarbeit des Patienten angewiesen. Es sollte mindestens eine submaximale Abbruchshcnfrequenz (Näherung: 200 - Lebensalter) erreicht werden. • f.chokardiogr-o~fie: Beurteilung der li nksven trikulären Funktion und von Wandbewegungsstörungen (z. B. bei abgelaufenem tvlyokardinfarkt) sowie der Klappenfunktion, insbesondere bei autnilligcr Auskultation, pathologischem EKG oder Zeichen der Herzinsuffizienz. • Strcss-Echokardiografie: Induktion von kardialem Stress entweder durch körperliche Belastung (Ergometrie) oder Pharmaka (7•. B. Dobutamin) mi t der Frage nach Wandbewegungsstörungen in Folge einer Myokardischämie. sensitivere Lokalisation der Ischämie im Vergleich zum Belastungs-EKG. • Myokardszintigrafic: bei unklaren Bellmden. Es erfolgt eine körperliche oder pharmakologische Belastung unter Gabe eines radioaktiven Markers (z. B. 201.rhallium i. v.) zur Darstellung einer Myokardper· f11sionsstörun g.

-

Unter Bel•>lung

ST -Strecken -Senkungen

Abb. 18.1 Belastungs·EKG mit ST·Senkungen in V ,-v. bei Belastung. [M 183I

• PF:l': Verfahre n zur Darstellung der Myokardvitalität, ~odass avitalt:s, narbiges Ce wehe von vitalem Gewebe (Hi bcrnating myokardium) un terschieden werden kann. Teure Untersuchung, die nicht überall verfiigbar ist. • Kardio-CT und Kardio-MRT: d ienen dem Nachweis von Koronarstenosen (z. B. sind Verkalkungen in den Koronarien im er erkennbar). Diese Verfahren we rden laufend weiterentwickelt, bieten aber nicht die Möglichkeit einer Intervention und sind nach l.eitlinien nicht primär empfohlen. • Koronarangiografic: invasives, röntgenologisches Verfah ren, das bei V.a. KHK aufgru nd pathologischer Belastungstests sowie bei akutem Koronarsyndrom angewendet wird. Das Verfahren dient der objektiven Lokali~ation der Koronarstenosen durch Kontrastmittelapplikation sowie Darstellung in digi· 71

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Fall18

talcr Bildtechnik und erlaubt außerdem eine direkte perkutane koronare Intervention (PCI). ßei dicscrn Patienten sollten 7.unächst ein Ruhe· EKG und kur?.fris tig eine Echokardiogr:1fic erfolgen. Aufgru nd der instabilen AP ist die Belastungsuntersuchung kontraindizicrt. Daher sollte cine Koronarangio· grafie erwogen werdl'n, um d ie Diagnose zu sichern und ggf. signifikante Stenosen zu b Bild /).- und BSG-Erhöhung) sind zwar typisch, aber wenig spezifisch für die infektiöse Endokarditis. Die l N R-Erhöhung ist wahrscheinlich auf eine therapeutische Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten nach mechanischem Aortenklappenersatz zurückzuführen. Wei tere charakteristische Befunde der infektiösen Endokardi tis wären: • Ein neu aufgetretenes Herzger'.iu.~ch bzw. die Aggravierung eines vorbestehenden l-ler7.gträuschs. • Janew·.1y-täsionen: schmerzlose palmar oder plan· tar auftretende, hämorrhagische Uisioncn. • Roth-Fiecke: ovale retinale Blutungen. Di1ferenzialdiagnostisch kommen alle Erkranku ngen in Betracht, die chronisches Heber oder B-Symptome (Fieber > 38 •c, Nachtschweiß, ungewollter Gewichts· vertust > I 0 % des Körpergewichts in 6 Monaten) hervorrufen können. llierzu gehören vor allem Malignome, chronische Infektionen (z. B. Tuberkulose) sowie Erkrankungen aus dem rheu matischen Formenkreis (z. B. SLE, rheumatoide Arth ritis).

2. Einteilung Oie foudroyant verlaufende akute, septische Endokat· dilis wird von der schleichend verlaufenden subakuten Endokarditis (Endocarditis lenta) abgegrenzt. Aulltrdcm unterscheidet man zwischen Nath·- und Prothe· senklappencndokarditis. Tritl die Endokarditis innerhalb eines Jahres nach einem Klappenersatz auf, spricht man von einer frühen, danach von einer späten Prothesenkh,ppcnendokarditis. f-erner wird die deutlich häufigere Linksbcrzendokarditis, bei der die Mitratoder die Aortenklappe betroffen sind, von der prognostisch besser einzustufenden Rechtsherzendokarditis abgegrenzt (Risiko: i. v.-Drogenabusus, ZVK, Port), die meist mit dem Befall der Trikuspidalklappe einhergeht.

Me r ke

• Pilze: ca. I %. • Selten: z. B. CoxieUa burnetü und Bakterien der sog. HACEK-Gruppe.

Pathogenese und Erreger Die infektiöse Endokarditis ist eine crkrankung des En· dokards und!oder der Herzklappen, die trotzoptimaler 'Jhcrapie mit einer hohen Letalität einhergeht (2030 %). Pathogenetisch kommt es im Bereich von Endo· kardläsioncn, die insbesondere an mechanisch stark beanspruchten Strukt uren auhreten (v.a. Mitra!- und Aortenklappe betroffen), zur Ablagerung von sterilen thrombotischen V egctationcn, die einen idealen Nährboden flir Erreger bilden. Bei 1.llsätzlicher transit(lrischer Bakteriämie (z. U. iatrogen oder bei lnfekti· onskrankhcitcn) ist eine Besiedlung der initial kei m· freien thrombotischen A uflagcrung 1nit permanenter Bak1eriämie möglich. ln der Regel kommt es zur Dest· ruktion des Klappen••pparats mit Klappeninsutlizienz. Die häufigsten Erreger sind ( > Tab. 19. 1): • Staphrlokokkcn: ca. 50 %, Tendenz steigend. • Streptokokken: ca. 30%, tendenziell rückläufig, v.a. vergrünende Streptokokken ( = Streptococcus .,;. 3.

ridans).

• Enterokokken und gramnegative Bakterien: ca. 10 %.

Leitsymptome der infektiösen Endokarditis sind Fieber und ein neu aufgetretenes Herzgeräusch.

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1. Komplikationen Im Rahmen einer infektiösen Endokarditis können u. a. folgende Komplikationen auftreten: • Kardial: 7.. B. I lcrzinsuffizienz, paravalvulärcr Abszess, hühergradige AV-nlockierungcn (v. a. bei Aortenklappenendokardi iis). • Extrakardial: z. B. zentrale und periphere Embolisationen, septischer Schock, septische Milzruptur, Nephritis.

5. Diagnostische Maßnahmen/ Diagnosekriterien Bei klinischem Verdacht auf eine infektiöse Endokarditis sind die beiden folgenden .\Iaßnahmen am wichtigsten: • Abnahme serieUer Blutkulturen: mindestens drei Sets Ueweils aerob und anaerob) mit separaten Entnahmen vor 1l1erapiebeginu. Nicht auf den Fieberanstieg warten (konti nuierliche Bakteriämie!). Ziel ist de r kult urelle Erregernachweis sowie die Hesistenztestung des Keims, sodass eine erregergerechte antibiotische Therapie durchgeHihn werden kann. Die Verdachtsdiagnose einer infektiösen Endokard itis muss dem Labor mitgeteilt werden, sodass eine ausreichend lange ßcbrütungszeit zum Nachweis langsam wachsender Keime gewäh rleistet wird. Dennoch kann in 10-20 % der Fälle kein Keim nachgewiesen werden (7.. ß. häufig bei an tibiotischer Vorbehandlung). • Ttansösophagcalc I~hokardiografie (TEF.): l !ll11 Nachweis von Vegetationen und paravalvulären Abszessen; liefert zusätzliche Informationen über die kardiale Funktion und den Klappenstatus und dient im Verlauf auch der 1herapiekontrollc. Im Vergleich zur transthor;lkalen Echokardiografie (TTE) ist mit dem TEE eine bessere Beurteilung der Herzklappen möglich. Fiir die Diagnose der infektiösen Endoka rditis werden die modifizierten Duke-Kriterien herangezogen. Aufgru nd u nterschiedlicher Gewichtung der einzelnen Aspekte werden Major- von i\ünorkrilerien abgegrenzt. Die Diagnose gilt als gesichert, wenn zwei Majorkriterien oder ein l\·1ajor- und drei l-.·t inorkriterien oder fü nf Minorkriterien erHiUt werd en.

Majorkritericn: • Gesicherter Erreger: Zwei positive Blutkulturen mit typischem Erreger. • Positive F.chokardiografic (7.. ß. flottierende Klappenvegetation, neue Klappeninsuffizicn7.) oder neu aufgt:trd cnes lnsuffizienzgc räusch. Minorkriterien: • Prädisposition: z. ß. Kl appenprothese, bekanntes Vitium oder i. v.-Drogenabusus. • Temperatur> 38,0 •c. • Vaskuläre Befunde: z. B. arterielle Embolien, intrakranielle oder konjunktivale Blutungen, JanewayLäsionen. • Immunologische Phänomene: z. B. Osler-Knötchen. Roth-Flecke, Glomerulonephritis. positiver Rlleumafaktor. • Mikrobiologische Befunde, die nicht die Major- Krite rien erfüllen (z. B. eine positive Blu tkultur mit typischem Erreger, positive Serologie).

6. Therapie/ Endokarditisprophylaxe Grundsätzlich erfolgt die Behandlung der infektiösen Endokarditis interd isziplinär durch Kardiologen, Herzchirurgen, Mikrobiologen und lnfektiologe n. Die Antibiotika werden intravm iis für mindestens 2-6 Wochen gegeben. Bei kli nischem Verdacht auf eine akute Endokardi tis wird unverzüglich nach Abnahme serieller Blutkulturen mit einer empirischen Antibiotikaga· he begonnen. Die Medikamentenauswahl richtet sich nach dem Klappenstatus des Patienten (Nativ- vs. Klappenprotbese). ln > Tabelle !9.1 sind Antibiotikakombinationen einer kalkulierten Initialtherapie aufgeführt. Bei positiven Kulturergeb nissen wird die Auswahl resistenzgerecht optimiert. ßei Gabe potenziell toxischer Substanzen z. B. Vancomycin oder Gentamicin muss deren Spiegel regelmäßig bestimmt und die Nierenfunktion überwacht werden (ggf. Dosisanpassung). Bei etwa der Hälfte der Patienten ist zusätzlich ein operath•er Klappencrsatz indiziert, weshalb die Kardia chi rurgie frühzeitig in die ll1erapie eingebunden werden sollte. Eine 01'-lndikation ist z. B. die paravalvuJäre Abszessbil.dung, bei der im Abszessbereich in der 75

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Fall19

Tab. 19.1 tmpirische Initialtherapie bei khmschem Verdacht auf infektiöse Endokarditis. Häufigste Empfohlene Erreger Antibiose Nativklappen· endokarditis

Frühe Klappen· prothesenendokarditis (< 12 Monate nach OP)

(Methicillinsef'ls b- AmpiCIIIin/$ulbac· le) Staph. aureus tam ~ Gentamiein Streptokokken. oder Enterococcus Vancomycin + faecalis Gentamiein + Cipro floxacin (Methicillinresistente) Staph. aureus, lcoagulasenegative Staphylokokken, gramnegative Bakterien

Späte KlapWie penprothesen· Nativklappen· endokarditis endokarditis (> 12 Monate nach OP)

Vancomycin • Gentamiein + Rifampicin

werden. lndik;ltionen sind vorhandene Klappenprothesen (biologisch und mechanisch), eine durchgemachte Endokarditis, angeborene und nichtkorrigierte zyano· tische Vitien SO\\'IC Klappenrekonstruktionen mit Fremdm aterial (fUr 6 Monate).

Merke Die infektiöse Endokarditis endet unbehandelt tödlich. Da sich der Erregernachweis häufig schwierig ge· staltet, muss auch bei klinischer Verdachtsdiagnose ohne positive Blutkulturen mit einer empirischen An tibiotika· therapie begonnen werden.

Zusammenfassung

Wie Nawklappen· endokarditis

Regel kcinr ausreichende n Antibiotikakonzent rationen erreicht werden, sodass eine Sanierung nur chirurgisch gelingen kann. Zur Endokarditisp rophylaxe sollten llochri.\ikopa· tienten 30-60 Minuten vor bestimmten Proleduren (7. ß. zahnarttliche Eingri ffe mit Pcrroration der Gingi· va oder oralen Mukosa) einmalig oral Amoxicillln (oder Ampicillin i. v.) erhalten. Bei einer Penicillinaller· gie kann ;llternativ Clindamycin oral oder i. v. gegeben

Die infektiöse Endokarditis ist eine meist bakteriell verursachte entzündl1che Erkrankung des Endokards und/oder der Herzklappen, die oft septisch verlauft Am häufigsten betroffen srnd die Aorten· und die Mitralklap· pc. Das leitsymptom ist Fieber in Kombinat on mrt ei nem neu aufgetretenen HerLgeräusch. Die Abnahme serieller Blutkulturen sowie die transösophageale Echokar· diografie (TEE) stellen die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen dar. Zur Diagnosestellung werden die Duke-Kriterien verwendet. Die Behandlung besteht aus einer magliehst erregergerechten antibiotischen Thera pie, die bei bestrmmten lnd1katronen (z. B. paravalvularer Abszess) durch eine operalive Sanierung ergärzt werden muss. Unbehandelt ist die Prognose infaust, bei opti· maler Therap:e überleben über 75 % der Patienten. Zur Endokarditisprophylaxe sollten Hochrisikopatienten (z. B. nach Klappene1satz) vor bestimmten Eingriffen ein· malig ein Antibiotikum (z. B. Amoxicrllin) erhalten.

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Aszites und Sklerenikterus

I .., ..,

Nachdem ein 58-jähriger Patient vor 4 Tagen ein anderes Krankenhaus gegen ärztlichen Rat verlassen hat, stellt er sich erneut mit zunehmender Abgeschlagenheil und Sklerenikterus in der Notaufnahme vor. Außerdem habe der Bauchumfang seit einem halben Jahr deutlich 7.ugenommen. Die hinzugeeilte Frau berichtet, dass ihr Mann in letzter Zeit manc hmal verwirrt und schläfrig gewesen sei. Medikamente würden nicht eingenommen, geraucht habe er nie und seit einem Ehestreit vor 3 Monaten trinke er keinen Alkohol mehr, davor allerdings 0,5- 0,751 Wein/Tag. Den llausarzt habe er lange nicht besucht.

58-jähriger Mann (184 cm, 72,3 kg) in hcrabgcset7.tem AZ und schlankem EZ, Sklerenikterus beidseits, brauner Teint mit multiplen Spider nacvi, Palmarerythem, kein Flapping-Tremor. Kopf: Schleimhäute bl::tss, LK unauffallig. Herz: reine, regelmäßige HT, keine pathologischen Ger.iuschc. Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeriiusch. keine RG. Abdomen: Aszites, weich, indolent, kein DS, keine Resistenzen, positive Darmgeräusche, keine Hepatosplenomcgalie palpabel, Bauchglatze, geringe Venenzeichnung periumbilikal. Extremitäten: leichte periphere Odeme, Pulse allseits tastbar. Neurologisch orientierend unauffällig.

r Leukozyten 8,4 Tsd/fll; Erythrozyten 2,86 Mio/1!1; Hb I 1,5g!dl; Hkt 32,5%; MCV 108,4 fl; MCH 37, 1pg: MCHC 34,2 g/dl; lluombozyten 125 Tsd/!Jl; Quick49 %; lNR 1.41; PTT 48 sec; Natrium 135 mmol/1, Kalium 3,8 mmol/1, Harnstoff 16 mgldl; Serumkreatin in 0,77 mg!dl; GOT 70 U/1; GPT 28 UJI; y-GT 77 U/1; Bilirubin gesamt 2,7 mg! dl; Albumin 2,18g!dl, Cholincsterase 1.022 U/1.

1. Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie? Welche Differenzialdiagnosen kommen in Betracht?

2. Welche weiteren Untersuchungen fUhren Sie durch? Begründen Sie diese!

3. Welche Stadien der Erkrankung lassen sich abgrenzen? 4. Welche nterapiemaßnahmen leiten Sie bei diesem Patienten ein?

5. Nennen Sie die wichtigsten Komplikationen, die bei der Verdachtsdiagnose auftreten können!

6. Erläutern Sie TIPS(S) genauer. Was sind die Kontraindikationen? 77

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Fall 20

I. Vcrdadttsdiagnosc/Ditfcrenzialdiagnoscn Anamnese und aktuelle Befunde sprechen arn ehesten für eine ethyltoxische l.eberzirrhosc mit portaler Hype rtension (Pfortaclcrhochdruck) und Aszitcs. Oa7.u passen die unspezifischcn Symptome (Abgcschlagcnhcit und .Miidigkeit), die klinischen Zeichen de r Leberzirrhose (Spider nacvi, Palmarerythem, Bauchglatze, periumbilikale Vcnenzeichnung) und der Sklerenikterus (dmch eine intrahepatische Cholestase mit erhöhtem Gesamtbilirubin). Außerdem fallen die Iaborehernischen Zeichen einer reduzierten Leberfunktion ( .J. Albumin, QuickWert, Cholinesterase) und das erhöhte MCV (ggf. alimentär bedingt bei Vitamin-Bw oder Folsäuremangel) auf. Weitere mögliche Symptome bei Leberzirrhose sind: Lackzunge, Mundwinkelrhagaden, Weißnägel, Dupuytren-Kontraktur, Blutungsncigung, Potcnzstörungcn, Hodenatrophie, cvtl. Gynäkomastie und bei hauen Zyklusstörungen. Trotz der eindeutigen Hinweise auf eine Zirrhose durch Alkoholabusus kommen ätiologisch weitere Erkrankunge n in Betracht: • Lehen~irrhosc durch Virushepatitis B, C, D. • Andere Ursachen einer Leberzirrhose: primär biliäre Zirrhose (PBC), primär sklcrosiercndc Cholangitis (PS(), Autoimmunhcpatitis, toxische Leberschäden (Medikamente, Chemikalien), Stotrwechsclkrankheitcn ("Wilson-Krankhcit, Hämochroma!ose u. a.), Cirrhosis cardiaque bei chronischer eiekompensierter Rechtsherzinsuffizienz. • Hepatomegalie durch neoplastische Erkrankungen (l\·1etastasen, primäres Leberzellkarzinom). • Portale Hypertension anderer Genese: priihcpatischer Block (Pfortaderthrombosc), intrahepatischer Block (Lebermetastasen, Bilharziose), posthepatischer Block (Budd-Chiari-Syndrom =Lebenrenenverschluss durch lluombose).

2. Weitere Untersuchungen Zur Difl"erenzialdiagnostik sollten weitere Laborwerte bestimmt werden:

• Ferritin: Differenzialdiagnose I lämochromatose. • Kupfer und Cocruloplasmin: Difli:renzialdiagnose Wilson-Krankheit. • Upase: Ausschluss einer alkoholtoxischen Pankreatitis. • De-Ritis-Quotient (Quotient aus GOT und GPT) zur Abschätzung der Leberzellsclüidigung; - Leichte Leberzellschiiden: Quotient s I (häufiger bei Virushepatitis). - Schwere Leberzellschäden: Quotient~ I (eher bei Alkoholhepatitis; mitochondriale Enzyme [GOT] steigen zusätzlich an). • Hcpatitisserologie. Die Abdomensonografie mit Duplexuntersuchung dient zur Beurteilung der Leber, der anderen Bauchorgane, des Aszites und des portalen Drucks. Die Iransiente Elastomctrie mit Messung der Lebersteifigkeit erlaubt eine Abschätzung des Fibrosegrads und eignet sich insbesondere für Vcrlaulsmessungen. Hci konkretem Verdacht auf eine Raumforderung oder schwierigen Schallbedingungen kann die Diagnostik um eine Computertomografie (ggf. mit Kontrastmittel) ergänzt werden. Die Indikation wr Leberbiopsie sollte streng gestellt werden und hängt von anderen wegweisenden Befunden ab. Sie erfolgt sonografiegesteuert perl:utan oder transjugulär (Indikation z. ß. bei "Omnnho?.ytopenic und Gcrinnungsstörungen). Let7.tlich kann die Diagnose einer Leberzirrhose nur histologisch gcstdlt werden. Auch PBC und PSC: können histologisch ausgeschlossen werden. Eine Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) sollte zur Beurteilung von möglichen Varizen des Ösophagus, des Magenkorpus oder -fundus herangezogen werden. Bei einer diagnostischen Aszitespunktion unter sonografischer Kontrolle sollten Zellzahlund -differenzierung, Gesamteiweiß tmd mikrobiologische Eneger (Beimpfen von Blutkultmtlaschen mit Aszites) untersucht werden. Dadurch gelingt die Differenzierung von Transsudat und Exsudat, die Hinweise auf die Atiologie gibt: • Transsudat (Gesamteiweiß < 2.5g!dl) eherbei Leberzirrhose, Rechtsherzinsuffizienz und Budd-ChiariSyndrom.

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• Exsudat (Gesamteiweiß > 2,5 g/dl): Eher bei malignem Aszites (oft hlimorrhagisch) , bakterieller Peritonitis (Gesarntzellzahl > 500/f!l bzw. segmentkernige Granulo?.)•ten > 250/f!l) oder Pan kreatitis. Bei Verdacht auf malignen Aszik"!> sollte zusät?.lich eine zytologische Untersuchung erfolgen und ggf. mehrfach wiederholt werden, um Tumorzellen mit ein Grad I. ein Serumbilirubin > 5 mg/dl, Lebermalignome sowie eine länger bestehende Pfortadertlu ombose.

Zusammenfassung Die Leberzirrhose ist die Spätfolge verschiedener Erkrankungen. Die häufigste Ursache ist der Alkoholabusus, gefolgt von der Virushepatitis (B, C, D) sowie anderen Erkrankungen (7. B. Au Abb. 22.1 ). Die Durchführu ng erfolgt ggf. mi t wasserlöslicher Kon trastmittelfüllung von oral und rektal und ist insbesondere bei unkla rem aku ten Abdomen gerechtfertigt_

Abb. 22.1 CT-Abdom~n: langsireckig und 1irtumlcrcnziell verdickte Sigmawand (weiße Plcilc) und multiple Oi\>crtikel (- ).Zudem lok.1le Al»zes~brldung (S 10 %) unbedingt vermieden werden sollte.

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Fall 22

6. Untere gaslrointcstinale Blutung Als untere ga~trointcstinale Blutung bct.cichnct man Blutungen im Bereich I'On Kolon und Rektum. Sie im· ponicrcn klinisch durch eine rote D.mnblutung (Hämatochczie), je nach PassagC't.cit un ter Umst:indcn auch schwärzlich. In Abhängigkeit der Lokalisation zeigen sich Blutungen des Rektums sowie des Analkanals eher :~ls hellrote Stuhla utlagerung, wlihrend solche des Kolons eher einen dunkelroten Chnrakter haben. Die Menge des 131ut,•erlusts spiegelt sich in der allgemeinen Symptomatik (hämodynamische Stabilität) wider. Bei massiven Verlusten kann sich ein hypovolämischcr Schock entwickeln. Die h:iufigsten Ursachen der unteren gastrointestinalen Blutung in Rektum und Kolon sind: • H~morrhoiden: häufigste rektale Blutungsursache. • Angiodysplasien im Kolon, insbesondere bei Personen > 60. Lebensjahr. • Divcrtiku lose und Divcrti kulitis. • Chron isch entzündliche D:mncrkranku ng (eher Co· li tis ulcerosa). • Polypen.

• Rektum- und Kolonkarzinom. • l nrektiö~c Kolitis. • Ischämische Koliti~.

Zusammenfassung Bei der Divertikulitis handelt e$ s;ch um eine Komplikation der häufig asymptomatischen Divert1kulose bei Entzündung eines oder mehrerer Divertikel. Das klinische Bild geht typischerweise mit einem (krampfarti· gen) linksseitigen Unte1bauchschmerz (.. Unksappcndizi· tis") und einer laborchemischen Entzündungskonstellati on einher. Die sensitivsie Diagnostik gelingt durch ein CT·Abdomen, die auch Komplikationen und Differenzialdiagnosen gut erfassen kann und in Kombination mit dem klinischen Bild e1ne Stadieneinteilung erlaubt. ln den me1sten Fällen genugt eine konservative Therapie, v.a. mit adäquater Antibiose. Komplikationen, w·e die freie Perforation, Stenosen oder massive Blutungen, kön· nen eine Operation notwendig machen. Zur Rezidiv· prophylaxe emer Divertikulose siehen eine ballamtoff. und faserreiche Ernährung sowie eine Stuhlregulation und vermehrte körperliche Aktivität im Vordergrund.

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Bauchschmerzen, Erbrechen und Somnolenz

Eine 18-jährige Schülerin wird somnolent in die Notaufi1ahme eingeliefert. Den Angaben der Eltern zufolge habe sie am Vorabend über starke Bauchschmerzen geklagt und mehrfach erbrochen. An diesem Morgen hätte sie kaum auf Ansprache reagiert. Des Weiteren berichten die Eltern, dass ih re Tochter seit 4 Tagen wegen einer Mittelohrentzündung antibiotisch behandelt werde. Außerdem habe sie seit einigen Wochen über allgemeine Schwäche geklagt, trinke auffällig viel, werde immer dünner und würde ständig die Toilette benutun. Die Eltern befürchten, ihre Tochter könnte an einer Essstörung leiden . .:1 l

Deutlich redu1.icrtcr AZ und EZ ( 166cm,46 kg). HF 112/min, HD 90160 mmHg, AF 29/min, Temperatur 37,6 •c. Haut/Schleimhäute: trocken, Hautturgor ~. Kopf/Hals: süßlicher, obstartiger Atemgcruch. LK: unauffällig. Herz: IIT rein, rhythmisch, keine pathologi~chcn Geräusche. Lunge: sonorer KS, vesikuläres Atemgeräusch, vertiefte Atmung. Abdomen: weich, positive Darmgeräusche, diffuser leichter DS, keine Abwehrspannung. Leberrand 2cm unter Rippenbogen, Milz nicht palpabel. Nierenlager frei. Extremitäten: unault;illig. Neurologisch: somnolent, Pupillen isokor, eng, lichtreagibel, Reßexe unauffallig.

Leukozyten 14,5 Tsd/~; Erythroz)1Cn 4,96 Mio/~; Hb l6,lgldl; Hkt 52,4 %; lhrombozyten 289 Tsd/pl; Natrium 137 mmol/1; Kalium 4,7 mmolll; Chlorid 92 mmol/1; Scrumkreatinin 1,4 mg/dl; Serumharnstoff 53 mgldl; GOT 18 U/1; GPT 22 UJI; BZ 591mgldl; CRP 10mgtl. Arterielle BGA: pll 7,1 1; Pa0 2 119mmUg; PaC0 2 19mmllg; BE - ISmmolfl; BikarbonatJOmmoiJI.

I. Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Was ist der Auslöser für die akute Stoffwechsclentgleisung? 2. Erklären Sie, wie es zu den auffiilligen Laborbefunden kommt und wie diese die Symptome hervorrufen!

3. Welche therapeutischen Maßnahmen leiten Sie ein? Welchen Wert müssen Sie engmaschig kontrollieren?

4. Beschreiben Sie die Ätiologie und Pathogenese der Grunderkrankung!

5. Welche akuten und längerfristigen Komplikationen der Grunderkrankung kennen Sie?

6. Beschreiben Sie die TI1erapieprinzipien der Grunderkrankung!

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Fall 23

I. VcrdadJtsdiagnosc und Ursache der akuten

Entgleisung Die Patientin leidet am ehesten unter einer diabetischcn Kctoazidose. Charakteristisch sind die klinischen Symptome (Erbrechen, Bauchschmerzen, Bewusstseinstrübung), die Befunde der körperlichen Untersuchung (Tachykardie, Tachypnoe. vertiefte Atmung [Kußmaui·Atmung), druckschmerzhaftes Abdomen [Pseudoperitonitis diabetica], verminderter Hautturgor, Azetongeruch des Atems) sowie die Laborergebnisse ( > Frage 02). Diese Stoffwechselentgleisung tritt vor allem beim Diabetes mellilus Typ 1 auf und ist in etwa 25% der Fälle die Primärmanifestation der Erkrankung. Die seit einigen Wochen bestehende Schwäche, Polydipsie und Gewichtsabnahme sind Hinweise auf einen schon länger bestehenden InsulinmangeL Die akute ketoazidotische Stoffwechselentgleisung ist höchstwahrscheinlich auf die Mittelohrentzündung zurückzuführen. Infektionen sind als häufigste Auslöser in 40 % der rällc Ursache einer ke toazidotischen Entgleisung.





• •

• 2. Interpretation der Laborergehnisse/Pathophysiologie Laborchemische Auflalligkcitcn sind: • Hyperglykämie: Insulin he mmt die Gl ukoncogencse und die Glykogcnoi)•Sc in der Leber. Umgekehrt fUhren Insulinmangelzustände zu einer Steigerung der hepatischen Glukosebcreitstellung. Da gleichzeitig die Glukoseutilisation durch insulinsensitive Ge· webe herabgesetzt ist (die Glukoseaufnahme der meisten Gewebe erfolgt insulinabhängig), kommt es bei lnsulinmagcl zu Hyperglykämicn. Die im Rahmen der Mittelohrentzündung ausgeschütteten Stresshormone verstärken die hepatische Glukoneogenese und Glykogenolyse durch ihre diabelogene Wirku ng weiter und damit auch die Hyperglyk· ämie. Diese geht mit einem Anstieg der Senuuosmolarität einher, was eine osmotische Diurese mit Wasser- und Elektrolytverlusten sowie eine intrazel-

luläre Dehydratation verursacht. Die Folge sind Polydipsie, Pol)•urle und Bewusstseinsstör11ngen. Metabolische Azidose (pll ! , ßikarbonat l; BE ! ): Insulin hemmt die l.ipolyst:. Umgekehrt fUhrt ein Insulinmangel zu einer Steigerung der tipolyse mit Gewichtsabnahme. Die Mittclohrenl1.ündung verstärkt die Lipolyse akut durch Freisetzung vo n Stresshormonen. Ohne Insulin werden die freige· setzten Fettsäuren in der Leber zu ..sauren" Ketonkörpern oxidiert, sodass eine metabolische Azidose entsteht, die 211 Erbrechen führt. Typisch für die Ketonkörper bedingte metabolische Azidose ist die mi t 40 mrnol/1deutlich erhöhte Anionenliicke (=Nat.-ium + Kalitun - Chlorid - Bikarbonat, Normbereich I0-18 mmol/1). Hyperventilatjou (PaC01 J ): Versuch einer respiratorischen Kompensation der metabolischen Azi· dose, verantwortlich t1ir Tachypnoe und Kußmaul· Atmung. Hämokonzcntration (Hb t , Hkt t ): Zeichen der Dehydratation. Erhöhung der renalen Retentionswerte (Krcatini n I, Harnstoff f ) : am ehesten Ausdruckeines akuten prärenalen Nierenversagens bei Dehydratation. Leukozy tose: infektbedin gt odt:r unspczitisch im Rahmen der Kctoazidosc.

3. Therapeutische Maßnahmen Die Therapie der diabctischcn Kctoazidose sollte unter intensivmedizinischer Überwachung erfolgen und beinhaltet: • Flüssigkcitssuhstitution: wr Behandlung der Dehydratation und llyperosmolarität mit isotoner Kochsalzlösung bei Natrium < !50 mmol/1 (12 % des KG in 2·1 Stunden, II innerhalb der ersten Stunde). Bei ausgepriigter Hypernatriämie (> ISO mmoiJI) oder ausgeprägter Hyperosmolarität (auch im VerJaul) ggf. Gabe halbisotoner Kochsalzlösung oder hypotoncr Vollelektrolytlösung. • Dauerinfusion Normaliusulin: Ziel ist die Korrektur der Azidose. Daher bei BZ-Werten < 250 mgldl und persistierender Azidose Insulintherapie unter gleichzeitiger Glukosesubstitution. Cave: BZ-Sen-

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kung um max. 50 mg/dl pro Stunde wegen der Gefahr vo n llirnödern und Retinaschäden. • Kaliumsubstilulion: Durch die Azidose steigt das Serumkalium, weil intrazelluläre Kaliu mionen im Austausch mit Protonen freigesetzt werden. Bei dc:r Azidosc:korn:ktur sinkt das Scrumb.liurn, daher ist selbst bei ini tia\ hohe n Kali umspiegeln meist eine kontinuierliche intravenöse Kaliumsubstitution über einen zentralen Venenzugang erforderlich. • Azidosekorrcbur; nur ab einem pH-Wert < 7,0 ist eine vorsichtige Korrektur mittels Bikarbonatgabe zu erwägen. Cavc: llypokaliämie! Um Komplikationen zu vermeiden, sollte der Ausgleich der Stoffwechselentgleisung generell langsam unter regelmäßiger Kontrolle der Blutgase, des Serumkaliums und des Blutzuckers erfolgen. Bei rezidivierendem Erbrechen ist au ßerdem eine Magensonde zu legen.

Merke Das Flüssigkeitsdefizit im Rahmen einer diabetischen Ketoazidose wird meist unterschätzt, da der Extrazellulärraum von den Flüssigkeitsverlusten erheblich weniger betroffen ist als der Intrazellulärraum (der hohe osmotische Druck im EZR führt zu einer Fliissigkeitsverschiebung vom IZR in den EZR). Dies ist der Grund, warum Hypovolarnie und Schock seltene, aber ernste Komplikationen darstellen.

-1. Ätiologie/Pathogenese des Diabetes mellitus Typ I

Der Diabetes mellltus Typ I beruht auf einer meist au· toimmun vermittelten (selten idiopathischen) Destruktion der insulinproduzierenden ß-Zellen des Pankreas mit der Folge eines absoluten lnsuJinmangcls. Die Ursachen sind nicht restlos geklärt, jedoch scheinen genetische Faktoren eine Rolle zu spielen, da mehr als 90% der Betroffenen die HLA-Merkmale DR3 und/oder DR4 besitzen. Bei der Ersimanifestation s ind bei 90% der Patienten Diabetes-assoziierte Autoantikörper nachweisbar (z. B. Anti-GAD-AK = Auto-AK gegen Glutamatdecarboxylase, Anti-lA2-AK = Auto-AK gegen Tyrosinphos· phatase 2). Sie spielen diagnostisch eine wichtige Rolle,

sind aber im weiteren Krankheitsverlauf meist nicht mehr nachweisbar. Ditl'erenzialdiagnostisch kommen bei jungen Patienten auch seltene genetische Defekte der ß-Zellfunktion infrage, welche die Insulinsekretion red uzieren (sog. MODY: "Maturity Onsct Diabetes ofThc Young").

Komplikationen des Diabetes mellitus Typ 1 Man \tnterscheidet Akut- von Spätkomplikationen. Zu den Akutkomplikationen gehören: • Hypoglykämie: per delinitionem BZ < 10 mg/dl, häufige Komplikation unter Jnsulintherap ic. Typische S~1nptome sind Tachykardie, Unruhe, Tremor, Schwitzen, Heißhunger, Bewusstseinstrübungen und zerebrale Krampfantalle. • Diabelische Ketoazidose/ketoazidotisches Koma ( > oben). Diabelische Spätkomplikationen sind beim Typ-1· Diabetiker meist erst 5- 8 Jahre nach Kra nkheitsbeginn zu beobachten: • Mikroaogiopathischc V cräoderungen: diabct ische Neph ropathie, diabctische Retinopathie (fiih rcnde Erblindungsursache bei En vachsenen), mikroangiopathischc KIIK (betrifft die kleinen intramuralcn Koronararterien =Snmll Vesscl Discasc). • Makroangiopathische Vcr'.inderungen: KH K (betrifft die großen epikardialen Koronarartcricn), 7.Crcbralc Durchblutungsstiirung, pAV K. • Oiabetische Neuropathie: Am häufig~lc n ist die periphere sensemotorische Polyneuropathie, gefolgt von der autonomen diabellsehen Neuropathie (ADN), die z. B. dazu Hih rt, dass kardiale lsch~imien nicht wahrgenommen werden. • Diabetischcs Fußsyndrom: neuropath ischer diabetischer Fuß (Komplikation schmerzlose$ neuropathisches Ulkus= Maltun perforans) oder ischämischer diabetiseher 1:uß {Gangrän) oder Misch formen. • Weitere Folgeerkrankungen: z.. B. diabetische Kardiomyopathie, dia betische Fettleber. Die Prognose des Diabetes mellitus Typ I wird heutzutage in den westlichen Ländern vor allem durch kar· diovaskuläre Folgeerkrankungen bestim mt. 5.

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Fall 23

Merke Während beim Typ-1-Diabetes typischerweise ein ketoazidotisches Koma (Letalität 10-1 5%) mit BZWerten s 700 mg/dl auftritt, beobach tet man beim Typ2-Diabetes (relativer lnsulinmangel) klassischerweise ein hyperosmolares Koma (Letalität 40-60%) mit BZWerten von > 700 mg/dl.

6. Titcrapic des Typ·l·Diabctcs Eine BZ-Einstellung auf fastnormale Werte ve rhindert diabetische Folgeerkranku ngen bzw. verlangsamt ihre Progression. Angestrebt wird eine möglichst normo· glykämische Stoffwedtsellage durch Simulation der physiologischen JJlsuli.nsekretion unter Vermeidung schwerwiegender Hypoglykämien. Als Ziel-Parameter dient der HbA 1.-Wcrt, der in der Regel< 7,5% betragen sollte und individuell unter Berücksichtigung von Komorbiditäten, Lehenserwartung und Paticntencom· pliancc festgelegt wird. • Intensivierte konventionelle 'lherapie (ICT) nach dem Basis-Bolus-Konzept: Standardtherapie beim Typ· !·Diabetiker. Em1öglicht die individuelle fest· legung der ~bhlzeitcnmcnge sowie den Zeitpunkt der F.innahmc. Aufteilung des Insulins in: - Basales Insulin: 40-50% des Tag 2.000 rnl): erhöhte Harnausscheidung verursacht durch: - Normalisierte GFR bei noch eingeschränkter tubulärer Rückresorp tion. - H)•pcrvolämic. - Osmotische: Diurese ha rn pflichtiger Substanzen (v. a. llamstoft). • Rcgenerationsstadium: Erholung d Tabelle 25.1 zeigt Parameter, die typischerweise fr.r die Un terscheidung herangezogen werden können. Bei diesem Patienten wurde sonografisch eine Harn· wegsobstruktion ausgeschlossen. Die fraktionelle Natriumausscheidung betrug 0,78 % und bestätigte damit die Verdachtsdiagnose eines prärenalen ANV.

5. 'lherapie ,\ NV Das Ziel der 'lheraplc ist die rasche Wiederherstellung der Nierenfunktion sowie die Behandlung von Komplikationen. Im Zentru m steht di e Beseitigung der Ursache (z. ll. Ausgleich des Hüssigkeitsdefizits beim präre· nalen ANV, Behandlung der Obstruktion beim postrenalen ANV, antibiotische 'fl1crapie bei Sepsis), was oft ausreicht, um die Nierentätigkeit wieder anzustoßen. Zusät7.lich ist zu beachten: Tab. 25.1 Parameter zur Differenzierung V;vischen prä· renalem und renalem ANV. Unter Diuretikatherapie sind die nicht verwertbar. Fraktioneile Natri·

Prärenales ANV

lä§tß!täMM

2

umau~~chPidung (%)

4. Differenzierung der verschiedenen Formen des akuten Nierenversagens Im Anschluss an die Diagnose eines ANV erfolgt die Differenzierung zwischen den verschiedenen Formen (prärenal, ren"l, postrenal). Zunächst sollte eine Sonogr:lfie der Nieren und ableitenden Harnwege durchgeführt werden. Zeigt diese einen Harnaufstau, kann die Diagnose eines postrenalen ANV gestellt werden.

Kreatinin Urin/Krea· > 15 tinin Plasma

< 15

Urinosmolarität (mosmollkg)

> 500

< 250

Natrium im Urin (mmoVI)

< 10

> 20

Harnsediment

Hyaline Zylinder

.Muddy brown casts•

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Fall 25

• ABc nephrolo:idemiologie/Pathogenese

Die hereditäre Hämochromatose isl mit einer Prävalenz von I : 1.000 eine der häufigsten genetisch beding·

ten Erkrankungen der hell häutigen flcviilkcrung. Der Erbgang ist in der Regel autosomal-rczessiv, die Manifestation erfolgt t ypischcrwcisc ab dem 30. Lebensjahr. Die häufigste Form ist die HFE-assoziierte Hämochromall>~c. Das verantwortliche HFE-C.en auf Chromosom 6 kodiert für ein MIIC-ähnliches Protein, das die Eisenresorption im Dünndarm reguliert. Das fehlerhafte Genprodukt verursacht eine um etwa den Faktor 3 gesteigerte Eisenaufnahme, unabhängig vom Eisen bedarf

des Körpers. Die Folge ist eine allmähliche Eisenüberladung mit der Schädigung verschiedener Organe, v.a. der Leber. Durch die vermehrte Eisenspeicherung entstehen Sauerstoffradikale, welche die Hepatozyten schädigen und die Kollagensynthese durch die Sternzellen stimulieren. Die Folge ist eine Leberfibrose, die ohne adäquate TI1erapie meist in eine Leberzirrhose übergeht. Obwohl frauen wegen des autosomalen Erbgangs ge· notypisch ähnlich häulig von der hereditären Hämo·

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ehromatose betroffen sind wie l'l•!änner, erkranken sie zehnmal seltener. Verantwortlich hierfür sind die menstruationsbedingten Eisenverlustc., die der Eisenübcrladung des Körpers entgegenwirken. Dies erklärt auch, warum sich die Erkrankun g bei Frauen klinisch durchschnittlich \ 0 Jahre später (in der Postmcnopausc) manifestiert.

3. Organmanitcslationcn folgende Organe können von einer hereditären llämochromatose betroffen sein: • Leber: Hepatomegalie (90% der Fälle), Leberzirrhose (75 %) sowie hepatozelluläres KMzinom als Komplikation der Leberzirrhose. • Herz: sekundäre Kardiamyopathie in folge Eisenüberladung (20%). • Pankreas: Diabetes mellitus {70 %). • Haut: Hrperpigmentierung aufgrundeiner ver· mehrten Melaninproduktion (90 %). • Endokrine Organe: z. B. Hypogonadismus mit Im· potenz, Hypophysen· und Nebennieremindeninsuf· fizienz (70 %). • Gelenke: schmerzhafte, degenerative Arthralgien ('10 %), meist an den Händen beginnend, unspezifi· sches frühzeichender Erkrankung. • Milz: Spknomegalie (30 %).

4. Diagnostik Ziel ist die frühzeitige Erkennung einer behandlungsbedürftigen Eisenübcrladung, um irreversible Organschäden zu verhindern. Zur Diagnosesicherung stehen neben Anamnese, körperlicher und laborchemischer Untersuchung (v.a. Transferrinsättigung t, Plasmaferritin t) folgende Maßnahmen zur Verfiigung: • Genanalyse: Da sich die hereditäre Erkrankung klinisch lediglich bei etwa 25 % der homozygoten Merkmalsträger manifestiert (verminderte Penetra nz), bedeutet der Nachweis der Mutation nicht die Diagnose der Erkranku ng; dazu müssen auch Symptome und Laborbefunde beurteilt werden. • Leberbiopsie mit Histologie und Eisenkonzentrati· onsbestimmung. Sie ist inzwischen weitgehend von

der Genanalyse abgelöst und heult: wegen der assoziierten Risiken nur noch in Einzclfiillcn (:r..ll. b.:i unklarer Eisenüberladung) indiziert. • ßiomagnelometrie: Verfahren zur nichtinvasivcn Eisenbestimmung im Leberparenchym (Prob k m: geringe Gc:rätcverfiigbarkcit). • .MRT: Verfahren zur semiqua ntitativen Abschätzung des Eisengehalts in der Leber, nicht fiir die Frühdiagnose geeignet. Prinzip: inverse Korrelation zwischen Eisengehalt der Leber und Signalintensität im MRT. Nach der Diagnosestellung sind folgende Maßnahmen in die Wege zuleiten: • Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen zu r Früherkennung eines Leberzelltumors. Da das Risiko fiir ein hepatozellul~ires Karzinom (HCC) bei Patienten mit Hämochromatose-assoziierter Leberzirrhose stark erhöht ist, sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen mit Abdomensonografie und Bestimmung des Tumorma rkers n-rc:ctoprotein (ArP) indiziert. • .familienuntctsuchung: Screening auf HFE· Mutati· on z. B. bei Venvandten l. Grades von Personen mit bestätigter hereditärer Hämochromatose oder bei symptomatischen Patienten mit mindestens einem autfalligen Seru mmarker. • Glukosetoleranztest: zur Fesl~ tcll ung einer cndo· krincn Pankreasinsuffizienz. • Kardia.le Untersuchungen: EKG und Echokardio· gralle zur Beurteilung der IIenbeteiligung (u.a. di· latativc Kardiamyopathie und Herzinsuffizienz). • TSH· und LIIRII-ßestimmung: wr Abschätzung der endokrinen Organschädigung. • Röntgenuntersuchungen der Gelenke: bei Arthralgien.

5. 11terapie Folgende Maßnahmen stehen zur Verfügung: • Eisenarme Diät: Meidung von Nahrungsmitteln mit hohem Eisen- und Vitamin-C-Gehalt (Vitami n C fordert die intestinale Eisenresorption). stattdessen Schwarztee zu den Ma hl zeiten (vermindert die intestinale Eisenresorption).

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Fall 28

• Aderlass: Wirksamste Maßnahme zur Eisenentfernung und dam it 1l1erapie der I. Wahl. Initial werden 500 ml ßlut/Woche entfernt bis die Eisenspeicher ausreichend entleert sind (Ziel: Plasmaferritin < SO pg/1.). Anschlirflcnd kann die Anzahl der Aderlässe auf etwa viermal pro Jah r reduzi.:rt werden, eine lebenslange 1l1erapie ist erforderlich. Alternativ ist eine Erythrozytapherese möglich, jedoch teuer. • Chclatbildner: Deferoxamin (parenteral) odi.'r Deferasirox (oral): Pharmaka, die mit Eisen einen Chelatkomplex bilden. Indiziert, wenn Aderlässe nicht möglich (z. B. aufgrundeiner Anämie), werden vor allem für die Therapie sekund ärer Siderosen (Eisenspeicherkrankheiten) verwendet. • Lebertransplantation: Ultima Ratio bei fortgeschri ttener Leberzirrhose. Die Grundkrankheit Hämochromatose bleibt dabei aber unbehandelt.

6. WiJson-Krankl•eit Eine weitere hered itäre Stolfwcchselerkrankung, die ei· ne Leberzirrhose verursachen kann, ist die Wilson· Krankheit, eine seltene autos omal-rezessiv vererbte Kupferstoffwecbselerkrankung durch eine Mutation in dem ft.ir die hepatische Kupfcr-ATPa..~e kodierenden Gen. Oie Folge ist eine verminderte biliäre Kupferausscheidung mit pathologisch erhöhter Kupfcrspciche· rung. Von der Erk rankung betroffen sind vor allem l.e· ber (z. 13. chronisch~: Hepatitis, Leberzirrhose), ZNS (z. ß. Rigor, Tremor, Dysarthrie, psychische Störungen)

und Augen (z. B. Kayser-Reischer-Korncalring, Sonnenblumenkatarakt), außerdem kann eine Coombsncgati vc hämolytisd1e Anämie auftreten. Oie wichtigsten diagnostischen Maßnahmen sind die Spaltlampenuntersuchung der Augen, laborcht:mische Un tersuchungen (t)•pische [lt:funde: Coeruloph1smin im Serum ! , Kupfer im Serum l, Kupfer im Urin t) sowie eine Leberbiopsie. Die Therapie besteht vor allem aus einer kupferarmen Diät und der Gabe des Ku pfer-Chelatbildners D-Pcnicillamin.

Zusammenfassung Die hereditäre Hämochromatose ist definiert als eine autosomal-rezessiv vererbte Eisenspeicherstöru ng mit gesteigerter intestinaler Eisenresorption und sukzessiver intrazellulärer Eisenakkumulation. Epidemiologisch handelt es sich um eine der häufigsten genetisch bedingten Erkrankung der kaukasischen Bevölkerung. Oie Prä· valenzliegt bei 1 : 1.000, wobei Männer zehnmal häufiger erkranken als Frauen. Ätiologisch liegt meist eine Mutation im HFE-Gen zugrunde. Die typische Trias besteht aus Lebererkrankung, Diabetes mellitus und Hyperpigmentierung der Haut. Weitere klinische Manifesta· tionen sind Kardiomyopathie, H)'pogonadismus und Arthralgien. Die wichtigsten Maßnahmen zur Sicherung det Diagnose sind die Bestimmung von Transferrinsät· tigung und Plasmaferritin sowie die HFE-Mutatiorsanalyse. Therapie der 1. Wahl ist der Aderlass. Die Pro· gnose hängt von der frühzeitigen und konsequenten Behandlung ab.

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Ödeme und Müdigkeit

I :;.

Ein 42-jähriger Polizist stellt sich in Ihrer Hausarztpraxis vor. Er berichtet, dass er in den letzten 2 Monaten trotzunveränderter Essgewohnheiten 7 kg zugenommen habe. Ihm sei aufgefallen, dass die Füße angeschwollen seien und er kaum noch in seine Schuhe passe. Auch die Augenlider seien besonders morgens nach dem Aufstehen deutlich geschwollen. Zusätzlich fiihle er sich in letzter Zeit häufig müde, was mitunter durch die Schichtarbeit zu erklären sei. Er rauche nicht, trinke keinen Alkohol, ernähre sich gesund und sei bl-geistertcr frcizcitsportler. Vorerkrankungen sind nicht bekannt. l r l 42-jährigcr Patient in gutemAZund nurmalgewichtigem EZ. HF 62fmin, ßD 145/85 mmHg, AF 13(min, Temperatur 36,6 •c. Haut/Schleimhäute: unauffallig. KopfJIIals: deutliche I.idiidemc. I.K: unautfallig. Herz: HT rein, rhythmisch, keine pathologischen Geräusche. Lunge: sonorer KS, vesikuläres Atemgeräusch, keine RG. Abdomen: unauffallig. Nicreniagcr: frei. Rücken: leichte Ödeme präsakraL Extremitäten: ausgeprägte l>ymmctrische, wegdrückbare Unterschenkel-, Knöchel- und fußrückenödeme. Neurologisch: orientierend unauftallig. I Leukozyten 6,3 Tsdlf!l; Ef)1hrozyten 4,33 Mio/fll; Hb 14, I g/dl; Hkt 47,2 %; ·1hrombozytcn 188 Tsd/!Jl; Natrium 138 mmol!l; Kalium 4, I mmol/1; Kalzium 2,3 mmol/1; Kreatinin I ,5 mgtdl; I Iarnstotf 66 mgfdi; BZ 98 mg/dl; Ge· samtchoiesterin 356 mgldl; Triglyzeridc 206 mg/dl; Gesamteiweiß im Serum 5, I gfdl; Serumalbumin 2, I gtdl. Ditfercnzialblutbild, Gerinnung, GOT, GPT, AP, Bilirubin, LDII, BSG und CRP unaullallig. U-Stix: Leukozyten +, Prolein +++, Erythroz)•ten neg., Glukose neg. Nitrit nl-g.

I. Wie entstehen Ödeme? Welche Ursachen kennen Sie?

2. Stellen Sie eine Verdachtsdiagnose! 3. Was "rissen Sie über die Ätiologie der \•ermuteten Erkrankung? Welche Komplikationen können auftreten?

4. Welche diagnostisd1en Maßnahmen führen Sie du~rd1?

5. Wie behandeln Sie die Erkrankung?

6. Beschreiben Sie das nephritisehe Syndrom!

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Fall 29

I. Ödeme

• .Medikamentös induzierte Ödeme: z. B. nach Einnalunc I'On Kalziumantagonisten oder Glukokortikoidcn. Bei lokalisierten Ödemen kommen folgende DiiTerenzialdiagnosen in frage: • Phlebiidem: z. ß. bo:i Phlebothrombose oder chronisch-venöser Insuffizienz. • Lymphödem: z. B. nach rezidivierendem Erysipel. Operationen oder Radiotherapie. Meist entwickeln sich die Ödeme von distal nach proximalunter Be· teiligung der Finge r und Zehen. Das Stemmer-Zeichen (fehlende Abhebbarkeil der Haut im dorsalen Hand- b1.w. Fußbereich) ist typischerweise positiv. • Lipödem: Auftreibung der Beine durch Fettpolster mit sekundärem Lymphödem. • EntzündHeb es ödem: z. B. bei lokaler Infektion. Typisch sind Rötung. Überwärmung und Schmerz. • Allergisches Ödem: z. B. bei Insektenstich oder hered itärem Angioödem. Typisch ist der akute Beginn und der )uckrci.,;. • Ödeme anderer Ätiologie z. B. bei sympathischer ReOexdystrophie oder ischämisch/postischämisch.

Ödeme sind definiert als eine Ve rmchrun~ des interstitiellen Flüssigkeitsgehalts und kön nen durch folgende Ursachen entstehen: • Zunahme des intravasalen hydrostatischen Drucks z. B. bei Herzinsuffizienz, venöser 1l1rombose. • Abnahme des kolloidosmotischen Drucks bei Hypalbu minämie, typischerweise wenn Serumalbumin < 2,5 gfdl (z. ß . bei nephrotischem Syndrom, Leberzirrhose, Mal nutrition). • Zunahme der Gcf:ißpermcabilität z. B. bei Allergien, Entzü ndu ngen und Ischämien. • Behinderung des Lymphabflusses z. B. nach Operationen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen generalisierten und lokalisierten Ödemen. Bei generalisierten Ödemen sind folgende Differenzialdiagnosen in Betracht zu ziehen: • Kardiale Ödeme: meist im Rahmen einer Rechts· heninsuAizienz. Typisch sind symmetrische, lage· abhä ngige Ödeme in den abhängigen Körperpartien (v. a. Unterschenkel, Knöchelund Fußriicken, bei bcttlägrigen Patienten auch am Rücken). • Renale Ödeme: z. B. im Rahmen des nephrotischen Syndroms (aufgrund eine r I lypoproteiniimic) oder einer akuten bzw. chronischen Niercninsuffi?.ien z (aufgrund einer verminderten Wasscrausschei· dung). T)•pisch sind symmetrische, kaum Iage· rungsablüingige Ödeme. • Hepatische Ödeme: meist im Rahmen ei ner Leberzirrhose mit hepatischer Syntheses törung (verminderte Albumins)•nthese) und portaler Stauung. Ty· pisch sind symmetrische, kaum lagerungsabhängige

Der Patient leidet am ehesten unter dem nephroti· sehen Syndrom. Dazu passen die ana mnestischcn Angaben (Gewichtszunahme, Schwellungen der unteren Extremitäten und Lider, l\>iüdigkcit) und der Un tersuchungsbefu nd (gcncralisicrlc Ödeme}. Typisch sind auch die mittelschwere Kreat ininerhöhung, die Hypoproteinämie mit deutlicher Verminderung des Albumins, die Hyperlipidämie und die Proteinurie. Differenzialdiagnostisch kommen alle Erkrankungen

Ödem 3,5 g/Tag gekenn zeichnet. Die quantitative Bestimmung der renalen Eiweißausscheidung erfolgt klassischerweise im 24-Stun-



dcn-Sammelurin (Problem: setzt hohe Paticntcncompliance voraus), heu te wird die Proteinurie meist anhand tlcs sog. Spot-Urins abgeschätzt. Hicrftir werden bei cincr kleinen Urinmenge das Krcatinin und der Eiweißgehalt ermittelt. Da die Kreatininausschcidung nom1alerwcisc crwa I g!T'ag beträgt, kann von der Kreatininkonzentralion auf die Tagesurinmenge zurückgeschlossen und die Tagesproteinausschcidung abgeschätzt werden. Außerdem kann mittels Urinelektrophorese zwischen einer selektiven Protein urie (niedermolekulare Proteinurie, fast ausschließlich Albumimusscheidung) und einer nichtselektiven Proteinurie (Ausscheidung auch von Proteinen mi t hohem Molekulargewicht) differenziert werden. Serumelel.;trophorese: Typisch für das nephroti· sehe Syndrom ist die Erniedrigung der Albuminund y-Fraktion (wegen der Proteinurie) bei gleichl citiger Erhöhung der a 2 - und ß-Globuli nr.acken (wegen der ges teigerten hepatischen Lipoproteinsyn thcsc). Nierenbiopsie: Das nephrotische Syndrom ist eine klassische Indikation zur Nierenbiopsie, da sich die 'lherapie nach dem histologischen Befund richtet. Bei Kindern wird häufig von dieser invasi•tcn Magnahmt abgesehen und empirisch therapiert, da meist eine 1\·f inimal-Change-GN vorliegt. Serumdiagnostik mit der Frage nach einer Systemerkrankung: t . U. Bestimmung von ANA, Rhcumafaktorcn, Antistrcptolysin-Tilcr, lmmunelcktrophorese. Abdomen- und Pleurasonografic: zur lkmteilung der Nieren- und Lebermorphologie und mit der Frage nach Aszites und Pleuraergüssen. Röntgen-Titorax: mit der Frage nach Pleur.tcrgüsscn oder einer Lungcnstauung. EKG: mit der Frage nach Hinweisen fi.ir eine kardiale Erkrankung.

5. Titcrapie An erster Stelle steht die Titcrapie der jewciJjgcn Grunderkrankung, z.. B. d ie immunsuppressive Behandlung einer membranösen GN mit Glukokortikoiden und Cyclo115

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Fall 29

phospharnid. Generdl sollte eine im munsuppres.~ivc ·n1crapie nur bei noch wcitg..:hend intakter Nierenfunktion erfolgen (Serumkreatinin < 2 mg!dl). Die symptomatische 1herapie set?l sich 7.usamrnen aus Üdemausschwemmung (vorsichtige Diuretikatherapie untcr cngmaschig..:n Elektrol ytkontrollcn, Flüssigkeitsbilanzierung, Trinkmengen- und Kochsalzrestriktion), 11uomboscprophylaxc Clbrombosestrümpfe, prophylaktische Hep;uinisierung, bei thrombembolischen Komplikationen orale Antikoagulation), Behandlung der Hypcrlipidämic (cholesterinarme Diät, Statine), ßlutdruckeinstcllung (in der Regel mit ACEHemme rn), sowie lnfcktpropbylaxc bzw. -therapic. Außerdem sollte eine eiwciß- und kod1salzarme Diät einge halten werden und eine Osteoporose-Prophylaxe erfolgen (Kalzium. Vitamin D und Bisphosphonate).

Me r ke Die diuretische Behandlung muss vorsichtig erlolgen, ansonsten droht eine Hypovolämie. Die intravenöse Gabe von Albumin ist wirkungslos, da das substituierte Albumin rasch renal ausgeschieden wird.

6. Nephritisd•es Syndrom Da die S)•mptomc renaler Erkrankungen unspct.ifisch sind, ist die Einteilung in nephritischcs bz.w. nephrotischcs S)•ndrom wichtig ftir das weiten~ Vorgehen und die Eingrem:ung von DifTerem.ialdiagnosen. Das ncphritische Syndrom ist gekennzeichnet durch: • Akut oder subakut auftretende Nierenfunktionseinschränkung mit Anstieg von Kreatin in und l·!.ml st 0rr.

• Arterielle Hypertonie. • Mikro-/Makrohämaturiemit AkanthOZ)'ten (beim Durchtritt durch die Basalmembran defonnierte Erythro7.ykn) und F.rythrozytcnz>•lindcrn. Häufig tritt auch eine Proteinurie hinzu, wdche jedoch selten das Niveau des ncphrotischcn Syndroms (s.o.) erreicht. Die wichtigsten glomerulären Erkrankungen, die mit einem nephritiseben Syndrom einhergehen, sind die postinfektiöse GN, die mcmbranoprolifcrativc GN und die r-.1pid-progressivc GN.

Zusammenfassung Das nephrotische Syndrom ist definiert durch eine Proteinurie von > 3,5g1Tag und gekennzeichnet durch den renalen Verlust von Albumin und anderen Plasmaproreinen (z. B. Antithrombin II I, lgG, Komplementfaktoren). Charakteristisch sind eine Hypoproteinämie mit Ödemen und eine Hyperlipidämie. ln 75% der Fälle ist eine prim äre GN (z. B. membranäse GN) die Ursache, es kann aber auch hereditär oder sekundär z. B. im Rahmen der diabetischen Glomerulasklerose oder der Lupusnephritis auftreten. Klinisch manifestiert sich das nephrotische Syndrom durch generalisierte Ödeme, Infektanfälligkeit und thrombembolische Ereignisse, in fortgeschrittenen Stadien treten die Symptome der chronischen Niereninsuffizienz hinzu. Die wich tigsten diagnostischen Maßnah· men sind laborchemische Untersuchungen von Serum und Urin, außerdem die Nierensonografie und Nierenbiopsie. Die Therapie setzt sich aus der Behandlung der Grunderkran Bild PM68J) sowie der Achseln. Schleimhäute: feucht, auftaUige Hyperpigmentierung der oralen Mukosa. Kopf/!ials: unauf· fällig. LK: unauffällig. I Ierz: HT rein, rhythmisch, keine pathologischen Geräusche. Lunge: sonorer KS, vesiku· läres Atemgeräusch, keine RG. Abdomen: unauftallig. Niercnlager: frei. Extremitäten: unauffällig. Neurologisch oriemierend unauflallig.

I •

I I[ Blutbild unauftallig; Natrium 126mmol/l; Kalium 6,0mmol/l; Kalzium 2,3mmol/l; Scrumkrcatinin l,3mgldl; llarnstotf 69 mgldl; I farnsäure 7,0 rngldl; BZ 61 rng/dl

I. Im Labor des Patienten fäUt eine Hyponatriämie auf. Welche Ursachen für diese Elektrolytstörung kennen Sie? 2. Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie? Erklären Sie dabei kurz die Pathogenese der Symptome!

3. Beschreiben Sie die beiden Formen der Erkrankung! Wie lassen sich diese untersdteiden?

4. Welche diagnostischen Maßnahmen leiten Sie ein? 5. Wie behandeln Sie die Erkrankung? Worauf muss der Patient unbedingt aufmerksam gemacht werden und warum? 6. Was versteht man unter dem Waterhousc-Friderichsen-Syndrom?

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Fall 31

1. llyponatriämie

Bei einer llyponatriämie liegt die Natriumkonzentration im S~:rum < 135mmol!l. Ursachen sind: • Extrarenale Natriumverlustc: z. ß. infolgi sekundäre r NNRl erniedrigt oder niedrig normal. • Kortisol· und Aldosteronkonzentration im Urin: Bei Addison-Krankheit sind beide Werte erniedrigt, bei der sekundären NNRI ist nur der Kortisolspiegel herabgesetzt. die Aldosteronkonzentration ist normwertig. • Rcninkonzentration im Plasma: Eine Erhöhung spricht fur einen Mineralokortikoidmangel, z. B. im Rahmen einer Addison-Krankheit.

Wird eine primäre NNRI diagnostiziert, sollte zur Klärung der Ätiologie nach NNR-Autoantikörpetn gesucht und eine bildgebende NN-Diagnostik (Abdomensonografie, CT oder l\·1RT) durchgeführt werden. Da eine Autoimmunadrcnalitis sowohl isoliert als auch im Rahmen einer polyglandulären Autoimmuncndokrinopa thie auftreten kan n, sollte bei Bestätigung dieser i\tiologie außerdem eine Kontrolle der Schilddrüsen- und Geschlechtshormone erfolgen.

Merke Unterfunktionszustände hormoneller Drüs!!n werden in der Endokrinologie durch Stimulationstests nachgewiesen.

5. Titcrapic Die ·Jherapie der Addison-Kranl 10% des Körpergewichts mit Fieber, Abgeschlagenheil und persistierender Diarrhö).

Merke 4. Stadieneinteilung Die klinisch gebr~iuchlichste Stadieneinteilung der HIV -Infektion ist die CDC-Kiassifikatiou (Centers lor Disease Conirol), die in > Tabelle 34.1 dargestellt ist. Die Zuordnung zu den Kategorien richtet sich nach der klin ischen Symptomatik (A- C) und der Anzahl der CD4-positivcn T-Lymphozy ten (J - 3). Patienten werden dem schlechtesten jemals erreichten Stadium zugeordnet, eine Rückstufung erfolgt nicht.

5. AIDS-defmierende Erkrankungen Durch bestimm te: Indikatorerkrankungen erfolgt bei bekannter I-li V-Infektion die Zuordnung ?.um Stadiu m C dc:r COC-Klassifikation und damit die DiagnoseAIDS (Acquired Immune Ddiciency Syndrnme). Zu diesen AIDS-definierenden Erkrankungen gchiircn: • Opportunistische Infektionen: z. B. durch Prototoen (ZNS-Toxoplasmose), Pilze (Pneumocystis-jirovcci-Pneumonie, Kryptokokkenmeningitis, Candida-Ösophagitis), Viren (z. B. Zytomegalie- und Her-

Obwohl Herpes zostcr und die Kandidose des Oropharynx durch den HIV-vermittelten Immundefekt begünstigt werden, gehö ren sie nicht zu den AIDS-definierenden Erkrankungen.

6. Therapie Im Zentrum der Behandlung steht die lebenslange hochaktive antirctro\'irale 'llaerapie (HAART), die seit ihrer Einführung die Prognose der HIV-Iniektion deutlich verbessert hat. Ziel der HAART ist die Reduktion der Viruslast unter die Nachweisgrenze. Durch Hemmung der Virusreplikation kann sie das Fortschreiten der Erkrankung hinaus7.iigcrn und zu r Rückbildung III V -assol.iiertc:r Symptome fUhren. folgende: Substanzgruppen stehen zur Verfügung: • Nukleosidanaloge Re\•erse-Transkriptase-lnhibiloten (NRTI): konkurrieren mit den körpereigenen Nukleosiden um die Bindung an die reverse Transkriptase und lösen einen Kettenabbruch aus (z. B. Zidovudin, Lamivudin).

Tab. 34.1 CDC -Klassifikation der HIV-Inlektion.

Klinische Kategorie CD4 •-T-l ymphozyten/~1

Asymptomatisch oder akute HIV-Infektion (grippeartig) oder lymphadenopathiesyndrom

Symptomatisch, aber AIDS-definierende weder A noch C Erkrankungen

1 > 500

A1

Bl

Cl

2 200-499

A2

B2

C2

3 < 200

A3

83

C3 135

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Fall 34

• Nichtnuklcosidanalogc Reverse· Transkriptasc· Inhibitoren (NNRTI): hemmen die reverse Tran· skriptasedurch nichtkompetitive Bindung (z. ß. Ncvi rapin). • Protease-Inhibitoren (PI): hemmen die virale Pro· lease: (7.. B. lndinavir). • Fusionsinhibitorcn: verhindern das Eindringen des Virus in die \•Virtszelle durch Hemmung der Verschmelzung der Virushülle mit der Zellmembran (z. B. Enfuvirtid). • Intcgrasc-Inhibitorcn: hemmen die Integration des viralen Erbguts in die Wirts-DNA (z. ß. Raltegravir). • CCRS·Inhibitorcu: neue Wirkstoffklasse, die die Bindung von bestimmten HIV-Typen an den Che· mokinrezeptor-5 der CD4' -Zellen und dadurch ein Eindringen in die Zelle verhindert (z. ß. Manwiroc). Um die Entwicklung von Resistenzen zu verhi ndern und die Viruslast maximal zu reduzieren, wird eine Kombination aus mindestens drei antiretrm•iralen Substanzen verwendet (meist 2 NRTI und I N~RTI oder 1- 2 PI). Eine hohe Einnahmetre ue insbesondere in der ersten Behandlungsphase ist von entscheidender prognostischer Bedeutun g. Die HAART ist indiziert bei symptomatischen Patienten unabhängig von der CD4· · Zellzahl sowie bei aS)'Illptomatischcn Patienten, die bc:· stimm te Zusatzkriterien erfüllen (7.. ß. hohe Plasma· virämic: von > I 00.000 Kopien/mi, HCV -Koinfc:ktion, Schwangerschaft, Alter > 50 J.). Liegen bei asymptoma· tischcn Patienten keine Zusatzkriterien vor, ist die In· dikation für eine HAART von der CD4 '· Zellzahl ab· hängig: bei < 350 CD4•-Zellen}f11 wird die HAART empfohlen, bei> 350 CD4 •-Zellcnhtl kann eine HAART unter Abwägung vonNutzen und Risiken erfolgen. ~e­ ben der HAART kommt vor allem der Prophylaxe und Titctapic opportunistischer Infektionen, der psychosozialen Unterstützung des Patienten und der Infek· tionsprophylaxe im Umfeld des Patienten eine große Bedeutung zu.

Die wic.h tigstcn Laborparameter für die 1herapickontrollc und Verlaufsbeurteilung sind die quanti tati ve ße· stirnmung der CD4•-T-Lymphozytcn und der Viruslast (,·iralload). Sie sollten zum Zeitpunkt der Diagno· sestellung und anschließend in zwei- bis dreimonatigcn Abständen bestimmt werden. Kurzfristigc:rc Kontrollen sind zu Beginnund bei Umstellung der anti retroviralen Behandlung erforderlich. Aufgrund des deutlich verlängerten Überlebens unter HAART gewinnen Nebenwirkungen der 1l1erapic an Bedeutung, z. B. das I.ipodystrophiesyndrom (Fettverteilu ngsstörung).

Zusammenfassung Die HIV-Infektion wird durch das Human lmmunodeflciency Virus (HIV) hervorgerufe n. ein Retrovirus, dessen Zielzellen den CD4-Rezeptor an ihrer Oberfläche aufwei· sen. Die Übertragung erfolgt sexuell, parenteral oder vertikal. Auf ein initiales lvlononukleose·ähnliches Sta· dium (akute HIV·Infektion) folgt in der Regel ein sym· ptomfreies Intervall (klinische Latenzphase), das nach Jahren durch die chronisch symptomatische H!IJ-Infek· tion mit dem Endstadium AIDS aogelöst wird. Die Sta· dieneinteilung eriolgt nach der CDC·Kl assifikation. AIDS (Stadium C) liegt vor, wenn bei nachgewiesener HIV·Infektion bestimmte opportunistische Infektionen oder Tumoren (AIDS-definierende Erkrankungen) auttre· ten. Die Diagnose erfolgt serologisch (ELISA, Western· Blot) und durch direkten Erregernachweis (PCR). Zur Verlaufs· und Therapiekontrolle eignet sich die Bestim· mung der CD4' -Zellzahl und der Viruslast im Plasma. Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die anti· retrovirale Kombinationstherapie (HAART), welche die Prognose der Patienten seit ihrer Einführung erheblich verbessert hat.

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Belastungsdyspnoe, Palpitationen und Beinödeme

Ein 38-jähriger Versicherungsmakler stellt sich in der medizinischen Notaufnahme wegen Luftnot vor. Erstmals habe er vor einem halben Jahr eine ungewohnte Dyspnoe beim Tennisspiel bemerkt und das Spiel abbrechen müssen. Seitdem verspüre er häufiger Atemnot bei intensiveren Belastungen und gelegentlich einen unrhythmischen Herzschlag. Ein Engegefühl in der Brust, Bewusstseinsverlust oder Schwindel seien noch nie aufgetreten. Neuerdings habe er außerdem Beinödeme und er mü~se nachts mehrfach Wasser l a~en. Vermehrt habe er auch unspezifische Oberbauchbeschwerden mit Appetitlosigkeit. Der Patient sei bisher nie ernsthaft krank gewesen und nehme keine Medikamente ein. Er rauche nicht, gelegentlich trinke er ein Bier. Auf gezielte Nachfrage berichtet er, dass sein Vater an einer Herzschwäche gelitten habe und im Alter von 45 Jahren plötzlich und unerwartet verstorben sei .j;.J

38-jähriger Mann in gutemAZund Mrmalcm F.Z, HF 102/min, ßD 125/SOmmHg, wach, zu Person, Ort und Zeit orientiert. Haut: normale Farbe, Schleimhäute feucht. LK: unauffiillig. Kopf/Hals: unauffiillig. Lunge: über allen Lungenabschnitten vesikuläres Atemgeräusch, keine RG. Herz: leiser 3. HT, keine Herzgeräusche. Abdomen: Bauchdecke weich, kein Druckschmerz, Darmgeräusche vorhanden. Extremitäten: periphere Pulse seitengleich nur schwach tastbar, beidscits Unterschenkelödeme. Neurologie: orientierend unauftlillig.

1. Welche Erkrankung vermuten Sie? Begründen Sie Ihre Verdachtsdiagnose!

2. Besd1reiben Sie weitere Formen der hier mö-glichen Grunderkrankung und nennen Sie jeweils Charakteristika! 3. Welche diagnostischen Maßnahmen leiten Sie ein? Nennen Sie Gründe!

_

4. Welche Komplikationen können sich ergeben? Was versteht man unter dem plötzlichen Herztod?

..

_.

5. Welche TI1erapieoptionen haben Sie bei den unterschiedlichen Formen? Wie ist die Prognose? 137

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Fall 35

1. Verdachtsdiagnose

Bdastungsdyspnoc, Bcinödemc, Nykturie und P;llpitationen (.,unrhythmischer Her7.~chlag") sprechen bei unauflalligcn pulmonalen Untersuchungsbefunden am ehesten fUr eine kardiale Genese der Beschwerden. Die langsam progredicnte Symptomatik mit zun~hm~nder Dyspno~. den erst im Verlauf auftretenden Ödemen, dem bei der Untersuchung auffallenden 3. Herzton und den epigastrischen Symptomen als mögliches Korrelat einer Stauungsgastritis lässt an eine Herzinsuffizienz denken. Aufgrund des Lebensalters des Patienten, fehlender Vorerkrankungen, feh lender Angina pectoris und positiver Familienanamnese könnte die kardiale Dekompensation durch eine dilatative Kardiomyopathie (DCM) erklärbar sein. Bei der hiiuftgsten Form der Kardiamyopat hie sind Männer doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Charaktcl"istisch ist eine Oilatation eines oder beider Ventrikel (meist links) mit Beeinträchtigung der systolischen Pumpfunktion. Zusätzlich kann eine diastolische Funk~ionsstörung auft reten. Klinische Befunde sind wie in di,esem Fall Zeichen der Herzinsuffizienz mit ßclastungsdyspnoe bis zur Globalherzinsuffizienz sowie Rhythmusstiirungen (insbesondere ventrikuläre Arrhythmien). F.s wird eine familiäre Häufung beobachtet, außerdem können Viren und Noxen (z. ß. Alkohol, Kokain, Zytostatika) eine DCM veru rsachen. Oie DCM tritt auch als gemeinsame Endstrecke z. ß. bei ischiimischcn und vah,ulärcn Her1.erkrankungcn auf.

2. Kardiomyopathicn Unter dem Begriff Kardiomyop;lthie werden Erkrankungen des Herzmuskels zusammengefasst, die mit einer kard ialen Funktionsstörung einhergehen. Nach hämodynamischcn Kll'itcrienlassen sich fünf primäre KardiomyopatlJien abgrenzen, die im Folgenden jeweils beschrieben werden und in > Abbildung 35. 1 schem:ltisch im Vergl.eich zum Normalbefund dargestellt sind. • DiJatathc Kardiom}'Opathic (DCM): > Frage 01. • Hypertrophe Kardiamyopathie (HCM): durch eine asymmetrische Hypertrophie des linken undloder

rechten Vcntrikcls, die vor allem das Kammerseptum bctrilft. Unterschieden werden t:inc obstrukti\'e (IIOCM) Form mit Eincngung der linksventrikulären Ausnussbahn und eine nichtobstruktive (llliCM) Fom1. B.:ide führen 7.\1 einer diastoBsehen funklionsstiirung (vermehrte Steifigkeit infolge einer Störung der Dehnbarkeit des Herzmuskels in der Diastole). Bei der obstruktiven J:orm liegt außerdem ein intraventrikulärer Druckgradient vor. .Meist ist der Verlauf asymptomatisch. Die Gefahr des plötzlichen Herztods infolge ventrikulärer Arrhythmien ist deutlich erhöht (etwa 6% Sterberate bei jugendlichen Patienten pro Jahr). In etwa 50% der HCM-Fälle besteht eine famiiHire Häufung, sodass auch die Untersuchu ng von Familienangehörigen sinnvoll ist. • Restriktive Kardiomypothie (RCM): Es konu11t ebenfalls zu einem diastollsehen Compliance-Fehler (Restriktion), im Gegensatz :wr HCM ist die Myokarddicke allerdings unaufl'ällig. Oie systolhche l'unktion ist weitgehend erhalten, meist resultieren vergrößerte Vorhöfe ohne ventri kuläre Dilatation oder H)1'ertrophie. Insgesamt sehr seltene Form, typisch ist die Diskrepanz zwischen Herzgröße und Ausmaß der llerzinsuffizi.:nz. • Arrhythmogene rcchts\·ent rikulärc Kardiomyopathie (ARVCJ\of): Durch eine librolipomatüsc Degeneration des rechtsventrikulären Myokards kommt es zu einem überwiegend redtlsvenlrikulären kombinierten i•umpfehler. Klinisch sind die Zeichen der Herzinsuffizienz weniger ausgeprägt, im Vordergrund stehen ventrikuläre Tachykardien und plötzlicher llerztod. • Nicht klassifizicrbarc Kardiomyop;lthie (NKCM): Eine eindeutige Zuordnung zu einem der oben genannten Typen gelingt nicht, z. ß. non-contpaction Kardiornyopathie. Die sekundären Kardiomyopathicn sind von den primären Kardiomyopathien generell abzugrenzen, können aber .ie nach UrsJche eine der in > Abbildung 35.1 gezeigten makroskopischen Formen annehmen, meist eine DCM (z. B. bei arterieller Hypertonie oder einem Klappenvitium).

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stimmten Fällen sinnvoll, 2.. B. wenn Speicherkrankheiten (z. ß. Amyloidose) als Ursache einer Kardiomyopathie vermutd werden.

~0gentlich auch Kreatininanstieg. • Ulutkullur: bei hochfieberhaFtem Verlauf zu m Ausschluss/ Nachweis einer hämatogenen Streuung der

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Erreger (Uroscpsis), Abnahme vor Beginn der Antiobiotibgabe! • Bildgebende DiagnosHk: 7.Unächst Abdomen-Sonografie zum ;\u sschlus,~ eines Harnuufstaus, ggf. wcitcrflihrcndc bildgebende Diagnostik (z. ß. Miktionszystogram m bei Verdacht auf VUR}. Bei chronischer Pyelonephritis ist ggf. eine i. v.-Urografie (Röntgen. CT oder MRT) mit Kontrastmittel (morphologische Veränderungen. z. B. Kelchdeformitäten ?) indiziert.

Merke Von einer signifikanten Bakteriurie spricht rnan bei Mittelstrahlurin ab einer Keimza hl von 10~/ml (Kas-Zahl) in der quantitativen Uri nkultur. bei Konta minationen werden in der Regel niedrigere Keimzahlen gefunden. Insgesamt muss die Keimzahl jedoch immer unter Berücksichtigung der klinischen Gesamtkonstellation beurteilt werden: • Bei symptomatischen bzw. antibiotisch vorbehandelten Patientinnen und generell bei Männern sind bereits Keimzahlen < 10°fml im Mittelstrahlurin pathologisch. • Jeder Keim nachweis im Blasenpunktionsurin (bei korrekter Probengewinnung steril) wird als signifikant eingestuft.

4. 1 1alll()genesethäuf•g~te Erreger Pathogenetisch ist in über 95 % der Fälle eine aszendierende Infektion der unteren llamwege mit Darmkeimen ursächlich ftir die Entstehung eine•· akuten Pyclonephritis. In weniger als 5 % der f-älle ist die In fektion auf eine Bakteriämie zuruckzuflihren. Dieser Infektionsweg wird in der Regel nur bei lmmunsch wäche, Endokarditis oder Nierenvorschädigung beobachtet. Die mit Abstand häufigs ten Erreger von Harnwegsinfektionen und Pyelonephri tiden sind gramnegative Bakterien der Darmflora (vor allem Escherichia coli, gefolgt von Proleus mirabilis und Klebsiellen). Bei nosokomialen und bei komplizier-

ten llarnwcgsinfektio nen (bei prädisponierenden Faktoren) sind außerdem Enterokokken, Staphylokokken und Pseudomonas aeruginosa in Betracht zu ?.iehcn.

5. Titerapic

Wichtig für die Behandlung einer akuten Pyelonephritis ist die Frage, ob eine Harnwegsobstruktion als pr;idisponierender faktor vorliegt, da in diesem Fall nach Möglichkeit für eine rasche Wiederherstellung des llarnabllusses gesorgt werden muss. Ansonsten steht die antibiotische Behandlung für 7- 10 Tage im Zentrum der Therapie. Wegen der drohe nden Komplikationen kann die Erregerdiagnostik nicht abgewartet werden. Stattdessen ist nach Abnahme von Blut- und Urinkultur unmittelbar mit einer empirischen Antibiotikatlterapie zu beginnen. Für die Heh;mdlung eignet sich bei leichtem klini-

schem Verlauf die orale Gabe von f luorchi nolonen (z. B. Ciprofloxacin oder Lcvofloxacin). Bei schwerem klinischen Verlauf ist die initiale intravenöse Gabe von Breitbandantibiotika (z. B. fluorchinolone oder als Mittel der 2. Wahl Cephalosporine der J. Generation) indiziert. Nach klinischer Besserung kann auf ein orales Präparat umgestellt werden. Nach Erhalt der mikrobiologischen ßefunde ist die antibiotische Therapie: an das Resistogramm anzupassen. Während akute Pycloncphritidcn mit leichter klinischer Symptomatik ambulant behandelt werden können, ist die stationäre Aufnahme bei hochfieberhaften Verläufen (wie bei diesem Patienten) und bei schwangeren r:rauen erforderlich. Die antibiotische Be-hand Jung wi rd durch allgemeine Maßnahmen (z. B. spasmolytische und analgetische Therapie bei Bedarf, Meidung nephrotoxischer Medikamente) ergänzt. Von besonderer Bedeutung ist die rcicb]jcbe Flüssigkeitszufuhr zum Ausgleich der infektbedingten Flüssigkeitsverluste (z. B. durch Fieber) und zur Gewährleistung t'int'r häufigen Blasenen tleerung (Spülefft'kt).

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Fall 37

Zusammenfassung 6. Komplikationen Bei dncr akuten Pycloncphritis drohen folgende Kom· plikationt'fl: • Uroscpsis: Sie kündigt sich durch zunehmend.: Tachykardie und llypotonic an und kann innerhalb weniger Stunden zum septischen Schock fiihren. Besonders geflihrdet sind Patienten mit Harnabt1ussstörungen sowie Diabetiker. • Übergang in eine chronische Pycloncphritis mit chronischer Niereninsuffizicnz: Bei 10 % der dialyscpt1ichtigen Patienten b t eine chronische Pyelonephritis fiir die Niereninsuffizienz verilntwortlich. • H)'dronephrose und PyonCJihrose: bei persistierender Harnabflussbehinderung. • Intrarenaler oder paranephritiseher Abszess: typisch ist eine Persistenz von Fieber. Infektzeichen und Flankenschmerzen trotz i. v.-Antibiose nach Rcsistogramm. • Bildung von lnfektsteinen: Typi~h sind magnesium- und phosphathaltige Stnl\•se. Rezidiv·ierende, fieberhafte Infekte lassen sich durch eine Schädigung des Immunsystems (gestörte ß- und T-ZeUfunktion) und eine Granulozytopenie erklären, auch ,,·enn eine hohe Gesamtleukozytenzahl (Le ukozyten 113,1 Tsd/ pl) besteht. Au ßerdem sind Lymphknotenschwellungen, eine Splenomegalie und leuk;im ische Haut- und OrganiJlfiltrationen möglich. Unter Berücksichtigu ng des Alters des Patienten ist eine akute myeloische teukämie (AMt) waluschcin· lich, die 80% der akuten Leukämien im Erwachsenenalter ausmac ht. Dagegen besteht in 80 % der fälle im Kindesalter eine akute lymphatische teukämie (ALL).

2. Untersuchungen Wichtig sind vor allem Untersuchungen von ßlut und Knochenmark: • Zytologie: Anteil der Blastcn im Knochenmark an den kernhaltigen Zellenper Definition >25 % bei ALL sowie ::>10 % bei AML, Nachweis von ßlasten im Blut. • Zytochcmic: z. B. Nachweis von Myeloperoxidase bei A.ML • lmmunphänot')'pisierung: zur Abgrenzung verschiedener Subtypen. • Z~1ogenetik und Molekulargenetik: Nachweis von Translokationen und molekularen Mutationen zur Einschätzung der Prognose. • Knochenmarksbiopsie (zwingend bei Punctio sicca). Außerdem sind ergänzende Untersuchungen notwendig, um das Ausmaß und clie Manifesta tionsorte der Leukämie festzustellen:

• Erhebung des Allgemeinzustands (z. ß. W liO Score). • Abdomensonografie. • Rüntgen-Titorax in 2 Ebenen. • EKG, Echokardiografie. • CT/1\IIRTThorax und Abdomen (wenn Sonografie oder Röntgen-1l10rax kei ne Aussage erlauben). • Gegebenenfalls neurologische Diagnostik: Liquorpunktion und Schädel-MRT (bzw. Schäde1-CT). Die Klassifikation in eine der Leukämieformen erfolgt anhand morphologischer (f-Aß Jf.rcnch-American-ßritish-Group)-Klassifikation), immunologischer und zytogenetischer Merkmale.

Merke ln 40% der f älle findet sich bei Erstmanifesta rianen ein

subleukämisc;her Verlauf (normale oder erniedrigte Leukozyrenzahl). Eine akute Leukämie ist sehr unwahrscheinlich, wenn sich alle drei Zellreihen (Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten) im Normbereich befinden.

3. Verlauf!lberapieoptionen ß.:i der AML sollte die 1l1erapic an einem Zentrum im Rahmen einer Therapiestudie du rchgeftihrt werden. Generell erfolgen eine Induktionstherapie mit dem 7.icl der kom pletten Remission (CR) und eine an· schließende Konsolidierungs· und Erhaltungstherapie zum Erhalt der C:R. Bei der Standard-lnduktionsiherapic (3+7 Schema) wird die dreitägige Gabe eines Anthrazyklins!Anthra . cendions (z. ß. Daunorubicin) mit 7 Tagen Ara-C (Cytarabin) kombiniert. Die Art der Konsolidierungstherapie orientiert sich am Risikoprofil der AL\·IL und am Allgemeinzustand des Patienten. Zur Anwendung kommen hochdosiert Ara-C sowie, bei geeigneten Patienten (individuelle Risikostratifizierung bei Patienten < 50 Jahre in Rem ission ohne lnfekthinweis). autologe oder allogene Blutstammzelltrans.plantationen nach dosisreduz ierter Konditionierungstherapie (Zytostat ikatherapie und nachfolgende Ganzkörperbestrahlung). Die Erhaltungstherapie erfolgt innerhal b von StudienprotokoUen. Außerd em sollten bei

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der Therapie der AML Allgemeinmaßnahmen und eine unterstützende ll~t:rapie erfolgen: 7.. ß. Reduktion der Keimlast du rch keimarme Zimmer (keine POanzen) und sorgfaltige Händedesinfektion sowie bedarfsgerechte Substitution von Erythrozyten und llHombozytcn. Hier bestand au fgrundder hohen Leukozytenzahl von > I 00 TsdJ~u die Gefahr einer Leukostase, sodass rasch einc Senkung der peripheren Leuk01.ytenzahl durch Chemotherapie oder Lcukapherese eingeleitet wurde. In der Zwischenzeit hat die Le ukozytenzahl am ehesten durch eine Induktionstherapie deutlich abgenommen; jetzt besteht bei Neutropenie ( < 500 Zellen/ ~) ei ne erhöhte lnfektionsgefahr. Trotz der bei Neutropenie bestehenden antimikrobiellen (z. B. Piperacilli n-Tazobactam) und antimykotischen Prophylaxe (z. B. Posaconazol) is t vermutlich eine Pneumonie entstanden.

4. Akutd iagnose/Delinition Der Patient befindet sich aufgrund der hypotonen Kreislauisi'luation mit Tachykardie und Unruhe als mögliches Zeichen einer akuten Enzephalopa thie im septischen Schock. Eine Infektion ist klinisch aufgrund des Fiebc:rs und der deutlichen Erhiihung von CRP und Procalcitonin wahrscheinlich. Zusät1.lich besteht der Vc:rdacht auf eine beginnende: respiratorische lnsuflizienz, da trot7. maximaler 0 2-Gabe und einer Atc:mfrequcn7. von 35/min nur eine 0 2-Siittigung von 91.% erreicht wird. Eine Pneumonie kann aufgrund des Auskultationsbefunds als fookus des septischen Schocks vermu tet werden. Per Definition wird eine systemische Entzündungsantwort, die im Rahmen von Infektionen, Verbrennungen und schweren Traumata auftreten kann, als SIRS (Systemic Jnflammatory Response Syndrome) bezeichnet. Ein SIRS liegt vor, wenn mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sind: • Hyperth ermie(> 38 •q oder Hypothermie (< 36 •q. • Tachykardie (> 90/min). • T;Khypnoe (Ar > 20/min) oder Hypoka pnie {PaC0 2 S 32 mmHg).

• Leukozyt ose (> 12 Tsd/!-11) oder Leuküpenie (< 4 Tsd/pl) oder Linksverschiebung (:::: I0 % unreife Neutrophile im Oiffcrenzi;Jiblutbild). Die Sepsis ist die häufigs te Ursache des SIRS. Für die Diagnose wird neben der Erfüllung der SIRS-Kriterien der Nachweis einer ausliisenden Infektion (mikrobiologisc.h/klinisch) für die systemische Entzündungsreaktion gefordert. Von einer schweren Sepsis spricht man , wenn eine Sepsis mit Zeichen einer akuten Organd}•sfunktion bzw. -hypopcrfusion einhergeht. f.ür die Diagnose muss mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt sein: • Akute Enzephalopathie: z. ß. Vigilanzminderung. Desorientierth eit, Unruhe, Delirium. • Arterielle Hypoxämie: PaOz 5 75 mmHg u_nter Raumluft, wenn manifeste Herz- oder Lungenerkrankungen als Ursacheausgeschlossen sünd. • Nierenfunktionsstiirung: z. B. Oligurietrotz ausrci· ehender Fliissigkeitszufuhr. • Metabolüche Azidose: häufig mit Serumlaktat an· stieg. • Thrombozytopenie: wenn andere Ursachen (z. B. akute Blutung) ansgeschlossen sind. Zur Diagnose eines septischen Schocks muss zusätzlich zu den Kriterien der schweren Sepsis eine septische Hypotonic (systolischcr BD < 90 mml-lg oder MA D < 65 mm Hg bei Ausschlu.~s anderer Ursachen) vorliegen, welche trot.z adäquater Flüssigkeitszufuhr pcrsisti crt. Patienten im septischen Schock sind katecholaminpllichtig.

5. Akute 1l1crapic Bei einem septischen Schock mit respiratorischer Insufllzieuz besteht eine dringende intensiv-medizinische 1l1crapieiudikation zur hämodynamischcn Sta· bilisierung sowie Sicherung der Vitalfunktionen. TI1erapeulische und diagnostische J'vbßnahmen umfassen: • Supportive Therapie: - Hämedynamische Stabilisierung durch Volumen- (v. a. Kristalloide) und Katecbolaminthcrapie (~. B. NoradrenaHn) mit Ziei-MAD

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Fall 38

> 65 mml lg, zentralvenöse 0 2-Sättigung > 70%, Laktatabfall. - ßealmung bei respiratorischer lnsuffilicnz aufgrund eine~ sepsisinduzierten ARDS oder Pneumonie (hier am ehesten Fokus der Sepsis). • Kausale ·naerapie: - Frühestmögliche kalkulierte Therapie(< I h) mit einem Breitspektrumantibiotikum nach Abnahme von Blutkulturen, ggf. mit Abdeckuns von Pseudomonaden (insbesondere bei Neutropenic). - Rel'valuation antianikrobielk ll1crapie alle 118-7211. - Gezielte antimikrobielle ll1erapie bei Kenntnis des Erregers. - Infektfokussanierung, wenn möglich (z. B. Drainage 1·on Abszessen. Entfernung von infiziertem Fremd material: z. B. Katheter, Endoprothesen, ctc.). • Ergänzende Titerapie:

Scdation, Analgesie und Delirtherapie nach Hedarf. Nach Möglichkeit enlel".tle Ernährung (parenterale l;rnährung nur, wenn nach 5 7 Tagen orale oder enterale Ernährung unwahrscheinlich ist). Weitere 'lhcrapic: Nierenersatzthcrapie, Ulkusprophylaxe, lllrombo~cproph)•laxc, ggf. moderate Imulintherapie, ggf. Selen.

Zusammenfassung Bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) kommt es aufgrund e1ner neoplastischen Transformation einer myeloischen Vorläuferzelle im Knochenmark zu einer Verdrängung der norma!en Hämatopoese mit Ausschwemmung von Blasten ins Blut. Die Ätiologie ist vielfältig, Knochenmarkschädigungen durch Strahlung und Zytostatika werden diskutiert. Ebenso kann sich eine AML aus hamatopoetischen Erkrankungen entwickeln (z. B. myelodysplastisches Syndrom). Klinisch kommt es zu Abgeschlagenheit, Schwäche, lnfektanfalligkeit, Blutungsneigung sowie Lymphknotenschwellungen und Splenomegalie. Die Diagnose gelingt anhand morphologischer, immunologischer und zytogenetischer Merkmale von Blut (Nachweis von Blasten) und Knochenmark. Die Behandlung der AML besteht aus eine~ Induktionstherapie mit dem Zi€!1 der komplenen Remi!.~ on und anschließender Konsolidterungstherapie und Erhaltungs . therapie. Unler Sepsis versteht man das Vorhandensein einer Inlektion (mikrobiologisch, klinisch) und mindestens zwei Kriterien eines SIRS (z. B. Fieber. Tachykardie, Tachypnoe, Leukozytose, etc.). Die Sepsis kann sich bei zJsätzlkher Organbeteiligung in eine schwere Sepsis und länger bestehender Hypotonie in einen septischen Schock auswe1ten. Die Fokussuche (Blutkulturen, bi'dgebende Verfahren) ist ebenso wie eine rasche multimodale Therapie je nach Schweregrad des Krankheitsbilcs (fruhTeit:ge antimikrob.elle Therap:e und Fokussanrerung, Volumentherapre, Katecholam~ngabe, Beatmung, etc.) von großer Bedeutung für dre Senkung der hohen Letalrtät.

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Frieren und Obstipation

.J I :.. Ein 67-jähriger Patient stellt sich in Ihrerinternistischen rachpraxis in Begleitungseiner rrau vor. Er trägt trotz der warmen Temperaturen im Mai einen langen Mantel, zwei Westen und ein Hemd und berichtet, dass er zuletzt häutig Streit mit seiner Frau habe, die ständig das renster öffnen wolle, obwohl er friere. Außerdem leide er unter Obstipation. Auf sein Körpergewicht habe er nicht geachtet. Besonders abends fiihle er sich immer sehr müde. Anamnestisch bekannt sind ein Oropharynxkar1.inom, das exzidiert und bestrahlt wurde, eine chronische Niereninsuffizienz, eine artcricJlc Hypertonic sowie eine künlich zurückliegende transitorische ischämische Attacke (TIA) mit Hemisymptomatik und Nachweis einer höhergradigen Stenose der A. carotis interna rechts.

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67-jähriger Mann in leicht reduziertemAZund adipiiscm EZ (172cm, 89 kg, ß.\1130, I kgJm z). BD 138/84 mmHg, Puls 56/min. Haut: blass und trocken. Kopf/Hals: Schleimhäute feucht, reizlose:. Trachcostoma, SO nicht vergrößert tastbar, leichte Lidödeme bds. LK: unauffällig. Herz: IIT rh}•thmisch, keine pathologischen Geräusche. Lunge: sonorer KS, vesikuläres AG, keine RG. Abdomen: weich, adipös ausladend, kein DS, keine Resistenzen, keine Hepatosplenomegalie. Extremitäten: diskrete Knöchel- und Unterschenkelödeme, nicht weckdrückbar, periphere Pulse gut tastbar. Neurologisch orientierend unauffallig.

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Leukozyten 8,6 Tsd/f1l; ErythrOZ)•ten4,56 Mio/fll; llb 13,4gldl; llkt 38,7%; MCV 84,9 II; MCII (llbE) 29,11 pg; MCilC 34,6g/dl; Thrombozyten 236 Tsd/11l; Quick 78 %; TNR 1,14; Natrium 138mmol!l; Kalium 60 Jahre. Mö&lich sind ein leichter Troponinanstieg und infarktähnliche Veränderungen im EKG.

• Lungencmbolic: pleuritiseher Sehrnerz (oft at.:mahhängig, stechender Charakter), w sätzlich Tachykardie, Dyspnoe, II ustcn und ggf. Nachweis einer tiefen ßt:invcncnthrombosc, im EKG häufig Zeichen der Rechtsher7.hclastung (7.. ß. Rcchtsschenkclblock) und S1·Q111-Typ. • Spontanpncumothorax: Di;tgnosestellung mittels Auskultation und Röntgen-lhorax. • Akutes Abdomen: je nach Schmenlokalisation akute Pankreatitis. Perforation (z. B. bei Magenulkus) oder Gallenkolik denkbar. • Rcfluxkrankheit: Sodbrennen und retrosternales Brennen, bei Verdachtendoskopische Abldäru ng. • Boerhaave-Syndrom: Ösophagusruptur durch star· kes Erbrechen mit heftiger Schmerzsymptomati k, bei Verdacht Röntgen-Thorax und Kontrastmittel-

röntgen des Ösophagus. • Muskuloskelettalcr Scluncn: traumatisch oder degenerativ. Fiir die Diagnose eines Herzin(arkts entscheidend ist neben den klinischen Leitbcfunden der Nachweis einer manifesten Myokardischämie durch eindeutige Herzenzpnveränderungen und ggf. ST-Hebungen im EKG (NSTEM I vs. STE~H ).

Me r ke Für die Diagnose STEMI müssen im EKG in mindestens zwei beieinanderliegenden Standardableitungen signifikante ST-Streckenhebungen vorliegen( 0,1 mV in allen Ablei tungen außer V2- V3, für die folgende Grenzen gelten: ~ 0,2 mV bt•.v. ~ 0,25 mV bei Männern > 40 Jahre bZ\v. < 40 Jahre oder ~ 0, 15 mV bei Frauen).

3. Sofortmaßnahmen

Die Prähospitalphase ist bei akutem Myokardinfarkt von entscheidender Bedeutung. Frühz.eitig sollte die Möglichkeit Zltr perkutanen koronaren Intervention (PCI) evaluiert und eine Einweisung in ein entsprechendes Zentrum organisiert werden. Folgende Maßnahmen sollten von dem ersten behandelnden Arzt durchgeführt werden:

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• Oberkörperhochlageru ng, Beruhigung des Patienten. • Vcnöscr Zugang. • Sauerstoffgabc: über Nasensonde oder M;1skc bei Patienh:n mit 0 2-Sättigung < 95 %, Dyspnoe oder akutcr Hcr1.i nsuffizienz. • 12-Kanai-EKG (innerhalb von 10 Minuten). • ASS plus ADP-Rezcptor-Antagonist (Prasugrel oder Ticagrelor, bei Kontraindikation Clopidogrel) zur 1hrombozytenaggregationshcmmung. • Heparin zur Antikoagulation. • Analgesie mit Opiaten (z. ß. Morphin) nach Bedarf, ggf. zusätzlich Antiemetika (z. B. Metoclopramid). • Betablocker senken das Risiko von Kammerflimmern und den SauerstoRbedarf (cavc: Kontraindikationen z. B. Bradykardien, Hypotonie und kardiale Leitungsblockierungen). • Nitrate als Zerbeißkapsel oder Spray (wen n systolischer Blutdruck> lOOmmHg). • Sedierung z. B. durch Midazolam nach ßedarL • Notärztliche Einweisung in geeignete Klinik (PCI· Zentrum) unter Monitoriibenvachung (inkl. EKG) in Defibrillationsbereitschaft.

4. Laborbefunde Die Bestimmung der llerlenzymc ( > Tab. 40.1) ist be· sonders zur Differenzialdiagnostik bei feh lenden EKGVcränclcrungcn wm Au&~chluss eines akuten Myo· kardinfarkts von Bedeutung, da sie als Biomarker für die Schädigung des Myokards gelten. Besonders die Troponiue I und T haben eine hohe Herzmuskci-Spczifität, können aber auch bei weiteren Diagnosen signifikant erhöht sein (z. B. Nicreninsuffizienz, hypertensive Krise, Lungenembolie, T;~ehykardie). Aufgrund der unterschiedlichen Kinetik der kardialen Marker nach potenziellem Ereignis ist bei initialunaufflilligen Werten nach 3-6 Stunden eine Kontrolle vor allem der Troponine sinnvoll, da inzwischen hochsensitive Tests verfügbar sind. Bei symptomatischen Patienten mit positiven Werten, welche die oben genannten EKG-Kriterien des STEMI 11icht erfiillen, spricht man von einem NSTEMI (non ST-Segment-Eievation Myocardiallnfarction). Hei zweimalig negativen \Ver· ten im Abstand von 3- 6 Stunden ist ein Myokardinfarkt als Ursache der Beschwerden unwahrscheinlich. Unspezifisch können sich außerdem Veränderungen der Leukozyten ( r ), der BSG ( t) un d des CRP ( t) ergeben.

Merke Keine i. m.·lnjektionen, da die Diagnostik durch den

5. Komplikationen

unspezifischen CK·Anstieg ersch~;vert wird und unter der gleichzeitigen Antikoagulation ein erhöhtes Blutungsrisiko besteht!

Nur etwa 7'3 der Patienten mit akutem Herzinfarkt erreichen das Krankenhaus lebend. Die gcfahrlichstcn Komplikationen ereignen sich in den ersten 4!\ Stunden nach akutem Infarkt.

Tab. 40.1 Übersicht über die Labordiagnostik bei kardialer Ischämie. La borwe rt

Frühe st e r Na chweis

Ma ximalwert na ch

nach Schmerzbeginn

Schmerzbeginn

Bedeutung

1-4 h Myoglobin Troponin I und T 3-12 h

6-7 h

24 h

Nicht spezifisch, aber sensitiv

18-24 h

Bis ca. 10 Tage

Hochspezifisch und sensitiv. falsch positiv z. B. bei Niereninsuffizienz

Kreatinkinase 3- 12 h (CK) und CK·MB

18- 24 h

26- 48 h

CK korrelien mit lnlarktgröße. CK-MB 6-20% der Gesarnt-CK

6-12h

24-48 h

6-8 Tage

Unspe:lifisch, aber wichtig für Spätdiagnose 159

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Fall 40

Folge nde Komplikationen sind in der Akutpha.~c relevan t: • Herzrhythmusstörungen aller Art treten häufig auf, z. ß. ventrikuläre Extrasystolic, Kammertachrkardien und -flimmern, Vorhofilimmern, bradykardc Rhyt hmusstörungen mi t Sin usbrad)•kardie und Leitungsblockieru ngt.> n. • Linkshcrzinsuffizicnz: Bei etwa einem Drittel der Patienten mit nachfolgendem Lungenödem bis hin zum ka.rdiogcncn Schock und Pumpversagen. • Papillarmuskelabriss und akute Mitralinsuffizienz. • Herzwandruptur mi t llerzbe uteltamponade. • Ventrikc.lscptumdcfckt. • Perkarditis epistenocardica: Entzü ndliche Perikard reizu ng. ln der Spätphase ergeben sich weitere Komplikationen. wie die Ausbildung eines Herzwandaneurysmas, eine ischämische Kardiomyopathie, das Postmyokardinfarktsyndrom (Dte5sler-Syndrom: Perikardi tis und Pleuritis 1- 6 Wochen nach lnf.1rkt), 'Ihrombembolicn oder weitere Arrhythmien.

6. 'Jberapie Hospitalphase Es sollte: umgehend eine intensiv-medizinische Überwachung in Defibrillationsbereitschaft erfolgen. Wähn::nd der Hospitalphase werdc:n die Sofortmaßnahmen ( > Frage 03) fortgcHihrt und intensiviert, 7.. ß. indem Nitrate bd Hypertonic i. v. gegeben werden (Blutdruckkontrolle) und die Antikoagul;1tion mit Heparin durch regelmäßige Pn'-Kontrollen überwacht wird. für die Prognose entscheidend ist die Re,•askuJarisalion des verschlossenen koronaren Gcl;ißes. Prinzipiell stehen dafür zwei Verfahren zur Verfügung. • Perkutane koronare Intervention (PCI)/AkutPTCA (perku tane transluminale Koronarangioplaslie) und Steutimplantation: 1l1crapic der I. Wahl mit der höchsten pri.J11~iren Erfolgsrate in erfahrenen Zentren d urch Ballondilatation und nachfolgende Stentimplantation. Senku ng der Restenoseratc durch Anwendung vo n DES (Drug Eluting Stents),

die mit Immunsuppressiva beschichtet sind. Innerhalb der ersten 2 Stunden nach Symptombeginn sollte nach Möglichkeit immer eine Verlegung zur PCI in ein entsprechend ausgestattetes Krankenhaus erfolgen. Außerdem wirkt sich die Gabe von ßivalirudin bevor7.Ugt vor GPI!b/llla-Inhibitoren (7.. ß. Eptifibatid) neben einer dualen lllrombozytenaggregationshcmmung mit z. B. ASS und Prasug.rel prognostisch günstig auf die Re stenoserate aus. • Medikamentöse 11nornbolyse: Anwendung bei akutem Infarkt innerhalb der ersten 12 Stunden nach Scbmenbcginn, wenn eine PCI innerhalb von 2 Stunden nicht möglich ist. Die wichtigsten Kontra indikationen sind Blutungen (intrakraniell, gastrointestinal) sowie ein ischämischer S:hlaganfall innerhalb der letzten 6 Monate. Als Erfolgskriterium gilt eine gelungene Rekanalisation innerhalb der ersten 90 min (gelingt in 70-80% der Fälle). Als Substanzen kommen u. a. Tenectcplasc, Alteplase oder Reteplase zur Anwendung. Va nach erfolgreicher Lyse Re· V crschlüsse auftreten können, sollten alle Patienten nach Lysetl1erapie einer frühen Koronarangiogralie zugefü hrt werden.

Zusammenfassung Ursache des akuten Myokardinfarkts ist die hochgradige Stenose oder der thrombotische Verschluss einer Koronararterie nach Plaqueruptur mit nachfolgender ischämischer Myokardschädigung. Die typischen Leitbefunde sind ein heftiger. ausstrahlender Thoraxschmerz und ein retrosternales Druckgefühl, die mit vegetaiiven Symptomen einhergehen können. Die Ableitlllg eines 12-Kanal-EKG mit charakteristischen Veränderungen (ST-Hebungen) und die Bestimmung der Herzenzyme (Troponin l/T) sind die entscheidenden diagnostischen Maßnahmen. Therapeutisch steht die schnellstmögliche Revaskularisation mitleis PCI im Vordergrund, die Thrombolyse ist nur 2. Wahl. Das Ausmaß des Infarkts und die Zeit bis zur Rekanalisationbestimmen die Prognose, die zudem von lebensbedrohlichen Komplikationen wie Kammerflimmern abhängt.

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Stuhlunregelmäßigkeiten und gastrointestinale Blutung

Ein 68-jähriger ~lann wird aus der HNO-Abteilung mit Verdacht auf untere gastrointestinale Blutung aufihre internistische Station verlegt. In der I!NO-Klinik, wo der Patient zur Abklärung einer länger bestehenden Heiserkeit war, habe er mehrfach Stuhl mit Blutbeimengungen abgesetzt. Trotz seiner Berentung war der Mann bis \•or einigen Monaten als Gärtner noch sehr aktiv. In der letzten Zeit habe er sich schwächer geftihlt, gerate vor allem bei körperlicher Belastung schneller in Atemnot und habe zudem Stuhlunregelmäßigkeiten mit Wechsel von Diarrhö und Obstipation bemerkt. In den vergangenen 3 Monaten habe er 5 kg abgenommen. Die Familienanamnese ist blande.

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Abgesehen von einer Blässe der Haut und der Konjunktiven sowie Zustand nach unfallbedingter Amputation des rechten Ringfinger~ keine Auffalligkciten. Rektale Inspektion und Palpation sind ohne pathologischen Befund.

Lcukoz)•ten 7,3 Tsd/fll; Erythrozyten 3,70 Mio/fJI; Hb 8,8g/cll; Hkt 28,8%; MCV 77,8 fl; MCH 23,8pg; MCHC 30,6g/dl; 'Ihrombozyten 462 Tsd/!JI; Eisen lO!Jgfdl; ferritin 23flgfl; Natrium 138nunol/l; Kalium 4,0mmol/l; Serumkreatin in 0,86 mg!dl.

1. Welche Verdachtsdiagnose haben Sie? Welche Diffe renzialdiagnosen kommen in Betracht?

r

2. Was wissen Sie über die Epidem iologie, Ätiologie u nd Pathogenese der Verdach tsdiagnose?

3. Welche diagnostischen !\laß nahmen schließen sich an? Wo suchen Sie besonders nach Metastasen?

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4. Nennen Sie die UICC-KJassiftkation! Wclclac Tiaerapiemaßnah men können Sie anwenden?

5. Was wissen Sie in diesem Zusammenbang über Vorsorgeuntersuchungen?

6. Was ist d ie wahrscheinlichste Ursache der Anämie?

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Fall 41

Verdadatsdiagnose/ Oifferenzialdiagnosen t\ls Vcrdachtsdh1gnose kommt bei unterer gastrointcs· timde r Blutung, Stuh lunrc:g,·lmäCiigkdten, körperlicher Ahgeschlagenhcit, Gewichtsabnahme und Anämie trotl. unaulff:illigem rektalen Tas tbefund am ehesten o:in kolorcktafcs Karzinom in frage. Da die Symptome nur eine geringe Spezifität aufweisen, sollten insbesondere folgende Ditlcrcnzia.ldiagnoscn abgeklärt werden: • Benigne Tumoren: Polypen. • Strornat.umoren. • Diverti kulitis. • Chronis.ch-entzü ndliche Darmerhanku ngen: Colitis ulcerosa. Crohn-Krankheit. • Obstruktive Läsionen, z. B. Strikturen. • Hämorrhoiden. I.

2. Epidemiologie/,\tiologie/ Pa.thogenese

ln Deutschland ist das kolorcktalc Karzinom der zweit· häufigste Tumor sowohl des Mannes (nach dem Bron· chialkarzinom) als auch der ~rau (nach dem Mammakarzinom) .. Ocrzeit besteht hierzulande eine lnzidenz von etwa 40/100.000 Einwohner, wobei kolorektate Karzinome vor allem nach dem 50. Lo:bensjahr auftn:tcn (> 90% do:r Fälle). Als genetische Faktoren sind w nennen: • Familiä.res adenomat(ises Polyposissyndrom (FAP): nbligate Präkanzo:rose, etwa I % allo:r Fälle. • Hereditäres nichtpolypöses kolclrcktales Karzi· nomsyndrom (HNPCC, l)•nda-Srndrom): Risiko für ein Karzinom bis etwa So%. Neben den genetischen Urs;1chen existieren weitere Faktoren mit erhöhtem Risiko für ein kolarektales Karzinom: • Kolorektalc Adenome. • Colitis ulcerosa: bei la ngjährigem Bestehen erhöhtes Risiko. • Ernälarungsgewohnhcitcn: ballaststoffarme, fettund lleischreiche Kost. Übergewicht. • Exogene Faktoren: Nikotinabusus. hoher Alkoholkonsum. Pathogenet isch steh t die Entwickl ung von kolorcktal cn Karzinomen meist in Zusammenhang mi t einer En tar·

tung nm dysplastischen Adenornen (Adcnom-Karli· nom-Sequenz). Dabei kommt es zu einer Ro:ihe von Mutationen mit Aktivicrung von Onkogenen und Inaktivierung von Tumorsuppressor-Genen, die im Laufe von ca. I 0 Jah ren ?.ur malignm Entartung mit un koutrolliertem 7.d lwachstum führo:n. Folgende Gene sind in der Rcihnfolge ihrer Beteiligung betroffen: APC-Tumorsuppressor-Gen, K-RAS-Onkogen, DCCTumorsuppressor-Gcn, p53-Tumorsuppressor-Gen.

Diagnostik/Metastasen Folge nde diagnostische Maßna hmen sollten zur weiteren Abklärung bei Verdacht auf ein kotorektal es Karzi nom erfolgen: • Komplette Koloskopie als erster diagnostischer Schritt, erlaubt makroskopisch Lmd durch die histologische Untersud1ung von Biopsien eine Diagnose ( > Abb. 41.1 ), besitzt die höchste Sl·nsitivität und Spc-1-ifilät fiir das AuRinden eines koloreklalen Kaninoms. • Starre Rektoskopie bei V. a. Rcktum kartinom. • CJ'-Abdomen insbesondere präoperativ, wenn Ko· Ioskopie nicht komplett möglich ist (z. B. bei steno• sierend en Prozessen) als virtuelle Kotoskopie (z. T. auch MRT). Gegcbeno:nfalls o:rgänzend zur Mctastasensuche. • Rektale Endosonogralie 7.ur Bcurh:ilung do:r lokalen Tumorausdehnun g.

3.

Ahb. 41.1 Koloskopischcr Befund eines stenosicrcndcn Sigm~karzi· noms. lT598l

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• Urologisd1c und gynäkologische Untersuchung bei Vl'rdacht auf Infiltration in cntspn:chende Organe (z. ß. Blase oder Uterus). • Abdomensonografie zur Metastasen suche. • Röntgen-Thorax in 2 Ebenen zur ll•tetastascnsuchc:. • Bestimmung des Tumormarkcrs CEA (karzinoembryonales Antige n) als Ausgangswert flir die postoperative Verlaufskontrolle. > Abbildung 41.1 uigt den koloskopischen Befund des Patienten, bei dem im oberen Sigma eine die gesamte Zirkumferenz einnehmende tumoräse formationmit hochgradiger, nicht passierbarer Stenosierung gefunden wurde. Histologisch wurde ein Adenokarzinom mlt überwiegend mäßiger und fokal geringer Difterenzierung beschrieben. Das kolorektale KarLinom metastasiert auf zwei Wegen: • Hämatogene Meta$tasicrung: Typischerweise komm t es über den venösen Abfluss und die Portalvene zu FiJiae in der Lebet (etwa 50% aller Patienten ), danach in der Lunge und später in anderen Organen. Beim distalen Rektumkarzinom können sich Tumorzellen über den direkten Weg der Vena cava in der Lunge absiedeln. • Lpnphogcne Mctasta5ierung: Sie verläuft beim Rektumkarzinom über die regionalen Lymphabflusswegc, die der arteriellen Versorgung entsprechen, sodass je nach Sit7. des Tumors im oberen Rcktumdrillel pamaortalc Lymphknoten, im milllcrcn Rcktumdrillcl auikrdem die Lymphknoten der Heckenwand und im unteren Rc:ktumdrillel zusätzlich inguinale Lymphknoten betroffen sein können.

4. Klassifikation/TIJetapie Die Stadieneinteilung folgt dem TNM-Systcm, vereinfacht lassen sich die Stadien der UICC (Union Internationale Contre Le Cancer) abgrenzen, die auf der Infiltrationstiefe des Tumors beruhen und sowohl therapeutische als auch prognostische Relevanz bes itzen ( > Tab. 4 I. I). Die Prognose ist zudem von der Erfahrung des Operaleurs abhängig. Die TI1crapic des kotorektalen Karzinoms ist abhiingig vom Stadium und Lage des Tumors. Bei der kurativen Zielsetzung steht die radikale Resektion im Vordergnmd, ggf. auch von isolierten Leber- und/oder Lungenmetastasen (evtl. nach neoadjuvanter Chemotherapie). Folgende Verfahren kommen zu m Einsatz: • Chirurgische 1\Iaßnabmen: verschiedene Reseklionsverfahren je nach Tumorlage. - Rektumkarzinom: z. B. anteriore Rektltmresektion mittotaler Mesorektumexzision (TME) oder abdomino-pcrinealc Rekt umexstirpation (APR). - Kolonkarzinom: Hemikolektomie rech ts oder links bzw. Transversumrescktion oder Sigmare· sektion,jeweils im En-bloc-Verfahren un ter Mitnalune des regionären Lymphabtlussgebiets. • Neoadjuvanle TI1erapie: bei fortgcschritlcncm Rc::ktumbrzinom ab UICC Stadium ([als präopc::rati\•e Radio-/Chemotherapie. • Adjuvantclhctapie: Radio-/Chemotherapie, z. ß. 6-mnnatige Chemotherapie (FOI.fOX: Oxaliplatin und 5-Fluorouracil und Folinsäurc:) nach RO-Rcscktion beim Kolonkarzinom UICC Stadium III mit Verbesserung der 5-Jahres-Überlebensrate.

Tab. 41.1 5-Jahres-üoerlebensraten der Patienten mit kolorektalem Karzinom in Abhängigkeit des Stadiums nach UICC (2010).

Definition, Infiltrationstiefe

5-Jahres-Überlebensrate in %

> 95 Tl-2 NO MO Submukosa und Muscularis propria 85- 95 11 A, B, C T3-4 NO MO Alle Wandschichten und Überschreiten der Darmwand 55-85 111 A, B, C T1 -4 N1- 2 MO Regionale Lymphknoten, nicht an Gefäßstämmen 115- 55 IV Tx Nx MI Fernmetastasen 5 0

Tis NO MO

Carcinoma in situ

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Fall 41

• Palliative Maßnahmen: chirurgische und lokal-intcrventionelle Verfahren (z. ß. Kryo-, L.aserthcrapic) sowie Polychemotherapie und Gabe eines monoklonalen Antikürpers (gegen VF.GF: Bcvacizurnab oder gegen F.GFR: Cctuximab) bei rnct;Jstasicrcndem kolorektalcrn Kar?.inom sind miiglich. Trotz kurat iver Zielsetzung können in 10-30 % der Fälle Tumorrezidive auftreten, meistens in den ersten beiden postoper;ltiven );Ihren. Daher ist eine sorgfaltige Tumornachsorge von besonderer Bedeutung (CEi\Verlauf. Koloskopie, Abdomensonografie, Röntgenthorax, ggf. CT-Abdomen).

6. Ursache der Anämie Die L~1boruntersuch ungen (Anämie bei Hämoglobin ! ) deuten aufgrund der mikrozytärcn, hypochromcn Zellen (1vtCV ~, MCH l ) und des niedrigen Eisen- und FcrritinwcrL~ auf eine Eisenmangelanämie hin. ln Zusammenhang mit einem kolorektalen Karzinom besteht die Ursache der Anämie am ehe.sten mit einer chronischen Blutung aus dem Tumor, die ko nsekutiv zu einem Eisenmangel und damit zu den typischen Verä nderungen der Laborbefunde fuhrt.

Zusammenfassung 5. Vorsorgeuntersuchungen Aufgrund der geringen Spezifität der Symptome, die zudem häufig erst in höheren Stadien auftreten, und der pathogenetisch relevanten Adenom-Karz.inom-Sequenz ist die frühcrkcrmung im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung von flcdcutung: • Nichtrisikopersonen >50. Lebensjahr: E.s soUte eine komplette Koloskopie erfolgen. Bei unaulf.i Uigcm Befund und fehlenden Risikofaktoren wird eine Wiederholung nach 10 Jahren empfohlen. ßei Personen, die keine Kotoskopie wünschen, sollte ein Test auf f.'ikalc okkulte ßlutvcrlustc (FOßT, GuaiakTest: 3 Testbriefehen mi t je 2 Auftragsfeldern für konsekutive Stühle) sowie Inspektion des An us und rektal-digi tale Untersuchung erfolgen. F.in positi ver Test erfordert eine Koloskopie, der FOI3T ka nn bei geringer Sensitivität und Spezifttät eine Koloskopie nicht ersetzen. • Risikogruppcn: Bei Verwandten ersten Grades von Patienten mit Adenom oder kolorektalem Karzinom sollte die erste komplette Koloskopie 10 Jahre vor dem Erkrankungsalter des Verwandten erfolgen (spätestens mit 40- 45 Jahren) und alle 5 Jah re wiederholt werden. Bei Patienten mit FAP bereits ab dem 10. Lebensjahr und bei HNPCC ab dem 25. Lebensjahr mit je einem jährlichen Untersuchungsintervall.

Das kolarektale Karzinom ist hierzulande der zweithäufigste Tumor des Mannes (nach Bronchialkarzinom) und der Frau {nach Mammakarzinom). Neben allgemeinen Risikofaktoren ist vor allem eine genetische Disposition ätiologisch von Bedeutung. Bei der Pathogenese steht die maligne Entartung von Adenomen im Sinne der Adenom -Kart inam-Sequenz im Vordergrund. Spezi fi sche Symptome fehlen, im Verlauf können Stuhlunregelmäßigkeiten, Blutbeimengungen im Stuhl, Anämie, körperliche Abgeschlagenheil und Gewichtsverlust auftreten. Die wichtigste diagnostische Maßnahme ist die Koloskopie mit histologischer Untersuchung von Biopsien. Beim Tumorstaging sollten weitere bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen, um Metastasen und die Infiltrationstiefe zu untersuchen, welche für die Stadieneinteilung (UICC-Stadien) und damit für die Prognose bedeutsam sind. Bei der kurativen Therapie steht je nach Stadium die radikale Resektion im Vordergrund. die stadienabhängig neoadjuvant oder adjuvant durch Radio-/ Chemotherapie ergänzt werden kann. Aufg rund des unspezifischen klinischen Bilds sollte bei Personen ohne Risiko ab dem SO.Lebensjahr alle 10 Jahre eine Kaloskopie als Vorsorgeuntersuchung erfolgen, bei Risikogruppen schon früher und in kürzeren Abständen.

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Produktiver Husten und Schüttelfrost

Ein 67-jähriger Rentner stellt sich wegen eines seit 2 Tagen bestehenden produktiven Hustens mit gelblich-bräunlichem Auswurf in der Notaufnahme vor. Darüber hinaus klagt der Patient über Fieber bis 39,7 •c, rc7.idivierenden Schüttelfrost und ein allgc·mcines KrankheitsgcHihl. Wenn er tief einatme, verspüre er einen rechtsbetonten, stechenden Schmerz im Brustkorb. An Vorerkrankungen sind ein Glaukom und eine KIIK mit Bypass-OP vor 10 Jahren bekannt, Allergien bestehen nicht. Der Patient trink1 täglich ein Glas Wein, geraucht habe er früher mal {25 py). (T547J

67-jäh iliger, dyspnoeischer Patient in deutlich rcduzic rtcm AZ undadipösem EZ. Hr 91/ min, BD 135!80 mm Hg, Ar 32/min, Temperatur 38,9 •c. Haut/Schleimhäute: leichte Lippenzyanose, mehrere flüssigkeitsgefüllte Bläschen und verschorfte Areale am linken Mundwinkel. LK: unauffiiiJig. Herz: reizlose Sternotomicnarbe, HT rhythmisch, keine pathologischen Geräusche. Lunge: KS abgeschwächt, über der rechten Lu nge dorsal abgeschwächtes Atemgeräusch und feinblasige RG, Bronchophonie positiv, Stimmfremitus fraglich p()sitiv, linke Lunge unauffallig. Abdomen: unauffiillig. Nierenlager: frei. Extremitäten: unauffallig. Neurologisch orientierend u naufHillig.

I.

Welche Erkrankungen liegen am wahrscheinlichsten vor? Wie Jaulen die Uitferen7.ialdiagnosen'?

2. Wie häufig ist die Erkrankung? Nach welchen Kriterien lässt sie sich einteilen?

3. Nennen Sie die typischen Erreger dieser Erkrankung! Welcher ist mit Abstand der häufigste?

4. Welche diagnoslisdtcn Maßnahmen führen Sie durch?

5. Wie behandeln Sie die Krankheit? Wie verfahren Sie bei dem Patienten?

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Fall 42

I. Vcrdac:htsdiagnosc/D ifferenzialdiagnoscn

Anamnese (Husten mit putridem Auswurf, Fieber, Schüllelfrost und allgemeines KrankheiL~gcfühl ) und klinisches Bild (Dyspnoe, Tachypnoc::, Fieber, J.ippenzyanose, auflallige r Auskultations- und Perkussionsbeftmd der lunge) spred1en für eine Pneumonie des rechten Lungenunterlappcns. Die stechenden rechtsseitigen Thoraxschmerzen bei tiefer Inspiration könnten auf eine parapneumonische ßegleitplcuritis hinweisen. Dafür spricht auch die Verschattung im rechten Unterlappen ( > Bild) mit fraglichem Begleiterguss. Oie Hauteflloreszenz am linken Mundwinkel ist am ehesten ein Herpes labialis, der z. B. in folge eines fieberhaften Infekts reaktiviert wi rd. Typisch sind d ie pcrioralen fl.üssigkeitsgeftillten Bläschen und d ie verschorfenden Areale. l)iffcrcnzialdiagnostisch und als Entstehungswege kommen infrage: • Infarktpneumonie nach Lungenembolic. • Poststenotische Pneumonie bei bronchialer Ob· stn1ktion (z. B. im Rahmen eines zentralen Bronchialkarzinoms). • Stauungspneumonie bei kardialer Dekompensation. • .-\spirati on spneu mon ie. • Akute Exa7.erbation einer COPD.

2. E}Jidemiologie/Einteilung In Deutschland erkranken jährlich schätzungsweise

mehr als 500.000 Personen an einer Pneumonie, der häufigsten tödlich verlaufenden Infektionskranklu~it der lnd ustrienationen. Oie Letalität variiert erheblich abhängig von Genese, Vorerkrankungen sowie Alter und beträgt bei ambulanten Patienten < I % und bei stationären Patienten ca. 15 %. Pneumonien werden nach folgenden Kriterien eingeteilt: Nach Vorerkrankungen: • Primiire Pneumonie: ohne prädis ponierende Erkrankungen. • Sekundäre Pneumonie: prädisponierende .Erkranku ngen sind z. ß. Stauungspneumonie bei Li nks·

her?.insuflizie nz, Infarktpneumonie bei Lungenembolie oder poststenotischc Pneumonie bei ßronchialkar?.inom. ~ach klinischem ßild: • Typische Pneumonie: klassischerweise mit akutem Beginn, schwerer Symptomatik (eitriger Auswurf, hohes Fieber, Schüttelfrost) und auffiilligem Untersuchungsbefund (Tachypnoe, RG und abgeschwächtes Atemgeräusch in der Lungenauskultation). • Atypische Pneumonie: subakuter Verlauf und grippear tige Symptomatik (Fieber < 38,5 °(, wenig Auswurf) mit diskreten Autt1illigkciten in der Lungenauskultation. Nach Infektionsort: • Ambulant erworbene Pneumonie (= Commun ity Acquired Pneumo nia, CAP): Auftreten zu Hause bzw. > 4 Wochen nach einer Kranken h~usentlas­ sung. • Nosokomiale l'neumonie (= Hospital Acquired Pneumonia, HAP): Auftreten definitionsgemäß frii hcstcns 48 h nach Beginn einer Hospitalisierung. Man unterscheidet: - Frühe HAP: bis zum 5. Tag der Hospitalisierung. - Späte HAP: nach dem 5. Tag der Hospitalisierung. ~ach Röntgcnbcfund: • Lohärpncumonie: lnliltratt)'pischerweisc scharf auf einen Lappen begrenzt. • HronciiOIJneumonic: Veränderungen häutig diffus und lappenübcrgrcifend. • Pleuropncumonie: pneumonisches Infiltrat mit pa-

rapneumonischem Plcuraerguss. Nach Lokalisation: • Alveolär (häufig bakteriell). • Interstitiell (hä ufig viral).

3. Erreger Die ty pischen Erreger einer Pneumonie sind: • Bei CAP: am hä ufigsten Pneumokokken CStreptococcus pneumoniae, 40% d. F.), deutlich seltener Haemophil us intluenzae, Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae, LcgioneUen, Enterobaktc· rien und respiratorische Viren.

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• Bei früher HAP: \\lie bei der CAP. • ßci später IIAP: häufig gramnegative Bakterien (z. B. Pseudomonas aeruginosa, KlebsieIIen, E. coli) und Staph)•lococcus aurcus, bei Aspirationspneumonie z.usätt.\ich Anaerobier. • Bei immunsupprimierten Patienten: Zusätzlich zu den bereits genannten Erregern kom men opportunistische Erreger infrage, die bei Gesunden keine wesen tliche Rolle spielen, z. B. Pneumocystis jiroveci, Pilze (z. B. Candida, Aspcrgillen) und Viren (z. ß_ CMV). Der Patient leidet unter einer CAP, der wahrscht>inlichste Erreger ist damit Streptococcus pneumoniae.

gnostikgelingt der Erregernachweis nur in ein bis zwei Drittel der Fälle. • Sonografie: bei Verdacht auf einen Pleuaerguss zur qua ntitativen Abschätzung der Ergussmenge (punktiomwürdig?), crmiiglicht auch Aussagen zur Qualität der Ergussflüssigkeit (z. 13. parapneumonischcr Erguss versus Pleuraempyem). Evtl. ultraschallge· steuerte Punktion fiir Erregerdiagnostik • CT -1horax: z. B. zum Ausschluss eines Bronchialkarzinoms oder einer Infarktpneumonie nach Lungenembolie, bei Pneumonie nicht generell indiziert

4. Diagnostische Maßnahmen Neben Anamnese und körperlicher Untersuchung mit Erhebung der Vitalparameter sind bei Verdacht auf eine Pneumonie folgende diagnostische Maßnahmen sinnvoll: • Rön tgenthorax in 2 Ebenen: Generell sollte eine konventionelle Röntgendiagnostik der Lunge immer in 2 Ebenen erfolgen, da die ret rokardialen Anteile des linken Unterlappens sowie die retrosternalen An teile des linken Oberlappens nur im lateralen Bild zuverlässig beurteilt werden kön nen (aus Plat7,gründen hier p. a.-Aufnahme abgebildet). • l.ahoruntersuchung: 131utbild (Leukozytose?), Dif· fercnzialhlutbild (l.inksverschicbung?), CRP, c1•tl. Procalcitonin, Elektrolyte, ß\utgasanalyse bei Verdacht auf respiratorischt> Insuffizienz.

5. 'ß1crapic Die Behandlung setzt sich bei der bakteriellen Pneumonie aus einer antibiotischen ·n1erapie und supportiven Allgemeinmaßnahmen (u. a. Atemtherapie, mukolytische TI1erapie) zusammen. Abhängig davon, ob es sich um eine amb ulan t erworbene oder eine nosokomiale Pneumonie handelt, haben sich folgende Hehandlungskonlcpte durchgesetzt: • CAP: Nach der Gewinnung von Probenmrl Therapie erfolgen, diese aber nich t verzögern. CaYe: Mit der Routi neclia-

wobei Pneumokokken bis zu 20% resistent sind. Bei Risikofaktoren (z. B. chronische internistische Erkrankungen) sollte ein Betalaktamasehemmer (z. B. Arnoxicillin/Ciavulansäurc oder Ampicilli n/Sulbacta m) ergänzt und ggf. mit einem Makrolid kombiniert werden, alternativ Fluorchinolon. • HAP: Vor der Anti biotikatherapie erfolgt häufig eine invasi\'e Diagnostik (Bronchoskopie, ggf. BAL) zum Erregernachweis. D~\nach wird mit einer empirischen Antibiose begonnen. Die Wahl des initial verwendeten Antibiotikums orientiert sich am individuellen Risikoprofil (Vorcrkrankungen, intensiv-

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Fall42

Tab. 42.1 CRS 65 Index zur Risikostrallftz1erung von Patienten mit CAP (0-4 Punkte sind in der Summe möglich). Kriterium lil!ft@W Confusicn Ver.virrtheit, Desorientierthett zu Person, Ort und Zeit Respiratory Atemfrequenz > 30/min rate Blood Systolischer Blutdruck pressure < 90 mmHg und/oder diastoli· scher Blutdruck < 60 mmHg 65 Alter > 65 Jahre medizinische 'fherapie usw.) und wird im Verlauf resistenzgerecht angepasst (z. B. Beginn mit Ampicillin/Sulbactam). Von großer praktischer Bedeutung ist die Frage, ob eine ambulant erworbene Pneumonie stationär bchan· delt werden sollte. Die~e Ent cheidung kann durch eine Risikoabschätzung mittels CRß-65-lndex ( > Tab. -l2.1) obje',tiviert werden. Ohne Nachweis eines der Kriterien kann meist eine ambulante 'lheropie erfolgen, bei einem positiven Kriterium sollte eine stationäre Aufnahme erwogen oder zumindest eine Abklärung durchgeführt werden, bei ~ 2 Kriterien besteht im Allgemeinen die Indikation zur ~lalionärcn lkhandlung. Bei die~cm Palienten besteht bei einem CRU-65-Scorc wrn 2 die Indikation zur stationären Aurnahme. Nach Gewinn ung von Sputum und Hlutkulturen sollte ..:u· nächst eine k 10 % de.s Körpergewichts in den letzten 6 Monaten, Fieber > 38 •c ohne andere Ursache). Flir diese Ve rdachtsdiagnose sprechen auch die Splenomegalie und das Alter des Patienten (2 Häufigkeitsgipfel: 20.- 30. Lebensjahr und > 60 Jahre). Passend dazu weist das Sonografische Bild eines zervikalen Lymphknotens aufgrund des echoarmen Schallmusters und der Größe von 3,7 x L,Lcm einen eher malignen Charakter auf. Das Hodgkin-Lymphom ist eine maligne Erkrankung des lymphatischen Systems, das durch eine monoklonale Proliferation von B-Lymphozyten verursacht wird. Die malignen Zellen sind histologisch typischerweise nur in geringer Zahl als einkernige sog. Hodgkin-Zellen oder als mehrkern ige Riesenzellen, sog. HodgkinReed-Sternberg-ZeUen, nachweisbar und werden von zahlreichen reaktiven Zellen umgc::bc::n. In frühen Stadien beschrän kt sich die Krankheit auf Lymphknoten, unbehandclt breitel sie sich 7.llnächst lym phogen oder kontinuierlich, später auch häma togen aus. Differenzialdiagnostisch kommen in erster Linie Erkrankungen in frage, die ebenfalls mit t:incr Lymphknotenschwellung einhergehen: • Non-Hodgkin-Lymphome. • Infektionskra nkheiten mit entzündlich bedingter LymphknotenvergröHc::rung: z. ß. EBV, HI V, Toxoplasmose, Tuberkulose::. • Lymphknotenmetastasen solider Primärtumoren, z. B. bei Bronchialkarzinom. • Sarkoidose, lokalinfektionen.

2. Diagnostik/Staging Bei Verdacht auf ein HodgkJn-Lymphom muss eine histologische Diagnosesicherung angestrebt werden. IJie Resektion eines oder mehrerer suspekter Lymph-

knoten in totoist hierflir unerlässlich (nach Möglichkeit nicht inguinal aufgrundeiner hohen Rate an Artefakten). F.ine Feinnadelaspiration reicht aufgrund des geringen Anteils an malignc:n Zdlen (ca. I%) nicht aus. Nach der WHO-Klassifikation wird histologisch da.~ klassische Hodgkin·L)•mphom (ca. 95% dc:r Fäll.:) vom Lymphozyten-prädominanten Hodgkin-Lymphom abgegrenzt (ca. 5% der fälle), wobei letzteres als eigenständige Erkrankung angesehen wird. Nach histologischer Sicherung erfolgt das Staging (Stadicnzuordnung). Da die 1l1crapie streng stadienabhängig erfolgt, ist die präzise Durchfllhrung der Stagingu ntersuchungen zur Erfassung aller Manifestationsorte essenziell. Hierzu gehören neben Anamnese und körperlicher Untersuchung: • Labor: Blutbild inkl. Differenzialblut bild, Nierenund Leberfu nktionsparameter, BSG, Harnsäure, lDH (Erhöhung bei vermehrtem Zellumsatz). ggf. Viru~serologic (z. ß . CMV, EBV, HIV). • Bildgebende Verfahren: Röntgen-lhorax, Sonografie Abdomen (insbes. Leber und Milz, paraaortale und iliakale Lymphknoten sowie ggf. Ergüsse), Sonografie der peripheren Lymphknotenregionen (Hals, Supraklavikulargruben, Axillae, inguinal), er Hals, CT Thorax, CT Abdome n. • Knochenmarkspunktion mit Zrtologic und Histologie. Die Positronenemissionstomogra fie (PET), die Magnc::tRcsonanz-Tomografic (M RT) und die Leberbiopsie sind speziellen Fragestellu ngen vorbehalten. Darüber hinaus sollten vor l herapieeinleitung die allgemeinen Organfunktionen der Lunge und des Herzens (Lungenfunktionsprüfung, EKG, Echokardiografie) evaluiert werden. Bei Kinderwunsch sollte außerdem eine Vorstellung in der Reproduktionsmedizin erfolgen (ggf. Spcrmien-!Oozytenkonservicrung vor Therapiebeginn).

3. Stadieneinteilung Hodgkin-Lymphome werden, wie alle nodulären Lymphome, anhand der Ann-Arbor-Kiassifikation abhängig vom Ausbreitungsgrad in vier Stadien eingeteilt ( > Tab.43.1).

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Tab. 43.1 Ann·Arbor·Klassilikation.

Jfift!i!i!"i Definition und Befallmuster II

111

IV

1/N: eine einzige LK-Region oder I!E: ein extranodaler Herd 11/N: 2 oder mehr LK-Regionen auf einer Seite des Zwerchfells oder 11/E: ein extrano· daler Herd und ein oder mehrere LK·Rcgio· nen auf einer Seile des Zwerchfells 111/N: 2 oder mehr LK-Regionen auf beiden Seiten des Zwerchfells oder 111/E: ein extranodaler Herd und ein oder mehrere LK-Regionen auf beiden Seiten des Zwerchfells Disseminierter Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe milfohne LK-Befall

Erganzung A

Ohne Allgemeinsymptome

B

Fieber > 38 oc und/oder Nachtschweiß und/ oder Gewichtsverlust (> 10% des Körpergewichts in 6 Monaten) (sog. 8-Symptomatik)

Zum lymphatischen System gehören per Definition die Lymphknoten, der Waldeyer-Rachenring, der Thymus, die Mil7., der Appendi x und die Pt)'er-Plaques. Laut Deutscher Hodgkin-l.ymphom-Stud iengruppc (GHSG) gibt es Faktoren, die selbst bei niedrigen Stadien die Prognose verschlechtern können (Risikofaktoren): • Grnßc:r .Mc:diastinaltumor: > YJ des maximalen hori· zontalcn Thoraxdurchmcsscrs. • Hohe BSG: ;::: 50 nun/ I h bei A-Stad ium, :1!: 30 mmll h bei B·Stadium. • Extranodaler Bel;111 (E-Stadi um). • ;::: 3 bef;tllene Lymphknotenregionen.

4. TI.1erapie Das Hodgkin-Lymphom ist eine chemo- und str:~hle n­ sensible Erkrankung. Nac h Erstdiagnose besteht fast immer eill kuratives Titerapieziel. Zur Verbessentng der Behandlungsergebnisse und Optimierung der 1llerapie sollte die Beha ndlung an einem Zent rum im Rahmen von Studien erfolgen. ßei Envachsenen werden

abhängig von der Ann-Arbor-Klassilikation drei Prognosegrup,,cn unterschieden: • Frül tc Stadien: Stadi um I und II ohne: Ris ikofaktorcn. • Mittlere Stadien: Stadium I und !l A mit Risikofakto rcn, Stadium II ß, we nn kein cxtranodal.:r Befall und kein großer Mediastinaltumor vorliegen. • Fortgeschrittene Stadien: Stadium IIB bei extranodalem Befall oder großem .Mediastinalrumor, Stadiummu nd IV. Zum Einsatz kommt in frühen Stadien eine Chemotherapie nach dem ABVD-Schema und die ln volvedField-ßestrahlung (nur Lymphknotenareale mit klinisch manifestem Befall). Die eingesetzten Chemotherapeutika sind Adriamycin, Bleomycin, Vi nblastin und Dacarbazin. ln mittleren Stadien wird eine Chemotherapie nach dem eskalierten BEACOPP- und dem ABVD-Schema durchgeführt, gefolgt von einer Strahlentherapie. Die Substanz,en des BEACOPP-Schcmas sind ßlcomycin, Etoposid, Adriamycin, Cyclophosphamid, Oncovin (VincristiJl ), Proc:~rb:~zin und f>rednison. Beim eskalierten BEACOPP-Schema erfolgt die Zugabe von G-CSF (Granulocyte-Colony Stimnlating Factor). In fortgesch rittenen Stadien wird eine:: alleinige:: Che· mothc::rapic:: nach dem eskalierten B F.ACOP P- Schcm;~ durchgeführL Nur bei PET -positiven Rc:stl)•mphomcn nach Chemotherapie erfolgt eine zusätzliche- lokale ßestmhlung.

5. Akute Nebenwirkungen der Strahlentherapie Als akute Nebenwirkungen der Bestrahlung werden am häufigsten Entzündungsreal-.1ionen im ents prechend bestrahlten Bereich beobachtet, die klittisch mit Übelkeit, Erbrechen oder Diarrhö einhergehen können. Darüber hina us ka nn es zu folgenden Ersc.heinungen kommen: • Strahlendenmtitis. • Strahlcnm ukositis. • Strahlenzrstitis. • Strahlenp neumonie. • Knochenmarksdepression bei großvolumiger ße· strahlung (ggf. Leuko-rJ hrom botytopenie).

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Fall 43

Zur Minimierung aku ter Nebenwirkungen wird die Strahlendosis fraktioniert.

6. Prognose Oie Prognose ist abhängig V\lm Erkra nkungsstadium und den Risikof.1ktoren. Unter einer stadienadaptierten ·n1erapie können insgesamt > 80% der Patienten geheilt werden, sodass das Hodgkin-Lymphom zu den onkolo-

gischen Erkrankungen im Erw:tchsenenalter mit den besten Heilungschancen gehört. ln lokalisierten Frühstadien liegt die Heilungsrate bei> 90 % und selbst in fortgeschrittenen Stadien beträgt sie 60 %. Da Rezidive meist innerhalb von 5 Jahren auftreten, sind insbesondere in den ersten Jahren nach 1l1empieende engmaschige Nachsorgeuntersuchungen (Anamnese, körperliche Untersuchung, Laborkontrollen, Bildgebung, ggf. histologische Untersuchung) notwendig. Neben der f•·ühzcitigcn Erkennung von Rezidiven dient die Nachsorge auch der Entdeckung und ggf. Behandlung von Spätfolgen der 'Jherapie, da die Langzeittoxizität von Strahlen- und Chemotherapie der günstigen Prognose gegenübersteht. Dabei kan n es w den nachstehenden Eimchränkungen und folgeschäden kommen: • Risikoerhöhung flir Zweitncopl:tsien: insbesondere Schilcldriiscnkaninom, Mamm;1kar1.inom, NonHodgkin-l.ymphom, akute ln)'doische Leukämie. • Kardiale Toxizität dlurch Anthrazykline (z. B. dilatativc Kardiomyop;1thic) und mediastinale lkst rahlung (r.. ß. Kl-1 K).

• Pulmonale Toxizität durch Blcornycin (z. B. Lungenfibrose) und Bestrahlung (Pne umonitis z. ß. mit Dyspnoe, Reizhusten). • Schilddrüscnfunktio nss tiirung. • Gonadcn toxizität. • Neurotoxizität durch Vincristin (1.. B. Polyncuropathie).

Zu>ammenfassung Beim Hodgkin-Lymphom handelt es sich um eine maligne Erkrankung des lymphatischen Systems (monoklonales 8-Zell-Lymphom), die histologisch durch einkernige Hodgkin- oder mehrkernige Hodgkin-Reed-SternbergRiesenzellen gekennzeichnet ist. Die klinischen Symptome können schmerzlose Lymphknotenschwellungen und Manifestationen der sog. B·Symptomatik (Fieber > 38 oc und/oder Nachtschweiß und/oder Gewichtsverlust > 10% in 6 Monaten) umfassen. Diagnostisch steht zunächst der zwingende histologische Nachweis aus einer Lymphknotenbiopsie im Vordergrund. Die anschließenden Staginguntersuchungen dienen zur Einteilung des Ausbreitungsgrads in die Ann-Arbor-Kiassiflkation, die auch prognostische und therapeutische Bedeutung hat. Die Therapiemaßnahmen seiLen sich stadienadaptiert aus einer häufig kombinierten Strahlen- und Polychemotherapie (ABVD- und/oder eskaliertes BEACOPP-Schema) zusammen. Die Prognose ist verglichen mit anderen malignen Erkrankungen gut, wird allerdings durch die Langzeittoxizitätder Radio·!Chemotherapie beeinflusst, insbe· sondere bei jungen Patienten.

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Thrombozytopenie

-1 Sie werden als internistischer Konsiliarius in die chirurgische Notaufnahme zu einem 39-jährigen Metzger gerufen, der sich eine tiefe Schnittwunde des linken Zeigefingers zugezogen hat und dabei viel geblutd habe. Dit: chirurgischen Kollegen haben Sie nun gerufen, da die Thrornbmwtenzahl im ansomten unauffiilligen Blutbild bei 28 Tsdh•lliegt. Unabhäng.ig von der akuten Verletzung berichtet der Patient, dass er schon bei leichtem Anstoßen einer Körperpartie zu "blauen Flecken« neige und ihm hiiufiger "kleine rote Punkte" beider Füße und der Untersdlenkelaurgetallen seien, so wie sie aktuell auch bestehen ( > Bild [T 127)). Die Frage nach Yorausgegangenen Infekten oder anderen Grundkrankl1eiten werden von dem Patienten verneint, Medikamente würden regelmäßig nicht eingenommen. Jlll.; 39-jähriger Mann in gutemAZund normalem EZ. BD 125/80mmllg. Puls 66/min. Kopf/Hals: S.:hleimbiiute feucht, enoral wenige punktförmige Einblutungcn. LK: zervikal und supraldavikulär unaufiallig. Iien: IIT rhythmisch, keine pathologischen Geräusche. Lunge: sonorer KS. vesikuläres Atemgeräusch bds., keine RG. Abdomen: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen, keine Hepatosplenomegalie, Darmgeräusche positiv. Extremitäten: Z. n. Wundversorgung Dig IJ Hand links mit vier Einzelknopfnähten. bds. kleinfleclcige Einblutungen der Haut im Sinne von Petechien, Hämatom Ellenbeuge rechts nach Blutentnahme, keine Ödeme, periphere Pulse gut tastbar. Neurologisch orientierend unautf.illig.

1. Welche Ursachen für 1ltrombozytopenien kennen Sie? 2. ßesdueiben Sie die Heparin-induzierten Tiuombo~ytopenicn näher! Gehen Sie dabei auf die TI1erapic ein! 3. Was verstehen Sie unter einer Pseudothrombozytopenie? Wie können Sie diese ausschließen?

4. Äußern Sie eine Verdachtsdiagnose und beschreiben Sie die Pathogenese der vermuteten ErJ..Tankung!

5. Welche weiteren diagnostischen Maßnahmen leiten Sie ein?

6. Besteht hier eine 'ßterarieindikation? Wie behandeln Sie die \'ermutete Grunderkrankung?

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Fall 44

ffiiT'liTiillr~~m~

I. Übersicht 'ßtrombozytopcnien

• 'ßtrombozylcnscqucstration: IIypersplenismus bei Splcnornegalic.

Eine Thrombozytopcnie besteht bei Absinken der ·n,rombO?.yten?..,hl auf :5 ISO Tsd/fll. Das ßlutungsrisi -

ko steigt mit abnehmender Thromb07.)'tenzahl, wobd schwere Blutungen und Spontanbl utungen in der Regel erst ab einer Tiuombozytenzahl von < 30 Tsdhtl auftreten. Die Ursachen sind sehr verschieden, generell lassen sich Bildungsstörungen (pathologisch50% des Ausgangswerts (Throm bozyli.:n meist < I00 Tsd/fll), Diagnose durch Nachweis von Antikiirpcrn gegen Plättchenfaktor 4/Hcparinknmplcx (Hcparin-PF4ELISA) oder Heparin-induzierter Plättchenantikörper {lllPA-Test). Sofortiges Umstellen der Heparintherapie auf ein Ersat7.antithrombotikum (z. B. Ar2.

Syndrom): ANV und mikroangiopathische hä-

gatroban, Lcpirudin) aufgrundder Gefahr venöser

molytischc Anämie in folge vorausgegangener Infekte, .Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft. - Thrombotisch-thromboz.ytopenische Purpura (TTP, ~l'loschcowitz-Syndrom): wie HUS und zusätdich zerebrale Symptome (z. B. Krampfanfall). - Disseminierte intravasale Gerinnung (Verbrauchskoagulopathie, DIC). - 'lhrombozytenzerstörung z. B. mechanisch an künstlichen Hcrtklappen.

und arterieller TI1rombosen. Wegen der Gefahr des Whitc- Ciot-Syndroms (kbcnsbedrohliche TI1rombose in etwa 50% der Fälle, z. B. Lungenembolie) keine Thrombozytengabe.

Merke Um unter einer Heparintherapie eine HIT zu erkennen, sollte vor Beginn der Therapie ein Ausgangswert der Thrombozyten bekannt sein.

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3. Pseudothrombozytopenic Eine Pscudothrombozytopcnie ist eine Th rombozytopcni.: durch Agglutination der 1ltrombozytcn im EOTA-ßlut. Im Blutausstrich b.:steht eine V.:rkl umpung der 'n1rornbozyten, die bei automatisierter ßestimmung entsprechend zu einer falsch niedrigen ·n\rombozytenzahl führt. Die Abgrenzung gegenüber einer tatsächlichen 1hrombozytopenie gelingt über die ·n\rombozytenzahl in Zitrat- oder Hcparinblut.



Merke





Bei fehlender hämorrhagischer Diathese sollte bei niedri· genThrombozytenzahlen im EDTA-ßlut eine Messung im Zitrat- oder Heparinblut zum Ausschluss einer Pseu-

dothrombozytopenie erfolgen. • 4. Verdachtsdiagnose Unabhängig von der akuten Verletzung liegt bei die~cm Patienten eine "11trombozytopen.ie vor. Bei ichJenden Grund- und Vorerkrankungen (keine Infekte erinner· lieh) und leerer Medikamentenanamnese sprechen die Symptome (Petechien der ~'l urHi~chl 200

doch nur unter Vermeidung von li )'poglykämien und ausgeprägter Gewichtszunahme vorteilhaft Das in > Abb. 47.1 dargestellte Flussdiagramm stellt das empfohlene Vorgehen nach den aktueUen DiDG· iherapieem pfehltt ngen (Oktober 20 13) dar. • Bei den oralen Antidiabetika werden insulinotro· pc, d. h. die Insulinsekretion stimulierende Pharmaka (z. B. Sulfonylharnstoffe, Glinide) und nicht in· sulinotrope Pharmaka {wirken nicht ühcr die Stei· gcrung der Jnsulinfreisetzung, z. ß. Me tformin , a·Glukosidasehemmer) unterschieden.lki fehlen· den Kontr:tindikationen (z. B. Nicrcn·/leberinsuftizicnz) ist Metform in das orale Antidiabeti'kum der ersten Wahl. Bei fehlendem 'Jherapieerfolg mit oralen Antidiabetika sollt.: die lherapic durch eine ln· sulinthcrapie unterstützt werden (sog. basalinsulinuntcr~tütJ.tc orale Therapie, [BOT] oder sog. supplc· menHire Insulintherapie mit schnell wirksamem In· sulin, [SlTJ). (Für die ,·erschicdencn Konz:cpte der Insulin therapie > ~alJ 23, Antwort o). • D)•slipidämie: Bei ausbleibendem Erfolg einer diä· Ietischen Behandlung sollte eine Tl1erapie mit einem Cholesterinsynthesehemrner (z. B. Sim vasl atin, Atorvastatin) eingeleitet werden. Ziele der TI1erapic bei hohem kardievaskulärem Risiko sind ein LDL· Cholesterinwert < 100 mgldl, bei sehr hohem kardiov:~skulären Risiko (z. B. manifeste KHK) ein LDL-Cholesterinwert < 70 mg/dl. • Hypertonie: In erster Linie sollten stofi\,·echselneu· trale Antihypertonika eingesetzt werden (z. B. i\CEHemmer oder AT 1-Rezeptorantagonisten, Kombi· nationstherapieFall 14, Anhvort 5). Ziel der Tilerapie bei gleichzeitigem Diabetes mellitus Typ 2 so!Jie

ein Bh1tdru'k < 140/80 mmHg ~ein . 187

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Fall47

[

Diagnose Oiabl!tu rn&llitus Typ 2

j

1. Stufe (BaStstheraprc) z 8 Schu'u"'J. Emahrungsumstel ung 8cwcgungsth2rap!e Taba Bild). Die wahrscheinlichste Ursache des HCC ist die Hepatitis C, über die anhand der bisher gemachten Angaben noch keine Aussage bezüglich der Aktivität und Viruspersistenz getroffen werden kann. Denkbar wäre eine chronische Hepatitis C und ggf. eine Leberzirrhose, die zu dem malignen Tumor geführt haben könn ten. Eine Leberzirrhose, die hier sonngrafisch aufgnmd des inhomogenen Parenchyms, der höckerigen Oberfläche und den rarefi zierten Lebervenen zu vermuten ist, wäre auch in Zusammenhang mit dem erhöh ten Alkoholkonsum möglich. Nebenbefundlieh besteh t der Verdacht auf einen WeichteiiEnfekl des linken Zeigefingcrs bei Zustand nach Katzcnbiss.

2. Weitere Diagnostik Bei sonografischem Verdacht auf ein HCC und gleichzeitiger Leberzirrhose sollten weitere diagnostische Schritte folgen, um zum einen die Diagnose zu sichern und zum anderen die Ursache gen;lllcr abzuklären. Dabei ist die Größe des Leberherds von Bedeutung: • Kontrast-Cl Abdomen und Kontrast-MRT mit charakteristischen radiologischen Kriterien (arterielle Hype tvaskularisation, rasche Auswaschung und relative Kontrasturn kehr), die für die Diagnose eines HCC ausreichen. • Laboruntcrsuchung: Blutbild, Retentionsparameter, Elektrolyte, Transaminasen, Cholestaseparameter, Gerinnungsparameter, Albumin. Die Parameter dienen teilweise (Albumin, Quick, Bilirubin) zur

Einteilung des Schweregrads einer möglichen Leberzirrhose anhand der Child-Pugh- Kh•ssifikation ( > Fall20, Fr;•ge 3). Außerdein kann das a-Fetoprotein (AFP) bestimmt werden, das bei Verdacht auf ein I ICC bei typischer ßildgcbung in der Höhe> 200 nglml eine hohe Spczifität, allerdings geringe Sensitivität besitzt. Daher schließt ein negatives AFP ein HCC nicht a us. Aus diagnostischen Gründen wird die Bestimlllung von Af-P dahr nicht mehr empfohlen. • Serologische Untersuchung: Bestimmung von liCV-RNA (auch quantitativ), Anti-HCV- Antikörpern und des HCV -Genotyps, der therapeutische und prognostische Bedeutung hat, zudem Ausschitiss einer Hepatitis B. • Lebeqnmktion: Bei fehlenden oder un typiscllr:t-

peulisch und prognostisch Bedeutung haben. Bezüglich der Verbreitung gibt es in Europa ein Nord-Süd-GeHille mit einer im Mittelmeerraum höheren Priivalenz (1 5%). Eine große Prävalenz besteht zudem in Russland und in osteuropäischen Ländern. Die chronische Hepatitis C ist weltweit fiir etwa 27% der Fälle von Leberzirrhose und 25% der primären HCC verantwortUch. Die Infektion erfolgt in etwa der Hälfte der fäUe paren· teral, auch die sexuelle und perinatale Übertragung sind möglich. aber sehen. ßei etwa 45 % der Patienten bleibt der Infektionsweg unbekannt. Ein erhöhtes Übertragungsrisiko besteht bei i. \'.·Drogenabhängigen, unstc::rilc::m Tätowieren und Picrccn, Patienten mit Übertragung von ßlutproduktc::n, medizinischem Personal und Personen mit häufig wechsc::lnden Sexualpartnern. ln stabilen Partnerschaften ist das Ansteckungsrisiko extrem gering. Eine aku te Hepatitis C verläuft in etwa 85 % der Fälle asympiomatisch und in etwa 15% symptomatisch (z. B. mit Ikterus, Abgeschlagenheit, Übelkeit). Etwa 50-85% aller HCV-Infektionen nehmen einen chronischen Verlauf, der durch eine:: mehr als 6 Monate dauernde Hepatitis und Virusp.:rsistenz definiert ist. Di e chronische

Hepatitis C führt nach 20-25 Jahren in bis zu 35 % zu einer Leberzirrhose, aus der sich mit einer jährlichen lnzidenz von ca. 4% ein HCC entwickelt.

Merke Eine abgelaufene HCV-Infektion (Viruselimination) schützt nicht vor einer Reinfektion, da Mehrfachinfektionen mit verschiedene n Subtypen der Hepatitis C möglich sind!

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Fall49

Zusammenfassung 6. lllcr-o~pic der llcpatitis C Da eine akute I J.:palitis C aufgrund des häufig a~yrn· ptonuti~chen Verlaufs nur sehen entdeckt wi rd, handelt es sich meist um eine llu:rapic einer vorher unbchandclten d1 ronischen Hepatitis C. Grundl>ät11ich stellt dk chronische Hepatitis C eine Indikation zur antiviralen TlH:rapie dar. Vor einem 1herapiebegitm sollten die quantitative VirusiJst und der Genotyp bekannt sein. Das 1l1erapieziel besteht in der dauerhaften Viru~elimination. Hir die lllerapieplanung spielt das Stadium der Lebererkra.nkung (z. B. Lcbenirrhose), der Genotyp, die Vimslast und die Präsenz vorbestehender HCV-Resistenzvarianten eine Rolle. Seit 20 II sind direlde antivirale Substanzen verfiigoor, von denen zuletzt 20l4 neue Präparate zugelassen wurden (Sofosbuvir, Simeprevir, Daclastavir), weitere Medikamente werden fftr 2015 erwartet. Die zu,·or be~tehende Standardtherapie aus pegylicrtcm lnfcron a und Rihavirin in Kombination mit einem Proteaseinhibitor (Tclaprevir oder Boceprcvir) kann daher nicht mehr empfohlen werden. Die wichtigsten Nebenwirkungen waren dabei grippeähnliche Symptome sowie Blutbildveränderungen (Interferon a) und eine Härnoly~c mit Abfall der llb-Konzcntration (Rib:wirin). Die neuen Substam-en erlauben in Abhängigkeit des Gcnotyps eine Verkürzung der Therapiedauer und Verhc~erung der Ansprcchraten bei konventionellen TripIe-Therapien (z. fl. pcgylicrtcs Interferon a + Ribavirin ~ Sofosbuvir) und nun auch Interferon-freie lherapicrcgimc (z. B. Sofosbuvir + Daclastavir). Die erste Tllerapiekontrolle sollte nach 4 Wochen mit quantitati· ver Bestimmung der HCV-RNA stallfindcn, Miulig genügt eine 111erapiedauer von 12 Wochen. Demgegeniiher srehc·n die h ohen Kosten der nenc'n Su h.~tanzen.

Das hepatozelluläre Karzinom wird weltwN in ca. 2S% der Fälle durch eine chronische Hepatitis C ausge· löst. ätiologisch sind zudem die weiteren Ursachen einer Leberzirrhose relevant (z. B. chronische Hepatitis B, chro· nischer Al 2cm) über typische radiologische Kriterien eine Diagnose erlauben. Eine Leberpunktion mit histologischer Untersuchung ist bei Leberherden mit einer Größe von 1-2 cm notwendig. Die wichtigsten therapeutischen Maß nahmen sind eine Leberteilresektion oder Lebertransplantalion in frühen Stadien und lokal· ablative Verfahren, d e bei kleinen Herden kurativen Charakter haben können. Oie Prognose nlCh~urativ behan· deibarer hepatozellulärer Kauinome ist schlecht (etwa 6-12 Monate mittlere Uberlebenszeit nach Erstdiagnose). Eine Infektion mit dem Hepatitis·C·Virus erfolgt in etwa der Hälfte der fälle auf parenteralem Weg, insbesondere i. v.·Drogenabhängrge stellen eine Risikogruppe dar. Im akuten Stadium verlauft die Infektion in etv